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Full text of "Monatsberichte Für Urologie 11.1906"

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
MEDICAL CENTER LIBRARY 
SAN FRANCISCO 








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IJET 


Monatsberichte 
für 


UROLOGIE 


Herausgegeben 
von 


ALBABRAN BRUNI CARLIER V. EISELSRERG FENWICK V. FRISCH FRITSCH FURBRINGER 


(Paris) (Neapel) (Lille) (Wien) (London) (Wien) (Bonn) (Berlin) 
GIORDANO GRASER GROSGLIK HARRISON KONIG A. V. KORANYI 
(Venedig) (Erlangen) (Warschau) (London) (Berlin) (Budapest) 
KÜNMMELL KUSTER LAACHE LANDAU MARGULIES WILLY MEYER NEISSER 
(Hamburg) (Marburg) (Christiania) (Berlin) (Odessa) (New -York) (Breslau) 
NICOLICH PEL Pousson P. Fr. RICHTER ROTTER RovsınG 
(Triest) (Amsterdam) (Bordeaux) (Berlin) (Berlin) (Kopenhagen! 
SENATOR STOCKEL Texo TRENDELENBURG 
(Berlin) (Berlin) (Buenos-Airen) (Leipzig) 


TUFFIER YOUNG ZUCKERKANDL 
(Paris) (Raltimore) (Wien) 


Redigiert 


von 


i. CASPER H. LOHNSTEIN 


(Berlin) (Berlia) 





BERLIN 1906 
VERLAG VON OSCAR COBLENTZ 


W.20, Maassenstrasse 13. 


E 


Monatsberichte 
für 


OLOGIE 


Herausgegeben 
von 


Laun BRUNI CARLIER V. EISELSBERG FENWICK vV. FRISCH FRITSCH FÜRBRINGER 


(Paris) (Neapel) (Lille) (Wien) (London) (Wien) (Bonn) (Berlin) 
GIORDANO GRASER GROSGLIK HARRISON KONIG A. v. KORANYI 
(Venedig) (Erlangen) (Warschau) (London) (Berlin) (Budapest) 
KÜMMELL KÜSTER LAACHE LANDAU  MARGULIES  WILLY MEYER  NEISSER 
(Hamburg) (Marburg) (Christiania) (Berlin) (Odessa) (New -York) (Breslau) 
NICOLICH PEL Pousson P.Fr. RiCHTER ROTTER ROvVSING 
(Triest) (Amsterdam) (Bordeaux) (Berlin) (Berlin) (Kopenhagen) 
SENATOR STOCKEL Texo T RENDELENBURG 
(Berlin) (Berlin) (Buenos-Aires) (Leipzig) 


TUFFIER YOUNG ZUCKERKANDL 
(Paris) (Baltimore) (Wien) 


Redigiert 


von 


L. CASPER , H. LOHNSTEIN 


(Berlin) (Berlia) 


BLFTER BAND. © 





BERLIN 1906 
VERLAG VON OSCAR COBLENTZ 


W.30, Maassenstrasse 13. 


CS E —— — E SEN eege vn ree ey ee 


Haupt-Register des XI. Bandes. 


Sach - Register. 


Abkühlungsglvkosurie 535. 

Abscesse, meétastatische paranephri- 
tische 700. 

Acetessigsäure: in der Cerebrospinal- 
Hüssigkeit bei Coma diaheticum 409: 
im Har n 103. 

Aceton bei Extrauteringravidität 540. 

Acetonkörperaussche —8 bei Er— 
krankungen des weiblichen Geni- 
tales 294. 

Albuminurie: diagnostische  Be- 
deutung der 368: bei Intektions- 
Krankheiten der Kinder 52, medi- 
camentöse Beeinflussung nephri- 
tischer 503: orthostatische 377; 
Pathogenese d.orthostatischen 502: 
und Pubertät 51. 

Allgemeininfectionen, 
243. 

Anästhetien und renale Aectivirät 317. 

Anurie.  Nierenkrankheiten nach 
klinischer Beobachtung bei der- 
selben 3504: retleetorische tötliche 
104. 

Arabinose, 
surie 104. 

Arteriosklerose 
Nephritis 696. 

Arthritis  gonorrhoica, 
Stauung bei 18. 

Association française 
CongreB 692. 


gonorrheische 


Ausscheidung bei Pento- 
und mterstitielle 
Bier’sche 


d'Urologie, 


Balanitis erosiva und Balanitis gan- 
sraenosa, Aetiologie und Klinik 
der 542. 

Bacteriurie: Se 664: Aetiologie und 
Klinik der 112; Casuistik der 118. 

Benzonaphthol, Nachweis von 3- 
Naphtol im Harn nach Einführung 
kleiner Dosen 673. 

Bier'sche Stauung: bei 
xonorrhoica 18; bei 
culose 366: 
Bubonen 483. 

Bilharziaerkrankung u.Gonorrhoe 410. 

Bilharziakrankheiten der weiblichen 
Genitalen 15. 

Bilharziose der Blase 47. 

Blase: Bilharziose der 47: Fremd- 
körper in derselben 604: Genital- 
erkrankungen und die weibl. 248: 
pucrperale 37: Zertriimmeruny 
ders. durch Fremdkörper 590. 

Blasendrainage , infrasvx mphysiire 46, 
jlasengeschwülste: ehirurgische Be- 
h: indlung der 121: statistische Be- 
urteilung derchirurgischen Behand- 
lung der 493. 

Blasenhernie, extraperitoneale 424. 

Blasenretention, Prostatectomie b 553. 

Blasenscheidentistel. Beseitigung d 40. 

Blasenschleimhaut, Cysten der 579. 

Blasenspalte, T hearie d. angebor. 122. 

Blasensteine 119, 492. 


Arthritis 
Hodentuber- 
mit Saugelocken bei 


MOOY 


Blasenstörungen. spinale 30. 

Blasentuberculose. Diagnose und Be- 
handlung der 408. 

Blasentumoren, Behandlung der 494. 

Blasenverschluß, Mechanismus 711. 

Blasenwand, Entzündung derselben 
um einen Fremdkörper 500. 

Blutgefäße der Genitalorgane 163. 

Blutbestimmung, neue klinische 
Methode der, im Harn 675. 

Bottini’sche Operation und Prosta- 
tectomie 550. 

Bougies filiformes, eine neue Be- 
festigungsart anschraubbarer 510 


Bubonen, Bier'sche Stauung mit 
Saugglocken bei 48%. 

Brightismus 124. 

Gathelin’sche Methode bet Haru- 


incontinenz 369. 

Carcinom: der Blase 307: der Niere 
441; der Prostata 711; der Uterus- 
cervix abdominale Hysterectomie 
bei 432; der weiblichen Urethra 
413. 

Cerebrospinalflüssigkeit, Acetessig- 
säure in derselben bei Coma 
diabeticum 409. 

Chirurgie: der Nieren 457, 508: der 
Ureteren 48, 374 

Chirurgische Behandlung des unwill- 
kürlichen Harnabganges 38. 

Chioralhydrat bei Nephritis 172. 

Chrysarobin, schwere — Nierener 
krankungen nach 634. 

Coffeindiurese, Mechanismus der 695. 

Colibacillosen des Harntractus 14. 

Collieulus a Anatomie und 
Physiologie des 1. 

Concreinente, urethrale 298. 

Coma diabeticum. Acetessigsäure in 
der Cerebrospinalfliissigkeit bei 409. 

Cysten der Blasenschleimhaut 579. 

Cystitis: chronica der Frau 323: 
colli ala Ursache von pathologi- 
schem Harndrang 34: Gonosan bei 
707. 

Cystoskop 303. 
Cystoskopie: 529: bei 
exsudaten 3805; in der 

kologie 14: des Weibes 492. 


Douglas- 
Gynä- 


Darmerkrankungen, Nierenentzündg. 
hei 251. 

Decapsulation der Niere: 172: trau- 
matische 441. 

Deferentitis pelvica, Klinik 
Aetiologie 623. 

Desinfection der Harnwege 291. 

Deutsche Gesellschatt f. Urologie 5717. 

Diabetes: Fluorescenz des Harns 407; 
hereditäre Form des408; mellitus: 
Diatrogelung bei 537; Medicamente 
gegen 17; v. Noorden’sche Hafer- 
diät, bei 677; Zuckerbildung im 485, 
Zuckerklystiere bei 16; und Pneu- 
monie 533; suprarenalis 856, 

Diät, chlornatriumfreie bei Nephritis 
635. 

Diätetik der Nierenkrankheiten 312. 

Diätregelung b. Diabetes mellitus 537. 

Diureticum: Theocin als 56; Theo- 
phyllin als 62. 

Douglasexsudate. 
denselben 305. 

Ductus ejaculatorius, Anatomie und 
Physiologie des 1. 


und 


Cystoskopie bei 


Echinococcus: der Mere und desseu 
Diagnostik 514; des recto-vesicalen 
Zellgewebes 371. 

Edebohl’sche Methode der Nierenaus- 
hülsung 173. 

Eiter: Eosinophilie des gonorrhoi- 
schen 321; Histologie des gonorrhoi- 
schen 39. 

Eiweiß im Harn: 355: in geringen 
Quantitäten 294. 

Fiweißausscheidungsort in der Niere 
633. 

Enuresis der Kinder 28, 29. 

Eosinophilic des gonorrhoischen Fiters 
321. 

Epididvmitis, gonorrhoische 165, 710. 

Epidurale Injectionen 33. 

Ervsipelas contra Nephritis 62. 

Extrauteringravidität, Aceton bei 540. 


F 


Fett. Zuckerbildung aus 357. 
Fisteln des weiblichen Urogenitals 
483. 


Flaschenspritze:287.354: Eutgegnung 
zu Blank s Bemerkungen über die 
399. 

Fluorescenz des Harns bei schwerem 
Diabetes 407. 

Fremdkorper: in der Blase 604; Ent- 
zündung der Blasenwand durch 
denselben 300; in der Harnrohre 
398: in der männlichen Harnröhre 
604 : in der Urethra 411; Zertrümme- 
rung der Blase durch 5%. 

Fotus, Harn beim 171. 

Functionelle Nierendiagnostik: in der 
Nieren-Chirurgie 376: und Phlo- 
ridzindiabetes 875. 

Fub. Hautdefecte am 246. 


Gallenfarbstoff. Riegler'sche Methode 
zum Nachweis desselben im Harn 
406. 

Galvanotherapie der Prostatahyper- 
trophie 710. 

Genitale, Acetonkörperausscheidung 
bei Erkrankung des weiblichen 294. 

Genitalien, Bilharziakrankheiten der 
weiblichen 15. 

Genitalerkrankungen und weibliche 
Blase 248. 

Genitalorgane, Blutgefäße der 163. 

Genitalödem. chronisches, ieliopathi- 
sches der Säuglinge 405. 

Genitaltuberenlose, Pathogenese und 
pathologische Anatomie 669. 

Geschlechtskrankheiten, Stauungs- 
und Saugtherapie ber 402. 

Geschlechtsorgane, Ausbildung der- 
selben und Nierenanomalien 58. 

Geschwülste: der Blase, chirurgische 


Behandlung derselben 493; der 
Harnblase 169. 
Geschwür der Harnblase 304. 
Glans penis duplex 300. 
Glimmlichtbehandlung der chroni- 


schen Gonorrhoe 108. 

Gonorrhoe: Wlimmlicht-Behandlung 
der 108, Gonosanbehandlung 541; 
d. Penisfistel 202; pathologische 
Anatomie: 206, der chronischen 
129; interne Behandlung der 107: 
und Bilbarziaerkrankung 410; Pro- 
phvlaxe gegen 358; Therapie “der 
20, 105; urethrae 859: Ursachen 
der Hartnäckigkeit derselben beim 
Manne 488, 


or 


Gonorrhoische: Allgemeininfectionen 
243: Epididvmitis 165: Prostatitis 
301. 

Gonorrhoischer Eiter: Eosinophilic 
desselben 321; Histologie desselben 
392. 

Gonosan: 678: bei Cystitiden der 
Prostatiker 707; bei Gonorrhoe 541 ; 
therapeutische Wirkung des 21. 


Hämatom der Niere 574. 

Hämoglobinurie, paroxysmale Bt. 

Harn: Acetessigsäureiin 103: klinische 
Methode der Blutbestimmung im 
im 675; Eiweiß im 355: kleine Eı- 
weißquantitäten im 294; Fluores- 
cenz desselben bei schwerem Dia- 
betes 407; beim Fotus 171; Nach- 
weis von Gallenfarbstotf in dem- 
selben nach Riegler 406; Harnsiiure 
im 15; Naphtholnachweis nach Ein- 
führung kleiner Dosen v. Naphtha- 
lon, Benzonaphthol und 3-Naphthol 
673: Pentosen im 407: Reaction 
auf Lysol 674: Semiotik des 7: 
Untersuchung des 15: neue Ver- 
änderung desselben bei Nephritis 
53: kleineZuckerquantitäten im 214. 

Harnabgang. unwillkürlicher 38. 

Harnacidität 103. 

Harnblase: Fremekörper in der weib- 
lichen 371: Geschwür der 304; 
Malakoplakie der 688: nach Prostat- 
ectomie 24; Resection der 47; par- 
tielle und totale Resection derselben 
bei malignen Neubildungen 555; 
Totalexstirpation der 307; typische 
Veränderungen derselben in der 
Schwangerschaft 673; deren Ver- 
lagerung bei Uterustibrom 40; Ver- 
letzung der 392. 

Harnblasenaftection, Casuistik 86. 

Harnblasencarcinom 307. 

Harnblasenconcrement und Verweil- 
katheter 305. 

Harnblasenentleerung, Hygiene der 
spontanen 303. 

Harnblasenepithel. Metaplasie des 423. 

Harnblasengeschwülste 169. 

Harnblasenruptur: 426: Äntraperito- 
neale 308: traumatisehe intra- und 
extraperitoneale 427 


Hamblasenschleimhaut, Vorfall der 
307. 

Harnblasenspüler 446. 

Harnblasensteine 629. 

Harnblasentumor Behandlung 306: 
intramuraler 370. 

Harnblasenverschluß: 802; und Harn- 
entleerung. Mechanismus derselben 
423. 


Harndrang. pathologischer b. Weibe 
34. - 
Harnincontinenz: Behandlung nach 


Cathelin 569: Vaselininjectionen bei 
300. 

Harnleiter: Chirurgie der 193; Steine 
‘12; typische Veränderungen der- 
selben in der Schwangerschaft 673. 

Harnorgane, Medicin und Chirurgie 
derselben 527. 

Harmröhre: Anatomie und Entwick- 
lungsgeschichte der männlichen 641: 
Fremdkörper in der 298: Fremd- 
körper in der männlichen 604; 
Obturationsstenosen derselben 625: 
nach Prostatectomie 24: Steine der 
prostatischen 684: Verengerung der 
110: Verletzungen der 110: Wieder- 
berstellung derselben 40. 

Harnröhrenspüler, neuer 95 

Harnröhrensteine 680. 

Harnréhrenstrictur, Behandlung der: 
conservative 299: elektrolytische 
00. 

Harnrohrentripper 
norrhoe 19. 

Harnsiiure im Harn 15 

Harnstoffdiurese, Mechanismus der 
694. 

Harntractus, idiopathische Colibacil- 
losen des 14. 

Haruwege: Beteiligung beim Uterus- 
carcinom 292; Desinfection der 291; 
Operative Behandlung beim Uterus- 
carcinom 292; Steinkrankheit der 
241: Untersuchung der oberen 380, 

Hautdefecte am Penis, Serotun und 
Fub 246. 

Hernie, extraperitoneale der 424. 

Herpes progenitalis 684. 

Hetralin gegen sexuelle Neurasthenie 
296. 

Hoden, nicht deseendirter 25. 

Hoden- und Nebenhodentubereulose 
421. 

Hodentubereulose. Bier'sche Stauung 
bei 366. 


und Rectalblen- 


Huteisenniere 381. 


Hvdronephrosen: 573:  intermitu- 
rende, partielle 445; Pathoge- 
nese: 445, und Behandlung 442 : 


plastische Operationen am Nieren- 
becken bei 505; bei Ren mobilis 68 ; 
mit Steinen 712. 
Hydropsien, Einfluß des Kochsalzes 
auf 314. 
Hygiene der 
leerung 803 
Hy pernephroma renis 186. 
Hypertrophie der Nebennieren nach 
Ovarienentfernung 637. 
Hysterectomie, abdominale bei Carci- 
nom der Uteruscervix 432. 
Hvsterocleisis vesicalis 42. 


spontanen Harnent- 


g 

Impotenz 520. 

E e A der Kinder: 
und Albuminurie 52: und Nophritis 
52. 

Interne Behandlung der 
107. 

Tuterne Urethrotomie 21. 22. 

Ischurie, puerperale 37. 


J 


Jod, Wirkung desselben auf 
essigsture 103. 


Gonorrhoe 


Acet- 


Kathetercystitis, Verhtitung der 304, 
404. 


Kathetertaschenctul, antiseptisches 
382. 
Kochsalz, dessen Einfluß auf Hy- 


dropsien 314. 
Kochsalzinfusionen, 
Nephritis 435. 


subeutane bei 


L 


Lähmungen, urämische 53. 

Lebercirrhose u. Pollakiurie 17. 

Leukämie, Priapismus bei 363. 

Lithiasis, Wahl der Operation bei 4. 

Lithotripsic 204. 

Luetische Erkrankungen des Uro- 
genitalapparates 100. 


EE gangraenosad.Scrotum 
der Säuglinge 422. 


Lysol, Reaction des Harns auf 674. 


Malakoplakie der Harnblase 688. 

Morbus Addisonii, Casuistik 61. 

Morphinglvkosurie, Natur und 
suchen 622. 


Ur- 


Naphthalon. Nachweis von 3-Naph- 
thol im Harn nach Einführung 
kleiner Dosen von 673. 


3-Naphthol. Nachweis von — nach 
Einführung kleiner Dosen von 
Naphthalon, Benzonaphthol und 


B-Naphthol in den Harn 673 

Nebennieren, Hypertrophie 
Ovarienentfernung 637 

Nebennierenverpflanzung 446. 

Nephrectomie:  Functionsstörungen 
nach 665; Nierenfunetion nach 636; 
rechtsseitige 183. 

Nephritis: akute 712; Chlorallivdrat bei 
172: chlornatriumfreie Diät bei 635: 
Erysipel gegen 62: Formen der 
308; bei Infectionskrankheiten der 
Kinder 52: interstitielle und Ar- 
teriosklerose 696; subcutane Koch- 
salzinfusionen bei 435. 

Nephrolithiasis und Nierentumor 637. 

Nephropexie 381. 

Nephroptose 381. 

Neurasthenie, Hetralin ¢ 
296: sexuelle 8. 

Niere: evstische Degeneration der 56: 
Decapsulation und Stichelung der 
172: Echinococcus derselben 514: 
Eiweibausscheidungsort 633: Hii- 
matom derselben 574: Hyper- 
nephrom der 186: pathologische 
Weißtärbungen dureh Protagon 
871; traum. “Decapsulation 441. 

Nieren: und Gchirn bei einem Falle 
von Arteriosklerose und Schrunipf- 
mere 572: Pathologie und Pharma- 
kologie der Function der 694: 
Physiologie und Pharmakologie der 
695: maligne Tumoren derselben 
bei Kindern 697. 

Nierenanomalien und 
der weibl. Geschlechtsorgiame 


nach 


even sexuelle 


Mibbildungen 
DR. 


1 


Nierenaushülsung nach Edebohls 173. 
Nierenbecken: acute und chronische 
Entzündung 667: plastische Ope- 
rationen au demselben bei Hydro- 
nephrose 505: Papillome desselben 
375: typische Veränderung in der 
Schwangerschaft 673. 
Nieren- und Blasentuberculose, Dia- 
gnose und Behandlung 403. 
Nierencarcinom 441. 
Nierenchirurgie: 457, 508: am Ein- 
gang des 20. Jahrhunderts 438; 
functionelle Nierendiagnostik in der 
516. 
Nierenentzündung: 
krankungen 251 : 
251. 
Nierenerkrankungen: nach „Chrysa- 
robin 634: chirurgise he 257. 
Nierenfunetion: nach Nephrectomie 
686: nach Sectionsschnitt 186. 
Nierenkramkheiten: diätetische Be- 
handlung der 312: nach klinischer 
Beobachtung bei Anurie 504. 
Nierenreduction und Function 
restirenden Parenchvms 570. 
Nierensteine, deren Diagnose durch 
X-Strahlen 60, 507, 
Nierentuberculose: 183, 440; zur 
Diagnose der 318, 712; operativ ge- 
heilte 381. 
Nierentumor und Nepbrolithiasis 637. 
Nitze-Feier, Epilog zur 289. 
Novocain in der Urologie 349. 


Obturationsstenosen 
62. 

Orchidopexie 95. 

Orthostatische Albuminurie 377. 


P 


Papillome des Nierenbeckens 375. 
Penis: Hautdefecte am 246; mikro- 
skopische Präparate von Sklerosen 
desselben 414. 
Penisepispadie. complete 300. 
Penististel, Gonorrhoe der 202. 
Pentosen im Harn 407. 
Pentosurie mit Ausscheidung 
Arabinose 104. 
Pericy stitis als Ursache von patho- 
logischem Harndrang 34. 


bei Darmer- 
Ho Siuglngsalter 


des 


der Harnröhre 


von 


YPfählungsverletzung mitBlasen-Mast- 
darmtistel 428. 

Phloridzindiabetes und functionelle 
Nierendiagnostik 375. 

Pollakiurie und Lebercirrhose 17. 

Priapismus bei Leukämie 363. 

Protagon. pathol. Weibfiirbungen der 
Niere durch dasselbe 571. 

Prostata: Karzinom 711; Syphilis der- 
selben 543: und Trauma 165. 

Prostataenucleation: wegen Hämor- 
rhagie 302; het Prostatahvpertro- 
phie 24. 


Prostatahvpertrophie: 168, 415; Be- . 


handlung mit radioactiven Thermen 
Gasteins 23; conservative Behand- 


lung 420; neuere Behandlungs- 
methodeu derselben 546; nicht- 
operative Behandlung der 301; 


operative Behandlung 301; @alvano- 
therapie 710; Prostataenucleation 
hei 24. 

Prostateetomie: bei Blasenretention 
553: und Bottinische Operation 
>50; deren Eintluß auf Blase und 
Harnröhre 24: transvesicale 364, 
652. 

Prostatitis: nicht operative Behand- 
lung der 301; chronisch-gonorrhoi- 
sche 361: gonorrhoica 410. 

Pseudohermaphroditismus — externus 
femivinus heterotvpicus 581. 

Puerporale: Blase 37; Ischurie 37. 

Pyelitis als Schwangerschaftscon- 
plication 329. 

Pyelographie 317. | 

Pyelonephritis: gravidarum et puer- 
perorum 176; in der Schwanger- 
schaft 315: als Ursache von Dege- 
neration der Niere 56. 


Rectalblennorrhoe im Gefolge 
Harnröhrentripper 19. 
Rectourethralfisteln, Heilung der 157. 
Reimplantation des Ureters 49. 
Retlectorische Anurie, totliche 184. 
Riegler’sche Methode zum Nachweis 
von Gallenfarbstoff im Harn 406. 
Röntgenstrahlen zur Diagnostik der 
Nierensteine 507. 
Ruptur der Harnblase 426. 


von 


Samenblasentuberculose, Frühformen 
368. 

Samenstrang, Torsion 26, 686. 

Saug- und Stauungstherapie bei Ge- 
schlechtskrankheiten 402. 

Säuglinge, chronisches, idiopathisches 
Genitalödem der 405. 

Scharlach-Nephritis. prophylaktische 
Behandlung mit Urotropin 636. 

Schruinpfniere: und Arteriosklerose 
572; Diagnose der beginnenden 6685. 

Schwangerschaft: Pyelitis bei 329; 
Pyelonephritis in der 175, 815: 
einseitige Uretercompression mit 
schweren Allgemeinerscheinungen 
432; typische Veränderungen der 
Blase, Harnleiter und Nierenbecken 
673. 

Serotum:  Geschwulst 
defecte am 246. 

Sectio alta bei Harublasengeschwür 
304. 

Sectionsschnitt, Nierenfunction nach 
186. 

Semiotik des Harns 7. 

Sexuelle Neurasthenie 8. 

Sklerosen des Penis, mikroskopische 
Priiparate von 414. 

Sonden, Aufhewahrung derselben 382. 

Spermatocele 420. 

Spermatorrhoe, Behandlung der 365. 

Spinale Blasenstörungen 3. 

Sptiloliven, neue 62. 

Spülsonden, neue 62. 

Stauungs- und Saugtherapie bei Ge- 
schlechtskrankheiten 402. 

Steinkrankheit der Harnwege 241. 

Stichelung der Niere 172. 

Syphilis der Prostata 543. 


628: Haut- 


T 


Theocin als Diureticum 66. 
Theophyllin als Diureticum 62. 
Torsion des Samenstranges 26. 
Trauma und Prostata 165. 
Tuberculin bei Urogenitaltuberculose 
672. 

Tuberculose: des Genitals, ee 
Ana- 


venese und pathologische 
tomie 669; der Hoden 366; des 
Hodens und Nebenhodens 421; 


der Nieren 318, 381, 440. 712: der 


Samenblase 368; des Urogenitals, 
Tuberculinbehandlung 672. 
Tumoren: der Blase, Behandlung 
derselben 494; der Harnblase, Be- 
handlung der 806. 
Typhusbacteriurie und Nieren 379. 


Urachus, große Cysten des 430. 

Urämische Lähmungen 58. 

Ureter: operative Behandlung eines 
überzähligen 50; intra- oder extra- 
peritoneale Reimplantation des- 
selben 49; subcutane Verletzung 689. 

Ureterchirurgie 49. 

Ureteren: topographische Beziehun- 
gen derselben zu den Organen des 
kleinen Beckens bei Frauen 658: 
Chirurgie der 374. 


Uretercompression, einseitige in der 


Schwangerschaft mit schweren 
Allgemeinerscheinungen 432. 

Ureterencystoskope von dünnen 
Kaliber 161. 

Ureterenkatheter, 
gebende 688. 

Ureterenkatheterismus: in der &ynä- 
kologie 14; der gesonderten Harn- 
auffangung 565. 

Vreterkatheterismus, therapeutischer 
373. 

Ureterresection mit consecutiver 
Uretercystanastomose 564. 

Ureterverdoppelung, incomplete 525. 

Ureterverschluß, zeitweiliger 562. 

Urethra: Careinom der weiblichen 
413; Fremdkörper ın derselben 411; 
Gonorrhoe der 359. 

Urethrale Concremente 298. 

Urethrotomie, interne 21, 22. 

Urin, Bestimmung des elektrischen 
Leitungswiderstandes für klinische 
Zwecke 385. 

Urinal, neues, für Frauen 663. 

Urinseparation 163. 

Urogenital der Amphibienlarven 532. 


Röntgenschatten 


Crogenitalapparat: © morphologische 
Beiträge zur Kenntnis des männ- 
lichen 449; luetische Erkrankungen 
des 100. 

Urogenitalfisteln, Aetiologie 
Therapie der weiblichen 483. 

Urogenitaltuberculose, Tuberculin-. 
präparate bei 672. 

Urotropin: 619; als Prophylaktikum 
gegen Scharlach-Nephritis 636. 
Uteruscarcinom, Beteiligung der 

Harnwege beim 292. 

Uteruscervix, abdominale Hysterec- 

tomie bei Carcinom der 432. 


und 


V 


Vaselininjectionen bei 
tinenz 300. 

Verweilkatheter, dessen EinfluB auf 
Abgang eines Blasenconcrements 
305. 


Harnincon-- 


Wanderniere: der Frauen 439; Hydro- 
nephrose einer 58. 
Wochenbett, Pyelonephritis im 175. 


Y 


Yohimbin-Spiegel, pharmakologische 
Wirkung 621. 


Zucker in geringen Quantitäten im 
Harn 294. 

Zuckerausscheidung, Beeinflussung 
durch Fettzufulir 675. 

Zuckerbildung: bei Diabetes mellitus 
485; aus Fett 357. 

Zuckerklvstiere bemn Diabetiker 16. 


Namen - Register. 


* bedeutet nur citirten Autor. 


Achard 273, 
277, 278. 

*Adrian 274. 

*Afanasjeff 356. 

Ahlefelder 432. 

*Ajevoli 203. 

*Albarran 257, 259, 261, 
264, 265, 272, 275, 277, 
278, 281, 282, 337, 338, 
344, 404, 474, 475, 481, 
514, 528, 529. 581, 506. 

"Albert 631. 

Albertin 442, %574. 

Albrecht *260, 700. 

Alexandrescu 696. 

* Alexinski 514. 

"Aljevoli 340. 

* Allen 632. 

Altinann 23, *546. 

*d'Amato 622. 

*Araki 535, 536. 

Archipow 671. 

Arinkin 635. 

*Arnheim 16. 

*Arnold 103. 

*Arzberger 546. 

*Asch 262. 

*Aschoff 580, 581, 654. 

*Ascoli 487. 

*Autrecht 100. 

*Authal 90. 


275, 276, 


Bachelor 25. 
*Baginsky 340. 
a Baldini 516. 


"Bamberger 533. 5335. 

Baradulin 513. 

“Bard 276. 

*Bardenheuer 507, 594. 

Baron 350. 

*Barszezewski 464, 465. 

*Barth 261, 274, 2x1. 

*Bartholin 402. 

*Barucco 622. 

*v. Basch 621. 

*Bastos 527, 528. 

Baumgarten 294, 
674, 711. 

*v. Baumgarten 670, 671. 

Bazy 445. 

*Bazy 259, 260, 275, 5l4, 
595. 

Beck 25. 

"Becker 540. 

“Benedit 5586. 

*Berg 96. 

"Berge 277. 

Berger 30. 

“Berger 307, 622. 

"Bergh 101. 

"Bernard 273, 275, 
485. 

*Bernatzik 634. 


*540, 


276, 


Bernstein 95, 287, “354, 


399. 
“Bertelsmann 701. 
“Besson 378. 


“Bettmann 321, 327 344, 


396, 397. 
*Bial 407. 
*Biberfeld 350. 


"Biedl 277. 
“Bier 402, 403. 547. 
Bierhoft *37. 410. 
"Billroth 122, 260, 629. 
Bingel 16. 
*Birch-Hirschfeld 580. 
Birnhaum 246. 
Blauck 354. 
*Blanck 399, 400. 
Blauel 689. 
"Bleiweib 534. 
Blum 363. 
Bodlaender 14. 
*Boeckel 515. 517. 
Boehme 410. 
Bogdanik 26. 248. 
Boxoljubow 555. 
*Bohland 435, 
"Böhm 536. 
*v. Boltenstern 654. 
Bondi 103. 675. *676. 
*Bonneau 337. 
"Bonnert, 449. 
*Borehard 675. 
*Bordbury 517. 
*v. Borelius 12°. 
“Boss 541. 
“Bottini 302. 527, 
551, 552, 600. 
"Bouchard 270, 275. 
*Bouquet 273. 
*Boureret 3-42. 
“Bowman 503. 
*Braatz 261. 
*Braillon 516. 
*Braun 350, 450. 522. 


548. 


*Bredier 330. 
*Brenner 251. 
*Brestowski 521. 
*Le Brigand 336. 
“Bright 438. 
*Brissaud 207. 
Brod 24b. 
*Brodie 277. 
*Brongersma 316. 
Brugger 183. 
*Brun 580. 
Bruni 369. 

v. Brunn 421. 

*v. Büngner 670. 
*Burckhard 86, 20%. 
Burnet 294. 
*Burnev 177. 
*Bussenius 534. 
Buttersack 646. 


Cabot 420. 

“Cabrera 583. 

*Cade 341, 342. 

*“Cahem 580. 

Calrocoressi 53. 

*Campagnolle 534. 

*Camus 56. 

Cantani 17. 

*"Carlanı 580. 

"Carlier 596, 599. 

"Carpenter 528. 

"Casper 90, 93, 161, 162. 
239, 257, 264, 265, 271. 
975, 277, 218, 279, 281, 
282, 316. 317, 318. 355. 
376, 385, 356, 416, 480. 
008, 543, 582. 

"Cassel 262. 

“Castano 586. 

"Casteigne 275, 276. 

*Cathelin 369, 529, 553. 

*Cederkreutz 207, 216. 

"Cestan 475. 

“Champetier 336. 

"Chapelle 275. 

"Chatelin 595, 600, 601. 

"Chopin 275. 

"Chrobak 540. 

“Clado 581. 

Clark 380. 

"Cohnheim 337. 

"Constadt 340. 

*Contremoulin 601. 

*Cooper 15s. 

*Cordier 514. 


11 


*Connac 466, 481. 
*Cornil 580, 581. 
Cotte 364. 
*Cotton 262. 


“Cowper 449, 450, 451. 
453, 454, 455, 456, 602. 


Cronquist 358. 
*C'ruvelhier 336, 579. 
Cumston 38. 

*Czorny &9, 122. 

’v. Czyhlarz 276, 277. 


Danelius 161. 
Daniel 58. 
Danielsen 350. 
“Davaine 513. 
Deaver 168. 
*Debains 601. 
*Debierres 654. 
Deetz 428. 
*Deguise 632. 
*Delageni¢re 424. 
*Delamare 277, 27x. 
*Delbanko 580. 
*Delbeau 45. 
*Delbet 596. 
Delore 364. 
Delore u. Cotte 430. 
“Deniges 435, 
"Denis 163. 
Le Dentu 445, 517. 
Derewenko 375 
*Desnos 595. 597, 603. 
*Desprez 275. 
*Deuticke 554. 
Deutsch 107. 
“Dickinson 466, 481. 
*Didav 136. 146. 
151, 153. 
*Dieulafov 124. 
*Dittel 44, 90, 305, 416. 
*Donuth 276. 
Dreibholz 686. 
Dreser 103. 
*Dreser 270, 271. 
Drever 202. 
*Dreyfus 275. 
Drobne 543. 
*Duchostelet 597. 
Dufaux 382. 
*Duhdt 851, 598, 692. 
Dukes 51. 
*Durand 444. 
*Durrieux 602. 
Duval 553. %593. 


148, 


*y. Eberth 207. 

*v. Ebner 207, 654. 

*Ebstein 241, 579. 

*“Edebohls 173, 174, 242. 
260. 438. 439, 528, 529, 
562. 

Edlefsen 673. 

Ehrenfest 446. 

*Ehrlich 395, 397, 476, 
477, 475, 479. 

Ehrmann *101, 414. 

"Einhorn 349. 

"wv Eiselsberg 123, 260. 

Ekehorn 185. 

*Embden 358. 

*Enderlen 337. 

“Engelmann 273. 

“Englisch 581, 593, 604, 
680, 681. 

’Epstein 321. 323. 

*Esbach 435. 

*Escat 598, 600, 601. 

*Esipoff 94. 

*Esmarch 205. 

*Estor 27. 

*Eulenbursz 622. 

Exner 500. 


*Fantino 44. 

Farabeuf 163. 

*Fawitzki 340, 342. 

Federott 193. 

*v. Fedorot! 392, 496, 497. 
498, 507, 632. 

Fedorow 874. 

Feit 55s. 

Fenwick 318, *682. 

Feodosjew 637. 

Ferrannini 435. 

"Filatow 340. 

"Finger 68, 69, 167. 207, 
208, 209, 211. 213, 214, 
215, 216, 217. 219, 220, 
221, 222, 223, 224, 225, 
2.26, 227, 228, 410. 488, 
711. 

“Finsen 513. 

Finsterer 629, 680. 

*Fjodorow 121, 122. 

Fletcher 695. 

Flischer 17. 

Föderl 308. 

"Le For 514. 


*Forgue 597. 


‘Fournier 101, 422. 

Frank 239, 702. 

*Frank 597, 598, 601. 

*Friinkel 265. 

von Frankl-Hochwart 33. 

‘Franz 666. 

"Frerichs 810. 

Freudenberg 550. 

"Freudenberg 296, 297, 
527, 528, 598, 599, 600. 

*Freund 263. 

Freyer 24. 

‘Frever 528. 553. 599, 600. 

Friedjung 405. 

Friolet 564. 

v. Frisch 300, 546. 

“v. Frisch 203, 261. 

‘Fritsch 50. : 

Fuchs 305. 

‘Fuller 158, 549. 

“Le Fur 596, 599, 603. 

Furniss 14. 

“Fürnrohr 35. 

‘Furtado 527. 


Gaebell 688. 
‘Gangolphe 574. 
‘Gaarre 440, 
‘Gassmann 321. 

Grau 673. 

Gauthier 371. 
(ravales 61. 

*Gebbert 387. 
*“Geelmuvden 675. 
"van Gehuchten 33. 
*Grenouville 598. 
‘Geéerard-Marchand 514. 
‘Gerhard 103, 295, 409. 
Gersunv *123, 304. 
"Giordano 260, 261. 
Glacssner 533, 535. 
“Grlénard 440. 

‘Crluck 274. 

- "Göbell 271, 274, 281. 
Gochel 15. 
*Goldbaum 467. 
“Croldberg 668. 
*(roldschmidt 339. 
‘Goodfellow 528, 549. 
Goolden 533. 

‘Gotze 281. 

Gram 118. 

"Grawitz 472. 

‘de Grazia 273. 


Green 423. 

Grégoire 593. 

Grosglik 457, 590. 

*Grosz 263. 

Grüner 314, *315. 

Grüneberger 409. 

*Griinteld 93. 

Griinwald 503. 

*Guerin 489. 

*Guerini 655. 

(ruevrat 684. 

*Guisy 527. 

Gullan 712. 

*“Gumlich 435. 

*Gussenbauer 629. 

Gutmann 321. 

"Gutmann 394, 395, 688. 

"Guyon 46. 202, 337, 340, 
342, 415, 416, 473, 474, 
475, 580. 

“Gwyn 378, 


v. Haberer 370. 570. 
*Häche 46. 

Hacker 712. 
*Hacker 598. 
“Hadden 100. 


Hagmann 204, 565. 


_Hagner 710. 


*Halberstma 337. 

"Halle 69, 207, 209, 212, 
213, 214, 215, 217, 220, 
222, 223, 224, 226, 228, 
229, 338. 

“Hamburger 579. 

*“Hamonic 595, 597, 598. 

Hannes 46 

“Harrison 527, 528, 529. 

*Hartmann 475, 574. 

*Haslund 489. 

"Hauser 276. 

Heidenham 439. 

Hellv 441. 

Henderson 694. 695. 

*Henle 469, 562, 581. 

*Henoch 262, 

“Hermes 352. 

"Herzog 642, 650, 651, 
652. 

“Heubner 340, 667. 

*Heufeld 378. 

*Heuss 291. 

“Heussner 917. 

*Hev 581. 


Hevmann 423, 531. 
"Hildebrand 476, 477. 478, 
479. 
Hinterstoisser 122. 
Hirsch, F. 18. 
Hirsch, M. 33. 
“Hirsch 522. 
"Hirschfeld 394, 622. 
"Hochenegz 123, 159, 629. 
"vant Hott 270. 
“Hottmann 581. 
Hohmeier 50. 
"Holländer 602. 
"Holmes 632. 
Homburger 62. 
“Horvath 5:36. 
*Hössli 503. 
Hottinger 712. 
*Hottinger 682. 
“Houzel 513. 
“Huppert 406. 


Hives 373. 

"Imlach 517. 

“Impens 291. 

“Israel 49, 190. 261, 26, 
270, 273. 274. 278, 281, 
282, 315. 340. 430, 466, 
480, 431. 


*Jacobelli 340. 

*v. Jaksch 634. 

“Janet 80, 99, 143. 147, 
148, 152, 203, 410, 491, 
597, 598. 

“Janowski 321. 

*Jarjavay 654. 

“Jarsteld 275. 

"Jeanbreau 597. 601. 

Jehle 118. 

Jenckel 184. 

*Jerosch 514. 

Jolles 407. 

“Joseph 276. 277, 281, 
$21, 322, 327, 394, 395, 
397. 398. 

Josue 696, 


*Kablukot? 371. 
*Kahlden 580. 

"Kallıontzis 5%6. 
"Kallmann 155. 


Kammer 674. 
Kapsammer 257. 261, 271, 


273. 274, 277, 218, 527. 


529. 
*Kastschenko 450. 
Katz 375. 
"Kaufmann 94, 606. 
de Keersmaecker 672. 
*Keibel 454. 
Keil 708. 
"Kelemen 291. 
*Kelin 097. 
*Kelly 104. 
*Kerzeviowski 461, 469. 
*Kevdel 493. 
Kistjakowski 619. 
*Kjeldahl-Wiltarth 435. 
*Klebs 579. 
*Klemperer 277, 438. 
Klimott 675. 
Klink 438. 
*Klunge 675 
"Knie 517. 
Kuoll 413. 
Knorr 34. 
*Knox 579. 
*Kobert 634. 
Koblanck 292, *438. 


*Koch 440, 465. 568, 569. 


"Kocher 260. 

*Kock 273. 

*Kocppe 271, 273. 
*Kohlrausch 387. 
Kolisch *277, 357. 
Kolischer 385. 
‘Kollmann 138, 454. 
*König-Martens 111. 
*Konjajetl 377. 
Konva 15. 

*v. Korany 270 273. 
*Kornblum 265. 
Kornfeld 112, 369, 554. 
*Koronkiewicz 461. 
*Kovacz 273. 
*Kovesi 265, 271, 272. 
"Kraemer 671. 
*Krajewski 461, 475. 
"Kraus 358, 487. 
"Krause 581. 

*Krehl 503. 

Kreidl }71. 

"Krogius 338. 
*Krönig 293. 

Kropeit 305. 

*Kühn 622. 

*Kukula 629 


13 


*Kiilz 409. 

“Kommell 270, 271, 273, 
274, 388, 390, 404. 508, 
229, 

"Kunkel 634. 

*Kurbatow 684. 

Küster 438. 

*Küster 260, 482. 

*Kiistner 46. 

Kutner 47. 

*Kutner 275, 277. 

*Kuttner 491. 

*Küttner 700. 

Kuzmik 185. 


*Laboulbene 580. 

Lance 514. 

*Landorf 581. 

“Lang 101. 

Lange 28. 

*Langballe 62. 

*Langemack 262. 

*Lauenstein 93. 

*Launois 415. 

Läwen 505. 

*Lebretou 597. 

*Leconillard 844. 

Leedham-Green 711. 

*Legal 295, 409, 540. 

*Legueu 337, 844. 014, 
027, 528, 553, 554, 595, 
599. 

“Lembert 89. 505. 

“Lenhartz 667. 668. 

*Lennander 89, 439. 

Lenne 537. 

*Leon-Imbert 602. 

“Lepage 342. 

*Lepine 275, 27%. 

Leschnujew 121, 494. 

*Lesmiowsk1 469, 474, 475. 

“Leube 265, 503. 

*Levene 265, 277. 

Levi 532, 

Levison 58. 

*Lewin 102, 321, 339, 395, 
634. 

Lewy 366. 

Lichtenauer 48, 49. 

Lichtenberg *303, 317. 

v. Lichtenberg 449. 

Lichtenstein 375. 

Lichtenstern 665. 

*Liebls 302. 


*Limbeck 579. 
"Linde 634. 
*Lindemann 104, 270. 
*Lipmann-Wulf 276. 
"Titten 579. 
“Littré 228, 232, 455, 491. 
*Lodoh 534. 
Loeb 408. 
*Loebisch 634. 
*Loeper 273. 
*Lohlein 336. 
Lohnstein 67, 129, 165, 
206. 394. 
*Lohnstein 147, 297. 
*d Lorenzo 622. 
*Losio 600. | 
*Loumeau 426, 508, 594, 
600, 601. 
Löw 165, 203, 302. 
*Löwenfelü 622. 
Loewenhardt 241. 
Loewi 694, 695. 
*Löwenhart 270. 
*Lubarsch 580, 
*Lucke 352. 
Lücke 424. 
*Ludwig 94. 
*Lugol 104. 
“Lumeau 514. 
*Luschka 581. 
"Lustig 667. 
"Luthje 358. 
*Luvs 268, 595, 597, 
Luzzatto 104, 622. 


Ge Déeg seg Ai ien. e et, e e Kier, deer ty 


600. 


*PMRaassen 333, 334. 
“Mac Lean 528. 
Maeder 427. 
*Malpighi 503. 
*“Mandibur 395, 396. 
Mandl 171. l 
Mandrila 291. 
“Mandrins 699. 
Mankiewicz 492, 593. 
*Mankiewicz 667. 
"Mann 265. 
*Maramaldi 622. 
*Marckwald 580. 
*Martel 580. 
Martens 508. 
*Matzenauer 10]. 
Matthias 47. 
"Mauriac G85. 3 
"Mavdl 123. 


u se 


“Maziurski 455. Newmann 303. *Picardat 203. 
“Melchior 338. "Nicola 682. Pick 251. 
*Mendel 622. “Nicolich 22, 23. Picker 19. 
“Menn 295. *Nitze 120, 205, 257, 263, *Pinard 344. 
“Mercier 295, 415. 376, 493, 650. Pinkus 106. 
“Merck 521. Nobl *527, 623. *Pique 438. 
‘vy. Mering 277. “Noe 275. *Pithas 632. 
“Merkel 449. "Nogues 466, 481. Pleschkow 42. 
Meyer 301, 321. 323, 351. *v. Noorden 265. 812. 636, *Plumert 533. 
*Mibelli 96. 537, 677. *Pluvette 514. 
"Michaelis 688. v. Notthatit 62. “Poisson 203. 
"Mitet 26. "Novotny 300 *Polano 321, 322, 327, 394, 
"\lıhälkovies 5. "Nussbaum 35, 395, 397, 308, 
*v. Mikuliez 122, 600, Nyrop 57. *Politzer 439. 
*Minet 598, 601, 603. Poll 446, *534. 
“Minkowski 358, 495, 486. *Pollak 336. 
*Minnich 3. *Polosson 514. 
Mitterer 56. "Oberländer 382. Polva 684. 
Mohr 485, 486, 487. “Oberliinder 117, 138,155, “Popow 337. i 
"Mohr 205, 358, 634, 490. © Popper 294, *540. 

676. Oberndorfer 669. Porosz 1. 
Molinari 586. Oesterreicher 21, 510. “Posner 321, 322, 325. 394, 
"Möller 212. “Offer 312. 395, 622. 
“Monod 424, 514. Offergeld 53. *Posner-Schwyzer 203. 
*Monti 262. Okuniewski 298, 304, *Potherat 601. 
v. Moraczewski -406. “Ollier 574. *Pousson 527, 528, 5%, 
*Moran 600, 603. *Olshausen 356. 601. 
“Morgagni 202, 415. 453. Opitz 175, *315. Preindlsberger 44. 
*Morner 103. Oppel 440. *Priebnitz 433. 
Morris 260, Oppenhaim 302, “Prior 265. 
Moszkowicz 546. Oppenheim *33. 165. Prochaska 243. 
“Motz 580. Orlowski 329. “Proksch 100. 
Müller 32. 33, 77, 78.265. *Orth 58x. “Proust 528. 

275, 276. 438, 477, 547, "Pugnat 275, 278. 


634, 667, 
*Müllerhenn 479. 480. 


Muren 299, *Pagenstecher 86, 89. *Quevrat 543, 
“Munoz 622, *Paltaut 57, 261. 
“Parcint 415. 
Paschkis 641, “64. Rach 572. 
Passarelli 21, 106. Rachmaninow 697, 
“Nagel 641, 650, “Passe 438. “Radlinski 461, 462. 
Nasarow 124. Pässler 504. *Ratin 268, 595, 601, 602. 
“Nawrocky 33. *Pasteau 529, 5496, 597, “Ramm 547. 
Naunyn 534, 537, 358. 600, 603. “Ranvier 50, 581. 
608, 677. *Pasternatzki 330. 835. *Raskat 207. 
"Nebelthau 534. *Patello 534. “Rasumowski 514, 557. 
*Neelsen 68, 69, 207. 214, *Pauchet 599. Rautenberg 562. 
215, 217, 219, 220, 226, “Pavey 264, 277. Ravasını 22. 
228. "Dunn 517. “Rawson 383. 
*Newer 513. Pelnar 502, *Raver 315. 
*Nelaton 517, 690. Pereschittkin 507, "Rebland 315. 
"v. Nesti 276. "Pevrot 517. “Reblaub 380, 337. 338. 
"Neumann 264, 378. “Pezzoli 321. 340. 
"Neusser 321. 323. Ptister 29. Regenspurger 359, 
"Nevennv 522. "PHtiger 435, 468,487,676, “Reichel 64%, 


Reimer 341. 

"Reiniger 387. 

Renault 678. 

“Revilliod 275, 278, 

Revnolds 301. 

Richelot 441. 

“Richter 264, 265, 271, 
278, 281, 282, 508, 534. 

“Riegler 104. 406. 

Riegner 169. 

“Ritter 265. 

"Roche 514. 

"Rochet 158, 442, 444, 
559, 573, 580, 

Rochet-Durand 442. 

*Rokitanskv 679. 

“Roeder 270, 272. 

“Rollet 371. 

Romberg 665, 666, 

"Rona 543, S81, 

"Rörig 682. 

’Rosemann 205. 

“Rosenqvist 312. 

*Rosenstem 339. 

*Rosenthal 291. 

Roser 424. 

*Roth-Schulz 265. 271, 
272. 

Rothschild 303, 376. 

‘Rotte 622. 

Rousseau 422. 

*Roveing 37, 259, 260, 264, 
269, 273, 274, 278, 281, 
300, 439, 555. 

Rüdinger 675, *676. 

Rudnik 20. 

Ruiter 58. 

Ruge 37. 

"Rumpel 270, 271, 273, 
281. 

Ruppauner 315. 

"Rutkowski 122. 

AN 333. 


Sachs 52, 475. 

*Salkowsk: 265. 

"Sappez 581. 

*Sard 26%. 

"Satta 676. 

"Savor 338. 

‘Sawicki 468, 469. 

Sehabad 277. 

*Schidenkamp- Kronbach 
622. 


"Schall 387. 
"Schauta 34. 
’Schedes 403, 440. 
Schenk 712. 
Scherber 542. 
Schildbach 406. 
Schilling 407, ‘636. 
Schindler 56. 
*Schlasberg 489. 
°Schlaver 664. 
*Schlesinger 277. 
Schmid 676. 
Schmidt 40, 110. 172. 385, 
633. 
*Schnnudt 351. 
*Schoenthaner 579. 
‘Schüder 377. 
*Schupter 534. 
"Schütze 291. 
Schwarz 103. 
*Schwarzschild 202. 
"Schwerstski 138. 
“Segound 207. 
Seifert 291. 
Selhorst 800. 
Sellei 420. 
*Sembhuow 339. . 
"Senator 270, 275, 438, 
504. 
*Serapin 518, 
Serkowsk1 7. 
Shiels 58. 
Shoemaker 710, 
“Sibau 277. 
*Silberstein 622. 
“Silcock 580. 
Simmonds °292, 368. 
*Spnon 123. 
*Simonclh 275. 
*Skabitschewskv 533. 
Sklarow 381. 
Slowtzow 359. 
Smart 60. 
*“Snuth 123. 
Snow 301. 
*Sommerteld 272. 
"Sonnenburg 122.123, 351. 
*Soth 514. 
"Spencer Wells 517. 
"Spiegelberg 516, 517. 
*Sradtfeld 336. 
Stem 514. 
’Steinsberg 522. 
*Steithal 264. 
Stenezel 361. 625. 
*Stepanow 337. 


Stern 8, 173. 
"Stockmann 203, 274. 
*Stockvis 275. 
‘Stoeckel 38. 46, 49. 24: 
Stoerk 571. 580. 
"Stöhr 207. 

Storbeck 172. 
*Strauss, Fr.. 271. 272. 
"Strauss, H., 270, 272. 
Strebel 108. 

Strubell *270. 621. 
’Strzyzowski 407. 
Sturindorf 381. 
Suarez 579. 

“Sultan 396, 397. 
Survevor 15. 


*Tarnowskyv 101. 

Tatsujiro Sato 57. 

“Tedenet 198. 

*Telegen 265. 

Teissier 377. 

"Terrier 514. 

“Texo 586. 

"Thiersch 122, 125, 246. 

"Thomas 513. 

*Thomayer 502. 

Thompson 317. 

Thomson 302. 

"Thumın 274. 

“"Tıllaux 517. 

‘Tomassoli 242. 

"Tourneux 641, 642. 651, 
654. 

"Traube 311. 

"Trendelenburz 122, 427. 
505, 607, 553. 

"Trommer 571. ‘ 

"Tuftier 264. 273. 274, 
474, 475. 514, 597, 528. 
14. 


Ullmann 366. 402, 488. 
*Ultzmann 630. 


"Wajda 222, 223. 
Vallas 553. 
‘Vanghetti 96. 
Vas 377. 
*“Vecki 622. 
"Velpeau 4. 


un en zn — — 


Vertes 483. 

Vidal 319. 

*Vierling 430. 

Villar 307. 

Violet 432. 

*Vinay 340, 341, 342. 
"Vincent 574. 

Vinci 879. 

“Virchow 579. 


*Voelcker 276, 277, 281, 


302, 317. 
Vogel 529. 
"Vogl 634. 
*Voisin 270. 
*Volhard 667. 


*Volhard-Salkowski 435. 


Volk 634. 
*Vorbach 321. 
*Vulpius 476, 477, 479. 


*Wagner 260, 482, 517. 
*Waldvogel 270. 
Walker 24. 

Wallace 306, 


16 


"Walsham 481. 

*Walthain 466. 

*Wangh 622. 

*W assermann 69, 207.209. 
212, 213. 214, 215, 217, 
220. 222, 223, 224. 226, 
228, 229. 

Wasserthal 17. 

“Watson 628. 

Wechsberg 5408 

*Weigert 271, 525. 

Weiss 411, *622. 

Werdogradow 628. 

"Wheatstone 387. 

"White 547. 

Widal *276, 315. 

*Widowitz 636. 

*Wicbrecht 274. 

*Wilcox 622. 

Wildbolz 157, 493. 

*Williumson 622. 

Wilms 307. 

“Winkler 212. 

"Witzel 485. 

"Wlaew 514. 


Woinitsch- 
Sjanoschentzki 63%. 
"Wollt 456, 532. 570. 
*Wolfler 123. 
*Wolkow 439. 
Wolkowitsch 40. 
Wright 620. 
Wulf 525, 663. 
"Wvssokowitsch 262. 


"Young 169. 


Zangemeister 119, 248. 
492, 688. 

*Zechmeister 101. 

Zeiss] 100, *648. 

*Zichinski 472. 

*Zillesen 536. 

*Ziembicki 158. 

*Zuckerkandl 45, 203. 281. 
381, 415, 577, 578, Pë 
582, 641, 642, 651, 654. 
658. 

“Zuutz 271. 


Druck von Cari Marschner, Berlin SW 


Die Anatomie und die physiologische Ro!le des Ductus 
ejaculatorius und des Colliculus seminalis. 


Von 
Dr. M. Porosz, Budapest. 


Vortrag. gehalten im kgl. ungar. Aerzteverein im Januar 1905. 


vi 


Bei der Behandlung der Ursachen der Pollutionen und der Sper- 
matorrhoe gelangte ieh auf Grund der gesamten physiologischen 
und pathologischen Erscheinungen, aber auch an der Hand klinischer 
Beobachtungen zu dem theoretischen Resultate. daß auch die Samen- 
blase einen SchlieBapparat haben müsse. Diesen noch unbekannten 
SchlieBapparat nannte ich Sphincter spermatoceystae. Zu dieser An- 
nahme berechtigten mich folgende Gründe: 

Die Ilarnblase und der Mastdarın sind Hoéhlen, welche eine Zeit 
lang infolge der Thätigkeit der Schließmuskeln ihren Inhalt nicht ent- 
leeren. Auch die Samenblase ist eine llöhle, nur mit dem geringen 
Unterschiede, daß sie gleichzeitig eine Vorratskammer ist. Sie sammelt, 
conservirt die ständig produeirten Ilodenproduete. Der Inhalt wird nur 
dann entleert, wenn es die Vorbedingungen notwendig machen. Die 
Entleerung zur Unzeit verhindert ein Apparat. Wie die Erfahrung . 
lehrt. entleert sich der Urin, der Kot und der Samen bei den Er- 
hängten im Augenblicke des Strangulirens von selbst. Es bedarf keiner 
weiteren Erklärung, wenn ich sage, daß sich diese Entleerung deshalb 
einstellt, weil die innervirten Schließapparate plötzlich erschlaffen. 
Und auch weil der Tonus der entleerenden Muskeln länger anhält, wird 
die Entleerung erleichtert. 

Bei chronischer Prostatitis, die sich der Blennorrhoe zugesellt, sind 
die sich oft wiederholenden Nachtpollutionen, die Defäcations- und 
Mictionsspermatorrhoe eine häufige Erscheinung. 

Ueberdies kann das Krankheitsbild, welches ieh beschrieben und 
Atonia prostatae genannt habe, — die Prostata ist auffällig locker und 


Se Do. 


weich und der Inhalt der Samenblase kann nach der Rectalunter- 
suchung im Urin erkannt werden —, ohne Zweifel auf ein geschwächtes 
Sehließen zurückgeführt werden. 

Diese beiden Umstände dienen zur Genüge als Fingerzeig, daß ieh 
auf die Atome der Prostatamuseulatur die Ursache der Symptome 
zurückführe, welehe für die sexuelle Neurasthenie charakteristisch 
sind. In dem größten Teil der Fälle spielen die centralen Herde als 
Ausgangspunkte der Krankheit keinerlei Rolle und rufen weder 
die Spermatorrhoe, noch die Pollutionen, noch die geschwächten Eree- 
tionen, noch die raschen Ejaculationen hervor. Es giebt nur sehr 
seltene Ausnahmen. Das geschwächte Wollustgefühl, die gesteigerte 
Libido, so auch das häufige Uriniren. das heißt die Abnahme der 
C'apacıtät der Ilarsıblase. gehört hierher. 

Es wird doch niemand daran denken. daß der nach einer lange 
angehaltenen Blennorrhoe zurückgebliebene häufige Jlarndrang cen- 
tralen Ursprungs ist. Die Entleerung der Samenblase in häufigen und 
unzweckmäbigen Intervallen und unter ungünstigen Umständen — 
wenn sie aueh partiell ist ~- wird sehon als centralen Ursprungs an- 
gesehen und anerkannt. 

Kine andere Erklärung giebt man für Pollutionen und eine andere 
für die Spermatorrhoe. Erstere führt man auf einen Reiz des geni- 
talen Centrums. letztere auf seine Ermüdung zurück. Beide können 
aber infolge einer loealen Entzündung entstehen. Eine solche Ent- 
zündung ruft auch die Blennorrhoc hervor. Bei meinen eingehenden 
Untersuchungen überzeugte ich mich aueh davon, daß bei Patienten. die 
an Pollutionen leiden, auch Spermatorrhoe vorhanden ist. Es ist wahr, 
sie ist so belanglos. daß der Patient sie gar nieht wahrnimmt. Wenn 
wir aber den Patienten die Weisung geben, daß sie vor der Stuhl- 
entleerung uriniren,. nach dem Stuhlgang den angesammelten ge- 
ringen Urin in einer Phiole aufsaugen und wir den Urin. nachden: er 
contrifugirt worden ist, untersuchen, finden wir immer Spermazellen. 

Die Spermatorrhoe pilegen die Patienten nach längerer Zeit wahr- 
zunehmen. Bemerken sie sie, so kommen sie zu dem Bewußtsein. daß 
sie das damit verbundene Gefühl schon lange kennen und daß sie an 
diesem Uebel sehon lange leiden. 

Das ist die Ursache, dab die Pollutionen nach der üblichen 
mechanischen Behandlung ausbleiben und statt dessen ein ver- 
schhimmerter Zustand. die Spermatorrhoe, auftritt. Von dieser Basis 
ausgehend, war ieh bestrebt. den Tonus der Prostata zu steigern und 
zu diesem Behufe machte ieh von dem faradisehen Strome Gebraueh, 


‘s ist mir gelungen, die Prostata so in Thätiekeit zu versetzen und 


— leet ined , — E E, EE 
Se Eo — 


u, eg 


durch Unterbrechung des Stromes abwechselnd rasten zu lassen. Nach 
einer solchen Behandlung besserte sich die lange Reihe der Symptome. 
Endlich war der Patient geheilt. 

So ist „ex juvantibus"” die Sicherheit der fertigen Diagnose ge- 
stiegen. 

Es war aber noch eine wichtige Frage ungelöst. Es fehlte der 
anatomische Beweis für diese Supposition. 

In den mir zugänglichen Werken über Anatomie und Gewebclehre 
fand ich darüber keinerlei Andeutung. Nur soviel war überall zu lesen, 
da8 der Ductus ejaculatorius die Prostata durehbohrt und an der 
Scite des Colliculus seminalis in die llarnröhre mündet. 

Diese Wahrnehmurgen erweckten in mir das Verlangen. diese 
Mangelhaftigkeit der Anatomien zu ergänzen. 

Nach vieler Mühe, nach schwerer Arbeit, bei der mir der College 
Karl Minnich, Prosector des Nzt. Istvanspitals, ein treuer 
Ratgeber war, erreichte ich meinen Zweck. Auf dem Ausführungs- 
kanal der Samenblase, auf den Ductus ejaculatorins der Samenblase, 
fand ich den gesuchten Schließapparat. 

Fin circularer glatter Muskelring «der Prostata umgiebt das 
U rethralende der Ductus, das an glatten Muskelfasern auffallend 
reiche Ductus in sich fabt. Sein Bild ist ungefähr oval. aber nicht 
ganz isolirt. Sie sind miteinander und auch mit dem beide um- 
fassenden glatten Muskelringe in organischem Zusammenhange, der- 
art, daß die drei Muskelringe zusammen und auf einmal thätıg sein 
können. Ihr Tonus ist eonstant, gerade so, wie der jedes anderen 
Sphineters, und diese verhindern die überflüssige Entleerung des Sa- 
mens aus der Blase. Contrahirt sieh die Prostata während des phv- 
siologischen Actes, sehlieBen auch die Muskelringe besser, sie ent- 
falten einen größeren Widerstand. den die mit großer Energie con- 
tiahirte Samenblase dadureh überwindet. daß sie den Inhalt durehpreßt. 

Das ıst kurz das Wesen. 

Bei diesen Untersuehungen fand ich auch andere unbekannte 
Daten, die unsere anatomischen Kenntnisse über die Prostata, die Duc- 
tus und den Collieulus seminalis erweitern. 

Ich unternahm nach verschiedenen Richtungen an 120 Patienten 
Untersuehungen. Sie stammten von Individuen verschiedenen Alters 
(vier Monate bis 76 Jahre). 

Dabei summelte ich folgende Erfahrungen: 

Der Prostatateil, der mit der Samenblase in Berührung steht, zeigt 
eine trichterartige Vertiefung. Der gegen die Blase liegende Teil des 
Triehters ist dieker und reicht höher, als der gegen den Mastdarm 


— 4 — 


liegende Rand. Das ist der entzündliche. pathologische Teil, wie Vel- 
peau behauptet. Dieser Teil pflegt größer zu werden und in die 
Plase zu dringen. In dem Triehter ruht, durch Bindegewebe ver- 
bunden. das untere Ende der Samenblase. Auf der Basis zieht sich das 
Ductus ejaculatorıus-Paar weiter. in ungefähr paralleler Riehtung mit 
der Harnröhre bis zur Mitte des Collieulus seminalis. Tier gehen sie 
bogen förmig zumeist in einer Biegung von 90". Bevor sie in die Harn- 
röhre münden. machen sie oft noch eize Krümmung, die einem S ähnlich 
sieht, so daß sie eine doppelte Krümmung haben. Die zweite Krüm- 
mung liegt höher als die Mündung. Die beiden Krümmungen liegen 
in den meisten Fällen nieht in einer Ebene, weil die Mündungen ein- 
ander näher sind. Sie sind oft. was die Richtung. die Lage und die 
Oectluung betrifft. nicht syinmetrisch. Es grenzt beinahe an die Un- 
modghchkeit, es einem genauen Studium zu unterziehen. Um mich 
leichter orientiren zu können, injieirte ich Farbstoffe in das Ductus- 
paar, Sie lösten sieh aber bei den Vorarbeiten. Am besten bewährte 
sich gewöhnliche Tinte. Auf dünnen. im Wasser schwimmenden Pra- 
paraten waren auf weißer Basıs die tintendurehtränkten Stellen sehr 
gut sichtbar. 

Wenn wir den Querschnitt des Duetuspaares untersuchen. finden 
wir, daß bei Van Gieson-Färbune in der diekeren Wand der 
Sumenblase mehr glatte Muskelzellen sichtbar sind, als in der Ductus- 
wand. Das Lumen des Duetuspaares hat viele Falten. unter deren 
pithehlalzellen eine kreisförmige Bindegewebsschicht liegt. An diese 
schmiegt sich eng an und ist mit ihr im Zusammenhange eine Schicht, 
die reicher an glatten Muskelzellenbündeln ist. Der Duetus kommt 
aueh mit dem Prostatagewebe in Zusammenhang. denn das Binde- 
wewebe der Duetuswände zieht sich in das interstitielle Gewebe der 
Prostata hinein. Er kann aber von dieser Verbindung leicht los- 
gelöst werden, wie die Blutadern. und kann etwa bis zu jenem Teil 
frei verfolgt werden. wo er die Riehtung gegen den Collieulus nimmt. 
Hier ist der Uebereang in die Nachbargewebe. in die glatten Muskel- 
zellenbündel, die anit der Musenlatur der Prostata in organischer Ver- 
bindung sind. schon stärker. Tier fand ieh nach längerem Suchen den 
Syhineter spermatieus. 

Er ist ein 1---2 mim dickes. glattes Muskelbiindel und hat ein Lumen 
von {6s mm. Diese beiden ungefähr kreisförmigen Bündel umgieht 
ein gemeinsamer. beinahe eben so starker glatter Muskelring. 

Wenn wir jetzt die mit freiem Auge. auch ohne Färbung sicht- 
baren Bundel bis zum Collieulus verfolgen. erhalten wir ein ver- 


ürderliches Bild. 


EC N 


Das Bild wechselt, wie der Ttrieulus maseulinus wechselt; man 
nennt ihn richtiger Vagina masculina, denn er ist mit der Vagina so 
homolog, wie — der Collieulus mit dem Ilymen. 

Wenn wir den Samenhügel von der Harnröhrenseite parallel mit 
ihr zerschneiden, so ist das Erste, was uns in die Augen fällt, eine 
llöhle, welche ein etwa 2 mm diekes glattes Muskelbündel von der 
Umgebung abgrenzt, Sie ist oval und geht gegen das Ende der Llarn- 
rohre in ein sich länglieh erstreekendes Muskelbündel über. Das 
ist der Utrieulus masenlinus oder der Sinus prostaticus Morgagni. Die 
l!öhle erstreckt sich zwischen das Ductuspaar. Ist die Höhle größer, 
so schiebt sie das Ductuspaar auseinander und nimmt sie in die eigene 
dieke Wand auf. So bildet das Duetuspaar im Querschnitt sozusagen 
eine adoptirte Höhle der Utrieuluswand, und zwar derart, daß sich 
das Lumen des Duetus in die dieke Wand des großen Kreises einkeilt 
und nur die in die Höhle des großen Kreises bogen förwmig einlaufenden 
Muskelbündel zeigen, daß das am Duetuslumen eine Hoéhle bildende 
Muskelbündel ein Teil der Bündel des größeren Muskelringes ist. Da- 
rüber hinaus wird die Duetuswand immer dünner, das Lumen wird 
kleiner, bis er endlich an der Grenze des untern Drittels des Colliculus 
seminalis, an den beiden Seiten, in die Harnröhre mündet. 

Wenn wir die Größe der umfangreichen Samenblase in Betracht 
ziehen. scheint die Duetusmündung und der letzte Teil von un- 
verhältnismäbig kleinen Dimensionen zu sein, oft ist er dünn wie ein 
Zwirnsfaden. Diese sonderbare Einriehtung zeigt die Pünktlichkeit der 
HMaushalturg des Organismus. Es wird mit dem wertvollen Stoff ge- 
spart. Wenn ich die Injection der Präparate an dem Stumpfe des 
Vas deferens vorgenommen habe, ist mir aufgefallen. daß die Tinte 
aus dem Duetus nicht heraustließt, so lange die Samenblase nicht voll 
ist. Es scheint, daß man auch an der Leiche leichter vom Vas deferens 
auf geschlängeltein Wege in die Samenblase gelangen kann, als in den 
kurzen, aber engen und ein Hindernis bildenden Duetus. 

Es ist eine allgemein bekannte „Thatsache”, die auch Mıhaäl- 
kovıiıcs erwähnt. daß der Caput gallinaginis bei Ereetionen an- 
schwillt und die Oeffuung der Harnröhre gegen die Blase verschließt. 

Auch diese „Thatsache” ist keine Thatsache, weil die im Caput 
sichtbaren Bluthöhlen so minimal sind. daB es ganz unmöglich ist, dab 
er auch eine solehe Aufgabe hätte. Andererseits habe ich oft Fälle 
gefunden, bei denen Bluthöhlen ganz gefehlt haben. Veberdies fällt 
es auf, wenn man viele Harnröhren untersucht. dab das Caput im Ver- 
hältnisse zum llarnröhrenlumen sehr gering ist. Die Harnröhre er- 


weitert sich in der Gegend der Blasenmündung. ich könnte sagen, ver- 


Keser SÉ eg 


hältnisnäßie mit dem fortschreitenden Alter. Der Samenschliebmuskel 
erhebt sich zur Harnröhrenmündung stufenartig und in dieser tief- 
liegenden Tasche oder eher in dieser Erweiterung sitzt der oft hanf- 
samengrobe Collieulus seminalis. Abgesehen davon kennt man schon 
heute den Sehliebapparat der Harnblase. Man web. dab er ein eliip- 
tisch liegender Muskel ist. Zieht sich die Prostata zusammen, wie sie 
sich vor und während der Ejaculation auch wirklich zusammenzieht. so 
kann auch das schon die Samenblase verschließen und bei der Con- 
traction der Harnröhrenwand das Kjaculat nieht gegen die Blase. 
sendern gegen das Orificium treiben. 

fin Collieulus fand ich statt Bluthöhlen Prostatadrüsen. Dab das 
wirklich solche Drusen sind, ist auch daraus ersichtlich. dab ınan bei 
manchen Präparaten auch die für die Prostata charakteristischen Amy- 
loidkörper sehen kann. 

Sehr oft fand ich die Utrieulushöhle sehr groß. und das erweckte 
in mir den Gedanken. daß auch sie das reiche Seeret bei Urethrorrhoea 
ex libidine liefert. Schwankend machten mich aber die in der drüsen- 
artigen Wand des Utrieulus gefundenen Amvoidkörper. Was der Zweck. 
was die Bestimmung dieser oft nicht Kleinen Höhle ist, in der auch 
eine Bohne Platz hätte, bleibt vorläufig wie vieles Andere ein Ge- 
heimuis. 


Referate. 


I, Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 
Affeetionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


— — —— 


Dr. St. Serkowski, Vorsteher des städtischen chemisch-bacteriologi- 
schen Laboratoriums in Lodz: Grundriss der Semiotik des 
Harns. Für praktische Aerzte. Berlin 1905, Verlag von 
S. Karger. 


Das 5 Druckbogen Lexieonformats starke Buch stellt das Capitel der 
Semiotik des Harns, dem in allen Lehrbüchern in mehr oder minder ein- 
gehender Weise Rechnung getraxzen wird, in etwas erweiterter Form dar. 
Der Verf. geht sofort in medias res und besprieht in 41 kurzen Capitelu 
in präceiser, aber doch erschöpfender Weise alles, was die bisherigen 
Forschungen erzeben haben. Den Anfang macht ern nach einer kurzen 
Besprechung der Leistunesfählzkeit der Meren, mit der Kryoskopie des 
Harns, über He der Autor im Fabre 1901 eine Monographie veröffentlicht 
hat. Der Verf. wird wohl hauptsächlich bezweckt haben, dem praktischen 
Arzt mehr ein buch zum Nachschlagen. als ein solehes zum Studiren an 
die Hand zu geben, um dementsprechend hat er fast Jedes Capitel am 
Schlusse mit einer kleinen elassifieirenden Tabelle versehen, welche die 
Hauptmomente in übersichtlicher Anordnung enthält. Kine Reihe von 
Abbildungen zelungzener mikroskopischer Harn-Präparate sind dem Text 
beigegeben. Ein Register fehlt, wird aber. der reichen Einteilung des 
Buches in Capitel wegen (aut SO Seiten 41 Capitel), kaum vermibt. 

Casper 


—— ee 


Dr. M. A. Steru: Ueber sexuelle Neurasthenie. (Monatsschr 
f. Harıkrankh. u. sexuelle Hygiene 1905, H. 7—10.) Autorisirte 
Uebersetzung aus dem Russischen von M. Lubowski (Berliu- 
Wilmersdorf). 


Unter dieser Bezeichnung versteht man diejenigen verschiedenen 
Symptomencomplexe, denen man bei vielen Personen begegnet, die von 
dem normalen sexuellen Leben abweichen. 

Aetiologie. Heutzutage, wo der Kampf um's Dasein sich auber- 
ordentlich zugespitzt hat, wo auf sämtlichen Arbeitsgebieten das Angebot 
die Nachfrage bedeutend übersteigt. wo die zum Leben notwendigsten 
Gegenstände, namentlich in den groBen Centren, auBerordentlich teuer 
sind, suchen die Menschen mit allen mörliehen Mitteln einer Conception 
vorzubeugen. Während aber die armen Frauen aus öconomischen 
Gründen dieses Ziel anstreben, thun es die Reiehen. um ihre schlanke 
Figur, ihre Schönheit zu erhalten. Fast in sämtlichen Culturländern 
wird eine stetig fortschreitende Verringerung der Geburten in den 
intelligenten Schichten der Bevölkerung eonstatirt. Ueberall wird dem 
sogenannten Zweikindersystem gehuldigt, d. h. dem Bestreben. unter 
keinen Umständen mehr als zwei Kinder zu haben. Von den hierzu ge- 
hbräuchlichen Methoden ist der Coitus interruptus oder reservatus, der 
auch ganz richtig als Onanismus conjugalis bezeichnet wird. am ver- 
breitetsten. Dieses Uebel muß, wenn es mehr oder minder lange Zeit 
geübt wird, auf die Gesundheit der Männer sowohl wie auch der Frauen 
in hohem Maße schädlich einwirken, indem es bei Jedem einzelnen Indivi- 
duum bald das eine, bald das andere Organ wählt und hauptsächlich auf 
einen eventuell vorhandenen Locus minoris resistentiae einwirkt. Es ent- 
steht ein außerordentlich verschiedenes Krankheitsbild, welches Verf. au 
der Hand eine Anzahl von außerordentlich lehrreichen Fällen aus semer 
Praxis darstellt. 

Symptome. Von Seiten des Magens kann man bet Personen, die 
an sexueller Neurastlienie leiden, sämtliche Erscheinungen der soge- 
nannten „nervösen Dyspepsie®, wie: Appetitlosigkeit, schlechten Ge- 
schmack im Munde (bitterer Geschmack oder das Empfinden von Säure). 
bisweilen Aufstoßen, Sodbrennen, Erbrechen, Tebelkeit, Schmerzen in der 
Magengrube etc. vorfinden. Von wirklichen 
scheidet sich diese Dyspepsie dadureh, daß sie fast in gar keinem Zu- 
sammenhang mit dem Verdauungsact bezw. der Qualität der Nahrung 
steht, sowie dureh das Fehlen von pathologischen Veränderungen vpn 
Seiten der EE und chemischen Magenfunetion. Bei leerem 
Magen klagen die I atienten über Schwäche, Schwindel, Ohrensausen, nach 
dem Essen über Druck in der Masengegend, bisweilen Schläfrigkeit und 
Herzklopfen. Dabei bestehen Verstopfungen, bei manchen Ver | | 
die mit Diarrhüen abwechseln, Auftreibung des 
diese Erscheinungen nehmen nach Exce 


Magenkatarrhen unter- 


stopfungen, 
Abdomens u.s.w. Alle 


ssen sowie naeh Aufregungen zu 


Ba 


— |——— 0 — — ——— — — — 


Sa EE, emm Ze 


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während die Untersuchung des Mageninhalts keine Veränderungen er- 
xiebt, Die Schmerzen in der Magengrube sind bei solehen Patienten 
bisweilen so intensiv, daß sie Verdacht auf Magengeschwür erwecken. 
Von Seiten des Darmkanals hat Verf. bei solehen Kranken Gurren 
und Plätschern im Abdomen bei normaler Magenfunetion beobachtet. Diese 
Erscheinung wird auch bei Onanisten beobachtet, wobei das Gurren bis- 
weilen so laut ist, daB man es vom nächsten Zimmer aus hören kann. 
Diese unangenehme Erscheinung, dureh welche die Patienten sieh in 
hohem Grade genirt fühlen, veranlaßt sie, sich wegen Magen-Darmkatarrh 
behandeln zu lassen, natürlich ohne Erfolg. Diese Erscheinung wird 
durch gesteigerte Darınperistaltik und durch stärkere Gasbildung hervor- 
gerufen. Kussmaul erklärt sie dureh spontane Contraction det 
Bauchpresse. In anderen Fällen klaren die Patienten über Durehfälle, 
die gewöhnlich unmittelbar nach dem unregelmäßigen Coitus auftreten. 
Andererseits wird Neizunz zu Obstipationen constatirt. was dadureh er- 
klärt werden kaun, daß die motorische und seeretorische Funetion der 
Darmmervenbisweilen eine Herabsetzung (Darmatonie) erleidet, während sie 
bei Diarrhoe im Gegenteil eine Steigerung erfährt. Das ist die Folge einer 
reflectorischen Einflusses von Seiten der Gesenlechtsorgane (was übrigens 
bei sämtlichen Frauenkrankheiten beobachtet wird) oder einer Irritation 
des Rückenmarks. Schiießlich kommen heftigste Anfälle von Darmkolik 
vor. Meistenteils klagen die Patienten über Sehmerzen in der Nabel- 
gegend. aber die Schmerzen können sich von hier aus nach sämtlichen 
Seiten hin ausdehnen, bald nach dem Rücken, bald nach den Ober- 
sechenkeln ausstrahlend. Das Abdomen ist dabei sehr gespannt und auf- 
retrieben. Alle diese Erscheinungen können Peritonitis vortäuschen, welche 
letztere jedoch mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. weil die 
Temperatur auch nicht die geringste Steigerung aufweist. — Bei anderen 
Kranken, die den Coitus interruptus anwenden, beobachtete Verfasser 
Steigerung der Hämorrhoidalsymptome. Bei manchen war der Schmerz 
hauptsächlich in der Gegend des Wurmfortsatzes Gm Mac Burney schen 
Punkte?) localisirt und tiuschte Appendicitis vor, welche Diagnose jedoch 
verworfen werden mubte, da sonstige Symptome von Appendicitis 
fehlten und die weitere Beobachtung des Patienten gar Keine Anhalts- 
punkte dafür ergab. — Von Seiten der Atmungsorgane war bei den 
betreffenden Krauken Zunahme des chronischen Schnupfens zu consta- 
tiren, welche Erscheinungen die Patienten hauptsächlieh am Morgen nach 
in der vorangegangenen Nacht ausgefiihrtem  Excesse in venere 
bemerken: die Nase war noch mehr verstopft als gewöhnlich. 
so daß die Patienten durch den Mund atmen mußten: es stellten 
sieh Anfälle häufigen NMiesens ein, was die Patienten außer- 
ordentlieh quälte. weil sie wegen dieser unangenehmen Coin- 
cidenz fiir einige Zeit ihre Beschaftigung unterbrechen mußten. Nach 
diesen Anfällen ließen sämtliche Erscheinungen nach, so daß von einer 
Exacerbation des Schnupfens nicht die Rede sein konnte. Bei anderen 


— 10 — 


Patienten war eine Hyperisthesie des Kehlkopfes vorlanden. welche sieh 
im Gefühl von Kitzeln oder brennen. „als ob etwas im Halse gelegen 
hätte“. documentirte. Manche besemieiben dieses Gefühl als Kratzen. 
Stechen oder anderweitige Parästhesien. Die Patienten fürchten. an Kehl- 
kopfschwindsucht zu leiden: in der That aber waren weder von Seiten 
des Kelilkopfs noch von Seiten der Lunge irgend welche verdächtizen Er- 
scheinungen vorhanden. Bei manchen Personen. namentlich bei Frauen. 
bestand ein besonderer Husten von eigenartiger Klangfarbe; der Husten 
hatte bald bellenden, bald pfeifenden Charakter. war außerordentleh 
klangvoll und hartnäckig, dauerte bisweilen monatelang an und lieb sich 
dureh Narcotica fast garnicht beeintlussen.  Trgend welche Affeetionen 
des Respirationstraetus entzündlieher Natur konnten nicht eonstatirt 
werden. Expectoration war nicht vorhanden. Wathrschemlich lag soge- 
nannter nervöser llusten CPussis nervesa s. laryngea) vor. Von Seiten 
des Herzens klagten die Patienten über Anfülle von Herzklopfen. die bis- 
weilen mit dem Gefühl von Brustbeklemmung, Erstiekungzsanest und 
Priicordialangst einherging. Bisweilen wurde verschärftes Atıneu beob- 
achtet: auch klagten die Patienten bisweilen über Ohrensausen und 
Augemllimmern. Es kommen in solehen Fällen auch Schmerzen von ver- 
schiedener [Intensität in der Herzeezend vor. welche nach oben und 
unten, wie bei echter „Angina pectoris” ansstrahlen. Alle diese Er- 
scheinungen nahmen hauptsächlich an den Taxen zu, die auf Excesse 
folgten. hielten aber nicht lange an. Der Puls zählte wiihrend des Amn- 
falls 100 und darüber, war aber meistenteils rezelmäßter. Irzend welche 
Veränderungen von Seiten der Herzklappeu konnten nicht nachgewiesen 
werden. Bisweilen halten die weschillerten Erscheinungen mehr oder 
winder lauge an und können echte „Angina peetoris” vortäuschen, von 
welcher letzteren die in Rede stehende cordiale Neurasthenie sich dureh 
ihren leiehteren Charakter und ihre geringere Dauer auszeichnet Pseudo- 
angina pectoris). Häufig wird bei solchen Patienten abwechselndes 
Auftreten von rascheren und lanesameren Herzschläzen, und. wenn aueh 
sehr selten, echte Ari tin beobachtet. Von Seiten der Blutzefähe 
fand sich bei sexuellen Neurasthenikern bald Erweiterung, baid Ver- 
enzerunz derselben, und zwar in Form von anfallsweise auftretendem 
kot- und BlaBwerden der Hatt. Die Foleen dieser Erschetnung sind ent- 
veder Gefühl von Hitze oder nerwöser Selnittelfrost. sowie verschieden: 
Parästhesien in Form von Ameisenkriechen, stechenden Schmerzen u. s.w. 

Von Seiten der Organe der Harnertleerunz konnte bei den Patienten 
des Verf.s Empfindlichkeit der Harnrohre, hauptsächlich in der Gegend 
der „Glans penis" beobachtet werden. Bisweilen klagten die Patienten 
über Jucken, Hitze, Stechen. Brennen und selbst Schmerzen bei der 
Harnentleerung. Diese unangenehmen Sensationen hatten die Patienten 
hauptsächlich an dem dem Coitus interruptus folgenden Tage. In Ver- 
bindung mit dieser Reizung der Harnréhre oder Hyperästhesie der Harn- 
blase steht auch der abnorm frequente Harndrane. Die Patienten sind 


sii = 


genötigt, stündlich mehrere Male sich behufs Mietion zurückzuziehen, was 
ste bei ihrer üblichen Beschäftigung außerordentlich behindert und noch 
mehr in der Gesellschaft genirt. Sie empfinden dahei auch Schmerzen 
in der Blasenzerrud und im Kreuz, was wahrscheinlich auf Reizung des 
M. detrusor vesicae urinariae zurüekzuführen ist. Die tägliche Harn- 
quantität war in der Mehrzahl der Fälle vergrößert, der Harn klar, sein 
specilisches Gewieht betrug 1008 bis 1010: die Reaction war schwach 
sauer oder neutral. Niederschläge wurden nicht beobachtet. mit Aus- 
nahme der ersten Jlarnportion, die unmittelbar nach dem unregelmäßigen 


Coitus entleert, und in der ein aus Samen und unbedeutender — wahr- 
scheinlieh aus der zereizten Harnröhre staimmender -— Schleimmenge be- 


stehender Niederschlag beobachtet wurde. In einer anderen Reihe von 
Fällen klaxten die Patienten über krampfartire Schmerzen vor der Harn- 
entleerung. Sie gaben an, eine zeitlang drängen und warten zu müssen, 
bis sich schließlich der Liarnstrahl zeigt, und dabei anch Jucken an der 
Harnröhrenöffnuung zu verspüren. Verf. erklärt diese Erscheinung durch 
Reizung des Blasensphineters, teilweise auch dureh gesteigerte Blut- 
zufuhr in die Prostata, vielleicht auch durch partielle Hypertrophie der 
letzteren. was auch bei Onanisten nicht selten zu eonstatiren war. 
Andererseits kann (ie Neuralzie der Blase sieh auch durch schmerz- 
hafte Tenesmen und abnorm frequentirten llarndranz äußern, wober die 
gesamte llarnquantität auch nicht vergrößert sein kann. Besonders zahl- 
reich waren die Beschwerden über die Genitalorgane. Sehon beim ersten 
Blick auf die äußeren Genitalien der Patienten fiel Welkheit und Schlaffheit 
des Gliedes, Verrinzerung des Umfangs und Weichheit der Hoden, sowie 
Abschwächung des Kremasterreflexes auf. Infolge hiufiger Reizungen 
(die Individuen, welehe den Coitus interruptus ausüben, erlangen eine Be- 
friedieung nicht und üben infolgedessen den Coitus gewöhnlich häufiger 
aus), denen die Genitalorgane ausgesetzt werden, kommt eine übermäßige 
Erregung, dann aber eine Abschwächung der Function derselben zu 
Stande. Es stellen sieh „Pollutiones nocturnae“ ein, bisweilen sogar ohne 
erotische Traumvorstellungen, so dab der Patient erst beim Erwachen 
die Wahrnehmung macht, daB er im Schlafe Samen verloren hat. Bei 
anderen kommt es auch am Tage, bei Druek der Beinkleider auf die 
Genitalorgane oder beim Drängen während der Defäcation, zu einem 
Samenerguß. Man findet dann im Harn eine mehr oder minder große 
(Quantität Samen in Form einer weiblichen fadenbindenden Flüssigkeit, 
während die mikroskopische Untersuchung Spermatozoen ergiebt, die —- 
wenn sie noeh im frischen Zustande untersucht werden — sieh im 
Gesichtsfeld bewegen und in ungeheurer Anzahl zu zählen sind. Wenn 
die Spermatorrhoe eine lingere Zeit anhält. so findet man eme geringere 
Anzahl von Spermatozoen: letztere ändern dann ihre Form und erscheinen 
nicht vollständig entwickelt. Manehe Patienten klagen über eigentümliche 
Sensationen und Parästhesien in den Geuitalorganen (diese Erseheinung 
ist von Krafft-Ebing unter der Bezeichnung „Erethismus genitalis” 


beschrieben worden). Jn den Hoden und im Samenstranz werden häufie 
Neuralzien beobachtet. die bald in Form eines dumpfen Druckes, bald in 
Form eines reißenden Schmerzes auftreten. Von hier aus breitet sieh die 
Neuralgie auf den Damm und die Analzrerend aus, in dieser letzteren 
unerträgliches Jueken erzeugend. Dieses Juecken kann, da gewöhnlich 
stark gekratzt wird, zur Ekzembillung führen. An der Glans penis tritt 
„Herpes progenitalis”, und zwar bisweilen nach jedem Coitus, bei anderen 
nach jeder Pollution auf. der von den Kranken nicht selten als „Ulcus 
molle“ gedeutet wird. Tn anderen Fallen wird Prostatorrhoe beobachtet. 
Es entleert sieh eine trübe, nieht diebte. milehfarbene Flüssigkeit. in der 
specitische Kerne und Epithel der Prostata. Pigment. bisweilen auch 
Samenfäden zefunden werden: bisweilen kommt es sorar zur Impotentia 
eoeundi. Die Prostata ist hyperästhesisch, und zwar entweder ganz oder 
nur iu ihrem urethralen Teile: die Neurose der Prostata steht häuftie im 
Zusammenhang mit Impotenz, Herabsetzung der Libido u. s. w. Viele 
klagen über zu raschen Samenergub, der bisweilen sogar vor der Immmissio 
penis stattfindet (sogenannte Ejaculatio praecox). Alle diese Er- 
seheinungen wirken natürlich deprimirend auf die Kranken, namentlich 
wenn es sieh um ledige Personen handelt. 

Bei der Untersuchong des Harus soleher Kranken ergiebt es sich. daß 
sie an Phosphaturie leiden: der Harn ist milchfarbig, hellt sich aber bei 
Zusatz vun Essigsäure auf. Bei der Untersuchung mittels Sonde findet 
man eine Steigerung der Sensibilität im vorderen Teile der Harnröhre: 
die Sonde gelangt mit Mühe dureh die Pars membranacea urethrae, weil 
sie reflectorisch eontrahirt wird: eine besonders starke Parästhesie wird 
jedoch in der Pars prostatica urethrae constatirt. Bei Frauen konnte 
Verf. mehrfach hocheradige Parästhesie der Genitalorgane eonstatiren. die 
im alleemeinen nielits Pathologisches darboten. In anderen Fällen wird 
Verschlimmerune bereits früher vorhanden wowesener Erkrankungen der 
(Gieschlechtsoreane (Metritis, chronische Ovarlıtisd beobachtet. Von Seiten 
der Sinnesorgane bestanden häufig Beschwerden über Nachlassen des 
Gehörs, über Ohrensausen, wobei die otoskopische Untersuchung miehts 
Abuormes ergab. Andere Patienten klagten über Nachlassen des Gestehts- 
vermörens, über Aurenschwäche und rasche Ermüdbarkeit der Augen 
(Asthenopie), selbst wenn sie nur eine kurze Zeit lasen. Bei manchen 
konnte man rasch vorübergehende eoneentrische Verengerung des Ge- 
sichtsfeldes constatiren. In einer anderen Reihe von Fällen klagten die 
Patienten über Abstumpfune des Geschmacks. üper besondere Vorliebe 
für Gewürze (Pfeffer, Senf, Essig). Verschiedene Patienten  Klagten 
iiber Appetitmangzel, während wiederum andere zeitweise einen wahren 
Wolfshunger hatten. Auch abnorme Geruchsempfindunren wurden beob- 
achtet. Was die Haut betrifft, so Klaxten viele Patienten über Gefühl von 
besonderer Trockenheit der letzteren. namentlich an den Händen. Andere 
Patienten klaxten im Gegenteil über Schwitzen, und zwar gleichfalls vor- 
nehmlich der Hände. Bei verschiedenen Patienten stellte sieh bisweilen 
Hantjueken ein, trotzdem die Körperhaut nirgends Eruptionen zeigte. 


= Tor 


Am allermeisten klagen die Patienten, die an sexueller Neurasthenie 
leiden, über Krankheitserscheinungen von Seiten des Nervensystems. 
Krafft-Ebing unterscheidet drei Stadien im Verlaufe der sexuellen 
Neurasthenie: 1. locale Genitalneurose, 2. eerebrospinales Stadium und 
3. allgemeine Neurose. Die Beschwerden der Patienten fallen in die 
Reihe der Symptome der eerebrospinalen Neurastenie als die Folge der 
Irritatio spinalis, die, wie aueh sämtliche Neurosen, weder im Rücken- 
mark selbst, noch in dessen Hillen irgend iyelche pathologischen Ver- 
änderungen erzeugen. Nach der Ansicht einizer Autoren liegt die Ursache 
der Affeetion in einer IIyperänie des Rückenmarks. Von Seiten der 
Psyche besteht heftige (bisweilen ursachslose) Reizbarkeit, die bald vor- 
übergeht und bereut wird. Unter dem Einflusse solcher Zornausbrüche 
lassen sich die Kranken zu Handlungen hinreißen, die dann die ganze 
Zukunft beeintlussen. Bei anderen Patienten wird progessives Nach- 
lassen der psyehischen Vitalität. Teilnahmslosiekeit, Apathie, Nachlassen 
des Gedächtnisses wahrgenommen. Bei anderen besteht hypochondrische 
Gemütsstimmung: bei anderen werden Zwanesideen beobachtet. Andere 
bekunden usberreifliche,. früher nieht vorhanden gewesene Feigheit. 
Fureht vor Dunkelheit, Agoraphobie. Alle diese Erscheinungen treten 
Je nach der Indivielnalität des Patienten in verschiedener Form auf, wobei 
am meisten Patienten mit psyehopathischer Constitution betroffen werden. 
Pathologische Veränderungen findet man bei der sexuellen Neurasthenie 
ebenso wie bei der Hysterie, der gewöhnlichen Neurasthenie und anderen 
sorenannten „Neurosen” weder im Gehirn noeh im Rückenmark. Das 
Wesen dieser Krankheit besteht in einer reizbaren Schwäche des Nerven- 
systems. Manche Autoren führen alles auf Hyperämie, andere auf Anämie 
des Gehirns und des KRuückenmarks zurück: schließlich erblieken emire 
Autoren in den Symptomen der sexuellen Neurasthenie eine Reizung des 
sympathischen Nervensystems. 

Die Prognose ist quo ad vitam matürlich zünstie, quo ad 
sanationem Jedoch nieht immer: wenn der Patient berinnt, ein rerel- 
mäßizes sexuelles Leben zu führen, oder wenn er im Stande ist, sich des 
veschlechtlichen Lebens zu enthalten. so lassen die  Krankheits- 
erscheinunzen allmählich nach. wenn es aueh zweifellos Fälle giebt, in 
denen der Patient auch nach Fortfall der Causa necens nach wie vor au 
schweren nervösen Erscheinungen leidet. 

Behandlune. Von der größten Bedeutung ist natürlich die 
Prophylaxe. Ohne zu leugnen, daß in vielen Fällen die Vernunft (mise- 
rable materielle Verhältnisse). in manchen der Rat des Arztes (bei Frauen 
mit Herzfehler, Lungzenschwindsueht, chronischer Nephritis. pathologi- 
schem Becken) den Gebrauch von antieoneeptionellen Mitteln wünschens- 
wert, ja Jlireet notwendige machen. stellt Verf. die Forderung auf. daß statt 
des Coitus interruptus nach Anweisung des Arztes andere anticoncep- 
tionelle Mittel gebraucht werden sollen, die jeder Arzt genau kennen 
wub und Verf. infolzedessen nur andeutunzsweise berührt. Wenn 


en Alt o 


die Folgen des abnormen  Geschlechtsverkehrs bereits vorhanden 
sind, so muß man den Patienten vor allem raten. sieh eine Zeit lang des 
gesehlechtlichen Verkehrs überhaupt zu enthalten. und außerdem die 
Patienten wie sämtliche Neurastheniker behandeln: auf's Land. in's Ge- 
birge schieken, forcirte Ernährung, Baden im Meere, Hydrotherapie. 
Elektrizität, Massage. Von den Medicamenten haben sieh in der Praxis 
des Autors bewährt: das Hommel’sche Hämatoren oder folgende 
Pillen: Ferr, bromat., Chban. bromat. ana 4,404 Ace. arsenicos. 012, Extr. 
Valer. q. s. ut f. pillul. No. 60, 3--4 Pillen täglich. Dann kommen sub- 
eutane Injectionen von cacodylsaurem Natron (0,1 pro Injeetion) in Be- 
tracht. Bei sexuellen Störungen werden Phosphorpräparate (Zincum 
phosphoratun) und Strech verordnet. In äußersten Fällen muß man zu 
subeutanen Morphium-Injeetionen greifen, wobei man Jedoch sehr vor- 
sichtie zu Werke zehen muß, da Neurastheniker besonders leicht der 
Morphiumsucht verfallen. M Lubowski. 


F. Bodlaender: Zur Kenntnis der idiopathischen Colibacil- 
losen des Harntractus. (Centralbl f. d. Krankh. d. Harn- 
u. Sexualorg., H. 12.) 


Nach kurzen allgemeinen Bemerkungen über das Baeterium eoli betr. 
seiner Variabilität, Pathorenität teilt Verf. einen genau beobachteten Fall 
von sog. idiopathischer Colibacillose mit, d. h. einer Infection mit Coli- 
hacillen, die ohne pradisponirende Momente im Harnsystem zu Stande ge- 
kommen ist. Es handelt sieh um cinen Mann von 49 Jahren, der an 
Prostatitis, Cystopyelitis bezw. Pyelonephritis und Epididymitis erkrankt 
war. Die bacteriologischa Untersuchung ergab als Erreger das Baeteriunt 
coli. — Von derartigen Fällen ist bisher in der Litteratur nur einer be- 
schrieben (Barbaeci). Das ganze Krankheitsbild erinnerte lebhaft an 
Tubereulose, Jedoch wurde dieser Verdacht sowohl dureh eine sehr Sore- 
fältige bacteriologische Untersuchung als aueh dureh den negativen Aus- 
fall der Tierimpfung und schließlich durch den Verlauf der Krankheit — 


Patient wurde dureh die übliche Behandlung völlig hergestellt — ausge- 
schlossen. Dr. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Furniss: Cystoscopy and ureteral catheterization in gynä- 
cology. (Med. Record, 2. IX. 1905.) 


Verf. besprieht die Indieationen zur Cystoskopie bei Frauen; er be- 
dient sich des Tilden-Brown'schen Cystoskops, bei schweren Er- 
krankungen der Blase des Kelly’schen Instruments. Die Fenwick'sehe 
Meatoseopy kann oft den Ureterenkatheterismus ersetzen: nur wenn 
die Blase in toto erkrankt ist, muß bei Verdacht auf Nierenerkrankung der 
doppelseitige Ureterenkatheterismus ausgeführt werden. Von den funetio- 
nellen Untersuchungsmethoden verwertet F. nur die Kryoskopie in Ver- 
biudung mit dem Ureterenkatheterismus. Karo (Berlin). 


Dr. Carl Gocbel: Ueber Bilharziakrankheiten der weib- 
lichen Genitalien. (Centralbl. f. Gynikol., 1905, No. 45.) 


Die Bilharziakrankheiten, d. h. die Infareirunz der Schleimhaut der 
Blase und des Darmes. der Ureteren, Nierenbecken, Urethra ete. mit den 
Hiern des Schistostomum haematobium genannten Trematoden, befällt auch 
die weibliehen Gemitällen. spee. die Vagina, in Form von Infarcirunsen 
und polvpoiden Wucherungen Warschauer (Berlin.) 


I. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


Dr. KarlKonya: Praktische Anleitung zur Untersuchung des 
Harns für Aerzte. Apotheker und Chemiker. Berlin 1106, 
Urban & Schwarzenberg. 


Verf. beschreibt in seinem kleinen Büchlein diejenigen Methoden, 
welehe sieh ihm in seiner Praxis als Krankenhaus-Chemiker bei der 
Untersuchung des Harns als einfach und praktisch, dabei aber auch ge- 
uüvend zuverlässig erwiesen haben. Dem ärztlichen Praktiker ist in dem 
O0 Seiten Duodez-Formats starken Werkehen ein nützliches Taschen- 
und Nachsehlagebuch gegeben, welches ihn in den Stand setzt, sich jeder- 
zeit schnell über die jeweiltz in Betracht kommende Untersuchungs- 
methode und deren Ausführunz zu orientiren. Die ziemlich zahlreichen. 
mit erodem Anfwand an Zeit und Mühe vom Autor zusanmmengestellten 
Tabellen sind sehr willkommen, da sie dem Arbeitenden viel Zeit er- 
sparen. 

Schon die Tabellen allein machen das kleine, sorefältix ausgestattete 
Werkehen sehr wertvoll. 

Als Schlußeapitel firurirt die Kryoskopie. Casper. 


Surveyor: A clinical method for the quantitative estima- 
tion of uric acid in urine. (The British Med. Journ., 8. VIL 1905.) 


Zur Anstellung der Probe geniigen 5 eem Harn. Der Harn wird 
dureh Zusatz einiger Tropfen Natronlauge alkaliseh gemaecbt, gekocht und 
ven dem gekochten Urin werden 5 cem in einem Centrifugenglas zum Ge- 
frieren gebracht, nachdem vorher zwei Tropfen Salzsäure mittels Pipette 
bhinzusofügt wurden: der gefrorene Harn wird centrifugirt, bis er wieder 
geselan lzen, es bildet sieh ein Sediment, aus dessen Größe man bei 25° C. 
den Procentzehalt an Harnsäure ablesen kann. Eingehende Control-Ver- 
suche sprechen für die Genauigkeit dieser einfachen Probe. Karo. 


== J6 = 


Dr. Adolf Bingel, Assistent der med. Klinik der Universität Tübingen: 
Ueber Ausnutzung von Zuckerklystieren im Körper des 
Diabetikers. (Die Therapie der Gegenwart, October 1905.) 


Im achten Bande der Zeitschrift für «iätet. und physik. Ther. macht 
Arnheim Mitteilung über „das Verhalten reetal eingegebener Zucker- 
mengen beim Diabetiker”. Ausgehend von den Untersuchungen F. V oits, 
der beim Menschen subeutaner Einverleibung von 60 g Dextrose nur 
Spuren, von 100 ¢ Dextrose nur 264 & im am fand, kommt Arnheim 
auf den Gedanken, einem Diabetiker Zucker unter Umgehung der Pfort- 
ader beizubringen, in der Annahme, daB der so aufgenommene Zucker 
eine bessere Ausnutzung im Körper erführe als der durch Darm und 
Pfortader zureführte. Er berücksichtigt dabei eine Theorie Schmiede- 
bergs, die besagt, daB beim Diabetiker die Dextrose irgendwo im 
Körper eine Bindung erfährt, durch welche sie der normalen 
Verbrennung entgeht. Den Ort dieser Bindung sucht er in der Pfortader. 
Die subcutane Imjeetion zur Vermeidung der Pfortader wendet 
Arnheim nieht an wegen der Gefahr der Abseediruneen. Arnheim 
schlägt deswegen den schon oben angedeuteten Weg ein. Er verschließt 
das Rectum nach oben mittels Oeltampon oder Kolpeuryrter und gieBt eine 
Zuckerlösung in's Reetum ein, ın der Hoffnung, daß sie dort resorbirt, 
dureh die Venae haemorrhoidales direct, olıne den Wey in die Pfort- 
zu nehmen, der Vera cava zuvefuhrt und im Körper verbrannt werde. In 
seinem Versuche an einem so schweren Fall von Diabetes findet er nun. 
daß nach den Zuekerklystieren die Glykosurie nicht nur micht ansteigt, 
sondern sogar abfällt und besonders, daß der Gehalt an Aceton und Acet- 
essigsäure geringer wird. Aus der Beeinflussung der Acıdosis schließt er. 
daB der rectal etngegebene Zucker resorbire und im Körper verbrannt 
worden ist. 

Bei der hohen praktischen Bedeutung des Gerenstandes hat Vert. 
vorliegender Arbeit die Frage, ob dem Körper vom Reetum aus so hoch- 
procentige Lösungen (30 pCt), wie sie Arnheim verwendet, wirklieh als 
Nährmittel zu gute kommen, einer abermalizen Prüfung unterzogen. Da 
inder Arnheim’schen Arbeit zwar das Verschwinden des Zuekers im 
Reetum sichergestellt zu sein scheint, weitere Kriterien für die wirkliche 
Ausnutzung im energetischen Sinne aber fehlen, so wurde versucht, der 
Frage der Verwertbarkeit des reetal einzreführten Zuckers dadureh näher 
zu kommen, daß bei gleichbleibender Nahrung in einizen Versuchen regel- 
mäßige Stiekstoffbestinmungen gemacht wurden. Man durfte eventuell 
erwarten, daß sieh bei wirklicher Ausnutzung der Kohlenhydrate eine 
Verringerung des EiweiBumsatzes durch Sinken der Stickstoff- 
ausscheidung doeumentirte. Im iibrigen wurden die Versuche in ähnlicher 
Weise wie der Arnheim'sche angeordnet. 

Verfassers Versuche haben ebenso wie der von Aruheim gezeigt, 
daß in der That ein großer Teil des in das Reetum in gelöster Form 


zu 17 == 


eingeführten Zuckers verschwindet. Eine Beeinflussung der Aceton- und 
Acetessigsäureausscheidung, sowie der Größe der Linksdrehung hat sich 
jedoch nicht constatiren lassen. Die Schwankungen in der Größe der 
Stickstoffausscheidungen sind in Verfassers Fällen nicht eindeutig und 
gleichmäßig genug, um daraus Schlüsse ziehen zu können. Immerhin, 
bemerkt Verf., darf man wohl behaupten, daß ein Einfluß auf die Größe 
des Eiweißumsatzes sich constant hätte erweisen lassen müssen, wenn 
wirklich so große Kohlenhydratmengen, wie sie aus der Ksysmata ver- 
schwunden sind, dem Körper zu gute gekommen wären. 

Die Annahme, daß der im Rectum versehwundene Zucker thatsiehlich 
als solcher resorbirt und vom Organismus verwertet sei, erscheint a priori 
sehwierig. In erster Linie hat man an die Möglichkeit einer weitgehenden 
Zersetzung des Zuckers im untersten Darmabschnitt zu denken. Zur 
Örientirung, wieviel Zucker etwa durch Gärung unter dem Einflusse der 
Darmbacterien verschwinden .kann, hat Verf. eine Anzahl Gärungs- 
versuche angestellt. Es wurden Zuckerlösungen derselben Zusammen- 
setzung, wie sie bei den Klystierversuchen angewandt wurden, mit 
menschlichen Fäces versetzt: und dann im Brutschrank stundenlang 
digerirt. Bei diesen Versuchen verschwanden nun in der That recht 
erhebliche Zuckermengen; allerdings nicht so große Mengen, wie im 
lebenden Darm. Trotzdem ist es nicht unwahrscheinlich, daß im Jebenden 
Darm der verschwundene Zucker thatsächlich in toto infolge Vergärung 
verschwunden ist. Kr. 


Dr. K. Flischer: Zur Wirkung der gegen Diabetes mellitus 
empfohlenen Medicamente. (Ther. Monatsh., 1905, No. 10.) 


Flischer unterzieht in dieser interessanten Arbeit alle gegen 
Diabetes mellitus empfohlenen Medicamente einer eingehenden Kritik und 
kommt zu folgendem Schluß: 

Wir müssen leider bekennen, daß die antiglvkosurische Arzneiwirkung 
bis zum heutigen Tage eine recht problematische geblieben ıst. Man darf 
auch andererseits nicht so pessimistiseh urteilen, wie Cantani es thut, 
der alle Mittel für wirkungsles, Ja krankheitsverschlechternd hält. Von 
allen Mediecamenten leistet am meisten noch das Opium. Die „Geheim- 
mittel“ lassen völlig im Stich. Warschauer (Berlin.) 


Wasserthal: Pollakiurie bel Lebercirrhose. (Centralbl. fiir die 
Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., -Bd. XVI, H. 11.) 


Der Autor beobachtete einen Patienten mit Lebereirrhose, der jede 
20—30 Minuten — besonder Nachts -- von imperiösem Harndrang 
gequält wurde. Eine Ursache für die Pollakiurie war nicht auffindbar 
da der Urin völlig normal und weder ein localer Befund zu erheben 
war, noch von Seiten des Nervensystems irgend eine Störung bestand. 
Auffallend war, daß Patient eine Füllung der Blase mit erheblichen 


Mengen Borsäure (150.0) reizlos vertrug, während — wie erwähnt. — 
geringe Mengen Urin bereits heftigen Harndranz auslösten. Verf. glaubt 
daher die Vermutung aussprechen zu dürfen, dab der Urin gewisse Sub- 
stanzen enthielt, die die Schleimhaut reizten. In der Litteratur sind als 
reizauslosende Momente besonders starke Coneentration des Urins und 
hoherGehalt an harnsaurenSalzen beschrieben. Verf. glaubt. daßin seinem 
Falle Ammoniak. Fleischmilehsäure und die aromatischen Körper, die ja 
bei Cirrhose in vermehrteer Menge ausveschieden werden, als reiz- 
auslösend in Betracht kommen könnten. 
Dr. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


moa um mm 


Dr. Franz Hirsch, Assistenzarzt der Hautkrankenstation des stfdr. 
Krankenhauses zu Frankfurt a.M.: Ueber die Behandlung der 
Arthritis gonorrhoica mit Bier’scher Stauung. (Berliner 
klin. Wochenschr. 1905, No. 39.) 


Im städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. wurden seit dem 
Jahre 1898 im ganzen 25 Fälle von Arthritis bezw. Polvarthritis gonor- 
rhoiea teil saussehließlieh. teils neben anderen Behandlungsmethoden mit 
Stauungeshyperiimie behandelt. In allen Fällen handelte es sieh um 
Männer. Bei neun Fällen war die Erkrankung menartieulär, darunter 
fiinfmal in einem Knie, in zwei waren beide Knien befallen. Bei den 
übrigen 14 Fällen waren die verschiedensten Gelenke, mit Vorliebe aber 
die Knte-, Hand- und Sprunggelenke befallen, nur bei sieben Fällen waren 
die Kniegelenke beide frei. 

Mit der Stauunz wurde sofort nach dem Einsetzen der Erkrankung 
bezw. nach dem Eintritt des Patienten in das Krankenhaus begonnen. Nur 
in zwei Fällen mußte davon Abstand genommen werden, da die Patienten 
mit heftigeren Schmerzen auf die Stauunesbehandlung reagirten. In den 
anderen Fällen dagegen wurde die Stauungsbinde im allzemeinen gut ver- 
tragen, häufig auffallend zut, denn die Schmerzhaftirkeit der Gelenke 
ließ oft bald erheblich nach. Benutzt wurde entweder eine 
Esmarch'sche Binde oder ein massiver Gummischlauch mit Ketten- 
verschluß. Die Binde wurde nicht unterpolstert. Erhebliehe Schädigungen 
der wnterliegenden Weichteile traten niemals ein. Nur in zwei Fällen 
sah Verf. nach längerer Behandlung punktformige Blutextravasate der 
Haut in der Gegend der Umschnürung auftreten. Naturgemäß wurde der 
Sehlauch nicht immer wieder genau an derselben Stelle angelegt, so daß 
schon aus diesem Grunde eine etwaige Schädigung der unterliegenden 


sa 1y ee 


Weichteile nicht wahrscheinlich ist. Die Stauung wurde in der Regel 
zweimal täglich vorgenommen, zuerst nur wenige Minuten, dann 
steigend in der Regel bis zu '/:—1 Stunde, seltener bis zu 1: und zwei 
Stunden und nur in einem Falle bis zu drei Stunden. In der Zwischenzeit 
wurden anfangs Wattepackungen und eventuell Pr iesnitz sche Um- 
schläge oder Leinsamenkataplasmen, auch Jodtineturpinselungen ver- 
ordnet. Sobald als möglich wurden passive und später active Bewegungen 
von steigender Intensität vorgenommen und schließlich wurden in einigen 
Fällen Uebungen im mechano - therapeutischen Institut zur Vervoll- 
kommnung des Heilresultates neben der Stanungshyperämie angewandt. 

Von den 25 Patienten wurden als vollständig geheilt mit normalen 
Gielenkfunetionen zehn entlassen. Neun wurden fast geheilt entlassen, 
indem noch eine geringe Bewegungsbehinderung, unbedeutende Reste 
des Gelenkergusses, eine geringe Kapselverdickung oder etwas Steifigkeit 
vorhanden waren. Ungeheilt oder nur gebessert wurden sechs Fälle 
entlassen, alle auf eigenen Wunsch vor beendeter Behandlung. 

Verf. bezeichnet die Methode als eine sehr einfache und bequeme: 
ferner hebt er als besonderen Vorzug das häufige prompte Schwinden des 
Schmerzes hervor. Eine Abkürzung der Behandlungszeit dagegen konnte 
er nicht feststellen. Ebenso wenig kann Verf. eine Verbesserung der 
Behandlungsresultate dureh die Einführung der Stauungshyperämie 
zugeben, da die gonorrhoischen Arthritiden auch bei den früheren 
Behandlungsmethoden fast nie zu Gelenkversteifungen geführt haben. 


Kr. 


R. Picker: Ein Fall von Rectalblennorrhoe beim Manne im 
Gefolge eines complicirten Harnrodhrentrippers. (Central- 
blatt f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVI, H. 11.) 


Die Rectalblennorrhoe beim Manne kommt — abgesehen von einer 
direeten Infeetion dureh den Coitus praeternaturalis — in Anschluß an 
den Durchbruch eines gonokokkenhaltigen Abseesses bezw. Pseudo- 
abseesses vor; derartige Eiteransammlungeen fanden sieh in den 
(owper'schen Drüsen, Prostata, Vesicula seminalis, Ampulla vas 
deferentis. Der objective Nachweis des Zusammenhanges einer Rectal- 
#onorrhoe mit einer derartigen Eiterung stößt meist auf große Schwierig- 
keiten, daher dürfte der genau beobachtete und ausführlich mitgeteilte 
Fall des Verfassers auf Interesse Anspruch haben. — Es handelt sieh um 
eine Gonorrhoe, die mit Prostatitis und doppelseitiger Spermatoeystitis 
eemplicirt war, und der sieh eine typische Reetalzonorrhoe anschloß. Der 
Wee der rectalen Infection war vôüllig klar, da der Verfasser nahe an dem 
äu£ersten oberen Pole der rechten Vesica seminalis eine Stelle palpiren 
konnte, an der die Rectalschleimhaut sich wie polspöses oder granu- 
lirendes Gewebe anfühlte (Fistel). Unter einer gründlichen Bitterwasser- 
kur und Massage heilte allmählich die Rectalgonorrlioe und die Spermato- 


— 2 - 


eystitis. Im Anschluß an diese Krankenveschichte macht der Verf. 
noch besonders auf einige seltenere Symptome der Spermatocvatitis 
aufmerksam: 1. auf unabhängig von Stuhl- und Harnentleerung im Rectum 
und im Blasengrunde manchmal-äußerst häufig in regelmäßigen Intervallen 
auftretende Krämpfe: 2. auf Entleerung weißlich durchseheinender 
Schleimkörper am Schlusse der Mietion unter ejaeulatiosartigen Contrae- 
tionen und Samenentleerungen: 3. auf sehr häufig auftretende Erec- 
tionen und Samenentleerungen.  Sehließlich giebt Verf. noch eine 
kurze kritische Besprechunz einschlägieer, in der Litteratur mitgeteilter 
Fälle. Dr. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Dr. Josef Rudnik (Wien): Casuistische Beiträge zur Therapie 
der Gonorrhoe. (Pharmakol. u. ther. Rundschau 1905, No. 20.) 


Verf. beriehtet über seine Erfahrungen mit Arhovin, indem er sie 
durch eine Reihe von Krankengeschichten illustrirt. 

Indieirt ist das Präparat bei acuten und ehronischen gonorrhoischen 
und micht gonorrhoischen Entzündungen der Harnwege bei Personen 
beiderlei Geschlechts und jeden Alters. 

Das Arhovin wird sowohl intern als auch extern (topisch) in 
Anwendung gebracht. Iutern in Gelatinekapseln A 0,25 g, täglich 3—4 
Kapseln, steigend bis auf 6. Extern: Für die urethrale Behandlung 
Bacilli Arhovini (Arhovini 0.05—0.1 g. Cacao 1.0 g), für die vaginale 
Behandlung Globul Arhovini (Arhovini O1 g. Cacao 1.0 g). Arhovin- 
stäbehen und -Globuli kommen allein, oder besser, zur Unterstiitzung der 
internen Darreichung zur Anwendung. Namentlich die Stäbehen eignen 
sich zur topischen Anwendung und sind der loealen Behandlung der 
Urethra mit Injeetionen vorzuziehen, da die einfache Einführung eines 
Stäbehens Jedem Patienten ohne Weiteres gelingt, was bekanntlich von 
der Ausführung einer regelrechten Injection nicht gesagt werden kann. 

Die Behandlung mit Arhovin läßt in manchen Fällen eine abortive 
Heilung erzielen, gewöhnlich aber nimmt die Krankheit den bekannten 
Verlauf. Eigentümlich ist der Arhovinbehandlung jedoch die Kürze der 
Behandlungsdauer und die relative Schmerzlosigkeit dieses Heil- 
verfahreus. Wenige Tage nach Berinn der Arhovinbehandlung verringert 
sich die Schmerzhaftigkeit beim Uriniren. Der anfangs copiöse, rein 
eitrige AusfluB wird zuerst schleimig-eitrig, dann sehleimig und klärt 
sich endlich ganz. Ammoniakalische Harngdrung wird in kurzer Zeit 
beseitigt. 

Während Verf. in seinen eigenen Fällen mit Arhovin allein auskan. 
mußten andere Autoren zelegentlich zum eombinirten Verfahren greifen 
und zur vollständigen Heilung Injecetionen mit Kalium permanganieum 
nachfolgen lassen. 

Es dürfte sich daher, bemerkt Verf., in schweren Fällen empfehlen, 
nachdem durch Arhovin die acuten Entzündungserscheinungen zum 


— 9] = 


Schwinden gebracht wurden, Injectionen mit den üblichen Adstringentien 
nachfolgen zu lassen. 
Local erzeugt das Arhovin keine besonderen Wirkungen. 
Complicationen und Folgezustände kommen sehr selten bei An- 
wendung von Arhovie zur Beobachtune. Kr. 


Dr. Ferrucio Passarelli, Assistenzarzt am Ospidale civile in Rovigo: 
Klinischer Beitrag zur Kenntniss der therapeutischen 
Wirkung des Gonosans. (Monatsschr. f. Harnkrankh. u. sexuelle 
Hygiene 1905, H. 8.) 


Verf. liefert einen klinischen Beitrag zur Kenntnis der therapeutischen 
Wirkung des Gonosans, woraus hervorgeht, daß seine mit dem Gonosan 
erzielten Resultate ausgezeichnete waren. 

Die Gonosankapseln wurden stets, sofern der Magen in Betracht 
kommt, sehr gut vertragen. In allen Fällen wurde unter dem Eintlusse der 
Gonosanbehandlung eine sehr rasch eintretende Verringerung der Irrita- 
tion und der Entzündung der Gewebe wahrgenommen, welehe Wirkung 
auf den anämisirenden und anästhesirenden Einfluß des Präparates zurück- 
zuführen ist. Die subjeetiven Beschwerden ließen bald nach, die schmerz- 
haften Erectionen verschwanden, der abnorm gesteigerte Harndrang wurde 
gehoben. 

Es wurde während der Gonosanbehandlung vou jeglicher Local- 
behandlung abgesehen, und somit kann als erwiesen betrachtet werden, 
daß das Gonosan die günstige Wirkung ganz allein ausübte. 

Verf. empfiehlt die Gonosanbehandlung als die beste, sicherste und 
am raschesten zum Ziele führende Therapie der Gonorrhoe. Kr. 


Dr. Gustav Oesterreicher, Assistent der III. chir. Abt. des Allg. 
Krankenhauses in Wien: Ueber interne Urethrotomie. (Wiener 
klin. Wochenschr. 1905, No. 47.) 


Verf. berichtet über seine ausgezeichneten Erfolge mit der internen 
Urethrotomie bei Strieturen der Harnröhre. Der Eingriff ist nach Verf. 
besdnders indicirt in den Fällen von Strietur der Jlarnröhre, wo: 

1. nach jedesmaliger Bougirung Fieber auftritt; 

2, bei allmählieher, unterbrochener Dilatation, selbst beim zartesten 
Vorgehen, sieh Blutungen einstellen: 

3. nach Bougirungen entzündliche Schwellungen im Bereiche der 
Verengerung auftreten, welehe längere Zeit eine Einführung von Instru- 
menten unmöglieh machen: 

4. der Callus eine so groBe Retraetilität besitzt, daB man durch all- 
mihliehe Dilatation nicht vorwiirts kommt; 

5. Taschen und falsche Wege in der Harnröhre vorhanden sind oder 
der Eingang der Stiretur excentrisch liegt, so daß man es oft nur einem 


u, HH: 2 


-~ 


gliicklichen Zufall zu verdanken hat, wenn man mit der Filiforme durch- 
gekommen ist; 

6. das nachträgliche Bougiren dem Patieuten überlassen werden muß. 

Die Einwände, welche gegen diesen operativen Eineriff gemacht 
werden, hält Verf. nach seinen Erfahrungen für unbegründet. | 

Warum, fragt er, sollte gerade dieser, an sich so geringfügige Ein- 
vriff, vorausgesetzt, daB er nach allen Regeln der Aseptik gemacht 
wurde, so üble Folgen haben? Macht nicht ein einziges, unzart aus- 
geführtes Sondiren oft viel größere Verletzungen? Verursacht nicht die 
Einführung einer einfachen Sonde oft Schüttelfrost und Temperatur- 
steigerung ? 

Die Temperatursteigerungen, welche Verf. nach interner Urethrotomie 
zu beobachten Gelegenheit hatte, waren, wenn sie überhaupt auftraten, 
nieht erheblich, erreichten höchstens 39°, und 24 Stunden nach der 
Operation trat jedesmal wieder normale Temperatur auf. Bei der nach- 
triglichen Sondirung wurde in keinem Falle Fieber beobachtet. 

Harninfiltrationen sah Verf. nie folgzeu; wohl aber urethrotomirte er 
einen Fall bei bestehender Urininfiltration mit gutem Erfolge. 

Erhebliche Blutungen kamen nie vor: die geringeren standen bald 
nach Einlegung des Verweilkatheters. 

Nach seinen Erfahrungen kaim Verf. die Meinung mancher Autoren 
nicht teilen, daß Strieturen nach interner Urethrotomie sieh schneller 
wieder verengen und dann noch enger und resistenter werden, als vor 
dem Eingriff; diesbezüglich verfügt Verf. über sieben Fälle, wovon vier 
zweimal intern urethrotomirt, drei das erste Mal einer allmählichen unter- 
brochenen Dilatation. das zweite Mal der Stricturdurchsehneidung unter- 
zogen wurden; bei den ersteren Fällen lag ein Zeitraum von 19 bis 
26 Monaten ohne jegliche Behandlung zwisehen beiden Eingriffen: bei den 
letzteren eine Zeit von höchstens einem Jahre. Verf. fand bei seinen 
Urethrotomisten, welche sieh nicht regelmäßig nachbehandeln heßen, die 
Verengerung nie so unnachgiebig, wie vor dem ersten Eingriffe und führte 
dann entweder die allmähliehe unterbrochene Dilatation ambulatorisch 
aus oder machte ein zweites Mal die interne Urethrotomie. 

Verf. verwendete bei seinen Operationen nur das Urethrotom nach 
Maisonneuve. Kr. 


Carlo Ravasini, Assistent der urolog. Abt. des Triester_Civilspitales: 
Vorläufige Mitteilung über interne Urethrotomie. (Wiener 
klin. Wochenschr. 1905, No. 49.) 


Verf. berichtet über die auf der urologischen Abteilung des Triester 
Civilspitals durch N ieolıich bei Harnröhrenstrieturen mit der internen 
Urethirotomie erzielten Resultate. Schon im Jahre 1899 hat Nicolich 
in der Wiener med. Presse (No. 50 u. ff) eine Arbeit publicirt, betitelt 
„Ueber Urethrotonima interna bei Behandlung von Harnröhrenstrieturen“. 


— 28 — 


Darin berichtet er über 235 Fälle von Harnrührenverengerung, die er mit 
dem inneren Harnröhrenschnitt behandelt hat. Von 1900 bis heute wurden 
weitere 201 Fälle so behandelt. Unter den 436 Fällen war nur ein Todes- 
fall. Zu einer Punctio vesicae wegen completer Harnverhaltung in Fällen, 
wo man die Bougie nicht einführen konnte, ist es nur einmal gekommen. 

Auf der Abteilung von Nicolieh wird hauptsächlich die Urethro- 
tomia interna geübt. Die graduelle Dilatation wird nur dann ausgeführt. 
wenn die Strietur nicht sehr eng ist. Die Urethrotomia externa gehört zu 
den Ausnahmen und wird von Jahr zu Jahr seltener geübt. Während 
Nicolich im Jahre 18099 20 damit behandelte Fälle verzeichnet, ist sie 
von 1900 bis heute nur fünfmal ausgeführt. fm diesen Fällen war es 
absolut nicht gelungen, die Bougie filiforme einzuführen, obwohl mehrere 
Tage hindureh versucht wurde, die Strietur damit zu passiren. Besonders 
hei traumatischer Harnréhrenverengerung kann es vorkommen, daß die 
Bougie nicht durchkommt. 

Bezüglich der Technik erwähnt Verf., daB das von Nicolich modi- 
ficirte Urethrotom zur Verwendung kommt (siehe Annales des maladies 
des organes génito-urinaires, [anuar 1901), wodurch ein Tempo erspart, 
und vermieden wird, daß das Wiedereinführen der Bougie filiforme 
Schwierigkeiten bereitet, wie das ab und zu geschehen kann. 

Nicolich läßt den Dauerkatheter 36 Stunden liegen. Kr. 


IV. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 


PAA 


Dr. Siegfried Altmann (Gastein u. Abbazia): Die locale Behand- 
lung der Prostatahypertrophie mit den radioactiven 
Thermen in Gastein. (Wiener klin. Wochenschr. 1905, No. 49.) 


Als Resume ergiebt sich. „daß die locale Application des radioactiven 
Thermalwassers in Gastein bei Prostatahypertrophie, durch Depletion, 
Atrophisirung der driisigen Elemente und durch Tonussteigerung eine fast 
durchweg zu beobachtende: Volumenverminderung des Organs hervor- 
ruft. Der Tonus der nieht allzu paretischen Blase hebt sich, entzündliche 
Vorgänge in ihr werden auch durch die bactericide Eigenschaft des 
Thermalwassers gebessert oder behoben. Durch die radivactive Analge- 
sirung werden die subjectiven Sensationen und Schmerzen zun Schwinden 
rebracht. Die anatomische Besserung deckt sich nicht immer mit der 
funetionellen Besserung, die in Wiederherstellung ganz normaler Urin- 
verhältnisse bezw. Verminderung der Residua, Steigerung der Haru- 
pausen und der spontan entleerten Harnquanta besteht. Unter ganz be- 


— 24 — 


stimmten Umständen kann die functionelle Besserung, trotz eingetretener 
anatomischer Effecte, ausbleiben“. | 

Um eine möglichst große Tiefenwirkung zu erzielen, brachte Verf. 
die radioactive Fliissigkeit endovesical und rectal mit der Prostata in 
Contact. Für die Katheterapplication kam ein Dauerdepot von 50 cem 
26 gradigen, stets frisch vom AusfluBrohr geholten Thermalwassers in die 
vorher entleerte bezw. ausgespülte Blase in Anwendung. Zur rectalen 
Application bediente sich Verf. eines hierfür construirten Apparates. Der- 
selbe besteht aus einem, dem Trostatamasseur ähnelnden, oben ge- 
schlossenen und „à double courant“ gebauten Metallrohr, das sich an 
seinem verjüngten, außerhalb des Sphincter ani liegenden Ende in ein 
kurzes Abflußrohr gabelt. Das obere Ende trägt behufs Aufnahme der 
convexen Drüsenfläche eine gesiebte Delle. Aehnliche größere und kleinere 
Oeffnungen befinden sich an der Kuppe und an der der Prostatadelle 
correspondifenden Rückwand des Apparates, den Verf. kurzweg Pro- 
statophor bezeichnet. Er wird ähnlich dem Arzberger’schen Kühl- 
apparat mit Schläuchen armirt und in das vorher entleerte Rectum des 
sich in Seitenlage befindlichen Patienten eingeführt und in Gang gesetzt. 
Das auf Körpertemperatur gebrachte, stets frisch geholte Thermalwasser 
fließt durch das ZufluBrohr in den Prostatophor, muß durch das Sieb an 
der Prostatadelle durchtreten, berieselt die ganze hintere, nur vom Rectum 
hedeckte Driiscnoberfliiche und kehrt durch die an der Kuppe und Rück- 
wand befindlichen Oeffnungen wieder in den AbfluBteil des Apparates 
zuriick. In dieser Weise konnte Verf. das Wasser auch stundenlang in 
ununterbrochenem Flusse und Contact mit der Drüse erhalten. Die 
Thermalwasserapplication wurde täglich ausgeübt und die Proceduren 
wurden ausnahmslos gut vertragen. Ihre Zahl schwankt je nach der 
Dauer des Kuraufenthaltes zwischen 15 und 20. Kr. 


Freyer: Total enucleation of the prostate for radical cure 
ofenlargement of that organ. (The Brit. Med. Journ., 7. X.1905. 


Verf. verfügt nunmehr bereits über 206 (1 operirte Fälle, 14 Fälle 
waren über 80 Jahre alt, der älteste 87 Jahre, bei allen diesen war die 
Operation erfolgreich. Unter den letzten 36 Fällen hatte F. nur einen 
Todesfall. Karo. 


Walker: A note on a specimen of bladder and urethra 


removed two years after suprapubic prostatectomy. 
(The British Med. Journ., 7. X. 1905.) 


Verf. demonstrirt die Blase und Iarnröhre eines 66jährigen, an 
Careinom gestorbenen Mannes, bei dem zwei Jahre vorher die Freyer'sche 
Operation mit gutem Erfolge gemacht worden war; der ganze 

; ın war von einer malignen. v , DI. | 
ee ` | kt, die Prostatahöhl Le der Blasenwand ausgehenden 
ae ‘deck die "OS ahobhle J 
Geschwulst bedeckt, “hole DIS auf eine wollnußeroße, mit 


— — 


dickem Bindegewebe austapezirte Höhle geschrumpft; eine Strictur der 

hinteren Harnröhre hat sich nicht gebildet, die Samenblasen waren voll- 

kominen geschrumpft, wohl als Folge der Verletzung der Duct. ejaculatorii. 
Karo. 


Beck: A new method of orchidopexy. (Medical Record, 
12. VIII. 1905.) 


Verf. empfiehlt möglichst frühzeitige Reposition des Leistenhodens: 
seine Methode ist folgende: Längsschnitt wie bei der Bassıni’schen 
Operation vom äußeren Leistenring mehrere Centimeter nach unten in der 
Richtung des Samenstrangs, Durchschneidung derAponeurose des Obliquus 
ext. und der Fascia transversalis, Eröffnung der Tunica vaginalis com- 
munis, Befreiung des Hodens von Verwachsungen mit der Umgebung und 
Herabziehen desselben in das Scrotum, nachdem alle bindegewebigen Züge 
und Verwachsungen mit dem Peritoneum, die seine Beweglichkeit 
hinderten, scharf durchtrennt worden. Damit der Hoden in seiner Position 
bleibt, wird nun ein Hautlappen gebildet und so vernäht, daB der Hoden 
gewissermaßen in einem Knopfloch festgehalten wird. Dieser Lappen 
schützt gleichzeitig vor einer sich als Folge der Operation einstellenden 
Hernie. Karo. 


J. M. Bachelor: Undescended testicle. Report of two cases. 
(American Journ. of Surgery, Bd. 19, No. 3.) 


23jähriger Mann imit linksseitigem Leistenbruch. Der Hoden liegt 
dicht oberhalb des inneren Leistenringes. Der Processus vaginalis wird 
freigelegt und durchtrennt. Der Hoden und Samenstrang wird stumpf frei- 
priparirt bis zu der Stelle, an der sich das Vas deferens trennt von den 
Vasa spermatica. Der Hoden wird bis in das Scrotum herabgezogen und 
hier durch eine Naht fixirt. Die Venen des Samenstranges werden nach 
doppelter Unterbindung durehtrennt. Die Operation schloß wie die 
Bassini’sche Operation, aber ohne Verlagerung des Samenstranges. 

2. Fall. Kryptorchismus bei einem zehnjihrigen Knaben. Incision 
etwas oberhalb und parallel dem Poupart’ schen Bande. Der Processus 
vaginalis reichte nur bis zum äußeren Leistenring. Durch Zug am Pro- 
cessus konnte der rechte Hoden sichtbar gemacht werden. Er wurde 
isolirt, konnte aber erst nach Unterbindung der Venen des Samenstranges 
und vollständiger Entblößung des Vas deferens in das Scrotum geschoben 
werden. Er wurde hier 2 em unterhalb des Leistenringes dureh eine 
Naht fixirt. Der linke Hoden lag hoch oben unterhalb der Niere. Der 
Processus vaginalis ging auch hier bis zum äußeren Leistenring. Mit 
vieler Mühe wurde er auf dieselbe Weise wie der rechte Hoden in das 
Serotum gebracht. Verschluß des Leistenringes nach Art der Bassini- 
schen Operation. 

Bei beiden Patienten fanden sieh die Hoden einen Monat nach der 
Operation in der richtigen Lage. Portner (Berlin). 


— 26 — 


Dr. Josef Bogdanik, Primararzt der chir. Abt. am St. Lazarus-Spital 
in Krakau: Ueber die Torsion des Samenstranges. (Wiener 
med. Presse 1905, No. 47, 48, 49 u 51.) 


Die Torsion des Samenstranges ist ein sehr seltenes Vorkommnis, und 
findet daher nur wenig Berücksichtigung in der chirurgischen Litteratur. 
Sie tritt meistens unter den Erscheinungen einer Druckeinklemmung auf. 
wird daher gewöhnlich erst bei der Operation diagnostieirt. In manchen 
Fällen kann man auch die Torsion als eine Einklemmung des Hodens im 
Leistenkanale auffassen, bei genanerer Untersuchung ist aber eine Ver- 
wechselung mit einer Brucheinklemmung zu vermeiden. Vor kurzen 
hatte Verf. Gelegenheit, cinen derartigen Fall zu beobachten. Ein junger 
Mann wurde angeblieh wegen Brucheinklemmung in's Spital gebracht, die 
Diagnose jedoch auf Einklemmung des gedrehten Hodens im Leistenkanal 
richtiggestellt, was durch diè sofort vorgenommene Operation bestätigt 
wurde. Dieser Fall gab ihm Gelegevuhceit, die einschlägige Litteratur zu 
studiren. Er fand mehrere derartige Fälle verzeichnet, von denen der 
älteste im Jahre 1840 veröffentlicht wurde. Das Ergebnis dieses Studiums 
teilt Verf. in vorliegender Arbeit mit, der er einige Bemerkungen über die 
anatomischen Verhältnisse des Hodens und Samenstranges voranschickt. 
wodurch das Verständnis für das Zustandekommen der Torsion erleichtert 
wird. Aus der Litteratur ergiebt sich, daß ein verspäteter Descensus 
testieuli das Zustandekommen einer Torsion des Samenstranges begünstigt. 
Sie erfolgt dadureh, daß infolge eines Traumas, Sprunges, Falles, Hebens 
von Lasten, der Bauchpresse der sieh eontrahirende Kremaster den Hoden 
beim Passiren des Leistenkanals um seine Achse dreht und infolge 
Knickung der Venen des Samenstrauges der RücktluB des Blutes erschwert 
wird unl sich cine Stauungshyperimie bildet. Erleichtert wird die 
Torsion, wenn der Samenstrang in zwei gesonderte Stränge geteilt ist. 
und zwar in die Deferensgruppe und die GefäBgruppe. Verf. hat mehr- 
mals Gelegenheit gehabt, eine solehe Teilung des Samenstranges bet 
Radiealonerationen von Leistenbrüchen zu beobachten. 

Das klinische Bild der Torsion tritt, wie bemerkt, gewöhnlich unter 
Gen Erscheinungen eines eingeklemmten Bruches auf. 

Folgen de: Torsion sind Hyperämie mit nachfolgender Nekrose oder 
Atrophie des Hodens. | 

Interessant sind die Schlußfolgerungen. zu welchen Miflet auf 
Grundlage von 18 Versuchen an Hunden über die pathologischen Ver- 
änderungen des Hodens, welehe durch Störungen der localen Blut- 
eireulation veranlaßt wurden. gekommen ist. Er stellt sie im folgenden 
Sitzen zusammen: Die Arteria spermatica interna hat für den Hoden 
die Bedeutung einer Endarterie im Cohnheim schen. Sinne. 


Die Unterbrechung der Blutzufulr dureh die Arteria spermatica 
interna, sei es dvreh Unterbindung, sei es dureh Embolie, ist rasch von 
der Bildung hämorrhagischer Infarete gefolgt. Diese Infarete nehmen 


= 97 = 


vorwiegend die oberflächlichen Schichten des Hodens ein. Das Drüsen- 
zewebe des Hodens ist gegen jede Störung der Bluteireulation in den 
Gefäben des Samenstranzes ungemein empfindlich, nieht nur bei gleich- 
zeitizer Unterbrechung der Blutzufuhr seitens der Arteria spermativa 
interna und Behinderung des Abtlusses durch die Venen des Samen- 
strauzes, sonaern auch. wenn letztere Cireulationsstöruneen einzeln für 
sich auftreten. Stets zerfällt das Drüsengewehe rasch. so daß ein 
Schwund des Hodens die Folge ist. Derselbe vollzieht sieh unter mehr 
oder minder starker Gewebswucherune. 

Der Nebenhoden, welcher durch die Arteria deferentialis versorgt 
wird, wird durch Unterbrechung der Circulation in der Arteria spermatica 
interna nicht oder weniger schwer (Embolie) alterirt. 

Wird jedoch die Bluteireulation gleichzeitig in der Arteria spermatica 
und deferentialis unterbrochen. so zerfällt auch das secernirende Gewebe 
les Nebenhodens total. 

Jum Einklarge mit den Experimenten Miflets ist die Beobachtung 
Esters. Er fand bei der Operation, daß der Samenstrang in zwei 
Bündel geteilt war, von denen nur die Gefäßeruppe von der Torsion be- 
troffen war, der Samenleiter (Vas deferens) nahın mit seinen Gefäßen 
au der Torsion niche teil. Die Folge davon war Blutüberfüllung des 
Hodens, der Nebenheden blieb normal. 

An der Torsion des Samenstranges um seine Längsachse beteiligt sieh 
auch der Gesamthoden. welcher sieh um seine Achse dreht. 

Verf. sammelte 50 Fälle von Torsion des Samenstranzes, davon wurde 
die weit überwiegende Mehrzahl erst bei der Operation diagnosticirt. 
Kaum in 10 Fällen rechnete man mit der Möglichkeit einer Torsion und 
nur viermal wurde die Diagnose mit Sicherheit gestellt. Man vermutete in 
sehr vielen Fallen einen eingekiemmten Leistenbruch in Anbetracht der 
sehr tiuschencen Symptome und erst nach Eröffnung der Tunica vaginalis 
Lemerkt: man den Irrtum. | 

Als Gelerenheitsursache der Torsion des Samenstranges wird in 
vielen Fällen ein Trauma angegeben. Jn einer Anzahl von Fällen be- 
merken wir ein Stadium prodromorum. Auf irgend eine Veranlassung 
nin verspürt der Kranke plötzlich einen heftigen Sehmerz in der Gevend 
des Leistenkauels, welcher sich gegen den Hodensack oder den Unterleib 
hinzieht. Diese Schmerzanfälle. welehe bald heftiger, bald weniger 
Intensiv sind, Gauern einize Stunden. mitunter einige Tage und wieder- 
holen sich ab ind zu. Gleichzeitig leidet der Kranke an Uebelkeiten und - 
Erbrechen und es bildet sieh in der Leistenzerend eine schmerzhafte 
Gesehwulst. Diese Erscheinungen rechtfertigen in hohem Maße die 
Annahme eines eingeklemmten Leistenbruches. Während der Beobachtung 
fällt aber das Fehlen von Occlusionserseheinungen auf. Der Puls ist in 
der Rezel gut, etwas beschleunigt, die Körpertemperatur normal oder 
wenig erhöht. Den Einklemmuneserscheinunzen ähnliche Symptome 


— 28 — 


können darin ihre Erklärung finden, daß der Hoden eigentlich ein Bauch- 
organ ist und im fotalen Leben im Unterleibe seinen Sitz hat. 

Die Prognose ist bei der Torsion des Samenstranges gut. was das 
Leben der Kranken anbelangt, die Genesung erfolet nämlieh in 100 pCt. 
der Fälle, ungeachtet der bedrohlichen klinischen Erscheinungen. Schlecht 
ist sie aber ın Bezug auf den Hoden. Den Verlust des Gesamthodens be- 
klagten 39 Kranke (78 pCt.), von den übrigen Kranken haben einige Teile 
des Hodens verloren oder es ist Atrophie eingetreten. 

Hinsichtlich der Therapie kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: 

1. Die Torsion des Samenstranges erheischt eine sofortige chirurgische 
Intervention. Die Anwendung von Antiphlogose verscehlimmert wegen 
Zeitvergeudung die Aussicht auf Erhaltung des Hodens. 

2. Wenn sich der Hoden im Hodensacke befindet und nur einige 
Stunden seit dem Auftreten des Anfalles verstriehen sind. kann eine sub- 
cutane Detorsion in der Richtung von innen nach außen versucht werden. 
(Beim rechten Hoden nach rechts, beim linken nach links.) 

3. Wenn die subcutane Detorsion erfolglos ist, muB sofort operirt 
werden. Der Schnitt wird wie bei einem eingeklemmten Leistenbruche 
geführt. Nach Eröffnung der Tunica vaginalis entleert sich eine blutig- 
seröse Flüssigkeit, mitunter Blutgerinnsel. und es zeigt sich eine Ge- 
schwulst, welche einer grangränösen Darmschlinge ähnelt. bei genauerer 
Beobachtung aber als der Hoden erkannt wird. In den ersten 24 Stunden 
nach dem Anfalle kann der Samenstrang zurückgedreht. eventuell an- 
geheftet werden. 

4. Nach dem Verlaufe von 24 Stunden empfiehlt die Mehrzahl der 
Autoren die Castration. Wenn jedoch eine anszesprochene Nekrose des 
Hodens nicht vorhanden ist und er nach der Detorsion eine hellere 
Farbe annimmt, ist die Belassung des Hodens geboten, ebwohl ın der 
Folge eine Atrophie desselben eintritt. 

5. Etwa vorgefundenes Netz wird resecirt. 

6. Der offene Scheidenfortsatz wird gegen die Bauchhöhle zu ge- 
schlossen. Kr. 


V. Blase. 


Dr. Viktor Lange (Kopenhagen): Die Enuresis der Kinder als 
ein neuropathisches, von den adenoiden Vegetationen 
unabhängiges Leiden betrachtet. (Wiener med. Presse 1905, 
No. 52.) 

Die Enuresis wurde in Jüngster Zeit ursächlich auf die adenoiden 

Vegetationen zurückgeführt. L. kann die neue Lehre durch sein Material. 

das sich aut 39 Fälle beläuft, nicht bestätigen: Er fand bei seinen mit 


Enuresis behafteten Patienten achtmal adenoide Vegetation, dreimal einen 
hypertrophischen Retronasalkatarrh und in den übrigen Fällen einen 
normalen Nasenrachenraum. Die Knaben waren viermal so oft als die 
Mädchen von dem Leiden betroffen: das Alter schwankte zwischen drei 
und zebn Jahren. 

Die acht Kinder mit adenoiden Vegetationen wurden operirt: nachdem 
eine genügende Beobachtungszeit nach der Operation vergangen war. 
zeigte es sich, daB die Operation in sieben Fällen auf die Enuresis absolut 
keinen Einflub ausübte: nur in einem Falle warte Verf. nieht, eine gewisse 
Besserung auszuschließen. 

Der Umstand nun. daß die meisten Kinder neuropathisch waren, führte 
Verf. zu der Anschauung, daB es sich bei der Enuresis um ein Nerven- 
leiden handle. Consequent behandelte er daher diese Patienten mit Arsen. 
Jod und Eisen. In den meisten Fällen hat er die Behandlung monatelang 
fortgesetzt und dadurch so günstige Erfolge erreicht, wie es überhaupt 
bei einem so hartnäckigen Leiden möglich ist. Verf. hat Heilungen bezw. 
Besserungen erreicht: die Heilung trat als Regel in den Fällen ein, wo 
die Patienten die Behandlung lange Zeit hindurch fortsetzten, eine 
Besserung, wenn die Patienten sich, zufrieden mit dem vorläufigen Er- 
folge, zu früh zurückzogen. 

Mit dieser Auffassung, daB die mit Enuresis behafteten Kinder in der 
Mehrzahl der Fälle neuropathisch sind, stimmen die meisten intern be- 
handelnden Aerzte überein. Kr. 


Prof. H. Pfister (Freiburg 1. B.): Die Enuresis nocturna und 
ähnliche Störungen in neuropathologischer Bewertung. 
(Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol., Bd 15, H. 2.) 


Von der essentiellen Enuresis nocturna und diurna ist die große 
Mehrzahl derjenigen Fälle abzuscheiden. bei welchen ein erstmals nach 
dem fünften Jahre und nur selten oder in kleinsten Serien auftretendes 
Nässen vorliegt. Dasselbe erweist sich nämlich in weitaus der Mehrzahl 
der Fälle als eine Begleiterscheinung unbeachtet gebliebener epileptischer 
Fntladungen. In allerseltensten Fällen können auch (nächtliche) 
hysterische Krampfanfälle die Ursache sein. Ebenso ist nicht als eigent- 
lich essentielle Enurese dasjenige psychogene Eimnässen zu betrachten, 
das auf dem Wege der Imitation und Contagion von einem Bettpisser 
auf hysterische Individuen sich übertragen hat in gleicher Weise, wie 
sich bekantlich gelegentlich auch Bewegungsstörungen von Chorea- 
kranken, vou Sklerotikern dureh psychische Infection derartigen Per- 
sonen mitteilen. Die echte essentielle Enurese, wie sie insbesondere im 
Kindesalter ausgeprägt sich findet (und keine groberen organischen 
Herd- Erkrankungen des Nervensystems oder erhebliche Bildungs- 
anomalien der Blase zur Ursache bat), kommt am häufigsten als Ein- 
nässen im Schlaf, seltener als diurner Harnabgang vor, fiir dessen Zu- 


— 30 — 


standekommen Ablenkung der Aufmerksamkeit, Zerstreutheit. Willens- 
schwäche, affeetive Frrerungen. Muskelanstrenzung, Niesen, Husten. 
Lachen ete. von Einfluß sind. Neben der vollentwickelten typischen 
Form, bei der vom Säuelingzsäalter bis eventuell ins zweite Jahrzehnt und 
linger Nacht für Nacht und fast Tag fiir Tag genäßt wird, kommen erst 
später, unter der Wirkunz schwächender Momente (Krankheit. Kubertit 
ete.) einsetzende, sowie alle mögrhchen, leichteren, intermittirend ver- 
laufenden, öfter oder nie reerdivirenden Attacken vor, sowie ferner Abortiv- 
formen, in welchen Nachts nur bei Hnzukommen besonderer arcidenteller 
Ursachen (große Schlaftiefe, erhebliche Blasenvölle, Localalfertionen etc.) 
oder Tags nur im Affect, nur þei starker Anstrengung ete. und wenn 
die Blase sehr gefüllt ist. Harndurehbruch zu Stande kommt. Alle diese 
Formen der essentiellen Fmurese sind nicht Symptome einer einzigen 
wohlumsehriebenen Krankheit, da sie nicht nur bei den differentesten 
körperlichen Zuständen vorkommen. sondern sieh auch bei bezw. in dei 
Vorgeschichte der allerverschiedensten Nerven- und Geistesstorungen 
finden, seltener sogar auch bei belasteten Personen, die var nie aus- 
gesprochen nervenleidend werden. Daraus, wie aus der Thatsache, dab 
die Individuen hereditär (mit Nervenkrankheiten und Psyehosen) belastet 
sind, ergiebt sich, daß man in diesem Leiden ein neuropathisches Stigma 
hereditatis, ein allgemeines Zeichen der nervösen Belastung zu sehen 
hat, das aber wie alle anderen Degenerationszeichen für die individuelle 
Existenz keinerlei diagnostische oder gar prognostische Bedeutung hat. 
indem aus ihm höchstens geschlossen werden kann, daß das betreffende 
Individuum erblich belastet und daher wohl etwas mehr als der Durch- 
schnitt zu nervöser oder psychischer Erkrankung disponirt ist. Zweifel- 
los liegen diesem Stigma feinste Entwieklungesstörungen, Verzögerungen 
in der Ausgestaltung des ganzen oder eines Teils der umfänglichen 
Bahnen zu Grunde, welehe die Blase und ihren sympathischen Apparat 
mit dem Gehirn verknüpfen. 

Unter dieser Auffassung werden alle klinischen Thatsachen verstind- 
lieher. Auch die Thatsache des familialen Auftretens steht mit ihr sehr 
wohl im Einklang. | M Lubowski. 


Dr. Arthur Berger: Zur Frage der spinalen Blasenstôrun- 
gen. (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk., Bd. 27, H. 5—6.) 


Eine der wichtigsten Streitfragen in der Lehre von den nervüsen 
Blasenstörungen ist die, ob es neben dem Centrum für die Blase im 
Ganglion mesentericum noch ein spinales giebt, oder ob ersteres das ein- 
zige subeerebrale Centrum ist. Für diese Frage sind zwei vom Verf. 
beobachtete Fälle von Interesse. Es handelt sieh in beiden Fillen vor- 
nehmlich um durch Traumen bedingte Störungen der Urinentleerung in 
Form von llarnträufehı, das eine Mal verbunden mit einer geringen, 
subjectiv kaum zum Bewußtsein gekommenen Schwäche und Atrophie 


AT 2 


des rechten Beines, das andere Mal vergesellschaftet mit totaler Impotenz 
und starken Schmerzen in der Leistengerend und im Damm. Während 
die Potenz in dem emen Falle erhalten blieb, war die Darmfunetion in 
beiden völlig normal. Wie stets, wenn Verletzungen als Krankheits- 
ursachen auftreten, muß die Möglichkeit einer Neurose in's Auge gefaßt 
werden. Man kann jedoch das Vorhandensein einer traumatischen Neurose 
von vornherein ausschließen, weil die Symptome einer allgemeinen 
nervösen Erkrankung fehlen, weil ferner auch die Art der Blasenstörung 
selbst gegen eine Neurose spricht. Es kann mithin die Annahme einer 
funetionellen Erkrankung als Ursache der Blasenstörung von der Hand 
gewiesen und eine anatomische Erkrankung als Ursache der Blasen- 
störung anzenommen werden. Was nun den Sitz dieser Läsion betrifft, 
so ist zu erwägen, ob die Läsion ihren Sitz in den peripheren Nerven, 
in der Cauda equina oder im Riickenmark hat. Die Annahme eines cere- 
bralen Ursprungs ist in beiden Fällen durch nichts gereehtfertigt. Aber 
auch die Entstehung der Erkrankung dureh Verletzung peripherischer Ner- 
ven ist kaum anzunehmen, dem peripherische Blasenstörungen sind bis- 
her unbekannt. Es bleibt also nur die Frage offen: Handelt es sich um 
eine Rtiickenmarks- (Conus-) oder Caudaliision’ Die Differentialdiagnose 
zwischen den beiden Sitzen ist schwer, wenn überhaupt möglich. Eine 
Verletzung der Wirbel, aus deren Höhe man eine Entscheidung treffen 
könnte, fand nicht statt, und man kann deshalb nur den Versuch machen, 
auf Grund der Symptome den Sitz zu ermitteln. Nach Müller sprechen 
für Riickenmarkssitz: Fehlen von Schmerzen, Vorhandensein dissoelirter 
Sensibilitätsstörungen, Bestehen sehlaffer Lähmungen mit Atrophie, 
fibrillare Zuckungen, Vorwiegen der motorischen Störungen, Blasen-, 
Mastdarm-Störungen bei event. vorhandener Potenz: dagegen sprechen 
für Caudasitz starke ausstrahlende Schmerzen, die im Vordergrunde des 
Bildes stehen: Neurasthenie sowie Lähmungen können vorhanden sein, 
doch fehlt die Dissociation der Empfindliehkeitsstörungen, fibrilläre 
Zuckungen fehlen, nebst Blase und Mastdarm ist die Potenz meist gestört. 
Wenn man auf Grund dieser Aufstellung die Differentialdiagnose zu 
machen versucht, so sprechen in dem einen Falle für Rückenmarkssitz: 
Fehlen von Schmerzen, das Vorhandensein von Paresen mit Atrophie im 
rechten Oberschenkel, fibrilläre Zuekungen daselbst, Vorhandensein von 
Potenz: dagegen sprechen in dem anderen Falle das Bestehen starker 
Schmerzen, die dem Patienten viel störender sind als die Blasenlähmung, 
das Erloschensein der Potenz für Caudaläsion. In beiden Fällen sind 
sensible Lähmungserscheinungen nicht gefunden worden, im zweiten 
Falle aueh keine motorischen Störungen. Man kann demnach mit der 
nötigen Reserve, aber mit größerer Wahrscheinlichkeit in dem einen 
Falle eine Läsion des Rückenmarks, in dem anderen eine solche der 
Cauda annehmen. Was die Höhe des Sitzes in dem ersten Falle an- 
betrifft, so konnte man auf Grund der beteiligten Muskeln eine Liision 
vom 5. Lenden- und 1. Sacralsegment nach abwärts annehmen. Nach 


— 32 — 


unten diirfte die Erkrankung bis zum 4. Sacralsegment reichen, da das 
Blasencentrum als in der Gegend des 3. und 4. N. sacralis gelegen an- 
genommen wird. Auffallend ist es Jedoch, daB das höher gelegene Cen- 
trum fiir die Erection und Ejaculation (2. bis 3. Sacralis) nieht verletzt 
worden sein dürfte, da die geschlechtlichen Funetionen des Patienten 
ganz normal waren. Aus diesem Umstande sowohl, wie aus dem Fehlen 
Jeglicher Seusibilitätsstorungen muB geschlossen werden, daB der Herd 
nur klein und cireumseript ist. Im zweiten Falle dürften die von den 
spinalen Centren zum Geschlechtsapparat und zur Blase gehenden 
Nervenfasern zerstört worden sein, so daß ein totales Darniederliegen der 
Geschlechts- und Blasen-Funetion erfolgte. Die den Mastdarm und seinen 
Sphineter versorgenden Nerven wurden nicht mitverletzt. Bei der Loca- 
lisation des Krankheitsprocesses in den beiden Fällen wurde nach der 
bisher geltenden Anschauung das Vorhandensein eines eigenen Centrums 
für Blase, Mastdarm und zeschlechtliche Funetion angenommen. Im 
neuerer Zeit sprach sieh jedoch Müller gegen die Annahme eines 
Blasen- und Mastdarm-Centrums im Rückenmark aus. Die spinalen Bahnen 
seien nur dazu da, einerseits das Gehirn über den Füllungszustand 
der Blase zu unterrichten, andererseits den Reflex zur Auslösung zu 
bringen; das Retlexcentrum selbst liege im sympathischen Nervensystem. 
Wenn demnach dem Rückenmark nur die Rolle eines zuleitenden Appa- 
rates zugesprochen wird, welcher kein Blasen-, Mastdarm- und Potenz- 
centrum enthält, danu müssen bei allen Querschnittverletzungen, gleich- 
giltig in weleher Höhe die Läsion sitzt, dieselben Störungen in den 
Funetionen der Blase, des Mastdarmes und der Geschlechtsorgane auf- 
treten. Aueh Erkrankungen der Cauda equina missen sich in Hinsicht 
auf genannte Erscheinungen ganz gleich verhalten. Die Blasenstörung 
selbst soll sich nach Müller bei Erkrankungen des Rückenmarks und 
der Cauda equina gleich, und zwar folgendermaßen verhalten: In der 
ersten Zeit besteht immer Ischuria paradoxa; der Urin kann nur unter 
Anstrengungen ausgepreßt werden, event. muß der Patient durch lange 


Zeit katheterisirt werden. Dann — meistens unter gleichzeitigem Auf- 
treten einer Cystitis — tritt nach mehreren Wochen als zweites Stadium 


unwillkürlicher Urinabgang auf. Es handelt sich dabei aber nicht um 
Harnträufeln, sondern der Urin wird in mehr oder weniger großen Zeit- 
räumen in größeren oder kleineren Mengen auf einmal aus der Blase 
automatisch ausgestoßen. Es wäre denmach die Ansicht, die v. Frankl- 
Hochwart und Zuekerkandl in ihrem Buche dahin formulirten, 
daß die beschriebene Störung bei Sitz der Läsion oberhalb des Centrums 
zu Stande komme, eine typische schwere Verletzung des Conus medullaris 
resp. der Cauda equina hingegen das Bild der atonischen Blase mache, 
unrichtig. Zur Erhärtung seiner Ansicht bringt Müller eine Reihe 
eigener Beobachtungen und solche anderer Autoren, welche seine An- 
sicht, daß stets vor dem Eintreten der Incontinenz Retention besteht, er- 


härten. 


Dieser Ansicht Müllers, der sich später auch Fürnrohr an- 
schloß, kann aber Verf. unter Erwägung der in der Litteratur ver- 
öffentlichten Fülle und auf Grund seiner eigenen Beobachtungen nicht 
beistimmen. Vielmehr ist es wahrscheinlich, daB beim Menschen für 
Blase, Mastdarm und geschlechtliehe Function ein Centrum im Rücken- 
mark gelegen ist, das einem sympathischen ganglionären Centrum 
supraponirt ist; eine Ansicht, die ja die modernsten Autoren (OÖppen- 
heim, van Gehuehten, v. Frankl-Hochwart) vertreten. 
Daß auch im sympathischen Nervensystem ein Centrum für die genannten 
Funetionen ist, ist nach den Untersuchungen von Nussbaum, Naw- 
rocky und Skabitschewsky für die Blase, nach denen von 
v. Frankl-Hochwart und Fröhlich für die Mastdarmsteuerung 
wahrscheinlich. M. Lubowski. 


Maximilian Hirsch: Ueber epidurale Injectionen. (Centralbl. 
f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVI, H. 12.) 


Die epidurale Injection geschieht in den sog. epiduralen Raum, i. e. 
den Raum zwischen Dura mater des Rückenmarks und innerem Periost 
des Wirbelkanals. Da die Dura mater bereits in der Höhe des zweiten 
Sacralwirbels als Blindsack endiet, besitzt der spaltförmige epidurale 
Raum unten eine Erweiterung, Ampulla, wo er der Injection leicht zu- 
viinglich ist, und zwar vom Hiatus sacralis aus. In der Ampulla liegt das 
Filum terminale, die sacrococeygealen Nerven und das mächtige Venen- 
netz der intrasacralen oder epiduralen Venen. — Verf. erörtert alsdann 
ausführlich die Technik, die im Original nachzulesen ist. Im allgemeinen 
dürfte die Technik als leicht zu bezeichnen sein, jedoeh können gewisse 
Momente Schwierigkeiten bedingen: so ein sehr starkes Fettpolster; hier 
kann es leicht passiren, daß man die Nadel anstatt in den Sacralkanal in’s 
subeutane Gewebe vorschiebt: ferner ist es möglich, daß der Venen- 
plexus angestochen wird, in diesem Falle fließt natürlich Blut aus der 
Nadel, endlich kommt es vor, daß der Duralsack verletzt wird und Cerebro- 
spinalfliissigkeit abflieBt. Als Injeetionsflüssigkeit benutzt H. 

Natr. chlord. . ... 0,2 | 
Coeain hydrochl. . . . 0,01 
Aa. dest. steril. . . . . 100 

Die Menge beträgt bei Erwachsenen 10 bis höchstens 20 cem, bei 
Kindern entspreehend weniger. | ne 

Unangenehme Erscheinungen post injectionem sah H. in 17 p(t. der 
Fälle: Kopfschmerzen, Erbrechen, ja selbst Fieber bis 38°, jedoch: glaubt 
der Verf., daß dergleichen Zufälle ıneist auf gewisse Ursachen zurück- 
zuführen und leicht vermeidbar sind. Besorgniserregende Erscheinungen 
hat H. nie beobachtet. - 

Die Methode ist anwendbar bei verschiedenen schmerzhaften 
Affectionen der unteren Körperhälfte, so bei Tschias, Lumbalneuralgien, 


gee OA, e 


viseeralen Krisen infolze Tabes oder Saturnismus, ferner stellt der 
epidurale Weg wegen seines reichen Venennetzes einen vorzüglichen 
medicamentösen Absorptionsweg dar, der naeh Cathelin 10 mal so erof 
ist als bei subeutaner Anwendung. Der Schwerpunkt der Methode liegt 
Jedoch in der Behandlung gewisser Affeetionen des Urogenitalapparates 
bezw. der Enuresis und reizbaren Blase. Der Verf. hat 30 Fälle — 
27 von Enuresis und 3 von reizbarer Blase — behandelt und 80 pCt. ge- 
heilt, 13 pCt. gebessert. T pCt. sind unzeheilt geblieben. H. begniügte 
sich nie mit einer Injection, sondern machte mindestens drei in 1-. 2- bis 
3tägigen Intervallen, bei hartnäckigen Fällen hat er sogar 10 Ein- 
spritzungen ausgeführt. 

Was nun die Wirkung betrifft, so handelt es sich nach H. zweifellos 
nicht um eine rein suggestive, sondern sie Ist vielmehr in ursächlichen Zu- 
sammenhang mit der von H constatirten Hyperimie der Blase nach der 
Injection zu bringen. Diese Hyperämie konnte der Verf. nach der Injection 
jedes Mal eystoskopisch feststelien. Die Hyperämie ist natürlich nieht nur 
auf die Blase beschränkt, sondern verbreitet sieh wahrscheinlich auf die 
ganze untere Körperhälfte. wo sie sich durch ein lebhaftes Wärmegefühl 
markirt, insbesondere seheimt sie sich Im Genitalapparat zu loealisiren, da 
es bei Männern ca. eine Stunde nach der Injeetion zu sehr starken, fast 
priapistischen Erectionen kommt. 

Dr. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Dr. Rich. Knorr (Berlin): Ueber die Ursachen des pathologi- 
schen Harndrangs beim Weibe. insbesondere Cystitis 
colli und Pericystitis, sowie deren Behandlung. (Zeit- 
schrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie, Bd. LV.) 


In der Poliklinik des Verf.'s sind in einem Zeitraume von 5'/: Jahren 
5213 Patientinnen eysteskopisch untersucht worden. Davon klagten 663 
bezw. 20,6 Procent über Blasenbeschwerden aller Art. Die Ursachen 
derselben waren in 154 Fällen Genitalaffectionen ohne Blasenaffeetion: 
in allen übrigen Fällen wurden Blasenerkrankungzen eystoskopisch nach- 
gewiesen. An eitriger Cystitis totalis und Pryelitis, sowie anderen Er- 
krankungen, wie Tumoren, litten 109 Patientinnen, davon 41 mit, 68 ohne 
eynäkologische Affeetionen. An Cystitis coli ehronica waren 398 er- 
kraukt, und zwar 251 mit und 147 ohne gynäkologisehe Affection. Nur 
in zwei Fällen ließ sieh keine anatomische Ursache finden, so daß ner- 
vise Form des Harndranges (Hyperaesthesia vesicae) angenommen wer- 
den mußte. Also jede fünfte Frau, die in die Poliklinik kam, klagte über 
Harnbeschwerden, jede achte Frau hatte Cystitis eolli ehronica. in zwei 
Drittel aller Fälle mit Harubeschwerden war Cystitis colli hierfür ver- 
autwortlich zu machen. Diese letztere stellt ein wohl charakterisirtes 
Krankheitsbild dar, das bald in leichter Form auftritt, bald jedoch in 
überaus heftiger Weise sich bemerkbar macht. Trotz Wer relativ weiten 


— 35 — 


Verbreitung ist dieses Krankheitsbild wenig bekannt, und es wäre nötig, 
die Kenntnis dieser Erkrankung besonders aueh dem klinischen Studen- 
ten zu übermitteln. Zur Diagnose derselben ist durchaus nieht in allen 
Fällen die Cystoskopie nötig. Die Therapie ist eine einfache und ziemlich 
sichere, und so müßte die Localbehandlung des entzündeten Blasenhalses 


in den Kliniken ebenso gezeigt und gelehrt werden wie die Blasen- 
spülung. Die genauere Diagnostik der Veränderungen im Blasenhals ge- 
long allerdings erst mittels des Cystokops, indem dasselbe in einer An- 
zahl von hierher gehörizen Fällen congestive Zustände am Blasenhals 
und Trigonum ergab, so daß als Ursache des Harndranges Hyperämie des 
Trieonum anzenommen werden konnte. 


Aetiologie. Die Ursachen der Uystitis eolli sind zweierlei Art: 
entweder Infection oder nicht infeetiöser ProceB, wie venüse Stauung und 
Hyperplasie. Die Infeetion kommt fast immer von der Urethra her: es 
handelt sich hier entweder um Gonorrhoe oder um Baeterium coli, sowie 
nm die pyogenen Keime, die dureh Instrumente oder unreine Manipula- 
tionen seitens der Frauen bei weitem Jfarnréhrenlumen hinein- 
transportirt werden. Infection von den Nieren oder vom Darme aus ist 
seltener und kommt nur bei Tuberculose und Colieystitis vor. Wenn 
dureh unsauberen Katheterismus eine Cystitis entsteht, so beginnt sie 
meist an dem Trigonum, und zwar an den hier sich bildenden Schleim- 
hautläsionen. Heilt sie ab, so kann fast die ganze Blase sieh zur Norm 
zurückgebildet haben, während auf dem Trigonum und dessen Umgebung 
der Proceß noch besteht, woraus für die Therapie der Recidive der 
Cystitis totalis ein Fingerzeig gegeben ist; man muß nach Beseitigung 
der Cystitis totalis aueh dem Blasenhals Aufmerksamkeit sehenken. — 
Was die venöse Stauung, die, wie gesagt, als Ursache der Cystitis colli in 
Betracht kommt, betrifft, so kann dieselbe dureh Lageveränderungen des 
Uterus, dureh Prolaps, Cystoeele, von auBen an die Blasenwand vor- 
dringendes Carcinom, auch Graviditit und Puerperium bedingt sein. 


Symptomatologie. Die Symptome sind folgende: 1. Hiufig 
auftretender Drang zum Uriniren, stiindlich, halbstündlich, mitunter sehr 
heftig und quälend; derselbe ist auch bei geringer Fliissigkeitsaufnahme 
vorhanden und meist unabhänzie von nervösem EinfluB, da er auch 
während des Schlafes sich bemerkbar macht und die Patientinnen zwingt, 
1—2 mal und auch öfters zur Mietion aufzustehen. Mitunter ist sogar ein 
10—12 maliges Verlassen des Bettes nötig. 2. Schmerz und Krampf bei 


der Harnentleerung, Druckgefüull, Schmerzen in der Blasenzegend. Diese 
Symptoine können fehlen, während die häufige Harnentleerung, besonders 
nachts, in allen Fällen vorhanden ist. Dazu kommt das Fehlen von 
Symptomen, die auf audere Erkraukungen der Harnwege hindeuten. Bei 
der cystoskopischen Untersuchung erweisen sich das Trigonum, der 
Sphinkterrand deutlich veründert. Die normaler Weise vorhandene drei- 
cckige rote Zone hat ein dunkleres Colorit; statt der feinen Gefäß- 


— 86 — 


zeichnung, die allenthalben Inseln heller normaler Schleimhaut durch- 
schimmern läßt, ist eine verwaschene dunkle Rötung vorhandeu, welche 
die Grenze des Trigonums oft etwas überschreitet. Das Epitliel ist ge- 
triibt, glanzlos, zeigt mitunter Auflagerungen von Schleim, mitunter 
Eiterfibrinflöckehen. Die Schleimhaut ist fast immer geschwellt, am 
stärksten am Spliinkterrand, der Wulstungen und Vorsprünge zeigt. In 
schweren Fällen: sieht man häufig umschriebene tief-dunkelrote Flecke. 
die wie Petechien aussehen und Hämorrhaxzien der Schleimhaut sınd. In 
noch schwereren Fällen kommt es zur Bildung von Pseudopolypen, die 
recht heftige Beschwerden machen, aber auch symptomlos bestehen 
können. Als Compliecationen der Cystitis kommen Uleera, Fissuren des 
Sphinkters, Leukoderma und schließlich Varicositäten, besonders bei 
älteren Frauen, in Betracht. 

Die Therapie der Cystitis colli muB cine locale sein, und zwar den 
Blasenhals direet angreifen. Die congestionirte Schleimhaut muß anämi- 
sirt und mit Adstringentien behandelt werden; kleine Polypen, war- 
zige Hervorragungen müssen zum Schwinden gebracht werden, infectiöse 
lierde desinficirt, Fissuren geätzt, kurzum die Schleimhaut regenerirt 
werden. In manchen Fällen ist eine Dilatation, eine Art Massage des 
Sphinkters zweckmäßie. Fin Verfahren zur lokalen Behandlung des 
Blasenhalses, welches Verf. als ein sehr sicheres und von jedem Arzt 
auszuführendes empfiehlt. ist folzendes: Naehdem Vulva und Urethral- 
piindung mittels in Lysoformlösungz getauchten Wattebäuschchens ge- 
reinigt sind, wird katheterisirt und die Blase gespült, wobei in Fällen ver- 
minderter Capaeität eine vorsiehtire Dehnung ausgeführt wird. Nach- 
dem die Spültlüssiekeit völlix abrelaufen. werden dureh den Katheter 
20) eem Kueainlösung in die Blase und beim Herausziehen des Katheters 
in die Harnröhre gespritzt. Nach Ablauf von 3—5 Minuten tritt 
Anästhesie ein, worauf man den mit Mandrin versehenen, mittels Glyeerin 
schliipfrig gemachten Tubus bis über den Sphinkter internus einführt. 
Nach Herausziehung des Mandrins läuft meist noch Spülllüssiekeit und 
Eucainlösung ab, man trocknet mit einem mit Watte versehenen Play- 
fair das Lumen des Tubus und führt hierauf einen zweiten Playfair, der 
it 1 procentige Are. nitr.-Lösung getaucht wurde, dureh den Tubus bis 
au die Blasenwand ein. Während der Plavfair nun fivirt wird, zieht man 
den Tubus über ihn weg, so daß er vom Spinkterrand festgehalten wird. 
Hierauf wird er unter leichter Rotation langsam durch die Urethra 
herausgezogen. Durch die Compression des Sphinkters wird Lösung aus 
der Watte gepreBt, die nunmehr auf das Trigonum fließt. Treten Tenes- 
men stärkeren Grades auf, so verordnet man zweckmäßig Morphium- 
Belladonnasuppositoriev. Eine acute Steigerung der Symptome tritt 
öfters in den ersten Taxen ein. Jedoch nach vier bis fünf solehen Piuse- 
lungen, die alle 2—3 Tare erfolgen, tritt meist Besserung ein. Oeftere 
Controle des Urius, sowie Verordnung von Urotropin, Helmitol oder ähn- 
lichen Präparaten ist zweekmäßie. 


.. - 


E E 


Bei gonorrhoischer Cystitis empfiehlt es sieh. die Blase mit Pro- 
targol- oder Albargin-Lösung zu füllen und nur bei chronischer Form die 
Behandlung mit dem Tlayfair zu machen. Bei Tuberculose der Blase 
wären nach dem Vorschlage Rovsings Spiilingen mit 5 procentiger 
Carbollösung angezeigt. (Caveant eonsules! Ref.) 

Weniz bekannt jst aueh eine andere Ursache des Harndranges, die 
Pericystitis oder Paraeystitis chronica. Mittels des Cystokops ließen 
sich in manchen Fällen weißlich-zelbe, streifenartire, feine Linien, sowie 
auch scharf hervortretende, sehattenwerfende Stränge und Vorsprünge 
der Blasenwand nachweisen, die besonders bei stark zefüllter Blase auf- 
traten. Sie unterschieden sich von den Trabekeln, den Muskelbiindein 
der Blase deutlich: letztere sind dicke, netzartig verzweigte Streifen von 
runder Form und rötlicher Farbe; man sieht sie am auszesprochensten 
bei Balkenblase, die allerdings bei Frauen selten ist. Solche perieysti- 
tischen Stränge konnten Verf. und Bierhoff. der in seiner Poliklinik 
avbeitete, photographiren. Durch diese Veränderungen leidet die Aus- 
dehnungsfihigkeit der Blase bilweilen in außerordentlich hohem Grade. 
— Die Therapie ist in schweren Fällen eine operative, in leichteren 
wendet man mit großem Erfolz die Blasendehnung mittels Katheters und 
Spritze an. Casper. 


Dr. Karl Ruge: Ueber die puerperale Blase und die puer- 
perale Ischurie. (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 20, 
Ergänzungsheft.) 


Verf. gelangt an der Hand von 12 Fällen eigener Beobachtung zu 
einer Bestätigung der Anschauung von Stoeckel, der an der Hand 
des großen Materials der Bonner Universitäts-Frauenklinik nachgewiesen 
hat, daß die Blase jeder Frau, die eine Geburt überstanden hat, Spuren 
eines Geburtstraumas zeigt. Verf. hat nämlich in allen seinen Fällen 
rleichfalls Schädieungen der Blasenstruetur nachzuweisen vermocht. 
Allerdings war in der überwiegenden Mehrzahl nur der leichteste Grad 
dieser Schädigung, das Oedem des Sphineter vesicae, vorhanden, was 
keine klinischen Symptome zeitizte, während die schwereren Grade die 
Ursache schmerzhaften Urinirens resp. der Harnverhaltung bei Wöchne- 
rinnen sein dürften. Die Harnverhaltung der Wöchnerinnen ist also 
die Folge der dureh die Geburt erfolgten Blasenveränderung. 

Von den Eigentümlichkeiten der puerperalen Blase, die keine patho- 
logische Bedeutung haben, ist besonders auffallend der außerordentliche 
Blutreichtum der Schleimhaut. die zahlreiche größere und kleinere, stark 
reschlängelte Arterien. vor allem aber auch prall gefüllte, blau dureh- 
sehimmernde Venen erkennen Hißt. Die letzteren treten gewöhnlich im 
eystoskopischen Bilde der normalen Blase ganz zurück und werden erst 
sichtbar, wenn die Graviditätshyperämie im kleinen Becken sieh geltend 
macht. Sie sind also der Ausdruck nieht nur eines vermehrten Blut- 


— 8 — 


affluxes, sondern auch eines etwas gehemmten Blutrückflusses, einer 
Stauung. und diese Stauung eben ist es, welche unter der Geburt so 
leicht das Schleimhautödem entstehen läßt und eine Disposition für 
größere und kleinere Blutaustritte schafft. Nur langsam klingt diese 
Hyperämie im Wochenbett ab: während der ersten Woche nach der Ge- 
burt ist sie noch außerordentlich deutlich ausgesprochen und giebt dem 
Grundton der Schleimhaut eine dunklere Färbung. Weiterhin ist ein 
außerordentlich starkes Hervortreten der Ureterwiilste und des Liga- 
mentum interureterieum bemerkenswert. Diese nachweisbare Ver- 
größerung der Ureterwülste und des Ligamentum interuretericum wäre 
nach Stoeckel als Turgecenz zu kemmzeichnen, weil offenbar keine 
wirkliche Vergrößerung und Vermehrung von Zellen, sondern eine ver- 
mehrte Vaseularisation vorbert. Erwähnenswert sind noch die Capaci- 
tätsverhältnisse der puerperalen Blase. Die zur Cystoskopie angefüllten 
Blasen der Untersuchten faßten haufig 200—300 cen, ohne daß die Be- 
treffenden iber die geringste Blasenspannung geklagt hätten. 

Besondere Beachtung verdient ein Fall des Verf.s, welcher als zu- 
fälligen Nebenbefund ein kleines Cystehen im Lumen der linken Ureter- 
mündung wahrnehmen heß. Uretereysten als Produete einer Entzündung 
des Ureters (Ureteritis eystiea) sind bekaunt. Es muß aber durchaus 
zweifelhaft gelassen werden, ob hier von einer wirklichen Entzündung 
mit Cystenbildune gesprochen werden darf. Diese Erkrankung ist an 
sich sehr selten und findet sieh vorwiegend bei älteren Personen. Meist 
tritt die Cystenbildung multipel auf, erstreckt sieh bis in’s Niereubeeken 
hinein und wird in sehr verschiedener Weise gedeutet. Verf. neigt der 
Ansicht zu, daß es sieh in seinem Falle um eine ganz locale, vereinzelte 
Uvstenbildung handelt, bei deren Entstehung Schwangerschaft oder Ge- 
burt mitgewirkt haben können. Bine vorübergehende Compression des 
 Treterostium hat vielleicht eine blasige Epithelabhebung bewirkt und so 
eine Pseudocyste entstehen lassen. Genauere Beobachtungen konnten 
infolge äußerer Umstände nicht angestellt werden. 

M. Lubowski. 


Dr. Ch. G. Cumston (Boston): Chirurgische Behandlung des 
erworbenen unwillkürlichen Harnabganges bei Frauen. 
(Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 19, H. 4.) 


Verf. besprieht die chirurgische Behandlung der Ineontinenz, nach- 
dem er die Fälle nach anatomischer Aehnlichkeit klassifieirt, die Ursache 
der Läsion ganz außer Acht lassend. In einigen Fällen ist die Harnröhre 
in ihrer ganzen Länge intact. Nach oberflichlicher Untersuchung wäre 
es schwierig zu saren, warum Jneontinenz besteht; in anderen Fällen 
dagegen ist eine mehr oder weniger vollständige Zerstörung des urethro- 
vaginalen Septums vorhanden, welches sogar auf den Blasenhals sich 
erstrecken kann. Die Behandlung wird daher verschieden sein, je nach- 


— 39 — 


dem, ob die Harnröhre vorhanden ist oder nicht. Verf. bespricht die Be- 
handlung von Fällen, in denen ein abnormer Zug auf die Harnröhre von 
einem Nachbargebilde ausgeübt wird: zweitens jene, bei welchen der 
urethrale Kanal vorhanden, aber mit einer mehr oder weniger voll- 
ständigen Zerstörung des Sphincters eomplieirt ist: drittens solche, bei 
welchen eine Zerstörung des Kanals besteht, der Sphineter aber intact 
ist; schließlich jene, bei denen Zerstörung des Kanals und des Sphincters 
gleichzeitig vorhanden ist. 

In den erstgenannten Füllen wird die Behandlung verschieden sein, 
Je nachdem der Zug von dem Uterus oder der vorfallenden Vagina oder 
von einer angeborenen Lageveränderung des Uterus oder einer Narbe an 
der vorderen Vaginalwand ausgeht. Bei Incontinenz mit angeborener 
Lageverinderung des Uterus, und zwar bei Anteflexion des Uterus zum 
Beispiel, hat man es mit einem Zug nach oben und nach hinten zu thun. 
verursacht durch den Zug der Cervix auf die Harnröhrenöffnung. 
Abnorme Verwachsungen finden sich zwisehen der Blase und dem 
Uterus. Die rationelle Behandlung besteht darin, diese Organe von den 
Adhäsionen abzulösen. Dies kann mit Erfolg geschehen, indem ein 
Quersehnitt über den vorderen Teil des Cervix geführt, die Blase von 
diesem Organ abgetrennt wird, gerade wie bei der vaginalen 
Hysterectomie. Nach vélliger Abtreunung der Blase von dem vorderen 
Teile der Cervix- wird die Wunde mit Gaze tamponirt und der Granu- 
lation überlassen. so daß ein abnormes Verhältnis zwischen den beiden 
Organen nicht mehr zu Stande kommen kann. — Falls Incontinenz nach 
Operation einer Blasenscheidenfistel beobachtet wird, muß man ver- 
suchen, die wahre Ursache der ersteren zu finden. Durch eine gründ- 
liche eystoskopische Untersuchung, durch Bestimmung der passiven 
Ausdehnungsfähigkeit der Blase kann man leicht zu einer Schlußfolgerung 
kommen, ob man es mit einer IP’seudo-Incontinenz, verursacht durch eine 
Cystitis, zu thun hat oder nieht. Mit einer Bougie à boule kann die: 
Widerstandsfähizkeit des Blasensphineters geprüft werden. Sollte diese 
Untersuchung negative Besultate ergeben. daun wird der Chirurg schwer- 
lich fehlgehen mit dem Schlusse, daß Bänder von Narbengewebe vor- 
handen sind, welche einen Zur auf die Harnröhre ausüben, in welchem 
Falle die richtige Behandlung darin bestehen würde, diese Stränge sorg- 
fältig zu durchtrennen und, falls notwendig., die Blase von der Gebär- 
mutter abzulösen. — Ist die Harnréhre intact, bet mehr oder weniger 
vollständiger Zerstörung des Sphineters, so mub vor allem der Zustand 
des letzteren und seine Widerstandsfähigkeit mit Hilfe einer Bougie 
ä boule untersucht werden. Wird bei Einführung der Bougie kein Wider- 
stand bemerkt, so kann man daraus schließen, daB ein beträchtlicher 
Verlust an Muskeltonus vorliegt. Elektrizität, verbunden mit Massage. 
local angewendet, kann bei hinreichend langer Behandlung diesen Zu- 
stand manchmal zur Besserung bringen. Wo aber jede Hoffnung auf 
Wiederherstellung der Function des Sphineters verloren ist, ist man auf 


Le. A0 == 


ein’ operatives Vorgehen angewiesen. Dieses kann entweder direct die 
Scheidenwand und Harnröhre betreffen oder nur auf die letztere sich 
richten. Scheint die Incontinenz durch eine mehr oder weniger voll- 
ständige Zerstörung der Harnröhre verursacht zu sein, so ist die ra- 
tionelle Indication, die Harnröhre zu repariren und die Organe in ihre 
normale Lage zu bringen. Falls brauchbare Stückchen der Mucosa und 
Streifen von Gewebe noch vorhanden sind, so sollten sie zur Aufbauung 
des Kanals benutzt werden. Wenn aber, und das ist gewöhnlich der 
Fall, keine Stückchen oder aber nur zu kleine und zu dünne sieh finden. 
dann muß eine autoplastische Operation vorgenommen werden, um 
eine neue Harnröhre zu bilden. Hat der Substanzverlust weit vorn 
stattgefunden, se können die Labia minora benutzt werden; ist die Ver- 
letzung mehr nach hinten gelegen, so kann de Harnröhre aus dem vesico- 
vaginalen Septum oder einfach aus der Scheide gebildet werden. Sollte 
die ganze Urethra zerstört sein, so :ımüssen Lappen von der Vulva und 
Vagina entnommen werden. e = M. Lubowski. 

Schmitt: The position of the ‚biadder in fibroid of the 

uterus. (Med. Record, 12. VIII. 1908.) - 


Verf. bespricht die. für die’ Gyniikglogen wichtigen Blasen- 
verlagerungen bei Uterusfibromen : ‚die Blase ist dirch den Druck des 
Tumors nach unten gedrückt, oder, was häufiger geschieht, durch Ad- 
häsionen weit nach oben gezerrt, so daß V erletzungen der Blase bei der 
Exstirpation der Fibrome nicht zu.selten vorkommen. Klinisch macht sich 
die Lageveränderung häufig dureh Dy surie bemerkbar. Karo. 


"2 


Prof. N. Wolkowitsch (Kiew): Eine Methode der Wieder- 
herstellung der weiblichen Harnröhre mit gleichzeîiti- 
ger Beseitigung einer Blasen- -Schejdenfistel. (Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynakol., Bd. 20, H. Dot 


Der Fall, in welchem Verf. seine Vë anwandte, wies die 
Besonderheit auf, daß neben einer Blasen-Schetdenfistel im Gebiet des 
Sphineters eine narbige Verödung der Harnröhre bestand. Die Fistel 
war so groß, daß sie eine Fingerkuppe eindringen ließ, ihre Ränder 
waren narbig. und die Blasenschleimhaut drängte sich in das Lumen der 
Scheide vor. Die Scheide ist durch Narben der hinteren Wand verengt. 
Die äußeren Geschlechtsteile sind durch den beständig abfließenden Harn 
stark gereizt. Die Fistel ist infolge einer schweren (ersten) Geburt vor 
rei Monaten entstanden. 

Die Operation begann mit einem verticalen Medianschnitt über der 
Symphyse, durch den, soweit es von hier aus" möglich war, der dem 
Blasenhalse anliegende Teil mit stumpfem Vorgehen losgelöst wurde. Zum 
Schluß dieses Teiles der Operation wurde, zum Zweck der Ableitung des 
Harns nach der Operation, etwas höher als es für gewöhnlich geschieht, 


— 4l — 


eine Oeffnung in der Blasenwand angelegt, die genügend groß war, um 
ein dünnes Drainrohr passiren zu lassen. Hierauf wurde die Operation 
von der Scheide aus fortgesetzt, und zwar folgendermaßen: '/:—'/s em 
vom oberen Fistelrande entfernt, wurde in der Mittellinie nach oben hin 
ein Längsschnitt durch die Schleimhaut der Scheide geführt, der weiter 
nach unten hin in zweı seitliche Schnitte überging, welche in derselben 
soeben angeführten Entfernung vom Fistelrande die Fistel umschlossen. 
Der Zweck dieser Schnitte bestand darin, nach Ablösung der Scheiden- 
schleimhaut von unten her die Loslösung der Blase zu vervollständigen. 
Andererseits wurde den Sehnitten die erwähnte Richtung gegeben, um 
den Schleimhautstreifen, zwischen den Schnitten und den Fistelrändern, 
zur Verlängerung der BJasenschleimhaut zu verwenden. Die Blase blieb 
mit der obliterirten Harnröbre vorn nur mit einer kleinen Brücke ver- 
bunden, die durehtrenit:wurde. Hierauf wurde die Bildung des Kanals 
selbst in Angriff genommen, und zwar derart, daß an derjenigen Stelle, 
wo sich normaler We#e die Harnröhrenöffnung befindet, ein kleiner 
Querschnitt angelegt wurde, von «dem -aus-teils mit der spitzen Branche 
der Schere, teils mit der .Kornzange dicht utiter der Symphyse ein Kanal 
von der Dicke eines dicken Katheters gebohrt. wurde, der in das Blasen- 
lumen führte. Durch diesen Kanal fithtte Verf. eine Kornzange, mit der 
er die Ränder des losgelösten Biasenteiles erfaßte (von der Fistel aus 
gerechnet, war dieses der dem. oberen Fistelrande entsprechende Teil) 
und dieselben durch den Kanal’ bis: zur äußeren Oeffnung hindurch- 
zuziehen versuchte, wo sie durch Nähte fixirt werden sollten. Da nun 
aber die Ränder hierhei einrissen, - wurden an vier entgegengesetzten 
Stellen Seidenfäden durch die Ränder gezogen, die durech das Lumen des 
Kanals geleitet und mit deren Hilfe die Ränder hervorgezogen wurden. 
Diese Fäden dienten aach zur Befestigung der hervorgezogenen Ränder 
an der äuBeren Oeffnung des Kanals. Wahrend vorn das Hervorziehen 
der Ränder vollständig gelang, kam hinten der Rand infolge Dureh- 
sehneidens des Fadens; dank starker Spannung, nicht wie es nötig war 
bis zur äußeren Oeffnung des Kanals. An dieser Stelle blieb der Rand, 
der zugleich den oberen.Kistelrand darstellte, gleichsam auf halbem Wege 
stecken. wobei er jedoch im Kanal verschwand. Da nun hier ein kleiner 
Längsspalt zurückblieb, wurde letzterer sicherheitshalber durch eine ver- 
senkte Seidennaht geschlossen und «dann darüber die Schnittränder der 
Scheidenschleimhaut vereinigt. In den neuzebildeten Kanal wurde ein 
dünner Gummikatheter A demeure eingeführt, um noch sicherer den 
Harn abzuleiten. 

Der Katheter blieb ungefähr einen Monat lang hegen und wurde nur 
zu Reinigungszwecken gewechselt. Das Drainrohr in der Blasenwunde 
über der Symphyse beb ungefähr ebenso lange liegen. Nach Ent- 
fernung des letzteren entleerte sich ein Teil des Harns dyreh die an 
dieser Stelle noch einige Zeit offenbleibende Fistelöffnung. Späterhin 
jedoch entleerte sich der sämtliche Harn durch den neugebildeten Kanal. 


Allmählich entwickelte sich auch die Fähigkeit den Harn zu halten. so 
daB derselbe erst nach einer Stunde und sogar noch seltener entleert 
wurde. Der Kanal zeiste keine Neigung, enger zu werden. und wenn der 
Katheter beim Einführen in der Tiefe etwas stecken blieb, ehe er in die 
Blase eindrang, so lag es daran. daß der Kanal nicht nachgiebig war. da 
er mit der Syniphyse in enzer Verbindung stand und sich deswegen nieht 
an das Instrument anpassen konnte. Von Seiten der Scheide heilte alles. 
Ja sogar an der Stelle, wo die in den Kanal hineinzezorene Schleimhaut 
stecken geblieben war. Das Gewebe blieb hier nur etwas dünner als an 
anderen Stellen. M. Lubow ski. 


Pleschkow (Moskau): Ueber einen Fall von Hysterocleisis 
vesicalis. (Wratschebnaja Gazetta 1905, No. 39.) 


Die B0jahrige Patientin wurde wegen vor sechs Wochen im An- 
schluß an den 6. Partus eingetretener Harnincontinenz in die chirurgische 
Abteilung aufgenommen. Die früheren fünf Parten haben 1—3 Tage ge- 
dauert und viribus naturae geendet. Das Puerperium war stets normal, 
bis auf den 3. Partus., der drei Tage zedauert hatte, und nach dem die 
Patientin sechs Wochen bettlägerig war. Beim letzten Partus mußte die 
Perforation ausgeführt werden, denn der Kopf hatte sich samt dem vor- 
gefallenen Arm eingestellte Am Tage nach der Geburt begann der ganze 
Harn unwillkürlich dureh die Vagina abzugehen. 

Status praesens: Die Patientin ist von mittlerer Statur und 





ebensolehem Ernährungszustand.  Beeckeudimensionen: Dist. sp. 25. 
crist. 27, intertroch. 32, conj. ext. 16. Innere Organe normal. 


Vagina von umgekehrter koniseher Form. Fornices überhaupt nicht vor- 
handen. An der Spitze des Conus befindet sich eine Oeffhung, welche 
quer gelagert ist und zwei Finger frei passiren läßt. Seine Form ist 
eine unregelmäßiz halbmondformige. Der linke Winkel ist auBerordent- 
lich stark nach oben gehoben. Aus der Ocffnung stülpt sich in Form 
eines Pilzes die Schleimhaut der hinteren Blasenwand hervor. Nur nach 
Hochhebung der letzteren mit der Branche des Spiegels kann man unter 
der Oeffnunz rechts hinten eine kleine papillenformige Prominenz in 
Form einer gleichseitigen dreieckiren Pyramide und nach innen zu von 
dieser Prominenz eine kleine runde Oeffnung sehen, die in die Uterus- 
höhle führt. Der Gebärmutterhals fehlt vollständie, und die papillen- 
artige Prominenz ist nur ein geringer Veberrest desselben. Wenn man 
an demselben mit der Muzeunx` sehen Zange zieht, steigt der Uterus- 
körper nicht nach unten. da er nur mit der Vaginalwand im Zusammen- 
hang steht; von den anderen Seiten ist die Oeffnung der Gebärmutter- 
höhle von den vernarbten Rändern ihrer Wandungen umgeben, die nach 
unten zu fast unmerklich in die Schleimhaut der hinteren Scheiden- 
wand übergehen: oberhalb der Gebärmutteröfuung beginnt in einer Ent- 
fernung von nicht über "= em von derselben die Blasenschleimhaut. Der 


me CAG u 


rechte Winkel der Fisteloffnung umfaBt ven der Seite den Ueberrest des 
Gebärmutterhalses, der linke ist stark nach oben zu hochgehobeu, so daß 
hier der äußere untere Rand der Fistel von der Schleimhaut der linken 
Seitenwand der Scheide gebildet wird. Die Länge der zurück gebliebenen 
Giebärmutterhöhle beträgt 4—5 em. Die Schleimhaut der Blase und der 
Scheide ist stark hyperämirt und an vielen Stellen mit Harninerusta- 
tionen bedeckt. Der Harn wird bei verticaler Lage der Patientin in der 
Blase eine gewisse Zeit zurückgehalten, bei Jeder anderen Lage fhieBt 
er Jedoch ununterbrochen, was dureh die außerordentlich hohe Lage der 
Fistel im der Scheide sieh erklären läßt. 

Erste Operation. n Chloroformnarkose wurde der Rand der 
Fistel, der Rest des Collum, sowie der Rand der hinteren Gebärmutter- 
wand angefrischt, wobei ein angefrisehter Rinz in Form eines quer- 
liegenden, 2 em breiten Ovals entstand. Es wurden vier tiefe Silber- 
nähte., die die Blasensehleimhaut nieht mitfaßten, und 5—6 oberllächliche 
Seideundhte anvelegt. Das Resultat der Operation war ein trostloses: 
Bereits am folgenden Tage begann der Harn wieder durch die Scheide 
abzuzehen, die Temperatur stieg bis 39,2, und links konnte unterhalb des 
Ligamentum Poupartii ein schmerzhaftes Infiltrat nachgewiesen werden. 
welches auf Parametritis hinwies. — Nach ea. sechs Wochen zweite 
Operation. Laparotomia externa. Eröffnung eines großen Abseesses, der 
tief in der linken Fossa iliaca lag. Entleerung übelriechenden Eiters mit 
ammoniakalischem Geruch. Drainage. Nach der Operation sank die 
Temperatur bis zur Norm. Nach acht Tagen wurde das Drain entfernt. 
Die Wunde vernarbte rasch. Die Erscheinungen von acuter katar- 
rhalischer Vaginitis und Cystitis blieben lange bestehen. Es wurden täglich 
Spülungen der Blase mittels warmer Borsänrelösung. sowie Scheiden- 
spiilungen mit Sublimatlösung zweimal tärlıch und außerdem einen Tax 
um den anderen ein Wannenbad von 30.0 R. verordnet. Erst 17/: Monate 
nach dem ersten Versuch, die Fistel zu schließen, stellte es sich heraus, 
daß dieser Versuch doch nieht fruchtlos geblieben ist, da es sich ergab, 
daB die lateralen Teile der früheren Fistelöffnung zusammengewachsen 
siud, und daß nur im mittleren Teile derselben in einer Ausdehuung von 
weniger als 2 em eine Verwachsung nicht eingetreten ist; hier ist aber 
der Vaginalrand der Fistelöffnung in gewisser Ausdehnung nekrotisen 
geworden, und so hat die Fistel die Form eines Dreiecks mit der Basis 
an der hinteren Vaginalwand und der Spitze etwas links von der Mittel- 
linie erhalten. Im unteren Teil dieses Dreiecks sah man die Oeffnung 
der Gebärmutterhöhle, während in die Blase bereits nicht einmal ein 
Finger eingeführt werden konnte. Nach weiteren 1/: Monaten dritte 
Operation: Um die Fistelöffnung herum wurde ein etwas weniger als 
2 em breiter Anfrischungsring angelegt. Der vordere Teil dieses Ringes 
wurde an den Rändern der Fistelöffnung, der hintere an der Schleimhaut 
der hinteren Vaginalwand durchgeführt. Auf diese Weise war die Ge- 
bärmutteröffnung in die Blasenhöhle eingeschlossen. Der Lage des 


Gar AE, vs 


Längsdurchmessers der Fistelöffnung entsprechend, wurden die Nähte in 
etwas schiefer Riehtung, und zwar von Jinks nach vorn. von rechts nach 
hinten angelegt. Katheter à demeure und Jodoformtampon in die 
Scheide. Am dritten Tage Entfernung des Katheters. Alle drei Stun- 
den Katheterisirung der Blase. Die Temperatur war ununterbrochen 
normal. Am achten Tage nach der Operation wurden die Nähte entfernt. 
Vollständige Verwachsung. Katheterisation alle vier Stunden. Am 
11. Tage wurde der Patientin gestattet, spontan zu uriniren. Subjectives 
Befinden vorzüglich, Schmerzen nirgends vorhanden. Die mehrere Male 
ausgeführte Untersuchung des Harns ergab in demselben keine abnormen 
Bestandteile. M. Lubowski. 


Dr. Jos. Preind|sberger, Primararat der chir. Abteilung des bosnisch- 
herzegowinischen Landesspitales zu Sarajevo: Ueber die Wahl 


der Operation bei Lithiasis. (Wiener med. Presse, 1905. 
No. 40—44.) 


Die Ansichten über die Wahl der Operation bei Lithiasis gehen nocu 
sehr auseinander. Zum Teil kat diese Differenz in den Anschauungen der 
einzelnen Chirurgen ihre Ursache darin, daß die Lithiasis in ganz un- 
gleichmäBiger Weise über den Erdball verbreitet ist und in den großen 
Centren der Wissenschaft verhältnißmäßie seltener zur Beobachtung ze- 
langt: zum größeren Teil ist ste aber nach Pls Teberzeugunz darauf 
zurückzuführen. dab eine Reihe von Momenten wie Alter. Rasse und vor 
allem die chemische Zusammensetzung des Conerementes an verschiedenen 
Orten großen Differenzen unterliegen und so die Wahl der Operation be- 
einflussen. 

Der einzig richtige Standpunkt kann nur der sein, aus allen Opera- 
tionsmethoden im Einzelfalle die-riehtiee Wahl zu treffen und nach 
strieten Indieationen zu operiren. Es ist eewiB ein einseitiger Stand- 
punkt, wenn ein Chirurg, wie Fantino in Bergamo in Jüngster Zeit. 
für die aussehlheBliehe Anwendung der Sectio alta eintritt. 

Verf. liefert auf Grund von 205 Fällen von Steinoperationen einen 
Beitrag zur Frage über die Wahl der Operation bei Lithiasis. 

Ditteläußerte, daß von 1090 Lithiasiskranken TO nach Jeder Methode 
operirt werden können, daB die übrigen 30 ausschließlich in den Bereich 
der Seetio alta gehören. Diese Ansieht des erfahrenen Altmeisters der 
Urologie hat mit einigen Modificationen, die Verf. ausführt, auch heute 
noch Geltung. 

Die Sectio alta kann bei Blasenstein am leichtesten in allen Fällen 
ausgefiihrt werden, ohne daß ihr dureh jugendliches Alter der Kranken, 
Größe oder Härte des Steines irzend eine Enischrinkung gesetzt wäre: 
ihre Nachteile sind die lange Dauer der Nachbehandlung, wenn der 
Wundverlauf nicht glatt ist. Bei Kindern ist sie technisch besonders 
leicht und rasch ausführbar. die Ueberwachung dep kleinen Patienten er- 


fordert Jedoch ein sehr gewissenhaftes Wartepersonal, das bei der Ver- 
stepfung des Dauerkatheters (bei kleinen Kindern aus diesem Grunde 
und wegen der meist bald eintretenden Urethritis schwer anwendbar), 
bei Störung in der Function der Blasendrainage sofort Meldung erstattet. 


Die Lithotripsie giebt die kürzeste Heilungsdauer, die leichteste Nach- 
behandlung und gestattet, die Kranken baldigst außer Bett zu bringen. 
Sie findet ihre Grenzen in der Größe, Härte, eventuell in der Zahl der 
Steine, sie verlangt eine genügende Weite der Urethra, um genügend 
große Instrumente einführen und die Evacution vornehmen zu können. 
Unangenelhime Complicationen nach der Lithotripsie sind Cystitis, Epidi- 
dymitis und Prostatitis, die sich mit Sicherheit nicht vermeiden lassen. 
aber selten ernste Consequenzen haben. 


Die von Delbeau 1863 empfohlene Lithotripsia perinealis, eine 
Methode, die von manchen englischen Chirurgen als Methode der Wahl 
angewendet wird, kann als Ausnahmsoperation Geltung behalten; sie ist 
auch bei Kindern ausführbar und kann z. B. im Verlaufe einer Lithotripsie. 
wenn ein Conerement in der Uretlira stecken bleibt, die sonst nötig 
werdende Sectio alta vermeiden lassen. Von den perinealen Methoden 
sollte nach Verfassers Ansicht nur noch die Cystotomia perinealis an- 
gewendet werden. Der anatomisch vorgezeichnete Weg, um vom Peri- 
ueum an die Prostata und die Blase zu gelangen, wurde 1888 von 
0. Zuckerkandl angegeben. Die Cystotomia perinealis ist naeh P. 
eine wertvolle Bereicherung unserer Operationsmethoden bei Lithiasis und 
speciell dann indieirt, wenn die Lithotripsie oder die Sectio ala nicht 
ausführbar ist. Die Cystotomia perinealis sollte vollständig die Sectio 
mediana und lateralis ersetzen, da diese letzteren Methoden keine Ueber- 
sieht über das Operationsterrain gestatten und stets die Urethra resp. 
den Blasenhals verletzen. 


Nachteile der Methode sind: Dig Schwierigkeit, die hintere Blasen- 
wand hei peritystitischen Verwachsungen bloBzulegen, wie P. dies einmal 
bei einem lange im Blasenhals eingekeilten Steine beobachtete; die 
Schwierigkeit, große Steine zu extrahiren, wenn man die Blasenwunde 
nicht übermäßig groß anlegen will. 


Bei der Extraction eines großen, zackigen Oxalatsteines verletzte 
Verf. einmal die bei der Bloßlegung der hinteren Blasenwand ganz intact 
gebliebene Rectalwand, was eine lange Nachbehandlung erforderte, doch 
heilte die Rectalfistel spontan. Bei Uratsteinen kann man dagegen von 
einer kleinen Blasenwunde aus den Stein zerbrechen und gewissermaßen 
eine Lithotripsia perinealis ohne Verletzung der Urethra vornehmen: 
die kleine Blasenwunde heilt dann rasch. 

Eine besondere Stellung bei den Blasensteinoperationen nimmt das 
kindliche Alter ein. 

Die Lithotripsie bietet sowohl für die Zertrümmerung, als für die 
Aspiration Schwirigkeiten: Zwischenfäile sind das häufire Steckenbleiben 


— 46 — 


von Fragmenten in der Urethra mit consecutiven ZerreiBungen uni 
Stricturbildung in derselben. 

Bei Kindern finden sich oft in der Blasenwand fest eingelagerte 
Steine; diese Complication sowie das häufige Vorkommen von harten 
Oxalaten im Kindesalter erklären manchen MiBerfoly der Lithotripsie. 

Die Lithotripsia perinealis ist leichter ausführbar, es scheint Verf. 
aber doeh nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß es später zu Strietur- 
bildung in der Pars membranacea kommen könnte. 

Verf. möchte daher bei der Wahl der Operation bei Kindern entweder 
die Sectio alta oder bei Hinweis auf die oben angeführten Indieationen «hie 
Cystotomia perinealis empfehlen. Vom fünften bis aehten Lebensjahre 
an eoneurrirt wieder die Lithotripsie mit den Schnittmethoden, wenn das 
Kaliber der Urethra die Einführung stärkerer Instrumente gestattet: die 
Weite der Urethra unterliegt zum Teil individuellen Schwankungen, zum 
Teil Verschiedenheiten bei den Angehörigen verschiedener Rassen. 

Wenn Hache neuerdings mit grobter Reserve die eomplete Blasen- 
naht nach sectio alta nur in besonders viinstigen kalen empfienlt, so 
glaubt Verf., daß seine Warnung besonders für jene Fälle gilt, wo bei der 
Nachbehandlung keine exacte Ueberwachune moglich ist; da ist gewiB 
die partielle Naht mit Blasendrainage vorzuziehen. 

Recidive nach Steinoperationen erlebt man ab und zu bei allen 
Methoden; der erfahrene Guy on weiB da keinen besseren Rat zu geben, 
als die Operation moghehst exact auszuführen, die meist bestehende 
Cystistis mit Sorgfalt zu behandeln und das diatetisehe Regime zu 
regeln. P. hat einige Recidive bei Urat- und Phosphatsteinen, nie nach 
Oxalaten beobachtet. Auch diese Erfahrungen können die Wahl der 
Operationsmethode beeintlussen; es wird die Möglichkeit der Reeidive bei 
Uraten und Phosphaten einer Operation den Vorzug geben, die leicht 
öfter au: geführt werden kann; es wird daher auch diese Indieation 
zwischen Lithotripsie und Sevtio alta zu Gunsten der ersteren in die Wag- 
sehale fallen. Kr. 


Dr. Walther Hannes: Zur infrasymphysären Blasendrainage. 
(Centralbl. f£. Gynäkol. 1905, No. It.) 


Küstner wandir die von Stoeckel angegebene infrasymphysäre 
Blasendrainaxe nach gewissen plastischen Operationen am Urogenital- 
system der Frau bei drei Fällen mit einer gewissen Modification mit 
bestem Erfolze an. Der Gang der Operation ist folgender: Die Blase 
wird mit 100 ecem Wasser angefiillt. nunmehr wird zwisehen Urethra und 
Klitoris ca. 2 em vor der Urethraléffnung, nach kleiner Ineision der 
Schleimhaut mit dem Messer, ein ea. 5—0 mm dieker Trokar in die Blase 
eingestoBen. Naeh Herauszichen des Dornes flieBt die Flüssigkeit der 
Blase ab, nach Armirung mit Gummischlauech und Befestigung mittels 
Heftptlasterstreifen an den Oberschenkel bleibt die Trokarhülse als 
Verweilkatheter liegen. Warschauer Berlin). 


ei AT — 


R. Kutner: Zur Bilharziose der Blase. (Centralbl. f. d. Krankh. 
d. Harn- und Sexualorg., Bd. XVI, H. 12.) 


Der Verf. teilt ausführiich einen genau beobachteten Fall von 
Bilharziose init, bei dem von besonderem Interesse das eystoskopische 
Blasenbild ist — (las erste, das wie Verf. sagt, am Lebenden gewonnen 
ist. „Neben glänzenden und an der Obertläche vollkommen glatten Ge- 
schwülsten sah ich solche im beginnenden Zerfall, hier m den ersten An- 
fingen, dort offenbar schon weit vorgeschritten — an der Spitze tiefe 
kraterfürmige Einziehungen.“ Die Deutung der Bilder war schwierig, da 
sie mit den bekaunten Beschreibungen, die post mortem oder bei der 
Sectio alta gewonnen waren, nicht übereinzustimmen schienen. Die Er- 
klärung für die Verschiedenheit der Befunde ergiebt sich daraus, daß die 
(ieschwulste sowohl post mortem als auch bei der Sectio alta — in 
letzterem Falle freilich nieht so erheblich — bedeutend blutärmer und fast 
gänzlich eollabirt sind. — Die Parasiten leben im Venensysteme und 
deponiren ihre Eier voizürlich in den Venenplexus des Mastdarms und der 
Blase. Diese Ablagerung ist ein Reiz für das Gewebe, welcher eine Pro- 
liferation und schlieBlich die Geschwulstbildung bewirkt. Die Geschwiilste 
haben offenbar Neigung zum Zerfall, der von innen nach außen vor sich 
geht. Hierdurch erklären sich bei der engen Verbindung mit dem Venen- 
plexus die starken Jämaturien. Die Behandlung scheint in manchen 
Fällen erfolgreich durch Copaivbalsaın geführt werden zu können, in 
andern Fällen — wie in dem mitgeteilten — versagt dieses Mittel. Hier 
nutzte auch die Sectio alta mit nachträglicher Abtragung und Cauteri- 
sirung der Geschwülste nichts. 

Was die Art der Infection anbetrifft, so kommt wahrscheinlich eine 
solche (durch Trinkwasser und eine solehe dureh Eindringen der Parasiten 
dureh die Haut beim Baden oder Waschen in Betracht. — Nach dieser 
Fichtung hätte sich die Prophylaxe zu erstrecken. | Ä 

Dr. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 
F. Matthias: Zur Resection der Harnblase wegen maligner 
Tumoren. Aus der Breslauer chir. Klinik. (Beitr. zur klin. Chir. 
Bd. 42, H. 2.) 


Im Frühjahr 1905 wurden von Prof. v. Mıkuliez zwei Fälle von 
Carcinom der Ilarnblase mit unmittelbarem Erfolge operirt. Bei der hohen 
Mortalitätsziffer bei auszedehnter Resection der Blase, besonders in den 
Fallen von gleichzeitiger Resection des Ureters, verdient die angewandte 
Operationsmethode besondere Beachtung. Es wurde in beiden Fällen unter 
ausgiebiger Eröffnung des Peritoneums in Trendelenburg'scher Lage 
öperirt— ein Verfahren, welches das Bedürfnis, dureh Trennung {temporäre 
Resection) derSymphyse das OÖperationsfeld leichter zugänglich zu machen, 
nicht aufkommen ließ. Der Schutz des allgemeinen Peritoneunis (in beiden 
Füllen bestand seit längerer Zeit Uystitis) gelang beide Male in voll- 


jo 


kommener Weise: einmal dureh die sofort ausgeführte Peritonealnaht und 
künstliche Diaphragmabildung, im zweiten Falle durch Tamponade mit 
später folgender Naht. Es hat sieh m keinem von beiden Fällen eine 
Erkrankung des Peritoneums nach der Operation eingestellt, wozu olıne 
Zweifel die ausgiebige Mikuliez-Tamponade der Wunde beitrug. Die 
Implantirung des VÜterus bot keinerlei wesentliche Schwierigkeiten. Da 
in beiden Fällen unzefähr die ganze linke Blasenhälfte entfernt werden 
mußte, bildete der Rest der Blase nach der in der Richtung von oben nach 
unten angelegten Naht einen spindelförmigen Sack, in dessen oberes 
Ende nahe der Spitze der Ureter ohne Spannung eingenäht werden konnte. 
Der Mangel jeglicher Spannung des Ureters ist seiner dauernden Fixation 
zweifellos sehr förderlich zewesen. Zu keiner Zeit wiihrend der Nach- 
behandlung lag ein Grund vor, eine Loslösung des Ureters anzunehmen. 
da es Jeder Zeit gelang. den ganzen Urin dureh den in der Blase liegenden 
Verweilkatheter abzuleiten, vorausgesetzt. daß derselbe gut durchgängig 
war und sich in der riehtizen Lage befand. Der functionelle Erfolge der 
Operation läßt kaum etwas zn wiinsehen iibrig. Im ersten Falle haben sich 
ungefähr normale Verhältnisse eingestellt: der Blasenrest hat durch 
Dehnung eine ausreichende Capacität gewonnen, es besteht Continenz., die 
vor der Operation vorhandene Cystitis ist bis auf einen von der Patientin 
nieht mehr empfundenen Rest geheilt. Auch in dem zweiten Falle war bei 
der Entlassung des Patienten auf weitere Zunahme der Capacitiit zu 
rechnen, sechs Wochen nach der Operation faßte die Blase bereits 80 cem. 
Beide Patienten entleeren den Urin spontan. Was bei den beiden Fällen 
die Aussichten auf eine dauernde Heilung betrifft, so sind dieselben nach 
Ansicht des Verf.'s allerdings zweifelhaft. Immerhin haben die, Patienten 
dureh die Operation viel gewonnen. Selbst wenn ihre Lebensdauer nur 
um 1—2 Lebensjahre verlängert werden sollte. sind ihnen doch die Be- 
schwerden genommen, und sie haben für längere Zeit die Empfindung. 
vollkommen genesen zu sein. | M. Lubowskı. 


VI. Ureter, Niere ete. 


Dr. Kurt Lichtenauer (Stettin): Zur Ureterenchirurgle. 
(Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyniikol., Bd. 19, H. 1.) 


Für die Implantation der Ureteren in die Blase wegen Ureterfisteln 
bestehen zur Zeit zwei Concurrenzverfahren, nämlich das extraperitoneale 
nach Israel-Mackenrodt und das intraperitoneale nach Krause- 
Fritsch. Letzteres hat den Vorzug, daß die intraperitoneale Naht der 
Blase um den Ureter herum eine anscheinend größere Sicherheit gewährt. 
doch muß man auf jede Sicherheifsdrainage verziehten. Das extra- 


=, sl: = 


peritoneale Verfahren, welches eime Drainage resp. Tamponade an der 
Nalıtstelle zuiäßt, scheint weniger sichere Nahtresultate zu geben, dürfte 
sich Jedoch überall da empfehlen, wo man auf größere intraperitoneale 
Verwachsungen rechnen muß und ein größerer Materialverlust am 
Ureter zu erwarten ist, da man durch das Verfahren einerseits die Ver- 
wachsungen vermeidet, andererseits durch ausgiebige Vorlagerung lateral- 
wärts und Mitbenutzung der Pars abdominalis des Treters größere 
Defeete ausgleichen kann. Eine Fixirung des Blasendivertikels ist immer 
empfehlenswert, M. Lubowski. 


K. Lichtenauer (Stettin): Sollen wir die Reimplantation des 
Ureters intra- oder extraperitoneal vornehmen? (Monats- 
schrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie, Bd. XXII, Heft 3.) 


Verf. hat vor einiger Zeit über einen Fall berichtet, bei dem er wegen 
Harnleiterscheidenfistel die extraperitoneale Implantation des Harn- 
leiters in die Blase vorgenommen hat. Stoeckel hat die Mitteilung 
des Autors einer Kritik unterzogen, die den letzteren zu der vorliegenden 
Erwiderung veranlaßt, um so mehr als er wiederum eine derartige Opera- 
tion vorzunehmen: Gelegenheit hatte. Gestiitzt auf das Urteil Israels, 
der die Vorteile der extraperitonealen Methode, besonders bei starrem 
Harnleiter und starrer Blase, wie sie bei Frauen infolze der Adnex- 
erkrankungen oft vorliegen, hervorhebt, hält Verf. seine frühere Be- 
hauptung aufrecht, daß man da, wo starre Narben und Verwachsungen 
zu vermuten sind, besser tun wird, extraperitoneal zu bleiben. und zwar 
aus dem Grunde, weil man den Ureter bei diesem Vorgehen weiter een- 
tralwärts aufsuchen: und auch revidiren kann, als bei der intraperi- 
tonealen Methode. Allerdinzs sei dieser Wer für den Gynäkologen etwas 
ungewohnt, wihrend er dem Chirurgen geläufizer sein dürfte, da er bei 
der Ligatur der Iliaca communis zur Anwendung kommt. Gerade bei den 
Ureterfisteln, wo häufiz eine Infection des Nierenbeckeus zu vermuten 
ist, dürfte die Vermeidung der Peritonealhöhle ein nicht zu unter- 
schätzender Vorzug dieser Methode sein. Andererseits giebt Verf. zu, daß 
nur eine genaue eystokopische Nachuntersuchung vollkommene Klarheit 
über die hier in Betracht kommenden Verhältnisse bringen kann. und dab 
es daher wünschenswert sein dürfte, daß derartige Controlumersuchungen 
in jedem Falle vorgenommen werden. 

Was den neuerliehen Fall betrifft, so handelt es sieh um eine 52 Jahre 
alte, sonst vollkommen gesunde Frau. die über Schmerzen im Unterleib 
klagte. Die Menses hatten seit sechs Jahren sistirt. Am Collum eine 
verdächtige Verdiekunz, die nach Probeexcision und mikroskopischer 
Untersuchung den Verdacht auf Carcinom bestitigte. Uterus wurde 
vaginal exstipirt, was ohne Schwierigkeiten anscheinend im Gesunden 
eelang. Reconvalescenz ungestört. Schou nach vier Monaten klagte die 
Patientin wieder über Schmerzen. Es wurde Recidiv festgestellt, welches 


gegen die Beckenwand noch etwas verschieblieh war.  Cystoskopische 
Untersuchung der Blase ergab normalen Befund. Ureteren beiderseits 
dureheängeie. -- Reeilivoperation.  Suprasyniphysärer  Faseienquer- 
schnitt. Bauchdeeken. mit breiten Doyen'schen Wundhaken offen gv- 
halten, geben trotz des starken Panmienlus einen leidlich guten Zugang 
zu deu Beckenoreanen. Da der Uterus fehlt. ist die Operation ziemlich 
schwierige. Es gelingt, den Careinomknoten von der Beckenwand zu 
lösen und von der Blase freizumachen, dagegen sitzt der linke Ureter der 
Gieschwulst eng auf und wird reseeirt. Das proximale Ende des Ureters 
wird sodann in der von Fritseh (Stoeckel) anzezebenen Weise iu 
die Blase implantirt. Finige Driisen werden von der seitlichen Becken- 
wand mitentfernt. Uebernihung des Wundbetts mit Peritoneum. Die 
bei der Operation breit geöffnete Scheide wird nach unten zu tampenirt. 
Schluß der Bauchwunde. In die Blase wird ein Pferdefuß-Glaskathete: 
eingelegt. Der dureh die Blase hindurchgezogene Haltefaden wird am 
Oberschenkel befestigt. Die Reconvalescenz verlief, abgesehen vou einer 
Cystitis, vollkommen ungestört. Die Bauchwunde heilte per primam. 
Casper. 


Dr. Hohmeier (Hannover): Ueber einen vaginal ausmünden- 
den überzähligen Ureter und dessen operative Be- 
handlung. (Zritschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 51, H. 3.) 


Die 15jährige Patientin leidet seit ihrer Geburt an Tneontinentia 
urinae, entleerte aber spontan reichliche Mengen Urin aus der Blase 
Nach längerer Unterschung findet sich /ı em rechts oberhalb des Ori- 
ficium externum urethrae ein Spalt von etwa 1 min Länge in der vorderen 
Vaginalwand, aus dem stoßweise Urimntropfen herauszepreßt werden. 
ca. 4 Tropfen in der Minute. Dieser Urin sowohl, wie auch der Urm über- 
haupt reagırt alkalisch. Die Sondirung dieses Spalts gelingt nur mit 
Schwieriskeit, da sieh die Sonde in einer NSchleimhautfalte zu fangen 
scheint; schließlich dringt die Sonde, init der Urethra von rechts her 
spitz convergirend, weit nach oben in's Beeken vor. Bei erneuter Unter- 
suchung fühlt man von der Scheide aus ungefähr 172 em hinter der spalt- 
formigen Oeffnunge ein knapp Iinseneroßes zackiges Conerement. Ein 
Versueh, dasselbe aus der Oeffnunz herauszudrücken, gelingt nicht. Die 
evstoskopische Untersuchung ergiebt an normaler Stelle zwei Ureteren- 
mündungen: aus beiden fließt Urin in die Blase. Es handelte sich also 
um einen überzähligen verirrten Ureter. Es wurde beschlossen. weil die 
Patientin unter dem fortwährenden Harnträufeln sehr leidet und 
dringend eine Beseitigung dieses Zustandes wünschte, den Ureter von 
der Scheide aus in die Dlase zu implantiren, und diese Operation m 
Morplnum-Chloroforinnarkose auch ausgeführt. Durch eine tiefe Damm- 
incision wird zunächst das enge Operationsgebiet zugängig gemacht. 
In den vaginalen Ureter wird eine Sonde eingeführt und die äußere 


Wa 
pa 


Miüudunr circulir uirschnitten, so daß noch ein Schleimhautsaun: 
sitzen bleibt. Die Scheidenwand wird zu beiden Seiten des Spalte, 
lappenformig abpräparirt und der Ureter, der keine Erweiterung zeigt, 
3—4 em weit aus der Umeebung freigemacht: das untere, noch mit 
Scheidenschleimhaut begrenzte Ende wird abgeschnitten und der Ureter 
etwa /z em weit gespalten. In die Blase wird eine mit einem Catgut- 
faden armirte Oehrsonde eingeführt und, nachdem diese, um die normale 
Üreterenmündung zu schonen, stark seitlich geführt ist, die dureh den 
Sondenknopf vorgedringte Blase im Bereich der Vaginalwunde eröffnet. 
Der Faden der Oehrsonde wird in der Wand des Ureters befestigt und 
dieser nun etwa 1 cm weit in die Blase hineingezoren und mit drei 
Catzrutnähten an der Blasenwand fixirt. Um den Ureter in seiner Stel- 
lung zu halten. wird der durch seine Wand gelegte Faden durch die 
Harnrohre nach außen geführt und an der Haut des Oberschenkel be- 
festirt. Eine Knickung des Ureters war nicht zu bemerken. Sodann 
wird die Blasenwunde vollständig geschlossen und hierüber der Scheiden- 
wandlappen vernäht. In die Blase wird ein Dauerkatheter eingelegt, den 
zwel Seidenligaturen am Orificium externum urethrae befestigen. Naht 
des Dammes. — Am folgenden Tage liegt Patientin trocken. Die Tem- 
peratur ist Abends auf 38,7 gestiegen, dabei sjnd Sehmerzen in der 
rechten Nierengegend aufgetreten. Nur am ersten Tage ist der aus der 
Blase abgeleitete Urin blutig. Nach drei Tagen ist Patientin beschwerde- 
frei, die Temperatur normal. Am fünften Tage post operationem wird 
wegen des stark getrübten Urins eine Blasenspülung gemacht. Am 
siebenten Tage fällt der Dauerkatheter heraus, Patientin läßt spontan fast 
klaren Urin. der schwach sauer reagırt. Am zehnten Tage werden die 
Scheidennähte heraussenommen:s der den Ureter haltende Faden hat in- 
zwischen innen durehgeschnitten und wird nun ebenfalls entferut. Am 
14. Tage post operationem wird Patieutin geheilt entlassen. 
M. Lubowski. 


Clement Dukes: The albuminuria of adolescents. (The British 
Med. Journ., 7. X. 1905.) 


Verf. schlägt für die als phystolozische, eystische, orthotische, inter- 
mittirende oder latente Albuminurie bekannte Anomalie den Namen 
Pubertätsalbuminurie vor: er besprieht auf Grund 30jäihriger, ausgedehnter 
Erfahrung eingehend diese Störung, der er in der überaus großen Mehr- 
zahl der Fälle eine ernstere Bedeutung abspricht. Systematische Unter- 
suchungen haben ihn gelehrt, daß mit Ueberwindung der Pubertät die 
Albuminurie wieder verschwindet: es ist falsch, die Kinder nur wegen 
dieser Anomalie der Schule und gewohnten körperhehen Uebung zu ent- 
ziehen, um so mehr, als diese Albuminurie fast mie Beschwerden ver- 
ursacht. In Bettlage versehwindet die Albuminurie, auch bei reichlicher 
Fleischnahrung., tritt aber bei verticaler Stellung wieder ein. 


Klinisch unterscheidet D. drei Gruppen: die erste, bei weitem 
häufigste umfaßt Kinder mit vermehrtem arteriellen Blutdruck, bedingt durelı 
erhöhte Reizbarkeit der vasomotorischen Nerven, freilich ist der Blut- 
druck so schwankend, daß er von Stunde zu Stunde wechseln kann: die 
Ursache der erhöhten Arterienspannung findet D. in übermäßiger Fleisch- 
nahrung bei unzureichender Muskelthätigkeit; die zweite Gruppe betrifft 
Kinder, deren Aussehen ein weniz pastös ist, deren Glieder meist kühl, 
deren Puls weich und leicht unterdrückbar: die dritte Gruppe umfaßt 
Kinder mit überempfindlichem Nervensystem. bedingt dureh mangelhaften 
Schlaf. Eine richtige, anatomisch nachweisbare Nierenstörung trat in 
keinem Falle ein. Karo. 


Dr. S. Sachs (Wien): Nephritis und Albuminurie bei Infec- 
tions-Krankheiten des Kindesalters.. (Halbmonatsschrift 
f. Frauen- u. Kinderkrankh. 1905, Jahrg. II, No. 18.) 


Eine wirkliche Nephritis (Gim Sinne der pathologischen Anatomie) 
kommt außer bei Scharlach, selten bei Diphtherie, noch viel seltener bei 
Maseru, kaum je bei Rubeolen, Varicellen und Variola vor. 

Hinsichtlich des Zeitpunktes gilt es fast als Axiom, daB die Scharlach- 
nephritis, wenn überhaupt, so in der dritten Woche auftritt. Weniger 
bekannt sind zwei andere Termine, an welehen die Niere bei dieser Er- 
krankung auch ziemlich häufig durch EiweiBausscheidung eine Störung 
erkennen läßt. Eine dieser Zeiten ist die Florition und der Beginn der 
Schuppung. minder häufig, aber immerhin in erkleeklieher Anzahl, finden 
wir nach Verf. Albumen Ende der vierten. Anfang der fünften Krankheits- 
woche. Diese Albuminurien unterscheiden sieh von allem durch das 
Fehlen der für die Nephritis charakteristischen morphologischen Elemente 
von der echten Nephritis, die Eiweißausseheidung ist gemeinhin gering 
und geht auch spontan zurück. 

Die Deutung der ersten Albuminurie als toxischer ist leieht, für die 
zweite ist Verf. keine plausible Erklärung bekannt. Kinder, die zur Zeit 
der Albuminurie im Stadium der Flerition zur Nekropsie gelangen, zeigen 
in ihren Nieren die Zeichen einer parenchymatosen Degeneration, nie die 
Zeichen einer aeuten Nephritis. 

Die echte Scharlachnephritis tritt dagezen gewöhnlich am 14. bis 
16. Krankheitstage auf, ein Jäher Temperaturanstier, oft unter Schüttel- 
frost, nacht uns darauf aufmerksam, daneben kommt es auch zu schweren 
Erscheinunwen seitens des Darmtractes, Diarrhoe. starkem Meteorismus 
Der Morgens noch eiweißfreie Haru enthalt unmittelbar nach dem 
Schüttelfrost bereits viel Albumen. Blut und Cylinder. Doch nicht 
immer kiindigt sich die Nephritis mit so schweren Symptomen an, manch- 
mal schwindet blos der Appetit. das Kind ist sehlafsüehtie, oder es hat 
ein leichtes Oedem der Augenlider, zuweilen fehlen auch diese Anhalts- 
punkte und die Nephritis ist dennoch, soweit es das Harnbild zu beurteilen 
zestattet. schwer. 


ee i — 


Ebenso wie sich die Epidemien in Bezug auf die Zahl der auftretenden 
Nephritiden verschieden verhalten, ebenso wechselt der Verlaufstypus 
der Nephritis. . 

Milchdiät ist zwar zweckentsprechend, aber nach Verf.'s Erfahrung 
kein Prophylacticum gegen Nephritis. 

Auch bezüglich des Diuretins, das mehrfach prophylaktiseh gegen dic 
Nephritis empfohlen wurde, hebt Verf. hervor, daB nur der Genius epide- 
mieus für die Zahl der Nierenerkrankungen entscheidend ist. Die Form 
der Nephritis, ob hämorrhagisch oder nieht, läßt sich ebenso wenig pro- 
enostisch verwerten, als die Höhe der Eiweißausscheidung. Man sieht 
tötliehe Urämie bei sehr geringer Eiweißausseheidung, und in Fällen mit 
hohem Albumengehalt oft gar keine subjectiven Symptome auftreten, Ja, 
nicht selten verschwindet ein starker Eiweißzehalt in wenigen Tagen. 

Die Krankheit, bei der wir noch in nennenwerter Menge Nephritiden 
finden, ist die Diphtherie. Jläufizer als echte Nephritis stellen sich auch 
hier febrile und namentlich exquisit toxische Albuminurien ein. Die acute 
Nephritis bei Diphtherie ist gewöhnlich nieht hämorrhagisch. Jedenfalls 
kann man sagen, daB die Nephritis nur bei sehr schweren Fällen auftritt. 


Kr. 


Ruffer and Calvocoressi: On a hitherto undescribed change 
in the urine of patients suffering from nephritis. (The 
British Med. Journ., 25. XI. 1905.) 


Die beiden Autoren, die bereits früher gefunden hatten, daß man durch 
Einspritzen von Menschenharn ın Ratten ein hämolytisches Ferment er- 
zeugen kann, haben ın einer neuen Versuchsreihe herausgefunden, daß der 
liarn von Patienten, die an ehronischer oder Diphtherie-Nephritis leiden, 
sich von dem Harn gesunder Menschen dadureh unterscheidet, daB Ein- 
spritzung von Nephritisharn in der Regel kein hiimolytisehes Ferment er- 
zeugt; die beiden Autoren wollen durch weitere Versuche dem Wesen 
dieses Untersehiedes nachspüren. Karo. 


Dr. Offergeld: Beitrag zur Kenntnis der urämischen 
Lähmungen. (Monatsschr. TL Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 20, 
Ergänzungsheft.) 


Den Betrachtungen des Verf.s liert ein Fall zu Grunde, der zur Sec- 
tion gekommen ist, und der naeh deren Ergebnis als eine urämisehe 
hemiplegische Läühmung mit Beteiligung des motorischen Sprachcentrums 
aufgefaßt werden konnte. Es ist der einzige unter den bisher publieirten 
fünf Fällen von dureh Trämie bedinzter motorischer Aphasie, wo die 
Sprachstörung bestehen blieb, offenbar weil die Allgemeinsehädigung 
les Körpers eine so eingreifende war, daß das Coma in den Tod über- 
ging. Die apopleetischen Symptome dureh eine Embolie der endocardi- 
tischen Auflagerungen erklären zu wollen, dürfte etwas Gekünsteltes an 


—— 


sich haben, denn es ist wohl zu bedenken. führt Verf. aus, daß keiner 
der publieirten Fälle so einzehend beobachtet und untersucht ist und von 
keiner Seite ein Einwand gegen seine uriimische Natur, selbst bei be- 
stehender Endocarditis, erhoben wurde. 

. Die Trennung der Anurie und Urämie eharakterisirend, hebt Verf. 
hervor, daß bei ersterer ein ziemlich eintöniges Krankheitsbild besteht: 
fibrilliire Zuekungen, große körperliche Schwäche, intaectes Sensorium, so 
daß die Kranken noch geistig thätie sein können; sie sterben unter Zu- 
nahme des körperlichen Zerfalls ohne stürmische Erscheinungen. Dem- 
gegenüber steht das wechselvolle Bild der Urämie: Krämpfe, Lähmungen. 
maniakalische Anfälle.  Amaurose,  gastrointestinale Beschwerden. 
Coma, oft plötzlicher Tod: alle Symptome zeigen gewisse Remissionen, 
selten tritt der Tod im ersten Anfalle ein. Diese Gegeniiberstellung sagt 
schon zur Genüge, daB Urämie und Auurie zwei verschiedene Er- 
krankungen sind, daß erstere nur teilweise durch eine Retention von 
Harn bedingt sein kann. Ehe man über genaue Krankenbeobachtungen 
verfügte, beschuldigte man für den Ausbruch der Urämie die ver- 
schiedensten im Harn vorkommenden Stoffe, zunächst den Harnstoff, aber 
schon das Experiment widerlegte die Vermutung. Das Gleiche eilt für 
die anderen stickstoffhaltigen Substanzen: Harnsäure, Hippursäure, 
Leucin, Thyrosin, Creatin, Creatinin: letztere haben sicher mit der 
Urämie nichts zu thun, weil ihr Gehalt im Blute Urämischer nur 2 pro Mille 
beträgt, während experimentell eine Uebertlutung des Blutes bis zu 
R pCt. ertragen wird, und weil sie nur Krämpfe erzeugen, wenn man sie 
auf die motorische Rindenregioen ausstreut. Auch keine Fermente sind 
die Ursache für den Ausbruch der Urämie, da die quantitative Chemie 
keine Vermehrung der Ammneniumverbindungen gefunden hat. Für die 
besondere Schätdlichkeit der anorganischen Substanzen fehlt der Beweis: 
ihr Verhalten ist. wie die Krvoskopie lehrt, ein sehr wechselndes, und 
irgend eine Gesetzmäßirkeit zwischen ihren Werten und einem urämi- 
schen Anfall besteht nicht. Daß auch nieht rein physikalische Vorgänge 
der Osmose aussehlaggzebend sind, beweist die wechselnde Erniedrirung 
des Blut-Gefrierpunktes, und alle Methoden der funetionellen Nieren- 
prüfung brachten den Beweis, dab der Ausbruch der Urämie unab- 
hiingig vom jeweiligen Zustand des Nierentilters erfolgt. Exactere Beob- 
achtungen legten die Vermutung nahe. daß das Wesen der Urämie in 
einer Störung des titermediiren Stoffwechsels liege, indem die Producte 
des normalen Zellenlebens in den patholosischen Rahmen träten. Aber 
auch diese Annahme fand keine Bestätigung. Nach allen diesen Mib- 
erfolgen hat die moderne Forschung ganz andere Wege eingeschlagen. 
Da alles darauf hinwies, daB man es hier mit Stoffen zu thun hat, welehe 
in enormer Verdünnung sehon ihre Wirksamkeit entfalten und als 
albuminoide Körper den Gefrierpunkt unbeeinfluBt lassen, und man als 
Analoga die Wirkung der Auszüge aus Pankreas, Thyreoidea und Neben- 
niere, die nicht refleetorisch, sondern chemisch dureh innere Secretion 


Sei, E, = 


wirken. kennen gelernt hatte, suehte man nach diesen Extractstoffen der 
Niere. Man sehritt zur doppelseitizen Exstirpation und fand zunächst die 
Thatsache, daB diese unendlich viel besser ertragen wird, wenn man dem 
Tiere gesunden Xierenbrei einverleibt; dann zeigte die physiologische 
Chemie. daß es im Blute der Nieren wenig Fiweißkörper giebt, welche 
den Blutdruck erhöhen. Diese ‘Fhatsachen führten zur Kenntnis der 
doppelten Funetion der Niere, der inneren und äußeren Seeretion.  Ita- 
henische und französische Forscher haben in Jüngster Zeit durch directe 
Versuche bewiesen, daB der krankhafte Abbau und die gesteigerte 
KResorptionstähigkeit des beschädigten Nierengewebes specifisch giftige 
EiweiBkôrper — Nephrolysine entstehen lassen, die im Stande sind, in 
den Parenchymzellen von Leber, Milz und Niere fettige Degeneration 
hervorzurufen: die gleichen Körper entstehen bei intraperitonealer oder 
subeutaner Einverleibung von Nierengewebe.  Nephrolysine, in etwa 
12 cem Serum gesunden Ilunden beigebracht, rufen bei ihnen in kurzer 
Zeit eine Albuminurie mit Cylinder-Ausscheidung hervor, die ihren 
Grund in einer histologiseh nachweishbaren Nephritis hat; subdural bei- 
vebracht, bewirken sie den Tod des Tieres unter Krämpfen, während 
normales Serum ohne Einwirkung bleibt. Diese Eiweißkörper sind ein 
Gift für den gesamten Organismus: Nephrolysine, irgend einem Organ- 
brei zugesetzt, bilden XNiedersehläge, welche am stärksten bei Zusatz 
von Nierenbrei sind: sie ähneln also den Toxinen der Bacterien, kurz die 
Nephrolysine doeumentiren sieh als ein allgemeines Gift. Sehr inter- 
essant ist es, daß man bei einer künstlich erzeugten Nephritis im Tier- 
körper die gleichen Fiweißkörper wie bei Kinverleibung -von Nieren- 
rewebe — Autonephrolssine — gefunden hat; überstehen Tiere den Ein- 
griff, ohne der Nephritis zu erliegen, so bilden sieh in ihren Zellen Anti- 
körper, die, gleichzeitig mit Nephrolysinen injicirt, bei den Versuchstieren 
die Erkrankung hintanzuhalten oder wesentlich abschwächen, so daß die 
Erscheinungen in viel kürzerer Zeit und viel milder abklingen. 

Es ist also ziemlieh sichergestellt. daß man in der Nierenpathologie 
mit der Entstehung und Wirkung speeifisch giftiger Eiweidkröper zu 
rechnen hat. welehe die im Verlauf einer Nephritis auftretende all- 
vemeine Giftwirkung besitzen, und die zumindest ein Glied in der Kette 
der Schädlichkeiten darstellen. die den Allzemeinstörungen bei Nephritis, 
der Urämie zu Grunde liegen. Dann hätte man die Ursache für die Urämie 
vielleicht in der Retention von Harn zu suchen, sicher in der Bildung von 
dem gesunden Organismus fremden Eiweißkörpern, die bei Nephritikern 
durch Zerfall des Nierengewebes sich infolge eines abnorm angeregten 
Stoffwechsels bilden. Diese Erkenntnis läßt auch die Ohnmacht der in- 
ternen Therapie begreifen, aber auch hoffen, daß eine neue Aera in der 
Behandlung der Urämie anbrechen wird, indem man dem schwer be- 
drohten Organismus dureh die Einverleibung der Antikörper helfen wird. 


NM Lubowskı. 


— bé — 


Dr. Conr. Schindler: Zur Frage der paroxysmalen Hämöo- 
globinurie. (Ther. Monatsh. 1905, No. 10.) 


Camus sieht die Quelle des in dea Harn itibergehenden Hamoglobins 
in den Muskeln. Nicht die direete Einwirkung niedriger Temperaturen 
ist es, was den Muskel in seinem Gefiige schädtet,. und seinen Farbstofl 
in’s Blut übertreteu läßt, sondern die von der Hautobertläche aus 
reflectorisch ausgeléste heftico und die Muskelfaser erschopfende Zitter- 
bewegung beim persenlich zur Häimoglobinurie veranlagten Individuum. 
Die Kaltehamoglobinurie gehört sonach mit den Hiimoglobinurien nach 
übermäßiger Anstrengung grundsätzlich zusammen. 

Warschauer (Berlin). 


Dr. Karl Mitterer, Secundararzt am städt. Krankenhause in Graz: 
Ueber das neue Diureticum ..Theocin’. (Wiener medicin. 
Presse 1905, No. 45.) 


Das Theocin wurde vom Verf. seit mehr als 30 Jahren in einer Anzahl 
von 50—60 Fällen mit fast durchgehend außerordentlich günstigen 
Ergebnisse angewandt. Es wurde in Pulver- und Tablettenform gegeben. 
und zwar in der Art, daß innerhalb der ersten 12—4 Stunden drei Pulver 
je 0,20 bzw. Tabletten zu 0.25 in möglichst gleichmäßigen Zwischen- 
räumen verabfolgt wurden. Die Harumenge stier gewöhnlich schon am 
ersten Tage ganz beträchtlich an, erreichte ihren Höhepunkt, mit Aus- 
nahme eines Falles, am zweiten Tage, um noch am dritten sichtbar zu 
sein und dann auf die frühere Menge zu sinken. Ueble Nebenwirkungen 
wurden in der Regel nieht beobachtet, in einigen vereinzelten Fällen 
traten Schwindel. Kopfschmerzen, Uebelkeit und Erbrechen auf. in drei 
Fällen stellten sich leichte Aufregungszustände mit Delirien ein, in einigen 
Fällen, wo überhaupt jede Medication versagte, trat mit dieser 
Erbrechen ein. 

Als Indication für die Darreichung von Theocin zelten Oedeme im 
Gefolge von Herz- und Nierenerkrankungen. Bei Ascites aus anderer 
Ursache wid Pleuritis exsudativa erzielte Theoein keinen wesentlichen 
Erfolg. Es wurde aueh bei ehronischer Nephritis mit ebendemselben 
guten Erfolge angewandt, wie bei Herzfehlern, Herzerweiterungen und 
Herzmuskelentartungen. Als besonders empfehlenswert stellte sich 
namentlich bei Herzineompensation eine Voraussehiekung von Infus. fol. 
digit. heraus. Kr. 


Dr. Th. Homburger: Ueber das zur Zelt am besten wirkende 
Diureticum. (Ther. Monatsh. 1905, No. 9.) 


Homburger stimmt nieht in den begeisterten Hymnus derjenigen 
ein, die im Theophyllin das beste derzeitige Diureticum sehen. er will 
Herzschädigungen (?) beobarhtet haben und Marenbeschwerden — Er- 
Erbrechen (übrigens von anderer Seite sehr oft beschrieben. Ref.). 

Warschauer (Berlin). 


E 


Ejnar Nyrop (Kopenhagen): Erysipelas contra Nephritis. 
(Centralbl. f. innere Med. 1904, No. 15.) 


Verf. beschreibt zwei Fälle, von denen im ersten., von Langballe 
beobachteten, anscheinend! vollständige Heilunz einer chronisehen 
Nephritis nach dem Auftreten von Erysipel eintrat. In dem zweiten, vom 
Verf. selbst beobachteten Falle stellte sich zwar keine Heilung ein, aber 
es zeigte sich doch eine auffällige Reaction von Seiten der Nieren im Shine 
einer Heilung. Später ist allerdings eine Steigerung des Gehalts an Eiweiß 
wieder eingetreten, aber In großen und ganzen hieß sich doch eine be- 
deutende Herabsetzung des Gehalts an geformten Elementen im Urin m 
Verbindung mit einer erheblichen Besserung des Allgemeinbefindens naeh- 
weisen. M. Lubowski. 


Dr. Tatsujiro Sato, Tokio (Japan): Ueber einen Fall von 
cystischer Degeneration der Niere aus Pyelonephritis. 
(Wiener klin. Wochenschr. 1905, No. 10.) 


Wenn im Operationsfelde eine eystisch degenerirte Niere zum Vor- 
schein kommt, drängt die Frage zur sofortigen Entscheidung, ob dieselbe 
zu exstipiren ist oder nieht. Da die angeborene Cystenniere fast immei 
doppelseitig ist. muB bet Constatiruny einer solehen die Exstirpation 
naturzemäß unterlassen werden. Bei vorhandener Eiterung ist es aber 
bei Erwachsenen äußerst schwierig zu constatiren, ob eine angeborene 
vereiterte Uystenmiere vorliezt oder ob sich auf dem Boden eines 
chronischen Mntztindunesprocesses seeumdär eine polyeystische 
Deveneration der Mere ausgebildet hat. Das Fehlen von Entzündungs- 
erscheinungen aller Art wird von vornherein den Verdacht auf eine 
congenitale Uystenniere erwecken, während ein unter  stürmischen 
klinischen Erscheinungen verlaufender hochgradiger einseitiger Ent- 
zundunesproceB eine erworbene  eystische Degeneration  möglieh 
erscheinen läßt. 

Wie schwierie diese Differentialdiagnose ist, beweist ein von N. 
operirter Fall, bei dem die exstirpirte Niere von einigen pathologischen 
Anotomen, allerdines bei makroskopischer Untersuchung, als typische 
econeenttale  Cystenniere angesprochen und die Berechtigung der 
Operation in Abrede gestellt wurde, während Professor Paltauf in 
Wien die Ansicht aussprach. daB es sieh mit der größten Wahrschein- 
lichkeit um eine evatische Nierendegeneration handelt, die einem chro- 
nischen. pyrelonephritischen Entstehunesproce® ihre Entstehung verdankt. 
Für diese Anschauung sprach das Aussehen und die Verteilung derCUysten; 
Kie standauch in lebereinstmmir mit den anamnestischen Daten und dem 
Umstand, daß keine Vergrößerunz der anderen Niere nachzuweisen war, 
während doch die idiopathisehe Cystendegeneration zu beträchtlicher 
tumorartirer Vergroberung des Organs führt und in der Regel beider- 
seitig besteht. Im vorliegenden Falle aber fand sieh eine eystisch 


degenerirte vergrößerte Niere, deren Funetionsfähigkeit auf ein Minimum 
herabgesunken war. Da trotzdem keine Erscheinungen von Nieren- 
imsuficienz aufgetreten waren, konnte geschlossen werden, daß die andere 
Niere zum mindesten hinreichend funetionsfähig sein mußte. 

Der vom Verf. operirte Fall betraf einen Jljährieen Kaufmann- Aus 
der Anamnese des Patienten erwiebt sieh, daß er vor sieben Jahren 
Gonorrhoe acquirirt hatte, die anzeblich nach drei Wochen ganz geheilt 
sein sollte und später nieht mehr behandelt wurde. Da er seither an 
periodischen Schmerzanfällen, Frostzefühl und Fieber litt, ist es sehr 
wahrscheinlich, daß die aufsteigende Gonorrhoe zu chroniseher Cystitis. 
Pyelitis und Nephritis geführt hat. 

Nach der Operation traten in den folgenden 12 Tagen noch mehrmals 
unregelmäBige Temperatursteigerungen bis 355 auf, während welcher 
die ausgeschiedene Harnmenge gegen früher deutlich anstieg. Das An- 
steigen der Harnmenge nach einseitirer Nephrectomie beruht offenbar. 
bemerkt Verf., auf dem Weefall des reflectorischen Reizes, der von dem 
EiterungsproceB der anderen Niere ausgelöst wurde. Das Ansteigen der 
(lechen Harnmenge nach Nephrectomie überhanpt wurde auch von 
anderen Autoren beobachtet. 

Die histologische Untersuchung erzab ehronische Pyelitis und Binde- 
gewebsvermehrung, besonders in der Gegend der Nierenkelehe: die 
letztere führte offenbar zur Retention und Bildung von Cysten, welche 
erst im weiteren Verlaufe die Mark- und Rindensubstanz der Niere in 
Mitleidenschaft zoe. 

Ebenso wie der histologische Befand spricht der Verlauf und die 
Dauerheilung gegen congenitale Cystenmeren. 

Zum Schluß betont Vert. daB eine dureh aufsteigende Pyelitis ent- 
standene Uystenniere unter allen Umständen eine Exstirpation indieirt, 
da in den meisten Fällen der Entzündungsproceß infolze des eompensatori- 
sehen IIypertroplieund Seeretioussteigerunz der restirenden Niere 
einseitig bleibt und daher Aussicht auf eine Dauerheilung vorhanden ist. 
Ebenso besteht bei einer mit Eiterung eombinirten Cystenniere, bei der 
die Entscheidung. ob anzeboren oder erworben, nieht zu treffen ist, welche 
aber mit hohem Fieber einhergeht und eine auszedehnte Schädirung des 
Organes bedinet, dann die Indieation zur Nephreetomie, wenn keine 
Anhaltspunkte für eine Mitbeteiligung der anderen Niere vorhanden sind. 
Ilinzegen wäre natürlich bei einer unter dem Bilde einer neoplasmatischen 
Gieschwulst afebril und chie bedenkliche Symptome verlaufenden Cysten- 
niere stets von emer Exstirpation abzusehen. Kr. 
J. Wilson Shiels u. C.C Levison: A ease of hydro-nephrosis 

of movable kidney; hematuria from torsion of pedicle: 

nephrectomie: recovery. (Calirornia State Journ. of Med, 

Nov. 1905.) 

Großer Tumor in der rechten Lendengegend, nach einem Fall ent- 
standen. Lebhafte Sehmerzen, da die Natur des Tumors nieht mit 


Sicherheit festzustellen war. Freileeunz dureh Laparotomie. Hydro- 
nephrose, anscheinend infolge von Stiellrehunge. Nephreetomie. Heilung. 
Portner (Berlin). 


Dr. B. Daniel: Congenitale Nierenanomalien und Miss- 
bildungen der weiblichen Geschlechtsorgane. Aus Dr. 
Prochownicks Privatfrauenklinik zu Hamburg. (Monatssehr. für 
Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 20. Ergänzungsheft.) 


Der Mitteilung liegen zwei Fälle zu Grunde. 

1. Die 21yährire Patientin giebt an, daß sich bei ihr seit ihrem 
14. Lebensjahre alle vier Wochen Schmerzen einstellen, die von der Hüft- 
gegend nach unten hin strahlen: memals Blutabgang, häufige während 
dieser Zeit Cebelkeit und Erbrechen. Hochzradiz bleichsüchtiges, fettes. 
hydrämisches Mädehen mit einem Himoglobingehalt von 50 pCt. Die 
Patientin bietet ausgesprochen weiblichen Habitus dar mit runden Formen 
und gut ausgebildeten Brüsten. Schamberg und große Lippen normal 
behaart. Vulva anscheinend normal. Der Hymen reicht so weit an die 
HNarnröhrenmtindung heran, daß man hier nur mit einem Sondenknopf 
durchdringen kann. Die einzeführte Sonde gelangt in einen auf höchstens 
17: em debnbaren Blindsack, von dem sieh ohne Hymenspaltung nicht 
sagen läßt, ob er nur eine Vulva oder das unterste Ende einer dann 
völlig abgeschlossenen bezw. fehlenden Vagina darstellt. Die Unter- 
suchung per rectum in tiefer Narkose zeigt, daß Scheide und Gebärmutter 
vollständig fehlen. An Stelle der linken Adnexe fühlt man ledielich ein 
Knöpfehen, kaum größer als eine Linse: von thin zieht ein feiner 
Strang nach einer Gesehwulst, welche die reehte Seite des kleinen 
Beckens ausfüllt. Sie ist gut apfeleroß, sehr hart, deutlich gelappt. Der 
untere Pol ragt rechts vom Rectum entschieden etwas ins Beckenbinde- 
gewebe hinein, eine genaue Diferenzirung von Peritonealgrenzen ist 
unmöglich, ein Douglas’seher Raum scheint vollig zu fehlen. Es 
wird angenommen, daß sieh rechts aus einen rudimentären Genitale 
Hämatosalpinx und Pamovarinm gebildet hatten. jedoch auch von vorn- 
herein mit der Mézlichekit gerechnet, auf cine congenital verlagerte Niere 
zu stoßen. Urin ohne pathologische Bestandteile. Cystoskopie und 
Ureterenkatheterisinus wurden in diesem Falle nicht vorgenommen. 

Coeliotomie in Choroformnarkose. Nach Emporwäalzeu der Därme 
wird sofort em gut winseeizrober Tumor sichtbar. Er Hegt retro- 
peritoneal, füllt die rechte Hälfte des kleinen Beckens zum groben Teil 
uus, ragt mit dem oberen Pole ins grobe Decken hinein und ist an 
einem darunter liegenden straffen Bindegewebe gegen den Kuochen in 
ganz geringen Grenzen verschieblich. Seine Obertiäche ist deutlich ze- 
lappt. Mit dem Mesenterinm des Diekdarms (klexur und Reetum) be- 
stehen Verwachsungen. Durch einen Probeschnitt in das hintere Bauch- 
fell ganz leichte Losschäalune der Geschwulst mit Tupfern, durch Nach- 


—— 


weis eines ganz kurzen, nach der Blase ziehenden Ureters wird weiter 
sichergestellt, daß es sieh um die Niere handelt. Sehluß des Bauchtell- 
spaltes. Abtasten nach oben ergiebt Fehlen einer rechten Niere. Vor- 
handensein der linken, diese ist nieht gelappt Es erziebt sich weiter, 
daß links, oberhalb der Linea innominata, am oberen Ende des Psoas- 
randes, ein langgezogenes plattes Ovarium liegt. An seinem oberen 
Ende (nach der vorhandenen linken Niere zu) befinden sich einize wie 
Subenenden aussehende Gebilde; vom unteren Ende geht ein binde- 
xewebiger Strang, von dünnem Bauchtell überzogen, ins Becken hinein. 
schwillt etwa 2 em Jenseits des Ovariums zu einem bohuenformizen 
Kuöpfehen (Uterus) an und verliert sieh ausstrahlend in dem Bauchfetl. 
welches die tiefliegende Niere überkleidet. Abtragung des Ovariuwms. 
Es gelingt schließlich auch rechts, höher als links liegend, an der Stelle. 
wo gewöhnlich der rechte untere Nierenpol sitzt, das Ovarıum zu finden. 
Es ist auch besonders der Länge nach vereröbert und mit dem 
Mesenterium verwachsen; die Adhäsionen werden gelöst, das Ovarium 
exstirpirt. Die Därme werden mit warmem Wasser abgespült, dann ver- 
senkt. Naht der Bauchdecken in Etazen. Liukes Ovarium 7. em lang. 
3 cm breit. Rechtes Ovarium 85 em lang, 25 em breit. — Vier Monate 
nach der Operation stellte sich «die Patientin mit gut geheilter 
Coehotomiewunde und 17 Pfund Gewichtszunatime vor. Sie klagt über 
das Gefühl aufsteigender llitze zur Zeit der Menstruation, die Schmerzen 
sind Jedoch geringer als früher. 

2. Die 26 Jähriee Patientin giebt an, niemals die Regel gehabt zu 
haben. Sie klagt in der letzten Zeit häuhg über Sehmerzen im Leih. 
diese haben jedoch keinen menstruellen Typus. — Die Narkosen- 
untersuehung per reetum ergiebt, dab nichts von Gebärmutter und 
Ovarien zu fühlen ist. Die anscheinende Vagina bildet einen 2--2" cm 
langen, blind endigenden Sack. Das kleine Becken wird von einer ent 
fausteroßen Geschwulst mit gelappter Form und geringer Verschieblieh- 
keit ausgefüllt. Ein Versuch, in der Narkose etwas höher oben liegende 
Kierstöcke vom Reetum oder von außen nachzuweisen, mißlingt. Die 
Blase wird eystoskopiseh und mit Kelly schen Spiegeln untersucht, 
bietet keine Abnormitäten; im den rechten Ureter hineinzugelangen, 
relinet niebt. Es wird nach der Untersuchung mit Bestimmtleit die Dia- 
gnose einer congenitalen Verlagerung der Niere mit Hemmunesbildune 
der Genitalien gestellt und der Patientin von einer Operation abgeraten. 
Nach mehrtägiger Veberlexung besteht aber die Familie darauf, den 
Befund noch weiter siehergestellt zu sehen oder wenigstens die Patientin 
von den Schmerzanfällen befreit zu wissen. Die Operation verläuft fast 
analog der ersten. Die rechte Niere liegt wie im ersten Falle; durch 
Spaltung des darüber liegenden Bauchfells kann sie abgetastet werden: 
es gelingt in diesem Falle sogar, den kurzen, zweimal grewundenen Harn- 
leiter von Austritt aus dem Nierenbeeken bis zur Einmündung in die 
Blase sichtbar zu machen. Die Ovarien liegen, wie im ersten Falle, hoch 


ae. Gh ae 


oben, etwas vom Psoasrande bedeckt, außerhalb des kleinen Beckens auf 
der Darmbeinschaufel. Beide Ovarien haben infantile Walzengestalt, 
kein Uterus, keine Ligamente vorhanden. Rechts fehlt die Tube, links 
ist ein Tubenrudiment voorbanden, welches zwecks mikroskopischer 
Untersuchung entfernt wird. Die Eierstöcke werden in diesem Falle mit 
voller Absicht belassen. Ungestörter Heilungesverlauf. Die Fatientin ist 
hıs jetzt völlig beschwerdefrei und hat ihren schon bereits früher ge- 
rtlegten regelmäßigen sexuellen Verkehr aufreeht erhalten. — Die erste 
Patientin hat sich trotz genauer Aufklärung über ihren Zustand ver- 
heiratet und ist beschwerdefrei. M. Lubowski. 


Smart: A leeture on the X-ray diagnosis of renal calculus. 
(British Med. Journ., 16. IX. 1905.) 


Verf. besprieht zunächst die physikalischen (trundgesetze der Röntgo- 
graphie und analvsirt dann die vier Punkte, die bei Nierensteinen in 
Frage kommen: die Größe, die Zusammensetzung des Steins, die Größe 
resp. das Alter des Patienten, sowie die Veränderungen ın der Niere 
selbst. Die Röntgenstrahlen leisten nach 8. wesentliche Dienste und 
sollten in Jedem Falle zu Rate gezogen werden: vor einer etwaigen 
Operation sollten mehrere Aufnahmen, am besten mit stereoskopischen 
Apparaten gemacht werden. Karo. 


Dr. S. A. Gavales, k. griech. Militärarzt und Privatdocent an der 
Universität Athen: Ein Fall von Morbus Addieonli. (Allg. 
Wiener med. Zeitung 1905, No. 41.) 


Seitdem Th. Addison vor 50 Jahren die nach ihm benannte 
Krankheit als Morbus sui generis besehrieb und dieselbe mit Veränderung 
der Nebennieren in Zusammenhang brachte, sind wir in der Erklärung 
der Pathogenese dieses Symptomeneomplexes kaum vorgesehritten. Es 
ist Jedoch erwiesen, daß die Veränderung der Nebennieren keinen 
constanten pathologisech-anatomischen Befund bei dieser Krankheit bildet, 
da Fälle Addison scher Krankheit mit gesunden Nebennieren häufig 
vorkommen, daß aueh die Veränderungen im Bereiche des Sympathieus- 
systems keine sicheren sind und daß hingegen die Blutuntersuchung bei 
Morbus Addisonnm immer Anhaltspunkte zur Annahme histologischer und 
chemischer Veränderungen desselben gicht. 

In dieser Beziehung ist ein von (Gi. miteeteilter Fall sehr lehrreich. 
der einen 24 Jahre alten Soldaten betrifft, der wegen Lungentubereulose 
im Garnisonspital zu Athen lag. Sein Leiden begann im 20. Lebensjahre 
mit Epistaxis. Gleichzeitig bemerkte er, daß seine Haut sieh bräunte und 
nach und nach eine Bronzefarbe annahm, Pat. klagte über Ermüdune. 
Schwäche und Mattigkeit, über Marenstörungen und fortschreitende 
Abmagerung. Während seines Militärdienstes wurden diese Beschwerden 
noch heftiger, es traten die Symptome der Lungentubereulose hinzu. 


welche seine Befreiung vom Militär veranlasste. Pie Untersuchung ergai. 
außer der Lunzentubereulose Brovzefärbung der Haut, Tonsillitis. 
Nephritis, Hiimovlobinurie und Veränderungen des Blutes in chemischer 
und histologischer Hinsicht. 

Einige Tage nach seiner Aufnahme traten heftiger Kopfschmerz mit 
Erbrechen, Naekenstarre. Erweiterung der Pupille und Verlangsamung 
des Pulses ein. kurz alle Symptome einer Corehbrospinalineninzitis, derder 
Patient am vierten Tage erlag. | 

Die Obduction ergab einer allzemeine Tuberculose, aber ohne Mit 
beteilizunz der Nehbenniere. Abgesehen von zahlreichen capillaren 
Blutungen in der Zona glomerulosa und in der Marksubstanz war nichts 
Abnormes an den Nebennieren zu constatieren. 

Auch in den versehiedenen Abschnitten des Sympathieus Nießen sich 
keine krankhaften Veränderungen wahrnehmen. 

Die Blutveränderune. welche die Epistaxis, die eapilläre Blutungen 
und die Hämorlobinurie verursachte, ist der einziee Factor, welcher zum 
Addison’ schen Symptomeneomplex des vorlierenden Falles in directer 
ätiologischer Beziehung steht. 


VIL Technisches. 


Frhr. v. Notthafit: Neue Spülsonden und Spüloliven. (Central- 
blatt f d. Krankh. d. Harno- u. Sexunlore, BU. XVI H. 11.) 


Die Spitisonden bestehen aus dem ereentitchen Spiülkörper und einem 
Ansatzstiiek zum Anbringen eines) Gummischlauches, der zur Spritze 
führt. Der Spülkörper ist in seiner ganzen Ausdehnung gerillt, auf den 
Kämmen, welche. die Rillen trennen, sitzen eine Reihe von feinen 
Oefinuneen, jedoch nur im distalen Teile, und zwar in einer Ausdehnung 
von 9 em bei den gebogenen und von T em bei den geraden. 
Instrumenten. Die Sonden sind in verschiedenen Größen. von 18 bis 
23 Charriere reichend, hergestellt -- Sie haben sieh dem Autor in der 
Praxis schr bewährt. Thre Indieation fällt mir derjenigen der Spüldehner 
im ganzen zusammen. Anhangsweise beschreibt yv. N. eine kleine Ver- 
änderung, die er an den bekannten Janet.schen Spülohven ver- 
genommen hat. Der Auter hat die Oliven dickbauchiger und die 
Austlußöffnung erheblich weiter machen lassen, um «den Druck der em- 
strömenden Flüssiekeit zu erhöhen. Dr. A\.Seeliz (Kömesberg ı. Pr.) 


Verantwortlicher Redacteur: Professor Dr I. Casper in Berlia. 
Pruck von Carl Marsehner, Berin SWa Alexandrinenstr. T9. 





Max Nitze + 


Die moderne Urologie hat ihren ersten — schwersten Verlust erlitten. 
Max Nitze, ihr Reformator, ist mitten aus seinem reichgesegneten Schaffen 
dahingerafft worden. 

Was unsere Specialwissenschaft und mit ihr die gesamte Heilkunde 
ihm zu verdanken hat, das braucht den Lesern unserer Zeitschrift nicht 
auscinandergesetzt zu werden; ist doch der wesentlichste Teil unserer tag- 
lichen Arbeit die Ernte der Friichte, deren Samen in schwerer, begeisterungs- 
froher Arbeit gestreut zu haben sein unsterbliches Verdienst ist. Und 
wahrlich, es ist ihm nicht leicht geworden, der Cystoskopie, die heute mit 
Recht als eine der glänzendsten Untersuchungsmethoden gilt, die ihr ge- 
bührende Stellung und Anerkennung zu verschaffen, und besonders diejenigen 
unter uns, denen es vergönnt war, ihrer Entwicklung von Anbeginn prüfend 
und mitarbeitend zu folgen, wissen sich noch sehr wohl der Zurückhaltung 
und des teilweisen Mißtrauens zu erinnern, mit welchem die ersten Arbeiten 
des Meisters besonders von den Chirurgen aufgenommen wurden. — Einen 
Genius wie Max Nitze fochten derartige Schwierigkeiten wenig an. Unbeirrt 
durch alle Widerwärtigkeiten, zu denen sich zuerst auch wohl materielle 
Sorgen gesellten, arbeitete er unablässig an der Verbesserung und Ver- 
einfachung seiner Methode, jede neue Errungenschaft auf dem Gebiete der 
Technik scharfsichtig für sein geniales Instrument verwertend, bis er vor 
etwa 20 Jahren der medicinischen Wissenschaft das Glühlampencystoskop 
schenkte! — Nitze’s Bedeutung für die moderne Urologie vollständig aus- 
einanderzusetzen, hieBe die Entwicklung dieser Wissenschaft während der 
letzten 20 Jahre schildern! — Nur das Eine soll hier hervorgehoben werden, 
daß die Urologie, bis dahin in Deutschland nur wenig gepflegt, hauptsächlich 
dem Cystoskop nicht nur bei uns ihren glänzenden Aufschwung zu danken hat, 
sondern auch ihre führende internationale Stellung, die sie gegenwärtig 
einnimmt — so daß nicht wie ehedem unsere jungen Urologen in’s Ausland 
gehen müssen, sondern daß jetzt die fremdländischen Collegen zu uns 
kommen, um ihr Wissen zu vertiefen und ihre Technik auszugestalten. 

Dankerfüllten Herzens preisen wir die Großthaten des Meisters und 
voll tiefer Trauer begleiten wir ihn, viel zu früh, auf seinem letzten Wege! 
Sein Werk wird dauern und wie schon bei seinen Lebzeiten von ihm con- 
genialen Jüngern unserer Wissenschaft, so auch nach seinem Hinscheiden 
weiter ausgestaltet und vervollkommnet werden! Er selbst ruhe in Frieden! - 


H. Lohnstein. 





Beiträge zur pathologischen Anatomie der 


chronischen Gonorrhoe. 
Von 
H Lohnstein. 


Die medieinische Litteratur ist an Beiträgen zur pathologischen 
Anatomie der chronischen Urethritis gunorrhoica relativ arm. Diese 
Erkenntnis drängt sieh besonders auf, wenn man das vorhandene 
Material vergleicht mit der ungeheuren Menge von Arbeiten, die sich 
mit der Gonorrhoe und ihren Complieationen jahraus, jahrein von allen 
.öglichen anderen Gesichtspunkten beschäftigen. — Die Ursache 
dieser Erscheinung ıst nicht etwa darın zu suchen, daB man die praktische 
Wichtigkeit der Kenntnis der pathologisch - anatomischen Vorgänge 
unterschätzt. Im Gegenteil, jedermann ist sich darüber klar, daß die 
genaue Kenntnis der feineren histologischen Vorgänge in den ver- 
schiedenen Stadien der acuten und chronischen Urethritis besonders für 
unser therapeutisches Handeln von großer, ja, ausschlagzebender Be- 
deutung ist. 

Die Gründe, warum trotzdem so selten bisher ausführliche Arbeiten 
über den uns interessirenden Gegenstand angefertigt worden sind, sind 
naheliegend. Systematische histologische Untersuchungen erkrankter 
Organe können nur in pathologisch-anatomischen Anstalten resp. den Pro- 
secturen von Krankenhäusern angestellt werden. Chronische Urethritis 
uls solche ist aber niemals Todesursache. Deshalb ıst man. wofern man 
daran gehen will, aım Leichenmatersal eines Krankenhauses dennoch 
sich mit der Untersuchung dieser Fragen zu beschäftigen, darauf an- 
gewiesen, in jedem Falle die Harnröhre zunächst makroskopisch darauf- 
hin zu prüfen, ob vielleicht Symptome einer entzündhehen Veränderung 


oder Anomalie nachweisbar seiu mögen. -— Die auf diesem Wege ge- 


— 68 — 


wonnenen Prüparate sind hierauf histologisch zu untersuchen. Diesen 
Weg sind bisher Neelsen und Finger gegangen, und insbesondere 
dem letzteren verdanken wir als Frucht seiner Studien eine Arbeit, 
die von allen bisher veröffentlichten als die ergebnisreichste und haupt- 
sächlich wohl auf Grund einer ausgezeichneten Systematik der Unter- 
suchungsmethoden erfolgreichste angesehen werden nıuB. 

Der lHauptvorzug dieses Modus procedendi besteht darin, 
dab man mit den zunächst makroskopisch sichtbaren Giewebsverände- 
rungen in sorgsamster, systematischer Weise die histologischen Ee- 
funde vergleichen kann. Die Voraussetzung ist also, daß makro- 
skopisch sichtbare Veränderungen nachweisbar sind. Nun kommen 
aber, worauf Finger ın der Einleitung zu seiner Arbeit mit Recht 
aufmerksaın gemacht hat, genug Fälle vor, wo eine intra vitam in 
Bezug auf Farbe, Turgescenz ete. deutlich veränderte llarnröhren- 
schleimhaut post mortem makroskopisch gar keine Veränderung zu 
zeigen braucht, oder aber, der Einwand erhebt sich, daß oberflächliche 
Veränderungen nicht eine Folge des zu untersuchenden Processes, 
sondern bereits cadaveröser Processe sein können. Dadurch kann 
es in der Deutung mancher Vorgänge zu Irrthümern kommen. 
Eine ganz besondere Schwierigkeit in der Deutung bestimmter 
Befunde liegt ferner darin, daß in der Regel die so überaus 
wichtige klinische Vorgeschichte des Falles fehlt. Weder die Art 
der Beschwerden, noch ihre Intensität, ja nicht einmal die Zeit ihres 
Beginnes, der Verlauf der Krankheit ist dem Untersucher bekannt. Ja 
er ist gar nicht in der Lage festzustellen, ob die von ihm entdeckten 
anatomischen Veränderungen intra vitam überhaupt noch klinischen 
Symptomen — in dem vorliegenden Falle denen einer chronischen 
Gonorrhoe — correspondiren, und ob es sich nicht vielmehr um Residuen 
eines abgelaufenen Processes handelte. Doppelt sehwer wiegen solche 
Einwände, wenn die zu untersuchenden Präparate von Personen 
stammen, die in einem Lebensalter gestorben sind, welches zeitlich weit 
entfernt liegt von der Lebensperiode, in weleher sich der Krankheits- 
proceß, dessen anatomische Grundlage Gegenstand der Untersuchung ist, 
klinisch abspielte. 

Betrachten wirnunnachdiesen Vorbemerkungen das Material, welches 
die Autoren, die sich mit dem Studium der pathologisch-anatomischen 
Vorgänge bisher beschäftigt haben, zum Gegenstand ihrer Untersuchung 
gemacht haben. Eine verwertbare klinische Krankengeschichte irgend 
eines Ealles lag, soweit wir die Litteratur übersehen konnten, nie- 
mals vor. Meistensteils war vor der Section gar nicht bekannt gewesen, 


— 69 — 


daß der Tat. an einer Harnröhrenerkrankung bezw. Gonorrhoe über- 
heupt jemals gelitten hatte. 

Selbst bei den besten der publicirten Arbeiten, denen von Neelsen 
und Finger handelt es sich um zufällige Sectionsbefunde von Fällen. 
bei denen der Exitus infolge von Leiden, die mit der chronischen Gonor- 
hoe in gar keinem Zusammenhange standen, erfolgt war. Soweit es 
sich aus dem Ergebnis der makroskopischen Betrachtung ermitteln ließ, 
war niemals und konnte auch nie eine Vermutung erhoben werden, wie 
lange zur Zeit des Todes der Beginn der Gonorrhoe zurücklag, ob es sich 
um Exacerbationen, Recidive und dergleichen mehr handelte. Nur an 
der Hand des mikroskopischen Befundes konnten derartige Ver- 
mutungen in einigen Fällen mit mehr oder weniger Berechtigung 
erhoben werden. Zu noch größeren Bedenken hinsichtlich der 
Verwertbarkeit der Resultate für die praktischen Folgerungen 
aus ihnen muß aber vor allem das Alter, in welchem die 
Mehrzahl der Personen standen, deren TUrethrae untersucht 
wurden. Veranlassung geben. Von den 28 Personen, deren 
Harnröhren von Finger untersucht wurden, standen 7 im Alter 
von 20—30, 8 im Alter von 30—40, 6 im Alter von 40—50 und 7 im 
Alter von 50—70 Jahren. Die von Neelsen untersuchten Urethrae 
entstammten Personen, von denen 5 zwischen 30—40, 2 zwischen 
40—50, 7 zwischen 50-—70 Jahre zählten! Zieht man nun in Erwägung, 
daß in der Regel die Gonorrhoe in der ersten llälfte der zwanziger 
Jahre. wenn nicht früher, ihren Einzug in die Harnröhre hält und be- 
rücksichtigt man, daß in der zweiten Lebenshälfte die Schleimhaut der 
Urogenitalorgane, auch ohne vorausgegangene Gonorrhoe, vielfachen 
pathologischen Veränderungen unterliegt, so ist doch der Zweifel nicht 
ganz unberechtigt, ob in derartigen Fällen die gefundenen Verände- | 
rungen ausschließlich auf das Conto einer vor 20—30 Jahren 
überstandenen (ionorrhoe zu setzen sind. Der Einwand ist besonders 





berechtigt angesichts der geringfügigen, häufig makroskopisch kaum 
sichtbaren Anomalien, die sich in einzelnen Beobachtungen vorfanden. 

Was von den Arbeiten Fingers und Neelsens gilt, läßt sich mit 
noch größerer Berechtigung gegen die Publicationen Wassermanns 
und Halles sagen. Auch diese Autoren entnehmen ihre Schlüsse bezüg- 
lich der chronischen Gonorrhoe Präparaten, die von Personen stammen, 
welche zur Zeit ihres Todes meist in vorgerücktem Alter standen. Von 
den 15 Personen, die Wassermann und Jlalle das Material für 
ihre Untersuchungen lieferten, waren 2 zwischen 30 und 40, 3 zwischen 
40 und 50 und 10 zwischen 50 und 70 Jahre alt. Hierzu kommt noch, 


e E 


daß die Todesursache hier zwar in letzter Linie, wenigstens In einer 
Reihe von Fällen, als eine Folge der ursprünglichen Gonorrhoe an- 
zusehen jist, daß aber in der Mehrzahl die Organe außerdem Sitz so ver- 
schiedenartiger anderer Leiden gewesen waren, daß das Bild des ur- 
sprünglichen Leidens völlig verwischt erscheinen muß, jedenfalls also 
auch hier die Schlüsse, soweit sie sich auf die chronische Gonorrhoe 
beziehen, mit großer Vorsicht zu verwerten sind. 

Die Einwiinde, die wir soeben zu machen gezwungen waren, richten 
sich selbstverständlich nieht gegen die Arbeiten selbst. Sie werden mit 
Recht als grundlegend und unwiderlegt in Bezug auf unsere An- 
schauungen über die feineren histologischen Vorgänge bei den Spät- 
stadien gewisser Formen der chronischen Urethritis, sowie bei den 
beginnenden und ausgebildeten Strieturen angeschen. Nur dagegen 
wird man protestiren müssen, daß ihre Ergebnisse ohne Weiteres zur 
Deutung und Begründung mancher therapeutischen Eingriffe bei chro- 
nischer Gonorrhoe hesonders auch in ihren recenteren Stadien so rück- 
haltlos verwertet werden. wie dies häufig beobachtet werden kann. Im 
übrigen sind ihre Resultate so allgemein bekannt und werden durch 
manche wertvolle Einzelbeobachtung anderer Autoren ergänzt, daß an 
dieser Stelle von einer auch nur kurzen Wiedergabe abgesehen werden 
darf. Wir werden gelegentlich der späteren Ausführungen ım einzelnen 
auf sie zurückzukommen haben. 

Gelegentlich der Ausübung einer vor zwei Jahren von mir inaugu- 
rirten neuen Behandlungsmethode gewisser Formen chronischer Gonor- 
rhoe bin ich in den Besitz von Sehleimhautfragmenten gelangt, die es 
mir ermöglicht haben, chronische Gonorrhöen in recenteren Stadien 
einer genaueren histologischen Untersuchung zu unterziehen. 

Die Methode besteht darin, daß die Harnröhre auf wechselnde 
Längen hin entweder in einer oder successive in mehreren Ebenen 
durch zwei breite, stumpfe Curetten gespreizt und vorsichtig in Längs- 
richtung an ihnen vorübergeführt wird. Ihr Zweck war ursprünglich, 
während sie jedes Scgment der Llarnröhre möglichst dehnt, die ver- 
stopften Ausführungsgänge und Lacunen der Schleimhaut in wirk- 
samerer Weise frei zu machen, als dies mittelst der Dehner möglich ist. 
Später stellte sich im Laufe der histologischen Untersuchungen heraus, 
daß sie außerdem einen zweiten therapeutischen Factor insofern ent- 
hält, als sie allein es ermöglicht, colossal gewucherte Epithelialmassen zu 
entfernen und auf diese Weise die Beeinflussung der angefrischten 
Urethraloberfläche durch die üblichen Medieamente durchzusetzen. 

Freilich war die Zahl derartiger Gewebsfragmente nicht groß im 
Vergleich zu den Detritusinassen, kleineren Blutgerinnseln, die gelegent- 


lieh der einzelnen Sitzungen an die Oberfläche gefördert wurden. 
Letztere, sowie Conglomerate von Epithelzellen aller Art waren der 
gewöhnliche Befund, weniger häuhg schon die oben erwähnten granu- 
lösen Massen, — nur in einer kleinen Anzahl von Fällen fand ich bei der 
Durchmusterung des Herausgeförderten vereinzelte Gewebsfragmente, 
welche sich bei genauerer Untersuchung als Bruchstücke der Schleim- 
hautoberfliiche und ihrer Umgebung herausstellte:. — Das Ergebnis 
ihrer Untersuchung bildet den Inhalt dieser Arbeit. 

Was zunächst den allgemeinen Charakter der zu Tage geförderten 
tiewebsstücke anlangt, so lassen sie sich in drei Gruppen scheiden: 
1. Fragmente. welche sich nach der Fertigstellung des histologischen 
Präparates als Querschnitte der Schleimhaut herausstellten. Einige 
von ihnen boten eine gute Uebersicht über relativ tiefe Schichten des 
subepithelialen Gewebes. 2. Fragmente der Epithelialschicht selbst. 
Ihnen waren teilweise die obersten Schichten des Subepithels adhärent. 
3. Solitäre Schleimhautzotten, teilweise mit angrenzender Schleimhaut- 
oberfläche.. Sie wurden relativ häufige gefunden. — Im allgemeinen 
handelt es sich also um relativ oberflächliche Fragmente der Schleim- 
haut. Bis zum Corpus spongiosum reichte keiner der untersuchten 
Schleimhautbestandtetle. 

Von den 16 Patienten, denen die untersuchten Präparate ent- 
stammten, waren 10 zwischen 20 und 30 Jahren, 5 zwischen 30 und 
40 Jahren. 1 zwischen 40—50 Jahren alt. Bei allen bestanden zur Zeit 
des ersten Curettements manifeste Erscheinungen ihres Leidens. 
15 litten an Symptomen des chronischen Trippers. Die Erstinfection 
lag zwischen 2 und 18 Jahren zurück. In einem Falle handelte es sich 
um Hiimospermie im Anschluß an einen früher überstandenen chro- 
nischen Tripper, dessen letzte Symptome 10 Jahre zuvor beseitigt 
worden waren. Die untersuchten Schleimhautfragmente rührten in der 
Mehrzahl der Fälle von der Pars bulbiea sowie den weiter nach vorn ge- 
legenen Harsréhrenabschnitten her: der vierte Teil der untersuchten 
Präparate entstammte der Pars posterior. 

Dn Gegensatz zu den von den früheren Autoren untersuchten Pri- 
paraten handelt es sieh somit um Präparate, die fast ausschließlich 
reeenteren Stadien des chronischen Trippers entstammen und von 
Patienten gewonnen worden sind, deren Krankheitsgeschichte genau 
bekannt war. 

Was die Vorbereitung und Aussonderung der Präparate zum Zweck 
der Untersuchung anlangt. so wurden die an ihrem rötlich-grauweißen 
Ton bereits äußerlich kenntlichen Gewebsfraginente. meist von mini- 


maler Größe. von dem übrigen durch das Curettement gewonnenen 


s Aa a a ee he = ae tet kk EE 


— 7 — 


Material ausgesondert, 12 Stunden in Formalinlösung eonservirt, hier- 
auf gründlich in Wasser ausgewaschen. Nunmehr erfolgte succesive Zu- 
satz von Alkohol in steigender Concentration bis zum absoluten Alkohol, 
Xylol, Xylolparaffin. Einbettung in Paraffin; Anfertigung von Serien- 
sehnitten, von den 6—12 auf einem Objectträger vereinigt wurden. Die 
Behandlung der letzteren erfolgte in bekannter Weise. Ihre Färbung 
mittles Pikrocarmin, Eosin-Hämatoxylin, van Gieson. 

lm ganzen beziehen sich die nachfolgenden Untersuchungen auf ein 
Material von ca. 1000 Präparaten, die auf annähernd 100 Objectträger 
je nach ihrer Zusammengehörigkeit und Provenienz vereinigt sind. 


a) Uebersicht über die Krankengeschichten der einzelnen Fälle; 
zusammenfassende Uebersicht über die Untersuchungsprotocolle der 
histologischen Präparate. 


l. Rö..r. 35 J. 


Vor seiner jetzigen Erkrankung hat Patient bereits mehrere 
Tripper überstanden. Der gegenwärtige besteht seit ca. sechs 
Monaten. Bisherige, von anderer Seite durchgeführte Behandlung zuerst 
Injeetionen, später Bougiekur combinirt mit Injectionen. 19. IX. 04. 
Status praesens: Ausfluss friihmorgens grauweiß, reichlich, tagsüber zu 
weilen geringe wässerire Secretion, zuweilen Harnröhrenöffnung verklebt. 
Gonokokken nicht nachweisbar. Untersuchung mittels Knopfsonde ergiebt 
einen geringen Widerstand in der Gegend des Bulbus. Ziemlich starke 
Empfindlichkeit an dieser Stelle Endoskopie: Schleimhaut am 
Bulbus erodirt. Obertläche stellenweise wie gestichelt. leicht blutend. 
Weiter nach oben blasser, stellenweise striehweise graue Streifen auf der 
Oberfläche, die auch nach Betupfen bleiben. — Linker Lappen der Prostata 
etwas vergrössert, empfindlich. — Die Behandlung bestand zunächst in 
diluirten, abwechselnd applicirten Argent. nitricum- und Kal. permany.- 
Spülungen 1: 5000-—3000, spiter in Spiildehnungen unter Anwendung der- 
selben medicamentösen Spülungen in fünftärizen Intervallen. Zwischen- 
durch Massage der Prostata mit eonsecutiven Spülungen. Nachlaß der 
Prostataschwellung sowie der Secretion: Persistenz der eiterhaltigen 
Filamente im Harn. Hierauf Curettement am 5. X. im geraden, am 12. \. 
im queren. am 27. X. im rechten schrägen Durchmesser, jedes Mal mit 
consecutiver Instillation von 1% Sol. Arg. nitr. in die Bulbusgegend. 
Der Eingriff wurde stets gut vertragen, die Blutung war minimal. Nach 
Ablauf der Reizung wird als Resultat verzeichnet: Verschwinden der 
eiterhaltigen Filamente. Die Endoskopie ergiebt in der Bulbusgegend eine 
im wesentlichen normalgefiirbte, stark gefaltete Schleimhautoberfläche. 
weiter nach oben Persistenz der grauweißen strichförmigen Beläge. Im 
Verlaufe der nächsten Wochen Zunahme der Flocken. Wiederholung des 
Curettements am 14. I. 05 im queren, am 25. I. 05 im linken schrägen 
Durchmesser. 1 %ige Ag N O »-Instillation. Janet-Spülungen (K MNO.) 
1:5000. Am 5. VI. 05 stellte sich Pat. nach langer Zeit wieder vor. 
Status idem. Daher noch einmal Curettement im Querdurchmesser. Dies- 
mal etwas stärkere Blutung. Nach Ablauf der Reizungen Janet-Spülungen 
mit Kal. perm. 1:5000; Heilung. Status praesens Anfang August 1905: 
Ralbusinfiltrat verschwunden. Prostata normal: Morrens zuweilen weniee 


= BE ee 


aus Epithelien zusammengesetzte Flocken. Secretion verschwunden. — 
Für die Untersuchung verwertbare Schleimhautfragmente fanden sich 
nach den Curettements vom 5. X., 12. X. 04, 15. L., 5. VI. 05. 


57. 58 Rö..r Zotten, Drüsengewebe.’) 


Präparate vom Cürettement am 5. X. 0d, ausgeführt im geraden 
| Durchmesser. 


Die Präparate enthalten a) Fragmente von Zotten: b) von drüsenreichem 
Schleimhautgewebe. 


A. Zotten. 

Epithel. Das die Zotte deekende Epithel ist von ungemein 
wechselndem Character. An der Spitze der Zotte beobachtet man teil- 
weise einfaches Plattenepithel, welches hier und da zerworfen erscheint. 
an den beiden Seitenwänden mehr nach oben zwei Reihen von Platten- 
epithel mit darunterliegendem drei- bis vierschichtigem Ersatzepithel; 
in dem Winkel zwischen Basis und dem noch sichtbaren Rest der 
Schleimhautoberfläche nimmt die Hyperplasie des Epithels zu dergestalt. 
dass es sich hier um mehrschichtiges Cylinderepithel handelt, unter 
welchem sich drei- bis vierschichtiges Uebergangsepithel entlang zieht. 
— An einzelnen Strecken der Seitenwand der Zotte ist das Epithel 
ausserdem (jedoch keineswegs bei sämtlichen untersuchten Schnitten) 
sehr verbreitert, besteht aus einer oberflächlichen Schicht von 
Plattenepithel, unter welcher sich mehrschichtiges polygonales Epithel 
befindet, welehes seinerseits einer zwei- bis dreireihigen Lage 
von Epithelzellen aufliegt. Die Oberfläche der Schleimhaut erscheint 
hier geradlinig, während die Tunica propria einen regelmässig 
welligen Contur besitzt. An einzelnen Zellen der Mittelschicht fällt die 
im Vergleich zu ihrer Umgebunz colossale Schwellung auf; gleichzeitig 
beobachtet man eine verminderte Färbekraft des Farbstoffes. An 
einzelnen Stellen ist nur der Kern gefärbt, während an Stelle des Pro- 
toplasma eine Lücke nachweisbar ist. Vereinzelt beobachtet man die- 
selbe Veränderung an mehreren aneinander grenzenden Zellen. Da- 
dureh entstehen mitten im Epithel größere Lücken. Endlich ist an einigen 
Partien die gesamte mittlere aus polygonalen Zellen bestehende Epithel- 
schicht geschwollen und kreisförmig von allen Seiten umgeben von einer 
einfachen Schicht von Plattenepithelien. die etwas tiefer zefärbt sind. 


*) Anm.: Die Zahlen vor den Präparaten bedeuten die Nummern 
der Objektträger. Auf jedem sind eine wechselnde Anzahl von Schnitten 
aus derselben Gegend eines Fragmentes nach Art der in Serienschnitten 
üblichen Manier vereinigt. Die Präparate sämtlicher Objectträger 
deren Besprechung nach Art eines Resüme zusammen erfolgt, rühren 
von demselben Gewebsstücke her. — In analoger Weise ist auch weiter- 
hin verfahren worden. 


gg EE eg 


Das subepitheliale Bindegewebe im Bereich der Zotte 
fast nirgends infiltrirt. besteht aus leckerem, eroßmaschigem  Binde- 
vewebe. 

Die Lacunen in mäßig grober Anzahl in der Seitenwand der Zotten 
vorhanden, sind in der Tiefe mit Cylinderepithel, an ihrem Uebergang 
zur Schleimhaut mit einem sich schräg aneinander drängenden mehr- 
schichtiren Plattenepithel ausgekleidet. Anzefüllt sind sie teilweise mit 
polynucleären Leukoeyten, abrestoßenen Epithelien, welche teilweise die 
freie Oberfläche der Schleimhaut überragen, teilweise jedoch von ihr 
dureh das letztere deekende Plattenepithel abgeschlossen werden. 

Die Drüsen sind gering an Zahl. Einige enthalten eine colossale 
Epithelwucherune im Ausführungsgans. Meist handelt es sich um mehr- 
schiehtiges Veberrangsepithel, welches reichlich mit uni- und multi- 
nuceleären Leukoerten durchsetzt ist. 

| 


B. Drüsenreiches Schleimhautgewebe. 


Es handelt sieh hier um Fragmente von drüsenreichem Bindegewebe, 
welche aus der Pars posterior stammen. 

‘Epithel. Die Oberfläche zeigt meist durcheinandergeworfenes 
Plattenepithel. Darunter 4--5 Reilien polygonaler Epithelzellen, ihnen 
reiht sieh zu unterst eine doppelte Schicht von eubisehen Ersatzzellen 
an. An einigen Stellen bildet das Plattenepithel eine feste und 
lückenlose Bekleidung. Der Contur der Oberfläche ist hier entweder 
wellig oder zeigt einen geraden Verlauf. Unabhängig davon verläuft die 
Tunica propria fast im ganzen Verlaufe wellig. Dadurch erhält die Dicke 
des Epithels einen stets wechselnden Umfang. Aueh hier wird stellen- 
weise Vererößerunz und Abblassung resp. Versehwinden einzelner Zellen 
aus der Mitte der Zellsehieht beobachtet. Die Epithelschicht erhält da- 
dureh an einigen Punkten das Aussehen einer Gitterune. 


Subepithe liales Bindegewebe ist im Gegensatz zur Pro- 
liferation des Epithels der Oberfläche und der Drüsen im allgemeinen 
wenig infiltrirt, vielmehr meist groBmaschiges, loekeres Bindegewebe. 
Doch wurden auch Infiltrate beobachtet und zwar hauptsächlich um einige 
Driisenquerschnitte. Sie bestanden hier im wesentlichen aus uni- 
nucleiren und polynueleären Rundzellen. An einer Stelle. wo mehrere 
Drüsenausführungsgänge concentriseh an einem Punkte mündeten, war 
das Infiltrat. das sie umgab, dieht und bestand aus einem viele Spindel- 
zellen enthaltenden Bindegewebe. Endlich wurden hier und da ın der 
Tiefe des sonst von Infiltrat freien Bindegewebes verschiedentlich gering- 
fiizize Infiltrate von kleinem Umfange beobachtet. (Kuoteninfiltrate.) 


Lacunen in geringer Menge. Finige eystenartig erweitert. Ihr 
Epithel in der Tiefe Cylinderepithel, weiter nach oben in der Nähe des 
Ueberganzes in die Schleimhautoberfläche  Plattenenithel. Einzelne 
T.aeunen dureh Epithelwucherung ganz von der Mherfläche abgeschnitten. 


Drüsen. Reichliche Menge von eng aneinander geschmiegten 
Drüsenausführungsgängen und Aeini. Der epitheliale Belag der Driisen 
und ihrer Ausführungsränge zeigt ein sehr wechselndes Verhalten. An 
einzelnen Stellen einfaches Cylinderepithel, ist der epitheliale Belag zu- 
meist stark proliferirt und besteht aus mehrfach geschichtetem eubischem 
Epithel. welches stark mit Leukocyten durchsetzt ist. Unmittelbar auf 
der Tunica propria der Drüsenkanälchen 1—2 Reihen niederen eubischen 
Epithels. Das Lumen der Kanälchen meist mit Zelldetritus sowie abge- 
stossenen Epithelien erfiillt. An einzelnen Stellen ist die Wand der Acini 
besonders dieht mit sieh gegenseitig drängenden, teils polygonalen, teils 
spindelförmig abgeplatteten Zellen bedeckt, zwischen welche sich ausser- 
dem epithelioide Zellen einschieben. Das Gewebe zwischen den Acini 
besteht grösstenteils aus derbem Bindegewebe, in dessen Maschen viel- 
fach uninucleäre Zellen einzestreut liegen. 


65. 66. 67. Rö..r Schleimhautzotten. 


Präparate vom Curettement am 12. X. 04, ausgeführt im queren 
Durchmesser. 


Schleimhautzotten-Epithel. Das die Zotte deckende 
Epithel ist überall enorm verbreitert. Seine Formation ist wechselnd. 
Stellenweise ist es m seinen oberen beiden Schichten Plattenepithel, an 
welehes sich nach der Tiefe zu eine Schicht von etwa 10—12 Reihen 
polygonaler Zellen anschließt, während iber der Tunica propria selbst 
2—3 Reihen eng aneinandergereihter eubischer Zellen sich als dritte 
Schicht erhebt. Die Oberfläche des Epithels ist meist glatt, an einigen 
Stellen. besonders dort. wo das Plattenepithel fehlt, zerfasert. Ihr 
Contur ist meist geradlinig. ‚Im Gegensatz dazu ist die Tuniea propria 
hiufig stark wellig verlaufend, so daß die Dicke der Epithelialschieht 
ungemein wechselnd ist. An vielen Stellen beobachtet man in der 
mittleren Lage des Epithels vereinzelte besonders große Zellen mit teils 
unsichtbarem, offenbar zu Grunde gegangenem Protoplasma, während der 
Zellkern noch erhalten ist: bei andern Zellindividnen ist das Protoplasma 
noch nachweisbar, zeichnet sieh aber durch besonders schwache Tinetion 
von den umgebenden Zellen aus. An noch anderen Orten ist sowohl 
Zellenprotoplasma als auch Kern verschwunden. An einzelnen Stellen, 
an welchen sich besonders viel derartige Zellen finden. erhält das Epithel 
ein durchbrochenes, gegittertes Aussehen. 

Subepitheliales Bindegewebe. Es ist im allgemeinen 
eroBmaschiges. zartes, welliges Bindegewebe mit relativ viel Capillaren 
und Venen durchsetzt. Infiltrate und zwar ausschließlich aus uni- 
nucleären und epithelioiden Zellen bestehende sind in erheblicherer Aus- 
dehnung nur an wenigen Stellen nachweisbar. So wird die Zottenbasis 
bei der Mehrzahl der durchsuchten Schnitte von einem dichten, aus 
epithelioiden Zellen bestehenden Rundzelleninfiltrate durchquert. Ein 


de Go 


zweites, ursprünglich wohl rein periglandulires nimmt den Raum ein. 
den Gn der entsprechenden Ebene) drei neheneinanderliegende Quer- 
schnitte von Drüsenausführungszängen übrig lassen, welche nicht weit von 
der Spitze entfernt durch die Zotte hindurchziehen. Endlich besteht ein 
drittes parallel der Tunica propria gelegenes suhepitheliales Infiltrat von 
größtenteils uni- und polymueleären Leukoerten, welches. vom Epithel 
ausgehend, die Tunica propria überschreitet (letztere ist hier in der 
ganzen Ausdehnunz verschwunden) und sieh ım engen Anschluß an die 
Epithelgrenze ihr parallel eine Strecke weit im subepithelialen Gewebe 
verbreitet. 

Lacunen. Die Seitenwände der Zotten sind reich an Lacunen. Letztere 
baben eine doppelte Form: teils sind sie an ihrer der Oberfläche zu- 
gewandten Oeffnung breit, wobei der Gruud der Lacune entweder die 
gleiche Breite besitzt oder aber wesentlieh schmäler wird, teils ist jene 
Fläche weit enger als die des Lacunenkôrpers selbst. Letzterer ist in 
diesem Falle etwas bauchig aufgetrieben. Das die Lacunen auskleidende 
Epithel ist im Grunde meist Cylinderepithel, an den Seitenflächen wird es 
glatter resp. legt sich an der der Tunica propria zugewendeten Seite dach- 
ziegelartig aneinander. wobei die Zellen selbst Spindelform annehmen 
cder auch ganz abgeplattet werden. Das Innere der Lacunen selbst ist 
größtenteils angefüllt mit abzestoßenen Epithelien, so daB eine eigent- 
liche Höhlung fast nirgends zu sehen ist. Diese Epithelien. welche mit 
Leukocyten durchmischt sind. finden sich nieht nur dort. wo die nach der 
freien Oberfläche liegende Lacunenöffnune im Vergleich zu dem 
Lacunenbauche verengt ist, wo also die Bedingungen für mechanische 
Retention gegeben siud. Vielmehr beobachtet man sie auch in den 
Lacunen mit breiter Oeffnunge. Letztere wird entweder dureh die obersten 
Epithelialschichten der Zottenoberfläche selbst verschlossen, so daß letz- 
tere gewissermaßen den Verschlußdeckel bilden, oder aber der Inhalt der 
Lacunen reicht teils mehr, teils weniger bis zur unmittelbaren freien 
Obertläche der Zottenwand. Ja überwuchert zuweilen letztere noch. 

Drüsen. Sie sind im Innern besonders zahlreich in der Nahe der 
Spitze verteilt. Meist handelt es sich um Querschnitte von Drüsen- 
ausführungsgängen, in einer Minderzahl um Querschnitte der eigentlichen 
Driisenacini. Das die Ausführungszänge auskleidende Epithel ist ent- 
weder Plattenepithel mit einer aus eubischen Zellen bestehenden Ersatz- 
zelleuschicht, oder aber es besteht aus einer zu oberst (nach dem Lumen 
zu) gelegenen Schicht von Cylinderzellen, an welche sich peripherwärts 
2—5 Sehichten ceubischer Ersatzzellen anschließen. Die letzte Formation 
wird häufiger beobachtet. Die Acini haben in der Regel ihr 
normales Epithel bewahrt, bei einigen Querschnitten stößt man jedoch 
auch auf Proliferationserscheinungen des Epithels, wie sie eben be- 
schrieben sind. Das interacinöse Gewebe ıst meist nicht infiltrirt; auch 
periglanduläre Infiltrate sind nicht häufig zu beobachten; wo sie nach- 
weisbar sind, beschränken sie sich auf eine geringfügige Vermehrung der 


= qe 


Zellkerne in der Umgebung der Ductus oder Acini. Ein dichteres Infiltrat. 
bestehend aus uninucleären Zellen, beobachtet man nur in der Um- 
xebung eines Conglomerates von Drüsenausführungsgängen in der Nähe 
der Spitze der Zotte. 


92. 93 94 95. Rö..r. 


Drüsenreiche Schleimhautfragmente der Pars 
posterior. (Curettement im queren Durchmesser vom 5. VI. 1905.) 


Epithel. Das Epithel besteht zumeist aus 2—3 Reihen von cubi- 
schen bezügl. Plattenepithelzellen, zwischen welchen viele Leukocyten 
verteilt sind. Die Oberfläche ist glatt; an einigen Stellen ist jedoch die 
oberste Epithellage durcheinandergeworfen, so daB die Oberfläche bei 
geringer Vergrößerung ganz zerfasert erscheint; besonders ist letzteres 
an einigen Stellen der Fall, wo das Epithel besonders stark gewuclhıert. 
aus 5 bis 6 Reihen von cubischen Epithelzellen besteht, zwischen welche 
sich zahlreiche epithelioide und uninucleiire Rundzellen eindriingen. 


Subepithel. Infolge des großen Drüsenreichtums der Schnitte 
nur wenig Bindegewebe sichtbar, stark mit Rundzellen infiltrirt. 


Lacunen. Nur vereinzelt vorlıauden. Ihr Epithel ist an dem Ueber- 
gang zur Schleimhautoberfläche sowie an der Seitenwand zweireibiges 
Plattenepithel, hier und da durch Leukocyten unterbrochen; in der etwas 
spitz zulaufenden Basis liegt direct iiber der Tunica propria eine ein- 
-fache Schicht von Plattenepithel, über diesem ein Conglomerat von 
uninucleären Leukocyten, welche ihrerseits von einer mehrfachen 
Schicht von gewuchertem Plattenepithel bedeckt ist. Es gewinnt somit 
den Anschein, als ob sich hier eine frische Rundzelleninfiltration zwischen 
das Epithel geschoben hat. 

Drüsen. Sehr zahlreich, nehmen fast den gesamten Querschnitt der 
Präparate ein. Ihr Epithel ist teils zweireihig, cubisch, unregelmäßig 
infolge des Durchdringens einzelner Leukocyten, teils erheblich hyper- 
trophirt 3—5reihig. Die Epithelzellen sind im letzteren Falle spindel- 
förmig, wobei die einzelnen Zellen dichtaneinandergedrängt erscheinen, 
nur hier und da durchbrochen von uninucleären Leukocyten. Das spär- 
liche Zwisehengewebe zwischen den Acini ist dagegen reichlieh infiltrirt 
mit epithelioiden und uninuelearen Zellen. 


2» Ja....n (Patient des Herrn Dr. G. J. Müller). 


Zeg o 


29 jühr. Pat. leidet seit drei Jahren an chronischer Gonorrhoe. Gegen- 
wartig friihmorgens Bon-jour-Tropfen. Urin trübe mit vielen Flocken. Auf 
Veranlassung des Herrn Dr. Müller am 2. II. 05 Curettement der ge- 
samten Harnröhre im geraden Durchmesser. Minimale Blutung. Es fand 
sich ein kleines Gewebsfragment. welches aus der Pars posterior 


stamıute. 


San "7 E Aë 


22. 2A eh as Als 
Drüsenreiches Gewebe der Pars posterior. (Curette- 
ment im geraden Durchmesser vom 2. H. 1905. 

Epithel in sämtlichen Präparaten, soweit erhalten resp. in den 
Schnitten sichtbar, stark hypertrophirt und in seiner Configuration vielfach 
weehselnd. Die eberste Schieht ist teils aus eubischen Zellen zusammen- 
gesetzt, die Oberfläche teils glatt, teils infolge von Auflockerung der 
Zellen zerfasert und uneben. An diese Schicht schließt sich stellenweise 
eine vielschichtire Lage von polygonalen Zellen an. Einzelne dieser 
letzteren sind gequollen, ihr Protoplasma blaß, teils unsichtbar, an anderen 
Stellen beobachtet man statt der Zellen Lücken in der Mittelschicht. Die 
Basalschicht besteht aus einer Reihe niederer cubischer Zellen. Die 
Basalschieht ist durchgängiz. die beiden oberen Schichten stellenweise 
dieht infiltrirt mit mononueleären Leukoeyten. Letztere besonders dicht 
an denjenigen Partien, an welchen das Epithel nieht den eben be- 
schriebenen Typus zeigt, sondern von der Mittelschicht an bis nach oben 
aus gleichmäßigen cubischen resp. Uebergangsepithelien besteht. 

Subepithel teils loekeres fibrilläres Bindegewebe mit vielen 
Gapillaren. teils straffes Bindegewebe, welches in Form eines dichten 
perivlanduliren Infiltrates die zahlreichen Drüsenquersehnitte umscheidet. 
Hier und da erweiterte Capillarräume. 

Lacunen in geringer Zahl vorhanden. Sie sind mit einem der 
Oberfläche genau entsprechenden Epithel ausgekleidet, welches stellen- 
weise auch das Innere der Lacunen erfüllt. Besonders stark ist die Hyper- 
trophie in der Tiefe und an den beiden Umsehlagsstellen zur Schleimhaut- 
oberfläche. Hier ist auch die Infiltration mit Leukoeyten am stärksten. 
Eine Lacune ist dureh Epithelwucherung der Obertläche vollständig von 
dieser getrennt. 

Drüsen. Die einzelnen Schnitte enthalten außerordentlich viel 
Querschnitte von Driisenacini und Ausfiihrungsgingen. Das Epithel des 
Ductus sowohl wie der Acini ist meist 2—3schichtiges Uebergangs- 
epithel. in einzelnen Ausführungsgängen auch zu oberst Plattenepithel. 
woran sich, iiber der Tunica propria, eine eubische Zellen fiihrende Ersatz- 
zellenschieht anschließt. Ueberall beobachtet man zwisehen den Epithel- 
zellen zahlreiche, meist uņinucleäre Leukoeyten. Letztere durehsetzen 
stellenweise die Tunica propria der Acım, welche daher vielfach nicht 
nachweisbar ist. 


3. Se..er (Patient des Herrn Dr. Müller). 

SI jähr. Pat. leidet seit etwa sechs Jahren an Gonorrhoe, die trotz Be- 
handlung mittels Sonden, Dilatatoren nicht verschwinden wollte. Auf 
Veranlassung des Herrn Dr. Müller machte ich in einwöchentlichen 
Intervallen vier Curettements in den vier verschiedenen Durehmessern 
und zwar am 12. L. im rechten sehrigen, am 19. I. im queren, am 26. 1. 
im dinken schrigen., am 2. H. 1905 im geraden Durchmesser. Die Prä- 


= G 


parate entstammen dem am 2. I. 05 im geraden Durchmesser aus- 
geführten Curettement. 


As Erfolz der Behandlung wurde ein Verschwinden der Secretion 
erzielt. 


29. Se.....r 


Epithelstreifen, teilweise subepithel.Bindegewebe 
erhalten. (Curettement im xzeraden Durchmesser vom 2. I. 1905.) 


Epithel. Das Epithel ist in seiner gesamten Ausdehnung stark 
verbreitert, von einer unaufhörlich wechselnden Formation und Zu- 
sainmmensetzung. An einigen Stellen ist die Oberfläche zlatt, besteht aus 
einer Reihe Plattenepithel, unter welches sich 5--5 Reihen polygonaler 
teilweise mit sehr blassem Protoplasma versehener Zellen hinziehen. Die 
Tunica propria ist zunächst bedeckt mit zwei Reihen eubischer Epithel- 
zellen, zwischen welchen sieh uninucleiire Leukoeyten befinden. An 
anderen Stellen ist die Oberfläche zerfasert, und zwar ist als Ursache 
der Zerfaserune eine in Längsrichtung sieh vollziehende Loslösung der 
obersten Plattenepithelsehicht, also parallel der Oberfläche der Schleim- 
haut nachweisbar. Die eben beschriebene Epithelformation geht an vielen 
Stellen ohne ersichtliche Ursache tiber in ein vielsehichtiges Uebergangs- 
epithel. dessen Zellelemente enz aneinander geschmiert bis zur Ober- 
fläche der Schleimhaut reichen: hier: schließen sie letztere, entweder 
einen glatten Contur bildend, ab, oder aber die oberste Zellreihe ist dureh- 
einander geworfen, der Contur zerfasert und unregelmäßig. Abgesehen 
von diesen beiden Hauptformationen, die ziemlich regellos miteinander 
abwechseln, zeigt das Epithel an einizen mehr oder weniger cireum- 
seripten Stellen besondere Eigenheiten. An einem Punkte bestand das 
hier besonders breite Epithelband zu oberst aus Plattenepithel, hieran 
schlossen sich mehrere (3—4) Reihen enggegliederten Uebergangsepithels. 
weiter nach unten 2—3 Reihen epithelioider Zellen an, worauf dicht ober- 
halb der Tunica propria schließlich eine Reihe spindelförmiger Ersatz- 
zellen folgten. 

Einzelne Complexe der polygonalen Mittelschicht des Epithels unter- 
halb des Plattenepithels sind von dünnem Plattenepithel seitlich und auch 
nach der Tiefe zu ellipsoid umzogen, so daß sie den Eindruck von Epithel- 
zwiebeln hervorrufen. 

Subepithelist nur an einigen Stellen erhalten. Hier ist es teil- 
weise frei von Rundzelleninfiltration, teils zeigt es nur geringe Ver- 
mehrunz der Kerne. Strafferes Bindegewebe habe ieh nicht entdecken 
können. 

Lacunen nicht vorhanden. 

Drüsenausführungsgänge sowie Acım gleichfalls nur ver- 
einzelt nachweisbar. Ihr Epitliel besteht aus zweireihigem, mit uni- 
nueleären Zellen durchsetztem Plattenepitbel. Um einen der Drüsen- 


= 80 a 


ausführungsgänge fand sich ein ziemlich breites, aus uninueleären 
Leukocyten bestehendes Infiltrat. 


4. Schu...t, 26. J. 


Vor drei Jahren Behandlung des Patienten wegen chronischer Gonor- 
rhoe. Damals Heilung nach achtwöchentlicher, im wesentlichen aus 
Dehnungen und Spülungen bestehender Behandlung. Am T. X. 04 Neu- 
infection. Pat. wurde zunächst mittels täglich fortgesetzter Arg. nitricum- 
Spiilungen 1:5000 zuerst der vorderen, später der gesamten Harnröhre 
behandelt. Nach dem Verschwinden der profusen Secretion Anfang 
November Fortsetzung der Spülungen (1:3000) alle 2—3 Tage. Da die 
Secretion jedoch nicht völlig verschwand, vielmehr ein schleimiger 
Morgentropfen sowie tagsüber eine zeitweilige Verklebung übrig blieb, das 
Secret reich an Leukocyten (mit wenig Gonokokken) und Epithelien sich 
erwies, vorsichtiges Curettement am 21. XI. 04, im queren Durchmesser 
mit nachfolgender Instillation von 2 cem 1:100 Arg. nitr. NachlaB der 
Secretion, Jedoch Persistenz der Leukocyten. Nunmelir Behandlung mit 
Souden steigenden Calibers bis 28 Charr. abwechselnd wit Arg.-Spülungen 
in dreitägigen Intervallen, Januar, Februar und März 1905. Fast voll- 
kommenes Verschwinden der Leukocyten, jedoch weiterhin im Urin 
Fiiden, welche aus reichliehen Epithelien zusammengesetzt waren. Da 
letztere nicht nach Kimn Qs-Spiilungen a la Janet aufhörten, zweites 
Curettement im geraden Durchmesser am 9. IV. 1905 mit anschließender 
Instillation von Arg. nitr. 0.1, Coe. nitr. 0,05, Aqu. dest. 6. Nach weiteren 
vier Spülungen von Kmn O« 1:5000 in 5tägigen Intervallen Heilung. 
Die vor dem zweiten Uurettement ausgeführte Endoskopie hatte ergeben: 
Schleimhaut im Gebiet des Bulbus tiefrot, gestichelt, teils wie mit Gra- 
nulationen bedeckt, weiter Jdistal grauweiß verfärbt, in dem Verlaufe der 
Tars cavernosa im wesentlichen normal. 

Beide Curettements, im Graden Durchmesser ausgeführt, waren von 
geringer Blutung begleitet. (Ein größeres Gerinnsel, keine Nachblutung.) 
Schleimhautfragmente fanden sich gelegentlich des zweiten Curette- 
ments vom 9. IV. 1905. 


35. 38 42. Schu...t. 


Epithelstreifen mit teilweise anhängendem 
Subepithel. (Curettement im geraden Durchmesser vom 9. IV. 05.) 


Epithel. Es ist in sämtlichen Präparaten stark verbreitert und 
hypertrophirt. Die Oberfläche teils glatt, teils zerfasert und unregel- 
mäßig. Im ersteren Falle besteht sie aus einer resp. zwei Reihen von 
Plattenepithel, welches stellenweise verhornt ist. Ihnen schließt sich nach 
unten eine Schicht von 5—10 Reihen polygonaler, großer, blasser Epithel- 
zellen an. Teilweise sind letztere gequollen resp. fehlen gänzlich, so daß 
in dieser Schicht vielfach Lücken vorhanden sind. An den Stellen, an 
welchen die Schleimhautoberfläche zerfasert erscheint, erweist sie sich 
bei stärkerer Vergrößerung bestehend aus cylindroiden und cubischen 
durcheinandergewortenen Epithelzellen. Sie setzen sich weiter unten in 
5—10 Reihen eubischer Zellen fort. Im Gegensatz zu den in dem zuerst 
geschilderten Typus erwähnten polygonalen sind sie reichlich infiltrirt 
mit Rund- und epithelioiden Zellen. Auch hier beobachtet man aller Orten 


Es St = 


Zelllücken resp. übrirzebliebene Zellkerne, deren Protoplasma verschwun- 
den ist. Dadurch erhält diese Schicht ein zezittertes Aussehen. In beiden 
Fällen schließt sich an die Mittelschicht nach unten eine aus 3-4 Lagen 
von cubischen Zellen bestehende Ersatzzellenschicht an. Sie ist fast durch- 
gängig mit uninucleären Zellen infiltrirt. Stellenweise macht das Infiltrat 
Halt an der hier deutlich nachweisbaren Tunica propria, stellenweise ist 
letztere verschwunden und das Infiltrat zieht sich als schmaler Saum 
parallel der Oberfläche durch die oberen Schichten der Submucosa hin. 

Subepithel ist meist fibrilläres. großmaschiges Bindegewebe, in 
welchem hier und da erweiterte Capillaren nachweisbar sind. Es enthält 
nur wenig Infiltrat, am wenigsten an den Stellen, an welchen die Ober- 
fläche der Schleimhaut aus glattgefügtem Plattenepithel besteht. Wo In- 
filtrate vorhanden sind, bilden sie einen schmalen Saum inı Bereich der 
‘Tunica propria, welch letztere teilweise verschwunden ist, oder sie ziehen 
sich als gleichfalls ganz schmaler Strich parallel der Tunica propria, in- 
dessen in geringem Abstande von letzterer, eine kurze Strecke hin. Nur 
an einer Stelle in einem Präparat war dicht unter der Epithelschicht ein 
eolossales von letzterer ausgehendes (eireumseriptes) Rundzelleninfiltrat 
nachweisbar, welches sich tief in die Submucosa hinah erstreckte. 

Lacunen fehlen. 

Drüsen. Ganz vereinzelte Querschnitte von Drüsenausführungs- 


eängen, teilweise umgeben von einem Rundzelleninfiltrate von mäßiger 
Dichte. 


; 
36. 839. Sehu...t. 
Schleimhautauersehnitt. (Von demselben Curettement.) 

Epithel. Es ist im allgemeinen von gleichem Typus in fast sämt- 
lichen Schnitten, zeigt im einzelnen jedoch viele Variationen. Es ist fast 
überall ein geschichtetes, meist sehr verbreitertes Uebergangsepithel mit 
nur stellenweiser oberen Plattenepithelzellenschicht. Seine Obertläche 
ist teils glatt, besonders an den Stellen, wo sie aus Plattenepithel besteht. 
Au anderen Partien erstreckt sieh die Ueberganeszellenschieht. gewöhn- 
lich aus 5 bis 10 Reihen eubischen Epithels bestehend, bis an die Ober- 
fiche, hier sich in unregelmäBiser Reibe auflösend und so das Bild eines 
franzenartigen Conturs bietend. Die Frsatzzellenschieht besteht überall 
aus Gu aneimandergeschmiexten, teils eubischen, teils spindelförmigen 
Zellen. Charakteristisch ist die mit ganz geringen Ausnahmen überall 
hervortretende Rundzelleninfiltration des Epithels init uninucleiiren Leuko- 
eyten. Sie ist besonders stark im Bereiche der Ersatzzellenschicht, von 
wo aus sie an vielen Stellen sich in das subepitheliale Gewebe eontinuirlieh‘ 
hinabzieht, so daB die Tunica propria stellenweise vollständige verschwin- 
det Blase. requollene Zellen oder gar Zelliicken sind irgends nachweis- 
bar. Bemerkenswert ist die fortwährend wechselnde Breite der Epithel- 
schicht. Stellenweise tritt der Wechsel so plötzlich ein. daß selbst bei 
mittelstarker Vergrößerung (ca. 3400 lin) in einem Gesichtsfeld die 


ag We 


wë e ër 


— 82 — 


Breite der Epithelschieht um das drei- bis vierfaehe Sch Ap e 
Arhnliche Variationen beobachtet man auch in der Dichte der Kimi 
infiltration im Epithel. 

Subepithel. Das Subepithel ist in sämtlichen Praparates Ng 
eines diffusen aus uninueleären und epithelioiden Zellen  bestehetce 





Putiltrates von annähernd eleichmäßizer Dichte. Stärkere Anhaufinz 
von Rundzellen im allzemeinen in der Umgebung der zahlreichen Qu 
und Längsschnitte der Prüsenausführuneseänre und Drusenacini. woniser 
inder Umgebung der Laeunen. Jedoch beschränken sieh derartige starker 
lnfiltrate nieht nor auf die Umgebung der Drüsen. In einem Prijal 
fand sich ein ceiremmseriptes. diehtes Rundzelleninfiltrat inmitten des ssi- 
epithelialen Pinderewebes von beträchtlichem Umfanze ohne narhweir 
bares Vorhandensein von Drüsensubstanz in seinem Kerne. 

Lacunen., In wäßieer Zahl vorhanden. Ihr Epithel 2—-3 —chicht ze 
Uebergangsepithel mit Leukoeyten durchsetzt. Einige mit Epithelzelles 
und Rundzellen zur Hälfte gefüllt. Bei einer Lacune erwies sich der nicht 
verengte Zugang überbrückt mit einer aus Epithelien und Leukoeestes 
bestehenden Zellenschicht. 

Drüsen. In den Präparaten zahlreich vorhanden. Ihr Epithel 
ähnlich demjenizen der Oberfläche; wie dieses meist mit Leukoeyten mehr 
oder weniger durchsetzt. Sie sind fast sämtlich von periglandularem 
Kundzelleninfiltrat umeeben, welches häufig bei den tiefer gelegenen 
Quersebnitten umfangreicher und dichter war, als bei den oberflächlichen 
Quersehnittes des Duetns. Einige Quersehnitte zeigten auch im ihrem 
Lumen Anhänfunz von Leukoeyten und Epithelien. 


36. 39 Scehu...t. 


Zotten. (Von demselben Curettement.) 


Epithel. Das Epithel ist fast überall verbreitert. Es besteht teil- 
weise aus einer D - ll reihieren Schicht von eubischen. an den Spitzen resp. 
Buchten der Zotten polvegonalen Zellen mit blassem, großem Kerne. Die 
freie Oberfläche der Zotten hat einen verschiedenen Charakter. In einer 
Reihe von Präparaten ist sie zerfasert, wobei sich (bei stärkerer Ver- 
groBerung) heraussellt. daß es sieh um freie und regellose Wucherung 
der Epithelzellen nach der freien Oberlläche zu handelt. Die Wucherung 
nimmt an einigen Punkten einen solehen Umfang an, daB sie selbst- 
stindige. an Form dreieekire Exerescenzen über dem Durehschnittsniveau 
der Epithelisischieht bildet. Aber auch wo dies nieht der Fall ist, er- 
scheint au der Spitze der Zotte das Epithel gegenüber den Seitenflächen 
und noch mehr der Basis enorm verbreitert. Einige Zellen, besonders 
an der Spitze, sind zeschwollen, ihr Protoplasma verblaßt oder ver- 
schwunden, so daß die Epithelsehicht hier vielfach, anch unterhalb der 
Oberthiche, durehbrochen ist. Auf diese Weise entstehen an einzelnen 
Stellen, wo mehrere einander benachbarte Zellen dies Schicksal erleiden. 


— 83 — 


ziemlich große, freie Räume innerhalb der Epithelschicht. In einer 
anderen Reihe von Schnitten ist die oberste Schicht von Plattenepithel 
bedeckt, welches in lückenloser Reihe sich über den gesamten Contur der 
Zotte entlang zieht. Hier zumal ist das Epithel von einer besonders 


dichten Rundzelleninfiltration durchsetzt, welche die Tunica propria über- 


schreitend besonders in der Gegend der Zottenspitze das gesamte sub- 
epitheliale Gewebe gleichmäßig und dieht durchsetzt. In ihrer tiefsten 
Lage wird die Epithelschicht, soweit es sich nicht um ausgebreitete Rund- 
zellenwucherung handelt. von einer 2—3 reihigen Ersatzzellenschicht ein- 
genommen. Die Tunica propria, auf welcher letztere sich aufbaut, be- 
schreibt eine wellige, an vielen Stellen der Oberfläche geradezu entgegen- 
gesetzt verlaufende Linie. Daraus resultirt eine in den verschiedenen 
Höhenabschnitten der Zotte stets abwechselnde und regellose Ver- 
schiedenheit der Breite der Epithelschicht. 

Subepithel. Es besteht aus weitmaschirem, gefäiBreichem, 
loekerem Bindezewebe, enthält im allgemeinen wenig Infiltrate. Diese 
letzteren folgen, wo vorhanden. in der Regel den Bindexewebsspalten und 
stellen sich dar als schmale, rosenkranzartirre Leukoeytenketten. Stärkere 
diffuse Anhäufungen von Rundzellen fand ich nur dort. wo sie vom Epithel 
aus die Tunica propria durchbrochen hatten, also besonders in der Spitze 
der Zotte, sowie in einem Präparat quer durch die Basis der Zotte hin- 
durehziehend. 

Larunen spärlich vorhanden. Mit eubischem Epithel ausgekleidet, 
mit Leukoeyten erfüllt, dureh eubisches, über sie hinwegziehendes Ober- 
flachenepithel verschlossen. 

Drüsen. In einem Präparat fand sich dicht unterhalb der Spitze 
der Zotte ein Querschnitt eines Drüsenausführungszanges. Er besaß 
2 reihiges, mit Leukoeyten durchsetztes cubisches Epithel, sowie ein 
schmales, periglanduläres Rundzelleninfiltrat. 


40. 41. 43. 45. Schu...t. 


Schleimhautquersehnitt. (Von demselben Curettement.) 


Epithel. Es ist in Bezug auf Form, Anordnung, Breite und 
Infiltration außerordentlich wechselnd. Seine Obertläche ist in einer Reihe 
von Präparaten zerfasert. in anderen glatt und eben. lm ersteren Falle 
handelt es sich um mehrschichtiges eubisches Epithel. Einzelne der 
Epithelzellen sind zequollen, andere verschwunden, so daß das Epithel 
ein vollkommen gegittertes Aussehen besitzt. Im letzteren Falle sind die 
beiden obersten Reihen Plattenepithel. Ihnen sehließt sich eine ca. fünf- 
reihige Schicht von polygonalen Zellen an. in welchen der eben geschil- 
derte AuflockerungsproceB  womôglich noch  charakteristischer ausge- 
sprochen ist. An einzelnen Punkten sind hier mehrere benachbarte Zellen 
verschwunden und auf diese Weise im Epithelialxzewebe klaffende Spalten 
entstanden. Das Aussehen erinnert hier stellenweise an Bienen- 


= B — 


wabenform. In einer dritten Reihe von Präparaten endlich ist das 
Epithel nicht hypertrophisch, besteht aus einer nach oben glatt ge- 
schlossenen Reihe niedrigen eubischen Epithels, welches mit Leukocyten 
dieht infiltrirt ist, während die zu zweit erwähnte Epithelconfiguration 
fast gar nicht, die erste nur locker mit Leukoeyten durchsetzt erscheint. 
Zwischen dem Verhalten der Epithelconfiguration und dem des Subepithels 
sind keine Beziehungen nachweisbar. 

Subepithel. Das subepitheliale Bindegewebe stellt in sämtlichen 
Präparaten ein großmaschiges Netz von ziemlich straffem Bindegewebe 
dar. Besonders in den tieferen Schichten ist der straffe Charakter der 
Bindegewebsfibrillen zumal dort. wo sie die eingelagerten Drüsenacini 
umscheiden, ausgeprägt. Zwischen den Maschen dieses Bindegewebe: 
beobachtet man besonders in den oberen Schichten ein lockeres Infiltrat 
von Rundzellen, welches in der Umgebung einzelner Drüsenausführungs- 
gänge und -Acini, ferner der Lacunen, endlich unterhalb der Tunica pro- 
pria. dort zumal, wo sich über ihr niederes, stark infiltriertes Platten- 
epithel befindet, besonders dicht ist. 

Lacunen vereinzelt. Ihr Epithel niedrig, wenig infiltrirt. ihre 
Höhlung teilweise mit Detritus, Epithelien und Leukocyten angefüllt. In 
ihrer Umgebung befindet sich meist ein schmales Rundzelleninfiltrat. 

Drüsen sind außerordentlich zahlreich, und zwar beobachtet man 
sowohl Längs- als auch Querschnitte von Drüsenausführungsgängen sowie 
auch Acini. Ausgekleidet sind sie mit einem zweireihigen, Leukocyten 
durchgesetzten niedrigen Epithel. Teilweise sind sie umgeben von einem 
schmalen, ziemlich lockeren Ruudzelleninfiltrat. Ein Teil endlich ist frei 
von periglandulären Rundzelleninfiltrat, dagegen nimmt das sie umgebende 
subepitheliale Bindegewebe in ihrer Nähe an Straffheit zu. 


89. 90. 91. Sehu....t. 
Epithelstreifen mit Zotten. 


Epithel. An sämtlichen Präparaten zeigt das Epithel erhebliche 
Verbreiterung. Seine Oberfläche ist teils fest und geradlinig verlaufend, 
teils zerfasert, je nachdem sie aus festgefügten Plattenepithelien oder zer- 
worfenen Cylinder- oder eubischen Epithelien besteht. Zerfasert ist sie be- 
sonders an den Umbiegunesstellen der Schleimhaut resp. an den Spitzen 
der Zotten. Die Mittelschicht des Epithels setzt sich bald aus 
polygonalen, bald aus mehr eubischen eng aneinander gedrängten Zellen 
zusammen, während die Tunica propria stets in typischer Weise von der 
aus cubischen Zellen, mit kleinem, stark gefiirbtem Kerne bestehenden 
2—3 reihigen Ersatzzellenschicht bedeekt ist. An einigen Präparaten 
verläuft die Tunica propria stark wellig, während der Contur der Schleim- 
hautoberfläche an der entsprechenden Partie geradlinig ist. Das zwischen- . 
liegende Feld ist hier gewöhnlich, bis auf die Ersatzzellenschicht, von 
polvgonalen Epithelzellen ausgefiillt und erscheint hier und da durch- 


locht infolge ausgefallener  Epithelzellen. Das gleiche Phänomen 
beobachtet man übrigens auch dort. wo die Mittel- und Ober- 
schicht des Epithels aus cubischen Zellen besteht. Hier sieht die 
Epithelschicht daun wie gegittert aus. Das die Zotten bekleidende 
Epithel zeigt genau dieselben Typen wie die eben beschriebenen der 
Schleimhaut, Jedoch ist die aus eubischen Zellen mit blassem Kern sich 
zusammensetzende Spitze der einen Zotte derart hypertrophirt, daß sie 
eine selbständige, dreieckige, polypöse Wucherung darstellt. An den 
meisten Präparaten erweist sich die Epithelzellenschicht und zwar vor- 
wiegend im Bereiche der eubischen Zellen und der Ersatzzellenschicht als 
ziemlich dieht mit uninucleären Rundzellen durchsetzt. Von Besonder- 
heiten sei noch hervorgehoben, daB die Oberfläche des die Seitenflächen 
der Zotten auskleidenden Epithels nach der einen Seitenfläche hin ein 
£lattes, nach der andern ein zerfasertes Aussehen zeigte. 

Das Subepithel stellte im allgemeinen ein großmaschiges. mit 
vielen Capillaren durchsetztes Gewebe dar. Liings der Bindegewebsspalten 
ganz schmale Infiltrate. So konnte man fast in Jedem Schnitt parallel der 
Tunica propria, in geringer Entfernung von ihr, einen schmalen, aus Rund- 
zellen rosenkranzartig sich hinziehenden Infiltratstrang verfolgen. In 
gleicher Weise auch mitten im Gewebe nach allen Richtungen hin ver- . 
laufende Rundzellenketten. Dichte und ausgebreitete Rundzellen- 
infiltrate finden sich nur vereinzelt, teils als Fortsetzung des iutra- 
epithelialen Infiltrates mit Durchbrechung der Tunica propria, teils au 
einigen Punkten inmitten des Subephitels als knotenförmige Infiltrate. 
Endlich beobachtete man in zwei Schnitten unterhalb der Spitze der Zotte 
ein die ganze Breite von einer Seitenfläche bis zur anderen einnehmendes, 
sowie in einem Präparat ein die Zottenbasis ebenfalls in ihrer ganzen 
Breite durchziehendes mächtires Rundzelleninfiltrat. 

Lacunen spärlich vorhanden, mit eubischem Epithel ausgekleildet. 
mit Leukocyten und Fpithelien erfüllt, hier und da von dem Oberflächen- 
epithel verschlossen. 

Drüsen. An mehreren Stellen sind vereinzelt Querschnitte von 
Drüsenausführungseängen nachweisbar. Sie sind besonders dort, wo sie 
sieh dieht unterhalb des Obertlächenepithels befinden, stark endo- und 
periglandulär infiltrirt. 

(Fortsetzung folgt.) 


tn En m 


gw "ge: 


Aus der chirurgischen Facultätsklinik zu Moskau. 


Ueber zwei besonders seltene Fälle von Harnblasen- 


affection. 
Von 


A. Hagmann, 
Privatdocent an der Universität und Assistent der chirurgischen Facultits- 
klinik zu Moskau. 


Bei Gelegenheit meiner eystoskopischen Untersuchungen bin ich 
in den letzten zwei Jahren zweien Kranken begegnet, deren klinischer 
Befund, sowie deren Krankengeschichte im allgemeinen zweifellos von 
gewissem Interesse sind. 

In dem ersten Falle handelte es sieh um eine wirklich doppelte 
Ilarnblase (Vesica bipartita s. bilocularis). Die neueste Litteratur weist 
eine ausführliche Arbeit von Dr. Pagenstecher auf (Archiv f. 
klin. Chirurgie, Bd. 74, H. 1, S. 186), in der der Autor einen von ihm 
beobachteten und operirten Fall von der in Rede stehenden Harn- 
blasenanomalie beschreibt. 

Aus der Arbeit Pageustechers geht hervor, daß nicht nur 
die vollständig ausgesprochene Verdoppelung. die übrigens meistens bei 
neugeborenen Kindern und namentlich beim mißgebildeten Fötus beob- 
achtet wurde, sondern auch die großen angeborenen Divertikel außer- 
ordentlich selten sind. Was Erwachsene betrifft, so ıst die in Rede 
stehende Anomalie bei denselben nur zufällig bei der Operation oder 
bei der Obduetion gefunden worden. und nur in vier Fällen konnte die 
Diagnose am Lebenden festgestellt werden. Von allen diesen Fällen ist 
nur ein Fall von E. Burck hard cystoskopisch mit Erfolg untersucht 
worden, während es Pagenstecher wegen der dureh profuse Eite- 
rung außerordentlich starken Trübung des Harns nieht gelungen ist, 
die evstoskopische Untersuchung mit emigem Erfolg auszuführen. 


= B ia 


In meinen: Falle handelte es sich um einen 50 Jahre alten Kauf- 
mann, M. O., der sich in die chirurgische Facultätsklinik zu Moskau im 
December 1903 hat aufnehmen lassen. Er klagte über Schmerzen in der 
linken Hälfte des Unterleibs, desgleichen über Abgang von trüben 
Harn und über Harnverhaltung. 

Der Patient giebt an, vier Jahre krank zu sein, vermag sich aber auch 
zu erinnern, daß er schon als fünf Jahre alter Knabe an Störungen der 
Ilarnentleerung und sogar an completer Harnetention gelitten habe, 
gegen welche jedesmal ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden 
mußte. Mit der Zeit verschwanden diese Erscheinungen von selbst, und 
bis zum 22. Lebensjahre will der Patient vollständig gesund gewesen 
sein. Im 22. Lebensjahre acuirirte er eine Urethritis, in deren Ver- 
lauf heftige Cystitis hinzutrat. Sowohl die eine wie die andere schienen 
zwar vollständig ausgeheilt zu sein, jedoch besteht seitdem Harnreten- 
tion, die allerdings weniger ausgesprochen ist. wenn der Patient ab- 
sichtlich häufig urinirt. Hat er aber längere Zeit keinen Urin gelassen, 
so kann er bei der ersten Harnentleerung nach der Pause nur eine 
kleinere Menge Urin lassen, worauf er, um eine weitere kleine Portion 
Hlarn lassen zu können, eine Weile herumgehen muß. So muß der 
Patient längere Zeit abwechselnd uriniren und herumgehen, bis die 
Rlase vollständig entleert ist. Nachts urinirt der Patient nicht, muB 
aber dann morgens den in der Blase angesammelten Harn mittels Ka- 
theters ablassen. Der Patient muß auf diese Weise jeden Morgen zum 
Katheter greifen und versteht es auch, sich selbst Blasenspülungen mit 
Borwasser zu machen. Indem der Patient sich somit täglieh katheterisirt 
sirt und sich selbst die Blase ausspült, erfreut er sich eines ziemlich 
guten Wohlbefindens und hat namentlich über Schmerzen nicht zu 
klagen. Ist er aber einmal verhindert, seine Selbsttherapie durch- 
zuführen, so fühlt er sich schlechter. 

Der Harn ist trübe, enthält Eiter und Fetzen. Er reagirt schwach 
alkalisch und enthält Phosphatkrystalle. 

Sofern man nach den klinischen Erscheinungen urteilen durfte, 
war es wahrscheinlich. daB man es mit einer Harnröhrenstrietur oder 
mit einer Erkrankung der Prostata, vielleicht aber auch mit einem 
Concrement zu thun habe. Jedoch war in Wirklichkeit die Ilarnröhre 
selbst fiir ziemlich dicke Instrumente leicht durchgängig, und infolge- 
dessen beschloß ich, die Harnblase eystoskopisch zu untersuchen. Da 
das Bild, welches sich mir im Cystoskop dargeboten hat, ein ganz un- 
erwartetes war und andererseits der Patient sich dem Eingriff gegen- 
über wenig tolerant zeigte, so ist es mir erst nach wiederholten Unter- 
suchungen möglich geworden, den Befund mehr oder minder sicher zu 


— 88 — 


beurteilen. Im großen und ganzen konnte ich mir folgende Vorstellung 
von den Verhältnissen der Blase machen. 

Am Blaseneingang präsentirt sich im Cystoskep, wenn man den 
Schnabel mit dem Prisma nach oben in die Blase einführt und den 
Trichter des Instruments ziemlich hoch hebt, nicht der gewöhnliche 
eonvexe Saum, sondern eine Vorstülpung der Schleimhaut. die direct in 
eine in der Richtung von vorn nach hinten verlaufende Falte übergeht. 
Mau gewinnt den Eindruck, als ob man das Pallatum molle mit der 
hinunterhängenden Uvula von unten sähe. Die vordere Wand der 
Blase liegt dem Prisma sehr nahe und geht in die oben bezeichnete 
Falte über. Wenn ma: nun das Instrument tiefer in die Blase schieben 
will, so gelingt dies nur dann, wenn man das Instrument dem linken 
Oberschenkel des Kranken nähert, d. h. das Ocular nach rechts wendet. 
Jetzt gelanet man in die sphärische Blasenhöhle. deren Schleimhaut das 
gewöhnliche Aussehen einer im mässigen, sogar leichten chronischen 
katarrhalischen Zustande befindlichen Blase hat. Das Trigonum und 
die rechte Wand sind am meisten aftieirt: die Sehleimhaut ist gerötet. 
geschwollen, matt. hier und da mit kleinen, dünnen, eitrigen Fetzen he- 
deckt. Der rechte Ureter ist in der geschwollenen Schleimhaut nicht 
deutlich zu sehen, scheint aber an seinem normalen Platz zu liegen. 
Wenn man nun den Schnabel nach links dreht und, das Instrument 
zurückziehend, die linke Blasenwand besieht, so erblickt man dicht am 
Orificium internum urethrae in der Tiefe des Trıgonum eine schwarze 
Oeffnung, die anscheinend in ein Divertikel führt. Die Octinung ist 
rund und ungefähr 1,5 





2 cın breit. Sie liegt. wie gesagt, dicht am 
Trigonum, also links, und in der Tiefe der Blase; mit dem Orificium in- 
ternum urethrae steht diese Oeffnung ın engsten Zusammenhang. Man 
kommt somit zu dem Sehluß. daß die Blase, deren Capacıtät entschieden 
kleiner ist. als man es bei der Füllung nit 150---200 ecem zu sehen pflegt, 
nach der rechten Ililfte des Beckens verdrängt ist. 

Wenn man jetzt den Trichter vach links und somit den Schnabel 
nach der linken Beckenhälfte richtet, dringt das Cystoskop durch die 
oben bezeichnete Oeflnung. und man gelangt mit dem Prisma in die 
liuke Blasenhälfte, wo man dieselben Bilder in vollständig sym- 
metrischer Anordnung findet. Hier sind nur die cystitischen Er- 
scheinungen weniger ausgesprochen, während am Blasenboden und an 
der hinteren Blasenwand kleine krystallinische Niederschläge sehr deut- 
lich zu sehen sind. Die linke Blasenhälfte scheint einen etwas kleineren 
Umfang als die rechte zu haben. 

Nun war es klar, daß die Blase durch eine zwischen ihre obere, vor- 
dere und hintere Wand sieh lagernde Scheidewand in zwei symmetrische 


— 8) — 


llälften geteilt ist, daß die untere Kante dieser Scheidewand dicht am 
Orifieium internum urethrae liegt, das letztere bei einer gewissen Ent- 
leerung der Blase klappenartig verschließen und folglich eine Harn- 
verhaltung bedingen ınuß. Das Fehlen von verschiedentlich trüben 
Ilarnportionen, der oben geschilderte Mechanismus der Harnentleerung 
in mehreren Portionen nach einigen Körperbewegungen sprechen sanıt 
dem eystoskopischen Befunde für die Annahme einer completen Ver- 
doppelung der Harnblase ganz überzeugend. 

2 Die Therapie mußte, wenn sie radical sein sollte, nur in einem 
operativen Eingriffe bestehen. Ich war der Meinung, daß in diesen 
Falle die beste und einfachste Operation die Zerstörung des Septunis, 
wie es Lennander in seinem Falle gethan hat, sei, daB aber die 
Resection des Septums immerhin besser sein wiirde. 

Die Resection einer ganzen Hälfte nach Czerny und Pagen- 
stecher wollte ich nicht vornehmen, erstens weil es eine sehr ein- 
greifende Operation ist, zweitens -- was besonders in die Wageschale 
fiel — weil es sich in meinem Falle cher um eine wirkliche Teilung der 
Blase, als um ein congenitales Divertikel handelte. Vor allem wollte ich 
die Operation mit einem Bauchschnitt beginnen, um mich zu über- 
zeugen, daß die Blase thatsächlich nur durch eine Scheidewand geteilt, 
aber nicht, was allerdings weit seltener vorkommt, wirklich verdoppelt 
ist. In letzterem Falle hätte ich zunächst die beiden Hälften durch 
Lembert’ sche Nähte vereinigt und dann das wirkliche Septum ge- 
bildet, welches ohne Gefahr in einer zweiten Sitzung hätte resecirt wer- 
den können. Leider war es dem Patienten wegen seiner Privatangelegen- 
heiten unmöglich, sich in die Klinik aufnehmen zu lassen, so daß er sich 
einstweilen der weiteren Beobachtung entzog. 

Nach einem Jahre (im September 1905) kam er wieder nach der 
Klinik. Ich hatte somit Gelegenheit, den Patienten noch einmal zu 
cystoskopiren, die interessante Anomalie einigen Collegen zu demon- 
striren und mich nochmals von der Richtigkeit des früher erhobenen, 
im Vorstehenden näher geschilderten Befundes zu überzeugen. Die 
C'vstitiserscheinungen haben sich in der Zwischenzeit verschlimmert. 
In der rechten Blasenhälfte waren bereits Geschwüre zu sehen. Die 
Blasencapacität betrug 800 ccm, die Residualharnmenge 300 cem. 
Nichtsdestoweniger wollte der Patient in die ihm vorgeschlagene 
Operation nicht einwilligen. 

Leukopladie der Harnblase ist schon von mehrere mit der Cysto- 
skopie sich beschiiftigenden Aerzten beschrieben worden. Der cysto- 
skopische Befund wird als das Vorhandensein „von unbeweglichen. un 
regelmäßigen, nicht prominirenden Flecken vom Umfange eines Finger- 


— 90 — 


nagels, einige etwas gröber, einige kleiner, an vielen Stéllen der 
Schleimhaut‘ beschrieben. (Caspers Handbuch der Cystoskopie. 
p. 131). Authal (ibidem) beschreibt sie als „gelblich glänzende, mit 
blaßblau verwaschenen Rändern“. Prof. Casper bringt in seinem 
Handbuch auch eine photographische Abbildung eines solchen Falles 
aus der Beobachtung von Dittel. Die Abbildung ist auch in Farben 
dargestellt, giebt aber imı Vergleich mit den Bildern, die ich an meinem 
Kranken gesehen habe, nur eine annähernde Vorstellung von dem hier 
in Betracht kommenden Leiden. Prof. Casper warnt vor einer Ver- 
wechselung dieser Affection mit Uleerationen, Narben und Neu- 
bildungen. Wenn mir eine Verwechselung mit einer Neubildung auch 
unterlaufen ist, so glaube ich doch, nachdem ieh meinen Fall gesehen 
habe, eine Verwechselung mit Ulcerationen oder mit Narben für wenig 
wahrscheinlich halten zu können. 

T. UW. S., 28 Jahre alt, Arbeiter in einer Waggonfabrik, auf- 
genommen am 14. Januar 1905, entlassen arm 10. April 1905. Keine 
hereditäre Belastung. Vollständig freie Anamnese in Bezug auf den 
Allgemeinzustand. Im Jahre 1899 bekam der Patient Harnbesehwerden, 
wobei der gelassene Harn Blut enthielt. Als Ursache der Blutung 
wurde das Vorhandensein eines Steines in der Biase festgestellt, und 
thatsächlich wurde durch die Sectio alta cin taubeneigroßer Stein aus 
der Blase entfernt. Aber auch nach der Operation blieb der Harn stets 
tribe und wurde nach cinem halben Jahre sogar wieder blutig. Im 
Jahre 1901 wurde die Seetio alta wiederholt, jedoch vermag der Kranke 
nicht anzugeben, was die Veranlassung zu dieser zweiten Operation ge- 
wesen ist. Nach der zweiten Operation blieb der Harn bis zum 
Jahre 1903 klar. Im Winter 1903 begann der Harn wieder von Zeit zu 
Zeit blutig zu werden. Der Patient wurde infolgedessen ziemlich lange 
in der chirurgischen Faeultätsklinik mit Spüūülungen, HöNenstein- 
injeetionen und Urotropin ambulatorisch behandelt. Der Harn blieb 
trübe, enthielt Eiter und Epithelzellen. Bei der damals vorgenommenen 
evstoskopischen Untersuchung wurden zahlreiche warzenförmige rot- 
braune Gebilde entdeckt, die in der vorderen Blasenwand längs der von 
der Sectio alta herrührenden Narbe, besonders zahlreich am Blasen- 
hoden, am Trigonum, sowie um die innere Harnröhrenmündung herum 
lagen. Die Gebilde sehienen inerustirt zu sein. Die zwischen diesen 
Gebilden legende Schleimhaut war mit weißen Auflagerungen bedeckt 
und teils entzündlich gerötet. Ich diagnosticirte damals chronische Cy- 
stitis und deutete die warzenförmigen Gebilde als auf dem Boden der 
chronischen Entzündung entstandene papillomatöse Wucherungen. 
Trotzdem dringender Verdacht vorlag. leuenete der Patient hart- 


cee, “Of: te 


näckig, jemals Urethritis gehabt zu haben. Unter dem Einflusse der 
eingeleiteten Behandlung klärte sich der Harn. Auch das Cystoskop 
zeigte eine gewisse Besserung der loealen Krankheitserscheinungen: ein 
Teil der Wucherungen fiel ab, ohne jedoch vollständig zu verschwinden; 
ebenso wenig verschwanden die weißen Auflagerungen, wenn sie auch 
mit dem fortschreitenden Nachlassen der Entzündung der Schleimhaut 
immer schräger abgegrenzt erschienen. 

Nach einer gewissen Zeit stellten sich wieder Beschwerden ein. 

Status praesens: Allgemeinbefinden nieht gestört, innere 
Organe gesund, Urin sauer. Speeifisches Gewicht des Harns 1015. Der 
Harn ist klar, enthält Spuren von Eiweiß, aber keinen Zucker. Bei 
längerem Stehen bildet sieh am Boden des Gefüßes ein aus Epithel- 
zellen, Eiterkörperchen, spärlichen roten Blutkörperchen bestehender 
Niederschlag. Die Frequenz der Miction ist nieht gesteigert. 

Die am 20. Januar vorgenommene eystoskopische Untersuchung 
ergiebt Folgendes: An der vorderen Blasenwand, und zwar dieht an der 
Operationsnarbe, liegen zarte, weiße, scharf abgegrenzte Auf- 
lagerungen, die teilweise an diphtherischen Belag erintern. Längs dem 
Einschnitt sitzen 3-—4 hirsckorngroBe, warzeuförmige Gebilde von 
tiefer ziegelroter Farbe. Die meisten Veränderungen weist die Gegend 
um das Orificium internum urethrae herum auf. Die Zone der Affee- 
tion verbreitet sich wesentlich am hinteren und linken Teil des Blasen- 
bodens, wo die localen Veränderungen um weniger als um 1 em an der 
Mündung des linken Ureters nicht heranreiehen (siehe Abb. 3). Der 
affieirte Teil der Schleimhaut ist mit diekem Belag bedeekt, der an der 
Oberfläche locker, glänzend-weiß, in der Nähe des Sphineters rosa- 
schimmernd und wolkenförmig ist. Sie scheinen sieh von der Schleim- 
haut etwas abzulieben und breiten sich wie Schimmelpilze aus. Auf 
dem ganzen Gebiet, das von diesen Veränderungen eingenommen ist, 
sieht man hier und da die oben beschriebenen warzenförmigen Gebilde, 
die an der rechten Ureterenmiindung besonders zahlreich sind. Das 
ganze Krankheitsteld scheint sich, wie gesagt, von der Sehleimhaut 
etwas abzuheben. Die gesunde Schleimhaut der Blase ist mäßig ge- 
rotet, die Gefäße treten sehr deutlich hervor. Prostata nieht ver- 
groBert. 

Die Stabilität der Affection, das Prominiren der Beläge über die 
Schleimhautoberfläche, das warzenförmige Ausschen der Gebilde und 
schließlich das Fehlen von bedeutenden Entzündungserscheinungen 
ließen mich nunmehr eine flach aufsitzende papillomatöse Neubildung 
diagnosticiren. 


Am 8. Februar wurde in Chloroformnarkose die Sectio alta vor- 
genommen. Wegen Verwachsungen, die von den früheren Operationen 
herrührten, war das Vorgehen erschwert. Das Bauchfell wurde weit 
gespalten, die Blasenwand absichtlich mit den Wundrändern vernäht 
und auf diese Weise die Bauchhöhle abgesondert. Nachdem die Blase 
eröffnet worden war, stellte es sich heraus, daß die innere Mündung der 
J'arnrôhre, wie im Vorstehenden beschrieben, von weißen, landkarten- 
förmig angeordneten, sich leicht abschälenden Belägen umgeben ist, 





Figur 1. 


die in hohem Maße an Psoriasis buccalis oder Psoriasis linguae er- 
innern. Die weißen bröckchenförmigen Schüppehen ließen sich mit 
dem Gazetupfer leicht abreiben, worauf sich eine erhöhte, leicht 
blutende, sammetartige Oberfläche der merkbar verdickten Schleimhaut 
präsentirte. Die Warzen bestanden aus ebensolchen Ablagerungen, die 
incrustirt waren. 

Was die Therapie in diesem Falle betrifft, so wurde beschlossen, 
siimtliche afficirten Stellen der Schleimhaut oberflächlich mit dem 
Thermocauter abzubrennen, was auch ohne Weiteres leicht ausgeführt 
werden konnte Eine Excision der afficirten Schleimhaut schien 
weniger angebracht zu sein, weil es sicherlich eine starke Blutung ver- 
ursacht hätte, und hauptsächlich weil dann die ganze Umgebung des 
Orificium internum urethrae hätte excidirt werden müssen, was aber 
«lurch den späteren Vernarbungsproceß sehr leicht eine Strictur des 
Orificium internum urethrae verursacht haben würde. Drainage der 
Blase. Glatter postoperativer Verlauf. Innerhalb eines Monats war 


SN ` E 


die Vernarbung zu Ende. Der Kranke urinirt jetzt spontan ohne Be- 
schwerden. Der Harn ist klar, die Harnröhre für sämtliche in Be- 
tracht kommenden Instrumente leicht passirbar geblieben. Die cysto- 
skopische Untersuchung ergab jetzt vollständig normale Schleimhaut 
(vergl. Abb. 2: es ist derselbe Teil der Schleimhaut, der auf der Abb. 1, 
die den präoperativen Befund darstellt, veranschaulicht ist). Jetzt ist 
die Schleimhaut schon etwas eingezogen und von feinen, rosaweißen 
Narbenzügen durchgesetzt (Abb. 2). Sphincter normal (Abb. 2). Zwei 





Figur 2. 


zarte weiße fibrinöse Beläge sind allerdings noch am unteren Rand des 
Orificium zu sehen, die wahrscheinlich der Rest der noch nicht ganz 
vernarbten, durch den Thermocauter verletzten Gewebe sind. Der 
Umfang dieser Beläge betrug ca. '/2 Quadratcentimeter. Bei der 
Urethroskopie erwies sich die Harnröhre als normal. 

Die mikroskopische Untersuchung der Beläge ergab, daß dieselben 
aus verhornten Epithelzellen mit verwaschenen Kernen bestanden. Die 
bacteriologische Untersuchung der Massen ergab nichts Verwertbares. 

Das Resultat der Behandlung war in diesem Falle jedenfalls ein 
durchaus befriedigendes. Immerhin drängt sich einem die Frage auf, 
ob der Blasenschnitt in einem derartigen Falle, in dem es sich doch um 
keine ernste Affection handelt, gerechtfertigt ist. Die therapeutischen 
Versuche von Lauenstein sind resultatlos verlaufen (Casper, 
l. c. S. 132), während der durch die Operation in meinem Falle erzielte 
Erfolg bereits 2—3 Monate anhält. Im Jahre 1901 wurde gegen das 
hier in Rede stehende Leiden von G rün feld Heidelbeerendecoct vor- 


as, (OM css 


geschlagen, welchem Vorschlage sich neuerdings Ludwig und 
Kaufmann angeschlossen haben. die aber das Mittel nur bei einer 
gleichartigen Affection der Llarnréhre mit Erfolg anwendeten (Monats- 
bericht f. Urologie, Bd. 10, H. 1, S. 46). In meinem Falle wurde dieses 
Mittel nicht angewendet; ich glaube aber, keinen Grund zu haben, dies 
zu bedauern. Kranke wie der meinige halten sich fiir chronisch krank 
und kommen immer wieder zum Arzt. Was speciell meinen Patienten 
betrifft, der in gewissem Sinne Neurastheniker war, so verlangte dieser 
ausdrücklich eine radicale Behandlung. Außerdem bietet das Leiden 
bei größerer Ausdehnung immerhin einen günstigen Boden für die 
Entwicklung einer Cystitis, und schließlich darf man nicht vergessen, 
daß die Leukopladie in einer gewissen Wechselbeziehung zum Epi- 
theliom und Carcinom steht. Alle diese Betrachtungen einerseits und das 
erzielte gute Resultat andererseits scheinen mir doch Grund genug zu 
sein, um auch in der Zukunft derartigen Kranken eine Operation vor- 
zuschlagen. 

Die naturgetreuen Abbildungen verdanke ich meinem Collegen 
K. Esipoñft. 


Ein neuer Harnröhrenspüler. 
Von 


Dr. Bernstein (Cassel), 
Arzt für Haut- und Harnkrankheiten. 


Die von Janet in die Behandlung der Gonorrhoe eingeführte 
systematische Irrigation der Jlarnröhre bezweckt eine mechanische 
teimigung und Desinfection der llarnröhrenschleimhaut bis in die 
tieferen Teile, in die Drüschen und Krypten. Der Effect soll durch zwei 
Momente erzielt werden: durch Anwendung größerer Flüssigkeits- 
nengen und durch Ausübung eines Druckes auf die Ilarnröhre zwecks 
Dehnung ihrer Schleimhaut. 

Für die Irrigation ıst außer Irrigator und Schlauch, ein Ansatz- 
stück, Harnröhrenspüler genannt, notwendig. Derselbe stellt. mit 
seinem vorderen Ende in den lHarnröhreneingang gebracht, die Ver- 
bindung zwischen Irrigator und Ilarnréhre her. Es ist selbstverständ- 
lich, daß der Spüler bei der Irrigation eine wesentliche Rolle spielt. 
Nicht allein, daß er die Ueberfiihrung der Flüssigkeit vom Irrigator in 
die Harnröhre überhaupt ermöglicht, von ihm hängt es auch ab, oh 
die Ueberführung in bequemer und die Dehnung der Harnröhren- 
schleimhaut in ausreichender Weise erfolgt. 

Folgende Gesichtspunkte sind nämlich bei der Irrigation mal- 
rebend und wohl zu beachten. 

1. Die Teberführung der Flüssigkeit vom Irrigator in die Harn- 
rchre soll für den Arzt mit dem geringsten Aufwand an Mühe und 
Zeit verbunden sein. Bei Benutzung der einfachen Glascanüle, deren 
man sich anfänglich ausschließlich bediente, ist die Ueberführung einer 
erößeren Flüssigkeitsmenge in die nur etwa 10—12 ecm fassende 
Hlarnröhre naturgemäß eim umständlicher Vorgang. Man vergegen- 
wärtige sich denselben. Einführen der Canüle in den lHarnröhren- 


— 96 — 


eingang. Füllen der lHarnröhre mit 10—12 cem, Entfernung der 
C'anüle. Entleerung der Harnröhre und Wiederholung dieser Procedur 
sc lange, bis 1 1 Flüssigkeit und mehr verbraucht ist. 

| Eine wesentliche Vereinfachung der Irrigation hat die Ein- 
führung der Zu- und Rücklaufseanüle mit sich gebracht; sie gestattet 
ein continuirliches Zu- und Abfließen der Flüssigkeit; die Canüle bleibt 
während der ganzen Irrigation mit dem Harnröhreneingang in un- 
unterbrochener Verbindung. Die verbreitetsten Canülen mit diesem 
Princip sind die von Mibelli, Vanghetti und Berg. Ihre 
Kenntnis wird vorausgesetzt. 

2. So praktisch das Princip des gleichzeitigen Zu- und Rücklaufs 
ist, muß es doch zeitweise innerhalb einer Irrigation aufgegeben werden. 
Sonst würde die llarnröhrenschleimhaut ausschließlieh mit einer 
Mischung gebrauchter und frischer Flüssigkeit bespült werden: nie- 
mals aber mit frischer Flüssigkeit allein. Und doch besteht das Be- 
dürfnis, namentlich im Anfang der Irrigation. die Harnröhre mehrmals. 
auch mit unvermischt frischer Flüssigkeit in Verbindung zu bringen. 
Wir brauchen aber deswegen die Zu- und Rücklaufscanüle selbst nicht 
aufzugeben, sondern nur den zuführerden Schlauch der Canüle einen 
Moment abzuklemmen. 

Freilich ist dazu eine dritte Hand notwendig. Zwei Hände werden 
schon zur gewöhnlichen Bedienung der Canüle gebraucht: mit der rech- 
ten Dirigiren der Canüle in den Harnréhreneingang., mit der linken 
Andricken der Eichel an die Canüle. 

Die Notwendigkeit einer dritten Hand zwingt uns, die Hilfe des 
Patienten in Anspruch zu nehmen. Das macht den Vorgang um- 
stiindlich und complicirt. 

Die Vanghetti-Canüle bildet allerdings eine Ausnahme. Sie 
bedarf — darin besteht ihre Figenheit — zur Unterbrechung der 
Flüssigkeitszufuhr keiner dritten and. Und sie wäre von den bisher 
erwähnten Gesichtspunkten aus betrachtet eine praktische und allen 
Anforderungen genügende Canüle. 

3. Die Harnröhre muß bei der Irrigation verschiedengradig gefüllt 
und gedehnt werden können. Bei gleichzeitigem Zu- und Rücklauf 
dehnt sieh die Harnröhre bis zu einem gewissen Grade, bleibt dabei 
stehen und geht nicht darunter und darüber hinaus. Das ergiebt sich 
nus der Erfahrung und Ueberlegung und läßt sieh anschaulich mit 
einem an die Canüle gebundenen. die Harnröhre vertretenden Condom- 
fingerling demonstriren. 

Wollen wir bei Verwendung der Zu- und Riicklaufseaniile einen 
höheren Füllungsgrad erzielen, so unterbrechen wir den Rückfluß. Von 


E 


der Zeitdauer der Unterbrechung hängt Füllungs- und Dehnungsgrad 
der Ilereröhre ab, 

Dazu ist jedoch bei allen Zu- und Rücklaufsernülen. aueh bei der 
Varghetti-Canüle eine dritte Hand nötig. Und es e: tetehen dabei in 
jedem Fall die schon eben erwähnten Schwierigkeiten. 

4. Wir müssen in der Lage sein, einen bestimmten Druck eine be- 
hebig lange Zeit auf die Ilarnröhre auszuüben. d. h. einen bestimmten 
Füllungesgrad der Ilarnröhre zu fixiren. Das geht auch bei Anwendung 
der Zu- und Rüeklaufscanüle. 

Wir müssen zuerst den Abfubßb unterbrechen und dea gewünschten 
Füllungsgrad herstellen und danach aueh das Zuflußrohr abklemmen, 
allerdings eine in allen Fällen sehr umständhiehe und drei, auch vier 
llünde erfordernde Procedur. 

Aus den Erörterungen geht hervor, daB bei Benutzung der Zu- 
und NRücklaufeanülen,. so bequem sie auch sind, doch Umständlichkeiten 
entstehen. Es wire aber verkehrt, wollie man deswegen das Princip des 
elcichzeitigen Zu- und Abllusses wieder aus der [Irrigation verbannen. 
Unser Bestreben mub vielmehr darauf gerichtet sein, eine Zu- und 
Rücklaufseanüle zu eonstruiren, welche die oben beschriebenen Um- 
ständlichkeiten vermerdet. 

Nach dem Vorigen muß eine ideale Canüle folgende Eigenschaften 
besitzen: Sie mub gestatten 

a) gleichzeitigen Zu- und Rücktluß (1), 
b) zeitweise Unterbrechung des Zuflusses (2), 
e) zeitweise Unterbrechung des Rücktiusses (3), 
d) zeitweise Unterbrechung des Zu- und Rückflusses (4) 
in der Art, dab alle vier Spülarten 
a) hintereinander in beliebiger Reihenfolge, 
b) ohne Entfernung der Canüle aus dem Harnrohreneingang, 
¢) unter Benutzung von nur zwei lländen 
ausführbar sind. 
Beistehend abgebildete Canüle entspricht diesen Anforderungen, 
Sie besteht ans drei Teilen: 
1. dem Irrieatorteil, 


2, dem verticalen Mittelstück, 


— ⸗ 


>. dem Harnröhrenteil. 


Der Irrigatorteil stellt eine zur Erhöhung der Handlichkeit ge 
bogene Olssröhre dar. deren freies Ende zur Aufnahme des Irrigator- 


schlauches dient. 





— 99 — 


Der Harnröhrenteil stellt eine durch eine Längsscheidewand in 
wei Kanäle geteilte Glasröhre dar, deren freies Ende die Beziehung 
zur Harnröhre herstellt. Von den beiden Kanälen vermittelt der obere 
den ZufluB in die llarnröhre, der untere den Rückfluß aus ihr. 

Das Mittelstück steht vertical zu den beiden anderen Teilen und 
stellt einen Hahn dar, bestehend aus einem oben in einer Scheibe 
endenden Stopfen und dem unten in einer offenen Schlaucholive 
endenden Stopfenmantel. Der Hahn stellt die Verbindung her zwischen 
Irrigatortell und Harnröhrenteil, und zwar vermöge mehrfacher 
Durchbohrungen des Stopfens. 


Der Stopfen weist nämlich auf: 


1. eine horizontal verlaufende Durchbohrung. Sie ver- 
bindet den Irrigatorteil mit dem oberen Kanal des Harnröhren- 
teiles und vermittelt somit den Zufluß aus dem Irrigator ın die 
Harnroéhre, 


2. darunter liegt ein System von drei Durchbohrungen, 
eine im Liingsdurchmesser verlaufende und zwei in diese ein- 
mündende radiür verlaufenge horizontale Durchbohrungen. Sie 
verbinden in verschiedenen Stellungen des Stopfens den 
unteren Kanal des Harnröhrenteils mit der Schlaucholive des 
Stopfenmantels, dienen also dem Rückfluß aus der Harnröhre 
nach außen. 


Wie die verschiedenen Spülmögliehkeiten zu Stande kommen, soll 
nicht beschrieben werden; bei Besichtigung des Spülers wird es jedem 
ohne Weiteres klar. 

Bei der Benutzung braucht man sich nur nach den Aufschriften 
auf der Peripherie der Stopfenscheibe zu richten. Auf der Scheibe sind 
die vier Stellungen so verzeichnet, daß man sie nur so weit zu drehen 
braucht, bis‘eine durch die Bezeichnung und den Mittelpunkt der 
Scheibe gedachte Linie parallel dem Harnréhrenteil der Canüle ver- 
läuft. Zur Bedienung des Spülers genügen zwei Hände. Die linke 
Hand drückt den Ilarnröhreneingang an das Ende des Harnröhrenteils; 
die rechte Hand dirigirt den Spüler und führt die Drehungen der 
Scheibe so aus, daß 2—3 Finger und die Tohlhand den Irrigatorteil 
umfassen. Daumen und Zeigefinger an die geriefte Scheibe gelegt 
werden (s. Fig.). Der Spüler ist ganz aus Glas hergestellt. Nur der 
Stopfen besteht aus Porzellan, weil sich Porzellan auf Glas leichter 
dreht, als Glas aus Glax Der Spüler ist natürlich anskochbar. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen em grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


Prof. Dr. M. v. Zeissl, Abteilungsvorstand des Kaiser Franz Josef- 
Ambulatoriums in Wien: Die luetischen Erkrankungen des 
Urogenitalapparates und ihre Behandlung. (Wiener med. 
Presse 1906, No. 2.) 
Auf die Erkrankung der Nieren infolge von Syphilis geht Verf. nur 

kurz ein, weil die klinisehe Erkenntnis über die syphilitisehe Erkrankung 

derselben kein wesentlich eigenartiges Bild liefert und dieselbe iber- 
haupt relativ selten vorkommt. Verf. erwähnt nur. daß ime Verlaufe der 

Svphilis die Erkrankung der Niere unter dem Bilde der aeuten und der 

chronisech-interstitiellen Nephritis sowie mit Bildung von Gummen emher- 

gehen kann und daß sieh endlich Amyloid der Niere zu entwickeln ver- 
mar. Wegen der Nachteile, welche die Quecksilberbehandlung auf die 
kranke Niere übt, ist es angezeigt. jeden Svphilitisehen ber der ersten 

Untersuehung daraufhin zu prüfen, ob die Niere intact ist oder nicht. 
Ueber die Erkrankungen des XNierenbeekens und der Harnleiter 

finden sieh nur Fälle von Aufreeht und Hadden bei Proksch 

angegeben. 

Auch die Harnbläse erkrankt relativ selten an Lues. 

Was die Harnröhre anlanet, so erkrankt dieselbe sowohl beim Manne 
als beim Weibe nicht gar so selten. Wir finden zunächst in der männ- 
lichen Ilarnröhre alke ImiPlasenreelar, Swplakwroresses, nämlich: den 

eo : 


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e@ eee, § s = ee ce ee ee O 
+ ‘6. o e e e Ze e e e e ge 
e 2 . o + » ee e œ ©. © ev ee0e0¢ e 
e o +. o a e 
e e eg a œ e ep @ e fe e efAfe 
@e e e e e $ 
e ees e e + e ep o oos, © 
ef oe Soe oè . e@ eee 8 e ee” 
"ege è eee ® 2e re * ei, S.S z 


— 101 — 


Primäraffect, zweitens die Eftlloreseenzen des papulösen Stadiums und 
drittens die Erscheinungen der gummösen Syphilis. Der: Primäraffeet 
in der Harnröhre des Mannes reicht meistens vom Orificium extérnum 
mehr oder weniger tief in die Harnröhre hinein. Das gesetzte Infiltrat 
kann das Harnen oft beträchtlich erschweren. Seltener findet man den 
syphilitischen Primäraffeet weit hinten in der Harnréhre. Die Efflores- 
venzen des papulösen Stadiums können an der Harnröhrenschleimhaut 
zu obertlächlichen Tleerationen führen. Dieselben ähneln, wie Tar- 
nowskv angiebt. den oberflächlichen Uleerationen der Balanoposthitis 
syphilitiea und können einen chronischen Tripper durch das spärliche 
Secret, welches sie erzeugen, vortäuschen. Das endoskopische Bild 
dieser Uleerationen zeigt auf der Schleimhaut der Fossa navieul. oder der 
Pars spongiosa, zerstreut liegende graue Flecke, welche eine gewisse 
Aehnliehkeit mit den dureh Herpes genitalis hervorgerufenen Geschwüren 
haben. Die Endoskopie allein wird zu differential-diagnostischen 
Zwecken nieht genügen, nur die begleitenden syphilitischen Er- 
seheinunzen und die Anamnese werden uns in den Stand setzen, eine 
syphilitische Urethritis zu diagnosticiren. g 

Was das Gumma anlangt, so kann dasselbe von der Harnröhren- 
sehleinhaut ausgehend auf die Schwellkörper und deren allgemeine Be- 
deckung übergreifen oder es kann umgekehrt ein gummöses Syphilid 
in der allwomeinen Bedeckung des Penis beginnen und von dort auf die 
Urethralschleimhant übergreifen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß 
infolze von Gummen in der Harnröhrenschleimhaut sich Strieturen ent- 
wiekeln können. 

Was die Erkrankung der weiblichen Harnröhre anlangt, so giebt 
Fournieran, daß Gummen derselben häufiger als in der des Mannes 
beobachtet werden. Bereh beriehtet über zwei Fäle von epiurethralen 
Gauunmeosititen bei Weibern Lang und Ehrmann sahen Gumma- 
bildung am Urethralwulst, Zechmeister und Matzenauer eon- 
stitirten infolge von Gummen der Harnröhre eines Weibes ödematöse 
Durchträinkune papsllärer Exerescenzen am Sphineterrand. Verf. beob- 
achtete ebenfalls Gummenbildung in und an der Urethra. 

Was den Genitalapparat anlangt. so kann beim Manne an dem 
iutereu  Blatte des Präputiums zuweilen eine diffuse Röte auftreten, 
welcher ein geringerer oder stärkerer Präputialkatarrh folget, dessen 
Secret das Epithel des entzündeten Schleimhautblattes marcerirt. Der 
svphilitische Präputialkatarrh verläuft gelinder als die gewöhnliche 
Balanoposthitis, erzeugt keine phlegemonöse Schwellung des Präputiums 
und keine Schwellung der Haut des Penis und ruft auch keine acute Ent- 
zundung des dorsalen Lymphdrüsenzefäßes hervor. Die Diagnose wird 
nur dureh das Vorhandensein anderer syphilitischer Erscheinungen, ins- 
besondere von Roseolaeftloreseenzen an der Eichel ermöglicht. 

Beim Weibe kommt sehr hiiufig ein syphilitisches Erythem der 
Vulva vor, welches, obgleich die Rötung der betreffenden Schleimhaut 


— 102 — 


nicht besonders intensiv und die Secretion eine mäßige ist, doch oft zur 
ödematösen Schwellung der groBen und kleinen Schamlefzen fulirt und 
eine katarrhalische Reizung der Vagina veranlaßt. 

Viel häufiger als das Erythem kommen Schleimhautpapeln an dem 
männlichen und weiblichen Genitale vor. Gummen finden sich am inneren 
Präputialblatt, an der Schleimhaut der beiden Labien, sowie an der 
unteren Scheidenecommissur. An der Vaginalportion sind Gummen relativ 
selten und können nur unter Zuhilfenalıme anderer Lueserscheinungen. 
sowie ex juvantibus diagnosticirt werden. 

Am Penis und Scrotum können alle Formen der Syphiliseftlores- 
cenzen zum Vorschein kommen. Das Gumma am Penis kann insofern zu 
Irrtümern Veranlassung geben, als es mit einem Primäraffeet ver- 
wechselt und als Zeichen einer Reinfeetion aufgefaßt werden kann. Das 
Gumma unterscheidet sich vom Primäraffeet dureh den rascheren Zerfall 
und dadurch, daB es nur dann von geschwellten Lymphknoten begleitet 
wird, wenn diese selbst gummös erkranken. Handelt es sich um eine 
Reinfeetion, so muß dem Infiltrate eine Reihe syphilitischer Allzemein- 
erscheinungen folgen. Handelt es sich um einen reeidivirenden Primär- 
affect, so müssen mit diesem gleichzeitig Erscheinungen des papulösen 
Stadiums einhergehen, was bei wummösen Processen relativ selten der 
Fall ist. 

In den Schwellkörpern kann es zur Sehwielenbildung nach Gumma 
kommen. Dureh das neugebildete Bindegewebe kann die Erection des 
Gliedes verhindert werden, zuweilen wird durch die Abkniekung des- 
selben ein Cohabitationshindernis geschaffen. Durch Exstirpation der 
Schwiele läßt sieh eine vollständige Facultas eohabitandi erzielen. 

Zum Sehluß besprieht Verf. die Erkrankungen des Hodens und des 
Samenstranges, sowie der inneren Genitalien des Weibes. Wir kennen 
eine einfache Orchitis syphilitiea und eine Orehitis gummosa. Die 
Orehitis syphilitieca geht von der Albuginea aus, wobei durch Entzündung 
diese und die Scheidewände, welche in das Innere des Hodens eindringen. 
zu einer bedeutenden Bindezewebswucherungz verdiekt werden. Ueber- 
dies findet man zuweilen unter dem verdickten Ueberzug des kranken 
Hodens scharfbegrenzte, hanfkorngroBe, mit einem festen gelblichen Kern 
versehene Knötchen. welehe als Gummata erkaunt wurden. Diese Form 
ist die erwähnte Orchitis gummosa. Die Hodensyphilis beginnt meist 
schmerzlos. Allmählich nimmt der Hoden an Umfang zu und kann das 
Zwei- bis Dreifache seines ursprünglichen Volumens erreichen. Auf 
Druck ist der geschwollene Tloden viel weniger empfindlich als der nor- 
male. Gewöhnlich endigt die Hodenentzündung mit Resorption des Ent- 
zündungsproductes: auch kommt es zuweilen zur Atrophie des erkrankten 
Hodens.  Vereiterung des syphilitischen Hodens ist relativ selten. 
Lewin fand bei 50 pCt. Syphilitisehen Azoospermie. Syphilitische Fr- 
krankungen der Samenblischen und Prostata sind bisher nieht boob- 
achtet. 


— 103 — 


Was die Erkrankungen der inneren Genitalien des Weibes anlangt, 
so sind Fälle von gummöser Oophoritis und gummöser Salpingitis be- 
kannt. Die oberen Abschnitte des Uterus sind wie die Portio vaginalis 
uteri ebenfalls der Sitz zummöser Knoten. Kr. 


Il. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


u e end 


Prof. Dr. H. Dreser (Elberfeld): Ueber Harnacidität. (Beiträge 
zur chem. Physiol. u. Pathol., Bd. 6, H. 5.) 


Bei der Harnacidität ist außer. der Menge auch die Intensität wichtig 
für die therapeutische Wirksamkeit eingenommener harndesinfieirender 
Säuren, wie Kamphersäure oder Salieylsäure. In den sauren mensch- 
lichen Harnen beträgt die dureh Alkali titrirbare Aciditiit oft das 
Doppelte bis Dreifache von derjenigen Acidität, welche als saures Alkali- 
phosphat aus der Titration der Gesamtphosphorsäure berechnet werden 
kann. Die Harnacidität kann daher auch nicht von einem Gemenge von 
plimadrem und secundirem Alkaliphosphat herrühren. Die Intensität der 
Harnaciditiit ist fast immer größer als die aus dem Cesamtphosphor- 
säuregehalt für saures Alkaliphosphat bereehenbare. Die Ausfillung des 
Harns mittels Chlorbaryums bewirkt, daß die Intensität der Harnacidität 
erößer erscheint, als sie in Wirklichkeit ist. M. Lubowski.- 


Dr. Samuel Bondi, Assistent im chemischen Laboratorium der Wiener 
allg. Poliklinik, und Cand. med. Oswald Schwarz: Ueber die 
Einwirkung von freiem Jod auf Acetessigsäure und 
deren Nachweis im Harn. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, 
No. 2.) 


Seitdem bei den Forschungen über die Pathologie des Diabetes und 
speciell über das Coma diabeticum das Auftreten abnormer Säuren im 
Harne in den Vordergrund des Interesses getreten war, mehrten siel die 
Methoden zum Nachweis der Acetessigsäure. Die bisher vorwiegend 
benutzte Reaction auf Acetessigsäure im Harn rührt von Gerhardt her. 
Sie versagt Jedoch in allen Fällen, in denen sich im Harn neben Acetessig- 
säure andere Stoffe finden, die mit Eisenchlorid unter Farbbildung reagiren. 
Daher machte sich bald das Bedürfnis nach einer nur der Acotessirsäure 
zukommenden Reaction geltend. Die von Arnold angegebene ist etwas 
zu complicirt. um sich m die Praxis Eingang zu verschaffen. Alle anderen 
zu diesem Zwecke angeführten Methoden beruhen auf dem Jodbindungs- 
vermögen der Acetessiesäure. Außer der Methode von Mörner, der 
das entstehende Jodaceton zum Nachweis benutzt, gehen sie auf die 


— 104 — 


Beobachtung Rieglers zurück, der fand, daß in Harnen, die Acet- 
essirsäure enthalten, zugesetzte Jodsäure redueirt wird und das frei- 
werdende Jod mit Chloroform nicht nachgewiesen werden kann. Den 
einen Nachteil dieser Methode, daß der Ausfall der Reaction von der 
Anwesenheit Jodsäure redueirender Körper im Harne abhängig ist. hat 
Lindemann beseitigt, indem er statt Jodsäure Jodjodkaliumlösung 
benutzt: der Vorwurf aber, daß dieses Jodahsorptionsvermögen keines- 
wegs der Acetessiesäure allein zukommt, trifft beide Methoden in 
gleichem Maße. Auch normale Harne binden bis zu einem gewiBen MaBe 
Jod, ein Vermögen, das sieh bei pathologischen. acetessigsäurefreien 
Harnen beträchtlich erhöhen kann, so z. B. bei hohem Gehalte an Harn- 
siure oder Salhiey!säure. 

Absolut beweisend fiir Acetessigsiure ist nur die Bildung von Jod- 
aceton. Man kann die Reaction einfach so anstellen. daß man zu 5 ecm 
Harn etwa 1 ccm Lugol’scher Lösung zusetzt und aufkocht. Der 
beißende Geruch verrät sehon Spuren von Acetessigsäure. Er ist charak- 
teristiseh und von etwa entstehenden Joddämpfen leicht zu unter- 
scheiden. Um diese eventl. zu einem Irrtum führende Verwechselung zu 
umgchen, kann man die Reaction zweckmiBig folzendermaBen modili- 
ciren: 

Zu 5 cem Harn läßt man aus einer Pipette oder einem Tropfröhrchen 
die Jodlüsung tropfenweise zufließen. Die ersten Tropfen werden prompt 
entfärbt und man setzt so lange Jodlösung zu. bis die Flüssigkeit orange- 
rot wird: bei ganz gelindem Erwirmen verseliwindet die Farbung und 
fährt man mit dem Eintropfen fort, bis der Harn auch in der Wärme 
deutlich rot bleibt. Kocht man dann einmal auf, so spürt man bald den 
stechenden Geruch. 

Die Reaction zelingt Jedoch nur bei neutraler oder schwach saurer 
Reaction. Alkalischer Harn ist daher mit Essiesäure schwach anzusäuern; 
im alleemeinen zenüet die normale llarnaeidität. 

Unter allen im Harne vorkommenden Stoffen wird diese Reaction nur 
von Acetessizsäure gegeben. Aceton und 2-Oxybuttersäure vermögen 
kein Jodaceton zu bilden. Kr. 


Dr. R. Luzzatto: Ein Fall von Pentosurie mit Ausscheidung 
von optisch activer Arabinose. (Beitr. zur chem. Physiol. 
u. Pathol., Bd.6, H.1 u. 2.) 


Verf. hat im Pharmakologischen Institut zu Sassari Untersuchungen 
über einen Fall von Pentosurie ausgeführt, die in Bezug auf die Natur 
des ausgeschiedenen Zuckers Folgendes ergeben haben: 

i. Das heductionsvermogen des ilarns ist mit groBer Wahrschein- 
liehkeit als dureh einen Zucker bedingt anzusehen. da er ein eharak- 
teristisehes Phenylosazon giebt. 

2, Es handelt sich aber nieht um Glykose, da er nicht eärunesfühig 
jst. nieht rechts dreht, das Osazon leichter löslieh ist als Phenylely kosazon 


— 105 — 


und eiren viel niedrizeren Schmelzpunkt zeirt, der auf Pentosozon hin- 
weist. Wiederholt wurde aber am concentrirten Harn und namentlich 
an der aus dem Bleiammoniakniederschlaxz erhaltenen Flüssigkeit eine 
geringe Kechtsdrehung beobachtet. Ze 
Verf. hielt es daher für notwendig. sich über die Natur der vor- 
liexenden Zuekerart durch Reindarstellunz und Analyse Gewißheit zu 
verschaffen. Aus der Analyse ging hervor, daB die im vorlierenden Fall 
ausveschiedene Pentose als l-Arabinose angesprochen werden muß. — 
Dieser Fall ist, wie Verf. annimmt, der erste, bei dem die Ausscheidung 
ener optisch activen Arabinose nachgewiesen ist. Ss 
Die Pathogenese der vorliegenden Anomalie des Stoffwechsels ist 
vollkommen dunkel. Da es sich in dem Falle des Verf.’s um einen jungen 
Mann handelte, der zur Zeit, als die Pentosurie entdeckt wurde, Cocainist 
war, konnte damals zuerst daran gedacht werden, daß es sch um eine 
durch Cocain veranlabte Störung handelt. Jetzt glaubt Verf. einen solehen 
Einfluß ausschließen zu können, da erstens das gesteigerte Reductions- 
vermögen des Harns schon vor der Gewöhnung an Cocain bestand, und 
der Harn gelerentlieh schwach reehts drehte, so daB man an eine leichte 
Diabetesform dachte; zweitens weil auch noch vger Jahre nach vélliger 
Corainentwöhnnne, zu einer Zeit, da das Individuum absolut keine Krank- 
heitserscheinunzen aufwies, die Pentoseausscheidung auhielt. Jedenfalls 
stellt die l-Arabinosurie im vorliegenden Falle, wie die gewöhnliche Pen- 
tosurie (r-Arabinosurie), nicht eine Krankheit, sondern eine einfache 
Anomalie des intermediiren Stoffwechsels dar, da sieh das betreffende 
Individuum danernd völliger Gesundheit erfreut. Eine Beziehung zum 
Diabetes ist aueh hier auszuschließen. M. Lubowski. 


II. Gonorrhoe und Complicationen. 


Dr. F. Pinkus: Prineiplen der Gonorrhoetherapie. (Mei. 
Klinik 1905, No. 28.) 


Die Gonorrhoe, das klarste Beispiel einer reinen bacteriellen Intec- 
tion, führt Verf. aus, wirkt anscheinend ganz local. Eine Fernwirkune 
dureh Toxine besteht entweder nieht oder verursacht wenigstens keine 
erkennbaren Störungen. Eine Versehleppung durch Lyinphstrom und 
Blutstrom über die Genitalorgane hinaus kommt vor und erklärt alle 
Complieationen dureh die direete Anwesenheit der Gonokokken. Ín 
dem Moment, wo die Gonokokken beseitiet sind, endet der Eiterfluß aus 
der Urethra. Gelingt es, sie in der kurzen Spanne Zeit, i der sie nur 
den vorderen Teil der Urethra besiedelt haben und relativ oberflächlich 


— 106 — 


sitzen, zu vernichten, so ist die Gonorrhoe geheilt. Von den hier in 
Betracht kommenden desinfiecirenden Mitteln haben sich fast nur die 
Silbersalze und in erster Linie der Höllenstein selbst erhalten. Spüle 
man nach infectiésem Coitus die Urethra mit '/: bis 11] einer Lésung von 
Hollenstein (/s- bis 1 prom.), Argoini 1 pCt., Argentamin ('/« his 1 pCt. der 
10 proc. Stammlôüsung), Protarwol (/4 bis 1 pCt), Largin, Albargin. Aktol. 
Itrol u. s. w. gründlich aus, so gelingt es mit Sicherheit, den Ausbruch einer 
Gonorrhoe zu verhüten. Häufig gelingt diese Coupirung noch nach 12 bis 
24 Stunden. Nicht ganz ausnahmsweise gelingt sie in Fällen, die von An- 
fang an mit mehr schleimiger Secretion verlaufen, noch nach mehreren 
Tagen. 

Kein Zeichen des gonorrhoischen Proresses gestattet eine sichere 
Diagnose außer dem Nachweis des Gonoeoeeus, und wenn ein Erkennen 
der acuten Gonorrhoe ohne Mikroskop auch möglich wäre. so ist es 
doch absolut unmöglich, ohne mikroskopisehe Untersuehung einen sub- 
acuten Austluß riehtig zu taxiren oder die Heilung der Gonorrhoe beim 
Manne, geschweige denn bei der Frau festzustellen. Viele anscheinenil 
symptoinlosen Fälle lassen bei gründlicher Untersuchung inmmer noch in 
ihren kleinen Schleimtröpfehen, in ihren spärliehen Urinfädehen. im 
Centrifuzat der fast sauberen ersten Urinportion Gonokokken finden. vor- 
nehmlich wenn man die Untersuchung vor dem Entleeren des Morgen- 
urins vornimmt. 

Von diesem Standpunkte ausgehend, bemängelt Verf. die m den 
letzten Jahren erschienenen Mitteilungen über erfolgreiche Anwendung 
der sogenannten internen antigonorrhoischen Mittel — eben weil die 
meisten dieser Arbeiten nichts von den für die Beurteilung des Verlaufs 
der Gonorrhoe und ihrer Heilung nötigen Gonokokkenbefunden 
enthalten. Das Schwinden der Symptome, eine länzere Zeit bestehende 
Recidivfreiheit wurde als Heilung aufgeführt, während in der That 
beispielsweise das Aufhören des Ausflusses nichts beweise und in Fällen, 
die nieht zu Complieationen neigen, regelmäßig nach mehreren Wochen 
von selbst eintrete. Die tägliche Erfahrung lehre aber, daB in dem sehr 
verringerten Secret sich Mengen von Gonokokken befinden, daß sie also 
trotz Aufhörens der heftigen Entzündung der Schleimhaut ihr gutes 
Fortkommen finden. Daß durch Ruhe und durch Balsamiea ein Eintluß 
auf die Erreger der Gonorrhoe auszeübt würde, hat Verf. nie gesehen. 

M. Lubowski. 


F. Passarelli: Klinischer Beitrag zur Kenntnis der thera- 
peutischen Wirkung des Gonosans. (Monatsschr. f. Harn- 
krankheiten u. sexuelle Hygiene 1905, H. &.) 

Verf. hat bei seinen mit dem Gonmosan angestellten klinischen Beo»- 
achtungen selbst in den Fällen, in denen er alle anderen bei Urethrius 
gonorrhoica gewöhnlich zur Anwendung gelangenden Mittel erfolglos 
angewendet hatte. so vorzürliche Resultate erzielt, daß er das Gonosan 


ganz bestimmt für ein Specificum hält. Die Zahl seiner bisherigen klini- 
schen Beobachtungen beträgt 11. In sämtlichen Fällen wurde die Dia- 
enose durch mikroskopische Untersuchung des Ausflusses bezw. durch 
den Nachweis von Gonokokken sichergestellt. Die Gonosan-Kapseln 
wurden stets, sofern der Magen in Betracht kommt, sehr gut vertragen. 
In allen Fällen wurde unter dem Einflusse der Gonosan-Behandlung eine 
sehr rasch eintretende Verringerung der Irritation und der Entziindung 
der Gewebe wahrgenommen, welche Wirkung der anämisirenden und 
anästhesirenden Wirkung des Präparats zu verdanken ist. Die sub- 
Jeetiven Beschwerden ließen nach, die schmerzhaften Erectionen ver- 
schwanden, der abnorm gesteigerte Harndrang wurde wieder normal. 
Da Verf. in seinen Fällen während der Gonosan-Behandlung von jeg- 
licher Loecalbehandlung abgesehen hat, so glaubt er es als erwiesen 
betrachten zu dürfen, daß das (ionosan seine günstige Wirkung ganz 
allein ausgeübt und seine bactericide Kraft zur Geltung gebracht hat. 
Alles in allem glaubt Verf. die Gonosan-Behandlung als die beste, 
sicherste und am raschesten zum Ziele führende Behandlung der Gonor- 
rhoe empfehlen zu können. | M. Lubowski. 


Dr. Ed. Deutsch (Wien): Bemerkungen zur internen Be- 
handlung der Gonorrhoe. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, 
No 3.) 


Verf. berichtet zunächst über seine Erfahrungen mit dem Arhovin. 
welches von seinem Darsteller als ein Additionsproduet des Diphenyl- 
amins und der esterificirten Thymylbenzoesäure beschrieben wird. So 
günstig auch alle bis jetzt vorliegenden Publiecationen über das Präparat 
lauten, so hat sieh den: Verf. vorliegender Arbeit das Mittel bei der 
Nachprüfung absolut nieht bewährt. Es macht nach D den Eindruck, 
als ob es auf den gonorrhoischen Proce gar keinen EinfluB ausübe, 
denn er konnte trotz der innerlichen Darreichung des Arhovins in einem 
überraschend hohen  Procentsatz das Fortschreiten auf die Urethra 
posterior constatiren: Keine Abnahine der Secretion, kein Schwinden der 
(onokokken, kein Einfluß auf den Rückgang der subjeetiven und objec- 
tiven Symptome, keine Klärung der zweiten Urinportion bei Urethrocy- 
stitis, kurz, Verf. kann dem Arhovin keine einzige günstige Wirkung zu- 
sprechen und spricht thm jede Zukunft ab, zumindest in der jetzt vor- 
liegenden Form. 

Ferner hat Verf. ausgedehnte Untersuehungen über den Wert) des 
Gonosans angestellt. Dasselbe stellt eine Lösung der wirksamen Harz- 
masse aus der Kawa-Kawa im gereinigtem Santalôl dar, so dab auf die 
erstere 20 pCt., auf das letztere 50 pCt. entfallen. Nicht nur das Santalol. 
sondern auch die Kawa-Kawa firurirt bereits seit Jahrzehnten unter den 
innerlichen Antigonorrhoieis, verwendet wurde entweder die einfache 
Abkochung oder das Fluidextraet der Wurzel. 


— 108 — 


Die Resultate aler einschlägigen Beobachtungen des Verf.s über das 
Gouosan sind folgende: Die sehweren subjectiven Erscheinungen, welche 
das jeweilige Uriniren bei der ersten acuten Gonorrhoe zu einem wahren 
Martyrium gestalten, schwinden in der Regel schon nach 48 Stunden. 
Von den objeetiven Symptomen ist die rasche Abnahme der Secretion. 
mit der eine Abschwellung der entziindeten Schleimhaut Hand in Hand 
geht. auffallend. Die reichliche, dickeitrige Secretion schwindet in der 
Mehrzahl der Fälle innerhalb weniger Tage (2—4) und macht einer ge- 
Yinzen serös-eitrigen Platz; damit tritt gleichzeitig eine überraschende 
Aufhellung der ersten Urinportion auf, In diesem Stadium setzte Vert. 
in der Rexel mit der localen Behandlung ein, für welche entweder eines 
der organischen Silbermittel oder auch Kal. permangan. gewählt 
wurde. Einzelne Fälle lassen aber aueh die Beendienng der Behandluns 
ohne loeale Maßnahmen zu. Verf.'s Ueberzeugung geht dahin. dab das 
Gonosan bei der Behandlung der Gonorrhoe, insbesondere in der be- 
sprochenen Combination mit der Localbehandlung, außerordentliche 
Dienste leistet. 

Nieht minder günstig lautet sein Urteil über eine Combination des 
Gionosans mit dem Urotropin, das Urozosan. Die zunächst zu eon- 
'statirende rasche Milderung des Harndranves und des schmerzhaften 
Tenesinus und dessen schließliche Beseitizung, die rasche Aufhellung der 
zweiten Urinportion sichern nach Verf. dem Trogosan. ganz abgesehen 
von dem giinstigen Einfluß auf den vorderen Teil der Harnröhre. in der 
Behandinne der Urethroeystitis eine ebenso hervorragende Stellung, wie 
sie das Urotropin gegeniiber der Cystitis im allgemeinen einnimmt. 


Kr. 


Dr. Hermann Strebel (München): Die Behandlung der chroni- 
schen Gonorrhoe mittels Glimmlicht. (Wiener medicin. 
Presse 1905, No. 53.) 

Verf, verfolet seit Jahren das Problem der Verwendung der Licht- 
therapie für die Behandlung der Gonorrhoe. Um zu einer Lösung dieses 
Problems zu kommen, hat er die verschiedenartigsten Versuche an- 
gestellt, die ihn schließlich zu der Einsicht führten, daß nur dann eine 
Aussicht auf Frfole vorhanden sein könnte, wenn es ihm gelänge, die 
Lichtquelle im Innern der Urethra selbst zu etabliren oder das Licht in 
geniigender Stärke direct in die Urethra einzuleiten. 


` Beide Were sind 
Verf. gerlückt. 


Was den letzteren betrifft. so hat er das Problem da- 
dureh gelöst, dab er das dureh Linsen oder Spiegel eoneentrirte Licht 
stirkster Lichtquellen (Sonnen- oder elektrisches Licht bis zu 60 Ampères 
Stromstärke) auf den slatten Querschnitt eines Quarzstabes oder eines 
Rohres aus Quarz, welches mit Wasser gefüllt wird, fallen Heß: das Licht 
geht mit mäßiger Absorption und ohne bedeutende seitliche Als- 
strahlunesverluste dureh ein solches Quarzsystem kadiri: um am Ende 
des Stabes oder Rohres als ehemiseh wirksame. ultravioletthaltige ice: 


— 169 — 


quelle wieder auszustrahlen. Eine derartige Lichtapplication für die 
Urethra ist aber mit allerlei Schwierigkeiten verbunden. Einen Ausweg 
bietet nun die vom Verf. eingeführte Methode der Bestrahlung mittels 
Induetionsfunkenlieht und Glinmlieht, wobei die Lichtquelle in der 
Urethra selbst untergebracht ist. Zur Erzeugung beider von St. in die 
Therapie eingeführten Liehtqualitäten genügt ein Induetorium von 15 bis 
20 em Schlagweite. Das Inductionsfunkenlicht für Körperhöhlen- 
bestrahlung erzeugt Verf. auf folgende Weise: In engen Quarzröhren, die 
den jeweiligen Körperhöhlenformen angepaßt sind. liegen voneinander 
isolirt, in zwei dünnen Glasröhrchen zwei Elektroden mit einem Abstand 
von /z em an dem zugesehmolzenen Quarzrohrende, welcher als Funken- 
strecke dient. Die beiden isolirenden Glasröhrehen dienen zugleich als 
Zuführ- und Abführrohr für einen Luftstrom, welcher, dureh Fuß- oder 
Motorgebläse oder am besten dureli eingekühlte Preßluft erzeugt. die 
durch die Funkenstrecke bedingte Erhitzung auf ein Minimum zurück- 
führt und zugleich die an der Funkenstrecke gebildeten Gase, Ozon. 
Metalidämpfe ete., ableitet. Der von obigen [uduetorien gelieferte und 
dureh eine kleine parallel in die Stromleitung zum Instrument ge- 
schaltete Leydener Flasche eondensirte Funke springt mit lebhaften Ge- 
räusch innerhalb des Quarzrohres an der Funkenstrecke über, dabei eın 
helles Lieht ausstrahlend. Legt man an die betreffende Quarzstelle ein 
lichtempfindliches Papier, so tritt naeh kurzer Exposition schwarze 
Färbung auf. bedingt durch die von dem Inductionslicht ausgeschickten 
Strahlen in Blau, Violett und Ultraviolett, von welehen Verf. zuerst nach- 
sewiesen hat, da sie stark baeterientötend auf die Haut. somit als Con- 
currenz für das Kohlenbogenlicht wirken. Diese fiir Inductionsfunken- 
licht hergestellten Apparate kommen hauptsächlich für die hinteren 
Urethralaffeetionen in Verwendung. 

Das elektrische, im luftleeren Raum dureh den Wechselstrom er- 
zeuerte Glimmlieht ist die erste praktische Verwendung des Vacuumlichtes 
zu therapeutischen Zwecken. An eine eneze Glasröhre ist eine grobere 
Auftreibune angeblasen, in welcher eine Elektrode (Kathode) hert. Die 
Anode wird in Form emes langen Alumimumdrahtes in die enge Röhre 
seführt und von dieser dureh ein zweites diinnes Glasrohr isolirt. In der 
Nähe der Kathode ist dieses Kabel von einem dritten starken Glasrohr 
umgeben. weil die in der Nähe auftretende heftige Spannung die ein- 
fache Glasisolirung der Anode leicht durehschlägt, also das Instrument 
unwirksam machen würde. Schließt man nun den Glimmliehtbestrahler, 
wie Verf. das Instrument benannt hat, an die Secundiirpole eines Inductors 
an, so beleuchtet der ganze Raum des engen Rohres seiner ganzen Länge 
nach in hellem Liehte auf, das je nach dem Vacuumzustand des Rohres 
blendend weiß bis violett ist. Bei längerem Gebrauch wird das Vacuum 
durch Verdampfung von Metall in ähnlicher Weise verändert, wie dies bei 
den Röntgenröhren geschieht und ganz nach dem Vaeuumzustand richtec 
sich die Farbe des Lichtes. Dieses Glimmlieht übt auf liehtempfindliches 


— 110 — 


Papier eine photochemische Wirkung aus, die allerdings durch das Rohr- 
material, welches früher ganz aus Glas bestand, bedeutend abgeschwächt 
wurde. Dementsprechend war auch eine ganze Anzahl von stunden- 
langen Sitzungen notwendig, um die von Verf. angestrebte Licht- 
entzündung der Urethra zu erreichen. Nachdem es ihm nun aber ge- 
glückt ist, das leuchtende Rohr aus Quarziluß hergestellt zu erhalten, sind 
diese Expositionsverhältnisse zanz andere geworden. Das Glimmlicht ist 
eine ungemein starke Quelle für Ultraviolettstrahlen. Dieses Licht wirkt 
bacterientötend, ganz entsprechend dem Gehalt an Ultraviolett. 

Die Application eines solchen Glimmlichtbestrahlers gestaltet sich 
folgendermaßen: Der Patient sitzt in bequemer Haltung auf einem Lehn- 
stuhl. Man führt nun das Rohr in gleicher Weise wie einen Katheter 
in die Urethra ein. Sobald dies geschehen, erfaßt der Pat. mit der linken 
Hand das Membrum, mit der rechten den Glimmliehtbestrahler an dem 
verdiekten Rohrteil unterhalb der Auftreibung und hält nun das Rohr ruhig 
in gleicher Stellung fest. Nunmehr werden die beiden Secundärleitungen 
des Inductors mittels Kabel an die Oesen des Instrumentes eingehängt 
und der Strom eingeschaltet. Das Rohr leuchtet auf, ohne daB der Pat. 
das geringste fühlt. Die Sitzung beträgt im allgemeinen 40 Minuten. Zur 
Erzeugung einer Liebtentzündung in der Urethra genügt bei Verwendung 
des Gilimmliehtbestrahlers aus Quarz eine einzige Sitzung. Die ge- 
wünschte Liehtentzündung tritt bereits nach einigen Stunden in ähnlicher 
Weise ein, wie dies auch bei der äußeren Haut der Fall ıst. Die Dauer 
dieses Zustandes erstreckt sieh über einige Tage, worauf man, wenn dies 
notwendier erscheint, eine neue Lichtentzündung setzt und diese wieder- 
holt, bis die Zeichen der ehronischen Gonorrhoe verschwunden sind. Was 
die acute Gonorrhoe anlangt, so sind die nach der Bestrahlung auf- 
tretenden Reizerscheinungen ın den vom Verf. behandelten Fällen so 
stark zewesen, daß die Patienten die Weiterbehandlung unterbrachen. 
Es wird sich jedoch durch die Verwendung der vom Verf. seit kurzem 
für solche Fälle einzeführten Induetionsliehtbestrahler ein Modus aus- 
bilden lassen, um auch die acute Gonorrhoe für die Licehtbehandlung zu- 
riingig zu machen, Kr. 


IV. Penis ete. 


Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 


ama E E 


Dr. G. Schmidt: Ueber Behandlung und Dauerergebnisse 
bei Verletzungen und Verengerungen der männlichen 
Harnröhre. Aus der Breslauer chir. Klinik. (Beitr. zur klin. 
Chir., Bd. 45, H. 2.) 

1. Die organischen Harnröhrenverengerunzen stellen, wie die hohe, 
dureh sie verursachte Sterblichkeit und die große Zahl der Riückfälle 


— 111 — 


zeigt, ein sehr ernstes Leiden dar. Auch die Besserungen und Heilungen 
sind zum Teil erst durch eine langwierige und mühsame Behandlung er- 
reicht, an der sieh der Kranke selbst mit Ausdauer beteiligen muß. 


2. Auf vorbeugende Maßnahmen ist der größte Wert zu legen. Die 
Bongiebehandlung ist sowohl bei traumatischer wie gonorrhoischer 
Aetiolozie auf die geringsten Anzeichen einer sich aushildenden Ver- 
enzerung hin frühzeitiz einzuleiten und lange genug fortzusetzen. In 
regelmäßigen Zwischenräumen ist eine Nachuntersuchung vorzunehmen. 


3. Insbesondere bedarf der Tripper als die überwiegende Ent- 
stehungsursache einer sorgfältigen Behandlung. Ihm folgt zwar nur in 
eimem Teil der Fälle die Verengerung nach; wo sie aber eintritt, bedeutet 
sie für den Kranken wegen ihrer Hartnäckigkeit therapeutischen Maß- 
nahmen gegenüber eine große Gefahr. Bestehen diese in operativen Ein- 
eriffen, se ist die Prognose anscheinend ein wenig besser als beim un- 
blutigen Verfahren. 


4. Die seltene äußere lHarnröhrenverletzung führt fast stets zu einer 
Verengerung. Eine solche bietet aber für die ärztliche, insbesondere die 
eperative Hilfeleistung, die, wenn irgend möglıch, in der Reseetion mit 
Harnrohrennaht bestehen soll, günstigere Aussichten. Bei passender 
Auswahl der traumatischen Fälle bringt hier auch ein unblutiges 
Dehnunesverfahren für kürzere Zeit leidlich gute Erfolge. Ob sie ebenso 
von Bestand sind wie die operativen Resultate, läßt sich aus dem Kranken- 
material des Verf.'s nicht ersehen, scheint aber nach den Erfahrungen von 
König-Martens und aus theoretischen Gründen unwahrscheinlich. 


9. Jede brüske Bougirung ist zu verwerfen. einsichtsvolle Beschrän- 
kung nachdrücklich zu fordern. Führen vorsichtige Versuche nicht zum 
Ziel, und drängen die Umstände zu energischer Hilfeleistung, so läßt sich 
die Blasenpunetion -— eventl. mit Dauerdrainage — oder die Spaltung des 
Dammes überall ausführen. Alsdann ist: der Kranke bald behufs weiteren 
operativen Vorgehens faehmännischer Behandlung zuzuführen. Ver- 
schleppte Fälle können oft auch dureh die Operation nieht mehr gerettet 
werden. 


6. Das Bestreben, mit dem unblutigen Verfahren auszukommen, darf 
nicht dazu führen. daß örtliche und allgemeine Schädizungen sieh aus- 
bilden und die Operation zu lange hinausgeschoben wird. 

4. Die uneünstiesten Aussichten bieten sowohl der Schwere der Er- 
kraukungen wie den endgiltigen Heilungen nach die Fälle tubereulösen 
oder congenitalen Ursprungs. M. Eubowski. 


— 112 — 


V. Blase. 


Dr. Ferdinand Kornfeld (Wien): Aetiologie und Klinik der 
Bacteriurie. (Leipzig und Wien 16, Franz Deuticke.) 


Unter dem Begrifle Bacteriurie hat man im weitesten Siune des 
Wortes die Ausscheidung von Baeterien mit dem frisch entleerten Ilarn 
zu verstehen. Es ist eine bekannte Thatsache, daß sieh bei tieferereifenden, 
acuten oder subacut und chronisch verlaufenden Erkrankungen der 
Nieren, des Niereubeekens, der Ureteren, der Blase und der Harnröhre. 
sowie der adnexen Drüsen, ebenso auch bei einer Reihe von allzemeinen 
Infeetionskrankheiten, wie Typhus, Blattern, Rotz, Pest, Dysenterie, 
Erysipel, Tubereulose, Gelenkrheumatismus u. a. Mikroorganismen un 
frisch entleerten Harn finden. Unter Bacteriurie im engeren Sinne bat 
man ein Krankheitsbild zu verstehen, welehes streng charakterisirt ist. 
einerseits durch das Vorhandensein sehr reiehlieher Bacterien im frisch 
gelassenen Harn, andererseits durch das Fehlen ausgeprägter Symptome 
eines entziindlichen Processes in den Harnwegen. Ein sonderlich seltener 
pathologischer Zustand ist die Baecteriurie keineswegs. Hingegen wird 
sie wegen der versteckten Aetiologie, wie wenige andere Erkrankungen, 
den Beobachter zu irrigen Deutungen verlocken; um so mehr, je unklarer 
nnd vom Typus irgend eines Symptomenbildes abweichender sieh ihr 
Verlauf gestaltet. Sie wird darum so oft nieht erkannt. weil man an die 
Möglichkeit ihres Bestehens nieht denkt, an sie zu denken meist keinen 
direeten Anlaß hat. Daraus resultirt es in notwendiger Folge, daß 
manche Bacteriuriefälle, und deren sind nicht eben wenige, unrichtig 
beurteilt und selbst trotz Jahrelanger Bemühungen nieht geheilt werden. 
Die aus der Bacteriurie, also aus der Anomalie der Harnwege hervor- 
gehenden Folgeerscheinungen, die sich an anderen Organen und Organ- 
eruppen abspielen, schwinden nämlich nicht früher, als bis eine ziel- 
bewußte Localbehandlung der Blase oder der genitalen Drüsen. Prostata. 
Samenblasen, die Quelle der Infeetion bekämpft. 

Das Studium der Litteratur, sowie seiner eigenen Krankengeschichten 
lassen den Verf. folgende Sätze aufstellen: 

1. Die als Bacteriurie zu bezeichnende Affection des Harnapparats 
ist, Je nach der Entstehuug, dem Krankheitsverlaufe und dem Ergebnis 
der Organuntersuchung in verschiedene Formen zu sondern. Es giebt 
Bacteriurien transitorischen Charakters, von denen Ueberginge zu sub- 
acuten und zu sehr sehweren, äußerst chronisch verlaufenden Formen in 
allen Abstufungen vorkommen. Bei Affeetionen der Niere und des 
Nierenbeekens, deren Symptome mitunter sehr wenig hervortreten, kann 
es zur Colibacteriurie kommen. Viele Daeteriuriefälle bleiben aber rein 
auf die Blase beschränkt — genuine reine Blasenbacteriurie — und 


— 113 — 


lassen. trotz vieljährigem Bestande, die obersten Abschnitte des uropoeti= 
sehen Apparats völlig intact. 

2. Die genuine Bacteriurie ist von der Colieystitis streng zu sondern 
und bat auch mit anderen Bacterienausscheidungen mit dem Harn nichts 
gemein. Die echte Bacteriurie ist auch niemals eine Vorstufe oder ein 
Eırtaussang der Cystitis, sie besitzt auch geringe Tendenz zum Ascen- 
diren gegen die Nieren. 

3B. Der Wer der Einwanderung des Bacterium coli in die Harnwege 
vom Mastdarm her, dureh die Gewebe zwischent Blase und Rectum 
(Bindegewebsschichten, Prostata, Samenblasen) scheint fiir die Bacteri- 
une im Sinne der Urologen als sichergestellt gelten zu dürfen. Nicht 
alle Fälle nötigen, die Infection der Harnorgane auf dem Wege der 
Blutbahn zu erklären, wie manche Autoren fordern. 

4 Die bacterielle Invasion der Blase geschieht namentlich bei 
Männern mit überstandener Blennorrhoe der Harn- und Sexualorgane 
durch Ueberwandern der Mikroben (Bacterium coli) aus dem untersten 
Darmabsehnitte. Bei Frauen in graviditate oder bei inneren Genital- 
leiden (Tumoren, entzündlichen Affeetionen, Tubensicken ete.) ist die 
Contiruitätsinfeetion der Blase mit Colibaeterien nieht von der Hand zu 
weisen. 

5. Die im Gefolge sehwerer, chronischer Bacteriurien zu Stande 
kommenden Allgemeinerscheinungen siud durch die Baeteriurie als 
solehe hervorgerufen, von dieser direet abhängige und wahrscheinlich 
durch Toxmwirkune zu erklären. In reinen, von vornherein uncompli- 
eirten Fällen von Blasenbacteriurie ist hierbei Cystopyelitis oder 
Nephritis nicht im Spiele. 

G. Therapeutiseh ist die Localbehandlune der Blase mittels Blasen- 
waschungen (mit Art. nitr. oder Sublimat 1: 10000) empfohlen worden. 
Den besten Nutzen brinet aber die Instillatiousbehandlung mit Sublimat- 
lösungen (1:2000) sowohl für die Bacteriurie, wie auch für die dureh 
Sie bedinuvten Stôrungen des Digestionstractes, der nervôsen Organe und 
für die begleitenden Fieberanfälle. Die innerlichen Harnantiseptica, 
aamentlich Urotropin. Helmitol. Hetralin, ferner aueh Salol, Natr. salierl., 
Natr. uenzoicum und eventl. auch Naphathaliıı sind wertvolle Unter- 
stützunesmittel, besonders für transitorische Formen von Barteriurie. 

Im Anschluß hieran besprieht Verf. die von ihm beobachteten Krank- 
heitsfalle, welche 21 männliche und 7 weibliche Individuen betreffen. Es 
seien bier einige der interessanten Krankenzeschichten wiedergegeben. 

t. Bei der 32 jährigen Patientin bestand der Harnbefund der 
Bacteriurie in zanz typischem, uneomplieirtem Bilde bereits im dritten 
Monat ihrer ersten Gravidität,. vor nunmehr acht Jahren. Der Gatte der 
Patientin. der selbst Arzt war, diagnosticirte damals Cystitis. Durch 
genaue mikroskopische Untersuchung des Sediments nebst chemischen 
Analysen. die wiederholt ausgeführt wurden, stellte Verf. den Befund 
dahin. daß es sieh um reine, genuine Blasenbacterinrie handle. Diese 


— 114 — 


tretzte jedem therapeutischen Versuche durch innere Medication: eb e 
locale Behandlung dureh Spülung konnte aus äußeren Gründen nicht vor- 
genommen werden. Die Attaeke von Bacteriurie sehwand zu jener Zeit 
bereits in den ersten Tagen des Wochenbettes,. nachdem sie mehr al- 
sechs Monate unverändert bestanden hatte. Während der zweiten Gravi- 
dität, 37 Jahre später, fand sich das gleiche typische Bild. Eine sofort 
eingeleitete Instillationsbehandlung mit Sublimat (1:5000) braehte nietit 
den erhofften Erfolge. Nach Beendigung der Sehwangersehaft war die 
Bacteriurie vollstindig geschwunden, und der Harn ganz spontan veu- 
kommen klar und bacterienfrei geworden. Die chemisehe Analyse etzab 
Fehlen von Albumin und Zucker. Bei der dritten Schwangerschaft. ver 
ca. zwei Jahren, das gleiehe Ereignis. Cystoskopie im dritten Gra- 
viditätsmonat erwies Fehlen jeder entzündlichen Veränderung an der 
Blasenuschleimhaut. baeteriurie dureh Analyse und Mikroskopie fesı- 
gestellt. Länger fortgesetzte Instillationstherapie: intern Salol und Uro- 
tropin. Geringe Besserung, die bei Aussetzen der Therapie sogleich 
schwand. — Durch Ureterenkatheterismus beiderseits klarer. bacterien- 
freier Harn zu erhalten. Für diesen Fall war somit klargestellt, daB es 
sich um keinen Krankheitsproceß der oberen Teile des Harnapparat:. 
Niere und Nierenbecken, handeln konnte. daß vielmehr die Ueber- 
wanderung per contiguitatem erfolet sein mochte. Eine Infeetion der 
Blase durch die Bluthahn ist nicht so wahrscheinlich als der direcve 
nächste Weg der Einwanderung von Bacterium coli, das stets bacterio- 
logisch als alleiniger Mikroorganismus des typischen Beeterienharnes er- 
weislich war. Die Frau ist seither völlig gesund, hat stets klaren, sauren. 
eiweißfreien Harn und bietet keinerlei Abnormitäten ihrer Harnorzai.. 

2, Es handelt sich um eine 27 jährige Patientin, die namentheh in 
den letzten Jahren vor der Fheschließunz zu wiederholten Malen au 
schweren, langdauernden und stets während der Herbst- und Winter- 
monate reerudeseirenden Darmkatarrhen zu leilen gehabt hatte. Während 
des vierten Graviditätsmonates wurde sie auf ihren faulg riechenden 
Harn aufmerksam. Der stark saure Harn bietet die Characteristtea des 
Coliharns. Mikroskopisch und eulturell Cohbaeillen sichergestellt (drei- 
malige Untersuchung binnen vier Monaten). Blase gemäß eystoskopischer 
Untersuehung vollkommen gesund. Der mittels kehlensauren Baryts Klar 
filtrirte Harn vollig normal zusammengesetzt. eiweibfre: Die Bacterturic 
verursachte ceringfiigige locale Reizerschetnungen: hiiufiger Harndrane, 
in den späteren Gravidititsmonaten dysurische Beschwerden, die gesen 
Ende der Schwangerschaft plötzlieh ganz aufhörten. Ebenso war die 
Harntrübung noch vor der Entbindung wesentlich geringer geworden, um 
im Wochenbette eänzlich zu sehwinden. Kine locale Behandlung war 
in diesem Falle bei Seite gelassen und auch Jede innere Medication von 
der Kranken abgelehnt worden. Drei Monate nach erfolgter Entbindung 
wurde der Harnapparat der Patientin wieder genau untersucht nnd voll- 


— 115 — 


kommen gesund gefunden. Die Blase war cystoskopisch ganz intact: 
liarn klar, sauer und frei von pathologischen Bestandteilen. 

3. Die 37 jährige Patientin behielt im Anschluß an eine Entbindung 
und einen PuerperalproceB von dreiwöchentlieher Dauer, unter Fieber. 
Schüttelfrösten und Erbrechen verlaufend, ein Harnleiden zurück, welches 
thr Arzt als Pyelitis bezeichnete. Von Seiten eines Gynäkologen wurde 
wegen Reizerscheinungen der Blase — Tenesmus — zeitweisem Abrang 
eitriger Flocken und gröberer Gerinnsel einige Male eystoskopiseh unter- 
sucht und die Blase für gesund erklärt. Wenige Wochen darauf stellte 
Verf. durch Harnanalyse und Culturverfahren das Vorhandensein einer 
Pyelitis und Baeteriurie fest. Letztere war dureh Coli in Reineultur 
bedingt. Die Localbehandlung der Blase mit Sublimateintropfungen 
zeitizte einen sehr guten Erfolg. Die sehr anämische Kranke hatte 
vorher über häufigen migräneartigen Kopfschmerz, Magenstörungen. 
Appetitimangel und häufiges Frost- und Fiebergefühl zu klagen gehabt. 


Diese Störungen, die teils auf die Bacteriurie hinwiesen, teils dureh 
die Prelitis bedingt sein mochten, schwanden sehr prompt auf die Local- 


therapie der Blase. Sie sind auch dauernd beseitigt. Während einer 
zweiten Schwangerschaft vor nunmehr vier Jahren trat keine Ver- 
schlimmerung des Harnleidens auf. Patientin befindet sich sehr wohl. 
sieht sehr viel besser aus als zuvor und fühlt sieh subjectiv ganz wohl. 
Ihr Tam ist ganz leicht getrübt, enthält kaum Spuren von Albumin und 
keine Colibacterien. Es dürfte sich hier um eine Einschleppung der 
Colibacterien von auBen her mit den Instrumenten gehandelt haben. Die 
Infection durch die Blutbahn vom Nierenbecken aus ist nach Verf. nieht 
wahrscheinlich. 

4. Bei dem 5 jährigen Kuaben war die Harntrübung in der Recon- 
valeseenz nach Diphtherie bemerkt worden. Es handelte sich um eine 
reine Blasenbacteriurie. Der Harn war dicht getrübt, übelriechend und 
zeigte hei genauer Analyse alle Charaecteristiea des Coliharns. Nach 
Zusatz von kohlensaurem Baryt, Aussehiitteln und Filtriren ergiebt das 
klare Filtrat Freisein von Eiweiß und Zucker. Im Harnsedimente fast 
keine Leukoeyten, dagegen massenhaft Coll. Dieser wurde rein- 
gezüchtet. — Auf locale Blasenbehandlung mit Instillationen von Sub- 
limat (1:8000 bis 1:6000) schwand die Harntrübng nach fünf Wochen 
vollkommen. Der Knabe ist jetzt vollständig gesund, sein Harn klar. 
eiweiBfret. 

5. 34 jähriger Patient, verheiratet, kam vor drei Jahren wegen 
eines Blasenleidens. Anammestisch war Folgendes festzustellen: Als 
i4jährizer Knabe hatte Patient bereits den ersten Geschleehtsverkehr 
ausgeführt: sehr bald nachher trat ohne merklichen Eiterfluß aus der 
Urethra zum ersten Male linksseitire Hodenentzündung auf, die sieh in 
den späteren ‚Jünelinesjahren zahlreiche Male wiederholte. Mit 
19 Jahren acquirirte er neuerlich eine Gonorrhoe, die ihm sehr gerinze 


— 116 — 


Beschwerden verursachte und mit sehr spärlichem <AusfluB einhergine. 
Sehr oberflächliche Behandlung: neuerlich Hodenentzündung, so wie 
früher linksseitig. Eine gründliche Behandlung wurde erst später ein- 
geleitet und schließlich vor fünf Jahren die Ehe vom consultirenden 
Facharzte gestattet. Patient giebt ferner an, daB sein Urin bereits in 
den späteren Knabenjahren stets trübe gewesen sei: Karlsbader Trink- 
kuren im Hause hatten aber eine Klärung zu Stande gebracht. Schon als 
Knabe von 16 Jahren habe er wiederholt an Magenbeschwerden gelitten. 
die immer wieder für Wochen recidivirten und häufig mit Fieber. 
Frösteln nach dem Essen und zeitweiligem Erbrechen nebst Migräne 
einhergingen. In der Ehe infieirte er sogleich seine Frau: sie litt bald 
an Salpingitis und Oophoritis sin., und die Ehe blieb steril. Vor vier 
Jahren stellte sich neuerlich linksseitige Hodenentzündung ein, die trotz 
energischer Behandlung schwer weichen wollte und wegen Absceb- 
bildung im Nebenhoden eine Incision notwendig machte. Der Harn war 
dabei stets trübe, übelriechend, das Allgemeinbefinden erheblich be- 
einträchtigt. Localbehandlung mit Blasenwaschungen, Instillationen 
brachten kaum Besserung des Harnbildes, dessen Trübung auf Blasen- 
entzündung bezogen wurde. Patient consultirte der Reihe nach zahl- 
reiche Specialirzte. 

Status praesens: Patient mitteleroß, kräftig, Musculatur uul 
Pannieulus adiposus mässier entwickelt, Gesichtsfarbe blaB-gesund. Sub- 
jective Beschwerden beziehen sieh zum Teil auf den Magen. zum Teil 
auf den Harnapparat. Pat. klagt über Besehwerden nach dem Essen, Gas- 
auftreibung, Flatulenz. Vollsein im Leibe, Ruetus, sehr oft Mieräte. 
Frösteln des Abends.  Mässiger Harndrang, leichtes DBrernen born 
Uriniren, hier und da Stiche in der Operationsnarbe dur Ikon Hoden- 
sackhälfte. Als höchst belästirend bezeichnet Patient den widerwärtiven 
Geruch des Harns. der besonders am Frühurin kenntlieh ist. Derselbe ıst 
stets dicht getrühbt, von bierbrauner Farbe. besonders nach stärt erer 
Obstipation. 

Harnanalyse. Der in mehreren Portionen frisch entleerte Harn 
ist eleichmäßig dieht wetrübt. In der ersten Portion schwimmen elite 
Flocken und Fäden: 2. 3. und 4. Portion gleich trübe, wolkig, behn Um- 
sehütteln die für Baeteriurie charakteristische opalescirende., rauch- 
ähnliehe Trübunz. Beim Stehen bildet sieh nur geringes, weißBliehes. 
wenig compartes Sediment, der darüber stehende Harn klärt sieh nicht 
auf. Reaction stets sauer., specifisehes Gewieht 1017 bis 1021 im Filtrat 
(kohlensaurer Baryt und Baeterienfilter) keine Spur von Eiweiß. kein 
Zucker: Indiean vermehrt, desgleichen Aetherschwefelsäuren. Das Sedi- 
nent enthilt keine nennenswerte Menge, meist nur sehr wenige Leuko- 
erten, dagegen massenbaft Bacterium coli, welehes die Harntrübung aus- 
.chlieBlich bedingt. Culturell Coltbacterien in Reineultur. Die Fiiden 
and Flocken der ersten Harnportion erweisen sieh an gefärbten Prä- 


= 


paraten vorwiegend aus Epithel, wenizen Leukoeyten und viel Schleim 
zusammengesetzt, frei von Gonokokken, die auch eulturell aus dem 
mittels Oese entnommenen Secrete aus der Tiefe der Urethra nieht nach- 
zuweisen sind. Dieser Harnbefund wurde bei wiederholten, mehr als 
12 genauen Analysen (innerhalb drei Jahren) immer wieder in gleicher 
Weise festgestellt. Die Untersuchung der llarnorgane ergab Folgendes: 
Am linken Scrotum eine leicht eingezozene, ca. 2'/: em lange Operations- 
narbe, die mit dem Nebenhoden fest verwachsen ist: dieser ist derb. 
klein, der Sameustrang verdickt und härter. Aus der Urethra, auch nach 
langen Mietionspausen, kaum ein feuchtes 'Tröpfehen hervortretend. Die 
Labien der Urethralöfinung sind blaß, nicht geschwollen, kein Para- 
urethralgang. Haruréhrenwand nirgends infiltrirt, fiir Metallsonde No. 22 
leicht und ohne Schmerzäußerung des Kranken passirbar, mit Ober- 
länders Dilatator bis No. 40 der Seala erweiterunesfähle. Prostata 
kleiner, namentlich im Ikon Lappen, der rechte tlachhöckerig, etwas 
derber als Hunks: bei vorsichtigem Auspressen weniz schleimiz-glasiges 
Secret mit einzelnen Krümeln: dasselbe erweist sieh reicher an Leuko- 
eyten und evlindrischen Zellen (Reste einer Prostatitis glandularis 
chron), Samenblasen intact. Die Blase volikommen eontraetionsfähiz, 
vlattwandie, nieht hyperästhetisch, enthält kein Conerement.  Cysto- 
skopisch überall vollkommen  blasse Sehleimhaut.  Ureterenmündun:z 
leicht einzustellen, Ausströmen des Harns deutlich zu sehen. Kein 
Residuatharn, Nierenzerend beiderseits nieht vorzewölbt, keine Druck- 
empfindliehkeit; niemals bestanden Hämaturie oder Kolikschmerzen. Auf 
Garund dieses Befundes rectificirte Verf. die Diagnose Cystitis chronica. 
unter welcher Pat. seit vier Jahren behandelt wurde, dahin, daB es sich 
um Bacteriurie, derzeit ohne Jeden entzündlichen ProceB der Blase und 
der ffarnwese überhaupt (von der Prostatitis catarrhalis abgesehen) 
handle. Die Marenstörunzen. die Patient schilderte, wurden von Seite 
eines Internisten als ehrommsche Gastritis (vielleicht auf toxischer Grund- 
lage, Blei 7. Pat. ist Thonofenfabrikant) erklärt. Verf. nahm an, dab 
alle diese seit Jahren wiederkehrenden Zustände, die allen erdenklichen 
didtetischen und therapeutischen Proceduren getrotzt hatten, wahr- 
scheinlieh dureh die Baeteriurie selbst verursacht und direct von dieser 
abhängig seien. 

In der Zeit vom 15. Oetober bis 25. November 1902 wurde der Pat. 
anfangs mit NSalievlwaschungen. dann mit Sublimatinstillationen (1: 50009 
bis 1: 2500) behandelt, und zwar zuerst in einer Serie von 12 Instillationen 
je vier pro Woche; der Harn wurde daraufhin bedeutend klarer, das 
subjective Befinden besserte sieh erheblich. Weitere 10 Instillationen ım 
Januar 1903 brachten eine völlige Beseitirung der Fieberzustände, der 
Marenbeschwerden. sowie aller übrigen Folzeerscheinungen der Bacteri- 
urie dauernd zu Stande. Die Bacteriurie wurde nun in größeren Inter- 
vallen mit Einzelinstillationen (2-3 in vier Wochen) behandelt. Der 
liarn ist seitdem viel klarer, aber keineswegs bacterionfrer. hir 


— ees 


subjective Beschwerden, gebessertes Aussehen: Gewichtszunahme 6 kz. 
Niemals mehr Fieber, Migräne oder Mavenstorungen. 
M. L u bows h i. 


Dr. Ludwig Jehle: Ein Fall von Bacteriurie mit eigentüm- 
lichem Bacterienbefunde. (Wiener med. Wochenschr. 1905, 
No. 26.) 

J. demonstrirte in der Gesellschaft für innere Mediein und Kinder- 
heilkunde in Wien (Sitzung vom 8. Juni 1905) eine kleine Patientin, bei 
der die Tante derselben im September 1904, als sie dieselbe in Ihre 
Obhut nahın, bemerkte, daß der Harn des Kindes trübe und tibelriechend 
sei und sieh nach kurzem Stehenlassen ein schlammizer Bodensatz in 
demselben bildete. Subjeetive Beschwerden, wie Harndrang, Brennen. 
bestanden niemals, auch die Harnmenge war stets normal. Niemals 
Fieber: Stuhl regelmäßig und von normalem Aussehen. Patientin lebte 
vorher in Galizien, das Wasser soll daselbst sehr schlecht sein: sonst 
keine ätiologischen Momente für die Erklärung der Infection. Bei der 
ersten Beobachtung am 15. Mai fiel Verf. der deutlich wolkig getrübte 
Harn auf. Seine Farbe war helleelb, sein speeifisches Gewicht 1020. Die 
Reaction war schwach sauer, ein abnormer Geruch wurde nicht beobachtet. 
Chemiseh liep sieh nur Nueleoalbumin in Spuren nachweisen. Im Sedi- 
ment fanden sieh auberordentlieh zahlreiche lauge, unbewegliche Stäbechen. 
welche häufie um die äußerst spärlich vorhandenen Leukoerten in Haufen 
relaxzert waren. Nierenelemente nnd Dlasenepithellen fehlten vollständig. 
In den nach Gram zefärbten Präparaten erwiesen sieh die Mikroben 
als vramnegativ. Von dem katheterisirten Tarn wurden regelmäbig in 
1---2 tigigen Intervallen Plattenculturen anrelegt. Jedesmal fanden sich 
ausschließlieh eirentümliche, trockene, stark granulirte Colonien vor. 
welche in ihrer Form sonst dem Bact. coli sehr ähnlich sahen. bie bacterio- 
logische Untersuchung eines auf Klysma entleerten frischen Stuhles zeigte 
dasselbe Bild wie der Harn. Das Blutserun zeigte eine sehr aus 
zesprochene Baeterieidie, welche noch in der Verdünnung von einem 
Zehntel sebr deutlich vorhanden war. 

Es handelt sieh demnach in diesem Falle um eine Bacteriurie, die so- 
wohl durch den eizentümlichen Baeterienbefund im Harne als auch im 
Stuhl, sowie durch eine bacterieide Wirkung des Blutserums charak- 
terisirt ist. Ob die Einwanderung der Bacterien aus dem Darm in die 
Blase von außen oder aber dureh die Darm- und Blasenwand erfolzte, läßt 
sich schwer entscheiden. Der Alléemeinzustand der Patientin litt in keiner 
Weise dureh die Erkrankung. Eine energische Urotropinbehandlung (2 « 
pro die) hatte bisher fast gar keinen Erfolge. Trotz deutlicher Formalin- 
reaction im Harn hat der Bacteriengehalt des Urins kaum abgenommen. 
Im Blutserum der Patientin JieB sich Formalin auch nicht in den ge- 
ringsten Spuren nachweisen. Kr. 


— 119 — 


Privatdocent W. Zangemeister (Königsberg): Ueber Blasen- 
steine. (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 20, H. 1.) 


Blasensteine kommen bei der Frau viel seltener zur Beobachtung als 
beim Manne und bedingen außerdem bei der ersteren ein wesentlich 
anderes Krankheitsbild als bei letzterem. Die Ursache der relativen 
Seltenheit der Blasensteine bei der Frau ist darin zu suchen, daß be- 
sinnende Concremente beim Weibe viel leichter spontan per vias naturales 
aheehen als beim Mann. Was die Actiologie der Blasensteine bet Frauen 
betrifft, so sind das einzig feststehende, wenn auch vielleieht nieht das 
einzis exXistirende Moment in die Blase gelangte Fremkörper. Die letzteren 
können der verschiedensten Art sein: am häufiesten sind es wohl zu 
Masturbationszwecken eingefübrte Haarnadeln, Bleistifte, Strohhalme; 
dann folgen die dureh den Katheterismus in die Blase gelangten Gegen- 
stände: Katheterstücke, Sehamhaare, Watte. Demnichst folgen Fremd- 
körper, welehe micht dureh die Urethra in die Blase gelangt sind, wie 
Seiden- und Sılkworm-Nähte, nieht nur von Blasenoperationen, sondern 
auch von außen einzewanderte resp. durehbrochene. Ebenfalls zu den 
Fremekörpern müssen Nierenconeremente gerechnet werden, welche 
dureh den Ureter in die Blase gekommen sind. 

Verf. besprieht hierauf die Aetiologie der Harnsteine, citirt die ver- 
schiedenen in dieser Richtung aufgestellten Hypothesen, wobei er eime 
sehr wiehtige itiologisehe Rolle den lange Zeit sich wiederholenden 
Piuteustritten beimiBt, und geht sodann auf die Frage ein, die das Punc- 
tum sallens seiner Ausführungen bildet. nämlieh auf den verschiedenen 
klinischen Verlauf der Blasensteine bei Männern und Frauen. Bei beiden 
Gattungen gehören eine mehr oder weniger schwere, meist blutige Cystitis 
und die dadureh bedinzten Beschwerden zur Regel. Während es aber 
beim Manne infolge der Form der Blase recht häutig geradezu pathogno- 
monisch zu plötzlichen Unterbrechungen des Harnstromes während des 
Urinirens kommt, weil die Steine leicht auf das Orificium internum zu 
liegen kommen und hier einen Ventilversehluß bedingen, fehlt dieses 
Symptom bei der Frau ganz. Infolge der seitlichen Ausbuchtungen der 
Blase beim Weibe und der Form des Blasenbodens hegen die Steine 
meist weit vom Orificinum internum ab und können auch nicht leicht 
dorthin gelangen. Unter den Fällen des Verf.s (den Ausführungen des 
Autors hegen 11 Fälle von Blasensteinen bei Frauen zu Grunde) lag der 
Stein $4 mal in der linken Tasche der Blase, 3 mal auf dem Blasenboden, 
nur 2anal auf dem Orifieium internum und Imal in der Urethra. Das 
Ausbleiben dieses Symptoms erschwert naturgemäß die Diagnose, und 
so kommt es, daB Frauen mit Blaseustein oft lange wegen Cystitis in Be- 
handlung sind und von einem Arzt zum anderen gehen. ohne daß ein 
Stein vermutet und erkannt wird. Die Blasenbesehwerden scheinen 
überhaupt bei der Frau durchschnittlich geringer zu sein als beim Mann, 
so daß man gar nicht immer sofort auf die Blase hinzelenkt wird. Dies 


— 120 — 


hat wohl auch wieder darin seinen Grund, dab der Stein bei der Fran 
meist viel ruhiger in den seitlichen Taschen der Blase liegen bleibt vii 
viel weniger die Blase reizt. 

Diagnose. Wenn also bei der Blasensteinerkrankung der Fran 
die Anamnese viel weniger auf das Leiden hinweist als beim Mann. so 
giebt es dafür bei der Fran eine Untersuchungsmethode mehr. adainiich 
die vaginale Exploration. Leider versagt auch diese meist. Der Steir 
ist in der Blase so bewerrlieh, dab es mitunter selbst dann nieht gelinet. 
ihn zu fühlen. nachdem oman ihm anderweitig nachgewiesen hat. 
Die mikroskopische Untersuchung des Haruıs ermöglicht es aueh nicht. 
einen Stein zu diaxnostieiren: gewöhnlich kann man nur die Cysts 
nachweisen: mikroskopische Harunsatzkrystalle beweisen nichts. Weil 
aber gelingt es, mit Hilfe des Cystoskops fast ausnahmslos den Stein 
nachzuweisen, und infolgedessen sind alle Fälle von chronisehem Blasen- 
katarrh, falls ein Stein nicht schon auf anderem Wege festzestellt wire, 
auf das Sorefältieste zu eystoskopiren, damit im Falle eines Steines die 
wahre Ursache erkannt und beseitiet werden kann. In manchen Fallen 
empfiehit es sich, die Blase erst eintize Zeit vorzubehandeln, und zwia 
dadurch. daß man sie dauernd entlastet, drmmirt, eineu Dauerkathetei 
einleet und mehrmals tärlieh vorsiechtie spült. Liegt der Stein in de. 
seitlichen Taschen so versteckt, daß er sieh schwer mit einem Uvystosk si 
belenehten resp. sichtbar machen läßt. so genügt eine stärkere HFillunz 
der Blase, event. unter Einpordrängen der betreffenden Partien de 
Blasenbodens von der Scheide aus, um dieses Hindernis zu überwinden. 
In den letzten Jahren ist aueh die Röntrenphotorraphie bei Blasensteinen 
angewandt und zur Diagnose empfohlen worden. 

Die Therapie erfordert bei der Frau auch wieder eine wanz »:- 
dere Beurteilung als beim Manu. Operativ mub sie freilich hier wie ser! 
sein: denn eine medieamentöse Deeinflussune, eine Auflosungz der Blasen- 
steine giebt es nicht. Von einer Prophylaxe gegen Blasensteine kani 
man nur insofera reden. als man die Forderung stellen muß. in die Blase 
geļaugte Fremdkörper so schnell wie mörlieh zu entfernen, was mit de. 
Nitze schen Operationseystoskop meist obne große Schwierekerter 
gelingt. Als weiteres Postulat mub hinzestellt werden, dab man bet 
Operationen wicht nur an der Blase, sondern auch in der Umerehun- 
derselben keine Seide, keinen Silkworm. sondern möglichst nur resorbi- 
bares Material verwende. Beim Katheterisiren ist das Einführen vos 
Watte und Sehambaaren zu vermeiden: auch sind nur solehe Katheter z! 
verwenden, von denen sich niehts absplittern kanı. am besien aus OD- 
Die operative Entfernung der Steine ist bei der Fran im Durehschrit 
leichter und weniger gefährlich als beim Manne. Namentlich ist bei de 
Frau die Neetio alta weniger gefährlich, weil erstens das Peritone m 
weniger tief herabreicht und zweitens der Urin dureh die kurze Urethra 
oder event. dureh die Scheide leichter zum Ausfluf cebracht were. 
kann. Auch für die Lithotripsie lesen die Verhältnisse bei der Fra. 


rünstiger. Trotzdem sollte nach Verf. die Lithotripsie bei der Frau nur 
in Ausnahmefällen angewendet werden, eben weil dureh die seitlichen 
Ausbuchtunzen der weiblichen Blase Reste des zertriimmerten Steines 
hier viel leichter zurückgehalten werden können. Außerdem stehen bei 
der Frau zwei operative Verfahren zu Gebote, welehe an Leichtirkeit der 
Ausführung, Sicherheit des Erfolges und Urgefährlichkeit die Lithotripsie 
übertreffen: es sind dies die Dilatation der Harnröhre mit nachfolgender 
Extraction des unzerkleinerten Steines und die Kolpoeystotomie, die Er- 
öffnunz der Blase von der Scheide aus. Letztere hat Verf. zweimal an- 
gewandt und beide Male mit glatter Heilung. M. Lubowski. 


N. Leschnajew: Zur Frage der chirurgischen Behandlung 
der Blasengeschwilste. (Wratschebnaja Gazetia 1905, No. 34. 


Verf. hat das Material aus der Klinik und Privatpraxis des Prot. 


S. P. Fjodorow studirt. Im ganzen standen ihm 11 Fälle zur Ver- 
fiigune, die sich auf einen Zeitraum von 17: Jahren verteilen, und von 
denen zwei nicht mehr operirt werden konnten. In fünf Fällen handelte 
es sieh um gutartige, in sechs um bösartige Geschwilste. Die Diagnose 
wurde durch mikroskopische Untersuehung von exeidirten Geseliwulst- 
stüekehen. sowie durch Cystoskopie gesichert. Letztere muB mehrere 
Male ausgeführt werden, da die eimmaliee Untersuchung irrtümliche Re- 
seltate ergeben kann. In dem einen Falle ergab die erste Cystoskopie. 
daß die Gesehwulst diekt an der Mündung des Ureters heegt, wihrend mas 
bei der zweiten Untersuehung feststellte, daB zwischen der Geschwul | 
und dem Ureter ein Teil wesunder Schleimhaut hert. Der frühere Fehler 
war dadureh bedinge. daR die Zotten der Gesehwulst bei gewisser Lag: 
der Patienten herunterhinzen. Aus diesen Grunde empfiehlt es sich, dis 
evstoskopische Untersuchung in versehiedenen Körperlagen des Patienten 
auszuführen. þa zwei Fillen, in denen die operative Intervention als u - 
möglich galt. konnte maun die Gesehwulst auch dureh die Bauchwänt. 
palpiren. In zwei Fällen von bösartizen Geschwülsten hat sieh die Gc- 
selwulst bei der Operation als inoperabel erwiesen, wober zur Linderung 
der Leiden der Patienten in der Regio suprapubica eine Fistel angelest 
wurde. Beide Patienten vingen batt zu Grunde. Nur in zwei Fällen von 
inalicner Diasenveschwulst konnte letztere entiernt werden. In beides 
rällen handelte es sieh um Caremom. In gem eiten dieser Fälle trai 
nach acht Monaten ein KRecidis ein. in groben und ganzen sind die Re- 
sultate der chirureischen Behandlung der bösartizen Blasengeschwiilste 
wenig ermutivend. Die Kranken plegen ihe Leiden zu vernachlässizeä 
una zu spät deu Spocialarzt zuzuziehen. ob. kennt einen Fall in dean 
der an Flämaturie Jeidende Kranke emen Clirurzen consultiren wollt. 
der Internist ihm aber davon abriet. Als aber der Patient. die Frfolo- 
losizkeit der inneren Behandlune einsehend, steh schließlich doch an 
einen Chirurgen zewaret hatte, war die Gesehwulst bereits inopernbel. 


„Sa 


TO ea o oal a e ee ET EE 


— 122 — 


Sobald bei einem Patienten tm Harn Blut auftritt. muß er sofort einem 
Chirurgen überwiesen werden. Von den entartiren Blasenzeschwülsten 
kommen am häufiesten Papillome vor, die periodische Blutungen ver- 
ursachen. Man kann schon nach dem Charakter der Blutung mit meh: 
oder minder großer Sieherheit erkennen, ob mat es mit einem Papillon 
oder einer maliznen Geschwulst zu tun hat: bei letzterer sind die 
Blutungen sehr profus und gehen mit Schmerzen einher: bei Papıllamen 
ist die Blutung vorübergehend und schmerzlos. Manehe Papillome recrdi- 
viren. In dem einen Falle Los hat die Gesehwulst die Oeffnunz des 
Ureters umwuchert. so daß man einen Feil des Ureters reseciren und 
den Stumpf in die Blasenwunde einnähen mubte. Prof. Fjodorow hat 
wegen Papilloms 50 mal operirt: sämtliche Patienten haben sich erholt. 
Manche Chirurgen empfehlen. bei Papillomen intravesteal, und zwar mit 
{iilfe des Operationseys stoskops zu operiren.  L. teilt diese Ansicht mieht. 
da die Paptllome, wenn sie nicht velistiindig eutfernt werden. recidiviren 
und sich in Careinome verwandeln. Infolgedessen empfiehlt er. m 
-ämtliehen Fällen von Papillomatose der Blase die Sectio alta auszuführen 
nud die Gesehwulst unter Benutzune von elektrischem Licht radıeal zu 
entfernen. M Lubowskı 


Dr. Hermann Hinterstoisser (Teschen): Zur Therapie der an- 
geborenen Blasenspalte. (Wiener klin. Wochensehr. 156, 
No. 1.) 


Seit jeher hat sich das Interesse der Chirurgen den uneliiekhtchen 
Träxrern der Plasenspalte zurewendet: zahlreiche Operationen wurden 
ersonmen und ausgeführt. wm diesen traurigen Zustand zu beseitigen. 
Sonnenbure teilt die verschiedenen Operationsverfahren in drei 
Gruppen: die Methocen der Plastik, der direeten Vereinigung der Spalt- 
vinder und der Deviationen. 

Thierseh, Billroth u. A. bildeten durch die Plastik aus der 
umeebenden Haut eme vordere Blasenwand. Zu den plastisehen 
Methoden zählen auch die complicirten und sehwierigen Verfahren von 
Rutkowski und v. Mikuliez, welche die vordere Blasenwand 
aus einer ausgeschalteten Darmschlinze. d. 1. aus einem Darmwandlappen. 
bildeten. 

Trendelenburg., Uzerny,.v. Mikuliez u A. versuchten 
mit weehselndem Erfolee die direete Naht der mobilisirten Blasen- 
ränder, verbunden mit Verschluß der Blasenspalte (Durchtrennunge der 
Svnchondrosis saero=iliaca, Loslôsung und Naht der geraden Bauch- 
muskeln. u. s. w.). 

Bei keiner der plastischen Operationen und der directen Vereiniguns 
wurde Continenz der Blase erzielt. Naur Trendelenburg gelang 
es in einem oder zwei Fällen. nach vielen mühereichen Einzeloperationen. 
eine continente Blase zu gewinnen. 


— 123 — 


Sonnenburg löste die Blasenwand ganz von ihrer Unterlage 
los, exstirpirte sie und nähte die Ureteren an die angefrischte Urethral- 
rinne: er verzichtet von vornherein auf Continenz und Jäßt den Harn in 
ein passendes Urinal aufnehmen. 

Die dritte Reihe der Heilungsversuche leitet den Harn in den Darm 
ab. Thierseh war der erste, dem es (1881) gelang, eine dauernde 
Communication zwischen Blase und Reetum herzustellen. 

Mavdl hat die früheren ınißerlückten Versuche der enelischen 
Chirurgen Simon und Smith wieder aufgenommen und 1892 die Bin- 
pilanzung des Blasenrestes in den Darm methodiseh dnrehgeführt; er 
resecirt die ectopische Blase bis auf das die Ureterenmündungen ent- 
haltende Trigonum und implantirt dieses dureh Etagennaht in einen 
Seblitz des Colon sigmoideum. Nach den ersten Erfoleen Maydls 
haben Wölfler, v. Eiselsberr u. A. dieselbe Operation aus- 
zefrihrt: es liegen bisher die zumeist zünstiren Resultate von ungefiihr 
60 Fällen vor, welehe nach Maydl operirt worden sind. 

Zunächst erzielte man mit dieser Operation völlige Continenz: der 
Haru wurde mit den Färes alle vier bis acht Stunden entleert. Das 
lästieste und widerwärtieste Symptom der Blasenspalte ward hierdurch 
beseitigt. Durch die Mavdl’sche Operation sind die Verfahren der 
Plastik, wie auch der direeten Vereinieune der Spaltränder. welche die 
Herstellung etuer normal funetionirenden Blase anstrebten. mehr und 
mehr in den Hintergrund gedringt worden. Außer ihrer Complicirtheit 
und Schwienekeit leiden sie an dem Uebelstand, daß fast niemals volle 
Continenz zu erzielen war. 

Mit der Maydl ‘sehen Operation coneurrirt nur noch die Operation 
nach Sonnenburg., welcher auf Continenz verziehtet und den Harn- 
abfluB in einen passenden Reeipienten sichert. Die Sonnenburg: 
sehe Methode ist zudem technisch leieht und für den Kranken gänzlich 
gefahrlos. Dies kann man von alien übrigen Operationen nicht be- 
haupten: auch die Maydi’sche Operation ist technisch sehwierie und 
für den Patienten nicht ohne unmittelbare und aueh micht ohne con- 
secutive Gefahren. Denn ihr haftet die stete Gefahr der seeundären 
Niereninfeetion an, der aufsteigenden Pyelitis und Pyonephrose. Alle 
folgenden verbessernden Abänderungen der Maydl’schen Operation 
wurden ersonnen in der Absicht, die Gefahren der seeundären Nieren- 
infection auszuschalten oder doch zu vermindern, so die Methoden von 
Gersuny, Hochenegeg u. A. 

Bei dem kleinen Patienten, den Verf. vor kurzem operirt hat, wurde 
in derselben Absicht eine zum Teil schon von Borelius angegebene 
Abänderung der Maydil’schen Operation mit gutem Erfolge aus- 
geführt. Der fünf Jahre alte Knabe war bereits tm Jahre 1900 als halb- 
jahriges Kind von Verf. erfolglos operirt worden (directe Naht der 
Blasenränder, Deckung durch einen Briiekenlappend. Die Operation 
wurde in Arthernarkose auf folgende Weise ausgefiihrt: Zunächst werden 


— 124 — 


die Blasenränder rings umschnitten, die Penisrinne am Blasenhalse ab- 
getrennt und die ganze Harnblase extraperitoneal von der Unterlage los- 
gelöst, ebenso werden die Ureteren auf ungefähr 4 em Länge stumpf frei- 
gelegt uud mobilisirt. Die Harnblase wird bis auf das die Ureteren- 
mündunzen tragende Trigonum Lieutaudi resecirt. Hierauf wird die 
Peritonealhöhle median eröffnet und die Flexura siemoidea vorgezogen: 
sie Ist im vorliezendem Falle iang, hat ein langes Mesovolon: ihre an- 
einander gelegten Schlinzenschenkel werden durch fortlaufende Nant 
entlang dem Gekröseansatze aneinander genäht. An der Basis der 
Schlinge wird im Bereiche der Tinia eine breite Enteroanastomese 
(zwei fortlaufende Nahtrethea) angelegt. Poerauf wird an der Kuppe 
der Siemoideninschlinze ein entsprechend zrober Einschnitt gemacht uid 
in den Sehlitz der Blasenrest mittels Ktarennaht einzepllauzt tinnere 
Cateutknopfnähte, welehe Schleimhant mit Schleimhaut, äußere Celluloid- 
„wirmnmähte, welche die Museularis des Blasenrestes mit der Darmseros: 
verbinden): hierauf wird das Colon sigmoideum versenkt und die Bauch- 
wunde bis auf eine untere. zur Drainage bestinunte Liteke geschlossen. 
Iummobilisirung des kleinen Patienten dureh eine doppelseitige, bis über 
die Kniee reichende Gypshose, welehe durch zehn Tage liegen bleibt: 
Wundverlauf reactionslos. Abgang von Harn per reetum mit dem Stuble 
‚anfanes ein- bis zweistündlieh. später in drei- bis vierstündlicher Con- 
tinenz. Durch die Implantation des Blasenrestes in die Kuppe der gerafften 
Sigmaschlinge wurde ein Rereptaculmm urinae wzeschaffen: die an der 
Basis der Sehlinge angelegte Enteroanastomose soll das direete Vorbei- 
streichen des Darminhaltes an den Ureterenmündongen verhindern. 


Kr. 


VI. Ureter, Mere ete. 


M. S. Nasarow (Archangelsk): Ueber den Brightismus. 
(Wratsehebnaja Gazetta 1905, No. 38.) 


Verf. liefert einen aus zwer Füllen eigener Beobachtung bestehenden 
Beitrag zur Kenntnis desjenieen Krankheitsproresses, der von Dteu- 
lafov ais Briehtisinus bezeichnet wird. 

l. Fall. Frau Seh. mit etwas rötlichem Gesicht. Vollkommen ge- 
sunde, gut genährte Frau. klagt über permanente heftige Kopfschmerzen. 
die bereits seit 25 Jahren bestehen, früher ungelähr monatlich drennal. 
seit JO Jahren alle acht Taxe, in den letzten 9 —b Jahren fast tärlieh aul- 
treten sollen. Die Anfälle sind von unzewöhnlicher Heftizkeit: Die Pat. 
mul sich hinleren nnd darf auch nicht die leiseste Bewegung machen. 
veil sich dadureh die Sehmerzen verschliimmern. dn der letzten Zeit ist 


— 125 — 


das Nervensystem der Patientin vollständie zerrüttet: fast täglich 
seelisehe Depression. Sie wurde von verschiedenen Aerzten in den ver- 
schiedenen Städten behandelt, die sämtlich Migräne annahmen und Anti- 
pyrin, Phenacetin, Migränin ete., bisweilen auch Arsen verordneten. 
In der ersten Zeit schieney diese Mittel etwas zu helfen, indem sich die 
Kopfschmerzen etwas verrinzerten. In den letzten Jahren hilft absolut 
nichts mehr. Durch das weitere Befragen der Kranken wurde fest- 
gestellt, daB sie an Herzklopfen, Wadenkrämpfen, Gefühl von Ameisen- 
kriechen und in den unteren Extremitäten leidet, und daß sie in der 
Nacht zweimal aufstehen muß, um zu uriniren: vor 10 Jahren waren die 
Beine zeschwollen, seitdem aber nicht mehr. Die Patientin ist 42 Jahre 
alt. verheiratet, kinderios und niemals schwanger gewesen. Vor 
1S Jahren hatte sie an Metritis gelitten, erholte sieh aber damals und will 
seitdem, von den Kopfschmerzen abgesehen, niemals ernstlich krank 
zewesen sein. Der Bruder der Patientin leidet an Gicht. Bei der objec- 
tiven Untersuchung wurde etwas erhöhte Spannung des Pulses und un- 
bedeutender Schmerz bei Druck auf die Nierengerend festgestellt. Von 
Seiten der Brust- und der Bauchhöhlen-Orgrane, sowie von Seiten der 
Genitalsphire wichts Abnormes. Im Harn weder Zueker noch Eiweib. 
Harnquantitat normal. Verdauunge durchaus regelmäßie. 

Behandlung: Milehdiät und Borschom-Mineralwasser mit Lithium. 
Nach acht Tagen fühlte sich die Patientin bedeutend besser, und nach 
14 Tagen waren die Schmerzen vollständie verschwunden. Nach einem 
Monat wurde der Patientin gestattet, Pllanzennahrung zu sieh zu nebmen. 
verschiedene Breie mit Mileh und Butter, Kartoffeln, Bohnen ete.; ste 
wurde aber immerhin anzehalten, mögliehst viel Milch zu trinken. Die 
Patientin blieb ein Jahr lang unter Beobachtung des Verf's, und wenn 
sie wälrend dieser Zeit über Kopfschmerzen auch noeh klagte. so waren 
diese letzteren nach der ausdrücklichen Bekundung der Patientin nu 
Vergleich zu den früheren Kopfschmerzen kaum der Rede wert. Außer- 
dem stellten sich die Kopfschmerzen gewöhnlieh fast immer nach einen 
Diätfehler ein. Das Mineralwasser und das Lithium wurden bisweilen 
ausresetzt. aber sofort wieder verordnet, als sich die Patientin schlimmer 
fühlte. 

2. Fall: 8. leidet an nässendem Ekzem der Dorsalflächen der Hände 
und Finger seit drei Jahren. Sie wurde von vielen Aerzten mit alles 
mörlichen Salben, mit Elektrizität behandelt. aber ohne Erfolgs. Bis- 
weilen schien die Krankheit nachlassen zu wollen, aber schon die 
nächsten Tare pllerten eine Verschlimmerung der Krankheit zu brinvern. 
Die Patientin, em 2Djährires Mädchen, sieht sich gezwungen., Immer 
Handschuhe zu tragen. die aber kleben bleiben und nur unter Schmerzen 
von der Hand abgezogen werden können. Durch Befragen wurde tes. - 
restellt, daß die Patientin zweimal wöchentlich an Kopfschmerzen, an 
und zu an Herzklopfen und von Zeit zu Zeit an gedrickter Gemüts- 
stimmunyg leidet. ohne daß sie sich dieselbe erklären kann: jede Nach: 


— 126 — 


muß «die Patientin aufstehen, um zu uriniren (Reizunz des Blasen- 
sphineters). Sie klagt über leichte Kreuzsehmerzen. die nieht nur 
während der Periode, sondern auch in den Zwischenpausen auftreten. 
Bisweilen stellt sieh in den unteren Extremitäten ein Gefühl von Tani- 
sein ein. Verdauung regelmäßige, Menstruation desgleichen. Die objec- 
tive Untersuehung ergab keine Anhaltspunkte für die Annahme der 
Affeetion irgend eines Organs. Im Harn weder Eiweiß noch Zueker. 
Farbe des Harns strohgelb. 

Behandlung: Milehdiät (Milch, Eier. verschiedene Breie, Butter- 
Thee, Kaffee) und Borschom-Wasser viermal täglich. je "= Glas voll. 
Außerdem sollte die Patientin die Hände dreimal tärlich mit 2 proc. 
Lösung von Natrium salieylioum waschen. Nach 17: Wochen fühlte sie 
sich vorzüglich, und aueh die Hände zeigten eine bedeutende Besserung: 
sie waren trockener, Borken fehlten ganz. Nun wurde unter Bei- 
behaltung der Diät eine 10 proe. Pyrrogallol-Salbe verordnet. Nach einem 
Monat verschwand das Ekzem vollständig. Kaum aber unterheB die 
Patientin. die Diätvorschriften einzuhalten, so begann das Ekzem sieh 
wieder zu zeigen, so daß die Patientin zur früheren Diät zurückkehren 
mußte. M Lubowski. 


— — — — —— 


VII. Mitteilung. 


Der IH. Congreß der Deutschen Röntgen-Gesellschaft findet beschluß- 
gemäß im AnschluB an den Chirurgen-CongreB am S. und 9. Aprild.J. 
in Berlin statt. 

Vorläufige Tagesordnung: 

Sonntaxz,den 8 April, vormittags: Geschiiftssitzung des 
Vorstandes. Montag, den 9% April, vormittags: 1. General- 
Versammlung, insbesondere Beratung und Annahme der Statuten. 2. Vor- 
trige und Demonstrationen. Nachmittags: Vorträge und Demon- 
strationen. Abends: Projectionsabend und nachher gesellige Zu, 
sammenkunft. 

Anmeldungen für Vorträge und Demonstrationen sowie Anfragen 
werden an den derzeitigen Vorsitzenden. Herrn Prof. Dr. Eberlein, 
Berlin NW.6, Lnisenstraße 56, oder den Schriftführer. Herrn Dr. Max 
Immelmann., Berlin W.55  Lützowstraße 72, bis spätestens 
zum I. März d. J. erbeten, damit das definitive Programm recht- 
zeitig fertizgestellt werden kann. 

Berlin, den 1. Januar 1906. R. Eberlein, Vorsitzender. 


Varnntwortlicher Redacteur: Protessor Dr. J. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marsehner, Berlin SW. Alexandrinenstr. 119. e 


Beiträge zur pathologischen Anatomie der 
chronischen Gonorrhoe. 


Von 
H. Lohnstein. 


Mit 21 Abbildungen, 


(Fortsetzung) 


5. Dr. L . . . . m 39 J. 


Seit acht Jahren ehronische Gonorrhoe. Vor acht und vier 
Jahren das erste Mal ca. acht Monate, das letzte Mal zwölf Monate 
hindurch von mir behandelt. Am Schlusse der letzten Behandlung waren 
alle objeetiven und <ubjeetiven Erscheinungen, bis auf geringfügige. 
zelegentliche Tleizsymptome, leise Sehmerzen beim  Uriniren, ver- 
schwunden. Gelegentlich einer Consultation mit dem Colleren klagte er 
mir, daB er beim Coitus in letzter Zeit Brennen empfinde Status 
praesens Januar 1904: AusfluB oder Verklebung nicht vorhanden. 
Urinportion I klar, ganz vereinzelte commaartize Flocken, Urinportion IT 
klar, keine Flocken. Prostata: linker Lappen ein wenig verkleinert. 
rechter Lappen normal. Kuopfsonde No. 29 wanz leicht in der Pars bulbica 
festrehalten. beim Dureltritt der Sonde dureh die Pars posterior klagt 
Patient über starke Empfindlichkeit. Endoskopie dervorderen 
Harnröhre: Erhbeblicehe Veränderunzen im  Bulbus bis auf eine 
stellenweise froschlasehartize Beschaffenheit der Schleimhautoberfläche 
nieht vorhanden. Vorn hat die Sehleimhaut normales Aussehen. Die 
Endoskopie der Pars posterior gelingt nicht. — Therapie: Application 
von Metallsonden stejgenden Kalibers bis auf 35 Charriere und im An- 
sehluß daran Arı.-Spülungeen 1:3000. Vorher Prostatamassare. Pro 
Woche 2-3 malize Behandlung. Da trotzdem der Schmerz in der Tiefe 
der Harnröhre bei jeder Erection anhielt, Curettement der gesamten 
Harnröhre am 17. H. 29% IL, 22. ME. und 5. IV. 1904 successive 
in sämtlichen Durehmessern. Von den Curettements war das aim 22. II. 
von etwas stärkerer Blutung begleitet, ohne daß jedoeh später irgend 
welche Störung eintrat. — Nach Ablauf der Reizerscheinungeen nach der 
letzten Application war die unangenehme Empfindung in der Tiefe des 
Dammes zeschwunden. Sie ist auch später nicht beim Coitus wieder- 
gekehrt. Eine später vorgenommene Untersuchung des Pat. ergab voll- 
kommen normale Verhältnisse. 

Gewebsfrarmente fanden sieh in dem Material des Curettement vom 
5. IV. 1904 . welches im geraden Durchmesser ausgeführt wurde. 


— 130 — 


48. 92. 93. L.....nn. 


Schleimhautquersehnitt, Curettement im geraden 
Durchmesser vom 5, IV. 1904. 


Epithel. In den untersuchten Schnitten weist das Epithel eine 
Naunigfaltigkeit auf, wie sie in gleichem Maße noch nicht beobachtet 
worden ist. Der Grad der Hypertrophie. die Art der Configuration, die 
Dichte des Gefüges wechseln fast in Jedem Gesichtsfeld, so daß es 
schwierig ist, in der Darstellung auch nur die hauptsächliehsten der beob- 
achteten Formen zu berücksichtigen.f Der freie Contur der Sehleimhaut 
ist streckenweise gerade, an anderen Stellen wellig und reich gegliedert. 
letzteres besonders dort. wo in der Tiefe Lacunen und Driisenausfiihrungs- 
ginge lieren. Andererseits finden sieh hiervon auch Abweichungen. Se 
kommen einzelne glatte Partien vor, unter welchen zahlreiche Drüsen- 
querschiitte und Lacunen beobachtet werden. Doch ist hier der Contuı 
infelge wivellirender Epithelwucherung gletehfalls geradlinig. An anderen 
Partien hinwiederum zeichnet sieh die Oberfläche infolge starker Zotten- 
und Papillenentwicklung durch reiche Gliederung aus, ohne daB Lacunen 
ong Drüsen in dem betreffenden Schnitte nachweisbar sind. Endlich wird 
sie stark beeinflußt infolge von eireumseripter, besonders starker Hyper- 
trophie der obertlächlichen Schichten des Epithels. Allerdings wurde 
letzteres unter vielen untersuchten Präparaten nur zweimal beobachtet. 
Fberso wechselnd wie der Contur der Obertläche ist die Configuration de: 
Epithels. In bunter Reihe wechseln Strecken ab, in welchen die oberste 
Schicht des Epithels absolut glatt ist. set es daB eng aneinandergereilite 
Plattenepithelien. oder wenn auch seltener, nebeneinandersteliende Cy- 
linderepithelien, oder endlich. wie es in den meisten beobachteten Schnitten 
der Fall war, eubisehes resp. Veberrangsepithel die Deekschicht des 
Kpithels bildeten. Irwend welche Gesetzmäßtekeit für diesen Wechsei. 
sel oesaus Beziehungen zu den Veränderungen des Nachbargzewebes oder aus 
onstiren localen Factoren herzuleiten war nieht möglich. Ebenso wenis 
ware Grund dafür zufinden, warum an einem Punkte die Oberfläche glati. 
in der nächsten Nachbarschaft dureh Verlust der oberflächlichen Epithel- 
»chicht zerfranzt oder wie anzenazt erschien. In den meisten der (ca. 30) 
von pir sorelältie durchgemusterten Schuitte konnte man abwechselnd 
alle soeben geschilderten Variationen der Decksehicht des Epithels beoh- 
achten. Dasselbe wilt von den darunter liezenden Schichten. Sowohl die 
die Breite des Epithels als auch die Form der die einzelnen Schichten 
zusummensetzenden Zellen wechselte stark von Millimeter zu Millimeter. 
fm allgemeinen handelte es sieh Jedoch um Typen der Epithelschieht wie 
sie bereits früher geschildert worden sind. (Unter der Plattenepithel- 
schicht mehrere Lagen polvzonaler Mittelschieht, darunter 2—3 Reihen 
eubischer  Ersatzzellensehicht einerseits, andererseits 5—10 Reihen 
bis an die Oberfläche reichender enbischer Epithelien anf einer gleichfalls 
aus 2-3 Reihen enbischer Zellen bestehenden  Ersatzzellenschicht.) 


— 131 — 


Doch zeigt eine Reihe von Präparaten ein von dem bisher beobachteten 
abweichendes Verhalten in ihrer Epithelsehieht: ein auffallendes Zu- 
riektreten der Ersatzzellenschicht: letztere war als eirene Schicht in 
einigen Präparaten überhaupt nicht abzrenzbar. Vielmehr bestand hier 
die Epichelschieht durcehrehends aus eubischen Zellen. welche sowohl in 
Form wie Anordouig durehgehends die größte Gleichmäßirkeit be- 
wahrten. Eine zweite Eigentümliehkeit ist die besonders hier stark her- 
vortretende Tendenz der Zellen, sieh aus ihrem Gefüre loszulösen. Diese 
Erscheinung trat besonders prägnant hervor. Sie beginnt, und zwar 
unabhänge von der Configuration des Epithels mit Quelluug einzelner, 
gewöhnlich in den mittleren Schichten des Fpithels liegender Zellen. 
Man sieht hier das Protoplasma einzelner Epithelzellen durch seine 
besonders geringfügige Fürbbarkeit von dem tiefer gefärbten der um- 
lierenden Zellen seharf abstechen. Nur der Kern jener Zellen ist tiefer 
gefärbt. Er ist. abweichend von den Kernen der umgebenden Zeller, 
jedoch nieht inmitten des Protoplasmas gelegen, sondern liegt exceutriseh, 
im nächster Nüähe der Nachbarzelle Später scheint auch er zu ver- 
schwinden. wenizstens habe ich ihn in einer Reihe von Lücken. die un- 
zweifelhaft durch Quellung und Resorption entstanden waren, nicht mehr 
entdecken können. An einigen Stellen erleiden zwei benachbarte oder 
gar noch mehr aneinander grenzende Zellen dies Sehieksal. Im Beginn 
erkennt man noch ihre Kerne sowie die erhaltene Intereellwlarsubstanz. 
die sich wie ein Faden dureh die klatfende Lücke zieht. Später ver- 
schwindet auch ste und es entstehen nun Inmitten dere Epithelschicht, be- 
sonders dort, wo die Mittelschicht aus polszonalen Zeilen besteht. ganz 
imrerzelmäßize, kKlaffende Lüeken. Trotzdem kann die Obertläche der 
Kpithelschieht noch von festeefiigtem VPlattenepithel bedeckt sein, also 
reradliniz verlaufen. Ganz anders ist das Bild. wenn sich dieser Procek 
bei dem anderen Typus der Epitheleontizuration,. wobei die Epithelial- 
schicht durchwee aus eubischen Zellen zusammengesetzt ist. abspielt. Hier 
erhält die Epithelselieht. wohl weil der Zellenschwund auf Grund anders 
zearteter mechanischer Verhältnisse erfolgt, ein zerittertes Aussehen: 
in vielen Fällen kommt es gleichzeitig zu einem Schwund der ober- 
lächliehsten Zellreihen. Hier besteht die Oberfläche der Epithelschieht 
zuweilen aus senkrecht in kleinen Abständen voneinander aufstrebenden 
Zellveihen. An einizen Stellen ist noch die obertlächliehe Zelle zwischen» 
zwet derartizen Strebepfeilern erhalten. so daß in letzterem Falle eine 
Zellgruppirung entsteht. ähnlich den einen Drüsenduetus umrahmenden 
Zellen, wobei das „Lumen”. d.h. der Raum an Stelle der zu Grunde ge- 
cantenen Zelle, eine senkrecht stehende Ellipse bildet. Die Tunica 
propria fehlt an vielen Stellen. besonders dort. wo em die tieferen 
Epithelschichten durchsetzendes Rundzelleninfiltrat sich bis in das sub- 
epitheliale Bindegewebe mehr oder weniger tief hineinerstreckt. An 
einigen Stellen verläuft die Tunica propria in regelmäßigen Wellen- 
inten im Gegensatz zu dem sie deekenden, stark hypertropbirten Epithet. 


se is 


dessen freie Oberfläche hier vollkommen nivellirt ist. Die Epithel- 
hypertrophie, an einiren Stellen besonders stark, bildet über einigen 
Lacunen buckelartige Erhebungen, bestehend aus polywonalen Epithel- 
zellen. Auch das gewisse papilläre Erhebunzen deekende Epithel ist 
in ähnlicher Weise gewuehert. llervoreehoben sei endlich noch. 
daß sieh an einigen Stellen an der Oberfläche eine breite Schicht 
von eubischem Epithel, Ja an einer Stelle sogar ganz oberllächlieh Cr- 
linderepithel fand, während sich die senkrecht darunter liegende Subepi- 
thelialschieht als aus diehtem fibrösen Bindegewebe bestehend erwies. 

Subepithel Auch das Subepithel zeigt ein sehr wechselndes 
Verhalten. An einigen Schnitten aus sehr zartem, weme infiltrirtem. 
lockerem Binderewebe bestehend, zeigt es an anderen die Merkmale eines 
deutlich straffen und fibrösen Gewebes, welches besonders enır die zahl- 
reichen Drüsenacini umspinnt. Irgend welche Beziehungen zwischen 
dem Typus des Subepithels und der Epitheleonfiguration bestehen nieht. 
Außer der bereits erwähnten bindezewebigen Prohferation bestehen noch 
zahlreiche aus uninueleären und epitheliotden Rundzellen zusammen- 
gesetzte. So zeigte sich dort, wo die Schleimhaut zottige Erhebungen 
aufwies, das subepitheliale Bindegewebe innerhalb der prominenten 
Partie meist von einem Rundzelleninfiltrate erfüllt. Weiterhin finden 
sich diffuse Rundzelleninfiltrate an manchen tiefer gelegenen Partien 
des subepithelialen Gewebes, sowie Rundzelleninfiltrate um die Drüsen- 
acini herum sowie anschließend an die Tuniea propria. Schließlich beob- 
achtete man an einigen sonst nieht infiltrirten Partien einzelne Binde- 
tewebslüeken strichweise von Leukoeyten durehsetzt. 

Lacunen in einigen Schnitten nachweisbar. Ihr Epithel entspricht 
eewöhnlich dem der umgebenden Sehleimhaut. Zuweilen beobachtete 
man, daß sich das Epithel an den beiden Ueberrangspunkten etwas hob 
und anstaute, so daB dadureh eine gewisse Verengerung des Lacunen- 
zuganges herbeigeführt wurde. In anderen Präparaten ließ sich con- 
statiren, daß über dieser der Tuniea propria der Lacunen zunächst an- 
lievenden Schieht von den Seiten her über die Lacunenöffnung sich 
cubisehes Epithel hinüberschoh, so daß es zum völligen Verschluß der 
Laeunenöffnunz kam. Derartige, dureh Epithelwucherung verstopfte La- 
einen wurden mehrfach beobachtet. Das Innere der Lacunen war meist 
mit Leukoerten und abrestobenen Epithelten erfüllt: indessen beobachtete 
ich aueh Lacunen, deren mit 5—6 Reihen von eubischem Epithel aus- 
eekleidete Höhlunz völtiz frei dalax. Bemerkenswert war schließlich das 
Verhalten ciniger Lacunen gegenüber dem sie erfüllenden Infiltrat. In 
einem Falle konnte man beobachten, wie sieh unter dem eylindrischen 
Epithel, welehes die Tiefe der Laeuren auskleidete, ein Rundzellencou- 
elomerat zwischenschob. so daß jenes zanz von der Tunica propria ab- 
eedrängt erschien. An einem anderen Präparate. in welchem die Außen- 
öffnunz der Lacunen dureh Plattenepithel verschlossen war, waren nur die 
Seitenwiände der Lacunen, die eine in etwas größerem Umfange als die 


— 133 — 


andere, erhalten, das Innere war vollkommen durch ein diehtes Conglo- 
merat von Rundzellen erfüllt, welehe bis an das Innere der Schleimhaut 
hinein durch den Boden der Lacune hindurch gewuchert waren. 

Querschnitte ven Driisenausfiihrungsgingen sowie Driisenacini in den 
meisten Schnitten sehr zahlreich vorhanden. Ihr Epithel wechselt ziemlich 
rerellos, ist bald einfaches. bald geschichtetes Platten- resp. Cubusepithei, 
in einigen Quersehnitten von Drüsenaeins fand sieh auch vereinzelt Cy- 
linderepithel mit einfacher Ersatzzellenschicht. Andere Querschnitte von 
Diisenausführunvseängzen waren erfüllt mit 10—15 Reihen von Cubus- 
epithel. Rundzelleninfiltrate um die Drüsen fanden sieh nur vereinzelt. 
dagegen perielanduläre bindegewebige Iuliltrate überall dort, wo sieh im 
alleemeinen das bindegewebige Gerüst dureh besondere Straffheit aus: 
zeichnete. Von Besonderheiten ist zu erwähnen ein Drüsenausfülrungs- 
vang, dessen Oeffnung nach dem Lumen der Schleimhaut zu verstopft, 
dessen eigenes Lumen verbreitert und dessen Wandungen mit emer 
5—6 fachen Lage von Vebergangsepithel ausgekleidet, dessen Zellelemente 
teilweise zequollen resp. verschwunden sind. 


6. EI....1 29 J. 

Seit fünf Jahren leidet Pat. beständig an eitrigem Ausfluß infolge 
von Gonorrhoe. Trotz vielen gegen die Affection gebrauchten Kuren 
keine Besserung eingetreten. Status präsens Anfang Juni 1904: 
Mäßiger eitrizer Ausfluß, ziemlich reiehlich gonokokkenhaltig, meist aus 
multinucledren Leukocyten bestehend. Sondirung der Harnröhre mittels 
Knopfsonde No. 20 ergiebt keine Infiltrate. Prostata vergrößert. 
beide Lappen schlaff, Consistenz  sehlaff. Urin: erste Portion 
mäßige getrübt, floekenhaltier: zweite Portion klar. gleichfalls Floeken ent- 
haltend. Therapie: Zunächst tägliche tiefe Jrrigator-Spülungen à la 
Diday mittels Arg. nitr. 1:5000--3000. Status praesens Mitte Juli: 
Ausfluß bis auf ein Minimum frühmorgens und zuweilen aueh am Tage ver- 
schwunden. Urin: erste Portion klar mit reiehliehen Eitertloeken, zweite 
Portion klar. mit wenigen. denen der ersten Portion analogen Filamenten. 
Endoskopie derParsanterior ergiebt mehrfache von der Pars 
navicularis bis zur Pars bulbieca reichende cireumseripte Infiltrate. Tu 
ihrem Bereich erscheint die Farbe der Schleimhautoberfläche blaßrot, teils 
tiefer gerötet als die umgebende normale Schleimhant. An einigen der 
tiefer weröteten Partien ist die Grenze gegen die normale Schleimhaut ge- 
kennzeichnet dureh einen grauroten Wall. Die Form der Infiltrate ist 
unregelmäBig ellipsoidisch, ihre Größe schwankt zwischen der eines 
eroßen Stecknadelkopfes bis zu dem einer Linse. Endoskopie der 
-Pars posterior gelang nieht, da letztere meht Trei von Fliissig- 
keit gehalten werden konute. — Therapie: Spüldehnungen der Pars 
anterior mittels meines Spüldilatators in achttägiren Intervallen. ver- 
bunden mit Massage der Prostata. — llierbei gelang es bereits in der 
ersten Sitzune. ohne daß Bouzrirungen vorangegangen wären, den Di- 
latator bis 65 Charriére aufzuschrauben, oline daß Blutunz einretreten 
wäre. In der Zwischenzeit Massage der Prostata, verbunden mit Janet- 
Spülungen in 24 stündigen Intervallen. — Nach achtwöchizer Fortsetzung 
dieser Behandlung Status praesens Anfang Vetober 1904: Frnh- 
morgens wässeriger Austluß. Mikroskopischer Befund: mäßige Leukoerten. 
viele Epithelien verschiedener Form. keine Gonokokken. Urinportion | 


— 134 — 


klar. einige Filämente. Portion II klar, vereinzelte Schüppehen. Prostata 
immer noeh etwas vergrößert und gegen die Norm etwas schlaff. — 
Endoskopischer Befund der Parsanterior: Die tiefer gr: 
röteten Partien verschwunden, die eireumseripten blässeren dagegen 
immer noch deutlich erhalten. -— Nunmehr Curettement der vorderen 
Haruröhre am 6. X... 14. N. 206. A. 18. XL. 3. XII, 10. XII. 1904, 11. 1. 1905 
successive in sämtlichen Durehmessern (je zweimal bis auf den linke: 
schrägen Durehmesser, in welchem nur einmal eurettirt wurde). In der 
Zwischenzeit Massage derProstata mit eonseeutiverJanet-Spülunz(Knino« 


1: 5000). -—- Status opraesens Mitte Januar 1805: Zuweilen 
noch wässerizer. minimaler Austinb, Mikroskopisch fast nur aus F.pithei 
bestehend. Keine Gonokokken. — Urinportion I klar. wengze 


kurze Filamente., mikroskopisch meist aus Kpithelien, zum geringen ‘Teale 
aus Leukoeyten bestehend. Urinport ion MH klar, keine Filamente. 
Prostata in Bezur auf Größe, Form, Constistenz und Empfindlichkeit nor- 
mal. Endoskopischer Befund der Pars anterior: An 
einzelnen Stellen Hegt sehiefriger, olme Grenze in die normale Nachbar- 
schaft überzehender Belag. sonst nichts Abnormes. Es wurden nunmehr 
nn Verlauf des Februar und März 1905 im ganzen noch neun Janet- 
Spülungen in D -6tiziwen Intervallen vorgenommen. Am Sehlusse der 
Behandlung war Pat. frei von Austluß. im ersten Urin ganz vereinzelte 
löckehen. Der endoskopische Befund unverändert. 

Sehleimhautfrazmente fanden sich gelezentlich des Curettements vom 
(UL A. 1904 (ausgeführt im queren Durchmesser). 


62. 63 64 E..IL 
Schleimhautstreifi (Curettement im queren Durchmesser von 
14. IN. 1904.) 

Epithel. Die Epithelschieht ist in sämtlichen der untersuchten 
Präparate gegen die Norm sehr erheblich verändert, und zwar betreffen 
die Verändermneen die Oberfläche, die Breite, die Configuration sowie 
die Epithelerenze nach unten zu. Im allgemeinen ist die Epithelschieht 
überall außerordentlich verbreitert. In der Regel handelt es sieh 
um eine aus 20 und mehr Zellreihen bestehende pithelschieht. Ihr: 
Cbertliche ist an einigen Stellen zusammenhängendes Plattenepithel: an 
dew meisten Punkten jedoch zeigt sie sieh aufvelockert und teilweise am 
schmalen  zettigen Wueherungen bestehend. die sich bei stärkerer 
Vererößerune teils als polygonale und eubisehe Epithelien, teils als Rund- 
sellen, teils als ein aus allen drei Zellarten zusammeugesetztes Con- 
elomerat heransstellen. Diesem verschiedenartigen Verhalten der ober- 
Hächlichen Schichten des Fpithels entspricht auch das wechselnde Ver- 
halten des Oberllächeneonturs. An einigen Stellen ist er reich 
couliodert, stets aber die Mannigfaltigkeit der Gliederung abzeschwächt 
dureh die alle Faken mehr oder weniger ausfüllende Proliferation der 
Epithelzellen. Sie schieben sich besonders massenhaft in die Intervall» 
ein. welehe zwischen den papillären Erhebungen der Epithelsehicht 
liezen, sie mivelliten andererseits auch die ursprünglich dem curven- 
artigen Verlauf der Tunica propria entsprechende faltige und buchten- 
riche Obertläche und wandeln sie in eine grade Linie um. Die Epithei- 


m a 


zellen selbst sind gegen die Norm in der mannigfaltigsten Weise um- 
gewandelt. In einigen Präparaten besteht das Epithellager aus 10 bis 
2N Reihen von polygonalen Zellen, in welchen stellenweise die bekannten 
aufgequollenen, schlecht oder nicht färbbaren Zellen beobachtet werden: 
an anderen Punkten besteht es aus eubisehen resp. epithelioiden Zellen 
mit eroßem Kern und schmalem Protoplasmasaum. Die Fpithelialschicht 
ist in verschieden hohem Grade und in wechselnder Ausdehnung durch- 
setzt von einem diffusen. aus uuinucleäreu Zellen zusammengesetztem 
Rundzelleninfiltrate. Letzteres durehdringt stellenweise die Tunica 
propria der Schleimhaut sowohl als auch die't der Lacunen, Drüsen- 
ausführungsgänge und oberflächlichen Drüsenaeini, so daß sie an vielen 
Stellen nieht mehr nachweisbar ist. So kommt es, daß man in fast sämt- 
lichen Schnitten Bilder von der Epithelialschicht erhält. deren Aussehen 
sich sehr wesentlich von dem sonst, selbst unter ähnlichen Verhältnissen 
beobachteten unterscheidet und deren genauere Analyse häufig den größten 
Schwiertikeiten begegnet. stellenweise fast unmöglieh ist. Besonders 
reich ist die Sehleimhaut an eireumseripten zottenartigen Erhebungen. 
deren Epitnelsenieht ahnliehe Veränderunzen zeigt, wie oben beschrieben. 
Auch polypöse Wucherungen, welche nur aus Epithel- und Rund- 
zellen zusammengesetzt sind, werden an einigen Präparaten beobachtet. 

Subepithel. Ebenso wie die Epithelschieht, ist auch das Sub- 
epithel tech an diffusen und eireumseripten Rundzelleninfiltraten. 
Erstere verlaufen teils parallel der Tunica propria, sie auf weite Strecken 
hin begleitend und mehr oder weniger senkrecht in die Tiefe der Submucosa 
hinein sich erstreekend. Das interstitielle Gewebe selbst ist in einigen 
Schnitten locker und grobmasehig, in der Regel jedoch besteht es aus 
straffem Bindegewebe, welches besonders in den tieferen Schichten die 
Driisenacini eng umschließt. Capillaren werden in großer Anzahl beob- 
aehtet. Außer den diffusen Rundzelleninfiltraten sind zumeist dort. wo es 
sich um lockeres, großmaschizes Bindegewebe handelt, striehförmige. 
vanz schmale Rundzellenanhäufungen nachweisbar, die den Saftlücken 
des Bindegewebes zu folren scheinen. An einer Stelle ist eine massige 
Anhäufunz von Erythroerten erkennbar, welche sieh zwischen ein teil- 
weise in der Ersatzzellensehicht der Fpithelschieht, teils in der Sub- 
mucosa liezendes diffuses Rundzelleninfiltrat schiebt. letzteres zugleich 
mit einer von der Oberfläche abredränzten Lacune in die Tiefe schiebend. 

Lacunen sind zahlreich nachweisbar. Fast alle besitzen eine 
der Oberfläche analoge proliferirte epitheliale Auskleidung und sind meist 
bis zum Niveau der Sehleimhautobertläche erfüllt mit epidermoidalen 
Zellen und Rundzellen. Die Zellwucherung ist hier und da so stark. dab 
sie das Niveau der Schleimhaut noch überragt und stellenweise zu poly- 
pösenExereseenzen führt. An anderen Punkten sind die Lacunen 
durch das Oberflächenepithel von der Oberfläche abzeselmitten: sie stellen 
sich dar als rundliche, inselartige Anhäufungen von polyzonalem Epithel. 
welche von 2—3 Reihen tieferzefärbten Plattenepithels umschlossen sind. 





ee 


Noch andere Exemplare haben eine flaschenartige Gestalt. indem die nach 
oben herende Oeffnune infolge von besonders starker Wueheruns des 
von der Lacunenwand zum Obertlächenepithel führenden Epithels verenirt 
ist. Hier und da ist auch eine Seitenwand der Lacune war nicht oder nur 
teilweise nachweisbar: an ihrer Stelle beobachtet man ein difuses Rund- 
zelleninfiltrat, das offenbar zur Vernichtung der Wand geführt har. 
Andererseits sind auch einzelne Cysten erkennbar. deren Epithel. ein- 
faches Cylinderepithel mit: einfacher eubischer Ersatzzellenschieht. nicht 
infiltrirt und deren Hohlune frei von Inhalt ist. 

Drüsen. Zahlreiche Driisenaustiihrungseiinge und Driisenacini 
sind in den oberflächlichen und tieferen Schichten der einzelnen Schnitr- 
nachweisbar. Aueh thr Epithel ist ähnlich dem der Oberfläche meist ver- 
breitert und reichlich mit Leakecvten durehsetzt. Meist sid dis 
Epithelzellen  dureheinanderzeworfen und erfüllen  teilweile das 
Lumen vollständige: Vielfach erscheint die Continuität aer Drüsenaus- 
führuneseänre durch diffuse Rundzelleninfiltrate, die sieh aueh in das 
/wischenzrewebe der Acınt schieben, durchbrochen. Die oberflächlicher 
legenden Drüsenausführungeseängre sind von Rundzellenintiltraten. dı 
tiefer gelegenen Aecini zumeist von straffem Bindegewebe eng umschlossen. 


ke Myene le arri 


M...in. Seit ca. fünf Jahren leidet Pat. an chronischer Urethritis. 
eompheirt dureh Prostatitis. Verschiedene bei anderen und auch bei mir 
bereits früher gemachte Kuren ohne Erfole Der früher starke Austluß 
hat zwar bis auf zelerentlich auftretende Verklebung nachgelassen, Jedoch 
bestehen fast beständig ziehende Schmerzen in der Tiefe des Penis, sowie 
relegentlich auch Kriebeln und Schmerzen im Mastdarm. — Nach 
Dehnungen, Spülungen und Massagen konnte stets eine Verminderung 
der Schmerzen sowie ein Nachlaß der Verklebunz erzielt werden, doch 
hielt die Besserung niemals an. Januar 1904 Status praesens: 
Harnröhre nieht verklebt. Knopfsonde No. 20 stößt in der Pars bulbica auf 
einen deutlichen Widerstand. Die Durchführung der Knopfsonde dureh die 
Pars posterior ist sehr schmerzhaft. Prostata schmerzhaft. im ganzen ze- 
schwolleu, Consistenz nieht verändert. Endoskopischer Befund 
derParsanteriıor: Pars bulbiea: Oberfläche der Schleimhaut teils 
rerötet und erodirt, teils mit einem graurétlich schimmernden, netzarag 
angeordnetem Belage bedeckt. An einzelnen Stellen erscheint die Schleim- 
hant deutlich gestichelt. weiter nach vorn fleekweise Rétung der grob und 
ungleichmiBig gefalteten Schleimhaut abwechselnd mit blassen, opaken 
Partien. Die Behandlung des Pat. bestand zunächst in systematischer 
Massage der Prostata und Diday’sehen Spülungen in 45 stündigen Inter- 
vallen. Außerdem Applieation von Metallsonden mit consecutiven Arg.- 
Spülungen in achttigigen Intervallen. Schließlich wurde mit Rücksicht 
auf die Wirkungslosigkeit dieser Behandlung das Curettement der Harn- 
rohre in groBen Zwischeuriumen versucht, und zwar am 26. H. 04 und 
14. VI. im geraden Durchmesser. am 285. VI. in queren, am 20, VIT im 
sehrigen, am 21. VIM. 1904 im schrägen, am 4. F. 1905, nachdem Pat. 
vier Monate pausirt hatte, im queren und schrägen, endlich am 
24. IV. 1905 noch einmal im geraden Durehmesser. — Zwischen den 
einzelnen Curettements wurde die Harnröhre wiederholt untersucht, wobei 


— 137 — 


sieh allerdings keine wesentliche Beeinflussung des Status praesens heraus- 
stellte. — Eine radicale Beseitigung der Beschwerden ist am Schlusse 
der Behandlung, die durch Versetzung des Pat. herbeigeführt wurde, 
nieht erzielt worden. — Status praesens am Schluss der Beobachtung: 
Kein Auftluß, keine Verklebungz des Orificium ext. Urinportion | 
klar. wenize Flocken, Urinportion II klar, einzelne Commatilamente. 
Prostata abzeschwollen. nieht schmerzhaft. Endoskopischer Befund: Pars 
bulbiea: Die erodirten Partien sind verschwunden, an ihrer Stelle ist die 
Obertläche der Schleimhaut blaßbrot und zewulstet. — Weiter nach außen 
sind die zeröteten Partien nicht mehr nachweisbar, vielmehr ist die 
Schleimhaut hier von normaler Farbe und größtenteils auch die Fältelung 
der Trichterwand in characteristischer Weise vorhanden. Die subjectiven 
Beschwerden des Patienten waren noch am Schlusse der Behandlung 
vorhanden. 

Das Untersuchunesmaterial stammt vom Curettement, welches am 
20. VH. 1904 ausgeführt wurde (im linken schrägen Durchmesser). 


78 81. M...in. 


Schleimhbhautquersehnitt. (Curettement vom 20. VII 1904 im 
linken schrägen Durchmesser.) 
Das Präparat stellt einen Querschnitt der Urethra post. in der Gegend. 
des Caput gallinaginis dar. 

Epithel. Das Epithel ist in seiner gesamten Ausdehnung überaus 
stark gewuchert. Seine Obertläche ist vielfach zerfasert, die einzelnen 
Zellen zerworfen und teilweise von ihrer Unterlage losgelöst. Die Form der 
in den obersten Schiehten liezenden Zellen schwankt zwischen Platten-, 
Cylinder- und eubischem Epithel hin und her. Die mittleren Sehichten be- 
stehen meist aus mehrsehichtigem eubisehen. nieht mit Rundzellen infil- 
tıirtem Epithel. Die Tunica propria ist stellenweise stark verdiekt. cha- 
rakteristiseh hervortretend. Sie hat vielfach einen stark welligen Verlauf, 
während der obere Contur der sie bedeckenden  Epithehalschicht 
verade verläuft. Dadureh kommt es zur Bildung halbkreisformiger, aus 
polygonalen Zellen zusanmmenresetzter Epithelllächen. die nach oben von 
Plattenepithel, nach unten von der Tunica propria begrenzt sind. An 
einigen Stellen ist die Epithelhyperplasie besonders stark. Hier beobachtet 
man spitziee, eondyrlomatöse Wucherungzen auf der Obertläche. An vielen 
Stellen einzelne zequollene Zellen. 

Suhepithel. Das subepitheliale Bindegewebe ist überall stark 
jufilerirt. um zwar wiegt unterhalb der Tunica propria Rundzellenwuche- 
rune von diffusen Charakter vor, während in den tieferen Schichten der 
Suhmueosa fast überall ziemlich dichtes. fihröses Binderewebe zu beoh- 
achten ist. welches die zahlreich vorhandenen Drüsenacini enz umscheider. 
Doch beobachtet man auch in den tieferen Schichten vielfach eireumseripte, 
sowie stellenweise aueh diffuse Rundzelleninfiltrate. Teilweise sind do 
Driisenacini von einem schmalen Rundzelleninfiltrat umgeben. 

Laeunen mehrere nachweisbar, sämtlich relativ eng und tief. 
Ausgekleidet in der Regel von einem gleichmäßig angeordneten, 2—3 fach 


— 138 — 


gesehichteten, eubisehen Epithel. Bei einigen besteht Jedoch stärkere 
Epithelwucherung: besonders dort, wo die Hohlung von der Schleim- 
hautoberfläche durch gewuchertes Epithel verschlossen ist. ist das Lumen 
mit enz aneinanderredrängten Epithelzellen strotzend angefüllt. Cha- 
rakteristiseh ist das Verhalten des Epithels einer nicht hypertrophirten 
Lacune. Während das Innere, insbesondere die Seitenwand, mit einer 
oberen Lage von Cylinder- und einer tieferen von Ersatzepitliel aus- 
gekleidet ist, beobachtet man beiderseits oben an der Umbierunesstelle 
azur Schleimhautoberiläche eng ancinandergedrängte Epithelzellen von 
Spindelform, welche den Zugang zum [Innern der Lacunen verengern. 

Drüsen. Außerordentlich zahlreiche Quer- und Liingssehnitte von 
Driisenausfihrungsviingen. Sie sind teils mit einfachem Cylindereptihel aus- 
rckleidet. Bei einiren besteht jedoch colossale Hyperplasie des Epithels. 
In diesem Fall ist letzteres in den tieferen Schichten eubisches Ersatz- 
epithel, nach dem Lumen zu entweder gleichfalls eubisch oder auch cy- 
lindrisch. nimmt die ganze Querschnittfläche ein, so daß häufig vom 
Lumen nur ein kleiner eentraler Kreis, nieht größer als ein Zellkern. 
übrig bleiht. In einigen der Oberfläche zunächst liegenden Drüsengängen 
findet man einzelne gequollene Zellen mit nicht firbbarem Protoplasma. 
zum Teil auch Zelllücken wie auf der Oberfläche. 


Ss. P......nn 39J. (Pat. d. Hrn. Dr. Schwersenski) 


Chronische Gonorrhoe seit mehreren Jahren: trotz Dehnungen mittels 
Oberltinders und Kollmanns Dilatatoren andauernd eitriger 
Ausfluß. Auf Ersuehen des behandelnden Arztes wurde am 3. 111. im ge- 
raden, am 14. IH. 1904 im geraden nnd queren Durchmesser die überaus 
weite Pars bulbiea, in weleher nach dem endoskopischen Befunde des be- 
handelnden Arztes ein eireumseriptes Infiltrat sich befand. eurettirt und 
mit 5 ecem einer I proe. Arı.-nitr.-Lösung eauterisirt. -— Naeh dem Ab- 
klingen der Reizung endeiltiges Verschwinden des Ausftlusses. 

Scehleimhantfragmente fanden sieh in dem Material vem 3. TT. 1904. 


60. 61. 69. P......nn 


(Curettement vom 3. III. 1904 im geraden Durchmesser.) 
Epithelstreitf. 

Epithel. Auch in diesem Falle bietet das Epithel in Bezug auf die 
Stirke der Hypertrophie. die Verschiedenartigkeit der Formation, sowie 
seine Beziehung zu den Drüsen. Lacunen ete. ein derartig buntes Bild. 
daß es unmöglich erscheint, alle Einzelheiten zu schildern. Was zunächst 
seinen Charakter im allzemeinen anlanet, so sind zwei Haupttypen er- 
kennbar: 1. der sieh (von oben nach unten beobachtet) aus Plattenepithel. 
einer vielgeschichteten polygonalen Zellenselicht und einer Ersatzzellen- 
sehieht zusammensetzende und 2. der sieh durchgängig aus eubischen 
bezw. evdindrisehen, vielgeschiehteten Zelllagen über einer Ersatzzellen- 
schieht aufbauende Epitheltypns. Diese beiden Hauptformationen det 
Epithelialschieht sind indessen in völliger Reinheit nur an wenigen Stellen 


— 139 — 


der verschiedenen untersuchten Präparate nachweisbar. Vielmehr findet 
man hanfig Ueberginge in der Epithelialformation. Eine genaue Classiti- 
eirung ist daher nieht immer möglich. lierzu kommt, daß die bereits 
mehrfach beschriebenen Degenerationserseheinungen (Quellung, Ver- 
schwinden der Epithelzellen) welche offenbar den Zerfall der Epithel- 
schieht vorbereiten, fast in Jedem Präparate in ziemlich großem Umfangr 
vorhanden sind, so dab die Continuität der Zellreihen auch unterhalb der 
VObertläche vielfach unterbrochen erscheint. Endlieh wird das Bild durch 
fleekweise auftretende, stellenweise die gesamte Epithelsehieht dureh- 
setzende Infiltrationsherde von Rundzellen häufiz verwischt. Folgende 
Finzelieiten sind hervorzuheben: Die freie Oberfläche zeigt die bunteste 
Abwechslung. In einer Reihe von Schnitten ist sie stellenweise glatt, ihr 
Contur micht durchbrochen. Es sind vorwiegend die Partien, wo sie aus 
ein- oder zweireihigein Plattenepithel gebildet ist. Hiervon habe ieh nur 
zweimal eine Ausnahme constatieren können. Aber auch an diesen 
Stellen war die oberflächliehe Epithelbekleidung selbst unversehrt; ein- 
mal war sie offenbar infolge extremer Wucherung der aus polygonalen 
Zellen bestehenden Mittelschieht derartig emporgehoben über ihre Um- 
vebung, daß sie eine dreieekige Erhebung, ausschließlieh aus Epithelzelleu 
bestehend, bildete. An der anderen Stelle handelte es sieh um eine 
buekelartige Emporwoélbune der obersten Epithelschieht. Hier hatte 
sie sich offenbar infolge eines ausnahmsweise nicht fleekweise, sondern 
strichweise (in paralleler Richtunge zur Oberfläche) erfolgenden Auf- 
lösungsprocesses der Epithelialsehieht von den unterliegenden poly gonalen 
Schichten teilweise abrelöst und überspannte sie brüekenartie. Unregel- 
mäßız und zerfasert dagegen war die Oberfläche. infolge von Zerworfen- 
seins der oberen Zellreihen, fast stets bei Jener Zellformation. die bis zur 
Obertläche aus enbischen resp. erlindroiden Zellen bestand. Besonders 
unrerelmäßig und wechselnd war sie dort, wo der freie Contur wellig oder 
in ganz unregelmäßigen Curven verlief, eine Eigenschaft, die an be- 
sonders vielen Stellen in diesem Präparate beobachtet wurde. Denn auch 
die untere Fpitheigrenze, die Tunica propria. ist hier wie in kemenm 
anderen Falle dureh einen auffalliz unrezelmäßizen Verlauf charakterisirt. 
Als Ursache dieser Erscheinung ist wohl die eolossale Epithelwucherung. 
verbunden mit der infolze der vielfachen Zelldegenerationen überall zu 
beebachtenden Rareficirung der mittleren Epithelialsehieht anzuseben. 
AuBerdem zeigt die Tunica propria dort, wo sieh Lacunen in die Schleim- 
haut einsenken, infolge der Compression threr oberen Abschnitte eine 
flaschenartige Configuration. An anderen Stellen, wo infolge intralacu- 
narer Zellhyperplasie der intralaeunare Druck auf die Tuniea propria 
den perilaeunaren überwiegt. zeigt besonders die Tunica propria 
nach der Tiefe zu die sonderbarsten Verzerrungen ihrer Gestalt. 
Wo papillire  Erhebungen über die Schleimhaut emporragen. 
erscheinen sie fast kugelig infolge von Compression ihrer Basis. Schließen 
sich an eine Lacune derartige papilläre Erhebungen unmittelbar an, so 


== 110 — 


entstehen durch die eembinirte Beeinflussung der Tuniea propria die 
sonderbarsten Windungzen. welehe dureh eine stets wechselnde Manmig- 
faltivkeit der Form eharakterisirt sind. Das Epithel folgt diesen Win- 
dungen nur teilweise, zZ. B. vielfach den papillären Erhebungen. Jedoch 
beobachtet man hier auch nieht selten Stellen, wo der Zwischenraum 
zwischen zwei papillären Erhebungen fast ganz durch wewnuchertes 
Epithel ausgefüllt ist. Auch die Hohhine der Lacunen ist überall vollig 
ausgefüllt von polyæonalen Epithelzellen. Außerdem wuehern letztere 
zuweilen tiber die Oberfläche der Schleimhaut hinweg in das freie Lumen 
hinein. In einem Präparate beobachtete man über einer durch das 
Deckepithel der Schleimhaut abzeschlossenen Lacune eine kerelförmize 
polypöse Krbebune. Bei starker Vergrößerung ließ sich betreffs ihrer 
teineren Struetur folgendes ermitteln: Die Tunica propria der über 
die Lacune hinweglaufenden Schleimhaut war convex nach oben aus- 
gebuchtet. Auf thr lag zu uuterst eine schmale Schicht eubischer Er- 
satzzellen, über dieser 10—12 Reihen polygonaler Zellen. Ueber diesen 
Jedoch bildete nicht eine Doppelreihe von Plattenepithelzellen (wie in der 
Umgebung) den Abschluß nach dem freien Lumen zu, sondern statt dessen 
eine kerelförmir sich aufbauende polypöse Wucherung, welehe aus poly- 
gonalen, an ihrer Pasis reiechlieh mit Rundzellen infiltrirten Epithelzellen 
bestand. 

Subepithel Das subepitheliale Bindegewebe besteht im allze- 
meinen aus lockeren, grobmasecehigen Bindegewebsfibrillen, wihrend in den 
Saftlüecken vielfach ganz sehmale, rosenkranzartig angeordnete Rund- 
zelleninfiltrate sieh befinden. welche ziemlich gletechmäßte verteilt sind. 
An einigen Stellen, besonders in Anschluß an dichtere intraepitheltale, 
bestehen diffuse Itundzelleninfiltrate, meist unmittelbar an die Tunica 
propria anerenzend, welehe sich sowohl nach der Breite wie nach der Tiefe 
verschieden weit erstreeken. An vereimzelten Punkten beobachtet man 
dichte, zanz eirenmseripte Inhiltrate, besonders ın den tieferen Schichten 
des Subepithels. Das subepitlielinie Gewebe ist im allgemeinen reich an 
Drüsen une Capillaren. 

Lacunen. Sehr zahlreich vorhanden, ihre Oeffnung meist nach dem 
Epithel zu dureh epitheliale und häufig aueh dureh Leukocyten- 
wucherung verleet, so daB sie in der Regel kolbige oder Flasehenform 
zeigten. Angefüllt sind sie mit epidermoidalen polygonalen Zellen, (re 
innere Auskleidung besteht aus Plattenepithel. 

Drüsen. Vielfach sind Querschnitte von Driisenausftiihrungsgiinugen 
und Drüsenacini nachweisbar. Ihre epithellale Auskleidung besteht in 
der Minderzahl aus einreihigzem Uylinderepithel, welches über einer eim- 
fechen Schicht von eubisehem Ersatzepithel gelagert ist. Zumeist siud die 
Ausführuneszänge und Acini mit einer besonders in den tieferen Schiehten 
ler Schleimhaut ziemlich stark rundzellig infiltrirten eubiseben Epithel- 
schieht auszekleidet. Jedoch ist die Epithelwueherung resp. die Ver- 
breiterung des Drüsenepithels weniger ausgesprochen als bei dem der 


— 1411 — 


Lacunen. Auch ist, abgesehen von den Abschnitten, in welchen diffuse 
interstitielle Rundzelleninfiltrate nachweisbar sind, die nächste Umgebung 
der Drüsenaeini in der Rerel nur von einem schmalen und lockeren Bande 
von Rundzellen, zuweilen überhaupt von keinem Rundzelleninfiltrate um- 
geben. 


PO Tlo P eas ag Te 
(Die Präparate rühren von demselben Curettement her.) 
Schleimhautfalte, Schleimhautschnitt. 


A.Schleimhautfalte. 

Schnitte von elliptischer Gestalt: sie stellen Schleimhautsehnitte dar, 
welche rings von Epithel umzogren sind. Deshalb, sowie auf Grund ihrer 
feineren Structur sind sie nur als Sehleimhautfalten zu deuten. 

Epithel. Das Epithel, fast überall stark verbreitert, zeigt auch 
hier einen ziemlich unregelmäßig wechselnden Charakter, wenn auch 
nicht in so auseesprochener Weise, wie bei den früheren Präparaten des- 
selben Patienten. Am meisten verbreitert und hypertrophirt sind die 
Scehmalseiten des Sehnittes, wo das Epithel in einer 20—30 fachen Lage 
angehäuft erscheint. Seine Oberfläche ist hier stark zerfasert, die 
einzelnen Zellen erscheinen durcheinandergeworfen. Meist handelt es 
sich um eubisehe resp. Ueberzangszellen: nur an der Umbiegunes- 
stelle zur Längsseite der Schleimhautfalte überwiezen mehr spindelföormig 
auseezorene Epithelzellen. Die Obertlächen der beiden Länesseiten 
zeigen ein ungleiches Verhalten. Während die eine reich an Lacunen Ist. 
außerdem eine Epithelialschicht besitzt, deren oberste Lagen in völlizem 
Zerfall begriffen sind, ist der Contur der anderen Lingsseite geradlinig wid 
glatt, enthält wenig Lacunen. An beiden Länesseiten ist das Epithel zu 
oöberst Plattenepithel. an welches sich an einigen Stellen eine 2—3 reihige 
Schicht eubischen, an anderen Punkten 5—5 Schichten polyzonalen Epi- 
thels bis zur Tunica propria anschließen. Stellenweise, besonders wo in 
der Nähe der Epithelobertläche Lacunen oder Querschnmitte von Drüsen- 
ausführuneszänzen sich befinden, Ist das Epithel zumal in seinen tieferen 
Schichten dicht mit uninucleären Zellen infiltrirt. 

Subepithel zeiet ein wechselndes Bild. An einigen Gegenden 
leckeres, welliges, eroßmaschizes Binderewebe, ist es an anderen Punkten 
straff und enemaschiz, besonders im den eentralen Partien der Schleim- 
hautfalte. wo es sich um Drüsenacini herumzieht. Irgend welche Be- 
ziehunzen zwischen der Structur der Epithelialselieht und der des Sub- 
epithels sind nient erkennbar. Obertlächliches Plattenepithel ıst über nor- 
ınalem loekerem Bindegewebe ebensowohl nachweisbar. wie geschiehtetes 
eubisches Epithel über festerem fibrösem Subepithel und umgekehrt. An 
einer der Schmalseiten, wo in der Nihe der Tunica propria sieh viel Quer- 
schnitte von Drüsenausfübrungsgängen angehäuft finden, besteht ein 
rroBes diffuses Rundzelleninfiltrat. welehes vom Epithel aus sieh weit in 
das Subepithel hinein erstreckt. 





— 142 — 


Lacunen relativ wenig, zeigen an den beiden Längsseiten ein 
verschiedenes Verhalten. Das Epithel der Laeunen der einen 
Längsseite ist entsprechend dem Verhalten des Oberflächenepithels stark 
gewuchert, seine Zellelemente, meist eubisches Epithel stark mit Rund- 
zellen untermischt, füllen teilweise die Höhlung der sehr breiten Ein- 
senkungen aus. Auf der anderen Seite ist ihr Epithel wenig verbreitert. 
teilweise normales Cylinderepithel, das nur in den oberen Abschnitten 
der Seitenwände, in der Nähe des Oberflächenepithels allmählich seinen 
Charakter ändert und in Uebergangs- resp. Plattenepithel sich wandelt. 
Einige der Lacunen sind an dieser Seite dureh über sie hinwegziehende 
Brücken ven Plattenepithel verschlossen, an einer Lacune beoh- ` 
achtet man eine offenbar durch benachbarte Zellprolferation bedingte 
Einschnürung der oberen Partien, so daB die Laeune Flaschen- 
gestalt annimmt. Jedoch ist iu diesem Präparat dies Phänomen ganz ver- 
einzelt, nicht so hiiufig, wie in den früher besehriebenen Sehnitten des- 
selben Patienten. 

Drüsen. Die Präparate enthalten zahlreiche Drüsenacini sowie 
Längs- und Quersehuitte von Drüsenausfülhrungsgängen. Die letzteren 
führen teils zweireihiges Uebergangs- bezw. eubisehes Epithel, teils stark 
gewuchertes, mit Leukoeyten besonders in der Tiefe durchsetztes Cy- 
linderepithel. Ein besonderes Verhalten zeigen zwei in der Mitte des 
Querschnittes mitten im fibrösen Bindegewebe liegende Drüsenacini. Der 
eine von ihnen ist stark erweitert. von 5—10 Reihen eubischen Epithel; 
auszekleidet, außerdem an seiner Cireumferenz einseitig von einem peri- 
glandulären Infiltrat umgeben, der andere ist mit zweireihigem Platten- 
epithel ausgekleidet, nicht von periglanduliirem Rundzelleninfiltrat um- 
geben, dafür aber von fibrösem Gewebe eingeschlossen. 


B. Querschnitt der obersten Sehleimhautsehicht. 


Tn den folgenden Präparaten handelt es sich um Quersehnitte der 
obersten Schleimhautschieht mit teilweise angrenzendem subepithelralem 
Bindegewebe. 

Epithel fast überall stark verbreitert, ist geschichtetes Ueberzangs- 
epithel bezw. cubisches Epithel. stellenweise besteht es aus emer 
Schicht Plattenepithel. au welche sieh mehrere Lagen polygonaler 
sowie cine basale Schicht von Ersatzzellen anschließen. Der Contur ist 
wellig, vielfach von Laeunen unterbrochen, die Oberfläche meist glatt, nur 
an einzelnen Stellen zerfasert. 

Subepithel zumeist zartes, nicht infiltrirtes, großmaschiges 
Bindegewebe mit Capillaren. Nur an wenigen Partien zeigt es ein etwas 
strafferes Gefüge. 

Lacunen sind zumeist von einem Epithel auszekleidet, das in den 
Seitenwänden mehr cubiseh. nach der Tiefe eylindrisch wird. Bei einer 
beobachtet man, wie sieh vou der Oberfläche der Schleimhaut her ge- 


— 143 — 


wuchertes Epithel unter das hier seitlich gleichfalls erlindrische Epithel 
schiebt, letzteres in seiner Continuität in das Lumen der Lacune hinein- 
drängend. Das Innere der Lacunen ist meist mit Epithelzellen, Zell- 
detritus und Leukocyten strotzend angefüllt. 

Drüsen teilweise normal, teilweise ist ihr Epithel dem der Schleim- 
hautobertläche ähnlich, wenig verbreitert, hier und da mit Rundzellen 
durchsetzt. In der Regel ist die Umgebung der letzteren von einem 
schmalen Saum eines perielandulären Rundzelleninfiltrats eingenommen. 


9, l’ s D e . Ss. 90. J. 
y . é 1/ t e . e a e 
Seit 3 /: Jahren leidet Patient an chronisehem Tripper. — 
Subjective Symptome nicht vorhanden: die objeetiven bestehen in ge- 


rinver schleimig-eitrizger Secretion in den Morgenstunden. — Die Unter- 
suchung (2. H. 1904) des Seeretes ergiebt im wesentlichen multinucleäre 
Leukoeyten, wenig Epithelien, vereinzelte Gonokokken. — Die Unter- 


suchung des Harnröhrenkalibers mittels Knopfsonde ergab keinerlei 
Hindernis in der Harnröhre. Die Endoskopie der vorderen Harnröhre er- 
vab erodirte Partien im Bulbus, weiter distalwärts eireumseripte eerétete 
Partien wit zestichelter, rauher Oberfläche von etwa Steeknadelkopferröße. 
umgeben von blasser, glatter Schleimhaut. — Therapie: Zunächst Di- 
day sche Spülungen mit Arg. nitr. 1:3000 der vorderen und hinteren 
Harnröhre mittels Katheter von steirendem Kaliber. Später Einführung 
von Metallsonden bis 28 Charriere alle drei Tage mit darauf folgender 
I proc. Ar NO:-Instillation in die Pars posterior. — 25. H. 1904 Ausfluß 
noch vorhanden. wässerie. Endoskopie erwiebt statt der früher erodirten 
Partien im Bulbus gewulstete, ziemlich opake Schleimhaut. Weiter 
distal bietet die Schleimhaut dasselbe Aussehen wie früher. — Nuu- 
mehr Curettement am 2d. IL, gleichzeitig im geraden und queren, am 
T. HI. im geraden, am 13. IH. und 21. MI. im queren, am 26. I. im 
reehten sehrägen, am I. IV. im Hnken sehrägen und am 26. IV. noch ein- 
mal im geraden und gueren Durchmesser. Unmittelbar nach jedem 
Curettement fustillation vou {proc Arg.-Lösung in den Bulbus. Die 
Applieationen wurden stets gut vertragen, die Blutung war stes gering 
und beschränkte sich auf 2—3 Tropfen. — Nach dem Abklingen der dureh 
die Application bedingten Reizung Janet'sche Spülungen mit Kal. per- 
mang. 1: 5000 in 48 stüudlichen Intervallen, — Status praesens Mitte Mai: 
kein Austluß. Urinportion J klar. einige durehscheinende Flocken. Urin- 
portion H klar, ohne Flocken. Eine controlirende endoskopische Unter- 
suchunz konnte leider aus äußeren Gründen nicht ausgeführt werden. 

Die untersuchten Jräparate stammen aus dem Curettement vom 


v“. HI. 1904. 


51. 53. 45. P..oss 
(Curettement vom T. HH. 1904 im geraden Durchmesser.) 


Schleimhautquerschnitt. 

Epithel. Das Epithel ist in seiner ganzen Ausdehnung außer- 
ordentlich stark gewuchert. Sein oberster Contur teils leicht gewellt in- 
folge von papillären Exerescenzen, welche an einigen Punkten beob- 
achtet werden, teils nach innen eingezogen, besonders an dem vereinig- 
ten Ausgangspunkte dreier Drüsenausführungseänge. An anderen Stellen 


— 144 — 


Jedoch ist das obere Niveau der Schleimhaut infolge der hier gleich- 
mäbiz alle Lacunen und zwisehen den Erhebungen sich befindenden 
Wellenthäler ausfüllenden Epithelwucherunz ziemlich geradlinig. Die 
Oberlläche teils glatt. teils wie anzenart infolze des Zerworfenseins der 
obersten Epithelzellenlage. An einigen Stellen lösen sich die obersten 
stellenweise verhornten Vlattenepithelien in Form ganzer Lamellen teil- 
weise von der Obertkiche ab. Dadureh, daB diese Lamellen seitlich ihr 
noch fest anhaften, in der Mitte über sie hoch hinausragen, erhält man den 
Eindruck. als ob hier die Epithelsehieht von einem Bogen überbrückt ist. 
Die Epitlielschieht selbst besteht wieder aus den beiden bereits mehrfach 
erwähnten Typen, je nachdem einerseits sie aus VPlatten-. polvgonalen un: 
Ersatzepithel sich zusammensetzt. oder andererseits durchweg aus eu- 
bischen oben zerfallenden Zellen bis auf die zu unterst liegende Ersatz- 
zelleuschicht besteht. Fast überall ist die Epithelialschieht von Rundzellen 
dieht durehsetzt. in der zu zweit genannten Epithelformation jedoch und 
an den Stellen. au welchen em oder mehrere Driisenausfiihrungseange 
dureh das Epithel hindureh treten. in ganz besonders hohem Grade, so daß 
hier vielfach die Tuniea propria volliz verschwunden ist. Von besonders 
starkem Umfanze ist die Epithelhypertroplie und Infiltration an einer 
eireumseripten Partie. wo sie als dreieekizes Epithelfeld sieh bis tie? 
hinein mit der Basis nach oben, der Spitze nach unten gerichtet in die 
Subinucosa hinein erstreckt. Beachtenswert ist ferner, daß an deu 
Schnitten dieser Serie an nur ganz vereinzelten Stellen. und auch da nicht 
sehr ausgesprochen, einzelne poivgonale Zelen die sonst häufiz beob- 
achteten Quellungs-Erseheinungen zeiren. 

Subepithel. Das subepitheliale Bindegewebe ist größtenteils ein 
aus ziemlich lockeren Binderewebsfibrillen bestehendes Maschennetz. 
welches die hier reichlich vorhandenen Drüsenacimi und Ausführungeswänge 
der Drüsen dieht umziebt. Besonders in der Umgebung der Drisenacini 
finden sich zwischen der Bindegegewebsfasern ziemlich viel Spindelzellen. 
Gleichwohl bilden sie nirgends ein so dichtes Infiltrat. daß es zu Corm- 
pression der Drüsenacim kommt. Rundzellenanhäufungzen finden sieh, ab- 
xesehen von eier dieht unterhalb der Membr. propria auf kurze Strecken 
sich hinziehenden, nur ganz wenig. Nur im Bereich des Durchtritts der 
Drüsenaunsführuneseänge. zumal dort, wo mehrere in eine gemeinsame 
Oeffnunz münden, ist die Rundzelleninfiltration eine sehr dichte. 

Lacunen finden sich meht zahlretch vor. Das Epithel ihrer Tunica 
propria ist meist Plattenepithel. in einer Lacune Cylinderepithel. Aus- 
gefüllt sind sie durchweg mit polygonalem. sieh eng aneinander- 
sehmiegendem Epithel. welches mit relativ weniz uninueceleären Rund- 
zellen untermischt ist. Beachtenswert erscheimt, dab bei einigen Lacunen 
die Mitte der Basis nach oben zu, sowie die Seitenwand schräg von oben 
innen nach unten auben gerichtet ist, so daß eine ganz ungewöhnliche 


Form herauskommt. Ic" steht diese Configuration in 


— 


Zusammenhang mit dem seitens des dichten Epithelinfiltrats ausgeiibten 
Druck auf die Seiten- und Unterwand der Lacunen. 

Drüsen. Sowohl Ausführungsgiänge wie Acini sind in den unter- 
suchten Sehnitten in grober Anzahl nachweisbar. Die Ausführungsgänge 
sind besonders lange: vielfach gebuclhtet und besitzen teils eine in langen, 
dicht aufeinanderfoigenden Querwindungen verlaufende Korkzieherform. 
Ausgekleidet sind sie mit zweireibierem eubisehem Epithel, welches be- 
sonders im Bereich der Epithelschicht der Schleimhaut mit vielen uni- 
nucleären KRundzellen (durchsetzt erscheint, Jenseits der Epithelschieht 
Iinmer remer und freier von Leukocytenintiltration erscheint. Ihr Lumen 
ist besonders im Bereich der Epithelschicht vollzepfropft mit abrestoßenen 
Epithelien und Leukveyten, ohne daß jedoch in den unterhalb der Epithel- 
obertläche gelegenen tieferen Schleimhautschiehten hin Ausbuchtungen 
der Drüsenlumina bemerkbar wären. Außerdem sind sie sämtlich, jedoch 
eleichfalls nur im Bereich des Epithels, von einer diehten Rundzellen- 
inltration umwzeben. die meist am unteren Epithelrande ihr Ende erreicht. 
Die Acini sind teils von einer oberen Cylinder- und unteren eubischen 
Ersatzzellenschicht, teils von einer doppelten eubischen Epithelzellen- 
schieht. welehe von Leukoeyten durchsetzt ist, auszekleidet. Die zwischen 
die Acini sich dringenden Zwischenwände, aus fibrillärem Bindegewebe 
bestehend, sind gleichfalls mit reichlichen Rundzellen durchsetzt. Ein 
Teil der Acini ist von Spindelzelleninfiltrat von geringem Umfange um- 
geben, ein anderer jedoch frei. 


10. F... e 26 J. 

F... e Seit drei Jahren leidet Pat. an chronisehem Tripper. Sub- 
jeetive Beschwerden bestehen nieht: objeetive Beschwerden: jeden Morgen 
Wiisseriz-eitrizges Secret eines Tropfens von Doppelstecknadelkopferöße. 
das trotz vieler dagegen von anderer Seite angewendeten Proceduren 
nieht verschwinden will. 24. 1. 1904 Status praesens: 
Der Morrentropfen besteht mikroskopisch aus multinucleären Leuko- 
evten.  CGonokokken wurden nicht aufgefunden. Urinportion | 
klar. viele Filamente, meist aus multinneleären Leukoeyten, zum geringern 
Toile aus Plattenepithelien bestehend. Urinportion II klar. einige haken- 
formize und punktformige Filamente, mikroskopiseh fast ausschließlich 


aus Leukoevten bestehend. — Anopfsonde No. 20 wird in der Gegend des 
Bulbus urethrae leicht festgehalten. — Endoskopischer Befund: Schleim- 


haut des Bulbus teilweise erodirt. tief gerûütet, Wie gestichelt, ohne Falten. 
ein wenig mehr abwärts beginnt grobe Fältelune Die Selleim- 
hautpartie zwischen den Falten ist hier viel blasser als in den 
tiefer gelegenen Abschnitten: die Oberfläche der Schleimhaut 
erscheint auch hier stellenweise  uneben. Weiter distalwärts ist 
nichts Abnormes an der Schleimhautoberfliche zu erkennen. sie 
ist faltenreich, ihre Oberfläche glatt und von normaler Farbe. der Schleim- 
hauttrichter gleichinäBig. — Die Prostata weist keinerlei Abnormität auf. 
Die Behandlung bestand in Einführung von Metallsonden mit consecutiver 
Argentum-Spiilung 1: 2--3000 bis 28 Charriere in 3—4 tiigiren Intervallen. 
Hieran wurden 3 Spiildehnungen in demselben Interwall angeschlossen. 
— Status praesens Anfang Marz: Immer noch morgendliche Verklebung. 
Urinportion 1 klar, enthält Filamente von ähnlicher Beschaffenheit wie 


a —— 


im Beginn der Behandlung. Urinportion I klar ohne Filamente. Endo- 
skopischer Befund: Die Rötung im Bulbus nicht mehr so ausgesprochen: 
auch erscheint die Oberfläche der Schleimhaut im Bereich der eredirten 
Partie glatter als im Beginn. einzelne grobe Falten sind jetzt nachweis- 
bar. Weiter distalwirts ist das endoskopische Bild gegen früher un- 
verändert. — 5. IM. 1904: Curettement der Pars bulbiea im 
geraden Durchmesser. AnsehlieBend darau Einträufelung einer 1 proc. 
Arg.-Lôüsung (5 eem) in die Pars bulbica. Nach dem Verschwinden der 
sehr starken Eiterung, Diday sche Spülungen in zweitägigen Intervallen 
(Kal. permane. 1:5000). Nach sechs Spülungren Verschwinden der Ver- 
klebung und der Fäden. so daß Pat. entlassen wurde. — Am 12. Jun 
stellte sich Pat. mit einem Recidiv vor. Während der ganzen Zwischen- 
zeit ohne objective oder subjective Beschwerden, hatte er in den ersten 
Tagen des Juni wieder leichte Verklebune- in der Frühe, jedoeh nieht beim 
Aufstehen, sondern erst, nachdem er einige Zeit in Bewegung gewesen, 
bemerkt. — Der Urin war bis auf einzelne punktförmige, kaum steeknadel- 
koöpferoße Filamente völliz frei von wmorphotischen Bestandteilen. Mikro- 
skopisch bestanden sie aus multinucleären Lenkoeyten und Epithelien. — 
Prostata normal. Der endoskopische Befund entsprach ungefähr dem vom 
Anfang März 1904.) Infoleedessen Curettement der Pars anterior succes- 
sive im geraden, queren und linken schrären Durchmesser am 14 VI. 
21. VI. und 25. VH. 1904 unter jedesmal gleichzeitiger Tnstillation von 
Are. nitr. 1:100 (5 een). In den dazwischenliegenden Intervallen alle 
48—72 Stunden Diday-Spülunzen von Kal. permane. 1:5000. Nach Ab- 
lauf der localen Reizerscheinunzen nunmehr dauerndes Verschwinden 
sümtlicher Symptome. In den folgenden Monaten erschien Pat. alle 3—t 
Wochen zur Controle: niemals bestand Verklebung. Austluß, stets war 
der Urin tloekenfrei und klar. Die letzte Untersuchung erfolgte August 
1905. Sie ergab vollständiges Fehlen sämtlicher Erseheinungen. Auch 
endoskopiseh konnte nichts Abnormes festgestellt werden. 

Das untersuchte Material stammt von den am ð. HI. 1904 im geraden 
Durehmesser ausgeführten Curettement. 


45. TO F... e. 
(Curettement im geraden Durchmesser vom 5. HI. 1904.) 
Epithelialstreif. 

Epithel. Das Epithel ist in seiner Gesamtheit stark hypertrophirt. 
Sein oberer Contur ist im allgemeinen geradlinig, nieht wellig. Seine Ober- 
tläche teils festeefiiet. teils der oberste Rand wie anzenart. zerfranzt 
infolge von zerworfenen Zellen. An einer Stelle wuchert das Epithel frei 
in die Oberfläche. eine Art polvpöser, ans cubischen und polywronalen 
Zellen bestehender Wucherungz bildend. Was die Configuration der Epi- 
thelialsehieht anlanıt, so ist sie wiederim teils aus einer Schicht Platten- 
epithel und 5—10 Schichten polvzonaler Zellen. teils aus 5- -10 Schichten 
enbischer, teilweise sich der Cylinderform nähernder Zellen zusammen- 
gesetzt. Die unmittelbar über der Tuntea propria legende Zellsehicihit 
unterscheidet sieh nicht wesentlich von den darüberliexenden Zellreiher. 
ist nicht mit Leukoeyten infiltrirt. Ebenso wenig sind gequollene Epithel- 
zellen nachweisbar. 

Subepithel an einigen Stellen sichtbar, nicht infiltrirt. 

Lacunenund Driis en nicht vorhanden, 


die 


11: Mess em 20. 


\M ...er Seit 5-6 Jahren leidet Pat. an Urethritis ehrenica im 


Anschluß an Gonorrhoe. Gonokokken sind seit mehreren Jahren trotz der 


eifrizen, wiederholten Untersuchungen seitens der competentesten Col- 
legen in Breslau und Berlin niemals mehr nachweisbar gewesen. — 
StatuspraesensFebruar 1905: Der rexelmäßig in der Frühe ent- 
leerte Tropfen ıst grauweiß, besteht mikroskopisch fast ausschießlich aus 
Plattenepithelien und wenigen Leukoeyten. Gonokokken nicht nach- 
weisbar. Prostata ohne  Abnornität. Die erste Urin- 
portion klar mit zahlreichen teilweise  plattenförmigen, teils 
commaartizen Filamenten. Urinportion JI klar mit ähnlichen 
nur vereinzelten Filamenten. Die Untersuchung der Harnröhre mittels 
Kuopfsonde erwriebt keine Infiltration. Die Endoskopie der Pars anterior 
zeigt in der Pars bulbiea Schleimhaut grob gefaltet, Oberfläche blaßrot. 
an einzelnen Stellen dureh steeknadelkopferoße, tiefrote und etwas de- 
primirt gelegene Punkte unterbrochen. — Dieses Aussehen behält die 
Schleimhaut bis in die vordersten Partien der Pars anterior hin bei. Die 
Endoskopie der Pars posterior gelingt nieht wegen Uebertlutung des 
Untersuchuneszebietes dureh Urin. — Behandlung: Zunächst Appli- 
eation yvon Janet`sehen Spülungen mit Kal. permang.-Lösungen 1: 5000 
in 45 stiindigen Intervallen. Nach Verschwinden der morgendliehen Secre- 
tion Spüldehnungen mittels Lohnstein’schen Spüldilatators bis Mitte 


März. Unterbrechung der Kur bis Mitte Mai aus äußeren Gründen. — Mitte 
Mai stellt sich Pat. wiederum vor. — Nach seinem Bericht hatte sieh die 


Secretion vier Wochen nach dem Aussetzen der Behandlung wieder ein- 
vestellt. Die Untersuehung ergab, dab der Status der Harnröhre gegen 
trüher nicht wesentlich verändert war. Curettement der Pars anterior 
am 26. V. 1905 im geraden Durchmesser mit eonseeutiver Tnstillatton von 
5 ecm einer 1: 100 Arg.-nite-Losung in die Pars bulbiea. Nach dem Ab- 
klinzen der ziemlich profusen Eiterune. im Verlauf des Juni, zehn Janet- 
sche Spuilungen, Antang Juli vollkommenes Verschwinden der Secretion. 
Wiederum sechswéchentliche Pause in der Behandlung. — Mitte August 
berichtete Pat.. daß sich von neuem die Seeretion einzustellen beginne. 
Am 18. VILL 1905 Curettement im queren Durchmesser mit consecutiver 
1 proc. Arg. nitr.-Instillation. Im Verlaufe des September Janet-Spülungen 
in sechstäzieen Intervallen. Ende October 1905 bestand zeitweise eime 


minimale wässertre Seeretion. besonders nach dem Coitus — das Secret 
enthielt aussehließlieh Epithelien. — Sonstige Beschwerden micht vor- 
handen. 


Schleimhautfraxmente fanden sich nach dem am 26. V. 1905 im 
geraden, sowie nach dem am 18. VIH. 1905 im queren Durchmesser aus- 
vefthrten Curettement. 


Re 


S4. 85. M...er 
(Curettement im geraden Durelimesser vom 26. V. 1905.) 
Epithelstreifen. 

Epithel. Durehweg stark verbreiterte Epithelsehicht. Der obere 
Contur fast überall geradlinig. Drüsenausführungesgeänge oder Lacunen 
nieht vorhanden. Der freie Rand der Epithelsehicht fast überall gleich- 
mäßie, nur an einigen Stellen lösen sieh die oberen Zellreihen in Längs- 
streifen von ihrer Unterlage YD. Die oberste Reihe der Epithelialschiehi 
besteht ausschließlieh aus L—2 Reihen von Plattenepithelien, welche teil- 





= JR. 


weise verhornt sind. Darunter 5—10 Schichten von polygonalen Epithel- 
zellen. welche auf weite Strecken schlecht resp. nieht färbbar sind oder 
Lücken hinterlassen haben. Die Basalzellenschicht von ungleichma Biger 
Breite: an einigen Stellen kaum 2-—3 Schichten zählen. ist sie an anderen 
eolossal verbreitert. so dab sie hier und da fast bis an die Obertläche der 
Epithelschieht reieht. Die Tunica propria stellt eine unrerelmäßize Curve 
dar: stellenweise verläuft sie paralell zur Oberfläche, an anderen Stellen 
ihr gerade entgegengesetzt. So kommt es. daß sieh unmittelbar neben- 
einander relativ schmale und breite. direct flichenartig ansgedelnte Epi- 
thelialfelder zuweilen in demselben Gesichtsfelde antreffen lassen. Eine 
rewisse Gesetzmäßizkeit selleint insofern obzuwalten. als bei breiter poly- 
gonaler, aus schwer färbbaren Zellen bestehender Mittelschieht die Ober- 
fläche zeradlinie. die Tuniea propria dagegen convex nach unten verliuft. 
während bei stark verbreiterter Ersatzzellensehieht die Tuniea propria 
gerade oder convex nach oben verläuft. die Oberfläche der Epithelschicht 
in das Lumen zurueck zedrängt erscheint. 

Subepithel besteht aus lockerem. weitmaschizem, nicht infiltrir- 
tem Bindegewebe. 


15. 10. I8. M...er. 
(Curettement im queren Durchmesser vom 15. VHT. 1905.) 
Epithelstreif. 

Epithel. Fast überall stark  verbreiterte . Epitheltalsehieht 
Oberer Contur gerade, nicht wellis, glatt, nur an wenigen Stellen lösen sich 
parallel der unteren Epithelialsehicht die obersten Lagen bandartig ab. 
Die obersten Lagen aus Plattenepitheb teilweise verhornt. bestehend. Die 
mittleren 5—-10—15 Schichten aus polveonalen sehr großen und blassen 
Zellen bestehend, von wechselnder Breite. Zu unterst Ersatzzellenschicht. 
teilweise mit Leukoeyten in geringem Grade infiltrirt. Die Tunica propria 
zeigt ein dem früher beschriebenen analoges Verhalten. 

Subepithel. soweit zu übersehen, ohne Infiltrat. 

Drüsen und Laeunen nicht vorhanden. 


J ee A 


Kam mit einer seit ea. © Jahren ununterbrochen bestehenden 
Gonorrhoe. die bereits früher zu den  verselledensten Complica- 
tionen geführt hatte. in meine Behandlung. Zu ihrem Beginn 
bestand ziemlich starker eitrirer Austluß, Urethritis posterior mit Uystitis. 
und chronischer Prostatitis, Nach Beseitivuny der oberflächlichen katarrha- 
hischen Beschwerden der Harnröhre mittels Didavy scher Argrentum nitr.- 
Spiilungen 1:3-—-4J000, später Janet 'seher Spülunzen KMNO« 125000, — 
Behandlung der Urethro-Prostatitis und Cystitis colli mittels methodischer 
Prostatamassage, combinire mit I proe. Arı.-Instillation in das Collum ve- 
sieae. Drei Monate nach Beeinn der Behandlung war der Urin dauernd 
klar, enthielt jedoch noch retehliche Filamente. Auch bestand zeitweilig 
noch Verklebung des Orifichim urethrae sowie vermehrter Harndrane. Endo- 
skopie der Haruröhre erzab ein ziemlich ausgzedelhntes, teilweise grau- 


— 149 — 


weißes. teilweise mit: granulierender Oberthiche bedecktes Tnfiltrat der 
Pars bulbiea. -— Fortsetzung der Massage eombinirt mit Spüldehnungen 
mittels meines Spüldilatators in siebentägigen Intervallen. Dazwischen 
l proe. Arg. nitr. -lostillation in den Bulbus urethrae. — Nachlaß der Fila- 
mente: ein vollständizes Verschwinden konnte Jedoch nieht erzielt werden. 


Infolzedessen Curettement der Harnröhre in 3—6 wöchentlichen Inter- 
vallen sueressive in allen Durehmessern mit eonseeutiver | proc. Arg.- 
Instillation am 14. VI.. 26. VIE. 11. VUT. und 29. IX. 1905. Zwischendurch 
in 48 stündieen Zwischenräumen Massage der Prostata und 'Jauet- 
Spülunzen. Als Endergebnis der Behandlung Verschwinden der Filamente. 
Hier und da noch etwas Harndrane. 

Schleimhautfragmente fanden sich nach dem Curettement am 26. VIT. 
im queren. sowie am 11. VIIT. im linken schrägen Durchmesser. 


su. ST. Hu B......nn. 


(Curettement im aueren Durchmesser vom 26. VIT. 1905.) 
Epithelstreif. 

Epithel überall hypertrophisch. Sein freier Contur zeigt im all- 
vemeinen eine gerade Richtung, nur an wenigen Stellen dureh circum- 
seripte Wucherungen unterbrochen. Die Oberfläche teils durch ein- bis 
zweireihizes Plattenepithel, teilweise durch cubische, in letzterem 
Falle unerdentlich durcheinandergeworfene Epithelzellen gebildet. Was 
die Formation des Epithels anlangt. so herrscht der Typus: Plattenepithel, 
polvedrisches Epithel, Ersatzepithel vor, nur hier und da findet sieh über 
der Ersatzepithelzellenschieht ausschließlieh eubisches Epithel bis zur 
Obertläche. Im Einzelnen wurde häufig in der Ersatzzellenschicht ziemlich 
diehte Leukoerteninfiltration beobachtet: letztere durchbrach, wie in 
einigen Präparaten festgestellt werden konnte, die Tunieca propria, und 
setzte sieh eine Strecke weit diffus in das subepitheliale Gewebe fort. 
Außerdem konnten an mehreren Partien eireumseripte Wucherungen von 
Epithel welehe reichlieh mit Leukoevten durchsetzt waren, nachgewiesen 
werden, Cpolypöse Epithellalwucherungen). 

Subepithel besteht aus eroßmaschizem, wellizem, zartem Binde- 
vewebe. In seinen Maschen (offenbar den Saftlüeken folzend) finden sich 
stellenweise  rosenkranzartig  Leukocyten aneinandergereiht (ziemlich 
rexzelmäbiz erscheint unter ihnen oft ein sehmales parallel der Tunica 
propria verlaufendes, von ihr dureh ein zewisses Intervall getrenntes In- 
filtrat.). Erheblichere Infiltrate nur an wenigen Punkten diffus im An- 
schluß an tiefliegendes Epithelialinfiltrat. Stellenweise ziemlich weite 
Capillaren. 

Laeunen. kin Exemplar in sämtlichen Sehnitten nachweisbar. Auch 
dieses nicht typisch, auffallend klein, über seiner oberen eigentlichen 
Oeffnunz erweitert es sieh beeherförmie. Es ist bis zum Lumen der 
Schleimhaut mit polygonalen Epithelzellen erfüllt. Seine Tunica propria 
mit Plattenepithel auszekleidet. 

Drüsen nicht vorhanden. 


— 150 — 


E. I: 4; Pris sise nn. 
(Curettement tim tinker schrären Durchmesser vom 11. VIII. 1905. 
Schleimhautquersehnitt. 

Epithel. Das Epithel befindet sieh. nach dem übereimmstimmenden 
Untersuchungesererebnis in sämtlichen Sehnitten in einem Zustande aus- 
vedelntester IIypertrophie bei gleiehzeitizer Neigung zum Zerfall und ent- 
zündleher Rundzelleninfiltration. Der Obertlächeneontur zeigt durch- 
weg die manniefaltieste Gliederung. Letztere hat ihren Ursprung 
einerseits in der vielfach beobachtenden Zottenbildung der Ober- 
fläche., sowie in der Anwesenheit von zahlreichen  papillären 
Exerescenzen, endlich in den relativ häufiz zu constatirenden polv- 
pösen epithelialen Wucherungen in einigen Präparaten. Die Ober- 
fläche der Schleimhaut ıst fast überall zerfranst, eine Folze des oberfläch- 
lichen Zerfalls und der unrexrelmäßtzen  Loslôsune der obersten Zell- 
elemente von ihrer Grundlage. Wo die Oberlläche continuirhch ohne 
Lücken verläuft, zeizt sie meist einfaches Plattenepithel als Deckschicht. 
so beispielsweise über einigen Lacunen, die dureh sie vollkommen von der 
Obertliche abgeschnitten zu sein scheinen. Die Configuration des Epithels 
ist meoist die eines 5-—10--20 schichtigen Cubusepithels, dessen Zellelemente 
teils gequollen, wenig oder gar mieht färbbar sind. An einigen 
Stellen, wo mehrere benachbarte Zellelemente diese Beschaffenheit 
zeigen, entstehen mehr oder wenizer große Löcher in der Epithelschicht. 
die ihr dann das Aussehen von Gitterunz geben. Abgesehen hiervon 
ist das Epithel bald mehr in den obertlächlichen Larwen. bald in der 
Ersatzzellenschicht, häufig aber auch in sämtlichen Schichten Sitz eines 
diehten, aus multinucleären und epithehloiden Zellen bestehenden Rund- 
zelleninfiltrats. Letzteres beschränkt sich keineswegs auf die Epithelial- 
schicht, sondern erstreekt sich stellenweise bis in das subepithelale 
Bindgewebe, so dif hier die Tunica propria zuweilen volliz unsichtbar wird. 
Ebenso erfüllt es vollständie die meisten der papillären Exereseenzen. an 
denen diese Sehuitte relativ reich sind. Durch die vereinigte Ein- 
wirkung der Zelldereneration einerseits, der infiltrirenden Leukveyten 
andererseits konmmt es wahrscheimlich zur Lockerung des Geftiges der 
Epithelialsehieht überhaupt. Nur so ist es zu erklären. daß bei dem reich- 
rerliederten, welligen Verlauf der Schleimhaut einzelne Abschnitte ganz 
von Epithel entblößt sind. Daraus, daß von diesem Schieksal in der Regel 
rerade die geschützter liegenden Wellenthäler am meisten betroffen sind. 
ist der Schluß zu ziehen, daß dieses Phänomen nieht auf äußere mecha- 
wische Kinflüsse zurückzuführen ist, sondern auf die Inneren in der 
Schleimhaut selbst sieh abspielenden Vorgänge. Die Tunica propria, fast 
überall von einer 1-2 sehiehtiven eubischen KErsatzzellenschicht bedeckt. 
verläuft völlig unabhängie von der Oberfläche der Schleimhaut. Die Folge 
davon ist. daß sehmälere Epithelstreifen mit sehr breiten, stellenweise 
geradezu Häshenhaft ausgedehnten Epithelfeldern abweehseln. Unter den 


— 151 — 


letzteren finden sich relativ häufiz die bereits früher zeschilderten anein- 
andergerethten, halbkreisformigen Felder, bedingt dureh einen sinus- 
carvenartigen Verlauf der Tunica propria bei gradliuig verlaufender 
Schleimhautobertläche. Endlieh seien noch die an einigen Stellen beob- 
achteten, teilweise eolossalen freien Fpithelial- und Rundzellenwuche- 
rungen hervergehoben, welehe sich wie Polypen eireumseript über der 
Schleimhaut erheben. besonders große Dimensionen nimmt die Epithel- 
zellenuproliferation in der Regel an den Spitzen der Zotten resp. den 
Buckeln der papillären Exerescenzen an. Hier zeigt auch die Rundzellen- 
infiltration zwischen dem gewueherten Epithel zuweilen einen knoten- 
artiren Charakter. 

Subepithel. Das subepitheliale Bindezewehe besitzt in der Regel 
ein weitinaschiges Gefüre, in welchem sich zerstreut vermehrte Leuko- 
eyten teils ohne bestimmte gesetzmäßiee Anordnung, teils den Saftlücken 
folvend, nachweisen lassen. Abgesehen hiervon finden sieh vielfach 
dichtere Rundzelleniniiltrate, welehe in continmrlichem  Zusammenhange 
mit den Epithelalinfiltraten vom unteren Rande der Tunica propria aus 
sich verschteden tief in das subepitheliale Bindegewebe hineinziehen. 
Endlich beobachtete ich an einer Stelle unterhalb der Tunica propria ein 
Spindelzelleninfiltrat von geringer Ausdehnung. sowie ein analoges längs 
der Seitenwand einer zotteuartiren Erhebung der Sehleinthaut. Das Sub- 
epithel war reich an Capillaren. 

Lacunen zahlreich vorhanden. Sie sind zunächst der Tunica 
propria mat eubischem oder Plattenepithel bekleidet, meist strotzend niit 
Epithehen. Leukoerten nnd Detritus erfüllt und teilweise von dem von der 
Oberfläche her ziehenden Epsthel verschlossen. Einige sind jedoch fast 
frei von Inhalt, Ja teilweise in der Tiefe ihres Deckepithels beraubt. Ver- 
enverungen der freien Oberfläche der Larunen wurden mieht beobachtet. 

Drüsen wenig zahlreich nachweisbar. Thr Epithel meist leieht ge- 
wuchert, periglandulires Infiltrat von erheblicherem Umfange wurde nur 
einmal beobachtet. 


Ie rs sue Old, 


Seit 10 Jahren chronische Gonorrhoe, die gänzlich symptomles 
verlief. Kurz nach der Hochzeit. sechs Monate vor Beginn der Be- 
handlung, Infection der Gattin. Gleichzeitig vermehrte Secretion aus 
der Harnröhre und Schmerzen in der Tiefe des Dammes. Das Secret ent- 
hielt fast nur multinueleäre Leukoeyten. wenig Epithelien. Gonokokken 
nicht nachweisbar. Erste Urinportion klar. viel Flocken; zweite Urin- 
portion desgleichen. Prostata, linker Lappen verhärtet, nicht ver- 
zroößert, schmerzhaft. rechter Lappen normal. Endoskopie der vorderen 
Harnréhre ergab in der Pars bulbiea die Sehleimhaut erodirt und gerötet. 
Oberfläche stellenweise wie gestichelt. Die Endoskopie der Pars post. 
zelanz nicht wegen Blutung. Die Palpation mittels Knopfsonde No. 20 
ergab nirgends besondere Resistenz. Die Behandlung bestand zunächst 
in täglichen Spülungen der gesamten Harnrôhre mittels Did a y ‘scheu 
1: 50001: 5000 Are. nitr.-Lösungen, später in Application von Metall- 
sonden steigenden Kalibers bis 28 Charriere mit anschließenden Instilla- 


| 


tionen von Arg. nitr. 1:100 5 cem) in 3—4 tägigen Intervallen. Vor jeder 
Sitzung außerdem Massage der Prostata. Schließlich vier Spüldehnungen 
der Pars posterior in Stägigen Intervallen mit heißem Wasser und an- 
schHeBender Arg. nitric. (1: 100) -Instillation. Die Behandlung erforderte 
etwa vier Monate. An ihrem Schlusse war die Secretion verschwunden 
Erste Urinportion klar, mit vereinzelten epithelhaltiren Flocken, zweite 
Portion klar mit vereinzelten Kommafilamenten, keine Gonokokken. Der 
endoskopische Befund der Pars bulbiea ergab leichte Rötung, ihre Ober- 
lläche war elatt und gefältelt. Prostata normal. Pat. als geheilt ent- 
lassen (Juli 1905). Mitte August stellte sich Pat. vor mit der Angabe. dab 
beim Coitus zuweilen Schmerzen in der Tiefe des Dammes beständen: 
relegentlich einer Cohabitation sei das Sperma blutig gewesen. Zeitweise 
wurde aus der Harnröhre eine Spur klaren Secrets entleert. Der Urin 
enthält in beiden Portionen wenige punktförmige Filamente. Prostata 
normal. Therapie: Massage der Prostata, anschließend daran Curettement 
der Pars posterior im geraden Durehmesser (14 IX. 1905), mit 
consecutiver 2 proc. Arg. mitr-LOsung (5 cem). Nach Verschwinden der 
Reizung Janet’sche Spülungen mit Kal. permangan.-Lösung 1: KW in 
48 stündlichen Intervallen. Aufang October bestanden keine subjectiven 
une objeetiven Erscheinungen mehr. Das Ejaculat normal, blutfrei. ilie 
Ejaculation ohne jerliche schmerzhafte Empfindung. 


19. 26. G.... Trt. 
(Curettement vom 14. IX. 1905 im geraden Durchmesser.) 
Ur. posterior. Epithelstreif. 

Epithel. In sämtlichen Präparaten ist das Epithel ziemlich gleich- 
mäßig hypertrophirt. Der Verlauf der freien Oberfläche ist der einer in 
eng aneinanderliegenden Falten verlaufenden Linie. Die Oberfläche ist 
teils glatt, teils infolge dureheinandergeworfener Zellen unregelmäßig und 
zerfranst, Die Epithelformation ist zumeist die eines mehrschichtigen 
Cylinderepithels, und zwar ist die Richtung der Zellen, gleichgiltig, ob sie 
die Kuppe des Wellenberges bedecken. oder ob sie die Seitenfläche seines 
auf- resp. absteigenden Schenkels bekleiden, stets nach aufwärts. nach 
dem freien Lumen zu gerichtet. Nur an wenigen Stellen ist die oberste 
Decksehicht Plattenepithel. Dort. wo letzteres die Oberthiche bekleidet 
ist diese in der Regel glatt. Die einzelnen Sehichten der Epithelialsehieht 
sind zumeist von einem dichten, aus uninneleären Zellen bestehenden Íu- 
filtrat durehsetzt, welches seine stärkste Entwieklung in der Nähe der 
Tunica propria zeigt. Neigung zur Zelldegeneration (Schwund des Proto- 
plasma mit Ausfall der Zellen) fehlt hier ganz. Die Tunica propria mest 
sehr gut erkennbar, verläuft in der Regel der Oberfläche paralell. 

Subepithel. Teils locker, teils, und zwar stellenweise bereits 
dieht unterhalb der Tunica propria, aus Jiehtem, fihrösem Gewebe be- 
stehend, welehes hier und da mit Leukoerten durehsetzt ist. 

Laeunen von einem dem Oberfllächenepithel analogen Epithel aus- 
vekleidet. Die Oeffnung nach der freien Oberfläche der Schleimhaut zu 
meist deutlieh verengt, jedoch nirgends verschlossen. Der Inhalt der 
Lacunen überall mit eng aueinandergedrängten schmalen Zellen angefüllt. 


— 153 — 


"Drüsen meist mit. doppeltem, eubischem Epithel ausgekleidet. Das 
Innere der Acini hier uud da mit Leukoerten,  Epithelzellen 
von verschiedener Form sowie mit Detritus erfüllt. Sie sind teilweise von 
schmalen Rundzelleninfiltrat, teils von fibrösem Bindegewebe umgeben. 
An einer Stelle ist ein korkzieherartig verlaufender Driisenausfiihrungs- 
vang nachweisbar, dessen Epithel dicht mit Lenkocyten infiltrirt erscheint. 


14. Ho... seh. 27 J. 

Seit sechs Monaten ehronische Gonorrhoe Morgens früh regel- 
mäßige wässerieer  Austluß. Subjective Beschwerden nicht vor- 
handen. Urin: erste Portion klar, viel Flocken und Fasern 
zweite Portion klar ohne Flocken. Kopfsonde No. 20 Charriere trifft auf 
keinen Widerstand. Prostata normal. Endoskopisceher Befund: 
In der Pars bulbiea, dammwirts eine polypés gewucherte, circumscripte 
Schleimhautpartie. Auf Druck leicht blutend. Therapie: Nach zu- 
nächst täglich fortzesetzten Didav "schen Spülungen und später daran 
angeschlossenen Bougirungen und Spülungen in 48 stündl. Intervallen, 
Curettement der Pars bulbica am 14 IX. 1905 im geraden Dureh- 
messer, wobei eine Anzahl gelbweiBer, durchscheinender CGewebsfrag- 
mente zu Tage gefördert wurden. Blutung minimal. Im Anschluß daran 
Arge. nitrie. I proc. (5 een) in die Pars bulbiea geträufelt. Nach Ablauf 
der Reizung Fortsetzung der Diday schon Spülungen bis zum völligen 
Verschwinden der Erscheinungen. Ende September 1905. Pat. geheilt. 


27. 28. 30. 44 IL... seh. 
(Curettement vom 14. IX. 1905 im geraden Durchmesser.) 


Schleimhautquersehnitt. 

Epithel. Das Epithel erscheint in sämtlichen Sehnitten colossal 
verbreitert und hypertrophirt. Diese Hypertrophie beschränkt sich 
mcht nur auf das Epithel der eigentlichen Schleimhautoberfliche, sondern 
sie betrifft auch die zahlreichen zottigen Erhebungen, die teilweise bis zu 
einer beträchtlichen Höhe über sie emporragen. Die Oberfläche ist dem- 
entspreehend reich gegliedert; nur an wenigen Stellen zeigt sie einen 
geraden Verlauf. An den meisten Stellen ist sie zerfranst oder erscheint 
wie anzenaet, die Deckzellen sind vielfach ganz unregelmäßig durchein- 
anderzeworfen. Die Configuration des Epithels zeigt die mannigfaltigste 
Abwechselung. Zwischen den beiden früher erwähnten Typen (Platten- 
epithel, vielschiehtige polygonale Mittelschicht, eubische Ersatzzellen- 
schicht einerseits — vielschiehtires eubisches resp. eylindrisches Epithel, 
eubische Ersatzzellenschieht andererseits) sind in jedem Schnitt ab- 
wechselnd und unaufhörlich Uebergänze nachweisbar. Eine genaue Classi- 
fication ist deshalb stellenweise unmöglich. Das Gefüge der gesamten 
Epithelschieht ist stellenweise auch in den tieferen Schichten gelockert, 
infolze reihenweise auftretenden Zellenschwundes. Letzterer bietet lier 
insofern ein ganz eigentümliches Bild, als senkrecht zur Oberfläche ganze 
Reihen von Zellelementen versehwunden und nur noch die Spalten, ın 
denen jene früher lagen, zurückgeblichen sind. So erscheint die Epithel- 


— 151 — 


schiebt hier vielfach von Quer- und noch weit häufiger von Läneslücken 
beträchtlichen Umfanges durehbrochen. Dieser Zellensechwund ist an den- 
Jo upon Partien am ausgesprochensten, in welchen das Epithel die 
eclossalste Wucherung zeigt. Fast überall ist die Epithelialschicht mit 
Leukoeyten insliltrirt. Die Infiltration ist besonders dicht dort, wo 
Diusenausführungseänze dureh das Epithel an die Oberfläche treten. 
Vielfach ist hier die Infiltration so stark. daß es unmöglich ist, den 
Verlauf des Duetus durch das Epithel zu verfolgen. An einzelnen Stellen 
beschränkt sich die Zellwucherung nieht auf das Innere der Epithelialsehicht. 
vielmehr kommt es hier und dort zu eireumsenipten Zellwucherungen über 
der Oberiläche, so daß an einizen Präparaten wirkliche polypöse Wuche- 
rungen, die teils aus Epithelzellen, teils aus einem Gemisch von Rund- 
zellen und Epithelzellen bestehen, nachweisbar sind. Solche Wucherungen 
sind sowohl auf der Oberfläche der Schleimhaut. als auch auf der Spitze 
zottenartiger Erbebungen, als auch über einigen Lacunen zu beobachten. 
Die Tonica propria ist vielfach dem freien kul der Epithel#æbhicht nieht 
paralell. Vielmehr verläuft sie stellenweise als Sinuscurve, wihrend der 
Obertlächeneontur an derselben Steile einen geraden Verlauf zeigt. Das die 
zottigen Schleimhauterhebunzen deekende Epithel zeigt einen der 
Schleimhautoberlläche analogen Charakter. Wie auch in früheren Beob- 
achtungen ist auch hier das Epithel der Zottenspitze viel stärker hrper- 
trophirt als das der Basis. Hier und da ist letztere teilweise von Epithel 
entblößt. 

Subepithel Das suhepitheliale Bindegewebe zeigt im allge- 
meinen den Charakter eines lockeren, weitmaschigen Gewebes. — Im 
einzelnen sind Jedoch eine Anzahl von Rund- und teilweise auch Spindel- 
zelleninfiltraten zu beobachten. Teilweise handelt es sieh um knoten- 
fürmize Rundzelleninfiltrate von sehr geringem Umfange, teils um mehr 
diffuse unterhalb der Tunica propria hierende, welche eine direete Fort- 
setzung des tieferen epithelialen Rundzelleninfiltrates zu sein scheinen. 
endlich aueh um striehförmige Leukoertenintiltrate, die den Saftlücken 
des Binderewebes folgen. — Die Zotten besitzen im allgemeinen ein von 
Leukoeyteninfiltrat fast freies bindegewebiges Substrat: nur dureh die 
Basis einer derselben zog sich ein breiteres, diffuses Rundzelleniniiltrat. 
Das subepitheliale Gewebe war auffallend reich an Capillaren. 

Lacunen sowohl in der Schleimhaut selbst als auch in der Seiten- 
wand der Zotten. Sie sind sämtlich bis zur Oberfläche mit Epithelien. 
Leukocyten strotzend angefiüllt, teilweise durch das Deckepithel von der 
Oberfläche abgetrennt; an anderen Punkten wuchert, wo letzteres nicht 
der Fall ist, das Epithel über die Oberfläche des Schleimhautlumens her- 
vor. Die der Tunica propria zrnächst liegende Zellensehicht ist in der 
Seitenwand der Lacunen meist Plattenepithel, in der Tiefe cubisches 
spithel. Einige der Lacunen haben eine sehr enze Ausgangsöffnung; sie 
besitzen flaschenförmige Gestalt. 


— 155 — 

Drüsen. Mehrere Querschnitte von Drüsenausführungsgängen mit 
stark hypertrophirtem eubischem Epithel ausgekleidet, von umfangreichem 
perielandulärem Rundzelleninfiltrat umgeben, besonders dort, wo die 
Epithelialsehicht an der Stelle ihres Austritts an die Oberfläche stark 
hypertrophirt und mit Leukoeyten infiltrirt ist. — Jim Bereiche des Nub- 
epithels mehrere Querschmitte von Drüsenacini. Ihr Epithel durehweg 
tin Zustande lebhafter Proliferation. FKinige von ihnen auch von periglan- 
dulärem RundzeHeuinfiltrat umgeben, welches hei den tiefer gelegenen 
Acını zuweilen erlieb)’ ner war, als wie bei denjenigen, die nahe der Ober- 
lläche der Schleimhaut Jagen. — 


15. Z..ss 29 J. (Pat. d. Hron. Dr. Schwersenski.) 


Chronische Gonorrhoe seit etwa 17: Jahren. Vom behandelnden Arzt 
vorgenommene Spülungen und Dehiungen mittels Kallmanns und 
Vberländers Dehner ohne Erfolge. Morgens Verklebung der Harn- 
rölre. Curettement der llarnröhre am 25. ATT. 1904 im geraden, am 
10. HI 1905, als Recidiv eingetreten war, im queren Durchmesser. Weitere 
Nachrichten über den Patienten fehlen. 

Die Präparate entstammen dem Curettement vom 25. XIT. 1904. 


1:23. 2288 
(Curettement im geraden Durchmesser vom 25. XIT 1904. 

BEpitheltalstreitf mit anliegendem Subepithel. 

Epithel. Die Epithelialschieht ist in sämtlichen Präparaten deut- 
lieh verbreitert. — Der Obertlichencontur ist Amt allgemeinen ziemlich 
zeradlinig. Nurin einigen der untersuchten Schnitte erheben sich über der 
Obertläche einzelne Zotten, deren Epithelsehicht denselben Charakter 
zeigt wie die der Schleimhaut. — Die Oberfläche zeigt eine teils glatte, 
teils auseefranste, wie angenagte Begrenzung. Im ersteren Falle besteht 
die Deckschicht aus Plattenepithel, im letzteren aus durcheinander- 
geworfenem Uslinderepithel. — ln beiden Fällen ist die darunter liegende 
Mittelschicht aus mebreren Lagen eylindriseher oder eubiseher Zellen zu- 
sainmenvesetzt. Einige von ihnen sind gequollen; ihr Protoplasma schlecht 
fürbbar; bei einigen anderen ist nur der Kern sichtbar, das Protoplasma 
verschwunden, an wieder anderen Partien sieht man nur noch statt der 
Zellen Lieken. Die tieferen Schichten der Zellsehtieht durchsetzt von uni- 
und mmltinueleären Leukoevyten. 

Subepithel. Das subepitheliale Bindegewebe ist stets locker. 
eroBmaschig. In einigen Präparaten wurden Infiltrate überhaupt nicht 
gefunden, in anderen parallel der Tuntea propria in geringem Abstande 
vorn ihr sehr schmale Leukoeytenreihen. offenbar in den Saftlücken liegend. 

Lacunen fanden sich vereinzelt. Sie waren mit Ueborgangsepithel 
ausgekleidet und mit analogen Zellen dicht angefüllt. 


— 156 — 


Drüsen. Drüsenausführunesgängre waren gleichfalls nur vereinzelt 
nachweisbar. Ihr Epithel eylindrisch, nermal. Drüsenacini wurden nieht 
gefunden. 


16. A.... It. 48d. 


Früher mehrmals an Gonorrhoe gelitten. Das letzte Mal ist Patient 
vor ca. sechs Jahren von mir behandelt und als geheilt enlassen worden. 
Seitdem keinerlei Symptome. Ende Februar 1905 beobachtet Patient, dab 
das von ihm ejaeulirte Sperma blutig tingirt sei. Außerdem klagte er 
über Brennen während des Coitus, zuweilen auch über spontanes Auf- 
treten von Brennen, anscheinend ohne Veranlassung. Die Untersuchung 
mittels Knopfsonde ergab lebhafte Empfindlichkeit der Pars posterior. 
Die Endoskopie gelang wegen Blutung aus der Posterior nieht. Die 
Palpation des Rectum ergab niehts Abnormes. Urinportion I und H 
klar mit größtenteils commaartiren Gerinnseln. Urin frei vou Eiweib 
und Zucker. Es wurde am J. Tlf. die Pars posterior im geraden Durch- 
messer vorsichtig eurettirt. Hierbei wurden wenige Blutgerinnsel und 
grauweißliche, erbsengroße, gallertartiwe Gewebsmassen zu Tage ge- 
fördert. Im Anschluß daran Instillation mit 6 cem einer Arg. nitr. (1 proe.) 
-Lösunge. Vier Taxe später Wiederholung der Proeedur im queren Dureh- 
messer diesmal mit dem Erfolg, daß nur einige Kleine Blutgerinnsel er- 
halten wurden. Die Reizung war gering. Am 13. MHI. wurde Pat. ohne 
objeetive oder subjective Erscheinungen als geheilt entlassen. Wie ieh 
später von ihm erfahren habe, hat sieh niemals wieder llämospermie enm- 
gestellt. 

Die Präparate entstammen einem Gewebsfragment vom Curettemen 
des 1. TIT. 1905 (ausgeführt im geraden Durchmesser). 


A.... It Th (Urethra posterior) 


(Curettement im geraden Durchmesser vom 1. HT. 1906. 


Sämtliche Schnitte von Deekepithel entblößt. Der Querschnitt der 
einzelnen Präparate besteht aus einem teils dichten, teils lockeren binde- 
gewebigen Gerist, zwisehen dessen Zügen sich mannigfache Quer- und 
Längssehnitte von Drüsenkanälchen eingelagert finden. Sie sind teils mit 
einfachen eyiindrischen resp. Uebergangsepithel, teils mit proliferirtem 
Epithel auszekleidet. Die Obertläche ist meist glatt und eben, an einigen 
Stellen zerfranzt und mit Rundzellen durchsetzt. — Zwischen den Binde- 
rewebsbiindeln des zwischen den Drüsenacinı herenden Gewebes stellen- 
weise geringe Rundzelleninfiltration. — In einzelnen Kanälchen ge- 
schiehtete Corpora amylacea nachweisbar. 


(Fortsetzung folgt.) 


— — — — 


Eine neue Methode zur Heilung von Rectourethral- 
fisteln. 


Von 
Dr. H. Wildbolz, Privatdocent, Bern. 


Die perineale Prostateetonde,. welehe eine so wichtige Rolle in der 
Behandlung der Prostatahypertrophie zu spielen beginnt, hat leider nicht 
selten die Bildung einer Reetourethralfistel zur Folge Bei der Frei- 
legung der Prostata vom Damme her wird, besonders bei der Durch- 
trennung des Muse. reeto-urethralis. die vordere Reetalwand leicht per- 
forirt oder in Ihrer Ernährung so gestört, dab einige Tage nach der 
Operation eine partielle Nekrose eintritt, wodurch die Perinealwunde 
in offene Verbindung mit der Reetalhöhle tritt. Da andererseits der 
Trethralkanal vor der Ausschälung der Prostata planmäßig immer in 
der Pars prostatiea eröffnet wird. sind die Bedingungen zur Aus- 
bildung einer Reetourethraltistel äußerst günstige. Solange die Damm- 
wunde noeh khat, communieirt allerdings die Hlarnröhre noch nicht 
direct mit der Reetalhölle; der aus der Urethralwunde ausfießende 
Urin findet leicht dureh die offene Perinealwunde seinen Abtluß und 
siekert nur zum kleinsten Teile in das verletzte Rectum dureh. Sowie 
aber die Perinealwunde sieh zu sehlieben beginnt, rücken die erst re- 
lativ weit auseinanderliegenden Oeffnungen der Urethral- und der 
teetallistel näher aneinander und bevor sie dureh Granulationen ge- 
schlossen sind. können sieh ihıre Ränder derart aneimanderlegen, daß die 
Urethra in breite und direete Verbindung mit dem  Reetum 
tritt und der gesamte Urin aus der Pars prostatiea urethrae in die 
Rectalhohte Hicht, kän Trépfehen mehr per vias naturales abgeht. 

Eine solche Reetourethralfistel bedeutet für die meist schon be- 


jahrten Prostatiker ein schweres und gefährliches Leiden, dureh das der 


— 156 — 


Drüsen. Drüsenausführunesgänze waren gleichfalls nur vereinzelt 
nachweisbar. Ihr Epithel eylindrisch, normal. Driisenacini wurden nicht 
gefunden. 


LOS Aaa a bto ABa 


Früher mehrmals an Gouorrhoe gelitten. Das letzte Mal ist Patient 
vor ea. sechs Jahren von mir behandelt und als geheilt enlassen worden. 
Seitdem keinerlei Symptome, Ende Februar 1905 beobachtet Patient, dab 
das von ihm ejaculirte Sperma blutig tingirt sei. Außerdem klagte er 
über Brennen während des Coitus, zuweilen aueh über spontanes Auf- 
treten von Brennen, anscheinend ohne Veranlassung. Die Untersuchung 
mittels Knopfsonde ergab lebhafte Empfindlichkeit der Pars posterior. 
Die Endoskopie gelang wegen Blutung aus der Posterior nieht. Die 
Palpation des Reetum ergab nichts Abnormes. Urinportion I und H 
klar mit größtenteils commaartiren Gerinnseln. Urin frei von Eiweib 
und Zucker. Es wurde am 1. IH. die Pars posterior im geraden Durch- 
messer vorsiehtig eurettirt. Hierbei wurden wenige Blutgerinnsel und 
rrauweißliche, erbsengroße, gallertartige Gewebsmassen zu Tage ge- 
fördert. Im Anschluß daran Instillation mit 6 eem einer Arg. nitr. (| pror.) 
-Lösune. Vier Tage später Wiederholung der Proeedur im queren Durch- 
messer diesmal mit dem Erfolge, daß nur einige kleine Blutzerinnsel er- 
halten wurden. Die Reizung war geringe. Am 13. IH. wurde Pat. ohne 
objective oder subjective Erscheinungen als geheilt entlassen. Wie ici 
später von ihm erfahren habe, hat sieh niemals wieder Hämospermie ein- 
gestellt. 

Die Präparate entstammen einem Gewebsfraginent vom Curettement 
des 1. TIT. 1905 (ausgeführt im geraden Durchmesser). 


A.... It. Th (Urethra posterior.) 


(Curettement im zeraden Durchmesser vom 1. TT. 1906. 


Sämtliche Schnitte von Deekepithel entblößt. Der Querschnitt der 
einzelnen Präparate besteht aus einem teils diehten. teils loekeren binde- 
gewebigen Gerist, zwisehen dessen Zügen sich mannigfache Quer- und 
Längssehnitte von Drüsenkanälehen eingelagert finden. Sie sind teils mit 
einfachen eylindrischen resp. Uebergangsepithel, teils mit proliferirtem 
Epithel ausgekleidet. Die Obertliche ist meist glatt und eben, an einigen 
Stellen zerfranzt und mit Rundzellen durehsetzt. — Zwischen den Binde- 
rewebsbindeln des zwischen den Drüsenacin hegenden Gewebes stellen- 
weise geringe Rundzelleninfiltration. — In emzelnen Kanälchen ge- 
schichtete Corpora amylacea nachweisbar. 


(Fortsetzung folgt.) 


— — — — — 


Eine neue Methode zur Heilung von Rectourethral- 
fisteln. 


Von 
Dr. H. Wildbolz, Privatdocent, Bern. 


Die perineale Prostateetomie, welche eine so wichtige Rolle in der 
Behandlung der Prostatahypertrophie zu spielen beginnt, hat leider nicht 
selten die Bildung einer Rectourethralfistel zur Folge. Bei der Frei- 
leeung der Prostata vom Damme her wird, besonders bei der Durch- 
trennung des Muse. reeto-urethralis, die vordere Rectalwand leicht per- 
forirt oder in Ihrer Ernährung so gestört, daß einige Tage nach der 
Operation eine partielle Nekrose eintritt, wodureh die Perinealwunde 
in offene Verbindung mit der Reetalhöhle tritt. Da andererseits der 
Urethralkanal vor der Ausschälung der Prostata planmäßig Immer in 
der Pars prostatica eröffnet wird. sind die Bedingungen zur Aus- 
bildung einer Reetourethralfistel äußerst günstige. Solange die Damm- 
wunde noch klafft, ecommunieirt allerdings die Ilarnröhre noch nicht 
direct mit der Reetalhönle; der aus der Urethralwunde ausfliebende 
rin findet leicht durch die offene Perinealwunde seinen AbfuB und 
siekert nur zum kleinsten Teile in das verletzte Reetum dureh. Sowie 
aber die Perinealwunde sich zu schließen beginnt, rücken die erst re- 
lativ weit auseinanderliegenden Oeffnungen der Urethral- und der 
Reetaltistel näher aneinander und bevor sie dureh Granulationen ge- 
schlossen sind. können sich ihre Ränder derart anemanderlegen, daß die 
Urethra in breite und direete Verbindung mit dem Rectum 
tritt und der gesamte Urin aus der Pars prostatica urethrae in die 
Reetalhöhle Nließt, kein Trépfehen mehr per vias naturales abgeht. 

Tine solehe Rectourethralfistel bedeutet für die meist schon be- 


jahrten Prostatiker ein schweres und gefährliches Leiden, durch das der 


— 158 — 


ganze Erfolg der Prostateetomie in Frage gestellt wird. Die Kranken 
sind dureh dasselbe nicht nur ebenso oder noch mehr belästigt als dureh 
die vorher bestehende Prostatahypertrophie, sondern auch in ihrem 
Leben ebenso bedroht wie durch diese. Nach übereinstimmenden Berich- 
ten verschiedener Chnrurgen erhliegen diese Kranken nieht selten sehon 
nach wenigen Monaten der dureh die Fistel bedingten Kachexie. Der 
Schluß einer Reetourethraltistel ist deshalb bei den Prostatikern un- 
bedingt erforderlich, aber leider nieht ohne erhebliche Schwieriekeiten 
zu erzielen. 

Die Versuche dureh Anfrischen der Fistelriinder vom Rectum aus. 
eventuell mit nachfolzender Naht die Fistel zur Heilung zu bringen. 
schlugen fast immer fehl: ebenso wenig bewährten sieh die Methoden 
init Lappenbildung. Aussichtsvoller erwies sieh das von verschiedenen 
Autoren (Cooper, Tedenetu. X.) zuletzt von Rochet!?!) em- 
pfohlene Verfahren. vom Perineum auf den Fisteleang einzugehen. 
denselben zu spalten, Rectum und Urethra voneinander loszupräpariren 
und nun von dieser Perinealwunde aus die Ränder der Fistelöffnuneen 
In Reetum und Urethra anzufrischen und zu vernähen. Da ein pri- 
mirer Schluß der Fistelöffnungen wegen Insuffieienz der Naht trotz- 
dem nur selten gelingt, soll. um einem Reeidiv vorzubeugen, in der 
Nachbehandlung das Ilauptzewicht darauf gelegt werden. die beiden 
Fistelöffnungen möglichst weit auseinander zu halten und voneinander 
getrennt vernarben zu lassen. Trotz aller Vorsicht läßt sich dieser 
Anforderung leider nieht immer gerecht werden: im Verlaufe der 
Wundheilung nähern sieh wieder der Urethral- und Reetaldefeet und 
treten schließlich neuerdings in direete Verbindung. Um dies sicherer 
als dureh Tamponade oder derel. vermeiden zu können. empfahl Ziem- 
bieki?’) und später unabhängige von ihm auch Fuller?) das Reetum 
nieht nur von der Urethra abzulösen. sondern in seiner ganzen Cir- 
eumferenz so weit freizupräpariren, daß es im Bereiche der Fistel um 
ea. 90° gedreht werden kann. Dadurch wird der Reetaldefeet, weit 
von der Trethralfistelöfnung abgewendet. so daß dieser die intacte 
Rectalwand gegenüberliegt und eine neue Communication zwischen den 
beiden Fistelüffnungen fast sieher vermieden werden kann. 


a 
') Rochet: Les fistules urétro-rectales consécutives à la prosta- 
tectomie périneale. Annales des malad. d. org. gen.-urin.. 1905. 
*) Ziembieki: Une nouvelle methode pour la eure des fistules 
reeto-uréthrales Congr. frane. d. ehir. Revue de chirurgie 1880, par. 93s, 
H Fuller: A new operative procedure for the eure of rerto-urethral 
fistula. Journal of eut. and genito-urin. dis. 1897. 


— 159 — 


Dieser Methode, die zweifelsohne von allen bis jetzt angegebenen 
die beste Garantie für eine siehere Heilung der Reetourethraltistel 
bietet. haftet meines Erachtens der eine Nachteil an, daß im Rectum 
ein Defeet bestehen bleibt. der wohl nur selten dureh eine Naht primär 
zu verschließen ist und leicht zu Infeetion des perireetalen Gewebes und 
zu gefährlicher Störung der Wundheilung Anlaß giebt. Als ich vor 
einigen Monaten in die Lage kam. bei einem 72 jährieren Manne cine 
ziewlich große, nach perinealer Prostatectomie infolge partieller 
Reetalwondnekrose entstandene  Rectourethralfistel schließen zu 
müssen. konnte ich mieh deshalb nieht entschließen diese Methode an- 
zuwenden. Teh hielt es für den Kranken für weniger gefährlich und im 
Kr folge sicherer, das untere Reetalende meht nur freizupräpariren und 
zu drehen. sondern gleich bis zur Fistelhöhe zu reseciren und das obere 
D'armende nach dem lHochenegg schen Durehzichungsverfahren 
dureh den Sphineterenring vorzuziehen und an der Analhaut zu fixiren. 

Der Verlauf der Operation war kurz skizzirt folgender: 

In Steinsehnittlage des Kranken wurde der Damm in der Median- 
linie gespalten und der Anus an der llaut-Schleimhautgrenze ring- 
formig umschnitten. Von diesem Schnitte aus gelang es leicht vom 
Anus bis zur Fistel das Rectum unter Schonung des Sphineteren- 
ringes  freizupräpariren. Weiter nach oben hin wurde die 
Lostreunung der vorderen Reetalwand von der Urethra schwieriger und 
ich sah mich genötigt, um etwas freieren Zugang zu erhalten, den 
Analsphbineterenring an seiner Vorderseite zu durchtrennen wonach ein 
weites Auseinanderziehen der PDammwundränder möglich wurde. 
Nun gelang es ohne Mühe das Reetum bis cinige Centimeter über die 
PFisteloffnung hinauf freizupräpariren, nach unten vor die Analöffnung 
vorzuziehen. knapp über der Fistel zu amputiren und das obere Darın- 
ende mit der Analhaut zu vereitigen. Der durehsehnittene Sphineteren- 
ring wurde dureh einige Catgutnähte über dem Darme wieder vereinigt, 
nachdem vorher die Urethrallistelöffnung angefriseht und vernäht 
worden war Die Dammwunde wurde leicht tampeonirt. dureh die 
Urethra ein Dauerkatheter in die Blase eingeführt. 

Während sechs Tagen wurde für absolute Stuhlverhaltung gesorgt: 
nach J4 Tagen war die Dammwunde so weit verheilt. daß Patient 
aufstehen und seinen gesammelten Urin spontan per urethram entleeren 
konnte. ohne einen Tropfen dureh die Dammwunde zu verlieren. Tn der 
zweiten Woche nach der Operation bestand eine mäßiee Ineontinentia 
alvi, in der dritten Woche aber konnte der Kranke auch diarrhoischen 
Stuhl vollkommen zurüekhalten. Da jedoch nach totaler Dureh- 


— 160 — 


trennung des Sphineterenringes trotz sofortiger Wiedervereinigung 
länger dauernde Ineontinenz eintreten kann, wird stets versucht 
werden müssen, den Schließmuskel möglichst intact zu lassen. 

leh habe die geschilderte Operationsmethode nur ein einziges Mal 
erproben können. Der ausgezeichnete Erfolg ermutigte mich aber, 
trotz dieser geringen eigenen Erfahrung das Verfahren zur Nach- 
prüfung zu empfehlen; es verspricht jedenfalls bei nicht zu hoch 
sitzenden Fisteln gute Resultate zu geben. 


Aus Prot. Caspers Klinik und Poliklinik. 





Ureterencystoskope von dünnem Kaliber. 
Von 
Dr. Danelius. 
Wenngleich das Casper'sche Treteren-Cystoskop dank seiner 
groben Vorzüge 





Leichtigkeit der Handhabung, der Sterilisirbarkeit 
aller herausnehmbaren Teile, Möglichkeit die Katheter nach Entfer- 
nung des Metall-Instrumentes liegen zu lassen, leichte Veränderlichkeit 
der Katheter-Krümmungen ete. — sich allgemeiner Beliebtheit erfreut, 
so wird doch von manchen Seiten das starke Raliber des Intsrumentes, 
das sich am oberen Wulste auf 24.5 Charriere beläuft. als störend 
empfunden; es gelingt wohl. bei hinreichender Vebung das Instrument 
ohne nennenswerte Blutung einzuführen, doeh klagen die Kranken. 
meist über starke Schinerzen resp. Druck in der Urethra, namentlich 
wenn das Cystoskop bet difticilen funetionellen Untersuchungen längere 
Zeit hindurch hegen bleiben muß. Aus diesen Gründen hat Professor 
Casper nicht aufgehört, an der Vervollkonmnenung seines Instrumen- 
tes zu arbeiten und glaubt der Oetlentlichkeit jetzt 2 Instrumente, eins 
für Erwachsene und eins für Kinder, übergeben zu können, welche 
alle Anforderungen erfüllen. die man gerechter Weise an soleh em 
Instrument stellen darf. Vor allem ist es gelungen, das Kaliber ın 
wesentlicher Weise herabzusetzen, indem das Uystoskop an seiner stärk- 
sten Stelle, nämlich an dem unteren Ende des Katheterschlitzes,. nur 
einen Umfang von 22 Uharriere besitzt. Die Folge dieser Vermin- 
derung des Kalibers ist natürlich eine Verkleinerung des sogenannten 
Inneren Gesichtsfeldes, d. h. es wird für den Untersucher etwas schwie- 
riger sein, die Ureteren zu finden: die Ureteren selbst erscheinen dem 
untersuchenden Auge genau so groß wie bei dem alten Instrumente. 
(lauert doch die Größe resp. Deutlichkeit des Bildes von anderen 
Factoren wie der Größe des Gesichtsfeldes ab, nämlich von der Inten- 
sität des Liehtes, der Entfernung des Instrumentes von dem Objeet 
und dem optischen Systeme. Da diese 3 Factoren von dem Kaliber 
unabhängige sind. so wird also in der Größe des Bildes eine Aenderung 


im Vergleiche zu dem großkalibrigen Instrumente nicht eintreten. 


= — 


Die Katneter der Instrumente treten im ungünstigesten Falle in 
einem Winkel von 10° zur Achse des Instrumentes aus der Oetfnung 
unter dem Prisma aus; dieser Winkel läßt sieh durch Bewegung des 
Führungskanals soweit vergrößern, dab er 75—S0 ° beträgt, so dab die 
Katheter bei äuberster Verkleinerung der Austrittso mung fast recht- 
winklig zum Schaft des Oystoskops abgelenkt werden. Die Lampe des 
Cystoskop steht in einem Winkel von 45° zur Achse des Instrumentes. 


Die Krümmung der Katheter ist demnach wesentlich größer als die- 


jenige des Schnabels des Instrumentes. 





Das Ureteren-Cystoskop für Kinder konnte nur für einen 
Katheter construirt werden. da das geringe Kaliber (20 Charriere) die 
Verwendung von 2 Kathetern nieht zuließ; auf dieses Instrument hat 
Professor Casper schon in seinem Jlandbuche der Cystoskepie 
(2. Auflage, Seite 186/187) hingewiesen. Als eine wesentliche Ver- 
besserung betrachten wir ferner die Aenderung, welehe an den Füh- 
rungsinetallhülsen für die Katheter getroffen ist; sie sind jetzt an dem 
Oculare des Instrumentes kroisförmig abgebogen, so dab der Katheter 
während der Untersuchung nicht störend über das Oeular hängen kann. 

Die Instrumente sind von der Firma W. X. Hirschmann, 


Berlin, angefertigt. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affeetionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


L. HFarabouf: Les vaisseaux sanguins des organes génito- 
urinaires du périnée et du pelvis. Amplification de la these 
du Dr. Léon Cerf avee 33 figures inédites. Masson et Cie. 
éditeurs. Paris 1905, 


Fine außerordentlich feine anatomische Studie, an der vor allem die 
Anatomen von Beruf ihre Frende haben werden. Aber auch die Chi- 
rurzen und ganz besonders die sieh chirurgisch bothätigenden Urologen 
werden mit Interesse umd Nutzen von diesem auberordentheh flerBigen 
Werke des Autors, welehes mit 47, darunter 53 bis Jetzt noch nicht ver- 
offentlichten Illustrationen versehen ıst, Kenntnis nehmen. Der prak- 
tische Arzt und anch der mieht operirende Uroloze dürften wohl dem 
Autor als Leser seines Buches nicht vorzeschwebt haben. Das Nähere ıst 
im Original nachzulesen. Casper. 


Dr. Paul Denis: Etude critique des différentes méthodes 
de séparation des urines. (Journal médical de Bruxelles, 
No. 6. 9, fevrier 1909: 


Der bekannte französische Urologe ergreift auch seinerseits das Wort 
in der eigentlich längst gelösten Frage, welche Methode der gesonderten 
Untersuchung des Harns beider Nieren die beste ist, nämlich die 


— 164 — 


endovesicale Separation oder der Katheterismus der Ureteren. Wie für 
den Kundigen zu erwarten, gelangt auch Denis zu der Ueberzeugune. 
daß die letztzenammte Methode der erstsenannten überlegen ist. Als 
Vorzüge des Ureterenkatheterismus führt er folzende Momente an: 


1. Beim Ureterenkatheterismus kann man zugleich eine vollständize 
eystoskopische Untersuchung vonehmen und mit weit größerer Sicher- 
heit die Localisation der fraglichen Läsion feststellen, wenn man es bei- 
spielsweise mit einer ohne charakteristische Symptome verlaufenden 
Hämaturie zu thun hat, die dureh eine kleine, an irgend einer Seiten- 
wand der Blase sitzende Geschwulst verursacht wird: bei der endevesi- 
calen Separation wiirde man allerdings aus demjenigen Teile der Blase. 
wo die Geschwulst liegt, blutigen, aus dem anderen klaren Urin gewinnen. 
Aber nichts würde darauf schließen lassen, ob man es mit einer renalen 
oder vesiealen Blutung zu thun hat. Mit dem Cystoskop würde man im 
Gegenteil die Gesehwulst unmittelbar sehen und die Ursache der Blutung 
feststellen können. 

2. Bei dem Ureterenkatheterismus ist es möglich. das Kaliber und die 
Permeabilität des Ureters festzustellen. Mit llilfe des Ureterenkatheteris- 
mus kann man das eventuelle Vorhandensein, sowie die Natur etwaiger 
renalen Retentionen feststellen. Schließlich kann man mit Hilfe des 
Ureterkatheters, wenn auch in Ausnahmefällen, das etwaire Vorhanden- 
sein von Steinen im Nierenbeeken oder im Ureter in denjenigen Fällen 
feststellen, in denen die Steine an und für sieh keine Symptome ver- 
ursachen. 

Kelly bedeekt sogar das obere Ende der Ureterensonde mit einer 
Schicht Modellirwachs und glaubt, auf diese Weise einen Abdruck von 
dem Stein zu gewinnen, auf den die Sonde stößt. 

Vorstehende Ausführunzen schwächt Verf. allerdings durch die Be- 
merkung ab. daB die endovesicale Separation einfacher sei und in vielen 
Fällen befriedizende Resultate hefern könne. Von diesem Standpunkte 
ausgehend., empfiehlt Verf. den Separator von Luys als demjenigen, mit 
dem man die besten Resultate erzielen könne. Darüber, ob die letzten 
Bemerkungen des Autors zutreffen oder nieht, d. h. ob die endovesicale 
Separation thatsächlich ein einfacher und der Ureterenkatheterismus ein 
eoniplieirter Eingriff ist, ist sehon an dieser Stelle so oft gesprochen 
worden. dab ein noehmaliges Einzehen darauf sich erübrigt. 


Casper. 


— 165 — 


II. Gonorrhoe und Complicationen. 


DDr. M. Oppenheim u. O. Löw: Klinische und experimentelle 
Studien zur Pathogenese der gonorrhoischen Epididy- 
mitis. Aus der k. k. Universitätsklinik für Syphilidologie und 
Dermatologie und dem k.k. physiologischen Universitätsinstitute in 
Wien. (Virchows Archiv 1905, Bd. 182.) 


Aus ihren Untersuchungen ziehen die Verff. folgende Schlüsse: 

1. Es tst contraindicirt, bei acuter Urethritis posterior instrumentelle 
Eineriffe irgendwelcher Art zu machen. Kine eventuell notwendige 
Prostataexploration ist nur mit Vorsicht vorzunehmen. Der Patient muB 
siel vor sexuellen Erregungen, Pollutionen und foreirten körperlichen 
Bewegungen hüten. Je acuter die Urethritis posterior, desto größer die 
Gefahr; denn die Hyperämie befördert infolge der erhöhten Irritabilität 
das Zustandekommen des Reflexes. 

2. Der Finger`sche Standpunkt, bei eingetretener einseitiger Epidi- 
dymitis Jede loeale Behandlung der hinteren Harnröhre zu sistiren, ist 
aufrecht zu erhalten, denn es kann sonst der andere Nebenboden er- 
kranken. 

3. Bei Urethritis posterior subacuta und chronica sind bei gonokokken- 
führenden Urethriden beizende Injeetionen zu unterlassen. 

Diese Resultate stimmen bis zum Tipfelehen auf dem i mit den Er- , 
fahrunzen, die Ref. seit langem lehrt und predigt. Casper 


III. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 


Dr. H. Lohnstein (Berlin): Prostata und Trauma. (Alle. med. 
Central-Ztg. 1905, No. 51 u. 32.) 


Ueber die Wechselbeziehungen. welehe zwischen Traumen und Er- 
krankunzen der Prostata herrschen, ist so cut wie nichts bekannt. Ganz 
besonders auffallend ist der Mangel an Beobachtungen über Beteiligung 
der Prostata an den Folgeerscheinunzen von Verletzungen der Darm- und 
Unterbauchgeegend. Zwar legt die Prostata relativ geschützt und ist vor 
directen Jnsnlten einigermaßen gesichert; ste stebt aber in so engen Be- 


— 166 — 


ziehungen einmal zur vorderen Beckenwand und zum Diaphrawma genl- 
tale (resp. Haruröhre und Blase), andererseits zum Reetun, daß sie seht 
leicht in die Lage kommen kanu, an den Foleeerscheinungen, welele sich 
im Anschluß an Traumen ihrer Uimeebunge entwiekeln, zu partieipiren. 
ohne daß sie ursprünglich selbst von dem Tranma betroffen wurde. Diese 
Annahme erscheint doppelt berechtigt, wenn man in Erwägung zieht. dab 
die Prostata gelegentlich aus völlig unbekannter Ursache spontan der 
Sitz eitriger Erkrankungen werden kann, wobei die genaue Erforschung 
des Falles eventl. ergiebt. daB das ursächliche Moment der Prostata- 
erkrankung weit von der Prostata entfernt gelegen ist. Ist dies aber der 
Fall, so muß es um so leichter verständlich sein. daß die Prostata 
zelegentlich erkranken kann, wenn Organe., mit denen sie mehr oder 
weniger innige Beziehungen unterhält, von einem Trauma befallen 
werden, auch wenn sie selbst hiervon scheinbar nieht betroffen worden 
ist. Bei dem eänzlichen Mangel in der litteratur an derartirzen Mit- 
teilungen hielt es Verf. mit Recht für angebracht, über einige Fälle zu 
berichten, die er teils als Arzt. teils als Gntachter zu beobachten und zu 
behandeln im Verlauf der letzten Jahre Gelegenheit hatte. Die eine Serie 
von Fällen betrifft Patienten, deren Prostataerkrankuns mehr oder 
weniger direct auf den Unfall selbst zurückzuführen war. In einem ge- 
Wissen Gegensatz hierzu stehen drei Fälle, in welehen sieh bei Unfall- 
kranken. deren Unfall mit der Prostata icht das Mindeste zu thun hatte 
(in zwei Fällen Thoraxquetschung, in einem  Unterschenkelfraetir. 
während des Krankenlaxgers deutliche Symptome von Prostatismus 
(häufiges Bedürfnis zu uriniren. Unfähigkeit. die Blase vollständig z% 


entleeren bezw. Residualharn) einstellten. Die Untersuchung der 
Patienten ergab in allen drei Fällen übereinstimmend das Vorhandensem 
einer Balkenblase -— ein Befund, der besonders in Hinblick auf das 


Jugendliche Alter der Patienten (39, 4, 45 Jahre) bemerkenswert erT- 
selien, ferner in zwei Fällen Verkleinerung der Prostata vom Rectum, 
unrerelmäßize Form der Prostata, Silhouette im Cystoskop. Der Urm 
war stets klar, ohne Flocken, enthielt weder Zueker noch Eiweiß. Die 
Anamnese erzab übereinstimmend, daß der Patient mehr oder weniger 
lange vor dem Unfall gewohnheitsmäßier Coitus interruptus ausgeübt 
hatte. Was die Erklärung dieser Fälle anlanzt, so steht auch hier der 
Unfall in emem gewissen Zusammenhang mit der Verschlimme- 
rung des Prostataleidens, denn es handelt sich hier nieht um die Ent- 
stehung, sondern um eine Verschlimmerung eines bereits existirenden. 
bis dahin Jatenten Prostataleidens. Wahrscheinlich hat im diesen Fällen 
der Unfall eme Störung der Compensirungz der Blase bewirkt. wie sie bei 
der echten Prostatahrpertrophie dureh aeute Congestion so hänflır heob- 
achtet wird. | 

Der Symptomencomplex der 


I. a E SC x e . 
f l Prostatitis nach Traumen bietet im all- 
gemeinen keine Besonderheiten. 


Insbesondere imterseheiden sieh die 


š ’ : Je. Ge $ 7 , , ` | 
[unetionellen Dlasenstörunzen in nichts von denjenigen, die auch bei 


— 167 — 


Prostatitis gonorrhoica, tuberculosa ete. beobachtet werden. Auch die bei 
Urethritis posterior gonorrhoiea resp. Prostatitis so häufiz constatirten 
neurasthenischen Deschwerden (Schmerzen in der Lendengegend, im 
Becken und Oberschenkel) finden sich wenigstens in den Fällen wieder, bei 
denen hauptsächlieh der an die Dammegegend angrenzende Teil der Pro- 
stata, sowie die Pars posterior urethrae von dem Trauma betroffen 
wurden. Sebr bemerkenswert ist die Thatsaehe, daB unter der relativ 
geringen Anzahl von Fällen dreimal über Störungen der Potenz geklagt 
wurde. Aut das gelerentliche Vorkommen von Impotenz bei Prostata- 
atrophie nach Prostatitis hat bisher nur Englisch hingewiesen. Sie 
ist erklärlich dureh das Vorhandensein von sogen. peripherischen Centren 
in der Prostata für die Freetion, deren Existenz aus der Thatsache her- 
zuleiten ist. daß dureh Druck auf die Prostata vom Mastdarm aus mit 
grober Leichtigkeit. sowie durch Sonden in der Pars posterior Ereetionen 
ausgelöst werden können. Außerdem haben Finger u. A. darauf hin- 
gewiesen, dab ältere entzündliche Processe in der Pars posterior urethrae 
hezitelich der Prostata, welehe mit Schwielenbildung, Degeneration und 
Atrophie einhergehen, von Timpotenz, Herabsetzung des Wollust- 
gvefihls ete. begleitet sein können. An diese Genese der Impotenz ist 
offenbar Im zwei Beobachtungen zu denken, in welehen sie nach Prosta- 
titis infolge von Darmverletzung auftrat, zumal beide Male die Prostata 
vom Mastdarm aus sieh als dentlich verkleinert erwies. Wesentlich 
anders hegen die Verhältnisse in dem dritten Falle. Hier war die Ursache 
der zerstörten Potenz in einem heftiren Schmerz zu suchen, den Patient 
Inder Fossa navieularis verspürte, sobald das Ghed im Begriff war, sich 
zu ertziren. Tier ist sie wohl auf Schwelluneszustände in der Gegend des 
Caput evallinaginis, ähnlieh wie bei Urethritis posterior gonorrhoica, 
zurückzuführen. Hervorzuheben ist ferner die enorme Empfindlichkeit. 
die zwei Patienten bei der Palpation der Prostata im Beginn der Be- 
handlung, obwohl die Prostata weder geschwollen noch vereitert war, 
darboten, eine Emptindliehkeit. die so stark war, daß die Patienten 
während der Untersuchung ohnmächtig wurden. Trotz der groBen An- 
zahl von Prostatamassawen und Untersuchungen der Prostata, die Verf. 
bei Prostatitis gonorrhoica, tubereulosa, e masterbatione auszuführen Ge- 
legenhett hatte, hat er. mit vielleicht einer einzigen Ausnahme, niemals 
eine derartize Schmerzhaftigkeit angetroffen wie in diesen Fällen. — 
Von den objeetiven Symptomen hat keins etwas für den Unfall Typisches 
gezeigt. 

Die Prognose der dureh "Trauma veranlaßten Prostataleiden ist 
im allgemeinen gut zu nennen, wenigstens in Bezug auf die Beseitigung 
der meisten funetionellen und subjeetiven Klagen. Sowohl die Störungen 
der Harnentleerung, wie die neurasthenischen Symptome sind in sämt- 
lichen Beobachtungen teils vollständig. teils bis auf geringe Reste þe- 
seitizt vorden, Hierbei war es gleicheiltie. ob das Prostataleiden im 
Anschluß an den Unfoll selbst auftrat. oder dureh Berleitumstände des- 


— 168 —-- 


selben verschlinmert resp. erst manifest wurde, Nur die Potentia eoeundi 
ist in einem Falle endgiltig verschwunden. Von den objectiv nachwet-- 
baren Symptomen dart oman auf Restitutio ad integrum rechnen, wenn e> 
sieh um einfache Schwellungszustiinde handelt und das Leiden früh 
genug, d. h. bevor es zur Abseedirung oder zur Atrophie der Prostata ge- 
kommen ist, der Behandlung teillaftig wird. Eine Rüekbildung der 
Atrophie der Prostata oder war der Balkenblase ist selbstverständlich 
ausgeschlossen. 

Die Behandlung unterscheidet sieh in nichts von der bei Prosta- 
titis sonst üblichen. Sie ist im acuten Stadium wesentlich syinptomatisch 
und hat hauptsächlich die unzestörte Blasenentleerung zu überwachen 
resp. die mörlichst sofortige Beseitigung der Retention herbeizuführen. 
Prostataabseesse sind in üblicher Weise zu eröffnen. Befindet sich das 
Leiden bereits in einem chronischen Stadium, so kommt methodische 
Prostatamassage in Verbindune mit Blasenspülungen in Frage. Für diese 
letzteren haben sieh dem Verf. am geeignetsten diluirte Plolleustem- 
lösungen (124000) erwiesen. Die nenrasthenischen Symptome wurden 
dureh Kaltwasserproceduren, Faradisation und dergleichen behandelt. 


M. Lubowski. 


John B. Deaver (Surgeon-in-Chief to the German Hospital, Phila- 
delphia), astisted by Astley, Paston, Cooper, Ashhurst 
Enlargement of the Prostate. Its History, Anatomy. 
Aetiology. Pathology. Clinical Causes. Symptoms. Dia- 
gnosis. Prognosis, Treatment, Technique of Operations. 
and After-Treatment. Illustrated with 108 full-page plates 
and a coloured prontispiece. Philadelphia 1105, P. Blakistons 
Son & Co., 1012 Walnut Street. 

Wenn man das große, dieke, schwere Buch. welches einem der 
stärksten Meyer- oder Brockhaus-Bände wleichkommt. in die Hand nimmt 
und anf dem Rücken des knallroten Einbandes den goldgepreBten Titel 
„Enlarzement ofthe Prostate liest, kann man sieh im ersten Augenblick 
des Staunens nicht erwehren. daß man über ein allerdings umfangreiches- 
aber immerhin deeh nur ein Capitel der Urologie ein se mächtiges Buch 
hat sehreiben Kömmen. Unwillkürlich denkt man daran. daß man viel- 
leicht manches von den neuen und neuesten Errungenschaften auf dem 
Gebiete der Prostatährpertrophie-Forschung, zu deren Wiedergabe ein 
so umfangreiches Druckwerk erforderlich war, übersehen hat. Das 
Staunen ist aber bald vorüber, wenn man das Buech aufsehlägt. auf der 
letzten Seite nach der Seitenzahl sieht und statt der erwarteten Zahl 
LC Poe) unr sage wl sihreibe — die Zahl 266 erblickt. Man sucht 
muh einer Aufklirumz des Rateb und entleckt. daß die nieht über 
das gewdhnttehe Durchsetmitemaß besonders weit hinausgehende Mono- 
sraploe aut sehonem dikea Leschpapier gedrucke det. 


— 109 2 


Dies nur nebenbei. Wenn man das Buch näher kennen lernt, würdigt 
man nicht nur seine Quantität, sondern auch seine Qualität. Es ist ein 
Meisterwerk der Darstellung, sofern der textliche Teil in Betracht kommt, 
und ein Chef oer te der Zoichenkunst, was die 108 Tafeln betrifft. Die 
Verff. geben, nachdem sie Geschichte, Anatomie, Activlogie, Pathologie, 
Symptomatologie, Diagnose. Proznose der Prostatahypertrophie be- 
sprochen haben, einen Veberblick über die verschiedenen Methoden der 
Prostatahy portrophie-Behandlune, namentlich. die Technik der bewähr- 
testen Operationsmethoden. und gehen besonders ausführlich auf die 
Young'sche Operationsmethode ein, die bekanntlich der Autor, Hu gh 
Young aus Baltimore, selbst dureh einen in diesen Monatsberichten 
erschienenen. mit zahlreichen Hlustrationen versehenen Aufsatz zum 
ersten Mal der Kenntnis der ärztlichen Welt Europas zugeführt hat. 
Siimtliche zur Illustration der Operationstechnik gehörenden Abbildungen 
sind augenscheinlich nach der Natur gezeichnet und so lebenswahr, so 
Plastisch. wie es das beste Phantom nicht besser sein kann. Es sind auf 
diese Weise sämtliche Momente der Operation, Schritt für Schritt, dar- 
gestellt. Casper. 


IV. Blase. 


Dr. Riegner: Ueber Harnblasengeschwülste. Aus dem Aller- 
heiligen-Hospital zu Breslau. (Beitr. z. klin. Chir., Bd. 45, H. 2.) 


Verf. beschreibt drei Fälle von Harnblasengeschwiilsten, von denen 
der erste eine 33 jährige Frau betrifft, die über Blasenbeschwerden, 
häufigen Harndranz ete. klagte. Bei der Cystoskopie fand sich an der 
vorderen oberen Blasenwand ein etwa zweimarkstückeroßer, kreisrunder, 
scharf abgegrenzter, breithasig aufsitzender, nur an den Rändern etwas 
Schatten werfender, ziemlich Hacher Tumor, der an der Obertläche ein 
blumenkohlartiges Aussehen hatte und anscheinend ganz unbeweglich 
War. Die übrige Blase zeigte keinerlei Abnormität. Die Ureteren waren 
frei, deutlich zu sehen und funetionirten eut. Es wurde die Operation 
vorgeschlagen. Nach Füllung der Blase mit 200 e Borsäure wurde die- 
selbe zunächst unter Cocain-Adrenalin-Aniisthesie in Beckenhochlagerung 
durch Längsschnitt freigelegt und die Peritonealfalte möglichst hoch 
nach oben geschoben. Der Tumor fand sieh an der dureh die Cystoskopie 
bestimmten Stelle am oberen Teil der vorderen Wand, durchsetzte 
diese vollständie, wölbte sie halbkugelig vor und fühlte sich derb an. 
Die oberste nach dem Vertex zu gelegene Partie war mit dem Peritoneum 
verwachsen. Dieses wurde daher (Gn Aethernarkose) eröffnet und nach 


— 170 — 


Vorwälzung der Blase bis über die obere hintere Grenze der Geschwulst 
hinaus sofort wieder vernäht. Erst jetzt wurde unterhalb der letzteren 
die Blase auf dem eingeführten Katheter eingeschnitten und der Tumer 
uit dem angrenzenden Blasenteil im Gesunden exeidirt. Er war in- 
zwischen auf Dreimarkstückzröße eewachsen und hatte kugelige Ferm. 
Der ziemlich erhebliche Blasendefect wurde durch doppelreihige Etagen- 
naht mit Caizut vollständig geschlossen, in den prävesikalen Raum hinter 
das Schambeim em Drain zeführt, die Reeti mit Caterut, die Hautwunde 
bis auf den untereu Wundwinkel mit Seide vermäht. Permanente Heber- 
drainage mittels eines dureh die Urethra eingeführten Sehlauches sorgte 
Hir uagehinderten Urinabiluß. Der weitere Krankheitsverlauf war un- 
gestoot SchlieBlich vollständige Heilung. — Die mikroskopische Unter- 
schung bestätigte die Annahme, daß es sich um einen malignen Tumor 
handelte. und zwar einen austeesprochenen Gallertkrebs. 

In dem zweiten Falle handelte es sieh um eine Bl jährige Frau, die 
mit Hitmatarie und unfreiwiligem Jlarnablluß in die Behandlung kam. In 
dem Blutabgang wurden Geschwulstpartikelehen gefunden, die sich als 
Gallertkrebs erwiesen. Eine Cystoskopie war unmöglich, daher Digital- 
exploration nach Erweiterung der Urethra. Die ganze Blasenwand war 
mit Gesehwulstmassen ausgekleidet. Die Blase war ber bimanueller 
Untersuchung als billardkugeleroßer Tumor zu fühlen. Unter heftigen 
Schmerzen in der rechten XNierengerend bildete sieh hier ziemlich 
acut eine Huetuirende Geschwulst. die als Hydronephrose durch Be- 
hinderung «des Urinabllusses seitens der Blasengreschwulst  aufgefabt 
wurde, Die aufgefangene tieliche Urinmenge ging von 1800 auf 500 cem 
zurück und blieb zuletzt auf 300-950 eem beschränkt. Exitus. Bei der 
Sektion fand sich die sanze Blase stark verdiekt und durchsetzt von 
sehon makroskopisch gallertig aussehenden Tumorinassen, die nach dem 
Cavum zu zerfallen waren und den Blasentibergang überall buckliz her- 
vorwölbten, ohne Jedoch hier dureheebrochen zu sein. Die Geschwulst- 
infiltration war bis in das hintere Ende der Urethra vorgedrungen. Aueh 
dro Beckenlymphdriisen waren gallertig entartet. Sonst fanden sich 
keine Metastasen. Beide Ureteren waren erweitert, erheblicher noch die 
Nierenbecken, namentlich das rechte Alydronephrose). Zweites Stadium 
les Morbus Brirhtii. Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst- 
massen aus Dlase und Eymphdrüsen ereab auseesprochenen Gallertkrebs. 

Bei dem dritten, 36 Jjährizen Patienten ergab die eystoskopische 
Untersuchung einen zestielten, etwa walnußeroßen Tumor in der Gegend 
des Trigonum und der linken Uretermündune, welehe von ihm verdeckt 
wurde, während die rechte eut funetionirend gesehen werden konnte. 
Das Auftreten stärkerer Blutungen, mitunter auch plützliches vollkom- 
menes Unvermören, Harn zu lassen, und Schmerzen in der Nierengegend 
ließen den Patienten in die vorgeschlagene, zuerst abgelehnte Operation 
einwillizen. Durch Sectio alta wurde die Blase eröffnet, der inzwischen 
vewachsene, sehr weiche, leicht bröckelude, stark Wutende Tumor nebst 


der angrenzenden Schleimhaut auf dem Trigonum excidirt, wobei die 
Linmiindungsstelle des linken Ureters mit fortzenommen werden mußte. 
Die Blase wurde bis auf eine nach Art der Kader'schen Gastrotomie 
angelegte Fistel durch zweireihige Etagennaht geschlossen und dureh 
jene em Neélatonkatheter eingelegt. Kin zweiter wurde per urethram 
in die Blase eingeführt. Naht der Reeti und der Hautwunde bis auf den 
unteren Winkel. Glatter Heilunesverlauf. Entlassung. — Nach acht 
Monaten kam der Patient wegen neuerlich im Anschluß an das Wasser- 
lassen aufretretener leichter Blutungen wieder. Der Urin war wieder 
alkalisch, trübe, leicht blutig gefärbt. Bet der Cystoskopie sah man 
dentlich die Operationsnarbe, außerdem an der unteren vorderen Blasen- 
wand zwei Jinsenzroße, knopfförmire Papillome. Patient lehnte jeden 
operativen Eingriff ab und wurde, nachdem dureh Höllensteinspülungzen 
und Urotropin die bestehende Cystitis und Blasenblutung gebessert war, 
entlassen. Naeh ea. einem Monat kam der Patient mit Beschwerden 
wieder, Cystoskopiseh fanden sieh einzelne kleinere, der Mittelpartie 
der vorderen Blasenwand aufsitzende knopfförmige Gesehwülstehen, 
außerdem aber ein das Trigonum verdeckender, etwa hihnereigrober 
Tumor von dunkelroter Färbung. zerklüfteter Oberfläche ohne Nottirende 
Zotten. Da der letztere wohl jetzt seinem Aussehen nach als ein maliguer 
anzusprechen ist, wäre zur radiealen Beseitigung nur die Totalresektion 
der Blase mit eventueller Einpllanzunz der Ureteren in die Flexura 
siemonlea indieirt. Vorliufig hat Pat. die Operation indes abgelehnt. -— 
Die mikroskopische Untersuchung der entfernten Geschwulst stellte die- 
selbe als papilläres Fibrom fest. Es würde sich also event. hier um den 
seltenen, aber immerhin von Winekel einmal genau beobachteten und 
beschriebenen Fall handeln, in welchem ein ursprünglich gutartiges 
Papillom der Blase sieh in einen malignen Tumor umgewandelt hat. resp. 
als soleher recidivirt ist. M Lubowski. 


VI. Ureter, Niere ete. 


Prof. A. Kreidl und Docent Dr. L. Mandl (Wien): Experimentelle 
Beiträge zur Lehre von der Absonderung und Ent- 
leerung des Harns im fétalen Leben. (Monatsschr. fiir 
Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 20, H. 4.) 


Die Bethätieung der fotalen Niere ist nach dem Untersuchungen der 
Verff. eine sehr zerinze: unter normalen Verhältnissen dürften sicherlich 
die harnfähizen Substanzen auf dem Were dureh die Placenta zur Mutter 
zurückgelangen. Unter abnormen Pedingnneens hei freuffeiesz der 


— 172 — 


Niere, bei Störungen im fötalen Kreislaufe, setzt die Niere des Fütus 
prompt mit ihrer Function ein. Daß dies geschehen kann, ist Jedenfalls 
als eine für das Leben des Fötus zweckmäßire Einrichtung anzusehen, 
denn wenn die Niere des Fötus, wenigstens von einem gewissen Ent- 
wicklunesstadium an, nieht sehon so ausgebildet wire, daß sie die Aus- 
scheidung gewisser, für den fötalen Organismus schädliehe Stoffe 
gelegentlich übernehmen könnte, so könnten Momente eintreten, in denen 
sein Leben gefährdet wäre. Abnorme Bedingungen können ja auch 
während der Gravidität, wenn aueh nur vorübergehend, eintreten. so 
z. B. Störungen im fötalen Kreislauf, solehe in der Mutter. vorüber- 
schende oder dauernde Insufficienz der mütterlicehen Niere u. s. w. Auch 
Dienst hat an Früchten Eklamptischer Befunde erhoben. bei denen er 
unter anderem Veränderungen an den Nieren beschrieben hat. welche 
secundär dureh die Erkrankung der Mutter bediuet sind.-— Was die Ab- 
gabe des fötalen Harns in das Fruchtwasser anlanet. so kann nach den 
Beobachtungen der Verff. angenommen werden, daß dieselbe, wenn über- 
haupt, Jedenfalls nur selten stattfindet. und daß also der fötale Harn 
keinen inteerirenden Bestandteil des Fruchtwassers darstellen kann. 
M Lubowski. 


Dr. Storbeck (Magdeburg-S.): Chloralhydrat bei Nephritis 
acuta. (Allg. med. Central-Ztg. 1905, No. 42.) 


Verf. hat in einer Reihe von Fällen (7 Fälle werden citirt) Chloral- 
bydrat bei Nephritis acuta verordnet und hervorragend giinstige Resul- 
tate erzielt. Ob die Wirkung durch Herabsetzung des Blutdrucks oder 
Einwirkung auf die Nierenzellen herbeigeführt wird, läßt Verf. un- 
entschieden. Da das Mittel nur in kleinen Dosen gegeben wurde (0,3 g 
einige Male täglich), dürften Herzaffeetionen kein Hindernis bieten, wenn 
nebenbei auf die Kräftigung des Herzens Bedacht genommen wird. 


M. Lubowski. 


Dr. M. Sehmidt (Cuxhaven): Decapsulation und Stichelung 
der Niere wegen viertägiger Anurie nach Scharlach. 
Herstellung der Diurese. Genesung. (Deutsche Zeitschr. 
f. Chir., Bd. 78, H. 1—3.) 

Es handelt sich um einen 6jährixen Knaben. der an Scharlach mit 
starkem Exanthem erkrankte. Der Urin wurde fortlaufend regelmäßig 
eekocht. zeiste inles zunächst nur einmal in den ersten Krankheitstagen 
etwas Eiweiß, später nieht mehr. doch war er in der ganzen Krankheit 
diek. coneentrirt. dunkel. bräunlich-zelb, voll von ausgefallenen Uraten. 
In der dritten Krankheitswoche versiezte der Harn, nachdem er zuvor 
eine Zeit lang mur in sehr geringen Quantitiiten abgegangen war, voll- 
ständig. Nachdem die Anurie vier Tage lang angehalten hatte, wurde zur 
Operation geschritten. Schräger Verticalschnitt im rechten Sacrolumbal- 


— 173 — 


winkel, an der 12. Rippe anfangend nach unten. ea. 12 em lang. Nach 
Trennung der Muskeln erscheint die Nierenkapsel wenig stark, nur am 
unteren Ende eine ca. 7 mm dieke traubige Fettschiecht; nach oben setzt 
sieh dieselbe in eine etwa dem Peritoneum an Dicke gleiche, graue, nicht 
sonderlich gespannte glatte bindegewebize Hille fort. Dieselbe läßt sich 
mit der Hakenpineette unschwer in eine zeltförwize Falte erheben und 
spalten. Fortsetzung der Spaltung mit Cowper'scher Schere. Die Niere 
schimmert jetzt dureh die Capsula fibrosa dunkelbrann, blutrot durch. 
Ihre Länge wird auf 9 em taxirt. In’ihrem Bett gut versehiebbar, er- 
scheint sie nieht stark gespannt und fühlt sich in der Kapsel pflaumen- 
weich an. Die Capsula propria wird am eonvexen Rande auf ca. 45 em 
zespalten, mit der Spitze einer Hohlsonde nach beiden Seiten hin bis in 
die Gegend des !lilus zurückgestreilt, was sehr leicht und fast ohne 
Blutung von statten zelt. Die Nierenobertläche ist glatt und blank, von 
sehr dunkler, gleitehmiBiger, braunroter Farbe. Mit einer Trommelfell- 
nadel werden noch ca. ein halbes Dutzend bis 1 em tiefe Pnnetionen der 
Nierensubstanz ausgeführt, wobei es nur minimal blutet. Unter zurück- 
vestreift gehaltener Kapsel wird ein Gazedrain auf die Nierenrinde, dann 
vier tiefyreitende Nahte durch Haut, Muskeln und teilweise auch Fett- 
kapsel gelegt. Drei Stunden nach der Operation läßt der Patient 200 cem 
Urin. Am nächsten Morgen wieder 500 eem, und von nun an ging die 
Diurese allmählich und sicher in die Hohe. Schließlieh vollständige Ge- 
nesune. Den Fall analvysirend, namentlich auf die Frage einzehend, wie 
die von ihm vorzenommenen Eingriffe haben heilend wirken können. 
glaubt Verf. annehmen zu könen, də hier die Trennung oder Dehnung 
von nervösen, besonders sympathischen zur Niere gehörenden Fasern 
und Gefleehten vascinotorischer oder secretoriseher Art wohl in Frage 
kommen kann. Jedenfalls ist das prompte zeitliche Nachfolzen der Ge- 
nesung auf die Operation Grund genug, zwischen Operation und Ge- 
nesung einen ursächliehen Zusammenhang zu erblieken. 


M. Lubewski. 


Dr. Carl Stern: Experimentelle und klinische Untersuchun- 
gen zur Frage der Nierenaushülsung nach Edebohls. 
Aus dem städt. Barackenkrankenhause zu Düsseldorf. (Mitteilungen 
aus den Grenzgeb. d. Med. u. Chir., Bd. 14, H. à.) 


Verf. hat, von dem Standpunkte auszehend, daß die Frage der Nieren- 
aushülsung nach Edebohls noch nieht zeklärt sei und weiterer klini- 
seher Erfahrung und Prüfung bedürfe, seine experimentellen Unter- 
suchungen fortgesetzt, über die er = gelegentlich des 33. Deutschen 
Chirurgen-Congresses im Jahre 1904 sehon beriehtet hatte. Er benutzte 
zu seinen Untersuchungen Kaninchen. In Acthernarkose wurde nach aus- 
riebirer Vorbereitung des Operationsgebietes unter aseptischen Cautelen 
die eine Niere (meistens die linke) von einem Dorsalschnitt aus frei- 


= Ik 


gelegt. Nach Luxation der Niere aus der kleinen Wunde heraus wurde 
durch einen über die Kuppe geführten Schnitt die Kapsel gespalten und 
nun stumpf von der Niere abeelöst. Die enthülste Niere wurde dann in 
die Bauchhöhle reponirt, die Wundränder mit kleinen Nähten geschlossen 
und dureh einen kleinen Collodium-Verband gesichert. Nach verschieden 
langen Zeiten (3 Tage bis © Monate) wurden die Tiere durch Chloroform 
getötet und secirt. Die Untersuchung der Nieren ergab, daß die Ent- 
fernung der Nierenkapsel nieht zur Neubildung einer gleichwertigen 
Napsel führt, sondern dab sieh nach der Decapsulation Gewebe auf de: 
Nierenoberthiche bildet, welehes als physiologiseh minderwertig zu þe- 
trachten ist. Der eventuellen Einwendunge, daß alle Befunde bei Experi- 
menten bei gesunden Tieren für die ganze Frage von geringerer Be- 
deutung seien, weil die Edebohls'sche Operation nicht an gesunden, 
sondern an kranken Tieren ausgeführt werden soll, begegnet Verf. durch 
den Hinweis auf Asakura: dieser Autor hat eine Reihe von Experi- 
menten ausgeführt. die ergaben, daB die Nierendecapsulation ebenso ohne 
jede Sehädigung bei den Tieren ausführbar ist, bei denen vor dem opera- 
tiven Fineriff eine acute Erkrankaus der Meren erzeugt worden ist. Er- 
fahrunzen über Erkrankungen bei Tieren auf diesem Gebiete besitzt Verf. 
nicht, wohl aber verfügt er über nunmehr 4 Seetionsbefunde bei Menschen. 
die an chronischen Erkrankungen der Niere litten. Die Gesamterfahrun- 
ron des Autors über die Edebohls "sche Operation basiren nunmehr 
auf S Erfahrungen an Menschen. von denen 4 zur Section kamen. Einmal 
war die Seetion nicht möglich. 2 Patienten lebeu heute noch. Von den 
8 Fällen ist an den Folgen der Operation als solcher keiner gestorben. 
Der Eingriff läßt sich nämlich, zumal bei langeebanten Menschen und 
bei Kindern, bei denen die Freilerunz der Niere nieht dureh starkes Fett- 
polster oder Tiefstand der Rippen erschwert ist. in ganz kurzer Zeit 
doppelseitiz ausführen. In einzelnen Fällen dauerte die Operation von 
Beginn der Narkose bis zur Vollendune der Naht nieht mehr als 
30 Minuten. Somit glaubt Verf. den Eingriff als solehen, zumal bei Patien- 
ten ohne Oedeme, als einen so gut wie ungefährlichen bezeiehnen zu 
können, soweit es sieh lediglieh um das rein operative Eingreifen handelt. 
Anders steht die Frage des Einflusses des Bingriffs auf den krankhaften 
Proeeß. Ther sind von den S Patienten 2 fünf bezw. X Tare nach der 
Operation bei absolut reartionslosem Wundverlauf gestorben, und zwar 
an rapider Zunahme der krankhaften Veränderungen. Die übrigen 
Patienten ertrusen den Kingriff gut, 2 sind noch am Leben. 3 starben nach 
Ablauf von 2—83 Monaten, vorübergehend gebessert, an den Folgen des 
Grundleidens. Die Section wurde aber, wie gesagt, nur in 4 Fällen 





ausgeführt. 

Die Sectionspräparate bestätigten nun zunächst die experimentellen 
Befunde insofern, als auch beim Menschen nachgewiesen werden konnte. 
daß die Neubildung der Kapsel sehr rasch erfolgt, daß ferner die „neu- 
gebildete Kapsel sich wie derbes, festes Bindegewebe verhält, daß sie 


arm ist an elastischen Fasern, und daß an Serienschnitten sieh ein 
Uebergang von Kapselgefäben in intrarenale nieht nachweisen läßt. Eine 
Aenderung des krankhaften Proeesses nach der Aushülsunz im Sinne 
einer Besserung war wicht nachweisbar, vielmehr ließen sich im Gegen- 
teil interstitielle Veränderunzen an den Nieren nachweisen, an denen bei 
der Probeineision solehe fehlten, auch interstitielle Veränderuneen zeigten 
sich in wesentlieh stärkerem Maße an den Nieren nach der Aushülsung, 
als solche bei der Operation vorhanden waren. 

Die Frage, ob mit dem Nachweis, daß die Aushilsung der Niere auf 
bestehende interstitielle Veränderungen verschlimmernd wirke, die 
Frage der operativen Behandlunz von nephritischen Zuständen im all- 
gemeimen gelöst ist, beantwortet Verf. im verneinenden Sinne. Für die 
Fälle allerdines, bei denen die klinische Untersuehung oder der Befund 
bei der Freiloguug der Niere den Nachweis der interstitiellen Nephritis 
erbracht hat, will er die Aushülsung dev Niere nicht ernstlich in Frage 
kommen Jassen. Denn man dürfe wohl nieht annehmen, daß die Zunahme 
der interstitiellen Veränderungen der Ausdruck oder die Einleitung eines 
beginnenden Heilungsprocesses sein könnte. Fir die übrigen Formen 
mag die Nierendeeapsulation im Verein mit einer ganzen Reihe von be- 
günstigenden Momenten, die fir den Erfolg der Operation von Bedeutung 
sind, in Betracht kommen. Alles in allem glaubt Verf. aber, daß auch in 
diesen Fällen die Aushiilsung der Niere nieht durchaus notwendig ist. 
weil alle diese Momente ebenso zur Geltung kommen können, ohne daß 
man die Niere ihrer Kapsel beraubt. M. Lubowski. 


Dr. Erich Opitz (Marburg ı. II): Die Pyelonephritis gravidarum 
et puerperarum. (Zeitschr. f. Gehurtsh. u. Giynäkeol., Bd. 55. 
Festschrift zum 70. Geburtstage Olshausens, 8.200 294.) 


Aetiologie. Es bedarf keiner Begründung, daß Spaltpilze die 
Ursache der Pyelitis auch in der Schwangerschaft sind. Es ist wohl zu- 
zugeben, daß gelegentlich auch rein ehemische Reize einmal ebenso gut 
wie eine Cystitis eine Erkrankung des Nierenbeckens herbeiführen 
könnten, jedoch kommen solehe Fälle hier nieht in Betracht. Hier handelt 
es sich nur darum, zu untersuchen, unter welchen Umständen und auf 
welchen Weren Erreger in Nierenbecken und auch Nieren eindringen. 
bezw. welche Rolle die Schwangerschaft dabei spielt. Wenn man zunächst 
ganz von solehen Erkrankungen absteht. die als Aufllackern schon früher 
entstandener und unbemerkt verlaufender Entzündungen des Nieren- 
beckens aufzufassen sind, so können die Krankheitskeime auf drei 
Wegen in der Hauptsache in das Nierenbecken zelanzen. Erstens als 
sogenannte aufsteieende Infeetion von der Blase aus, die dann natürlich 
vorher die Keime beherbergt haben müßte, zweitens mit dem Urinstrom 
aus den Nieren ausgeschieden, d. h. also in letzter Linie als Infeetion 
vom Blute aus, und drittens auf dem Lymphwege von der Niere benach- 


— 176 — 


barten Ejiter- oder Entziindungsherden aus. Fiir die vorliegende Frage 
haben praktisch nur die beiden erstzenannten Mörlichkeiten Interesse. 
Voraussetzung für den ersten Weg ist hierbei, daß die Keime aus der 
Außenwelt in die Blase eingedrungen, für den zweiten, daB sie in das 
Blut gelangt sind, und es fragt sich, wie weit das eine oder andere 
thatsächlich erwiesen und die Sehwangerschaft von Einfluß darauf ist. 
Auf diesen Punkt geht Verf. sehr ausführlich ein und gelangt auf Grund 
seiner Betrachtungen und in Beriieksiehtigung der Thatsache, daB die 
Cystitis in der Schwangerschaft ein ungeheuer häufiges Vorkommnis Ist. 
zu dem Schlusse, daß die Pyelonephritis in der Schwangerschaft meist 
als aufsteigende Entzündung aufzufassen ist. Verf. bestreitet keineswegs., 
daß im Blute kreisende Keime in den dureh die Schwangerschaft gereizten 
Nieren Erkrankungen hervorrufen können: Jedoch meint er, daß solche 
Fälle zu den Seltenheiten gehören. Der Darm ist als Einzangspforte 
höchstens ganz ausnahmsweise möglich. Von den Gaumenmandeln aus 
werden wohl auch nur selten Keime ins Blut gelangen, und dann würde 
es sich um Streptokokken und andere Bacterien handeln. 

Verlauf der Erkrankung. Der Verlauf der Erkrankung ge- 
währt ein recht wechselvolles Bild. Zuweilen setzt sie ganz stiirmisch ein 
und führt schnell zu recht bedrohlich aussehenden Zuständen. in anderen 
Fällen entwickelt sie sich sehleiehend, um sehließliceh ebenfalls ein leb- 
haftes Krankheitsgefühl hervorzurufen, oder besteht dauernd nur unter 
dem Bilde allgemeinen Unbeharens. das erst mit Hilfe des Harnbefundes 
die riehtire Deutunz erfährt. Vorboten können vorangehen oder ganz 
fehlen. Die Dauer ist aueßrordentlich wechselnd. Kurz, es bestehen die 
erößten Unterschiede. Immerhin glaubt Verf.. auf Grund seiner klinischen 
Erfahrung folgendes Muster eines Krankheitsfalles geben zu können: 
Abgesehen von mehr oder weniger lästiren Beschwerden im Beginne 
der Schwangerschaft verläuft diese ungestört etwa bis zum 5. Monat. 
Zu dieser Zeit stellen sieh Beschwerden bei der Harnentleerung ein. 
Harndrang, Sehmerzen beim THarmen, die aber so unbedeutend sein 
können, daß sie kaum bemerkt, jedenfalls bald vergessen werden. Nach 
irgend einer äußeren Sehädlichkeit. etwa langem Herumlaufen in 
ungeniigender Kleidunz bei naßkalten regnerischen Wetter. häufiger 
aber ohne erkennbare äußere Veranlassung tritt ein Schiittelfrost auf. 
die Körperwärme steigt schnell auf 3940" während der Puls ver- 
hältnismäBig geringe Zahlen. etwa 100 bis 110 Selles antoine ‚Die 
Schwangere fühlt sich sehr krank und matt. häufig sind schon von Anfang 
an beträchtliche Schmerzen vorhanden. meist quer über den Leib in der 
Magengegend, Uebelkeit fast stets. Erbrechen dagegen seltener, sehr 
häufig uälende Kopfschmerzen. Der Stuhl ist angehalten oder im 
Gegenteil erfolgt häufige Entleerung dünner und oft sehr übelriechender 
Sue: vee E Ist vermindert und erscheint bei chemischer 
und mikroskopischer Untersuchung zuweilen nicht wesentlich verändert. 
Unter schwankendem Fieber mit abwechselnd normale oder Snbfehrilen 


und hohen Wärmegraden mit oder uhne Wiederholung der Fröste besteht 
dieser Zustand mehrere Tage weiter. Indessen ziehen sieh die Schmerzen 
immer mehr nach der rechten Bauchseite zusammen und strahlen von da 
herab in die Blase und oft auch nach dem entsprechenden Bein aus. 
Die Harnentleerung erfolgt häufiz und unter mehr oder weniger starken 
Schmerzen. Unter erheblicher Zunahme der Harnmenge, oft bis 3000 cem 
und darüber. erfolgt nun Erleichterung des Zustandes und sogar dauernde 
Besserung. oft aber bleibt noch längere Zeit ein Fieber von wechselnder 
Höhe bestehen, oder es kehren anfallsweise nach längeren und kürzeren 
Zeiten des Wohlbefindens die schweren Erscheinungen wie zu Anfang 
wieder. Der Harnbefund ist gewöhnlich schon nach den ersten Tagen 
wesentlich verändert oder schon von Anfang an krankhaft. Die Reaction 
ist stets sauer. Schon bei der Entleerung ist eine gleichmäßige Trübung 
vorhanden, die beim Stehen des Harns sieh erhalten kann. Dabei oder 
unter Klärung der Flüssigkeit setzt sich ein verschieden dieker Bodensatz 
ab, der in der Hauptsache aus weißen und wenigen oder gar keinen roten 
Blutkörperchen besteht, aber auch Blasenepithelien, ferner kleinere viel- 
eckige und geschwänzte FEpithelien enthält. Häufie finden sich auch 
Cylinder. Ferner finden sich krystallinische und gestaltlose Niederschläge 
in groBer Menge, meist nur wenig. Eine etwa bestehenbleibende Trübung 
des stehengelassenen Harns beruht auf dem Vorhandensein zahlloser 
Spaltpilze, die aber auch bei sich klärendem Ilarn stets in großer Menge 
vorhanden sind und sich meist als Bacterium coli, oft in Reinkultur er- 
weisen. Untersucht ınan die Kranken, so findet man meist in der Gegend 
der rechten Niere eine leichte Vermehrung des Gewebswiderstandes beim 
Eindrücken oder eine deutliche Hervorwölbung. Jedes Betasten vermehrt 
die Schmerzen oft in ganz unertrighcher Weise. Meist ist auch dem 
eanzen Verlaufe des Harnleiters entsprechend auszesprochener Druck- 
schmerz vorhanden, gelegentlich besonders deutlich an der Uteruskante, 
entsprechend dem Me Burnevy schen Punkte. Zuweilen besteht keine 
deutliche Anschwellung in der Nierenzerend, jedoch ist sie stes druck- 
empfindlich. Die Blasengegend ist meist weniger, oft gar nieht schmerz- 
haft. Der Harnleiter ist öfters in einem großen Teile seines Verlaufs 
als verdickter schmerzhafter Strang zu fühlen. Das Allgemeinbefinden 
ist in den Anfällen stets schwer gestört. aber auch außerhalb derselben 
ist es meist nicht günstig. Geradezu bedrohliche Schwächezustände 
können eintreten, wenn die Erkrankung in acuter oder subacuter Form 
sich Finger hinzieht. Das Fieber, die Schlaflosigkeit, ständige, oft recht 
erhebliche Schmerzen, die Vergiftung des Körpers durch Aufsaugung 
giftiger Stoffe machen das ohne weiteres verständlich. Einerlei nun, ob 
die Erkrankung sieh längere oder kürzere Zeit hingezogen hat, die Ent- 
bindung macht ihr fast stets ein wenigstens vorläufiges Ende. Allerdings 
nicht stets sofort. Besonders, wenn hochfieberhafte Zustände bis zu der 
Entbindung bestanden haben, setzen sie sich im Wochenbette. oft nach 
einem tiefen vorübergehenden Fieberanfall unmittelbar nach der Geburt, 


— 118 — 


noch einige Zeit fort, Jedoch pflegt so gut wie regelmäßig die Krankheit 
dann zum Stillstand zu kommen. Viele der Kranken sind damit dauern:! 
geheilt, nicht selten jedoch ist die Heilung nur scheinbar. Der Eiter- 
und Eiweißgchalt verschwindet nieht aus dem Jar, und die Frauen 
bleiben dauernd krank, bis etwa eine Operation sie von ihrem Leiden 
befreit. Zur Vervollständigune führt Verf. folgende Ausrechnungen an: 
Unter den 69 erkrankten Frauen, welche das Material des Verf.s umfaßt, 
befinden sieh 32 Erst- und 34 Mehrgebärende, bei 3 fehlen Angaben. 
Da es sieh meist um in Anstalten beobachtete Fälle handelt, in denen 
die Erstgebärenden zu überwiegen pflegen, so ist der sonst wohl berech- 
tirte Schluß. daß die erste Schwangerschaft mit Bezug auf die Pyelo- 
nephritis gefährlicher wäre, nicht zulässig. Die Erkrankung setzte 
2 mal im 3. Monat der Schwangerschaft. © mal im 4, 15 mal im 5.. 
Il mal im 6. 14mal im 7, Smal im 8, 3mal im 9. und mal im 
10. Monat ein: 5 Fälle sind ohne diesbeziigliche Angaben. Von diesen 
Kranken wurden während der Schwangerschaft 20 geheilt, 16 weitere 
nach der recht- oder vorzeitiren Entbindung, ohne Eingriffe an den 
Nieren. 17 wurden ohne völlige Heilung aus der Behandlung entlassen. 
9 sind olne nähere Angaben. Bei weiteren 7 Frauen wurden 8 chirur- 
eische Eingriffe an den Nieren nötig, und zwar 5 Nephrotomien mit einem 
Todesfall. Bei einer dieser Frauen wurde die naehträgliehe Nephrectomie 
ausgeführt, bei 2 weiteren wurde von vornberein die Niere ausrerottet. 
Unter 63 verwertbaren Fällen betraf die Erkrankung 50 mal die rechte 
Niere, dayon Smal mehr eder weniger sicher gleichzeitig die Iinke, 15 mal 
die linke Niere, davon 4 mal zugleieh die rechte. Von diesen 12 Fällen 
mit Beteiligung beider Nieren sind 8 so gut wie sicher, 4 nur wahr- 
scheinlich. Noch in einer ganzen Anzahl weiterer Fälle lassen die 
Schmerzen daran denken, daß auch Jie zweite Seite beteiligt sein könute. 
Nach den Erfahrungen vieler Chirurgen ist es sogar nicht unwahr- 
scheinlich, daß doppelseitige Erkrankung häufizer als einseitige ist. 

Ueber die Hetlungsaussiehten wäre zu sagen, daß im all- 
gemeinen das Leben nieht gefährdet wird, und daß selbst bei schwerer 
Erkrankung dauernde völlige Heilung môglich ist. Jedoch bleibt in der 
knappen Hälfte der Fälle eine dauernde Heilung aus. Eiter- und Eiweiß- 
ausscheidung mit dem Harn bestehen dann fort, und es können neue 
Nachschübe folgen. Selten führt die Erkrankung unmittelbar zum Tode. 
selten auch bleibt sie in acuter Form über die Entbindung hinaus 
bestehen. Zweifellos ist aber die Pyelonephritis in der Schwangerschaft 
in Jedem Falle ein ernstes Leiden, das mit der größten Sorgfalt behandelt 
werden muß, und dessen Vernachlässigung sehr leicht dauerndes Siech- 
tum oder gar den Tod zur Folge haben kann. 

Bezüglich des Einflusses der Erkrankung auf die Frucht steht es 
fest, daß ein recht starker Reiz auf die Wehenthitigkeit dureh die 
Pyelonephritis auszeüht wird, wenn man auch nicht mit Sicherheit weiß. 
worauf derselbe im Wesen beruht. Jedenfalls ist es Thatsache, daß die 


Hide 


Prelonephritis wirklich die Ursache des vorzeitigen Geburtseintrittes 
sein kann. Andererseits hat mehrfach nach Nephreetonie oder nach Ent- 
fernung der erkraukten Niere die Schwangerschaft ungestört ihren Fort- 
“ang genommen. Bezüglich des Einflusses der Erkrankung auf das 
Wochenbett hat mau zwei Dinge aus einander zu halten: erstens drängt 
sich die Frage auf. wie oft die Erkrankung sich im Wochenbett fort- 
setzt und in diesem weiter Fieber verursacht, zweitens ob und inwieweit 
der mit Keimen beladene Harn, der bei der Entleerung die äußeren Ge- 
schlechtstelle doch benetzen muß, zu Infeetion des wunden Geburtskanals, 
also zu eirentlichen Wochenbettserkrankungen führt. Zu dem ersten 
Punkt ist zu bemerken, daß in der That hänfie die fieberhafte Erkran- 
kung im Wochenbett noeh weiter besteht, insbesondere bei solchen 
"rauen. die bis zur Entbindung oder wenigstens nieht lange vorher noch 
fieberten. Jet dagegen schon längere Zeit vorher «das Fieber ver- 
schwunden, so bleibt gewöhnlich auch das Wochenbett fieberfrei. Bei 
den fiebernden Fällen ist das Fieber meist nur von kurzer Dauer, nach 
wenigen Tagen ist die Körperwärme zur Norm zurückgekehrt. Was aber 
den zweiten Punkt betrifft, so erfolgt eine Infeetion dureh den mit Keimen 
beladenen Tarn weder während der Geburt noch im späteren Wochen- 
bett. selbst dort nicht, wo geburtshülfliche Eingriffe stattgefunden haben. 
In der Mehrzahl der Fälle max es wohl daran liegen. daß das Barterium 
coli die’ Harninfeetion hervorruft bezw. den vorherrschenden, wenn nicht 
alleinigen Bewohner des Harnes darstellt. und daß dieses nur unter be- 
sonderen Umständen eine Infeetion des wunden Geburtskanals hervor- 
zurufen vermag. 

Diagnose. Die typische Erkrankung mit dem plötzlichen Ein- 
setzen hohen Fiebers nach einem Schüttelfrost, die Harnbeschwerden, die 
Schmerzen in einer oder in beiden Nierengegenden, der eitrige Haru 
werden die Krankheit sehr leicht riehtix erkennen lassen. Die mehr 
schleichend einsetzenden Erkrankungen sind weit schwerer riehtie zu 
deuten. Von den dabei zu machenden Beobachtungen hebt Verf. folgen- 
des hervor: 

1. Die Gestalt der Fieberkurve. Auch beim Fehlen von 
Frösten werden doch grobe Schwankungen des Fiebers bis zu völlig 
norinaler Wärme am Morgen und hohem Fieber am Abend. meist aber in 
engeren Grenzen sich haltend, zu erkennen sein. 

2. Die Art der Schmerzen. Manche Kranke fühlt sich nur 
im allgemeinen unbehaglich, andere jedoch, und das ist die Mehrzahl. 
haben Schmerzen oder Beschwerden an bestimmten Körperstellen. Im 
Beginn der Erkrankung ist gewöhnlich ein Druckgefiihl quer über dem 
Leib in Leber- und Magengegend vorhanden, dazu kommt dann Uebel- 
keit, one daß doch Erbrechen eintritt, außer etwa im Anschluß an einen 
Schüttelfrost. Diese Erscheinungen für sieh oder vergesellschaftet mit 
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Durehfällen oder hartnäckiger Ver- 
stopfung finden sieh so häufig im Beginn der Erkrankung, daß sie — 


— 180 — 


natürlich nur mit Vorsicht — für Pyelonephritis in die Warschale gelegt 
werden können, wenn sie auch an sich durchaus nichts Beweisendes 
haben und bei allen möglichen fieberhaften Erkrankungen vorkommen 
können. Bevor sich die Sehmerzen auf eine Nierengegend begrenzen 
oder ohne daß es überhaupt zu deutlicher Schmerzhaftigkeit einer Niere 
kommt, findet sieh oft eine schmerzhafte Stelle, entweder an der rechten 
Uteruskante oder zenau am Me. Burney schen Punkte, d. h. entsprechend 
der Einbieennesstelle des rechten Harnleiters in das Becken. Dureh 
Druck werden diese Schmerzen noch verstärkt, sie strahlen oft nach oben, 
der Niere zu, und nach der Blase und dem rechten Beine zu aus. Diese 
löirscheinung zu kennen, ist sehr wichtig, und zwar wegen der Verwechse- 
lung mit acuter Wurmfortsatzentzündung, die in einer ganzen Reihe 
von Fällen dazu geführt hat, daß der Leibschnitt gemacht und ein ge- 
sunder Wurmfortsatz entfernt wurde, natürlich ohne jeden Erfolg für die 
Kranken. XNieht selten aber kann auch die Schmerzhaftigkeit an dieser 
Stelle geradezu die richtige Diagnose ermöglichen, wenn vorher nur un- 
bestimmte Beschwerden und Fieber vorhanden waren. Genaueres Nach- 
forschen wird dann meist auch bisher übersehene Harnbeschwerden nach- 
weisen lassen. Aber selbst wenn dies nicht gelingt, wird doch das Aus- 
strahlen der durch Druck verstärkten Schmerzen nach oben und unten, 
die nieht seltene Möglichkeit. den Harnleiter als verdickten schmerz- 
haften Strang cine Strecke weit zu tasten, insbesondere ihn im seinem 
Beckenteil mittels zweihändiger Untersuchung nachzuweisen, die Er- 
krankung in das riehtige Licht setzen und Entzündung des Wurmfort- 
satzes ausschließen lassen. Es läßt sieh aber nicht leugnen, dab manch- 
mal alle Hilfsmittel versagen können. Von seltenen Ausnahmefällen ab- 
gesehen, wird dann eine genaue Untersuchung des Harnes noch auf 
den richtigen Wer führen müssen. — Eine Schmerzhaftigkeit ent- 
sprechend der Knickungsstelle des linken Jlarnleiters ist niemals beson- 
ders erwähnt. Es hat das wohl seinen Grund in den anatomischen Ver- 
hältnissen und der dureh sie bedingten größeren Häufigkeit der rechts- 
seitiren Erkrankung. Sollte einmal an der linken Seite ein schmerzhafter 
Druck deutlich vorhanden sein, so wiirde, da hier differential-diagnostisch 
nur etwa Sigmoiditis in Frage kommt, mit größter Wahrscheinliehkeit 
von vornherein eine Pyelonephritis anzunehmen sein. 

3. Die Betastune der Harnleiter und der Niere ist von geringem 
diagnostischen Wert. 

4+. Als wichtigster und entscheidendster Teil der Untersuchung ist 
der Harnbefund zu bezeichnen. Zunächst ist die Reaction festzustellen, 
die fast ausnahmslos bei der Pyelonephritis gravidarum sauer gefunden 
wurde. Sehr wichtig ist die Menge des auszeschiedenen Harns und das 
Verhalten des specifischen Gewichts. Zur Zeit des hohen Fiebers ist der 
Harn vermindert, weist aber ein bezüglich niedriges specifisehes Ge- 
wicht auf. Nach Herstellung der normalen Körperwärme steigt sehr bald 


— Isl — 


die Harnmenze an, und gleichzeitig ninnnt das specifische Gewicht zu. 
Gerade dieses Verhalten soll nach Verf. besonders wichtig sein ‘und an 
sich sehon sehr für Pyelonephritis sprechen. Beziiglich des EiweiB- und 
Eitergehalts des Harns verweist Verf. auf die von Rosenfeld aufge- 
stellten Gesichtspunkte, daß nämlieh bei einer Cystitis im allgemeinen 
trotz hohen Eitergehalts der Eiweißgehalt 1,5 pro Mille nicht zu über- 
schreiten pflezt, wihrend bei Pyelonephritis geringe Eiweiß- und größere 
Eitermengen gefunden werden können, daß die Form der Eiterzellen bei 
Pyelonephritis unregelmiBiger als bei Uystitis zu sein pflegt. Sicher 
wird die Diagnose auf Pyelonephritis oder aufsteigende Cystitis, wenn 
sich sicher Epithelien der oberen Harnwere nachweisen lassen. Für 
Pyelonephritis sprieht ferner das Vorhandensein von Cylindern im Harn 
und von roten Blutzellen, wenn eine Blasengesehwulst oder Blasensteine 
ausgeschlossen werden können. Eine aueh nach Filtrieren bestehen 
bleibende Trübung des Harus beruht fast immer auf Bacterien, die 
leicht mikroskopisch und dureh Züchtung nachzuweisen sind. Es könnte 
dies lediglich eine Bacteriurie bedeuten, wird aber meist bei Pyrelonephritis 
gefunden. “Es ist noch zu beachten, daß der Harnbefund in den ersten 
Tagen der Erkrankung und auch später zeitweise ganz normal sein kann, 
was offenbar auf zeitweisem Verschluß des Harnleiters beruht. In 
solchen Fällen muß man zunächst abwarten und wird dann nach einiger 
Zeit sehon die richtige Diagnose steHen kénnen. 

Behandlung. Eine aussichtsvolle Behandlung muß die Ursache 
der Erkrankung zu beseitigen suchen. Es ist also zunächst geren die 
Harnstauung vorzugehen. Dieser Aufgabe wird am einfachsten durch 
zweekmäßire Lagerung entsprochen, welehe den Druck des schwangeren 
Uterus auf die Haruleiter aufhebt und vielleicht aueh den Kniekunes- 
winkel beim Eintritt der Harnleiter ins Beeken vergrößert. Oft geniizt 
dazu die einfache Bettruhe, bei der der Uterus nieht so tief ins Becken 
hineinsinkt wie bei aufrechter Körperhaltung. Wenn das nicht ausreicht, 
so wird man oft mit Veränderung der Lagerung zum Ziele kommen. Aus- 
gesprochene Seitenlage wirkt in dieser Beziehung günstig. Man wird 
sich aber in den meisten Fällen damit allein nieht begnügen, sondern 
gleichzeitig Tur reiebhlhiehe Ausspülung des Jlarnapparats und für Fern- 
haltung aller Reize von den erkrankten Nieren Sorge tragen, ganz be- 
sonders dann, wenn der Harnbefund auf eine erhebliche Beteiligung des 
Nierengewebes sehlieRen läßt (Eiweiß in gröBeren Mengen und Cylinder). 
Diese Mittel bestehen in reiner oder teilweiser Milehdiät und Zuführung 
groBer Fliissigkeitsmengen in Gestalt von Mineralwässern, insbesondere 
Wildunger WHelenenquelle. Auch die sorgen. Harndesinfieientien, Salol. 
Urotropin, Helmitol, in nieht zu kleinen Gaben sind zweckmäßig und 
können die Heilung beschleunigen. — Zur Vermehrung der Harnab- 
sonderung und des beschleunigten Abflusses ist von eintieren französischen 
Autoren schnelle Ausdehnung der Blase mit 2 bis 300 cem Vlüssiekeit und 


== 189 == 


plötzliche Entleerung derselben empfohlen worden, die reflektorisch 
Harnabsonderung und Harnentleerung anregt. Im Sinne der Fernhaltung 
eines Reizes von den Harnorganen ist die Regelung des Stuhlgangs von 
Wichtigkeit. Bei irgendwie starker Beteiligung der Blase, aber selbst 
ohne daß eine solehe deutlich vorhanden ist, wird man zweckmäßig auch 
die Blase behandeln, und zwar in leichteren Fällen mit Borwasser- 
spülungen, in sehwereren durch Einspritzen kleiner Mengen dünner 
Höllensteinlösungen (1: 3000—1: 1000). Leiehtere Blasenentziindungen 
werden damit geheilt, schwerere wenigstens gebessert werden können. 
Damit wird auch Rückfällen bis zu einem gewissen Girade vorgebeugt. Die 
sonst noch anwendbaren Mittel haben noch insofern eine Bedeutung, als 
sie die manchmal recht lebhaften Schmerzen zu lindern im Stande sind. 
Gegen die gelegentliche Verwendung von Antipyretica ist nieht viel ein- 
zuwenden, nur wird man sie nieht entsprechend ihrem Namen, sondern 
ebenso wie das Morphium und Opium zur vorübergehenden Schmerz- 
stillung benutzen. Opium selbst ist übrigens wegen seiner darmlähmen- 
den Wirkung besser ganz zu vermeiden und durch andere Mittel zu 
ersetzen. 

Mit diesen Mitteln hat die Behandlung in jeden, auch schembar 
schwersten Falle zu beginnen, und meistens wird man damit auch den 
gewünschten Erfolg erzielen. Es bleiben aber noch eine Reihe von 
Fällen übrir. die mit dieser einfachen innerlichen Behandlung nieht be- 
eintlußt werden können. In diesen Fällen kommen einerseits die Ent- 
leerung der Gebärmutter, andererseits die chirurgische Behandlung der 
erkrankten Niere in Betracht. Die künstliche Unterbrechung der 
Schwangerschaft ist nach erfoleter Erschöpfung der innerlichen Mittel 
zweifellos anzuraten. Ganz besonders leicht wird man sich dazu ent- 
schließen können, wenn das Kind schon Jenseits der 32. Woche ist, also 
gute Aussichten auf Erhaltung des Lebens bietet. Der zweite Weg, die 
chirurgische Behandlung der erkrankten Niere, ist bisher einfach der 
künstlichen Frühgeburt gegenüber gestellt worden. womit Verf. aber 
nicht einverstanden ist. denn eine frische einfache Pyelonephritis, wie sie 
bei erstmaliger Erkrankung in der Schwangerschaft meist vorliegt, Ist 
wohl überhaupt nicht ohne weiteres Gegenstand der Behandlung mit dem 
Messer. Das trifft nur für Sacknieren, das Empyem des Nierenbeckens 
und die sekundäre Pyelonephritis zu, während man sieh bei nicht fühl- 
barer Vergrößerung der Niere jedenfalls nieht so leieht zu der Spaltung 
oder Entfernung der Niere entschließen wird. Sonst aber können die 
Nierenoperationen bei einfacher Pyelonephritis gravidarum nur aus- 
nahmsweise ernstlich in Frage kommen, treten jedenfalls nieht in Wett- 


bewerb mit der Einleitung der künstlichen Entbindune. 


M. Lubowskt. 


— 153 — 


Dr. Brugger (Frankfurt a. M.): Ein Fall von rechtsseitiger 
Nephrectomie. Ein Beitrag zur Symptomatologie und 


Diagnostik der Nierentuberculose. (Deutsche militärärztl. 
Zeitschr., Bd. 33, H. 4.) 


Es handelt sich um einen mittelgroßen, schlanken. ziemlich ab- 
zewazerten, aber noch muskelkräftizen Junzen Mann von etwas blassem 
Aussehen. Seine Klagen bezogen sich auf allxzemeine Beschwerden, auf 
ständige Trübung seines Harns, bei dessen Entleerung zum Sehluß häufig 
Schleimpfröpfe abeingen,. und aus eime sehr hartnäckige Stuhlverstopfune. 
Pie Untersuchung ergab zunächst nichts objeetiv Krankhaftes, speciell 
nicht an den Lungen. Die rechte Nierengerend war auf Druck bei 
doppelhbändizer Untersuchung schmerzhaft, aber die Niere nieht deutlich 
vergrößert. Die Körpertemperatur war nie erhöht. Die oftmalige Unter- 
suchung des Harns hatte, die in ihrer Stärke wechselnde Trübung aus- 
genommen, stets denselben Befund: zahlreiche Leukoeyten, hier und da 
kleiner eranulirte Harnevlinder, Harnsäurekrystalle, saure Reaction, 
mibicer EiweiBgehalt, kein Zucker, normales oder nur wenizr erhöhtes 
sperifisches Gewicht und eben solche Harumenze,. dagegen keine roten 
Blutkörperchen, keine Epithelien der harnableitenden Teile und keine 
Baeterien. Bei vielfachen Untersuchungen ist es weder im gefärbten 
Deckglaspriparat. noch beim Plattenverfahren gelungen, Tuberkelbacillen 
nachzuweisen. Dieses auffallende Verhalten des Harns in Verbindung 
mit dem auzenscheinlichen Kräfteverfall heß die Diawnose des chronischen 
Blasenkatarrhs doch zweifelhaft erschemen, und es wurde vor allem die 
Natur und die Quelle der Eiterung festvestellt. Es schienen hierzu not- 
wendis der Impfversuech mit dem Fiter am Tiere und die eystoskopische 
Untersuchung. Letztere ergab einen überraschenden Befund: Die Blasen- 
schleimhaut bot niehts Auffallendes, die Harnleitermiindungen waren 
leicht in das Gesiehtsfeld zu brineen: die Jinke zeigte sich normal, da- 
Legen war die rechte mehr gewulstet und hatte eine eisentümliche, 
stärker gerötete Umgebung: der Unterschied der beiden Bilder war auf- 
fallend. Während aus dem linken Harnloiter in regelmäßigen Zwischen- 
räumen klare Flüssigkeit auseepreßt wurde, erwies sich der Inhalt des 
rechten so stark getrübt, daB sieh der Spiegel jedesmal beschlug und das 
Gesiehtsfeld dunkel wurde. Damit war erwiesen, daß der vorwiegende Sitz 
der Erkrankung die rechte Niere sein mußte, was mit den anamnestischen 
Ergebnissen übereivstimmte. Unterdessen hatte die Verimpfung des: 
Fiters ergeben, daß alle sechs geimpiten Meerschweinehen in 4-5 Wochen 
an Impftuberculose verendet waren. 

Bei dem schon jahrelangen Bestehen der Eiterung, bei dem sich 
weltend machenden Kräfteverfall glaubte Verf. auf eine beträchtliche Aus- 
dehnung der Erkrankung in der rechten Niere schließen und den Versuch 
einer weiteren medieinischen Behandlung ablelmen zu müssen. Es wurde 


=: [SE 


infolgedessen zur Operation zeschritten, die extraperitoneal mit einem 
eroßen, fast horizontalen Flankensehnitt gemacht wurde. Die Dicke der 
Museulatur, die starke Befestienug und hohe Lage der Niere erschwerten 
thre BloBlegung: sie erwies sieh als nieht vergrößert, um] (de Obertläche 
bot nach Spaltung der Kapsel niehts Auffallendes. Aber bei Anlezun:z 
des Seetionsschnittes  entleerte sich reichlich weiblicher Eiter aus 
mehreren, obertlächlich sitzenden, haselmußzroben Abseeßhöhlen, so dab 
die Nephrectomie in der tiblichen Weise angeschlosseu wurde. Der liarn- 
leiter. der sich verdickt erwies, wurde dicht über der Blase abeehunden 
und durehtrennt. Nach Einlegen von Jodoformeazestreifen wurde die 
Wunde in zwei Etagen mit Seide vereinigt. Der Kranke schien die 
Operation zunächst gut überstanden zu haben: es trat in den nächsten 
Tagen eme mäßige Fiebersteirerung ein. zum Teil bedingt dureh eine 
kleine Eiterung im vorderen Wundwinkel. aus dem tiefe Nähte entfernt 
wurden, die Temperatur hielt sieh zwischen 37 und 38° und hat nur 
einmal 39° erreicht. Auffallender aber und fiir einige Tage beingstigend 
waren andere Erscheinungen, die auf eme gestörte oder uneenürende 
Funetion der anderen Niere deuteten und sieh am dritten bis vierten Taxe 
nach der Operation emstellten. Der Kranke wnrde sehr unruhig, hoch- 
gradig nervös, manchmal leicht unbesinnlich, phantasirte: dabei bestand 
ein harter und gespannter Puls zwischen S—100 Schlären in der Minute 
und vor allem eine Verminderung der Harnmenzre auf 6OA—SOO ecm 
tärlich. trotz ziemlich reiehlicher Flüssiekeitsaufnahme infolre sehr ge- 
steigerten Durstes (1400—1900 el Das klinische Bild des Kranken bot 
den Eindruck eines Urämisehen. Nach etwa acht Taxen hatte der bedroh- 
liche Zustand nachgelassen, die Harnmenge stieg wieder, und der Verlauf 
war von da an ein regelrechter. Der Kranke stand nach 15 Tagen zum 
ersten Male auf und wurde nach sechs Wochen entlassen. Der Harn war 
am Tage nach der Operation blutig. dann aber stets véllig Klar und frei 
von abnormen Bestandteilen. Der Patient nahm rasch an Körperzewicht 
zu, in kurzer Zeit 10 kg, fühlt sieh jetzt vollkommen gesund und hat em 
gesundes Aussehen. Zur Zeit besteht im vorderen Teil der sonst festen. 
glatten Narbe eine kleine, mäßig secernirende Fistel, aus der sich eintce 
tiefe Nähte abstießen. Auffallender Weise ist auch die jahrelang be- 
stehende hartnäckige Obstipation völlig verschwunden und hat regel- 
miBiger Stuhlentleerunz Platz gemacht. M. Lubow shi. 





Dr. A. Jenckel: Zur Casuistik der tötlichen reflectorischen 
Anurie beim Menschen nach Nephrectomie wegen ein- 
seitiger Nierentuberculose. Aus der k. chirurg. Universitäts- 
klinik zu Göttingen. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905, Bd. 78.) 
Es handelt sich um eine 54 Jährige Frau, bei der die Diagnose unter 

Zuhilfenahme der Cystoskopie und des Ureterenkatheterismus mit aller 

Sicherheit auf rechtsseitige Nierentubereulose gestellt und die Ent- 


= 185 3 


feruung der erkrankten rechten Niere beschlossen wurde, da der Ureteren- 
katheterismus feststellen ließ, daß die linke Niere vorhanden war und 
auch normaler Weise funetionirte. Die von Verf. auszeführte Nephreetomie 
war insofern etwas erschwert, als infolge der früheren Operation und der 
hochgradisen Erkrankunz starke Verwachsungen mit der Umgebung 
einzetreten waren. Die entfernte reehte Niere war stark vergrößert, die 
Rindensubstanz äußerst verdünnt. Nierenbeeken und oberer Teil des 
Ureters zeigten starke Dilatation und enthielten große Mengen käsigen 
Kiters. Der Fisteleang fiihrte direct in das Nierenbeeken hinein. Nach 
Kinfünrung eines Vioformgazestreifens und Zweier Gummidrains wurde 
Die Musculatur mit Jodeatzut, die Haut mit Wachszwirn vernäht, die 
Wundtläche mit aseptischem Verband bedeckt. Obwohl kurz nach der 
Operation, sowie am Tage darauf je 1000 cem physiologischer Kochsalz- 
lösung subeutan verabfolgt waren, der Puls kräftie, nicht beschleunigt 
erschien, entleerte die Frau von der Stunde der Operation an keinen 
Warn. Als am dritten noch kein Urin zelassen worden war, eystoskopirte 
Verf. und führte in der Annahme, daß vielleicht doch dureh ein Conere- 
ment im Niereubeeken resp. Ureter eine Verlerung der Passage einge- 
treten sei, einen Katheter hoch bis in das linke Nierenbeeken hinein, ohne 
auf Widerstand zu stoßen. Es entleerte sich aber kein Harn. Auch die 
Tags darauf nochmals vorgenommene Katheterisation des linken Ureters 
hatte dasselbe negative Ergebnis. Am 4. Tage naeh der Nephrectomie 
traten leichte Cedeme der Beine, speciell der Knöchelgegend, sowie der 
Labien auf. Das Sensorum war völlig frei. die Frau fühlte sich ganz 
wohl, hatte kein Fieber und keinerlei Beschwerden. Die Oedeme der 
Beine nahmen langsam an Ausdehnung zu, auch war der Unterleib fast 
bis zur Hälfte zwischen Nabel und Symphyse deutlich ödematös. Am 
d. Tage erfolgte Mittags ziemlich plötzlich der Tod bei vollem Bewußt- 
sein ohne urämische Erscheinungen. Die Tags darauf ausgeführte Sec- 
tion hat keine Erklärung der Anurie gebracht. Die Wundverhältnisse in 
der rechten Lumbalgezend waren vollkommen gute, keine Eiternne. 
keine Peritonitis, keine Sepsis. In beiden Lungen fanden sich ältere 
und jüngere kleine tuberculüse Herde. Das Herz war von entsprechender 
Größe, weder an den Klappen noch im Myocardium konnten Veränderungen 
sefunden werden. Die liuke Niere war etwas vergrößert, makroskopiseh 
ohne jede Veränderung. aueh die mikroskopische Untersuchung hat keine 
krankhaften Processe nachweisen lassen. Das Merenbecken war nieht 
erweitert und vollkommen leer. {reend welche Conerementbillungen 
wurden nicht gefunden, der Harnleiter war gut durcheängie. Ju den 
übrigen Organen konnte nichts Nrankhaftes nachgewiesen werden. Es 
blieb also michts anderes übrig, als anzunehmen. daß rein refleetorisch 
durch Störung des nervosen Apparates die Anurie zu Stande gekommen ist. 

Der Autor sagt zum Schluß, daß demnach trotz der besten Methoden 
der funetionellen Nierendiawnostik dennoch einmal nach Nephreetomie einer 


— 156 — 


erkrankten Niere die bleibende gesunde ihre Thätigkeit einstellen und da- 
durch den Tod herbeiführen kann, daß aber derartige Fälle zu den 
Seltenheiten gehören. Man kann ihm darin beistimmen, muß aber be- 
tenen, daß dieser Fall nicht ein seltener, sondern ein Unicum ist, dem 
Ref. ist kein zweiter bekannt. Alle bisher besehriebenen und daraufhin 
untersnehten Fälle von Nierentod weisen eime Erkrankung der zurück- 
zelassenen Niere auf. Casper. 


G. Ekehorn (Sundsvall, Schweden): Die Function der Niere 
nach durchgemachtem Sectionsschnitt. (Arch. f. klm. Chir. 
1905, Bd. 7%, H. 1.) 


Der Sectionssehnitt als solcher braucht nicht eine nennenswerte Herab- 
setzung der Function der Niere herbeizuführen, wenigstens nicht 
während der nächsten Zeit (mehrere Monate) nach der Operation. Der 
Seetionsschnitt kann moechcher Weise unter gewissen Umständen eine 
Herabsetzung der Funetion der Niere veranlassen. Als allgemeines Er- 
gebnis Fißt sieh auf Grund der Untersuchungen des Verf.s saren, daß 
die Funetion der Niere nach dem Nierenschnitt noch weiter geprüft 
werden muß. wenn man zu endeiltizer Gewißheit über die Bedeutung 
des Sectionssehnittes in dieesr Beziehung kommen will. Casper. 


Dr. Paul Kuzmik: Hypernephroma renis. (Beitr. z. klin. Chir., 
Bd. 45, H. 1.) 


Verf. hat 3 Faille von Hypernephroma renis beobachtet: eine Ge- 
schwulstart, welche trotz des Aufsehwunes der Nierenchirurgie ver- 
hältınsmäßige selten zur Beobachtung kommt und überdies an der Grenze 
zwischen gut- und bösartigen Geschwülsten steht. da sie bei völlig 
ähnlicher Gewebsstructur zuweilen eine riesige Größe erreicht, ohne den 
Organismus zu verwüsten, manchmal hingegen auch bei kleineren 
Dimensionen in die Blutbahn brechen und eine rasche Zerstörung des 
Orzanisimnus bewirken kann. Die Grundlage der Gewebsstruetur des 
ilvpernephroins bildet der corticale Abschnitt der Nebenniere. Das 
IIypernephrom ist ein kleinerer oder wrößerer, im embryonalen Leben 
hinter der Nierenkapsel oder in der Rindensubstanz zurückbleibender Teil 
der Nebenniere. Die zurückzebliehenen größeren Stückehen bestehen aus 
Rinden- und Marksubstanz, die kleineren Stückchen nur aus der Rinden- 
substanz der Nebenniere. Die Geschwulst sitzt gewöhnlich am oberen 
Pol der Niere und erreieht in den meisten Fällen nicht mehr als Hirsekorn- 
oder LinsengréBe. Zu einer bedeutenderen, schon im Leben erkennbaren 
Größe wächst sie erst im höheren Alter (vom 45. Lebensjahre an). Die 
frühzeitige Diagnose ist eben wegen der hohen Lage unter dem 
Diaphrazma sehr schwer. sozusaren unmeerlich. obwohl heute auf Grund 


— 


von viele Jahre hindureh gesammelten Erfahrungen die spontan auf- 
tretende und plötzlich aufhörende characteristische Hämaturie als erstes 
sicheres Syinptom des Hypernephroms gelten kann. Gleichmäßig gefärbter 
Urin, dünne, lange Einsehnürungen zeizende, wurmförmige Blutgerinnsel 
erregen nieht nur starken Verdacht auf Hypernephrom, sondern bilden 
den Erfahrungen nach ein sicheres Zeichen desselben. Der Hämaturie 
geht zumeist ein dumpfes Druckgefühl voraus: der Kranke weiß ge- 
wöhnlich auch die erkrankte Seite zu bezeichnen. Der Tumor verursacht 
gewöhnlich dem Kranken keine Unannehmlichkeiten, solange er durch 
seine Größe keimen Druck anf die benachbarten Organe ausübt, oder 
aber durch sein Gewicht ein lästires Zerruneszefühl hervorruft. Die 
Hämaturie geht nicht mit Schmerzen einher. Das Wachstum des Tumors 
ist kein wleichförmiees, oft verändert er sich Jahre hindurch nicht in 
seiner Größe, um plötzlich wieder anzuwachsen, starke Blutungen hervor- 
zurufen und eventuell auch das Leben des Kranken unmittelbar zu 
vr führden. Die tasthare Gesehwulst ist in der Regel höckerie, fühlt sich 
wie ein harter Muskel an, ist nicht schmerzhaft. Die unter der Nieren- 
kapsel sitzende, teils weichere, teils härtere Knoten zeigende Geschwulst 
nimmt in der intact gebliebenen Nierensubstanz wewöhnlich wie in einem 
Kelche Platz. Die einzelnen Knoten sind von lebhafter, zumeist gelblich- 
erauer Farbe und voneinander durch bindegewebige Züge geschieden. ln- 
folge der häufigen Blutungen und der Metamorphosen zeigen die Knoten 
an ihren Schnittffächen die verschiedenartiesten Schattirungen (rotbraun, 
braun, schwarz). Für die Bösartiekeit des Tumors zeugen die sichtbaren 
Nekrobiosen, fettize oder eolloide Derenerationen, dementsprechend auch 
eystöse Teile zu finden sind. Die Geschwulst ist infolgedessen in ihrem 
Durchsehnitt gewöhnlich sehr farbenreich. Besonders characteristisch 
für Hypernephroma ist die große Neigung zu überaus fettizem Zerfall 
und rerressiven Veränderungen. Die Geschwulst selbst ist mit einer 
bindegewebigen Kapsel versehen, welche sie nur äußerst selten dureh- 
brieht (bösartige). Ein Teil der Kapsel wird von der Nierenkapsel 
gebildet. Der an der Grenze der Niere befindliche Abschnitt der Kapsel 
wird dureh das infolge des Druckes faserix veränderte Nierenparenchym 
verstärkt. Die Ueberreste der Niere zeigen in der Regel das Bild einer 
interstitiellen Entzündung. Die Bösartiekeit der Geschwulst zeiet sich 
darin, daß sie ihre Umgebung zerstört, die Niere zur Atrophie bringt. 
in die Venen eimbrieht und längs derselben Metastasen setzt (Leber. 
Lunge, Gehirn, Knochen). Die Gewebsstruetur ist der Größe der Ge- 
schwulst und den vorausgegangenen Metamorphosen gemäß eine sehr 
verschiedene. Die kleineren Geschwülste zeizen gewöhnlich das Bild 
der Rindensubstanz einer normalen Nebenniere. Man sieht unter dem 
Mikroskop zumeist in einem feinen. fast ausschließlich aus Capillaren 
bestehenden Stroma teils längliche, aus 1—2 Zellreihen bestehende 
Stränee (Cylinder), teils ein ans in rundlichen Massen eruppirten Zellen 


oe een 


bestehendes Parenchym. Die Zellen sind ziemlich groB, polygonal, selten 
kreisförmie: das Protoplasına grobkörnig, vacuolisirt. Sie sind einkérnig. 
zumeist fettig infiltrirt, sogar mit siehtbaren Fetttropfen. Daher rührt die 
gelbe Farbe der Geschwulst, und dies war der Grund, daß man sie früher 
ihrer gelben Farbe wegen für Lipome hielt. Die Zellen enthalten 
Glycogen und Leeithin. 

Die größeren Tumoren bieten bereits ein anderes histologisehes Bild, 
indem hier die Zellen in unregelmäßiren laufen, einander kreuzenden 
Störungen erscheinen und die Gewebsstructur der Nebenniere schon weit 
weniger zu erkennen ist. Die einzelnen Stränge sind nämlich zahlreicher 
und die einzelnen Zellen entweder kleiner oder viel größer als die Zellen 
der normalen Nebenniere und zeigen häufig mehrere unförmige Kerne. 
riesenzellenartige Formen. Auch in diesen Fällen sind die Zellen reich 
an Fett und Glyeogen. Die Blutzefäße erscheinen häufig als spaltförmige 
Hohlräume. Die bösartigen Hypernephrome besitzen entweder die soeben 
beschriebene Gewebsstructur oder bieten ein alveoläres, Ja infolze über- 
mäßiger Zellproliferation ein sareomatöses Bild. Die Zellen weichen von 
der Norm ab, sind länglich, polygonal, verlieren sogar aueh an Fettgehalt. 
Ja der letztere fehlt zuweilen ganz. Aus alledem ist es leicht begreiflich. 
daB die Diagnose häufig auf Schwierierkeiten stößt, zu vielen Irrungen 
und MiBverstiindnissen Anlaß geben kann und daher große Erfahrung 
und Uebunz erfordert. Alle diese Abweichungen finden ihre Erklärung 
in der Gewebsstruetur der embryonalen Nebenniere, deren Zellen kein 
Fett enthalten und von völlig indifferenter Form sind. 

Die Operation ist selbst bei großen Tumoren und einer gewissen. 
durch den Blutverlust erklärbaren Kachexie vorzunehmen, wenn 
Metastasen noch nicht nachweisbar sind. Der Nachweis von Metastasen 
giebt eine entschiedene Contraindieation ab. Bei Nierentumoren, welche 
heftire Blutungen oder Sehmerzen verursachen, ist die Entfernung des 
Tumors bezw. der Niere selbst in dem Falle angezeigt, wenn auch keine 
bleibende, endgültige Heilung zu erhoffen ist, da der Kranke jedenfalls 
von den Schmerzen befreit, vom Verblutungstode errettet und nicht seines 
einzigen, letzten Hoffnungsstrahles beraubt wird. Etwas anderes ist es 
mit den von einzelnen Chirurgen empfohlenen Verfahren, daB man in 
speeiellen Fällen, wo das IIrpernephrom in die Venen (Vena cava) ein- 
gebrochen ist, wovon man sieh in der Regel erst nach Befreiung und 
Heraushebung der geschwulstigen Niere überzeugen kann, die Vene 
spalte und nach Entfernung der in die Vene gewucherten Gesehwulstteile 
die Gefäßnaht ausführe. Nach Ansicht des kort a tat die Ausführung 
eines so tiefereifenden, event. das Leben unmittelbar bedrohenden Ein- 
erıffs memals berechtigt. Wahrscheinlich sind in solehen Fällen. wie 
sich dies bei den Seetionen in Jeden derartigen Falle herausgestellt hat. 
bereits auch in anderen Organen (Leber, Lunge, Knochen) Metastasen 
vorhanden. so daß man anf endgültige [leilung in keinem einzigen der- 


artigen Falle rechnen kann; es ist also weder der Mühe wert, noch 
berechtigt, den Kranken in eine noch größere Gefahr zu bringen, und 
man muß sich damit begnügen, durch die Entfernung der Geschwulst 
den Kranken von den peinigenden Schmerzen und den bedenklichen 
Blutungen befreit zu haben. 


Was die Operationstechnik betrifft, so gelangt man zur geschwulstigen 
Niere am bequemsten mit einem Lumbalschnitt, da man die Schnittöffnung 
nötigenfalls dureh Resection der XJI. und XI. Rippe erweitern kann. 
Neben anderen Methoden erscheint der Lumbalschnitt auch sehon deshalb 
besser, weil hierdurch eine eventuelle Infeetion der Bauchhöhle vermieden 
wird. — Bei weren Geschwülsten vorgenommenen Nephrectomien ist 
auch die Entfernung der Capsula adiposa empfehlenswert, da die Gefahr 
einer loealen Recidive hierdurch bedeutend herabgesetzt wird. Mit dem 
Stumpf geht man am zweekmäßiesten so vor, daB man nach Befreiung 
der Niere die Gefäße und den Ureter in zwei starke, langschenkelige 
sichere Klammern faßt und die Gefäße nach Entfernung der Geschwulst 
mit unter die Klammern geführten Umnähungen verschließt. Zu den Um- 
nähungen werden auf der Budapester chirurgischen Klinik in den letzten 
Jahren ausschhieBlich starke Catrutfüden verwendet, wodurch langwierige 
Fadeneiterung vermieden wird. 

Die frühzeitige Feststellung der Diagnose ist von anßBerordentlicher 
Wichtirkeit! um den Kranken vom weiteren Wachstum des liyper- 
nephroma renis zu retten, welehes nach den gesammelten Erfahrungen 
erst dann gefährlich wird, wenn es eine bedeutende Größe erreicht und 
in die Venen einbricht. Anzesichts der ehronischen, sehmerzlosen Ent- 
wicklung der Geschwulst und angesichts des Umstandes, daß in den 
meisten Fällen ihr Sitz am oberen Pole der Niere sieh befindet, ist 
eine frühzeitige Diagnosenstellung nicht leicht, erfordert viel Aufmerk- 
samkeit. Umsicht und groBe Gewandtheit in der Untersuchung. Eine 
eharakteristische Eirenschaft der Geschwulst ist es, daB sie in der Regel 
erst nach dem 50. Lebensjahr Beschwerden bereitet und bis dahin das 
Wohlbefinden des Kranken höchstens dureh ziehende,  driiekende 
Schmerzen gestört wird: durehschmittlich 5—6 Jahre nach dem ersten 
Schmerzgefühl stellt sieh das erste, von Jeder äußeren Einwirkung freie 
Blutharnen ein, zumeist aber ohne dal man das Vorhandensein einer 
Geschwulst bereits constatiren könnte. Angesichts der Thatsache. daß 
auch sehon kleine Tumoren Blutungen hervorzurufen pflegen, welche sich 
in kürzeren oder längeren Zeiträumen wiederholen, ehe noch der Tumor 
tasthar ist, ist es vollauf begründet, als Quelle der Blutung die Niere 
anzunehmen: und wenn man weder dureh die Angaben der Kranken. noch 
dureh Hilfsmittel die erkrankte Seite feststellen kann, so ist man berech- 
tiert. in solchen Fällen an beiden Lumbalregionen Probeineisionen aus- 
zuführen, in sehr zweifelhaften Fällen. aber nur im Interesse der 
Diagnose. auch eine Probelaparotomie. Bei Nierenblutungen ist zum 





— 190 — 


Tasten kleiner, hoch unter dem Diaphragma liegender Tumoren sehr 
zweckmäßig die von Israel angegebene  Untersuchungsmethode. 
Israel selbst hat auf diese Weise sogar eine nußeroße, hochsitzende 
Geschwulst diagnostieirt. Sener Empfehlung nach legt man den Kranken 
auf die gesunde Seite, darauf achtend, daß sieh die Wirbelsäule nicht 
krümme. Die unteren Extremitäten läßt man in den Hüft- und Knie- 
gelenken beugen und bei ganz schlaffen Bauchwiinden sucht man mit 
der tastenden Hand gelegentlich der Exspiration unter das Diaphragma 
zu gelangen. Mit diesem Handgriff kann man, ausgenommen bei selır 
starken Bauchmuskeln oder überaus adipöser Bauehdecke, in Jedem 
Falle die Niere palpiren. Die Größe des Tumors, welehe bei Hyperne- 
phromen oft in umgekelrtem Verhältnis zu den bestehenden Schwierig- 
keiten steht und erfahrungsgemäß nicht unbedingt das Einbrechen des 
Tumors in die Venen zur Folge hat, soll niemals von dem operativen 
Eingriff abschrecken, weleher radikal ausgeführt und nicht mit der 
Reseetion des erkrankten Teiles abgeschlossen werden soll. Contra- 
indieirt ist die Operation nur bei anderweitigen schweren Organ- 
erkrankungen uud dem Nachweise von Metastasen. 


M. Lubow ski. 


Verantwortlicher Redaeteur: Professor Dr. L. Casper iw „Berlin. 
Druck von Carl Marsehner, Berlin SW, Alexandrinenstr. 119. 


Lohnstein, Beiträge zur pathol. 
Anatumie der chron. Gonorrhoe. 





Verlag von Oscar Coblentz, Berlin W. 30. Monatsberichte fiir Urologie, (ur JI" 


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Lohnstein, Beiträge zur pathol. 
Anatomie der chron. Gonorrhoe. 





Verlag von Oscar Coblentz, Berlin W. 30. Monatsberichte für Urologie, 1906. Heft 4. 


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Verlag von Oscar Coblentz, Berlin W 30 


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Anatomie der chron. Gonorrhoe. 





Verlag von Oscar Coblentr, Berlin W. 30. Monatsberichte für Urologie, 1906. Heft 4. 


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Fig. 13. 


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Anatomie der chron. Gonorrhoe. 





Verl blent 30. Monatsberichte fü ogie, 1906. He jt ' 
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Anatomie der chron. Gonorrhoe. 


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Zur Chirurgie der Harnleiter. 
Von 
Dr. $. P. Federoff, 


Professor der Militär- Akademie zu Petersburg. 


Je häufiger man den chirurgischen Erkrankungen der Nieren be- 
segnet, um so mehr überzeugt man sich von der ernsten Rolle, welche 
die Ureteren in der Aetiologie und Symptomatologie dieser Erkrankun- 
gen spielen. Man sieht nieht selten Kranke. die z. B. an einer Wander- 
n'ere, an Steinen oder sogar an einer Nierengeschwulst leiden und keine 
Ahnung von ihrer Krankheit haben. oder aber einen trüben, eitrigen 
Urin bemerken und doch unbekümmert um ihren Zustand bleiben, und 
zwar nur deshalb. weil sie gar keine Sehmerzen spüren. Dies ist ge- 
meinhin dann der Fall. wenn die Iarnleiter normal funetioviren, d.h. 
wenn sie die in den Nierenbecken sich ansammelnde Flüssigkeit unbe- 
binderi in die Blase herausbefördern. Doch genügt die kleinste Sta- 
rung dieser Function, daB sich das Bild der unbemerkbar verlaufenden 
Krankheit scharf ändert. Ein kleines blutiges oder eitriges Gerinnsel. 
irgend ein Steinchen, eine kurz dauernde Kniekung des llarnleiters., 
zuweilen sogar selbst eine entzündliche Anschwellung der Schleimhaut 
sind pn Stande, den Abtluß aus dem Nierenbeeken zu verhindern und 
einen stürmischen Anfall von Nicrenkolik auszulösen. Ich hatte Ge- 
legenheit. große, schon inoperable IIypernephrome (Sarkome) zu sehen. 
welche erst dann die Aufmerksamkeit der Kranken auf sich lenkten. 
als die in das Nierenbecken hineingewachsene Geschwulst die Ureteren- 
mündung zu verlegen und Harnverhaltung zu verursachen begann. 

Außer der rein mechanisehen Funetionsstörunge der Harnseeretion 
verursachen noch die Hindernisse für den Urinabilub im Jlarnleiter 
Circulationsstörungen in der Niere und nn Nierenbecken und machen 
letztere für die Ausiedelung der verschiedensten Infeetionskeime em- 
pfänglich. So z. B. gelang es mir mehrmals mit Hilfe einer mikro- 


— 194 -- 


skopisehen Untersuchung das Entstehen von eirrhotischen Verände- 
rungen in den Wandernieren zu beweisen: in dem ausgedehnten 
Nierenbeeken konnte man Stauungsveränderungen bis zu umfang- 
réichern Blutergüssen schen. welche schon mit unbewaffnetem Auge 
zu unterscheiden waren. 

Die durch den Blutstrom in die Nieren gelangenden Infeetions- 
keime werden selbstverständlich in dem atonischen. gedehnten Nieren- 
beeken am Jeiehtesten zurückgehalten, und dieser Umstand erklärt dic 
oft zu beobachtende Entstehung einer Pyelitis im Beeken einer Wander- 
niere !). endlich kann der Ureter selbst als Ursache der Pyelonephritis 
dienen, indem sich die Infection von der Blase aus nach aufwärts aus- 
breitet. Diese sog. Ilarn- resp. aseendirende Infeetion wird am meisten 
bei den eitrigen. manchmal aueh hei acuten gonorrhischen Cystitiden 
beobachtet. Am häutigsten aber komint die aseendirende Pyelonephri- 
tis bei Fisteln des Ureters vor, 

Zwei unten angeführte Fälle von Operationen an den Ureteren 
beanspruchen ein genügendes klinisches Interesse und sollen als bered- 


same Beispiele für die von mir dargelegten Ansichten dienen. 


l. \nuria ealenlosa. Ureterolithotomie. 

Am. Horb wurde am 22. XH. 1904 in die chirurgische Klinik 
der medieinischen Kriegsakademie aufgenommen mit der Klage, dal 
echon seit 36 Stunden kein Urin abgegangen sei. Patientin ist 63 Jahre 
alt, sehr fettleibie. mit stark herabhingendem großen Unterleibe: 
Körpergewicht etwa S4 kg. 

Sie leidet während der letzten drei ‚Jahre an periodischen (jeden 
1. bis 2. Monat). kurzdauernden Anfällen. schneidenden Schmerzen in 
der Lumbalgegend. welche nach der Iinken Leiste ausstrahlen. Jedoch 
ohne Erbreehen und Temperatursteigerung.  Bisweilen erfolgte nach 
einem Schmerzanfalle und mäßiger Tarnverhaltung (im Laufe des 
Tages) Abgang von kleinen Steinchen mit dem Urin. Blut zeigte sich 
im Tarn niemals. Vor 12 Jahren war eine Entzündung (2) der Harn- 
blase vorhanden. Neun günstig abgelaufene Geburten. 

Die erste Ilarnverhaltune fand im April 1902 statt: die Kranke 
hatte drei Tage nicht urinirt und erst nach dem Katheterisiren des 
Ureters erfolgte eine Darnentleerung: dabeı kam em kleines Steinchen 
heraus. Die zweite Ilarnverhaltung geschah nach drei Monaten und 
dauerte 24 Stunden. Ungeachtet der völligen Ilarnverhaltung fühlte 

') Auf demselben Boden der Harnverhaltung intolge einer Einklen- 
mung der Harnleiter entstehen die Pyelitidender Schwangeren. 


as = 


sich die Kranke im allgemeinen nieht schlecht; Erbrechen erfolgte 
nur zweimal. In den Intervallen zwischen den Kolikanfällen fühlte 
sich die Kranke ganz gesund, und der Harn entleerte sieh normal. 
Nach einer dreitägigen Anurie erreichte die Menge des ausgeschiede- 
nen Tlarns drei Liter. 

Durch den gleich nach Aufnahme der Kranken eingeführten Ka- 
theter entleerte sieh kein Urin, und es wurde daher zur Cystoskopie 
geschritten. Die Blasenschleimhaut weist keine besonderen Verände- 
rungen auf. die Mündung des linken Ureters ist normal, Verengerun- 
gen sind an ihr nicht zu merken. Die Entdeckung der rechten Ureter- 
mündung gelang trotz der sorgfältigsten Bemühungen nicht. Der Ka- 
theter war leicht eingedrungen und ea. 20 em nach oben am Harnleiter 
vorgeschoben. Der Harn begann sofort, bald tropfenweise, bald 
strahlenweise auszufließben. Der Katheter ist im Hoarnleiter auf 
5'/2 Stunden gelassen und nachher wieder herausgenommen, da sich 
dem Harn Blut beizumischen angefangen hat. In den 5'/a Stunden sind 
dureh den Katheter 1100 ccm Urin gesammelt und gleich darauf aus 
der Blase noch 300 eem herausgelassen. Vor der Entfernung des Ka- 
theters aus dem Ureter wurden in letzteren 5 cem feines, sterilisirtes 
Olivenöl eingespritzt. doch wurden weder sogleich noch später Steine 
entleert. 

Der herausgelassene Urin: ein wenig trübe. specifisches Gewicht 
1005, Reaetion neutral, der Eiweißgehalt beträgt weniger als 0.25 pro 
Mille; im Niederschlage sind amorphe Carbonate. vereinzelte Leuko- 
evten und Epithelien enthalten. 


Nach dem Katheterisiren konnte die Kranke von selbst Urin lassen 
und verließ am folgenden Tage die Klinik. 

Nach sieben Tagen trat jedoch von neuem Anurie auf, und am 
29. XII. wurde die Kranke wieder in die Klinik aufgenommen. Die 
Anurje dauerte schon über cinen Tag, Temperatur 39°, der Puls ist 
gespannt, ungefähr 120. Das Allgemeinbetinden ist trotzdem sehr be- 
friedigend; Kopfschmerz, Uebelkeit ist nicht vorhanden. Etwas durch« 
zufühlen ıst dureh die dieken Bauchwände nieht möglich. 


Nochmals Katheterisation des Ureters. Dieses Mal gelang es nur 
10 em weit den Katheter einzuführen: weiter nach oben zu kam er an 
ein Hindernis. Die rechte Ureterenmiindung ist nicht vorhanden. 
Burch den 6 Stunden gelegenen Katheter kamen 650 cem klaren Urins 
heraus, der ein spee. Gewicht von 1005 und Spuren von Eiweiß zeigte. 
Temperatur 39 °. 


— 196 — 
e 

BO. NTE. Hat während der Nacht nieht Urin gelassen. Ein Ure- 
terenkatheter wird wiederum bis zur selben llöhe eingeführt. Der 
Harn entleert sich aus ihm sehr langsam. Neben dem ersten Katheter 
ist ein zweiter eingeführt in der Hoffnung, den llarnleiter zu erweitern 
und über das llindernis hinwegzukommen, was aber keinen Erfolg 
hatte. Etwa cine Stunde lang floß der Ilarnı aus beiden Kathetern und 
hörte nachher vollständige auf. Temperatur 39,5 °. Abends wurde noch- 
mals versucht, mit einem mit Mandrin versehenen Katheter über «as 
Hindernis hinwegzukommen, was durch eine unbedeutende Gewalt- 
anwendung auch gelungen war. Es wurde dabei beobachtet, daß aus 
der Ilarnleiteröffnung einige Tropfen Eiter herauskommen. Dann 
wurde der Katheter nach Entfernung des Mandrin weiter nach oben 
vorgeschoben und der Harn begann schnell aus dem Katheter sich zu 
entleeren, so daß bis zum nächsten Tage seine Menge fast 2250 cem 
betrug. 

31. NIL Das Befinden ist besser. Der Urin entleert sich dureh 
einen Katheter à demeure. Temperatur 38°. 

1.1. 1905. Die Kranke fühlt sich etwas besser. Der Urinabgang 
am Tage hat aufgehört. Kin am Abend vorgenommener Versuch, den 
Katheter über das Ilindernis zu bringen ist fehlgegangen. Tempe- 
ratur 39.3 °. 

2. 7. Am Morgen kommen dureh eingeführten Katheter 600 cem 
Urin heraus, dann blieb der HarnabfluB wieder aus. 

3. J. Noch einige gemachte Versuche, den Katheter über das 
Hindernis zu bringen, sind mißlungen. Urin wird nicht entleert. Die 
Kranke ist schwach. die Zunge ist trocken und belegt; Singultus. 
Temperatur 59.2 °. | 

In der Aethernarkose wird die Operation vorgenommen: ein 
Sehrägschnitt von der Mitte der 12. Rippe durch die Lumbalgegend 
nach vorne zu und dann weiter nach unten ea. 2 em von der Spina 
iliaca anterior nach abwärts fast bis zur Symphysis pubis. 

Nach Spaltung der Muskelschiehten der Bauchwand drang man 
bis zum subperitonealen Zelleewebe vor und, nach Abschieben des 
Bauchfellsäckes nach innen, wurde der Ureter fast in seiner ganzen 


Ausdehnung freigelegt”). An der Kreuzungsstelle mit der Art. hypo- 


*) Die Kranke hat während der Operation auf der rechten Seite 
gelegen, infolgedessen hat sieh die ganze Masse der Bauehwand nach 
innen zu zurickgeschlagen, und es wurde die Moévlchkeit geschaffen, in 
der groben und sehr tiefen Wnnde frei zu operiren. 


— 197 — 


gastrica lag im Ilarnleiter ein Stein von 2 em Länge und 1 em Breite 
(siehe Abbildung). Oberhalb dieser Stelle bis zur Dieke eines Klein- 
fingers erweitert. Der Ureter ist über dem Stein eröffnet und letzterer 
entfernt, wobei sich etwas eitriger Urin absonderte. Der Stein lag so 
im Harnleiter, daB er dessen Wand wie in einem Divertikel aus- 
buchtete. Mitten dureh den Schmitt tst in den Ureter anfangs ab- 
warts, dann aufwirts bis zur Niere eine weiche Bougie eingeführt, 
welches nirgends auf Hindernisse stieß. Dann wurde der Ureter mit 
einer Metallsonde und endlich durch Betasten untersucht. Da Steine 
nirgends mehr gefunden wurden, so wurde durch Ureter und Blase eın 
Katheter nach außen geführt, und über diesem der über dem extrahirten 
Steine gemachte Querlingssehnitt durch zwei Catgutnähte 
vereinigt. Dann zwei Turunden: die eine zu den Nähten auf dem 
Ilsrnleiter, die andere zur Niere. An den Muskeln wurden 11 Knopf- 
nühte aus Seide angelegt. Kin Verband. Die Kranke wird zu Bett 
gebracht und auf die linke Seite gelegt. 





Der Verlauf nach der Operation war anfangs scht günstige. Der 
Urinabeang erfolgte dureh den Katheter, seine Menge betrug 2000 bis 
2500 cem ın 24 Stunden. Der Verband wurde sieben Tage lang ein 
wentg vom Harn durehnäßt. Die Hautwunde heilt per primam und die 
Nähte wurden am sechsten Tage entfernt. Am 10. Tage wurde auch 
der seit dem Tage der Operation im Harnleiter gelegene Katheter 
herausgenommen, und die Kranke begaun von selbst zu harnen. Wom 
dritten Tage an nach der Operation wurden durch diesen Katheter 
Nicrenbecken und Ureter mit einer Höllensteinlösung von 1: 1006 
öfter durehgespült. Nach Verlauf von zwei Wochen wurde in den 
tiefen Nähten der Bauchwand eine Eiterung entdeckt; ein großer Teil 
der Wunde mußte eröfinet werden. Zu gleicher Zeit begann sich der 
Decubitus über dem linken Acetobulum zu vergrößern. Die Tempe- 
ratur stieg wieder an und der Zustand der Kranken verschlimmerte 
sich unter dem Einfluß der Tnfeetion bedeutend. Unterdessen befand 
sich von Seiten der Niere und des Ureters alles in bestem Zustand. 
Nach fünf Wochen fing die Kranke an. allmählich herumzugehen. 


— 198 —- 


Bald aber stieg die Temperatur auf 39°, der Zustand des Decubitus 
verschlimmerte sich. und sie war wiederum genötigt das Bett zu 
hüten. Der Deeubitus über dem Trochanter major erreichte das Pe- 
rjost. Erst im Juni verheb die Kranke die Klinik mit vollkommen ge- 
heilter Wunde. 

Der Harn ist normal, die Tagesmenge beträgt ungefähr 1500 cem. 
Bis zum October 1905 waren keine Störungen in der llarnblase auf- 
getreten; fühlt sieh gesund. . 

Dieser Fall beansprucht auch deshalb noch ein besonderes Inter- 
esse, well man nach dem Fehlen der Blasenmündung des rechten Ureters 
annehmen muß. daß auch die reehte Niere nieht vorhanden ist. Es 
kann also auch die bei der Kranken aufgetretene Anurie mieht als eine 
refleetorisehe betrachtet werden, sondern als abhängig von der Ver- 
legung welehe der Stein im Ureter der einzigen linken Niere 
verursachte. 


Th Fastudla uretero-vaginalis. TPinplantatio ure- 


teris Ureteritis et Periureteritis suppurativa 
et pyelonephritis ascendens. Nephreetomie et 


Uretereetomie. 

Die Kranke N. Pros. ist 23 Jahre alt. Heilgehiitin aus dem städti- 
schen Krankenhause zu Moskau. Sie wurde am 29. IT. 64 in die ehir. 
Klinik der medie. Kriegsakadeinie aufgenommen mit der Klage über 
eine harnabsondernde Scheidentistel. welehe am 27. XTE 1903 nach der 
ersten Zangengeburt entstand. 

Die Kranke ist ven sechwachem Körperbau. sehr blab. Die inneren 
Organe sind normal. Puls Sd. Von Zeit zu Zeit treten Temperatur- 
steizerungen bis 38-39" auf. Die Palpation des Abdomens ergiebt 
ein Infiltrat. welches die ganze rechte Fossa Ihaca einnimmt und bis 
an die Linea alba reicht: oben endigt es etwa drei Finger unterhalb 
der falschen Rippen. 

In der Scheide ist eine Fistelöffnung im vorderen Gewölbe zu 
schen, die kaum eine runde Sonde durehläßt: aus der Fistel wird 
Urin entleert. Beim Oystoskopiren zeigt die Schleimhaut der larn- 
lase katarrholische Veränderungen. Der ın die rechte Uretermündung 
eingeführte Katheter kann pieht weiter als 1--1"/> cm eindringen. 
larn kommt dabei ans dem Katheter gar meht heraus. Weder ist es 
möglich von der Scheide aus dureh die Fistel in die Blase zu gelangen. 
noch aufwärts in den Ureter zu dringen. Es wird eine Llarnleiter- 
Scheidenhetel diegnestieirt une om 15. Marz in Narkose zur Operation 


eeschritten. Ein schräg-extraperttonenler Schnitt. der eo». 4 cm ober- 


— 19 — 


halb der Spina os. ilei superior anfängt und fast an der Symphyse 
endiet. Das Zelleewebe ist überall am Ureter. besonders unterhalb 
der Linea innominata. teils eitrig infiltrirt, zum Teil narbig degenerirt 
gefunden. Dieses Zellgewebe wurde der Liinge nach gespalten, der 
Ureter konnte aber, trotz des langen Suchens, inmitten der veränder- 
ten und deformirten Gewebe nicht gefunden werden. Endlich wurde 
diese ganze Gewebsmasse quer, dieht an der Blase gespalten und erst 
dann gelang es, das. Durchschinimern des Ureters in der Masse von 
Narbengewebe zu entdecken. Ca. 6 em vom Ureter sind aus diesem 
Narbengewebe herauspräparirt und sein Ende ohne Schwierigkeit in 
die Seitenwand der Blase eingenäht. Ca. 24/2 em des llarnleiters sind 
bei diesem Kinnähen in der Harnblasenwand verlegt. In den Harn- 
leiter ist ein Katheter eingelegt und dureh Blase und Urether nach 
außen geleitet. Die Wunde wird größtenteils tamponirt, zum Teil 
dureh die Bauchwand dramirt. Sieben Tage hat die Kranke trocken 
gelegen; aller Harn entleerte sich beim Katheterisiren der Blase und 
durch einen in den Urecter eingeführten Katheter ademeure. Der 
Katheter wurde dann aus dem Hlarnleiter herausgenommen. und nun 
bemerkte man schon gleich darauf ein Ausflieben des Urins anfangs ın 
die Bauchwunde, nachher aber auch in die Seheide ?). Dazu kam noch 
eine hKiterung,. dessen Ergebnis die Bildung von zwei breiten Fisteln 
war: die eine oberhalb des Lieamentum Poupartii, die zweite in der 
Scheide, aus denen der ganze in der Blase sich ansammnelnde Ilarn 
abging. Die Temperatur wurde fieberhaft; zeitweise trat Schüttel- 
frost auf. Gegen Mitte April sind die Temperatursteigerungen kleiner 
geworden und Anfang Juns kehrte die Kranke nach Moskau zurück. 

Am 27. Juni hat sich der Zustand der Kranken bei einer Abend- 
temperatur bis 37,7 ° entschieden verschlimmert. Nach einer der ge- 
machten  Blasenspülung mit iorlosung trat eine Temperatur- 
steigerung bis 39,35 ° mit Sehittelfrost em. Der Puls 150. Ain 30. Juni 
ist die Temperatur 40,5°. Beim Drücken m der rechten Nieren- 
gegend beginnt sich aus der eben ausgespülten Blase eitrieger Urin 
zu entleeren. 

Nachdem ich Pvelonephritis ascendens diagnostieirt habe, wurde 
von mir den 1. VHL. die Operation vorgenommen., Kin schräger 
Schnitt, weleher in der Lumbalgegend von der 12. Rippe beginnt und 


in der Richtung der alten Narbe zum Poupart’secehen Band, dicht 


) Vom S—16. April tärlich Schüttelfröste, die Temperatur schwankte 
Abends zwisehen 2993412": in der rechten Lumbalgerend traten 
Schmerzen auf: der Harn wurde trüber. 


— 200 — 


an die Symphvse verläuft. Die Niere ist leicht bloBgelegt; sie ist im 
der Beripheric stellenweise von grünlich-gelben Knötchen durchsetzt, 
welche an Tuberkel erinnern; ihr Parenchym ist von evanotischer 
Färbung. Die Exstirpation der Niere gelang ohne besondere Mühe. 
Die Excision des ganzen, in die deformirte Gewebsmasse fast einge- 
löteten Ureters stellte jedoch, besonders angesichts der Nähe des Peri- 
toneums, grobe Schwierigkeiten dar. Sehr schwierig war die Ablösung 
des Ureters nahe der Blase, und hier bei dessen Excision aus dem 
Narhengewebe wurde durch das Scalpell die Art. iliaea unmittelbar 
über dem Poupart'schen Bande so stark verletzt, daß ihre Unter- 
bindung nötig wurde. Schließlich wurde die Niere in toto samt dem 
stark erweiterten und verdiekten Harnleiter entfernt. Die Niere 
warvoneiner Masse kleiner Abscesse durchsetzt; 
rings um den Ureter herum befanden sich ebenso kleine Eiteransamm- 
lungen (Periureteritis). 

Die Räder der Blasentistel’) sind (auf deren Seitenwand) ange- 
frischt und durch zwei Reihen von Nähten, zuerst aus Catgut, dann 
us Seide, vereinigt. 

Es werden Turunden gelegt: hinten in die Lumbalgegend. vorne 
zur Blase und unten in die Scheide. In die Blase ist ein Katheter 
à demeure eingelegt. Die Kranke ist sehr schwach. In den ersten 
24 Stunden sind nur ca. 350 em trüben Urins (Eiter) entleert. Durch 
den Katheter à demeure ging der Ilarn nicht ab, und man begann 
darum alle 4 Stunden zu katheterisiren. Die Temperatur war die ersten 
vier Tage über 58°, nachher begann sie allmählich abzufallen. Die 
Turunden sind aus der Lumbalwunde am 4. Tage nach der Operation 
herausgenommen, und am 5. Tage wurden auch die übrigen Turunden 
entfernt und dureh neue ersetzt. Am 7. Juli wird das Bestehen einer 
Communication der Blase mit der Bauehwunde eonstatirt; der Verband 
war vom Urin stark durchnäßt. Nun wurde wieder ein Katheter 
ù demeure eingelegt. Am 1. August hat sich die Fistel geschlossen 
und der Urin hörte auf, den Verband naß zu machen. 22. VIIL ist der 
Katheter entfernt; die Kranke urinirt von selbst; das Harnbedürfnis 
ist vermehrt: die Blase behält ungefähr 150 eem. Vom 29. VIII. an 
beginnt die Kranke aufzustehen und allmählich herumzugehen, war 
aber noch lange von starken Sehmerzen im rechten Bein gequält. 

Die Wunden sind erst im März 1905 vollständig geheilt infolge 
des allmähliehen Aufgehens der Seidenligaturen. Ende April 1905 
sah ich die Kranke ganz erholt und arbeitsfihig. Die Cystoskopie 


4 . ve . ve e e e » 8 
) Durch die Fistel drangen zwei Finger leicht in die Blase hinein. 


= OOP = 


ergiebt in der rechten Ureterengegend und an der Seitenwand der 
Harnblase viele strahlige, weiße Narben. Der Harn ist normal. 
Dieser Fall dient als sicherer Beweis für das Bestehen einer 
aseendirenden llarninfeetion, die jedoch bis heutzutage noch bestritten 
wird. Schon kurz nach der Bildung der Ureter-Scheidentistel entstand 
hier ein entzündlicher ProceB im perivesieulären Zellgewebe unweit 
des Ureters (Periureteritis). Letztere breitete sich immer weiter und 
weiter aus und ergriff endlich fast das ganze subperitonale Zellgewebe 
langs des Harnleiters, so daß man bei der ersten Operation einem 
massiven Infiltrat längs des ganzen Ureters begegnen mußte, welches 
stellenweise von frischen kleinen Abscessen, stellenweise von faserigen 
Massen — den Resten alter Eiterherde -— durchsetzt war. Das 
weitere klinische Bild stellte eine aufcinanderfolgende Entwicklung 
einer Uretero-Pyelitis und Pyelonephritis dar mit massenhafter Bil- 
dung kleiner Abseesse an einzelnen Teilen des Nierenparenchynis, be- 
sonders an den Pyramiden. Das Beginnen der Injection äußerte sich 
beide Male dureh Schüttelfröste und bedeutende Temperatursteige- 
rungen (bis 41,2—40,5 °). welehe mehrere Tage hindurch dauerten. 


Ein Fall von Gonorrhoe der angeborenen dorsalen 
Penisfistel. 


Von 
Dr. Dreyer: in Köln. 


Im Juli des Jahres 1905 wurde ich von dem Patienten H. wegen 
einer acht Fage alten Gonorrhoe eonsultirt. Der Fall war bemerkens- 
wert dureh einen Gang, der oberhalb und etwas rechts von der eigent- 
hiehen Harnröhrenmündune in der Kichel begann und an seinem äußeren 
Ende fast gleiche Weite wie das Orificium externum urethrae hatte. 
Kine Sonde No. IS drang nur wenige Millimeter in die Ocffnung ein. 
No. 13 konnte bereits 2,2 em tief eingeführt werden, und ein tili- 
fermes Bougie sowie eine sebr dünne Metallsonde gingen bei natür- 
licher Lage des Penis 8t em tief vorwärts, und ihre Enden lagen als- 
dann unter der Symphyse. Da der Gang mit Gonorrhoe inticirt war. 
und dieken, gelben Witer entleerte,. so wurden Lösungen von Argentum 
nitricum 1: 10600 Lie 12500 in denselben mittels Guxon "scher Spritze 
ohne Kotheter eineespritzt. In ganz kurzer Zeit — in etwa acht Tagen 
-= war die Gonorrhoe des Ganges ausgeheilt. Von der Injeetions- 
flüssiekeit gelangte immer nur sehr wenig in den Gang. etwa 1 cem. 
Dieser hatte offenbar ein äußerst feines Lumen, das auch nicht wesent- 
lieh dehnbar war. Um festzustellen, ob etwa eine weitere Verengerung 
des Ganges unter der Symphyse das Vordrinegen der Sonde unmedglieh 
mache und ob der Gang dennoch eine größere Länge besaß, als die 
Sondirung festzustellen gestattete, wurde 2 proe. Argentum colloidale 
in den Gang hineineespritzt und ein Rentgenphotogramm aufgenom- 
men, welches Herr College Pr Sehwarzsehild im tsraelitischen 
Asvl giitiest anfertigte. [ndes zeigte das Bild den Gang in der bereits 
festeestellten Länge. feh füge hinzu, da eine Communication mit der 
Harnröhre nieht bestand, und daß letztere endoskopisch eine besonders 
starke Kntwicklune Morgagniı'scher Lacunen an der oberen Wand 
zeigte. 

So interessant die Geschichte dieser scheinbar äußerst seltenen. 


vielfach als doppelte Hlarnröhre bezeichneten Gänge ist — eine eigent- 


— 203 — 


liche doppelte Harnröhre findet sieh nur bei doppeltem Penis —, muB 
ich es mir versagen, hier darauf näher cinzugehen. Stoek mann 
hat mit einem eigenen Fall die Zusammenstellung der bis dahin pu- 
blicirten Fille in den „Monatsberiehten über die Gesamtleistungen auf 
dem Gebiete der Krankheiten des Harn- und Sexualapparates" (1897) 
gegeben. und diese 15 Fälle erfuhren noch eine Erweiterung in der 
Arbeit von Burekhardt im „llandbuch der Urologie“ von 
v. Frisch und Zuekerkandl. Ilierzu kommt ein vor kurzem in 
der „Gazetta degli ospedali e delle chiniche’ (1905, No. 112) von A Je - 
volı mitgeteilter Fall, in dem es sich um einen 7/2 em langen, in der 
Symphysengegend blind endigenden Kanal handelt, der vom = Sulcus 
eoronarins aus in der Mittellinie des Dorsum penis parallel der Urethra, 
aber ohne Verbindung mit dieser verlief. Auch dieser letzte Kanal, 
in den man übrigens ein Bougie No. 16 bis zu seinem Ende hineinfiihren 
koennte. wurde dureh einen schleimig-eitrigen Ausfluß entdeckt, den er 
absonderte. Die Heilung erfolgte mit Verengerung des Ganges dureh 
Albargineinspritzungen, Es handelt sich nunmehr im ganzen um 24 
hierher gehörige Beobachtungen. Nur in vier der bisherigen Fälle 
(Picardat, Poisson, Posner-Sehwyzer und Löw) be- 
fand sieh die Mündung im Bereiche der Eichel wie in meinem Fall. 
Die Weite des Kanals schwankt in früheren Beobachtungen zwischen 
1 mm und 1 em. Bei meinem Patienten fällt die größere Weite am 
distalen Ende auf, während alsbald eine erhebliche Verengerung des 
Kanals auftrat. Bei Poisson war umgekehrt cine sehr enge Mün- 
dung bei gleichzeitig dilatirtem Kanal vorhanden (Burekhardt). 

Schließlich hebe ieh die leichte Heilbarkeit der Gonorrhoe in dem 
aceessorischen Gang hervor. Auch diese steht im Gegensatz zu früheren 
Erfahrungen (Janet) Das Chronischwerden und das Recidiviren 
nach scheinbarer Ausheilung wird als ein häufiges Vorkommnis be- 
trachtet und deshalb die Spaltung oder noch besser die Excision des 
Wanals angeraten. Es ist aber von praktisehem Interesse zu wissen, 
daß gelegentlich eine einfachere Behandlung genügt. und diese sollte 
deshalb zuerst versucht werden. 

Das Röntgenbild konnte uns keinen weiteren Aufsehluß geben, 
als ihn die Sondenuntersuchung geliefert hatte. ludes wird gewi noch 
die Röntgenphotographie am Penis bei dem zuweilen unregelmäßigen 
und verzweigten Verlauf von paraurethralen Gängen und Strieturen 
ein prineipielleres Interesse erweeken als sie bisher gefunden zu haben 
scheint. 


Aus der Moskauer chirurgischen Facultätsklinik. 





Zur Technik der Lithotripsie. 


Von 
Privatdocent Dr. A. Hagmann (Moskau‘. 
Assistent der Klinik. 


= 


Die moderne Lithotripsie ist Im technischen Sinne cein so voll- 
endetes Verfahren, daß es an demselben anscheinend kaum noch etwas 
zu verändern giebt. Jedoch war es mir immer höchst unsympathisch. 
mit dem Evacuator, sei er beliebiger Construction, zu thun zu haben, 
und das aus folgenden Ucherlegungen: Die Evacuatoren sind alle ganz 
eompendiöse, aus Gummi gebaute. im Innern schwer zugingige und 
deshalb auch schwer auswaschbare Instrumente. Im allgemeinen er- 
tragen sie das Auskochen nicht ohne Beschädigung und können deshalb 
gewiß keinen Anspruch darauf erheben, als wirklich aseptische Instru- 
mente betrachtet zu werden. um so mehr, als sie beim Gebrauch fast 
regelmäßig durch den Inhalt einer mehr oder weniger eystitischen Blase 
verunreinigt werden. 

Beim zweiten Anschauungspunkt kommt schon daseigentliche Princip 
der Evacuation in Betraeht. Es kann wohl kein Zweifel sein, dab bei 
der Zertriimmerung des Steines zahlreiche Keime, die bei der vorge- 
schickten Ausspülung der Blase aus dem Stein selbst und von der 
Blasenwand nicht entfernt werden konnten, frei werden und den Blasen- 
inhalt wieder septisch machen. Jetzt ist es aber bei unserem Streben 
nach aseptischem Verfahren im höchsten Grade unconsequent, 
dasselbe, meistens dureh Blut. Schleim und Eiter verunreinigte 
Berwasser, hin und wieder in die Blase und heraus dureh 
den Evacuator zu pumpen. Sollte man da noch bewundern. daß öfter 
nach einer im teehnisehen und aseptischen Sinne ganz ohne Vorwurf 
ausgeführten Operation Schüttelfrost und Temperatursteigerungen 


vorkommen / 


— 205 — 


Um dem ersten Uebel zu entgehen, dachte ich anfangs eimen 
das Spülwasser aufsaugenden, auskochbaren Glasreeipienten zu constru- 
iren. so daB der Ab- und ZutluB des Wassers durch Erhöhung und 
Erniederung der sich darüber im Glasgefäß befindenden Luft, die durch 
eine Luftpumpe ausgeführt sein würde, geschehen sollte. Eine der- 
artige Construction wiirde aber die zweite Frage nicht lösen. In der 
Hinsicht dieses Verlangens kam ich auf eine außerordentlich einfache 
und zweckmüäfige Einrichtung — dem altbekannten Princip des Si- 
phons. 

Ich bediene mich zum Ausspülen der Steintrümmier schon seit einem 
Jahr, und das immer mit besten Erfolg. des Nitze’schen Evacua- 
tionsevstoskops. Nun vereinigte ich das Spülrohr desselben mittels 
eines T-förmigen Glasrohres mit einem ungefähr 1 m langem Ah- 
führungsschlauch, dessen freies Ende in ein unten am Operationstisch 
stehendes, mit etwas Wasser gefülltes Glasgefüß versenkt war, 
und mit dem Schlauehe eines gewöhnlichen Esmarch'schen Irri- 
gators. Das ab- und zuführende Gummirohr war mit Mohr ’schen 
Compressionshihnen versehen. Nach der Zertriunmerung des Steines 
wurde das Evacuationseystoskop eingeführt und mit der eben be- 
schriebenen, gewiß leicht auskochbaren Einriehtung verbunden. Nun 
begann das Ausspülen, das ebenso gut wie mit den bekannten 
Evecuatoren geschehen ist. und endlieh hatte ich noch das Vergiügen, 
wenn die Evacuation beendet war, die Blase mit ganz klarer Bor- 
lösung gefüllt zu haben, so daß ich nur den optischen Apparat ein- 
kgen brauchte, um mich sofort zu überzeugen, daß die Blase vom 
Stein und dessen Trümmern gründlich befreit war. 

Schon im ersten Fall, wo es sich um einen 4X5 em großen Phos- 
phatstein, neben stark ausgesprochener Cystitis handelte, welches Leiden 
nach Perforation eines intraperitonealen Abseesses nach Appendicitis 
entstanden war, und wo wohl Folgeerscheinungen zu erwarten waren, 
entstand durchaus keine Reaction und keine Temperatursteigerung. Es 
gelang so nicht nur die Prineipien der Sterilisirbarkeit des Instrumen- 
tarhun und der sauberen Ausführung der Blasenspühung zu befriedi- 
gen, sondern auch die complicirten und kostspieligen Evacuatoren, 
dic zur Zeit überall gebraucht werden, entbehrlich zu machen. 


Beiträge zur pathologischen Anatomie der 
chronischen Gonorrhoe. 


Von 


H. Lohnstein. 
Mit 21 Abbildungen. 


(Fortsetzung mud Schluß. ı 


b) Kritische zusammenfassende Uebersicht der ermittelten 
Thatsachen. 


Epithel. 

Die Epithelschicht zeigte in sämtlichen Präparaten die grüßte 
Mannigfaltigkeit und stets die tiefgreifendsten Abweichungen von der 
der normalen Ilarnröhre. eine Beobachtung, in der wir mit sämtlichen 
Autoren, von denen Beschreibungen histologiseher Schnitte derchronisch 
erkrankten Ilarnröhre gemacht sind, übereinstimmen. Im Gegensatz zu 
der dort schmalen Epithelschicht. welche besteht aus einer obertlich- 
lichen Lage einschiehtigen Uvlinderepithels !) mit spitz ausgezogenen 
Basalenden der Cylinderzellen. zwischen welche sich eine Lage Ersatz- 
zellen schiebt. eine Fermation. die sich in der Pars membranacea nur in- 
sofern etwas complicirt. als hier obertliehlich zwischen den Cylinder- 
zellen keulenförmige oder nagelförmige Zellen auftreten. während die so 
in zweite Schicht gedringten Cylinderzellen sich zu langen schmalen 
Spindeln umwandeln. beobachtet man bei chronischer Gonorrhoe aus- 
nahmslos eine Verbreiterung der Epithelschicht, welche stellenweise 
colossale Dimensionen annchmen kann. Abgesehen von der Epithel- 
hvpertrophie ist aber auch der Typus der Epitheleonfiguration in der 
manniefaltiesten Weise verändert. Es ist dies leicht erklärlich, wenn 


I, Toldt: Lehrbuch der Gewebelehre. 1854. 


man in Erwägung zieht, worauf jüngst Cederkreutz?) aufmerk- 
sam gemacht hat, daß sogar das Epithel der normalen Harnröhre zu- 
weilen tiefereifenden ‘individuellen Schwankungen ausgesetzt ist. So 
kommt nach v. Ebner?) außer dem ein- auch hier zuweilen mehr- 
schichtiges Oylinderepithel vor. Außerdem finden sich in diesem, ein- 
euschoben zwischen Streeken von C'yrlinderepithel. auch Inseln von aus- 
gesprochenem Ptlasterepithel. In der Pars prostatica finden sich statt 
des in der Regel vorhandenen Uebergangsepithels in der Tiefe ge- 
schiehtetes Pflasterepithel. dessen oberste Zelllage aus evlindrischen 
oder cubischen und wenig abgeplatteten Elementen besteht, zuweilen 
eroße platte Zellen, die mehrere dureh amitotische Teilung entstandene 
Kerne enthalten (Stöhr?). Diese Neigung des normalen Harnröhren- 
epithels zu metaplastischen Umwandtungen, auf deren individuelle 
Schwankungen auch Eberth?) hinweist, macht nach Ebner die 
groben individuellen Verschiedenheiten in der Verteilung des Cylinder- 
epithels und geschiehteten Plattenepithels verständlich. — Neelsen®). 
Finger’), Wassermann und llalle°®) Brissand ct Se- 
gond®), Raskai’®) u. A. besehreiben übereinstimmend die Epi- 
thelliypertrophie der ehroniseh erkrankten Harnröhrenschleimhaut. Auf 
Grund meiner Untersuchungen kann ich ihre Beobachtungen nur be- 
stätigen: Jedoch habe ich den Eindruck. daB in einer Anzahl meiner 


2) Cederkreutz: Zur Kenntnis des Plattenepithels der männlichen 
Haruröhre im normalen und pathologischen Zustande. Archiv f. Dermato- 
logie und Syphilis 1906. 

#4) v. Ebner: Männliche Geschlechtsorgane. Köllıkers Handbuch der 
Gewebelehre des Menschen, 1992, Bu. TTT. 

# Stöhr: Lehrbuch der Histologie, 1903. 

5) Eberth: Die männlienen Geschlechtsorgane. Bardelebens Hand- 
buch der Anatomie des Menschen. 1904. 

6) Neelsen: Veränderungen der chronisch entzündeten männlichen 
Urethra. Vierteljahrsschrift f. Dermatologie und Syphilis 1887. 

”, Finger: Beiträge zur pathologischen Anatomie der Blennorrhagie 
der männlichen Sexualorgane. I. Die chronische Urethralblennorrhagie. 
II. Die chronische Urethritis posterior und die chronische Prostatitis. Archiv 
f. Dermatologie und Syphilis 1881/1893. 

8) Mellville Wassermann et Noël Hallé: Contribution à lana- 
tomie pathologique des rétrécissements de lurèthre. Annales des mal. des 
org. gén.-urin. 1891. Urethrite chronique et retrecissements. Nouvelle eontri- 
bution à l'anatomie pathol. ibid. 1894. 

* Brissaud et Segond: Gazette hebd. de med. et de chirurgie 1851. 

10) Raskai: Zur Histologie der gonorrhoischen Stricturen der Harn- 
robre. Monatsberichte f. Urologie 1902, Bd. 7, H. 7. 


— 208 — 


Beobachtungen die Breite der Epithelschicht die der bereits publieirten 
Fälle um ein ganz Wesentliches übertrifft. 

Die Erklärung hierfür ist in erster Linie wohl darin zu suchen, 
daB die von mir untersuchten Präparate von Kranken entstammen. 
welche in einem früheren Stadium des Leidens standen, als dies bei 
einem Teil der von Finger untersuchten, bei fast sämtlichen der von 
den übrigen Autoren mitgeteilten Fälle zutraf, ferner darin, daß sämt- 
liche von mir untersuchten Präparate von Kranken herrührten, die bis 
zuletzt behandelt wurden, also der Einwirkung reizender Stoffe unter- 
worfen waren. Daß insbesondere dureh länger fortgesetzte Einwirkung 
von Silberpräparaten es zu sehr erheblicher Verdiekung des Epithels 
auch der Harnröhre kommen kann, habe ich bereits früher gezeigt ''). 
Gleichwohl sind die bei einigen Präparaten beobachteten Epithel- 
wucherungen so colossal, daB sie allein auf medieamentöse Wirkung 
nicht zurückgeführt werden können. 

Was die Contiguration des Epithels anlangt, so habe ich von den 
vier Typen, welche Finger in seiner Arbeit beschreibt. in voller 
Reinheit nur den von ihm als epidermoidalen Typ bezeichneten (Typus 
2 des Plattenepithels) zu beobachten Gelegenheit gehabt. Diese Epi- 
thelanordnung, bei weleher das Epithel zu unterst aus einer Schicht 
eubischer Zellen, demnächst aus mehreren Schichten großer polygonaler 
oder spindelförmigen Zellen, die nach oben immer platter werden, und 
ganz oben stellenweise verhornt sind, besteht, habe ich gelegentlich in 
fast sämtlichen Präparaten mit anders gearteter Epithelanordnung ab- 
wechselnd, angetroffen. Weniger deutlich charakterisirt erscheint ein 
anderer 'Iypus der Epithelialschieht, den ich gleichfalls häufig nach- 
weisen konnte. Auch hier liegt über der Tunica propria eine Schicht 
kleiner eubischer Zellen. Weiter nach oben zu folgen jedoch mehrere 
Schichten gleichfalls eubischer, teils senkrecht übereinander gelagerter, 
teils durch Leukoerteninfiltration auseinandergedrängter Epithelzellen, 
deren Kerne teils rund .teils elliptisch, mit der Längsachse senkrecht 
zur Oberfläche stehen. Auf ihnen ruht entweder eine einfache Schicht 
von Plattenepithel, oder das eubische Epithel reicht bis an die 
Oberfiiche der Schleimhaut, oder aber die oberste Schicht besteht aus 
Zellen, welehe deutlich den Charakter des Cylinderepithels zeigen. In 
letzterem Falle habe ich die oberste Schicht stets zerfasert und auf- 
gelockert, ihre Zellelemente in Unordnung angetroffen. Festgefiigte 


1) Lohnstein: Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung 
einiger Silberpräparate auf die Harnröhre des Kaninehens. Monatsberichte 
f. Urologie 1904, H. 8. 


— 209 — 


und normale Anordnung der Uylinderzellen auf lüngere Strecken, wie 
sie Finger beschreibt, habe ich hingegen bei meinen Präparaten nie- 
wale beoLachtet. Im Gegenteil: der zerfaserte, wie angefressen er- 
scheinende freie Rand der Sehleimhautoberfliiche ist hier so aus- 
gesprochen, dab man diesen Epitheltypus schon hierdurch von dem erst 
beschriebenen, der niemals ein derartiges Bild bietet, selbst bet 
schwächster Vergrößerung unterscheiden kann. 

Ber dem epidermoidalen Typ der Epithelschieht ist hingegen in der 
Regel die Oberläche der Schleimhaut, gebildet aus festgefügten, zu- 
weilen verhornten Plattenepithelzellen, glatt. Nur bei sehr starker 
-Wucherung und Degeneration des Epithels, auf deren Wesen und Be- 
deutung sogleich näher eingegangen werden soll, macht sieh eine eigen- 
tümliche. von der eben erwähnten sehr verschiedene Auflösung der 
Obertiiche bemerkbar. Sie besteht darin. daß die obersten Schichten 
des Epithels lamellenweise sieh von ihrer Unterlage ablösen und frei 
in das Lumen hineinflottiren. (Fall IV, IX, X. X], Fig. 13a.) 
Dieselbe Form der Abblätterung ist auch von Neelsen in einem Falle, 
in welchem es sieh um ausgedehnte Schwieleubildung der Submucosa 
handelte. beschrieben worden. Es scheint, daß dieser Auflösungs- 
proeeß der Epitheloberfläche bedingt ist dureh eine Tendenz der Epithel- 
schicht zur Expansion. hervorgerufen dureh den gleich zu besprechen- 
den Degenerationsproceß inmitten der Epithelschicht. Tlierfür spricht 
insbesondere eine mehrfach (in den Fällen VITE IX. XII, XIV) 
geinachte Beobachtung. Die Ablösung der obersten Lamellen erfolgte 
zuweilen derartig, daß stellenweise in der Mitte die obere Epithelschicht 
mit der Convexität nach dem Lumen zu, also sich bogenförmig ab- 
blätterte. während sie seitlich mit der Oberfläche selbst in engstem Zu- 
sammenhange blieb. Soweit mir bekannt, ist die zuletzt angeführte 
Moditiention der Epithelablösung bisher von niemanden beschrieben 
worden. —- Am stärksten ist die Ilvpertrophie des Epithels ausgeprägt 
an den Buckelu der papillären Exereseenzen, den Spitzen zottiger Er- 
hebungen der Schleimhaut, während sie ın den Tiefen der Schleimhaut- 
falten in der Regel etwas zurücktritt. Auf die besonders starke Beteili- 
eung des die Buekel der papillären Exereseenzen bedeekenden Epi- 
thels an der Hypertrophie haben u. a. auch Wassermann und 
Halle gelegentlich der Beschreibung des ersten ihrer Fälle aufmerk- 
sum gemacht. — Außerdem ist noch eine andere Erscheinung hervorzu- 
heben: Infolge der vielfachen teils mit der Krankheit als solcher, teils 
wohl auch mit accidentellen Momenten zusammenhängenden Reize ist 
stellenweise die Schleimhaut völlig vom Epithel entblößt. Derartige 


epitbellose Partien habe ich niemals auf der Höhe der papillären Ex- 


— 210 — 


erescenzen oder Zotten, häufig dagegen in den abschüssigen Partien 
oder an ihrer Basis selbst angetroffen. Besonders auffallend endlich 
war auch der Unterschied in der Breite der Epithelialschicht, den ich an 
den Schmalseiten einerseits und den Längsseiten andererseits bei einem 
Querschnitt durch eine Schleimhautfalte angetroffen habe (Fall VIII). 
Während sie sich hier an den Längsseiten als ein etwa 6—7 sehich- 
tiges Epithel repräsentirte, beobachtete ich an beiden Schmalseiten eine 
etwa 20— 30 schichtige Epithelialzellenanhäufung von ceubischen resp. 
eylindrischen und Spindelzellen, deren obere Lagen in vollster Auf- 
lösung begriflen waren. 

Je stärker nun die Hypertrophie der Epithelschicht ausgebildet ist. 
um so mehr macht sich gleichzeitig unter gewissen Umständen eine 
eigentümliche, ganz eharakteristische Veränderung an einzelnen Epi- 
thelialzellen bemerkbar. Mitten in einer Zellgruppe fällt unter sonst 
gleichartigen Zellelementen eine Epithelzelle durch ihre besondere 
Größe und gleichzeitig dureh ein besonders blasses Aussehen ihres Proto- 
plasma auf. Sie erscheint wie geschwollen, aufgebläht: der sonst 
median gelegene Kern liegt excentrisch. Anderwärts beobachtet man an 
Stelle des Zellprotoplasma eine völlig ungefärbte Lücke, in welcher nur 





noch der — gleichfalls exeentrisch gelegene Kern andeutet, dab es 
sich um den Rest einer aufgelösten Epithelialzelle handelt. Wieder an 
anderen Punkten beobachtet man, daß mehrere benachbart liegende 
Zellen dasselbe Schicksal erlitten haben. Zunächst deutet noch die Inter- 
eellularsubstanz, welche sich wie ein dünner Faden dureh die Lücke hin- 
durehzieht. die Grenze zwischen zwei oder mehr bereits zu Grunde ge- 
gangenen Nachbarzellen an; schließlich verschwindet auch sie. und es 
entsteht nun, Je nach der Zahl der in dieser Weise zu Grunde gegangenen 
Zellen ein verschieden großer freier Raum mitten in der Zellschieht. Je 
nach der Configuration des Epithels erhält es nunmehr ein verschieden- 
artiges Aussehen. Besitzt es ursprünglich den epidermoidalen Charakter, 
so macht sieh dieser Degenerationsproceß meist nur in der mittleren 
Epithelialschieht bemerkbar. Sie erscheint dann stellenweise wie von 
einem Locheisen durehbohrt. während an anderen Stellen mitten in der 
Epithelialschieht breite Lücken klaffen; die freie Oberfläche dagegen 
bleibt meist hiervon unberührt und glatt. Handelt es sich hingegen um 
eine Epitheleonfiguration, bei weleher der eubisch-eylindrische Typus 
überwiegt, so beobachtet man in den mittleren Epithellagen nebenein- 
ander verlaufende, dureh je eine oder zwei übereinanderstehende cu- 
hbische Zellen getrennte ellipsoide Lücken, so daß man auf den ersten 
Bliek glauben möchte intraepitheliale Drüsen vor sich zu haben. Dab 
dies jedoch nieht der Fall ist, darüber belehren uns die hier und da in 





— 211 — 


diesen Lücken noch zurückgebliebenen Zellkerne. Aber auch an der 
Obertlüäche der Schleimhaut beobachtet man bei dieser Zellconfiguration 
die Folgen dieses Rarefieationsprocesses. Sie erscheint dann wie gezähnt 
und man beobachtet bei stärkerer Vergrößerung, daß die Zühne gebildet 
sind aus je einer oder zwei senkrecht übereinanderstehenden Epithel- 
zellen, zwischen denen sich eine Lücke befindet. Durch diesen 
DegenerationsproceB, der von mir in 9 von den 16 unter- 
suchten Fällen (Fall IL, IV, V, VH, VHI. XI, XII, XIV, 
XV) beobachtet wurde, scheint die Dissociation der Epithelschieht 
herbeigeführt zu werden, indem die Zellen dureh ihre Schwellung 
das Gefüge der benachbarten Zellelemente lockern. Ist die obere 
Schieht Cylinder- oder eubisches Epithel, so gelingt die Lockerung 
nach der Oberfläche leichter, wir tinden hier die ausgeprügtesten 
Dissociationsvorgiinge; besteht die obere Schicht aus festgefügtem 
Plattenepithel, oder ist letzteres verhornt, so drückt das Zelleonglomerat 
in dem Bestreben sich auszubreiten auf die Tunica propria. In diesem 
Falle erscheint letztere nach unten convex ausgebuchtet, und zwar 
um so mehr, je stärker die Schwellung der eentral gelegenen Epithel- 
zellen ist resp. je mehr Zellen an der Schwellung beteiligt sind. In 
eınıizgen Fällen Jedoch leidetauch hier die relativ 
widerstandsfähige Oberfläche Alsdann löst sie 
sıch ın Lamellen oder bogenförmig von ihrer 
Unterlageab. wie diesvorher beschrieben wurde. 
Entsprechend dem ungemein starken Wechsel in der Configuration der 
pithelzellenschieht (auf die ich weiter unten noch zu sprechen 
keromen werde) beobachtete man beide Varianten bei denselben Präpa- 
roten in sechs Fällen (Fall IV, Vo VIL, VIET, XI. XV); dte eine 
Variante, und zwar die des epidermoidalen Typs allein ın drei Fällen 
(Fall It. XH. XIV). Ganz besonders intensiv erschien die erwähnte 
tarefieation in einem Falle (Fall XV) fier war die flächen- 
haft gewucherte Epithelialschieht von einer großen Zahl kleinster 
und größerer Lücken durchbrochen, deren Genese teilweise 
noch mit größerer Deutlichkeit nachweisbar war. ks scheint 
ül rigens, als ob auch andere Autoren bereits ähnliche  Beob- 
achtunzen gemacht haben wie ich, wenn auch aus den publicirten 
Zeichnungen sieh dies nieht deutlich folgern läßt. So erwähnt 
Finger in seiner Arbeit, daß bei der von ıhm an erster Stelle ge- 
nannten Veränderung der Epithelialschieht (Verbreiterung der Mittel- 
schicht), in der obersten, eylindrischen Zellschieht einzelne Zellen und 
Zelleruppen quellen, schleimig degeneriren. Aus der beigefügten 


Zeichnung geht jedoeh nieht deutlich hervor, dab dieser von ihm beob- 


— 212 — 


achtete Fall mit der von mir so häufig beobachteten Veränderung etwas 
Gemeinsames habe. Eher entsprechen meiner Beobachtung gelegentliche 
Beschreibungen von Wassermann und Hallé: Beschreibungen 
von lots d’hypertrophie epitheliale singuliere. ou les cellules. voli- 
mineuses, elaires sont comme gonftlces". Als besonders charakteristisch 
wird hervorgehoben, daß die Körnung des Protoplasma verloren geht, 
daß es hyolin und schlecht resp. nieht färhbbar wird u. s. f. Immerhin 
ist diese Erscheinung nur ganz vereinzelt beobachtet. niemals in dem 
Umfange wie in meinen Fällen. Ferner glaube ich eine von Möller 
gemachte Beobachtung in ähnlicher Weise deuten zu dürfen. Er 
berichtet nämlich gelegentlich der Beschreibung des Epithels einer 
vielfach verzweigten Laeuna Morgagni von „intraepithehalen Hohl- 
räumen” welche von einer Rethe sehr blasser Cylinderzellen begrenzt 
sind. 

Endlich finden sich auch bei Möller!?). sowie bei Winkler”) 
gelegentlich casuistisch-histologischer Beobachtungen ähnliche Be- 
schreibungen. Daß gerade dieser so eng an die Zellproliferation ge- 
bundene Vorgang in meinen Beobachtungen besonders charakte- 
ristisch und häufie zur Beobachtung gelangte, ist leicht erklärlich, 
wenn man berücksichtiet. daß es sieh bei mir im allgemeinen um re- 
eentere und während der Behandlung untersuchte Fälle. bei den übrigen 
Autoren dagegen um ältere Fälle, deren Behandlung teilweise schon 
vor Jahren, ja Jahrzehnten abgeschlossen war, handelte. 

In keinem der von mir untersuchten Fälle bestand die Epithelial- 
schicht nur aus Epithelialzellen, vielmehr war stets zwischen den 
letzteren eine erhebliche Anzahl von Leukoerten nachweisbar. In den 
meisten Fällen handelte es sich hier um unmnueleäre Zellen mit großem 
Kern wrd schmalem Protoplasınasaum: doch auch multinueleäre Leuko- 
evten waren hier und da nachweisbar. Die Form und Ausdehnung dieses 
Leukoerteninfiltrats war nun durchaus verschieden. Je nach der Con- 
figuration der Epithehialschicht. Veberwog der epidermoidale Typ. so 
fehlten die Leukocyten in den oberen Schichten ganz oder waren nur 
in vereinzelten Exemplaren nachweisbar. Besonders gilt dies für Be- 
zirke. in welchen die oben beschriebene Degeneration der Zellen in er- 
heblichem Grade bestand. Dagegen durchsetzten die Leukoeyten in der 


Regel die gesamte Epithelialschieht bis an die Oberfläche, wenn sie 


2, Möller: Gonorrhoebeobachtungen bei Männern. Arehiv f. Dermato- 
logie und Syvplulis, Bd. 71, H. 25 

H Winkler: Beiträge zu der Frage der paraurethralen gonorrhoischen 
Erkrankungen. Monatsberichte f. Urolossie. Bd. 10, H 9. 


— 213 — 


hauptsächlich aus eylindrisch-eubischen Zellen zusammengesetzt war. 
Niemals jedoch fehlten sie in der Ersatzzellenschicht, vielmehr er- 
reichten sie hier zuweilen eine solehe Mächtigkeit und Dichte, daß dis 
Tunica propria verschwand und das Infiltrat ıhr parallel oder senkrecht 
zu ihr mehr oder weniger tief in das subepitheliale Gewebe hinein- 
wucherte (Fall TIT, IV, V, VL IX, XII, XV, Fig. 2d, 3a, 
7, 9b, 10d, 11e, 17Te 208). Aehrliche Beobachtungen werden 
übrigens auch von Finger, sowie von Wassermann und 
Hallé mitgeteilt. So macht Finger gelegentlich der Be- 
schreibung zweier seiner Fälle darauf anfmerksam, daß durch 
das undzelleninfiltrat im Epithel und Subepithel stellenweise die (irenze 
zwischen Epithel und Subepithel unkenntlich gemacht werde, während 
Wassermann und Halle (1891) bei der ersten der von ihnen 
publieirten Beobachtungen den unteren Rand der Basalzellenschicht 
durch pigmentirteGranulationen und Rundzellen unterbrochen sahen. — 
Besonders dieht war das Infiltrat an denjenigen Stellen der Epithelial- 
schicht, an welehen Drüsenausführungsgänge die Obertläche der 
Schleimhaut durchsetzen, eine Beobachtung, welche auch Finger 
häufig gemacht hat. In einigen Fällen, in welehen mehrere Drüsen- 
ausführungsgänge coneentrisch einem Punkte der Oberfliiche zustrebten 
(Fall T, IV. VHT) oder in denen es sich um korkzieherartig gewundene 
Biıüsenausführungsgänge handelte (Fall IT IX, XII, Fig 11f), 
nalım das intraepitheliale Infiltrat stellenweise einen derartigen Umfang 
an, daß statt der Epithelialzellen hier und da nur Leukoerten nachweis- 
bar waren. Auch in der Umgebung der Lacunen wurden nicht selten 
im Bereich der Epithelialschieht diehte Leukoeytenintiltrate beobachtet. 
Indessen erreichten sie niemals die Breite der periglandulären Intiltrate, 
sondern stellten sich regelmäßig als schmale, die Tuniea propria der 
l.acunen gleichmäßig umgebende Säume dar. 

In denjenigen Fällen, welche dureh besonders intensive und un- 
regelmäßige Kpithelproliferation ausgezeichnet sind, kommt es auch 
nieht seltenen zuceireumseriptenEpithelwueherungen 
über der Oberfläche der Schleimhaut. Diese Epithelanhäufungen sind 
gewöhnlich von polypenartiger Configuration. Sie bestehen fast aus- 
schließlich aus polygonalen, teilweise mit Rundzellen untermischten 
Epithelzellen und sind von den papillären resp. zZottenartigen Er- 
hebungen der Schleimhaut selbst wohl zu unterscheiden. Ihre nach 
dem Lumen schauende freie Oberfläche ist meist zerfasert und besteht 
aus in Auflösung begriffenen Epithelzellenmaterial, meist polygonalen 
resp. eubischen Zellen mit großem Kern und schmalem Protoplama- 


saum (Fall V1, VIII. X, NII, XIV; Fig 5d, 6c, &b, 10g 15 f 20¢.) 


— 214 — 


Nur einmal habe ieh hiervon eine Ausnahme beobachtet (Fall VILI, 
Fig. 10g). Ilier fand eine eireumsceripte aus der Epithelialschicht 
heraus sich aufbauende, dreieckige Epithelzellenwucherung aus großen 
blassen Epithelzellen ihren Abschluß nach der freien Oberfläche in 
einer aus dem gleichfalls glatten Epithelbelag der übrigen Schleimhaut 
sich continuirlich fortsetzenden Ueberzuge von verhornten Platten- 
epithelien.—— Was die Localisation dieser epithehlalen Wucherungen an- 
langt, so beobachtete ich sie teils auf den Kuppen von Biegungen der 
Oberfläche. teils auf den Spitzen von zottigen Erhebungen (Fall IV, 
X, XII, XIV, Fig. 5 d, 12c, 14e.) teils auch über Lacunen (Fall VI, 
XIV). In letzterem Falle heg sieh ein doppeltes Verhalten feststellen. 
Entweder handelte es sich um ein continuirliches Emporwuchern des La- 
euneninhalts, der durch das nachdrängende Epithel über die Oberfläche 
hinweggeschoben wurde, oder aber die Wucherung ging von dem eigent- 
liehen, die Laeune verschließbenden Epithel der Schleimhautoberlläche 
aus (Fall VIIT), hatte also mit dem eigentlichen Inhalt der Lacune ge- 
netisch nichts zu thun. Zuweilen erreichten diese Wucherungen ganz 
respectable Tléhen; die sie zusammensctzenden Epithelzellen zeigten in 
solehen Fällen zuweilen dieselbe Degenerationserscheinungen (Fall 
XII, Fig. 15 f.) wie sie zuvor bei der Besprechung des Deckepithels der 
Schleimhaut beschrieben worden sind. -- Bemerkenswert ist die 
Häufigkeit der Fälle, in welchen ich derartige polypöse Wucherungen 
antraf, im Gegensatz zu anderen Autoren, bei denen sieh hierüber so 
gut wie nichts findet, -— eine Thatsache, die sich indessen wohl unge- 
zwungen aus der Verschiedenheit der Krankheitsstadien erklärt, in 
welehen die von uns einerseits und von den früheren Autoren anderer- 
seits untersuchten Fälle sich befanden. 

Kine Thatsache, auf welehe sämtliche Autoren, mit besonderem 
Nachdruck jedoch Finger in seinen mustergiltigen Untersuchungen, 
ferner anch WassermannundHalle (1894) aufmerksam gemacht 
haben. nämlieh der fortwährende. und oft ganz unvermittelte Wechsel in 
dem Typus der Epithelformation in nebeneinander liegenden Abschnitten 
desselben Präparates ist auch von mir sehr häufige beobachtet worden. —- 
Ausihren Fällenschließen Neelsen und Finger auBerdem auf einen 
genetischen Zusammenhang zwischen der Beschaffenheit des epithelialen 
Belages und der darunter liegenden subepithelialen Gewebe. Finger 
insbesondere macht darauf aufmerksam, daß der von ihm an dritter Stelle 
angeführte Plattenepitheltypus (eine oder wenige Schichten niederen 
kernhaltigen Plattenepithels) sich fast aussehlieBlich nur über Schwielen 
oder in bindegewebiger Umwandlung betindlichen Infiltraten nachweisen 
ließ. In ähnlicher Weise soll sich nach ihm der erste Typus des Platten- 


— — — — 


— ae _ 


— 215 — 


epithels nur über frischeren Rundzelleninfiltraten finden. DaB sich aus 
einer relativ geringen Anzahl von Einzelbeobachtungen so weitgehende 
Schlüsse ziehen lassen, glaube ich bezweifeln zu dürfen; jedenfalls kann 
ich sie nach meinen Beobachtungen nicht ohne Weiteres bestätigen. 
Daraus. daß in alten abgelaufenen Fällen das Epithel alter Schleim- 
hautschwielen sich in der Regel so verhalten wird, wiees Finger und 
Neelsen übereinstimmend geschildert haben (ich selbst verfüge über 
keine analoge Beobachtung), folgt noch nieht, daß auch in frischeren 
Fällen eine derartig regelmäßige Beziehung zwischen Epithel und Sub- 
cpithel besteht. Jedenfalls kann ich nach meinen Beobachtungen dies 
nicht bestätigen. So fand ich mehrmals Plattenepithel über normalem 
loekeren Bindegewebe, während in anderen Fällen (Fall V, IX) um- 
gekehrt O'yvlinder- resp. eubisches Epithel über fibrösem subepithelialem 
Bindegewebe beobachtet wurde. Tebrigens giebt Finger selbst zu, 
daß gelegentlech das Epithel seinen Charakter ändert, ohne daß ein 
derartige sprungweiser l'ebergang von C'ylinder- in Plattenepithel seine 
Erklärung in Veränderungen des subepithelialen Bindegewebes findet. 
Derartige Vorkominnisse finden sieh nach ihm in Fällen, wo sich auf 
der Mucosa ein Netzwerk von kaum mehr als millimeterdieken weißen 
Leisten findet, die bald Nach. bald elevirt sind. Der mikroskopische Be- 
fund lehrt hier, daß über einem gleichmäßig verteilten subepithelialen 
RundzeHenintiltrat das Cylinderepithel durch eine Zone verbreiterter 
Ersatzzellen in den epidermoidalen Typus (2) des Plattenepithels über- 
geht. Das über Schwielen nicht nur der dritte Typ des Finger’ schen 
Plattenepithels, sondern auch geschichtetes Plattenepithel beobachtet 
wird. geht aus Mitteilungen von Neelsen.,sowievonWassermann 
und Halle (1894) hervor. Ja letztere beriehten sogar über zwei Fälle, 
in welchen, übereinstimmend mit von mir gemachten Beobachtungen, 
über tbrösem Gewebe sich geschichtetes Uylinderepithel habe nach- 
weisen lassen. Wenn andererseits Neelsen hervorhebt, verhorntes 
Plattenepithet über Schwielen niemals vermißt zu haben, so steht auch 
dessen Beobachtung nieht im Einklang mit von mir beobachteten That- 
sachen. Freilich darf nieht vergessen werden, daB es sieh auch in den 
ven Neelsen untersuchten meist um alte, abgelaufene, seit langer 
Zeit keiner äußeren Beeinflussung unterworfene Fälle handelt, während 
in meinen Beobachtungen recentere, mitten in der Behandlung stehende 
Fille das Material zu den Untersuchungen lieferten. Nicht unerwähnt 
darf jedoch noch eine andere von Neelsen gemachte Beob- 
achtuug bleiben. derzufolge in einem Falle, in welehem es sich makro- 
skopisch um eine injicirte und gewulstete Schleimhaut, mikroskopisch 


wn periglandulires Rundzellenintittrat, sowie diffuses subepitheliales 


— 216 — 


Rundzelleminfiltrat handelte, das Epithel als teils verschwunden. teils 
ohne jegliche Abweichung von der Norm geschildert wird. Endlich se: 
noch darauf hingewiesen, daß in der soeben erschienenen Arbeit von 
Cederkreutz gleichfalls darauf aufmerksam gemacht wird, daB 
Inseln von ausgesprochen epidermoidalem Epithel auf völlige unver- 
ünderter Submukosa vorhanden sein können und daB Fingers Satz 
vom Parallelismus zwischen den Veränderungen ım Epithel und dem 
subepithelialem Bindegewebe recht oft keine Bestätigung tindet. Ich 
selbst habe in UWebereinstimmung und unabhängig von Ceder- 
kreutz, wie sich aus meinen Protocollen ergiebt, wie bereits er- 
wähnt. selbst in Fällen, deren tiefere Schichten so gut wie normal 
waren, in meinen Beobachturgen häufig die deutlichsten Abweichungen 
und Proliferationen gerade in der Epithelialschieht beobachtet und 
muß mich daher seiner Auflassung anschließen. 

Die Dieke der Epithelialschicht ist in den einzelnen Fällen infolge 
der ungleichmäßigen Wucherung der obersten Schichten einerseits, 
sowie der häufig, offenbar infolge von Degeneration (hydropischer 
Schwellung) von Epithelialzelleneomplexen andererseits ganz unregel- 
mäßig verlaufenden Tunica propria häufig sehr wechselnd. So hat in 
Fall IV die Tunica propria einen welligen Verlauf, der noch dazu an 
vielen Stellen eine der gerade verlaufenden Oberfläche der Schleimhaut 
direet entgegengesetzte Richtung einhält. Aehnliche Verhältnisse 
beobachtete ich in Fall V, wo die geradlinige Schleimhautoberfläche 
einer in ziemlich gleichmäßigen Wellenlinien verlaufenden Tunica 
propria entsprach. Ganz besonders häufig jedoch beobachtete ich, zu- 
meist bei epidermoidalem Epitheltyp, mehrere nebeneinanderliegende. 
halbkreisförmige Epithelialfelder, meist aus teilweise hydropischen 
Zellen bestehend, welche nach der Schleimhautoberfläche glatt und 
eben absehlossen, also ein CRE förmiges Bild ergaben (Tie. 13e, 
140, 181, 19 f). Diese Epithelialformation ist wohl zu unterscheiden 
ven epithelerfillten Lacunen, mit denen sie auf den ersten Blick eine 
gewisse Achnlichkeit hat. Zunächst ist die Anordnung des Epithels 
innerhalb des halbkreisförmigen Raumes in beiden Fällen verschieden. 
Während bei Lacunen, die bis zur Oberfläche der Schleimhaut mit 
Epithelien erfüllt sind, diese meist aneinandergedrängt sind und teil- 
weise Spindelform besitzen, bewahren sie hier die große, für die Mittel- 
schicht des epidermoidalen Typs eharakteristische polvedrische Form. 
Unter ihnen befinden sieh in der Regel viele hydropische Elemente. 
Las häufige Vorkommen dieser letzteren ist so regelmäßig, dab ieh es, 
wie bereits oben erwähnt, für wahrscheinlich halte. daß die Tunica 


propria dureh die räumliche Ausdehnung dieser Zellen convex nach 


D vi gp ew 


— — 


DH |) em 


J = en 


— 217 — 


unten verschoben ist. — Auch von der interpapillären Epithehal- 
wucherung, welche zuweilen die Oberfläche nivellirend die Zwischen- 
räume zwischen den Schleimhautpapillen ausfüllt, ist sie dureh das 
Fehlen dieser letzteren deutlich zu unterscheiden. Sie findet sieh nicht 
nur auf der Oberfläche der Sehleimhaut selbst, sondern auch in den 
Seitenwänden, ja zuweilen an der Spitze der zahlreichen zottigen Er- 
hebungen, worauf ich noch näher einzugehen haben werde. Es scheint, 
daß diese Formation in den reeenteren Formen des chronischen 
Trippers recht häutig vorkommt. Wenigstens habe ich sie unter den 
16 von mir untersuchten Fällen S mal regelmäßig nachweisen können. 
(Fall I, IV, V, VI, VIED VIEL AD. XIV.) Wahrscheinlich identisch mit 
ihr sindinselartig inmitten flichenartig ausgedehnter polygonaler, großer 
und blasser Zellenlager befindliche Zelleomplexe. Sie unterscheiden 
sich in nichts von ihrer Umgebung, sind von ihr jedoch getrennt dureh 
einen sie elliptisch uinzichenden Kranz von abgeplatteten Epithelzellen, 
v.clehe auf einer feinen Basalmembran ruhen und dureh ihre tiefere 
Iinetion sehr charakteristisch sieh von ihrer Umgebung abheben. 
(Fall L 111.) Wehrscheinlich handelt es sich un dieselbe, jedoch in 
einer anderen Ebene getroffene Zellformation. Ueber analoge Epithel- 
configurationen berichten besonders Wassermann und Hallé. In 
ihrer ersten Publieation beschreiben sie das Epithel in dem vor der 
Strietur gelegenen Absehnitte in dem ersten von ihnen untersuchten 
Falle als unregelmäßiges Plattenepithel, dessen Basalmembran sinuös, 
dessen Oberfläche einen glatten und geradlinigen Verlauf zeiet, so daß 
an einigen Stellen nur zwei, an anderen 10—12 Reihen von Zellen über- 
einander liegen. Achnliche Zelleonfigurationen besehreiben sie auch 
in einem Falle (Beobachtung 5) ihrer zweiten Publication. Auf- 
follender Weise haben weder Finger noch Neelsen dieselbe For- 
mation beobachtet. 

Abgesehen van diesen mit einer gewissen Gesetz- und Regelmäßig- 
keit auftretenden Abweichungen des Contur der Tuniea propria von der 
Schleimhautoberfläche, habe ich in einigen Fällen ganz unregelmäßig 
verlaufende beobachtet. welche gleichfalls dureh stellenweise auf- 
tretende überaus üppige Epithelproliferation herbeigeführt zu sein 
scheinen, dureh welche die Tuniea propria bald mehr, bald weniger in 
die Tiefe der Schleimhaut zuriickgedriingt wurde. Stellenweise wird 
hierdurch das Bild der Schleimhautoberfläche ein so eomphieirtes, daß 
man Mühe hat, sich zurechtzufinden. Unter den von mir untersuchten 
Fällen habe ich viermal derartige, durch Zellproliferation bedingte 
ganz unregelmäßig verlaufende Tunicae propriae beobachtet. (Fall IV. 
VOI XI. XIV.) Selbstverständlieh beschränken sie sich meist nur 


auf eireumseripte Partien. Im sämtlichen Fällen, in denen ich stellen- 
weise derartige Unregelmäßigkeiten des Verlaufes der Tunica propria 
eonstatirte, habe ich viele andere Schnitte untersucht, in denen hiervon 
keine Spur nachweisbar war. Zuweilen beschränkt sich die Abdrängung 
der Tunica propria nur auf eine einzige eireumscripte Partie, wie ich 
es einmal (Fall IX) zu beobachten Gelegenheit hatte. Hier war das 
Epithel an einer Stelle keilförmig mit der Spitze nach unten ge- 
wuchert, die Tunica propria bis tief in den Bereich der Submucosa vor 
sich herschiebend. 

Das Epithel der Urethra posterior zeigte, soweit sich dies aus den 
an den einzelnen Schleimhautfragmenten angestellten Untersuchungen 
‚ergab, in seinen Veränderungen keine Unterschiede von dem der Pars 
anterior. WVerhorntes Epithel habe ich niemals in der Pars posterior 


nachweisen können. 


Subepitheliales Bindegewebe. 

Das subepitheliale Bindegewebe zeigte im allgemeinen Verände- 
rungen, welehe von den von früheren Autoren bereits beschriebenen 
im wesentlichen nicht unterschieden sind. Im Einzelnen freilich habe 
ich Gelegenheit gehabt manches zu eonstatiren. was andere Autoren 
nicht mitgeteilt haben ; andererseits habe ich gewisse, von anderen beob- 
achtete Einzelheiten meinerseits nicht anzutreffen Gelegenheit gehabt. 

Die Veränderungen des subepithelialen Bindegewebes, sowohl der 
Pars anterior wie der Pars posterior, machen sich nach zwei Riehtungen 
hin bemerkbar: einmal in einer sehr vielgestaltigen Rundzellen- 
infiltration, die sich späterhin in eine Spindel- resp. rein fibröse 
Intiltration umwondelt. zweitens in einer außerordentlich vermehrten 
Gliederung der Oberfläche der Schleimhaut. Letztere kennzeichnet sich 
dureh eine besonders starke Vermehrung der Zahl und Ausdehnung 
jener Gebilde, die auch in der normalen Harnröhre besonders in der 
Fossa navieularıs, weniger in der Pars prostatica als Schleimhaut- 
papillen bekannt, ihre Gestalt wesentlieh den mehr oder weniger aus- 
gesprochen welligen Erhebungen des subepithelialen Gewebes ver- 
danken. 

Was zunächst die Intiltration in der Submucosa selbst anlangt. so 
habe ich wenige Schmtte völlig frei von ihr gefunden. Fs fehlten 
NRundzelleninfiltrate vollständig im subepithelialen Gewebe eigentlich 
nur in den Präparaten zweier Fälle (X, XI). In beiden war die 
Epithelialsehicht sehr stark gewuchert und teilweise mit Leuko- 
erten infiltrirt. Freilich war in keinem der beiden Fälle in den unter- 


suchten Präparaten viel subepitheliales Bindegewebe erhalten. vielmehr 


— 219 — 


beschränkte es sich meist auf Fragmente der oberflächliehsten Bezirke 
der Submucosa. Immerhin hätte man erwarten dürfen, daß es, ent- 
sprechend der Epithelialinhiltration und Hypertrophie ähnlich, wie in 
den übrigen Präparaten wenigstens stellenweise in den anhängenden 
Subepithelialresten Spuren von Rundzelleninfiltrat, wenn es überhaupt 
in nennenswertem Umfange vorhanden gewesen wäre, nachweisbar ge- 
wesen wäre. Daraus, daB dies nicht der Fall war, darf man wohl 
schließen. daß hier ım Gegensatz zur Epithellalwucherung das Subepithel 
relativ frei von Infiltrat war. In den anderen Fällen zeigte der 
Vinfang des Infiltrates, seine Form und Verteilung im Gewebe, (seine 
Bestandteile endlich) ein überaus wechselndes Verhalten. Was zunächst 
die Zellelemente, aus denen die in den einzelnen Fällen beobachteten 
Subepithelialinfiltrate bestanden, anlangt, so kann ich im allgemeinen 
die von früheren Beobachtern, vor allem von Finger und 
Neelsen, mitgeteilten Thatsachen bestätigen. Auch ich habe im 
allgemeinen in frischen Fällen vorwiegend aus uninucleären und 
epithelioiden Zellen bestehende Rundzelleninfiltrate beobachtet, deren 
Elemente sieh in einem aus weiten Maschen bestehendem lockeren 
Bindegewebe mehr oder weniger dieht verteilten, während es sich ın 
älteren Beobachtungen vorwiegend um Spindelzellinfiltrate inmitten 
eines engmaschigen, fibrésen Bindegewebes handelte. Bemerkenswert 
war nun, in wie verschieden hohem Grade benachbarte Gebiete des 
Subepithels von Rundzelleninftiltraten erfüllt waren. In einzelnen 
Schnitten mancher Schleimhautfragmente war zuweilen das Subepithel 
völlig frei von Intiltraten. während in anderen Schnitten desselben 
Prüparates oder in anderen Präparaten derselben Harnröhre die 
manniefaltiesten Intiltrate Jeder Form und Dichte nachweisbar waren, 
jedenfalls der beste Beweis dafür, wie fleckweise und unregelmäßig 
der gouorrhoische ProceB in der Tiefe verläuft. Dieses Verhalten des 
Subepithels steht ın charakteristischem Giegensatze zu den regelmäbi- 
gen. niemals vermißten Veränderungen der Epithelschieht. die von mir 
— in Uebereinstimmung mit früheren Autoren — beobachtet worden 
sind. Außerdem konnte ich. worauf ich bereits früher aufmerksam 
gemacht habe. häufig nicht den engen Zusammenhang zwischen den 
epithelialen und subepithellalen Veränderungen eonstatiren, auf welchen 
besonders Neelsen und Finger mit so grobem Nachdruch hin- 
gewiesen haben. Daß ich in zwei Fällen eine stark gewucherte, 
zum Teil mit Plattenepithel bedeckte Epithelialschieht über einem völlig 
von Infiltraten freien Subepithel angetroffen habe, ist von mir bereits 
erwähnt worden. Umgekehrt habe ich einige Male (Fall IV. V, IX) 
an der Oberfläche Cylinder- resp. eubisches Epithel constatirt. während 


— 220 — 


sich im Subepithel bereits stratfes, engmaschiges Bindegewebe nach- 
weisen lieb. Dieser anscheinende Widerspruch zwischen den beider- 
seitiren Untersuchungsergebnissen ist indessen leicht verständlich, 
wenn man die Verschiedenartigkeit des von Jenen Autoren einerseits. 
von mir andererseits untersuchten Materials berücksichtigt. Dort zum 
großen Teil Präparate relativ alter Patienten, bei denen der gonor- 
rhoische Proceß längst abzelaufen war und teilweise nur einzelne, im 
Stadium regressiver Veränderungen befindliche Schleimhautpartien 
zur Untersuchung vorlagen, bei mir meist Präparate jüngerer Patien- 
ten. mit noch ausgesprochen klinischen Erscheinungen der chronischen 
Gonorrhoe: bis zu dem Moment. in welchem die Träparate gewonnen 
wurden. den Einflüssen einer systematischen Behandlung unterworfen! 
Vebrigens berichtet auch Neelsen. daß in einer seiner Beob- 
achtungen, die einen 38 jährigen Patienten betraf, bei deutlich aus- 
gesprochener ausgedehnter subepithelialer Rundzellenintiltration, das 
Epithel völlig normales Verhalten zeigte. Daß auch bei den Fällen 
Wassermanns und Halles das Epithel nicht immer in so 
engen Beziehungen zum Subepithel stand, wie Finger es beob- 
achtet hat, habe ich bereits oben erwähnt. — Aus den oben angeführten 
Gründen mögen noch manch andere Abweichungen meiner Unter- 
suchungsergebnisse von denen Fingers thre Erklärung finden. No 
habe ich das gleiechmäbige, nach der Tiefe schnell abnehmende Rund- 
zellenintiltrat, welches sich naeh Finger ın frischeren Fällen mit einer 
gewissen Reselmäßiekeit an der Tuniea propria hinzieht, in der von ihm 
geschilderten resp. abgebildeten Form nicht gefunden. Vielmehr zeich- 
neten sich diejenigen Rundzelleninfiltrate, welche in einer gewissen 
Dichte. oft in engem Zusainmenhange mit den epithehialen Rundzellen- 
inftltraten an der Tunica propria hinzogen, durch eine groBbe Unregel- 
mäßigkeit der Form, besonders in Bezug auf ihre Grenzen nach der 
Tiefe der Schleimhaut zu. aus. Sie wurden vorwiegend in Fällen con- 
statirt, bei denen die) Epithelialsechicht die größten Abweichungen 
von der Norm zeigte (Fall IV. V. VL. VNI, IX. XI, XII. Fig. 3e, 
4e, 5g, 7, 11g. 14f. 16d) insbesondere in ihren tiefen Schichten so 
dicht mit Rundzellen intiltrirt war, daB die Tuniea propria zuweilen 
völlige verschwand. —- Abgesehen von diesen diehteren Infil- 
traten dand sich fast stets (mit Ausnahme der vorher erwähn- 
ten Fälle) das Subepithel in seinen Maschen erfüllt mit ver- 
einzelten. meist unmueleären Rundzellen. In einzelnen Fällen be- 
schränkte sieh diese Infiltration auf das Vorhandensein weniger Zellen 
(Fall II, XIV), in anderen dagegen war die Vermehrung der Leuko- 
eyten in den Bindegewebsmaschen erheblicher. Meist nahm die 


— 221 — 


Dichtigkeit des Infiltrats in der Nähe von Querschnitten von Drüsen- 
acini erheblich zu, wie ich in Uebereinstimmung mit Finger u A. 
constatiren konnte. Aber auch sonst fanden sich in fast sämtlichen 
Fällen. in welehen überhaupt Leukocytenintiltrate bestanden, an ein- 
zelnen Punkten cirecumseripte Anhäufungen von Leukocyten (Knoten- 
intiltrate) ; besonders traf dies für solche Fälle zu, wo das Leukocyten- 
irfiltrat aus vorwiegend die Saftlücken des Bindegewebes erfüllenden 
Rundzellenreihen bestand (Fall XIV. Fig. 16g. 19g, 20h). 
Hier fanden sieh derartige Knoteninfiltrate hauptsächlich in den 
Kreuzungspunkten der Saftlücken (Fall IX, XII, XIV. Fig. 113, 
15 ¢, 191). Eine weitere Besonderheit, auf welche gleichfalls bisher 
meines Wissens nicht aufmerksam gemacht worden ist, ist die Existenz 
eines einreihigen Leukocytenintiltrats parallel der Tunica propria. 
Jedochıncınerkurzen Distanzvon ihr, welche gleich- 
falls bei derartigen Subepithelintiltraten vorkommt. Es ist jedenfalls 
derauf zurückzuführen, daß parallel zur Tunica propria eine Saftlücke 
sich hinzieht. welche in ähnlicher Weise wie oben ausgeführt, gelegent- 
lich mit Leukoerten erfüllt ıst. Zuweilen wurde dies Iutiltrat isolirt be- 
obachtet. chne daß sich in der Tiefe weitere „Saftlückenintiltrate" fanden. 
Möglicherweise bildet das Bestehen dieser Saftlücke eine Erklärung für 
die von Finger in einigen Fällen beobachteten schmalen subepithelialen 
Rundzelleninfiltrate, die in kurzer Entfernung unterhalb der Tunica 
propria plötzlich abbrechen. — Endlich fanden sieh in einer kleineren 
Anzahl von Fällen bereits bald mehr, bald weniger ausgedehnte Bezirke, 
in denen das Subepithel engmaschig, seine Fibrillen dicker und strater, 
vielfach mit Spindelzellen untersetzt waren (Fall 1 IV, VI, VH., VHI, 
IX, X. XIIL. XVI. Fig. 1d, 10i. 11f, 12d. 16e, 17d, 21) oder wo 
diese Umwandlung sich auf ganz kleine, mehr cireumseripte Bezirke 
beschränkte. Niemals hingegen habe ich. abweichend von Neelsen. 
Finger ou. A., Bilder gesehen, in denen die bindegewebige Ent- 
artung des Subepithels ausschließlieh oder auch nur vorwiegend beob- 
achtet wurde, eine Thatsache. die sieh ja aus der Verschiedenartigkeit 
unseres Materials zur Genrüge erklärt. In Uebereinstinnnung mit den 
anderen Autoren ist mir Jedoch der reiche Gehalt des subepithehalen 
Bindegewebes an Capilleren aufgefallen. Freilieh habe ich Erweite- 
rungen der Capillaren, auf welche Fınger die Vergrößerung resp. 
daß drusenartige Aussehen der Papillen neben der Intiltration zurück- 
führt. sieht gerade häufig. miemals in den paptllären Fr- 
hebungen nachweisen können (Fall V. IX. XIIL XIV. Fig. Te, Iin. 
hu. 19k). — Was die Veränderungen des Subepithels in der Pars 


posterior anlanet, so waren in den wenigen Schleimhautfragimenten. die 


— 222 — 

ieh zu untersuchen Gelegenheit hatte, keinerlei Besonderheiten. die 
nicht schon von anderen Autoren besprochen worden sind. nachweisbar. 
Nur scheint es mir, daß es in der Pars posterior relativ früher 
zur Bildung bindegewebiger Intiltrate im subepithelialen Gewebe 
kommt. als in der anterior. In zwei Fällen. in denen klinisch I]amo- 
spermie beobachtet wurde, habe ich neben Partien, die frei von jeder 
Infiltration waren, ausgedehnte, in bindegewebiger Entartung befind- 
liche Stellen nachweisen können (Fall XIII, XVI). 

Eine besondere Beachtung verdient das häufige Vorkommen von 
Zottenbildungen und polypösen Exereseenzen, die ieh sowohl in den 
Schleimhautfragmenten der Pars anterior. als auch der Pars posterior 
anzutreffen Gelegenheit hatte. Schon Finger hst auf das Vor- 
kommen derartiger Bildungen in der Pars posterior bei ehroniseher 
Gonorrhoe aufinerksam gemacht. Fr schildert recht anschaulich, wie 
in einigen der von ihm untersuchten Präparate das subepitheliale 
Bindegewebe seinen glatten oder leicht welligen Contur verliert, grob- 
zackig und buchtig wird. Das subepithehlale Bindegewebe ist zu einer 
Reihe von Papillen ausgewachsen, die entweder spitz conisch oder ein- 
fach höckerig oder an der Spitze kolbie angeschwollen sind. Nach ihm 
ist an ihrer Bildung weniger das Epithel beteiligt. welches sie als dünnes 
Band überzieht. als vielmehr das infiltrirte und prohiferirende Binde- 
gewebe, sowie die vermehrten und häufig ähnlieh wie im eavernösen Ge- 
webe verbreiterten Blutgefäße. Achnliche, sogar makroskopiseh sicht- 
bare Neubildunzen haben Wassermann und Hallé vorwiegend 
in der Pors posterior, aber auch in der Pars anterior beobachtet und 
auch Vajda erwähnt die Neigung der chronisch entzündhehen Harn- 
röhre zur Papillombildung. Nach dem Ergebnis meiner Untersuehun- 
gen scheint diese Schleimhautveränderung, wenigstens in den recen- 
teren Stadien des chronischen Trippers sowohl in der Pars anterior als 
auch in der Pars posterior relativ häufiz vorzukommen. Unter den von 
mir untersuchten 16 Fällen habe ich sie in 9 Fällen (1, IT. IV. V, VI, 
VAI, IX, NIL NIV). und zwar 7 mal in der anterior, 2 mal in der 
Pars posterior nachweisen können. Was die Form dieser Zotten an- 
langt. so hatten sie in den von mir beobachteten Fällen fast immer die 
eines spitzen Kegels, weniger häufige beobachtete ieh nach oben ab- 
gerundete Exereseenzen. In zwei Fällen (Fall L IV. Fig. 5) con- 
statirte ich sogar zweizipfelige zottige Exereseenzen. Wie bereits ge- 
legentheh der Besprechung des Kpithels ausgeführt wurde, ist besonders 
der die Zotten überziehende epitheliale Veberzug an der Zellprolife- 
ration und Infiltration stark beteiligt. die obersten Schichten meist in 


noch ausgiebigerer Weise als auf der eigentlichen Schleimhautober- 


fläche zerfasert. Nur in wenigen Fällen war die Oberfläche stellenweise 
mit einem glatten, weniger hypertrophirten Epithelüberzuge bedeckt. 
Meist erreichte die Epithelproliferation ihre höchste Entwicklung auf 
den Spitzen der Zotten, während sie an der Basis weniger stark aus- 
gesprochen war. Jedoch wurde auch umgekehrtes Verhalten einmal 
(Fall I) beobachtet. In einer Beobachtung (Fall IV) war die Wuche- 
rung an der Spitze derartig entwickelt, daß es zu selbständigen 
polypösen, aus Epithel und NRundzellen bestehenden Wucherungen 
kam. Im Gegensatz zu Finger, der eine gleichmäßige 
Epithelbekleidung: der kolbigen Exerescenzen beschrieben hat, finden 
wir bei anderen Autoren in Uebereinstimmung mit unseren Be- 
funden meist den Hohepunkt der Epithelwucherung an der Spitze der 
zottigen Erhebungen. So bei Vajda, ferner bei Wassermann 
und Hallé. Die Subepithelialschicht im Gebiete der zottigen Exeres- 
eenzen zeigte im allgemeinen alle die Veränderungen, welche im 
Bereiche der eigentlichen Schleimhaut beobachtet worden sind. Auch 
die schmalen, den Bindegewebsspalten folgenden Leukocytenintiltrate 
wurden in den Zotten gelegentlich eonstatirt. Auch hier entsprach die 
Veränderung der Subepithelialschieht keineswegs immer den in der 
Epithelialschicht beobachteten Veränderungen. So fand sieh in einem 
Falle (IX) unter einer gewueherten zu oberst mit Cylinder- 
epithel bedeckten Schicht ein bindegewebiges Infiltrat. Der Reichtum 
an Capillaren, den Finger als tvpisch für die Excrescenzen betrachtet. 
wurde keineswegs regelmäßig beobachtet, vielmehr war er nur in vier 
Fällen (1, IT, IV, V) und auch hier nur stellenweise nachweisbar, 
Vollends dilatirte Capillaren habe ich in den Zotten im Gegensatz zu 
Finger, der sie häufig, und zu Wassermann und Halle. 
welehe ihrer in einem Falle erwähnen, niemals nachweisen können. 
Von Besonderheiten sei schließlieh noch erwähnt, daß ın zwei Prä- 
paraten bei sonst relativ wenig infiltrirter Subepithehalsehicht diffuse 
mächtige, quer dureh die Basis der Zotte ziehende Rundzellenintiltrate 


beobachtet worden sind (Fall V, XIV). 


Lacunen. 

In der überwiegenden Anzahl der von mir untersuchten Fälle waren 
zuweilen ganz vereinzelt, zuw.ilen auch in größerer Anzahl Lacunen, 
d. h. kleine, blind endigende grubige Vertiefungen der Oberfläche, nach- 
weisbar. In den Fällen, in welchen sie nieht beobachtet wurden, ist 
dies wohl darauf zurückzuführen, daß sie überhaupt nieht vorhanden 
waren, keineswegs aber auf Scehwund infolge von Schrumpfung ihrer 


nächsten Umgebung. Gehören doch gerade diese Fälle zu denjenigen. 


— 224 — 


in welchen nicht besonders ticfgreifende degenerative Veränderungen 
in den Scheimhautfragmenten beobachtet wurden (Fall IH, X, XD; 
andererseits wurden sie in reichlicher Menge in Fällen beobachtet. bei 
denen in ihrer Umgebung deutlich bindegewebige Infiltrate nachweis- 
bar waren (Fall V, VI, VIL VHL). An den Veränderungen des Epi- 
thels der umgebenden Schleimhautoberfläche nehmen sie entsprechen- 
den Anteil, wie ich in Vebereinstimmung mit den Untersuchungen 
Fingers regelmäßig beobachten konnte. Auch die von ihm sowie 
von Wassermann und Hallé mehrfach verzeiehnete Beob- 
achtung, derzufolge an den Uebergangsstellen der Lacunen zur 
Schleimhautoberfläche die Beteiligung der Epithelveränderungen der 
Lacunen am relativ stärksten ist, kann ich auf Grund meiner Unter- 
suchungen bestätigen. Eine Elevation des Randes der Lacunen mit 
Dilatation des Lumens, welche Finger in seinen Beobachtungen 
mehrmals angetroffen hat und teils nur als durch perilaeunäres In- 
filtrat bedingt, teils dureh gleichzeitige Dilatation der kleinsten Blut- 
gefibe des Subepithels bedingt erklärt. habe ich niemals beobachtet. 
wohl aber, ähnlich wie Wassermann und Hallé Elevation des 
Randes mit Verengerung des Lumens an der Autrittsstelle (Fall VI. 
IX, XIV). Ilier war sie dadureh bedingt, daß sich das Deckepithel 
der Obertläche an seinem Uebergange in die epitheliale Auskleidung 
der Lacune, offenbar seitlich comprimirt dureh perilacunäres Infiltrat. 
etwas nach innen uud oben sehob, während die einzelnen Zellen gleich- 
zeitig eine kegelförnige Gestalt annahmen. Im einigen Fällen (Fall l, 
V, VI) scheint das perilacunüre Infiltrat insofern noch einen 
größeren Einfluß auf das weitere Schicksal der Lacune auszuüben, 
als es von der Seite her das Epithel der Lacune in ihr Lumen abdrängt 
und sich selbst zwischen Epithel und Tuniea propria der Lacune hinein- 
schiebt. Die Beschaflenheit des Epithels scheint in Bezug auf seine Re- 
sistenz gegenüber dem Andrängen des perslacunären Infiltrates micht 
von Bedeutung zu sein. Teh habe die erwähnte Veränderung wenigstens 
sowohl beim Cylinder- wie beim Tlattenepithel beobachtet. Fast im 
allen denjenigen Präparaten, in welchen Epithelproliferation seitens 
der freien Oberlläche nachweisbar war, war sie auch in den Lacunen 
zu eonstatiren. Letztere erwiesen sich alsdanu mehr oder weniger 
prall angefüllt mit polyedrischen. häufig gegeneinander abzeplatteten 
EpithelzeHen, zwischen welchen sieh bald mehr. bald weniger dicht 
Leukoerten eingesprengt fanden (Fah 1. IV, V, VL VII. NIV. Fig. 
16,3d.6d, Sa. 9e, 101 n, 18a, 19h). Diese Zellwucherung erreichte 
zumal bei erweitertem Zugang zur Oberfläche häufig einen so enormen 
Umfang, daß sie über die Schleimbautoberfläche in das freie Lumen 


— 225 — 


hinauswucherte und zuweilen polypöse Zellwucherungen bildete (Fall 
VI, VIII, XIV. Fig. 9e, 10n). Während aber in diesen Fällen die 
äußere Forın der Lacune hiervon ziemlich unbeeinflußt blieb, traten 
sehr erhebliehe Veränderungen der Conturen der Lacunen ein, sobald 
sich der Tendenz des wuchernden Epithels nach einem Auswege Ilinder- 
nisse entgegenstellten. Diese können einen doppelten Ursprung besitzen. 
Einmal sind sie in den Vorgängen am Ausgang der Lacunen begründet. 
Schon oben ist darauf hingewiesen worden, daß es hier nicht selten zu 
einer Verengerung infolge der Emiporhebung des Lacunenepithels durch 
perilacunäre Rundzellenwucherung kommt. Aber selbst ohne diese Ver- 
engerung kann ein Verschluß des Ausganges eintreten infolge von 
brückenartigem Ueberwuchern des Oberflächenepithels über die Aus- 
gangsöffnung der Lacune. In solchen Füllen, die ich relativ häufig 
(Fall I, IV, V, VI, VIII, XIV) constatirte, kann man deutlich das sich 
über die Lacunen hinziehende, sie verschließende Plattenepithel von 
den polyedrischen, zuweilen gequollenen Epithelzellen unterscheiden, 
welche das Innere der Lacune erfüllen. Dieses Verhalten des Epithels 
erklärt meines Erachtens leicht die in solchen Fällen häufig anzu- 
treffende Ectasie des Lumens der Lacune, die sich mechanisch durch 
die Herabminderung Jder Expulsionskraft der Lacune ohne nachweis- 
bares äußeres Hindernis (nach Finger) nieht erklären läßt. — Ganz 
besonders stark wird jedoch die Form der Lacune verändert, wenn es 
sich um gleichzeitig von außen und innen gegen sie andringende, durch 
Zellwucherungen bedingte Kräfte handelt. Je nach dem Ucberwiegen 
der einen oder der anderen entstehen dann kolbige, flaschenförmige 
Conturen (Fall VIII, XIV. Fig. 9f), oder aber, wie ich es in einem 
Falle beobachtete (Fall IX), die Conturen der Lacunen nehmen eine 


herzformige Gestalt an ( x Endlich finden sich noch Formen, 


in welchen die Tuniea propria der Lacune durch endo- und perilacunäre 
Zellproliferation und Rundzelleninfiltration vernichtet bezw. durch- 
brochen erseheint. — Hervorgehoben scı schließlich noch, daß ieh einen 
Abschluß der Lacunenöffnung von der Oberfläche der Schleimhaut 
durch Bindegewebe, wie ihn Finger beschreibt, in meinen Fällen nie- 
mals beobachtet habe. 


Drüsen. 


In den meisten der von mir untersuchten Schleimhautfragmente 
waren Bruchstücke von Drüsenausführungsgängen, zum Teil auch von 
Drüsenacini nachweisbar. Ganz besonders reich an ihnen waren die- 
jenigen Präparate, welche der Urethra posterior entstammten. Die 


— 226 — 
Veränderungen, die ieh an ihnen gefunden habe, stimmen im all- 
gemeinen mit denjenigen überein, welche bereits von früheren Unter- 
suchern, vor allem von Fınger mitgeteilt worden sind. So fand auch 
ich. daß insbesondere das Epithel der Ausführungsgänge in ähnlicher 
Weise verändert resp. hypertrophirt war. wie das der Fpithelschicht 
der benachbarten Schleimhautoberfläche. Infolgedessen hatte man viel- 
fach Gelegenheit, in demselben Präparate einen Duetus mit geschichte- 
tem Plattenepithel von epidermoidalem Typus bekleidet zu schen, 
während ein benachbarter mit geschichtetem Cylinderepithel aus- 
gekleidet war. Ganz besonders stark war die Beimischung von 
Leukocyten innerhalb der Epithelialschicht der Drüsenausführungs- 
ginge. Auch Obliterationen der Oeffnungen von Ausführungsgängen 
hatte ich häufig zu beobachten Gelegenheit. Um so auffallender war es 
für mich nur zweimal ein eystös erweitertes Lumen zu beobachten 
(Fall V, XIV. Fig. 201), welches übereinstimmend Finger, 
Wassermann und Hallé und Neelsen relativ häufig beob- 
achtet haben. Vielleicht ist auch diese, wie manehe andere Differenz 
in den Untersuchungsresultaten darauf zurückzuführen. daß es sich bei 
mir meist um Fälle jüngeren Datums resp. auch um Präparate jüngerer 
Individuen als bei den von den übrıgen Autoren untersuchten handelte. 
Ebenso wie die Epithelauskleidung mit allen gegen die Norm beobachte- 
ten Veränderungen den auf der Oberfläche nachgewiesenen Verände- 
rungen entsprach, so stimmen die periglandulären Affeetionen mit den 
im Subepithel früher geschilderten Beobachtungen so genau überein. 
dab eine detaillirte Schilderung nur alles das zu wiederholen hätte. was 
bereits oben hierüber gesagt worden ist. Es sei deshalb an dieser Stelle 
nur auf einige Besonderheiten aufmerksam gemacht. Daß das sub- 
epitheliale Infiltrat in der Nähe der Drüsenausführungsgänge und Aeini 
in der Regel diehter ist als in der mehr abseits von ihnen gelegenen 
Schleimhautschicht, ergiebt sich schon aus den normalen Verhältnissen. 
Denn das lockere großmaschige Gewebe wird ın der Nähe der Drüsen 
diehter und infiltrirt sieh infolgedessen auch diehter mit L.eukoerten als 
die entfernter hegende Umgebung. Das gleiche gilt naturgemäß für die 
Spindelzellen- bezw. in ftibröser Degeneration befindlichen Infiltrate, 
welche besonders in der nächsten Umgebung der Ausführungsgänge 
resp. Acini ein dichteres Gefüge annehmen. In der Regel war sowohl 
die endo- wie die periglanduläre Infiltration am intensivsten in der 
Nähe der Schleimhantoberfläche, in den Zotten wiederum am stärksten 
dort, wo sich in der Nähe der Spitzen Querschnitte von Acini oder 
Ausfithrungsgiingen vorfanden. Besonders dichte peri- und endo- 
glanduläre Tnfiltrate wurden an denjenigen Partien beobachtet, an 


i — 227 — 


welehen mehrere Drüsenausführungsgänge concentrisch einem 
Punkte der Schleimhautoberfläche zustrebten (Fall I, IV, VIIL). In 
den meisten Fällen war die Richtung der Ausführungsgänge eine mehr 
oder weniger geradlinige, in cinigen Präparaten, die besonders reich an 
Drüsen waren, wurden jedoch auch Drüsenausführungsgänge beob- 
achtet, die sieh in diehten und breit ausladenden korkzieherartigen 
Windungen der Obertliche zustrebten (Fall I, IX, XIII Fig. 11 f). 
Auch sie zeichneten sich durch eine besonders diehte endo- und peri- 
glandulire Intiltrate aus. Was das sehlieBliche Schicksal der Acini 
anlangt, so glaube ich auf Grund meiner Beobachtungen Anlaß zu der 
Annahme zu hahen, daß sich der Drüsenschwund weniger durch Com- 
pression seitens des colossal gewucherten Epithels, als vielmehr infolge 
des Durehwucherns der Tuniea propria der Acını seitens der infiltriren- 
den Rundzellen, die sieh später ın Spindelzellen umwandeln. vollzieht. 
Diesen Vorgang. der ja auch nach Finger besonders in den Septis 
der Drüsenacini beobachtet worden ist, habe ich mehrmals constatiren 
können: einmal in dem oben erwähnten Falle von eystöser Erweiterung 
des Ausführungsganges (Fall V), ein zweites Mal in Präparaten, die 
einem mit besonders hartnäckigen und schweren klinischen Erschei- 
nungen einhergehenden Falle entstammten (Fall VI). 

Ueber die im Corpus eavernosum sich abspielenden Vorgänge kann 
ich nichts aussagen. Keines der von mir untersuchten Schleimhaut- 
fragmente reichte bis zu ihm hinab. 


win 


Versuchen wir es nunmehr. auf Grund unserer mannigfaltigen 
Beobachtungen zu einem Urteil über die bei ehronisehem Tripper sich 
abspielenden pathologisch-anatomischen Vorgänge zu gelangen. 

Die tiefgreifendsten und regelmäßigsten Veränderungen beob- 
achtet man in der Epithelialschieht der Schleimhaut. Sie werden in 
keinem Falle vermißt und zeiehnen sieh. durch eine außerordentliche 
Mannigfaltigkeit aus. Sie äußern sich im wesentlichen durch erheb- 
liche Verbreiterung der Epithelialschieht, Veränderung der normalen 
Epitheleoutiguration, Leukoevteninfiltration, sowie Degeneration der 
Epithelzellen. Die Folge hiervon ist Dissociation des Gefiiges der 
Epithelialschicht. Je nach dem Epithelialtvp kommt es nunmehr zur 
Auflösung nach der freien Oberfläche, die sieh klinisch in reichhicher, - 
sehr schwer zu bekämpfender Epithel- und TLeukoertenabsonderung 
zeigt. zum Ucbertritt der Leukocvrteninfiltration (unter Vernichtung 
der Tunica propria) in das subepitheliale Gewebe; zuweilen werden 





gleichzeitig beide Zustände beobachtet. Besonders complieirt werden 


die epithelialen Veränderungen durch das Hinzutreten eireumseripter 
Wucherungen, welche aus epithelioiden Elementen allein oder aus einera 
Gemengsel von Rundzellen und Epithelien bestehen. Sie finden sich 
nicht nur auf der Schleimhautoberfläche, sondern auch über Lacunen, 
auf der Spitze von Zotten, nach Art polypöser Wucherungen. Wahr- 
scheinlieh entwickeln sie sieh erst nach mehrjährigem Bestehen der 
Gonorrhoe. Gleichwohl habe ich sie auch in einem Falle beobachtet, 
in dem der Proceß erst seit einigen Monaten bestand. An den be- 
schriebenen Epithelveränderungen ist das Epithel der Lacunen und der 
Littré’sehen Drüsen in analoger Weise beteiligt. Besonders gilt 
dies für den Teil dieser Gebilde, welcher im Bereiche der Epitbelial- 
schieht der Schleimhaut gelegen ist. — 

Nicht so regelmäßig und vor allem nicht immer so tiefgreifend 
sind die Veränderungen, denen das subepitheliale Gewebe bei der chro- 
nischen Gonorrhoe unterliegt. Wenn auch nieht zu bestreiten ist. daß 
ein gewisser Bruchteil aller chronischen Gonorrhöen den Verlauf 
nimmt, der sich aus den pathologisch-anatomischen Studien von 
Neelsen, Finger und zum Teil auch von Wassermann und 
Halle herauslesen läßt, so muß andererseits mit Nachdruck darauf 
hingewiesen werden, daß das keineswegs für alle Fälle zutrifft. Im 
Gegenteil, es ergiebt sich aus meinen Untersuchungen. daß eine relativ 
große Anzahl ehroniseher Gonorrhöen existiren, bei welchen selbst 
nach jahrelanger Dauer den ausgesprochensten Epithelverände- 
rungen nur sehr geringfügige Tiefenintiltrate entsprechen, und bei 
denen sieh das Kaliber der Sehleimhaut in den verschiedenen Ab- 
schnitten als völlig normal erweist, obwohl die charakteristischen 
Symptome chronischer Gonorrhoe bestehen. — Daß derartige Fälle in 
ziemlich großer Menge existiren müssen, ergiebt sich schon aus der 
klinischen Erfahrung eines jeden beschäftigten Urologen. Wie oft 
hat man Gelegenheit zu beobachten. daß die Secretionen nicht ver- 
schwinden. die subjeetiven Symptome nicht nachlassen wollen, trotzdem 
die Hlarnröhre mittels aller mögliehen Dilatatoren ad maxımum ge- 
dehnt worden ist. Thier handelt es sich mit größter Wahrscheinlich- 
keit um Schleimhäute, bei denen das Epithel jenen umfangreichen 
Wucherungs- und gleichzeitig Zerfallserscheinungen unterliegt, denen 
wir bei unseren Studien so häufig begegneten, während das Subepithel 
sich als relativ frei von analogen Veränderungen erwies. — Wenn im 
Gegensatz hierzu so angesehene und einwandsfreie Autoren wie 
Neelsen, Finger, Wassermann und Halle den Haupt- 
nachdruck auf die Tiefenveränderungen der Schleimhaut entsprechend 
ihren in diesem Sinne zu deutenden Befunden legen, so ist nochmals 


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— 229 — 


darauf aufimerksam zu machen. daß es sieh bei ihnen um Resterschei- 
nungen von zum Teil längst abgelaufenen Processen handelte, die natür- 
lich sehr tiefgreifender Natur waren, oder wie bei Wassermann und 
IT all& um besonders schwere chirurgische Fälle, die glücklicher Weise 
nieht häufig vorkommen. — In fast keinem der untersuehten Fülle 
jener Autoren lag aber intra vitam ein der chronischen Gonorrhoe ent- 
sprechendes klinisches Krankheitsbild vor. So wenig also an diesen 
Untersuchungsresultaten zu riitteln, so wenig vor allen Dingen daran 
zu zweifeln ist, dal die Genese der callôüsen Infiltrate und der Strieturen 
sich im wesentlichen so abspielt, wie jene Autoren es auf Grund ihrer 
ausgezeichneten Studien behaupten, so wenig ist zuzugeben, daß dies 
für alle Fälle zutrifft. Sicherlieh hat in einer gewissen Anzahl chro- 
nischer Gonorrhöen die Schleimhaut nicht einmal die Tendenz hierzu. 
Vielmehr spielen sieh eine große Anzahl klinisch schr hartnäckiger 
Tälle im wesentliehen iin Epithel ab und führen keineswegs zu Tlerab- 
setzungen des Ka'ibers, wie ich dies auch sehon früher Gelegenheit 


hatte. nachzuweisen. 


Ai 


Schlüsse. 


Aus den in den vorstehenden mitgeteilten klinischen und anatomi- 
schen Thatsachen ergiebt sich für das Wesen des chronischen Trippers 
folgendes: 

1. Bei der chronischen gonorrhoischen Urethritis sind als TIlaupt- 
ursache für ihre Persistenz und die IHartnäckigkoit gegenüber allen 
therapeutischen Proceduren anzusehen die tiefgreifenden Verin- 
derungen der Epithelialschicht. Sie sind ausnahmslos ın allen Fällen 
nachweisbar. 

2. Diese Veränderungen bestehen in einer schr erheblichen Hyper- 
trophie, tiefgreifenden Veränderu:gen des Charakters der normalen 
Epithelialschicht. ausgedehnten Degenerationserscheinungen (Quellung 
und Schwund der Zellen) mit consecutiver Dissociation, sowie in mehr 
oder weniger diehter Leukoerten-Infiltration. ferner in ausgedehnten 
polvpösen Zellwucherungen über der Oberfläche, Verschiebung der 
Grenzen gegen das Subepithel. 

3. Ein ausgesprochener Parallelismus zwischen den epithelialen 
und subepithelialen Veränderungen besteht nicht 

4. An den Veränderungen ist das subepitheliale Gewebe beteiligt. 
Sie sind jedoch nieht überall vorhanden. vielmehr nur fleck weise nach- 
weisbar, somit als Complication des eigentlichen. epithellalen Processes 


anzu-chen. 


5. Von den subepithelialen Veränderungen müssen besonders die 


Zottenneubildungen. welche sieh nieht nur in der Pars posterior. son- 


dern auch in der Pars anterior ın reiehlichstem Maße finden,, als 


Ursache für die Persistenz des chronischen Trippers angesehen werden. 
6. An den Veränderungen nehmen die drüsigen, in der Schleim- 


haut eingelagerten Organe in entsprechender Weise teil. Ihre haupt- 


sächliehsten Veränderungen spielen sieh in:.erhalb der Epithehlalschieht 
der Schleimhaut ab. — Die Veränderungen der l'rüsen in der Sub- 
epithelialschicht sind als consecutive resp. complieatorische Erscheinun- 


gen anzusehen. 


Erklärung der Abbildunge::. 
Fig. 1. Fall I. (Ro... r. 58.) 


Fragment etnes Schleimhautquerschnittes. 

Mehrschichtiges Plattenepithel Ga) Cepidermoidaler Typus). 
Zu oberst Plattenepithel, darunter polygonales, teilweise gequollenes 
Epithel, zu unterst infiltrirte Ersatzzellenschicht. 
© Laeune (b), mit desquamirftem polygonalem Epithel erfüllt. 

Drüsenausführungsgang (ec), nach oben zu verstopft, 
stark endoglandulär infiltrirt. 

Subepithel (d) ziemlich straffes Bindegewebe. 


Fig. 2 Fall III (Se ..r. 29.) 
Epithelstreiïf. 

Epithelteils dicht intiltrirtes Uebergangsepithel mit zerfaserter 
Oberfläche (a). teils 1—2 sehichtiges Plattenepithel mit darunter lie- 
gender mehrschichtiger Lage von gequollenen polygonalen Zellen (b), 
teils vielschichtiges Uebergangsepithel mit nach oben abschließendem 
Plattenepithel (e). — Ersatzzellenschicht durchweg dicht mit Leuko- 
eyten intiltrirt (d). Tunica propria teilweise nicht nachweisbar. 

An einer Stelle Querschnitt eines perielandulär infiltrirten Drüsen- 


ausführungseanges (ve). 


Fig. 3. Fall IV. (S....t. 40.) 
Schleimhautquerschnitt. 
Epithel teilweise stark hypertrophirt, reichlich mit Leukocvten 
infiltrirt. Oberfläche teilweise zerfasert. — Epithel besteht teils aus 


eubischen (a), teils aus erlindrischen (ce) Zellen. Unter ihnen zahlreiche 


— 231 — 


gequollene mit farblosem Protoplasma (e). Kern teilweise erhalten. 
Grenze gegen das Subepithel vielfach verwischt. — An einer Stelle 
mit gequollenem polygonalem Epithel angefüllte, perilaeunär infiltrirte 
Lacune (d). 

Subepithe]l großmaschig (e), stellenweise kleinzellig i: fil- 
trirt (f). Zahlreiche mit zweireihigem eubischen Epithel ausgekleidete 
Querschnitte von Driisenacini (gi, teilweise von Rundzellenintiltrat 
umgeben (h). 


Fig. 4. Fall IV. (S....t. 41.) 
Fragment eines Schleimhautquersechnittes. 


Epithelvon der Unterlage abgerissen teils stark infiltrirtes eu- 
bisches Epithel (a). teils zu oberst Plattenepithel (b) mit darunter 
hiegendem. mehrschiehtigem polvedrischem Epithel (e). Die poły- 
edrjschen Zellen teils gequollen und blaß. teils vollkommen ver- 
schwunden; in ihrer Mitte Lücken, in welchen stellenweise noch die 
Kerne enthalten sind (d). 


Subepithel stellenweise rundzellig infiltrirt (e). Die Imn- 
filtrate besonders dicht in der Umgebung der Drüsen (f). 


Verschiedene Querschnitte von Drüsenausfüh- 
rungsgängen mit einfachem Plattenepithel ausgekleidet (g). 


Fig 5. Fall IV. (S....t 89) 
Querschnitt einer zweizipfeligen Zotte. 


Zotte mit zwei Ausläufern. — Das Epithel des kürzeren (A) mehr- 
fach eeschichtetes, teilweise mit Leukoerten infiltrirtes Vebergangs- 
epithel mit teilweise stark zerfaserter Oberfläche (a). Das Epithel des 
andern, längeren (B), teils stark gewuchertes Vebergangsepithel (b} 
teils mehrschichtiges Cvlinderepithel (e). Von der Spitze ausgehend 
eine aus epithelialen Zellen bestehende dreieckige polypöse Wuche- 
rung (d). Die Tunica propria an einer Stelle in Folge von Epithel- 
wucherung nach innen ausgebuchtet. —- 

Das Subepithel (e) lockeres Bindegewebe. Parallel der 
Tunica propria getrennt von ihr ein schmales Rundzellenintiltrat (f) 
in dem kurzen Ausläufer. — Das subepitheliale Gewebe des längeren 
Ausläufers unterhalb der Spitze, sowie an der Basis Sitz eines diehten, 


diffusen Spindel- resp. Rundzelleninfiltrates (g). 


— 232 — 


Fig. 6 FallV. (L....n 48.) 
Schleimhautquerschnitt. 


Epithel durchweg stark gewuchert, teilweise Tlattenepithel 
mit darunter liegender polygonaler Mittelschicht und dicht intiltrirter 
Ersatzzellenschicht (a). Die polygonalen Zellen teilweise stark ge- 
quollen (b). An zwei Stellen circumscripte epitheliale, stark mit 
Leukocyten durehsetzte Wucherung (e). 

Eine mit polygonalem, teilweise gequollenem Epithel angefüllte 
Lacune (d). In sie mündet eine Littre’sche Drüse, deren Epithel 
gleichfalls stark proliferirt erscheint. Das subepitheliale Gewebe straff 
(ec). wenig, teilweise rundzellig (£f), teilweise spindelzellig (g) infiltrirt. 
Unterhalb der überall deutlich erhaltenen Tunica propria (h) an einer 
Stelle eine eystenartige Erweiterung (i). 


Fig. 7. FallV. (L....n.48.) e 
; | Schleimhautquerschnitt. 


Epithel gleichmäßig hypertrophirt, teils mehrschichtiges 
JPlattenepithel mit polyedrischer Mittelschicht (a), teils mehrschich- 
tiges cubisches Epithel (b), teils Plattenepithel mit 5—6 Reihen 
darunter liegenden eubischen Epithels (c). Das letztere ist stellen- 
weise geqmollen, teils verschwunden. Statt seiner rundliche oder ellip- 
tische Lücken in der Epithelschicht (d). Wo die Rarefication am 
stärksten, da ist die Oberfläche zerfasert. Die Ersatzzellenschicht fehlt 
meist: auch die Tunica propria nur stellenweise nachweisbar. 

Subepitheliales Bindegewebe locker, hier und da 
diffus und locker infiltrirt, an einzelnen Stellen erweiterte Ca- 


pillaren (e). 


Fig 8 Fall VI. (El... L 63.) 
Fragment der Epithelialschicht. 

Bruchstück einer eolossal gewucherten mit Leukocyten dicht in- 
filtrirten Epithelschieht. — Neben einer endo- und perilacunär enorm 
infiltrirten Lacune (a) erhebt sich eine eircumseripte aus epithelioiden 
und polynucleären Rundzellen bestehende polypöse Wucherung (b). 
Seitlich davon zwei ähnliche, jedoch kleinere Wucherungen (ec). (Achn- 
liche Configurationen in demselben Präparat vielfach zu beobachten.) 
Darunter Bruchstücke der aus polvgonalen Zellen bestehenden Mittel- 
schicht des Epithels (d). 


— 233 — 


Fig. 9. Fall VIII (P1...n. 61.) 
Epithelstreif. 


Colossal proliferirte und infiltrirte Epithclialschicht. Das Epithel 
zeigt stellenweise epidermoidalen Typus mit teilweise stark infiltrirter 
Ersatzzellenschicht (a). Tunica propria im Bereich des Infiltrates ver- 
schwunden (b). Polygonale Zellen der Mittelschicht teilweise ge- 
quollen (ce). Protoplasma blaß. Hier und da Lücken in der Mittel- 
schicht in Folge zu Grunde gegangener Epithelzellen (d). 

Lacunen teils mit weiter Oeffnung, angefüllt mit gequollenen 
polvgonalen Zellen, welche bis über die Oberfläche der Schleimhaut 
emporwuchern (e), teils mit enger Oeffnung von Flaschenform (f), um- 
geben von schmalem, perilacunärem Rndzelleninfiltrat. 

Querschnitte und Liingsschnitte (h) von Drüsenausführangs- 
gingen mit gewuchertem cubischem Epithel, teilweise durch die 
Epithelwucherung der Obertläche verschlossen (i). Gewucherte Quer- 
schnitte von Drüsenaeini. (k). 


Fig. 10. Fall VIII. (P1...n. 69.) 
Epithelstreif mit Subepithel. 
Epithelstark proliferirt, stellenweise rundzellig infiltrirt, zeigt 
meist epidermoidalen Typus. Oberfläche teils glatt (a), teils zerfasert, 
von Leukoeyten durchsetzt (b), Epithelzellen zerworfen. Mittel- 
schicht ven 2--10 Reihen polygonaler blaßer großer Zellen ein- 
genommen (ec). Ersatzzellenschicht stark infiltrirt; das Infiltrat reicht 
hier bis in das Subepithel, so daB die Tunica propria stellenweise un- 
An einzelnen Stellen zottenf6rmige Schleimhaut- 





sichtbar ist. Cd). 
erhebungen über der Oberfläche (e). Deren Epithel proliferirtes, unregel- 
mäßige gelagertes, mit Leukoeyten infiltrirtes eubisches Epithel (f). 
Oberfläche hier teils glatt, teils zerfasert. — Der Contur der Schleim- 
hautfläche im allgemeinen, bis auf die erwähnten Zotten glatt. Außer- 
dem an der Grenze zwisehen einer Lacune und dem Querschzitt eines 
Drüsenausführungsganges eine teils aus polygonalen Zellen, teils aus 
uninueleñren Zellen bestehende dreteckige polypöse Wucherung (g). 

Das Subepithelvon verschiedenem Character. Teils lockeres 
diffus mit Leakocyten infiltrirtes Bindegewebe (h), teilweise aus 
straffem Bindegewebe bestehend. (i). — An einer Stelle ein schmales 
Intiltrat parallel der Tunica propria in geringem Abstande von 
letzterer (k). 

Lacunen. Ein Teil weitbalsig (l). Sie sind ausgefüllt mit polv- 
edrischem, nach oben zu plattenförmieem Epithel (m). welches teils bis 


— 234 — 


zum Niveau der Schleimhautoberlläche reicht, teils letzteres noch über- 
ragt (n). Ueber der Tunica propria zunächst cubisches, mit Leuko- 
evten durchsetztes Ersatzepithel (o).Außerdem Lacunen mit engem 
comprimirten llals gleichfalls teilweise mit Epithelien und Leukocyten 
angefüllt Cp). Drüsen. Längsschnitte von Drüsenausführungs- 
gängen (q), sowie Quersehnitte von Drüsenausführungsgängen und 
Acini mit stark gewuchertem eubischem. teilweise mit Leukorvten 
durchsetzten Acinusepithel (r). 


Fig. 11. Fall IX. (Pr...s. 51.) 
Schleimhautquersehnitt. 

Epithel stark gewuchert, vielschiehtiges ceubisches Epithel mit 
zahlreichen uninueleären Leukoerten von oben bis unten durchsetzt. 
Die Oberfläche der Schleimhaut teils glatt (a), teils zerfasert (b). 
Tunica propria in Folge des stark bis in das Subepithel hinein- 


wuchernden Iundzelleninfiltrates (e) nirgends nachweisbar. -— Einzelne. 
gleichfalls stark intiltrirte kolbige Exereseenzen (d). — Ein stark 


endoglandulär und perielandulär infiltrirter Längssehnitt eines Drüsen- 
ausführunesganees (e). Daneben cin analog infiltrirter korkzicher- 
artig gewundener Drüsenausführungsgang (f). 

Subepithelin seinen obersten Schichten parallel der Epithel- 
schicht rundzellig intiltrirt (g). In seinen tieferen Schichten aus 
dichtem, straffem Bindegewebe bestehend (h). In ihm vereinzelte eir- 
eumseripte Rundzelleninfiltrate (1). 

Zahlreiche Querschnitte von Driisenaeini von gewuchertem cubi- 
schem Epithel ausgekleidet (k). einzelne von zahlreichem Zellmaterial 
und Betritus erfüllt (1). teilweise von periglandulärem Rundzellen- 
infiltrat umgeben (m). — Vereinzelte erweiterte Capillaren im Sub- 
epithel (n). 


Fig. 12. Fall X. (F....e. 76.) 
Epithelstreif. 

Epithel teils mäßie, teils stark proliferirt. -— Meist dureh- 
gängige eubisches Epithel mit nach oben glattem, teilweise verhorntem 
Abschluß (a). Nur an einer Stelle Contur zerfasert (b). An einer 
andern Stelle buekelartige Emporwölbung einer besonders stark proli- 
ferirten und in den tieferen Schichten stark rundzellig ıntfiltrirten 


Schleimhautzotte (e). — Subepithel besteht aus ziemlich straffem. wenig 
infiltrirteim Bindegewebe (d). — Keine Laeunen, keine Drüsen nach- 


weisbar. 


Fig. 13. Fall XI. (M...r 84.) 
Epithelstreif. 

Stark gewucherte Epithelialschicht von ‘meist ‘epidermoidalem 
Typus. Oberste Schicht Plattenepithel, stellenweise von der Unter- 
lage sich bandartig ablösend. Mittelschicht aus polygonalen, teilweise 
gequollenen Zellen (a) bestehendes Epithel. Ersatzzellenschieht von 
wechselnder Dieke. Sie ist stellenweise (b) besonders unterhalb spitzer 
oder nach oben convexer Emporragungen der Schleimhautobertläche 
ziemlich dieht mit uninuceliiren Rundzellen intiltrirt (d). Die Dicke der 
Epithelsehicht stark wechselnd. Die Tuniea propria nimmt häufig 
einen dem Oberflächencontur entgegengesetzten Verlauf, ist besonders 
an den Partien, an welehen viel gequollene Zellen nachweisbar sind, 
nach unten spitz oder convex ausgebuchtet (e). Subepithel lockeres 
nicht infiltrirtes Bindegewebe (f). 


Fig. 14. Fall XIE (Br....n 11.) 
Schleimhautquersehnitt mit Zotten. 


Epithel meist sark proliferirt und vielfach mit Leukoerten 
infiltrirt. WVieischiehtiges eubisches Epithel, einzelne hydropische 
Zellen (a). Oberllächliche Zellen meist durcheinander geworfen (b). 
Die Proliferation besonders stark an den Buekeln und Spitzen der 
zottigen Erhebungen (e). In den zwischen ihnen liegenden Einsen- 
kuneen stellenweise die Epithelzellenwucheru:g geringer: das Gefüge 
der Epithelzellen hier stellenweise in vollständiger Auflösung be. 
griffen (d). Tunica propria meist der Oberfläche parallel, nur an der 
Spitze der Zotte ihr entgegengesetzt verlaufend (e). 

Subepithel besteht aus loekerem, bis auf wenige Stellen 
nieht infiltrirtem Gewebe. Ein stärkeres Rundzelleninfiltrat unterhalb 
der Tunica propria der letzterwähnten Zotte (f). Viele Capillaren, 
einzelne stark erweitert (eg). 

Line Laceune mit breiter Oeffnung (h). Ihr Epithel dem der 
Obertiäche entsprechend. Die Epithelialsehiecht stark rundzellig in- 
filtrirt. in Auflösung begriffen. 

Querschnitt eines Drüsenausführungsganges. Stark proliferirtes 
mehrschichtiges cubisches Epithel (i). 


Fig. 15. Fall XII. (Br...n 12.) 
Zotte mit Epithelpoly p. 


Epithel collosal gewuchertes, dieht mit Leukoerten infiltrirtes 
eubisches Epithel (a). Oberfläche teils glatt. teils zerfasert (b). An 


— 236 — 


einer Stelle besonders an der Basis mit enorm gewuchertem Epithel be- 
kleidete Schleimhautzotte (b). An ihrer rechtsgelegenen Basis ein 
enormes Rundzelleninfiltrat, in dessen Kern mehrere mit Leukocyten 
erfüllte endo- und periglandulär dieht infiltrirte Querschuitte von 
Drüsenausführungsgängen (d). Ueber den letzteren eine colossale. 
ausschließlich aus Epithelien und Leukocyten bestehende polypöse 
Wucherung. In ihrem Innern einzelne gequollene Epithelzellen (f). 
Das subepitheliale Gewebe relativ wenig infiltrirt, bis auf ein knoten- 
förmiges Rundzellenintiltrat unterhalb der oben beschriebenen Quer- 
schnitte der Drüsenausführungsgänge (g). 


Fig. 16. Fall XIII. (Gr...t. 19.) 
Schleimhautquerschnitt der Urethra posterior. 

Epithel: Teils geschichtetes Plattenepithel (a). teils ge- 
schichtetes Cylinderepithel (b). Die Zellen an der Schleimhautoberfliiche 
teilweise dureheinandergeworfen. so daß der obere Rand ein zerfasertes, 
wie angenagtes Ausschen erhält. 

Subepithel teils aus ziemlich straffen spindelförmigen Binde- 
gewebszellen bestehend (ec). zwischen ihnen, besonders dicht unterhalb 
der Tunica propria der Epithelialschicht stellenweise dichtes Rund- 
zelleninfiltrat (d). | 

Quersehnitt eines mit stark proliferirtem eubisechem, vielfach 
leukoertär infiltrirtem Epithel ausgekleideten Drüsenaeinus (e). Er ist 
mit Zellen, sowie Zelldetritus ausgefüllt und auch von periglandulärem, 
teils aus spindelförmigen, teils aus Rundzellenelemente:n bestehendem 


Infiltrat umgeben. (g). 


Fig. 17. Fall XIII. (Gr...t. 19.) 


Fragment einer stark gewucherten Epithelial- 
schicht. 

Epithel. Stark proliferirtes Plattenepithel (e) mit infiltrirter 
Ersatzzellenschicht (b). Das Infiltrat durchsetzt die Tunica propria 
und durch sie hindurch die obersten Schichten des Subepithels (ce). 
Letzteres besteht aus derbem, fihrösem Bindegewebe (di. 


Fig. 18 Fall XIV (H... sch. 28.) 
Schleimhautquersehnitt mit Zotte. 


Epithel eolossal gewnchert. Typus teils epidermoidal (a), 
teils vielschichtiges Cylinder- (b) resp. eubisches Epithel. Zwischen den 
normolen Epithelzellen viele gequollene Zellen sowie Zelllücken, so dal 


E 


die Epithelschicht stellenweise wie zerfranzt erscheinst, besonders an 
der Spitze der Zotten (d). Die Ersatzzellenschicht im Bereiche der- 
jenigen Abschnitte, welche epidermojdalen Typus zeigen, stellenweise 
stark rundzellig infiltrirt (e). Tunica propria ebenda convex nach 
innen ausgebogen (f). 

Subepithel. wo erhalten, loekeres Bindegewebe mit wenigen 
striehförmigen Rundzelleninfiltraten (ei, sonst wenig infiltrirt. Eine 
Lacune mit stark infiltrirtem und proliferirtem, teils cubischem, 
teils eylindrischem Epithel (k). 

Stark endo- und periglandulär infiltrirter Querschnitt eines 
Drüscnausführurgsganges (i). 


Fig. 19. Fall XIV. (H...sch. 30.) | 
Schleimhautquerschnitt mit Zotte. 


Aus einer anderen Schnittebene des Präparats 28. Man erkennt 
dieselben Typen des Epithels mit ihren characteristischen Verände- 
rungen. Insbesondere die verschiedenen Formen der Dissociation des 
proliferirten Epithels. 

Im Subepithel mehrere striehförmige und knotenförmige (b) In— 
filtrate, sowie Capillaren (k). 

Lacune durch colossale Epithelwucherung in dieser Schnitt- 
ebene geschlossen. 

Verhalten des Drüsenausführungsganges ähnlich wie in No. 28 (i). 


Fig. 20. Fall XIV. (H...sch. 44.) 
Schleimhautquerschnitt. 

E pithel colossal gewuchert, teils vielschichtiges cubisches Epi- 
thel (a) mit oberster teils verhornter Plattenepithellage (b), teils frei 
in das Schleimhautlumen hineinwucherndes, aus polygonalen Epithel- 
zellen und Leukoeyten bestehendes Epithel (e). An einzelnen Stellen 
vereinzelte gequollene Epithelzellen, sowie Zelllücken (d). Stellen- 
weise ist die gesamte Epithelschicht mit Leukocyten infiltrirt (e), an 
anderen Abschnitten nur die Ersatzzellenschieht (f). Das Infiltrat 
durchbricht stellenweise die Tunica propria und durchsetzt keilförmig 
nach unten wuchernd die obersten Schichten des subepithelialen Binde- 
gewebes (g). Letzteres im allgemeinen aus großmaschig ineinander 
greifenden Spindelzellen bestehend. zeigt in seinen tieferen Schichten 
streifenförmig angeordnete Rundzelleninfiltrate (h). An einer Stelle 
ein stark dilatirter Querschnitt eines Drüsenacinus, dessen Epithel 
stellenweise stark proliferirt ist (i). 


— 238 — 


Fig. 21. Fall XVI. (Ad..lt. 74.) 

Schleimhautguerschnitt der Pars prostatica. 
Ziemlich derbes bindegewebiges Gerüst, zwischen ihm mannig- 
faltige Längs- und Querschnitte von Drüsenkanälchen (Ductus prosta- 
tici) (a). In einzelnen Prostataconeremente (b). Ucberall starke endo- 
und periglanduläre Rundzelleninfiltrationen in der nächsten Um- 
gebung der Drüsenausführungsgänge. Das Oberflächenepithel meist 
verloren. Wo Reste vorhanden, da stark proliferirtes, geschichtetes 
Uebergangsepithel (e). Ein großer, nach der freien Obertläche offener 
Kanal zieht sich durch einen Teil des Schnittes (Ductus ejaculato- 


rıus (d). 


Epilog zur Nitze-Feier. 


Von 
Dr. Ernst R. W. Frank (Berlin). 


Unerwartet und jäh hatte ein plötzlicher Tod Max Nitze dahin- 
gerafft. Eine würdige Gedenkfeier wollten seine Schüler und Freunde 
veranstalten und in der von dem Arıangeur der Feier verfabten Auf- 
forderung war gesagt, ,dal er selbst und die von ihm Unterzeichneten 
auf die Mitwirkung nicht allein der Schüler Nitzes und seiner engeren 
Fachgenossen, sondern auf die Beteiligung aller derjenigen rechneten, 
welche den Nutzen der Nitze schen Lebensarbeit für die Medicin 
in einer ihrem Werte angemessenen Weise zu würdigen wübten“. 
Entsprechend der Bedeutung Nitzes war die auf den 1. April fest- 
gesetzte Feier in den gelesensten metdlieinischen und politischen Blättern 
bekanntgegeben worden. Nicht nur bis zu den Grenzen des engeren 
Vaterlandes hat die Leuchte gestrahlt, die Max Nitze in den weiten 
Hallen der Wissenschaft entzündet hatte, auch die weitesten Kreise 
der ausländischen Fachgenossen haben ihren Glanz empfunden. So 
wünschen die gelehrten urologischen Gesellschaften Belgiens, Englands 
und Frankreichs an der Bahre des groben Toten ihre Huldigung dar- 
zubringen, den Freunden und Schülern ihr Beileid und ihre Sympathien 
für Max Nitze kundzugeben. 

So mögen an dieser, nur der Wissenschaft geweihten Stätte, die 
ehrenvollen Worte Ausdruck finden !j, welche die angesehensten Urologen 
des Auslandes ihrem zu früh dahingegangenen Collegen zugedacht haben: 


Société Belge d'Urologie. 

Nous nous associons de tout cœur aux témoignages de vive et 
respectueuse sympathie qui seront donnés à la mémoire du regretté 
Professor Nitze, nous rappelant qu'il fut, non seulement, le savant 
modeste et distingué que tous ont connu, mais aussi le confrère 
accueillant dont les spécialistes belges, séjournant à Berlin, n'eurent 





1) Bei der Feier selbst fand ich keine Gelegenheit, sie vorzutragen. 


— 240 — 


qu'à se louer. Comme vous, nous pleurons sa perte, car il fut à nous 
tous, notre père intellectuel, particulièrement dans la domaine de 
l'endoscopie vésicale qu'il inventa et perfectionna si génialement. 


Au nom de la Société belge d'Urologie. 


Antoine d’Haenens 
| Sécrétaire géneral. 
Bruxelles, le 28. Mars 1406. 


- 


Professor Fenwick für die Urologen Englands. 


All those who have to operate on the urinary tract and who 
know how invaluable and often how indispensable the Nitze 
method is, would desire to express their profound regret at the great 
loss which professional circles in every civilized country have sustained 
by the untimely death of Dr. Nitze. 


London 26, IIT. 06. E. Hurry Fenwick. 


Association d'urologie française. 


Le Bureau de l'Association française d'urologie, réuni sous la 
présidence de Monsieur le Professeur Guyon, exprime les sentiments 
douloureux qu'il a éprouvés en apprenant la mort si soudaine et préma- 
turée du Professor Nitze. Elle s'associe au deuil de la Science alle- 
mande et déplore la perte du savant dont les découvertes ont apporté 
une si importante contribution aux progrés de la Chirurgie urinaire. 


Pour le Bureau 


le Sécrétaire général 


E. Desnos. 


Referate. 


l. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


Dr. F. Loewenhardt (Breslau): Ueber die Steinkrankheit der 
Harnwege, speciell der Blase und deren Behandlung 
nach In Schlesien gesammelten Erfahrungen. (Vortrag, 
gehalten in der Medicinischen Section der Schlesischen Gesellschaft 
für vaterländische Cultur. Allg. med. Central-Zeitung 1905, No. 50.) 


Das Material des Verf.s umfaBt 94 Fälle. Dieselben betreffen fünfmal 
Urethralsteine, siebenmal Ureterensteine, 32) Fille von Nephrolithiasis, 
90 Blasensteinkranke, darunter 20 mal secundire Fremdkérperlithiasis. 
Samthiche Kranke mit den anscheinend primären PBlasensteinen sind 
Mäuner. Es befinden sieh darunter 27 über 50 Jahre, 1 über 40 und 
2 Kinder von 2/2 und 4 Jahren. Daraus geht zur Evidenz hervor, daß 
es eine eigentliche Blasensteinkrankheit beider Geschlechter in Schlesien 
nicht giebt. daß aber ein anderer Faktor für den ausschließlichen Blasen- 
steinbefund bei Männern allein in Betracht kommt, nämlich die Anatomie 
der Harnorzane und dann deren Altersveränderungen, besonders eine 
gewisse Menge von Residualharn. Soweit es sich nicht überhaupt um 
kleinere Concremente aus den Nieren handelt, welehe in der Blase weiter- 
wuchsen, sind irgend welehe, wenn auch nur leichte epitheliale Desqua- 
‚mativkatarrhe der funetionell geschwächten Blase in’s Auge zu fassen, 
welche das von Ebstein geforderte organische Gerüst für die Ab- 


— 242 — 


lagerung vou Salzen bilden. In auffiilliger Häufigkeit zu diesen 
30 Blasensteinkranken stehen die Fälle von secundärer Fremdkörper- 
lithiasis, alles eingerechnet etwa 20, wobei allerdines einige ganz im 
Anfang der Inerustation befindliche Gegenstände mitzgerechnet sind. Die 
Fremdkörper rührten meist von einem Versuch her, irgend welche Harn- 
beschwerden mit untaugliehen Mitteln zu behandeln: so handelte es sieh 
zum Beispiel im 4 Fällen um Einführung von selbstgefertigten Wachs- 
bougies bei Männern. In 9 Fällen rührten die Fremdkörper allerdings 
von sachverständiren therapeutischen Maßnahmen her, die infolzedessen 
ganz besonderer Beachtung wert sind. So fand Verf. einmal einen Haufen 
inerustirter, wurmförmiger Dep ts in der Blase, und es ergab sich, daß der 
Patient früher mit der Tomassoli’schen Salbenspritze in einer Poli- 
klinik behandelt worden war. Ein Typhusreconvalescent ‚der während 
der Bettruhe an Harnverhaltung litt und häufiz katheterisirt werden 
mußte. Jitt aueh später an Harnbeschwerden, die aus versteinerten Vase- 
line-Depôts herrührten. In 2 Fällen entfernte Verf. inerustirte Tam- 
pons, die bei Frauen nach Operationen zurückblieben. In 3 Fällen 
handelte es sich um Steine, die sich um Fadenschlingen von der Blasen- 
naht zebildet hatten. Schließlich fanden sieh in der Blase abzebrochene 
Katheterstücke. Zwei Haarnadeln und eine Kornähre dürften nicht thera- 
peutischen Zwecken gedient haben. Als Curiosum von nicht inerustirten 
Fremdkörpern erwähnt Verf. einen Pfifferling und mehrere Stücke 
eriner Bohnen. welche infolge von Communication mit dem Darm sich 
bei zwei weiblichen Patienten ergaben. Zu einem recht groBen Calculus? 
führte ein Stüek Trrigatorschlauch. 

Unter den T Fällen von Harnleitersteinen sind nur solche Zustände 
inbeerriffen, bei denen ein instrumenteller Eingriff nötir wurde. Bei der 
Verlegune dieses Teiles der Harnwege durch Steine pfleren bekanntlich 
dringende vitale Indieationen zu nicht unerheblichen Eingriffen vorzu- 
liegen, wobei der Erfolg wesentlich davon abhängt, wie viel Zeit seit dem 
Eintritt der Verlegung vergangen ist. Hat die Verlegung länger als 3 bıs 
4 Tage godanert, so sind die Aussichten der Operation außerordentlich 
ungünstige. In 2 Fällen von ealeulöser Anurie, die bereits viel linger 
andauerte, wurde die Nephrotomie ausgeführt, die allerdings nur eine 
vorübergehende Besserung des urämischen Zustandes herbeiführte, ohne 
den letalen Ausgang aufhalten zu können. In einem Falle mit reichlicher 
Oxalurie und unerträglichen Sehmerzen wurde mit Erfolg die Ede- 
bohls’sche Decapsulation ausgeführt. In 2 Fällen (es handelt sieh um 
einen S3jähriren Patienten) konnte mehrmals die calenlôse Anurie vor- 
übergehened dadurch beseitigt werden, daß man den Patienten gewisser- 
maßen auf den Kopf stellte und bimanuelle Erschütterungs- und Massage- 
Manipulationen vornahm. Zweimal handelte es sieh um congenitale 
Anomalien mit einseitizem Nierenbefund. welche beide eystoskopisch vor- 
ber diagnosticirt wurden. — Gerade bei diesen außerordentlich wichtiren 
Fillen werden alle Hilfsmittel moderner Teehnik vorher angewendet 


— 


werden müssen. Die Réntgenphotographie des Ureters mit dem Blei- 
mandrin diente zur Erkennung der Lageanomahen und der Deutung des 
Steinbildes, die Bougierung und Katheterisirung der Ureteren zur Be- 
stunmune der Höhenlage des Steines und der Mobilisirunz event. nach 
Einspritzung von Gleitmitteln. 

Von den 31 Fallen von Nierensteinen wurden nur zwei operirt, was 
aber nieht nur daran Jiert, daß die Fälle fast alle nieht direct die Not- 
werndiekeit einer Operation Jdarboten, sondern vor allem an einer ge- 
wissen Unsicherheit in früheren Jahren, den einzelnen Fall genau zu 
analysiren, und einem chirurgischen Verfahren zenürende Chancen auf 
Erfolg zu siehern. 

Aan Sehlusse seines Vortrages stellt Verf. folgende Thesen auf: 

1. Ireend welehe klimatisehe, ethnographisehe oder alimentäre Ein- 
flusse auf die Entstehung der Steinkrankheit sind in Schlesien nieht nach- 
zuweisen, ebensowenig wie eine besondere Häufirkeit dieses Leidens. 

2. Eine eizentliche Lithiasis der Harnblase ist, abresehen von Fremd- 
körpersteinen. ın der Gegend überhaupt kaum nachzuweisen. Die meisten 
Falle verdanken ihre Entstehung urspriineliehen Niereneonerementen. 
Die Hauptrolle spielt dabei die veränderte anatomische Beschaffenheit 
der Blase, mehr oder minder grobe Behinderungen bei der Entleerung. 
E~ giebt eine ganz besonders auffällige Form von intensivem steinbilden- 
den Katarrh. bei dem ebenso wie bei einigen Fällen von Phosphaturie 
die Staphylokokken eine große Rolle spielen. 

3. Die Stemzertrümmerune ist die Operation der Wahl und bleibt 
wegen der kurzen Dauer der Nachbehandlung, des glatten Verlaufes und 
der geringen Mortalität allen anderen Methoden überlegen. 

M. Lubowski. 


I. Gonorrhoe und Complicationen. 


Dr. A. Prochaska: Bacteriologische Untersuchungen bei 
gonorrhoischen Allgemeininfectionen. Aus der medicin. 
Universititsklinik in Zürich. (Deutsches Archiv f. klin. Mediein, 


Bd. #3, H. 1.) 


Im Jahre 101 hat Verf. eine Reihe von Fällen veröffentlicht, in denen 
mit Sicherheit Gonokokken aus dem Blute eultivirt wurden. Seither 
gelang ihm die Züchtung in einigen weiteren Fällen, zum Teil bei einigen 
seltenen Complicationen und Nachkrankheiten der Gonorrhoe. In dem 
einen Falle handelte es sich um ein 19 yjährızes Madchen. das neben 
Bubonen der Inzuinallrüsen reichlichen AusthiB aus der Vagina zeigte. 


— 244 — 


und bei dem angeblich mit dem AusfluB Schmerzen ın beiden Knien auf- 
traten. zur Zeit des Spitalseintritts waren diese aber schon geschwunden: 
hingeren bestanden rote Flecken auf den Unterschenkelu, die den Ein- 
druck eines Ervthema nodosum machten. Diese (Complication einer 
Gonorrhoe wurde schon besehrieben. Die Schwellung der Knie sowie 
dieses Exanthem wird man nun infolge der im Blute nachgewiesenen 
Gonokokken wohl als durch den Gonorcoeeus selbst hervorgerufen an- 
nehinen müssen. , 

In weiteren drei Fällen handelte es sich um Polyarthritiden im 
Verlauf einer Gonorrhoe, aber die Infeetion war von ungleicher Schwere. 
In dem einen dieser Faille zoe sich die Erkrankung über mehrere Monate 
hin, und der Alleemeinzustand des Patienten war unvergleichlich viel 
schlechter als in den übrigen Fällen. Während der Spitalsbeobachtung 
ließ sich das Auftreten eines systolisches Geräusches über der Mitralis 
verfolgen, das nieht für ein febriles gehalten werden konnte, da es zu 
den bekannten Veränderungen des Herzmuskels und der Herzhöhlen 
führte, mit dem Sinken des Fiebers nicht verschwand und auch bei einer 
zufällivzen Untersuchung des Patienten aus anderen Gründen etwa ein 
Jahr nach dem Spitalsaustritte noch vorhanden war. Es hatte sich also 
um eine Endocarditis im Verlaufe einer gonorrhoischen Polyarthritis ge- 
handelt. die relativ günstig verlief und die nach den bisherigen. fast 
allgemein geltenden Erfahrungen eigentlich seltener ist als die schweren 
Endocarditiden. Das Resultat der Behandlung in Bezug auf die Gelenk- 
affection war für den Patienten auch deshalb nicht gelichgiltig. weil er 
Versteifunz mehrerer Gelenke davontrug, die seine Arbeitsfähigkeint ganz 
bedeutend herabsetzten. — Noch schwerer war der Verlauf in einem 
weiteren der drei Polyarthritis-Fälle In diesem Falle trat, nachdem 
monatelong unter geringen Fieber hartnäckize Schwellung und Schmerz- 
haftiskoit der verschiedenen Gelenke bestanden hatte. unter Ansteigen 
der Temperatur Kräfteverfall der Patientin auf. der Puls wurde 
etwas rascher, wiederholt Erbrechen. starke Blässe, und eines Taxres war 
ein lautes diastolisches Geräuseh an der Auscultationsstelle der Aorta 
und den benachbarten Teilen des Sternums zu hören, das nun bis zum 
Tode der Patientin bestand. langsam immer deutlicher zu den Sym- 
ptomen einer Aortenklappen-Insufficienz führte, die dann dureh die Section 
auch bestätigt wurde. Thier wurde erst nach dem Auftreten der Sym- 
ptome von Seiten des Herzens das Blut bacterioloriseli untersucht. und 
das Freehnis war eine Reineultur von Gonokokken. Man hatte es mithin 
hier mit einem neuen Fall von sicher nachgewiesener gonorrhoischer 
Endocarditis zu tun. Während der Section, die nur wenige Stunden 
nach dem Tode erfolete. wurde von den endocarditischen Auflagerungen 
unter Beobachtung aseptischer Cautelen auf Aseites-Nährboden abre- 
impft, und auch auf diesen Culturen konnten Gonokokken gezüchtet 
werden. Ebenso gelang der mikroskopische Nachweis in den Exeres- 
eenzen der Aortenklappen. Es handelte sieh somit. da aueh die Unter- 


suchung des Blutes zu Lebzeiten der Patientin gleichfalls nichts anderes 
als Gonokokken ergeben hatte, um eine reine Gonokokken-Infection. 

In einem weiteren Falle handelte es sich um eine Gonorrhoe, von der 
man nieht wußte, wie lange sie bestand, und die zu einer Eiterung eines 
Samenbläschens geführt hat: von diesem Eiterherd aus trat plötzlich, 
ohne daß ein Grund nachgewiesen wäre, eine acut einsetzende eitrige 
Cerebrospinalmeningitis auf, die noch mit kleinen encephalitischen 
Herden im Gehirn complicirt war, aber anscheinend zu keinen myeliti- 
schen Veränderungen im Riickenmark führte. 

Bei dem letzten, sechsten Patienten, fand man im Ansehluß an eine 
acute Gonorrhoe der Urethra eine Epididymitis dextra, die bei Bettruhe 
und der üblichen Therapie binnen wenigen Tagen zurückging, und doch 
dauerte das Fieber an, ohne daß an irgend welchen Organen Verände- 
rungen nachweisbar waren. Die Erkrankung machte den Eindruck einer 
schweren Sepsis ohne Localisation auf einen Krankheitsherd. Deshalb 
wurde das Blut bacteriologisch untersucht, und das Resultat waren 
Gonokokken in Beineultur. Erst nach ca. einem Monat waren die Er- 
scheinungen einer linksseitizgen Pleuritis nachweisbar, die sich bei der 
Punetion als serös erwies, und auch aus dem Pleura-Exsudat konnten 
Gonokokken gezüchtet werden. Die Pleuritis resorbirte sich langsam, 
die Temperatur sank (dies konnte auch durch das angewendete Collargol 
bedingt gewesen sein); erst ca. einen Monat später wurde der Patient. 
der mittlerweile stark heruntergekonmen war, fieberfrei; nach wenigen 
Taxen aber plötzlicher Temperatur-Anstieg, allerdings nur fiir zwei Tage; 
von da ab blieb Patient fieberfrei. Am Herzen waren während der 
langen Beobachtungszeit mie Veränderungen nachzuweisen, auch 
nicht am Entlassunestage. Die Pleuritis war ohne Residuen ausgeheilt 
und Patient hatte sich nach wochenlangem Kranksein wieder vollkommen 
erholt; außer einer Induration des rechten Nebenbodens waren irgend 
welehe Orzanveränderungzen nieht vorhanden. Der Tripperausfluß hatte 
sehon vor Beginn der Epididymitis vollständig aufgehört; tm Urin wurden 
einzelne Fäden nachgewiesen, doch bestanden keinerlei Symptome, die 
für eine Eiterung oder Achnliches im Bereiche des Urogenitalapparats 
sprachen. Gestützt auf diesen negativen Befund wurde eine Sepsis an- 
genommen im direeten Anschluß an eine acute Gonorrhoe und hervor- 
gerufen dureh den Gonococeus. 

Diese sechs Fälle zeigen die Mannigfaltierkeit der Folgeerkrankungen 
der Gonorrhoe und beweisen die Wichtigkeit des Gonococeus für die 
Pathologie, denn nach den ausgeführten culturellen Untersuchungen ist 
wohl kaum zu bezweifeln, daB in allen Beobachtungen der Gonocovecus 
allein der pathogene Mikroorganismus war. M. Lubowski. 


— 246 — 


III. Penis etc. 


Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 


Dr. Michael Brod: Ueber plastische Deckung grosser Haut- 
defecte am Penis und Scrotum (sog. Schindung) sowie 
am Fuss. Aus der Würzburger chirurgischen Klinik. (Beiträge 
zur klin. Chir., Bd. 46, H. 2. 


Uns interessirt natürlich nur der erste Teil der Mitteilung. Es handelt 
sich um einen 16 jährigen Jungen Mann. der amı Penis schwer verletzt 
wurde, indem die bedeekende llaut des Penis von der Wurzel bis zum 
Suleus coronarius abgerissen wurde. Die Corpora cavernosa penis und die 
Urethra blieben intaet. Vom inneren Blatt des Präputiums blieb ein ca. 
a em breiter Saum erhalten. Die Testes waren intaet. Ca. drei Wochen 
nach der Verletzung konnte Verf. zur Bedeekung des Penis schreiten. Er 
bildete zu diesem Zweek nach Anfrisehung des Defectes an der Wurzel 
des Penis undam Rest des Präputiums einen gestielten viereckigen Lappen 
aus der Innenseite des linken Oberschenkels, dessen Basis an der Vorder- 
seite desselben lag. Das subeutane Fettgewebe war nicht sehr stark ent- 
wickelt und der Lappen ließ sieh ohne Spannung auf die Dorsalseite des 
Penis legen. Hier wurde er am Präputinm und an der Peniswurzel mit 
cuigen Setlenknopfnähten fixirt. während der freie Rand mit einigen 
Catgatsuturen an die Granulationen des Penissehaftes zu fixiren versucht 
wurde. Der Defeet der Vorderthiche des Scrotum wurde dureh Implan- 
tation nach Thierseh gedeckt. Der dureh die Entnahme des gestielten 
Lappens an der Innenseite des linken Oberschenkels entstandene Defect 
konnte primär dureh Naht vereinigt werden. Von dem Einführen eines 
L’auerkatheters wurde Abstand genommen. Um nun den Patienten resp. 
die unteren Extremitäten geniigend ruhig zu stellen, damit jede Zerruny 
des zestielten Lappens vermieden wurde, wurden zu diesem Zwecke um 
beide Kniegelenke, die leicht fleetirt gehalten wurden, cireulire Gips- 
wansehetten angebracht und dureh an diese Manschetten angebrachte 
Querhölzer die Beine in entsprechender Spreizstellune gohalten. Die 
Ernährune des gestielten Lappens war eine gentigende, nnd es kam nur 
zu einer minimalen Gangriin an der einen Spitze des Lappens. Nach 
14 Taxen wurde die Basis des Lappens durchtrennt. die inzwischen ein- 
verollten Ränder des Lappens mobilisirt und anzefriseht und der Lappen 
hierauf um den Penis herumeeschlungen und an den Präputialrest und 
die Wurzel des Penis anzenäht. Leider reiehte der Lappen nicht voll- 
stiindig zur Bedeckunyg des Penis, und es blieb an der rechten Seite des 
letzteren ein etwa zeierefingerbreiter Granulationsstreif bestehen. Der 


— 247 — 


an der Basis des gestielten Lappens vorhandene Granulatiousstreif am 
linken Oberschenkel wurde ebenfalls excidirt und die entstehenden Wunl- 
ränder dureh Naht vereinigt. Nachdem sich der aus dem linken Ober- 
schenkel entnommene Lappen als lebensfähiz erwiesen hatte, nahm Verf. 
entsprechend dem Lappen aus dem linken Oberschenkel eimen ent- 
sprechend schmäleren und kürzeren gestielten Lappen aus der Innen- 
seite des rechten Oberschenkels und legte denselben in den Defect des 
Penis. indem er den der Basis des Lappens gegenüberliegenden freien 
Rand am Rest des Präputiums vernähte. jedoch dureh diese leichte 
Drehung des Lappens denselben nur in geringer Ausdehnung mit dem 
Defeet am Penis in Berührung brinzen konnte. Die Vereinigung des 
Defectes am rechten Oberschenkel erfolzte dureh Naht. Der so ge- 
biklete zweite wrestielte Lappen erwies sich auch als lebensfähte. 
und nach 14 Taxen erfolgte die Durchtrennung der ernährenden Basis. 
Der Lappen wurde dann entsprechend in den noch restirenden De- 
feet gelegt und beilte in seiner ganzen Ausdehnung an. Von einer 
Fixation der Beine wurde diesmal Abstand genommen, da Patient sich 
während der Heilung sehr ruhig verhielt. Die Urinentleerung erfolrte 
wahrend der gauzen Zeit spontan und sehmerzlos. Erectionen wurden 
nur in der letzten Zeit beobachtet und waren etwas schmerzhaft. — Der 
aus dem linken Oberschenkel entnommene Lappen erschien nach der 
Anheilune etwas dieker und wulstiger als der der rechten Seite. Es 
wurde deshalb ungefähr drei Monate nach den zuerst vorgenommenen 
Operationen eine elliptische Excision in der Längsachse des Penis aus 
dem vom Iinken Oberschenkel entnoimmenen Lappen vorzenommen und 
dadurch die Wulstung dieses Lappens annähernd beseitigt. Das End- 
resultat der operativen Eingriffe zeigte folgendes: Die linke Seite des 
Penis resp. dessen bedeekende Haut erscheint noch etwas voluminöser. 
ebenso sind auf der Dorsalseite desselben die an der Berührungsstelle 
ler beiten zestielten Lappen herenden Narben sichtbar: jedoch sind alle 
Narben weich, hart und gut verschieblieh. Ebenso läßt sieh der Verlauf 
der Narben an beiden Oberschenkeln gut ersehen. Bezüglieh des func- 
tionellen Endresultats der plastischen Operationen läßt sieh constatiren. 
‘ab dureh dieselben eine pathologische Stellung oder Fixation des Penis 
mneht erfolgt ist. An beiden Oberschenkeln sieht man ferner die dureh 
die Entnahme von Implantationsstreifen gesetzten Narben. Bei Ereetionen 
zeigte der Penis eine normale Größe und Stellune. Die Deckung des 
Defeets am Serotum ist dureh Implantation als völliz zeluneen zu be- 
zeichnen. Wie bei den meisten derartigen Fällen war jedoch ein geringes 
Hoherriicken beider Testes zu constatiren. M. Lubowsk i. 


— 248 — 


IV. Blase. 


Dr. W. Zangemeister: Weibliche Blase und Genitalerkran- 
kungen. (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 55. Festschrift 
zum 40. Geburtstage Olshausens.) 


Von den Geschlechtsorganen, die bei der Frau der Blase und der 
Urethra entweder unmittelbar an oder doch so nahe liegen, daß sie unter 
pathologischen Verhältnissen leicht zu diesen Harnorganen in Beziehung 
treten können, abresehen, haben selbst die Erkrankungen des Harn- 
tractus an sich (Urethra und Blase) bei der Frau ein charakteristisches 
tiepraäse. Blasensteine und Fremdkörper bringen hier einen anderen 
Symptomencomplex als beim Manne. Die Entzündungen der weiblichen 
Blase sind in ihrer Form und Ursache mannigfaltiger; ihre Prognose 
und Behandlung unterliegt infolge der differenten anatomischen und 
physiologischen Verhältnisse vielfach ganz anderen Gesichtspunkten 
wos. wo Bin ganz gesondertes Studium beanspruchen diejenigen Ver- 
änderungen der Harnröhre und Blase, welche im Gefolge von Erkran- 
kungen der weiblichen Genitalien auftreten. 

Blasenscheidenfisteln. Die cystoskopische Untersuchung 
ist bei Fisteln öfters dadureh erschwert, daß die Fülltiüssiekeit durch 
die Scheide abläuft. Um wenigstens eine Zeit lang einen Verschluß zu 
erzielen, bedient sieh Verf. eines mittelgroßen Kolpeurynters. Der Vor- 
teil der Cystoskopie liegt weniger in der Diagnose der Fistel, die meist 
auf einfachere Weise (Milehprobe) möglieh und bisweilen sogar sicherer 
ist. als vielmehr in der Beurteilung der Lage der Läsion. 

Scheidenprolaps. Die systematische eystoskopisehe Unter- 
suchung eynmäkologiseher Patientinnen lehrt, daB selbst bei geringen 
Gracen von Senkungen der vorderen Scheidenwand oft schon Andeutungen 
einer Mitbeteiligung der Blase vorhanden sind. Andererseits vermißt 
manu mitunter in nicht mehr den Anfangsstadien zugehörenden Fällen die 
sonst typisehe Blasenausbuchtung. Der erste Beginn einer Cystocele 
heet in der Regel hinter dem Orificium internum im Trigonum. Hier 
bildet sich eine quer verlaufende trichterartige Falte resp. Tasehe. Die 
angrenzende Schleimhaut zieht in convergirenden Falten in diesen 
Trichter hinein. Je mehr derselbe an Tiefe zunimmt, desto näber rückt 
das Lieamentum interureterieum an den Blasenhals heran: häufig wird 
es durch den Zug in der Mitte so stark nach vorn gezogen, daß es nicht 
bogenformiz., sondern winklig gekniekt erseheint. Nach und nach rückt 
auch das Ligamentum interuretericum in den Trichter hinein, ihm folet 
der Blasenboden und schließlieh die Ilinterwand. Jenseits des immer 
ziemlich engen Trichtereinganges entfaltet sieh die Blasenwand wieder. 
so daß eine Sanduhrform der Blase entsteht. Ist der ProceB sehr vor- 


— 249 — 


eeschritten, so liegt fast die ganze Blase vor der Vulva. Kin kleiner 
Rest blieb in den vom Verf. beobachteten Fällen stets zurück, nämlich 
der unterste Teil der vorderen Blasenwand, der am Arcus pubis sehr 
stark fixirt ist. In derartig vorgeschrittenen Fällen kann man die eysto- 
sLopische Untersuchung auch in dem vor der Vulva liegenden Sack aus- 
fülren. Man sieht dann folgendes Bild: Das Trigonum ist lang und 
breit gezogen, im gauzen sehlank, die Ureterenwijlste biegen seitlich vom 
Trigonum in starkem Bogen um und laufen in der Richtung nach dem 
Blasenhals zu zurück. Die Blase findet man häufig überdehnt, sehr nach- 
giebig auf Berührung und Füllung: die Trabekelzeichnung ist oft recht 
ausgesprochen. Am Blasenboden sehimwmern öfters dieke, blaue bis 
sehiefergeraue Venen dureh, welehe dureh Farbe und Durchmesser sehr 
deutlich eontrastiren gegen die roten resp. braunschwarzen, zarten, scharf 
gezeichneten Schleimhaut-Gefäße. In ätiologiseher Hinsicht zeigen die 
Beobachtungen der Blasenveränderungz hei beginnenden Prolapsen, daß 
man die Uystocelen zunächst nieht als Pulsions-, sondern als Traetions- 
Divertikel anzusprechen hat: das Primum movens geht von der Scheide 
aus, und erst bei vorhandener Cystocele kann sieh dieselbe durch den 
Flüssigkeitsdruck an der VergréBerung des Prolapses beteiligen. 
Collum-Careinome. Verf. hat seit seiner früheren ein- 
schlägigen Veröffentlichung eine weitere große Anzahl von Careinomen 
eystoskopirt und glaubt, seine früheren Resultate vollkommen aufrecht 
erhalten zu müssen, nämlich daß in sonst zweifelhaften Fällen die eysto- 
skopische Untersuchung oft die Aussichten einer Operation präciser aus- 
zusprechen gestattet, so daB es zweekmäßix erscheint. Collum-Careinome 
ante operationem einer eystoskopischen Untersuchung zu unterwerfen. 
Seine einsehlägizen bisherigen Erfahrungen faßt Verf. dahin zusammen. 
daB in praxi vor allem die dieken Wülste und ausgeprägtes locales 
bullöses Oedem für die Prognose in Frage kommen. Sind diese Ver- 
änderungen (welehe mit Entzündungen nichts zu thun haben und auch 
bei Entzündungen nieht in der gleichen Art und Form vorkommen) bei 
einem emigermaßen vorgeschrittenen Collum-Careinom vorhanden, so 
ist eine festere, dureh das Careinom bedingte Verbindung der Blase mit 
dem Uterus zu erwarten und die Therapie demgemäß zu gestalten. 
Myome. Etwa ES aller Myomkranken klagen über Blasenbeschwer- 
den. Die eystoskopische Untersuchung soll hier eine Analyse dieser 
Symptome ermöglichen, einmal um diesen Teil der Beschwerden Myom- 
kranker der riehtigen Behandlung zugänglich zu machen, und zweitens 
weil gerade die Myome besonders geeignet sind, über die Ursachen ge- 
wisser Blasensymptome, namentlich mechanischer, aufzuklären. Zu- 
nächst läßt sich feststellen, daß die mechanische Verdrängung und Ver- 
legune der Blasenwiinde in keinem Verhältnis steht zur Schwere der 
Blasensymptome. Man findet die höchsten Grade von Compression des 
Blasenlumens oder Verlagerung der ganzen Blase ohne Störung von 
Seiten der Urinentleerung. Andererseits klagen mitunter Patientinnen 


— 200 — 


mit kleinen, die Blasenwand kaum berührenden Myomen, obne dap 
Cystitis besteht, uber ausgeprägte Harnbeschwerden. Das hängt zum 
Teil davon ab, an welchem Punkte das Myom die Blase angreift, zum Teil 
ist es In dem verschiedenen Grade der Empfindhehkeit weiblieher Indi- 
viduen gegen Blasenalterationen begründet. Anscheinend infolge von 
Cireulationsstorungen producirt die Blasenschleimhaut bei Myom häutis 
Schleim. so daß entweder im Urin Schleimwolken (-Fäden oder -Flöck- 
chem) zu sehen sind. oder man sieht in der zefüllten Blase Schleimfäden 
tlottiren, älinlieh Spinnweben, oder sieh Schleim in Flocken ablösen. Die 
auwvenfälliesten Kirentümlichkeiten der Myomblasen sind die Form- und 
l.:ze-Veränderuneen. 

In dem Bestreben. die Ursache der Blasensyinptome bei Myomkranken 
aufzuklären, hat Verf. zunächst festzustellen gesucht. welche Blasenver- 
änderungen sich besonders in denjenizen Fällen vorfanden, die von Pe- 
schwerden begleitet waren. Von allen Blasenveränderungen ließ sich 
nur bei zwei nachweisen, daß sie häufiger mit subjeetiven Beschwerden 
embergehen, als der Durehsehnitt sonst: das sind: die „Spaltblasem” une 
diejenizen Blasen, in welchen sieh deutliche Zeichen von localer Hyper- 
time und Schleimproduetion vorfanden. Die ersteren waren In 76 pÜt. 
die letzteren in 74 pCt. der eystitisfreien Fälle von Beschwerden begleitet. 
Mit Verlagerungen bestimmter Teile der Wand, Verzerrungen des Trigo- 
hum ete. bebß sich die Häufiekeit der Blasensymptome insgesamt nicht in 
Pesrehung bringen. Im großen und ganzen beweist aber die Gerenüber- 
stellun& der Blasensymptome und der objeetiven Veränderunzen. daß die 
Blase tm allgemeinen äußerst tolerant zeren Verzerrunzen der Wiinde. 
Compression des Lumens ete. ist. Höchste Grade von „Spaltblase” 
können entweder völlige symptomenlos bleiben. oder die subjeetiven Er- 
selhleinungzen stehen in keinem Verhältnis zu den anatomischen Ver- 
änderungen. Jedenfalls ist keine einzige Fizentümlichkeit der Mvon- 
plase an sich im Stande, die Hänfigkeit der Blasenbeschwerden zu er- 
klären. Es wirken hier eine ganze Reihe von Momenten zusammen. 
welche die Blase im Laufe der Zeit in ihrer Ernährung, ihrer Function 
beeisträchtizen und eine Art ehronisehen Katarrh erzeugen. Störungen 
des Allzemeinbelindens sind hier ebenfalls micht außer Acht zu lassen: 
schwere anämisehe Zustände, Nervosität werden zweifellos zum Zu- 
stanedekommen oder zur Erhöhung der Beschwerden eines auch decal 
alterirten Organs beitragen. Unter den Blasensymptomen steht die 
Vermehrung des Harndranges an Höutiekeit obenan: 52 pCt. der Patien- 
tinnen ohne Cystitis klagten daritber. Meist sind die Beschwerden nicht 
hocheradie. die Klaren beschränken sich nur auf eine etwas erößere 
Häufizkeit der Harnentleerune, die sich naturgemäß besonders des Nachts 
listis zeigt und zur Pereeption kommt. lu engem Zusammenhang mit 
dem Harndranz stehen die Kłagen einiger Myomkranken über „Druck 
auf die Blase. Stets handelt es sich dabei um hoehgradige Ver- 
indernugserseheinungen, Spaltblase, Verzerrungen und Elevation des 


— 2531 — 


Blasenbodens, also um grobe mechanische Einwirkungen. Eine zweite 
Gruppe von Harnbeschwerden bilden diejenigen, welehe in Schmerzen 
während der Harnentleerung, eventl. auch nach derselben bestehen, aber sich 
nicat Jedielich als Tenesmus kund geben. Verf. erblickt die Ursache 
dieser Harnbeschwerden in ungewöhnlichen Fixationen der Blasenwand. 
welche entweder bes der Entleerung des Organs eine rleichmäßize Con- 
traction verlindern oder durch Zerrungen am Peritoneum zu Sehmerzen 
Aulaß zeben. Schließlich hat Verf. in einer Anzahl von Fällen Ineontinenz 
und Ischurie beobachtet. M. Lubowski. 


V. Ureter, Mere ete. 


Dr. James Pick: Ueber Nierenentzündung im Säuglingsalter 
als Complication von Darmerkrankungen. Aus der Poli- 
klinik für Kinderkrankheiten von Dr. Cassel zu Berlin. (Archiv 
f. Kinderheilk., Bd. 40, H. 4-6. 


Nach einer eingehenden Besprechung der bezüglichen Angaben der 
Litteratur geht Verf. auf seine eizenen einschlägigen Beobachtungen ein, 
die sieh auf 56 Tälle erstrecken. Nach der Verschiedenheit der Krank- 
heitsbilder hat er dieselben in fünf Gruppen eingeteilt: 2 Fälle von 
Dispmoe, 5 Fälle von acutem Darmkatarrh, 23 Fälle von Cholera infan- 
tum. 4 Fälle von subacutem Darmkatarrh, 4 Fälle von chronisehem Darm- 
katarrlı. 

lu den beiden Fällen von Diaspnoe war der Harn spärlich, von 
dunkler Farbe, wenig trübe, zeigte stark saure Reaction. Der Gehalt an 
Eiweiß war bei dem einen Falle sehr reichlich, während in dem anderen 
Falle Albumen nur in Spuren nachgewiesen werden konnte. Das Sedi- 
ment bestand bei dem durch starke Eiweibreaction ausgezeichneten Falle 
aus massenhaft zranulirten Cyvlindern und Nierenepithellen. in dem 
anderen Falle dagegen fanden sieh überhaupt keine granulirten Cylinder, 
sondern ganz vereinzelt hyaline Cylinder, außerdem viele Nierenepithe- 
lien und Salze von saurem, harnsaurem Natron. Von sonstigen auf eine 
bestehende Nephritis hindeutenden Symptomen war niehts wahrzunehmen. 
OQedeme wurden in beiden Fällen nieht beobachtet. ebenso wenig traten 
irzendwelche nervöse Symptome bei den Kindern auf. Der Ausgang war 
bei dem auf starke nephritische Veränderungen hindeutenden Falle der 
Exitus. In dem anderen Falle fehlte über den Ausgang der Erkrankung 
Jerliche Kenntnis. 

Bei den Fällen von acutem Darmkatarrh war die Diurese in 
dem einen Falle reichlich. in den beiden anderen geringer als m der 


— 252 — 


Norm. Die Farbe des Urins war in allen Fällen mehr oder minder hell- 
gelb. Er hatte stets eine trübe Beschaffenheit; die Reaction war immer 
sauer. Der Eiweißgehalt des Urins war in einem Falle gering, in den 
beiden anderen Fällen waren mittlere Mengen Eiweiß nachweisbar. In 
allen drei Fällen fanden sich im Sediment granulirte Cylinder; in zwei 
Fällen war eine größere Menge Leukocyten vorhanden, welche letzteren 
sich zum großen Teile in Verfettung befanden. Außerdem wurden in 
einem Falle noch rote Blutkörperchen nachgewiesen. Als weiteres Sym- 
ptom für das Vorhandensein einer Nephritis wurden in einem Falle Oedeme 
wahrgenommen, welche auf den unteren Extremitäten und den Augen- 
lidern localisirt waren. Die Vedeme nahmen in diesem Falle entsprechend 
dem günstigen Ausgang der Erkrankung von Tag zu Tax ganz allmählich 
ab. Nervöse Symptome waren in keinem Falle vorhanden. Von den drei 
Fällen gingen zwei in Heilung aus (darunter derjenige, in dessen Krank- 
heitsverlauf die Oedeme aufgetreten waren), während der dritte nach 
14 taigiger Behandlung zum Exitus kam. | 
In den Fällen von Cholera infantum ergab der Urinbefund 

ein ganz mannigfaltiges Bild. In den meisten Fällen von Brechdurehfall 
bestand eine geringe Diurese, doch war dieselbe in einigen Fällen auch 
Teichlich. Die Farbe des Urins war in einem Teil der Fälle hellgelb, 
während sie in einem anderen Teil dunkel war. Meistenteils war der 
Urin mehr oder minder trübe, nur in vereinzelten Fällen ganz klar. Die 
Reaction des Harns war durchgehend sauer, mitunter sogar intensiv sauer. 
Der Albumengehalt war bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle reich- 
lieh, bisweilen enorm stark, andererseits aber auch nur in Spuren oder 
garnicht vorhanden, während man sich von dem Bestehen einer Nephritis 
durch die Anwesenheit der typischen Formelemente überzeugen konnte. 
Das Urinsediment fand sich bei der Cholera infantum in so zahlreichen, 
mansigefaltigen Formen wie bei keiner anderen Darmerkrankung der 
Säuglinge. Zunächst waren hyaline, sranulirte Epitheleylinder in wech- 
selnner Menge, mitunter so reiehlich vorhanden, daB das ganze Gesichts- 
feld von inten erfüllt war, demgegenüber aber aueh bisweilen so ver- 
einzelt, daß nur einige mit Mühe wahrgenommen werden konnten. Zum 
Teil kamen sie in reiner Form vor, andererseits auch mit Nierenepithelien, 
Leuxoeyten. mehr oder minder reiehlichen Fettkörnehen. Auch hinsicht- 
lich ihrer Länge und Breite zeigten sie gerade bei der Cholera infantum 
bedeutende Unterschiede. Ferner waren im Sediment in größerer oder 
germgerer Menge Epithelien vorhanden, die ihrer überwiegenden Mehr- 
zall nach aus der Niere stammten, während ein Teil von ihnen aus der 
jlase herrülute. Die Epithelien enthielten in vielen Fällen Fettkörn- 

chen, mitunter nur vereinzelt, meistens aber in ziemlich großer Menge. 
Unter den Epithelien fielen aueh solche auf, welehe sieh dureh ihre stärkere 
Größe und ihre kreisrunde Beschaffenheit von vornherein schon von den 
übrigen Fpithelien unterschieden. Bei genauerem Zusehen zeigte es sich, 


_ 253 — 


daß dieselben in der Mehrzahl der Fälle mehrere Kerne enthielten, 
während sie in vereinzelten Fällen nur einen, dafür aber einen abnorm 
groBen Kern besaßen. Auch diese Art der Epithelien zeigte deutlich 
Fettkörnchen in größerer oder geringerer Menge. Ferner fanden sich im 
Sediment in verschiedener Anzalıl weiße und rote Blutkörperchen, letztere 
aber nie massenweise. Bisweilen waren auch einzelne Bacterien gleich- 
mäßir über das Gesichtsfeld verstreut oder aber in Haufen vorhanden. 
Von anorganischen Bestandteilen waren in einem großen Teil der Fälle 
die Harnsäurekrystalle und das saure harnsaure Natron in Form des 
Ziegelmehlsediments entweder beide bei einem Fall zusammen oder aber 
dieses in einem und jenes in einem anderen Falle anzutreffen. In einer 
Anzahl von Fällen konnte im Sediment das saure harnsaure Natron zu 
Cylindern angeordnet wahrgenommen werden. — Das Auftreten von 
Oedemen bei der Cholera infantum war in verschiedenem Maße ausge- 
sprochen. Die Stärke der Oedeme stand durchaus nicht immer im ent- 
sprechenden Verhältnis zu dem Grade der Nierenerkrankung. Die 
Oedeme betrafen gewöhnlich den Hand- und Fußrücken sowie die 
Knöcheigerend: waren sie stärker ausgesprochen, so waren auch die 
Unter- vnd Oberschenkel, das Serotum resp. die Labien, schließlich noch 
die Augenlider befallen. -— Die Zahl der Heilungen ist im Gegensatz 
zu den zum Exitus kommenden Fällen eine ganz verschwindend kleine. 
Unter den vom Verf. beobachteten 23 Fällen von Cholera infantum sind 
während der Beobachtung nur zwei in Heilung übergegangen, während 
14 Kinder gestorben, T der Beobachtung entzogen worden sind. Die 
Heilung erfolet in der Weise, daß die Symptome der Nephritis allmählich 
scawinden. Die Oedeme reben zurück, der Albumengchalt des Urins 
wird immer geringer. bis überhaupt kein Eiweiß mehr nachweisbar ist. 
die Formelemente im Sediment nehmen von Tag zu Tag ab. Zuerst 
versehwinden die Cylinder, dann die weiBen Blutkérperehen und so fort, 
his schheBlich als letzte Formelemente in den Beobachtungen des 
Verf.s die Nierenepithelien nicht mehr nachzuweisen waren. Die zum 
Exitus kommenden Fälle eignen sieh besonders gut zum Studium der bei 
der Cholera infantum vorliegenden XNierenveränderungen: Es besteht 
bet der Cholera infantum in der eroßen Mehrzahl der Fälle fettire Dege- 
neration der Epithelien der Tubuli reeti et eontorti an vielen Stellen, an 
zahlreichen Stellen ıst auch eine Nekrose des Epithels der Tubuli eon- 
torti zu finden. Außerdem sind die Blutgefäße der Niere von den Capil- 
laren an bis zu den erößeren Gefäßen stark mit Blut überfüllt. Frische 
interstitielle Entzündung ist in einzelnen Bezirken der Xierenrinde. 
namentlich in den subeortiealen, vorhanden. 

In den Fällen von subacutein Darmkatarrh war die ausge- 
schiedene Urinmenge nie abnorm gering, sondern gewöhnlich normal, in 
einem Falle bestehender ausrebreiteter Oedeme sogar reichlich. Pie 
Farbe des gelassenen Urins war mehr oder weniger hellzelb. Die Durch- 


— 254 — 


sichtiekeit des llarns war meistenteils beeinträchtigt dureh eine be- 
stehende Tritbung. Die Reaction war sauer; in dem Falle mit den stark 
verbreiteten Oedemen näherte sich die Reaetion der neutralen, sie wurde 
wiederholt nur schwach sauer befunden. Die Eiweißmenge war in zwei 
Fällen nur mittelstark, in den beiden anderen dagegen wurde wiederholt 
eine beträchtliche Menge Albumen nachgewiesen. Im Urinsediment 
fanden sich die verschiedensten, für eine vorhandene Nephritis sprechen- 
den Formelemente: von Cylindern waren nachweishar hyaline, granu- 
lirte, unter letzteren solche von auBerordentlicher Länge, wie bei der 
Cholera infantum, beide in wechselnder Menge. Außerdem fanden sieh 
Nierenepithelien, Leukoeyten. freies Fett. Von anorganischen Formbe- 
standteilen waren in einem Falle nur Harnsäurekrystalle vorhanden. 
Von sonstigen auf Nephritis hinweisenden Symptomen bestanden nur 
Oedeme. Wassersucht in den Körperhöhlen war in keinem Falle. ebenso 
nicht etwa für Urämie sprechende Symptome zu finden. — Von den vier 
eben besprochenen Fällen singen drei zu Grunde. während einer in 
Heilung tiberging; es war gerade dasjenige Kind, in dessen Krankheit die 
außerordentlich starken Oedeme aufgetreten waren. 

Die Fille von chronischem Darmkatarrlh betrafen olne 
Ausnahme Kinder, welehe sieh im Zustand großer Atrophie befanden. 
Der Urinbefuud bei ihnen war folgender: Die Urinmenge war bei 
allen Fällen annähernd normal. Die Farbe war eine hellzelbe. die Durch- 
siehtiekeit in keinem Falle stärker beeinträchtigt, die Reaction deutlich 
sauer. Der EiweiBgehalt war niemals sehr reichlich, sondern höchstens 
ein mittelstarker, wenn nieht Albumen nur in Spuren vorhanden war. Der 
Sedimenthbefund war bei den einzelnen Fällen ein ganz verschiedener. 
Oedene sowie urännsche Syinptome waren in keinem Falle von ehro- 
nischem Darmkatarrh zu sehen. -— Ein Fall ging in Heilung aus. ein 
Kind wurde der weiteren Behandlung entzogen, während die beiden 
anderen mir dem Exitus endeten. 


ve 


Ueber die Aetiologie der Nierenentziindung sind alle Autoren 
mit Ausnahme von Simmonds darüber einig, daB sie eine Folge der 
Darmerkrankung ist, welcher Ansicht sich auch Verf. anschließt. Die 
Nierenaffection kann die Darmerkrankung lange überdauern: einen 
eleichzeitizen Abschluß der Nephritis und der Darmerkrankung hat Verf. 
nur in seltenen Fällen beobachten können. M. Lubowski. 


Verantwortlicher Redacteur: Professor Dre L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marsebner, Beru SW.. Alexaudrinenstr. 119. 


4 


Die Diagnostik der chirurgischen Nieren- 
erkrankungen. ') | 


kon k 
Dr. &. Kapsammer (Wien). 


Innerhalb von Jahresfrist wird das Thema der Nierendiagnostik 
zum dritten Male zur Discussion gestellt: Zuerst auf dem 34. deutschen 
ChirurgencongreB in Berlin, dann auf dem J. internationalen Chi- 
rureeneengreß in Brüssel und jetzt auf dem XV. internationalen -Medi- 
cinischen CongreB in Lissabon. Dadurch allein ist die acute Bedeu- 
tung der Frage gekennzeichnet. Kein Gebiet der Chirurgie ‘weist seit 
Beginn des 20. Jahrhunderts so bedeutende Umwälzungen auf, wie die 
Nierenchirurgie. Die Ursache für diesen Umschwung war -der nach 
der epochemachenden Erfindung des Cystoskopes dureh N itze (1878) 
von Brenner 1887 angebahnte, von Casper und Albarran 
weiter ausgebaute eystoskopische Ureterenkatheterismus. Denn die 
dadurch gegebene Möglichkeit. den Harn jeder Niere direct aufzu— 
fangen. hatte eine so wesentliche Verfeinerung der Diagnostik zur 
Felge, daß dadurch auch die Nierenchirurgie einen mächtigen Auf- 
schwung nehmen mußte. 

Auch jene, welehe gegenwärtig den Neuerungen auf dem (iebiete 
der Nierendiagnostik noch reservirt oder ablehnend gegenüberstehen, 
scheinen eben durch diese angespornt worden zu sein, manche der 
alten, bisher vernachlässigten Methoden zur Diagnose hervorzuholen 
und exact zu üben, was fiir die Ergebnisse der Nierenchirurgie ja auch 
nur von Vorteil war. 

Um die Bedeutung der neuen Untersuchungsmethoden richtig 
würdigen zu können, ist es notwendig, die älteren einer kurzen Kritik 


zu unterziehen. 


1) Rapport auf dem XV. internationalen miedieinischen CongreB in 
Lissabon (19.—26. April 1906). 


x 


— 258 — 


Bisher war die chirurgische Nierendiagnostik auf einer Reihe sub- 
jectiver Symptome aufgebaut. Entsprechend der anatomischen Lage 
des Harnapparates betreffen die subjectiren Symptome die Lenden- 
und Unterbauchgegend. Ein dumpfer Schmerz in der Lumbalgegend 
ıst häufig das einzige subjeetive Zeichen einer Nierenerkrankung. Doch 
dieser Schmerz kann — selbst bei weit vorgeschrittener Erkrankung — 
vollkommen fehlen. er kann aber auch dureh Erkrankung anderer Or- 
gane bedingt sein: er kann rein nervöser Natur sein. Andererseits 
kann bei Nierenerkrankung der Schnierz zwar in der Lumbalgegend 
fehlen, dafür aber viel tiefer, gegen die Leistengegend zu localisirt sein, 
wenn ein Tiefstand des Organes besteht. 

Für Nierensteinkoliken wurden als charakteristiseh anfallsweise 
auftretende, im Verlaufe des Ureters nach unten zu ausstrahlende 
Schmerzen augegeben, doch lehrt die Erfahrung, daß ganz dieselben 
Erscheinungen in den verschiedensten Erkrankungen der Niere und 
auch anderer Organe ıhren Ursprung haben können. Sie kommen vor 
bei Wanderniere, bei Nierentuberculose, bei Nierenbeckeneiterungen, 
bei Nierentumoren und sind im allgemeinen charakteristisch fiir den 
acuten Jlarnleiterverschluß; gleiche Schmerzen werden von Patienten 
mit Gallensteinkolik, iin Appendieitisanfall, schließlich auch bei Darm- 
erkrankungen und Tabes angegeben. 

Es ist auch zur Gienüge bekannt, daß die Schmerzen auf der contra- 
lateralen Seite loealisirt werden können. Im allgemeinen möchte ich 
bezüglich dieses sogenannten reno-renalen Reflexes etwas zur Vorsicht 
mahnen; er wird oft bei Nierensteinkrankheit diagnosticirt, wo bei 
einseitigem Schmerze die Röntgenuntersuchung auf der schmerzhaften 
Seite nichts, dagegen auf der gegenüberliegenden, stets schmerzfreien 
Seite einen Steinschatten nachweist. In solchen Fällen ist es ja gar 
nicht ausgeschlossen, daß die eventuell abgegangenen Steinchen wirk- 
lich von der schmerzhaften Seite stammen, daß daselbst kleine Concre- 
mente vorhanden sind, welche réntgenographisch nicht nachgewiesen 
werden können, während der große Stein auf der anderen Seite gar 
keine Schmerzen verursacht haben muß. Gerade bei den Steinen ist 
die Größe dem Schmerze nicht proportional; ja man könnte fast sagen, 
daß kleine, im Nierenbecken frei bewegliche Steine mehr Schmerzen 
verursachen, als große, welche meist fest eingekeilt sind. Ich habe 
wiederholt große Nierenbeckensteine gesehen, welche gar keine Be- 
schwerden hervorriefen und andererseits wieder kaum bohnengroße, 
welche die unerträglichsten Schmerzen verursachten, obwohl sie ohne 
Pyelitis, ohne Blutungen einhergingen. Die Schmerzen scheinen mir 
häufig in der Dehnung des Nierenbeckens ihre Ursache zu haben, welche 


ganz besonders dann eintritt, wenn der Stein den normalen AbfluB des 
JIarnes verhindert. Es wird also bei Nierenbeckensteinen bezüglich 
der Schmerzen neben anderen Umständen auch darauf ankommen, ob 
.der Stein den Harn neben sich regelmäBbig abflicßen lüßt, ober ob er 
dafür ein Hindernis abgiebt. 

Weiter können, wie sehon erwähnt, bei Nierenerkrankungen sub- 
Jecetive Erscheinungem von der Niere aus vollkommen fehlen, während 
die Symptome von Seite der Blase in den Vordergrund treten; ich 
habe wiederholt gesehen, daß die einzige Klage, welche Patienten mit 
Nierentuberculose, ja selbst mit großen tuberculösen Pyonephrosen 
vorbringen, die des häufigen Harndranges ist. Dabei kann, wie uns 
das Uystoskop lehrt, die Blasenschleimhaut vollkommen intact sein; 
.der Harndrang wird in solchen Fällen durch refleetorisch vom Ureter 
oder vom Nierenbecken ausgelöste Blasencontracetionen verursacht. 

Auch den von Bazy in jüngster Zeit wieder in Erinnerung ge- 
trachten verschiedenen Sehmerzpunkten kommt wohl nieht im ent- 
ferntesten jene Bedeutung zu, welehe der Autor ihnen beizulegen ge- 
neigt ist. 

Allgemeinsymptome, wie zeitweise auftretender Kopfschmerz, 
Schwindel, Brechneigung werden nicht so selten ätiologisch falsch 
gedeutet und nicht auf Nierenerkrankungen bezogen, obwohl sie die 
«sten subjectiven Zeichen einer schweren Functionsstôrung der Nieren 
sein können. 

Die objectiven Zeichen der Nierenerkrankung sind nachweisbare 
"Veränderungen des Organs und Veränderungen seines Functions- 
prrauctes, des Harnes. 

Mittels der gewöhnlichen klinischen Untersuchungsmethoden (In- 
section, Palpation, Percussion) lassen sich Veränderungen an der 
Niere feststellen, die sich auf ihre Lage, Größe und Form beziehen. 
Während normaler Weise kaum der untere Nierenpol zu tasten ist, 
wird manchmal das ganze Organ der Palpation zugänglich. Wenn 
die Pulpation auch, entgegen der Inspection und Percussion, häufig eine 
gute Orientirung gestattet, läßt sie uns doch sehr oft vollkommen im 
Stich. 

Zunächst entziehen sich selbst mannsfaustgroße Tumoren des 
‘oberen Nierenpoles der Palpation meist vollkoınmen, ja es fehlt, wenn 
sie links sitzen, häufig auch die pathognomouische Palpationsmöglich- 
keit des normal gestalteten unteren Nierenpoles (Albarran, Rov- 
sing, Kapsammer) und selbst kindskopfgroße Nierencystome 
<énnen sich der Palpation entziehen (Rovsing, Kapsammer). 

Wenn die Niere ihren normalen Platz verlassen hat, das Perito- 





— "on 


neum einstülpend in die Bauchhöhle gewandert ist, liegen Verhältnisse 
vor, welche auf dem Wege der Palpation und Percussion kaum erkannt 
werden können. Aber auch ohne so bedeutende Lageveränderungen 
der Niere ist es sehr häufig unmöglich, durch die Palpation allein einen 
Tumor der Milz, des Pankreas, des Colon, des Appendix, der Leber oder 
der Gallenblase von einem Nierentumor zu unterscheiden. 

Das Bestreben, die Inspection und Palpation in einwandfreier 
Weise vornehmen zu können, führte zu dem Vorschlag der probe- 
weisenFreilegungder Niere. 

Daß die ebenfalls zur Vervollkommnung der alten diagnostischen 
Methoden häufig in Anwendung gekommene Probepunction selbst bei 
Pvonephrose und Hydronephrose kein unfehlbares diagnostisches Hilfs- 
mittel bietet, beweist ein Fall von Billroth, bei welchem in dem 
Inhalt einer operirten IIydronephrose chemisch keine Harnbestandteile 
nachgewiesen werden konnten. 

Die Methode, während der Nephrectomie das Peritoneum zu er- 
öffnen, um durch die Bauchhöhle hindurch sich mittels Palpation von 
dem Vorhandensein der zweiten Niere zu überzeugen (Kocher 1894), 
hat in so ausgezeichneten Händen, wie die von v. Eiselsberg 
einer eclatanten Mißerfolg erlebt, indem sich das als Niere ange- 
sprochene Organ bei der Obduetion als Kopf des Pankreas entpuppte, 
während die zweite Niere fehlte. 

Da die probeweise Freilegung der Niere (Morris 189, Rov- 
sing 189, Edebohls 1898, Küster 1901) selbst noch in jüngster 
Zeit von ihren Schöpfern Küster und Rovsing empfohlen, von 

Jazyv,P. Wagner, Giordanound Albrecht vertreten wird, 
erscheint es nötig, auf diese Frage etwas näher einzugehen. Unter 
den genannten Autoren hat nur Rovsing von den neuen Methoden, 
in erster Linie von dem Ureterkatheterismus in ausgedehnter Weise 
Gebrauch gemacht; aber selbst für jene Fälle, für die Rovsing 1904 
mangels anderer diagnostischer Behelfe die probeweise Freilegung 
noch empfehlen zu müssen glaubt, nämlieh für die Schrumpfniere und 
das Niereneystom, haben wir, wie später ausgeführt werden soll, in den 
neuer functionellen Methoden die verläßlichsten diagnostischen Mittel. 
Jene Autoren aber, welche wegen ihres Vertrauens auf die Vorschläge 
Küster’sund Rovsing’s nicht gewohnt sind, in der Regel den 
Ureterenkatheterismus auszuführen, werden nicht so selten in die Lage 
kommen, beide Nieren freilegen zu müssen. Trotz dieser directer 
Inspection des Organes kann eine oberflächlich vollständig normal aus- 
schende Niere in ihrem Innern einen kleinen Tumor, ein Nieren- 
leckenpapillom, tubereulöse Ulcerationen an den Papillenspitzen oder 


— 261 — 


tuberculöse Cavernen beherbergen (Albarran, Kapsammer). 


Es genügt also nicht, die Nieren freizulegen, sie müssen auch gespalten 


werden, und Giordano vertritt auf: dem ersten internationalen 
Chirurgencongreß in Brüssel 1905 in der That den probeweisen bei- 
derseitigen Sectionsschnitt. Abgesehen von allem anderen, 
worauf ich gleich zu sprechen kommen werde, ist die Frage zu beant- 
worten, ob ein derartig radicales Vorgehen den riehtigen Aufschlub 
bezüglich der anatomischen und functionellen Intactheit der Niere zu 


geben vermag. Darauf müssen wir mit einem entschiedenen „Nein“ 


antworten. Denn alle jene, welche häufig Gelegenheit haben, Obduc- 
tionen beizuwohnen. werden mir zugeben, daB sehr oft die pathologi- 
schen Anatomen vor Abgabe des Obductionsbefundes den Kliniker 
über das Vorhandensein von Cylindern oder Albumen im Harne be- 
Trapen, weil es vielfach nicht möglich ist, makroskopisch die Diagnose 
einer Nephritis zu stellen. Einen diesbezüglichen ganz klassischen 
Yall zu beobachten, hatte ich vor kurzem Gelegenheit: Ein Patient, bei 
welchem die Diagnose ‚Parenchymatöse Nephritis der zweiten Seite“ 
gestellt war, starb kurze Zeit nach der Nephrectomie unter den Er- 
scheinungen des Herztodes; die Autopsie der zurückgebliebenen Niere 
lic außer ganz vereinzelten Absorptionen an der Oberfläche weder 
auben, noch am Sectionsschnitt eine pathologische Veränderung er- 
kennen, so daß man selbst bei der Obducetion dieser Niere die Fähigkeit, 
die gesamte Function zu übernehmen, zusprechen mußte. — Die histo- 


logische Untersuchung ergab aber eine schwere parenchymatöse 
Nepkritis, welche wohl kliniseh diagnosticirt, bei 


der Obduction aber nieht erkannt werden konnte. 
Es genügt also auch der Sectionsschnitt nieht; man müßte die Niere 
auch. histologisch untersuchen. Dazu kommt aber auch ein zweites 
nieht zu unterschätzendes Moment in Betracht, nämlich die Gefähr- 
lichkeit eines solchen Eingritfes. Wir wissen aus den Mitteilungen von 
v. Frisch, von Barth, daß nach Nierenspaltung animische In- 
farcte von bedeutender Größe auftreten können, daß wiederholt nach 
einer Nephrotomie wegen Blutung oder Gangrän (Barth) secundäre 


Nephrectomie gemacht werden mußte. Paltauf sah nach Sections- 


schnitt die Bildung eines traumatischen Aneurysmas, aus welchem sich 
der Patient verblutete. Braatz faud vier Jahre nach dem Sections- 
schnitt eine ganz atrophische Niere, — ich-selbst habe dreiviertel Jahre 
nach Nephrotomie einer entzündlich bedeutend vergrößerten Niere, 
trotz vollkommen freien Harnabtlusses nach zwei Seiten hin, an Stelle 
der Niere einen fast pergamentartig dünnen. häutigen Sack exstirpirt. 
Wenn lsrael für die Ungefährlichkeit eines exaet ausgeführten und 


genähten Nephrotomieschnittes eintritt, so sind seiner Ansicht die 
experimentellen Untersuchungen Langemak’s gegenüberzustellen, 
naclı welchen jeder Nierenschnitt bei entsprechender Tiefe einen In- 
farct zur Folge hat. 

Mit Rücksicht darauf erscheint es wohl nicht gestattet, bei pro- 
jeetirter Exstirpation einer Niere, vorher die andere vollkommen zu 
spalten, um so mehr, als uns die neuen Methoden der Functionsprüfunz 
bei entsprechender Anwendung vielfach die gleichen oder sogar noch 
genauere Aufschlüsse zu geben im Stande sind, als die histologische 
Untersuchung. 

Die Untersuchung des Nierensecretes bezieht sich auf die physi- 
kelischen, chemischen, mikroskopischen und bacteriologischen Bestand- 
teile; sie ist von großer Bedeutung und darf in keinem Falle vernach- 
lässigt werden. Vor allem die mikroskopische Untersuchung kann. 
selbst an «dem Gesamtharne vorgenommen, schon von der größten Be- 
deutung werden: Cylinder und Nierenepithelien sind unbedingt be- 
weisend, wenngleich sie uns im Gesamtharne über Ein- oder Beider- 
scitigkeit des Processes nichts sagen, und wenn auch ihr Fehlen nicht 
immer ein Beweis gegen parenchymatöse Nephritis ist (Cassel, 
Hennoch, Monti). Der Nachweis von Bacterien im Gesamtharne 
characterisirt wohl die Art der Erkrankung, sagt uns aber an und für 
sich nichts näheres über deren Sitz; Bacterienbefunde im Nierenharne 
beweisen wohl mehr, als eine bloße Durchgängigkeit der Drüse, denn 
aus den Arbeiten von Wyssokowitsch 1886, Cotton 1896. 
Asch 1902 geht hervor, daß es sich in jedem Falle, wo Bacterien im 
Nierenharn nachzuweisen sind, um eine durch die Mikroorganismen 
verursachte Gewebsläsion handelt. 

Wichtige Aufschlüsse vermag uns die physikalisch-chemische 
Harnuntersuchung zu geben. Allzu häufig werden leider auch gegen- 
wärtig noch derartige Symptome, wie beispielsweise eine Hämaturie, 
zu wenig beachtet. Kine bei vollkommenem Wohlbefinden auftretende 
Jlämaturie wird nur allzu oft wegen ihres raschen Verschwindens 
gering geschätzt und vergessen ; die in Laienkreisen so weit verhreitete 
Ansicht, es handle sich nm Blasenhiimorrhoiden, wird zur Selbsttäu- 
schung herangezogen, wo eine eingehende instrumentelle Untersuchune 
den Sitz der Erkrankung rechtzeitig erkennen ließe. Die Ursache für 
dos große Mortalitätsprocent der operirten Nierentumoren scheint 
mir nicht so sehr in diesen selbst zu liegen, als vielmehr in den Aerzten. 
welche es versäumt haben, bei der ersten Hämaturie die erforderlichen 
Maßnahmen behufs einer exacten Diagnose zu treffen. Bei Hämaturieır 
ist es meist nicht möglich, aus dem blutigen Harne allein die Ditfe- 


— 263 — 


rentialdiagnose zwischen Nieren- und Blasenblutung zu stellen. Wurm- 
fCrmige Blutgerinnsel, welche als Harnleiterausgüsse für Nieren- 
blutungen charakteristisch sein sollen, können auch aus der Urethra 
stammen; die Veränderungen, der Zerfall der roten Blutkörperchen, 
welche im allgemeinen als für Nierenblutung bezeichnend angesehen 
werden, finden sich in der gleichen Weise bei Blasenblutungen mit 
Residualharn. Das aus dem Institute von Freund in Wien zuerst 
von Grosz 1894 angegebene verschiedene tinetorielle Verhalten des 
in dem Harnsedimente vorhandenen ,„Schleims“ bei Färbung mit einer 
1 proc. Lösung von alizarinsulfosaurem Natrium wurde bisher an keiner 
anderen Stelle nachgeprüft; es soll eine Differenzirung insofern mög- 
lich sein, als sich der „Schleim“ bei Blasenprocessen rot färbt, während 
er bei Nierenaffeetionen ungefärbt bleibt. 


Unter solehen Umständen muß es Wunder nehmen, daß eine so 
souveräne Methode, wie die Cystokopie, seit ihrer Erfindung durch 
Nitze 1878 nur so langsam sich Eingang verschaffen konnte. 


Schon die Vorbereitung für die Cystoskopie giebt uns manchmal 
cin:ge Anhaltspunkte fiir die Quelle der Eiterung oder der Blutung. 
Stainmt das Blut oder der Eiter aus der Blase, so wird bei Präparation 
der J)lase die Spülflüssigkeit meist nur langsam klarer; stammt die 
blutige oder eitrige Trübung aus der Niere, so tritt die Aufhellung 
meist sehr rasch ein, um eventuell bei der nächsten Uretercontraction 
wieder zu verschwinden. 

Ist nun die Quelle der Blutung oder der Kiterung in der Niere 
fcstgestellt, so erwächst die weitere Frage, ob wir aus ihrer Intensität 
einen Schluß auf die Ausdehnung des Processes ziehen können. Dies 
ist auch nieht annähernd der Fall. Wir finden bei Nieren, welche 
mikroskopisch kaum eine Veränderung zeigen, abundante, ja selbst 
lebensgefährliche Blutung, während eine kaum fleischwasserähnliche 
biutige Färbung bei schwerer anatomischer und functioneller Läsion 
bestechen kann, und andererseits die Blutung selbst bei großen Nieren- 
tumoren vollständig fehlen kann. Achnlich ist es auch mit der Eiter- 
heimengung; eine starke Eiterbeimengung kann dem Durchbruch eines. 
Nicrenabscesses, einer Caverne in das Nierenbecken ihre Entstehung 
verdanken, wobei das übrige Nierenparenehyin keine wesentlichen ana- 
ton:ischen und functionellen Läsionen aufweisen muß; eine ganz ge- 
ringfügige eitrige Trübung kann von einer tuberculös auf das schwerste 
veränderten Niere, von einem schlaffen, pyonephrotischen Sacke stam- 
men, der vollständig functionsuntüchtig ist, endlich kann ein voll- 
kommen klarer Harn von einer in ihrer Erkrankung weit vorgeschritte- 


— 264 — 


nen Schrumpfniere, von einer Cystenniere herrühren, welche aces 
functionem nicht mehr in Betracht kommen. 

Ich habe wiederholt solche Fälle gesehen und ich erinnere an den 
Fall Steinthals 1896, eine Patientin betreffend, welche nach 
Nephrectomie unter urämischen Erscheinungen zu Grunde ging; bei 
der Autopsie fand man an Stelle der zurückgebliebenen Niere, von 
welcher vor der Operation das Abflicßen klaren Secretes diagnosticirt 
worden war, einen mit klarer Flüssigkeit gefüllten Sack. 

Gewöhnlich besteht die chemische Untersuchung des Harnes in 
erster Linie aus der Bestimmung des Eiweißgehaltes. 
So wertvoll die Kenntnis des Eiweißgehaltes unter Berücksichtigung 
aller übrigen Momente ist, so leicht kann man zu Trugschlüssen kom- 
inen, Wenn man ihr allein folgt. Zunächst sei daran erinnert, daß der 
preeentuarische Eiweißgehalt nur unter Berücksichtigung der Harn- 
menge zu verwerten ist; denn er steht im umgekehrten Verhältnisse 
zu dieser. Es sollte also eigentlich immer die absolute Eiweißmenge 
bestimmt werden. Wie wichtig dies unter Umständen ist, geht zum 
Beispiel daraus hervor, daß Neumann nachgewiesen hat, Pavy 
wäre bei seinen Untersuchungen gerade zu den entgegengesetzten 
Schlüssen gekommen, wenn er statt des procentuarischen Albumen- 
gehaltes die absolute Eiweißmenge in Betracht gezogen hätte. Aber 
auch der absolute Eiweißgehalt des Harnes allein giebt uns keine ver- 
läßlichen Aufschlüsse über den anatomischen und functionellen Zu- 
stand der Nieren. Wir schen Patienten mit hohem Eiweißgehalt im 
Ifarne ohne Beschwerden herumgehen, und andere mit Spuren von 
Albumen uriimisch zu Grunde gehen. Ich habe vor kurzem eine Pa- 
tientin mit 40 %oo Albumen und Cylindern im Harne ohne Oedeme, 
ohne krankhafte Erscheinungen am Herzen, scheinbar bei Wohlbefinden 
geschen. Andererseits sei an die schlappen, pyonephrotischen Säcke er- 
iunert, deren Secret nur Spuren von Albumen enthält, obwohl oder 
gerade weil ihr functionsfiihiges Parenchym schon ganz zu Grunde ge- 
gangen ist. Endlich kann nicht nur bei chronischer parenchymatöser 
und interstitieller Nephritis, sondern auch bei Schrumpfniere und 
C'ystenniere Albumen im Harn vollständig fehlen, wie aus den Beob- 
achtungen zahlreicher Autoren hervorgeht. | 

Seit Tuffier 1889 auf experimentellem Wege nachgewiesen 
hat, daß eine Verminderung der Menge des functionsfihigen Nieren- 
parenchyms in einer Herabsetzung der Harnstoffmenge zum Ausdruck 
kommt, haben Albarran, Rovsing, Israel, Casper und 
Richter die Harnstoffbestimmung zur Diagnostik chirurgischer 
Nierenerkrankungen herangezogen. Albarran nimmt 1905 an. daß 


— 265 — 


die Niere eines Erwachsenen während einer zweistündigen Unter- : 
suchung 1,20—1,80 g Harnstoffes ausscheiden müsse, daß eine zwei- 
stündige Menge unter 0,75 g eine schlechte Functionsfähigkeit bedeute; 
Albarran fügt aber sofort hinzu, daB er eine Patientin, deren 
zum Zurückbleiben bestimmte Niere innerhalb von zwei Stunden nur 
0,52 g Harnstoffes aussehied, mit gutem Erfolg nephrectomirte. 
Der Wert der Harnstoffbestimmung für die Nieren- 
diagnostik scheint ein sehr problematischer zu sein. Den Unter- 
suchungsergebnissen einer Reihe von Autoren, welche bei Nephritis 
eine Verminderung der. Harnstoffausscheidung beobachteten, įst ent- 
gegenzubalten, daß Rosemann 1899 auch bei — allem Anschein 
nach — gesunden Nieren eine erhebliche Stickstoffreteution fand, daß 
umgekehrt wieder Fränkel und Kornblum bei Nephritis keine 
Herabsetzung, Telegen sogar eine gesteigerte Ausfuhr von Stick- 
stoff beobachtet haben, daß schließlich Leube und Salkowski, 
v. Noorden und Ritter, Prior, Müller, Mann bei 
Nephritis Perioden von normaler mit solchen von bedeutend vermin- 
derter Stiekstoffausscheidung abwechseln sahen. Es kann keinem 
Zweifel unterliegen, daß diese widersprechenden Resultate auch in ver- 
schiedenen Untersuchungsbedingungen ihre Ursache haben; es kann 
nicht gleichgiltig sein, ob eine solche Prüfung hei normaler. Kost oder 
bei Nephritisdiät vorgenommen wird. Casper und Richter be- 
tonen, daß Untersuchungen in der gewohnten Weise nur die Ausfuhr 
des Stickstoffes durch die Nieren zu prüfen, ohne Controle der Ein- 
fuhr, wertlos seien; es wäre demzufolge ein exacter Stoffwechselver- 
such notwendig. Diesbezüglih kommen Kövesi und Roth- 
Schulz, welche sich. in Jüngster Zeit wieder eingehend mit dieser 
Frage beschäftigt haben. zu dem Schlusse, der Stoffwechsel- 
versuch wäre, ınfolge seiner methodischen 
Schwierigkeiten nicht einmal dann geeignet, in 
einer den praktischen Bedürfnissen dienenden 
Diagnostik eine größere Rolle zu spielen, wenn 
die Verwertung seiner Ergebnisse durch den zu 
losen Zusammenhang zwischen Stiękstoffreten- 
tion und anatomi schen Veränderungen nicht be- 
einträchtigtwürde. u | 
Wirsehenalso,daßvondenalten Methoden der 
Nierendiagnostik keine einzige im Stande ist, 
unsverläßliche Aufschlüsse zuverschaffen;alle 
zusammengenommen geben in vielen Fällen ein 
gewisses Gefühl der Sicherheit. sie führten aber 


— 266 — 


oft genug zuverhingnisvollen Tiiuschungen. Tie 
Zahl der publicirten Milerfolge ist eine viel zu große, um sie ner 
ltevue passiren zu lassen, und überdies ist noch zu bedenken, daß eine 
weit größere Zahl nicht publieirt ist. Eine Statistik von Mankie- 
vicz, die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts betreffend, weist 25 Nie, 
rentode auf, welche unmittelbar nach der Nephrectomie eintraten. 
Tuffier hatte in einer älteren Serie von 18 nephrectomirten Tuber- 
culosen 12 Nicrentode, das sind 63,1 pCt. Bezeichnend für diese alte 
Acra sind auch die beiden von Pinner 1898 publicirten Fille, wo 
die vergrößerte, druckempfindliche Niere, welche im Gegensatz zu 
ihrem Schwesterorgane Krankheitserscheinungen darbot, thatsiichlich 
aber die Gesamtfunction übernommen hatte, als die kranke ange- 
sprochen wurde, während die andere, anscheinend gesunde Niere voll- 
kommen zu Grunde gegangen war; in einem dieser Fälle wurde die 
compensatorisch hypertrophirte Niere exstirpirt. Bedenken wir, daß 
die erste Nephrectomie von Simon 1869 nur einer falschen Diagnose 
ihre Entstehung verdankte, daß von Depage, von de Letrez, 
von Lotheisen (Klinik Billroth) Nierentumoren als Ovarial- 
tumoren exstirpirt wurden, daß in letzter Zeit an derv.C zerny’ schen 
Klinik eine Hydronephrose als Ovarialeyste operirt wurde, wobei nicht 
einmal während der Operation die richtige Diagnose gestellt werden 
konste, daß von Reverdin ein perirenales Fibrom von 48 Pfund 
als extrauterine Schwangerschaft angesprochen. daß schließlich von 
cinem amerikanischen Chirurgen einer Patientin eine Niere auf vagi- 
nalem Wege entfernt wurde, weil man sie für einen Adnextumor ge- 
halten hatte, so muß zugegeben werden, daß die alten Methoden der 
Nierendiagnostik dringendst eines Ausbaues bedurften. 

Die Erfindung Nitze’s 1878 bildet die Basis fiir die neuen Er- 
rungenschaften in der Nierenchirurgie. Vorher hat schon Simon 
1S75 den Weg zu einer exacten Nierendiagnostik gezeigt, indem er 
bein: Weibe den Treter unter Leitung des Fingers sondirte, nachdem 
in Narkose die Urethra gedehnt worden war. Grünfeld in Wien 
war der erste, welcher 1876 bei der Frau unter Leitung des Auges 
mittelst der Stirnlampe und Urethraltubus den Ureter sondirte. Es 
muß verwundern, daß, nachdem Brenner 1887 das erste Ureteren- 
eystoskop construirt hatte, — ein Instrument, das noch heute vielfach 
in Anwendung steht, so viele Zeit vergehen mußte, bis die Allgemein- 
heit. der Chirurgen anfing, diese epochemachende Erfindung zum Wohle 
ihrer Patienten zu verwerten. 

Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß die große Be~- 
deutung derselben vielfach nicht erkannt worden ist. Wie einerseits 


ea: 


jede Anregung zum weiteren Ausbau der Methode fehlte, so wirkte 
andererseits gerade auch das Urteil maßgebender Nierenchirurgen 
hemmend. Israel sagte 1890: ‚Ich glaube, daß der praktische Wert 
der Cystoskopie für die Nierenchirurgie ein geringer sein, nur in Aus- 
nahmsfallen zur Geltung kommen wird.“ Und 1894, sieben Jahre nach 
Erfindung des Ureterencystoskops, giebt derselbe Autor als einziges 
Mittel, um bei eiternden Nephrectomiefisteln ein sicheres Urteil über 
den Zustand der zweiten Niere zu gewinnen, das Einnühen des Ureters 
der kranken Seite in die Bauchwand an. Bazy charakterisirt übrigens 
1903 das getrennte Auffangen des Harns jeder Seite als eine über- 
flüssige Spielerei. 

Das Instrumentarium wurde 1895 von Casper, 1897 von Al- 
barran in der glinzendsten Weise vervollkommnet, so daß uns gegen- 
wärtig ausgezeichnete Mittel zur Verfügung stehen, um in einer 
Sitzung beide Ureteren zu sondiren, um der idealen Anforderung, 
gleichzeitig das Secret von beiden Nieren direct aufzufangen, voll- 
kommen zu genügen. Während nur wenige an der Erreichung dieses 
Ideals mitgearbeitet haben, haben sich später viele bemüht, Mittel und 
Wege zur Umgehung des Ureterenkatheterismus zu finden, wobei viel- 
fach auf ältere Ideen zurückgegriffen wurde. Es scheint mir, daß dabei 
eine gewisse Aengstlichkeit vor der Erlernung und Ausführung des 
Ureterenkatheterismus eine groBe Rolle gespielt hat, welche Aengst- 
lichkeit gewib nicht am Platze war, denn ich kann nur mitt Kümmell 
sagen: „Ich glaube nicht, daß derjenige ein Gegner des Ureteren- 
katheterismus ist, oder Nachteile von demselben gesehen hat, der die 
Technik beherrscht.“ 

Es wurden wiederholt Bedenken ausgesprochen, bei kranker Blase 
den gesunden Ureter zu sondiren und diese Maßregel auch als über- 
fiüssig bezeichnet. Dagegen ist zunächst einzuwenden, daB wir bei 
dem Bestreben. Frühdiagnosen zu stellen, sehr häufig an die Aufgabe 
de: Diagnosenstellung herantreten, ohne einen verläßlichen Anhalts- 
punkt über den Sitz der Erkrankung zu haben; und in jenen Fällen 
wieder, wo das Krankheitsbild so sehr ausgesprochen ist, daß über die 
Seite der chirurgischen Nierenerkrankung nicht der geringste Zweifel 
besteht, haben wir das weit größere Interesse gerade an der zweiten, 
zum Zurückbleiben bestimmten Niere. über deren anatomischen und 
functionellen Zustand uns in einwandfreier Weise zu orientiren, nur 
auf dem Wege des Ureterkatheterismus möglich erscheint. Von 
größtem Werte in derartigen Fällen ist natürlich eine gute Technik 
und die Ausführung der prophylactischen Instillation nach denı Kathe- 
terismus. Jch sondire principiellimmerbeideUreteren, 


— 268 — 


und ich habe bei ca. 1000 Ureterensondirungen, trotz genauer Be- 
obachtung der Patienten niemalsauchnurdengeringsten 
Nachteil davon gesehen. Während also durch den einzei- 
tigen, beiderseitigen Ureterenkatheterismus der 
idealen Anforderung, den Harn von jeder Niere direct aufzufangen, 
vollkommen Genüge geleistet wird, müssen wir die in jüngster Zeit von 
manchen Seiten so warm empfohlenen Separatoren als minderwertige 
Auskuñftsmittel bezcichnen, von denen übrigens Lu y s selbst sagt, sie 
seien für jene bestimmt, welehe nur „un peu au courant des pretiques 
urinaires “sind. Thre Anwendung ist nach dem Ausspruche Rafin’s 
nicht einfacher, nicht leichter, als der Ureterenkatheterismus, wogegen 
ihre Resultate niemals einwandfrei erscheinen, denn der bei ihrer An- 
wendung aufgefangene Harn hat die ‚Blasenschleimhaut, welche aus- 
geschaltet werden sollte, passirt. Siesagenunsmeistnicht 
mehr, als eine exact aus sgeführte Cystoskopie, 
aber immer weniger als der Uroterenkatheteris- 
mus. . 

Von allen Einwänden, welche Luys gegen den Ureterenkathete- 
rismus ins Feld führt, scheint mir nur der einzige Berechtigung zu haben, 
daß durch denselben Anomalien in der Nierenseeretion hervorgerufen 
werden können. Ich habe 1903 auf diese Secretionsanomalien auf- 
merksam gemacht und gleichzeitig gezeigt, wie wir uns durch genaue 
Messungen über ihr Vorhandensein und ihre Größe genau orientiren 
können. Durch den Ureterenkatheterismus ist häufig eine Polyurie, 
seltener eine Oligurie oder Anurie bedingt, Störungen der Secretion, 
welehe meist in ungefähr einer Stunde vorübergehen. Nur der reflec- 
torischen Polyurie kommt eine größere Bedeutung zu, da sie ganz be- 
deutende Grade erreichen kann a z. B. einen Liter in ein und einhalb 
Stunden von einer Niere. Es ist daher wichtig, sie als solche zu 
erkennen, um Trugschlüssen zu entgehen.” Da es sich auch hier, ähn- 
lich wie bei gesteigerter Wasseraufnahme, oder bei der durch psychische 
Alterationen bedingten, nervösen Polyurie nur um eine gesteigerte 
Wasserausscheidung handelt, so sinkt dadureh der Procentgehalt aller 
normalen und anormalen Harnbestandteile bedeutend herunter; wir 
bekommen dadurch bei der Functionsprüfung Resultate, welche einem 
schlaffen hydronephrotischen Sack, oder einer Schrumpfniere ent- 
spreehen können. Aber auch die Eiweißuntersuchung kann täuschende 
tesultate ergeben, insofern dann nur Spuren nachgewiesen werden, 
wa. bei normaler Wasserausscheidung ein Eiweißgehalt von 1—2 °aa 
vorhanden wäre, ebenso wie nur eine Spur eitriger Trübung erschei- 


nen kann, wo sonst eine ausgesprochene Pyurie besteht. Man müßte 


— 269 — 


also in solchen Fällen statt des procentuarischen den absoluten Gehalt 
an normalen und pathologischen Harnbestandteilen bestimmen, und. 
dies ist wieder sehr häufig nicht möglich, weil, wie ich durch genaue 
Messungen nachweisen konnte, wie auch Sard ‚ Rovsıng u. A. 
beobachtet haben, ein 'Teil’des Harnes, ja oft die größere Menge neben. 
dem Ureterenkatheter abfließt, und es dann meist unmöglich ist, zu be- 
stimmen, wie viel von rechts und wie viel von links stammt. 

Unter solchen Umständen können wir also einmal einen’ wasser- 
hellen Harn von niederem specifischem Gewichte, von geringem pro- 
centuarischen Harnstoffgehalte auffangen, welcher das Functions- 
preduct einer vollkomnien normalen oder "sogar einer bereits com-- 
pensatorisch hypertrophirten Niere darstellt, während ein anderes Mal 
ein chenso zusammengesetzter Harn von einer Hydronephrose, von einer 
Schrumpfniere, von einer Cystenniere herrühren kann. Andererseits. 
habe ich bei arteriosklerotischer Schrumpfniere und bei Cystenniere: 
auch ganz normal aussehenden, eiweißfreien Harn gefunden. Ein 
diluirter, leicht eitrig getrübter Urin mit nur Spuren von Albumen: 
kann unter den oben genannten Umständen das Functionsproduct’'einer' 
Nicre sein, welche bis auf eine leichte Nierenbeckenentziindung intact. 
ist, und ebenso gut kann er einem schlaffen, vollkommen functions- 
untüchtigen Sacke entsprechen, welcher das Endproduct eines hydro- 
nephrotischen oder pyonephrotischen Processes darstellt. ©” Welche 
Mittel haben wir nun in solchen Füllen, um eine Orientirung über 
den Functionszustand der Niere zu gewinnen? Besteht ein Parallelis- 
mus zwischen dem Grade der Functionsstörung und dem Grade der 
anatomischen Läsion? 

Nachdem die alten Methoden selbst ganz groben diagnostischen 
Anforderungen gegenüber sich sehr häufig nicht gewachsen erwiesen, 
nachdem auch der UÜreterenkatheterismus mit der physikalischen, 
chemischen, mikroskopischen, bacteriologischen Untersuchung des 
separat aufgefangenen Sekretes manche Fragen über den anatomischen 
und funktionellen Zustand der Nieren nicht zu:lösen vermochte, so 
ergab sich die Notwendigkeit, die Untersuchungsmethoden im Inter- 
esse einer exacten chirurgischen Nierendiagnostik, im Interesse einer 
exacten Indicationsstellung weiter auszubauen. 

Die neueren Untersuchungsmethoden bewegen sich im wesent- 
lichen in zwei Richtungen: die erste ist durch jene 
Methoden charakterisirt, welche in den neuen Errungenschaften der 
physikalischen Chemie fußen, sie bestehen in der Untersuchung des 
Harnes von neuen Gesichtspunkten aus, ohne künstliche Beeinflussung 
der Nierenfunction; hierher gehören die Cryoskopie, die Prüfung des. 


= 0 


Brechungsexpenenten und des elektrischen Leitungswiderstandes. 
Diezweite Richtung erscheint durch jene Methoden charakterisirt, 
welche auf einer künstlichen Beeinttussung der Nierenfunetion be- 
ruhen; sie bestehen in der Einverleibung von Substanzen, welche dem 
Organismus zumeist fremd sind, um deren Ausscheidung durch die 
Nieren zu prüfen; hierher gehören die Jod-. die Salieyl-, die Fuchsin-, 
die Methylenblau-, die Rosanilin-, die Indigocarmin-, die Hippursäure-, 
die Phloridzinprobe und die experimentelle Polyurie. 

Während die Cryoskopie für die funetionelle Nierendiagnostik des 
Chirurgen eine größere, wenn auch nur vorübergehende Bedeutung er- 
langt hat, kann dies von der zu dem gleichem Zwecke von Stubell 
angegebenen Bestimmung des Breehungsexponenten und von der Leit- 
fühigkeitsbestimmung Löwenharts nicht gesagt werden. Es soll 
demzufolge hier nur die Cryoskopie einer kurzen Besprechung unter- 
zogen werden. | 

Dreserhat 1892 die von va nt’ H o f f 1887 aufgestellte Theorie 
über den osmotischen Druck der Flüssigkeiten auf die Nierenthätigkeit 
in Anwendung gebracht und aus der Differenz der molecularen Concen- 
tration des Blutes und des Harnes die Nierenarbeit zu berechnen ge- 
sucht. Angeregt dureh die Ideen Dresershatv. Koranyı 1897 
die Cryoskopie in die Klinik eingeführt, eine Menge neuer Begriffe, 
neuer Namen eonstruirt, ein System von Formeln geschaffen, so dab 
es schon den Anschein hatte, als ob künftighin die Entscheidung über 
eine Nierenoperation nicht mehr am Krankenbette, sondern am grünen 
Tische dureh Ausrechnen der gegebenen Formeln gefällt werden sollte. 
Die von Koranyi 1887 angegebenen Grenzen für den normalen 
‘Gefrierpunkt des Harnes von — 1,3° bis — 2,3° wurden von Küm- 
mell und Rumpel, Senator, Waldvogel. Roeder, 
Bouchard nach beiden Richtungen hin etwas verschoben, so dab 
im allgemeinen — 1,0 ° als die kleinste und — 2,5 ° als die größte Ge- 
frierpunktszahl bei normalen Nieren angenommen wurde. Obwohl 
v. Koranyı 1897 diese Zahlen ausdrücklich auf die 24 stiindige 
Ilarnmenge bezogen hat, und später Lindemann, H. Strauss, 
Israel auf dieses Moment besonders aufmerksam gemacht haben, 
wurde die Berücksichtigung der Mengen in der Folge meist übersehen 
und die Werte als absolut angenommen: es wurden Zahlen, welche 
‘kleiner sind als 1,0 als charakteristisch für Nierenerkrankungen betrach- 
tet, es wurde auch versucht, eine lifferentialdiagnose zwischen parenchy- 
matöser und interstitieller Nephritis mittelst der Gefrierpunktbestim- 
mung aufzustellen (Senator, Lindemann), ein Unternehmen, 
dıs wohl schen von vornherein geringe Aussichten auf Erfolg haben 


mußte, weil nicht einmal pathologisch-anatomisch ein strenges Ausein- 
anderhalten beider Formen, zum mindesten in ihrem chronischen Ver- 
laufe, möglich erscheint (Weigert 1879). Nachdem Casper und 
Richter die Gefrierpunktbestimmung in die chirurgische Nieren- 
diagnostik eingeführt hatten, brachten Kümmell und Rumpel 
die Gefrierpunktszahl in eine directe Proportion mit dem noch vor- 
handenen Nierenparenchym, indem sie sagten: „Je niedriger der Urin- 
gefrierpunkt, desto größer erwies sich die Zerstörung des Nieren- 
gewebes.“ 

Schon Dreser machte darauf aufmerksam, daB auch gesunde 
Nieren einen Harn ausscheiden können, dessen moleculare Concentra- 
tion geringer ist, als die des Blutes, eine Thatsache, welehe von 
mehreren Seiten bestätigt worden ist (Koeppe, Fr. Straus, 
Göbell, Kapsammer). 

Nachdem Casper und Richter die Kryoskopie für den 
mittels Ureterenkatheterismus aufgefangenen Nierenharn in Anwen- 
dung gebracht hatten, machte Fr. Straus 1902 darauf aufmerksam, 
daß den so gewonnenen Gefrierpunktszahlen nur ein Vergleichswert 
zukommnen könne. Jeh konnte 1904 zeigen, daß die manchmal durch. 
den Ureterenkatheterismus ausgelöste Polyurie auch dies nicht ge- 
stattet: Durch die in unmittelbarem Anschlusse an denselben manch- 
mal auftretende, gesteigerte Wasserfiltration sinkt der Molueulargehalt 
des Harnes oft tief unter den des Blutes, und so kaun es sich ergeben, 
daß dann gerade die leistungsfühigere, ja sogar compensatorisch hyper- 
trophirte Niere die kleinere Gefrierpunktszahl aufweist, während die 
geschädigte Niere, welche infolge ihrer anatomischen und functionellen 
Störung einer gesteigerten Wasserausscheidung nicht mehr fähig ist, 
die größere Gefrierpunktszahl zeigt. 

Bald wurde aber das ursprüngliche System, die kryoskopischeu 
Daten zu verwenden, vollständig geändert: Kövesi und Roth- 
Schulz führten 1900 den Verdünnungsversuch in die fune- 
tionelle Nierendiagnostik ein. Sie geben dem Patienten 1,8 Liter 
Salvatorwassers zu trınken und bestimmen den Gefrierpunkt des Harnes 
vor und nachher. So versuchten die beiden Autoren, zu zeigen, daß der 
charakteristische Unterschied zwischen parenchymatöser und inter- 
stitieller Nephritis nicht so selır in der verschiedenen Größe der Ge- 
frierpunktszalil, als vielmehr in der versehiedenen Veränderlichkeit der- 
selben bei erhöhter Wasserzufulhr zum Ausdrucke kommt. Die Frage, 
welche ursprünglich lautete: Wie groß ist die Gefrierpunktszahl des 
Harnes? stellen Kövesi und Roth-Schultz mit Rücksicht auf 
den Verdünnungsversuch 1904 folgendermaßen: Wie groß ist die Ge- 


— 972 — 


fricrpunktszahl des maximal concentrirten, wie groß die des maximal 
diluirten Harnes? — Nicht die Bestimmung der molecu- 
laren Concentration ist das Wesentliche dabei, 
sonderndie Bestimmung des Wechselsin der Con- 
centration; nicht der Grad der Durchlässigkeit 
für feste Molecüle wird dadurch gemessen, son- 
derninersterLiniederGradder Durchlässigkeit 
für Wasser. Aber um dies festzustellen brauchen wir doch nicht 
die Gefrierpunktsbestimmung; daß ein Harn concentrirt, ein anderer 
diluirt ist, das sehen wir ja, und wollen wir den Grad der Concen- 
tration in Zahlen ausdrücken, so haben wir dazu ein viel einfacheres 
Mittel: die Bestimmungdesspecifischen Gewichtes. 

Und so sehen wir, daB wir die Gefrierpunktsbestimmung des Harnes 
für die chirurgische Nierendiagnostik überhaupt nicht brauchen. 

Albarran hat den Verdiinnungsversuch mit dem Ureteren- 
katheterismus verbunden und gleichzeitig auch die Menge des Harnes, 
die moluculare Coneentration, die Valenzzahl 4 V. (II. Straus), 
den procentuarischen und absoluten Gehalt'an Harnstoff, Kochsalz und 
Phloridzinzucker bestimmt, eine Untersuchung, welche geeignet er- 
scheint, einer ausgedehnten Fragestellung Rechnung zu tragen. Al- 
barran fand, wie dies auch Kövesi, Roth-Schulz, Fr. 
Straus, Sommerfeld und Röder beobachteten, daß die Secre- 
tion einer gesunden Niere bei dieser experimentellen Becinflussung 
innerhalb weiter Grenzen schwankt, während die Ausscheidungsfähig- 
keit der kranken Niere unter den gleichen Umständen innerhalb von 
Grenzen bleibt, welche um so enger gefunden wurden, je schwerer die 
Nierenerkrankung war. Da Al barran dabei nur den kranken Treter 
sondirt, da selbst neben dem am Ende offenen Katheter Harn abfließen 
kann und unter solchen Umständen eine exacte Bestimmung der abso- 
luten Harnstoff- und Zuckermengen nicht in jedem Falle möglich ist, 
da durch die Verabreichung eines harntreibenden Mineralwassers oder 
Thees ein neuer Factor eingeschaltet ist, über dessen Tragweite wir 
uns vielleicht noch nieht ganz im Klaren sind, da endlich eine derartige 
Untersuchung mindestens zweieinhalb Stunden dauert, dürfte dieselbe 
nach meinem Dafürhalten in die Praxis schwer Eingang finden. So 
interessant die Ergebnisse der Albarran’schen Untersuchungen 
in Fällen, wo das Abfließen neben den Ureterenkathetern nachher aus- 
geschlossen werden konnte, vom theoretischen Standpunkte aus sind, 
so sehr muß ihnen gegenüber betont werden, daß wir für die allge- 
meine Praxis eines möglichst einfachen Verfahrens bedürfen. 

Die Kryoskopie hätte in der Nierendiagnostik noch eine andere 


— 273 — 


Rolle spielen sollen. Es war ein fruchtbar scheinender Gedanke 


E © 


Koranyı's, den Schwerpunkt der Untersuchung nieht in die Be. 
stimmung der im Harne ausgeschiedenen, sondern der im Blute zu- 
rückgehaltenen Molecüle zu verlegen. So entstand die Verwertung des 
Blutgefrierpunktes für die Nierendiagnostik. v. Koranvı stellte 
1599 die Behauptung auf. daß der Blutgefrierpunkt eine constante 
Größe darstelle "= -— 0.56 °, und bezeichnet die Bestimmung der mole- 
eularen Concentration des Blutes als das sicherste und empfindlichste 
Verfahren zur Entdeckung der XNiereninsufficienz. Während aber 
Koranyi schon 1901 die Erklürung abgab. daß aus dem Werte von 
nf alleın weder eine Indication noch eine Contraindication für eine 
Nierenoperation abgeleitet werden könne, stellte Kümmoell 1903 
zwei Sätze auf, welche von der weitgehendsten Bedeutung gewesen 
wären, wenn sie sich als richtig erwiesen hätten. 

ber erste Satz lautet: Beträgt der Blutgefrierpunkt — 0,58 ° bis 
— 0.60", so bedeutet dies eine beiderscitige Nierenerkrankung, eine 
beiderseitige Funetionsstörung, also eine Contraindieation gegen eine 
Nephrectomie. 

Der zweite Satz lautet: Der normale Blutgefrierpunkt d = 
— 0,56 ° schließt eine doppelseitige Funetionsstôrung von vornherein 
eus. Kennt man die kranke Seite, so kann man ohne Bedenken nephrec- 
tomiren. 

Zunächst muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß eine Reihe 
von Autoren (Tuffier.deGrazia, Engelmann, Köppe, 
A. Kocek. Rovsing) den Blutgefricrpunkt normaler Menschen in 
weiten Grenzen (— 050° bis — 0,63 °) schwanken sahen. Weiter 
wurde auch bei Erkrankung einer Reihe anderer Organe als der Nieren 
erhöhte moleeulare Bluteoncentration gefunden, so bei Kohlensäure- 
überladung, bei ineompensirten THerzfehlern (ve. Koranvı, Sena- 
tor), bei Acetomaemi (Ki ovaecz), bei Diabetes mellitus (Sena- 
tor, Bouquet, Achard, Loeper, Rumpel, Bernard), 
bei Abdominaltumoren, bei  Carcinomen (Koranyı, Israel, 
Engelmann) Weiter wurde bei Anacmie, Hydraemie und bei 
Wachexie eine verringerte moleculare Bluteoneentration beobachtet. 
und es ist klar, daß, wenn in solehen Fällen infolge einer Niereninsuf- 
ficienz eine moleculare Retention eintritt. die Blutgefrierpunktszahl, 
welehe kleiner, als normal war, infolge der molecularen Retention auf 
die normale llöhe ansteigt (Israel, Kapsammer). 

Was nun die beiden von Kümmel] aufgestellten. elementaren 
Sätze betrifft. so erscheint gegenwärtig deren Unhaltbarkeit durch 


vehlrciche Beobachtungen der verschiedensten Autoren erwiesen. Als 


= OTA Se 


Beweis gegen die Riebtigkeit desersten Satzes liegen Beobachtungen 
von Wiıelrecht, Thumim, Barth, Israel. Göbell, 
Adrian Rovsing vor, in denen sich diezweite Nieredurch 
die Operation oder durch die Autopsie als gesund 
oder mindestens als sufficient erwies, obwohlder Wert tir 
J= — 0,60° bis — 0,69° betrug. Ebenso ist die Haltlosigkeit des 
zweitenvon Kümmell aufgestellten Satzes durch eine Reihe von 
Beobachtungen (Stockmann, Israel. Rovsing. Tuf fier. 
Kapsammer) erwiesen, wo entweder überhaupt nur eine sehwer 
erkrankte Niere vorhrnden war, oder dureh die klinische Untersuchung. 
dureh die operative oder post mortale Autopsie schwere. fune- 
tionelle und anatomische Läsion beider Nieren 
festgestellt werden konnte, obwohl der Blutge- 
frierpunkt normal war. 

Wenn wir also der Aufforderung von K ı ss 1903: „Es wäre schon 
an der Zeit. solehe Phrasen wie die über die besondere Wichtigkeit der 
Krvoskopie auf ihren richtigen Wert zu reduciren“ folgen, so müssen 
wir gestehen, daß von der ganzen Kryoskopie für die 
chirurgische Nierendiagnostiknichtsmehrübrig 
bleibt. 

Die zweite Gruppe der neueren Methoden, welche auf der Beob- 
achtung der Ausscheidung künstlich in den Organismus eingebrachter 
Substanzen beruhen, eröffnen eine erfreuliche Perspeetive für die Dia- 
enostik der Localisation pathologischer Processe in der Niere selbst, 
allerdings erst dann, wenn das Studium ihrer physiologischen Aus- 
scheidung noch wesentlich vertieft sein wird. Wenn wir auch gegen- 
wärtig noch weit von diesem Ziele entfernt sind, so ist doch nicht zu 
leugnen. daß diese Methoden auch jetzt schon eine ungemein wertvolle 
Bereicherung der Nierendiagnostik bedeuten. 

Zunächst muß hier eines Mannes gedacht werden, welcher als 
erster eine dem Organismus fremde Substanz einverleibte in der klaren 
Absicht. dadurch das Vorhandensein und die Functionstiichtigkeit der 
zweiten Niere zu prüfen. Gluck legte 1881 die als erkrankt erkannte 
Niere mittels Lumbaisehnitt frei, klemmte deren Ureter ab oder unter- 
band ihn und injicirte hierauf ım Harne rasch erscheinende Substanzen. 
wie Jodkalium oder Ferroeyankalium. Nachdem die Harnblase entleert 
worden war. repräsentirte der unter solchen Umständen aus ıhr auf- 
gefangene Tlarn das Seeretionsproduet der zweiten Niere, welches auf 
das Vorhandensein dieser Substanzen geprüft wurde. Diese grund- 
legende Idee Glueks wurde seiner Zeit ziemlich mit Stillschweigen 


übergangen. ja überhaupt nicht entsprechend gewürdigt. 


TO 


Kine Reihe der zur Funetionsprüfung verwendeten Substanzen hat 
bisher keinen Eingang in die Praxis gefunden, so das Jodkalium 
(Noe 1897, Simonelli 1899, Desprez), die Salievisiiure (Cho - 
pin 1889, Pugnat und Revilliod 1903), das Fuchsin (Bou - 
ehard 1873), das Rosanılin (lhe pine 1898 Dreyfus. Pugnat 
und Revilliod), die Bestimmung der Hippursäure nach Kinführung 
von Benzoesäure (Jarsfeld und Stockvis 1379, Achard und 
Chapelle 1900). und endlich die Prüfung der Harngiftigkeit nach 
Bouchard. 

Es sollen daher hier nur jene Methoden, welche bisher eine Be- 
dentung für die Praxis erlangt haben, wie die Methylenblau-, die Indigo- 
carmin- und die Phloridzinprobe einer Besprechung unterzogen 
werden. 

Die Idee, das Methrlenblau zur funetionellen Nierendiagnostik zu 
verwenden, gebührt in erster Linie Kutner und Casper, welche 
1862 den Vorschlag machten, Methylenblau intern zu geben, um sieh 
auf evstoskopischem Wege dureh den grüngefärbten lHarnstrahl von 
dem Vorhandensein und der Funetionsfähigkeit der in Frage kommen- 
den Niere zu überzeugen. Diese Publikation hat jedoeh keine besondere 
Reachtung gefunden. Später haben franzözische Autoren die Methode 
unter Aufwand einer enormen Sorgfalt durehgearbeitet, mit dem Ure- 
terenvatheterismus verbunden. und so ist es zu erklären, daß gewöhn- 
lich Achard und Castaigne als die Schöpfer der Methode be- 
zeichnet werden. Die grundlegenden Arbeiten über die Verwendung 
des Methylenblau in der Nierendiagnostik stainmen von diesen beiden 
Autoren aus dem Jahre 1897, von Albarran undBernard (1899) 
undven Friedrich Müller (1889). 

Lie Methrlenblauausscheidung erleidet bei interstitieller Nephritis 
und bei allen Processen, welche durch Veränderungen im interstitiellen 
Gewebe gekennzeichnet sind, eine Störung. insofern ihr Auftreten ver- 
spätet. ihre Intensität verringert, ihre Dauer verlängert erscheint. 
Daß das Ausbleiben der Methylenblauausscheidung eine sehr schwere 
Nierenbeschädigung bedeutet. erscheint durch die beiden Nierentode, 
welehe Albarran und Bazy erlebt haben, genügend illustrirt; 
während normalerweise der blaue Farbstoff 20—30 Minuten nach der 
Injection erscheint, trat in diesen beiden Fällen eine Blaufärbung 
inverhalb der ersten sechs Stunden nicht auf, Chromogen war erst 1 
his t's Stunden nach der Injection festzustellen; beide Patienten star- 
hen nach der Nephrectomie an Insuffieienz der zweiten Niere (große 
weiße Niere). obwohl die.chemische Ilarnuntersuchung eine solche 
sicht erwarten ließ. 


Den interstitiellen Processen gegenüber fand Bard 1897 bei pa- 
renehymatöser Nephritis schnelleres Auftreten, kürzere Ausscheidungs- 
alauer, also gesteigerte Durchlässigkeit für Methrlenblau. Wenn diesen 
Befunden von Widal. Bernard. Lipmann-Wulf. von 
Nesti,v.CzyhlarzundDonath widersprochen wird. so dürfte 
dies auf den bereits früher hervorgchobenen Umstand zurückzuführen 
sein, daß es. was die ehronischen Formen betrifft. eine reine paren- 
chymatése und eine reine interstitielle Nephritis nicht giebt, daß es sich 
immer nur um das Prävaliren des einen oder des anderen Processes 
handelt, was ja auch in der histologischen Untersuchung zum Ausdruek 
kommt. 

Es hat sieh ferner herausgestellt. daß das Methylenblau nicht mur 
ale blauer Farbstoff, sondern häufige in Form von sogenannten Leuke- 
derivaten ausgeschieden wird (Voisin und Hauser, Achard 
und Castaigne., Friedrich Miller), ohne dab wir bisher im 
‚Stande wären, die Bedingungen für die Ausscheidung der chromogenen 
Substanzen genau definiren zu kënnen. Normalerweise tritt das Chro- 
megen gleichzeitig mit dem blauen Farbstoff auf: bei Nierenläsionen 
jedoch wird häufig das Uhromogen allein ausgeschieden, und in dem 
Falle, daß auch der blaue Farbstoff beobachtet wird. erscheint dieser 
wesentlich später. 

Auf einen Umstand muß ich bier aufmerksam machen, dem bisher, 
wie es scheint. keine Beachtung geschenkt worden ist. daB es nämlich 
nicht erlaubt ist, die Methylenblaumethode und die gleich zu be- 
sprechende Indigocarminmethode mit der Phloridzinprobe in der Weise 
zu vereinen. daß zuerst die letztere ausgeführt wird und nach dem Er- 
scheinen des Zuckers eine der beiden Farbenproben angeschlossen wird. 
ber Phloridzinzucker reducirt nimlich das Me- 
thvlenblau und Indigoecarmiın; die Folge davon ist, dab 
während der Zuekerausscheidung entweder gar kein bleuer Farbstoff 
erscheint, oder daß dieser erst wesentheh später erkannt werden kann, 
wenn er sehon in solcher Menge im [larne auftritt. daß er dureh den 
Phleridzinzueker nieht mehr vollkommen redueirt werden kann. Beim 
T:eberschen dieses Momentes kann ein Widerspruch in den Resultaten 
der angewandten Methoden vergetäuscht werden. 

Wenn auch die Methvlenblaumethode fiir die Diagnose schwerer 
interstitieller Processe gewiß einen verläßliehen Index abgiebt, so stand 
ihrem Prosperiren in der ekirurgischen Nierendiagnostik doch unsere 
Unkenntnis über die Bedingungen der Chromogenausscheidung hinder- 
lich im Wege. so daß mit dem Vorschlage von Voeleker und Jo 


seph 1905, das Indigoearinin zur Functionsprüfung der Niere zu ver- 


wenden, der Methylenblauprobe der Boden entzogen wer; das Indigo- 
eamnin wird nämlieh nur als blaucer Farbstoff, nicht in Leukoderivaten 
avag. sehieden. 

De Indigocarminmethode stellt eine wertvolle Be- 
reicherung der Nierendiagnostik dar. Die Uretermündung gesunder 
Nieren wird durch das ausgeschiedene Indigecarmin in einer in dic 
Mugen sprineenden Art und Weise markirt, was durch das zu dem 
gleichen Zwecke vorgeschlagene Rosanilin (Lepine) und Methylen- 
blautKNutner.Casper,A]lbarran) nicht in genügender Weise 
möelich war. Dabei ist wohl zu bedenken. daß uns das Indigocarmin 
nur die Uretermündung der gut funetionirenden 
Niere devtlieh markırt, während es meist die 
kranke Niereist,derenÜUretermündungschwer zu 
finden ist. Von weiterer Bedeutung ist auch der Umstand, dab 
dureh die blaugefärbte Contractienswolle ein exactes Studium des Aus- 
scheilunestvpus unter normalen und pathologischen Verhältnissen er- 
möglicht ist (Albarran, Voelcker und Joseph, Kap- 
suimeor) 

Wihrend Voeleker und Joseph urspriinglich die Absicht 
hatten. mittels des Tndigoecarmins den Ureterenkatheterismus zu um- 
colon. haben sie später ihre Methode im Verein mit demselben zur An- 
wendung gebracht. und in dieser Vereinigung kommt der Methode 
thör-ächlich eine ganz besondere Dedeutung für die Funetionsprüfung 
der Niere zu. Die beiden Autoren haben ursprünglich nur Wert auf die 
Iniensität der Ausscheidung gelegt. Indes ist nech meinen Beobach- 
tuncen gewiß auch die Zeit des Auftretens und die Dauer der Aus- 
scheidung von Bedeutung. Um graduelle Abstufungen bezüglich der 
Funetionsstörune zu ermeeliehen, bedarf die Methode noch eines 
weiteren Ausbaues. 

liiesen weiteren Ausban. welcher eine besondere Feinheit in der 
Diagnostik ermöglicht. hat die Phloridzinmetheode bereits er- 
holten. 

Noechdem dureh v. Mering 18585 die Diabetes erzeugzende Wirkung 
de~ Phloridzins bekannt geworden war, wurde von einer Reihe von 
Autoren (Zuntz 1888. Klemperer 1592. Sehabad 1894, Le- 
vene1S94,. Achardund Delamare 1899. Biedlund Kolisceh 
1900. v. Czyhlarz und Schlesinger 1901. Pavy. Brodie 
und Sibau 190. Albarran und Bergc 1905) die Niere als der 
Ort der Phloridzinzuckerbildung in überzeugender Weise nachgewiesen. 
Nachdem Klemperer 1896 auf das Ausbleiben der Phloridzin- 


zuekerbildung hei chronischer Nephritis aufmerksam gemacht 


— 278 — 


hatte. konnten Nehard und Delamare Ia in sehr serefälticen 
Arbeiten nochweisen. daß Verminderung oder \usbleiben ver 
P’hleridziugivko:rurie dr Nierenetfeetionen 
eherakteristischist Casperund Riehter. welehe tat 
die Phloridzinprobe mit dem Ureterenkatheterismus verbunden für die 
chirurgische Nierendiagnostik ın Verwendung gebracht haben. lesen 
principiell nur Gewicht anf den procentvarischen Zuckergehat im 
Harne nach Inlcetien von 0,01 & V’hloridzin: sie sogen. deb bei schweren 
Nierenläsienen die Phloridzin.uekerausscheidung vollständig tehit. 
während im alleemeinen die Menge des funetionsfähigen Nierenp ten. 
chyins in directer Proportion zu dem Procentgehalte des ausgeschiedenen 
Zuckers stehe: je größer der Procentgechalt des Zuckers ist, desto gröber 
ist auch die Menge des noch funetionsfähigen Nierenparenehyms Nun 
ging aber schon aus den Untersuchungen vonCasperundklichrer 
hervor, daß eine constante, normale Größe für den Procentgehalt des 
nach Injeetion von 0,01 & Phloridzin ausgeschiedenen Zuekers mich! 
aufzustellen ist. Der Procentgehalt des Zuckers wechselt im umeekehr- 
ten Verhältnisse wie die Harnmengze: es war demzufolge unbedingt not- 
wendig. auf die Harnmengen Rüeksicht zu nehmen (Albarrèn, 
Israel, Pugnat, Revilliod., Kapsammer) Noch wich- 
tiger wird aber die Berücksichtigung der absoluten Zuckermenge gegen- 
über der proeentuarıschen, wenn es sich um cin Mab der Funetionsercie 
jeder einzelnen Niere, um den Vergleich des funetionsfähleen Nieren- 
parenehyms beider Nieren zueinander handelt Ich habe 1904 gezeigt. 
dab man unter dem Einflusse der refleetorisehen Polvurie bei Berück- 
sichtigung des procentuarischen Zuekergehalts allein zu direet falschen 
Schlüssen kommen müßte: gesunde oder vielleicht noch mehr compen- 
satorisch hypertrophirte Nieren rereiren ruf den Ureterenkatnereri>- 
mus nicht selten mit einer sehr gesteigerten Polyurie; bei der getel- 
is 


eerten Wasserausscheiding sinkt wie der Procentzehalt der festen iie 


»tandterle überhaupt, so auch der des Zuckers bedenteneh, and wort sus 
irgend einem Grunde auf der zweiten kranken Seite eine derartige vols- 
urie nieht eintritt, z. B. weil die zweite Seite nicht sondirt wurde. oder 
weil die zweite Niere so schwer geschädiet ist, daß sie einer 
re ßeetorischen Polvurie nieht mehr fühle ist, so kann der prevent 
erische Zueßerechalt auf der gesunden Seite kleiner sein als er auf der 
kranken rt Es müssen also aueh hier die absoluten Mengen gemessen 
werden: dies ist aber häufie in exacter Weise nicht möglich, weil. wie 
bereits erwähnt, trotz hohen llinaufschiebens des) Ureterkatheters 
oft Iiarn neben den Kathetern in die Blase abfliebt. Auch Israelund 


5 2 D a D t k de 
ievsine machten 1804 auf das Abiließen von Harn neben dem 


—— 


Ureterkatheter aufmerksam und Casper bestätigte diese Erscheinung 
1605. 

So kam man wiederholt bei Berücksichtigung des procentuarischen 
Zuckergehaltes zu Trugschlüssen, und derartige Vorkommnisse waren 
die Veranlassung, daß manche Autoren über die ersten Phloridzin- 
untersuchungen nicht hinauskarmen, und andere vorzeitig ein ungünsti- 
ges Urteil über diese gewiß wertvolle Methode fällten. 

Von der Veberlegung ausgehend, daß die Bestimmung des pro- 
centuarischen Zuckergcehalts nicht genügt, dab die Berechnung der ab- 
soluten Zuekerinenge häufig nicht möglich ist, endlich, daß die Beob- 
achtung der Dauer der Zucekerausscheidung oft nieht durchführbar, 
falle sie aber durehführbar, zu viel Zeit in Anspruch nimmt, um jn 
einer, praktischen Bedürfnissen dienenden Nierendiagnostik einen ent- 
sprechenden Platz finden zu können, habe ieh von Anfang an auf die 
Zeit des Auftretens der Zuckerausscheidung ge- 
achtet, und gefunden, daß der Zueker normaler- 
weise uneefähr 12 Minuten nach subeutaner In- 
jeetionvon®,‚01te Phloridzin imJllarneerseheint, 
so daß wir bei guter Nierenfunetion in der 10—15 Minuten nach der 
Inzeetion aufgeefangenen HHarnprobe immer Zucker nachweisen können. 
Ich habe mieh weiterhin überzeugen können, daß das Auftreten des 
Zuckers in dieser normalen Zeit mit einer Ausnahme, auf welehe ich 
sofort zu spreehen kommen werde, immer intacte Functionstihigkeit 
der Niere bedeutet, welehe sieh allerdings nicht mit vollständıieer 
anatomischer Intactheit decken muß; es können ganz geringfügige, ganz 
unbedeutende anatomische Läsionen dabei bestehen. Erscheint 
der“Zuckerspiiterals15 Minuten, so bedeutet dies 
ınJedemFalleeinefunetionelleStörung. welche auch 
ınitemeranatomischen Läsion verbunden ist: der Zucker er- 
scheint um so später, je größer die anatomische und 
damıtdie funetionelle Störung ist. Ich habe auf Grund 
meiner Erfahrungen gewisse Grenzwerte aufzustellen versucht, welehe 
uns eine präcise Indieationsstellung in der Nierenchirurgie ermöglichen 
sollen. une ich kann jetzt. da ich bereits über fast 200 diesbezügliche 
Untersuchungen verfüge, Jiesen meinen Vorschlag in seinem ganzen 
Umfange aufrecht erhalten. Die Grenze hegt bei 30 Minuten: tritt 
der Zucker 30 Minuten nach der Injgeetion aut. so 
ist eine Nephreetomie noch zu wagen; tritt der Zucker 
aber erst nach 40 Minuten oder noeh später auf, so be- 
leutet dies eine funetionelle und anatomische 


Storune. welehe eine Nephrecteinte contra- 


— 280 — 


indieirt. Diese Art, die Phloridzinmethode in Anwendung zu 
bringen. gewährt außer ihrer Kürze und Einfachheit noch andere Vor- 
tele; während uns die proventuarische und absolute Zucekerbestimmuneg 
am Gesamtharne in keinem Falle sichere Anhaltspunkte für eine cin- 
scitige oder beiderseitige Erkrankung gestattet, wird uns dies durch 
Berücksichtigung der Zeit ermöglicht. Tritt die Zuekerreaetion im Ge- 
samtharne erst nach 45 Minuten auf. so bedeutet dies cine derartig 
schwere funetionelle und anatomische Läsion beider Nieren. dab an 
eine Nephreetomie nicht zu denken, und somit auch Jede weitere dies- 
bezügliche Untersuchung unterlassen werden kann. Tritt bei sicher 
nachgewiesener einseitiger Erkrankung., welche einen chirurgischen 
Eingriff erheiseht. 19—15 Minuten nach der Injection Zucker im Ge- 
sumtharne auf, so bedeutet dies funetionelle Intactheit der zweiten 
Niere. 

Kine Ausnahme von diesen Regeln macht die parenchy - 
matöse Nephritis,. welche durch Cyvlindrurie und Albu- 
minurie erkennbar ist. Bei parenchymatôser Nephritis erscheint 
der Phloridzinzucker häufig trotz schwerer anatomischer Veränderun- 
gen in normaler Zeit. 

Davon abgesehen bedeutet die Phloridzinmethode mit Berüeksichti- 
gung der Zeit des Auftretens eine wesentliche Verfeinerung unserer 
Nierendiagnostik. Ver Umstand. dab wir einerseits manchmal da. wo 
die gewöhnliche llarnuntersuchung anatomisch gesunde Nieren ver- 
muten Iteße, mit der Phloridzinmethode eine Funetionsstörung finden. 
und andererseits wieder manchmal die gewöhnliche Harnuntersuchung 
eine anatomische Läsion anzeigt, wo uns die Phloridzinmethode fune- 
tionelle Intactheit ergiebt, ist ein Beweis für die Verfeinerung der 
Diagnostik, welehe uns diese Methode gestattet. Die pathologische 
Anatomie lehrt uns, daß anatomische Nierenläsionen meist Inselförnng 
auftreten. Der Umstand. dab wir manchmal geringfügige anatomische 
Läsionen ohne Funetionsstöorungen und scheinbar anatomische Intect- 
heit mit schweren funetionellen Läsionen finden, beweist, daß uns die 
Phloridzinmethode bei entsprechend exacter Beobachtung mehr zu 
sagen vermag. als die alten Untersuchungsmethoden, welche deshalb 
keineswegs vernachlässigt werden sollen. Teh habe mich daran ge- 
wohnt. in solehen Fällen mit Erfolg der Phloridzinmethode die ent- 
scheidende Bedeutung beiznmessen. 

Die Phloridzinmethode mit Berücksichtigung der Zeit des Auf- 
tretens der Zuekerausscheidung bietet uns aber noeh einen anderen 
Vorteil; während wir durch die Bestimmung des procentuarischen oder 


absoluten Zuekereehalts nur Vergleichswerte für rechts und Iınks ge- 


— 281 — 


winnen, erhalten wir bei Berücksichtigung der Zeit absolute 
Werte, welche uns an und für sieh, ohne einen Vergleich mit dem 
Werte des Schwesterorgans zu erheischen, Diagnose- und Jndications- 
stellung erlauben. 

Die Phloridzinmethode hat in der eben angegebenen Modification 
meines Wissens an größerem Materiale in exacter Weise noch keine 
Anwendung gefunden. weshalb ich dies dringendst empfehlen muB. 

Während der große Wert der Phloridzinmethode aus der Casuistik 
von Casper und Richter, von Rumpel 1901, von A. Götzl 
1903. von Barth 1903, wie aus meinen gegen 200 genau studirten 
Fällen in unleugbarer Weise hervorgeht, haben andere Autoren sich der 
Methode gegenüber ablehnend verhalten oder derselben nur einen be- 
dingten Wert beigemessen. Göbell glaubt 1903, daB ihre Resultate 
nicht verläßlich seien. Israel, welcher den ursprünglichen Vorschlag 
Caspers und Riehters über die Anwendungsweise der Methode 
erfolgreich bekämpft hatte und damit ein Gegner derselben geworden 
war, bezeichnet sie trotzdem 1902 als einen willkommenen Zuwachs der 
diagnostischen Hilfsmittel. Rovsing mibt ihr 1905 nur bei posi- 
tivem Ausfall cine entscheidende Bedeutung bei, bei negativem Aus- 
fall könne man trotzdem nephreetomiren. Zuckerkandl spricht 
sich 1905 auf Grund von zwei Beobachtungen. bei welehen trotz ana- 
tomischer Läsion (das eine Mal ein Tumor, das andere Mal eine kleine 
Caverne im oberen Nierenpol) eine von der Norm wesentliche Ab- 
weichung der Phloridzinzuckerbildung nicht gefunden werden konnte. 
gegen die Methode aus, und mißt ihr weder bei positiven noch bei 
negativem Ausfall eine ausschlaggebende Bedeutung bei. Albarran 
erklärt 1905, daß die Methode im allgemeinen und innerhalb gewisser 
(irenzen von reellem Nutzen ist. und daß sie in zweifelhaften Fällen 
oft wichtige Indieationen ergiebt. Albarran, welcher sieh laut 
Publikation von allen zuletzt genannten Forschern am eingehendsten 
mit der Phloridzinmethode beschäftigt hat, fügt übrigens seinen Aus- 
führungen bei, daß die Zahl seiner gutstudirten Fälle zu ge- 
ring sei, um alle Anomalien beobachtet zu haben. 

Gegen die Phloridzinmethode wurde in allererster Linie von Ís- 
rael 1902, dann von Voeleker und Joseph 1904 der Vorwurf 
erhoben. daß dureh sie eine pathologische Nierenfunetion zum Wert- 
messer der normalen gemacht werde. Nun ist gewiß mit Lépine und 
Albarran anzunehmen., dab jeder Stoff einen eigenen Ausscheidungs- 
coefticienten hat, dab man im allgemeinen von einem nicht auf den 
anderen schließen darf. Wenn aber einmal nachgewiesen ist. dab ein 
derartiger Stoff analoge Schlüsse auf die Ausscheidung der Schlacken 


des Stollwechsels ziehen läßt, dann ist die Verwendunge desselben ge- 
wib berechtigt. Nun wurde von Albarran,CasperundRich- 
ter für den Phloridzinzucker ein @leicher Ausscheidungscoefticient, wie 
für den Harnstoff nachgewiesen und dadureh die physiologische Basis 
für die Methode gelegt. 

Jer Vollständigkeit halber muß hier auch noch einer Methode Er- 
wähnung geschehen, deren große Vorteile für die Diagnostik der 
Nierensteine Ja allgemein anerkannt ist, der Röntgenoeraphite. 
Diese verspricht aber »uch darüber hirzaus, bezüglich topographischer 
Verhältnisse der Niere. des Sierenbeekens, des Ureters wertvolle Anf- 
schlüsse. 

Wenn wir schließlich die jüngsten Wandlungen in der Nieren- 
diagnostik vorurteilslos überblieken, so können wir uns der Ueber- 
zeueung nieht verschlieben, daß dieselben auf der Basis des Ureteren- 
katheterismus eine neue Epocheın der Nierenchirurgie 
inaugurirt haben und daß sie bei weiterer Ausbildung eine er- 
freuliche Perspeetive ın die Zukunft eröffnen. Die 
Zeiten, in welchen so viele Fälle einseitiger chirurgischer Nieren- 
erkrankungen, welche dringend eine Nephreetomie erheischten, wegen 
der großen Angst vor dem Gespenste der kaum näher detinirten retheeto- 
rischen Anurie der zweiten Niere nicht operirt wurden, wo bei oft jahre- 
lang bestehenden, in dem verschiedensten Badeorten herumreisenden 
einseitigen. Pyonephrosen ‚schließlich eine schüchterne Nephrotomie 
emer dndieatio vwıtalils genügen mußte, während eine rechtzeitig aus- 
geführte Nephrectomie den Patienten wieder vollständig gesund und 
erwerbstihig hätte machen können. die Zeit endlich. in welcher eme 
Unsshl von Kranken mit ursprünglich einseitiger Nierentubereulese 
schließlich an der tubereulösen Kachexie oder an Insufficienz beider 
Nieren zu Grunde gehen mußten, sind jetzt vorüber; und diese er- 
freuliche Wendune haben wirden neuen Methoden 
zuverdanken. Denn, wenn Israel der Welt bewiesen hat, dab 
er ınit einer meisterhaften Palpation jm Stande war, einen kirsch- 
eroben Nierentumor Zu diagnostieiren, so dürfen wir nicht vergessen, 
daß gerade diese P’alpationsmethode die subjectivste von allen ist. An 
Stelle solcher subjeetiven Methoden sind jetzt vielfach dureh die Be- 
mühungen einer jüngeren Generation objeetive Methoden getreten, 
welehe jeder mit einiger Sorglalt und Geschickliehkeit erlernen und 
awn heile seiner Kranken verwerten kann. | 

Wenn Israel 1965 mit besonderer Berüeksichtigung der Nieren- 
tuberculose behauptet. daß wir die bedeutende Besserung der gegen- 


wärtiegen Operationsresultate nieht der funetionellen Nierenprütune. 


— 283 — 


nur in leschrünktem Mabe dem Uretercnkatheterismus, vor allem aber 
dem Unmstande verdanken, daß wir jetzt Frūhoperationen ausführen, 
so frage ieh: Was ermöglicht uns denn diese Frühoperationen? Die Be- 
dineung für die Frühoperation ist die Frühdiagnose. und die einzige 
Meehlehkeit. vor allem ber Nierentubereulose, eine exacte Frühdiagnose 
u stellen. ist der Ureterenkatheterisinus. Wairverdanken also 
die Frühoperatien in erster Linie dem Ureteren- 
katheterismus: wir verdanken sie aber gueh der durch den ein- 
zeitipen heiderseitigen Ureterenkatheterismus ermöglichten, exacten, 
getrennten Funetionsprüfung beider Nieren. In Fällen. wo wir trotz 
langeren Zuwartens nicht in die Lage kommen, den Patienten während 
der Daner einer Hämaturie oder Pyurie zu untersuchen, sondern, wo 
wir den Ureterenkatheterisinus bei klarem oder nahezu klarem (far 
ausführen, erlauben uns die Resultate der Funetionsprüfung, die fune- 
tionell geschädiete, sont anatonmsch lädirte Niere zu erkennen. 

Und wenn Operateure, welche sich den epochemachenden Neue- 
rungen noch verschließen, gegenwärtig auch günstige Resultate bei 
Nierenoperationen erzielen, so ist es gewiß, daß so manche von ihnen 
var unter dem Einflusse der neuen Methoden, &ich mit Woahrschens- 
hehkeitschaenosen beenürend, erfolgreich eine Nephreetomie gewagt 
hoben, von der sie in Unkenntnis der ermiunternden Resultate der neuen 
Untersuchungesmethoden in früheren Zeiten Abstand genommen haben. 
Ib erinnere hier nmochmols an das toto eoclo verschiedene Vorgehen 
bei Verdacht anf Nierentubereulose zwischen früher und jetzt. Früher 
hat der Nachweis von Tnberkelbzeillen im Harme genügt, um alle ehi- 
rurctsehen Waffen zu streelen, cin Tulerkelbactllen enthaltender Pfara- 
apperst war ein noli me tangere; heutzutage sind wir zu dem gerad: 
enteegengecseizten Vorgehen verpflichtet: wir müssen evstoskopiren. 
wir iniissen Ureteren sondiren, um den primären Ilerd mörliechst ball 
zu erkennen und ihn rechtzeitig zu entfernen. Wenn nun heut zu Tage 
ein Chirurg eine einseitie tubereulöse Pyonephrose exstirpirt, obne 
die neuen Methoden in ihrer Gänze oder auch nur teilweise angeweudt 
zu haben, so operirt er zwar ohne dieselben in dem einzelnen Falls 
zur Anwendung gebracht zu haben, aber trotzdem auf Grund dar, 
mittels dieser Methoden gewonnenen Erfahrungzcu, welche uns lehren. 
daß die Tuberculose des Ilarnapparates meist eine primäre einseitige 
Nierentubereuiose ist, und daß selbst bei weit vorgeschrittener ein 
seitiger Erkrankung die zweite Niere noch lange functionsfihig bleibt. 

Zur [Hustration des oben Gesagten mögen folgende Zahlen dienen. 
Ich habe die Obduetionsprotocolle eines groben Wiener Krankenhaus» 


von 1 Jahren mit Küeksicht anf Nierenerkrankungen dureheeschwi 


t 
— 284 — 


aus einer Zeit, In welcher daselbst der Ureterenkatheterismus und die 
Funetionsprüfung der Nieren noch nicht systematisch ausgeführt 
wurden. 

Vorausschieken muß ich noch, daß selbstverständlich jene Fälle, 
wo es bei Miliartubéreulose auch zur Tuberkeleruption in den Nieren 
gekommen ist, wie die Fälle von Metastasenbildung maligner Tumoren 
in den Nieren nieht init in Rechnung gezogen worden sind. 

Unter 20770 Obduetionen findet sich: 

Nierentubereulose in 191 Fällen (davon 67 einseitige nid 
124 beidcrseitige); von diesen 191 waren 6 diagnosticirt ( 4 davon 
falsch, 1 eperirt gestorben). während P85 niehtdiagnosticirt 
gestorben sind. 

Nierenneoplasmen in 74 Fillen (davon 69 einseitige und 
5 beiderseitige); von diesen 74 Fällen waren 24 diagnostivirt 
(12 davon operirt und gestorben). während 50 nıchtdiagneosti- 
ei rt gestorben sind. 

N\ierensteinein?d Fällen (davon 51 einseitige und 22 beider- 
seitige); von diesen 73 Fällen waren 4 diagnosticirt (alle 4 
operirt und gestorben). während 69 Fälle nieht diagnosti- 
eirt gestorben sind. 

Interessant sind auch noch die Zahlen die Pyelitis betreffend: 58 
als beiderseitige Pyelitis diagnosticirten Fällen (darunter 15 
Diagnesen in sofern falsch, als die Pyelitis nur einseitig war) stehen 
a1S nicht diagnosticirte Fälle von Prelitis gegen- 
über, darunter 118 einseitige und 400 beiderseitige. Diese letzten 
Zahlen beweisen. wie wenig Aufmerksamkeit man in dem Bewußtsein 
des therapeutischen Unvermögens auf die Diagnose der Pyelitis ver- 
wendet hat. 

Bedenken wir, daB in dieser Zeit selbstam Obduetions- 
tische noch 67 Fälle von einseitiger Nierentubereulese. und 115 
Fälle von einseitiger Prelitis gefunden wurden, so ist dies cin genügen- 
der Beweis für die Unzulänglichkeit der alten Untersuchungsmethoden. 
und für das dringende Bedürfnis nach neuen, verläßlicheren. 

l.aut der Operationsausweise desselben Krankenhauses stehen aber 
dieser enormen Zahl nicht diagnostieirter, chirurgischer Nierener- 
krankungen eine für einen Zeitraum von 10 Jahren ganz verschwin- 
dende Anzahl von mit mehr oder weniger gutem Erfolge, d. h. nach der 
Operation nicht gestorbenen, Fällen gegenüber. Im den 10 Jahren 
wurden wegen Tubereulose (nur 4 Fälle!), Neoplasma, Caleulosis. Pyo- 
nephrose, Ilydronephrose, Uretertistel. Ruptura renis, Ren mobilis 


92 Fälle (72 Nephreetomien. 20 Nephrotomien) operirt. von derer 


— 283 = 


25 (1S an Insuffieienz der zweiten Niere) starben, während 69 nach der 
Operation entlassen wurden. Es stehen also in 10 Jahren 69 wegen 
Tuberculose, Caleulose, Neoplasma, Hydronephrose, Pronephrose, Ureter- 
tistel, Ruptura renis, Ren mohilis operirten Fällen, welche nach der 
Operation geheilt oder gebessert entlassen werden konnten, 304 obdu- 
cirte Fille von Tuberculose (185), Neoplasma (50), Calculosis (69) 
gegenüber, welche nicht diagnosticirt worden sind 

Wenn wir nun die laut Ausweis in dieser Zeit klinisch diagnosti- 
eitten, nicht obdueirten Fälle von Pyelitis mit ın Betracht ziehen, so 
kommen wir zu dem Schluß, daB in einem Zeitraum von 10 Jahren von 
ungefähr 750 Fällen von Pyelitis etwas weniger els ein Drittel dia- 
enestieirt wurde. während mehr als zwei Drittel nicht diagnosticirt 
starben: weiter, daß von fast 400 Fällen von Tuberculose, Neoplasma, 
und Caleulosis der Niere weniger als ein Viertel diagnostieirt wurde. 
wihrend mehr als drei Viertel nieht diagnosticirt starben. 

Wenn nun diesen Zahlen seiner Zeit die Ergebnisse nach einer zehn- 
jährigen execten Anwendung der neuen Untersuchungsmethoden gegen- 
übergestellt werden, so wird das Urteil über diese alte Aera ein ver- 
nichtendes sein. Aus derartigen Zusammmenstellungen wird einwandfrei 
hervorgehen, was wir den neuen Methoden zu verdanken haben. 

Auf keinem Gebiete der Chirurgie hat sich in den letzten Jahren ein 
ro epochemachender Umschwung geltend gemacht, wie bei der Nieren- 
ehirurgie. Diesen Umschwung verdanken wir ellein den nenen Unter- 
suchungsmethoden, dem  Ureterenkatheterismus, den Methoden der 
funetionellen Nierendiagnostik. und schließlieh, aber nicht in letzter 
l.inie. der Röntgenographie. Nie haben es bedingt, daß heut zu Tage 
bei einer ehtrurgischen Nierenerkrankung die ganze Fragestellung eine 
andere geworden ist. Während man sich früher mit der Beantwortung 
der Frage, ob die zweite Niere überhaupt vorhanden und weiterhin, ob 
‘io gesund sei, begnügte, fragen wir Jetzt danach, unter welehen Um- 
standen wir bei der zweiten kranken Niere operiren können oder cpe- 
riren müssen. Allerdings sind wir auch gegenwärtig noch nieht im 
Stande, diese letzte Frage immer in unbedingt verläßlicher Weise zu 
beantworten, doch sind wir auf dem besten Wege dazu. Hier besteht 
noch cine wesentliche Lücke, welche durch sorgfältige. der Funetions- 
prütunge mörliehst rasch folgende, histologische Untersuchungen aus- 
gefüllt werden müßte. 

In allen Füllen. wo die neuen Methoden zur Anwendung kommen 
können, führen sie eine wesentliche Klärung der Verhältnisse herbei. 
und verbürgen eine gewisse Sicherheit fiir Diagnosen- und Indieations- 


Stellung. Und jene Fälle wo infolge zu weit vorgeschrittener Er- 


=, Bir 


Beweis gegen die Riehtigkeit desersten Satzes liegen Beobachturger 
von Wıchrecht, Thumiım, Barth, Israel. Göbell. 
Adrian Rovsing vor, in denen sich diezweite Nieredurcech 
die Operation oder durch die Nutopsie als gesund 
oder mindestens als snflicient erwies,obwohlder Wert für 
d= -— 0,60 ° bis — 0,69° betrug. Ebenso ist die Haltlosigkeit des 
„wejtenvon Kümmoellaufgestellten Satzes durch eine Reihe von 
Beobachtungen (Stoekmann, Israel. Rovsıne. Tuffier. 
Wapsammer) erwiesen, wo entweder überhaupt nur eine schwer 
erkrankte Niere vorheuden war, oder durch die klinische Untersuchung. 
durch die operative oder post mortale Autopsie schwere. fune- 
tionelle und anatomische Läsion beider Nieren 
festgestellt werden konnte, obwohl der Blutge- 
frierpunkt normal war. 

Wenn wir also der Aufforderung von K ı ss 1903: „Es wäre schon 
an der Zeit. solehe Phrasen wie die über die besondere Wichtigkeit der 
Kryoskopie auf ihren riehtigen Wert zu redneiren“ folgen, so müssen 
wir gestehen, daß von der ganzen Kryoskopie für die 
chirurgische Nierendiagnostik nichts mehribrig 
bleibt. 

Die zweite Gruppe der neueren Methoden, welehe auf der Beoh- 
achtung der Ausscheidung künstlich in den Organismus eingebrachter 
Substanzen beruhen, eröffnen eine erfreuliehe Perspective für die Dia- 
gnostik der Localisation pathologischer Processe in der Niere selbst. 
allerdings erst dann, wenn das Studium ihrer physiologischen Aus- 
scheidung noch wesentlich vertieft sein wird. Wenn wir auch gegen- 
wärtig noch weit von diesen: Ziele entfernt sind, so ist doch nicht zu 
leugnen. daß diese Methoden auch jetzt schon eine ungemein wertvolle 
Bereicherung der Nierendiagnostik bedeuten. 

Zunächst muß hier eines Mannes gedacht werden, welcher als 
erster eine dem Organismus fremde Substanz einverleibte in der klaren 
Absicht. dadureh das Vorliandensein und die Functionstiichtigkeit der 
„weiten Niere zu prüfen. Gluck legte 1881 die als erkrankt erkannte 
Niere mittels Lumbaischnitt frei, klemmte deren Ureter ab oder unter- 
band ihn und injicirte hierauf im DHarne rasch erscheinende Substanzen, 
wie Jodkalium oder Ferroeyankalium. Nachdem die llarnblase entleert 
worden war. repräsentirfe der unter solehen Umständen aus ıhr auf- 
gefangene llarn das Seeretionsproducet der zweiten Niere, welches auf 
das Vorhandensein dieser Substanzen geprüft wurde. Diese grund- 
legende Idee Glueks wurde seiner Zeit ziemlich mit Stillsehweigen 


übergangen, ja überhaupt nicht entsprechend gewürdigt. 


ee, Ze — 


Kine Reihe der zur Funetionsprüfung verwendeten Substanzen hat 
bisher keinen Eingang in die Praxis gefunden, so das Jodkalium 
(Noe 1897, Simonelli 1899. Desprez), die Salicylsiiure (Cho - 
pin ISS9 Pugnat und Revilliod 1903), das Fuehsin (Bou - 
ehard 1873), das Rosanilin (lepine 1898, Dreyfus. Pugnat 
und Revilliod), die Bestimmung der Hippursäure nach Einführung 
von Benzoesäure (J arsfeld und Stoekvis 1879, Achard und 
Chapelle 1900), und endlieh die Prüfung der Harngiftigkeit nach 
Bouchard. 

Es sollen daher hier nur jene Methoden, welehe bisher eine Be- 
dentung für die Praxis erlangt haben, wie die Methylenblau-, die Indigo- 
earmin- und die Phloridziuprobe einer Besprechung unterzogen 
werden. 

Die Idee. das Methylenblau zur funetionellen Nierendiagnostik zu 
verwenden, gebührt in erster Linie Kutner und Casper, welche 
1862 den Vorschlag machten, Methylenblau intern zu geben, um sich 
auf evstoskopischem Wege durch den grüngefärbten larnstrahl von 
dem Vorhandensein und der Functionsfihigkeit der in Frage kommen- 
den Niere zu überzeugen. Diese Publikation hat jedoch keine besondere 
Beachtung gefunden. Später haben französische Autoren die Methode 
unter Aufwand einer enormen Sorgfalt durchgearbeitet, mit dem Ure- 
tereniiatheterismus verbunden, und so ist es zu erklären, daß gewöhn- 
lieh Nehard und Castaigue als die Schöpfer der Methode be- 
zeichnet werden. Die grundlegenden Arbeiten über die Verwendung 
des Methvlenblau in der Nierendiagnostik stammen von diesen beiden 
Autoren aus dem Jahre 1897, von Albarranund Bernard (1899) 
und ven Friedrich Miller (1889). 

Lie Methrlenblauausscheidung erleidet bei interstitieller Nephritis 
uud bei allen Processen, welehe dureh Veränderungen im interstitiellen 
Gewebe gekennzeichnet sind, cine Störung, insofern ihr Auftreten ver- 
spätet. ihre Intensität verringert, ihre Dauer verlängert erscheint. 
Daß das Ausbleiben der Methylenblauausscheidung eine sehr schwere 
Nierenbeschädigung bedeutet, erscheint durch die beiden Nierentode, 
welehe Albarran und Bazy erlebt haben, genügend illustrirt: 


während normalerweise der blaue Farbstoff 20—30 Minuten nach der 





Injection erscheint, trat in diesen beiden Fällen eine Blaufürbung 
innerhalb der ersten sechs Stunden nicht auf, Chromogen war erst 1 
bis 1! Stunden nach der Injection festzustellen; beide Patienten star- 
hen nach der Nephrectomie an Jnsuffieienz der zweiten Niere (große 
weiße Niere), obwohl die. chemische Harnuntersuchung eine solche 


nicht erwarten ließ. 


— 262 — 


genähten Nephrotomieschnittes eintritt. so sind seiner Ansicht die 
experimentellen Untersuchungen Langemak's gegenüberzustellen, 
nach welchen jeder Nierenschnitt bei entsprechender Tiefe einen In- 
farct zur Folge hat. 

Mit Rücksicht darauf erscheint es wohl nicht gestattet, bei pro- 
jeetirter Exstirpation einer Niere, vorher die andere vollkommen zu 
spalten, um so mehr, als uns die neuen Methoden der Functionsprüfung 
bei entsprechender Anwendung vielfach die gleichen oder sogar noch 
genauere Aufschlüsse zu geben im Stande sind, als die histologische 
Untersuchung. 

Die Untersuchung des Nierensecretes bezieht sich auf die physi- 
kelischen, ehemisehen, mikroskopischen und bacterivlogischen Bestand- 
teile; sie ıst von großer Bedeutung und darf in keinem Falle vernach- 
lässigt werden. Vor allem die mikroskopische Untersuchung kann. 
selbst an dem Gesamtharne vorgenommen, schon von der größten Be- 
deutung werden: Cylinder und Nierenepithelien sind unbedingt be- 
weisend, wenngleich sie uns im Gesamtharne über Ein- oder Beider- 
seitigkeit des Processes nichts sagen, und wenn auch ihr Fehlen nicht 
immer ein Beweis gegen parenchymatöse Nephritis ist (Cassel, 
Hennoch, Monti). Der Nachweis von Bacterien im Gesamtharne 
characterisirt wohl die Art der Erkrankung, sagt uns aber an und für 
sieh nichts näheres über deren Sitz; Bacterienbefunde im Nierenharne 
beweisen wohl mehr, als eine bloße Durchgängigkeit der Drüse, denn 
aus den Arbeiten von Wyssokowitsch 1886, Cotton 1896. 
Asch 1902 geht hervor, daß es sich in jedem Falle, wo Bacterien im 
Nierenharn nachzuweisen sind, um eine dureh die Mikroorganismen 
verursachte Gewebsläsion handelt. 

Wichtige Aufschlüsse vermag uns die physikalisch-chemische 
Harnuntersuchung zu geben. Allzu häufig werden leider auch gegen- 
wärtig noch derartige Symptome, wie beispielsweise eine Hämaturie, 
zu wenig beachtet. Eine bei vollkommenem Wohlbefinden auftretende 
Hämaturie wird nur allzu oft wegen jhres raschen Verschwindens 
gering geschätzt und vergessen ; die in Laienkreisen so weit verbreitete 
Ansicht, es handle sich um Blasenhämorrhoiden, wird zur Selbsttäu- 
schung herangezogen, wo eine eingehende instrumentelle Untersuchung 
den Sitz der Erkrankung rechtzeitig erkennen ließe. Die Ursache für 
dòs große Mortalitätsprocent der operirten Nierentumoren scheint 
mir nicht so sehr in diesen selbst zu liegen, als vielmehr in den Aerzten. 
welche es versäumt haben, bei der ersten Hämaturie die erforderlichen 
Maßnahmen behufs einer exacten Diagnose zu treffen. Bei Hämaturieır 
ist es meist nicht möglich, aus dem blutigen Harne allein die Diffe- 


— 263 — 


rentialdiagnose zwischen Nieren- und Blasenblutung zu stellen. Wurm- 
förmige Blutgerinnsel, welche als Harnleiterausgüsse für Nieren- 
llutungen charakteristisch sein sollen, können auch aus der Urethra 
stammen; die Veränderungen, der Zerfall der roten Blutkörperchen, 
welche in allgemeinen als für Nierenblutung bezeichnend angesehen 
werden, finden sich in der gleichen Weise bei Blasenblutungen mit 
Residualharn. Das aus dem Institute von Freund in Wien zuerst 
von Grosz 1894 angegebene verschiedene tinctorielle Verhalten des 
ın dem Harnsedimente vorhandenen „Schleims“ bei Färbung mit einer 
1 proc. Lösung von alizarinsulfosaurem Natrium wurde bisher an keiner 
anderen Stelle nachgeprüft; es soll eine Differenzirung insofern mög- 
lich sein, als sich der „Schleim“ bei Blasenprocessen rot färbt, während 
er bei Nierenatfectionen ungefiirbt bleibt. 

Unter solchen Umstiinden muB es Wunder nehmen, daß eine so 
souveräne Methode, wie die Cystokopie, seit ihrer Erfindung durch 
Nitze 1878 nur so langsam sich Eingang verschaffen konnte. 


Schon die Vorbereitung für die Cystoskopie giebt uns manchmal 
cinige Anhaltspunkte für die Quelle der Eiterung oder der Blutung. 
Stainmt das Blut oder der Eiter aus der Blase, so wird bei Präparation 
der Blase die Spülfüssigkeit meist nur langsam klarer; stammt die 
blutige oder eitrige Trübung aus der Niere, so tritt die Aufhellung 
mejet sehr rasch ein, um eventuell bei der nächsten Uretercontraction 
wieder zu verschwinden. 

Ist nun die Quelle der Blutung oder der Eiterung in der Niere 
festgestellt, so erwiichst die weitere Frage, ob wir aus ıhrer Intensität 
einen Schluß auf die Ausdehnung des Processes ziehen können. Dies 
ist auch nicht annähernd der Fall. Wir finden bei Nieren, welche 
mikroskopisch kaum eine Veränderung zeigen, abundante, ja selbst 
lebensgefährliche Blutung, während eine kaum fleischwasserähnliche 
biutige Färbung bei schwerer anatomischer und functioneller Läsion 
bestehen kann, und andererseits die Blutung selbst bei großen Nieren- 
tumeren vollständig fehlen kann. Aehnlieh ist es auch mit der Eiter- 
heimengung; eine starke Eiterbeimengung kann dem Durchbruch eines. 
Nierenabscesses, einer Caverne in das Nierenbecken ihre Entstehung 
verdanken, wobei das übrige Nierenparenchym keine wesentlichen ana- 
ton:ischen und functionellen Läsionen aufweisen muß; eine ganz ge- 
ringfügige eitrige Trübung kann von einer tuberculés auf das schwerste 
veränderten Niere, von einem schlaffen, pyonephrotischen Sacke stam- 
men, der vollständig funetionsuntüchtig ist, endlich kann ein voll- 
kommen klarer Harn von einer in ihrer Erkrankung weit vorgeschritte- 


— 264 — 


nen Schrumpfniere, von einer Cystenniere herriihren, — SEN 
functionem nicht mehr in Betracht kommen. 

Ich habe wiederholt solche Fälle gesehen und ich erinnere an den 
Fall Steinthals 1896, eine Patientin betreffend, welche nach 
Nephrectomie unter urämischen Erscheinungen zu Grunde ging; bei 
der Autopsie fand man an Stelle der zurückgebliebenen Niere, von 
welcher vor der Operation das Abfließen klaren Secretes diagnosticirt 
worden war, einen mit klarer Flüssigkeit gefüllten Sack. 

Gewöhnlich besteht die chemische Untersuchung des Harnes in 
erster Linie aus der Bestimmung des Eiweißgehaltes.' 
So wertvoll die Kenntnis des Eiweißgehaltes unter Berücksichtigung 
aller übrigen Momente ist; so leicht kann man zu Trugschlüssen kom- 
men, wenn man jhr allein folgt. Zunächst sei daran erinnert, daß der 
preeontuarische Eiweißgehalt nur unter Berücksichtigung der Harn- 
menge zu verwerten ist; denn er steht im umgekehrten Verhältnisse 
zu dieser. Es sollte also eigentlich immer die absolute Eiweißmenge 
bestimmt werden. Wie wichtig dies unter Umständen ist, geht zum 
Beispiel daraus hervor, daß Neumann nachgewiesen hat, Pavy 
wäre bei seinen Untersuchungen gerade zu den entgegengesetzten 
Schlüssen gekommen, wenn er statt des procentuarischen Albumen- 
gehaltes die absolute Eiweißmenge in Betracht gezogen hätte. Aber 
auch der absolute Eiweißgehalt des Harnes allein giebt uns keine ver- 
läßlichen Aufschlüsse über den anatomischen und functionellen Zu- 
stand der Nieren. Wir schen Patienten mit hohem Eiweißgehalt im 
ITarne ohne Beschwerden herumgehen, und andere mit Spuren von 
Albumen urämisch zu Grunde gehen. Ich habe vor kurzem eine Pa- 
tientin mit 40 S/o Albumen und Cylindern im Harne ohne Ocdeme, 
ohne krankhafte Erscheinungen am ITerzen, scheinbar bei Wohlbefinden 
gesehen. Andererseits sei an die schlappen, pyonephrotischen Säcke er- 
iunert, deren Secret nur Spuren von Albumen enthält, obwohl oder 
gerade weil ihr functionsfiihiges Parenchym schon ganz zu Grunde ge- 
gangen ist. [endlich kann nicht nur bei chronischer parenchymatöser 
und interstiticller Nephritis, sondern auch bei Schrumpfniere und 
Cystenniere Albumen im Harn vollständig fehlen, wie aus den Beob- 
achtungen zahlreicher Autoren hervorgeht. ` | 

Seit Tuffier 1889 auf experimentellem Wege nachgewiesen 
hat, daß eine Verminderung der Menge des functionsfihigen Nieren- 
parenchyms in einer llerabsetzung der Ilarnstoffmenge zum Ausdruck 
kommt, haben Albarran, Rovsing, Israel, Casper und 
Richter die Harnstoffbestimmung zur Diagnostik chirurgischer 
Nierenerkrankungen herangezogen. Albarran nimmt 1905 an. daß 


— 265 — 


die Niere eines Erwachsenen während einer zweistündigen Unter- - 
suchung 1,20—1,80 g Harnstoffes ausscheiden müsse, daß eine zwei- 
stündige Menge unter 0,75 g eine schlechte Functionsfähigkeit bedeute; 
Albarran fügt aber sofort hinzu, daß er eine Patientin, deren 
zum Zurückbleiben bestimmte Niere innerhalb von zwei Stunden nur 
0,52 g Harnstoffes aussehied, mit gutem Erfolg nephrectomirte. 

De Wert der Harnstoffbestimmung für die Nieren- 
diagnostik scheint ein sehr problematischer zu sein. Den Unter- 
suchungsergebnissen einer Reihe von Autoren, welche bei Nephritis 
eine Verminderung der Harnstoffausscheidung beobachteten, ist ent- 
gegenzuhalten, daß Rosemann 1899 auch bei — allem Anschein 
nach — gesunden Nieren eine erhebliche Stiekstoffretention fand, daß 
umgekehrt wieder Fränkel und Kornblum bei Nephritis keine 
Herabsetzung, Telegen sogar eine gesteigerte Ausfuhr von Stick- 
stoff beobachtet haben, daß schließlich Leube und Salkowski, 
v. Noorden und Ritter, Prior, Müller, Mann be 
Nephritis Perioden von normaler mit solchen von bedeutend vermin- 
derter Stiekstoffausscheidung abweehseln sahen. Es kann keinem 
Zweifel unterliegen, daß diese widersprechenden Resultate auch in ver- 
schiedenen Untersuchungsbedingungen ihre Ursache haben; es kann 
nicht gleichgiltig sein, ob eine solehe Prüfung hei normaler: Kost oder 
bei Nephritisdiät vorgenommen wird. Casper und Richter be- 
tonen, daß Untersuchungen in der gewohnten Weise nur die Ausfuhr 
des Stickstofles durch die Nieren zu prüfen, ohne Controle der Ein- 
fuhr, wertlos seien; es wäre demzufolge ein exacter Stoffwechselver- 
such notwendig. Diesbezüglich kommen Kövesi und Roth- 
Schulz, welche sich. an Jüngster Zeit wieder eingehend mit dieser 
Frage beschäftigt haben, zu dem Schlusse, der Stoffwechsel- 
versuch wäre, ınfolge seiner methodischen 
Schwierigkeiten nichteinmal dann geeignet, in 
einer den praktischen Bedürfnissen dienenden 
Diagnostik eine größere Rolle zu spielen, wenn 
die Verwertung seiner Ergebnis sse durch.den zu 
losen Zusammenhang zwischen Stigkstoffreten- 
tion und anatomischen Veränderungen nicht be- 

einträchtigtwürde. 

Wirsehenalso,daßvonden alten Methoden Deg 
Nıerendiagnostik keine einzige ım Stande ist, 
unsverläßliche Aufschlüsse zuverschaffen:alle 
zusammengenommen geben in vielen Fällen ein 
sex isses Gefühl der Sicherheit, sie führten aber 


— 266 — 


oftgenug zuverhängnisvollen Täuschungen. Tie 
Zahl der publicirten MiBerfolge ist eine viel zu groBe, um sie hier 
tevue passiren zu lassen, und überdies ist noch zu bedenken, daß eine 
weit größere Zahl nicht publieirt ist. Eine Statistik von Mankie- 
vicz, die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts betreffend, weist 25 Nie- 
rentode auf, welche unmittelbar nach der Nephrectomie eintraten. 
Tuffier hatte in einer älteren Serie von 18 nephrectomirten Tuber- 
culosen 12 Nicrentode, das sind 63,1 pCt. Bezeichnend fir diese alte 
Aera sind aueh die beiden von Pinner 1898 publicirten Faille, wo 
die vergrößerte, druekempfindliche Niere, welehe im Gegensatz zu 
ihrem Schwesterorgane Krankheitserscheinungen darbot, thatsächlich 
aber die Gesamtfunction übernommen hatte, als die kranke ange- 
sprochen wurde, während die andere, anscheinend gesunde Niere voll- 
kommen zu Grunde gegangen war; in einem dieser Fälle wurde die 
compensatorisch hypertrophirte Niere exstirpirt.e.. Bedenken wir, daß 
die erste Nephreetomie von Simon 1869 nur einer falschen Diagnose 
ihre Entstehung verdankte, daß von Depage, von de Letrez, 
von Lotheisen (Klinik Billroth) Nierentumoren als Ovarial- 
tumeren exstirpirt wurden, daß in letzter Zeit an der v.C zerny’ sehen 
Klinik eine Hydronephrose als Ovarialeyste operirt wurde, wobei nicht 
einmal während der Operation die richtige Diagnose gestellt werden 
konnte, dab von Reverdın ein perirenales Fibrom von 48 Pfund 
als extrauterine Schwangerschaft angesprochen. daß schließlich von 
cinem amerikanischen Chirurgen einer Patientin eine Niere auf vagi- 
nslem Wege entfernt wurde, weil man sie für einen Adnextumor ge- 
halten hatte, so muß zugegeben werden, daß die alten Methoden der 
Nicrendiagnostik dringendst eines Ausbaues bedurften. 

Die Ertindung Nitze’s 1878 bildet die Basis fiir die neuen Er- 
rungenschaften in der Nierenchirurgie. Vorher hat sehon Simon 
1575 den Weg zu einer exacten Nierendiagnostik gezeigt, indem er 
beim Weibe den Ureter unter Leitung des Fingers sondirte, nachdem 
in Narkose die Urethra gedehnt worden war. Grünfeld in Wien 
war der erste, welcher 1876 bei der Frau unter Leitung des Auges 
mittelst der Stirnlampe und Urethraltubus den Ureter sondirte. Es 
muß verwundern, daß, nachdem Brenner 1887 das erste Ureteren- 
cystoskop construirt hatte, — ein Instrument, das noch heute vielfach 
in Anwendung stcht, so viele Zeit vergehen mußte, bis die Allgemein- 
heit der Chirurgen anfing, diese epochemachende Erfindung zum Wohle 
ihrer Patienten zu verwerten. 

Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß die große Be- 
deutung derselben vielfach nieht erkannt worden ist. Wie einerseits. 


— 267 — 


jede Anrcgung zum weiteren Ausbau der Methode fehlte, so wirkte 
andererseits gerade auch das Urteil maßgebender Nierenchirurgen 
hemmend. Israel sagte 1890: „Ich glaube, daß der praktische Wert 
der Cystoskopie für die Nierenchirurgie ein geringer sein, nur in Aus- 
nahmsfällen zur Geltung kommen wird.“ Und 1894, sieben Jahre nach 
Erfindung des T'reterenceystoskops, giebt derselbe Autor als einziges 
Mittel, um bei eiternden Nephrectomiefisteln ein sicheres Urteil über 
den Zustand der zweiten Niere zu gewinnen, das Einnähen des Ureters 
der kranken Seite in die Bauchwand an. Bazy charakterisirt übrigens 
1903 das getrennte Auffangen des Harns jeder Seite als eine über- 
flüssige Spielerei. 

Das Instrumentarium wurde 1895 von Casper, 1897 von Al- 
barran in der glänzendsten Weise vervollkommnet, so da8 uns gegen- 
wärtig ausgezeichnete Mittel zur Verfügung stehen, um in einer 
Sitzung beide Ureteren zu sondiren, um der idealen Anforderung, 
gleichzeitig das Seeret von beiden Nieren direet aufzufangen, voll- 
kommen zu genügen. Während nur wenige an der Erreichung dieses 
Ideals mitgearbeitet haben, haben sich später viele bemüht, Mittel und 
Wege zur Umgehung des Ureterenkatheterismus zu finden, wobei viel- 
fach auf ältere Ideen zurückgegriffen wurde. Es scheint mir, daß dabei 
eine gewisse Aengstlichkeit vor der Erlernung und Ausführung des 
Ureterenkatheterismus eine große Rolle gespielt hat, welche Aengst- 
lichkeit gewiß nicht am Platze war, denn ich kann nur mit Kümmell 
sagen: „Ich glaube nicht, daß derjenige ein Gegner des Ureteren- 
katheterismus ist, oder Nachteile von demselben gesehen hat, der die 
Technik beherrscht.“ 

Es wurden wiederholt Bedenken ausgesprochen, bei kranker Blase 
den gesunden Treter zu sondiren und diese Maßregel auch als über- 
fiüssig bezeichnet. Dagegen ist zunächst einzuwenden, daß wir bei 
dem Bestreben. Frühdiagnosen zu stellen, sehr häufig an die Aufgabe 
der Diagnosenstellung herantreten, ohne einen verläßlichen Anhalts- 
punkt über den Sitz der Erkrankung zu haben; und in jenen Fällen 
wieder, wo das Krankheitsbild so sehr ausgesprochen ist, daB über die 
Seite der chirurgischen Nierenerkrankung nicht der geringste Zweifel 
besteht, haben wir das weit größere Interesse gerade an der zweiten, 
zum Zurückbleiben bestimmten Niere. über deren anatomischen und 
functionellen Zustand uns in einwandfreier Weise zu orientiren, nur 
auf dem Wege des Ureterkatheterismus môglich erscheint. Von 
größtem Werte in derartigen Fällen ist natürlich eine gute Technik 
und die Ausführung der prophylactischen Instillation nach dem Kathe- 
terismus. Jch sondire principiellimmer beide Ureteren, 


und ich habe bei ca. 1000 Ureterensondirungen, trotz genauer Be- 
obachtung der Patienten niemalsauchnurdengeringsten 
N'achteil davon gesehen. Während also durch den einzei- 
tigen, beiderseitigen Ureterenkatheterismus der 
idealen Anforderung, den Harn von jeder Niere direct aufzufangen, 
vollkommen Genüge geleistet wird, müssen wir die in Jüngster Zeit von 
manchen Seiten so warm empfohlenen Scparatoren als minderwertige 
Auskupfftsmittel bezeichnen, von denen übrigens Lu y s selbst sagt, sie 
seien für jene bestimmt, welche nur ,,un peu au courant des pratiques 
urinaires“ sind. Ihre Anwendung ist nach dem Ausspruche Rafin’s 
nicht einfacher, nicht leichter, als der Ureterenkatheterismus, wogegen 
ihre Resultate niemals einwandfrei erscheinen, denn der bei ihrer An- 
wendung aufgefangene llarn hat die Blasenschleimhaut, welche aus- 
geschaltet werden sollte, passirt. Sie sag en unsmeist nicht 
mehr, als eine exact ausgeführte Cystoskopie, 
aber immer weniger als der Ureterenkatheteris- 
mus. | I | 

Von allen Einwänden, welche Luys gegen den Ureterenkathete- 
ri-mus ins Feld führt, scheint mir nur der einzige Berechtigung zu haben, 
daß durch denselben Anomalien in der Nierensecretion hervorgerufen 
werden können. Ich habe 1903 auf diese Seeretionsanomalien auf- 
merksam gemacht und gleichzeitig gezeigt, wie wir uns durch genaue 
Messungen über ıhr Vorhandensein und ihre Größe genau orientiren 
können. Durch den Ureterenkatheterismus ist häufig eine Polyurie, 
seltener eine Oligurie oder Anurie bedingt, Störungen der Secretion, 
welche meist in ungefähr einer Stunde vorübergehen. Nur der reflec- 
torischen Polyurie kommt eine groBere Bedeutung zu, da sie ganz be- 
deutende Grade erreichen kann — z. B. einen Liter in ein und einhalb 
Stunden von einer Niere. Es ist daher wichtig, sie als solche zu 
erkennen, um Trugschlüssen zu entgehen.” Da es sich auch hier, ähn- 
lich wie bei gesteigerter Wasseraufnahme, oder bei der durch psychische 
Alterationen bedingten, nervösen Polyurie nur um eine gesteigerte 
Wasserausscheidung handelt, so sinkt dadurch der Procentgehalt aller 
normalen und anormalen Harnbestandteile bedeutend herunter; wir 
bekommen dadurch bei der Functionsprüfung Resultate, welche einem 
schlafen hydronephrotischen Sack, oder einer Schrumpfniere ent- 
sprechen können. Aber auch die Eiweißuntersuchung kann täuschende 
Resultate ergeben, insofern dann nur Spuren nachgewiesen werden, 
wa. bei normaler Wasserausscheidung ein Eiweißgehalt von 1—2 Bian 
vorhanden wäre, ebenso wie nur eine Spur eitriger Trübung erschei- 
nen kann, wo sonst eine ausgesprochene Pyurie besteht. Man müßte 


4 


— 269 — 


also in solchen Fällen statt des procentuarischen den absoluten Gehalt 
an normalen und pathologischen Harnbestandteilen bestimmen, und. 
dies ist wieder sehr häufig nicht möglich, weil, wie ich durch genaue 
Messungen nachweisen konnte, wie auch Sard, Rovsing u. A. 
beobachtet haben, ein Teil’des Harnes, ja oft die größere Menge neben 
dem Ureterenkatheter abfließt, und es dann meist unmöglich ist, zu be- 
stimmen, wie viel von rechts und wie viel von links stammt. 

Unter solchen Umständen können wir also einmal einen wasser- 
hellen Harn von niederem speceifischem Gewichte, von geringem pro- 
centuarischen Harnstoffgehalte auffangen, welcher das Functions- 
preduct einer vollkomnıeh normalen oder “sogar einer bereits com-- 
pensatorisch hypertrophirten Niere darstellt, während ein anderes Mal 
ein cbensö zusammengesetzter lIlarn von einer Hydronephrosc, von einer 
Schrumpfniere, von einer Cystenniere herrühren kann. Andererseits. 
habe ich bei arteriosklerotischer Schrumpfniere und bei Cystenniere: 
auch ganz normal aussehenden, eiweißfreien Harn gefunden. Ein 
diluirter, leicht eitrig getrübter Urin mit nur Spuren von Albumen: 
kann unter den oben genannten Umständen das Functionsproduct einer 
Niere sein, welche bis auf eine leichte Nierenbeckenentzündung intact. 
ist, und ebenso gut kann er cinem schlaffen, vollkommen functions- 
untüchtigen Sacke entsprechen, welcher das Endproduct eines hydro- 
nephrotischen oder pyonephrotischen Processes darstellt. °” Welche 
Mittel haben wir nun in solchen Fällen, um eine Orientirung über 
den Functionszustand der Niere zu gewinnen? Besteht ein Parallelis- 
mus zwischen dem Grade der Functionsstörung und dem Grade der 
anatomischen Läsion? 

Nachdem die alten Methoden selbst ganz groben diagnostischen 
Anforderungen gegenüber sich sehr häufig nieht gewachsen erwiesen, 
nachdem auch der Ureterenkatheterismus mit der physikalischen, 
chemischen, mikroskopischen, bacteriologischen Untersuchung des 
separat aufgefangenen Sekretes manche Fragen über den anatomischen 
und funktionellen Zustand der Nieren nicht zu:lösen vermochte, so 
ergab sich die Notwendigkeit, die Untersuchungsmethoden iın Inter- 
esse einer exacten chirurgischen Nierendiagnostik, im Interesse einer 
exacten Indicationsstellung weiter auszubauen. 

Die neueren Untersuchungsmethoden bewegen sich im wesent- 
lichen in zwei Richtungen: die erste ist durch jene 
Methoden charakterisirt, welche in den neuen Errungenschaften der 
physikalischen Chemie fußen, sie bestehen in der Untersuchung des 
Harnes von neuen Gesichtspunkten aus, ohne künstliche Beeinflussung 
der Nierenfunction; hierher gehören die Cryoskopie, die Prüfung des. 


— 270 — 


Brechungsexpcnenten und des elektrischen Leitungswiderstandes. ` 
Diezweite Richtung erscheint durch jene Methoden charakterisirt, 
welche auf einer künstlichen Beeinflussung der Nierenfunction be- 
ruhen; sie bestehen in der Einverleibung von Substanzen, welche dem 
Organismus zumeist fremd sind, um deren Ausscheidung durch die 
Nieren zu prüfen; hierher gehören die Jod-, die Salieyl-, die Fuchsin-, 
die Methylenblau-, die Rosanilin-, die Indigocarmin-, die Hippursäure-, 
die Fhloridzinprobe und die experimentelle Polyurie. 

Während die Cryoskopie für die functionelle Nierendiagnostik des 
Chirurgen eine größere, wenn auch nur vorübergehende Bedeutung er- 
langt hat, kann dies von der zu dem gleichem Zwecke von Stubell 
angegebenen Bestimmung des Brechungsexponenten und von der Leit- 
fühigkeitsbestimmung Löwenharts nicht gesagt werden. Es soll 
demzufolge hier nur die CU'rvoskopie einer kurzen Besprechung unter- 
zogen werden. 

Dreser hat 1892 die vonvant’ Hof f 1887 aufgestellte Theorie 
über den osmotischen Druck der Flüssigkeiten auf die Nierenthätigkeit 
in Anwendung gebracht und aus der Differenz der molecularen Concen- 
tration des Blutes und des Harnes die Nierenarbeit zu berechnen ge- 
sucht. Angeregt durch die Ideen Dresershatv. Koranyı 189% 
die Cryoskopie in die Klinik eingeführt, eine Menge neuer Begriffe, 
neuer Namen construirt, ein System von Formeln geschaffen, so dab 
es schon den Anschein hatte, als ob künftighin die Entscheidung über 
‚eine Nierenoperation nicht mehr am Krankenbette, sondern am grünen 
Tische dureh Ausrechnen der gegebenen Formeln gefällt werden sollte. 
Die von Koranyi 1887 angegebenen Grenzen für den normalen 
‘Gefrierpunkt des Harnes von — 1,3 ° bis — 2,3° wurden von Küm- 
mell und Rumpel, Senator, Waldvogel, Roeder, 
Bouchard nach beiden Richtungen hin etwas verschoben, so daß 
ım allgemeinen — 1,0 ° als die kleinste und — 2,5 ° als die größte Ge- 
frierpunktszahl bei normalen Nieren angenommen wurde. Obwohl 
v. Koranyı 1897 diese Zahlen ausdrücklich auf die 24 stündige 
Ilarnmenge bezogen hat, und später Lindemann, H. Strauss, 
Israel auf dieses Moment besonders aufmerksam gemacht haben, 
wurde die Berücksichtigung der Mengen in der Folge meist übersehen 
und die Werte als absolut angenommen; es wurden Zahlen, welche 
‘kleiner sind als 1,0 als charakteristisch für Nierenerkrankungen betrach- 
tet, es wurde auch versucht, eine Differentialdiagnose zwischen parenchy- 
matöser und interstitieller Nephritis mittelst der Gefrierpunktbestim- 
mung aufzustellen (Senator, Lindemann), ein Unternehmen, 
das wohl schen yon vornherein geringe Aussichten auf Erfolg haben 


mußte, weil nieht einmal pathologisch-anatomisch ein strenges Ausein- 
anderhalten beider Formen, zum mindesten in ihrem chronisehen Ver- 
laufe, möglich erscheint (Weigert 1879). Nachdem Casper und 
Richter die Gefrierpunktbestimmung in die chirurgische Nieren- 
diagnostik eingeführt hatten, brachten Kümmell und Rumpel 
die Gefrierpunktszahl in eine directe Proportion mit dem noch vor- 
handenen Nierenparenchym, indem sie sagten: „Je niedriger der Urin- 
gefrierpunkt, desto größer erwies sieh die Zerstörung des Nieren- 
gewebes.“ 

Schon Dreser machte darauf aufmerksam, daß auch gesunde 
Nieren einen Harn ausscheiden können, dessen moleculare Concentru: 
tion geringer ist. als die des Blutes, eine Thatsache, welehe von 
mehreren Seiten bestätigt worden ist (Koeppe, Fr Straus, 
&öbell, Kapsammer). 

Nachdem Casper und Richter die Kryoskopie für den 
mittels Ureterenkatheterismus aufgefangenen Nierenharn in Anwen- 
dung gebracht hatten, machte Fr. Straus 1902 daruuf aufmerksam, 
daß den so gewonnenen Gefrierpunktszahlen nur ein Vergleichswert. 
zukommen könne. Jeh konnte 1904 zeigen, daß die manchmal durch 
den Ureterenkatheterismus ausgelöste Polyurie auch dies nicht ge- 
stattet: Durch die in unmittelbarer Anschlusse an denselben munch, 
mal auftretende. gesteigerte Wasserfiltration sinkt der Molueulargehult 
des Harnes oft tief unter den des Blutes, und so kann es sich ergeben, 
daf dann gerade die leistungsfühigere, Ja sogar compensatorisch hyper. 
trophirte Niere die kleinere Gefrierpunktszahl aufweist, während die 
geschädigte Niere, welche infolge ihrer anatomischen und funetionellen 
Störung einer gesteigerten Wasserausschesdung nicht mehr fáhig ist, 
die grolere Gefrierpunktszahl zeigt. 

Bald wurde aber das ursprüngliche System, die kryoskopischen 
Daten zu verwenden, vollständig geändert: Kövesi und Roth- 
Schulz führten 1914 den Verdtnnungsversuch on die fune- 
tionclle Nierendiagnostik ein. Sie geben dem Patienten 18 Liter 
Salvatorwassers zu trinken und bestimmen den Gefrierpunkt des Harnes 
vor und nachher. So versuchten die beiden Autoren, zu magen, dab der 
charaszteristische Unterschied zwischen parenchriwatos-r und jnter- 
stitie.;er Nephritis nicht so scht in der verschiedenen Grobe der Ge. 
frierzürnktaszad). als vielsuchr ın der verschiedenen Veranderlsehkeit der- 
seiten tei erhobhter Wasserzufuhr zum Ausdrucke kommt. Die Fraze, 


echte ursprörzlich lautete: Wie groß ist die Gefrierpusktazahl dea 


Harre? eı-_en Kövesi und Kotıh-Schultz ım.t Kucksicht auf 
den Veriirrurzsversuch 1904 forgendermaben: Wie grok jet die Ge- 


EE = 


frierpunktszahl des maximal concentrirten, wie groß die des maximaf 
diluirten Harnes? — Nicht die Bestimmung der molecu- 
laren Concentration ist das Wesentliche dabei, 
sondern die Bestimmung des Wechselsin der Con- 
centration; nicht der Grad der Durchlässigkeit 
für feste Moleceüle wird dadurch gemessen, son- 
dernin erster Linieder Grad der Durchlässigkeit 
für Wasser. Aber um dies festzustellen brauchen wir doch nicht 
die Gefrierpunktsbestimmung; daß ein Harn concentrirt, ein anderer 
diluirt ist, das sehen wir ja, und wollen wir den Grad der Concen- 
tration in Zahlen ausdrücken, so haben wir dazu ein viel einfacheres 
Mittel: die Bestimmung desspecifischen Gewichtes. 

Und so sehen wir, daß wir die Gefrierpunktsbestimmung des Harnes 
für die chirurgische Nierendiagnostik überhaupt nicht brauchen. 

Albarran hat den Verdiinnungsversuch mit dem Ureteren- 
katheterismus verbunden und gleichzeitig auch die Menge des Harnes, 
die moluculare Coneentration, die Valenzzahl 4 V. (H. Straus), 
den procentuarischen und absoluten Gehalt an Harnstoff, Kochsalz und 
Phloridzinzucker bestimmt, eine Untersuchung, welche geeignet er- 
scheint, einer ausgedehnten Fragestellung Rechnung zu tragen. Al- 
barran fand, wie dies auch Kövesi, Roth-Schulz, Fr. 
Straus, Sommerfeld und Röder beobachteten, daß die Secre- 
tion einer gesunden Niere bei dieser experimentellen Beeinflussung 
innerhalb weiter Grenzen schwankt, während die Ausscheidungsfähig- 
keit der kranken Niere unter den gleichen Umständen innerhalb von 
Grenzen bleibt, welche um so enger gefunden wurden, je schwerer die 
Nierenerkrankung war. Da Albarran dabei nur den kranken Treter 
sondirt, da selbst neben dem am Ende offenen Katheter Harn abfließen 
kann und unter solehen Umständen eine exacte Bestimmung der abso- 
luten Harnstoff- und Zuckermengen nicht in jedem Falle möglich ist, 
da durch die Verabreichung eines harntreibenden Mineralwassers oder 
Thees ein neuer Factor eingeschaltet ist, über dessen Tragweite wir 
uns vielleicht noch nicht ganz im Klaren sind, da endlich eine derartige 
Untersuchung mindestens zweieinhalb Stunden dauert, dürfte dieselbe 
nach meinem Dafürhalten in die Praxis schwer Eingang finden. So 
interessant die Ergebnisse der Albarran’schen Untersuchungen 
in Fällen, wo das Abfließen neben den Ureterenkathetern nachher aus- 
geschlossen werden konnte, vom theoretischen Standpunkte aus sind, 
so sehr muß ihnen gegenüber betont werden, daß wir für die allge- 
meine Praxis eines möglichst einfachen Verfahrens bedürfen. 

Die Kryoskopie hätte in der Nierendiagnostik noch eine andere 


— 273 — 


tolle spielen sollen. Es war ein fruchtbar scheinender Gedanke 
Koranvı's, den Schwerpunkt der Untersuchung nicht in die Be. 
stimmung der im Jlarne ausgeschiedenen, sondern der im Blute zu- 
rückgehaltenen Molecüle zu verlegen. So entstand die Verwertung des 
Blutgefrierpunktes für die Nierendiagnostik. v. Koranvı stellte 
1869 die Behauptung auf. daß der Blutgefrierpunkt eine constante 
Grobe darstelle "= -— 056°, und bezeichnet die Bestimmung der mole- 
eularen Concentration des Blutes als das sicherste und emptindlichste 
Verfahren zur Entdeckung der Niereninsufficienz. Während aber 
Koranyı schon 1901 die Erklärung abgab, daB aus dein Werte von 
nl allein weder eine Indication noch eine Contraindieation für eine 
Nierenoperation abgeleitet werden könne, stellte Kümmell 1903 
zwei Sätze auf, welche von der weitgehendsten Bedeutung gewesen 
wären, wenn sie sich als richtig erwiesen hätten. 

ber erste Satz lautet: Beträgt der Blutgefrierpunkt — 0.58 ° bis 

— 0,650°, so bedeutet dies eine beiderseitige Nierenerkrankung, eine 
beiderseitige Functionsstörung, also eine Contraindieation gegen eine 
Nephreetomie. 
Der zweite Satz lautet: Der normale Blutgefrierpunkt o = 
— 0,56° schließt eine doppelseitige Funetionsstörung von vornherein 
eus. Kennt man die kranke Seite, so kann man ohne Bedenken nephree- 
tomiren. 

Zunächst muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß eine Reihe 
von Autoren (Tuffier.deGraziıa, Engelmann. Köppe, 
\ Kock.Rovsiıng) den blutgefrierpunkt normaler Menschen in 
weiten Grenzen (— 050° bis — 0.63°) schwanken sahen. Weiter 
wurde auch bei Erkrankung einer Reihe anderer Organe als der Nieren 
erhöhte moleculare Blutconcentration gefunden, so bei Kohlensäure- 
überladung. bei incompensirten lerzfehlern (v. Koranvı, Sena- 
tor), bei Acetomaemi (Kovaecz), bei Diabetes mellitus (Sena- 
tor, Bouquet, Achard, Loeper, Rumpel. Bernard). 
bei Abdominaltumoren, bei Careinomen (Koranyı, Israel, 
Engelmann). Weiter wurde bei Anaemie, Ilydraemie und bei 
Kachexie eine verringerte moleculare Bluteoneentration beobachtet. 
und es ist klar, daß. wenn im solchen Fällen infolge einer Nıerenimsuf- 
ficienz eine moleculare Retention eintritt, die Blutgefrierpunktszahl, 
welche kleiner, als normal war, infolge der molecularen Retention auf 
die normale Höhe ansteigt (Israel, Kapsammer). 

Was nun die beiden von Kümmell aufgestellten. elementaren 
Sätze betrifft. so erscheint gegenwärtige deren Unhaltbarkeit durch 


zehlreiche Beobachtungen der verschiedensten Autoren erwiesen. Als 


ssi E 


Beweis gegen die Richtigkeit des ersten Satzes liegen Beobachtungen 
von Wiehrecht, Thumim, Barth. Israel. Göbell. 
Adrian Rovsing vor, in denen sich diezweite Nieredureh 
die Operation oder dureh die Autopsie als gesund 
oder mindestens als sufficient erwies, obwohl der Wert für 
J= — 0,60 bis — 0,69° betrug. Ebenso ist die Haltlosigkeit des 
zweiten von Kümmell aufgestellten Satzes durch eine Reihe von 
Beobachtungen (Stockmann, Israel. Rovsing, Tuffier. 
Kapsammer) erwiesen, wo entweder überhaupt nur eine schwer 
erkrankte Niere vorhenden war, oder durch die klinische Untersuehung. 
durch die operative oder post mortale Autopsie schwere. func- 
tionelle nnd anatomische Läsion beider Nieren 
festgestellt werden konnte, obwohl der Blutge- 
frierpunkt normal war. 

Wenn wir also der Aufforderung von K ı ss 1903: „Es wäre schon 
an der Zeit. solche Phrasen wie die über die besondere Wichtigkeit der 
Kryoskopie auf ihren richtigen Wert zu redueiren“ folgen, so müssen 
wir gestehen, daß von der ganzen Kryoskopie für die 
chirurgisehe Nicrendiagnostik nichts mehribrig 
bleibt. 

Die zweite Gruppe der neueren Methoden. welche auf der Beob- 
achtung der Ausscheidung künstlich in den Organismus eingebrachter 
Substanzen beruhen, eröffnen eine erfreuliche Perspective für die Dia- 
gnostik der Localisation pathologischer Proeesse in der Niere selbst, 
allerdings erst dann, wenn das Studium ihrer physiologischen Aus- 
scheidung noch wesentlich vertieft sein wird. Wenn wir auch gegen- 
wärtig noch weit von diesem Ziele entfernt sind, so ist doch nicht zu 
leugnen. daß diese Methoden auch jetzt schon eine ungemein wertvolle 
Bereicherung der Nierendiagnostik bedeuten. 

Zunächst muß hier eines Mannes gedacht werden, welcher als 
erster eine dem Organismus freinde Substanz einverleibte in der klaren 
Absicht. dadurch das Vorhandensein und die Funetionstüchtigkeit der 
zweiten Niere zu prüfen. Gluck legte 1881 die als erkrankt erkannte 
Niere mittels Lumbaischnitt frei, klemmte deren Ureter ab oder unter- 
band ihn und injicirte hierauf im Hlarne rasch erscheinende Substanzen, 
wie Jodkalium oder Ferroeyankalium. Nachdem die Harnblase entleert 
worden war, repräsentirte der unter solehen Umständen aus ıhr auf- 
gefangene [larn das Seeretionsproduct der zweiten Niere, welches auf 
das Vorhandensein dieser Substanzen geprüft wurde. Diese grund- 
legende [dee G lucks wurde seiner Zeit ziemlich mit Stillschweigen 


übergangen, ja überhaupt nicht entsprechend gewürdigt. 


Kine Reihe der zur Funetionsprüfung verwendeten Substanzen hat 
bisher keinen Eingang in die Praxis gefunden, so das Jodkalium 
(Noe 1897, Simonelli 1899, Des pre-z), die Salievisiure (Cho - 
pin 1889. Pugnat und Revilliod 1903), das Fuchsin (Bou - 
chard 1873), das Rosanilin (lepine 1898, Dreyfus, Pugnat 
und Revilliod), die Bestimmung der Ilippursäure nach Einführung 
von Benzoesiure (J arsfeld und Stockvis 1879, Achard und 
Chapelle 1900), und endlich die Prüfung der Harngiftigkeit nach 
Bouchard. 

Es sollen daher hier nur jene Methoden, welche bisher eine Be- 
dentung für die Praxis erlangt haben, wie die Methylenblau-, die Indigo- 
earinin- und die Phloridzinprohbe einer Besprechung unterzogen 
werden. 

bie Idee, das Methrlenblau zur funetionellen Nierendiagnostik zu 
verwenden. gebührt in erster Linie Kutner und Casper, welehe 
PSE2 den Vorschlag machten, Methylenblau intern zu geben, um sieh 
auf eystoskopischem Wege dureh den grüngefärbten Harnstrahl von 
dem Vorhandensein und der Funetionsfähigkeit der in Frage kommen- 
den Niere zu überzeugen. Diese Publikation hat jedoch keine besondere 
Beachtung gefunden. Später haben französische Autoren die Methode 
unter Aufwand einer enormen Sorgfalt durehgearbeitet, mit dem Ure- 
terenzatheterismus verbunden. und so ist es zu erklären. daß gewöhn- 
lich Achard und Castaigne als die Schöpfer der Methode be- 
zeichnet werden. Die grundlegenden Arbeiten über die Verwendung 
des Methylenblau in der Nierendiagnostik stammen von diesen beiden 
Autoren aus dem Jahre 1897, von AlbarranundBernard (1899) 
undven Friedrich Miller (1589). 

Lie Methrlenblauausscheidung erleidet bei interstitieller Nephritis 
und bei allen Processen, welche dureh Veränderungen ım interstitiellen 
Gewebe gekennzeichnet sind, eine Störung. Insofern ıhr Auftreten ver- 
später. ıhre Intensität verringert, ihre Dauer verlängert erscheint. 

aB das Ausbleiben der Methylenblauausscheidung eine sehr schwere 
Nierenbeschädigung bedeutet. erscheint durch die beiden Nierentode, 
welehe Albarran und Bazy erlebt haben. genügend illustrirt; 
während normalerweise der blaue Farbstoff 20—30 Minuten nach der 
Injection erscheint, trat in diesen beiden Fallon eine Blaufärbung 
innerhalb der ersten sechs Stunden nicht auf, Chromogen war erst 1 
his 14/2 Stunden nach der Injection festzustellen; beide Patienten star- 
bem mach der Nephrectomie an Insufficienz der zweiten Niere (grobe 
weiße Niere), obwohl die. chemische llarnuntersuchung eine solehe 


nicht erwarten ließ. 


— 2716 — 


Den interstitiellen Processen gegenüber fand Bard 1897 bei pa- 
renehymatöser Nephritis schnelleres Auftreten, kürzere Ausscheidungs- 
„dauer, also gesteigerte Durchlässigkeit für Methylenblau. Wenn diesen 
Befunden von Widal, Bernard, Lipmann-Wulf. von 
Nesti.v.Czyhlarzund Donath widersprochen wird. so dürfte 
dies auf den bereits früher hervorgehobenten Umstand zurückzuführen 
sein, daß es, was die chronischen Formen betrifft. eine reine paren- 
chymatöse und eine reine interstitielle Nephritis nieht giebt, daß es sieh 
immer nur um das Prävaliren des einen oder des anderen Processes 
handelt, was Ja auch in der histologischen Untersuchung zum Ausdruck 
kommt. 

Es hat sieh ferner herausgestellt. dab das Methylenblau nicht: iminer 
ale blauer Farbstoff, sondern häufig ın Form von sogenannten Leuko- 
derivaten ausgeschieden wird (Voisin und Hauser. Achard 
unl Castaigne, Friedrich Müller), ohne daß wir bisher im 
Stende wären, die Bedingungen für die Ausscheidung der chromogenen 
Substanzen genau definiren zu können. Normalerweise tritt das Chro- 
megen gleichzeitig mit dem blauen Farbstoff auf; bei Nierenläsionen 
jedoch wird häufig das Chromogen allein ausgeschieden. und in dem 
Falle, daß auch der blaue Farbstoff beobachtet wird. erscheint dieser 
wesentlich später. 

Auf einen Uinstand muß ich hier aufmerksam machen, dem bisher, 
wie cs scheint, keine Beachtung geschenkt worden ist. daß es nämlich 
nicht erlaubt ist, die Methrlenblaumethode und die gleich zu be- 
sprechende Indigocarminmethode mit der Phloridzinprobe in der Weise 
zu vereinen, daß zuerst die letztere ausgeführt wird und nach dem Er- 
scheitien des Zuckers eine der beiden Farbenproben angeschlossen wird. 
ber Phloridzinzucker reducirt namlich das Me- 
thylenblau und Indigocarmin; die Folge davon ist, dab 
während der Zuekerausscheidung entweder gar kein blauer Farbstoif 
erscheint, oder daß dieser erst wesentlich später erkannt werden kann, 
wenn er sehon in soleher Menge im llarne auftritt. dab er durch den 
Phleridzinzueker nieht mehr vollkommen reducirt werden kann. Beim 
Telersehen dieses Momentes kann ein Widerspruch ın den Resultaten 
der angewasidten Methoden vergetäuscht werden. 

Wenn auch die Methvlenblaumethode für die Diagnose schwerer 
interstitieller Processe gewiß einen verlällichen Index abgiebt, so stand 
ihrem Prosperiren in der chirurgischen Nierendiagnostik doch unsere 
Unkenntnis über die Bedingungen der Chromogenausscheidung hinder- 
heh im Wege. so daß mit dem Vorschlage von Voeleker und Jo 


Seph 1905, das Indigocarmin zur Functionsprüfung der Niere zu ver- 


wenden, der Methrlenblauprobe der Boden entzogen war: das Indigo- 
camiu wird nämlich nur als blauer Farbstoff. nicht in Leukoderivaten 
ause. schieden. 

De Indigocarminmethode stellt eine wertvolle Be- 
reicherung der Nierendiaenostik dar. Ne Uretermündung gesunder 
Nieren wird dureh das ausgeschiedene Indigecarinin in einer in die 
Augen soringenden Art und Weise markirt, was «dureh das zu dem 
gleichen Zwecke vorgeschlagene Rosanilin (Lepine) und Methrlen- 
blaulNutner.Casper.Albarran) nicht in genügender Weise 
mörlieh war. Dabei ist wohl zu bedenken, daß uns das Indigocarmin 
nur die Uretermündunge der gut funetionirenden 
Niere deutlich markırt, während es meiıst die 
kranke Niereist,deren(Üretermündung schwer zu 
finden ist. Von weiterer Bedeutung ist auch der Umstand, dab 
durch die blaugefärbte Contraetionswolle ein exactes Studium des Aus- 
scheilungstvpus unter normalen und pathologischen Verhältnissen er- 
moglicht ist (Albarran. Voelcker und Joseph. Kap- 
summer). 

Wihrend Voeleker und Joseph ursprünglich die Absicht 
hatten. mittels des Indigocarinins den Ureterenkatheterismus zu um- 
£elnn. haben sie später ihre Methode im Verein mit demselben zur An- 
wereung gebracht, und in dieser Vereinigung kommt der Methode 
tharsächlich eine ganz besondere Bedeutung für die Funetionsprüfung 
der Niere zu. Die beiden Autoren haben ursprünglich nur Wert auf die 
Iriensität der Ausscheidung gelegt. Indes ist nach meinen Beobach- 
tungen gewiß auch die Zeit des Auftretens und die Dauer der Aus- 
scheidurng von Bedeutung. Um graduelle Abstufungen bezüglich der 
Functionsstorung zu erméglichen, bedarf die Methode noch eines 
weiteren Aushbaues. 

Diesen weiteren Ausbau. welcher eine besondere Femheit in der 
Diagnostik ermeglicht,. hat die Phloridzinmethode bereits er- 
holten. 

Nechdem dureh v. Mering 158553 die Diabetes erzeugende Wirkung 
dıs Phloridzins bekannt geworden war, wurde von einer Reihe von 
Autoren (Zuntz 8S. Klemperer 1892, Sehabad 1594, Le- 
vene 1894 A chardund Delamare 1899. Biedlund Woliseh 
1900. v. Czyhlarz und Schlesinger 1901, Pavy. Brodie 
und Sıbau 19. Albarran und Berge 1905) die Niere als der 
Ort der Phloridzinzuekerbildung in überzeugender Weise nachgewiesen. 
Nechdem Klemperer 1896 auf das Ausbleiben der Phloridzin- 


zuckerbildung bei chronischer Nephritis aufmerksam gemacht 


= 210 = 


hatte, konnten \chard und Delamare 1898 in vor sore falticen 
Arbeiten nachweisen, daß Verminderung oder Ausbleiben acer 
P’hleridziıngivkeocrurie rar Micrenergfeetionen 
cherakteristisehist. Casperund Richter. welche 10 
die Phloridzinprobe mit dem Ureterenkatheterismus verbunden für die 
chirurgische Nierendiagnostik in Verwendung gelracht haben, besen 
principiell nur Gewicht auf den procentvarischen Zuekergehalt im 
Tlarne nach Ingection von ODIE g Phloridzin; sie sogen. deb bei schweren 
Nierenlisionen die Phloridzincuekerausseheidung vollständig teblh. 
während im allgemeinen die Menge des funetionsfähigen Nierenjperen- 
chyms in direeter Proportion zu dem Procentgehalte des ausgeschiedenen 
Zuckers stehe: je größer der Procentgehalt des Zuckers ist. desto groper 
ist auch die Menge des noch funetionsfähigen Nierenparenehyms Nun 
ging aber schon aus den Untersuchungen von Casperund Richter 
hervor, daß eine constante, normale Grôbe für den Proeentgehalt des 
nach Injection von 0.01 g Phloridzin ausgeschiedenen Zuckers nicht 
aufzustellen ist. Der Procentgebalt des Zuckers wechselt im umeekehr- 
ten Verhältnisse wie die llarumenge:; es war demzufolge unbedingt not- 
wendig, auf die Ilarnmengen Rüeksieht zu nehmen (Albarran. 
Israel, Pugnat, Revilliod. Kapsammer) Noch wich- 
tiger wird aber die Berücksichtigung der absoluten Zuckermenge gegen- 
über der proeentuarischen, wenn es sich um ein Maß der Funetionseroße 
jeder einzelnen Niere. um den Vergleich des funetionsfähigen Nieren- 
parcuchyms beider Nieren zueinander handelt Ich habe 1904 gezeigt. 
dab man unter dem Einflusse der retlectorischen Polvurte bei Derück- 
sichtigung des procentuarischen Zuckergehalts allein zu direet falschen 
Schlüssen konımen müßte; gesunde oder vielleicht noch mehr compen- 
satorisch hypertrophirte Nieren reagiren suf den Ureterenkatneteris- 
mus nieht selten mit einer sehr gesteigerten Polvurie: bei der ge-tel- 
gerten Wasserausscheidung sinkt wie der Procentechalt der festen re. 
standteile überhaupt, so auch Jder des Zuekers bedentoneh, und wenn sus 
irgend einem Grunde auf der zweiten kranken Seite eine derartige Dol- 
urie nicht eintritt, z. B. weil die zweite Seite nicht sondirt wurde. oder 
weil die zweite Niere so schwer geschädigt ist. dab sie einer 
refleetorischen Polyurie nieht mehr fähig ist, sọ kann der procentu- 
arische Zuekergehalt auf der gesunden Seite kleiner sein als er auf der 
kranken ist. Es müssen also auch hier die absoluten Mengen gemessen 
werden: dies ist aber häufig in exacter Weise nicht möglich, weil. wie 
bereits erwähnt. trotz hohen Ilinaufschiebens des Ureterkatheters 
oft biarn neben den Kathetern in die Blase abtheBt. Auch Ts rae] und 


tevstine machten 18204 auf das AbiheBen von Tarn neben dem 


Ureterkatheter aufmerksam und Casper bestätigte diese Erscheinung 
1905. 

So kam man wiederholt bei Reriicksichtigung des procentuarischen 
Zuckergechaltes zu Trugschlüssen, und derartige Vorkommnisse waren 
die Veranlassung. daß manche Autoren über die ersten Phloridzin- 
untersuchungen nieht hinauskamen, und andere vorzeitig ein ungünsti- 
ges Urteil über diese gewiß wertvolle Methode fällten. 

Von der Veberlegung ausgehend, daß die Bestimmung des pro- 
centuarischen Zuckergehalts nicht genügt, daß die Berechnung der ab- 
soluten Zuckermenge hiutig nicht möglich ist, endlich, daB die Beob- 
achtung der Dauer der Zuckerausscheidung oft nieht durchführbar, 
falls sie aber durchführbar. zu viel Zeit in Anspruch nimmt, um in 
einer, praktischen Bedürfnissen dienenden Nierendiagnostik einen ent- 
spreehenden Platz finden zu können, habe ich von Anfang an auf die 
Zeit des Auftretens der Zuekeraussceheidung ge- 
achtet, und gefunden, daß der Zucker normaler- 
weise ungefähr 12 Minuten nach subeutaner In- 
jection von 0.01 ¢ Phloridzinim Harne erseheint, 
so daß wir bei guter Nierenfunetion in der 10--15 Minuten nach der 
Inivetion aufgefangenen llarnprobe immer Zucker nachweisen können. 
Ich habe mich weiterhin überzeugen können, daß das Auftreten des 
Zuckers in dieser normalen Zeit mit einer Ausnahme, auf welche ich 
sofort zu sprechen kommen werde, immer intacte Funetionsfähiekeit 
der Niere bedeutet, welehe sich allerdings nieht mitvollständıieer 
anatomischer Intaetheit decken muß; es können ganz geringfügige, ganz 
unbedeutende anatomische Läsionen dabei bestehen. Erscheint 
derZAuckerspiiterals15 Minuten, sobedeutet dies 
injedemFalleeinetunetionelleSt@rung, welche auch 
mit eneranatomischen Läston verbunden ıst; der Zueker er- 
scheint nm so später. je größer die anatomische und 
damitdie funetionelle Störungist. Tech habe auf Grund 
meiner Erfahrungen gewisse Grenzwerte aufzustellen versucht, welche 
uns eine präcise Indieationsstellung in der Nierenchirurgie ermöglichen 
sollen. und ich kann jetzt. da ich bereits über fast 200 diesbezügliche 
Untersuchungen verfüge, diesen meinen Vorschlag in seinem ganzen 
Unmfange aufrecht erhalten. Die Grenze liegt bei 30 Minuten: tritt 
der Zucker 30 Minuten nach der Injection auf. so 
isteine Nephrectomie noch zu wagen; tritt der Zucker 
aber erst nach 40 Minuten oder noch später auf. so be- 
deutet dies eine funetionelle und anatomische 


Störung. welche eine Nephreetoimie contra- 


— 278 — 


hatte, konnten Lehard und Delamare Int in sehr sere tiliicen 
Arbeiten nachweisen. dab Verminderung oder Ausbleiben der 
P’hleridzingeivkosrurie rar Nierene fPeetironen 
echerakteristisehist. Casperund Rrehter, welehe 1m 
die Phloridzinprobe mit dem Ureterenkatheterismus verbunden für die 
chirurgische Nierendiagnostik in Verwendung gelraebt diaken. Tecen 
principiell nur Gewicht auf den procentvarischen Zuekereehalt ou 
Hlarne nach Inzeetien von OOT œ Philoridain; sie sogen. deb bei sebwe ren 
Nierenläsionen die Phloridzin:uckeraussecheidung vollständig nohi. 
während im allgemeinen die Menge des funetionsfählgen Nierenpsren- 
ehyms in direeter Proportion zu dem Procentgehalte des ausgesehiedenen 
Zuckers stehe: je größer der Procentgehalt des Zuekers ist, desto grober 
ist auch die Menge des noch funetionsfähigen Nierenparenehyms Nun 
ging aber schon aus den Untersuchungen von Casperund Riehtrer 
hervor, daß ceine constante, normale Grobe far den Procentgehalt des 
nach Injection von 0,01 g Phloridzin ausgeschiedenen Zuckers nicht 
aufzustellen ist. Der Procentgehalt des Zuekers wechselt in umeekehr- 
ten Verhältnisse wie die Ilarnmenge; es war demzufolge unbedingt not- 
wendig, auf die Harnmengen Rüeksicht zu nehmen (Albarran, 
Israel, Pugnat, Revilliod. Napsammer). Noch wich- 
tiger wird aber die Berücksichtigung der absoluten Zuekermenge gegen- 
über der procentuarischen, wenn es sich um ein Maß der Funetionseröße 
jeder einzelnen Niere, um den Vergleich des funetioustihigen Nieren- 
parenchyms beider Nieren zueinander handelt Ich habe 1904 gezvigt, 
dab man unter dem Eintflusse der reflectorisechen Polvurie bei berück- 
sichtigung des procentuarischen Zuckergehalts allein zu direct falschen 
Schliissen kommen mübte: gesunde oder vielleieht noch mehr compen- 
satorisch hypertrophirte Nieren reegiren ruf den Ureterenkatiereris- 
mus nieht selten mit einer sehr gesteigerten Polyurie; bei der ge-ter- 
eerten Wasserausscheidung sinkt wie der Proeentachalt der festen re- 
standteile überhaupt, so auch der des Zuekers bedeutend, und wenn sus 
irgend einem Grunde auf der zweiten kranken Seite eine derartige Poly- 
urie nieht eintritt, z. B. weil die zweite Seite nicht sondirt wurde, oder 
weil die zweite Niere so schwer geschädigt jst. daB sie einer 
refleetorischen Polyurie nicht mehr fähig ist. so kann der procenty- 
erısche Zueßereehalt auf der gesunden Seite kleiner sein als er auf der 
krouken tt Es müssen also auch hier die absoluten Mengen gemessen 
werden; dies ist aber häufig in exacter Weise nieht möglich. weil. wie 
bereits erwähnt, trotz hohen Hinaufsehiebens des Ureterkatheters 
oft Harn neben den Kathetern in die Dlase abfließt. Auch Ps rae lund 


kevsing machten 1804 auf das AbtiieBen von Harn neben dem 


Ureterkatheter aufmerksam und Casper bestätigte diese Erscheinung 
1605. 

So kam man wiederholt bei Rerücksichtigung des procentuarischen 
Zuckergchaltes zu Trugschlüssen, und derartige Vorkommnisse waren 
die Veranlassung, dab manehe Autoren über die ersten Phloridzin- 
untersuchungen nicht hinauskamen, und andere vorzeitig ein ungünsti- 
ges Urteil über diese gewiß wertvolle Methode fällten. 

Von der Teberlegung ausgehend, daß die Bestimmung des pro- 
eentuarischen Zuekergehalts nicht genügt, daß die Berechnung der ab- 
soluten Zuckermenge häufig nicht möglieh ist, endlich, daß die Beob- 
achtung der Dauer der Zuekerausscheidung oft nicht Jurehführbar, 
falle sie aber durchführbar. zu viel Zeit in Anspruch nimmt, um in 
einer, praktischen Bedürfnissen dienenden Nierendiagnostik einen ent- 
sprechenden Platz finden zu können, habe ieh von Anfang an auf die 
Zeit des Auftretens der Zuckerausscheidung ge- 
achtet, und gefunden, daß der Zucker normaler- 
weise ungefähr 12 Minuten nach subeutaner In- 
jectionvon 0.01 g Phloridzinim Il arneerscheint, 
so daß wir bei guter Nierenfunetion in der 10-15 Minuten nach der 
Iu;eetion aufgefangenen llarnprobe immer Zucker nachweisen können. 
Ich habe mich weiterhin überzeugen können, daß dos Auftreten des 
/Zuckers in dieser normalen Zeit mit einer Ausnahme., auf welche ich 
sofort zu sprechen kommen werde, immer intacte Funetiensfähigekeit 
der Niere bedeutet, welche sieh allerdings nicht mitvollständieer 
anatomischer Intacthert deeken muß; es können ganz geringfügige, ganz 
unbedeutende anatomische Läsionen dabei bestehen. Erscheint 
derZuckerspititerals15 Minuten, sobedeutet dies 
ınjJedemFalleeinefunetionelleStörung, welche auch 
mit einer anatomischen Läsion verbunden ist: der Zucker er- 
scheint um so später. Je größer die anatowische und 
lamıtdie funetionelle Störung ist. Teh habe auf Grund 
meiner Erfahrungen gewisse Grenzwerte aufzustellen versucht, welehe 
uns eine präcise Indieationsstellung in der Nierenchirurgie ermöglichen 
sollen; und ich kann jetzt. da ich bereits über fast 200 diesbezügliche 
Untersuchungen verfüge, diesen meinen Vorschlag in seinem ganzen 
Umfange aufrecht erhalten. Pie Grenze hegt bei 30 Minuten: tritt 
der Zucker 30 Minuten nach der InJeetion auf. so 
isteine Nephreetomienochzu wagen; tritt der Zucker 
aber erst nach 40 Minuten oder noch später auf. so be- 
deutet dies eine functionelle und anatomische 


Strung., welehe eine Nephreetomie contra- 


— 280 — 


indieirt. Diese Art, die Phloridzinmethode in Anwendung zu 
bringen, gewährt außer ihrer Kürze und Einfachheit noch andere Vor- 
teile; während uns die procentuarische und absolute Zuekerbestimmung 
am Gesamtharne in keinem Falle sichere Anhaltspunkte für eine cin- 
scitige oder beiderseitige Erkrankung gestattet, wird uns dies durch 
Berücksiehtigung der Zeit ermöglicht. Tritt die Zuckerreaction im Ge- 
samtharne erst nach 45 Minuten auf, so bedeutet dies eine derartig 
schwere funetionelle und anatomische Läsion beider Nieren, daß an 
cine Nephrectomie nicht zu denken, und somit auch jede weitere dies- 
bezügliche Untersuchung unterlassen werden kann. Tritt bei sicher 
nachgewiesener einseitiger Erkrankung, welehe einen ehirurgischen 
Eingriff erheischt, 10—15 Minuten nach der Injection Zucker im Ge- 
samtharne auf, so bedeutet dies functionelle Intactheit der zweiten 
Niere. 

KEıne Ausnahme von diesen Regeln macht die parene hy - 
matöse Nephritis, welche durch Uylındrurie und Albu- 
minurie erkennbar ist. Bei parenehymatöser Nephritis erscheint 
der Phloridzinzueker häufig trotz schwerer anatomiseher Veränderun- 
gen in normaler Zeit. 

Davon abgesehen bedeutet die Phloridzinmethode mit Berücksichti- 
gung der Zeit des Auftretens eine wesentliche Verfeimerung unserer 
Nierendiagnostik. Der Umstand. daß wir einerseits manchmal da. wo 
die gewöhnliche Ilarnuntersuehung anatomisch gesunde Nieren ver- 
muten hieße, mit der Phloridzinmethode eine Funetionsstörung finden. 
und andererseits wieder manehmal die gewöhnliche Harnuntersuchung 
eine anatomische Läsion anzeigt, wo uns die Phloridzinmethode func- 
tionelle Intaetheit ergiebt, ist ein Beweis für die Verfeinerung der 
Diagnostik. welche uns diese Methode gestattet. Die pathologische 
Anatomie lehrt uns, daB anatomische Nierenläsionen meist inselförmig 
auftreten. Der Umstand, daß wir manchmal geringfürzige anatomische 
Läsionen ohne Funetionsstörungen und scheinbar anatomische Intaet- 
heit mit schweren funetionellen L.äsionen finden, beweist, daß uns die 
Phloridzinmethode bei entsprechend exacter Beobachtung mehr zu 
sagen vermag, als die alten Untersuchungsmethoden, welche deshalb 
keineswegs vernachlässigt werden sollen. Teh habe mich daran ge- 
wohnt, in solehen Fällen mit Erfolg der Phloridzinmethode die ent- 
scheidende Bedeutung beizumessen. 

Die Phloridzinmethode mit Berücksichtigung der Zeit des Auf- 
tretens der Zuekerausscheidung bietet uns aber noch einen anderen 
Vorteil: während wir durch die Bestimmung des procentuarischen oder 
absoluten Zuckergehalts nur Vergleichswerte für rechts und links ge- 


— 281 — 


winnen, erhalten wir bei Berücksichtigung der Zeit absolute 
Werte, welche uns an und fiir sich, ohne einen Vergleich mit dem 
Werte des Schwesterorgans zu erheischen. Diagnose- und Indications- 
stellung erlauben. 

Die Phloridzinmethode hat in der chen angegebenen Modification 
weines Wissens an größerem Materiale in exacter Weise noch keine 
Anwendung gefunden, weshalb ich dies dringendst empfehlen muB. 

Während der groBe Wert der Phloridzinmethode aus der Casuistik 
von Casper und Richter, von Rumpel 1901, von A. Gôtzl 
1903, von Barth 1903, wie aus meinen gegen 200 genau studirten 
Fällen in unleugbarer Weise hervorgeht, haben andere Autoren sich der 
Methode gegenüber ablehnend verhalten oder derselben nur einen be- 
dingten Wert beigemessen. Göbell glaubt 1903, daß ihre Resultate 
nieht verläßlich seien. Israel, welcher den ursprünglichen Vorschlag 
Caspers und Richters über die Anwendungsweise der Methode 
erfolgreich bekämpft hatte und damit ein Gegner derselben geworden 
war, bezeichnet sie trotzdem 1902 als einen willkommenen Zuwachs der 
diagnostischen Hilfsmittel. Rovsing mißt ihr 1905 nur bei posi- 
tivem Ausfall eine entscheidende Bedeutung bei, bei negativem Aus- 
fall könne man trotzdem nephreetomiren. Zuckerkandl spricht 
sich 1905 auf Grund von zwei Beobachtungen, bei welchen trotz ana- 
tomischer Läsıon (das eine Mal ein Tumor, das andere Mal eine kleine 
Caverne im oberen Nicrenpol) eine von der Norm wesentliche Ab- 
weichung der Phloridzmzuckerbildung nicht gefunden werden konnte. 
gegen die Methode aus, und mißt ihr weder bei positivem noch bei 
negativem Ausfall eine ausschlaggebende Bedeutung bei. Albarran 
erklärt 1905. daß die Methode im allgemeinen und innerhalb gewisser 
Grenzen von reellem Nutzen ist, und dab sie in zweifelhaften Fällen 
oft wichtige Indieationen ergiebt. Albarran, weleher sieh laut 
Publikation von allen zuletzt genannten Forschern am eingehendsten 
mit der Phloridzinmethode beschäftigt hat, fügt übrigens seinen Aus- 
führungen bei, daß die Zahl seiner gutstudirten Fälle zu gu- 
ring sei, um alle Anomalten beebachtet zu haben. 

Gegen die Phloridzinmethode wurde in allererster Linie von Ls- 
racl 1602, dann von Voeleker und Joseph 1904 der Vorwurf 
erhoben, daß durch sie eine pathologische Nierenfunetion zum Wert- 
messer der normalen gemacht werde. Nun ist gewiß mit Lépine und 
Albarran anzunehmen. dab jeder Stoff einen eigenen Ausscheidungs- 
coefticienten hat. daB man im allgemeinen von cinem nieht auf den 
anderen schließen darf. Wenn aber einmal nachgewiesen ist, daß ein 
derartiger Stoff analoge Schlüsse auf die Ausscheidung der Schlacken 


des Stoflwechsels ziehen läßt, dann ist die Verwendung desselben ge- 
wib berechtigt. Nun wurde von Albarran, Casper und Rich- 
ter fiir den Phloridzinzucker cin gleicher \usscheidungscoe!ticient, wie 
für den Ilarnstof nachgewiesen und Jdadureh die physiologische Basis 
für die Methode gelegt. 

Der Vollständigkeit halber muß hier auch noch einer Methode Er- 
wähnung geschehen, deren große Vorteile für die Diagnostik der 
Nicrensteine Ja allgemein anerkannt ist, der Köntzenographte. 
Diese verspricht aber auch darüber hinaus, bezüglich topographischer 
Verhältnisse der Niere, des Sierenbeekens, des Ureters wertvelle Auf- 
schlüsse. 

Wenn wir schließlich die jüngsten Wandlungen in der Nieren- 
diagnostik vorurteilslos überblieken, so können wir uns der Ueber- 
zeueung nicht verschleben,. dab dieselben auf der Basis des Ureteren- 
Katheterismus eine neue Epocheiïin der Nierenchirurgie 
inaugurirt haben und dab sie bei weiterer Ausbildung eine er- 
freuliche Perspective in die Zukunft eröffnen. Die 
Zeiten, in welchen so viele Fälle einseitiger chirurgischer  Nicren- 
erkrankungen, welehe dringend eine Nephreetomie erheischten,. wegen 
der groben Angst vor dem Gespenste der kaum näher detinirten rethecto- 
rischen Anurie der zweiten Niere nieht operirt wurden, wo bei oft Jahre- 
lang bestehenden, in den verschiedensten Badeorten herumreisenden 
einseitigen. Pyonephrosen schließlich eine schüchterne Nephrotonne 
einer Indieatlo vitalis genügen mußte, während eine rechtzeitig aus- 
geführte Nephrectomie den Patienten wieder vollständig gesund und 
erwerbsfähig hätte machen können, die Zeit endlich. in weleher eine 
Urvahbl von Kranken mit ursprünglich einseitiger Nierentubereulose 
schließlich an der tubereulösen Kachexie oder an Insuffeienz beider 
Nieren zu Grunde gehen mußten, sind jetzt vorüber; und diese er- 
freuliche Wendung haben wirden neuen Methoden 
zuverdanken. Denn. wenn Israel der Welt bewiesen hat. dab 
er mit einer meisterhaften Palpation im Stande war, einen kirsch- 
eroben Nierentumor zu diagnostieiren, so dürfen wir nieht vergessen, 
daß gerade diese Palpationsmethode die subjeetivste von allen ist. An 
Stelle solcher subjeetiven Methoden sind jetzt vielfach dureh die Be- 
inühungen einer jüngeren Generation objective Methoden getreten, 
welche jeder mit einiger Sorgfalt und Geseliekhiehkeit erlernen und 
„un: Letle seiner Kranken verwerten kann. | 

Wenn Israel 1905 mit besonderer Berücksichtigung der Nieren- 
tuberenlose behauptet, dab wir die bedeutende Besserung der gegen- 


wärtieen Operationsresultate nieht der funetionellen Nierenprüfunge. 


— 283 — 
nur in Leschränktem Maße dem Ureterenkotheterismes, vor allem aber 
dein Uimstande verdonken. daß wir jetzt Frühoperattonen ausführen, 
so frage ieh: Was ermöglicht uns denn diese Frühoperationen? Pie Be 
dingung fiir die Frühoperation ıst die Frühlinenose, und die einzige 
Meceliehkeit. vor alleın bei Nierentubereulose, eine exnete Prubdiag nose 
u stellen. ist der Ureterenkatheterisinus. Wirverdanken also 
die Frühoperatien in erster Linie dem Ureteren 
katheterismus: wir verdanken sie aber gueh der dureh den ein 
zeitieen beiderseltigen Vreterenkatheterisenus ermoglehten, exneten, 
getrennten Funetionsprüfung beider Nieren. In Fällen, wo wir trotz 
langeren Zuwartens nicht in die Lage kommen, den Patienten wihrend 
der Dauer einer Hämaturie oder Pyurie zu untersuchen, sondern, wo 
wir den Ureterenkatheterismus bei klarem oder nahezu klarem Farne 
ausführen, erlauben uns die Resultate der Funetionsprüfung, die fune 
tionell geschädiete, somit anatomisch lödırte Niere zu erkennen, 

Und wenn Operateure, welche sieh den epochemachenden Neue: 
rungen noch verschließen, gegenwärtig auch günstige Resultate bei 
Nierenoperationen erzielen, so ist es gewiß, dab so manche von ihnen 
var unter dem Kinflasse der neuen Metheden, “tech mit Wahrscheni 
liehkertsdia@nosen beenügend. erfolereich cine Nephreetomie pewagt 
heben. von der sie in Unkenntnis der crmunternden Reonldtate der nencon 
Untersuchungsmethoden in frúheren Zeiten Abstand genommen hoben. 
Ih erinnere hier nochmels en das toto coelo versehiedene Vorgehen 
lei Verdaebt out Nierentulereulose zwischen friber und jetzt. Freher 
it der Naechwe's von Tnmierkellvesllen sm Harne Ge Dutt, um aile ols 
turor chen Weten zu streelen. on Fnlerlkelbacllen entbaitender Dar: 
AP erst waer mpm nolh pre tanmgere: beatzutege sind wir zu deja gerne 
Chtgegenuesersten Verzben verpflichtet: wir Jeuse ek eto bona peg, 
wororetiesen Pore teren condo ren. aoa dem primesen Perd sogdrebst baa 
zu erkennen und ihn reehtzeitie zu entfernen. Wenn nun heut zu Var: 
an Chirurg eie einseitie tuberenulö-e Pyonephrose ex-trpirt, ohne 
du gevren Merloden in ahrer Ganze oder znch nur te "lux ee urge weal 3 


zu halten, se ouerirt er gwar ohne dieselben in deon eip aare hy 


ms 


Se + a D 
zur Npwenedang werrueet zu haben, aber tretvden: auf Grund c-r, 
putten emer Methocen gewonneren Eıfelieurzen. welete ura jebeno, 


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dub aie Porter. lee ue lsarsay 1 yrater e.st euer e,t? g 


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* +! r + A roA » + + x e e D F D 1 o 
x de Gë i D D KR z t = eure 


( 
— 284 — 


aus einer Zeit, in welcher daselbst der Ureterenkatheterismus und die 
Functionsprüfung der Nieren noeh nicht systematisch ausgeführt 
wurden. 

Vorausschieken mub ich noch, dab selbstverständlich jene File. 
woes ber Millartuberculose auch zur Tuberkeleruption in den Nieren 
gekommen ist, wie die Fälle von Metastasenbildung maligner Tumoren 
in den Nieren nieht init in Rechnung gezogen worden sind. 

Unter 20770 Obductionen Andet sich: 

Nierentubereulose in 191 Fällen (davon 67 einseitige und 
124 beiderseitige); von diesen 191 waren 6 diagnosticirt ( 4 davon 
falsch. 1 operirt gestorben), wihrend TSS nicht diagnosticirt 
gestorben sind. 

Nierenneoplasmen in 74 Fällen (davon 69 einseitige und 
5 beiderseitige); yvon diesen 74 Fällen waren 24 diagnosticirt 
(12 davon operirt und gestorben), während 5 O niehtdiagnosti- 
eirt gestorben sind. 

Nierensteinein 73 Fällen (davon 51 einseitige und 22 beider- 
seitiee); von diesen 73 Fällen waren 4 diagnostieirt Calle 4 
operirt und gestorben). während 69 Falle nicht diagnosti- 
eirt gestorben sind. 

Interessant sind aueli noch die Zahlen die Pvelitis betreffend: 35 
als beiderseitige Pyelitis diagnosticeirten Fällen (darunter 15 
Diagnesen ın sofern falsch. als die Prehtis nur einseitig war) stehen 
SiS nicht diagnostieirte Fille von Pvelitis gegen- 
über, darunter 118 einseitige und 400 beiderseitige. Diese letzten 
Zahlen beweisen. wie wenig Aufmerksamkeit man in dem Bewußtseim 
des therapeutischen Unvermögens auf die Diagnose der Pyelitis ver- 
wendet hat. 

Bedenken wir, daB in dieser Zeit selbst am Obduetions- 
tische noch 67 Fälle von einseitiger Nierentubereulose. und 115 
Fälle von einseitiger Pvelitis gefunden wurden. so Ist dies ein genügen- 
der Beweis für die Unzulänglichkeit der alten Untersuchungsmethoden. 
und für das dringende Bedürfnis nach neuen, verläßlicheren. 

Laut der Operationsausweise desselben Krankenhauses stehen aber 
dieser enormen Zahl nieht diagnostieirter, chirurgischer Nierener- 
krankungen eine für einen Zeitraum von 10 Jahren ganz verschwin- 
dende Anzahl von mit mehr oder weniger gutem Erfolge. d. h. nach der 
Operation nicht gestorbenen, Fallen gegenüber. Im den 10 Jahren 
wurden wegen Tubereulose (nur 4 Fälle!). Neoplasma, Calculosis, Pvo- 
nephrose, Ilydronephrose,. Uretertistel, Ruptura renis. Ren mobilis 


92 Fälle (72 Nephreetomien. 20 Nephrotomien) operirt. von denen 


— 285 — 


25 (1S an Insuffietenz der zweiten Niere) starben. während 69 nach der 
Operation entlaseen wurden. Es stehen also ın 10 Jahren 69 wegen 
Tuberculose, Caleulose, Neoplasma, Hydronephrose, Pyonephrose,U reter- 
fistel, Ruptura renis, Ren mobilis operirten Fällen, welehe nach der 
Operation geheilt oder gebessert entlassen werden konnten, 304 obdu- 
ceirte Fälle von Tuberculose (185), Neoplasma (50), Calculosis (69) 
gegenüber, welche nicht diagnostieirt worden sind 

Wenn wir nun die laut Ausweis in dieser Zeit klinisch dingnosti- 
ciiten, nicht obdueirten Fälle von Pyelitis mit in Betracht ziehen, so 
kommen wır zu dem Schluß, daß ın einem Zeitraum von 10 Jahren von 
ungefähr 750 Fällen von Pyelitis etwas weniger els ein Drittel dia- 
gncsticirt wurde, während mehr als zwei Drittel nicht diagnosticirt 
etsrben: weiter, daB von fast 400 Fällen von Tubereulose, Neoplasma, 
und Caleulosis der Niere weniger als ein Viertel diagnosticirt wurde. 
während mehr als drei Viertel nicht diagnostieirt starben. 

Wenn nun diesen Zahlen seiner Zeit die Ergebnisse nach einer zehn- 
jährigen exeeten Anwendung der neuen Untersuchungsmethoden gegen- 
übergestellt werden, so wird das Urteil über diese alte Aera ein ver- 
nichtendes sein. Aus derartigen Zusammenstellungen wird einwandfrei 
hervorgehen, was wir den neuen Methoden zu verdanken haben. 

Auf keinem Gebiete der Chirurgie hat sieh in den letzten Jahren ein 
ro epochemachender Umschwung geltend gemacht, wie bei der Nieren- 
chirurgie. Diesen Umsehwung verdanken wir ellein den nenen Unter- 
suchungsmethoden, dem  Ureterenkatheterismus, den Methoden der 
funetionellen Nierendtagnostik, und schließlich, aber nicht in letzter 
l.inie, der Röntgenographie. Sie haben es bedingt, daB heut zu Tage 
bei einer chirurgischen Nierenerkrankung die ganze Fragestellung eine 
andere geworden ist. Während man sich früher mit der Beantwortung 
der Frage. ob die zweite Niere überhaupt vorhanden und weiterhin, ob 
sie gesund sei, begnügte, fragen wir jetzt danach, unter welehen Um- 
standen wir bei der zweiten kranken Niere operiren können oder cpe- 
riren müssen. Allerdings sind wir auch gegenwärtig noch nieht im 
Stande, diese letzte Frage immer ın unbedingt verläßlicher Weise zu 
beantworten, doch sind wir auf dem besten Wege dazu. Hier besteht 
noch eine wesentliche Lücke. welehe dureh sorgfältige, der Functions- 
prütung moglichst rasch folgende, histologische Untersuchungen aus- 
gefüllt werden mübte. 

In allen Fällen. wo die neuen Methoden zur Anwendung kommen 
können, führen sie eine wesentliche Klärung der Verhältnisse herbei. 
und verbürgen cine gewisse Sicherheit für Diagnosen- und Indieations- 
stellung. Und jene Fölle wo infolge zu weit vorgeschrittener Er- 


— 286 — 


krankung derartige- Hindernisse bestehen, daß wir die neuen Unter- 
suchungsmethoden nieht mehr in Anwendung bringen können, bedeuten 
nicht eine Unzulänglichkeit der Methoden, als vielmehr eine Unzuläng- 
lichkeit jener Aerzte, welche in mangelhafter Kenntnis der modernen 
Errungenschaften cs versäumen, die Kranken rechtzeitig einer gründ- 
lichen loealen Untersuchung zuzuführen. 

Ich schließe mein Referat mit dem Wunsche. es möge dazu dienen. 
te Erkenntnis von der groben Bedeutung der neuen Untersuchungs- 
racthoden in weitere Kreise zu tragen, es mögen die in der Jüngsten Zeit 
eewonnenen Forschungsresultate die Veranlassung sein. daß auf dem 
bisher etwas vernachlässigten Grenzgebiete der chirurgischen Nieren- 
Frankheiten die Internisten sich reehtzeitig mit den Chirurgen zu ge- 


Ieeinsamer Thätigkoit vereinen im besten Interesse ihrer Kranken. 


Eine Flaschenspritze. 
Ihre Verwendung als Tripper- und Janetspritze. 


Von 
` Dr. Bernstein (Cassel). 

Seitdem die Bedeutung der Sauberkeit bei den NHarnröhreninjee- 
tionen bekannt ist, geht auch unser Bestreben dahin, die Kranken zur 
Vornahme sanberer Injectionen zu erziehen. 

Unsere Bemühungen sind allerdings von großem Erfolg bisher 
nicht gekrönt gewesen. 

Die widrigen Umstände mögen es mit verschulden, unter denen 
die Injeetionen zum Teil vorgenommen werden müssen. Aber wenn 
man bedenkt, dab wo ein Wille aueh ein Weg ist, so muß es auch an 
etwas anderem legen. Und das dürfte die Unfähigkeit des Laien sein, 
die Tragweite eines unsauberen Vorgehens richtig zu verstehen und zu 
bewerten 

Kine Rethe von Aerzten sucht diesen Mıißständen aus dem Were 
zu gehen, indem sie ihren Patienten die Tripperspritze entziehen und 
die Injectioustherapie in eigene Jland nehmen. Es Hegt in der Natur 
der Sache. dab es nur eine kleine Anzahl von Aerzten und Patienten 
seln kann, die diese umständliche Methode durchführt. 

Man muß deswegen nach einem anderen Ausweg suchen. 

Lie vorkommenden Verunreimigungen der Injection knüpfen sien 
in der Rezel au dreierlei: an die Tripperspritze, an ein Füllgläschen 
und on die Eichel. 

Bezüglich der Eichel bleibt nichts anderes übrig, als sie vor jeder 
Injection zu reinigen. Diese Aufgabe wird immer bestehen bleiben. Es 
fragt sieh zber. ob die Verunremigungen, die sich an die jetzigen Hilfs- 
mittel der Injection knüpfen, durch eine Umgestaltung derselben 


sich nient von selbst ausschließen lassen, ob sie sich vermeiden 


— 288 — 


lassen, chne daß Anforderungen an die Intelligenz des Patienten gestellt 
werden. 

Damit wäre in der That viel erreicht. 

Bei meinen Bemühungen in dieser Richtung bin ieh auf die Con- 
struction diner Flasehenspritze gekommen. 

Flaschenspritze nenne ich die fragliche Einriehtung, weil sie cine 
Combination von Flüssigkeitsbehälter und Spritze darstellt. Die 
Spritze legt im Flüssigkeitsbehälter, ist fest mit ihm verbunden und 
nleibt demaemäß auch bei Füllung und Entleerung darin liegen. Die 
Spritze ist mit Ventilen ausgestattet, die die Beziehungen zwischen ther 
und der Flasche herstellen. Das Spritzenende und der Griff der 
Stenipelstange liegen außerhalb der Flasche. 

Zur Lüllung der Flasche braucht man nur den Stempel in die Höhe 
zu ziehen, zur Entleerung ılın herabzudrücken, gewiß eine sehr einfache 
Manipulation. Dabei ist nun jede Verunreinigung ausgeschlossen. Die 
tlüssigkeit kommt bei ihrer Ueberfitihrung von der Flasche in die 
Spritze mit der Aubenwelt überhaupt nicht in Berührung. 

Die Spitze der Spritze, der mit der Harnrchre in Verbindung tre- 
tende Teil und der einzige Teil. durch den eine Verunreinigung ver- 
mittelt werden könnte, ist durch eine abgediehtet aufsitzende Kappe 
vor Beschmutzung dureh die Umgebung geschützt. Die Abdichtung 
gestattet auch, die Kappe mit desinfieirender Lösung, am einfachsten 
mit Injectionsflüssigkeit zu füllen. so daß die Spitze darın eintaucht 
und nach dem Gebrauch sich immer wieder von selbst desinficiren mul! 

Die Flasehenspritze schaltet somit die Verunreinigungsmöglich- 
keiten. die bisher an die Hilfsmittel der Injeetion geknüpft waren, von 
selbst, ohne Zuthun des Patienten aus. 

Dazu kommt noch die hervorragende Einfachheit ihrer Hand- 
habune. | 

Es thut dieser Einfachheit gewiß keinen Eintrag. daß vor der 
Füllung der Spritze der die Kinschüttöflnung der Flasche verschließende 
Pfropfen für den Tinzutritt der Luft etwas zu lockern und die Schutz- 
kappe der Spritzenspitze abzunehmen ist. 

Um die Flaschenspritze als Tripperspritze noch zweekmäßiger zu 
gestalten, ist ihr eine platt ovale Form gegeben, so daß sie leicht in der 
Tasche getragen werden kann und die Flüssigkeit in einer der Körper- 
wärme nahekommenden Temperatur aufbewahrt hält. 

Dieser Vorteil ist beachtenswert. hängt aber mit dem Princip der 
laschenspritze weiter nicht zusammen. 

Es bietet aber die Flaschenspritze noch eine Reihe bisher nicht er- 
wähnter prineipieller Vorteile. 


— 289 — 


(ia sind: 

1. Es macht mit der Flasechenspritze keine Unstände, eime Reihe 
von einander unabhängige Injectionen hintereinander vorzunehmen, mit 
anderen Worten, aus der einfachen Injeetion eine Spülung zu machen. 
Das liegt eben daran, daß das Reservoir in unmittelbarer Verbindung 
init der Spritze steht und dab eine Neufüllung der Spritze durch die 
Beweeung eines Fingers bewerkstelligt werden kann. 

2. Die Grobe dereinmaligen Injection findet in dem Fassungs- 
vermögen der inneren Spritze keine Grenze. Wenn die innere Spritze 
beispielsweise 10 cem faßt, so kann man trotzdem eine Injection von 
12 und mehr Cubikeentimetern machen. Man braucht nur nach der 
Entleerung der Spritze in die Harnréhre, die Spritzenspitze mit der 
Harnröhre in Verbindung zu lassen, die Spritze selbst wieder durch 
Emporziehen des Stempels ganz oder teilweise zu füllen und den Inhalt 
zu dem in der Ilarnröhre befindlichen Flüssigkeitsquantum hinzuzu- 
spritzen. 

3. Der mit der Flaschenspritze auszuübende Druck ist sehr variir- 
bar: 

a) Gewöhnlich nieht größer als der einer Tripperspritze, da Inhalt 
und Querschnitt der inneren Spritze sieh dem der Tripperspritze an- 
schließt. 

Dieser Umstand befähigt die Flaschenspritze schon in einem frühe- 
ren Stadium des Trippers zu Spiilungen zu verwenden, als dies mit 
der Janetspritze erlaubt ist. 

b) der Druck kann aber leicht gesteigert werden, wenn wir die 
GroGe der einmaligen Injection steigern, wie in 2 eben beschrieben 
worden ist. 

Diese Art der Erhöhung des Druckes erfolgt allmählich. nieht brüsk 
und ist ziemlich genau dosirbar. 

Für die Ausführung von Druckspülungen ist die Möglichkeit 
einer Drucksteigerung — und noch dazu der allmähliehen — eine große 
Annchmlichkeit. 

4. Das Injieiren in die hintere Harnröhre und Blase vom Harn- 
röhreneingang aus geht mit der größten Leichtigkeit von statten. Es 
giebt keine andere Einriehtung, kein anderes Instrument, mit dem das- 
selbe in gleich unbeschwerlicher Weise ausführbar ist. Man braucht 
nur die Flüssigkeit am besten in kleinen Quantitäten ununterbrochen 
und ohne die Spritze von der Harnröhre abzusetzen, zu injieiren, d. h. 
die Flüssigkeit von dem Flüssigkeitsbehälter in die Blase sozusagen ein- 
zupumpen. , 

Die Leichtigkeit, mit der die Flaschenspritze den Widestand des 


— 290 — 


Sphineter ext. überwindet, hängt offenbar mit der Allmählichkeit der 
Drucksteigerung zusammen, die eine Reizung des Muskels zur Con- 
traction vermeidet. 

So bietet die Flaschenspritze noch eine Reihe von principiellen 
Verteilen, die bei ihrer Verwendung als Tripperspritze nicht bedeu- 
tungslos sind, ihre volle Bedeutung aber erst gewinnen bei der Verwen- 
dung an Stelle der Janetspritze zu Harnröhren- und Blasenspülungen. 

Namentlich die leichte Ueberwindbarkeit des Sphincter ist für 
dicse von allergrößter Bedeutung. Ich kann mir keinen Fall mehr 
denken, wo zu Ueberwindung des Sphincter bei Spüluugen zum Ka- 
tketer gegrilfen werden müßte. Für die Spülungen ist der Flaschen- 
spritze eine etwas andere Form und Einrichtung gegeben als sie die 
Injectionsspritze erhalten hat. 

Für die Spülungen ist sie cylindrisch, ohne Gummiteile, mit Glas- 
ventilen, mit herausnehmbarer innerer Spritze hergestellt und aus- 
kochbar. 

Zum Schluß sei noch beiläufig erwähnt, daß die Verwendung der 
Flaschenspritze auch noch für andere Zwecke in Aussicht genommen Ist. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


— —— —— 


Dr. K. Mandrila (Wien): Ueber Desinfection der Harnwege. 
(Wiener med. Presse. 1906, No. 7.) 


Verf. hat in einer Reihe von Fiillen chronischer Gonorrhoe, die mit 
Prostatahypertrophie und Cystitis complicirt waren, mit ausgezeichnetem 
Erfolge das Helmitol angewendet. Das Helmitol ist ein modificirtes 
Urotropin und wirkt wie dieses durch die im Organismus erfolgende all- 
mahliche Abspaltung von Formaldehyd. Nach den Untersuchungen von 
Impens,Heussu.a. gelıt aber beim Hexamethylentetramin, das unter 
dem Namen Urotropin bekannt ist, die Abspaltung des Formaldehyds in 
alkalischen Flüssigkeiten ziemlich spärlich von sich, so daß bei stark 
.ammoniakalischem Harn die aus dem Hexamethylentetramin abgespal- 
tenen Mengen Formaldehyd nicht genügen. Im Helmitol wurde nun das 
Hexamethylentetramin init einer Citronensäureverbindung combinirt und 
die Wirkung dadurch wesentlich verstärkt, indem einerseits größere 
Dosen verabreicht werden können, als beim Urotropin, andererseits auch 
aus der zweiten Componente Formaldehyd abgespalten wird. Thatsächlich 
constatierten auber Heussauch Kosenthal,Seifert,Schütze, 
Kelemen u. a. diese Ueberlegenheit des Helmitols, welehe sich haupt- 
sächlich darin äußert, daß es sieh auch in solchen Fällen noch wirksam 
erweist, wo Hexamethylentetramin im Stieh läßt. Verf. wendet namentlich 
bei allen Prastatikern, deren Appetit und Darmthitigkeit darniederlegt, 


— 292 — 


das Helmimtol heber an. als Urotropin, da dureh die Citronensäure im Hel- 
mitol der Appetit angeregt wird und die Patienten Helinitol in Form von 
Limonade auch sehr gern nehmen. Die Wirkung ist nach Verf.s Er- 
fohrungen in manchen Fällen kKräftizer als die des Urotropins, doeh muß- 
es in erößeren Mengen als dieses genommen werden, was ohne Weiteres 
geschehen kann, denn selbst bei monatelanzem Gebrauche bemerkte Verf. 
gar keine schädlichen Nebenwirkungen. Hehnitol ist nach Verf.s Er- 
fahruugen ein ausgezeichnetes Harndesinfictens und wird am besten in 
Form von Tabletten tin Glasröhrehen zu 20 Stück A 0.5 er) „Orizinal- 
packunz Bayer” verschrieben. | Kr. 


Prof. Koblanck (Berlin): Die Beteiligung der Harnwege beim 
Uteruscarcinom und ihre operative Behandlung. "Zeit: 
schrift f. reburtsh. u. Gynäkol., Bd. 55, Festschrift zum 10. Geburts- 
tare Olshausens.) 


Die Beteiligung der Harnwege am Krebs des Collum uteri ist fiir die 
Kranke die drohendste Gefahr. Nach Simmonds sterben von den 
Frauen mit Genitalkrebs SL pCt. an Pyelitis und Cystitis. Ureter und 
Blase beteiligen sich in verschiedener Weise am eareinpomatösen Processe. 
Der Ureter wird meist erst spät in Mitleidenschaft zezoren, und zwar 
kann seine Wand carcinomatos infiltrirt werden, ohne daß eine Ver- 
engerung seines Lumens eintritt. Das Careinom kann ferner zum Ver- 
schluß des Ureters durch Hineinwucherung führen. Endlich kann sieh 
im Ureter eine Metastase eines Uteruseareinoms finden. Diese verschie- 
denen Formen der Beteiligung am Uteruscareinom sind jedoch auBer-- 
ordentlich selten, und namentlich ist die erwähnte Metastase als ein 
Unicum anzusehen: In der Blasenwand entstehen ebenfalls äußerst selten 
Metastasen. Dagegen setzt sich das Careinom sehr häufig centinuirlich 
vom Collum uteri auf die Blase fort. Das beste Mittel zur Erkennung 
der Beteiligung der Blase ist das Cystoskop. Die das Leben der Kranken 
am unmtttelbarsten bedrohende Gefahr des Collum-Careinoms beruht 
daher auf den direeten Uebergang des Krebses auf die Blase Hier 
kommt es erst zur Entzündung, die im Harnleiter aufsteigende tötliche 
Pyelitis hervorruft. Die von der Beteiligung der Ureteren ausgehende 
Gefahr tritt dagegen weit zurück. Diese Erkenntnis ist wichtig für die- 
Auffassung von der Bedeutung der operativen Nebenverletzungen, und 
auf diese muß die Technik der Exstirpation des carcinomatésen Uterus. 
die größte Riüeksieht nehmen. Von vornherein ist es klar. daß jede nicht 
sofort wieder beseitiste Verletzung der Harnwere die Gefahr der Pyelitis 
erheblich näher rückt: die Läsion der Harnleiter ist selbstverständlieh 
eine viel schwerere Schidizung als die der Blase, weil sie bedeutend 
schneller und sicherer cine Infection des Nierenbeckens bedingt. Für das 
operative Handeln ergiebt sieh zunächst, daB beim Uebergang auf die 
Blase eine ausgedehnte Resection derselben stattfinden muß, selbst wenn: 


— 293 — 


Tareinom-Reste in unerreichbaren Gerenden zurückbleiben. Eine Resek- 
tion oder Ausschälune der Ureteren wird jedoch nur dann rationell sein, 
wenn sichere Aussicht vorhanden ist. alles ecareinomatöse Gewebe zu be- 
seitiren. Verf. hat eine Tabelle über die Häufirkeit der „Nebenver- 
Jetzunzen“ zusammengestellt, aus der zunächst hervorgeht, daß nach 
jeder Operationsmethode Nebenverletzungen vorkommen, und daß bei 
derselben Methode, je nach Auswahl der Fälle, bald mehr bald weniger 
Läsionen sich ereignen. In den einschlägigen Operationsberiehten fehlen 
meist die Erklärungen für die Entstehung der „Nebenverletzungzen”. Die 
wichtige Trennung zwischen absichtlicher Resection und unabsichtlicher 
Verletzung nehmen nur wenige, 2. B.Krönie, vor Die unabsichtlichen 
Läsionen dürfen nach Ansicht des Verf.s nicht in erster Linie auf die 
Methode, vielmehr hauptsächlich auf die Teilnahme der Organe am car- 
einomatösen Proceß zurückgeführt werden. Die Verletzungen der Blase 
geschehen fast rezelmäßiz beim Abschieben derselben vom Uterus. aber 
nieht aus Unachtsamkit durchbohre der Finger die Wand, sondern das 
Gewebe weicht, weil es erkrankt ist. auseinander. Wird in solchen 
Fällen eine scharfe Trennung ausgeführt, so gelangt das Messer bis zur 
Schleimhaut, und es ist sehr fraglich, ob alles Kranke entfernt ist. Viel 
seltener als diese sofort eintretenden Läsionen sind die sieh nach einigen 
Tagen entwickelnden Blasennekrosen. Ihre Ursache ist in einer ausge- 
_dehnten Freilegung und unvollständizen Bedeckung der Blase zu suchen. 
Die Ureteren werden entweder direet verletzt, wobei nach Stöckel 
ihre Verlagerunge durch Abkmekung und Verziehung eine große Rolle 
spielt, oder es entwickelt sieh seeundär eine Fistel infolze Nekrose der 
Wand; der Harnleiter hat dureh die Ausschälune aus dem Carcinom 
seine sehützende peritoneale Hülle und seine ernährenden Gefäße ver- 
Jeren. 

Auf die Fraxe, wie Nebenverletzungen vermieden werden können. 
eingehend, thut Verf. vor allem dar, daß bei beschränktem Carcinom 
Blasenläsionen anf jede Weise verhütet werden können und müssen. 
Ebenfalls, führt er weiter aus, ist es nicht zweifelhaft, daß Ureter-Ver- 
letzungen durch die abdominale Methode zu vermeiden sind, wenn das 
Carcinom die Uterus-Grenzen nicht überschritten hat. Hinsiehtheh der 
strittigen Frage, ob die Ureteren bei tvypischer vaginaler Totalexstirpation 
gefährdet sind, hat Verf. au drei Leichen von Personen. die an Lungen- 
schwindsucht gestorben waren (Virgo von 21 und zwei Frauen im Alter 
von 45 bezw. 42 Jahren) besondere Versuche angestellt. Durch diese 
Versuche hält er die Annahme für erwiesen, nach welcher der Ureter bei 
normalem Parametrium sieh soweit aus dem Operationsfelde ent- 
fernen Jäßt, daß keine Gefahr seiner Unterbindung bei der vaginalen 
Totalexstirpation besteht. Ganz anders hegen «die Verhältnisse bei ent- 
zündliehen und careinomatésen Intiltrationen des perivesicalen Gewebes. 
Je nach Art und Ausdehnung der Infiltration werden Blase und Ureter 


— 294 — 


mehr oder weniger erst mit dem Uterus verbunden, das Careinom wächst 
ir die Blase hinein und um die Ureter herum; eine stumpfe Auslösung 
dieser Organe gelingt nur unvollkommen. Die zuerst aufsteigende Frage. 
ob denn überhaupt eine Operation Aussicht auf Dauererfolg hat, wenn 
die Harnweve ereriffen sind, ist noch nieht entschieden. Bei der Wahl 
des Operationsverfahrens fiir Carcinome, die bereits auf die Harnwege 
überzeranzen sind, muß principiell Uebersichthcehkeit verlangt werden. 
Der vaginale Weg ist daher nur nach Anlegung eines Paravaginalschnitts 
gangbar. Beim abdominalen Verfahren war die Forderung der Ueber- 
siehtlichkeit von vornherein erfüllt: leider verdarb zunächst die lläufiz- 
keit der seeundären Ureternekrosen die glänzenden Hoffnungen. Anato- 
mische und physiologische Studien haben die Möglichkeit der Vermeidung 
dieser Complication gezeigt; eine einheitliche typische Operations- 
methode ist jedoch noch nicht festgestellt. M. Lubowski. 


Il. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


Burnet: Significance of small Quantities of Sugar and 
of Albumen In the Urine. (The British Medical Journal 20. I. 1906.) 


Nach Verf. bedeutet jede Albuminurie etwas Pathologisches, obwohl 
in manchen Fällen eine pathologische Veränderung sich als Ursache nicht 
nachweisen läßt: oftmals findet sich ein solches Zeichen einer Krankheit 
erst im späteren Verlauf der Albuminurie, speciell organische Nierenkrank- 
heiten künden sich dureh oftmals als „physiologische“ Albuminurie ge- 
deutete Eiweißausscheidung an. Jedes Auftreten einer Glykosurie hat 
eine ernste Bedeutung und führt, wenn sie permanent bleibt, zu Diabetes: 
tritt die Glykosurie erst nach dem 40. Lebensjahre ein oder bei Leuten, die 
an Gicht leiden., so ist diesem Symptom weniger Bedeutung zuzuschreiben: 
meist hört die Glykosurie bei vernünftiger Lebensweise auf, um, sobald 
die alte Lebensgewohnheit wieder aufrenommen wird, zu recidiviren. 
Albuminurie und Glykosurie bei dem nämlichen Patienten bedeutet stets 
eine ernste Stoffwechselstörune. _ W. Karo (Berlin). 


Dr. A. Baumgarten, Assistent des pathol.-chemischen Laboratoriums, 
und Dr. H. Popper, Secundararzt der gynäkol. Abteilung der 
Krankenanstalt Rudolfsstiftung in Wien: Ueber die Aus- 
scheidung von Acetonkörpern bei Erkrankunger des 
weiblichen Genitales. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 12.) 
Während gewisse Formen der Acetonurie. wie die diabetische, dje 

toxische, die bei Affeetionen des Magendarmtractes und bei Inanition 

auftretende, lange bekannt sind und vielfache Bearbeitung erfahren 
haben, giebt es Formen, die bis vor kurzem ganz unbekannt waren uug 


— 295 — 


über deren Wesen noch völlige Unklarheit herrscht. Hierher gehört ins- 
besondere Jdie während der Gravidität, während der Geburt und während 
des Wochenbettes auftretende Acctonurie. 

Mercier und Menu fanden, daß bei verschiedenen Complicationen 
der Schwangerschaft, so bei Lues, bei Hämatokelen, Extrauterin- 
graviditäten, Albuminurien, insbesondere aber bei puerperaler Eklampsie 
eine erhöhte Acetonausscheidung eintrete. Die Untersuchungen der Verff. 
beziehen sich auf mehr als 100 Falle von Erkrankungen der weiblichen 
Genitale, wobei sie Befunde erhoben, die eine Erweiterung und Be- 
stitigung der von Mercier und Menu gefundenen Thatsachen dar- 
stellen. 

In 100 Fällen von gyudikologischen Erkrankungen der verschiedensten 
Art konnten die Verff. Aceton mittels der Legal’schen Probe entweder 
nicht oder nur in Spuren nachweisen. Unter diesen waren 9 Fälle von 
normaler oder mit Complieationen einhergehender puerperaler Sepsis, 
14 teils afebrile, teils febrile Aborte, 17 Uterusearcinome, 4 Myome, 
2 Fille von Menorrhagien und eine Cyste mit Stieldrehung. 

Während in allen diesen Fällen die Legxal’sche Probe negativ 
ausfiel oder nur Spuren von Aceton durch dieselbe angezeirt wurden 
und Acetessigesäure niemals nachweisbar war, beobachteten die Verff. 
das Auftreten größerer Mengen von Aceton und Acetessigsäure, somit 
einen sehr deutlichen Ausfall der Legal’schen bezw. Gerhardt- 
schen Reaktion in 7 Fällen von Extrauteringravidität. Z-Oxybuttersäure 
konnte nicht nachzewiesen werden. Von diesen Fällen waren drei Tubar- 
graviditäten mit Ruptur oder Abort mit beträchtlichem Bluterguß in die 
freie Bauchhöhle und vier Fälle von Hämatokelen. 

Was die Aetiologie der Ausscheidung so großer Mengen von Aceton- 
körpern betrifft, so konnten die Verff. die bisher allgemein als Ursache 
der Acetonurie angenommenen Stoffwechselanomalien ausschließen. Bei 
der fortlaufenden Beobachtung der einzelnen Fälle machten sie die Beoh- 
achtung, daß die vor der Operation bestehende hochgradige Acetonurie 
in der Regel 1—2 Tage nach der Operation beträchtlich herabsank und 
bald verschwand, so daB die Lewal’sehe Probe negativ ausfiel. Sie 
glauben in diesen Fällen und dureh diesen Verlauf einen Beweis dafür in 
Händen zu haben, daß diese Form der Acetonurie nicht durch Inanitien 
bedingt ist, da Ja naturgemäß nach der Operation die Patientinnen unter- 
ernährt wurden und trotzdem die Acetonausscheidung rasch absank. Auch 
den Mangel an Kohlehydraten glauben die Verff. nicht als ätiologisches 
Moment annehmen zu können, da es sich zeigte, daß in einem Falle, 
in welchem die täglich ausgeschiedenen Acetonmeneren quantitativ be- 
stimmt wurden, die Acetonausscheidung dureh Zulage von je 100 g Rohr- 
zucker pro die nicht herabgedrückt werden konnte. Da die größere Zalıl 
der anreführten Fälle während des ganzen Krankheitsverlaufes fieberfrei 
war, kann das Fieber nieht als Ursache der Acetonurie herangezogen 
-werden. Auch der Fruchttod, der früher in der Litteratur häufig als 


— 296 — 


Ursache der Acetonurie erwähnt wurde, kommt für «die Fälle der Verf. 
nicht in Betracht, da es sich mehrfach um ganz frische Tubaraborte 
oder -Rupturen handelte. Ebenso kann die Extrauteringravidität als 
solche keine genürende Erklärung abgeben. Dies ergiebt sich aus einem 
weiteren Falle von seeundärer Abdominalschwangerschaft nach Tubar- 
ruptur mit lebendem Kind im fünften Monate, bei welchem es zu keiner 
nennenswerten Blutung kam und die Untersuchung des Harns keine Ver- 
mehrung von Aceton ergab. 

Dagegen glauben die Verff. eine allen Fällen gemeinsame Grundlage 
für diese eigenartige Stoffwechselanomalie annehmen zu müssen un 
erblieken sie in dem allen Fällen gemeinsamen Blutergzuß, wobei wahr- 
scheinlich die durch die Gravidität gesetzten Veränderungen eine Rolle 
spielen. 

Was die Verwertbarkeit dieser Befunde bei Affectionen des weib- 
lichen Genitale betrifft. so weisen die Verff, darauf hin, daB sich þei 
sämtlichen während der Zeit ihrer Untersuchungen beobachteten Fällen 
von Extrauteringraviditäten mit Blutungen in die Bauchhöhle die be- 
trächtliche Vermehrunz der Acetonkörper fand. Bei einigen Fällen, wo 
die Anamnese, sowie der klinische Befund — Vorhandensein von 
Kolostrum. weichelastiseher, tluetuirender, hinter dem Uterus Hegender, 
den Douglas vorwolbender Tumor — für eine Hämatokele zu sprechen 
schien, sprach das constante Fehlen von Aceton und  Acetessigsäure 
gegen das Bestehen einer solehen. was dureh den Operationsbefund 
hestatigt wurde. 

Die Verff. glauben also, daß in differentialdiagnostisch schwierigen 
Fällen. woes sieh um die Entscheidung zwischen Adnextumoren und 
Cysten einerseits und Hämatokelen andererseits handelt, das eonstante 
Vorkommen erößerer Mengen von Aceton und Acetessirsäure im Harn 
als unterstützendes Moment für die Diagnose der llämatokele heran- 
gezogen werden kann. hr 


Dr. Max Birnbaum (Berlin): Die Verwendbarkeit des Hetra- 
lins gegen sexuelle Neurasthenie. (Wiener klin. Rundschau 
1906, No. 5.) 


A. Freudenberg hat in einem am 4. Mai 1905 im Verein für innere 
Mediein zu Berlin gehaltenen Vortrage die Aufmerksamkeit auf den Zu- 
sammenhane zwischen Phosphaturie und Neurasthenie gelenkt. Er unter- 
scheidet drei Grade der Phosphaturie. Als ersten Grad bezeichnet er 
die manifeste Phosphaturie. charakterisirt dureh Entleerung eines diffus 
dureh Phosphate getrübten Harns; als zweiten Grad die latente Phos- 
phaturie, bei der der larn klar entleert wird. sich aber beim Erhitzen 
trübt und ammeniakalische Reaktion gibt. Als dritten Grad bezeichnet 
er die Ammoniurie. die einen noch geringeren Grad als die latente Phos- 
phaturie darstellt. Hierbei wird der Harn klar entleert, bleibt auch beim 


= 997 == 


Erhitzen klar, seine Reaction ist sauer, doch entweicht beim Kochen 
‚Ammoniak. kenntlich dureh die Blaufärbung daruberrehaltenen Lackmus- 
papiers. 

Freudenberg ist nun der Ansicht, daB ein eonstantes Vorkommen 
eines der drei Grade der Phosphaturie ein objeetives Symptom von Neu- 
rasthenie ist, und zwar vorwiegend von Urogenitalneurastheime, In 
solchen Fällen von Phosphaturie komimt als directes [leilmittel in erster 
Linie das Iletralin in Betracht, wie das ein von I. Lohnstein beob- 
achteter Fall zeigt, der als Musterbeispiel gelten kann (Dr. Lohn- 
stein: „Einige Beobachtungen über Hetralin. ein neues internes Harn- 
antiseptieum.” Allzem. med. Central-Zte. 1904 No. 19). 

Ein 4) jähriger Kaufmann litt an periodisch wiederkehrender Phos- 
phaturie mit besonders stark ausgeprärten subjektiven Beschwerden. 
Keines der bisher bekannten Mittel hatte bei ihn die gewünschte Wir- 
kung erzielt. Dureh Anwendung von Kamphersiure, Crotropin, Salpeter 
sdure trat zwar stets eine Verminderung der Phosphaturie ein. indessen 
dauerte es oft wochenlang, bis die Beschwerden vollkommen ver- 
schwanden. In diesem Falle hat sieh das Hetralin insofern den übrigen 
Mitteln überlegen gezeiet, als es bel einem heftigen Aufalle, in einer 
Dosis von 05 g in dreistündlichen Intervallen anzewandt, bereits nach 
dreitiigiger Verabreichunyg nicht nur den Urin volhz kKlärte, sondern auch 
die Beschwerden zum Verschwinden brachte. Seitdem genügt eine Dosis 
Hetralin, um den Ausbruch eines erneuten Anfalles von Phosphaturie 
vollständig zu coupiren. 

Auch B. hat Gelegenheit gehabt, das Hetralin mehrfach bei sesueller 
Neurasthenie mit Erfolg in Anwendung zu ziehen. Die Patienten klagten 
über die verschiedensten Beschwerden, deren nervose Natur leicht er- 
kennbar war. So klagte ein >d jähriger Kausmmann, dessen Potenz eine 
miBige war, über heftizes Ziehen in den Samenstränzen, da=s nach jedem 
Beischlaf auftrat. Neben einem zutsitzenden Suspensorium wurde shan 
Hetralin in Tabletten a 05 g, dreimal täglich eine Tablette zu nehmen. 
verordnet. worauf die Beschwerden stets sofort nachließen. Von anderer 
Seite war dem Patienten Breommnatrium in erheblichen Mengen gegeben 
worden, das die Schmerzen volhe vgbecinffubt Heb. 

Jedenfalls zeigen diese Falle. daB man bei sexueller Neurastbente 
Localbehandlunz merbeh-t vermeiden soll und dab man derartize oft sehr 
chronische Leiden durch innerliehe Verabreichung von Hetrafin oft 
bessern. Ja sozar zur vollizen Heilusz hrinzen hann. 

B. empfiehlt. das Hetralin stets nüchtern jn Wasser, Wh h oder Hafer- 
schleim zu zeben. nachdem man die Tabletten zu Pulver getracht bhat, 
Man beginpt mit 0o g betralin dreje bjs viermal thebleh. Ward e- gut 
vertragen. so stejzt mon bie aut LO g Hetal dreimal tazlich. hr. 


— 293 — 


Ill. Penis ete. 


Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 


Marinestabsarzt Dr. Jaroslav Okuniewski (Pola): Urethrale 
Concremente. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 13.) 


Ein Matrose fiel am 4. Februar 1904 rittlings auf den Dolbort eines 
Bootes. Im Schiffsspital constatirte man eine Schwellung am Damm. Der 
Pat. blutete aus der Harnréhre. Keine Urinverhaltung. Nach 15 Tagen 
befand sich der Mann wieder wohl. In der Pars membranacea urethrae 
blieb jedoch eine Verhärtung tastbar. Anfangs April traten wieder 
Schmerzen am Damm auf, weswegen der Mann in’s Marinespital ın Pola 
transferirt wurde. Status am 15. April: In der Pars membranacea 
urethrae fühlt man eine taubeneigroße Geschwulst; dieselbe ist hart. 
Bei Druck entleert sich serös-eitrige Flüssigkeit aus der Harnröhre. 
Im Tumor selbst palpirt man Concremente, die aneinander reiben. Bougie 
No. 22 gelangt anstandslos in die Blase, ohne daß man dabei Steine 
berührt. In Cocainanästhesie Incision auf den Tumor. Man kommt in 
einen mit einer Membran ausgekleideten Sack, aus dem man fünf 
facettirte Phosphatsteine entleert. Der Divertikalsack communicirt durch 
eine Fistel mit der Jarnröhre. Exstirpation des Sackes, Tamponade. 
Heilung ohne Störung in einem Monat. Kr. 


Dr. Josef Bogdanik, Primararzt des chir. Abteil. des St. Lazarus- 


Spitales in Krakau: Fremdkörper in der Harnröhre. (Wiener 

med, Wochenschr. 1906, No. 6.) 

Was die Fremdkörper der Harnröhre betrifft, so lassen sich zwet 
Kategorien unterscheiden. Erstens sind es in der Niere, Harnblase. 
Prostata u. s. w. gebildete Steine, welche beim Uriniren an irgend einem 
Punkte der Harnréhre cingekeilt sind. Zweitens handelt es sich um 
Tremedkörper, welche durch die äußere Mündung in die Harnröhre ein- 
geführt werden und Cort stocker bleiben. Dies kann wieder auf ver- 
schiedene Weise zu Stande kommen, und zwar a) beim Onaniren, b) in- 
dem Fremdkörper in böswilliger “Absicht von dritten Personen in die 
Harnrohre eingeführt, ec) indem abzebrochene Instrumente (Katheter, 
Bougies u. dgl.) dureh einen unglücklichen Zufall vom Arzte oder vom 
Kranken selbst in der Harnröhre zurückgelassen werden. 

Beim Versuche, den Fremdkörper auf natürlichem Wege aus der 
Harnröhre zu entfernen, müssen wir ‘darauf bedacht sein, daB er dabei 
nicht in entzegengesetzter Richtung, d. h. ın die Blase hineingeschoben 
wird. Wenn der Fremdkörper noch in der Fars cavernosa penis stecken 
geblieben ist, werden wir ein Zurückgleiten verhüten, wenn wir den 
Penis hinter dem Fremdkörper zwischen Daumen und Zeigefinger fixiren. 
Wenn der Fremdkörper schon tiefer seinen Sitz hat, müssen wir seine 


— 299 — 


Fixirung durch den in den Mastdarm eingeführten Finger anstreben. 
Mitunter eclinet es. durch einfaches Vorschieben den Fremdkörper nach. 
vorwärts zu bringen, wenn das aber nicht gelingt, trachten wir ihn 
durch in die ilarnröhre eingeführte Zangen zu fassen. Bei weniger um- 
fangreichen Körpern ist dazu eine lange dünne Kornzange hinreichend. 
Sie wird geschlossen bis auf den Fremdkörper eingeführt, dann werden 
die Branchen auseinandergebracht und so die Zange wieder vorge- 
schoben, so weit es geht. Der Fremdkörper wird nun gefaßt und heraus- 
gezogen. Ist der Fremdkörper aber etwas voluminöser und hat er eine 
kuezelige Oberfläche, so vermag ihn die Zange nicht zu fassen. Vor zwölf 
Jebren hat Verf. hier ein großer lanzrestielter Ohrlöffel vorzügliche 
Dienste geleistet. Der Fall betraf einen 24 Jahre alten Soldaten, bei 
welchem plötzlich Harnbesehwerden auftraten. In der Pars membranacea 
war ein fest eingekeilter Fremdkörper zu fühlen. Er ließ sich weder vor- 
wärts schieben, noch konnte er mit den versehiedenen Urethralzangen 
avon der Stelle bewegt werden. Verf. führte nun einen groben, lang- 
gestielten Ohrlôffel in die Harnröhre ein, fixirte den Fremdkörper mit 
den Fingern der linken Hand, um ein Zurückrleiten zu verhindern, scho) 
dann den Ohrloffel bis über den Fremdkörper und zog nun langsam 
denselben mit dem letzteren heraus, wobei er ihn mit den Fingern der 
linken Hand nach vorwärts leitete. Der auf diese Weise extrahirte 
Fremikörper war ein bohnenförmiger Blasenstein von IN mn Länge und 
9 mm Durchmesser mit rauber Oberfläche. 

Seitdem hat Verf. stets einen langgestielten Obhrlôffel angewendet, 
ohne vorher die Extraction mit Urethralzangen zu versuchen. 

Anders muß man vorgehen, wenn lange, spitze Gegenstände, 2. B. 
Nadeln. mit dem stumpfen Ende voran, in die Harnröhre eingeführt 
wurden, was bej Onanie oder in böswilliger Absicht vorkommt. Wenn 
sich die Spitze der Nadel] dureh eine in die Harnröhre eingeführte Zange 
leicht fassen läßt. ist die Extraction einfach. Wenn dies jedoch nieht ge- 
linet oder die zefaßte Nadel mit der Spitze in die Harnröhre eindrinset, 
müssen wir vor Allen ein Tiefergleiten des Fremdkörpers verhuten, 
indem wir mit den Fingern die Harnröhre hinter demselben zusammnen- 
drücken. Dann wird das Glied init den Finzern der anderen Hand über 
dem Fremdkörper fest zusammenzedrückt, bis seine Spitze aus der Haut 
heraustritt. Nun wird die Spitze mit einer Zange gefaßt, die Nadel vor- 
gezogen und dann mit dem stumpfen Ende zur Mundunz der Harurohre: 
gewendet und so lange vorzeschoben. bis das Ende zur Munduns herang- 
schaut. worauf die Nadel herau-befordert wird. Kr. 


Muren: The Conservative Treatment of Urethral Stricture. 

(Medical Record. 17. III. 1:06.) 

MW. weist an der Hand von fünf Kraunkenzeschichten auf die Vorzug 
der langsamen Pilatation der Harurobren-tricturen hin, er verwirft die zu 
hiufize Anvenlunz der Urethrotome. die den Kranken “einem Berufe 
entzieht und eine oft sehr lange Nachbehandlunz erfordert. Kara. 


— 300 — 


Selhorst: Treatment of cicatricial Strictures of the Urethra 
with the electrolytic Needle. (The British Medical Journal, 
24. III. 1906.) 

Verf. berichtet über eimige mittelst Elektrolyse erfolgreich be- 
handelte Harnröhrenstrieturen; er empfiehlt die gleiche Behamlluns bei 
Prostatahypertrophie und zwar mittelst Urethroskops von der Pars pru- 
statica aus. W. Karo (Berlin). 


Prof. v. Frisch (Wien): Operation eines Falles von completer 
Penisepispadie mit Infundibulum nach Thiersch. Be- 
hebung der fortbestehenden Incontinenz durch Vaselin- 
injectionen. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 12.) 

Der Defeet wurde vollkommen gesehlossen, doch blieb der Pat. in- 
continent. v. F. suchte nun dieses Harnträufelu dureh Vaselininjectionen 
zu beheben, ein Vorgehen, welehes bisher beim Manne nicht zur An- 
wendung kam. Bei der Ineontinenz der Frau hat Verf. sehr häufig 
Vaselininjeetionen gemacht, und zwar fast ausnahmslos mit gutem Erfolg. 
‘Bei Frauen Hegen aber die Verhältnisse viel einfacher. Um den Zweek 
der Operation sicher zu erreichen, hat sich Verf. folgendes Verfahren 
am besten bewährt: Er geht mit dem kleinen Finger in die Urethra ein, 
sticht die Nadel parallel mit der Harnröhre bis dieht au die Schleimhaut 
in der Umegebung des Orificinm internum ein und eontrolirt nun während 
der Injeetion mit der Fingerspitze die durch das eindringende Vaselin 
in der Umgebung des Orifieium internum entstehenden Vorwélbuuven 
der Schleimhaut. Gewöhnlich wird die Tujection beiderseitir eemacht. 
Mit dem Cystoskop sieht man dann ein ganz eigentiimliches Bild: Wiilste 
um das Orificium internum, wie sie bei Männern mit Prostatahypertrophte- 
vorkommen. Bei Patienten mit Prostataatropbie, die an Harnträufeln 
leiden, hat Verf. versucht, das Vaselin direet in die atroplhische Prostata 
zu injieiren, hatte aber damit keinen befriedigenden Erfolg. Er legte 
dann in einigen Fällen zu beiden Seiten der Pars membranacea ein 
Vaselindepöt an und sah darauf em gutes Resultat. Auch in dem vor 
liegenden Falle wurden die Vaselinin;eetionen in dieser Weise mit 
Erfolge ausgeführt. Verf. ging mit dem Finger in’s Reetum ein, stach die 
Nadel vom Periveum aus em. bis er ihre Spitze dicht neben der Pars 
membranacea fühlen konnte. und injieirte dann auf jeder Seite 3 em’ 
Vaselin. Kr. 


Dr. Josef Novotny, Regimentsarzt im Landwehrinfanterieregiment 
No. 28 in Pisek: Eine seltene Entwicklungsanomalie des 
männiichen Gliedes (Glans penis duplex). (Wiener med. 
Wochensehr. 1906. No. 10 und 11.) 

Der Fall betrifft einen ?T Jahre alten Mann. in dessen Familie sich 
keinerlei Abnormitäten in der Tntwieklunz aufweisen ließen. An der 


— nul — 


eberen Dalfte der sonst normal entwickelten Glans penis des Mannes sit. t 
ein ubnliches geschwulstartiges Gebilde, Glans secundaria falsa, das 
teisabe ein Viertel der Gesamtlläche einnhnmt, mit seiner Basis mit der 
Glaus vera fest verbunden ist, einen eigenen Rand - Corona glandis 
faj~ae — an seiner Peripherie aufweist, dorsal jedoch mit dem der eigenen 
Basis entsprechenden Feile der Glans vera vereint ist und daselbst auch 
die Convexitit des Dorsalrandes der Corona glandis verae noeh stärker 
andeuret. In der Mitte dieser Glans falsa befindet sich eine Lingsfurche, 
die sieh in ihrem unteren Drittel zu einer 4 nım tiefen, einer Urethral- 
mandung ähnlichen Grube ‚vertieft. Die sonstige makroskopisehe Be- 
schaffenheit des Gewebes ist dieselbe wie die der Glans vera. Das Präpu- 
tum ist für beide Glandes gemeinsam. Zwischen dem Orilietum cutaneum 
urethrae verae und dem Frenulum besteht eine ea. 177: em tiefe, blinde, 
einer Urethralmündunz ähnliehe Vertiefung. Seine geschlechthehen 
Funetionen übt der Mann ohne irgendwelche Störungen aus. Nr. 


IV. Hoden, Nebenhoden, Prostata ett, 


Suow: A non operative Method of treating Prostatitis. 

‘Medical Record, 13. I. 1906.) 

Verf. empfiehlt die Behandlung der ehronisehen Prostatitis mit 
Elektrizität. er giebt einige Abbildungen von Elektroden fur die Prostata, 
als deren interessanteste eine Vacuumröhre zu erwähnen ist; als Hu- 
stration seiner Methode fürt Verf. einige Krankeneeschichten bei. 


W. Karo (Berlin). 


Revnolds: The non-operative Treatment of Prostatic Hyper- 

trophy. (Medical Record, 17. II. 1906) 

Verf. warnt vor der indieationslosen Operation hei Prostatikern: er 
weist darauf hin. wie oft man durch geeignete hygienische und allzemein 
diätetische Maßnahmen eine Linderung und Heilung vieler prostatischen 
Beschwerden erreichen kann. In jedem Falle von Prostatahypertrophie 
ist venauestens die Lebensweise des Kranken zu reruliren; meist rühren 
die Beschwerden des Patienten von secundären Congestionen her und 
verschwinden. sobald dureh Sitzbider, Massage, eventh Ratheterisation 
die Congestionirung der Beckenorgane beseitigt tot. 

W. Karo (Berlin). 


Meyer: The Choice of Method in Operating upon the 
Hypertrophied Prostate. (Medical Record, T. X. J905 ) 
Augenbhlicklich stehen uns drei Operationen zur Heilong der Prostata- 

hypertrophie zur Verfuzunz: perinenle, suprapubieche Prostatectomir 


— 302 — 


and Bottini sche Operation; alle drei sind wirksam: wenn irgend 
thunlich, sollte die Prostateetomie gemacht werden, weil durch sie das 
mechanische Hindernis am sichersten beseitigt wird. Bei der Entscheidunz 
der Frage, ob vom Perineum oder vom Bauch aus operirt werden soll, 
läßt sich Verf. von folgenden Gesichtspunkten leiten: Ist die Prostata vom 
Rectum aus als stark vergrößert zu fühlen und geht sie nicht zu hoch 
über den Sphineter ani, dann soll vom Perineum aus operirt werden: 
liegt sie mehr nach oben, besteht ein Mittellappen, dann empfiehlt sich der 
suprapubische Weg; ebenso bietet die suprapubische Operation Vorzüge 
bei weicher Prostata, wenn mehrere kleine Knoten vorhanden sind, ferner 
in den Fällen, in denen per rectum eine Vergrößerung nicht nachweisbar, 
aber starke Retention infolge Vorspringens der Prostata in die Blase be- 
steht; auch bei Complication mit Blasenstein und schwerer Cystitis, sowie 
bei Verdacht auf Carcinom der Prostata ist die suprapubische Operation 
zu wählen. Die Erhaltung der Potenz ist bei der suprapubischen Opera- 
tion besser gewährleistet, als bei der perinealen. Wird die blutige 
Operation verweigert, so empfiehlt Verf. den Bottini; vor jeder Bottini- 
schen Operation ist die Cystoskopie absolut notwendig. Die Indication 
zur Operation liegt vor, wenn regelmäßiger Katheterismus erforderlich ist. 
Das Katheterlehen darf nicht als geeignete Behandlung gelten (?? Ref.). 
W. Karo (Berlin). 


Thomson: Enucleation of the Prostate for Hämorrhage. 
(The Britisch Medical Journal, 27. I. 1906.) 


Mitteilung der Krankengeschichte eines 57 jährigen Prostatikers, 
der mehrere Jahre gelegentlich blutete, die Blutung verschlimmerte sich 
eines Tages, so daß die Sectio alta gemacht wurde; man fand im Cul de sae 
32 kleine Steine, die Prostata war groB und weich, der rechte Lappen 
größer als der linke, Prostatectomie, Heilung. Verf. nimmt an, daß die 
Blutung durch die Prostata bedingt war, und empfiehlt in Fällen hart- 
näckiger Hämaturie bei gleichzeitiger Prostatahypertrophie die supra- 
pubische Prostatectomie (? Ref.). W. Karo (Berlin). 


V. Blase. 


LALO IO 


M. Oppenheim und O. Low: Der Mechanismus des Blasen- 
verschlusses im Röntgenbild. (Centralb.f. d. Krankh. d. Harn 
und Sexualorg. Bd. XVII, Heft 2.) 


Um die vielumstrittene Frave des Blasenverschlusses zu entscheiden. 
haben die Autoren einen neuen \Weg versucht, indem sie «die Blase mit 
Bismuth. subnitr. oder besser nach dem Vorgange von Völcker und 


— 303 — 


Lichtenberg mit einer 10proc. Collargollösung füllten und dann 
rontgographirten. Die Versuche wurden an Affen (Cynocephalus Hama- 
dryad) in leichter Narkose gemacht. Es stellte sieh dabei heraus, daß 
bei einer gewissen Fliissigkeitsmenge in der Harnblase der glatte 
Sphincter internus wicht mehr zur Behinderung der Urinentleerung aus- 
reicht und nun die übrige Musculatur der hinteren Harnröhre, der 
Sphincter externum und Compressor urethrae herangezogen werden, um 
den BlasenverschluB zu bilden. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Alfred Rothschild: Hygiene der spontanen Blasenent- 
leerung. (Medicinische Klinik 1905, No. 55, p. 1411.) 


Verf. bespricht kurz die heute im allgemeinen angenommenen Auf- 
fassungen über die physiologischen Verhältnisse der Blasenfunction, die 
Rolle des Detrusor vesicae, des Sphincter vesicae internus, der Prostata 
und des Sphincter prostaticus externus in Bezug auf Blasenverschlub, 
Blaseneutleerung, Auslösung des Harndranges, die Capacität und die Sen- 
sibilität der Blase. Er wünscht eine bessere Belehrung der Eltern, 
Kinderwärterinnen und Lehrer über die Notwendigkeit der in regel- 
miBizen Intervallen zu erfolzenden Entleerung der Blase, damit nicht ab- 
norme Sensibilitäts- und Caparitätsverhältnisse der Blase bei Jugendlichen 
sich ausbilden, die zu Veränderungen der Musculatur führen und sich 
später als Functionsanomalien geltend machen. Schädigen kann auch den 
Mechanismus der Blasenentleerung Masturbation, besonders die früh- 
zeitige Masturbation kleiner Kinder, die zu Hypersensibilität des ganzen 
Harn-Gesehlechtsapparates fiihrt. Der so häufigen Enuresis nocturna der 
Kinder sei meist durch eine richtige Erziehung der Kinder zur Harn- 
entleerung vorzubeugen. Lehrer sollten die Kinder niemals an der Har- 
entleerung hindern, denn der aus Scheu oder Disciplin unterdriickte Harn- 
drang führe zu schädlichen Ueberdehnungen, deren Folgen Reizbarkeit oder 
Abstumpfung der Blasenwand und häufig auch Schwäche des Verschluß- 
apparates sei. Auch Erwachsene sollten niemals — außer im Schlaf — 
länger als vierstündige Pausen in der Mietion eintreten lassen. Ueber- 
dehnte, überreizte oder abgestumpfte Blasen befinden sieh in einem labilen 
Gleichgewicht, komnit es zu Krankheiten, etwa sogar am Harngenital- 
apparat, so bilden sie einen Locus minoris resistentiae, der schwer leidet 
und der Heilung erhebliche Heimmnisse in den Weg legt. 

Mankiewicz (Berlin). 


Newmann: Demonstrations on the Cystoscope. (British 
Medical Journal, 24. und 31. ITI. 1906.) 


Die Arbeit ist ein für Studenten berechnetes Colleg über die Technik 
der Cystoskopie sowie über einige ceystoskopisch interessante und charak- 
teristische Blasenveränderungen; eine Reihe schematischer Illustrationen 
erläutern den Inhalt recht anschaulich. W. Karo (Berlin). 


— 304 — 


K-Gersuny: Efn Versuch, die Kathetercystitis zu verhiten. 
(Centralbl. für Gynäkol. 106, No. +4.) 


Selbst eine sorgfältige Sterilisirung der Instrumente uud Reinigung 
der äußeren Genitalien kann eine Cystitis beim Katheterisiren der Frau 
nieht verhindern. Verf. glaubt den Grund darin zu suchen, daß es beim 
AbtheBen des Urins zu Contractionen der Blase kommt. die es bewirken. 
daß sich die Schleimhaut fest um den Katheter schließt und es so zum 
Epithelverlust kommt. Verf. hat deshalb ein Instrument construirt, das 
dies verhindern sell. Das Instrument verhindert ein zu tiefes Eindringen 
in die Blase. Außer einer leichten Reizung der Urethra, die schnell vor- 
übereeht. hat G. bei 35 Fällen. die wiederholt katheterisirt wurden, nur 
eine Cystitis (nach operativer Verlagerung der Harnblase) und vier leichte 
Fälle von Urethritis beobachtet. Warschauer (Berlin). 


Marinestabsarzt Dr. Jaroslav Okuniewski: Gesehwtr der Harn- 
blase durch Sectio alta geheilt. (Wiener klin. Wochenschr. 
1906, No. 13.) 


Bin Soldat kam am X. Jannar 1905 mit Harnverhaltung ins Marine- ' 
spital zu Pola. Der Blasenscheitel stand vier Querfinger über der 
Symphyse. Metallkatheter No. 20 passirte anstandslos die Harnröhre. 
Der entleerte Urin war trübe. Reaction sauer, Albumen 0,5“, Cylinder 
nicht nachweisbar, viele Eiterzellen. Die Anamnese ergab folgendes: 
Vor zwei Jahren wurde der Mann von einem Wagen überfahren, wobei 
ihm das Rad über die Unterbauchgegend eine. Er kam in’s Spital. Der 
Urin war damals eine Woche hindurch blutig und mußte etwa 14 Tage- 
lang mittels Katheter entleert werden. Nach ca. 4 Wochen verleB der 
Mann geheilt das Spital und nahm seinen Beruf als Fiaker wieder auf. 
Ein Jahr nach dem Unfalle trat ohne nachweisbare Ursache Urinver- 
haltung auf, so daB die Blase künstlich entleert werden mußte. Die 
Urinverhaltung wiederholte sich in unregelmäBigen Pausen. In der 
letzten Zeit trat dieselbe einmal wöchentlich auf. Der Urin mußte mittels 
Katheter entleert werden, dann hatte der Mann wieder Ruhe. Der Urin 
war nie blutig. Es wurde Urotropin verordnet und die Blase täglich mit 
Borlösung gewaschen. Bei der Blasenwaschung am 11. Januar entleerte 
sich ein Gewebsfetzen von 2 em Länge. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab bindezewebiges Stroma mit dünnwandigen BlutgefäBen. Man 
nahm daher ein Zottenpapillom an. und zwar an dem Lieblingssitze — am 
Fundus vesicae — und erklirte die zeitweilige Harnverhaltung durch 
Verlegung des Orificiums. 

Unter der eingeleiteten Behandlung besserte sich der Blasenkatarrh. 
Am 18. Januar war der Urin vollkommen klar. Nun wurde die Sectio 
alta gemacht. Man fand in der Blase keine Polypen, rechts jedoch und 
oberhalb des Trigonum Lieutandi em hellerzroßes Geschwür, das bis 
zur Museularis reichte. Das Geschwiir sah aus, als ob es mit einem 


— 305 — 


Locheisen ausgeschlagen wäre. Es erinnerte an win Ukus ventncul. 
Die Sehleimhaut zog in strahlenförmigven Falten zum Gesehwar Reale 
Uireterenmindungen entleerten normalen Harn. Excochleatten und Payus- 
linisirung des Gesehwürs. Teilweise Naht der Blase, Raterohr nach 
Dittel verbunden mit Blasendrainage. Tamponade der Bauchdecken- 
wunde. Heilung. 

Verf. nimmt an. daB das Geschwiir aus einem embolisehen Herd in 
der Blasenwand bervorging. We. 


Ferdinand Fuchs: Ueber den Einliuss des Verweillkatheters 
auf den spontanen Abgang eines grösseren Blasen- 
concrements. (Centralb. f. d. Krankh. d. Harn- und Sexual- 
org., Bd. XVII, Heft 1.) 


Verf. besehreibt einen Fall von spontanem Abgang eines Steines boi 
einem Prostatiker im unmittelbaren Anschluß an die Entfernung einen 
Verweilkatheters. Verf. glaubt, daß ein ursächlicher Zusammenhang 
zwischen der AusstoBung des Steines und der Anwendung des Verweil- 
katheters besteht und empfiehlt bei zleichliegenden Bien stets vinen 
Versuch mit dem Dauerkatheter zu machen. 

A. Seelig (Königsberg i Pr) 


Alfred Kropeit: Die Cystoskopie als Hiitsmitte! bel der 


Diagnose der Douglasexsudate. (Centrall, f. d. Krunkh, d. 

Harn- und Sexualory., Bd. XVII, Heft B.) 

Verf. bespricht zwei selbstheobhachtete Fille, bei denen die Diagnose 
auf das Bestehen eines Douglasexsudates gestellt wur, Beschwerden von 
Seiten der Blase oder Veränderungen des Urins waren micht beobachtet. 
Die evstoskepische Untersuchung des einen Falles ergab einen sehr be- 
merkenswerten Befund: Die Gegend der hinteren Blasenwand und der 
Bas fond ist stark hervorzewölbt und auf der Schleimhaut daselbst be- 
merkt man stecknadelkopferoBe Knötchen von rötlieher Farbe, Zwischen 
deu Kuotchen sowie auch an den andern Schlegmbautpartien aind Getab- 
serastelungen deutlich sichtbar. Dab diese Blarenveränderung von der 
Gerenwart des Exsudates abhänziz war. bewies thr Verschwinden nach 
der Ausheilung des Abscesses. Etwas näher geht der Autor auf die Natur 
der Kuotchen ein. obne jedoch zu einer entecheidenden Antwort zu 
kommen. vielleicht handelt er sich um Gebilde auas Iymphosdem Gewebe, 
— Lei dem zweiten Falle, bei dem die Diagnose auf Douglarexaudat ge- 
stellt war. ergab Je Cretoskopie ein negativer Resultat und bei der 
Operation stellte er sich heraus, daB es sich um Gite Felhldiazuore ge- 
ti nejt hat. denn es war kein Abaceb in Douglas sorhanden., - Der Autor 
viauig nach den witzeteilten Befunden eine es stoskopische Untersuchung 
ber Verdacht auf DouvlasabseeB. wenn auch keine aubgectiven $e- 
ser werden von Sejten der Biase bezw. Veramdlerunzen dee Urine vor- 
beren  mpfehlen zu müssen. A. RKeelig (Konigsberg L Pr). 


— 304 — 


R-Gersuny: Ein Versuch. die Kathetercystitis zu verhüten. 
(Centralbl. für Gynäkol. 1906, No. 4.) 


Selbst eine sorgfältige Sterilisirung der Instrumente und Reinigung 
der äußeren Genitalien kann eine Cystitis beim Katheterisiren der Frau 
nicht verhindern. Verf. glaubt den Grund darın zu suchen, daß es beim 
Al flieBen des Urins zu Contraetionen der Blase kommt, die es bewirken. 
daß sieh die Sehleimhanut fest um den Katheter schließt und es so zum 
Epithelverlust kommt. Verf. hat deshalb ein Instrument construirt, das 
dies verhindern soll. Das Instrument verhindert ein zu tiefes Eindringen 
in die Blase. Außer einer leichten Reizung der Urethra, die schnell vor- 
überreht, hat G. bei 35 Fällen, die wiederholt katheterisirt wurden, nur 
eine Cystitis (nach operativer Verlagerung der Harnblase) und vier leichte 
Fälle von Urethritis beobachtet. Warschauer (Berlin). 


Marinestabsarzt Dr. Jaroslav Okuniewski: Geschwür der Harn- 
blase durch Sectio alta geheilt. (Wiener klin. Wochenschr. 
1906, No. 13.) 


Kin Soldat kam am 8. Jannar 1905 mit Harnverhaltuug ins Marine- ` 
spital zu Pola. Der Dlasenscheitel stand vier Querfinger über der 
Syimplivse. Metallkatheter No. 20 passirte anstandslos die Harnröhre. 
Der entleerte Urin war tribe. Reaction sauer, Albumen 05 °/=, Cylinder 
nieht nachweisbar, viele Fiterzellen. Die Anamnese ergab folgendes: 
Vor zwei Jahren wurde der Mann von einem Wagen überfahren, wobei 
ihm das Rad iiber die Unterbauchgegend ging. Er kam in’s Spital. Der 
Urin war damals eine Woche hindurch blutig und mußte etwa 14 Tage 
lanır mittels Katheter entleert werden. Nach ca. + Wochen verließ der 
Mann geheilt das Spital und nahin seinen Beruf als Fiaker wieder auf. 
Ein Jahr nach dem Unfalle trat ohne nachweisbare Ursache Urinver- 
haltune auf, so daß die Blase künstlich entleert werden mußte. Die 
Urinverhaltung wiederholte sich in unregelmäßigen Pausen. In der 
letzten Zeit trat dieselbe einmal wöchentlich auf. Der Urin mußte mittels 
Katheter entleert werden, dann hatte der Mann wieder Ruhe. Der Urin 
war nie blutig. Es wurde Urotropin verordnet und die Blase tärlich mit 
Borlösung vewaschen. Bei der Blasenwaschung am 11. Januar entleerte 
sich ein Gewebsfetzen von 2 em Linge. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab bindegewebiges Stroma mit diinnwandigen  BlutgefaBen. Man 
nalıım daher ein Zottenpapillom an, und zwar an dem Lieblingssitze — am 
Fundus vesicae — und erklirte die zeitweilige Harnverhaltung durch 
Verlegung des Orificiums. 

Unter der eingeleiteten Behandlung besserte sich der Blasenkatarrh. 
Am 18. Januar war der Urin vollkommen klar. Nun wurde die Sectio 
alta gemacht. Man fand in der Blase keine Polypen, rechts jedoch und 
oberhalb des Trigonum Jaeutandn ein hellereroßes Geschwür, das bis 
zur Museularis reichte. Das Geschwür sah aus, als ob es mit einem 


— 305 — 


Locheisen ausgeschlagen wäre. Es erinnerte an ein Ulcus ventrieuli. 
Die Schleimhaut zog in strahlenförmigen Falten zum Geschwür. Beide 
Ureterenmiindungen entleerten normalen Harn. Extochleation und Paque- 
linisirung des Geschwürs. Teilweise Naht der Blase. Knierohr nach 
Dittel verbunden mit Blasendrainage. Tamponade der Bauchdecken- 
vunde. Heilung. | 

Verf. nimmt an, daß das Geschwiir aus einem embolischen Herd in 
der Blasenwand hervorging. Kr. 


Ferdinand Fuchs: Ueber den Einfluss des Verweilkatheters 
auf den spontanen Abgang eines grösseren Blasen- 
concrements. (Centralb. f. d. Krankh. d. Harn- und Sexual- 
org.. Bd. XVII, Heft 1.) 

Verf. beschreibt einen Fall von spontanem Abgang eines Steines bei 
einem Prostatiker im unmittelbaren Anschluß an die Entfernung eines 
Verweilkatheters. Verf. glaubt, daB ein ursächlicher Zusammenhang 
zwischen der AusstoBuug des Steines und der Anwendung des Verweil- 
katheters besteht und empfiehlt bei gleichliegeuden Fällen stets einen 
Versuch mit dem Dauerkatheter zu machen. 

A. Seelig (Königsberg 51 Pr). 


Alfred Kropeit: Die Cystoskopie als Hiltsmittel bei der 
Diagnose der Douglasexsudate. (Centralb. f. d. Krankh. d. 
Harn- und Sexualory., Bd. XVII, Heft 3.) 


Verf. besprieht zwei selbstbeobachtete Fälle, bei denen die Diagnose 
auf das Bestehen eines Douglasexsudates gestellt war, Beschwerden von 
Seiten der Blase oder Veränderuugen des Urins waren nieht beobachtet. 
Die erstoskopische Untersuchung des einen Falles ergab einen sehr be- 
merkenswerten Befund: Die Gegend der hinteren Blasenwand und der 
Bas fond ist stark hervorzewölbt und auf der Schleimhaut daselbst be- 
merkt man steeknadelkopfrroße Knötcehen von rötlicher Farbe. Zwischen 
den Knötchen sowie auch an den andern Sehleimhautpartien sind Gefäß- 
verästelungen deutlieh sichtbar, DaB diese Blasenveränderung von der 
Gegenwart des Exsudates abhänzixz war, bewies ıhr Verschwinden nach 
der Ausheilung des Abscesses. Etwas näher geht der Autor auf die Natur 
der Knötchen ein, ohne jedoch zu einer entscheidenden Antwort zu 
kommen, vielleicht handelt es sich um Gebilde aus Iymphoidem Gewebe. 
— Bei dem zweiten Falle, bei dem die Diagnose auf Douglasexsudat ge- 
stellt war, ergab die Cystoskopie ein negatives Resultat und bei der 
Operation stellte es sich heraus, daß es sich um eine Fehldiagnose ge- 
handelt hat, denn es war kein AbsceB im Douglas vorhanden. — Der Autor 
glaubt nach den mitgeteilten Befunden eine eystoskopisehe Untersuchung 
bei Verdacht auf DouglasabsceeB, wenn auch keine subjectiven Be- 
schwerden von Seiten der Blase bezw. Veränderungen des Urins vor- 
hegen. empfehlen zu müssen. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


— 306 — 


Wallace: Some notes upon the treatment of tumours of the 
bladder. (The Ameriecon Journal af Trolorv RBA. II, No. 35 > 


Geschwiilste der Blase sind viel häufiger als man früher angenommen 
hat. Durch das Cystoskop kann ihre Anwesenheit sehon früh entdeckt 
werden. Bei der Behandlung der Blasengeschwiilste sind noch zwei 
Probleme zu l6sen. 1. Bis zu welehem Termine ist eine Radicaloperation 
möglich? 2. Soll man in Fällen. in denen eine vollständige Entfernung 
des Tumors nieht mörlieh ist. sich mit einer Palliativoperation begutizen 7 
Die Totalexstirpation der Blase zieht Verf. uicht.in den Kreis seiner Be- 
trachtungen, weil sie allzu gefährlich ist: ` à S 

Die malignen Tumoren führen im allgemeinen nicht dureh die Meta- 
stasenbildung, sondern durch Hlämaturie, Schmerzen und qualvollen Harn- 
drang zum Tode. Deshalb sind auch Palliativoperationen unter Umständen 
nützlich. Einzig und allein dureh die Cystoskopie erhalten wir nähere 
Aufschlüsse über den Sitz und die Ausdehnung des Tumors. Eine Opera- 
tion ist zulässige, so lange keine Infiltration der Blasenwand besteht, so- 
bald diese vorhanden ist, ist ein operativer Eingriff abzulehnen. Dasselbe 
muß der Fall sein bei Tumoren, die von Nachbarorganen in die Blase 
durchgewachsen sind. In diesen Fällen begnügt man sieh mit der Sectio. 
alta, um den Kranken Erleichterung zu bringen. Man muß die Anlezune 
‘einer Blasenfistel dabei in Kauf nehmen, zumal man durch geeignete 
Apparate das Nässen fast gauz vermeiden kann. Eine Palliativoperation 
soll himausgeschoben werden, so lange wie der Patient sich in einen 
einigermaßen erträrlichen Zustande befindet. Andererseits sollen Tumoren. 
die Aussicht auf radicale Beseitigung gewähren, so früh wie nur 
möglich beseitigt werden. Bei seinen Operationen an gutartigen Tumoren 
sah Verf. zumeist Illeilungen. bei multiplen Tumoren aber gelegentlich 
Recidive. -Kine Palliativoperation beschleunigt «durchaus nicht das 
Wachstum eines Tumors. Zweimal beobachtete Verf. Angiome der Blase. 
die er durch Sectio alta entfernte (ein Recidiv). 

Die Fernresultate erseheinen aueh bei gutartigen Gesehwülsten un- 
güustig, weil häufig Recidive erfolgen. Die Faille kommen eben leider 
allzuspät zur Diagnose. Nur in drei Fällen war der Patient noch vier 
Jahre nach der Operation am Leben. bei Palliativoperationen trat der 
Tod meistens sechs Monate uach der Operation ein. 

Um eine frühzeitige Diagnose zu erreichen, soll man eystoskopiren. 
sobald eine Hämaturie auftritt. Eine symptomlose Hämaturie ist meistens 
das erste Anzeichen einer Blasengeschwulst. Gestielte Tumoren sind 
nicht zünstieer für die Behandlung als breit aufsitzende. Durch eine 
suprapubische Dramaze wird die Blase ruhig gestellt, und dem Kranken, 
besonders in dem letzten Stadium der Erkrankung. dureh Befreiung von 
seinen Tenesmen groBe Erleichterung gebracht. Als Operationsverfahren 
kommt ausschließlich die Sectio alta in Betracht. Portner (Berlin). 


Wilms: Totalexstirpation der Blase wegen Carcinom. 
(Leipziger Medicin. Gesellschatt. Med. Klin. 105, No. on, p. LHET 


Demonstration eines Mannes am 5. December, dem im Anfang August 
desselben Jahres die Blase wegen Careinom total entfernt worden war. 
Der diffus die ganze Innenwand der Blase intiltrirende papilläre Tumor 
war teren ce äuberen Wandschichten gut abgegrenzt. Vor sechs Jahren 
zuerst Blasenblutunzen. 1:04 Eastirpation eines Papilloms, bald nachher 
wurde die Verbreitung des Tumors auf die ganze Blase festgestellt. Trotz- 
dem wurde die Totalexstirpation vorgenommen. Die Ureteren wurden in 
das Rectum laug einzenäht. Der Mann ist zur Zeit (4. : Monate p. 0.) 
reeidivfrei. arbeitet wieder, kann den Urin tagsüber bis zu vier Stunden 
kalten und hat eine ungzestörte Nachtruhe bis zu sieben Stunden. Es ist 
dies einer der seltenen Fälle, wo länzere Zeit nach Implantation der 
Ureteren in den Darm keine Erscheinunzen von Pyeloneplritis aufzetreten 
sind. Mankıewiez (Berlin). 


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F. Villar: Prolapsus de la muqueuse vésicale à travers 
l'orifice de l’uretre. (Acad. de medecine. Revue de chirurgie 
1905, No. 9.'p. 391.) 

Schmerzhafte Nieren und Blasenkrisen haben bei einer Frau dureb 
eine Hernie der Blasenschleimhaut einen Schleimhautprolaps dureh die 
Harmréhre hervorzerufen und unterhalten. Durch die Sectio alta wurde 
eine Schleimhanutfalte der Blase, die die Hernie bildete, reseeirt: hierdurch 
wurden die Schmerzanfälle beseitigt. Verschiedene postoperative Com- 
plicationen: Aufgehen der Blasennaht, Entleerung eines Catgutknotens. 
infolgedessen eine Harnfistel, die sieh allerdings bald spontan schloß, ver- 
längerten das Krankenlager. Der resecirte Blasenschleimhautlappen 
zeigte makroskopiseh keine Veränderung gegen das normale Verhalten. 
Die Ursache des Prolapses kann sein: 1. eine besondere Schlaffheit der 
Schleimhaut der Blase, welche sie auf Druck von hinten naeh vorn 
gleiten läßt: 2. ein Frschlaffuneszustand des Sphineter vesieae. Die An- 
strengung bei der Mietion begünstigt den Zur nach außen und das 
Heraustreiben der Sehleimhaut dureh die Harnröhre: die Verbindung der 
Blasenschleimhaut mit der Museularis hat sieh nach und nach zeloekert. 
Es bestände also eine Ptose wie bei allen Vorfällen z. B. beim Prolaps 
der Mastdarmsehleimhaut. Berger ist der Meinung, dak die ver- 
scliedentlichen Zufälle nach der Operation vielleieht die Entfernung der 
prolabirten Schleimhaut und der Hernie per Vias naturales angebraecl.t 
erseheinen lassen. zumal ja der Weg dureh die, infolge des Prolapses 
stark erweiterte Hərnröhre sehon erheblich erleichtert worden sei. Nur 
hei zanz großem Prolaps sollte man die Seetion alta anwenden. 

Mankiewiez (Berlin). 


— 303 — 


Doc. Dr. Föderl: Ein Fall von intraperitonealer Blasen- 
ruptur. (Wiener med. Wochenschr. 1905, No. 26.) 


Der Fall betrifft einen Mann, der vom Fenster stürzte. Die Blasen- 
ruptur verriet sich dureh Schmerzhaftiekeit über der Symphyse, heftigen 
Stuhl- und Harndrang, wobei durch den Katheter zuerst nur einige 
Tropfen reinen Blutes, später blutiger larn entleert wurde: bald traten 
peritoneale Reizerseheinungen und FlüssigkeitserguB in der Bauchhühle 
auf. Bei der Laparotomie fand man im Abdomen eine Menge Harn und 
einen Blasenriß, welcher von der Umschlagsstelle des Peritoneums 8 em 
lang nach rückwärts verlief und sich dann noch in einen kompletten 
Schleimhautriß fortsetzte. Die Blase wurde bis auf eine zweeks Drainage 
offen zelassene Lücke geschlossen und das Peritoneum mit steriler Koch- 
salzlösung abzespült. Am 9. Tage konnte Pat. spontan uriniren. Kr. 


Vl. Ureter, Niere ete. 


Prof. H. Senator (Berlin): Ueber die Formen der Nephritis 
und die diagnostische Bedeutung der Albuminurie. 
(Wiener klinisch-therapeutische Wochenschr. 1906, No. 1 und 2. 


Wenn man von „Nephritis” sehlechtweg oder von Brielht'seher 
Krankheit spricht, so meint man nicht alle entzündlichen Processe der 
Nieren, sondern nur die vom Blut ausgehenden diffusen, nicht eitrigen, 
doppelseitigen Nierenverinderungen im Gegensatz zu den eireumseripten 
Entzündungen, welche sich an Trauma oder an Tumoren oder an Infarcte 
anschließen. im Gegensatz ferner zu den Abscebbildungen aller Art, ins- 
besondere auch zu den metastatischen Éiterungen, und endlieh auch im 
Gegensatz zu den fortgeleiteten, das heiBt von den Haruwegen, von der 
Harnblase, den Harnleitern oder dem Merenbecken fortgeleiteten sogen. 
„aufsteigenden” Nephritiden. 

Man ptlert die Nephrititis einzutetlen in acute und chronische und 
letztere wieder in parenehymatöse, interstitielle und arteriosklerotische. 
Zur sicheren Diagnose „Nephritis” gehört vor allem der Nachweis einer 
Albuminurie, und zwar einer sogenannten echten Albuminurie (Albumi- 
nuria vera oder renalis) zum Unterschiede von der sogenannten Albumi- 
nuria spuria. deren Begriff Verf. ausführlich erörtert. Ist Albuminurie 
nachgewiesen, hegt keine physiologisehe Albuminurie vor, so müssen 
weiter, ehe man die Diagnose „Nephritis” stellen kann, andere diffuse 
Nierenaffectionen ausgeschlossen werden, und zwar die Stauungsniere, die 
Amvloidesis und die Fettentartung der Nieren, was im allgemeinen nieht 
sehwierig ist. 


— 309 — 


A. Die Formenderacuten Nephritis. 


Zur Diagnose einer acuten Nephritis ist zuerst der Nachweis not- 
wendig, daß das Nierenleiden nicht allmählich und langsam sich ent- 
wickelt hat und daß es erst kurze Zeit besteht. Das ist gewöhnlieh nur 
durch die Anamnese festzustellen. Auch in ätiologischer Beziehung ist 
die Anamnese von größter Wielttigkeit, denn eine acute Nephritis Ist 
wohl ausnahmslos die Folge einer Infection, einer Intoxication oder einer 
Erkältung. Die übrigen Symptome sind fiir die Diagnose „acut“ oder 
„chronisch” nicht beweisend, sie können bei leichten acuten Nephritiden 
ganz fehlen, und wenn die vorausgeganwene Infeetion auch nur eine 
leichte gewesen Ist, wenn zum Beispiel nur eine leichte Angina oder ein 
infeetiöser Darmkatarrh vorauszerangen ist, wobei der Urin nieht unter- 
sucht wurde, so werden diese leichtesten Formen Jer acuten Nephritis 
natiirlich nieht entdeckt und gehen bei unzweekmiBicem Verhalten nicht 
selten in eine chrontsche Form über, welche alsdann für eine primäre 
oder genuime chronische Nephritis genommen wird. : 

Von diesen leichtesten Formen abgesehen, treten bei der acuten 
Nephritis die Veränderungen des Urins und die Wassersueht in den 
Vordergrund. Wassersuchtund Urinveriinderungen gehen aber durchaus 
nieht immer parallel mit einander, das heißt, es kann Wassersucht bei 
gerinefieiren Veränderungen des Harns, namentlich bei wenig morpho- 
tischen Flementen, vorhanden sein, sowie umgekehrt die letzteren oft in 
eroBter Menge ohne Wassersucht vorhanden sind. Dies erklärt sich aus 
der versehiedenen Beteiligung des Parenehyms an der Entzündung, näm- 
heh der Glomeruli einerseits und der Harnkanälchen andererseits. Die 
Wassersucht hängt in erster Linie von der Erkrankung der Glomeruli ab, 
der Gehalt des Urins an Cyhndern und Fpithelien, beziehungsweise deren 
Bruchstücken aber von der Erkrankung der Harnkanälchen. Es kann 
daher das klinische Bild sich verschieden gestalten, je nachdem der eine 
oder andere Gewebsbestandteil überwiegend oder beide in gleichem Maße 
erkrankt sind. Die vorwierende Erkrankung der Harnkanälchen, 


1. die acute tubuliire Nephritis, 


liefert ein recht charakteristisches Bild und ist deshalb leichter zu er- 
kennen. Nie ist am häufigsten die Folge einer acuten Intoxieation (zum 
Beispiel mit Kalium cehlorieum, Lysol ete), seltener einer schweren In- 
fection oder Erkältung. Der spärliche, schmutziebraune oder braun- 
rötliehe Urin ist sehr tritbe. stark eiweiBhaltig und zeigt im Sediment in 
anBerordenthcher Menge morphotische Bestandteile, namentlich größere 
und kleinere Cylinder in albuminüsem oder fettigem Zerfall und Nieren- 
epithelen. Dabei fehlt die Wassersucht und sind im übrigen allerlei 
Symptome vorhanden, welche von der Wirkung des die Erkrankung ver- 
ursachenden Giftes auf die anderen Organe herrithren, wie Ilerzschwäche. 
Feterus u. a. m. 


- 310 — 


9 Die (aeute) Glomerulonephritis 


wird man annehmen können, wenn neben Wassersucht der Urm an Menze 
vermindert und eiweißhaltie ist, dageren weniz morphotische Elemente. 
namentlich wenig oder keine Epithelien und Epithellalerlinder enthält. 
Endlich 


3. die (acute) diffuse Nephritis 


zeigt ein Symptomenbild, das sieh aus den charakteristischen Ersch«- 
nuneen der beiden anderen Formen zusammensetzt, also aus Wasser- 
sucht und Urin mit einem Sediment jener morphotisehen Bestandteile. 


B. Die Formen der chronischen Nephritis. 


Auch bei der chronischen Nephritis unterscheidet man nach detn 
anatomischen und klinischen Verhalten verschiedene Formen, doch sind 
diese noch viel weniger als bei der acuten Nephritis scharf von einander 
geschieden, sondern gehen vielfach in einander über. Das ist sehr be- 
ereiflich, denn der entzündliche Proceß setzt nicht an allen Stellen gleich- 
zeitir ein, er breitet sieh von einzelnen Punkten allmählich aus oder es 
treten frische Nachschübe in ehromsch erkrankten Nieren auf und so 
sehen wir frische und ältere Herde nebenewander bestehen und dem- 
entsprechend auch die klinischen Erscheinunzen wechseln, selbst so, 
daß sie sich zeitweise dem Bilde der aeuten Nephritis, insbesondere der 
acuten diffusen Nephritis, nähern. Das gilt besonders von 


> 


1. der sogen., „chronischen parenehvymatösen' 
Nephritis., 

welehe deswegen auch von Weigert mit Recht als subehronische 
Nephritis bezeichnet worden ist, weil sie sich eigentlich nur dureh den 
sehleppenden Verlauf von der aceuten Form unterscheidet. klinisch aber 
doch im groBen und ganzen von letzterer abweicht.. 

Es ist also das Verhalten des Urins und der Wassersucht das gleiche 
wie bei der aenten Hurm. 

Auch ätiolowisch schließt sich diese Form häufige an die acute Nephritis 
au. indem sie gar nieht seiten aus dieser bervorreht. 

Der Ausgang der ehronisehen parenehymatösen Nephritis ist selten 


die Heilung: je länger die Krankheit dauert. um so weniger wahrschein- 
lich ist dieser Ausgang. Gewöhnlich endist diese Form nach etwa zwei- 
bis viersährieer Dauer mit dem Tode, oder sie geht in 


2 die cehronisehe interstitielle Nephritis 


über, die nicht selten ein Folrestadium der chronischen parenchymatüsen 
Neplhritis darstellt. Wenn nun die letztere ihrerseits, was oft der Fall 
ist. aus einer acuten Nephritis sich entwickelt hat. so kann man von drei 
Stadien (der „Briseht'schen Nierenkrankheit” in dem Sinne sprechen. 
wie es Frerichs und andere ältere Autoren gethan haben. Aber es 
giebt auch Fille von chronischer parenehymatöser Nephritis, die sieh uu- 


e — 311 — 


merklich ohne vorausgegangene acute (infeetiöse ete.) Nephritis ent- 
wickeln. Wenn diese Fälle sich im Laufe der Jahre zur chronischen inter- 
stitiellen Nephritis entwiekeln, so kann man nur noch von zwei Stadien 
sprechen. Es giebt aber endlich auch Fälle, und zwar sind es diejenigen, 
die am schleichendsten verlaufen une viele Jahre zu ihrer vollen Ent- 
wjekhune hrauehen. in denen weder das Bild einer acuten, noch das einer 
suhehronisehen oder chronischen parenehymatösen Nephritis nachweisbar 
vorauszeganzen Ist, die also weder als drittes noch als zweites Stadium 
der Brieht'sehen Krankheit bezeichnet werden können. Diese nennt 
man eben deshalb „primäre oder genuine iInterstitielle Nephritis” im 
Gegensatz zu jenen aus Vorstadien hervorgerzaugenen lormen. welche als 
„speundäre interstitielle Nephritis” bezeichnet werden. Man braucht statt 
dieses Ausdruekes auch wohl die Namen „primäre (genuine) und secun- 
däre Schrumpfniere“. Dieser Name verleitet aber leieht zur Unsicherheit 
in der Diagnose, weil man bei „Schrumpfniere" an ein ganz bestimmtes, 
von Traube besonders scharf wezeichnetes Krankheitsbild denkt, 
welches aber nieht von vornherein bei jeder interstitiellen Nephrnitis sehon 
feytiz ausreprärt vorhanden ist. Zu diesem Bilde der Schrumpfmere 
kommnt es erst, wenn ein groBer Teil der Nieren der Verödung anheim- 
eefallen ist, worüber viele Jahre vergehen können. Gewöhnlich tritt 
dann noch alleememe Sklerose oder Arterien hinzu, von welcher die 
Nierenarterien sehon vorher ergriffen sind. Ist die Krankheit so weit 
lichen, dann zeiet sie ein Bild. wie es auch zu Stande kommen kann, 
wenan der Ausgangspunkt des Leidens gar nieht in den Nieren gelegen 
ist, sondern in einer amderweitiz verursachten Arteriosklerose. Es ist dies 
3. die Sklerose der Nieren oder die arterie- 
sklerotisehe Scehrumpfniıere. 

Der Unterschied Hegt wesentlich nur in der Entwieklung, indem das 
eine Mal das Harnleiden das Primäre ist, jn dessen Gefolze Herzhyper- 
troplie und Arteriosklerose auftreten. das andere Mal umgekehrt die 
Gefäßerkrankun:z die Ursache der Herzhypertrophie und des Nierenleidens 
Ist. Für die diagnostische Beurteilung kommt es hier hauptsächlich wieder 
anf die Anamnese an. 

Fine andere Schwierickeit für die Diagnose kann im Jedem Falle von 
Schrumpfinere entstehen. wenn das hypertrophische Ilerz aus irgend 
einem Grunde Jeistunzsunfähie wird und sieh infolge davon Com- 
pensationsstorunzen entwiekeln.  Alsdann können dieselben Symptome 
wie bei einem micht compensirten Herzfehler auftreten. Uyanose, Stau- 
ungshydrops. Geräusche am Herzen. so daß es auch hier wieder aus dem 
rem objeetiven Befund ohne Kenntni>s des vorherzeranzenen Zustandes 
Nierenleiden 


schwer ist. zu entschetden. ob ein primäres Derzleiden oder ` 
vorbiert. Nur wenn der Urin trotz der sonstizen NStauuuizserscheinunzen 
hell bleibt. mieht. wie sonst bei Stauunz=niere, dunkel und saturint. kann 
man ein prmäres Nerenleidem also Sebrumpiniere mit hinzuzetretener 
i 


‘OM pelsationssturuny angehmen,. Kr. 


— 312 — 


Prof. Carl v. Noorden (Frankfurt a. M.): Bemerkungen zur 
diatetischen Behandlung derNierenkrankheiten. (Allen. 
Wiener med. Zeitung 1906, No. 10 und 11.) 


Verfasser erörtert einige Fragen, die die Lebensweise der Nephritiker 
betreffen und für ihr Wohlbefinden von groBer Tragweite sind. Seit 
etwa 15 Jahren hat Verf. in der Behandlung der Nierenkrankheiten unl 
ebeuso der Gicht und der harnsauren Diathese den üblichen Standpunkt 
aufgegeben, dem weiBen Fleisehe vor dem roten eine bevorzugte Stelling 
einzuräumen. Es waren zunächst einfache klinisehe Beobachtungen. die 
den Anlaß gaben, d. h. Vergleiche über das allgemeine Befinden und 
über einzelne Symptome wie Albuminurie, Oedeme, lHarnmenge. Kopf- 
schmerzen ete. in länger sieh hinziehenden Perioden. Danun bestimmten 
Offer und Rosengvist auf Verfassers Veranlassung in zahlreichen 
weißen und roten Fleisehsorten den Gehalt an Extraetiv-Stiekstoff, da 
ja gerade der angeblieh höhere Gehalt an Extraetivstoffen das dunkle 
Fleisch vom Tische des Nierenkranken verbannt hatte. Sie fanden he 
Sängetieren und bei Vögeln in beiden Fleisehsorten so übereinstimmend. 
Werte, daß ein prineipieller Unterschied vom chemischen Standpunkt 
aus sich nicht mehr anfrecht erhalten hieß. Es foleten dann mehrere 
klinisch-experimentelle Untersuehungen über den EinthuB des hellen 
und des dunklen Fleisches auf den Stoffwechsel des Nierenkranken, dis 
den Standpunkt des Verfassers bestätieten. Wenn man vom chemischen, 
experimentellen und empirischen Standpunkte aus die beiden Fleisch- 
arten als gleichwertig bezeichnen muß, so ist die Frage berechtigt, warum 
es sich überhaupt verlohnt, gegen das alteingewurzelte Verbot des dunklen 
Fleisehes Front zu machen. Hierauf gibt die Beobachtung., wie sich in 
praxi die Dinge gestalten, die Antwort. 

Für einen gewissen Teil der Patienten ist jenes Verbot in der That 
vollig gleichgültig: sie zewöhnen sich an das weiße Fleisch und ent- 
behren nichts. Für andere bedeutet es eine ganz unzebührliehe Belastung 
des Geldbeutels. Verf. kennt zahlreiche Familien, die unter zroßen peku- 
niären Opfern ihren Niereukranken täglich teures, weißes Geflügel auf 
den Tisch bringen, weil sie an dessen Heilkraft glauben. Das Opfer ist 
unnötig und läßt sich, wie wir jetzt wissen. vom naturwissenschaftlichen 
Standpunkte aus nieht rechtfertigen. Vor Allem gibt es aber eine grohe 
Gruppe von chronischen Nierenkranken, die zwar einige Zeit lang das 
weiße Fleisch gern nehmen, dann aber einen solehen Ueberdru® dagegen 
empfinden, daß sie weniger Fleiseh nehmen, als sie bedürfen. Da auch 
die Eier, wenigstens in größerer Zahl. meist auf der Proscriprionsliste 
stehen, und da die zureführte Milch gewöhnlich nieht ausreicht, gelansen 
sie zu einer recht eiweißarmen Kost, und in der Regel sinkt auch die 
Gesamtnahrungesaufnahme. Es ist zwar ohne Weiteres zuzugeben. dab 
auch ohne Fleisch eine vollkommen auskömmliche Ernährung stattfinden 
kann. in praxi aber trifft dieses häufig nicht zu. Verf. hat sehon zahl- 


— 313 — 


reiche Nierenkranke gesehen, die dureh die Verordnung einer qualitativ 
sehr besehränkten, einseitigen und reizlosen Kost in ihrem ganzen Kräfte- 
zustand schwer zeschädizt worden stud und sieh erst wieder erholten. 
als ihnen eine größere Abwechseltme, vor Allem eine breitere Auswahl 
unter den Fleischspeisen gestattet wurde. 

Die EKinstellunz des dunklen Fleisches bedeutet sicher eine große 
Krleichterung für die Behandlung der Nierenkranken. 

Sodann bespricht Verf. die Notwendigkeit individualisirender diäte- 
tischer Behandlung. Zum Schaden der Nierenkranken und insbesondere 
der jahrelang in Behandlung stehenden Patienten mit Schrumpfmieren 
macht sich neuerdings ein allzu großer Schematismus breit. Mit allge- 
meinen Verboten bestimmter Speisen, Zuthaten und Getränken ist es 
nicht gethan. Man muß jeden einzelnen Patienten zum Gegenstand be- 
sonderen Studiums machen, ehe man Verordnungen gibt. die auf lange 
Zeit hinaus Geltunz haben sollen. Es ist hier gerade so wie bei Diabetes 
mellitus. 

Die wichtigste Frage., von deren Beantwortung dann die Einriehtung 
der Diät abhängen soll, ist immer: werden die Endprodukte des Stoff- 
wechsels in zentizender Weise auszeschieden? Insbesondere kommen aie 
\-haltızen Endprodukte des Stofwechsels in Betracht, dawn aber auch 
Wasser und Salze Das Verhalten des Wasserstoffwechsels ist bei 
Schrumpfniere Äußerst wichtie. Das Verhalten der Salze — inshesondere 
des NKochsalzes — ist in deu friiheren Stadien der Krankheit dagegen von 
sehr unterzeordneter Bedeutung. Erst iu den letzten Stadien — wenn 
OÖOedeme drohen — verlangen die Salze eingehende Berücksichtigung. 
lie Beachtung der Kochsalz-KEinfuhr und -Ausfuhr ist ferner in allen 
Füllen der sog. chroniseh-parenehymatösen Nephritis außerordentlich 
wiehtig: dureh Vernachlässigung dieses Faktors kann man dem Patienten 
sehr schaden. 

Die gleichen Grundsätze nun aber auf die chronische Sehrumpf- 
mere zu übertragen und auch hier eine dauernde und wesentliche Be- 
schränkuus der Kochsalzeinfuhr zu verlangen, ist durehaus ungerecht- 
fertigt. Wenn wir einem Pat. mit gut kompensierter Schrumpfmere den 
freien Gebrauch des Kochsalzes beschränken. so treffen wir eine volle 
unnötige Verordnung, die in keiner Weise in dem Stoffwechsel des 
Körpers oder in den Sekretionsverhältnissen der Nieren begründet ist. 
Wir riehten vielleicht sogar Schaden an. indem wir dem Patienten die 
Nahrung, die er zu seiner Kräftizune braucht. unsechmackhaft machen. 
hu praxi siud es wirklich nur die N-haltigzen Substanzen und das Wasser. 
die einer Regelung bedürfen. Verf. sieht hier ab von alkoholischen 
Getränken und von scharfen Gewürzen, über deren NSehädliehkeit bei 
Nephritis Metnunesdifferenzen nicht bestehen. 

Im Allzemeinen hat Verf. die Tendenz. bei Schrumpfniere die Kiwerb- 
zufuhr so hoch zu stellen, wie es ohne Nachteil d. h. ohne die Gefahr 
einer Retentioun von Stoffiweehselschlacken nur môglieh ist: deun er hai 


— sli — 


den bestinnaten Eindruck, daB sich die Brishtiker auf die Dauer bet 
etwas reichlicher Eiweißkost besser befinden. 

Neben den N-Substanzen, deren Stoffwechselsehlacken sieh im Körper 
nicht anhäufen dürfen, verlangt auch die Wasserzufuhr einzehende Be- 
riieksichtieung. Verf. betont nachdrücklich, welchen außerordentlichen 
Gewinn die Kranken mit Schrumpfnieren davon haben, wenn man schon 
in möglichst frühem Stadium «der Krankheit eine weise Beschränkung 
der Flüssigkeit eintreten läßt und in welch bedeutendem Grade anderer- 
seits Herzschwäche,  stenokardische Erscheinungen. Kopfschmerzen. 
Dlutdrucksteigerung dureh übermäßige Wasserzufuhr heraufbeschworen 
werden. Zur Ausspülung der Gewebe, zur Entfernung der Stoffwechsel- 
schlaecken, braucht der Brightiker nieht mehr als "+ /: 1 Getränke am 
Tage. Was darüber ist, ist vom Uebel. Zur zrößeren Sicherheit kann 
man in Jeder Woche einen sog. Trinktax einschalten, an dem sich die 
Wasserzufuhr auf ea. 3 L erheben soll. 

Zum Schlüsse bespricht Verf. die stiekstofffreie Diät bei aeuter 
Nephritis. Bei acuter Nephritis ist weitgehende Beschränkung der 
FiweiBkost am Platze. Das ist eine Schonunestherapie. Das Schonungs- 
bedürfmis der Nteren erfordert im Zustand acuter Entzündung aber nicht 
nur, daß die N-haltizen Destandteile der Kost stark beschränkt werden, 
sondern daß alle harnfähtren Stoffwechselprodukte in mörlichst ver- 
ringerter Menge an die Nieren herantreten. Um eine mörlichst weit- 
gehende Verringerung des harnfähisen Materials zu erzielen, hat Verf. 
versucht, Kranke mit acuter Nephritis ausschlieBlieh mit Kohlehydraten 
zu ernähren, d. h. sie erhielten miehts als etwa 200 x Rohrzucker am 
Taxe in Wasser welöst und daneben beliebige Fruchtsäfte (etwa Trauben- 
saft oder Himbeersaft, Citronensaft). Man kann dies 5-28 Tage lane 
tortsetzen. Zu einer wenigstens dürftizen Deckung des Kalorienbedarfs 
reicht. dies hin. Von den im Körper verbrennenden Kohlehsdraten ve- 
ianzen keine festen Bestandteile in die Nieren. Die Verbrennung-- 
produkte sind Kohlensäure und Wasser. Die großen Menzren Kohlehydrate 
drücken den Erwerbumsatz mächtiz herunter: alles. was damit zusammen- 
hänet: Harnstoff. Darnusäure, Kreatine. Phosphate, Sulfate ete. wird nur 
in kleinstmoglichen Mengen gebildet und harnfällie. Der harnfallive 
Stickstoff kann bis auf 2 oder 3 g am Tave absinken. Die Ansprüche 
nu die Arbeitskraft der kranken Nierenepithelien sinken so auf em 
Minimum. Verf. ist mit den Resultaten dieser Therapie auBerordentlieh 
zufrieden. Kr 


Dr. Grüner: Ueber den Einfluss des Kochsalzes auf die 
renalen und cardialen Hydropsien des Kindesalters. 
(Wiener med. Presse 1906, No. 7.) 

Nach der herrsehenden Lehre ist bei Nephritiden und Stauunesniers 
die Ausscheidung der Chloride gestort: die Retention derselben führt 
dann behufs Erhaltung des osmotischen Gleichgewichts zu Oedemer. 


— sis — 


Wal bat dauer in solchen Fällen eite kochsalzarme Diät eniptohlen. 
raider hat dies nun in einsehläciven Fallen bestätigt gefunden. Se 
so aateden Kardiale Cedeme ber chlorarmer Diät in geradezu überraschen- 
ter Weise. aim nach Kochsalzdiät wiederzukehren. Nehnlieh vertielten 
seb ode Neplritiden: bet interstiteller Nephritis ergab sieh Neigung zu 
Me. urausscherdung von Chlor ohne entsprechengen Gewiehtsabfall. Der 
tu! der Ansschetdunmmg scheint dem Grade der Nierenverinderung 
parallel zu gehen. Kochsalzaıme Diät verhindert zunächst die primäre 
(lerretention. es kann sich die Niere erholen uud beginnt, wenn sie nieht 
zu schwer erkrankt ist, die überschussizen Chloride wieder auszu-. 
scheiden. Es genizet. wenn sie einen Harn mit etwa 6° = Chlartlen aus- 
| 


sty 


reitet. was ber JE com Harn und 2 & tärlicher Chloreinfuhr bereits eine 
\febraus<chetdune von 4 g taslich bedeutet. Kr. 


Erust Ruppauner, Assistenzarzt: Ueber Pyelonephritis in der 
Schwangerschalt. Aus dem Frauenspital Basel-Stadt [Direktor 
Prof. v. Herft]. (Münchner med. Wochenschr. 1906, No. 6.) 

Die Mitteilungen von Rayer (1871) über den Zusammenhang von 
Graviditat und Pyelitis gerieten in Vergessenheit, bis dureh die Beob- 
achtungen von Rebland (18929) die Aufmerksamkeit besonders der 
franzo<ischen Forscher auf diese Complication der Graviditit velenkt 
wurde. Die letzte ausführliche Arbeit über diesen Gegenstand stammt 
von Opitz (Zeitschrift fiir Geburtshilfe und Gynäkologie, Bd. 55). 

In Basel wurden in zwei Jahren zehn Fälle von Prelonephritiden bei 
Schwangeren beobachtet: für ihre Entstehung sind zwei Faetoren not- 
wendig. Erstens ein entzündungserrerender Reiz. und zweitens Um- 
stände, welehe den Effeet dieses Reizes begünstigen und erhöhen. Unter 
den Baeterien, denen in erster Reihe die Entzündung der Harnorgane zu- 
zuschreiben ıst. spielt das Baeterium coli die Hauptrolle: auch bei den 
hier beobachteten Fällen konnte das Bacterium coli mehrmals in Harns 
eulturell nachgewiesen werden. Nach Israel kommt die Infection der 
Niere und des Nierenbeckens hauptsächlich auf zwei Wegen zu Stande, 
dem hämatorenen und dem urorenen: bei der Sehwaneerschaftspyelitis 
kommen zweifellos beide Infeetionswere in Betracht. Eine Reihe von 
Autoren, namentlich die französischen, weisen der hämatorenen Infection 
die Hauptrolle zu; dagegen wiaubt Opitz und aueh Verf. dab es sieh 
bei der hier in Rede stehenden Krankheitsform meist nur um eine auf- 
steigende urogene Infeetion handelt. Berünstizrt wird die Infeetion dureh 
den Druck auf den Ureter und die dadureh bedingte Harnstanung asep- 
tische Pyelonephritis): dieser aseptische Zustand hält nur geringe Zeit 
an. bald ist die Infection auf einem der erwähnten Wege Thatsache. Der 
Druck auf den Ureter kommt entweder dureh den graviden Uterus selbst 
oder einen vorliegenden Kindesteil zu Stande. Vorzugsweise wird der 
rechte Ureter betroffen. Die Krankheit tritt zewöhnlich in den mittleren 
Monaten (.—6.) der Gravidität auf: sie setzt gewohnlich sehr stürmiseh 


— 316 — 


ein (Schüttelfröste und hohes Fieber). Die Kranken klagen über diffuse 
Schmerzen im Leibe, welche sich bald auf eine, meist die rechte Lenden- 
gerend lokalisiren. Häntize und schmerzhafte Mietionen (Cystitis). Die 
Zunee ist belegt urd trocken. Appetit ist schlecht. Abmagerung, Uebel- 
keit und Erbrechen folzeu. Es entsteht das charakteristische Bild der 
Urosepsis. Der Urin ist sauer, gleichmäßig getrübt und hellt sieh weder 
beim Stehen noch Filtriren auf. Im Sediment findet man Leukoecyten. 
Bacterien, namentlich Bacterium eoli. krystallinische Niederschläzre. 
namentlich Oxalate. Blasen-Nierenepithehen. seltener Cylinder. Leichte 
Albuminurie (dein Fiterzehalt entsprechend? der Ref). Die Palpation er- 
giebt wenig sichere Resultate: mitunter zelinzet es, eine Vergroßerung der 
Niere nachzuweisen, in wenigen Fillen konnte man von der Vagina aus 
den Ureter als verdiekten und sehmerzhaften Strang fühlen. Die Krank- 
heit neiet leicht zu Reetdiven. Mit der Geburt tritt eine erhebliche 
Besserung em, weil ja ein ätiolorisches Moment, der Druck auf den 
Ureter, weefällt: doch giebt es auch Fälle, wo das Nierenleiden post 
partum weiter besteht. 

Von Complieationen ist besonders die Cystitis zu erwähnen, welche 
oft als der Ausgangspunkt des Leidens (Cysto-Uretero-Pyelonephritis)} zu 
betrachten ist. Es sind Fälle bekannt geworden, wo sieh in zwet Ja drei 
folgenden Scehwangerschaften däs Leiden wieder einstellte. Als Folge- 
erseheinungen sind in 20 pCt. der Fälle vorzeitige Unterbrechungen der 
Schwangerschaft beobachtet worden. 

Wenneleich die Krankheit das Leben nicht direet gefährdet, stellt ste 
dech ein ernstes Leiden dar: oes sind tm ganzen nur drei Todesfälle be- 
kannt gewordem, doeh ist die Ansicht französiseher Autoren, dab die 
Krankheit stets in Heilung ausgehe. mit Reserve aufzunehmen, weil die 
Krankheit oft eine schleichende, langwierige Form annimmt. 

In der Therapie muB man vor allem den Druck auf den Ureter zu be- 
seitigen suchen, indem man die Kranken auf die der Krankheit entgegen- 
gesetzte Seite lagert: doch geniet meist auch die einfache Rückenlage. 
Innerlich thun Salol. Urotropin, namentlich Helmitol. gute Dienste: auch 
die Salievipriparate, in erster Reihe Aspirin verdienen reichliche An- 
wendung.  Blasenspülunren,. aueh Spulungen des Nierenbeckens nach 
Casper sind mitunter indicirt: Brongersma hat bei letzterer 
Heilung erzielt. Natürheh wird eine blande, sehonende Diät am Platze 
sein. 

Ueber die Indieationen, aus denen man zu einer Einleitung der Früh- 
reburt bei Pyelonephritis gravidarum schreiten sollte, sind die Ansichten 
sehr zeteilt, namentlich wenn das Alter des Kindes schlechte Aussichten 
auf die Erhaltung des Lebens bietet. Einige Male wurde die Nephrotomie, 
Initunter sovar die Nephrectomie für nöüe befunden: doch trat nach dem 
ehirurgischen Kineriffe keine Unterbrechung der Schwangerschaft ein. 

Danelius (Berlin). 


— 317 — 


W. H. Thompson: Anaesthetics and Renal Activity. (The 
British Medical Journal. 17. III. 1906.) 


Verf. hat ausgedehnte sorgfältige Untersuchungen über den Eintluß 
der Narkose auf die Thätigkeit der Nieren ausgeführt; der vorliegenden 
Arbeit 1. Teil berichtet zunächst über die Wirkungen der Chloroform- 
narkose: Die Harnsecretion ist in Beginn der Narkose häufig vermehrt, 
bei tiefer Narkose immer vermindert, kann auch vollkommen sistiren; 
nach Beendigung der Narkose stellt sich eine wechselnde Harnvermehrung 
ein, deren Maximum etwa drei Stunden nach Erwachen sieh einstellt. 
Die Stickstoffausscheidung ist ınelır als der Harnmenge entspricht, ein- 
eeschränkt, sie kann bis auf 18 pCt. der normalen Menge sinken, während 
die Harnausscheidung selbst nur bis 35 pCt. zu fallen pflegt. Demgemäß 
ist der Harn während der Narkose diluirter. - Dauert die Narkose sehr 
lenge, so stellt sich in den Glomerulis eine Exsudation von Leukocyten 
ein, bedingt dureh Stase in den Glomerulusgefäßen: daraus erklärt sich die 
im Gefolge der Narkose sich einstellende Albuminurie. 

Der Tl. Teil der Arbeit betrifft die Aetlier- und die Mischnarkosen, die 
Resultate weichen nur unwesentlich von denen bei Chloroformnarkose 
ab: interessant ist die Beobachtung, daB die Albuminurie nach Aetlier ® 
viel häufiger auftritt. als nach Chloroform. W. Karo (Berlin). 


Dr. Fritz Voeleker und Dr. Alexander Lichtenberg: Ueber. 
Pyelographie(Röntgenographie desNierenbeckensnach 
Collargolfüllung). Aus der chirurgischen Umiversitätsklinik in 
Heidelberg. [Dir.: Geh. Rath Czerny.] (Münchner med. Wochen- 
schrift 1906, No. IH.) 


Verlasser haben. von dem WW uusch geleitet, die Röntgenstrahlen fiir 
das Erkennen von Lage-Veränderungen und Dilatationszuständen des 
Nierenbeckens und des Ureters am lebenden Menschen dienstbar zu 
machen, den Ureter ınittels des Casper'schen Ureteren-Cystoskopes 
katheterisirt, den Katheter liegen lassen und dureh ihn eine 5 proc. er- 
wirmte Collargol-Lôsung injreirt: diese Injection wurde erst vorge- 
nommen, wenn die Kranken unter der Réntgenlampe lagen. Manchmal 
klagen die Patienten sehon nach Injection von A eem über lebhafte 
kolikartige Schmerzen, in anderen Fällen kann man größere 
Mengen (50—60 cem) einspritzen. Diese Verschiedenheit ist auf die 
variable Größe des Nierenbeekens zurückzuführen. Außer einem 
dumpfen Schmerzzefühl in der Nierengzerend, welches ungefähr einen 
‘Tag Jang anhielt, sind schlimmere Folzeerscheinungen nicht bemerkt 
worden. Von 11 Fällen sind 4inal deutliche Bilder nieht erzielt worden: 
am besten gelingt die Photographie bei Wandernieren magerer, mehr- 
vebärender Frauen. 

Die beigegebenen Photographien illustriren das Gesagte in hervor- 
ragender Weise, indem nieht nur der Verlauf des Ureters, sondern be- 


1 


— 8318 

souders die Erweiterungen resp. die Abkniekungen des Nierenbeckens deut- 
lich zu Tage treten: in einem Falle ist neben dem linken Nierenbeeken auch 
der Ureter bedeutend dilatirt. Letzterer ist etwas oberhalb der Liner 
nnominata pelvis scharf geknmiekt,. unterhalb dieser Stelle eng. oberhalb 
dagegon beträchtlich erweitert. Bei der Chromo-Cystoskopte kam auch 
bei längerer Beobachtung aus dem Iinken Ureter kein gefärbter 
Flissivkeitsstrahl heraus., wihrend rechts eine normale Indirocarınm- 
Reaction festgestellt wurde. Die Operation ergab eine stark bewerliche 
linke Niere nud einen linksseitigen Ovarial-Tumer mit langem Stiele: 
letzterer hat wohl Zerrungen an dem Ureter ausgeübt und damit die 
Kniekune zum Teil verschuldet. 

Jedenfalls dürfte die Methode in passenden Fällen zur Klarstellung 
zweifelhafter Befunde heranzuziehen sein: ob sie der alten Methode, deu 
Ureter- Katheter mit einem dünnen Mandrin zu beschieken. im Ureter 
legen zu lassen uud dann zu photogrraphieren, unbedingt überlegen ist 
und wertvollere Resultate liefert, ist nicht einwandsfrei dargethan. Ueber- 
haupt hat sich die Notwendigkeit, die Grobe einer XNierenbecken- 
Erweiterung festzustellen, für uns (Casper’s Klinik) noch niemals 
ergeben; auch wäre zu bedenken, ob nicht ein Teil der auf dem Bilde 
dargestellten Erweiterung als ein Artefact aufzufassen ist, da wohl aueh 
bei vorsichtiester Vornahme der Collargol-lnjectionen eine Dehnung 
des Nierenbeekens sehwer zu vermeiden sein dürfte. 

Danelius (Berlin). 


Henry Fenwick: The accurate Delineation of Tuberculous 
Foci in Early- Disease of the Kidney in Women before 
Operation is undertaken. (The British Medieal Journal. 

27. TI 19% | 
- Verf. hat dureh  soretaltige evystoskopische Untersuchungen der 

Ureteren bei Verdacht auf Nierentubereulose eine ganz charakteristische 

Veränderung des Ostium ureterinum beschrieben, die ihm in Jedem Falle 

von Nierentubereulose. vorausgzesetzt. daB keine Secundärinfection statt- 

gefunden hat. erlaubt, genau die Lokalisation der Tuberculose m der be- 
treffenden Niere bereits vor der operativen Freilegung des Organs zu 
fixiren.. Er fand stets, wenn der Ureter als verdiekter Strang per vaginam 
oder nur per anum zu fiihlen war, eine eigenartige Retraction der Blasen- 
schleimhaut. sowie eine Congestionirung des zwischen Ureterenmünduns 
und Ostium intern. urethrae gelegenen Teiles des Blasenbodens bei sonst 
cesuuder Blase; in all’ solehen Fähen finden sich in der Niere tubereu- 
löse Herde am oberen und unteren Pol, während die Mitte der Niere 
eesund bleibt. Verf. empfiehlt die partielle Reseetion der erkraukten 

Teile. Eine interessante) Krankengeschichte mit guten Abbildungen 

illustrirt die kurze Arbeit auf's beste. W. Karo (Berlin). 


Verantwortlicber Redacteur: Professor Pr. L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marsehner, Berlin SW, Aluyandrivenstr. 11. 


Aus der Klinik für Hautkrankheiten der Universität Straßburg i. E. 
(Direktor: Prof. Wolff). 


Bemerkungen zur Eosinophilie des gonorrhoischen 


Eiters. 
Von 


Dr. med C. Gutmann. 

früherem I. Assistenten, jetzt Specialarzt für Hautkrankheiten in Wiesbaden. 

So vielfach auch durch zahlreiche Untersuchungen, unter denen 
ich hier diejenigen von Neusser, Janowski, Epstein, 
Posner und Lewin, Vorbach, Pezzoli, Bettmann 
und Gassmann erwähne das Vorkommen eosinophiler Zellen 
im Secret bei Gonorrhoe der männlichen urd weiblichen Ge- 
schlechtsorgane festgestellt ist. so wenig Positives wissen wir 
noch heute über die Bedeutung dieser Erscheinung in allge- 
mein-pathologischer und  <«hagnostisch-prognostischer Beziehung. 
Was den letzteren Punkt betrifft, so vertritt Posner in 
seinen „Eiterstudien” dhe Auffassung, das Auftreten sehr zahlreicher 
eosinophiler Zellen deute — ceteris paribus — darauf hin, daß der Fall 
sich etwa in der 4.—6. Woche befinde, und daß es sieh um eine echte 
Gonorrhoe handele. Dagegen sah Posner, entgegen Bettmann, 
in den allerersten Stadien der Gonorrhoe keine eosinophilen Zelten. 
Diesen Anschauungen Posners haben sieh dann im großen und 
ganzen K. Meyer und in jüngster Zeit Joseph und Pola:o 
angesehlossen. 

Meine eigenen Untersuchungen erstrecken sieh im ganzen auf 
92 Fälle, und zwar 58 Männer und 34 Frauen. Zur Färbung der 
Präparate habe ich ausschließlich das Jenner'sche, von May - 
Grünwald in Deutschland eingefiihrte Methvlenblau-Eosingemisch 


verwa: dt. und ich kann dasselbe, wie auch Posner, Mever und 


Joseph und Polano nur empfehlen, da die Methode bei auber- 
ordentlicher Einfachheit vortrefflliche, jedoch leider nur wenig halt- 
bare Bilder liefert. 

Was nun zunächst die Resultate, die ich bei den männlichen Go- 
norrhöen gewonnen habe, betrifft, so kann ich zuförderst die Beob- 
achtungen Posners, Josephs und Polanos bestätigen, dab 
nämlich im Anfange der Gonorrhoe gar keine oder doch nur verein- 
zelte eosinophile Zellen sich nachweisen lassen. Wenn aber Joseph 
und Polano schreiben, die Zahl der eosinophilen Zellen nehme dann 
immer mehr zu, bis der gonorrhoische ProceB seinen Höhepunkt er- 
reicht habe, und das deckt sich ungefähr mit den oben angeführten 
Worten Posners, so kann ich dem nur für einen Teil, vielleicht für 
die Mehrzahl der Fälle beipflichten. Es sind mir nämlich eine ganze 
Reihe von Beobachtungen begegnet, in denen selbst auf der Acme der 
Erkrankung der Gehalt des Secretes an eosinophilen Zellen ein ge- 
ringer war, mochte es sieh nun um eine uncomplieirte Gonorrhoea 
anterior oder auch um Gionorrhoca anterior und posterior handeln. 
Ich möchte daher doch bei der diagnostischen Verwertung dieses Sym- 
ptoms in dem obigen Sinne zu großer Vorsicht raten . 

Auf zwei Punkte möchte ieh mir erlauben noch kurz einzugehen. 
Unter acht durch periurethrale Infiltration eomplieirten Fällen, in 
denen zum Teil allerdings auch der hintere Abschnitt der Harnröhre, 
jedoch ohne Beteiligung der Prostata afticirt war, konnten fünfmal 
im Secret reichliche eosinophile Zellen nachgewiesen werden. In 
einem dieser fünf Fälle hieß sieh ein besonders auffälliger Befund er- 
heben. Es bestand cine Gozorrhoea anterior und ein nach außen 
durchgebrochener periurethraler Abseeß. Während nun im Secret 
aus der Jlarnröhre zwar auch zahlreiche eosinophile Zellen zu consta- 
tiren waren, enthielt der Absceßeiter dieselben in weit größerer 
Menge. Solche und ähnliche Befunde sind zatürlich schon wiederholt 
mitgeteilt und bringen demeemäß richt nenes, aber sie weisen doch 
immer wieder darauf hin, daß das Auftreten reichlieher Mengen 
eosinophiler Zellen unter selehen Verhältnissen vielleicht doch auf 
uns unbekennte Veränderungen zurückzuführen ist, die unter dem 
Reis fiusse der Gonokokken bezw. ihrer Toxine in dem periurethralen 
Gewebe sieh abspielen und auf die eosinophilen Zellen chemotactisch 
einwirken. 

Zweitens möchte ich folgende drei, im großen und ganzen über- 
einstuninende Fälle hier kurz berühren. In allen drei Fällen lag eine 
Prostotitis mit eitriger Einsehmelzung mehr oder minder großer 
Drüsenabschnitte vor. Bei der Massage der Prostata entleerte sich 


— 323 — 


aus der Harnröhre massenhaft Eiter; derselbe enthielt in dem einen 
Falle sehr zahlreiche, in den beiden anderen ezorm viele eosinophile 
Zellen, so zwar, daß dieselben bei dem einen Patienten an einem Tage 
ca. TC pCt. aller Formelemente ausmachten, während gleichzeitig der 
Gehalt des Blutes an Eosinophilen 14,9 pCt. betrug '). Diese Mengen 
eosinophiler Zellen konnten natürlich nur aus der Prostata stammen; 
das geht schon ohne Weiteres daraus hervor, daß das Secret der llarn- 
röhre verhältnismäßig we:ige Eosinophile gegenüber dem Prostata- 
secrete barg. Besonders auffallend war diese Differenz in dem einen 
der Fille: Das Secret der Urethra arm an solehen Zellen; darauf Urin- 
entleerung und dann Prostatamassage; in dem exprimirten Eiter sehr 
zahlreiche eosinophile Zellen, die offenbar aus einem Abseesse stamm- 
ten. der erst dureh die Massage nach der Urethra hin eröffnet worden 
war. Im Verlaufe von ea. 14 Tagen erfolgte ın allen drei Fällen eine 
rasche stetige Abnahme der eosinophilen Zellen. Ich glaube nun nicht 
etwa auf Grund dieser Beobachtunge: wieder zu der zuerst von 
Neusser ausgesprochenen und dann von Epstein. aceep- 
tirten Lehre zurückkehren zu müssen, die dahin ging, daß eine 
hochgradige Vermehrung der ceosinophilen Zellen auf Prosta- 
titis schließen lasse und der Prostata ein Einfluß auf die Bil- 
dung dieser Zellen zukomme. Im Gegenteil, ich bin durchaus Pos- 
ners Meinung, der sich unter Anderen auch Meyer anschließt, daß 
das Erscheinen eosinophiler Zellen mit der Prostata an sich gar nichts 
zu thun habe. Das geht zunächst schon zweifellos daraus hervor, daß 
oft genug trotz absolut intacter Prostata doch zahlreiche eosinophile 
Zellen sich auftinden lassen, und auf weitere Stützen für diese Ansicht 
wird weiter unten noch hingewiesen werden. Vielleicht aber ist hier hin- 
sichtlich des Auftretens der cosinophilen Zellen die gleiche Vermutung 
nicht unberechtigt, die ich oben bei Mitteilung der mit periurethraler 
Infiltration und Abscedirung complieirten Fälle ausgesprochen habe. 
Indes môchte ich doch betonen, daß mir, soweit die männliche Gonor- 
thee in Frage kommt, niemals ähnliche Mengen eosinophiler Zellen zu 
Gesicht gekommen sind. wie in diesen drei Fällen. 

Was nun die weibliche Gonorrhoe betrifft, so ist ja das bisweilen 
gehäufte Vorkommen eosinophiler Zellen dabei von vielen Seiten fest- 


gestellt, wenigstens Im Seeret der Cervix und der Urethra. Dagegen 


') Blutuntersuchungen konnten nur in so geringem Umfange ausge- 
führt werden, daß ich es unterlassen muß. auf etwaige Beziehungen der 
Eosinophilie des gonorrhoischen Secrotes zu einer Eosinophilie des Blutes 
einzugehen. 


— 324 — 


tinde eh. seweit ich sche, miehts über Urtersuchungen bei Bartholi- 
nitis gonorrheiea berichtet. Bei meinen eigenen Untersuchungen habe 
ich des Cerviealsecret fast stets unberücksichtigt gelassen und mich 
auf Untersuchung des Secrets der Ilarnröhre und namentlich der 
Bartholin'schen Prüsen beschrünkt, wenn diese letztere: sieh er- 
krankt zeigten. Diesen letzteren wurde besondere Aufmerksamkeit 
deshalb geschenkt. weil sie erstens bisher nicht in den Bereich der 
Untersuchungen gezogen waren, weil zweitens hier vorhandene eosino- 
phile Zellen nur aus der Drüse stammen konnten, u:d drittens, weil 
ich hoffte, durch Exstirpation einiger Driisen und nachherige histo- 
logische Untersuchung vielleicht die Befunde, welche die Untersuchung 
des Seeretes geliefert hatte, nach der einen oder anderen Richtung er- 
weitern und ergänzen zu könne. 

Von 23 Fällen von Urethralgonorrhoe, die zur Untersuchung 
kamen, enthielt nur in 5 das Sceret reichlich eosinophile Zellen, u: d 
zwar waren das nach dem klinischen Bilde verhältnismäßig frische In- 
feetionen; ın den übrigen Fälle ., die alle Stadien bis zur annähernden 
Heilung ausmachten, waren dieselben spärlich oder wurden auch voil- 
ständig vermißt. Aus dem Vorhandensein oder Fehlen der cosino- 
philen Zellen im Urethralseeret irgend welche Schlüsse auf die bis- 
herige Dauer der Affeetion ziehen zu wollen, halte ich micht für an- 
gebracht, vor allem auch aus dem Grunde, weil wir beim Weibe im 
Gegensatz zum Manne zur selten den Tag der Ansteckung auch nur 
einigermaßen sicher festzustellen in der Lage sind. Dasselbe gilt na- 
tiirlich für die gonorrhoische Erkraskung des Endometrium und Le- 
sonders für die Gonorrhoe der Bartholin sachen Drüsen. Eine 
Erkrankung der letzteren fand sieh unter den 34 Fällen 16 mal, und 
„war 9 mal einseitig, 7 mal doppelseitig. In 6 Fällen enthielt das Se- 
cret reichlich, in zwei weiteren sehr reichlich eosimophile Zellen. In 
zwei von den Beobachtungen, bei denen eine doppelseitige Bartholi- 
nitis bestand. differirte der Gehalt an cost:ophilen Zellen ganz erhob- 
lich in beiden Drüsen. Besteht nun irgend eine Beziehung zwischen 
dem gehäuften Auftreten der Eosinophilen und der Art und Weise. 
in der die Erkrankung der Drüse sich präsentirt? Als ich bei den 
ersten Fällen von Bartholinitis gonorrh.. in denen es sieh zufällig um 
eine mehr oder minder ausgedehnte. eitrige Einschmelzung des Drüsen- 
gewebes handelte, das Seeret untersuchte urd immer reichliche eosino- 
phile Zellen nachweisen konnte, glaubte ich schon, es würde da ein con- 
stantes Verhalten vorliegen. Indes, ich wurde bald eines anderen be- 
lehrt. indem in ähnlichen Fällen die Zahl der eosinophilen Zellen eine 


— 325 —- 
e 
geringe war, andererseits gnir Beobachtungen zu Gesicht kainen, wo nach 
dem klinischen Bilde nur eine Erkrankung des Ausführungsganges 
oder höchstens noch der unmittelbar sieh a:schließenden Drüsengänge 
bestehen konnte. und dennoch die Eosinophilen reichlich im Secret 
vertreten waren. Besonders interessant ist in dieser Beziehung fol- 
gender Fall einer ziemlich frischen Gonorrhoe der Urethra und beider 
Bartholin'schen Drüsen bei einem 17 jährigen Mädchen. ` Die 
Drüsen waren kaum vergrößert: aus ihnen entleerte sieh, ebenso wie 
aus der Urethra, auf Druck reichlich Eiter. Und doch enthielt das 
Secret der rechten Glandula Barth. (bei einer Vergrößerung Seitz 
Oeul. 1. Oelimmersio:) im Gesichtsfeld durchschnittlich 30, das der 
rechten 45. das der Urethra dagegen nur wenige eosinophile Zellen. Im 
Blute betrug der Proce::tgehalt an eosinophilen Zellen 2,7 pCt. Das Bild 
hielt sich hinsichtlich der Bartholin'schen Drüsen etwa noch zwei 
Wochen auf anı.ährend gleicher Höhe, während im Ilarnröhrenseeret 
die Zahl der eosinophilen Zellen noch außerordentlich stieg. Der Ge- 
halt des Blutes an diesen Zellen erreichte 47 pCt. "Dann erfolgte ei.e 
allmähliche Abnahme dieser Elemente. Mau kann daher meines Er- 
achtens nicht je nach der Beschaffenheit des klinischen Bildes, das die 
Drüse darbietet, auf einen hohen oder geringen Gehalt des Secrets 
an eosinophilen Zeller schließen. wen: auch zugegeben werden mub, 
daß bei eitriger Einschmelzung der Brüsensubstanz in der Mehrzahl der 
Fälle, wenigstens nach meinen geringen Erfahrungen, das Erschemen 
reichlieher eosinophiler Zellen im Secret vermutet werden darf. Und 
noch eines! Schon das Auftreten zahlreicher eosinophiler Zellen jn 
solehen Fällen männlicher Gonorrhoe, wo eine Beteiligung der Pro- 
stata an dem Erkrankungsproceß ausgeschlossen werden kann, muß 
wie bereits erwähnt, zur Ablehnung irgend welcher Beziehungen 
zwischen Vorsteherdrüse und dem Erscheinen der eosinophilen Zellen 
im Secrete führen; eine weitere Stütze erfährt dieser ablehnende 
Standpunkt. worauf speciell Pos:er hinweist. durch den Befund 
zahlreicher eosinophiler Zellen bei Endometritis und Urethritis gonor- 
rhoien. Endlich beweisen die mitgeteilten Beobachtungen an gonor- 
rhoisch erkrankten Bartholın "schen Drüsen einwandsfrei. daß di. 
Prostata an sich auch nicht das mindeste mit der Entwicklung und 
dem Erscheinen reichlicher Mengen eosinophiler Zellen zu thun haben 
kann. Vielleicht mögen aber auch hier ähnliche Verhältnisse obwalten, 
wie ich sie oben gelegentlich der Erwähnung des Auftretens grober 
Mergen eosinophiler Zellen ber periurethraler Intiltration und Pro- 


stataabscessen gestreift habe. 


, — 326 — 


Es war mir nun möglich. drei der Bartholin'schen Drüsen. 
deren Sceret größere Mengen cosinophiler *Zellen enthielt, zu exstir- 
piren und histologisch zu untersuchen. Hs kam mir narürlich hierbei 
wesentlich auf eine gute Darstellung der eosi:ophilen Granula an. 
und des gelang vortreffich on Gewebsstücken, die ın Sublimat 
oder Formalin finırt waren, während Alkohol beispielsweise sich nicht 
als brauchbar erwies. Formalin möchte ich deshalb den Vorzug gelen, 
weil, wie bekannt, durch Sublimat das Gewebe zu leicht spräde und 
schwer schneidbar wird. Es gelingt au so fixirten. ın Paraftin einge- 
betteten Objecten die Darstellung der ecsinophilen Granula sehr gut 
mit ganz dünner, langsam färbender Eosinlösung. am schönsten jedoch 
nach meiner Arsieht init einer gesättigten, wässerigen Lösung von 
Orange G. 

Ich hatte gehofft, dureh das Studium dieser Objeete vielleicht An- 
haltspunkte dafür gewinnen zu können, ob die hier mit dem Eiter 
ausgeschwemmten eosinophrlen Zellen aus dem Plute stemmten oder 
im Gewebe selbst ihre Bildungsstätte hätten. Leider sah ich mich in 
dieser Hoffnung getäuscht. Es ließen sich zwar im periglandulären 
Gewebe zahlreiche eosinophile Zellen nachweisen. dieselben über- 
schwemmten dasselbe sogar an manchen Stellen gewissermaße:.. Aber 
es gelang nicht. auch nur eine Mitose zu finden, was doch zum min- 
desten auf cine Vermehrung en Ort und Stelle hirgewiesen hätte. 
Andererseits konnte man zwar in den zahlreichen, prall gefüllten Ge- 
füßen hier u:d da eine eosinophile Zelle sehen, aber es glückte nicht. 
eine solche auf der Durchwanderung dureh die Gefüßwand zu ertappen, 
und auch eine besondere Loealisation der Eosinophilen um die Gefäße 
herum war nieht zu ersehen. Der Versuch war elso, wie noch stets. 
gescheitert. etwas Licht ir die neeh immer offene Frage zu bringen, 
giebt es eine loeale Gewebs-Eosinophilie oder stammen die cosino- 
philen Zelle, der Lehre Ehrliehs entsprechend, aus dem Blute 
beziehungsweise Knochenmark? Vielleicht nimmt aber doch ein Leser 
dieser Zeilen an einem reicheren Materiale diese Untersuchungen 
wieder auf. Die Bartholin'sche Drüse scheint mir ein selten 
günstiges Object zum Studium dieser Frage zu sein: denn eosinophile 
Zellen in ihrem Seeret können nur aus ihr stammen, die Drüse ist 
ferner sehr leicht zu exstirpiren und endlich kaun das Object wege. 
seines relativ geringen Umfanges mit verhältnismäbig wenig Zeit- 
aufwand sorgfältig verarbeitet werden. 

Schließlich noch einige Worte über das Verhalten der Gor okokken 
cu den cosinophilen Zellen und den Gonokokkengehalt der an solchen 


Zellen reichen Seerete. In ersterer Beziehung kann ich die Angabe 


Bd 


Bettmanns.daß er niemals Gonokokken in einer eosinophilen Zelle 
gesehen habe. durchaus bestätigen. Was den zweiten Punkt betrifft, 
eo wares Joseph und Polano auffällig, daß die Zahl der eosino- 
philen Zellen im ungekehrten Verhältnis zur Zahl der Gonokokken 
zu stehen schien. Dazu wire Folgendes zu bemerken: Zum Beispiel 
unter den Fällen von Bartholinitis gonorrhoica mit reichlichen eosıno- 
philen Zellen enthielt das Seeret, wenige Fälle ausgenommen, immer 
nur mäßıge Mengen von Gonokokken, und was die drei Fälle von abs- 
cendirender Prostatitis anlangt, so waren hier mit Sicherheit, wenig- 
stens mikroskopisch, Gonokokken nur in verschwindend kleiner An- 
zahl oder überhaupt nicht nachweisbar. Aber auch das Umegekehrte 
kann der Fall sein. Ich verfüge über eine ganze Reihe von Beohach- 
tungen, wo trotz zahlreicher eosinophiler Zellen reichlich Gonokokken 
gefunden wurden, und speciell in dem zuletzt erwähnten Fall von Ure- 
thritis und Bartholinitis gonorrhoica duplex wimmelte es sozusagen 
von celchen. Man wird daher aueh in dem Punkte größte Vorsicht ob- 
walten lassen müssen. eizen Fall, dessen Secret reichlich eosinophile 
Zellen enthält, prognostisch vielleicht günstig auffassen zu wollen. 


Litteratur. 
1. E. Neusser: Klinisch-hämatologische Mitteilungen. Wiener 
klinische Wochenschrift 1892, No. 3 u. 4. 

2.W. Janowski: Beitrag zur Kenntnis der Granulationen der 
weiben Blutkörperchen. Centralblatt f. allgemeine Pathologie u. pathol. 
Anatomie, 1892, No. 11. 

3.J. Epstein: Ueber das Vorkommen eosinophiler Zellen im Go- 
norrhoeeiter. Verhandlungen der Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Nürnberg. 1893. 

4 C. Posner und A. Lewin: Farbenanalytisehe Untersuchungen 
über gonorrhoischen Eiter. Ein Beitrag zur Frage der eosinophilen 
Zellen. Dermatolvgische Zeitschrift 1893/1894, Band I. 

5.J. Vorbach: Eosinophile Zellen bei Gonorrhoe. Inaugural- 
Dissertation, Würzburg 1805. 

6. C. Pezzoli: Zur Histologie des gonorrhoisehen Eiters. Archiv 
für Dermatologie und Syphilis 1896, Band 34. 

1.8. Bettmann: Ueber eosinophile Zellen im gonorrhoischen Eiter. 
Archiv für Dermatologie und Syphilis 1899, Band 49. 

H Derselbe: Die praktische Bedeutung der eosinophilen Zellen. 
Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge. Neue Folge; Innere 
Medicin, No. 78. 

9 Gassmann: Zur Kenntnis der Gonorrhoe des Mannes, insbeson- 
dere der Prostatitis und Epididymitis. Centralblatt für die Krankheiten 
der Harn- und Sexualorgane, 1904 Band XV, Heft 7. 


— 328 — 


10. C. Posner: Eiterstudien. Berliner klinische Wochenschrift 


1904, No. 41. 

11. K. Meyer: Die klinische Bedeutung der Eosinophilie. Berlin 
1905. 

12. M Joseph und M. E. Polano: Cytodiagnostische Unter- 


suchungen gonorrhoischer Secrete. Archiv f. Dermatologie u. Syphilis, 


Band 76, Heft 1. 


Aus der Therapeutischen Hospitalsklinik der Militiir-Medicinischen Akademie. 


Ueber Pyelitis als Schwangerschaftscomplication. 
Von 
Privatdocent W. F, Orlowski, 

lie Schwangerschaft ruft bekanntlich eine ganze Reihe von Ver- 
änderungen im Organismus der Frau überhaupt und von Seiten der 
Bauchorgane derselben insbesondere hervor. Diese Veränderungen 
sind bald funetioneller. bald anatomischer Natur und können 1: bedeu- 
tendem Grade den Gesundheitszustand der Frau beeinflussen. Aller- 
dines bleibt die Steigerung der Funetion der verschiedenen Organe 
in vielen Fällen in den Grenzen der physiologischen Norm; bisweilen 
erreicht sie aber äußerste Grade, hinter denen seho: eine Reihe von 
almormen Erscheinungen in Form von größerer Erregbarkeit des 
Nervensvstems, Uebclkeit, Erbrechen, Anschwellung der Schilddrüse, 
mehr oder minder hochgradige Anämie ete, auftreten. Die Entwick- 
Jung eines neuen Lebewesens im Organismus der Frau und die damit 
zusammenhängende bedeutende Steigerung des Stoffwechsels ist in 
Anbetracht der rasch vor sieh gehenden Neubildung voa  lebendem 
Eiweiß ohne Bildung einer großen Quantität von regressiven Metamor- 
phoseprodueten undenkbar, welche letztere, indem sie die Nieren 
passiren, in gewaltigem Maße die Arbeitsleistung derselben erhöhen. 
Dadurch wird, von anderen begünstigenden Momenten abgeschen, leicht 
der Boden für häufige Morbidität der Nieren bei Schwangeren ge- 
schaffen. Diese so wichtige Complieation der Schwangerschaft hat nicht 
ohne Grund die Aufmerksamkeit der Greburtshelfer und Internisten 
auf sieh gelenkt. Dank ihren gemeinsamen Bestrebungen besitzen wir 
heutzutage zahlreiche wertvolle Arbeiten, die diese Frage erörtern, und 
in denen die Entstehungsbedingunzen. der klinische Verlauf und (ie 
Bedeutung der Nierenerkrankung für die Schwangere und für die 


ee BE 


Frucht. sowie die Behardlung der Nierenkrankheiten bei Schwangeren 
besprochen werden. Bei näherer Betrachtung der literatur überzeugt 
man sich aber, daß man beim Studium der ın Rede stehenden Frage 
den verschiedenen Abteilungen des lHlarnapparates nicht die gleiche 
Aufmerksamkeit entgegengebracht hat. Ihr Hauptaugenmerk richteten 
die Kliniker auf die Veränderungen des Nierengewebes selbst, und 
erst sei 1892, nachdem Reblaub (1) auf dem Chirurgisehen Congreg 
über einige eigene Beobachtungen berichtet hat, habe: einzelne Autoren 
auch die Pyelitis, die als Complication der Schwangerschaft auftritt. 
zu berücksichtigen begonnen. Seit dieser Zeit sind einige Arbeiten 
‚veröffentlicht worden, die sich mit dieser Frage beschäftigen. Im 
vorigen Jahre ist diese Frage sogar Gegenstand lebhafter Debatten 
auf dem IV, CongreB der französischen Geburtshelfer, Gynäkologen 
und Pädiater zu Rouen (5—10. April), sowie auf dem 76. Congreß der 
deutschen Naturforscher und Aerzte zu Breslau (18.—24. September) 
geweses. Ich glaube, an dieser Stelle darauf hinweisen zu müssen. dab 
in Rußland die Ansicht, daß die Schwangerschaft Verhältnisse schafft, 
die die Entwicklung von Prelitis begünstigen, schon Prof. Paster- 
natzki zu ciner Zeit in seinen Vorlesungen zum Ausdruck gebracht 
hat, zu der diese Frage in der ausländischen (nicht russischen) Littera- 
tur erst zu entstehen begann. Der verstorbene Prof. Pasternatzki 
ist somit zweifellos einer der Ersten, die auf den Zusammenhang 
zwischen Schwangerschaft und Erkrankung der Nicrenbecken auf- 
merksam gemacht haben. | 

In diesem Aufsatze beabsichtige ich, über 3 Fälle von Pyelitis. die 
als Complication der Schwangerschaft aufgetreten war, zu berichten 
und dann auf Grund dieser Fälle und der noch spärliehen Angaben 
der Litteratur auf die Aetiologie und die Bedeutung dieser Comph- 
cation für die Schwangere und für die Frucht, sowie auf einige Be- 
sonderheiten im klinischen Verlauf dieser Pycelitis, sofern sie von dem 
klinischen Bilde der Pyelitis überhaupt abweicht, einzugehen. Schlieb- 
lich beabsichtige ich, in kurzen Worten auch die Behandlung der Pye- 
litis bei Schwangeren zu besprechen. 

1. Beobachtung. Zum zweiten Mal schwangere Frau. 7. Schwan- 
gerschaftsinonat. Acute, rechtsseitige Pyelitis. 

T.. 19 Jahre alt. Dienstbote, wurde in die Therapeutische Hospi- 
talsklinik des Prof. Pasternatzkı am 15. Mai 1893 aufgenom- 
men. Sie klagte bei der Aufnahme über Schmerzen in der rechten 
Seite, besonders hinten in der Nähe des Schulterblattes, die sich bei 
Lagewechsel des Körpers verschlimmerten, ferner über trockenen 


Husten. Ilitze und allgemeines Unwohlsein. Die Patientin will am 


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Salus prese S Mithiete Aiat Mae er Weryperoa wed 


sait Ernahrangscustand. Unter der rechten Napula 
Schalles 


teren Lungenrandes:; die Pereussion der rechten Subscapulargvacnd 


RMR À 


Liritaug des und Beschrankung der Ian vele Ant vs 


r ‘r heftige Sehmer.’en hervor: Perser ders sehmeor bai tut Jus In 
sun der rechten Nierengegend: selbst durch Pineerdimekh wenden 
rr heftiee schmerzhafte Sensationen  hervergerufen, (un Luke 


Nerengegend ist fast schmerzfrei Die Palpation vs rechten Hope 
Sserdrium vorn der Lage der Niere entsproeherd, sowie lun Leni) 
terung der rechten Nierengegend bewirken glerehttalls heftiae Sehe 
L'or Nut 


‚en. Fundus uteri 2 Quertingerbreiten oberhalb deu Nobita, 


der Frucht steht oberhalb des Beckeneinpangs. Temperatur Wun Ha 1 
Tigliehe Unrnquuntitat NUN cem, speellluelsse Ui 
er 


wornene Harn enthält reichlich Schleim, Witerlkerperehen nn kul 


37.5, abends 40.0. 


wicht des Harns 1013, Renetion suer, mut dem Watbeter pe 


zellen. welche letztere an das Nierenbeckenepitbel erinnern; Paiwein 
und Zueker nicht vorhanden. Behandlung: Bettenpine, Setehte, 
hauptsächlieh Mileh-Diüt; täglich 2 Glos Borsehom Minerali naerr nnil 
außerdem 9,3 Salol mat O01 T In 


Krenkheitsverlauf gestaltete sieh Temporntui 


en bellndonnae drcumnt tuplich 
in 


blieb 12 Tage lang febril, wobei die Termpernturenrve iron: u 


lolgenderinnaben: 


Typus mit brüsken Schwankungen in den ersten Tawen (nbenda en 10,0, 
morgens ea. 37,5) zeigte. Der loenle Schmerz bheb während der Fichen: 
Io: trig died: lung, 


(mm vumm. 


periode bestehen und hieß dann etwas naeh, 
tät betrug während der Fieberperiode durchschnittlich 00 


ped: 


Ler Harn war infolge reschlieher Schlemmer taten 


(fun, 
(ri, 


das epeeitische Gewicht des [orne 1015 Kenetsom (lea 


Seer. 
Im Niederschlag waren die bereits erwahnten Plemente zu acht. ren 
Zati sich babl vereroßerte, bald verringerte. Paume wor mens ven 


körden. Mit der Ruekkehr der Temperatur zur Norm besserte ssch des 


NU gemel nvguetand, die taghehe Darnquantitat stieg bia POW P00 eem, 
ze en noche Gewicht sehwank te in den Grensen zrehi Inin Inh 
rd. ae an FKiterkörperehen verringerte sch In ese i uztan 


z . e I 
A" Tax Pore Pre Eep, RE ET 


— 332 — 


2, Beobachtung. Zum zweiten Mal schwangere Frau. 7. Schwan- 
cerschaftsmonat. Acute rechtsseitige Pyelitis. 

1., 33 Jahre alt, Tageléhnerin, wurde in die Therapeutische Hospi- 
talsklinik der Militär-Medieinischen Akademie am 12. Januar 1903 aut- 
genommen, und zwar zu einer Zeit, zu der Privatdocent A. P. Fa- 
witzkider Klinik vorstand. Die Patientin klagte bei der Aufnahme 
ul:er Llitze, allgemeines Unwohlsein, Uebelkeit, Erbrechen, Auftreibung 
des Abdomens und über Verstopfung. Sie giebt an, vor 2 Tagen ohne 
wihrnehmbare Veranlassung erkrankt zu sein, vor 7 Jahren ein totes 
Kind geboren zu haben und vor 3 Jahren in der grnäkologischen Klinik 
wegen Entzündung des rechten Ovarıums in Behandlung gewesen zu 
sein. Im zweiten und dritten Monat der gegenwärtigen Schwanger- 
schaft hatte die Patientin häufig, namentlich des Morgens, auf nüch- 
ternein Magen Erbrechen. Letzte Periode am 7. Juni 1902. 

Statuspraese:ns: Mittelmäßiger Körperbau und ebensolcher 
Ernährungszustand. Die rechte Nierengegend ıst bei Erschütterung 
und bei der Pereussion hinten schmerzhaft, desgleichen bei der gleich-. 
zeitigen Palpation von vorn und hinten; die linke Nierengegend ist 
schmerzfrei. Fundus uterı 2 Quertingerbreiten oberhalb des Nabels. 
Links von der Linea alba sind die Herztöne der Frucht zu hören. 
Der Kopf der Frucht steht oberhalb des Beckeneingangs. Die äußere 
Ocffnung des Gebärmutterhalses läßt eine Fingerkuppe durch. Vie 
größere Masse des Uterus ist auf der rechten Bauchhälfte zu fühlen. 
Auf den Unterschenkeln sind zahlreiche knotenförmige Erweiterungen 
der Venen und Oedeme zu sehen. Tägliche Marnquantität 2000 cem. 
specifisches Gewicht des Tlarns 1024, Reaction sauer, Harn trübe. Ei- 
weiß 0.01 pCt. nach Brandberg. Im Niederschlag des mittels Kathe- 
ters gewonnenen Harns sind zahlreiche Eiterkörperchen, einzelne 
-hyaline C'ylinder und flache Epithelzellen zu sehen. 4 — 1,80. Tem- 
peratur Morgens 38,5, Abends 39,8. Der Patientin wurde vorge- 
schrieben, hauptsächlich auf der linken Seite zu liegen. Sie bekam 
Wärmeflaschen auf die rechte Nierengegend, zweimal täglich 1 Tee- 
Iöffel Soda in einem Glas Wasser und 0,3 Salol mit 0,01 T--ra Bella- 
Connae und 0,01 Cocain dreimal täglich je 1 Pulver innerlich. Haupt- 
:iehlieh Milehdiät. Der weitere Verlauf der Krankheit gestaltete sich 
tolgendermaßen: Die Patientin fieberte 6 Tage. Die Temperatur hielt 
sich in den Grenzen zwischen 38,0 und 38.5 Morgens und 39.0 bis 40.0 
\bends. Die tägliche Harnquantität bewegte sich in den Grenzen 
:wWischen 200 -450 cem, das speeifische Gewicht des llarns zwischen 
1020—1025: die Reaction des learns wor während der ganzen Zeit 


nauer; der FEiweißgehalt schwankte in den Grenzen zwischen 0,01 bis 


— 333 -- 


0.02 pCt. In Niederschlag waren Schleim. Eiterkörperehen ın geringer 
Anzahl, Haches Epithel, zeitweise Nierenbeekenepithelzellen und hya- 
line Cylinder zu sehen. Allgemeinzustand deprimirt. Die Schmerzen 
in der reehten Nierengegend nahmen zu, 1. dem sie sieh dem rechten 
Ureter entlang in der Richtung naeh der Harnblase sowie nach vorn 
nach dem rechten Hypochondrium und nach der Regio hypogastriea 
eusbreiteten. Am 5. und 6. Tage des Krankenhaus-Aufenthalts konnte 
bei der bimanuellen Untersuchung der rechten Nierengegend deutlich 
eine Geschwulst gefühlt werden, die bei Druck sehr schmerzhaft war. 
Pesonders deutlich wurde die Geschwulst palpirt. wenn die Patientin 
auf der linken Seite mit gegen den Rumpf gezogenen Extremitäten 
Lee (Methode von Israel). 

Ain 7. Tage sank die Temperatur bis 37.0 und blieb im weiteren 
Verlauf normal: die Schmerzen halen bedeutend nachgelassen. die 
erwähnte Geschwulst könnte nieht gefühlt werden. Die tägliche Horn- 
quantität stieg auf einmal bis 5000 eem, betrug am folgenden Tage 
sogar D500 eem. Die Polyurie hielt noch 3 weitere Tase an, um dann 
am 4. Taee auf 2000 ecem täglich zu sinken. Das specifsehe Gewicht 
des Harns sank während der Polvurie-Periode bis 10C4-—1006; die 
Kiweißmenee betrug C.01—0.015 pCt.; der Harn war trūübe und ent- 
hielt reichlich Sehleim, Eiterkërperehen, sowie einzelne rote Blut- 
körperehen. Tas Erprechen hörte während der ganzen Zeit des Aufent- 
helts der Patientin im Krankenhause nieht auf, war aber während der 
Fieberperiode besonders heftig. Spontaner Hüssiger Stuhl, bisweilen 
ber erst nach Kinläufen. Die übrigen Organe boten nichts Abnormes. 
Nechdem die Temperatur 10 Tage normal gebliehen ist, verließ die 
Patientin das Krankenhaus. ohne irgend welche spontane Sehmerzen 
in der rechten Nierengegend zu verspüren: jedoch konnten Schmerzen 
durch Erschütterung oder dureh tiefe Pereussion der Nicrengegend 
hervorgerufen werden. Der Harn enthielt eine unbedeutende Quan- 
Grat Eiterkörperehen und einzelne hyaline Cylinder. Links von der 
Mittelline des Abdomens waren die llerztöne der Frucht zu hören. 

3. Beobachtung. Zum ersten Mal schwangere Frau: 6. Schwanger- 
schaftsmonat. Acute rechtsseitige Pyelitis. Diesen Fall habe ich gc- 
meinschaftlich mit dem verstorbenen Pref. W. N. Maassen beols 
achtet. welcher letztere am 3. Juli 1903 zu der Schwangeren wegen 
heftiger. mit Hitze einhergehender Sehmerzen im Abdomen gerufen 
wurde. Als ich am folgenden Tage zusammen mit Pref. Maassen 
die Kranke untersuchte, kounte ich nur sehr heftige Schmerzen in der 
rechten Nierengegend feststellen, die nach dem ganzen Abdomen urd 


— 334 — 


nach dem rechten Oberschenkel ausstrahlten: es bestand gesteigerte 
lHlarnfrequenz, wobei die Harnentleerung mit Schmerzen einherging. 
Die Temperatur betrug 39,5, der Allgemeinzustand war deprimirt. die 
Harnquantität sehr gering; specifiseches Gewicht 1027. Im Harn 
Eiweißspuren. Im Niederschlag eine geringe Quantität Eiterkörper- 
chen, flache Epithelzellen und einzelne rote Blutkörperchen. Prof. 
Maassen stellte Schwangerschaft im 6. Monat fest. Der Patientin 
wurde vorgeschrieben, auf der linken Seite mit etwas hochgehobeneni 
SteiB zu liegen. Wiirmeflaschen auf die rechte Nierengegend. Sub- 
eutan 0,015 Morphium. Essentuker Mineralwasser No. 4 zur Hälfte 
mit Milch, 3 Glas täglich; außerdem 0,18 Amygdalin in 180.0 Emulsio- 
Amygd. dule., 4 EBlöffel täglich ; leichte Diät, vorwiegend Milch. Wäh- 
rend der folgenden 2 Tage blieben die Schmerzen in statu quo. Die 
Temperatur betrug 38.0—--39.0, der Puls 100-—110; am 2. Tage stellten 
sich T’ebelkeit, Erbrechen und Durchfall ein. Harnquantität 200 bis 
560 ecm in 24 Stunden. Specitisches Gewicht des Harns 1020—1024. 
lm Harnniederschlag Schleim, flaches Epithel und spärliche Eiter- 
körperchen: Eiweißspuren. Die Untersuchung der rechten Nieren- 
gegend zugleich von vorn und hinten nach der Methode von Isracl 
ergab eine elastische schmerzhafte Geschwulst. Am 3. Tage Tempera- 
tur 37,0, Schmerzen bedeutend geringer; Erbrechen und Diarrhoe waren 
verschwunden. Die tiglche Ilarnquantitit stieg auf einmal bis 
4000 com, das specifisehe Gewicht des Harns sank bis 1006; der Eiweib- 
gehalt stieg bis 0.06. Im Harnniederschlag zahlreiche Eiterkôrperchen. 
Schleim und einzelne rote Blutkörperehen. In den folgenden Tagen 
ließ die Polvurie allmählieh nach, so daß die tägliche llarnquantıtät 
vnd das speeifische Gewicht des Harns nach 3 Tagen bereits normal 
varen. das Eiweiß verschwunden war und der Niederschlag nur 
Schleim, flaches Epithel und einzelne weiße Blutkörperchen enthielt. 
Schmerzen und Geschwulst in der rechten Nierengegend nach wie vor. 
Ich habe die Patientin fast nach einem Jahre gesehen: sie hat am nor- 
malen Schwangerschaftsende ein gesundes Kind geboren und seitdem 
in der rechten Nierergegend niemals mehr Sehmerzen gehabt. 

Die Uebersicht der soeben mitgeteilten Krankengeschiehten 
ergiebt. daß in sämtlichen 3 Fällen eine acute Pyelitis bei Schwangeren 
vorlag. die früher niemals an Pyelitis gelitten batten. fm 2. und 
3. Falle hatte sieh die Pvelitis ohne sichtbare Veranlassung ent- 
wickelt : in sämtlichen Fällen verlief die Krankheit mit hoher Tempera- 
tur, die bis 40,0 stieg, sowie mit Schmerzen in der rechten Nieren- 


zeeend, Verringerung der Ilarnquantität, besonders im 2. und im 


— 335 — 


3. Falle, wo die tägliche Haruquantität schr gering war, mit hohem | 
specifischen Gewicht des Harns, in dem Eiterkörperchen und Schleim. . 
im 3. Falle auch rote Blutkörperchen vorhanden waren, sowie mit 
Albuminurie im 2. und 3. Falle; schließlieh traten im 2. und 3. Falle 
deutliche Erscheinungen von Dehnung des rechten Nierenbeekens her- 
vor, welches in Form eines elastischen, schmerzhaften Körpers palpirt 
wurde: in denselben Fällen war die Pyelitis von Störungen des Magen- 
dJarmkanals begleitet. Nach einigen Tagen acuten Verlaufs der Krank- 
heit sank die Temperatur bis zur Norm, mit Ausnahme des ersten 
Falles. in dem die fieberhafte Steigerung der Temperatur längere Zeit 
anhielt; gleichzeitig ließen die Schmerzen nach, um schließlich voll- 
ständig zu verschwinden, die IJlarnquantität nahm bedeutend zu, 
namentlich im 2. und 3. Falle, bis 5000—5500 cem in 24 Stunden 
steigend. Dementsprechend sank das specitfische Gewicht des llarns bis 
1004—1006; die Albuminurie hielt noch eine Zeit lang an, und im 
3. Falle war der KEiweißgehalt sogar höher als im acuten Stadium. was 
augenscheinlich durch den größeren Gehalt an Eiterkörperehen bedingt 
war: unmittelbar nach der Polyurie verschwand die Dehnung des 
Nicrenbeekens. Alle diese Erscheinungen sind dermaßen charakteri- 
stisch. daB die Diagnose keine Schwierigkeiten darbot. Die Schwanger- 
schaft wurde in keinem einzigen Falle unterbrochen. Die Frucht 
blieb ın allen Fällen am Lebe::. | 

Fälle von Pyelitis bei Schwangeren sind bis jetzt in geringer An- 
zahl veröffentlicht worden, und zwar nicht über 70. Der erste Fall 
rührt von Rayer her. Hierauf folgen die Mitteilungen von 
Hallé (3), Kruse (4), Albarran, Guyon, Reblaub (1). 
Laberge(5), Bué (6), Routier (60), Twynam (61), Vinay 
(17) Bouveret, Poncet, Navas (S), Pasteau und d'Har- 
bécourt (9), WeiB (10). Vinay und Cade (11) Lepage 
(12). Gouilloud, Weill (13), Reed (62), Le Brigand (63), 
Pestallozza (64),Schwartz-Gebrak (65), Bredier (22), 
Anderodias (14), Potocki und Balatre (66), Cumston 
(67). Pasteau (68), Wallich (69), Bar urd Luvs (70), Po- 
tockiund Bender, Bernoud(73), Kondirdjyv(15), Legueu 
(16), Cpitz (AT) Schaffer (18) Cragin (19) Rochand 
(71). Schwab(20). Fournier(21). Die relativ spärliehen Angaben 
der Litteratur beweisen aber im Gegensatz zu der Ansicht von Navas 
(S). Weill (13) u. A. keineswegs, daß Pyelitis bei Schwangeren selten 
vorkommt. Der verstorbene Pasternatzkı wies in seinen Vor- 
lesungen darauf hin. daß Pryelitis bei Schwangeren unter so gering- 


fürieen Symptomen verlaufen kann, daß sie unbemerkt bleibt. Zur 


— 336 — 


Bestätigung dieser Ansicht könnte man beispielsweise den ersten meiner 
Fälle anführen, der bei weniger sorgfältiger Untersuchung ırrtümlich 
als rechtsseitige Pleuritis hätte gedeutet werden können. Le Bri- 
eand (63). Bredier (22), Champetier (72), haben in der 
letzten Zeit gleichfalls auf die Häufigkeit der „pyelonephrite latente“ 
hingewiesen, welche gewöhnlich überhaupt nicht erkannt oder irrtümlich 
als Albuminurie der Schwangeren bezw. Blasenkatarrh gedeutet wird. 

Welche Momente begünstigen nun die Entwicklung der Pyelitis 
bei Schwangeren? Bekanntlich stehen schon unter normalen Ver- 
hiiltnissen die Ureteren in sehr enger anatomischer Beziehu:g zum 
Uterus, indem sie im Beeken in einer Entfernung von nur 1,5 em von 
de: Rädern des Uterus verlaufen (Rieard (23) u. A.). 

Während der Schwangerschaft nimmt diese Entfernung mit dem 
fortschreitenden Wachstum des Uterus ab. Da der schwangere Uterus 
in der Mehrzahl der Fälle nach rechts deviirt ist (Dextroversio utert) 
und außerdem um seine Längsachse so gedreht ist, daB sein linker 
Rand mehr nach vorn, der rechte mehr nach hinten zu hegen kommt 
(Dextrotorsio uteri), so tritt der Uterus ix nähere Beziehungen zum 
rechten Ureter als zum linken und kann cine Compression des ersteren 
bewirken, die aueh nicht mit vollständigem Verschluß seines Lumers 
einhergeht. In der That hat bereits Cruveilhier (24) in seiner 
descriptiven Anatomie darauf hingewiesen, daß die Ureteren bei 
Frauen. die während der Geburt oder in den letzten Schwangerschafts- 
monaten gestorben sind, bedeutend erweitert erscheinen. Stadt- 
feld hat beim Studium des Zustandes der Ureteren bei 16 Schwan- 
geren, die an verschiedexen Krankheiten zu Grunde gegangen sind, 
in 9 Fällen (über 56 pCt.) Erweiterung der lereteren, hauptsächlieh 
des rechten, gefunden. Olshausen(25) hat auf 34 Fälle ın 25 Fällen, 
d. h. in 73,5 pCt., Erweiterung der Ureteren,. die in 13 Fällen beider- 
scitig war, in 10 nur den rechten. in 2 den linken Ureter betraf. gv- 
funden. Löhlein hat bei der Untersuchung der Ureteren bei 22 an 
Eclampsie verstorbenen schwangere.: Frauen in 8 Fällen (25 pCt.) Er- 
weiterung des einen oder der beiden Ureteren gefunden. Pollak (74) 
hat bei der Section von 130 an Eklampsie zu Grunde gegangener 
Frauen ın 35 Fällen (26,9 pCt.) Erweiterung der Ureteren gefunden, 
wobei in 17 Fällen (13 pCt.) nur der rechte Ureter, in 18 Fällen 
(13.9 pCt.) beide Ureteren erweitert waren. 

Alle diese statistischen FKrhebungen weise: darauf hir, dab der 
Druck auf die Treteren, namentlich auf den rechten, eine häufige Er- 
scheinung in der Schwaneerschaft darstellt. Dieser Umstand ist für 


— 337 —- 


den regelrechten Abtluß des Harns aus den Nieren durch die Ureteren 
nach der Harnblase von ungeheurer Bedeutung. In der That hat 
bereits TLalberstma (26) nachgewiesen, daß der Druck des Harns 
in den Ureteren schr gering ist, nämlich 10 mm der Quecksilbersiiule 
nicht übersteigt. so daß die Belastung des Ureters in einer Ausdehnung 
von S mm mit 5 g den AbfluB einer Harnsiiule von 400,0 hintanhält. 
Auf diese Weise bewirkt der Druck des schwangeren Uterus auf die 
Ureteren eine Verringerung der Permeabilität der Ureteren und eine 
Verlangsamung des Harnstromes in denselben. Ein vollständiger Ver- 
schluß des Lume::s der Ureteren findet dabei nicht statt, Jedoch genügt, 
wie die Versuche von Conheim (27), Guyon (28), Albarran 
und Legueu (29) zeigen, eine Verringerung der Permeabilität der 
Ureteren. um IIydronephrose entstehen zu lassen. Allerdings entwickelt 
sich dieselbe unter diesen Umständen langsamer als bei vollständiger 
Aufhebung der Communication zwischen Nierenbecken und Harn- 
blase: dafür erreicht die Hydronephrose aber in ersterem Falle wegen 
des geringen Druckes innerhalb des Nierenbeckens und der Niere und 
der längeren Erhaltung des Nierengewebes weit größere Dime.sionen. 
Mit der Entwicklung der Ilydronephrose ist aber der Proceß nicht 
beendet. Aus den Versuchen von Grchant (30), Posner (31), 
Voorhavee @2), Popow (33), StrauB und Germont (34), 
Guvon und Albarran (35), Sehmidt und Aschoff (36), 
Lindemann (37) undStepanow (38) geht hervor, dab die asep- 
tische Unterbindung des Ureters zu Hyperämie und Ablösung des Epi- 
thels im Ureter und Nierenbecken, sowie zu consecutiven Verände- 
rungen des Nierengewebes selbst in Form von Erweiterung der Harn- 
kanälchen, Veränderung der Form der Glomeruli, des Epithels. sowie 
in Form von parenchymatosen Ilämorrhagien und im weiteren Ver- 
lauf zu Nierenatrophie führt. Nach Lindemann (37) zieht die 
pseptische Llar:.retention bei vollständiger Obliteration des Ureters 
Krweiterung der Harnwege, Hvdronephrose und Nierenatrophie nach 
sieh. während bei Verengerung des Ureters Erweiterung der Harn- 
were und Uronephrose zu Stande kommen. Infolge dieser Verände- 
rungen der Niere wird auch der oberhalb der verengten Stelle liegende 
Absehnitt des Harntractus ein Lovus minoris resistentiae und giebt 
einen günstigen Boden zur Entwicklung der Bacterien ab. die auf 
irgend eine Weise in die Harnwege gelangt sind. Besonders klar geht 
dies aus den Experimenten von Reblaub (1). Enderlen (39) und 
Bonneau (40) hervor. die bei Injeetion von lebenden Culturen von 
Streptokokken, Colibacillen und Stäbeherbacillen, die bei chronischer 


Pyelonephritis beim Rinde nach vorangehender Unterbindung des 


e EEN, 


sonders die Erweiterungen resp. die Abknickungen des Nierenbeckens detit- 
lich zu Taxe treten: in einem Falle ist neben dem linken Nierenbeeken auch 
der Ureter bedeutend dilatirt. Letzterer ist etwas oberhalb der Linea 
innominata pelvis scharf gekniekt, unterhalb dieser Stelle eng. oberhalb 
dagegen beträchtlich erweitert. Bei der Chromo-Cystoskopie kam auch 
bei längerer Beobachtung aus dem linken Ureter kein vefiirbter 
Flüssizkeitsstrahl heraus. während rechts eine normale Indigocarmin- 
Reaction festgestellt wurde. Die Operation ergab eine stark bewegliche 
Duke Niere und einen linksseitigen Ovarial-Tumer mit langem Stiele: 
letzterer hat wohl Zerrungen an dem Ureter ausgeübt und damit die 
Knickung zum Teil verschuldet. | 

Jedenfalls dürfte die Methode in passenden Fällen zur Klarstellunz 
zweifelhafter Befunde heranzuziehen sein: ob sie der alten Methode. den 
Ureter-Katheter mit einem dünnen Mandrin zu beschieken. im Ureter 
liegen zu lassen und dann zu photographieren, unbedingt überleren ist 
und wertvollere Resultate liefert. ist nicht einwandsfrei darzethan. Ueber- 
haupt hat sieh die Notwendiekeit. die Größe einer Nierenbecken- 
Erweiterung festzustellen, für uns (Casper's Klinik) noch niemals 
ergeben: auch wäre zn bedenken, ob nieht ein Teil der auf dem Bilde 
dargestellten Erweiterung als ein Artefact aufzufassen ist, da wohl aueh 
bei vorsiehtiester Vornahme der Collargol-Injeetionen eine Dehnung 
des Nierenbeekens schwer zu vermeiden sein dürfte. 

Danelius (Berlin). 


Henry Fenwick: The ac: urate Delineation of Tuberculous 
Foci in Early-Disease oí the Kidney in Women before 
Operation is undertaken. (The British Medieal Journal. 

27. 1.1908. | 
. Verf. hat dureh sorgtaltige cystoskopische Untersuchungen der 

Ureteren bei Verdacht auf Nierentubereulose eine ganz charakteristische 

Veränderung des Ostium nreterinum beschrieben. die ihm in Jedem Falle 

von Nierentubereulose, vorausgesetzt. daß keine Secundärinfeetion statt- 

gefunden hat. erlaubt. genau die Lokalisation der Tuberculose in der be- 
treffenden Niere bereits vor der operativen Freilegung des Organs zu 
fixiren.. Er fand stets, wenn der Ureter als verdickter Strang per vaginam 
oder nur per anum zu fühlen war, eine eigenartige Retraction der Blasen- 
schleimhaut, sowie eine Congestionirung des zwisehen Ureterenmündung 
und Ostium intern. urethrae gelegenen Teiles des Blasenbodens bei sonst 
gesunder Blase: in all’ solehen Fällen finden sich in der Niere tubercu- 
löse Herde am oberen und unteren Pol, während die Mitte der Niere 
gesund bleibt. Verf. empfiehlt die partielle Resection der erkrankten 

Teile. Eine interessante Krankengeschichte mit guten Abbildungen 

illustrirt die kurze Arbeit auf's beste. W.Karo (Berlin). 


7 








Verantwortlieber Redacteur: Professor Dr. L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marschner, Berlin SW. Alexandrinenstr. Pio. 


Aus der Klinik für Hautkrankheiten der Universität Straßburg i. E. 
(Direktor: Prof. Wolff). 


Bemerkungen zur Eosinophilie des gonorrhoischen 
Eiters. 
Von 


Dr. med C. Gutmann, 

fıüherem I. Assistenten, jetzt Specialarzt für Hautkrankheiten in Wiesbaden. 

So vielfach auch durch zahlreiche Untersuchungen, unter deren 
ich bier diejenigen von Neusser, Janowski, Epstein, 
Posner und Lewin, Vorbach, Pezzoli, Bettmann 
vund Gassmann erwähne das Vorkommen eosinophiler Zellen 
im Secret bei Gonorrhoe der männlichen urd weiblichen Ge- 
schlechtsorgane festgestellt ist. so wenig Positives wissen wir 
noch heute über die Bedeutung dieser Erscheinung in allge- 
mern-pathologischer und  cdiagnostisch-prognostischer Beziehung. 
Was den letzteren Punkt betrifit, so vertritt Posner in 
seinen „Eiterstudien“ die Auffassung, das Auftreten sehr zahlreicher 
eosinophiler Zellen deute —- ceteris paribus — darauf hin, daß der Fall 
sich etwa in der 4.—6. Woche befinde, und daß es sieh um eine echte 
Gonorrhoe handele. Dagegen sah Posner, entgegen Bettmann, 
in den allerersten Stadien der Gonorrhoe keine eosinoplilen Zelten. 
Diesen Anschauungen Posners haben sich dann im großen und 
ganzen K. Meyer und in jüngster Zeit Joseph und Polano 
angeschlossen. 

Meine eigenen Untersuchungen erstrecken sieh im ganzen auf 
92 Fülle und zwar 58 Männer und 34 Frauen. Zur Färbung der 
Präparate habe ich ausschließlich das Jenner'sche. von May- 
Grünwald in Deutschland eingeführte Methrlenblau-Eosingemisch 
verwa: dt, und ich kann dasselbe, wie auch Posner, Meyer und 


Joseph und Polano nur empfehlen. da die Methode bei außer- 
ordentlicher Einfachheit vortreffliche, Jedoch leider nur wenig halt- 
bare Bilder liefert. 

Was nun zunächst die Resultate, die ich bei den männlichen Go- 
norrhöen gewonnen habe, betrifft, so kann ich zuförderst die Beob- 
achtungen Posners, Josephs und Polanos bestätigen, daß 
nämlich im Anfange der Gonorrhoe gar keine oder doeh nur verein- 
zelte cosinophile Zellen sieh nachweisen lassen. Wenn aber Joseph 
und Polan o schreiben, die Zahl der eosinophilen Zellen nehme dann 
ammer mehr zu, bis der gonorrhoische Proceß seinen Höhepunkt er- 
reicht habe, und das deckt sieh ungefähr mit den oben angeführten 
Worten Posners, so kann ich dem nur für einen Teil, vielleicht für 
die Mehrzahl der Fälle beipflichten. Es sind mir nämlich eine ganze 
Reihe von Beobachtungen begegnet, in denen selbst auf der Acme der 
Erkrankung der Gehalt des Secretes an eosinophilen Zellen ein ge- 
ringer war, moechte es sieh nun um eine uncomplicirte Gonorrhoea 
anterior oder auch um Gonorrhoea anterior und posterior handeln. 
Ich möchte daher doch bei der diagnostischen Verwertung dieses Sym- 
ptoms in dem obigen Sinne zu grober Vorsicht raten. 

Auf zwei Punkte möchte ich mir erlauben noch kurz eizzugehen. 
Unter acht dureh periurethrale Infiltration complicirten Fällen. in 
denen zum Teil allerdings auch der hintere Abschnitt der Harnrohre, 
jedoch ohne Beteiligung der Prostata afficirt war, konnten fünfmal 
im Secret reichliche cosinophile Zellen nachgewiesen werden. Im 
einem dieser fünf Fälle hieß sieh ein besonders auffälliger Befund cer- 
heben. Es bestand eine Goxorrhoea anterior und ein nach außen 
durchgebrochener periurethraler Abseeß. Während nun im Secret 
aus der Ilarnröhre zwar auch zahlreiche eosinophile Zellen zu consta- 
tiren waren, enthielt der Abseeßetter dieselben in weit größerer 
Menge. Solche und ähnliehe Befunde sind zatürlich schon wiederholt 
mitgeteilt und bringen demeemäß nicht neues, aber sie weisen doch 
immer wieder darauf hin, daß das Auftreten reichlicher Mengen 
cosinophiler Zellen unter seleben Verhältnissen vielleicht doch auf 
uns unbekennte Veränderungen zurückzuführen ist. die unter dem 
Ki: fusse der Gonokokken bezw. ihrer Toxine in dem periurethralen 
Gewebe sieh abspielen und auf die eosinophilen Zellen chemotaetisch 
einwirken. 

Zweitens möchte ich tolgende drei. im großen und ganzen über- 
einstimmende Fälle hier kurz berühren. In allen drei Fällen lag eine 
Prostotitis mit eitriger FKinschmelzung mehr oder minder großer 
Drüsenabschnitte vor. Bei der Massage der Prostata entleerte sich 


— 323 — 


aus der Harnröhre massenhaft Eiter; derselbe enthielt in dem einen 
Falle sehr zahlreiche, in den beiden anderen ezorm viele eosinophile 
Zellen, so zwar, daß dieselben bei dem einen Patienten an einem Tage 
ea. 76 pCt. aller Formelemente ausmachten, während gleichzeitig der 
Gehalt des Blutes an Eosinophilen 14,9 pCt. betrug !). Diese Mengen 
eosinophiler Zellen konnten natürlich nur aus der Prostata stammen; 
das geht schon ohne Weiteres daraus hervor, daß das Seeret der Harn- 
röohre verhältnismäßig we:ige Eosinophile gegenüber dem Prostata- 
secrete barg. Besonders auffallend war diese Lifferenz in dem einen 
der Fiille: Das Seeret der Urethra arm an solehen Zellen; darauf Urin- 
entleerung und dann Prostatamassage; in dem exprimirten Eiter sehr 
zahlreiche eosinophile Zellen, die offenbar aus einem Abscesse stamm- 
ten. der erst dureh die Massage nach der Trethra hin eröffnet worden 
wer. Im Verlaufe von ca. 14 Tagen erfolgte ın allen drei Fällen eine 
rasche stetige Abnahme der eosinophilen Zellen. Ich glaube nun nicht 
etwa auf Grund dieser Beobachtunge: wieder zu der zuerst von 
Neusser ausgesprochenen und dann von Epstein = accep- 
tirten Lehre zurückkehren zu müssen, die dahin ging. daß eine 
hochgradige Vermehrung der eosinophilen Zellen auf Prosta- 
ttis schließen lasse und der Prostata ein Einfluß auf die Bil- 
dung dieser Zellen zukomme. Im Gegenteil, ieh bin durchaus Pos- 
ners Meinung, der sich unter Anderen auch Meyer anschließt, daß 
das Erscheinen eosinophiler Zellen mit der Prostata an sich gar nichts 
zu thun habe. Das geht zunächst schon zweifellos daraus hervor, daß 
oft genug trotz absolut intacter Prostata doch zahlreiche eosinophile 
Zellen sich auftinden lassen, und auf weitere Stützen für diese Ansicht 
wird weiter unten noch hingewiesen werden. Vielleicht aber ist hier hin- 
sichtlich des Auftretens der cosinophilen Zellen die gleiche Vermutung 
nicht unberechtigt, die ich oben bei Mitteilung dur mut periurethraler 
Infiltration und Abseedirung complieirten Fälle ausgesprochen habe. 
Judes moéehte ich doch betonen, daß mir, soweit die männliche Gonor- 
thee in Frage kommt, niemals ähnliche Mengen eosinophiler Zellen zu 
Gesicht gekommen sind, wie in diesen drei Fällen. 

Was nun die weibliche Gonorrhoe betrifft. so ist ja das bisweilen 
gehäufte Vorkommen eosinophiler Zellen dabei von vielen Seiten fest- 


gestellt, wenigstens im Sceret der Cervix und der Urethra. Dagegen 


') Blutuntersuchungen konnten nur in so geringem Umfange ausge- 
fuhrt werden, daß ich es unterlassen muß. auf etwaige Beziehungen der 
Eosinophilie des eonmorrhoisehen Seeretes zu einer Eosinophilie des Blutes 
einzugehen. 


— 324 — 


finde ieh, soweit ich sche, nichts über Urtersuchungen bei Bartholi- 
nitis gonorrheica berichtet. Ber meinen eigenen Untersuchungen habe 
ich das Cervicalsecret fast stets unberücksichtigt gelassen und mich 
aut Untersuchung des Secrets der Harnröhre und namentlich der 
Bartholin'schen Brüsen beschränkt, wenn diese letztere: sieh er- 
krankt zeigten. Diesen letzteren wurde besondere Aufmerksamkeit 
deshalb geschenkt, weil sie erstens bisher nieht in den Bereich der 
Untersuehungen gezogen waren, weil zweitens hier vorhandene eosino- 
phile Zellen nur aus der Drüse stammen konnten, u.d drittens. weil 
ich hoffte, dureh Exstirpation einiger Drüsen und nachherige histo- 
logische Untersuchung vielleicht die Befunde, welche die Untersuchung 
des Secretes geliefert hatte, nach der einen oder anderen Richtung er- 
weitern und ergänzen zu kënne. 

Von 23 Fällen von Urethralgonorrhoe, die zur Untersuchung 
kamen, enthielt nur in > das Sceret reichlich eosinophile Zellen, u:d 
„war waren das nach dem klinisehen Bilde verhältnismäßig frische In- 
feetionen; in deu übrigen Fälle, die alle Stadien bis zur annähernden 
Hleilung ausmachten, waren dicselben spirlich oder wurden auch voll- 
ständig vermißt. Aus dem Vorhandensein oder Fehlen der cosino- 
philen Zellen im Urethralseeret irgend welche Schlüsse auf die bkis- 
herige Dauer der Atfleetion ziehen zu wollen, halte ich nieht für an- 
gebracht, vor allem auch aus dem Grunde, weil wir beim Weibe im 
Gegensatz zum Manne Lur selten den Tag der Ansteckung auch nur 
eiuigermaßen sicher festzustellen in der Lage sind. Dasselbe gilt na- 
türlich fiir die gonorrhoisehe Erkraskung des Endometrium und be- 
sonders für die Gonorrhoe der Bartholın"schen Drüsen. Eine 
Erkrankung der letzteren fand sich unter den 34 Fällen 16 mal, und 
„war 9 mal einseitig, 7 mal doppelseitig. In 6 Füllen enthielt das Se- 
cret reichlich, in zwei weiteren sehr reichlich eosinophile Zellen. Im 
zwei von den Beobachtungen. bei denen eine doppelseitige Bartholi- 
nitis Destand, ditferirte der Gehalt an eosiżzophilen Zellen garz erheb- 
lich in beiden Drüsen. Besteht nun irgend eine Beziehung zwisehen 
dem gehäuften Auftreten der Eosinophilen und der Art und Weise, 
in der die Erkrankung der Drüse sieh präsentirt?2 Als ich bei den 
ersten Fällen von Bartholinitis gonorrh.. in denen es sich zufällig um 
eine mehr oder minder ausgedehnte, eitrige Einschmelzung des Drüsen- 
gewebes handelte. das Seeret untersuchte und immer reichliche eosino- 
phile Zellen nachweisen konnte. glaubte ich schon, es würde da ein con- 
stantes Verhalten vorliegen. lrdes, ieh wurde bald eines anderen be- 


lehrt. indem in ähnlichen Fällen die Zahl der eosinephilen Zellen eine 


— 325 — 
. 
geringe war, andererseits mir Beobachtungen zu Gesicht kamen, wo nach 
dem klinischen Bilde nur cine Erkrankung des Ausführungsganges 
oder höchstens noch der unmittelbar sieh a:schließenden Drüsengänge 
bestehen konnte, und dennoch die Eosinophilen reichlich im Secret 
vertreten waren. Besonders interessant ist in dieser Beziehung fol- 
gender Fall einer ziemlich frischen Gonorrhoe der Urethra und beider 
Bartholin schen Drüsen bei einem 17 jährigen Mädchen. Die 
Drüsen waren kaum vergrößert: aus ihnen entleerte sieh, ebenso wie 
aus der Urethra, auf Druck reichlieh Eiter. Und doch enthielt das 
Secret der rechten Glandula Barth. (bei einer Vergrößerung Seitz 
Ocul. 1. Oelimmersio.) im Gesichtsfeld durchschnittlich 30, das der 
rechten 45, das der Urethra dagegen nur wenige eosinophile Zellen. Im 
Blute betrug der Proce::tgehalt an eosinophilen Zellen 2,7 pCt. Das Bild 
hielt sich hinsichtlich der Bartholin'schen Drüsen etwa noch zwei 
Wochen auf anrährend gleicher Höhe, während im Harnröhrenseeret 
die Zahl der eosinophilen Zellen noch außerordentlich stieg. Der Ge- 
halt des Blutes an diesen Zellen erreichte 47 pCt. "Dann erfolgte ei:ve 
allmähliche Abnahme dieser Elemente. Man kann deher meines Er- 
achtens nicht je nach der Beschaffenheit des klinischen Bildes, das die 
Drüse darbietet, auf einen hohen oder geriugen Gehalt des Secrets 
an eosinophilen Zeller schließen, wen: auch zugegeben werden muß. 
daß bei eitriger Einschmelzung Jder Brüsensubstanz in der Mehrzahl der 
Fälle, wenigstens nach meinen geringen Erfahrungen, das Erscheinen 
reichlieher eosinophiler Zellen im Seeret vermutet werden darf. Und 
noch eines! Schon das Auftreten zahlreicher eosinophiler Zellen in 
solehen Fällen männlicher Gonorrhoe., wo eine Beteiligung der Pro- 
State an dem Krkrankungsproeeß ausgeschlossen werden kann, muß 
wie bereits erwähnt, zur Ablehnung irgend welcher Beziehungen 
zwischen Vorsteherdrüse und dem Erscheinen der eosinophilen Zellen 
im Secrete führen; eine weitere Stütze erfährt dieser ablehnende 
Standpunkt. worauf speciell Poser hinweist, dureh den Befund 
zahlreicher eosinophiler Zellen bei Endometritis und Urethritis gonor- 
rhoica. Endlich beweisen die mitgeteilten Beobachtungen an gonor- 
rhoisch erkrankten Bartholin'schen Drüsen einwandsfrei, dal die 
Prostata an sich auch nicht das mindeste mit der Entwieklung und 
dem Erscheinen reichlicher Mengen cosinophiler Zellen zu thun haben 
kann. Vielleicht mögen aber auch hier ähnliehe Verhältnisse obwalten, 
wie ich sie oben gelegentlich der Erwähnung des Auftretens grober 
Mergen eosinophiler Zellen bei perinrethraler Infiltration und Pro- 


statanbseessen gestreift habe. 


— 326 — 


ks war mir num möglieh. drei der Bartholin schen Drüsen. 
deren Secret größere Mengen cosinophiller *Zellen enthielt, zu exstir- 
piren und histologiseh zu untersuchen. Ee kam mir nacdrheh hierbei 
wesentlich auf eine gute Darstellung der eosi..ophilen Granula an, 
und des gelang vortrefflieh an Gewebsstücken. die in Sublimat 
eder Formalin fixtrt waren, während Alkohol beispielsweise sich nicht 
als brauchbar erwies. Formalın möchte ich deshalb den Vorzug gelen, 
weil, wie bekannt, dureh Sublimat das Gewebe zu leicht spröde und 
schwer schneidbar wird. Es gelingt an so fixirten. in Paraffin einge- 
hetteten Objecten die Darstellung der ecsinophilen Granula sehr gut 
mit ganz dinner, langsam firbender EosinlGsung, am schénsten jedoeh 
pach meiner Arsıcht mit einer gesättigten, wässerizen Lösung von 
Orange G. 

Ich hatte gehofft, durch das Studium dieser Objecte vielleicht An- 
haltspunkte dafür gewinnen zu können, ob die hier mit dem Eiter 
ausgeschwemmten cosinophllen Zellen aus dem Elute stammten oder 
im Gewebe selbst ihre Bildungsstätte hätten. Leider sah ich mich m 
dieser Hoffnung getäuscht. Es ließen sich zwar im periglandulären 
Gewebe zahlreiche eosinophile Zellen nachweisen, dieselben über- 
schwemmten dasselbe sogar an manchen Stellen gewissermaße . Aber 
es gelang nieht. auch nur eine Mitose zu finden, was doch zum min- 
desten auf cine Vermehrung en Ort und Stelle hirzewiesen hätte. 
Andererseits konnte man zwar in den zahlreichen, prall gefüllten Ge- 
füßen bier urd da eine cosinophile Zelle sehen, aber es glückte nicht. 
eine solche auf der Durehwanderung durch die Gefäßbwand zu ertappen, 
und auch eine besondere Localisation der Eosinophilen um die Gefäbe 
herum war nieht zu ersehen. Der Versuch war else, wie noch stits, 
gescheitert. etwas Licht in die noch immer offene Frage zu bringen, 
giebt es eine locale Gewehs-Eosinophilie oder stammen die eosino- 
philen Zeles. der Lehre Ehrlicehs entsprechend. aus dem blute 
beziehungsweise Knochenmark? Vielleicht nimmt aber doch ein Leser 
dieser Zeilen an einem reicheren Materiale diese Untersuchungen 
wieder auf. Ne Bartholin'sche Drüse scheint mir ein selten 
günstiges Objeet zum Studium dieser Frage zu sein: denn eosinophile 
Zellen in ihrem Seeret können nur aus ihr stammen. die Drüse ist 
ferner schr leicht zu exstirpiren und endlich kann das Objeet wege. 
seines relativ geringen Umfanges mit verhältnismäßig wemg Zeit- 
aufwand sorgfältige verarbeitet werden. 

Schließlich noch einige Worte über Jas Verhalten der Gorokokket 
"u den cosinophilen Zellen und den Gonokokkengehalt der an zelehen 


Zellen reichen Secrete. In ersterer Beziehung kann ich die Angabe 


nr 


Bettmanns,daß er niemals Gonokokken in einer eosinophilen Zelle 
geschen habe, durchaus bestätigen. Was den zweiten Punkt betrifft, 
co wares Joseph und Polano auffällig, daß die Zahl der eosino- 
philen Zellen im ungekehrten Verhältnis zur Zahl der Gonokokken 
zu stehen schien. Dazu wäre Folgendes zu bemerken: Zum Beispiel 
unter den Fällen von Bartholinitis gonorrhoiea mit reichlichen eosino- 
philen Zellen enthielt das Secret, wenige Fälle ausgenommen, immer 
nur mäßige Mengen von Gonokokken, und was die drei Fälle von abs- 
cendirender Prostatitis anlangt, so waren hier mit Sicherheit, wenig- 
stens mikroskopisch, Gonokokken nur in verschwindend kleiner An- 
zahl oder überhaupt nicht nachweisbar. Aber auch das Umgekehrte 
kann der Fall sein. Ich verfüge über eine ganze Reihe von Beobach- 
tungen, wo trotz zahlreicher eosinophiler Zellen reichlich Gonokokken 
gefunden wurden, und speciell in dem zuletzt erwähnten Fall von Ure- 
thritis und Bartholinitis gonorrhoica duplex wimmelte es sozusagen 
von ecolehen. Man wird daher auch in dem Punkte größte Vorsicht ob- 
walten lassen müssen, eiten Fall, dessen Secret reichlich cosinophile 
Zellen enthält, prognostiseh vielleicht günstig auffassen zu wollen. 


Litteratur. 
1. E. Neusser: Klinisch-hämatologische Mitteilungen. Wiener 
klinische Wochenschrift 1892, No. 3 u. 4. 

2? W. Janowski: Beitrag zur Kenntnis der Granulationen der 
weißen Blutkörperchen. Cestralblatt f. allgemeine Pathologie u. pathol. 
Anatomie, 1892, No. 11. 

3.J. Epstein: Ueber das Vorkommen eosinophiler Zellen im Go- 
norrhoeeiter. Verhandlungen der Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Nürnberg, 1893. 

4.C Posner und A. Lewin: Farbenanalytische Untersuchungen 
über gonorrhoischen Eiter. Ein Beitrag zur Frage der eosinophilen 
Zellen. Dermatologische Zeitschrift 1893/1894, Band 1. 

5.J. Vorbach: Eosinophile Zellen bei Gonorrhoe. Tnaugural- 
Dissertation, Würzburg 1895. 

6b.C. Pezzoli: Zur Histologie des gonorrhoischen Eiters. Archiv 
für Dermatologie und Syphilis 1896, Band 34. 

1.8. Bettmann: Ueber eosinophile Zellen im gonorrhoischen Eiter. 
Archiv für Dermatologie und Syphilis 1899, Band A0. 

8. Derselbe: Die praktische Bedeutung der eosinophilen Zellen. 
Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge. Neue Folge; Innere 
Medicin, No. 78. 

9 Gassmann: Zur Kenntnis der Gonorrhoe des Mannes, insbeson- 
dere der Prostatitis und Epididymitis. Centralblatt für die Krankheiten 
der Harn- und Sexualorgane, 1904 Band XV, Heft 7. 


— — — 


— 328 — 


IO. C. Posner: Eiterstudien. Berliner klinische Wochenschrift 
1904, No. 41. 


11. K. Meyer: Die klinische Bedeutung der Eosinophilie. Berlin 
1905. 
12.M. Joseph und M. E. Polano: Cytodiagnostische Unter- 


suchungen gonorrhoischer Secrete. Archiv f. Dermatologie u. Syphilis, 
Band 76, Heft 1. 





Aus der Therapeutischen Hospitalsklinik der Militär-Medieinischen Akademie. 


Ueber Pyelitis als Schwangerschaftscomplication. 
Von 
Privatdocent W. F. Orlowski. 

Lie Schwangerschaft ruft bekanntlich eine ganze Reihe von Ver- 
änderungen im Organismus der Frau überhaupt und von Seiten der 
Bauchorgane derselben insbesondere hervor. Diese Veränderungen 
sind bald functioneller, bald anatomischer Natur und können 1. bedeu- 
tendem Grade den Gesundheitszustand der Frau beeinflussen. Aller— 
dines bleibt die Steigerung der Funetion der verschiedenen Organe 
in vielen Fällen in den Grenzen der physiologischen Norm; bisweilen 
erreicht sie aber äußerste Grade, hinter denen scho: eine Reihe von 
abnormen Erscheinungen in Form von größerer Erregbarkeit des 
Nervensvstems, Uebelkeit, Erbrechen, Anschwellung der Schilddrüse, 
mehr oder minder hochgradige Anämie ete. auftreten. Die Entwick- 
Jung eines neuen Lebewesens im Organismus der Frau und die damit 
zusammenhängende bedeutende Steigerung des Stoflwechsels ist in 
Anbetracht der rasch vor sich gehenden Neubildung von lebendem 
Eiweiß ohne Bildung einer großen Quantität von regressiven Metamor- 
phoseproducten undenkbar, welche letztere, indem sie die Nieren 
passiren, in gewaltigem Maße die Arbeitsleistung derselben erhöhen. 
Dadurch wird, von anderen begünstigenden Momenten abgesehen, leicht 
der Boden für häufige Morbidität der Nieren bei Schwangeren ge- 
schaffen. Diese so wichtige Complieation der Schwangerschaft hat nieht 
ohne Grund die Aufmerksamkeit der Geburtshelfer und Internisten 
auf sich gelenkt. Dank ihren gemeinsamen Bestrebungen besitzen wir 
heutzutage zahlreiche wertvolle Arbeiten, die diese Frage erörtern, und 
in denen die Entstehungsbedingungen, der klinische Verlauf und die 
Bedeutung der Nierenerkrankung für die Schwangere und für die 


— 330 -- 


Frucht. sowie die Behardlung der Nierenkrankheiten bei Schwangeren 
besprochen werden. Bei näherer Betrachtung der Literatur überzeugt 
man sich aber, daß man beim Studium der in Rede stehenden Frage 
den verschiedenen Abteilungen des Harnapparates nicht die gleiche 
Aufmerksamkeit entgegengebracht hat. Ihr Hauptaugenmerk richteten 
die Kliniker auf die Veränderungen des Nierengewebes selbst. und 
erst scı 1892, nachdem Reblaub (1) auf dem Chirurgischen C'ongreb 
über einige eigene Beobachtungen berichtet hat, habe: einzelne Autoren 
auch die Pvelitis, die als Complication der Schwangerschaft auftritt, 
zu berücksichtigen begonnen. Seit dieser Zeit sind einige Arbeiten 
verotfentheht worden, die sich mit dieser Frage beschäftigen. Im 
vorigen Jahre ist diese Frage sogar Gegenstand lebhafter Debatten 
auf dem IV, CongreB der französischen Geburtshelfer, Gynäkologen 
und Pädiater zu Rouen (5—-10. April), sowie auf dem 76. Congreß der 
deutschen Naturforscher und Aerzte zu Breslau (18.—24. September) 
gewesen. Ich glaube, an dieser Stelle darauf hinweisen zu müssen, dal 
in Rußland die Ansicht, daß die Schwangerschaft Verhältnisse schafft. 
die die Entwicklung von Pyelitis begünstigen, schon Prof. Paster- 
natzkizu ciner Zeit in scinen Vorlesungen zum Ausdruck gebracht. 
hat. zu der diese Frage in der ausländischen (nicht russischen) L.ittera- 
tur erst zu entstehen begann. Der verstorbene Prof. Pasternatzkı 
ist somit zweifellos ciner der Ersten, die auf den Zusammenhang 
zwischen Schwangerschaft und Erkrankung der Nierenbecken auf- 
merksam gemacht haben. 

In diesem Aufsatze beabsichtige ich, über 3 Fälle von Pyelitis, die 
als Complication der Schwangerschaft aufgetreten war, zu berichten 
und dann auf Grind dieser Fille und der noch spärlichen Angaben 
der Litteratur auf die Aetiologie und die Bedeutung dieser Compli- 
cation für die Schwangere und für die Frucht, sowie auf einige Be- 
sonderheiten im klinischen Verlauf dieser Pyelitis, sofern sie von dem 
klinischen Bilde der Pyelitis überhaupt abweicht. einzugehen. Schlieb- 
lich beabsichtige ich. in kurzen Worten auch die Behandlung der Pye- 
litis bei Schwangeren zu bespreehen. 

1. Beobachtung. Zum zweiten Mal schwangere Frau. 7. Schwan- 
gerschaftsmonat. Acute, rechtsseitige Pyelitis. 

T., 19 Jahre alt, Dienstbote, wurde in die Therapeutische Hospi- 
talsklinik des Prof. Pasternatzki am 15. Mai 1893 aufgenom- 
‚men. Sie klagte bei der Aufnahme über Schmerzen in der rechten 
Seite, besonders hinten in der Nähe des Schulterblattes, die sieh bei 
Lagewechsel des Körpers verschlimmerten. ferner über trockenen 


Husten. Ilitze und alleemeines Unwohlsein. he Patientin will am 


— 331 — . 


4. Mai nach einer Frkältung erkrankt sein. Die Anfälle waren zu- 
nächst nicht besonders scharf ausgesprochen, am 8. Mai sollen sich 
diese jedoeh verschlimmert und die Patientin gezwungen habe: sich 
ins Bett zu legen. Im Jahre 1892 Abort ım 3. Schwangerschaftsmonat. 
Augenblieklich betindet sich die Patientin, wie gesagt, im 7. Schwanger- 
-chaftsmonate. 

Status praese:s: Mittlere Statur, mäßiger Körperbau und 
etensolcher Ernährungszustand. Unter der rechten Scapula geringe 
Dämpfung des Schalles und Beschränkung der Bewegliehkeit des 
unteren Lungenrandes; die Pereussion der rechten Subscapulargegend 
ruft heftige Schmerzen hervor; besor ders schmerzhaft ist die Per- 
cussion der rechten Nierengegend; selbst durch Fingerdruck werden 
hier heftige schmerzhafte Sensationen hervorgerufen. Die linke 
Nicrengegend ist fast schmerzfrei. Die Palpation des rechten Hypo- 
ehonrdrium vorn der Lage der Niere entsprechend, sowie die Erschüt- 
terung der rechten Nierengegend bewirken gleichfalls heftige Schmer- 
zen. Fundus uteri 2 Quertingerbreiten oberhalb des Nabels. Der Kopf 
der Frucht steht oberhalb des Beckeneingangs. Temperatur morgens 
37.5, abends 40.0. Tägliche Harnquantität 800 com, specifisches Ge- 
wicht des Harns 1013, Reaction sauer. Der mit dem Katheter ge- 
wo: nene Harn enthält reiehlhich Sehleim, Eiterkërperehen und Epithel- 
zellen. welche letztere an das Nierenbeekenepithel erinnern; Eiweiß 
und Zueker nicht vorhanden. Behandlung: Bettregime, leichte, 
hauptsächlich Mileh-Diät; täglich 2 Glas Borschom-Mineralwasser und 
außerdem 0.3 Salol mit 0,015 T—ra belladonnae dreimal täglich. Der 
Kronkheitsverlauf gestaltete sich folgendermaßen: Die Temperatur 
blieb 12 Tage lang febril. wobei die Temperaturceurve unregelmäßigen 
Typus mit brüsken Schwankungen in den ersten Tagen (abends ca 40,0. 
morgens ea. 37,5) zeigte. Der locale Schmerz blieb während der Fieber- 
periode bestehen und hieß dann etwas nach. Die tägliche Harnquanti- 
tät betrug während der Fieberperiode durehsehnittlich 800-—1000 eem, 
das speeifische Gewicht des Harns 1013—1014: Reaction des Harns 
sauer. er Harn war infolge reichlicher Schleimquartitäten trübe, 
im Niederschlag waren die bereits erwähnten Elemente zu sehen, deren 
Zahl sieh bald vergrößerte. bald verringerte. Eiweiß war niemals vor- 
henden. Mit der Rückkehr der Temperatur zur Norm besserte sich der 
A\lleemeinzustand. die tägliche Harnquantität stieg bis 1500—1800 ecm. 
das speeitische Gewicht schwankte in den Grenzen zwisehen 1010—1014. 
der Gehalt an Eiterkörperchen verringerte sich. Im diesen Zustande 


wurde die Patientin entlassen. 


—— 332 — 


2. Beobachtung. Zum zweiten Mal schwangere Frau. 7. Schwan- 
xerschaftsmonat. Acute rechtsseitige Pyelitis. 

J., 33 Jahre alt, Tagelöhnerin, wurde in die Therapeutische Hospi- 
talsklinik der Militär-Medieinischen Akademie am 12. Januar 1903 auf- 
genommen, und zwar zu einer Zeit, zu der Privatdocent A. P. Fa- 
witzkiıder Klinik vorstand. Die Patientin klagte bei der Aufnahme 
ul:er Llitze, allgemeines Unwohlsein, Uebelkeit. Erbrechen, Auftreibung 
des Abdomens und über Verstopfung. Sie giebt an, vor 2 Tagen oline 
wohrnchmbare Veranlassung erkrankt zu sein, vor 7 Jahren ein totes 
Kind geboren zu haben und vor 5 Jahren in der gynäkologisehen Klinik 
wegen Entzündung des rechten Ovariums in Behandlung gewesen zu 
sein. Im zweiten und dritten Monat der gegenwärtigen Schwanger- 
schaft hatte die Patientin häufig, namentlich des Morgens, auf nüch- 
ternem Magen Erbrechen. Letzte Periode am 7. Juni 1902. 

Statuspraese:s: Mittelmäßiger Körperbau und ebehsolcher 
Krnährungszustand. Die rechte Nierengegend ist bei Erschütterung 
und bei der Pereussion hinten schmerzhaft, desgleichen bei der gleich-. 
zeitiren Palpation von vorn und hinten; die linke Nierengegend ist 
schmerzfrei. Fundus uteri 2 Querfingerbreiten oberhalb des Nabels. 
Links von der Linea alba sind die Tlerztöne der Frucht zu hören. 
Der Kopf der Frucht steht oberhalb des Beckeneingangs. Die äußere 
Oclinung des Gebärmutterhalses läßt cine Fingerkuppe durch. Die 
groBere Masse des Uterus ist auf der rechten Bauchhälfte zu fühlen. 
Auf den Uinterschenkeln sind zahlreiche knotenförmige Erweiterungen 
der Venen und Oedeme zu sehen. Tägliche Harnquantität 2000 cem. 
speeifisches Gewicht des Harns 1024, Reaction sauer, Harn trübe, Eı- 
weiB 0.01 pCt. nach Brandberg. Im Niederschlag des mittels Kathe- 
ters gewonnenen Harns sind zahlreiehe Eiterkörperchen. einzelne 
hyaline Cylinder und lache Epithelzellen zu sehen. 4 — 1,80. Tem- 
peratur Morgens 385, Abends 39,8. Der Patientin wurde vorge- 
schrieben, hauptsächlich auf der linken Seite zu leger. Sie bekam 
Wärmefaschen auf die rechte Nierengegend, zweimal täglıch 1 Tee- 
loffel Soda in einem Glas Wasser und 0.3 Salol mit 0.01 T—ra Bella- 
Connac und 0,01 Coeain dreimal täglich je 1 Pulver innerlich. Haupt- 





:ichlieh Milchdiät. Der weitere Verlauf der Krankheit gestaltete sich 
rolgendermaBben: Die Patientin fieberte 6 Tage. Die Temperatur hielt 
steh in den Grenzen zwischen 38.0 und 38,5 Morgens und 39.0 bis 40.0 
Abends. Die tägliche Harnquantität bewegte sich in den Grenzen 
-wischen 200---450 cem, das specitische Gewicht des Harns zwischen 
11:20—-1025: die Reaction des arns wer während der ganzen Zeit 


sauers der Eiweißgehalt schwankte ın den Grenzen zwischen 0,01 bis 


— 333 -- 


(02 pCt. Im Niederschlag waren Schleim. Eiterkörperchen in geringer 
Anzahl. faches Epithel, zeitweise Nierenbeekenepithelzellen und hya- 
line Cvlinder zu schen. Allgemeinzustand deprimirt. Die Schmerzen 
in der rechten Nierengegend rahmen zu, 1. dem sie sich dem rechten 
Ureter entlang in der Richtung nach der Harnblase sowie nach vorn 
nech dem rechten Hypochondrium und nach der Regio hypogastrica 
»usbreiteten. Am 5. und 6. Tage des Krankenhaus-Aufenthalts konnte 
hei der bimanuellen Untersuehung der rechten Nierengegend deutlich 
eine Geschwulst gefühlt werden, die bei Druck schr schmerzhaft war. 
Pesonders deutlich wurde die Geschwulst palpirt, wenn die Patientin 
auf der linken Seite mit gegen den Rumpf gezogenen Extremitäten 
lze (Methode von Israel). 

Am 7. Tage sank die Temperatur bis 37,0 und blieb im weiteren 
Verlauf normal; die Schmerzen haben bedeutend nachgelassen. die 
erwähnte Geschwulst könnte nicht gefühlt werden. Die tägliche Harn- 
yuantität stieg auf einmal bis 5000 cem, betrug em folgenden Tage 
vogar 5500 een. Die Polvyurie hielt noch 3 weitere Taae an, um dann 
am 4. Tage auf 2000 eem täglich zu sinken. Das speeifische Gewicht 
des Harns sank während der Polvurie-Periode bis 10€4-—1006; die 
Kiweißmenee betrug 0,01—0,.015 pCt.: der Harn war trübe und ent- 
Inelt reichlich Schleim, Kiterkörperchen, sowie einzelne rote Blut- 
körperchen. las Erprechen hörte während der ganzen Zeit des Aufent- 
helts der Patientin in Krankenhause nieht auf. war aber während der 
Hieberperiode besenders heftig. Spontaner tlüssiger Stuhl, bisweilen 
ber erst nach Einläufen. Die übrigen Organe boten nichts Ahnormes. 
Nechdem die Temperatur 10 Tage normal geblieben ist, verließ die 
Patientin das Krankenhaus, ohne irgend welche spontane Schmerzen 
in der reehten Nierengegend zu verspüren: jedoeh konnten Schmerzen 
durch Erschütterung oder durch tiefe Pereussion der Nierengegend 
hervorgerufen werden. Der Harn enthielt eine unbedeutende Quan- 
"rat Eiterkörperehen und einzelne hyaline Cylinder. Links von der 
Mittelline des Abdomens waren die llerztöne der Frucht zu hören. 

3. Beobachtung. Zum ersten Mal schwangere Frau; 6. Schwanger- 
schaftsmonat. Acute rechtsseitige Pvelitis. Diesen Fall habe ich gce- 
meinschaftlich mit dem verstorbenen Prof. W. N. Maassen beohs 
achtet. welcher letztere am 3. Juli 1903 zu der Schwangeren wegen 
heftiger. mit Hitze einhergehender Sehmerzen im Abdomen gerufen 
wurde. Als ieh am folgenden Tage zusammen mit Pref. Maassen 
die Kranke untersuchte, konnte ich nur sehr heftige Schmerzen in der 
rechten Nierengegend feststellen, die nach dem ganzen Abdomen und 


— 334 — 


nach dem rechten Oberschenkel ausstrahlten: es bestand gesteigerte 

Ilarnfrequenz, wobei die Ilarnentleerung mit Schmerzen cinherging. 

Die Teinperatur betrug 39,5, der Allgemeinzustand war deprimirt. die 

Ilarnquantität schr gering; specifisches Gewicht 1027. Im Harn 

Eiweißspuren. Im Niederschlag eine geringe Quantität Eiterkörper- 

chen. flache Epithelzellen und einzelne rote Blutkörperchen. Prof. 

\Maassen stellte Schwangerschaft ım 6. Monat fest. Der Patientin 

wurde vorgeschrieben, auf der linken Seite mit etwas hochgehobenem 

SteiB zu legen. Wärmeflaschen auf die rechte Nierengegend. Sub- 

eutan 0.015 Morphium. Essentuker Mineralwasser No. 4 zur Hälfte 
mit Alilch, 3 Glas täglich; außerdem 0,18 Amygdalin in 180.0 Emulsier- 
Amvgd. dule., 4 EBlöffel täglich; leichte Diät. vorwiegend Milch. Wäh- 
rend der folgenden 2 Tage blieben die Schmerzen in statu quo. Die 

Temperatur betrug 38,0—-39.0, der Puls 100-—110: am 2. Tage stellten 

sich Tebelkeit, Erbrechen und Durchfall ein. Harnquantität 200 bis 

360 com in 24 Stunden. Specifisches Gewicht des Ilarns 1020—1024. 

lm Harnniederschlag Schleim, flaches Epithel und spärliche Eiter- 

körperchen: Eiweißspuren. Die Untersuchung der rechten Nieren- 

gegend zugleich von vorn und hinten nach der Methode von Israel 

ergab eine elastische schmerzhafte Geschwulst. Am 3. Tage Tempera- 

tur 37,0, Schmerzen bedeutend geringer; Erbrechen und Diarrhoe waren 

verschwunden. Die tägliche Ilarnquantität stieg auf einmal bis 

4:00 eem. das speeifische Gewicht des Harns sank bis 1006; der Eiweib- 

xehalt stieg bis 0.06. Im Harnniederschlag zahlreiche Eiterkörperchen. 

Schleim und einzelne rote Blutkörperchen. In den folgenden Tagen 

lieb die Polyurie allmählich nach, so daß die tägliche Ilarnquantität 

und das specitisehe Gewicht des Harns nach 3 Tagen bereits normal 

waren. das Eiweiß verschwunden war und der Niederschlag nur 

Sschleim, flaches Epithel und einzelne weiße Blutkörperchen enthielt. 
Schmerzen und Geschwulst in der rechten Nierengegend nach wie vor. 
Ich habe die Patientin fast nach einem Jahre gesehen: sie hat am nor- 
malen Schwangerschaftsende ein gesundes Rind geboren und seitden: 
in der rechten Nierergegend miemals mehr Schmerzen gehabt. 

Die Uebersicht der soeben mitgeteilten Krankengeschichten 
ergiebt. daB in sämtlichen 3 Fällen eine acute Pyelitis bei Schwangeren 
vorlag. die früher niemals an Pyelitis gelitten hatten. Im 2. und 
3. Falle hatte sich die Pyelitis ohne sichtbare Veranlassung ent- 
wiekelt ; in sämtlichen Fällen verlief die Krankheit mit hoher Tempera- 
‘ur, die bis 40,0 stieg, sowie mit Schmerzen ın der rechten Nierer- | 


zerend, Verringerung der THarnquantitit, besonders im 2. und im 


+ 


F — F s * ` ` 
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o trte P, a gac e Harreugantitar sehr gerda warn pit bose 


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ries Tater Gewieht aes Harns in dem Etterkerperchen und Koh 


L'or rune dt 2. und 3. Falle: schheblich traten hu Do ound A Ealse 
mo ote Ersehetnungen ven Dehnure des reehten Nierenbeckeus her 
Ut Bel hes in Form eines elastischen, schimerchatten Korpon palpırt 
sro: in denselben Fallen war die Prelitis von NStörunaen des Magon 
Jarna nals begleitet. Nach einigen Tagen avuten Verlaufs der Krank 
neq -ark die Temperatur bis zur Norm, mit Ausnahme des ersten 
Fee. in dem die feberhafte Steigerung der Temperatur langere Zeit 
„seit: gleichzeitige Leben die Schmerzen nach, um sehließlieh voll 
sisi de zu verschwinden, die Harnquantiät nahm bententend ca, 
namentlich im 2. und 3. Falle, bis OCO 3300 vem in Yb Stunden 
steigend. Dementsprechend sank das speeifische Gewicht des Tarns bis 
1004—1006; die Albuminurie hielt noch eine Zeit Iang an, und im 
3. Falle war der Kiweißgehalt sogar höher als im acuten Stadium, was 
auzenscheinlich durch den größeren Gehalt an Miterkorperchen bedingt 
war: unmittelbar nach der Polyurie verschwand die Dehnung dos 
Nierenbeekens. Alle diese Erschetnungen sind dermaßen charakteri 
stisch. daß die Diagnose keine Schwierigkeiten durbot, Die Schwanger 
schaft wurde in keinem einzigen Falle unterbrochen. He Fracht 
blieb in allen Fällen am Leber, 

Fälle von Pyelitis bei Schwangeren sind bis jetzt in geringer Au 
zahl veréffentheht worden, und zwar nieht über 70. Der erste Full 
rührt von Raver her. Hierauf Folgen die Mitteilungen von 
Hallé (3) Kruse (4), Albarran, Guson, Rebluauh (C1), 
Laberge (5), Bue (6). Routier (60), Twroam (OE), Vinay 
(7), Bouveret, Potticeet, Navas (8), Pastenu und dl lar 
beeourt (9), Weiß (10) Vinay ond Cade (19), Lepage 
(12),Gouitlloud, Weill (13), Reed (62), Le Brig wind (65), 
Pestallozza (64) Schwartz-Gebrak (65), bredier C22), 
Anderodias (14). Potoeki und Balatre (66), Co una ton 
(67). Pastean (68), Walliceh (69), Baru d leuye (70), Po 
tockiund Bender, VDernoud(73), Wondirdy sto), Leuaeu 
GE Copiez OT) Schäffer (8) Cragin O19), Roehl and 
(1) Sehwab (20) Fournie r€2)). Die relativ epanieben Amicale 
der Jotteratur beweisen aber jm Gegensatz zu hr Ansicht ot: "win 


(So), Wei h) (15). A. keineswege, def Pyelitia her Sebwanye ren celtes 


vorhe wort. er ver-tortene Poste past [j wies jg nopen Von 
Jesar gen veus, We, dag Poetis Fej sebwae veren unter ro yit t; 


i 1 ‘oe $ : A : ⸗ 
Lee garg EE u, fen host. GLB on ARS piu akat ‚4 


— 300 = 


Bestätigung dieser Ansicht könnte man beispielsweise den ersten meiner 
Fälle anführen, der bei weniger sorgfältiger Untersuchung irrtümlich 
>]» rechtsseitige Pleuritis hätte gedeutet werden kënnen. Le Bri- 
gand (63). Bredier (22). Champetier (72). haben in der 
letzten Zeit gleichfalls auf die Häufigkeit der .„.pyelonephrite latente‘ 
hingewiesen, welche gewöhnlich überhaupt nieht erkannt oder irrtümlich 
als Albuminurie der Schwangeren bezw. Blasenkatarrh gedeutet wird. 

Welche Momente begünstigen nun die Entwicklung der Pvelitis 
bei Schwangeren? Bekanntlich stehen schon unter normalen Ver- 
hältnissen die Ureteren in sehr enger anatomischer Beziehu: g zum 
Uterus, indem sie im Becken in einer Entfernung von nur 1,5 em von 
de: Riirdern des Uterus verlaufen (Ricard (23) u. A.). 

Während der Schwangerschaft nimmt diese Entfernung mit dem 
fortschreitenden Wachstum des Uterus ab. Da der schwangere Uterus 
in der Mehrzahl der Fälle nach rechts deviirt ist (Dextroversio uteri) 
und außerdem um seine Längsachse so gedreht ıst, daß sein linker 
Rand mehr nach vorn, der reehte mehr nach hinten zu liegen kommt 
(Dextrotorsio uteri), so tritt der Uterus ix nähere Beziehungen zum 
rechten Ureter als zum Iinken und kann eine Compression des ersteren 
bewirken, die auch nieht mit vollständigem Verschluß seines Lumers 
einhergeht. In der That hat bereits Cruveilhier (24) in seiner 
deseriptiven Anatomie darauf hingewiesen, daß die Ureteren bei 
Frauen, die während der Geburt oder in den letzten Schwangerschafts- 
monaten gestorben sind. bedeutend erweitert erscheinen. Stadt- 
feld het beim Studium des Zustandes der Ureteren bei 16 Schwan- 
geren, die an verschiedesiien Krankheiten zu Grunde gegangen sind, 
in 9 Fällen (über 56 pCt.) Erweiterung der lereteren, hauptsächlich 
des rechten. gefunden. Olshausen(25) hat auf 34 Fälle ın 25 Fällen. 
d. h. in 73.5 pCt., Erweiterung der Ureteren, die in 13> Fallen beider- 
seitig war, in 10 nur den reehten, in 2 den linken Ureter betraf, ge- 
funden. Löhlein hat bei der Untersuchung der Ureteren bei 22 an 
EÉclampsie verstorbenen schwangere.: Frauen in 8 Fällen (25 pCt.) Er- 
weiterung des einen oder der beiden Ureteren gefunden. Pollak (74) 
hat bei der Section von 130 an Eklampsie zu Grunde gegangener 
Frauen in 35 Fällen (26,9 pCt.) Erweiterung der Ureteren gefunden. 
wobei in 17 Fällen (13 pCt.) nur der rechte Ureter, in 18 Fällen 
(13.9 pCt.) beide Ureteren erweitert waren. 

Alle diese statistischen Erhebungen weise: darauf hir, daß der 
Druck auf die Vreteren, namentlich auf den rechten, eine häufige Er- 
scheintung in der Schwangerschaft darstellt. Dieser Umstand ist für 


— 337 —- 


den regelreehten Abtluß des llarns aus den Nieren dureh die Ureteren 
much «ler Harnblase von ungeheurer Bedeutung. In der That hat 
bereits Halberstma (26) nachgewiesen, daß der Druck des Harns 
in den Ureteren sehr gering ist, nämlich 10 mm der Quecksilbersäule 
nicht übersteigt, so daß die Belastung des Ureters in ciner Ausdehnung 
von 8 mm mit 5 g den AbfluB einer Harnsäule von 400,0 hintanhält. 
Auf diese Weise bewirkt der Druck des schwangeren Uterus auf die 
Ureteren eine Verringerung der Permeabilität der Ureteren und eine 
Verlanesamung des Harnstromes in denselben. Ein vollständiger Ver- 
schluß des Lume::s der Ureteren findet dabei nieht statt, jedoch genügt, 
wie die Versuche von Conheim (27), Guyon (28), Albarran 
und Legueu (29) zeigen, eine Verringerung der Permeabilität der 
Ureterem um Hydronephrose entstehen zu lassen. Allerdings entwickelt 
sich dieselbe unter diesen Umständen langsamer als bei vollständiger 
Aufhebung der Communication zwischen Nierenbeeken und llarn- 
blase: dafür erreieht die Hydronephrose aber in ersterem Falle wegen 
des geringen Druckes innerhalb des Nierenbeckens und der Niere und 
der längeren Erhaltung des Nierengewebes weit größere Dime:sionen. 
Mit der Entwicklung der Ilvdronephrose ist aber der Proveß nicht 
beendet. Aus den Versuchen von Grehant (30), Posner (31), 
Voorhavee (32), Popow (33), Strau Bund Germont (34), 
Guyon und Albarran (35), Schmidt und Aschoff (36), 
Lindemann (37) undStepanow (38) geht hervor, daß die asep- 
tische Unterbindung des Treters zu IIyperämie und Ablösung des Epi- 
thels im Ureter und Nierenbeeken, sowie zu consecutiven Verände- 
rungen des Nierengewebes selbst in Form von Erweiterung der Harn- 
kanälehen. Veränderung der Form der Glomeruli, des Epithels, sowie 
in Form von parenchymatosen llämorrhagien und im weiteren Ver- 
lauf zu Nierenatrophie führt. Nach Lindemann (37) zieht die 
əseptiscehe Ilar: retention bei vollständiger Obliteration des Ureters 
Erweiterung der Harnwege, Hydronephrose und Nierenatrophie nach 
sich. während bei Verengerung des Ureters Erweiterung der Ilarn- 
wege und Uronephrose zu Stande kommen. Infolge dieser Verände- 
rungen der Niere wird auch der oberhalb der verengten Stelle hegende 
Abschnitt des Harntractus ein Locus minoris resistentiae und giebt 
einen günstigen Boden zur Entwicklung der Baeterien ab. die auf 
irgend eine Weise in die Harnwege gelangt sind. Besonders klar geht 
dies aus den Experimenten von Reblaub (1). Enderlen (39) und 
sonneau (40) hervor. die bei Injection von lebender Culturen von 
Streptokokken, Colibacillen und Stäbehenbacillen, die bei chronischer 


Pyelonephritis beim Rinde nach vorangehender Unterbindung des 


— 338 -- 


Ureters mittels aseptiseher Ligatur gewonnen sind, an der ent- 
spreehenden Seite Pyonephrose entstehen sahen, wobei im Eiter die 
injicirten Mikroorganismen nachgewiesen werden konzten. Besonders 
lehrreich sind in dieser Beziehung die Experimente von Enderlen, 
die die wichtige Bedeutung der Verengerung des Lumens des Ureters 
für die Entwicklung der Pyelitis überzeugend beweisen. da die von ihm 
zu Versuchen verwendeten Stäbehenbacıllen, ın das Blut injieirt. an 
und für sich Prelitis nicht hervorriefen. Albarran und Halle (41) 
haben, indem sie in den Ureter eine Cultur von „bactérie pyogėne“ 
inJieirten, welche letztere nach der Ansicht der Mehrzahl der Autoren 
[Cladou (42), Reblaub (43), Achard und Benault (44), 
Achard und Hartmann (45), Krogius (46) u. A.] mit den 
Colibacillen vollkommen identisch ist, 12—16 Tage nach Unterbindung 
des Ureters bei den Versuchstieren eitrige Pyelonephritis beobachtet. 
Dieselben Versuche hat Albarran (47) mit dem Staphylococcus 
pyogenes aureus und mit dem Streptococcus pyogenes erzielt. Achard 
und Renault (44) Krogius (46) Schmidt und 
Aschoff (36), Renault (48), Melehior (49). Savor (50) 
haben dieselben Versuche mit Colibacillen, Schnitzler und 
Savor (51) mit Staphrlokokken und Streptokokken mit 
positivem Resultat gemacht. Die injieirten Bacterien zeigten 
sich in den Tubuli torti sehon nach 12 Stunden, während 
die ersten anatomischen Veränderungen des Nierenparezchyms 
nach 36 Stunden hervorzutreten begannen. Daß bei allen diesen 
Experimenten der Grad der Permeabilität der Ureteren eine 
Rolle spielt, haben die Experimente von Stepanow (38) gezeigt. 
Durch diese ıst festgestellt, daß der ın das Blut eingeführte Strepto- 
eoeceus aureus auf derjenigen Seite, auf der der Ureter unterbunden 
ist, stärkere Erscheinungen von descendirender Pyelitis als auf der 
entgegengesetzten Seite hervorruft. Dieselben Resultate hat Ste- 
panow ın Bezug auf ascendirende Pyelonephritis bei seinen Experi- 
menten erzielt, bei denen Reineulturen von Streptococcus aure:s und 
Colibacillen in den Ureter mit naehfolgender Unterbindung injicirt 
wurden; die Einführung von Culturen von Staphrlococeus pyogenes 
aureus und Bacillus typhi ohne nachfolgende Unterbindung des Ureters 
rief Erscheinungen von aseendirerder Pyelonephritis überhaupt nicht 
hervor. 

Aus allen diesen Angaben der Litteratur geht klar hervor, wie 
groß die Bedeutung der Compression des Lumens des Ureters durch 
den schwangeren Uterus fiir die Entwicklung der Pyelitis bei Schwan- 
geren ist. Ohne dieses Moment sind die Baeterien der nicht specifi- 


ee 


echen (nicht gororrhoischen urd nicht tubereulösen) Affection der 
lHlarnorgane an und für sich nicht im Stande, eine Erkrankung der- 
selben hervorzurufen. 

Bevor ich die Wege der Ausbreitung des Infeetionsstoffes auf dag 
Nierenbecken betrachte, muß ich noch hervorheben, daB Abnormitäten 
im Beckenbau, Zwillingsschwangerschaft, übermäßige Ansammlung 
von Fruchtwasser. Vorhandensein von alten parametrischen Verwach- 
sungen ete. die Compression der Ureteren dureh den Uterus fördern 
können, wobei C'ompression, wie aus den Scetionsprotokollen ersicht- 
lich, am häufigsten im Niveau des Beckeneingangs zu Stande kommt. 
Rosenstein (52) mibt in der Aetiologie der Nierenerkrankungen 
bei Schwangeren der Compression der Nierengefäße und des oberen 
Abschnitts der Ureteren durch den schwangeren Uterus große Be- 
deutung bei, jedoch scheint es mir, daB diese Ansicht den Thatsachen 
nicht entspricht, da die runden Mutterbänder dem Uterus es nicht ge- 
statten, sich mit. der hinteren Oberfläche seines Fundus auf die Wirbel- 
siinle in der Gege: d des 1. und 2. Lumbalwirbels zu legen; eine Aus- 
nahme können vielleicht nur die Fälle bilden, welche mit bedeutender 
Retroversion der Gebärmutter einhergehen. 

kine Erweiterung des Treters infolge von Compression desselben 
durch den schwangeren Uterus genügt jedoch noch nicht, um eine 
Entzündung des Nierenbeckens entstehen zu lassen. Zur Entstehung 
dieser Complication ist eine gleichzeitige Wirkung zweier Ursachen 
eriorderlich. hauptsächlich eine Infeetion mit Mikroorganismen. 
Letztere können in das Niererbeeken von den benachbarten Teilen 
durch die Iymphwege eindringen (Experimente von Albarran). 
Dieser Weg ist jedoch in der That ein ausnahmsweise seltener. Ge- 
wöhnlich schlägt der Infectionsstoff andere Wege ei:, und diesem letz- 
teren entsprechend unterscheidet man ascendirende und descendirende 
Prelitis Die aseendirende Pyelitisftorm wird bei Schwangeren, die 
an Blasenkatarrh. Uretere:tisteln ete. leiden. beobachtet und durch 
Ausbreitung der Bacterien von den tiefer liegenden Teilen nach den 
oberen Abschnitten der Ureteren bedingt. Durch die Experimente von 
Semblinow (53) ist festgestellt. dab der unmittelbare Rückfluß des 
bacterienhaltigen Harns aus der Blase nach der Niere hei abnormen 
anatomischen Verhältnissen der betreffenden Abschnitte des Harn- 
apparates zweifellos möglieh ist und durch eine Reihe von eombinirten 
’ewerungen, die auch unter physiologischen Verhältnissen in der 
Harnblase und in den T’reteren vorhanden sind, bedingt wird. Lewin 
und Goldsehmidt (54) gelangen auf Grund ihrer Experimente zu 


— 340 — 


dem Schluß, daß der Rückfluß des Ilarns aus der Blase nach dem UTreter 
möglieh ist. wenn die Blase nicht stark gefüllt ist und über energische 
Contractibilität verfügt. Guyon und Constadt (55) haben bei 
Kaninchen in 20 von 32 Fällen bei Druck von 1,5-—2,0 Cent Queck- 
silber das Zurückfließen von mit Methvlenblau gefiirbtem Wasser, 
welches in die Harnblase eingeführt worden war, beobachtet. Alje- 
voli (56) führt den Beweis, daß inecompleter Verschluß des Lumens 
des Ureters, indem er den freien Abfluß des Ilarns nach der Harn- 
blase behindert, den Uebergang der Bacterien aus der Blase nach den 
Ureteren begünstigt. Jacobelli (57) hat bei seinen Experimenten 
an Kaninchen gleichfalls Ausbreitung der Baeterien von der Harnblase 
nach den Ureteren beobachtet, wenn in die Harnblase Flüssigkeit unter 
hohem Druck injieirt und der Abflub des Iarns aus den Ureteren 
erschwert wurde; im letzteren Falle wandern die Bacterien in der 
Richtung naeh den Uretern einzig und allein dank ihren Eigen- 
bewegungen, und dies geschieht nur in demjenigen Ureter, in dem der 
Ilarnstrom verlangsamt ist. 

Sin anderer Weg, der zur Infection der Nierenbecken führt, ist 
die Ausbreitung des Infeetionsstoffes mittels des Blutsystems aus dem 
Verdauungskanal. Tleubner, Baginsky, Prof. N. P. Fila- 
tow, Israel, Prof. A. P. Fawitzki, Privatdocent W. P. Or- 
lowski u. A. haben darauf hingewiesen, dab manchmal Magendarm- 
storungen, Initunter stark ausgesprochene, zur sogerannten Colipyelitis 
durch Infection der Nicrenbecken mit in das Blut und dann in die 
Tlarnwege gelangenden Darmparasiten, namenthch Colibacillen, oder 
durch Reizung der Nierenbeeken durch vom Darm aus zur Resorption 
zelangende toxische Substanzen führen. Dasselbe haben bei Schwan- 
geren Vinaus und Cade (11) Weill (13). Gouilloud, 
Lepage (12), Anderodias (14) u. A. beobachtet. Die 
von Reblaub (1) Vinay und Cade (11), Weiss (10), 
Lepage (12) Weill (3), Anderodias (14) und 
Wallich (69) in Fällen von Pyelitis bei Schwangeren aus- 
geführten Dbaeteriologischen  [arnuntersuchungen haben gleich- 
falls die Möglichkeit und relative Häufigkeit des in Rede 
stehenden Modus der Nierenbeckeninfection bestätigt. indem sie 
in sämtlichen untersuchten Fällen. bis auf den einen Fall 
von Vinay, in dem Streptokokken gefunden worden sind. Coli- 
bacillen in Rer cultur nachgewiesen haben. Pie ungleiehmäßtee 
Intensität der Virulenz der Mikroorganismen. die bei jeder Frau vor- 


handene und durch viele Ursachen, wie Bau des Beckens, Vorhanden- 


— 341 — 


cein von Verwachsungen ete. bedingte Differenz in den Wechsel- 
bezichungen zwischen Uterus und Ureteren, die gleichzeitige Wirkung 
emer ganzen Reihe von anderen Momenten, wie Erkältung, Trauma 
eten bedingen in jedem ei zelnen Falle die Möglichkeit der Entstehung 
einer Pyelitis als Comphieaticn der Sehwangersehaft, beeinflussen den 
Verlauf dieser Pyelitis, sowie deren locale Beziehung zum Beeken und 
ellgemeine Beziehung zum Organismus der Schwangeren über- 
haupt. 

Indem ieh nun zur Betrachtung des klinisehen Bildes der Pyelitis 
bei Schwangeren übergehe, glaube ich vor allem hervorheben zu müssen, 
dab diese Complication, im Gegensatz zu der Ansicht von Bre- 
dier (22), augenscheinlich häufiger bei Frauen beobachtet wird, die 
wehrmals geboren haben. Wenigstens entfallen von den 63 mitgeteilten 
Fällen, die meinigen Fälle mit eingereeh:et, in denen genaue Angaben 
in dieser Riehtung gemacht sind, 28 Fälle auf Erstgebärende und 35 
auf Moehrgebärende. Diese Thatsache wird am  wahrscheirlichsten 
durch das häufigere Vorkommen von Erkrankungen des Genital- 
apparats, die auf die Wechselbeziehu: gen zwischen Ureteren und 
Uterus ungünstige wirken, bei Mehrgebärenden erklärt. Am häufigsten 
wird die Schwangerschaftspvrelitis an der rechten Seite beobachtet. 
So wurde unter 62 Fällen, in denen die Localisation der Pyelitis ange- 
geben ist, die rechtsseitige in 52 (83,9 pC't.), linksseitige in 6 (9,7 pCt.) 
und schließlich beiderseitige in 4 Fällen [Lepage (62), Reed (62), 
Bouveret, Balatie (66)] beobachtet. Andererseits geht daraus 
hervor, daB das linke Nierenbecken im Gegensatz zu der Ansicht von 
Vinav und Cade, wenn aueh selten, immerhin aber doch entzünd- 
liche Erscheinungen aufweisen kann [Weiss (10). Bredier (22), 
Pasteau (68), Wallich (69), Beer und Luvs (70)]. Die häufigere 
Erkrankung des reehten Nierenbeekens ist aus den vorstehenden Aus- 
führungen leicht erklärlich. Gewöhnlieh tritt die Pyelitis. sofern nach 
den vorhandenen statistischen Angaben geurteilt werden darf, in der 
zweiten Schwangerschattshälfte auf; jedenfalls hat sich unter den 
66 Fällen die Pyelitis in 45 Fällen (68,2 pCt.) nach dem 5. Schwanger- 
schaftsmonate entwiekelt; jedoch kann im Gegensatz zu der Ansicht 
von Vinay die in Rede stehende Complication schon im ersten 
Schwangerschaftsmomente eintreten. [Weiss (10), Pasteau und 
d'Ilarbéecout (9), Gouilloud, Anderodias (14), Twy- 
nam (61), Gebrau (65), Bredier (22), Cumston (67), Ba- 
latie (66). Pasteau (68). Wallieh (69). Bar und Luys (70) 
u. A. 


Nach Navasu. A. nimmt die Pyelitis bei Schwangeren gewöhn- 
lich einen chronischen Verlauf und läßt nur selten unbedeutende 
Exacerbationen hervortreten, die” mit leichter Temperatursteigerung 
einhergehen. Ohne diesen Verlauf leugnen zu wollen, muß ich jedoch 
nachdrücklich hervorheben, daß die Pyelitis in vielen Fällen 
[Weiss (10), Vinayund Cade (11), Lepage (12) u. A. acut mit 
Temperatursteigerung®verläuft, wobei das Fieber nicht selten selbst 
bis 39,5 und 40,0° stejgt. wie es in meiner 1. und 3. Beobachtung der 
Fall gewesen ist. in denen das Fieber 4—12 Tage und darüber anhielt 
und mit Veränderungen von Seiten des Harns, des Allgemeinzustan- 
des ete. einherging; ın mei:er 3. Beobachtung war der Allgemein- 
zustand der Kranken wegen des hohen Fiebers, der allgemeinen Dre- 
pression, des Erbrechens urd der fast vollständigen Anurie ein so 
schwerer, daß man an die Unabwendbarkeit einer operativen Inter- 
vention zur Unterbrechung: der Sehwangerschaft dachte. Der Ver- 
lauf der Prelitis unterscheidet sieh somit bei Schwangeren im wesent- 
lichen nicht vo: dem klinischen Bilde der Pyelitis überhaupt, wie es in 
einer meiner früheren, ın Gemeinschaft mit Prof. A. P. Fa- 
witvki (2) veröffentlichten Arbeit eingehend geschildert ist. 

Die Prognose der Pyelitis der Schwangeren ist günstig, so 
lange der ProeeR mit ciner Affection: des Nierengewebes nieht compli- 
cirt ist. Die kryvoskopische Untersuchung des Harns und des Blutes, 
sowie die Prüfung der Permeabilität der Nieren für Methylenblau 
können in vielen Fällen bei Beantwortiing dieser Frage von wesent- 
lichem Nutzen sein. Jedenfalls muB man, wenn das Nierengewebe 
selbst inficirt ist, mit der Prognose sehr vorsichtig zu Werke gehen. 
In denjenigen Fällen, in deren die Nieren in einer irgendwie bedeu- 
tenden Weise nieht afficirt sind, kann die scheinbar drohende Gefahr 
unter entspreche: den Maßnahmen selbst in so schweren Fällen, wie 
mein 3. Fall, zurückgehen. Einen tötlichen Ausgang haben nur 
Guyon und Bouveret notirt: ersterer bei cirer zum 4. Male 
Schwangeren nach Nephrectomie, die einen Monat nach der Geburt 
ausgeführt wurde: letzterer im 6. Schwangerschaftsmonat bei einer 
zum 6. Male schwangeren Frau nach einem versuchten eriminellen 
Abort. nachdem sieh Sepsis eingestellt hatte. so daß dieser letztere Fall, 
streng genommen, nicht in Betracht gezogen werden kann. Was die 
Frucht betrifft, so geht aus den Angaben der Litteratur hervor, daß die 
Pvelitiscomplication für dieselbe in der Mehrzahl der Fälle im Gegen- 
satz zu der Ansicht von Legueu (16) nicht gefahrdrohend ist, wenn 


sie auch in einigen Fällen zu vorzeitiger Geburt führt: spontane Früh- 


— 343 — 


geburt ist in 13 Fällen [Weiss (10) Vinay (7) Reed (62), 
Gebrak (65). Bredier (25)], kü: stliche Frühgeburt in 6 Fällen 
[Weiss (10), Vinay (7), Lepage (12)], kiinsthcher Abort nur in 
dem einen Falle von Balatre (66) notirt worden. Von 7 Fällen 
von künstlicher Unterbrechung der Schwangerschaft haben nur 2 
[Lepage (12) und Balatre (66)] stürmische Erscheinungen ge- 
zeitigt. 

Was die Behandlung der Pyelitis bei Schwangeren betrifft, so 
gehe: die Ansichten der Kliniker auseinander. Die Eiren, mit Weiss 
an der Spitze, treten für die Künstliche Unterbrechung der Schwanger- 
schaft selbst in leichten Fällen ein, wobei sie von den Beobachtungen 
ausgehen. die beweisen, daß Abort oder vorzeitige Geburt auf den 
Verlauf der Schwangerschaftspyehtis einen sehr günstigen Einfluß 
hat [Weiss (10). Kruse (4), Lepage (12), Rosinski (38) 
u. A.J] Lie Mehrzahl der Autoren zieht jedoch vor, eonservativ vor- 
zugehen. Navas(8), VınayundCade (11) sowieCragın (19) 
wernen soger vor Lünstlicher Unterbrechung der Schwangerschaft, da 
dieselbe Verhältnisse schaffen kann, die die Entwieklung vo: Urämie 
begünstigen. Im schlimmsten Falle empfichlt Navas, bei Ver- 
schlimmerung des Zustandes der Kranken die Nephrotomie vorzu- 
nehmen. aber nieht die vorzeitige Geburt einzuleiten. Wenn man die 
Beobachtungen von Vinay., Cade, Weill u. A. sowie den 
sehweren Verlauf der Pyelitis in den von mir mitgeteilten Fällen, in 
denen die Temperatur 40.0° erreichte und mehrere Tage lang auf dieser 
Höhe Lhieb. der Allgemei. zustand sehr sehwer war, die Ilarnquantität 
auffallend sank, im 2. und 3. Falle sehr niedrige Zahlen erreichte., und 
eehlieBlieh Erbrechen und Diarrhoe hinzutraten, die wohl urämisehen 
Ursprungs gewesen sein konnten, in Betracht zieht, so derf man ın 
Anbetrecht des Umstandes. daß alle diese Erscheinungen allmählich 
ohne jede chirurgische Intervention. einzig und allein unter dem Fin- 
Husse therapeutischer Behandlung verschwunden sind, meines Erach- 
tens sich niemals. mag der Fall noch so schwer sein, mit der chirur- 
gischen Interve tion heeilen. Die Behandlungsmethode muB vor allem 
cine conservative sein. Man bringt die Patientin zu Bett, legt sie 
wemeéelich euf die gesunde Seite mit etwas hochgehobenen: Steiß, was 
die Compression des auf der entgegengesetzten Seite liegenden Ureters 
durch den Uterus verringert. Man verordnet der Patientin leichte 
Nahrung, hauptsächlieh Mileh. alkalische Mineralwässer, schinerz- 
stillende. desinticirende und sonstige bei Pyelitis üblichen Mediea- 
mente. Bleibt diese Behandlung erfolelos, so empfehlen Albar- 


ran. Pasteau und dIlarbceeourt rasche Dehnung der Harn- 


blase durch Einführung von 200,6-—300.9 Flüssigkeit verzunchiren. 
Liese Methode giebt mitunter gute Resultate [Albarran. Pa- 
steau. d Harbécourt, Lecouillard (75). Pasteau (6X). 
Schwab (20)], die am wahrscheinliehsten dadurch zu erklären sind. 
daß der Uterus etwas in die Hche steigt, wodurch der Eruek auf die 
Ureteren geringer wird und der Harn leichter im Ureter noch der 
llarublase Nießt: andererseits kommt hier nach Lecouıllard (75) 
reHeetorische Wirkung dieser Methode auf das Nierenbeeken in Be- 
tracht. Wenn »auch diese Methode kein günstiges Resultat ergicbt. 
wendet Albarran Katheterisation des Ureters mit gleichzeitiger 
Durchspülung des erkrankte: Nierenbeekens und Borsäure, Kalium 
hypermanganicum und Argentum nitrieum (1:1000) an. Wenn aber 
schließlich das Fieber, die Schmerzen, die Pyonephrose allen diesen 
Behandlungsinethoden trotzen, so greifen die Mehrzehl der Kliniker 
in den ersten 5—-6 Schwa’ gerscheftsmo: aten zur Nephrotomie, wäh- 
rend sie im späteren Schwangerschaftsstadium, bei dem Ilotfnung vor- 
handen ist, laß das vorzeitig geborene Kind am Leben bleiben) wird, 
die Unterbrechung der Schwangerschaft empfehlen [Pinard (76). 
Schauta (77T) Legueu (16) u. X.] Zu diesen Methoden muB man 
Jedoch relativ selten greifen. 
Litteratur. 

1 Reblaub: Des inféctions du rein et du bassinet consécutives 
à la compression de luretère par utérus gravide. Congrès franeais de 
chirurgie, 1892, N. 116—120. 

> Fawitzki und Orlowski: Zur Diagnose der katarrhalischen 
Pyelitiden. Russki Wratseh 1903, No. 8. 

3 Hallé: Uretérites et pyelites. Dissertation. Paris 188%. 

4. Kruse: Ueber Pyelonephritis in der Schwangerschaft. Wiürz- 
burger Dissertation, 1899. 

5. Laberge: Des pyvonéphroses pendant la grossesse. Union medic. 
de Canade Montréale 1893. Bd. T. 

6. Bué: Prélonéphrite gravidique: imféction puérpérale, curettage 
et serotherapie. 1’Obstetrique 1896, Bd. 1, No. 3. 

7 Vinay: Pyélonéphrite gravidique. Le progrès medical 1808. 
No. 47, S. 410. Maladies de la grossesse, Paris 1896. 

8S Navas: Des pyélonéphrite gravidiques. Dissertation, Lyon 1597. 

9 Pasteau et THarbécourt: Traitement des infections 
rénales au cours de la grossesse. Annales de grnécologie et d'obstétrique 
1898. Bd. L, S5. 153. 

10. Weiss: Ueber Pyelitis bei Schwanzeren und ihre Behandinne 
dureh künstliche Frühreburt. Dissertation, Kiel 1898. 

11. Vinay et Cade: La pyélonéphrite gravidique. L'Obstétrique 
1809, Bd. IV, No. 3. 8. 230, 


— Fu 


e gi. 


: — 315 — 


12. Lepage: Prélonéphrite et grossesse. Comptes rendues de la 
société obstétrique, de gynécologie et de pédiatrie de Paris 1899, Bd. 1. 
November und December. 

13. Weill: De la pyélonéphrite dans ses rapports avec la grossesse, 
Dissertation. Paris 1899. 

14. Anderodias: Sur trois cas de pyélonéphrite gravidique. Soe. 
d'obstétrique de Paris. Le Progrès médieal 1901, No. 13, 8. 221. 

15. Kondirdjvy: Les prélonéphrites de la grossesse. Gazette des 
hopitaux civils et militaires 1904, No. 41 und 44. 

16 Legueu: De Ja prélonéphrite dans ses rapports avec la puer- 
péralité. Congrès national périodique de gynécologie, d'obstétrique et de 
pédiatrie, 1904. 

Iv. Opitz: Schwangerschaft und Pyelitis. 70. Versammlung deut- 
scher Naturforscher und Aerzte, Breslau. 18.—-24. September 1904. Wiener 
kliniseh-therapeutische Wochensehr., 18. December 1904. 

15. Schäffer: Ref. nach Deutsche medicin. Wochenschr., 1904 
No. 90, Vereins-Beilage, S. 1872. 

19. Cragin: Medical Record, 16. Juli 1904. 

20. Sehwab: A propos de deux faits de prélonéphrite gravidique. 
Société d'obstétrique de Paris. Le Progres medical 1905, No. 4 S. 56. 

21. Fournier: Deux cas de prélonéphrite gravidique. Société 
Wohstetrique de Paris. Fbidem, 1805. No. 4. S. 55. 

22. Bredier: Contribution à Fétude de eertains formes de pyelo- 
néphrites au cours de la grossesse, Prélonéphrites latentes. Dissertation. 
Paris 1902. 

23. Ricard: De quelques rapports anatomiques de l'artère utérine 
et de l'uretère à propos lhvstérectomie vaginale. La Semaine médicale 
I887. S. 50. 

24. Cruveilhier: Traité de Vanatomie descriptive, Bd. 2, S. 337. 

>25. Olshausen: Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge 
1892, No. 52, 8. 325. 

26. Halberstma: Ibidem 1882, No. 212, S. 1557. 

25. Cohnheim: Vorlesungen über allgemeine Pathologie, 1882. 
S. 401. 

2S. Guyon: Influence de la tension intrarenale sur la fonction du 
rein. Comptes rendues de Facedémie des sciences, 29, Februar 1892. 

29. Albarran et Legueu: Hydronéphroses ouvertes et hydro- 
nephroses fermées. La Semaine médicale 1892, S. 171. 

30. Gréehaut: Recherches physiologiques sur Vexerétion de Turée 
par les reins. Dissertation. Paris 1870. 

3. Posner: Studien tiber pathologische Exsudathbildungen. Vir- 
¢hows Archiw 1880, Bd. 79, 8. 311. 

32. Voorhaeve: Ueber das Entstehen des  Fihrinerlinders. 
Ibidem 1889., Bd. 30. S. 255. 


— 346 — 


33. Popow: Ueber die Folgen der Unterbindung der Ureteren uni 
Nierenarterien bei Tieren. in Zusammenhang mit einigen anderen patho- 
logischen Processen. Protocolle der Ges. d. russ. Aerzte zu St. Peters- 
burg, 1880, S. 662. 

34. Strausset Germont: Des lésions hystologiques du rein chez 
le cobaye à la suite de la Higature de luretère. Archives de physiologie 
normale et pathologique  1SS2. 

35. Guyon et Albarran: Anatomie et physiologie pathologiques 
de la rétention d'urine. Arehives de médecine expérimentale et d'anato- 
mie pathologique 1890, Bd. 2, S. 181. 

36.Schmidt und Aschoff: Die Pyelonephritis in anatomiseher 
und baeteriologischer Beziehung ete. Jena 1893. 

37. Lindemann: Ueber den Einfluß der Unterbindung der Ure- 
teren auf die Structur und Funetion der Nieren. Moskaner Dissertat., 189%. 

38. Stepanow: Zur Frage der patholorisch-anatomischen Ver- 
änderungen in den Nieren und Nierenbecken bei Einführung gewisser 
patlogener Mikroorganismen in den einen der Ureteren oder in das Blut. 
Petersburger Dissertation, 1899. 

39. Enderlen: Primäre infeetiöse Pyelonephritis beim Rind. 
Deutsche Zeitschrift für Tiermediein 1591, Bd. 17. N. 325. 

40. Bonneau: De la compression des uretères par Futérns gravide 
et des pyélonéphrites consécutives. Dissertation, Paris 1893. 

41. Abbarran et Hallé: Note sur une hartérie pyorene et sur 
son role dans Vinfeetion urinaire. Bulletin de Vacadémie de médecine 
1888, Bd. 20, S. 310. 

42, Clado: Bactérie septique de la vessie. Bulletin de Ia société 
anat. de Paris, November 1888. 

43. Reblauh: A propos de Videntité de la bactérie pyrogene et du 
bacillus coli communis. Le Semaine médicale 1891. S. 500. 

44. Achard et Renault: Sur les rapports du bac. coli commune 
avee les baet. des infections urinaires. Société de biologie 18091. S. SW. 
Sur les bacille: de Vinfections urinaire. Ibidem 1892, S. 311. 

45. Achard et lartmann: Sur un cas de fièvre urethrale. 
Annales des maladies des organes génito-urinaires 1892, S. 269 und 299. 

46. Krogius: Recherches bactériologiques sur Vinfectien urinaire. 
Helsingfors, 1892. Note sur le róle du bact. colt commune dans Finfeetion 
urinaire. Archives de médecine expérimentale et d'anatomie pathologique 
1892, 8. 66. 

F. Albarran: Etude sur Je rein des urinaires. Dissertation. 
Paris 1889. 

4S. Renault: Du bact. coli dans Vinfection urinaire. Dissertation. 
Faris 1803. | 

49 Melchior: Cystite et infection urinaire. Paris 1805. 

50. Savor: Cystitis crouposa bei saurem Harn. Wiener klinische 
Wochenschr. 1805. No. 44. 779. 


— 347 — 


51. Schuitzler und Savor: Ueber die Folgen der Infection von 
lebenden und toten Bacterien in das Nierenbecken. Fortschritte der 
Medicin 1894, No. 29, S. 893. 

52, Rosenstein: Die Pathologie und Therapie der Nierenkrank- 
heiten. 1876. 

53 Semblinow: Zur Pathologie der ascendirenden bacteriellen 
Nephritis. Petersburger Dissertation, 1883. 

D4. Lewin und Goldschmidt: Experimentelle Studien über die 
Beziehungen zwischen Blase und Harnleiter. Berliner klin. Wochenschr. 
1803. No. 32, S. 766. 

55. Guyon et Constadt: Reflex du contenu vesical dans les 
uretéres. Société de biologie, August 1894 | 

56. Ajevoli: Ref. nach Centralblatt f. Chirurgie, Bd. 29, S. 997. 

Di. Jacobelli: Sulla possibilita di un passaggio refluo del ceon- 
tenuto vesieale negli ureteri. Reforme medica 1901, No. 3. 

5N. Rosinski: Ref. nach Deutsche medicinische Wochenschrift 1904. 
Vereins-Beilage, No. 50, S. 1872. 

9% Raver: Traité des maladies des reins, Bd. 3, S. 241. 

60 Routier: Bull et mémoires de la société de chirurgie 1896, 
NS. 233. s 

61. Twynam: Nephrectomy and its relation to pregnaney. British 
Medical Journal 1898, Bd. 1. 8. 423. 

62. Reed: Pyelonephritis of pregnancy. Philadelphia Medical Jour- 
nal. 9. December 1899. 


63. Le Brigand: Contribution à Fétude de la prélonéphrite pen- 


dant la grossesse. Dissertation, Paris 1899/90. 

64. Pestallozza: La pielonefrite in gravidanza. Rivista eritiea 
di eliniea medica 1900, Bd. 1, No. 44, S. 705 und 820. 

65. Gebrak: La pvélonéphrite chez les femmes enceintes. Disser- 
tation. Paris 1900/1901. 

66. Balatre: Contribution a étude des pyélonéphrites gravidiques 
et de leur traitement. Dissertation, Paris 1902/1903. 

67. Cumston: A case of pregnancy eomplieated by pyonephrosis 
with remarks. New York Medical Journal 1902, Bd. 1, No. 26, 8. 1123. 

68. Pasteau: Traitement des rétentions rénales au cours de la 
grossesse. Bulletin de la société d’obstetrique de Paris. 18 Juni 1903. 

69 Wallich: Pvélonéphrites et suites de couches. Societé d'obsté- 
trique., de gynécologie et de pédiatrie, 8. Februar 1904. La Presse médi- 
cale 1904. No. 13. S. 102. 

10. Baret Luys: Utilité de la division intravésicale de l'urine dans 
les cas de prélonéphrite compliquant la grossesse. Société obstétrique 
de Paris, 21. Januar 1904. Ibidem 1904, No. 11, S. 56. 

el. Rochard: De la  prélonéphrite gravidique. Ibidem 1904. 
No. 92. S. 729. 


— 348 — 


42. Champetier: Discussion zum Vortrag von Wallieh. Cit. 
nach La Presse médicale 1904, No. 13, S. 102. 

13. Bernard: Contribution à Fétude de la prélonéphrite gravidique. 
Dissertation, Bordeaux 1902/03. 

‘4. Pollak: Kritisch-experimentelle Studien zur Klinik der puer- 
peralen Eklampsie. Leipzig 1904. 

7). Leeouillard: Les effets thérapeutiques de Ja distension vési- 


-cale. Dissertation, Paris 1902/03. 


76. Pinard: Die Indieation zur künstlichen Ueberbrechuns der 
Schwangerschaft. IX. internationaler Gynäkologeneonereß in Rom. Ref. 
nach Centralblatt f. Gynäkologie 1902, Bd. 26, S. 1066. 

11. Schauta: Die Indieationen zur künstlichen Unterbrechung der 
Schwangerschaft. Ibidem, S. 1066. 


Ueber die Therapeutische Verwendung des neuen 
Localanästheticum ,,Novocain“ in der urologischen 
Praxis. 


(Sammelreferat.) 


Nach dem Chirurgen ist der Urologe wohl derjenige, der für cin 
brauchbares Localaniästhetieuin das meiste Interesse hat. Abgesehen 
davon, daß der moderne Urologe sich die chirurgischen Eingriffe im 
Bereiche des Urogenitalsvstems zu seiner Domine gemacht hat, giebt 
es bekanntlich eine ganze Anzahl verschiedener, sozusagen, rein urolo- 
gischer Interventionen. die teils zu therapeutischen, teils zu dia- 
gnostischen Zwecken vorgenommen werden und nicht gerade schmerz- 
los sind. Dementsprechend haben die sich auch chirurgiseh bethätigen- 
den Urologen seit jeher mit Aufmerksamkeit die neuen, von verschie- 
denen Seiten empfohlenen Localanästhetica verfolgt und auch diese 
»Monatsberichte’® haben es nicht unterlassen, von den beziiglichen 
Mitteilungen Kenntnis zu nehmen bezw. dieselben zur Kenntnis der 
Leser zu bringen. 

Was das Novoeain betrifft, so liegt bereits eine größere Anzahl 
von Mitteilungen vor, in denen selbstverständlieh vorwiegend von der 
Verwendung desselben im allgemeinen die Rede ist. hier und da aber 
auch das Gebiet der Urologie gestreift wird. Das Novocain ist von 
Einhorn entdeckt und stellt das Monochlorhydrat des p-Aminoben- 
zoyhdiaethelaminoäthenols dar. Das Salz kristallisirt aus Alkohol in 
Nädelehen, welche bei 156° schmelzen. Es löst sieh im Verhältnis 1:1 
in Wasser zu einer neutral reagirenden Flüssigkeit; an kaltem Alkohol 
sind zur Lösung etwa 30 Teile erforderlich. Aus der wässerigen 
Losung fällen ätzende und kohlensaure Alkalien die freie Base als 


farbloses, bald kristallinisch erstarrendes Oel aus; mit Natriumear- 


— 350 — 


bonatlösung dagegen läßt sich die wässerige Lösung ohne Trübung 
mischen. Die freie Base kristallisirt aus verdünntem Alkohol mit 
2 Mol. Kristallwasser, aus Aether oder Ligroin in wasserfreien, glän- 
zenden Prismen. Der Schmelzpunkt der wasserhaltigen Base liegt 
bei 51°, der der wasserfreien bei 58—60°. Mit allgemeinen Alkaloid- 
reagentien, wie Jodkalium, Kaliumquecksilberjodid, #Pikrinsäure, 
giebt das Präparat selbst in stark verdü:nter Lösung noch Nieder- 
schlige. Die wässerige Lösung des Novocains läßt sich, ohne daß das 
Präparat eine Zersetzung erleidet, aufkochen; sie bleibt auch bei tage- 
langem Stehen in lose verstopften Glastlaschen vollständig klar.') 
Nachdem im Breslauer Pharmakologischen Institut das Novocain 
von Biberfeld?) pharmakologisch untersucht und als Mittel er- 
kannt worden ist, welches zur Erprobung am Menschen durchaus, 
empfohlen werden kann, hat Braun (l. e.) das Novocain in Ver- 
bindung mit Suprarenin (bekanntlich ist ein Zusatz von Suprarenin 
zu den Lösungen von Localanästhetiea überhaupt von großer Wichtig- 
keit, so daß von jedem Präparat, welches als Ersatzmittel des Cocains 
in Frage kommen soll, verlangt werden muß, daß es die Wirkung des 
Suprarenins zum mindesten nicht beeinträchtigt — eine Forderung, 
die beim Novocain mehr als zutriflt, indem es die Wirkung des 
Suprareni.s nicht nur nicht schwächt, sondern im Gegenteil steigert) 
bei ca. 150 Operationen, darunter bei Castration. bei Ilvdrocelen- 
operation mit Entfernung der Tunica angewendet. Toxische Neben- 
wirkungen hat Braun in keinem Falle gesehen, obwohl er wieder- 
holt cine Dosis von 0.25 verabreichte. Oertliche Reizerseheinungen 
zeigten die Novocainiésungen ebensowenig wie CocainlGsungen, und 
somit reiht sich das Novoecain nach den Ertahru: gen Brauns (l. e.) 
als Mittel zu Gewebsinjectionen dem Cocain ebenbürtig an die Seite. 
Die Anwendung des neuen Mittels ist aber einfacher und bequemer 
als die des C'ocains, weil seine Lösungen haltbarer und durch Kochen 
sterilisirbar sind. Am besten erscheint es, eine 2 proe. Lösung vor- 
rätig zu halten, welche vor dem Gebrauch nach Bedarf mit Koch- 
salzlösung zu verdünzen und mit Suprareninzusatz zu versehen ist. 
Danielsen?) berichtet über die mit Novocamu in der Küttner- 





j ') H. Braun: Ueber einige neue örtliche Anästhetica (Stovain, 
Alypin, Novocain). Deutsche med. Wochenschrift, 1905. No. 42. 

*)J. Biberfeld: Pharmakologisches über Novocain. Medieinische 
Klinik. 1905, No. 48. 

)W,Danielsen: Poliklinische Erfahrungen mit dem neuen Local- 
anästhetieum Novocain. Miinel. med. Wochenschrift, 1905, No. 46. 


— 351 — 
schen Poliklinik gemachten Erfahrungen, denen 255 Beobachtungen 
zu Grunde liegen und aus denen hervorgeht, daß das Novocam ein 
reizloses, schnell und intensiv wirkendes Localanästhetieum ist, bei 
dem keine toxischen Nebeneinwirkungen, keine Nachschmerzen, keine 
Reizerscheinuzgen oder necrotisirende Nebenwirkungen beobachtet 
worden sind. In der chirurgischen Privatklinik von Haenel in 
Dresden wird, wie Schmidt?) berichtet, seit einigen Monaten in 
der kleinen Chirurgie ausschließlich das Novocain angewendet, dar- 
unter auch bei Urethrotomia externa und zur Spaltung von Phimosen. 
Ohne heute schon ein nach allen Richtungen hin abschließendes Ur- 
teil über das Novocain fällen zu wollen, glaubt Schmidt, doch so- 
viel sagen zu dürfen, daß das Novocain als Ersatzmittel des Cocains 
ernste Beachtung verdie:t. Im UVebrigen stimmen seine Beobach- 
tungen in den Jauptpunkten vollkommen mit denjenigen der vor- 
erwähnten Autoren überein. Sonnenburg?’) gelangt auf Grund 
seiner bisherigen eigenen Erfahrungen zu dem Schlusse, daß die 
Lumbalanästhesie mit Ntovain bezw. Novocain unter Zusatz von 
Nebennierenpräparat die beste Art der Rückenmarksanästhesie ist 
und als eine praktisch brauchbare Methode der Anästhesirung 
empfohlen werden kann. Theodor Maver) hat im Novocain 
einen gut anwendbaren schmerzstillenden. bezw. schmerzaufhebenden 
Zusatz zu lösliehen Quecksilberinjeetionen kennen gelernt. Allerdings 
giebt das Novocain mit dem meist gebrauchten Sublimat eine Fällurg. 
läbt sieh aber sehr wohl mit Sublamın zu klaren, mehrere Wo- 
ehen lang haltbaren Lösungen verbinden, und infolgedessen empfiehlt 
M. eine Combination von Sublimat 1,7 Aq. dest. ad 50, Coque, refri- 
gera adde Novocain Höchst 0,75, D. 1 vitro fusco ampl. bezw. 
Sublamin 0,85, Aq. dest. ad 50,0 Coque, refrigera adde Novoegin 
Höchst 0,5 D. ı. v. fusco ampl. Diese Injeetionsflüssigkeiten stehen 
den üblichen 2- resp. 1 proe. Sublimatlösungen der Wirkung nach 
gleich, haben vor ihnen jedoch den Vorzug der gänzlich oder fast 
gänzlich fehlenden Schmerzhaftigkeit. Duhot’) hat bei einer 


9 E. Schmidt: Ueber Novocain-llöchst. Münch. med. Wochen- 
schrift, 1905, No. 46. 

)Sonnenbure: Die Rückenmarksanästhesie mittels Stovain und 
Novocain nach eigenen Erfahrungen. V. Leuthold-Gedenkschrift. 

*) Th. Mayer: Praktische Notizen. Dermatologisehe Zeitschrift. 
Bd. AI, Heft 3. 

‘) Duhot: La Novoeaine nouvel anesthésique local. Extrait des an- 
nales de la policlinique centrale de Bruxelles. Octobre 1905. 


— 352 — 


Cireumeision vollständige locale Anästhesie durch Injection von 2 ecm 
emer 2 proc. Novocainlosung, zu der 2 Tropfen einer Suprareninlésng 
(1:1000) zugesetzt waren, erzielt. Die vollständige Anästhesie ist 
schr rasch, und zwar innerhalb 1'/2 Minuten eingetreten und war der- 
maßen intensiv, daß das innere Blatt des Präputiums selbst in der Ge- 
gend des Frenulums. wo die Sensibilität sonst am längsten erhalten 
zu sein pflegt, vollständig unempfindlich war. Dieselbe Lösung be- 
wirkte vollständige Urmemptfindlichkeit bei der Exeision von harten 
Schankern des Präputiums Die Naht konnte unter vollständiger 
Anästhesie angelegt werden. Mit demselben Erfolg gelang die Ex- 
eision von gonorrhoisch affiecirten Bartholinischen Drüsen. In diesem 
Falle wurden 4 eem von der 2 proc. Novocainlösung gleichfalls unter 
Zusatz von 2 Tropfen Suprareninlösung (1:1000) injieirt, und die 
Patientin hatte bei der Operation nicht das geringste Sehmerzgefühl. 
Unter den Beobachtunger Liebls®), die 202 Fälle umfassen, finden 
wir 2 Hydrocelenoperationen, davon eine eombinirt mit Pfeilernaht. 
und 1 Castration, combinirt mit Radiealoperation nach Bassini. 
Die Sehlüsse, zu denen dieser Autor auf Grund seiner Beobachtungen 
gelangt, stimmen mit denen der vorstehenden Autoren vollständig 
überein, nämlich daß wir im Novoecain für Zwecke der Lovalanästhesie 
mittels Injectionen in's Gewebe einen praktisch ungiftigen. vollwer- 
tigen C'ocainersatz haben, der neben absoluter Reizlosigkeit die Com- 
bination mit Suprarenin in idealer Weise zuläßt. Die insgesamt 162 
Fille von Loealariisthesie umfassenden Beobachtungen von O. Her- 
mes?) weisen unter anderen 11 Buboexstirpationen, 12 Hydrocelen- 
operationen, 2 Fälle von Phimose und 2 Fälle von Cystotomie auf. 


Die Anästhesie trat durehschnittheh nach 3—6 Minuten ein: nur in 





wenigen Fällen erst rach etwas späterer Zeit. Die Dauer erstreckte 
sich durchschnittlieh auf 1—2 Stunden, in mehreren Fällen auf län- 
gere Zeit bis zu 4 Stunden. Die Erfahrungen Hs sind ebenfalls 
durchaus günstig. 

Rt. Lucke !® besprieht in einem kürzlich erschienenen Anfsatz 
die Anwendung des Novocain in der Urologie. Das Novocain kann, 
führt L. aus, für Operationen am Penis und Serotwn, die gute 

9 Liebl: Ueber Localanästhiesie mit Novocain-Suprarenin. Münch. 
med. Wochenschrift, 1906, No. D. 

Hermes: Weitere Erfahrungen über Rückemmarksanästhesie mit 
Stovain und Novocain. Medicinische Klinik, 1906, No. 13. 

") R. Lueke: Ueber Novocain in der Urologie. Monatsschrift für 
Harnkrankheiten und sexuelle Hygiene, 1906, Heft 5. 


— 353 — 


Objecte für die Localanüsthesie sind, nur warm empfohlen werden, 
so für Phimosenoperationen, Radicaloperation der lIydrocele und Ca- 
stration. Bei der Cystoskopie kann man auch den Schmerz, den die 
Zerrung eines stralfen lag. suspensorium penis macht, leicht aus- 
halten, wenn man in die Gegend desselben, namentlich auch im Winkel 
zwischen Penis und Bauchwand einige Cubikeentimeter der Lösung IH 
nach Braun (0,1 Novocain, 10,0 physiologischer Kochsalzlösung u: d 
10 Tropfen einer Suprareninlösung 1:1000) injieirt. Für vordere 
Dammoperationen kann man. günstige Verhältnisse, d. h. geringe 
Entwicklung des Unterhautzellgewebes vorausgesetzt, in einer Quer- 
linie dicht hi:ter dem Bulbus, also ungefähr entsprechend der Linea 
interischiadiea mit Lösung 11(0.25 Novocain. 50,0 physiologische Koch- 
salzlösung und 5 Tropfen einer Suprareninlösung 1: 1000) das Unter- 
hautzellgewebe imfiltriren. indem man von’ einer llautquaddel in der 
taphe nach beiden Seiten geht. In den lateralen Teilen geht man 
mit der dünnen langen Nadel dann tiefer unter den Musculus perinei 
profundus gegen den Knochen und injicirt Lösung HI. Wenn man 
nun noch das Unterhautzellgewebe im Operationsgebiet selbst streifen- 
formig oder breit rautenförmig nach Hlackenbruch infiltrirt, ist. 
ım Falle die Zweige des N. pudendus gut getroffen sind, eine tiefgehende 
Unempfindlichkeit vorhanden. Für größere Penisoperatioren ist eine 
ringförmige Umspritzung im Unterhautzelleewebe an der Peniswurze] 
dieser Ausschaltung des N. pudendus hinzuzufügen, wein man nicht 
die Querinfiltration (ef. Brauns Buch. S. 339) vorzieht. Ein 
rchätzbarer Vorteil bei so gemachten Operationen ist die geringe 
Blutung. 


Bemerkungen zu Dr. Bernsteins Publikation 


„eine Flaschenspritze“' 
im 5. Heft des XI. Bandes dieser Zeitschrift. 
Von 
Dr. Blanck (Potsdam). 


Ohne mich auf die Priifung der von Bernstein angegebenen 
Flaschenspritze einzulassen, tiber deren Brauchbarkeit man noch kein 
Urteil fällen kann, halte ich es doch für meine Pflicht, darauf hinzu- 
weisen, daß die Idee, von der Bernstein bei der Construction seines 
Instruments ausgegangen ist, schon früher nutzbringend verwertet 
ist. Die Bedeutung der Sauberkeit bei den Harnrdhreninjectionen ist 
wiederholt betont worden und ist mir Anlaß gewesen, ein „asep- 
tısches Taschen-Injeetions-Besteek“" zusammenzu- 
stellen. Ich habe über dasselbe einen Artikel in der-„Dermatolo- 
gischen Zeitsehriıft“, Bd. XI, Ileft 10, veröffentlicht. Es 
nimmt mich Wunder, dab Bernstein von demselben in seiner Publi- 
cation keine Notiz genommen hat. Da mir von vielen Collegen, ganz 
von den Kranken abgesehen. die Nützlichkeit meines Bestecks lobend 
bestätigt ist, wäre es eine falsche Bescheidenheit, wollte ich zu dem 
Aufsatz von Bernstein schweigen. Mit Hilfe meines Bestecks 
kann jeder Tripperkranke überall, auch fern von seiner Häuslichkeit, 
die ihin vom Arzte verordnete Einspritzung in richtiger, sauberer und 
einwandsfreier Weise vornehmen. Es ist daher nicht riehtig, wenn 
Bernstein schreibt, daß „unsere Bemühungen (in Bezug auf die 
Sauberkeit bei den Injeetionen) allerdings von großem Erfolge bisher 
nieht gekrönt gewese. sind’. Es weist diese den Thatsachen nicht 
entsprechende Darlegung darauf hin, daß mein Besteck noch nicht die 
Reachtung gefunden hat. welche es verdient. Es emer richt ver- 
dienten Nichtachtung zu entreiben, Ist der Zweck dieser Zeilen; Ver- 
anlassung dazu hat mir der Aufsatz von Bernstein, nicht seine 


Flasehenspritze, gegeben. 


Referate. 


I. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 





Privatdozent Slowtzow: Ueber Elweissbestimmung im Harn. 
{Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 5.) 


Verfasser hatte Gelegenheit, zahlreiche Analysen, sowohl pathologi- 
schen als auch normalen Harns, auszuführen. Er ist dabei zu der Ueber- 
zenzung gelangt, daB man sieh auf die Esbach sche Methode nicht 
immer verlassen kann, weil sie unzenaue Zahlen für Eiweiß liefert. wenn 
im Harn medrige Albumosen. kohlensaures Ammonium vorhanden sind, 
was im alkalischen Harn bei Zersetzung von Nuecleoproteinen der Fall ist. 
Zur quantitativen Analyse bedient sich Verfasser der Methode von Ro- 
berts. welehe er aber zu einer rascheren und praktischeren gestaltet 
hat. Diese Methode beruht auf der Thatsache, daB der Harn 0,02 pro 
Mille Eiweiß enthält, wenn bei Zusatz von Salpetersäure nach 15 Minuten 
an der Berührungsstelle der beiden Flüssigkeiten sich ein weißer Ring 
zegt. SNSlowtzow nahm eme Reihe von Reagensgläschen und zoß in 
Jedes 19 eem Wasser. In Jedes Gläschen brachte er mittels einer Pipette, 
die in Leem Flüssiekeit genau 20 Tropfen enthielt, 2, 4,6, 8 u. s. w. Harn- 
tropfen hinein, so daß die Harnverdünnune von 1:100, 1:50 u. s. w. 
entstand. Ist nun in einem der Reavenselisehen der charakteristische 
Ring aufgetreten, so kann man, da man den Verdünnungsgrad des Harns 
in dem betreffenden Reagensrläschen kennt, den Tiweißgzehalt schon 
leicht berechnen. Indem ST. auf diese Weise das Vorhandensein von Eiweiß- 
im Harn bestimmte, fand er bisweilen äußerst gerinze EiweiBquantitäten, 
die mit pathologischer Albuminurie nichts zu thun hatten. Der Harn gab 
sämtliche Reactionen auf Eiweiß, selbst dort, wo dasselbe in einer Quan- 
titit von 0.06 pro Mille, manchmal (Lis pro Mille vorhanden war. Die ein- 
gehende Erforschung der Natur dieses Eiweißes ergab. daß die Reac- 
tionen desselben denjenigen des Spermaeiweißes ziemlich nahe stehen. 


— 356 — 


Infolgedessen wurde der Harn auf Spermatozoen untersucht. Nach Zu- 
satz von Ammoniak in geringer Quantität bildete sich im Harn ein umfang- 
reicher Niederschlag aus Phosphaten und Formelementen. Durch vor- 
sichtiren Zusatz von Essigsäure wurden die Phosphate gelöst und der 
Niederschlag unter dem Mikroskop untersucht, wobei gewöhnlich Sperma- 
tozoen zu sehen waren. Die Kenntnis dieser Thatsache ist sehon aus dem 
(runde wichtige. weil das Spermaeiweiß durch seine Reactionen an die 
bence-Jones'sche Albumose erinnert, welehe bekanntlich im patho- 
genononischer Beziehung im höchsten Grade ungünstig ist. 


M. Lubowski. 


D. A. Baron (Petersburg): Diabetes suprarenalis (experi- 
mentelle Untersuchung). (Wratschebnaja Gazetta 1905, Nr. 1.) 


Im Jahre 1901 hat F. Blum zum ersten Mal das Auftreten von Gly- 
kosurie bei der Einführung von verschiedenen Nebennierenpräparaten. 
wie Adrenalin, Suprarenin und Extraet der Driise in tote beobachtet. Auf 
Antrag des Prof. W.A. Afanasjeff hat sich Verfasser die Erforsehun: 
des Wesens dieser Art von Glykosurie zum Ziele gesteckt. Seine Unter- 
suchungen hat er an 123 Kaninchen, 1 Masen, 2 Meerschweinchen, 24 Thine 
den, 49 weißen Mäusen und 40 Frôschen ausgeführt, denen er Adrenalin. 
Suprarenin, sowie Nebennierenextract eigener Darstellunz subeutan oder 
in die Bauchhöhle einführte. 

Auf Grund seiner Experimente ist Verfasser zu folgenden Schlüsseir 
gelangt: 

1. Glvkosurie tritt bei der Einfiihrung von Nebenmierenpriiparaten in 
den Organismus von Tieren stets ein: sie wurde auch in Fällen beobachtet. 
wo Stückchen von Nebenniere in die Bauchhöhle der Tiere eingenäht 
wurden. 

3 Die Glykosurie wird nieht nur dureh das primäre, sondern auch 
durch das seeundäre Nebennierenextraet hervorgerufen, im letzteren Falle 
allerdines in schwächerer Form. 

3. Von der Art der Fütterung (selbst beim Hungern) hängt die Inten- 
sität, aber nieht das Auftreten der Glykosurie selbst ah. 

4. Wenn einige Stunden nach der ersten Injection zum zweiten Mal 
muicirt wird, so ist die mit dem Harn zur Ausscheidung gelangende 
Zuckerquantitit herabgesetzt. | 

5. Die mit dem Harn zur Ausscheidung gelangende Zuckerquantitit 
steigt, wenn zu den Extraeten Substanzen hinzugesetzt werden. die eine 
schnelle Zersetzung der Extracte behindern. 

6. Das aus Corpus luteum verum hergestellte Extract ruft nicht wie 
die Rindensubstanz der Nebennieren Glykosurie hervor. 

1. Die Glykosurie geht stets mit Glvkämie und Vermehrung der An- 
zahl der weißen und roten Blutkörperehen im Blute (wirkliche Eosine- 
philie) einher. 


— 357 — 


H Bei gleichzeitiger Einführung von Nebennierenpräparaten und 
Judothyrin oder Thyreoidin ist die mit dem Harn zur Ausscheidung ge- 
langende Zuckerquantitét geringer als man es hätte erwarten können. 

9. Die Einführung der Nebennierenpräparate bewirkt\ eine Herab- 
setzung der Oxydationsprocesse, was erwiesen wird: 

a) dureh die eintretende Glykosurie, 

b) durch die Herabsetzung der Temperatur und 

c) dureh die Thatsache, daß bei gleichzeitiger Einführung von Neben- 

nierenpräparaten und Spermin die mit dem Harn zur Ausscheidung 
gelangende Zuckerquantität eine Herabsetzung erfährt. 

10. Der Diabetes suprarenalis ist eine partielle Form des pankreati- 
schen Diabetes. 

Ferner glaubt Verfasser auf Grund seiner Experimente behaupten zu 
können: 

1. Das Nebennierenextract von Tieren, denen zuvor eine Injection ge- 
macht worden war, büßt das Vermögen, Glykosurie hervorzurufen, ein. 

2. Die Rindensubstanz der Nebennieren bewirkt Glykosurie, währen: 
die Marksubstanz selbst in geringer Quantität rasch den Tod des Tieres 
herbeiführt. 

3. Die Flüssigkeit von Tjelesnitzki ist ein vorzügliches Reagens 
zur Unterscheidung des Extraetes der Rindensubstanz von demjenigen 
der Marksubstanz. 

4. Per os wirken die Nebennierenpräparate nicht; desgleiehen ist das 
defibrinirte Blut der Tiere unwirksam. denen zuvor eine Injection gemacht 
worden war. 

5. Anhaltende Einführung von Nebennierenpräparaten ruft bei Tieren 
nicht nur vorüberzehende, sondern auch wirkliche Glykosurie hervor. Die 
tötlichen Adrenalindosen betragen für den Hund 1,5—1,8 ccm des käuf- 
lichen Adrenalin (1,5—18 me des krystallinischen Adrenalin), für das 
Kaninchen 1-—1,4 cem des käuflichen Adrenalin (—1.4 mg des krystallini- 
schen Adrenalin) pro Kilo Körpergewicht. M. Lubowski 


Priv. Doc. Dr. Kolisch (Wien-Karlsbad): Zur Frage der Zucker- 
bildung aus Fett. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 19.) 


Die Frage der Entstehung von Zucker aus Fett ist in neuester Zeit 
wieder Gegenstand der lebhaftesten Discussion geworden und die lange 
Zeit herrschende Lehre von der ausschließlhiehen Bildung des Zuckers aus 
Eiweiß ist durch die letzten Publieationen Pflügers stark in's Schwan- 
ken geraten. Seit Seegen zum ersten Male den Satz ausgesprochen, 
der gesamte Zucker des Tierkörpers werde in der Leber aus Fett und 
Pepton gebildet, hat die Lehre der Zuekerbildung alle denkbaren Schwan- 
kungen durchgemacht. Auf Pfliigers alte Lehre, Zucker stamme aus- 
schlieBlich aus Kohlenhydraten, folgte nach Pavys Entdeckung, die bis 
in die jüngste Zeit allgemein anerkannte Theorie der Zuckerbildung aus 


— 358 — 


FiweiB, besonders durch die Arbeiten von Naunyn, Minkowski. 
Kraus. Lüthje, Mohr, Embden u. A.: dazwischen wurden 
immer wieder Stimmen laut, welche den Zueker sowohl aus Kohlenhydra- 
ten und Eiweiß als auch aus Fett entstehen ließen Rumpf, Hartosh- 
Schumm, v. Noorden u. A.). Allen entgegen vertritt Pflüger 
neuestens die Lehre von der auschlieBlichen Zuckerbildung aus Fett. 

Als Beitrag, besonders zur Methodik des Studiums dieser Frage soll 
eine Versuchsanorednung dienen, die Verfasser in vorliegender Arbeit kurz 
skizzirt. Der Versuchsplan ging dahin, Tiere gleicher Zucht (Mäuse. 
Kaninchen) im normalen Zustande nach Hunger, nach fettreicher Kost 
und bei gleichzeitiger, durch Phloridziu hervorgerufener Glykosurie zu 
analysiren, andererseits die Lebensdauer von Tieren bei ehronischer 
Phloridzinvergiftung zu verfolgen bei fettfreier resp. fettarmer und fett- 
reicher Kost. 

Die Versuche, die noch nicht abreschlossen sind, scheinen für eine 
Beteiligung des Fettes bei der Zuekerbildung zu sprechen. Kr. 


Il. Gonorrhoe und Complicationen. 


Le e e sm 


Carl Cronquist: Beitrag zur persönlichen Prophylaxe gegen 
Gonorrhoe. (Medicinische Klinik 1906, 10, p. 248.) 


Verf. glaubt die den bisher bekannten tripperprophrlaktischen 
Mitteln anhaftenden Mängel (besonders den der leichten Zersetzlichkeit 
der Silbereiweißpräparate, den der Schwierigkeit der Einführung) durch 
sein Verfahren, die Mittel in eine feste Form und im eine 1—-2 Jahre der 
ehemischen Zersetzung Widerstand leistende chemische und physikalische 
Verbindung zu bringen, abreholfen zu haben. Er verwendet bei Körper- 
wärme schmelzende, 2 pCt. Albargın enihaltende Stäbehen, 5—4 mm 
dick, 5 em Jang, an dem einen Ende etwas zugespitzt, elastisch und bier- 
sam, aber von ausreichend festem Gefüge, um in die Urethra eingefulrt 
werden zu können; die Farbe ist graulich: Tageslicht zerstört die Stäb- 
chen bald und verändert ihre Farbe in's bläulieh-violette. Der Name ist 
Antiwor: jedes Stäbchen ist fiir sich in schwarzes Papier einge- 
wickelt, es wirkt auch noch nach einem Jahre prompt. Unmittelbar. 
spätestens eine Stunde nach dom verdächtigen Coitus wird es., mit den 
zuzespitzten Enden beginnend, in die Urethra in seiner ganzen Länge 
eingeführt. Ein Wattebäuschehen vor den Meatus gelegt und in dieser 
Lage durch Hiniiberschiehen der Vorhaut vor dem Herausgleiten bewahrt: 
bei kurzem oder mangelndem Präputium tritt ein Gazelippchen, das durch 
ein ganz diiunes Gummibiindchen in Position gehalten wird, an Stelle der 
Watte. Das Stäbehen kann durch Befeuchten mit Wasser sehlüpfrirer 
gemacht werden um es leichter einzuführen: unmittelbar vor der Ein- 


— 359 — 


führunz des Stäbehens wird urinirt, dann der Harn 3—4 Stunden ange- 
halten. damit das schmelzende Stäbchen als 2 proc. Albarginlôsung in loco 
wirkt. (Sollten die in der Stäbehenmasse sicher vorhandenen Fett- 
substanzen die Wirkung des Albargins nicht beträchtlich vermindern oder 
rar aufheben? D. Ref.) - Mankiewicz. 


Dr. Anton Regenspurger, Spezialarzt für venerische Krankheiten 
gewesener Assistent der Abteilung für Syphilis und Krankheiten 
der Harnorgane an der allgem. Poliklinik in Wien: Beitrag zur 
Therapie der Blennorrhoea urethrae. (Wiener med. Presse 
906, No. 15.) 


Wenn wir die Litteratur der letzten Jahre verfolgen, so fällt uns vor 
allem die groBe Anzahl jener Artikel in die Augen, welche therapeutische 
Abhandlungen über die interne Behandlung der Blennorhoea urethrae 
bringen. Fast jedem Mittel stehen Anpreisungen und Gutachten von 
Specialärzten und Nichtspecialärzten zur Seite, so daß es für den in der 
allgemeinen Praxis stehenden Arzt, der nicht in der Lage ist, an seinem 
Krankenmateriale specialärztliche Erfahrungen zu sammeln, schwer 
fallen dürfte, aus allen diesen mit mehr oder weniger Berechtigung 
empfohlenen Mitteln gegebenenfalls dasjenige herauszugreifen, welches 
gerade am zweckmiBigsten ist. Verf. hat nun die Wirkung der bekann- 
testen, in neuerer Zeit zur Anwendung gelangenden internen Heilmittel 
der Blennorrhoea urethrae einer vergleichenden Beurteilung unterzogen. 

Die Hauptindication zur internen Behandlung der Blennorrhoe ist 
„beim Eintritt von Complicationen gegeben. Hier haben die beiden Haupt- 
gruppen der internen Medication, die ätherisch-balsamischen Mittel und 
die sogenannten Harnantiseptica, zu denen die zahlreichen synthetisehen 
Mittel und Combinationen der Salieylsäure, des Formaldehyds, der Citro- 
nensäure ete. gehören, getrennte Indieationen. Befürchten wir bei einer 
Blennorrhoea acuta anterior das Uebergreifen des Processus auf die 
hintere Harnröhre und Blase, dann verdienen die ätherisch-balsamischen 
Mittel den Vorzug vor allen anderen Mitteln, ebenso wenn der ProceB 
die Blase bereits ergriffen hat und auälende subjeetive Erscheinungen 
bestehen. Frst mit Schwinden derselben werden wir bei anhaltender 
Cystitis die Mittel der zweiten Gruppe, die Harnantiseptica, zur Anwen- 
dung bringen und mit der localen Behandlung, die selbstredend für die 
Dauer des Uebergangsstadiums eingeschränkt oder suspendirt werden 
muß. einsetzen. Bei complieirender Prostatitis, Funieulitis, Epididvmitis 
und Orchitis ist im Anfanesstadium jede locale- Behandlung der Harn- 
röhre contraindicirt und die interne Therapie allein am Platze. 

Desgleichen können wir derselben nieht entraten bei den weiteren 
Complieationen des Processes, der Pyelonephritis, Arthritis und Endo- 
carditis: weniger werden die chronischen Affectionen der Blase durch die 
interne Therapie allein beeinfluBe. 


Von der Gruppe der Harnantiseptica erwähnt Verf. als die derzeit 
meist genannten das Salol, das Urotropin, das mit diesem identische 
Hexamcthyvlentetramin, das Jlelmitol und das in neuerer Zeit vielgenannte 
Arhovin. Dieselbeu besitzen alle die Fähigkeit, dem Harne desinficirende 
TFixenschaften zu verleihen und eine complicirende Cystitis im günstigen 
Sinne zu beeinilussen. Doch kommt keinem dieser Mittel eine in die 
Augen springende, schmerzlindernde oder secretionsbeschränkende Wir- 
kung zu: und gerade diese baiden Punkte sind es, welche uns hauptsäch- 
lich veranlassen, zur Verordnung innerer Mittel zu greifen. Daher be- 
schränkt Verf. ihre Anwendung auf solche Fälle. bei denen die Verord- 
nung der ätherisch-balsamischen Mittel aus irgend einem Grunde unzu- 
lässig ist. ` 

Von den ätherisch-balsamischen Mitteln hat Verf. das Santalöl, das 
daraus gewonnene Gonorol und Arheol, sowie das eine Combi- 
nation von Santalöl mit dem Kawa-Kawa-Extract vorstellende Gonosan 
eingehend geprüft. Das Oleum Terebinthinae und der Kopaivabalsam 
werden wegen ihrer mannigfaltigen unangenehmen Nebenwirkungen nach 
kort. a Ansicht bald in der Therapie der Blenorrhoea urethrae obsolet 
sein. So vorzüglich und allgemein anerkannt die Vorzüge des Santalöls und 
seiner Derivate sind. so unterliegt es dennoch manchen Schwierigkeiten. 
dieselben in allen Fällen, bei denen. die combinirte Behandlung am Platze 
ist, anzuwenden. Dies hegt in erster Linie an einer gewissen Idiosyn- 
krasie der Patienten, in zweiter Linie an dem Bedenken der Aerzte 
wegen der unerwünschten Nebenwirkungen. die mitunter nach Gebrauch 
dieses Mittels zu Tage treten. Der Widerwillen der Patienten beruht 
größtenteils auf dem Geruche und Geschmacke des Oels, den man durch 
Zusatz eines Corrigeus oder durch Verschreibung in Gelatinekapseln be- 
heben kann. Als Nebenerscheinungen werden Marenbeschwerden, Nieren- 
schmerzen, Dysurie. Hämaturie, Darmsehneiden und Dermatitis ge- 
fürchtet. Albuminurie hat Verf. auch nach großen Dosen nicht beob- 
achtet. Die Magen- und Darmbeschwerden werden meist hintangehalten. 
wenn man das Mittel nicht auf den leeren Magen oder mit Milch nehmen 
läßt. Die Exantheme sind als Folgeerscheinungen der Indigestion auf- 
zufassen und verschwinden meist ohne Behandlung mit dem Aussetzen 
des Mittels. Jedenfalls ist bei Patienten mit Magen- oder Darmleiden 
eine Restringirung der üblichen Tagesdosis sowie ein nicht zu lange 
fortzesetzter Gebrauch des Santalöls am Platze. 

Das in Frankreich von A stier erzeugte Arheol dürfte wegen seines 
relativ hohen Preises bei uns wenig Eingang finden. Das in Leipzig von 
Heine & Co. erzeugte Gonorol stebt an Wirksamkeit dem von der 
Firma Riedel in Berlin hergestellten Gonosan bedeutend nach, da 
letzteres eine Lösung der aus der Wurzel von Piper metlıysticum. dem 
Kawa-Kawa, extrahirten Harze in reinem ostindischen Santalöl darstellt. 
Der Kawa-Kawa, von Dupouy 1876 empfohlen. kommt namentlich eime 


— 861 — 


stark schmerzstillende Wirkung zu, welche im Vereine mit der Wirkung 
des Santalöls das Gonosan zu dem therapeutisch wirksamsten und gegen- 
wärtige besten Mittel bei der internen und combinirten Behandlung der 
Blennorrhoea urethrae macht. Kr. 


Stabsarzt Dr. Arpäd Stenczel (Wien): Beitrag zur Kenntnis 
und Therapie der uncomplicirten chronisch - gonor- 
rhoischen Prostatitis. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 18.) 


Der durch Fortleitung auf die Schleimhaut der Ausführungsgänge der 
Vorsteherdrüse überkommene gonorrhoische Proreß kann hier ebenso 
wie auf der Jlarnröhrenschleimhaut ehronisech werden, ohne tiefgehende 
Veränderung im Parenchym resp. im interstitiellen Bindegewebe der 
Drüse zu veranlassen. Diese leichte Form der ehronisch-zronorrhoischen 
Prostatitis ist eine ebenso häufige wie zu wenig gewürdigte Complication 
des chronisehen Trippers der hinteren Harnröhre und steht zu der all- 
bekannten vorzeschrittenen, mit Vergrößerung des Organs, Knoten- und 
Cystenbildung in demselben ete. complicirten Form in demselben Ver- 
hältnis wie die gewohnliehe nieht complicirte gonorrhoische Urethritis 
zu der mit Cavernitis, peri- und paraurethralen Infiltraten complicirten; 
sie ist die eigentliche ebronisch-gonorrhoische Prostatitis. während das, 
was man nach der üblichen Nomenelatur unter diesem Namen zusammen- 
faßt, ein mosaikartie aus der eigentlichen ehronisch-zonorrhoischen Pro- 
statitis und einer Reihe verschiedener Complieationen zusammengefügtes 
Krankheitsbild darstellt. 

Die uncomplicirte chronisch-zonorrhoisehe Prostatitis läßt nach alle- 
dem bei der reetalen Untersuchung auffallende palpatorische Verände- 
rungen, wie VergroBerungen der Driise, Verhirtungen, Knotenbildungen, 
mit oder ohne Druckempfindlichkeit vermissen. Der Proceß ist eben 
analog der uncomplieirten Blennorrhoe der Urethralschleimhaut ober- 
tlächlieh geblieben und besteht pathologisch-anatomiseh nur aus einem 
specifischen, von der Harnröhrenschleimhaut hinübergeleiteten, rein des- 
quamativen oder eitrig desquamativen Katarrh der Ausfiihrungsgiinge der 
Drüse allein oder vielleieht auch dieser und einzelner Acını der Drüse 
zugleich. 

Specifische subjective Beschwerden, wie schmerzhafte Empfindungen 
und Druckgeftihl im Mittelfleisehe beim Urimiren, bei der Defäcation oder 
Ejaculation, Prostatorrhoe und desel. hat Verf. bei der Prostatitis in der 
Regel vermiBt. Die Symptome der Krankheit deeken sieh ganz mit Jenen 
der einfachen, nicht eomplieirten ehronischen Urethritis gonerrhotea 
posterior. Aus diesem Grunde und mehr noch infolge des Umstandes, daß 
iran noch vielfach geneigt ist. das Vorhandensein einer chroniseh-gonor- 
rhoischen Prostatitis nur dann zuzugeben, wenn die digitale Unter- 
suchung tastbare Veränderungen am Organ nachweisen läßt, ıst die Ge- 
fahr des Uebersehenwerdens dieser Complication der chronisehen Gonor- 


— 362 — 


thee eine sehr groBe. Thre Aufdeckung ist aber prognostiseh und 
fir den Erfolg der einzuleitenden Therapie von großer Wichtigkeit, 
denn es muß bei der Behandlung einer Jeden ehronischen Urethritis gonor- 
rhoica posterior die erste Aufgabe der Therapie sein, die der gewôühnlichen 
medicamentösen resp. mechanomedieamentösen Therapie schwer zuging- 
lichen Ausfiihrungsgzänge der Prostata. falls sie ebenfalls erkrankt sind, 
zu entziften, um auf diese Weise der fortwährenden Gefahr der Reimifee- 
tion der Pars posterior urethrae vorzubeugen. 

Aur Diagnose der uncomplicirten chronisch-gonorrboischen Prostatitis 
fordert Verf. deu Nachweis von polynueleären oder von nieht zu wenigen 
speciell häufehenförmig angeordneten mononueleären Leukoeyten. mit 
oder auch ohne Gonokokken im Prostataseeret bei negzativem palpatori- 
schen Befunde. 

Bei Beurteilung des durch Expression zu Taxe zeförderten Tuhaltes 
der Vorsteherdrüse haben wir in erster Linie Folgendes vor Augen zu 
halten. Zu den physiologischen Funetionen der Prostata gehört die Pro- 
duetion einer dünnen. bläulich-weiBen, opalescirenden, durchweg homo- 
genen Flüssigkeit von schwachalkaliseher Reaction, die der Hauptsache 
nach eine emulsionsartige Aufschwemmung von Lecithinkügelchen in einer 
eiweißhaltigen, reich mit phosphorsaurem Kalk versetzten Flüssiekeit dar- 
stellt. Im mikroskopischen Nativpräparate dominiren die Lecithinkiigel- 
chen. zahlreiche blasse, runde Küreleben, im Durehsehnitte von der hal- 
ben Größe eines roten Blutkörperehens, häufig aber auch viel kleiner, an 
zelliren Elementen findet man darin nur spärliche kurze Crlinder und 
eubische Epithelien aus den Aetm und Ausfiihrungseiingen des Organs, 
endlich hier und da vereinzelte mononueleäre Leukoerten. 

Das ist physiolorisehes Prostataseeret. Die zeonorrhoisch erkrankte 
Drüse wird aber einerseits in ihrer physiologischen Funetion mehr oder 
wenirer beeinträchtiet. andererseits produeirt sie als Folge der Krank- 
heit serösen, mit abrestoßenen zelligen Elementen des Organs unter- 
mengten Eiter. Die gonorrhoisch erkrankte Vorsteherdrüse führt also 
außer dem normalen. physiologischen Secret vonorrhoischen Eiter als 
Inhalt und die Qualität der Expressionstliissigkeit wird somit em (e- 
menzre darstellen, in welchem bald das physiologische Prostataseeret, bald 
die Krankheitsproduete das Uebergewieht haben können. 

Die vom Verfasser geübte Behandlung der ehronischen Urethritis 
gonorrhoica posterior beim Vorhandensein der skızzirten leichten chro- 
nischen gonorrhoischen Prostatitis als Complication gestaltet sieh folgen- 
dermaßen: Als Hauptverfahren bei der ehronischen Urethritis gonorrhoiea 
posterior übt Verf. Blasenspülungeen. Sie werden nach vorhergegangener 
Entleerung des natürlichen Blaseninhaltes und Ausspiilung der Harn- 
robre mit Tilfe der gewöhnlichen Druekspritze und anfgesetzter Olive 
derart ausgeführt, daß zur jedesmahzen Spülunz 200-240 &, gleich drei 
Spritzen A SD ve der lauwarmen. medieamentösen Solution in die Blase 
gebracht und dann ausurinirt werden. Als Spiiltliissigkeiten kommen im 


— 363 — 





alleemeinen in Betracht: Kalium permanganieum 1: 4000—5000, Tehth- 
argan oder Novargan 1: 2000, Albargin 1: 4000 und Argentum nitricum 
1 : 2000—4000. 

Abwechselnd mit gewöhnlichen Blasenspülungen wird dem Kranken 
jeden dritten Tag nach vorheriger Entleerung der Blase die Prostata in 
Knieellenbogenlage sanft massirt. Im Anschluß an diesen Act, durch 
welehen unter anderem auch die Entfernung etwaiger in den Mündungen 
der prostatischen Ausfiihrungsgiinge lagernder Secretpfrôpfe bezweckt 
werden soll, wird die Blase per urethram mit der Druckspritze und auf- 
gesetzter Olive so lange mit einer der üblichen Spülflüssigrkeiten gefüllt. 
bis der Kranke das Gefühl mäBigen Harndranges angiebt, was in der 
Regel schon nach Einspritzung von 300 bis im Maximum 500 g der Fall ist. 
Die Einspritzung wird jetzt sistirt und einige Minuten spiiter, je nach der 
Stärke des Ilarndranges, der Blaseninhalt auf natürlichem Wege entleeri. 
Verf. erwartet bei diesem Verfahren nieht, daß die Spiiltliissigkeit bis im 
das Parenchym der Vorsteherdrüse eindringen und somit in der Tiefe des 
Drasengewehes eine Heilwirkunz entfalten könnte. Die Methode be- 
zwecekt lediglich, die Vorzüge der Spüldehnungen oder Druckspülungen 
auf die hintere Harnröbre auszudehnen, und der Erfolg der Methode ıst 
ausschließlich auf die reinirende, dehnend massirende und zugleich spe- 
eifisch medieamentöse Deilwirkung der Spüldehnung zurück zuführen. 


Kr. 


[IL Penis ete. 


Nichtinfectidse Krankheiten der Urethra. 


BPP LOL E 


Viktor Blum: Fall von protrahirtem Priapismus bei Leuk- 
ämie. (Wiener klin. Rundschau 1906, No. 20.) 


Der 20 Jahre alte Patient wachte vor sechs Taxen plötzlich in der 
Nacht mit einer Ereetion auf, die seit dieser Zeit andauert. Der Kranke 
giebt an, vor sechs Monaten derart von emer Leiter herabgefallen zu 
sein, daß er mit dem Perineum auffiel und sieh eine traumatische Neben- 
hkedenentztindung zuzor. Geschlechtliche Infertion soll niemals bestan- 
den haben. Bei näherer Untersuchung zeigt sich, daB die Erection auf die 
Corpora eavernosa penis beschriinkt ist. Die Haut des Penis ist voll- 
kommen unverändert. Es bestehen keinerlei sexuelle Erregung, keme 
Pollutionen. Nervenbefund vollkommen negativ. Auffallend erschien 
das blasse Aussehen des Kranken, das. wie sieh zeigte, seine Ursache it 
einer lienalen Leukiimie hat. Der Kranke hat einen enormen Milztumor. 
in inguine und in axilla zahlreiche Drüsen palpabel. Verhältnis der 
weißen zu den roten Blutzellen wie 1:5 0565000 Leukoeyten, 3 235 000 


— 364 — 


Ervthrocytenu). Verfasser konnte aus der Litteratur 10 Fälle von Pria- 
pismus leucaemicus zusammenstellen. Abweirhend in vorliegendem Falle 
ist das Fehlen jeglicher Schmerzhaftigkeit, die sonst in allen Fallen ex- 
cessiv ausgebildet ist. Die Ursache des Priapismus leucaemicus selbst 
wurde einerseits in Thrombose und anderen Cireulationsstörungen in 
den Corpora cavernosa gesehen, andererseits in Irritationen der Nervi 
erirentes. teils dureh die physikalische Beschaffenheit des leukämischen 
Blutes, teils dureh Druck geschwollener Drüsen auf die Nerven des 
Plexus pudendus. Im vorliegenden Falle handelt es sich wahrscheimlich 
um eine (weiche) Thrombose in den Corpora cavernosa peuis, wie in dem 
-einzigen zur Obduetion gelangten Falle von Kast. 

Die Prognose ist dubiös. Es kann zur Vereiterung der Schwellkörper 
mit nachfolgender Prämie kommen. Die Allremeinprognose richtet sich 
nach der Prognose des Grundleidens. Verfasser wird Röntzentherapie 
einleiten. K r. 


IV. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 


ER Dec 


X. Delore et G. Cotte: Prostatectomie transvésicale. (Lyon 
medical 1905, 47, p. 767.) 


Delore und Cotte stellten in der Sitzung der Société des sciences 
médicales de Lyon am 25. October 1905 einen Patienten vor. an dem sie 
die transvesicale Prostatectomie nach Frever ausgeführt hatten. Der 
60 jährige Mann war schon seit Jahren dysurisch: ohne daß es zur aruteun 
Retention kam, wurde die Mietion immer schwieriger und im den letzten 
14 Tagen war mehrfach Katheterismus erforderlich: darauf hatte er 
Hämaturie und leichtes infeetiöses Fieber. Beim Eintritt in’s Kranken- 
haus bestand ineomplete ehronische Harnretention und Entleerung der 
Blase durch Ueberlaufen (Ischuria paradoxa): der Harn war klar, enthielt 
viel Eiweiß. der Residualharn betrug 150 cem. Die Prostata war groB. 
bei bimanueller Palpation vom Bauch aus fühlbar. Kein Stein. Nach der 
Eröffnung der Blase dureh die Sectio alta. trat, wie erwartet. die Prostata 
in Gestalt eines großen Tumors hervor. Die untere Wand der Blase hinter 
der Harnröhre wurde über dem hervortretendsten Teil des Tumors incidirt. 
Mit Hilfe eines Zeigetfingers im Mastdarm war es von der Incisien aus 
leicht, den Tumor auszuschiilen und die beiden Lappen der Driise aus 
ihren Lagen zu entfernen. Der mittlere Lappen wurde mit dem rechten 
Seitenlappen, auf dessen Kosten er sieh entwickelt hatte. entfernt. Die 
Pars prostatica urethrae war weit offen. Eine heiße Spülung stillte die 
Blutung. Dauerkatheter und zwei Drains vom Bauch aus in die Blase. 
Tärliehe Blasenspülunz durch Katheter und Drains. Naeh acht Tagen 


— 365 -- 


Werlassen der Drains. Heilung mit durcheäneiger Harnröhre, normaler 
Miction, totaler Entleerung der Blase. 

Die Heilung ging rasch von statten, die Operation war leicht und ging 
schnell. Um Blutungen zu vermeiden, darf man die vordere Wand der 
Blase nicht zu tief unten incidiren (Plexus Santorini’. 

Mankiewicz. 


F. Lewy: Die Spermatorrhoe und ihre Behandlung. (La 
Presse médicale 1905, 33.) 


Die Symptomatologie der Spermatorrhoe läßt sich kurz zusammen- 
fassen: Zuerst treten nächtliche Pollutionen auf; die unfreiwillige Samen- 
entleerung findet im Sehlafe statt: crotische Triume und wolliistige Ge- 
fühle begleiten die Emissionen des noch normalen Samens. Nach und 
nack schreitet die Krankheit fort, die Intervalle zwischen den Pollutionen 
werden immer kürzer, die Pollution erfolgt ohne Sensation und ohne 
Erection. In der letzten Periode kommt es auch zu Pollutionen am Tage, 
bei der Mietion, bei der Defäcation, bei einer noch so geringen Erregung 
wird der Samen entleert. In dieser Beschreibung spielt das psychische 
Phänomen, der Traum, nur in der ersten Periode eine Rolle, wird nur epi- 
sodiseh erwähnt und so gering an Wert erachtet, daß die Therapie darauf 
keine Rücksicht nimmt. Dieser Vernachlässigung gegenüber betont 
Lewy die Wichtigkeit des Zusammenhanges von Traum und Pollution 
und meint, diese Beziehung dürfe nie aus den Augen verloren werden; 
es sei zwar wahr, daß mit dem Fortschreiten des krankhaften Zustandes 
der Act sich dann unbewußt und unabhängig vom Traum vollziehe, doch 
müsse man hierfür als Ursache die Gewohnheit und die Veränderungen 
der Nervenzellen, die die Folge sei, ansehen; dadurch werde der vorerst 
bewußt psychische Act zu einem unbewußt psychischen Act. 

Wenn man das Phänomen der Spermatorrhoe so auffaßt, gelangt man 
zu einer rationellen Therapie, zur Psychotherapie. Das Schema derselben 
sei folgendes: 1. Hygiene: Ausschaltung der Ursachen der äußeren und 
inneren leichten Erregbarkeit und Reizbarkeit. 2. Eigentliche Therapie 
in psychischer Hinsicht dureh Schutz und Ueberwachung vor heftigen Er- 
regungen, durch Anraten eines ruhigen und regelmäBigen Lebens, durch 
Vermeidung der Rückenlage und zu warmer Bedeckung in der Ruhe und 
im Schlaf: durch Hintanhalten Jeder Erregung besonders in gesehteecht- 
lieher Beziehung. Die geschlechtlichen Beziehungen müssen geregelt 
werden, lasterhafte Gewohnheiten event. zwangsweise verhindert werden: 
zu reiche Nahrung, Wein, Alkohol, Kaffee sind sehädlich und müssen ge- 
mieden werden. Körperlich tritt die bei allen nervösen Erregungen üb- 
liche Therapie ein: Baldrian, Kampher, Brom, Hydrotherapie, Elektri- 
zität, kalte Duschen, kalte Klystiere Abends. Nur selten kommen Lalle- 
Inand'‘sehe Kauterisationen in Frage, wenn die Krankheit durch Gonor- 
rhoe bedingt ist. 


— 366 — 


Trousseaus Prostatacompressoren, Didays Zinnplatten am 
Unterbauch haben Wert, aber wohl immer nur durch die Suggestion, daB 
etwas zur Heilung geschieht. Doch alle diese somatische Therapie ver- 
mag wenig oder nichts im Vergleich zur eigentlichen Psychotherapie. Der 
Arzt muß auf den Gedankengang des Patienten eingehen, er ınuß sich 
intim mit seinen Ideen beschäftigen, ihn ausfragen, er muß ihn aufmerk- 
sam und sorgsam studiren, er muß seine Gewohnheiten und seine Phanta- 
sien, seine Furcht vor den Folgen der Erkrankung kennen lernen, er muB 
seine Laster (Onanie) erforschen, seinen Gedankenflug folgen lernen. ihn 
sozusagen psyehisch analysiren. Hierdurch erwirbt er sich das velle Ver- 
trauen des Patienten, er gewinnt Einfluß auf ılın, er kann die irriren 
Ideen des Kranken richtigstellen, seine Fureht beseitigen, ihn willens- 
stark ber der Bekämpfung übler Gewohnheiten machen, mit einem Wort, 
seine psychischen Funetionen wieder ın Ordnung bringen und riehtig- 
stellen und mit Vernunftgriinden und Ueberredung, durch Rat und Ueber- 
zeugung ihn erziehen und wieder aufrichten; freilich darf er dabei nie 
cie Findrucksfähigkeit und den Grad des intellectuellen Verständnisses 
des Individuums aus den Augen verlieren: nach diesen letzteren Mo- 
menten muß sich auch die Häufigkeit dieser „erzieherischen“ Sitzungen 
richten. Die Krankheit verursacht im Organisinus oft auch nervöse Stö- 
rungen, die bis zur Geistesstörung sich steigern können. Diese müssen 
ernsthaft in Betracht gezogen werden: denn manchmal sind Spermator- 
rhoe und nervöse Störungen nur gemeinsame Manifestationen eines neuro- 
pathischen Grundzustandes, der allein der Gegenstand der Sorge des 
Arztes sein soll. In anderen Fällen besteht die Grundkrankheit in den 
Samenverlusten, denen sich dureh die rervöse Erschöpfunz functionelle 
Störungen zugesellen. Hier muB man den Organismus zu kräftigen 
suchen. Wiederum in anderen Fällen ist die Krankheit überhaupt ein- 
gebildet: dureh Leetüre mit der Krankheit bekannt geworden, glauben 
die Patienten au ihr zu leiden und klagen alle ihre Symptome: hier 
feiert die psyehische Behandlung ihre besten Triumphe. 

Mankiewicz. 


Priv.-Doz. Dr. K. Ullmann: Drei Fälle von Hodentuberculose. 
wesentlich gebessert durch Bier’sche Stauung. (Wiener 
klin. Wochenschr. 1905, No. 47.) 


Verfasser stellte in der Gesellschaft der Aerzte in Wien tin der 
Sitzung vom 16. November 1905) drei mit Stauung behandelte Genital- 
tubereulosen vor, aus deren Krankheitsverlauf die günstige Wirkung 
dieser Methode auf den AushetlungsproceB der gestauten Partie schen 
nach kurzer Zeit deutheh nachzuweisen war. 

Der erste Fall betrifft einen 35 jährigen, mit schwerer Lungentuber- 
eulose behafteten Mann. Bei dem seit zwei Jahren lungenkranken Px- 
tienten entwickelte sieh vor etwa 7 Jahren ein Infiltrat im Nebenhoden, 


— 367 — 


an dessen Uebergangsteil zum Samenstrang, das vor einem halben Jahre 
in Erweichung tiberging und ineidirt wurde. Der daraus resultirende 
breite Fistelgang secernirte reiehlieh dünnen, serösen Eiter. Vor etwa 
fünf Wochen trat Patient in Verfassers Behandlung. Er war hochgradig 
herabzekommen und vermochte kaum zu gehen. Gegen seine Cystitis 
putrida hatte er sich bisher selbst täglich Borspiilungen gemacht, die 
Verf. zunächst dureh 10 proc. Isoform-Parraffinemulsion (50,0) in die aus- 
rewaschene Blase ersetzte, womit er wie regelmäßig in Fällen von Blasen- 
tuberculose rasche Abnahme der Eiterunz und der subjeetiven Beschwer- 
den erzielte. Gestaut hat Verfasser mittels weichen, elastischen, etwa 
4 em breiten Gummibandes täglich oder jeden zweiten Tag. aufangs eine 
halbe bis über ein Stunde. Die Binde wird über dem ganzen Genitale, 
Penis und Serotum, möglichst weit oben angelegt und bis zur beginnen- 
den Cyanose zugezogen, dann aber etwas gelockert, bis die Haut wieder 
blaß rosa erscheint. Je länger die Binde liegt, desto wirksamer ist das 
Verfahren. Tritt schmerzhafte Spannung ein, so muB wieder etwas ge- 
loekert werden. Trotz der noch relativ kurzen Dauer dieser Behandlung 
von etwa drei Wochen, die der Patient ohne jede Beschwerde verträgt. 
ist die [Infiltration deutlich verkleinert, die Seeretion auffällix vermindert. 
dabei der Kräftezustand und Appetit. wesentlich gehoben worden. 

Der zweite Fall betrifft einen 34yjährigen, sehr kräftigen, gut we- 
nährten Arbeiter. Pat. war seit zwei Jahren mit linksseitiger, seit 
1’: Jahrenmit beiderseitiger Epididymitis und mächtiger Prostatitis 
tubere. behaftet, und unter indifferenter Behandlung trat beiderseits im 
Nebenhoden Erweiterung und Abseeßbildung auf. Um die directe Causa- 
lität zwischen Stauung und Resorption festzustellen, staute Verf. in diesem 
Falle nieht das ganze Genitale, sondern nur die wesentlich größere rechts- 
seitire Hodenzeschwulst. Zur Zeit, wo Verf. den Fall vorstellte. d. h. etwa 
26 Tage nach Beginn der Stauung, war ein GroBenunterschied zwischen 
rechts- und Jinksseitiger Gieschwulst nieht mehr festzustellen. Die Stau- 
ung hatte also einen wesentlichen Eintluß auf die Abschwellung des rechts- 
seitizen Hodens. Auch hier bestand keine Störuns des Allzemeinbefindens 
infolre der Stanung. 

Am beweisendsten erscheint der Verlauf des dritten Falles. 

Er betrifft einen ZSjähriren Tausdiener, dessen linksseitige Hoden- 
geschwulst anfangs October 1905 angeblich plötzlich im Anschluß an das 
Heben einer schweren Last auftrat. Die Hodengeschwulst wurde seit dem 
22. October 1905 fast tärlich gestaunt. Dauer der Stanung 30—75 Minuten. 
Schon nach der fünften, sechsten Procedur fühlte Patient ein Leichter- 
und Kleinerwerden des zu Beginn der Procedur noch zänseeieroßen Tu- 
mors. Zur Zeit der Vorstellung ist nur ein etwa haselnußeroßer, scharf- 
umschriebener, ziemlich derber und schmerzhafter Knoten mit einem 
spindehizen Fortsatze, entsprechend dem Vas deferens resp. Samenstrane, 
zu palpiren. Kr. 





— 836$ — 


M. Simmonds: Ueber Frühformen der Samenblasentuber- 
culose. (Virch. Arch., 183. Bd., S. 92.) 


Auf Grund von 15 Fällen von auf dem = Secirtiseh beobachteter 
Samenblasentubereulose berichtet der durch seine Arbeit über die Ur- 
sachen der Azoospermie (D. Arch. f. klin. Med., Bd. 51., 8S. 437) auf diesem 
(tebiete bekannte Autor über die Frühformen der Samenblasentubereulose. 
Bisher kannte man als frühestes Stadium bei Tuberculose der Samen- 
blasen eine oberflächliche Nekrose der Schleimhaut. die man als diphthe- 
Toide bezeichnen konnte: die Schleimhaut erscheint körnig, charrinirt, 
mit feinen Fetzen besetzt, ähnlich einer Endometritis oder Salpingitis 
tubereulosa reeens, mit flockenhaltirem bis rahnızem Inhalt. Das Mikro- 
skop erweist die Zerstörung des Epithels und seinen Ersatz durch nekro- 
tische Massen; Rundzellenintiltrate mit Riesenzellen und vereinzelten 
typischen Tuberkeln legen in den tieferen Schichten der Mucosa und in 
der Submueosa. Diesem diphtheroiden Stadium weht aber ein früheres 
Stadium voraus ohne makroskopische und oft auch ohne mikroskopische 
Veränderung der Schleimhaut: nur der Samenblaseninhalt 
ist verändert,erjisteitrie: man findet inihm nur Eiterzellen 
neben abrestoßenen Epithelien, Spermatozoen und vielen 
Tuberkelbacillen ohne: andere Eitererreeer: Spermato- 
cystitis purulenta e tubereulosa. In sechs Fällen dieses frühesten 
Stadiums fanden sich bei der mikroskopischen Untersuchung der Schleim- 
haut gar keine pathologischen Veränderungen, oder ganz geringe nicht 
specifische Proliferationsvoreänze an der Epithelauskleidung und be- 
schriinkte kleinzellige Infiltrate. In neun weiteren Fällen fanden sich in 
der Schleimhaut mehr oder weniger ausgeprägt die oben charakterisirten 
Veränderungen des früher als erstes Stadium angenommenen pathologi- 
schen Befundes. Der Proceß verläuft also ungefähr so: Zuerst Auftreten 
von hoch schen Bacillen im Inhalt, dieselben vermehren sich im stag- 
nirenden Inhalt der Samenblase erheblich; dadureh wird die Flüssirkeit 
nach und nach eitrig (ohne andere progene Mikroben): die Wandung er- 
krankt. das Epithel proliferirt und desquamirt: Rundzelleninfiltrate im sub- 
epithelialen Gewebe treten auf und können starke Herde bilden; das Epi- 
thel zerfällt: Riesenzellen treten auf: Wancdinfiltrate erscheinen mit Tu- 
berkeln von trpischem Bau: der Inhalt diekt sich ein und verkäst, so daß 
das typische Bild der Spermatoeystitis tubereulosa: eine Höhle mit käsi- 
gem Inhalt, entsteht. Also zuerst exsudativer Katarrh, dann Erkrankung 
der Wandungen, die später in die Tiefe geht. Dre Erkrankung 
nimmt also vom Inhalt der Samenblasen ihren Aus- 
gang. m Bezug auf den Weg der Infection schließt S. die hämatogene 
Infection aus, die Möglichkeit einer Verschleppung von Bacillen aus an- 
deren Organen der Sexualsphäre giebt S. zu (aber nicht in der dem 
Secretstrom entgegengesetzten Richtung!). pliidirt aber am meisten für 
die Infection durch ,Ausseheidungstuberculose™, d. h. die Tuberkelbacillen 


| = 300 — 


werden in den gesunden Hoden oder in den Samenblasen tuberculôser 
Individuen in das Innere der Kanälchen oder Samenblasen ausgeschieden 
und verursachen dort pathologische Veränderungen. 

Diese Feststellungen erklären leicht die Infection weiblicher Geni- 
talien durch Sperma, dessen körperliche Elemente die Träger von Tu- 
herkelbacillen sind. Mankiewicz. 


V. Blase. 


C. Bruni: Il metodo Cathelin nella cura dell’ incontinenza 
essenziale el’ opina. (Riforma medica 1905, XXI. +7.) 
Die zur Heilunz der Enuresis noeturna so zahlreich angegebenen Ver- 


fahren: methodische Erziehung zur pünktliehen Harnentleerung, Dila- 
tation des Blasenhalses, Instillationen, Elektrizität in allen Formen, ver- 
sagen oft. Cathelin hat 10 cem-Injectionen von Cocainlôsungen oder 
physielogischer Kochsalzlésung in den epiduralen Raum empfohlen. Der 
Kranke liegt dazu auf der linken Seite mit in der Hiifte starkgebeugten 
Beinen. die an den Bauch gezogen sind, um die Gegend des Kreuzbeines 
und das Ligamentum sacrale posterius hervortreten zu lassen. Nun sueht 
man den Hiatus sacralis auf, der seitlich von zwei Tuberkeln des fünften 
Sacralwirbels, oben von einer Knochenkante des Kreuzbeins begrenzt 
wird. Dieser abzeerenzte Raum fühlt sich wie eine Depression an. In 
ihn sticht man mit einer 6 em lanzen Platiniridiumnadel von "/» mm 
Durchmesser ein, führt die Nadel vertical bis zum Knochenwiderstand 
uud senkt sie dann fast bis zur horizontalen Linie. Langsam injicirt 
man nun. am besten 1 proc. Stovain-Kochsalzlösung, selbstverständliech 
ent sterilisirtt, mit aseptischer Spritze. Verschluß der Oeffnung mit Collo- 
dium. Br. hat bei über 100 Imjeetionen bei 23 Knaben miemals Unan- 
nehmtlichkeit gehabt. erzielte 7 Erfolge, 10° Besserungen, 6 MiBerfolge. 
Uathelin will aueh bei Spermatorrhoe und Cystitis dolorosa gute 
Erfolge gesehen haben. - Mankiewicz. 


Dr Ferdinand Kornfeld (Wien): Ein Fall von Bacteriurie. 
(Wiener klin. Rundschau 1906, No. 12.) 


Der 25 fihrige Kranke wurde vor 47: Jahren angeblich von einer 
éonorrhoischen Infection befallen. Es stellte sich Trübung des Harnes 
ein und damals schon wurde eonstatirt. daß die Blase für ca. = Liter 
insufficient sei. Seit den letzten vier Jahren wurde Pat. wegen dauern- 
der Harntrübung beständig local und intern CUrotropin und Helmitol 
2—4 e täglieh) behandelt, ohne Erfolge. Am 10. Januar 1906 kam er in die 
Behandlung des Verfassers. Nach Sicherung der Diagnose Bacteriurie, 
welche die vorher von anderen Aerzten vermutete Uystopvelitis corrigirte, 


— 870 — 


ving Verfasser direct gegen den bestehenden Residualharn (700 cem? 
mittels evacuatorischen Katheterismus und überdies mit täglichen aus- 
eiebiren Waschungen der Blase mit Lösungen von Hydrareyrum oxy- 
eyanatum (1:5000) geren die Bacteriurie vor. Bereits nach fünf Spiilungen 
wurde der Harn vollkommen klar. Die auf 200, nach 14 Tagen auf 60 cem 
reducirte Residualharnmenge wurde durch fortgesetzten Katheterismus, 
der vom Patienten anfangs allabendlich selbst, später drei- und zweimal 
wöchentlich ausgeführt wurde, vollkommen behoben, so daß er jetzt seine 
Blase ohne Katheter vollständig entleert. Kr. 


Hans v. Haberer: Fall von entzündlichem, intramuralem 
Blasentumor. (Wiener klin. Rundschau 1906, No. 20.) 


Der 30 jiihrige Patient wurde im Jahre 1902, und zwar im März auf 
der rechten, im November auf der linken Seite wegen inguinaler Hernien 
operirt. Beide Male fanden sieh einfache Verhältnisse, die Heilung war 
jedes Mal ohne Anstand per primam erfolgt. Niemals hatte der Patient 
im Anschluß an die Operation Harnbeschwerden. Der Patient verspürte 
seit 14 Tagen einen eontinuirlichen Druck in der Blasengerend, litt seit 
dieser Zeit an starkem Harndrang und empfand beim Uriniren eimen 
brennenden Schmerz in der Blasengegend. Fieber trat nicht auf, doch 
marerte Patient in letzter Zeit ab und der Appetit lag darnieder. Keine 
venerische Affeetion. Der Harn war klar, enthielt jedoch Blut in Spuren. 
Die Palpation ergab unmittelbar über und rechts von der Symphyse einen 
etwa kındsfausteroßen Tumor von glatter Oberfläche und beträchtlicher 
Consistenz. Der Tumor De sieh in mäßigem Grade seitlich verschieben. 
es bestand keine Spur von Druckempfindlichkeit. Die eystoskopische 
Untersuchung ergab, daB die hintere und rechte Wand der Blase in Form 
eines über walnußeroßen Tumors ins Blaseninnere vorsprang. Ueber 
der Kuppe dieser Geschwulst zeigten sich in der sonst normalen Schleim- 
haut zwei nekrotische Stellen, aus welehen es bei leisester Berührung 
blutete. Hiernach wurde als wahrscheinlich ein maligner Tumor der 
Blase angenommen. Da sich von dem Tumor aus ein Strang gegen den 
Nabel hin verfolgen hieß, wurde auch an einen Zusammenhang des Tumors 
mit dem Urachus gedacht. Bei der Sectio alta fand sieh die linke Blasen- 
wand von einem entzündlichen Fumor eingenommen. Von ihm aus zog 
ein schwielizer Strang in der Mittellinie nach oben. Eine Incision dieses 
Tumors eröffnete eine große, mit nekrotischen Gewebsmassen und ste- 
rilem Eiter erfüllte Höhle. Nach rechts war die Bassininarbe zu tasten. 
Die Zerfallshöhle wurde mit dem scharfen Löffel ausgeräumt. Ausgiebie» 
Drainage beendete den Eingriff. 

Die Entstehungsart des entzündlichen Tumors ist nach Verfasser am 
uugezwWungeusten mit dem an der rechten Seite ausgeführten Bassini im 
Zusammenhang zu bringen. Kr. 


ae 


Gauthier: Epingle à cheveu dans la vessie d'une femme: 
nouveau procedé d'extraction trés simple. (Lyon médical 
1905, 43, p. 629.) 


G. delinte unter Narkose die Blase mit 105 cem Wasser aus; eine 
erößere Anfüllung der Blase würde den Fremdkörper zu beweglich 
machen, eine geringere nicht seine Fixierung im Blasenmuskel 
hindern. Dann dilatırte G die Harnröhre mit geschlossen eingefülrter 
und geöffnet herauszezogener Pince. Der nun in die Blase eingeführte 
kleine Finzer der linken Hand erkaunte bald die Nadel, deren freie Enden 
einerseits, deren runde Verbindung andererseits. Ein neben dem Finger 
eingetiihrter stumpfer Haken von der Form eines Schuhanziehers faßte 
unter der Leitung der Pulpa des kleinen Fingers das runde Verbindungs- 
stück der Nadel und zog diese ohne Verletzung heraus. Dies einfache 
Verfahren soll, wenn andere Llilfsmittel (Cystoskopie etc.) nicht zur Ver- 
fügung stehen, ausreichen. Rollet empfiehlt die Anwendung des 
Hirschbere'schen für die Fremdkörper des Auges construirten 
Magneten; derselbe hat ilin in einem ähnlichen Falle gute Dienste ge- 
leistet. dürfte aber noch seltener als das Cystoskop im Besitz des Prak- 
tikers sein. Mankiewiez. 


A. Th. Kablukoff: Die Echinokokkenkrankheit in der 
Krim. Beitrag zur Casulstik des Echinococcus der ver- 
schiedenen Organe und Gewebe des menschlichen 
Körpers. Echinococcus des recto-vesicalen Zellen- 
gewebes. (Medicinskoe Obosrenie 1905, No. 16.) 

C. B., 7 Jahre alt, Bauernsohn, wurde am 21. Juli 1905 wegen er- 
schwerter Harnentleerunz aufgenommen. Der Patient ist regelmäßig ge- 
baut und ziemlich gut genährt. Die Function der Organe der Brust- 
und Bauchhöhle ist nicht gestört. Temperatur normal. Harn durehsichtie, 
rein, ohne Blut. Bei der Untersuehung der Blase mit der Sonde wurde 
ein Stein nicht gefunden, wohl aber in der Blaseuhöhle an der hinteren 
Wand der Blase eine umfangreiche. glatte Gesehwulst entdeckt, die fast 
die gesamte Blasenhöhle ausfüllte. Diese Gesechwulst konnte, nachdem 
die Blase mittels Katheters entleert war, aueh dureh die Bauchwände 
deutlich palpirt werden: sie hatte die Größe einer KokusnuB, war rund 
und reiehte mit ihrer oberen Grenze nicht bis zum Nabel. Die wieder- 
holte Untersuchung der Blase ergab stets ein und dasselbe Resultat. Eine 
Untersuchung per anum fand nieht statt. Der Patient urinirt sehr häufig 
und mit großer Mühe. 

29. Juli: Seetio alta. Nach Eröffnung der Blasenhöhle erblickte man 
in der Dieke der hinteren Blasenwand ganz deutlich eine Geschwulst von 
der Größe einer Kokusnuß, die in Form einer Kugel in das Lumen der 
Blase hineinragte und bis zur vorderen Blasenwand vordrang. Die Ge- 
schwulst zeigte elastische Consistenz und deutliche Fluetuation. Die 
Schleimhaut der hinteren Blasenwand war vollständig normal und konnte 


— 3i2 — 


mittels Pincette oberhalb der Geschwulst frei hin- und herbewegt werden. 
Es war klar, daB die Schleimhaut mit der darunterliezenden Gesehwulst 
nicht verwachsen ist. Sämtliche physikalischen Eigenschaften der Ge- 
schwulst sprachen für Echincoceus. Die Probeineision der Geschwulst, 
die von der geöffneten Blasenhöhle aus gemacht wurde, förderte 
durehsichtige, für Echinococeus charakteristische Flüssigkeit zu Tage. 
Nun fragte es sich, wo der Echinococeus localisirt war, und in welcher 
Weise er am bequemsten operirt werden konnte. Die Digitaluntersuchung 
per anum ergab, daß die Geschwulst in Form eines Kreissegments in das 
Lumen des Darmes hineinragt und 5—6 cm oberhalb des Sphincters liegt. 
Die vordere Darmwand lieB sich oberhalb der Geschwulst frei hin- und 
herbewegen. Letztere law somit zwisehen Blase und Darm. Nun wurde 
beschlossen, operativ per anum vorzugehen. Vor allem wurden auf der 
Blasenincision drei Nähte angelegt, und auf diese Weise zwei Drittel der 
Incision geschlossen: durch den unteren Winkel der Incision wurde in 
die Blasenhöhle ein Drain eingeführt und zur Ableitung des Harns ein 
Heber eingestellt. Die Wunde der Bauchdecken wurde teilweise, d. bh. 
mit Ausschluß des unteren Winkels, durch welchen die Blasendrainare 
hindurchging, vernaht. In das Cavum Retzit wurde ein Tampon aus Jodo- 
formyaze eingeführt. Hierauf wurde der Mastdarm durch laterale Spiegel 
entfaltet. die vordere Mastdarmwand oberhalb der Geschwulst mittels 
scharfer Haken gefaBt und in einer Ausdehnung von 3—4 cm gespalten. 
Dureh diese Ineision wurde dann die Geschwulst ineidirt. aus deren Höhle 
ca. drei Gläser voll klarer Flüssigkeit flossen und eine solitäre Echino- 
eoceusblase von der Größe einer mittleren Apfelsine hervorgezogen 
wurde. Die Wandungen des Echinecoecussackes wurden mit der Schleim- 
haut des Mastdarms zusammengenaht, in die Höhle ein Drainrohr ein- 
geführt. das aus dem Darm nach außen hinauszeleitet wurde. Verband 
des Abdomens wie bei Sectio alta üblich. 





30.--31. Juli: Abends Temperatur unbedeutend gesteigert, 35,1 bis 
38.2”.  Allegemeinzustand befriedigend. Die Harnableitung durch den 
Heber geht regelmäßig vor sich. Stuhl dureh Opiumeaben künstlich ange- 
halten. Aus dem Drain fast gar keine Secretion. 

1.—7. August: Temperatur normal. Harnentleerung nach wie vor. 
Secretion durch den Drain unbedeutend, klar. gleiechsam serös. 

H August: Beim ersten Verbandwechsel wurden die Nähte von der 
Bauchwand entfernt. Prima intentio. Entfernung des Blasendranmis. 

9—15. August: Die suprapubische Wunde ist durch Granulationen 
zeschlosen. die Blasenöffnung gleichfalls geschlossen. Der Patient uri- 
nirt normal per urethram. Fieber besteht nieht. Stuhl täglich. 

16. August: Der Darmdrain wurde entfernt, da Seeretion fast gar 
nicht vorhanden war. 

17.— 21. August: Der Knabe ist vollständie gesund. Blasen- und Parm- 
funetion normal, schmerzfrei. Alleemeinzustand gebessert. 

22, August: Der Knabe wird als vollständig geheilt entlassen. 


Mo Lubow ski. 


#0 = 


VI. Ureter, Niere ete. 


Dr. G. v. Illyes: Ueber den therapeutischen Ureter- 
katheterismus. Aus der I. chirurgischen Universitätsklinik zu 
Budapest. (Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. 76, H. 1) 


Verfasser berichtet über einige Fälle, in denen er den Katheterismus 
der Ureteren zu therapeutischen Zwecken verwendet hat. In dem einen 
Falle handelte es sieh um eine Nierensteinerkrankung, die sieh in einer 
Wanderniere entwickelte und dem Kranken beim Liegen keine Un- 
annehmlichkeiten verursachte. Als er aber aufstand, keilte sich einer der 
Steine in den Ureter ein, es entstand eine Retention im Nierenbecken, 
wodurch der infieirte Harn, am Abfließen verhindert. heftige Schmerzen 
und mit Schüttelfrest einhergehendes Fieber verursachte. Später. als 
der Ureterkatheter vorzeschoben wurde, wurde der Stein aus seiner 
Stelle verdrängt. der infieirte Harn konnte abfließen, die Retention 
nahm ein Ende. das Fieber hörte auf und die Schmerzen ließen 
nach. Als der Ureterkatheter entfernt wurde, fieberte der Kranke 
von neuem, fühlte sich aber wieder sogleich besser, sobald man dem im 
Nierenbeeken stagnirenden infieirten Harn durch den Ureter Abtluß ver- 
schaffte. resp. dessen Absonderung dureh das Liegenlassen des Katheters 
sicherte. Diese wiederholte Procedur bewies den therapeutischen Er- 
folge des Ureterkatheterismus mit absoluter Sicherheit. In dem zweiten 
Falle handelte es sieh um Pyelitis, wobei vielleicht dureh die geschwollene 
Schleimhaut des Ureters oder durch den zusammenzeklebten schleimig- 
eitrizen Detritus der AbfluB des infieirten Harns durch den Ureter 
gehemmt war, worauf der Urin im Nierenbecken stagnirte und der 
Kranke fieberte. Der Grund des Fiebers und damit die riehtige Ursache 
des Leidens, welches von gastrischen Erscheinungen und Lungenkatarrh 
begleitet war, konnten die behandelnden Aerzte nicht finden, bis die 
cystoskopische Untersuchung über den ProceB des rechten Nieren- 
beekens aufgeklärt hat. Sobald man durch den eingeführten Ureter- 
katheter den im Nierenbeeken stagnirenden Harn heraustließen Heß 
und durch das Liexenlassen des Katheters den weiteren Abtluß sicherte, 
hocte das Fieber des Kranken auf, und er fühlte sieh besser. Es wurde 
somit dureh Einführen des Ureterkatheters das schwerste Symptom þe- 
hoben, nämlich die Stagnation des inficirten Harns tm Nierenbecken, wo- 
durch ein eventueller größerer operativer Eineriff überflüssie wurde. 

In dem dritten Falle handelte es sich um eine rechtsseitige Nieren- 
tubereulose, welche die Niere grofitenteils zu Grunde richtete. Es kam 
zur Retention im rechten XNierenbeeken, wahrscheinlich durch Ver- 
stopfung des dureh Schleimhautschwellung schon an sieh verengten 
Ureterlumens mit Detritus. Auch in diesem Falle trat nach dem Ab- 
lassen des Harns mittels Katheters Besserung ein, die Schmerzen ver- 


Be 


schwanden, der Patient fühlte sich besser, willigte in keine Operation 
ein und verließ die Klinik. 

In dem vierten Falle handelte es sich um eine Nierensteinerkrankung 
und um eine beiderseitige Pyelonephrosis, welehe letztere rechterseits vor- 
geschrittener war, trotzdem der Kranke besonders in der linken Nieren- 
gerend ausstrahlende Schmerzen fühlte. Im rechten Nierenbecken 
siarnirte der eitrige Harn; nach Entleerung des Harns mit Hilfe des 
Ureterkatheters ließen die Schmerzen nach, und der Zustand des Patienten 
wurde erträglicher. Ein weiterer operativer Eingriff war nicht indieirt. 
weil es sich um eine beiderseitige Nierenerkrankung handelte und die 
Zeichen der Niereninsufficienz auch im Blute nachweisbar waren. 

Im fünften Falle handelte es sich um eine mit Nierensteinen 
complieirte Pyonephrose. Da sich durch den voraus eingeführten Ure- 
terenkatheter von dem dieken Eiter nur wenige Tropfen entleerten. wurde 
die Nephrostomie ausgeführt. Die Nierenfistel verheilte: es gelang 
jedoch, wenn auch schwer, durch das Hindernis im Ureter, welches die 
Retention im Nierenbeeken verursachte, den Ureterkatheter Jurchzu- 
führen. den stagnirenden Harn zu entleeren, worauf aueh der Nierentumor 
verschwand. Der Zweck war hier, den Ureter durchgängig zu machen, 
damit die Stagnation in der Niere aufhöre und ein weiterer größerer 
operativer Kingriff übertlüssiz werde. Dieses Bemühen miBlang. Man 
konnte den Ureterkatheter, der wegen einzetretener Verstopfung ent- 
ferut werden mußte, neuerdings durch das Hindernis im Ureter nicht 
Gurehführen, worauf die Stagnation im Nierenbecken sich wieder ein- 
stellte und die Niere entfernt werden mußte. In diesem Falle war also 
der Ureterkatheterismus nur ein die Retention im Nierenbecken auf- 
hebender palliativer Eingriff. 

Mehr oder minder ähnlich lauten die zwei weiteren Fälle, die Verf. 
mitteilt. In allen Fällen war also der Ureterenkatheterismus ein thera- 
peutischer Eineriff, der in einem Falle von mehr, im anderen von weniger 
Erfolg begleitet wurde. Hinsichtlich der Gefahrlosigkeit dieses Eingriffs 
und der Einfachheit dieser Untersuchungsmethode überhaupt denjenigen 
schweren und größeren operativen Eingriffen gegenüber, die man in 
ähnlichen Fällen auszuführen pflegt, glaubt Verf., daß man in solchen 
Fällen an die Ausführung des Ureterenkatheterismus denken müsse, da 
man dureh denselben in manchen Fällen eine endgiltige Heilung. m 
anderen eine wesentliche Besserung oder selbst ein Autliören des einen 


oder anderen schweren Symptoms erreichen kann. M. Lubowski. 


Prof. S. P. Fedorow (Petersburg): Beitrag zur Chirurgie der 
Ureteren. (Wratschebnaja Gazetta.) 


Verfasser berichtet über einen Fall, der eine Frau betrifft, die an 
Nierensteinkoliken gelitten hat. Die Anfälle wiederholten sich alle zwei 
Monate. Plötzlich stellte sieh vollständige Anurie ein, die 36 Stunden an- 


— 475 — 


hielt. Durch Katheterisirung der Ureteren und dureh Injection von Pro- 
venceröl in dieselben gelang es. einen Abgang von Harn zu erzielen: nach 
12 Stunden stellte sich aber wieder Harnverhaltung ein, und infolgedessen 
machte Verfasser den Lumbalschnitt und entfernte aus dem linken Ureter 
einen Stein von der Größe einer Cedernuß: die Wunde des Ureters wurde 
mittels Catgut verniht. Die Patientin erholte sich, trotzdem die Ope- 
rationswunde eiterte. Der zweite Fall betrifft eine Patientin mit einer 
Scheidentistel. durch welche Harn abging, sowie mit Intiltraten in der 
rechten Darmbeingrube. Verfasser machte hier eine oblique Incision fast 
bis zur Symphyse, suchte im Infiltrat 17/2 Stunde lang, ohne den Ureter 
finden zu können. Er spaltete dann das Infiltrat in querer Richtung, 
durchsehnitt dabei den Ureter und nähte dessen centrales Ende in 
die Seitenwand der Blase ein. Die Wunde eiterte stark und schließlich 
enstanden zwei Harnfisteln: in der Scheide und in der Bauehwunde. Die 
Patientin begann stark zu fiebern und infolgedessen sah sich Verfasser 
veranlaßt, die Niere zu entfernen, und hierauf erholte sich die Patientin. 
M.Lubowski. 


Dr. W. N. Derewenko: Papillome des Nierenbeckens. (Wra- 

tschebnaja Gazetta 1906. No. 6.) 

Vertasser hat in der Klinik des Prof. S. P. Fedorow folgende Fille 
beobachtet: Die betreffende Patientin klagte bei der Aufnahme über Blut- 
harnen. Durch Katheterisation der Ureteren gelang es festzustellen, daß 
das Blut aus der linken Niere kommt. Diese Niere war auch palpabel 
und dislocirt. Bei der Einführung eines Katheters in den linken Ureter 
foB aus der Niere auf einmal eine große Quantität Harn hinaus. Man 
vermutete hämeorrhagische Nephritis und Hydronephrose infolge von 
Kniekunz des Ureters. Hierauf wurde die Niere dureh Lumbalincision 
freigelegt. In der That fand man eine Kniekung des Ureters, der 
infolgedessen in Längsrichtung und quer in der Knickungsstelle wieder 
zusammengenäfft wurde. Im Nierenbeeken war nichts Abnormes vor- 
handen. Nach der Operation fieberte die Patientin längere Zeit, wobei 
mit dem Harn Eiter und Blut abgingen, und nach eimiger Zeit zerete sich 
in der Lumbalgegend eine Fistel, durch welche ein bedeutender Teil des 
Harnes abging. Infolgedessen wurde die Patientin zum zweiten Mal ope- 
rirt. wobei diesmal die Niere eutfernt wurde. Der Heilungsproceß ging 
langsam von statten. Die Patientin wurde mit einer kleinen Fistel ent- 
lassen. Tin Nierenbecken der entfernten Niere fand man drei Papillome, 
von denen das größte kirscheroß war. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab. daB die Neubildungen gutartiger Natur waren. M. Lubows kt. 


Dr. Robert Lichtenstein und Dr. Arthur Katz (Wien): Ueber 


functionelle Nierendiagnostik und Phloridzindiabetes. 
(Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 18 und 19.) 


Die Verfasser stellen auf Grund ihrer Untersuchungen folgende Sätze 
auf: 


I. Bei gesunden Nieren kommen Differenzen in der chemischen Zu- 
eammensetzunz des von Jedem Organ secernirten Harnes vor. 

Hl. Bei gesunden Nieren kann es nach Phloridziminjeetion zum Aus- 
bleiben beiderseitizer oder einseitiger Retardation der Zuekerausschet- 
dung kommen, bei zu verschiedenen Zeiten unternommenen Versuchen 
an demselben Individuum können differente Resultate erhalten werden. 

HI Bei kranken Nieren kann das Auftreten des Phleoridzindiabete- 
innerhalb der ersten 20 Minuten beobachtet werden, selbst wenn aus- 
redehnte Zerstöruneen des Nierenparenchyins vorhanden sind. 

iV. Bei Himden kann man trotz schwerster Läsion der Nieren (Stem- 
niere, NierenabseeB, Abtragung des oberen Pols, muitiple Verschorfun: 
mit dem Glühersen) innerhalb der ersten 10 Minuten das Auftreten des 
Phloridzindiabetes beobachten. 

V. Der klinische Wert der zeitlichen Zuekerbestimmung als Reagens 
für Gesund- oder Kranksein einer Niere ist zweifelhaft und unverlablich : 
Indicationsstellange für chirurgische Eingriffe an den Nieren auf Grun! 
dieser Probe allein zu stellen, ist unberechtiet. Nr. 


Rothsch ld: Die gegenwärtige Bedeutung der neueren 
Untersuchungsmethoden der functionellen Nieren- 
diagnostik für die Nierenchirurgie. (Medicinische Klimik 
1906, No. 9 u. 10.) 

Verf. stellt die Meinungen, welche auf dem Chirurgencongrel 1906 
von den Autoren anläßlich der Discussion über die functionelle Nieren- 
untersuchung ausgesprochen wurden, zusammen und kommt hinsichtlich 
des Ureterenkatheterismus zu dem Schluß, daß der doppelseitire 
Ureterenkatheterismus meistens unnötie und die Katheterisation des ge- 
sunden Ureters gvefiihbrlich sei, speciell bei Tuberculose. Dabei schemt 
Verf. den Eingriff der Uystoskopie selbst speciell bei Tuberculose zu 
untersehätzen, denn er scheut sith nicht. bei einem wesen Tubercilose 
nephreetomirten Patienten mehrere Male an verschiedenen Taxen den 
Katheterismus des restirenden Ureters der operirten Seite auszuführen. 

Die Methoden der Gefrierpunktsbestimmung des Blutes, des Harnes 
und der Zuckerbestimmune nach Phlorilzininjeetion hält vr für zu eo.uvli- 
cirt für den praktischen Gebrauch oder obne Bedeutung für die Erkennung 
von Nierenkrankheiten. Dagegen empfiehlt er die Bestimmung der in 
24 Stunden produeirten Harnstolfmenre, wie sie [srael angegeben hat. 
um die Funetion der Nieren zu prüfen. Die Arbeit brinet im einzelnen nichts 
Neues. Wer sieh ein Urteil über die funetionellen Nierenuntersuchungen 
schaffen will. wird gut thun, die grundlegenden Arbeiten darüber nach- 
zulesen. der wird auch Caspers Behauptung richte finden, daß das 
ursprinectich ven Nieto e censtruirte Uretereneystoskon vollkommen anker 
Gebrauch ist. Wie Nitze selbst in der Arbeit über Cystoskopie 
(Deutsche him, Ly A. 08.64) sart. benutzte er gewöhnlich ein von der 


— 311 — 


Firma L. u. H. Löwenstein angzefertirtes Instrument. Diese That- 
sache wird auch in dem Handbuch für Urologie von Frisch und 
Zuckerkandl (S. 653) bestätiet. E. Lewitt (Berlin). 


S. Teissier: Albuminurie orthostatique vraie (Revue meii- 
cale 1905, 233.) 


Die Albuminurie infolge aufrechter Haltung charakterisirt sich nicht 
allein dureh die Art ihres Auftretens, sondern auch dureh eine über das 
normale Maß hinausgehende moleeulare Diurese, dureh die gesteigerte 
Thätiekeit der epithelialen Ausscheidungselemente: meist ist ferner die 
Phioridzingly kosurte positiv. die Nierendurchganeigkeit erhoht, mauchinal 
findet man reine Albumosurie. Die Prognose ist gut, die Therapie ein- 
fach: Eisen oder Chinin abwechselnd mit Arsen in kleinen Dosen; etwas 
Brom gegen die Erregung; zweistündige Ruhe in horizontaler Haltung 
Vor- und Nachmittags, um von Zeit zu Zeit den Contact des Eiweißes 
mit den Nierenfilter zu unterbrechen; mäßige Hydrotherapie. 

Mankiewicz. 


Priv.- Doe. Dr. Bernhard Vas, Leiter des bakteriol. Instituts in 
Budapest: Ueber Typhusbacteriurie und deren Verhältnis 
zu den Nieren. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 13.) 


Die Typhusbacteriurie pflegt in der zweiten oder dritten Woche der 
Nrankheit aufzutreten, ausnahmsweise tritt sie schon in einem früheren 
Stadium em. Sie halt zuweilen kurze Zeit an. meistens eine bis zwei 
Wochen. Es sind aber verläßliche Daten über länzere Dauer vorhanden. 
So dauerte sie in einem Falle Horton Smith’s 50 Tage, nach Dri- 
galski in einem Falle Dönitz’ neun Monate lang. In einem Falle 
Houston`s waren bei einer drei Jahre hindureh anhaltenden Cystitis 
Typhusbacilen nachweisbar und Gwyns beobachtete sogar emen Fall. 
m welchem der Harn noch fünf Jahre nach Ablauf des Typhus Typhus- 
bacillen in groBer Anzahl entlnelt. 

Die Hiufiekeit der Typhusbacteriurie schwankt zwischen 20—25 pC t.; 
einzelne Autoren referiren über einen größeren Procentsatz. 

Die Anzahl der auszeschiedenen Baenllen ist gewöhnlich eine sehr 
grobe, so daß der Urin dureh sie ganz trübe werden kann. 

Besondere Aufmerksamkeit verdient bei der Typhusbaeteriurie die 
Frage, in welchem Zustand sieh die Nieren befinden. Einzelne Autoren. 
wie KonjJajeff,Schüder u. A. nehmen einen gewissen Zusammen- 
hans zwischen der Abscheidung der Typhusbachllen und der Erkrankung 
der Nieren an, der sieh in Albuminurie und Zylindrurie offenbart. 
Schüder stellte die diesbezüglichen Daten von 19 Autoren zusammen. 
aus denen erhellt. daß in 177 von 599 Typlusfällen, also bei 29.55 pCt.. 
Typhusbaeillen im Urin vorhanden waren. Am häufigsten zeigte sich die 
Typhusbaeternurie neben sehweren klinischen Erscheinungen, und in 


—- 378 — 


den meisten Fällen war auch Albuminurie vorhanden, so daf auf Grund 
dessen Schüder zur Schlußfolzerung gelangt, daß mit der Bacteriurie 
gleichzeitig auch die directe Erkrankung der Nieren einhergeht. Auch 
mehrere der neueren Autoren stellten das Vorhandensein des EiweiBes 
neben den Typhusbacillen im Urin fest, so Richardson, Gwyn. 
laut deren Wahrnehmungen die Typhusbacteriurie gewöhnlich in Be- 
gleitung von Pyurie, Nephritis, eventuell von Cystitis auftritt. Besson 
fand ebenfalls einen Zusammenhang zwischen den beiden Processen: er 
wies in 12 von 83 Fällen den Typhusbaecillus im Urin nach. der in 
11 Fällen Eiweiß in größerer Menge. in einem Falle in geringerem 
Maße anhielt. Nach Aufhören der Ausscheidung der Typhusbacillen ver- 
schwand auch das Eiweiß aus dem Urin. 

Entgegen diesen Meinungen betrachten Neumann, Heufeld 
und Andere die Typhusbaeteriurie als einen vom krankhaften Zustand 
der Nieren völlige unabhängigen Proceß. Ihrer Meinung nach besteht 
zwischen der eventuell beobachteten Albuminurie und dem Auftreten 
und Verschwinden der Baceteriurie kein wie immer gearteter Causalnexun. 
Aber auch diese Autoren sind nicht der Meinung, daR die Typhus- 
bacteriurie ein einfacher Absonderun:rssproreß der Nieren sei und he 
deren völliger anatomischer Intaetheit vorkommen kann, sondern nehmen 
an, daß bei Vorhandensein der Typhushaeillen in den Nieren Verände- 
rungen vorkommen, die aber so unbedeutend sind.daß sich die chenrtsche 
Zusammensetzung des Urins dadurch nicht verändert. 

V. konnte die Typhusbacteriurie in 6 von 26 Fällen. also bei 23 pCt. 
der untersuchten Fälle feststellen. Die Bacteriurie trat bei der wrößeren 
Anzahl der Fälle in der dritten Woche der Krankheit auf und währte 
drei bis fünf Wochen. Die Anzahl der ausceschiedenen Bacterien war 
in den einzelnen Fällen eine sehr wechselnde. In einem der Fälle trat 
nach kurzer Unterbrechung die Typhusbaeteriurie wiederholt auf. Die 
chemische und mikroskopisehe Untersuchung des Urins ergab Verände- 
rungen, aus welehen man auf eine Erkrankung der Nierensubstanz 
schließen konnte. In zwei Fällen war der Urin frei von Eiweiß. Auf 
Grund dieser Tatsachen erkennt Verf. zwar an, daß der Verlauf des 
Typhus in jenen Fällen. bei welchen Typhusbaeteriurie beobachtet wurde. 
zumeist ein schwerer war, wie dies nicht blos aus den klinisch beob- 
achteten Erscheinungen. sondern auch aus dem Umstand feststellbar ist, 
daß die Harnuntersuchune auf Erkrankunz der Nieren schließen hieß: 
dessen ungeachtet kann Verf. keinen genauen Causalnexus zwischen der 
Erkrankung der Nieren und der Typhusbacteriurie annehmen. da letzter" 
auch bei völliz eiweißfreiem Urm vorkam. Hierfür spricht außerdem 
uch der Umstand, daß die beiden Processe, selbst wenn sie sich in einem 
und demselben Fall vorfanden, keinen auffallenden Parallelismus zeigten 
und sieh zeitlich nieht deekten. Endlich spricht hierfür auch die Tatsache, 
daB sieh in einer beträchtlichen Anzahl der vom Verf. untersuchten 


40 


Filie Albuminurie und Cylindrurie erheblichen Grades ohne Typhus- 
hacteriurie zeigte. 

Nach den Untersuchungen Konjajeff’s ist es wahrscheinlich, 
daB die Typhusbacillen auf dem Höhepunkt des Fiebers kleine meta- 
statischen Herde in der Nierensubstanz bilden und aus diesen Centren 
dann in den Harn überzehen. Aus der Thatsache der Typhusbacteriurie 
eréicht sieh. daB die Typhusbacillen auch durch den Urin der Typhus- 
kranken verbreitet werden können. Die Desinfeetion des Urins ist also 
sowehl in der Spitals- wie in der Privatpraxıs unbedingt erforderlich, 
aber nicht blos während der Fieberperiode der Krankheit, sondern auch 
noch langere Zeit während der Reconvalescenz. Eine wirksame Des- 
infection erzielt man durch innere Verabreichung von Urotropin. Dieses 
Mittel vermindert sehr rasch die Zahl der Bacterien im Urin und vermar 
die Bacteriurie binnen kurzer Zeit zu heilen. Kr. 





E. Vidal: De la décortication du rein dans les néphrites. 
Congres français de Chirurgie. Revue de chirurgie 1905, IT, p. 668.) 


Funfmal hat Vidal bisher Gelegenheit gehabt, sogenannten medi- 
cinischen Nephritiden, die aller Behandlung trotzten, chirurgische Hilfe 
anzedeiben zu lassen. Zwei Fälle von acuter Nephritis ohne Pyonephrose 
wurden der Nephrotomie unterworfen; bei einer ascendirenden Prelo- 
nephritis infelze einseitiger Compression dureh ein früher entferntes 
Uterustibrom kam es trotz Feststellung miliarer Abcesse in der Niere zu 
erheblicher Besserung: bei einer posttvrphösen, unter dein Zeichen der 
heftizen Congestion verlaufenden Nephritis gelang die volle Heilung. Für 
solche Fälle scheint V. nur die Nephrotomie von allen Nierenoperationen 
angezeigt. Zwei Fälle chronischer Nephritis (eine groBe Niere., eine 
Kleine rote Niere) wurden der Kapsel beraubt. eine kleine rote Niere 
durch den Seetionssehnitt eröffnet. Die Nephrotomie war erfolglos. die 
Décap-ulation brachte einmal Besserung. einmal Heilung. Nach Vi ist 
die leichtere. schneller auszuführende, wemeer eingreifende und leicht 
bilateral anzuwendende Deeapsulation die Operation der Wahl, doch 
kann man natürheh nicht alle Fälle heilen, insbesondere wenn man 
die Intoxication, die erste Quelle der Nierenveränderunse. nieht beseitigen 
kann. Mankiewicz. 


G. Vinci: Lesioni istologiche sperimentali del rene deter- 
minate dall’ acido salicilico: raro caso di avvelamento 
nell” uomo per 35 g di salicilato sodico. (riornale inter- 
nationale delle scienze mediche 1905. VII.) 

V. behandelte einen 45 jihrigen Bauer. welcher nach Einnahme von 

35 & salieylsauren Natrons starb: in den Nieren fand sich eine intensive 

parenehvmatöse Entzündung und eine richtige Nephritis toxiea. V. machte 

ausgedehnte Versuche mit Salieylpräparaten an Tieren (Hunde. Kanin- 


— 330 — 


chen), denen er kleinere, mittlere und große Dosen Natrium salievlicum 
verabreiehte: nach einiger Zeit tötete er die Tiere, um die Nieren zu 
untersuchen. Er kommt zu dem Schlusse, daß Salieylsäure je nach der 
Dosis bei Tieren im Stande ist, eine schädliche Wirkung auf die Nieren 
auszuüben. die von einer einfachen Hyperämie und leichten Reizung bis 
zu intensiver Congestion und parenchymatöser Entzündung, bis zur wirk- 
lichen toxischen Nephritis ansteigen kann. Beim Menschen machen wohl 
nur sehr hohe Dosen toxische Nephritis, hohe Dosen (3—4 g) rufen eine 
Irritation und Congestion der Niere hervor, die mit dem Aussetzen des 
Mittels verschwindet: die gewöhnlichen Mengen (-—2 g pro dosi, 4—6 g 
pro die) werden bei tagelanzem, selbst wochenlangem Gebrauch im all- 
gemeinen gut vertragen; nur selten und bei lange fortgesetzter Medication 
verursachen die letzteren leichte normale Reizung, die sich im Urin durch 
das Auftreten eintger Leukocyten und Nierenepithelien geltend macht, bet 
der histolorischen Untersuehung der Niere durch die Hsperämie des 
Oreans und das Anschwellen mancher Epithelien der Kanälchen sich 
venit. Dei aller Güte und Vorzüglichkeit des sahleylsauren Natrons bei 
mänehen Krankheiten soll man aber unter allen Umständen bei Ver- 
ahreichung dieses Medieamentes die Nieren dureh die Urinuntersuchune 
überwachen. Mankiewiez. 


Clark: Some necessary Principles in the Diagnosis of 
Surgical Conditions of the Upper Urinary tract. ‘Medical 
Record, 17. IT. 1906.) 


Verf. warnt in seiner Arbeit vor der kritiklosen Anwendung des 
Uretereneystoskopes zur Diagnostik noch ungekHirter Krankheiten der 
oberen Harnwege; er setzt auseinander, wie wichtir die genaue Unter- 
suchung des ganzen Organismus für die Beurteilung einer: etwaigen 
Nieren- oder Blasenkrankheit ist. Handelt es sich um eine Erkrankung 
von Niere, Nierenbecken oder Harnleiter, so wird oft schon die einfache 
Cystoskopie wertvolle Aufschlüsse geben, namentlieh die Veränderungen 
der Ureterenmündungen bei sonst gesunder Blase sind aus diagnostischen 
Gründen genau zu beachten. Erst wenn der Fall geklirt ist. und es. sich 
nun um eventuelle Exstirpation der erkrankten Niere handelt, tritt der 
doppelseitige Ureterenkatheterismus in Verbindung mit Kryoskopie und 
Phloridzinprüfung als souveräne Methode in den Vordergrund. Die An- 
wendung der Harnsegreratoren bietet keine absolute Sicherheit und ist 
auch nur nach vorheriger cystoskopischer Untersuchung der Blase zu 
empfehlen. Weiter erwähnt Verf. die Irrtümer der Röntrenoerraphie in der 
Diagnostik der Lithiasis. speciell der Treterensteine, oft können Phlebo- 
lithen oder Prüsen Steine vortäuschen: empfehlenswert ist vor der 
Rontgenaufnahme die Einführunz dünner Metallsonden in die Ureteren. 


W. Karo (Berlin). 


— 381 — 


Priv.-Doc. Dr. O. Zuckerkandl: Drei Falle von operativ ge- 
heilter Nierentuberkulose. (Allgem. Wiener med. Zeitung 
1906, No. 11.) | 
Z. demonstrirte in der Gesellschaft der Aerzte in Wien (Sitzung am 

2. März 1906) drei Fälle von operativ zcheilter Nierentubereulose, die 

mit Uretertubereulose combinirt waren. Die letztere äußert sieh klinisch 

in ziehenden Schmerzen oder typischen Harnleiterkoliken. Pathornomo- 

nische Zeichen der XNierentubereulose sind unilaterale basale Cystitis im 

Verein mit der Verdickung und Schmerzhaftigkeit des Ureters. Der er- 

krankte Ureter muß total entfernt werden. Im ersten Falle wurde bei 

einem 13 jährigen Schüler die Niere und der Ureter rechts exstirpirt, 

im zweiten Falle bei einer 30 jährigen Frau dieselben Organe der linken 

Seite, im dritten Falle bei einer 3Sjährigen Frau gleichfalls links. Alle 

drei Fälle sind geheilt. Kr. 


Dr. J. P. Sklarow: Ueber einen Fall von Hufeisenniere 

(Wratschebnaja Gazetta 1906, No. T.) 

Die Patientin verspürte vor fünf Jahren, nachdem sie sieh 
einmal iiberhoben hatte und stark gelaufen war, Schmerzen im Abdomen, 
die seitdem dauernd bestehen blieben und mit’ Abmagerung und zu- 
nehmender Schwäche einherginzen. Die objective Untersuehung ergab 
an der Lungenspitze verlängertes Exspirium sowie verstärkten Stimm- 
fremitus. In der Bauehgerend fühlte man eine zur Wirbelsäule quer 
begende Geschwulst, unter welcher man die Pulsation der Aorta fühlen 
konnte. Im Harn keine Veränderungen. Im Magensaft ist Salzsäure nicht 
enthalten. Auf Grund dieses Bildes mußte man Carcinom der hinteren 
Magenwand oder des Diekdarmes, eme Neubildung des Pankreas oder 
Tubereulose der Mesenterialdrüsen annehmen. Prof. S. P. Fedo- 
row meinte aber, daß man es in diesem Falle vielleieht mit einer Huf- 
eisenniere zu thun habe. Die daraufhin vorgenommene Operation be- 
stätigte diese Annahme vollständig. Man fand nämlieh eine leicht beweg- 
liche (5—6 em Spiclraum) hufeisenformige Niere. Dieser Fall ist noch 
dadurch besonders interessant, daß die Niere nicht einen Ureter, wie 
dies häufig der Fall ist. sondern zwei Ureteren hatte, so daß auch die 
eystoskopisehe Untersuchung in diesem Falle keine Anhaltspunkte für die 
Diagnose hitte geben können. M.Lubowskiı. 


Sturmdorf: Observations on Nephroptosis and Nephropexy. 

(Medical Reeord, 13. I. 1906.) 

Verf. bespricht kurz die Aetiologie der Nierendystopie, speciell der 
Wanderniere, als deren wesentlichste Ursache er Verminderung des intra- 
abdominellen Drucks anführt: die rationellste Behandlung ist die Nephro- 
pexie, die, ohne die Niere selbst zu verletzen, auszeführt werden soll: die 
Prognose der Operation ist zut: über Dauerresultate giebt die Arbeit 
keine Auskunft. -W. Karo (Berlin). 


— 382 — 
VIT. Technisches. 


Dr. Dufaux: Veber rationelle Aufbewahrung der Sonden und 
Katheter, insbesondere der elastischen und weichen. 
(Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und Sexualorg; Bd. XIII, 
No. 1 u. 2.) 


Nach einer sehr ausführlichen kritischen Besprechung der Methoden 
der Desinfection und sterilen Aufbewahrung von Kathetern bezw. 
Bougies empfiehlt Verf. die von ihm geübte Methode unter ausführlicher 
Beschreibung des von ihm angegebenen Apparates zur sterilen Aufbewah- 
rung von Kathetern. Dieser Apparat besteht aus einem Glascylinder, 
50 cm hoch mit breitem Glasfuß. Das Gefäß hat einen Durchmesser von 
S—9 em und ist an seinem oberen Ende in einer Höhe von 5'/: em aus- 
geweitet, so daß hier der Durchmesser 10'/: cm mißt. In dieser Erweite- 
rung liegt lose eine ınit Knopf versehene vernickelte Metallplatte, welche 
von zahlreichen. den Weiten der französisehen Filiere entsprechenden, gut 
abgerundeten Löchern zum Einhängen der Instrumente durchbohrt ist. 
Eines dieser Löcher ist weit genug, um eine lange, unten geschlossene, 
an den Seiten mit feineren Oeffnungen versehene, gläserne Tube nach 
Art der Reagensröhren aufzunehmen, in welcher diejenigen Instrumente, 
die nicht cingehängt werden können, wie die filiformen Sonden, Bougies 
à boule, Ureterenkatheter u. a. m. Platz finden. Das Ganze schließt 
staubdicht ein eingeschliffener, mit Knopf versehener Glasdeckel ab. In 
einem solchen Apparat, der natürlich, bevor er in Gebrauch genommen 
wird, sorgfältig sterilisirt sein muB. können sterile Instrumente sicher und 
übersiehtlich aufbewahrt werden. Um jede Feuchtigkeit aus dem Cylinder 
zu vertreiben, die bekanntlich für die Entwicklung von Mikroorganismen 
besonders vorteilhaft ist, ist es zweckmäßig, den Boden mit Calc. chlorat. 
siccum (erystallisat. od. pulver.) zu bestreuen. 

A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Oberlander: Ein antiseptisches Kathetertaschenetul. (Central- 
org., f. d. Krankh. d. Harn- und Sexual., Bd. XVII, Heft. 3.) 


Der Apparat besteht aus drei miteinander verbundenen Metallröhren, 
in der ersten befindet sich ein mit einem Stöpsel verschlossenes Glasrohr 
zur Aufnahme einer antiseptisehen Lösung, z. B. Chinosol 1: 1000.0, die 
zweite birgt ebenfalls ein Glasrohr, das mit reinem aseptischen Spülwasser 
zur Entfernung der antiseptischen Flüssigkeit gefüllt ıst. Das dritte 
Metallrohr ist geteilt, im unteren Teile ist ein Glasrohr zur Aufnahme des 
aseptischen Gleitmittels, während sich ın dem anderen Abschnitt Watte 
befindet. A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


— DE e Ze — — — — —— ——— — — — 


Druck von Carl Marsehner, Berlin SW., Alexandrinenstr. 119. 


Ein Versuch, die Bestimmung des elektrischen 
Leitungswiderstandes der Urins für klinische Zwecke 


zu benutzen. 
e Von 


G. Kolischer und L. E. Schmidt (Chicago). 


Seitdem der Ureterenkatheterismus cine allgemein brauchbare 
Methode fiir das getrennte Auffangen des Urins jeder einzelnen Niere 
geworden ist, und seitdem Casper den Begriff der funetionellen 
C'apacıtät der Niere eingeführt hat, wurde eine Reihe von Methoden 
angegeben, um diese funetionelle Capacität zu prüfen und die Resul- 
tate dieser Prüfung klinisch zu verwerten. In letzter Instanz spitzte 
sich dieses Problem auf die Frage zu, ob es sieh in einem gegebenen 
Falle mit Sicherheit oder großer Woahrscheinlichkeit voraussetzen 
ließe, daß, nachdem eine Niere entfernt worden wäre, die zurück- 
gelassene Niere im Stande sein würde, den notwendigen Eliminations- 
proceB allein zu besorgen, ohne Störungen im Allgemeinbefinden zu 
verursachen. 

Die bis jetzt zu diesem Zwecke eingeführten allgemein brauch- 
baren Methoden zerfallen in drei Gruppen. 

Die erste Gruppe trachtet, durch Bestimmung der moleeulären oder 
osmotischen Concentration des Urines ein Urteil über die functionelle 
Capacitit der Nieren zu gewinnen. 

In diese Gruppe gehören die Krvoskopie und die Bestimmung des 
elektrischen Leitungswiderstandes des Urims. 

Die zweite Gruppe trachtet, Aufsehluß über die funetionelle 
Leistungsfihigkeit des activen Nierengewebes zu erhalten, und zwar 
durch Einführung von Farbstoffen in die Circulation. 

Die funetionelle Leistungsfähigkeit wird hier eingeschätzt erstens 


— 336 — 


nach der Zeit, die verstreieht. bis der Farbstoff im Tirn erscheint. und 
zweitens nach der mehr oder weniger ausgeprägten Intensität der 
Färbung. 

Die dritte Art ist die von Casper verwertete Phloridzinmethode. 

Die Krvoskopie und die einfache Messung des elektrischen 
Leitungswiderstandes haben einen groBen Nachteil gemeinsam. 

Beide Methoden fußen auf der Voraussetzung, dab es für diese Art 
der Messung einen allgemein giltigen „Standard“ der normalen Fälle 
giebt: die Entscheidung über die funetionelle Capacıtät der Niere wird 
dann gefällt durch Vergleichung des in einem gegebenen Falle ge- 
wonnenen Resultates mit dem als normal angenominenen Standard, 
und nach dem Grade der Abweichung hiervon wird dann die Niere 
und ihre Leistungsfähigkeit elassitieirt. 

Diese Voraussetzung eines normalen Standards ist aber etwas 
trügerisch, worauf verschiedene Autoren aufmerksam gemacht haben. 

Auch die vergleichende Krvoskopie des Urins und des Blutes 
schützt vor Irrtümern nicht. 

‘s ist wohl richtig. daB im allgemeinen, nachdem gewisse Farb- 
stoffe in den Kreislanf gebracht worden sind, normale Nieren nach 
bedeutend kürzerer Zeit und intensiver gefärbten Urin ausscheiden, als 
erkrankte Nieren; allein auch hierin giebt es große Schwankungen bei 
absolut normalen Nieren; jedenfalls aber sind wir bislang noch nieht 
im Besitz einer Scala. die es uns ermögliehen Könnte, auf Grund dieser 
Färbeerscheinungen die funetionelle Capaeität einer Niere mit ge- 
wisser Genauigkeit oder Sicherheit einzuschätzen. 

Die Phloridzinprobe befindet sieh noch im Stadium der Discussion. 
Von allen diesen Erwägungen geleitet. haben wir uns nun bemüht, eine 
Methode zur verläßlichen Abschätzung der functionellen Nierencapa- 
citiit zu finden. welche Methode feigenden Ansprüchen genügen sollte: 

1. Der Gang der Untersuchung soll unabhängig sein vom Wechsel 
in Nahrung, körperlicher Anstrengung u.s.w. 

2, Die Untersuchung soll nieht auf der Annahme einer als normal 
enzusehenden Ziffernbasis fußen. 

3. Die Untersuchung soll schr empfindlich sein. 

4. Die Methode soll nicht umständliches Rechnen mit Ziffern be- 
dingen und soll grobe Peobachtunesfehler ausschließen. 

Von diesen Angrifisverstellungen ausgehend, entwickelten wir nun 
den folgenden Jdeengang. 

dede zu untersuchende Niere sollte in der Weise angegangen 
werden, daß zunächst die Funetion des künstlieh nieht beeintlußten 


Organes insoweit diese Funetion einen mehbaren Ausdruck findet. die 
Led 


— 337 — 


Grundlage für weitere Vergleiche bilde. 

In zweiter Linie erwogen wir die Möglichkeit, die funcetionelle 
Energie des urinbildenden Gewebes dadurch zu prüfen, daß wir die 
Reaction festzustellen trachteten, die sieh ergeben würde, wenn ge- 
wisse künstlich herbeigeführte Einflüsse ihre Einwirkung auf die urin- 
bildenden Gewebe außern würden. Als sehr empfindliche Probe für 
vinen eventuchlen Wechsel in der Eliminationsfunetion empfahl sich 
die Prüfung des elektrischen Leitungswiderstandes; als beeinflussendes 
Moment wählten wir das Einbringen eines Farbstoffes in die Cireu- 
lation, der durch ‘die Nieren ausgeschieden wird; wir wandten das 
von Joseph empfohlene Indigocarmin in intramuseulärer Appli- 
cation an. 

Als Apparat für die Messung des elektrischen Leitungswiderstandes 
benutzten wir den ven der Firma Reiniger, Gebbert und 
Schall für solche Zwecke hergestellten Apparat, der nach den von 
Kohlrausch und Wheatstone aufgestellten Prineipien ge- 
baut ist. | 

Der erste notwendige Schritt war nun, zu bestimmen, ob der Urin 
beider Nieren, entnommen einem Individuum von bekannter, einwands- 
freier Gesundheit, denselben elektrischen Leitungswiderstand zeige. 

Es ist selbstverständlich, daß beide Urinproben zur selben Zeit 
durch Ureterenkatheterismus gewonnen wurden. 

Als Nächstes drängte sich die Beantwortung der Frage auf, ob 
und in welcher Weise das Eintreten des Farbstoffes in die Nieren und 
der Uebergang desselben in den Urin die Leitungsfähigkeit des dann 
gchontrenen Urins beeinflusse. 

Zu diesem Zwecke mußten wieder Urinproben desselben gesu: den 
Individuums zu gleicher Zeit, aber getrennt, aufgefangen werden. 
Endlich war noch ein dritter Punkt zu beachten: es sollte nämlich 
zwischen der Entnahme des ungefärbten und des gefärbten Urins nur 
eine kurze Zeit verstreichen, welche zu kurz wäre, um die Zusammen- 
setzung des Urins durch nutritive Veränderungen wesentlich zu be- 
einfussen. Die Ergebnisse der in dieser Weise an zehn gesunden Indi- 
viduen vorgenommenen Messungen waren nun folgende: 

Bei gesunden Individuen besteht keine absolute Tebereinstimmung 
der elektrischen Leitungsfähigkeit der zur selben Zeit aus beiden 
Nieren getrennt aufgefangenen Urine. Die Differenz schwankt 
zwischen 3 und 4 Teilstriehen unserer Scala. 

Yas Durchtreiben von Indigoecarmin durch die Nieren zeigt einen 
entschiedenen Eintluß auf die Leitungsfähigkeit des nach dieser Medi- 


vation gewonnenen Trines. 


— 383 — 


Der Leitungswiderstand des Urines ist immer erhöht, wenn dies 
Färbung im Urin erscheint. Diese Erhöhung des Leitungswiderstande.- 
überschritt niemals neun Teilstriehe unserer Scala. 

Selbst wenn die Differenz in der Leitungsfälhigkeit der aus 
beiden Nieren getrennt und gleichzeitig entnommenen Urine vor 
Application des Indigocarmines eine ausgesprochene war, so war die 
Herabsetzung der Leitungsfähigkeit nach Färbung in beiden Urin 
die gleiche. 

Diese Herabsetzung der Leitungsfähigkeit verschwindet rach und 
nach, entsprechend der Linge der Zeit, die zwischen der Einverleibung 
des Indige cermins und der Gewinnung des Urins verstrichen ist. 

Wenn wir ungefärbten Urin eines normalen Individuums nahmen 
und soviel Indigocarminlösung zusetzten, daß eine viel intensivere Fär- 
bung des Urines entstand, als dureh intramuseuläre Einspritzung je 
erzeugt werden könnte, so konnten wir immer nur eine sehr mibige 
Erhöhung des Leitungswiderstandes constatiren; niemals aber erreichte 
diese Erhöhung des Leitungswiderstandes die Zahlen, welche abgelesen 
wurden, nachdem der Farbstoff nach intramusculärer Einspritzung die 
Nieren passirt hatte. 

Der nächste Schritt war nun, .zu bestimmen, ob und wie eine 
erkrankte Niere in Bezug auf den Leitungswiderstand ihres Exeretes 
reagiren würde, nachdem Indigocarmin in den Kreislauf gebracht war. 

Es war bei diesen Untersuchungen wieder die Vorsicht zu ge- 
brauchen, daß zwischen der Gewinnung der gefärbten und ungefärbten 
Urine kein solcher Zeitraum verstreichen durfte, der groß genug wäre. 
wn putritiven Veränderungen die Mögliehkeit zu geben, die Zusammen- 
setzung des Urines wesentlich zu beeinflussen. 

Es wurde ferner notwendig, die Untersuchungen so zu gruppiren.. 
daß sie den Ansprüchen der Chirurgen angepaßt werden könnten, das 
heißt, wir ınußten bestrebt sein, Gang und Resultate unserer Methode 
so einzurichten, daB es méclich wäre, die untersuchten Nieren nach 
dem Schema, das z. B. von Kümmel aufgestellt wurde. zu elass'- 
fielren., 

Es mußte also festgestellt werden, ob diese Untersuchungen über 
den Wechsel der Leitungsfihigkeit es dem Untersucher ermöglichen 
würden, festzutsellen, ob eire leicht erkrankte Niere z. B. noch im 
einem Grade als leistungsfühig anzusehen wäre, daB man mit einem 
hohen Grade von Woahrscheinlichkeit annehmen könute, daß diese 
Niere, nachdem die andere entfernt worden wäre, alleın im Stande 
scin würde, den notwendigen Kliminatiensproceb zu besorgen. 

Als nächste Frage war zu beantworten, ob diese Untersuchungs- 


999 — 


methode es ermöglichen würde, gewisse pathologische Nieren als solche 
zu erkennen, welche als absolut leistungsunfähig zu bezeichnen wiiren, 
in dem Sinne, dab man von ihnen gewiß nieht erwarten könnte, daß sie 
den Eliminationsproceß allein besorgen könnten, nachde:n aie andere 
Niere entfernt worden wäre. | 

Um nun über alle diese Punkte Aufschluß zu erlangen, wurde der 
Wechsel des Leitungswiderstandes zwischen gefärbtem und ungefärbtem 
Urine in Fällen untersucht, die klinisch die Diagnose auf interstitielle 
Nephritis stellen ließen. Ferner wurde dieser Wechsel an Nieren 
mit der klinischen Diagnose parenehymatöser Nephritis in Fällen ge- 
prüft, in denen es noch nieht zu Allgemeinstörungen gekommen war; 
ferner in Fällen von parenchymatöser Nephritis, in denen es schon zu 
Alleemeinstörungen gekommen war, endlich in Fällen, in denen 
urimische Attecken bereits beobachtet worden und zur Zeit der 
Untersuchung wieder verschwunden woren, endlich in Fällen von 
bestehender Uriimic. Als erstes Untersuchungsresultat ließ sich fest- 
stellen, daß im allgeme*tuen Urine von pathologischen Nieren einen 
bedeutend geringeren Leitungswiderstand zeigen, als Urine von ge- 
eunden Nieren. Aus dieser Erscheinung lassen sich aber keine binden- 
den Schlüsse im speeiellen Falle ziehen, weil, wie weiter unten noch 
gezeigt werden wird, gewisse Einflüsse es selbst bei ciner absolut ge- 
sunden Niere bewirken kënnen, dab Urin von sehr geringem Leiutnes- 
widerstande ausgeschieden wird. 

Zweitens wurde gefunden. daß. sobald auch nur kurze Zeit nach 
Einbringung des Indigoearmines verstriehen war, die Leitungsfähigkeit 
des dann gelieferten U rines in ausgesprochenster Weise sich änderte. 
maßen: Urin von pathologischen Nieren, die zur Zeit der Unter- 
suchung noch keine Allgemeinstörungen verursachten, zeigten nach 
Einbringung des Indigecarmin einen Abfall des Leitungswiderstandes, 
der niemals weniger als zwölf Teilstriche und nıemals mehr als zwanzig 
Teilstrich ebetrug. Man könnte also daran denken, Nieren mit der- 
artigen Befunde noch als leistungsfähig in chirurgischem Sinne zu 
bezeichnen. Trine von pathologischen Nieren, deren Erkrankung All: 
gremeinerscheinungen hervorgebracht hatte, oder von pathologischen 
Nieren in Fällen, welehe zur Zeit der Untersuchung ausgesprochene 
Allgermmeinsymptome zeigten, boten nach Einverleibung des Indigo- 
carmines immer einen Abfall des Leitungswiderstandes, welcher Abfall 
immer mehr als zwanzig Teilstriche betrug und sehr häufig über sechzig 
Teilstriche stieg. Es scheint, daß die Schwere und Ausdehnung der 
Nierenerkrankung in directer Beziehung zu dem Ausschlag des 
Wechsels nach der Färbung steht. 


— 390 -- 


Wir sind geneigt, alle Nieren, die einen Wechsel über zwanzig 
Teilstriche zeigen, als für chirurgisch ganz unverläßlich anzusehen. 
Eine bemerkenswerte Reihe von Erscheinungen ließ sich in drei Fällen 
von einseitiger Nierentuberculose beobachten. 

In allen drei Fällen zeigte auch die nicht erkrankte Niere außer- 
gewöhnlich hohe Werte der elektrischen Leitungsfähigkeit, in allen drei 
Fällen zeigte die vergleichende Kryoskopie auch für die nicht er- 
krankten Nieren Werte, welche nach Kümmel eine Resection der 
tubereulösen Niere als nicht erlaubt erscheinen lassen würden. 

Aber die vergleichende Untersuchung der elektrischen Leitungs- 
fähigkeit vor und nach der Einverleibung von Indigocarmin ergab auf- 
fallende Unterschiede. 

Die tubereulös affieirten Nieren zeigten nach Verabreichung des 
Farbstoffes Erhöhung der Leitungsfähigkeit der Urine um 32, 45 und 
61 Teilstriche, die nicht afficirte Erniedrigung der Leitungsfihigkeit 
eine solche um 5 und 7 Teilstriche. 

Gestützt auf die klinische Evidenz und das Resultat der elek- 
trischen vergleichenden Untersuchung, wurde die Exstirpation der drei 
tubereulösen Nieren vorgenommen. In einem Zeitraume-von 36 bis 
48 Stunden nach der Nephreetomie begann die Leitungsfähigkeit des 
Urines in allen Fällen zu sinken, um eine Woche lang auf constanten 
Werten um 37 Teilstriehe herum zu verbleiben. Die Patienten sind 
seither wohl. Es scheint also mn diesen Fällen ein Beitrag zur An- 
nahme Rovsings geliefert worden zu sein, daB eine sonst gesunde 
Niere zeitweilig in ihrer functionellen Capacität durch die in den 
Kreislauf gebrachten pathologischen Producte der anderen erkrankten 
Niere bedeutend gestört sein kann. 

Wenn diese vergleichende Methode der Untersuchung des celek- 
trischen Leitungswiderstandes sich bewähren sollte, so würde sie 
folgende Vorteile bieten: 

1. Die Untersuchung ist unabhängig von der Annahme einer als 
normal und allgemein giltig anzusehenden Ziffernbasis. 

2. Es ist unnötig, um sichere Resultate zu gewinnen, den zu unter- 
suchenden Patienten zuvor für einige Zeit auf eine Normaldiät zu 
setzen. 

3. Die Untersuchung auf die elektrische Leitungsfähigkeit bean- 
sprucht nur 2 cem Urin. 

4. Es fällt die Notwendigkeit der vergleichenden Kryoskopie des 
Urines und des Blutes fort; die Entnahme einer genügenden Quantität 
Blut für die Kryvoskopie ist gewiß keine angenehme Zugabe zur Unter- 
suchung. 


— 391 — 


5. Temporär in ihrer funetionellen Capacitat beeinträchtigte 
Nieren können trotz dieses Zustandes als leistungsfähige erkannt 
werden. 

Wir haben in diesem Artikel die Beschreibung unserer Versuche 
und deren Ergebnisse nur in Umrissen gegeben und behalten uns 
eine detaillirte Publikation mit Tabellen vor; diesmal wollten wir 
nur die Aufmerksamkeit der interessirten Collegen auf diese Experi- 
mente lenken, deren Nachprüfung vielleicht wertvolle Resultate geben 


könnte. 


Zur Casuistik der Verletzung der Harnblase. 
Von 
Prof. Fedoroff (St. Petersburg). 


Oftfizier A. Choz., 32 Jahre alt, kam den 24. Mai 1905 zu mir 
in die Klinik mit Beschwerden über häufigen Harndrang, Schmerzen 
am Ende des Urinirens und über häufige Harnverhaltung währen. 
dieses Actes. 

Bevor er im Kriege die Verletzung erlitt, erfreute er sieh einer 
vorzüglichen Gesundheit. 

Als er am 30. September 1904 bei einer Attacke auf den Putilow- 
schen-Hügel (Putilows-Sopka) auf der rechten Seite lag und durch 
sein Binocle sah, wurde er durch eine japanische Shrapnellkugel ver- 
wundet. Die Kugel traf ihn in die linke Unterleibshälfte. etwa 
4 Finger breit unterhalb des Nabels und nach außen hin vom linken 
M. rectus. Nach der erlittenen Verletzung hatte er nur einmal blutigen 
Urin gelassen. Zweimal war im Hospital ein Absceeß geöffnet worden. 
man drang aber dabei nieht bis an die Harnblase. Die ersten 4 bis 
5 Tage sollte sich, nach dem Aussagen des Kranken, durch den ge- 
machten Schnitt ein wenig Urin entleert haben; dann legte der Arzt 
einen Verweilkatheter ein, und der Ilarn zeigte sieh nieht mehr in der 
Wunde. Die Kugel war während der Operation nicht gefunden 
worden. Der Kranke war schon vollständig wiederhergestellt und be- 
gann herumzugehen, als er kurz darauf bemerkte, daß zeitweise Harn- 
verhaltung eintrat und der Harnstrahl während der Harnentleerung 
unterbrochen wurde. 

Statuspraesens: Der Kranke ist gut genährt, läßt jede zwei 
bis drei Stunden Urin; muß beim llarnen pressen; im Liegen ist ihm 
das Ilarnlassen leichter; am Ende der Urinentleerung Schmerzen. 

An der Bauchwand zwischen dem Nabel und der Symphyse nach 
außen vom M. rectus ist cine feste, eingezogene Nerbe vorhanden. 


— 393 — 


Schmerzen sind beim Betasten nirgends zu merken. Per rectum ist 
nichts durehzufühlen. 

Der Urin reagirt sauer, spee. Gewicht 1011; Spuren von Eiweiß, 
einzelne Leukocyten, Blasenepithelien, amorphe Urate und etwas oxal- 
saurer Kalk. Die Blase behält bequem 300 em Flüssigkeit. 

Es wird das Vorhandensein eines Fremdkörpers (Shrapnellkugel) 
in der Ilarnblase diagnosticirt, was auch durch die Röüntgenographie 
und Cystoskopie bestitigt wird. 

Die Uystoskopie ergab (s. Abbildung), daß auf der etwas hyper- 
ämischen Schleimhaut der Harnblase cine runde Kugel von fast 





schwarzer Farbe lag, welche von unten her als abgeplattet erschien. Dies 
konnte davon abhängen, daß die Kugel, bevor sie in die Blase gelangte, 
ihre Form veränderte, nachdem sie zuerst auf irgend einen Gegenstand 
gestoßen war oder daB sie in einem Blasendivertikel einen Sitz hatte, 
endlich konnte man vermuten, daß die Kugel sich in die Blasenschleim- 
haut eingepreBt hatte und nur dadurch ıhr unterer Pol abgeplattet zu 
sein schien. Die letzte Vermutung erwies sich als die richtige, denn 
als man den Kranken bei verschiedenen Beckenpositionen durch das 
C'ystoskop beobachtete, konnte man sehen, wie sich die völlig runde 
Kugel zum Boden der Harnblase hınwälzte. 

Am 28. Mai wurde dureh Hochspaltung der Blase die Shrapnell- 
kugel entfernt und nach 6 Wochen der Kranke vollständig gesund ent- 
lassen. 

Dieser Fall ist interessant erstens als eine sehr leicht und günstig 
abgelaufene extraperitoneale Harnblasenverletzung. ebenso zweitens 
auch wegen seines eystoskopischen Bildes, welches, so viel ieh weiß, bis 
jetzt noch nicht beobachtet wurde. 


Zur Histologie des gonorrhoischen Eiters. 


(Bemerkungen zu dem Aufsatz Gutmanns in No. 6 dieses Jahrganges.) 
Von 
H. Lohnstein. 


In der vorigen Nummer dieser Zeitschrift hat C. Gutmann 
einen Aufsatz „Bemerkungen zur Eosinophilie des gonorrhoischen 
Eiters“ veröffentlicht. In ihn haben gewisse, bereits früher ermittelte 
Thatsachen keine Berücksiehtigung gefunden. Letztere sind nieder- 
gelegt in einer von mir in Gemeinschaft mit meinem damaligen Assi- 
stenten Herrn Dr. Hans Ilirschfeld im Jahre 1897!) publicir- 
ten Studie über die Histologie des Kiters der acuten Gonorrhoe. Teh 
kann um so weniger darauf verziehten, auf die damals von uns ge- 
fundenen Resultate zurückzukommen, da sie, wie ich mieh dureh Ein- 
sicht in die später über den gleichen Gegenstand veröffentlichten Ar- 
beiten überzeugen konnte, auch in den von Gutmann benutzten 
Quellen vollkommen übersehen worden sind. Weder in den Arbeiten 
von Bettmann, noch der von Posner oder von Joseph und 
Polano wird ihrer Erwähnung gethan. Bezüglich aller Einzelheiten 
verweise ich auf unsere frühere Arbeit selbst und werde hier nur auf 
einige Punkte die Aufmerksamkeit lenken, welehe auf Grund unserer 
früheren Arbeit sowie späterer Thatsachen einer Ergänzung bedürfen. 

Gleich im Beginn seiner Arbeit schreibt Gutmann, daß er. 
unter Bestätigung der Beobachtungen Posners, Josephs und 
Polanos im Anfange der Gonorrhoe gar keine oder doch nur ver- 
einzelte eosinophile Zellen habe nachweisen können. Diesen Ergeb- 
nissen stehen die unsrigen entgegen. Unter 85 Einzelbeobachtungen 
gonorrhoischen, aus der ersten Krankheitswoche stammenden Eiters 





1) Diese Monatsberichte, Bd. II, Heft 6/7. 


— 395 — 


fanden wir 53 mal eosinophile Zellen, und zwar 23 mal wenig, d. h 
4, und 


5 mal reichlich, d. h. 5 und mehr eosinophile Zellen auf 10 Gesichts- 





1—2 Zellen auf 10 Gesichtsfelder, 5 mal ınäßig viel, d. h. 3 


felder. Diese Resultate wurden ermittelt bei Triacidfärbung nach 
Ehrlich. Sie stehen jedenfalls nicht ganz im Einklang mit den 
von jenen Autoren mitgeteilten Ergebnissen. 

In Vebereinstimmung mit unseren und Posners und Lewins 
Untersuchungen stellten auch Joseph und Polano fest, daß sich 
bei echter Gonorrhoe in der 4.—6. Woche im gonerrhoischen Eiter re- 
lativ viel ecosinophile Zellen befinden. Auch wir hatten in der vierten 
Krankheitswoche unter 20  Einzelbeobachtungen 14mal, d. h. in 
0 pCt., eosinophile Zellen (im Gegensatz zu den 39 pCt. in der ersten 
Woche) nachweisen können, davon 4 mal wenig. 8 mal mäßig viel und 
2 mal sehr viel im Präparat. Daß aber ein derartiges Ergebnis regel- 
mag genug ist, um aus ihm Schlüsse auf den Charakter der Harn- 
röhreneiterung und das Stadium, in welchem sie sich befindet, zu 
ziehen, müssen wir auf Grund unserer Ergebnisse bestreiten. Wir 
stimmen deshalb den von Gutmann in dieser Beziehung geäußerten 
Bedenken vorbehaltlos bei. 

Ein weiterer Punkt betrifft die Frage der Ilistogenese der Eosino- 
philie, insbesondere ihres Ursprungsortes. Auch wir sind dieser Frage- 
näher getreten, indem wir aus der Form der eosinophilen Zellen 
Schlüsse auf ihre Herkunft zogen. Wir fanden unter den eosinophilen 
Zellen, allerdings im Gegensatz zu allen bisherigen Mitteilungen, re- 
lativ viel einkernige Zellen im Trippereiter. Aus diesem Befunde 
glaubten wir schließen zu dürfen, dab die eosinophilen Zellen, wenn 
nieht ausschließlich, so doch jedenfalls zum größten Teil local in dem 
Gewebe der Hlarnröhre entstehen. , Diese unsere Auffassung hat um so 
mehr für sich, als einkernige eosinophile Zellen im normalen Blute 
überhaupt nieht. nach Mandibur ganz vereinzelt, vorkommen. In 
Milz und Knochenmark findet man sie in zahlreicher Menge, im Blute 
dagegen nur bei Leukämie. Wir haben sie denn auch bei den von uns 
ausgeführten Blutuntersuchungen von Gonorrhoikern nieht, übrigens 
aueh kein correspondirendes Verhalten der Häufigkeit der eosino- 
philen Zellen im Blut und Trippereiter, in Uebercinstimmung mit den 
früheren und den nach uns ausgeführten Untersuchungen, feststellen 
können. 

Was die mehrkernigen eosinophilen Zallen anlangt, so kann man 
sie, wie wir damals ausführten, in ungezwungener Weise aus den ein- 
kernigen herleiten. Ihr Kern fragmentirt sich, wie man es in dei 
blutbildenden Organen ebenfalls beobachtet. Ob ein Teil der eosino- 


— 396 — 


philen Zellen aus dem Blute stammt, haben wir, da sich unsere Unter- 
suchungen nur auf Eiter beschränkten, nieht ermitteln können. Zu 
derselben Frage haben sieh übrigens nach uns noch mehrere Autoren 
ın sehr beachtenswerten Ausführungen geäußert. So schliebt Bett- 
mann aus der Thatsache, daß der Inhalt der Cantharidenblasen gegen- 
über dem Blute relativ viel eosinophile Zellen beherberge, auf die 
Wahrecheinlichkeit einer localen Entstehung dieser Zellgruppe. Als 
sicher sei die locale Entstehung freilich erst dann anzunehmen, wenn 
der Nachweis mononuceleärer eosinophiler Zellen im Gewebe 
oder in den Scereten der Schleimhäute gelänge Im Gegensatz zu 
unseren, von Bettmann nicht gekannten, jedenfalls nicht eitirten 
Befunden mononueleärer eosinophiler Zellen hat er nicht Gelegenheit 
gehabt, sie im Trippereiter nachzuweisen. Daß sie Jedoch außerhalb 
des Blutes vollkommen, geht nicht nur aus unseren Resultaten, sondern 
auch aus denen Mandıburs hervor. Dieser fand sie im Asthma- 
sputum in überwiegender Anzahl, während sich gleichzeitig im Blute 
nur ganz vereinzelte cosinophile Zellen nachweisen ließen. Ferner 
spricht hierfür eine Beobachtung aus allerneuester Zeit, die allerdings 
selbst Gutmann,dem Autor der Jüngsten Arbeit, noch nieht bekannt 
sein konnte. Sie betrifft einen Fall von localer Eosinophilie der Niere, 
über welchen Sultan?) beriehtet, und möge hier wegen ihrer be- 
sonderen Eigenart ın aller Kürze referirt sein. 

Eine 22 jährige Frau litt seit kurzer Zeit an kolikartigen Schmer- 
zen der linken Nierengegend. Die Untersuchung der linken Niere er- 
gab, abgesehen von starker Empfindlichkeit, nichts Besonderes. Harn 
frei von Eiweiß und Zucker, trübe. enthält zahlreiche Eiterzellen. keine 
C'ylinder, später vorübergehend minimale Eiweißtrübung. Kurz darauf 
war der Harn vorübergehend mit Blut untermischt und enthielt kleine 
Gewebsfetzen, die sich ausschließlich als angehäufte mono- 
nueleäreund polynueleäre eosinophile Zellen er- 
erwiesen. Das Blut war normal und blieb es aueh späterhin. Der Tre- 
terenkatheterismus ergab: links Harn mit Blut untermischt. trübe. ent- 
hielt zahlreiche mono- und polynueleäre -Leukoerten. keine Gono- 
kokken oder Tuberkelbacillen: rechts wenige Epithelien. Da sehr bald 
wieder Koliken auftraten, stellte Sultan die Diagnose Nierenstein. 
trotz negativen Röntgenbefundes, und führte die Nephrotomie aus. 
Hierbei ergab sich auf der Convexität der Niere ein etwa zweimark- 
stückgroßer, wulstartig überragender Ilerd von gelbrötlicher Farbe. 
Nephreetomie. Die Untersuchung ergab, daß es sich nicht, wie Verf. 
ceglaubt hatte. um einen Tumor, sondern um einen entzündlichen Herd 
eehandelt hatte, der sich, von ähnlicher Farbe wie die Oberfläche. keil- 
fërmig bis an das Nicrenbecken fortsetzte. Die mikroskopische Unter- 
-sachung, von welcher hier nur das uns Interessirende mitgetoilt sein 


?) Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie, Bd. 82. 








— 9 


möge. ergab eine sehr dichte. kleinzellige Infiltration, die fast aus- 
schließlich aus eosinophilen Zellen bestand. Diese waren fa:t 
ausschließlich mehrkernig (mit 2—3 kleinen, isolirt nebeneinander ge- 
lagerten Kernen, seltener mit einem, oder mehr als drei 
Kernen). 

Gelegentlich der Besprechung dieses Falles geht Verf. auch auf die 
Frage cin, ob diese eosinophilen Zellen localen Ursprung haben oder 
aus dem Blute stammen. Sultan giebt zu, daß die Ehrlich "sche 
Auffassung, es handle sich in solehen Fällen um einen wenn auch laug- 
samen, so doch regelmäßigen, durch chemotactische Reize bedingten 
Nachschub eosinophiler Zellen aus dem Blute urd Knochenmark in ein 
bestiminte sSOrgan hinein, wenn auch auffallend, so doch möglich sei.. 
Eine sehr wichtige Thatsache, das Vorkommen einkerniger eosinophiler 
Zellen in den ausgeschiedenen Gewebsfetzen der Frau und an dem Ent- 
“zündungsherde, hat Sultan merkwürdiger Weise nicht für die Wahr- 
scheinlichkeit der localen Entstehung der Eosinophihie verwertet, wie- 
wohl gerade hier ıhr Nachweis nach unserer Auffassung und Bett- 
manns beinahe als zwingender Beweis für die locale Entstehung. 
anzusehen ist. Jedenfalls scheint die Sultan 'sche Beobachtung im 
Verein mit den von uns und anderen Autoren gefunderen Thatsachen 
sehr zu Gunsten der localen Entstehung der Eosinophilie zu sprechen. 
Die Frage nach dem Ursprungsorte der eosinophilen Zellen bei localer 
Eosinophilie ist somit keineswegs so ungelöst, wie es nach Gut- 
manns Ausführungen den Anschein hat, selbst wenn man es diesem 
zu Grute rechnen muß, daß er die besonders beweiskräftige Sultan- 
sche Beobachtung noch nicht gekannt hat. 

Was das Verhalten der eosinophilen Zellen zu den Gonokokken 
anlangt, so ergiebt sieh aus unseren Untersuchungen, deren Material 
leider weder Joseph und Polano, noch C. Gutmann verwertet 
haben, Folgendes: 


Es fanden sich in der 


1. Woche unter 85 Einzelbeobacht.: Eosin. Zell. in 39 9, @onokk. in 91 °/, 
2. ” » 65 ” ” n n» 409%, o „ HU Do 
3. ” „26 n ” sn 0106 ” „ 41% 
4. ” » 20 n ” a a (H SCH ” n 10°. 
D. ” mn 16 ” ” w a 19 "in nm ” 62 Mo 
Ge, T j wt wile p a BTO 


Es geht daraus hervor, daß es den Ansehein hat, worauf nach uns 
Joseph und Polano aufmerksam gemacht haben, daß ein gewisser 
Antagonismus in dem Auftreten der eosinophilen Zellen und der Gono- 
kokken stattfindet. Doch ist Gutmann zuzustimmen, wenn er davor 
warnt, allzu weitgehende prognostische Schlüsse zu ziehen, da, wie 


— 393 — 


auch wir gefunden haben. dieser Autagonismus relativ häufig nicht 
nachweisbar ist. 

Schließlich noch einige Bemerkungen über das Vorkommen von 
Mastzellen im gonorrhoischen Liter. Jeseph und Polano haben 
sie unter 200 Präparaten in 30 Präparaten nachweisen können. Diese 
entstammten aber nur sechs verschiedenen Fällen. Hier fanden sie 


sich in den verschiedensten Stadien der Erkrankung. Hiermit stimmen 





unsere früheren — Feststellungen, welehe von Joseph und Po- 
lano übersehen worden sind. nieht ganz überein. Daß sie weit selte- 
ner im gonorrhoischen Eiter vorkommen als eosinophile Zellen. haben 
auch wir gefunden. Wir stellten im Maximum sechs Zellen auf ein 
vollkommen durehmustertes Priiparat. in der Regel jedoch nicht mehr 
als 2-3 Mastzellen fest. In der ersten Woehe in relativ wenigen 
Fällen beobachtet, finden sie sich etwas häufiger in der zweiten Woche, 
um ihr Maximum in der dritten Woche zu erreichen. In zwei Fällen, 
in welehen die Eiterung noch bis in die fünfte resp. sechste Woche 
nach Beginn der Behandlung anhiclt, waren sie noch nach dem Ver- 
schwinden der eosinophilen Zellen nachweisbar. Bemerkenswert er- 
schien ein gewisser Parallelismus der Häufigkeit ihres Auftretens mit 
derjenigen der eosinophilen Zellen. Hervorzuheben ist jedoch, dab sie 
nach unseren Untersuchungen in Bezug auf die Anzahl der untersuch- 
ten Fälle häufiger gefunden wurden. als nach den späteren Unter- 
‚suchungen von Joseph und Polano. Wir fanden: 
unter 27 Fällen in der 1. Woche Mastzellen in 5 Fallen 


12 n n ” > ” ” 1 4 n 
n 7 ” r mm 3. r y ” 3 ” 
n D r 1 ” 4. ” n n 1 r 
” 2 n Là nm D. ” ” ” 2 ” 


Legten wir der Betrechtung ohne Rücksicht auf die Fälle die Ein- 
zelbeohachtungen zu Grunde. so ergaben sich: 
unter 85 Einzelbeobachtungen der 1. Woche Mastzellen 9mal = 11°/, 


» 63 n a $ a 15mal = 24%, 
27 gr SE = o 9mal = 33%, 
d 29 S „4. = e Gmal = 23 %, 
» Jp 5 a C ei Imal = 1°, 
j G d E £ = l mal = 17 o 


Diese Uebersicht lehrt, daß die Mastzellen zwar seltener im gonor- 
choischen Eiter auftreten als die eosinophilen Zellen, jedoch häufiger, 
und vor allem ın mehr Fällen. als es nach den Befunden von Joseph 
und Polano den Anschein hat. 


Entgegnung zu Blancks Bemerkungen über meine 


Publikation: Eine Flaschenspritze. 
Von 
Dr. Bernstein (Cassel). 

Blanek macht mir den Vorwurf, daß ich bei Beschreibung 
ineiner Flaschenspritze ala Tripper- und Janetspritze sein asceptisehes 
Tasenenetur nieht erwähnt habe. 

Ès ist richtige. Ich habe es nicht erwähnt, weil ich auch die übrigen 
bereits existirenden Einrichtungen nicht erwähnt habe. 

Die Erwähnung der bisher auf den Markt gebrachten Erzeugnisse 
ist unterblieben: 

1. weil ich ihre Bekanntschatt bei jedem Leser der Monatshefte 
voraussetzen konnte; 

2. weil ihre Zahl gar nicht so klein ist und ihre Beschreibung 
mich zu weit geführt hätte; 

3. weil sich ineine Flaschenspritze ın keiner Weise an die bisher 
existirenden anlehnt. 

Lie bisher existirenden gingen im allgemeinen darauf aus, die zur 
Injection nötigen Utensihen ır einem geeigneten Behältnis zu ver- 
einigen. 

Meine Fleschenspritze sucht ober das Problem in anderer Art zu 
lösen. Sie will die Verunreinigungen durch Veremfachung der zur 
Injection notwendigen Manipulatio: en von selbst. ohne Zuthun des 
Patienten, ausschließen. Und thatsächlieh schließt sie eine Reihe von 
bisher die Verunreinigung der Injection begünstigenden Manipula- 
tionen aus. Sie macht die Injection zu einem hervorragend einfachen 
Act. Wenn nun Blanck am Schluß seiner Frörterungen sagt: Es 
ist daher nicht richtig, wenn Bernstein schreibt. dab unsere Be- 


mühungen (in Bezug auf die Sauberkeit Lei den Injeetionen) allerdings 


— 400 — 


von grobem Erfolge Fisher nicht gewesen sind, so scheint Blanck 
meinen Satz nicht richtig aufgefaßt zu haben. Teh meine Bemühungen. 
die wir zur Erziehung der Patienten zur Vornahme sauberer Injeetio- 
nen bisher gemacht haben; Blanek meint Bemühungen, die auf die 
Ertindung von Einrichtungen ausgehen, welche die Vornahme sauberer 
Injeetionen erleichtern sollen. 

Zwischen beiden ist natürlich ein großer Unterschied. Es könnten 
bereits seit langem die besten Einrichtungen bestehen. ohne daß sie 
benutzt werden. Und daß trotz der Existenz von Blancks aseptischen 
Taschenetuis, trotz Simplextlaschen ete. ete. der weitaus größte Teil 
unserer Patienten die Injeetion nach wie vor unsauber ausführt, wird 
jeder Unbefangene zugeben. 

Gb nun meine Flaschenspritze an dieser Thatsache in Zukunft 
etwas ändert, will ich nieht prophezeien. 

leh will aber hinzufügen, daß ich die Flaschenspritze in ihren 
Formen als Tripper- und Janetspritze auf dein diesjährigen Congreb 
der deutschen Naturforscher und Aerzte in Stuttgart in der dermato- 
urologischen Abteilung zu demonstriren gedenke, woselbst den Facli- 
collegen Gelegerheit gegeben ist, zu beurteilen, ob meine Flaschen- 
spritze als Tripper- und Janetspritze einen Fortschritt darstellt oder 


nicht. 


Berichtigung. 


In den „Monatsberichten für Urologie“ 1906, No. 6, befindet sich 
ein Referat über meine, in der „Med. Klinik“ 1906, No. 9 und 10 
erschienene Arbeit: „Ueber die gerenwärtige Bedeutung der neueren 
Untersuchungsmethoden der functionellen Nierendiagnostik für die 
Nierenchirurgie.“ 

Der Referent sagt Seite 376: „Dabei scheint Verf. den Eingriff 
der Cystoskopie selbst speciell bei Tuberculose zu unterschätzen, denn 
er scheut sieh nicht, bei einem wegen Tuberculose nephreetomirten 
Patienten mehrere Male an verschiedenen Tagen den Katheterismus des 
restirenden Ureters der operirten Seite auszuführen.“ 

Dazu bemerke ich, daß so etwas weder je von mir gemacht worden 
ist, noch in meiner oben bezeichneten Arbeit steht. Thatsächlich 
handelt es sich in jenem Fall um diagnostische Untersuchungen, natür- 
lich bevor ich die Nephrectomie gemacht habe. 

Zum Beweise gebe ich den Wortlaut aus dem betr. Abschnitt meiner 
Arbeit über den Ureterenkatheterismus, Seite 220, der „Med. Klinik“ 
1906, No. 9. Dort heißt es wörtlich: 

„In einem Fall von Nieren- und Blasentubereulose mit starker 
Pyurie habe jch (wegen einer bei der von mir ausgeführten Nephree- 
tomie nachher festgestellten vorgeschrittenen Ureteritis) den Katheter 
nur ca. 2 em in den Ureter vorsehieben können. Aber damit wurde der 
Urin, den ich gleichzeitig der Blase entnahm, klar und blieb klar, so 
lange ich den Katheter, soweit es eben ging, in dem Ureter der 
kranken Seite fixirt hielt. Ich wiederholte diese Untersuchung mehrere 
Male an verschiedenen Tagen mit demselben Resultat und ersparte 
damit, indem ich den Blasenurin vor, während und nach dieser Form 
der Untersuchung verglich, einen Treterkatheterismus der gesunden 
Seite bei tubereulös erkrankter Blase.“ 


Alfred Rothschild (Berlin). 


Entgegnung zu obiger Berichtigung. 


Die obige Berichtigung ändert nichts an der Thatsache, daß Verf. 
bei einer tuberculés erkrankten Blase einige Male die Cystoskopie ohne 
jede Berechtigung ausgeführt hat. Ein eindeutiges Resultat ergab 
sich bereits nach der ersten Untersuehung. Es bedurfte, wenn über- 
haupt nötig, nur noch höchstens eines Controlversuches. Jede weitere 
Cystoskopie resp. Ureterenkatheterisation war überflüssig. Denn jede 
unnötige Cvstoskopie bedeutet einen Eingriff für eine tuberculös 
erkrankte Blase, den wir dem Patienten ersparen müssen, sobald wir 
es können. E. Lewitt (Berlin). 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grôsserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


— nn nn 


Priv.-Doc. Dr. K. Ullmann (Wien): Erfahrungen mit der 
Stauungs- und Saugtherapie bei einigen Geschlechts- 
krankheiten. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 15.) 


Die Bier’sche Methode erwies sich Verf. bis jetzt bei einem Mate- 
rial von über 80 Fällen als überaus verwendbar und vielversprechend. 
In fünf Fällen von Hodentuberculose hat er durchaus erhebliche Besse- 
rungen, in einem Falle evidente Heilung erhalten. Auch am Hoden läßt 
sich die heiße Stauung mit Bindenwicklung durehführen, einfacher und 
immer durchführbar ist hier die ebenfalls sehr wirksame Saugrtherapie. 
Auffallend ist darunter der sofortige Rückgang der dünnen Drüsen- 
secretion aus Hodeufisteln. Die Fortsetzung der tuberculésen Infiltrate 
in den Leistenkaniilen oder auf der Prostata bildet keine Gegenindication 
regen die vendse IHyperämisirung der zugänglichen Partien. Die Technik 
für Prostatastauung ist schwierig, das Verfahren dort kaum anwendbar. 

Vor allem ist es bei Geschleehtskrankheiten die beginnende oder 
eiternde Periurethritis gonorrhoica, ferner gonorrhoische Bartholinitis 
und Entzündung des Bartholin'schen Ausführungsganges, der gonor- 
rhoische, der venerische, insbesondere aber der strumöse, serophulöse 
Bubo und die Adenitis simplex (sympathica), ber deren Behandlung die 
Bier’sehe Saugtherapie mittels der Saugeliser unter allen bisherigen 
Methoden die raschesten, nahezu sehmerz- und narbenlosen Resultate zu 
Tage gefördert hat. 


— 103 — 


Aehnliches gilt für beginnende heiße und kalte Perinealabscesse 
(Cowperitis), z. B. für solche, welche im Anschluß an eine Gonorrhoe 
entstanden sind, besonders bei tuberculéser Constitution des Individuums. 
Ein großer Vorteil in der Anwendung der Bier'schen Methode liegt 
Jedenfalls schon darin, daß viel mehr Patienten ambulatorisch behandelt 
werden können als sonst, sowie in der Schmerzlosigkeit und Schmerz- 
stillung. 

Die Anfüllung der Wunde mit Blutplasma wirkt im Sinne Biers 
undSchedes zunächst Bacterien aufsaugend und tötend, sowie gewebs- 
bildend. Bei Epididymitis wirkt das Verfahren nieht immer schmerzlos. 
aber doch häufig in der zweiten Woche sehr resorptionsbefördernd, und 
zwar auf die zelligen Infiltrate viel besser als auf flüssige Exsudate. 
In manchen Fällen haben sich hier constante feuchte Wärme (Resorption, 
Schmerzstillung) brauchbar erwiesen, zumal bei frischen, schweren Fällen. 

Bei noch vorhandener virulenter Gonorrhoe kann man vorüber- 
gehend Besserung erzielen, das Verfahren hindert aber nicht, daß Nach- 
schübe erfolgen. 

Gegen acute Gonorrhoe ist nach Verf.s Ansicht die Methode nicht 
anzuwenden. Kr. 


Dr. Hans Wildbolz: Ueber Diagnose und Behandlung der 
Nieren- und Blasentuberculose. (Correspondenz-Blatt der 
Schweizer Aerzte 1905, No. 6.) 


Verfasser hat neunmal wegen Tuberculose eine Niere entfernt. In 
vier Fallen assistirte er anderen Aerzten bei derselben Operation, nach- 
dem er vorher bei den betreffenden Kranken, wie den von ihm selbst 
operirten, mit Hilfe des Cystoskops und des Ureterenkatheterismus die 
genaue Localisation der tubereulösen Erkrankung und die funetionelle 
Leistung der Nieren bestimmt hatte. Die Exstirpation der kranken Niere 
wurde von diesen 13 Kranken ohne wesentliche Störung des Allgemein- 
befindens ertragen; die 24 stiindige Urinmenge war bei allen nur in den 
ersten Tagen mehr oder wenizer vermindert, bald secernirte die restirende 
einzize Niere ebenso viel Urin wie vor der Operation beide Nieren zu- 
sammen. Anzeichen von Urämie machten sich bei keinem einzigen der 
Kranken bemerkbar. Bei allen wurde durch die Nephreetomie ein merk- 
licher Erfolg erzielt, wenn auch nieht alle durch dieselbe geheilt wurden, 
Bei 6 von den 13 Operirten war außer der Erkrankung der einen Niere 
und deren Ureter im ganzen Körper kein Tubereuloseherd nachweisbar. 
Die Blase war entweder gar nieht oder nur sehr wenig, lediglieh in der 
Umgebung des erkrankten Ureters, tubereulös infieirt. Bei diesen sechs 
Kranken war der Operationserfolg ein ausgezeichneter. Die von der 
Niere irradiirten, zum Teil bereits sehr heftigen Blasenbeschwerden, be- 
stehend in schmerzhafter Miction uud häufizem Harndrang sehwanden 
10—14 Tage nach der Operation fast vollständig und die Patienten er- 
holten sich nach der Operation so raseh. dab sie sich nach 4—5 Wochen 


— 404 — 


vollkommen geheilt fühlten. Anders war der Verlauf bei den Kranken, 
deren Blase schon in ausgedehntem Maße erkrankt war. Wohl hatten 
auch diese Kranken dureh die Operation eine große Erleichterung, aber 
fast alle leiden noch jetzt unter vermehrtem und mehr oder weniger 
schmerzhaftem Harndrang. Während sie vor der Operation alle '⁄ bis 
'/ı Stunde, ja einzelne alle paar Minuten heftigen Urindrang hatten, 
können sie jetzt immerhin den Urin 1—2 Stunden halten. Bei einer der 
Kranken mußte Verfasser fünf Monate nach der Entfernung der Niere 
wegen anhaltender Blasenbeschwerden und Fistelbildung in der Opera- 
tionsnarbe die secundäre totale Uretereetomie vornehmen. Erst nach 
dieser schwand der Blasendrang soweit, daB Patientin den Urin jetzt 
1—1'/: Stunden halten kann. Bei zwei anderen Kranken entfernte Verf. 
den Ureter primär, d. h. zugleich mit der Niere, in toto bis zur Blase. Be- 
merkenswert ist, daß bei der Mehrzahl der Kranken, welche auch in denr 
Urin der nieht tubereulös erkrankten Niere FEiweißausscheidung zeigten, 
nach der Operation die Albuminurie rasch vollständig schwand. Der 
Operationserfolg war also in den Fällen des Verfassers in ausgesproche- 
ner Weise davon abhängig, ob die Tuberculose auf die eine Niere und 
den Ureter beschränkt war, oder ob sie auch die Blase in ausgedehntem 
Maße ergriffen hatte. Bei dem einen Kranken war der Erfolg ein rascher 
und vollkommener, bei den anderen nur ein teilweiser und zögernder. 
Verfasser bekennt sich deshalb nicht allein aus theoretischen Gründen 
als Anhänger der von Alhbarran und Kiimmell empfohlenen Früh- 
operation; immerhin geht er in der Indicationsstellung doch nicht so weit 
wie diese; consequent bei jeder solitär an Tuberculose erkrankten Niere 
die Nephrectomie zu empfehlen, gleichgiltig ob ihr Parenehym in groBer 
Ausdehnung erkrankt sei oder nicht, scheint ihm ein zu radicales Vor- 
gehen. LErgiebt die funetionelle Prüfung der erkrankten Niere eineır 
groBen Ausfall ihrer Arbeitsleistung, daun fällt wohl keinem Chirurgen 
der EntsehluB schwer, das erkrankte, nur noch wenig leistungsfähige 
Organ zu entfernen, bevor es Anlaß zu weiterer Ausbreitung der Tuber- 
culose gegeben hat. Viel sehwieriger wird der Entscheid, wenn die 
unzweifelhaft tuberculöse Niere noeh reichlich functionirendes Paren- 
chym zu haben scheint, welehes ihr die Uebernahme eines groBen Teiles 
der Gesamtinnenarbeit erlaubt. Solche Fälle werden die ärztliche Welt 
von jetzt ab bei allgemeiner Anwendung der neuen functionell-diagnosti- 
‘schen Untersuchungsmethoden natiirlich häufiger beschäftigen als bisher. 
Denn erst jetzt kann man frühzeitig die Nierentubereulose diagnosticiren 
und sich über ihre Ausdehnung befriedigenden AufschluB verschaffen. 
Soll man nun wirklich jede Niere, die man solitär an Tuberculose erkrankt 
findet, die aber noch wenig von ihrer functionellen Leistungsfähigkeit 
eingebüßt hat, rasch entschlossen aus dem Körper entfernen? Eine so 
weit gehende Anwendung der Nephrectomie erscheint nicht genügend 
gerechtfertigt. Die Tubereulose der Nieren hat allerdings erfahrungs- 
gemäß wenig Tendenz zur spontanen Ausheilung; man muß aber doch 


— 405 — 


gestehen, speciell über die Heilungsmöglichkeit kleiner Tuberkelherde 
in den Nieren recht wenig zu wissen. Solche Herde heilen vielleicht 
häufig und ohne je klinisch erkannt worden zu sein und ohne in dem er- 
krankten Organismus Veränderungen zu hinterlassen, die später bei der 
Sertion auffallen. Man würde durch eine frühzeitige Nephreetomie also 
vielleicht nicht selten ein Organ entfernen, daß, nach einiger Zeit wieder 
geheilt, dem Körper noch lange hätte wertvolle Dienste leisten können. 
Andererseits möchte man für die Kranken nicht gerne ein Uebergreifen 
der Tuberculose von der Niere auf die Blase riskiren. Wer einmal ge- 
nötigt war, eine vorgeschrittene Blasentubereulose zu behandeln, wer die 
Qualen mitangesehen hat, welche diese schreckliche Krankheit erzeurt, 
der wird mit allen verfügbaren Mitteln die Patienten vor einem solehen 
traurigen Los zu bewahren trachten. Aber dieses berechtigte Bestreben 
darf nicht zu übereilten Operationen Veranlassung geben. Die Tuber- 
culose breitet sich in der Regel von dem Nierenherde her nicht so rapide 
aus, daB man nicht die Zeit fände, ihrem Weiterschreiten Einhalt zu thun. 
Am häufigsten steigt sie den Ureter entlang vorerst in die Blase nieder; 
auf diesem Wege kann man aber den Fortschritt der Tuberculose gut 
verfolgen, denn mit Hilfe des Cystoskops ist ihr Uebergreifen auf die 
Blasenschleimhaut rasch und leicht zu erkennen. Greift man in diesem 
Momente rasch und energisch ein, so ist noch nichts verloren. Niere und 
Ureter kann man total entfernen und dadureh auch die eben beginnende 
Infection der Blasenschleimhaut zur Heilung bringen. Verfasser stellt 
deshalb für die operative Behandlung speciell der primären einseitigen 
Nierentuberculose folgende Indicationen auf: 

1. Ist die einseitige primäre Nierentuberculose bereits combinirt mit 
einer descendirenden Tuberculose der unteren Harnorgane, so muß die 
Niere als primärer Herd, welcher stets zur Reinfection der unteren Harn- 
organe führt, entfernt werden. 

2. Ist die Tuberculose einzig und allein auf die eine Niere beschränkt. 
so soll dieses Organ nur exstirpirt werden, wenn seine Function durch die 
Erkrankung bereits erheblich gelitten hat. Ist aber die Schädigung des 
Parenchyms noch geringradig, dann darf der Kranke conservativ behan- 
gelt werden, bis deutlich ein stetes Fortschreiten des infectiôsen Processes 
erkennbar ist. Besonders ein Uebergreifen der Tuberculose von der Niere 
längs dem Ureter auf die Blasenschleimhaut giebt eine dringende Indi- 
cation zur sofortigen Entfernung der tubereulösen Niere. 


M. Lubowski. 


Dr. Josef K. Friedjung, Assistent am I. öffentlichen Kinderkranken- 
institut (Wien): Das chronische ,.idiopathische‘ Genital- 
ödem junger Säuglinge. Wiener klin. Wochenschr. 1906, No.24 ) 
Verfasser weist auf eine typische Form eines eminent chronischen, 

scheinbar idiopathischen Oedems hin, die man öfter an den Genitalien 

jüngerer Säuglinge beobachtet. Das charakteristische Krankheitsbild ist 


— 406 — 


in den Kreisen der praktischen Aerzte wenig bekannt, keins der Verfasser 
zugänglichen Lehr- und Handbücher weiß davon zu berichten. Es handelt 
sich um eine charakteristische Schwellung der Haut der Genitalien und 
des Mons veneris, die Verfasser bisher nur an Knaben beobachtet hat. In 
den zwei Fällen, die er genauer verfolgte, ließ sich ein vorzeitiger Ge- 
burtstermin feststellen. Die Haut ist blaB, normal temperirt, die Con- 
sistenz mehr oder weniger derbteigig, ähnlich der des Skleroms, ein 
Fingerdruck steht nieht. Es besteht durchaus keine Druckempfindlichkeit, 
keine Harnbeschwerden, die Kinder machen den Eindruck vollkommenen 
Wohlbefindens. Die Prognose dieser eigenartigen Veränderung scheint 
stets gut zu sein, auch quoad restitutionem ad integrum. Jede Therapie 
ist überflüssie. | 

Was die Deutung des Krankheitsbildes betrifft, so vermutet Verf., 
daB es sich in diesen Fällen um septische Infectionen des Nabelstumpfes 
handelt, die manchmal zum Erysipel, in anderen Fällen, wie in den be- 
schriebenen, blos zu dem eharakteristisch localisirten, torpiden Oedem der 
(renitalgegend führen. Kr. 


Il. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


Dr. Fr. H. Schildbach: Ueber die Riegler’sche Methode zum 
Nachweis von Gallenfarbstoff im Harn. (Centralblatt für 
innere Medicin 1905, No. 45.) 


Verf. führt an Hand seiner Untersuchungen aus, daB die von 
Riegler angegebene neue Methode zum Nachweis von Gallenfarbstoff 
im Harn gegenüber der Huppert'schen, sowohl was Empfindlichkeit, 
als auch was Deutlichkeit der Farbenreaction betrifft, minderwertig, und 
daß somit ihre Anwendung und Verbreitung für die Praxis zum mindesten 
überflüssig ist. M. Lubow ski. 


W. v. Moraczewski: Ein Beitrag zur Kenntnis der Phos- 

phaturie. (Centralblatt für innere Medicin 1905, No. 16.) 

Die vom Verf. im Institut für medicinische Chemie in Lemberg 
angestellten Versuche erzeben Folgendes: 

1. Die chronische Phosphaturie, welche nicht die klinischen Symptome» 
der nurasthenischen Phosphaturie oder der Phosphaturie bei Kindern 
zeigt, charakterisirt sich durch ein Mißverhältnis der Kalk- und Phosphor- 
ausscheidung im Harn, indem hier neben Verminderung der Kalksalze 
eine, wenn auch geringere, Vermehrung der Phosphorsäure stattfindet. 

2. Durch Darreiehung von Alkalien wird die Ausscheidung der 
Metalloidionen relativ mehr befördert als die der Metallionen, wodurch die 
Ausscheidungsverhältnisse zur Norın zurückkommen. 


— 407 — 


3. Diese Form von Phosphaturie zeichnet sich aus durch eine Re- 
tention der anorganischen lonen überhaupt, wodurch sie an gewisse 
Stadien der Gicht erinnert. 

4. Ein und dasselbe Individuum kann von beiden Krankheiten be- 
fallen werden, d. h. 

a) eine Phosphaturie abwechselnd mit Oxalurie oder Gicht auf- 

weisen; 

b) an Phosphaturie meist leiden, dann an Gicht oder umgekehrt. 

5. Normaler Harn enthält mehr saure Ionen als der Harn bei Gicht 
oder bei Phosphaturie. M. Lubowski. 


Adolf Jolles (Wien): Ueber den Nachweis der Pentosen im 
Harn. (Centralblatt für innere Medicinu 1905, No. 43.) 


Auf Grund einer Reihe von Versuchen bringt Verf. zum sicheren 
Nachweis der Pentosen im Harn folgendes Verfahren in Vorschlag: 
10—20 cem Harn werden mit entsprechenden Mengen essigsaurem Natron 
und Phenylhydrazin versetzt, ca. eine Stunde im Wasserbade gekocht, 
dann durch zwei Stunden in kaltem Wasser stehen gelassen. Der ent- 
standene Niederschlag wird auf ein Asbestfilter gebracht, einmal mit 
kalten Wasser ausgewaschen und dann Filter samt Inhalt in ein De- 
stillirkölbehen gebracht. Hierauf fügte man 20 cem destillirtes Wasser 
und 5 rem eoneentrirte Salzsäure hinzu und destillirt ca. 5 cem in eine 
in kalten Wasser befindliche Eprouvette ab, welche vorher mit ca. 5 ccm 
destillirtem Wasser beschickt wurde. Bei Gegenwart von Pentosen giebt 
1 ecm des Gemenges beim Kochen mit 4 cem Bial’schen Reagens eine 
intensive Grünfärbung. Die Probe ist auch bei Anwesenheit größerer 
Zuckermengen anwendbar, da Dextrosephenylhydrazin unter den an- 
gegebenen Bedingungen keinen furfurolähnlichen Körper liefert. 

M. Lubowski. 


F. Schilling (Leipzig): Fluorescenz des Harns bei schwerem 
Diabetes. (Centralblatt für innere Medicin, 1905 No. 14.) 


Strzyzowski hat zuerst die Beobachtung gemacht, daß stark 
zuckerhaltiger Urin bei schwerem Diabetes auf Zusatz von Formalin 
innerhalb 24—36 Stunden bei Stubentemperatur Fluorescenz zeigt und 
daran die Bemerkung geknüpft, daß das Evidentwerden dieses Symptomes 
die Prognose eines Diabetesfalles erheblich verschlechtere. Verfasser 
hat sich nun dureh eigene Untersuchungen überzeugt, daß die Fluorescenz 
augenscheinlich nicht mit der Acetonurie zusammenhängt, sondern durch 
bisher unbekannte Farbstoffe hervorgerufen wird.  Augenscheinlich 
handelt es sich hier um Farbstoffe, welche in den Urin aus den Gewebs- 
säften infolge abnormen Stoffumsatzes in einer Drüse oder in anderen 
Geweben übertreten und durch Formalin zur Sichtbarkeit in der Fluores- 
cenz unter dem Einfluß der Temperatur gebracht werden. 

M. Lubowski. 


— 408 — 


Dr. M. Loeb (Frankfurt a. M.): Beiträge zur Lehre vom 
Diabetes mellitus. II. Die hereditäre Form des Diabetes. 
(Centralblatt für innere Medicin 1905, No. 32.) 


Aetiologie: Die hereditäre Form’ des Diabetes befällt das weib- 
liche Geschlecht mindestens ebenso häufig, vielleicht sogar etwas häufiger, 


als das männliche. Sie findet sich ungemein häufig bei Juden bezw. bei 
der semitischen Rasse, wenn sie auch bei dem übrigen Teil der Be- 
völkerung nicht selten zur Beobachtung kommt. Der hereditäre Diabetes 
tritt in der Regel jenseits des 40. Lebensjahres auf, häufig im Alter von 
50—60 Jahren, viel seltener dagegen im jugendlichen und kindlichen 
Alter. Fast stets handelt es sich um zuvor gesunde, kräftige, gutgenährte 
Personen. Sehr häufig sind dieselben wolılbeleibt; bei anderen besteht 
geradezu Fettsucht, so daß sie dem Diaböte gras der Franzosen zuzu- 
rechnen sind; besonders ist dies bei Frauen zwischen 45 und 50 Jahren 
der Fall. Viele leiden an hochgradiger Nervosität, woran auch häufig ihre 
Beschäftigung mit Schuld trägt. Auch sind die betreffenden Patienten 
nicht selten gleichzeitig neuropathisch belastet. 

Verlauf: Beieiner groBen Anzahl von Zuckerkranken werden lange. 
oft jahrelang, bevor der Diabetes dureh stärkere Zuckerausscheidung oder 
andere Symptome deutlich in die Erscheinung tritt, vorübergehend kleine, 
doch auch manchmal größere Zuckermengen ausgeschieden. Es ist oft 
schwierig, wenn nieht unmöglich, die Dauer der Krankheit zu bestimmen. 
Im allgemeinen zeichnet sich der hereditäre Diabetes durch einen gut- 
artigen, über eine lange Reihe von Jahren sich erstreckenden Verlauf aus. 
Wenn derartige Patienten sich nur einigermaßen halten (von einer 
strengen Diät kann hier meist abgesehen werden), haben sie die Chance, 
ein hohes Alter zu erreichen, falls sie nicht einer dazwischen tretenden 
Krankheit oder einer durch Arteriosklerose verursachten Complication 
zum Opfer fallen. Zum Auftreten von Acetonkörpern kommt es in der 
Regel erst spät oder gar nicht. 

Krankheitsbild: Fast immer handelt es sich um einen leichten, 
sich über viele Jahre hinziehenuden Verlauf. Der Zucker schwindet — 
wenigstens in den ersten Jahren. oft auch noch in einem vorgerückteren 
Stadium der Krankheit — bei nur mäßiger Befolgung der diätetischen 
Vorschriften, und mit dem Zucker schwinden auch die von seiner An- 
wesenheit abhängigen Erscheinungen. Tritt infolge von Diätfehlern, 
(iemütsaufregung u. s. w. von neuem Zucker im.Harn auf, so zeigen sich 
wiederum die bekannten diabetischen Symptome: Durst, Abgeschlagen- 
heit, Müdigkeit, Polyurie u. s. w. Erst ziemlich spät, manchmal über- 
haupt gar nicht, kommt es zur Ausscheidung von Acetessigsäure und 
Aceton. Bei der erblichen Form des Diabetes tritt schon verhältnismäßig 
frühe Arteriosklerose mit ihren Folgeerscheinungen (Vergrößerung des 
Herzens. asthmatische und stenocardische Anfälle, Gehirnhämorrhagie. 
miBige Albuminurie) auf. Oft verrät sich die Arteriosklerose nur durch 


— 409 — 


das Verhalten der Radialarterie, erhöhten Blutdruck und geringe Ver- 
größerung des linken Ventrikels. Hervorzuheben ist ferner, daß eine bei 
den sonstigen Formen des Diabetes so häufige Complication, die Lungen- 
tuberculose, bei der hereditiiren Form so gut wie ganz fehlt. 

Ausgänge: Die Gefahren, die den an hereditirem Diabetes 
leidenden Patienten drohen, sind im wesentlichen zweierlei Art: einmal ` 
solche durch intereurrirende Krankheiten, besonders infectiöser Natur, 
und dann solche infolge der durch die Arteriosklerose gesetzten Ver- 
änderungen. Der Tod an eigentlichem Coma diabeticum scheint bei der 
hereditären Form ziemlich selten zu sein. 

Pathogenese: So viel kann mit großer Walırscheinlichkeit ge- 
sagt werden, daB hier wohl keine Affection des Pankreas zu Grunde liegt. 
Der leichte Verlauf und die sich oft über Decennien hinziehende Krank- 
heitsdauer sprechen entschieden dagegen. Alles spricht dafür, daß man 
es bei der erblichen Form des Diabetes mit einer Erkrankung des 
Nervensystems zu thun hat. M.Lubowski. 


Dr. Viktor Grüneberger (Prag): Ueber den Befund von 
Acetessigsäure in der Cerebrospinalflüssigkeit bei 
Coma diabeticum. (Centralblatt für innere Medicin 1905, No. 25.) 


Es handelte sich um ein 16 jähriges Mädchen, bei welchem angeblich 
acht Wochen vor der Aufnahme in die Klinik die ersten subjectiven 
Kıankheitssymptome von Diabetes mellitus, wie Polyphage, Polydipsie, 
Polyurie, Abinagerung u. s. w. aufgetreten waren. Im Harne befanden 
sich bei der Aufnahme 5,75 pCt. Zucker, sowie Aceton, keine Acetessig- 
säure. Die Patientin, welche bereits leicht benommen eingebracht wurde, 
verfiel nach wenigen Tagen in ein typisches Coma diabeticum mit 
stärkster Benommenheit und großer Atmung; es waren nun reichlich 
Aceton, Acetessigsäure und Oxybuttersäure im Harne, daneben Spuren von 
EiweiB, weiter Kiilz’sche Cylinder im Sediment. Verf. machte die 
Lumbalpunetion. Dieselbe wurde nach den üblichen Regeln und mit den 
nötigen C’autelen zwischen dem 3. und 4. Lendenwirbel etwas seitlich von 
der Mittellinie vorgenommen und dabei eine vollständig wasserklare 
Flüssigkeit mit einem Druck von 110 mm Wasser entleert. Neben anderen 
Besonderheiten der Flüssigkeit, wie Zuckergehalt und Gefrierpunkt, er- 
gab sich der bemerkenswerte Befund von Acetessigsäure. Die Proben 
von Gerhardt und dementsprechend auch die von Legal ergaben 
ein deutlich positives Resultat. Dieser Befund beansrpucht mit Recht 
großes Interesse, wenn man bedenkt, wie elektiv sich die Cerebrospinal- 
flüssigkeit gegenüber dem Blut und den in ihm kreisenden Stoffen 
verhält. M. Lubowski. 


— 410 — 


III. Gonorrhoe und Complicationen. 


ee 


F. Boehme: Ein Fall von Gonorrhoe und Bilharziaerkrankung 
(Kap - Hämaturle). (Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und 
Sexualorg., Bd. XVII, H. 4.) 


Verf. beschreibt einen Fall von Gonorrhoe, der bei einem Patienten. 
der an Bilharzia litt, auftrat. Der Verlauf der Gonorrhoe hatte nichts 
Auffallendes, jedoch glaubt Verf. eine gewisse gegenseitige Beein- 
flussung der beiden Erkrankungen nicht ganz von der Hand weisen zu 
können, indem er meint, daß die Gonorrhoe einen günstigeren Boden in 
der dureh die Bilharzia afficirten hinteren Harnröhre fand. Die übliche 
Therapie, Janet'sche Spülung und intern Ol. Santal., brachte die 
Gonorrhoe und wie es scheint auch die Bilharzia zur Heilung. 

Dr. A. Seelig (Königsberg). 


F. Bierhoff (New York): Beitrag zum Studium der Prosta- 
titis gonorrhoica. (Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und 
Sexualorg., XVII, Heft 5.) 


Verf. giebt zunächst eine Reihe von statistischen Daten, unter denen 
als besonders interessant hervorzuheben ist, daß nach des Autors Er- 
fahrungen in allen Fällen einer Urethritis posterior auch eine Prostatitis 
besteht (148 Fälle). Was den Procentsatz von Urethritis posterior an- 
betrifft, so fand Verf. unter 311 Gonorrhöen in 475 pCt. Urethritis poste- 
rior, dagegen unter 149 Fällen, die mit Urethritis anterior in Behandlung 
kamen und von B. sorgfältig behandelt wurden, trat die Complication 
nur in 11,4 pCt. auf. Verf. hatte übrigens bei den abortiv behandelten 
Fällen die geringste Anzahl von Complicationen (Urethritis posterior 
und Prostatitis). Was nun die Untersuchung derartiger Fälle betrifft. 
so tritt Verf. warm für die Zweigläserprobe zur Constatirung einer Ure- 
thritis posterior ein, jedoch muß sie, wenn sie ausschlaggebend sein soll. 
so ausgeführt werden, daß der überwiegend größere Teil des Blasen- 
inhaltes in das erste und ein paar Theelöffel in das zweite Glas ent- 
leert werden. Die Untersuchung auf eine eventuelle Prostatitis geschieht 
nach den bekannten Methoden. Sehr eingehend beschäftigt sich alsdann 
der Autor mit der Frage, warum eine Urethritis anterior trotz Vermeidung 
aller Schädlichkeiten und saehgemäßester Behandlung auf die hintere 
Harnröhre übergeht. Verf. schließt sich der bekannten Ansicht von 
Fingeran, daß die Gonokokken sich hauptsächlich in den drüsigen Ad- 
nexen einnisten, daher ihre Haftung besonders in der Pars pendula und 
prostatica. Diese Thatsache ist sichergestellt, jedoch erklärt sich da- 
dureh nicht das Weiterschreiten über die Pars membranacea, da diese 
völlig drüsenfrei ist. Die Erklärung hierfür glaubt B. darin zu finden, daß 
sich die Urethra bei vielen Männern, .die niemals gonorrhoisch inficirt 


— 411 — 


waren, in einem Zustande chronischer Congestion befindet, hierdurch 
wird das Fortschreiten einer acquirirten Gonorrhoe auch über die drüsen- 
freie Pars membranacea erheblich erleichtert. Die Ursachen derartiger 
Congestionen sind.: Onanie, Coitus interruptus ete. 

Die Prostatitis gonorrhoica hat meist einen verhältnismäßig milden 
Verlauf. Verf. beobachtete am hiufigsten die katarrhalische Form unter 
155 Fällen 121 mal (78 pCt.). Die relative Gutartigkeit der Prostatitis 
gonorrhoica glaubt Verf. hauptsächlich auf stark alkalische Reaction des 
Prostatasecrets zurückführen zu müssen, indem dadurch die Entwick- 
lungsfähigkeit und Virulenz der Gonokokken herabgesetzt wird. 

Verf. teilt die Prostatitiden ein in die katarrhalische Form (78 pCt.), 
die follieuläre (17 pCt.) und parenchymatöse (2 pCt.). Den Prostataabsceß 
sah Autor 4 mal = 5 pCt. 

Die Prognose ist im allgemeinen ın der Mehrzahl der Fälle als gut 
zu bezeichnen; die Behandlung besteht in Massage, Spülungen und An- 
wendung des Rectalpsycehrophors. Der ProstatabsceßB erfordert natürlich 
operatives Eingreifen. 

Den Schluß der sehr ausführlichen Arbeit bildet eine Statistik über 
311 Fälle, in der genaue Angaben über das Auftreten der Complicationen, 
über die Infectionserreger und schließlich über die Dauer der Behandlung 
gemacht werden. Bemerkenswert ist der Befund, daB in der großen 
Mehrzahl der Fälle gonorrhoischer Prostatitis (73 von 108) die Gono- 
kokken innerhalb der ersten 6 Wochen definitiv verschwunden waren, 
und bei 52 schon in den ersten drei Wochen, der aseptische prosta- 
tische Katarrh heilte innerhalb einer Woche ohne direete Behandlung der 
Prostata. D. A. Seelig (Königsberg). 


IV. Penis ete. 
Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 





Dr. Arthur Weiss, Assistent der urologischen Spitalsabteilung der 
allgemeinen Poliklinik (Wien): Ein Fall von Fremdkörper 
der Urethra mit Sequestrirung einesTeiles der letzteren. 
(Wiener klin. Rundschau 1906, No. 16.) 


Es handelt sich um einen 58jährigen Mann. Pat. giebt an, seit 
1'/: Jahren Harnbeschwerden zu verspüren, darin bestehend, daB er die 
Bauchpresse stark wirken lassen müsse, um uriniren zu können. Der 
Harn war stets klar, die Miction nicht sehmerzhaft. Vier Wochen vor 
seinem Spitalseintritt wurde das Harnbedürfnis ein ungemein häufiges, 
ohne daß Pat. den Harn anders als tropfenweise und unter starkem 
Pressen und begleitendem brennenden Schmerz entleeren konnte. Einige 


— 412 — 


"Tage darauf sei eine schmerzhafte Schwellung am Perineum aufgetreten, 
die stetig zunahm und langsam auf die Serotalgegend und das Präputium 
übergriff. Mit Zunahme dieser Erscheinungen habe die Menge des nun- 
mehr trüben stinkenden Harns stetig abgenommen. Seit zehn Tagen be- 
:ständen Schüttelfrüste, Fieber, Appetitlosigkeit, Verfall der Kräfte. Das 
Uriniren sei nur unter starkem Pressen tropfenweise möglich. Wegen 
‚dieser Erscheinungen trat Pat. am 9. V. in's Spital. Die Untersuchung 
-ergiebt in der Nierengegend keine Druckschmerzhaftigkeit. Blase nicht 
palpabel. Oberhalb der Symphyse keine Dämpfung. Die Haut über den 
Regiones inguinales gerötet, druckschmerzhaft, ebenso jene des Präpu- 
tiums. Das Serotum ist in einen zweifaustgroßen, druckschmerzhaften 
Tumor umgewandelt, der der Urethra entsprechend ein etwa kindsfauft- 
großes, derbes Infiltrat durchtasten läßt, das sieh nach vorne mit der 
Wurzel des Penis begrenzt und nach rückwärts bis an die Anal- 
umrandung reicht. Die Ilaut des Serotums ist fleckig gerötet, die Gerend 
der Rhaphe blaurot, starkes Oedem des Unterhautzellgewebes, keine 
Fluctuation. Per rectum ist ein kleinfingerdicker, drehrunder Strang zu 
fühlen, der sich nach rückwärts in die kleine, nicht druckschmerzhafte, 
eine normale Consistenz zeigende Prostata fortsetzt. Aus der Urethra 
eitriges Secret ausdriickbar. Die Cultur aus demselben ergiebt: Staphy- 
lococcus pyogenes albus. Harn von schmutzizbrauner Farbe, ammonia- 
kalischem Geruch. Spee. Gew. 1030. Albumen in Spuren, kein Sac- 
charum, Indican vermehrt. Im Sediment reichliche Eiterzellen, Platten- 
epithelien, Tripel-Phosphatkrystalle, amorpher phosphorsaurer Kalk. Am 
11. V. wurde zur Operation geschritten. Es wurde von der Peniswurzel, 
der Rhaphe entsprechend, ein Schnitt gefiihrt, der, bis zur Analumrandung 
reichend, das Serotum in zwei Hälften trennt und einen kleinkindsfaust- 
großen, fluctuirenden Tumor freilegt, aus dem sich nach seiner Er- 
öffnung eine urinös riechende, schmutzigbraune Eitermasse entleert. Die 
Jauchehöhle zeigt im Inneren zerklüftete Wandungen. Beide Testikel 
liegen in dem teils sulzigen, teils nekrotischen Unterhautzellgewebe des 
Scrotums frei. Drainage der Wundhöhle Ausstopfung sämtlicher 
Taschen mit Jodoformgaze: feuchter Verband. Abendtemperatur 37,9°, 
Puls 100. Kein Erbrechen. Pat. verliert sämtlichen Harn durch die 
Wunde. 12. V. Morgentemperatur 37,7", Puls 92, Abendtemperatur 37,0°. 
Verband stark urinös durehtränkt. Die freiliegenden Testikel beginnen 
sich mit Granulationen zu überkleiden. Die Drains und die Gaze werden 
in situ belassen und die Wunde in frische Burowollumschläge eingehüllt. 

13.—15. V. Wunde in fortschreitender Reinigung; reichliche eitrige 
‘Secretion. Inseln von üppigen Granulationen. 

16. V. Morgentemperatur 36,4, Abentemperatur 37,3°, Verband- 
wechsel. Die Scrotalhaut hat sich zum Teil abgestoBen und granulirt an 
den Rändern: ebenso überziehen sich die beiden Hoden sowie das Unter- 
hautzelleewebe des Serotums mit üppigen Granulationen. Nur gegen die 
fegion des Bulbus zu liegt eine das freiliegende Verweilkatheterstiick 


— 413 — 


zum Teil verdeckende, anscheinend abgestoßene, grauschwarz verfärbte,. 
unempfindliche Gewebsmasse von etwa Nußgröße, welche sieh mit einer: 
Kornzange leicht herausheben läßt. Es resultirt ein tiefgreifender, Jedoch 
schon von Granulationen in seiner Peripherie überzogener Defect, der mit 
Jodoformgaze bedeekt wird. Feuechter Verband. Der Gewebssequester 
zeigt eine nach oben offene Rinne, in der sich die etwa 4 em lange, ab- 
gebrochene Spitze eines Hühnerfederkiels befindet. 

Der Patient wird nun einem nochmaligen Verhér unterzogen und ge- 
steht nach abermaligem Leugnen endlich ein, seine Harnbeschwerden seit 
langer Zeit dadureh gelindert zu haben, daB er sich einen Federkiel mit 
dem Barte nach oben in die Urethra eingeführt habe. Dies hätte er etwa 
14 Tage vor seiner Aufnahme in das Spital wiederholt, wobei er sich der: 
abgebrochenen Spitze eines Hlülinerfederkieles bediente, die plötzlich 
seinen Händen entschlüpfte, und der er nieht mehr habhaft werden: 
konnte. Zwei Tage darauf Schmerzen im Perineum, erschwertes und 
schmerzhaftes Uriniren; Tags darauf Schüttelfrost, Fieber, sowie der 
bereits geschilderte Zustand. Pat. wurde am 13. VIIT. geheilt entlassen.. 

Die Aetiologie des Grundleidens blieb unaufgeklärt. Kr. 


Dr. W. Knoll: Ein Beitrag Zur Pathologie des Carcinoms 
der weiblichen Urethra. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905, 
Bd. 80, H.5 u. 6.) 


Ende November gelangte im städtischen Krankenhaus zu Constanz 
ein Fall zur Beobachtung, der wegen der relativen Seltenheit der Affeetion,. 
sowie wegen einiger klinischer und anatomischer Besonderheiten ein 
gewisses Interesse beansprucht. 

Krankheitsbild: Eine sonst gesunde Frau, jenseits der Meno- 
pause, wird eines Taves plötzlich von profuser Blutung aus den Geni- 
talien überrascht. Der Arzt findet naeh einigen Wochen, nachdem noch 
mehrere solehe Blutungen erfolgt sind, einen prominenten Tumor von 
HaselnuBgröße, der nach rechts und unten vom Orifiecium urethrae exter- 
num sitzt und dieses etwas nach links verdrängt. Seit der ersten Blutung 
treten dauernde Urinbesehwerden auf, bestehend in Tenesmus und star- 
kem Brennen bei der Miction. Die Frau kommt sichtlich herunter, es 
tritt fötider Ausfluß auf, die Beschwerden wachsen und die Patientin 
entschließt sich zur Operation. Der Tumor gehört der llarnröhre an. Er 
ist mit deren Schleimhaut fest verwachsen, während die darüberliegende 
Vaginalschleimhaut noch beweelich ist. Der Tumor ist hart, blutet leicht 
bei Berührung und hat eine tiefrote, sammetartige Obertliehe mit 
blumenkohlartigen, schmutzig belegten Exerecenzen. Ein Uebergreifen 
auf Nachbarorgane, sowie Metastasenbildung hat nicht stattgefunden. Der: 
histologische Befund lieB also mit Sicherheit ein Drüsencarcinom er— 
kennen, ausgehend von den Urethraldrüsen im Bereiche des vorderen 
Abschnittes der Urethra. 


— 414 — 


Zur Klärung eines weiteren Punktes im klinischen Bilde scheint 
ferner folgender Befund beizutragen: ein unterhalb des Harnröhrenepi- 
thels, aus den dort gelegenen Schleimdrüsen entstandener Tumor brauchte 
eine gewisse Zeit, bis er Erseheinungen von Seiten des uropoetischen 
Apparates machen konnte. Die Beschwerden hätten zweierlei Charakter 
tragen können: 1. Beschwerden der Harnentleerung dureh seitliche 
Compression der Urethra, 2. Uleeration der Schleimhaut mit folgender 
mehr oder minder starker Blutung. Sehmerzen bei der Miction und 
Tenesmus. Das erste Symptom setzt eine weitgehende, am besten circu- 
läre Affection der Harnröhre voraus, da diese, in weiches Gewebe beweg- 
lich eingebettet, leicht ausweichen wird, bevor Compressionserscheinun- 
gen auftreten. Ein solches Ausweichen scheint in dem oben geschilderten 
Falle einzetreten zu sein; die Harnröhrenmündung lag nach oben und 
links vom Tumor und war von der Mittellinie abgewichen. Trotzdem be- 
stand keine Harnverhaltung mit der bei einem ulcerirten Carcinom wohl 
sicheren Folge einer Cystitis. Die zweite Möglichkeit liegt in dem oben 
beschriebenen Falle sicher vor. Zuerst erfolgte eine, hier abundante Blu- 
tung, die man als Ausdruck der eingetretenen, vielleicht durch eine Be- 
wegung der Patientin beim Aufstehen ausgelösten DurchreiBung der 
Urethralschleimhaut ansehen muß. Hierauf erst die vorher völlig unbe- 
kannten Jlarnbeschwerden, Brennen und = quiilender Tenesmus. Zum 
Schlusse noch der fötide Fluor als Symptom des verjauchenden Carei- 
noms. Demgegenüber würde ein Carcinom, das aus dem Epithel der 
Urethra selbst entsteht und dieses primär verändert, in erster Linie Stö- 
rungen der Harnentleerung machen. In der That sieht man, daß die Fälle 
der Litteratur größtenteils als hervorstechendes, oft sogar als hauptsäch- 
liches und einziges Symptom die oft rasenden Schmerzen bei der Mietion 
darbieten. Dieses Symptom wird daher auch von verschiedenen Autoren 
als für die Plattenepithelkrebse der Harnröhrenschleimhaut gewisser- 
maBen pathognomonisch erklärt. Andererseits spricht das plötzliche Ein- 
treten einer Blutung mit folgender, bleibender und sieh steigernder 
Schmerzhaftigkeit beim Uriniren, während diese Function vorher aus- 
drücklich als schmerzlos und völlige normal angegeben wird, für ein se- 
cundäres Ergriffensein, eine secundäre Ulceration der Urethralsehleim- 
haut durch das von unten her vordringende Drüsencarcinom. 

M. Lubowski. 


Prof. Ehrmann: Mikroskopische Präparate von Sklerosen 
des Penis. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 23.) 


Verfasser demonstrirte in der Gesellschaft der Aerzte in Wien 
(Sitzung vom 1. Juni 1906) mikroskopische Präparate von Skle- 
rosen des Penis, bei welchen in den Nerven und Nervenscheiden 
deutliche Spirochäten zu sehen sind. Verfasser hatte schon in 
seinen früheren Arbeiten darauf hinzewiesen, daß, nach den histologi- 
schen Veränderungen zu schließen, das syphilitische Virus sieh in den 


— 415 — 


Gewebsspalten fortbewegt, auch in jenen, in welchen die Muskel- und 
Nervenbündel sieh befinden, weil an ihnen Infiltratmäntel und eine reieh- 
liche Neubildung von jüngsten Capillarsprossen nachzuweisen sind. Er 
sah auch Nervenendapparate (Pacini’sche Kôrperchen) im Infiltrate 
eingebettet, in welchem reichlich neugebildete Capillaren entwickelt 
waren. Es hat sieh nun herausgestellt, daß thatsächlich, wie alle Unter- 
sucher übereinstimmend nachweisen, die Spirochäten den Bindegewebs- 
spalten und Muskelfasern folgen. Bezüglich der Nerven ist dies bisher 
nicht nachgewiesen worden. Bei seinen diesbezüglichen Untersuchungen 
wendete Verfasser diesem Punkte seine besondere Aufmerksamkeit zu. 
Die Erwartungen wurden insofern übertroffen, als er in zwei ausgedehnten 
Sklerosen beider Präputialblätter Nerven antraf, welche von einem Infil- 
trat eingeschlossen, nicht blos in der bindegewebigen Nervenscheide, son- 
dern auch zwischen den Nervenfibrillen, und zwar auf großen Strecken 
des Bündels, Spirochäten enthielten! Auffallend ist, daß zwischen den 
Nervenfasern selbst, welche durch ganz intaete und gut gefärbte Achsen- 
eylinder charakterisirt sind, vorläufig keine Entzündungserscheinungen 
sich darbieten. Ueber das weitere Schicksal der in die Nerven gelangten 
Spirochäten kann derzeit noch nichts ausgesagt werden. Kr. 


V. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete. 





Dr. Otto Zuckerkandl (Wien): Ueber Prostatahypertrophie. 
(Wiener klin.-therap. Wochenschr. 1905, No. 15 u. 16.) 


Auf diesem Gebiete haben sich in den letzten Jahren grundlegende 
Veränderungen ergeben, besonders hat das Capitel der Therapie die um- 
fassendste Umgestaltung erfahren. Wenig ergiebig waren die Studien 
zur Erforschung der Aetiologie des Leidens. Der Grund, weshałb die 
Prostata in höherem Alter durch Hypertrophie sieh vergrößert, ist heute 
ebenso wenig bekannt wie zu den Zeiten Morgagnis oder 
Merciers, welche als die ersten die Vergrößerung der Vorsteherdrüse 
als Ursache der Harnbeschwerden bei Greisen angesprochen haben. Was 
wir als ätiologisches Moment der Prostatahypertrophie allenthalben er- 
wähnt finden, sind nichts als Hypothesen. Die Landbevölkerung 
erkrankt seltener als die der größeren Städte. es besteht vielleicht ein 
Zusammenhang zwischen uratischer Diathese, Gicht, harnsaurer Lithiasis 
und seniler Prostatavererößerung: allein mehr, als daß diese sich häufig 
combiniren, ist uns nicht bekannt. Die Aetiologie wurde auf eine breiter» 
Basis gestellt, als Launois und Guyon die Lehre vom „Prostatis- 
mus“ aufgestellt hatten. Diese Lehre, die viel Bestechendes für sich 
hatte, wurde durch Erfahrungen, die man an operirten VProstatikern 


— 416 — 


immer wieder zu machen in der Lage ist, nachdem schon früher an 
ihr mit anatomischen Argumenten (Casper u. A.) gerüttelt worden 
war, nunmehr definitiv abgethan. Es giebt keinen Prostatismus im Sinne 
Guyons. Die Prostatahypertrophie ist in der That nichts anderes als 
eine örtlich mechanisch dureh die vergrößerte Prostata bedingte Behin- 
derung der Harnentleerung mit ihren Folgen. Entfernt man das Hinder- 
nis, so heilt der Prostatismus völlig aus, was unmöglich wäre, wenn die 
ProstatavergréBerung nur ein Glied in der Kette von Altersveränderungen 
des Harnapparates wäre. 

In den letzten Jahren sind über die Ursachen der Prostatahyper- 
trophie eingehende anatomische Untersuchungen angestellt worden. Der 
Tenor aller dieser ist dahin gerichtet, die Hypertrophie auf chronische 
entzündliche Processe der Prostata zurückzuführen. Allein damit, daß 
in hypertrophischen Prostaten entzündliche Veränderungen nachweisbar 
sind, ferner, daß in den Prostaten von Männern im Alter vor der Prostata- 
hypertrophie entzündliche Processe anatomisch zu constatiren sind, ist 
für die Ursache der Erkrankungen niehts bewiesen, ein 'causaler Zu- 
sammenhang braucht nieht zu bestehen. Es giebt exquisite Prostatahyper- 
trophien ohne anatomische Zeichen vorhandener oder abgelaufener Ent- 
zündung. Viele Prostatiker hatten niemals Gonorrhoe und Kranke mit 
ehronischer Prostatitis bleiben in der Regel von der Hypertrophie ver- 
schont. 

Für die Ursachen der Harnstörung wurden seit jeher die vesicalen 
Lippen der hypertrophischen Prostata verantwortlich gemacht. Diese 
sogenannten Mittellappen verlegen ventilartig die Mündung. Dittel 
hat diese Lehre zu Fall gebracht resp. sie in ihre Grenzen verwiesen. Er 
hat gezeigt, daß die Blasenmündung bei der Prostatahypertrophie häufig 
klafft und kein Hindernis für die Harnentleerung bietet, daß wir dagegen 
fühlen können, daß die Harnréhre wie in eine Zwinge zwischen die beiden 
Seitenlappen eingeschaltet ist. Die Urethra ist also nicht gleichmäßig von 
allen Seiten eomprimirt, sie ist im Gegenteil in der Regel erweitert, und 
zwar im antero-posterioren Durchmesser, während sie von den beiden 
Seiten her eingeenet ist, so daß sie einen Längsspalt bildet. Thatsächlich 
zeigt es sich bei Operationen, daß, wenn wir die Prostata von der Harn- 
röhre ablösen, letztere einen mächtigen Sack darstellt. Verf. macht 
noch auf die Möglichkeit aufmerksam, daß es stark in die Blase ragende 
Anteile der hypertrophischen Prostata giebt, die bei der Contraction 
des Detrusors einander nähern und auf diese Weise dem Harne das Ab- 
tlußrohr verschließen. 

Die Untersuchung der Prostatahypertrophie muß mit großer Sorg- 
falt und eingehend vorgenommen werden, wir müssen über die Größe und 
Form der Prostata, über die Weite und Länge der Harnröhre, über das 
Relief der Prostata gegen die Blase zu, endlich über das Verhalten der 
Blase und der oberen Harnwege Aufklärung erhalten. Dazu stehen uns 


— 417 — 


verschiedene Methoden zu Gebote. Die erste und einfachste Unter- 
suchung, die wir zunäehst vornehmen, ist die rectale Palpation; man be- 
stimmt «die Consistenz, Größe und Form der Lappen, ihre obere Grenze, 
und untersucht ferner, ob im Parenchym einzelne llärten vorhanden sind. 
Einige ımassirende Bewegungen von der Peripherie der Drüse zur Harn- 
röhre lassen zur llarnröhre Secret austreten, welches mikroskopisch 
untersucht wird. 


Zeizt die rectale Untersuchung keine Vergrößerung der Prostata, so 
kann immer noch eine Ilypertrophie der vesicalen Anteile vorhanden sein. 
Man muß also an die rectale Untersuchung die Exploration der Harnröhre 
mit dem Katheter, dann die eystoskopische Untersuchung anschließen. 
Bei der Einführung des Katheters bekommen wir eine Vorstellung über 
die Linge und Weite der Urethra, erfahren, ob die Prostata blutreich 
oder congestionirt ist (bei Congestionirung dringt das Instrument dureh 
weiches Gewebe. eine auftretende Blutung zeigt die leichte Vulnera- 
bilität desselben), endlich giebt uns der ablaufende Harn ein Maß für die 
Sufficienz der Blase. Wenden wir eine kurze Sonde zur Exploration an, 
so bilden wir uns ein Urteil über die Consistenz der Wände im prostati- 
schen Teile, über die Krümmung der Harnréhre, endlich kann man bei 
Bewegungen mit dem Schnabel der Sonde das Relief der Blasenmündung 
wie die Oberfläche der Schleimhaut abtasten und bestimmen. 


Mit Hilfe der Cystoskopie können wir ferner die in die Blase ragenden 
Teile der Prostata sehen und die Größe, Form und Lage der Lappen. be- 
stimmen. Entzündliche Processe, Wucherungen der Schleimhaut, varieöse 
Erweiterungen der Venen, xerotische Plaques der Schleimhaut über der 
Prostata sind eystoskopiseh sichtbar. Außerdem wird die Beschaffenheit 
der Blase selbst zu berücksichtigen sein. Der Grad der musculären 
Hypertrophie, Divertikelbildungen, entzündliche Processe, eventuelle 
Complicationen mit Stein sind zu berücksichtigen. Der Befund am Harne, 
namentlich die 24 stündige Menge desselben, die Ausscheidung der Chlo- 
ride und der N-haltigen Stoffe wird einen Schluß auf die Function der 
Niere gestatten. 


Im Verlaufe der Prostatahypertrophie lassen sich zweckmäßig drei 
Stadien unterscheiden. Das erste Stadium kann man als das der compen- 
sierten lHypertrophie bezeichnen. Es besteht dabei eine Vergrößerung oft 
beträchtlichen Grades, aber die Blase ist im Stande, mit zunehmende: 
Hypertrophie ihrer Museulatur das Hindernis zu überwinden. 


Das zweite Stadium der Erkrankung ist das der Harnretentiou, der 
zestörten Compensation. Die Insuffieienz ist entweder eine vollständige, 
taseh entstandene, vorüberzehende. oder es kommt bei erhaltener Thätig- 
keit der Miction zur Stagnation des Harnes. 


Das dritt> Stadium wäre als das der Harnintoxieation zu bezeichnen. 
Es kann aus dem zweiten Stadium hervorgehen, es kann aber auch, ohne 


— 418 — 


daß das zweite Stadium als solches besonders charakteristisch gewesen 
wäre, anscheinend unvermittelt auftreten. 

Die Kranken des dritten Stadiums besitzen die Fähigkeit der spon- 
tanen Miction, doch ist die Entleerung des Harnes unvollkommen; während 
aber das Harnresiduum im zweiten Stadium stationär war, nimmt es im 
dritten progressiv zu, so daß die Blase trotz spontanen Harnens immer 
stärker gedehnt wird: es steigt auf diese Weise die Spannung zunächst 
in der Blase, dann im gesamten Harnsystem, so daß der gesteigerte Druck 
auf die Harnleiter und Nierenbecken tibergreifend, endlich auch die Func- 
tion der Niere zu stören vermag. Die Störungen in der Function der 
Nieren charakterisiren das dritte Stadium der Prostatahypertrophie. 
Neben den regulären Symptomen müssen wir die Complicationen berück- 
sichtigen; sie sind wichtig und bedingen oft gefährliche Wendungen im 
Krankheitsbilde. Verf. erwähnt zunächst die Infection der hypertrophi- 
schen Driise, die unter Vermittelung instrumenteller Eingriffe, aber auch 
spontan zu Stande kommen kann. Entzündliehe Infiltrate, follieuläre Eite- 
rungen steigern die Schwellung des Organes und damit die Harnbe- 
schwerden, zu denen Schmerz hinzutritt. Eine ernste Erkrankung stelli 
beim Prostatiker der Prostataabsceß dar. Bei tiefem Sitz haben die 
Kranken oft lange gefiebert, ehe der Absceß nachweisbar geworden ist. 
Die Operation wurde in der Kegel zu spät gemacht. 

Aehnlich verhält es sich mit der Epididymitis der Prostatiker. 

Bekannt ist die Infection der Blase bei Prostatadivpertrophie; sie ist 
die hiiufigste und mit Reeht gefiirehtetste Complication. Sie tritt leieht ein. 
wird gern chronisch und greift bei entsprechender Dauer auf die oberen 
Harnwege über, die durch ehronische Eiterung der Zerstörung unter- 
liegen. 

Eine weitere Complication ist die Hämaturie der Prostatiker. Die 
Blutung fehlt bei ausgeprägter Hypertrophie fast niemals; sie tritt ent- 
weder provoeirt oder spontan auf. Sie entsteht wahrscheinlich dureh 
Ruptur von varieösen Venen der Schleimhaut, die häufig in excessiver 
Form hyperämisch ist. 

Was die Therapie betrifft, so galt die Prostatahypertrophie bis vor 
wenigen Jahren als ein unheilbares Leiden. Heute kann man getrost be- 
haupten, daß dies nieht mehr der Fall ist. Die Prostata läßt sich operativ 
entfernen und mit dieser Entfernung schwinden alle Erscheinungen des 
Prostatismus, auch wenn sie jahrelang bestanden haben. Die operative 
Behandlung ist unsere Ultima ratio. man soll darüber keineswegs die 
conservativen Methoden vernachlässigen: in der Hand des Erfahrenen 
lassen sich durch zweekimäßize Verwendung des Katheters gute Erfolge 
erzielen. Im Prodromalstadium werden wir uns begnügen, von den 
Kranken die Schädlichkeiten fernzuhalten, die erfahrungsgemäß die 
Prostatacongestion steigern. Verfasser empfiehlt ein gleichmäßiges, naclı 
der Uhr gerereltes, einfaches Leben. Exeesse, Extravaganzen Jeder Art 


— 419 — 


müssen vermieden werden; lange Wagen- und Bahnfahrten sind schäd- 
lieh. Entsprechende Bewegung im Freien, allwöchentliche lauwarme 
Bäder werden zweckmäßig empfohlen. Wiehtig erscheint die Regelung 
«les Stuhles. Jeder örtliche, auch explorative Eingriff soll thunlichst ver- 
mieden werden. Bei der acuten completen Harnretention muß man in 
nicht zu langen Pausen, mindestens dreimal in 24 Stunden, die Blase mit 
«lem Katheter entleeren. Unter dieser Behandlung sehen wir jede acute 
Harnretention in Tagen oder nach Wochen sehwinden, meist so, daß die 
Blase ihre Thitigkeit wieder ganz ausreichend aufnimmt. Anders bei 
chronischer Harnverhaltung,, bei welcher der Kranke sich dauernd des 
Katheters bedienen muß. Die Chancen des Katheterismus haben sich 
dureh die Aseptik wohl sehr gebessert, so daß die Blase auch bei Jahre- 
langem Gebrauche des Katheters aseptisch bleiben kann. Es ist aber 
nieht jedermanns Sache, die vielen Kosten an Zeit und Geld aufzubringen, 
um den Katheterismus mit den nötigen Cautelen auszuführen. Es em- 
pfiehlt sich daher, die Radicaloperation vorzunehmen, dureh welche die 
Prostata als Ganzes entfernt resp. aus ihrer Kapsel ausgeschält wird. 
Den gegenwärtigen Stand der Indicationsstellung und die Frage nach der 
Wahl der Methode präcisirt Verfasser folgendermaßen: Stets suchen wir 
die Operation in einem Intervall der Ruhe, gewissermaßen à froid aus- 
zuführen. Die heftige acute Retention wird dureh den Verweilkatheter 
behandelt, eine acute Cystitis muB abgeklungen, eine heftige Blutung 
wenn möglich gestillt sein. Der Anfall chronischer Urämie durch Harn- 
retention muß durch entsprechende Behandlung gemildert oder gewichen 
sein, ehe wir an die Operation gehen. Z. empfiehlt, die Operation bei 
chronisch eompleter Harnverhaltunz in allen Fällen, bei incompleter dann, 
wenn örtliche Störungen (Harndrang, Schmerzen, Blutungen, Schwierigr- 
keiten des Katheterismus) oder allgemeine Zeichen der Harnintoxieation 
vorhanden sind. Die Fälle des ersten Stadiums brauchen nicht operirt 
zu werden. Contraindiecationen sind Diabetes, Arteriosklerose und renale 
(eitrire oder nicht eitrige) Proresse. In der Wahl der Operationsmethode 
wird man sieh nach den Besonderheiten der Einzelfälle zu riehten haben. 
Eine tief herabreichende, gegen den Mastdarm zu prominirende Hyper- 
trophie wird perineal, eine gegen die Blase vorragende Form supra- 
pubiseh leichter zu operiren sein. Außer diesen klar den Weg vorzeich- 
nenden Formen giebt es solche, die auf beiden Wegen gleich gut entfern- 
bar sind: hier wird der Operateur nach seinem Gutdünken die Wahl 
treffen. Die Entscheidung wird wohl öfters zu Gunsten des hohen Schnit- 
tes getroffen werden, obwohl dieser den Perinealschnitt an Gefährlichkeit 
weit überragt. Allein die Technik ist zweifellos eine leichtere, die Hei- 
lungsdauer eine kürzere, die Nachbehandlung eine einfachere als beim 
Perinealsehnitt. Es fehlt beim Transvesiealschnitt überdies die Gefahr 
«ler Mastdarmverletzung, wie die der Operation folgende Impotenz, was 
schwer in die Waerschale fällt. Kr. 


— 420 — 


Follen Cabot: Conservative surgical treatment for certain 
cases ofenlarged prostate. (The American Journal of Urology 
1906, II, p. 262.) 


Wie man bei einigen Nierenerkrankungen, die die Entfernung des 
kranken Organs erfordern, in Rücksicht auf den schlechten Allgemein- 
zustand des Patienten vorerst zur Entleerung der Niere nur die Nephro- 
tomie macht und erst nach Erholung des Kranken secundär die eingrei- 
fendere Nephrectomie anschließt, so will Verf. bei an Prostatahypertrophie 
Leidenden, deren Allgemeinzustand eine primäre Prostateetomie gefährlich 
erscheinen läßt, oder die nach langem Leiden an Vergrößerung der Vor- 
steherdrüse plötzlich eine totale Retention, welehe sich mit dem Katheter 
gar nicht oder nur schwer und unter Schmerzen heben läßt, erleiden, als 
Operation der Not eine Cystotomie, am besten vom Perineum her, machen: 
dieselbe kann ohne weitere Vorbereitung unter localer Anästhesie mit 
heißem Wasser in fünf Minuten von statten gehen, sichert die notwendige 
Blasendrainage, gestattet die Abtastung der Prostata und erlaubt, den 
Patienten nach zwei Tagen aus dem Bett in einen Lehnstuhl zu setzen: 
nach 8-10 tägiger Erholung kann man dann mit geringerem Shok die 
Prostateetomie folgen lassen. In einigen Fällen ergaben sich gute Re- 
sultate. Mankiewicz. 


J. Sellei: Ueber Spermatocele. (Centralbl. f. d. Krankh. der 
Harn- und Sexualorg., Bd. XVII, H. 4.) 


Verf. bespricht zunächst kurz die Diagnose der Spermatocele. Unter 
Spermatocele versteht man eine eystische Neubildung, die mit dem Hoden 
resp. Nebenhoden zusammenhängt und mit einer Sperma enthaltenden Flüs- 
sigkeit gefüllt ist. Die Cysten sitzen meist oberhalb des Nebenhodenkopfes, 
seltener unter der Cauda, jedoch sind auch Fälle beobachtet, bei denen 
der Sitz zwischen Hoden und Nebenhoden im Rete testis war. Die Cyste 
ist meist oval von der Größe einer Nuß, in seltenen Fällen ist eine Aus- 
dehnung bis Apfelgröße beobachtet. Eine völlige Trennung der Neu- 
bildung vom Hoden bezw. Nebenhoden ist nicht möglich. Die Sperma- 
tocelen verlaufen im allgemeinen schmerzlos; nur bei erheblicher Größe 
kommt es zu ausstrahlenden Schmerzen im Hoden und Samenstrang. 
Was die Genese der Spermatocelen anbetrifft, so entstehen sie entweder 
durch die Dilatation der Vasa efferentia, welche sich dann später ab- 
schniiren, oder sie entwickeln sich aus den sogenannten Ductuli ab- 
errantas des Nebenhodens. Als unmittelbare Ursache der Entstehung 
wird hiufig Traursa oder Gonorrhoe angenommen. Zum Schlusse werden- 
drei selbstbeobachtete Fälle mitgeteilt, deren Diagnose durch die Ope- 
ration bezw. Punction sichergestellt wurde. 

A. Seelig (Königsberg). 


— 421 — 


Dr. Walther von Brunn: Zur Tuberculose des Hodens und 
Nebenhodens. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905, Bd. 77, H. 1—3.) 


Trotz der ziemlich reichlichen Erfahrungen auf diesem Gebiete war 
eine offene Frage geblieben, ob in Fällen, wo makroskopisch die Hoden- 
<ubstanz normal aussieht, Tuberkel in ihr nachgewiesen werden können. 
Von ihrer Beantwortung hängt, wenn nicht alles, so doch sehr viel für die 
Bewertung der conservativen Behandlungsinethode der Nebenhoden- 
tuberculose ab. Verf. hat darauf in den letzten Jahren sein Augenmerk 
gerichtet, und im ganzen sechs durch Castration in der chirurgischen Uni- 
versitätsklinik zu Marburg gewonnene Präparate, ein siebentes teils durch 
operative Resection des Nebenhodens, teils durch Autopsie gewonnenes 
und ein achtes im von pathologischen Institut überlassenes Präparat 
untersucht. — Aetiologie: In drei Fällen waren auch andere als 
tubereulös anzusprechende Herde im Körper vorhanden, die man eventl. 
als Ausgangspunkte der Tuberculose ansehen konnte. Gonorrhoe war 
in keinem einzigen dieser Fälle vorhanden oder vorausgegangen. Die 
Niere der erkrankten Seite war nur in einem Falle zugleich tubereulös 
verändert, in allen anderen Fällen war klinisch nichts davon nach- 
zuweisen. Dies spricht für die ascendirende Therorie der Infection, wenn 
auch natürlich nieht absolut, da wohl einmal ein Nierenherd einige Zeit 
dem klinischen Nachweise sich zu entziehen vermag. Niere und Neben- 
hoden erkrankten in einem Fate zu gleicher Zeit, vielleicht von einem und 
demselben Ausgangspunkte aus. — Erste Localisation: In zwei 
Fällen war der Kopf des Nebenhodens als der zuerst ergriffene Teil 
anzusehen, in einem Falle wegen der dort am meisten vorgeschrittenen 
Veränderungen, im anderen, weil hier außerdem der klinische Herd nach- 
weisbar gewesen ist. Die Epididymis wird, wie es scheint, sehr rasch 
von Tuberculose durchsetzt, in den meisten Fällen ist der Unterschied 
zwischen der Veränderung des Hodens und der des Nebenhodens ein 
ganz gewaltiger. Ob die Ausbreitung hier auf interstitiellem Wege oder 
durch das Lumen der Kanälchen geschieht, vermag Verf. nicht zu sagen. 
Es kommt inzwischen zu einer starken Wucherung des interstitiellen 
Bindegewebes im Corpus Highmori und den angrenzenden Partien des 
Hodens, sowie zu einer starken Verdiekung der Albuginea. Doch zu- 
gleich sind hier auch bereits Herde tuberceulösen Gewebes zu bemerken 
und eine von dieser Stelle ausgehende und nach der Peripherie des 
Hodens hin abnehmende Dissemination von miliaren Tuberkeln. Diese 
Ausbreitung geschieht offenbar zunächst auf dem Wege der Lymph- 
bahnen; denn die miliaren Tuberkel, so lange sie noch einzeln liegen, 
sind so gut wie stets nahe einem Blutgefäße gelegen, dort, wo die Lymph- 
bahnen des Hodens zu verlaufen pflegen. Eine Verbreitung der Tuber- 
culose auf diesem Wege der Hodenkanälchen kann Verf., wenigstens im 
Anfange, nicht annehmen, da in dem einzigen Falle, wo auch die Kanälchen 
deutlich erkrankt waren, das intercanalieuläre Gewebe ebenfalls so stark 


— 422 — 


verandert war, daB der ProceB ebensogut vom-interstitiellen Gewebe auf 
die Kanälchen übergegangen sein konnte. Es machte auf Verfasser den 
Eindruck, daß, in der Hauptsache wenigstens, die Tuberculose des Hodens 
auf dem Lymphwege intercanaliceulär verläuft und erst secundär in die 
Kaniilehen einbricht. Auch ist die in einigen Fällen besonders auf- 
fällige colossale Vermehrung des intercanalieulären Gewebes, das die 
Kanälehen zwischen sich zusammendrückt, ohne daß diese selbst histolo- 
gisch nennenswerte Veränderungen ihrer Zellen erkennen ließen, ein Be- 
weis dafür, daß der Angriffspunkt des tubereulösen Vircus in der Haupt- 
sache, wenn nicht im Anfang stets allein, das intercanaliceuläre (iewebe des: 
Hodens ist. Das Wesentliche an dieser Untersuchung ist, daB es Verf. 
nicht gelungen ist, auch unter makroskopisch völlig intacten Hoden einen 
einzigen zu finden, der bei bestehender Nebenhodentuberculose frei von 
Tuberkeln gewesen wäre. Aus diesem Grunde hält Verf. auch die Ver- 
suche, bei Nebenhodentuberculose nach Resection der Epididymis eine 
Anastomose zwischen den Hodenkanälchen und dem Ductus deferens 
herbeizuführen, im allgemeinen für verfehlt, ja für gefährlich, wenn mar 
bedenkt, daß bei Gelingen der Anastomose tuberculése Gewebsmassen 
oder Tuberkelbacillen dem Samen beigemengt werden und zur Infection 
der samenableitenden Wege, sowie der Samenblase und Prostata führen 
können, während anderenfalls die Hodentuberkel wenigstens bis zu einem 
gewissen Grade abeekapselt sind und im günstigsten Falle der localen 
Heilung zugeführt werden können; im ungünstigsten Falle müssen sie 
aber erst selbst die den Hoden umgebende bindegewebige Hülle durch- 
brechen, eine Arbeit, welche die Anastomosenbildung ihnen wesentlich 
erleichtert haben würde. Nimmt man aber an, die Infection gehe auf‘ 
dem Blutwege von statten oder auf dem Lymphwerge, nun, dann ist es 
ebenso eefährlich, die Hodentuberkel mit oder ohne Anastomose im 
Körper zu belassen. M. Lubowski. 


E. Rousseau: Lymphangite gangréneuse du scrotum chez 
le nourrisson. (These de Lyon, 1906.) 


Die Lymphangitis gangraenosa seroti der Säuglinge ist das Analogon 
der von Fournier beschriebenen idiopathischen Gangrän der Ge- 
schlechtsorgane der Erwachsenen. Sie ist eine seltene Erkrankung (nur 
acht Fälle sind beschrieben), verdient aber wegen ihrer Schwere dem 
Praktiker bekannt und zur Einleitung der geeigneten Therapie vertraut 
zu sein. Sie stellt sich klinisch folgendermaßen dar: Eine Stelle an der 
Haut der Genitalien oder in deren Nachbarschaft (besonders ın der 
Leistenfalte) wird hart und rot; zuerst klein und begrenzt wird sie größer. 
nicht wie das Erysipel in flächenhafter oder wulstiger Ausbreitung. son- 
dern in roten Streifen wie die Lymphangitis, und kommt so an die Geni- 
talien heran. In dem zweiten Stadium sehwillt der Hodensack an, die 
Rute wird dick und unförmige, die Haut ist gespannt, glatt und rot, es. 


— 41233 — 


sieht aus wie die Rose; bald kommt es aber zu Blasen und zu tiefen 
Schorfen, die den wahren Charakter der Affektion, die Gangrän erkennen 
lassen. Meist schreitet die Krankheit fort und führt zum Tode. Die Dia- 
enose ist per exelusionem leicht: Das Erisypel beginnt nieht schleichend, 
sondern brüsk mit Allgemeinsymptomen, schreitet auch nicht in roten 
Lymphsträngen fort. Die Harninfiltration wird durch die regelmäßige 
Urinentleerung und durch die Gesundheit des Harnapparates (Strietur, 
Verletzung!) ausgeschlossen. Gummi an dieser Stelle ist selten und 
bleibt lange localisirt. Therapie: lange antiseptische Bäder, heiße H :O :»- 
Compressen, eventl. bei tiefer Infiltration des Scrotums ausgiebige In- 
eisionen mit feuchtwarmem Verband. Mankiewicz. 


VI. Blase. 


Charles Leedham Green (Birmingham): Ueber Mechanismus 
des Harnblasenverschlusses und der Harnentleerung. 
(Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und Sexualorg., XVII, Heft 5.) 
Verf. suchte die Frage der Bildung bezw. Niehtbildung eines Blasen- 

halses zu lösen, indem er Blasen von Männern und Jünglingen mit einer 

Aufschwemmung von Bismuth. subnitr. oder Silberalbuminat füllte. Bei 





dieser Art der Untersuchung fand der Autor die Gestalt der Blase — ob 
sie ausgedehnt war oder nicht, — oval. nicht birnenformig; die Urethra 


war stets deutlich von der Blase geschieden, so daß auch nieht einmal 


die Andeutung eines Blasenhalses bestand. 
Dr. A. Seelig (Königsberg). 


A. Heymann: Die Cystitis chronica der Frau und ihre 
pathologische Anatomie. Beiträge zur Metaplasie des 
Blasenepithels. (Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und Sexual- 
organe, Bd. XVII, H. +.) 


Verf. hat, um seinen „klinischen Studien über die Cystitis trigoni bei 
der Frau“, die er im „Centr. f. d. Krankh. der Harn- u. Sexualorgane“, 
1905, Heft 8, veréffentlicht hat, eine patholerisch-anatomische Stütze zu 
geben, eine Reihe von anatomischen Untersuehungen des weiblichen 
Blasendreiecks vorgenommen, über deren Resultate er ausführlich be- 
richtet. — Zur Untersuchung kamen vier Blasen, die folzende Postulate 
erfüllten: 1. Die Blase darf makroskopisch nieht verändert sein; 2. es 
werden nur ganz frische Präparate untersucht: 3. es darf keine Erkrankung 
des Harntractus bestanden haben bezw. in autopsia gefunden werden. 
Unter diesen Bedingungen sind 20 Blasen von Individuen zwischen 17 und 
64 Jahren untersucht. Die Präparate wurden der Gegend des Sphineter 
externus und dem anstoßenden Teil des Trieonums und dem eigent- 
lichen Trigonum und dem Ligam. interureteric. entnommen. 

Es stellte sich das ülerrz-chende Resultat heraus, daß von den 


— 424 — 


20 untersuchten Blasen 19 pathologisch verändert waren, und zwar waren 
bei 6 Fällen nur vereinzelte Infiltrationsherde, während das Epithel nor- 
mal war, während 13 schwere Veränderungen des Epithels aufwiesen 
(Wucherung des Fpithels, Metaplasie, Cystitis eystiea). 

Gleichzeitige Untersuchungen an 5 Kinder- und 5 Männerblasen 
ergaben keinerlei pathologische Veränderungen. 

Verf. glaubt aus seinen Befunden schließen zu können, daß die Cystitis 
trigoni eine der Frau eigentiimliche Form der chronischen Cystitis ist, 
die ihre Ursache in einer der Frau eigentümlichen Widerstandsschwäche 
des Blasenausgangs hat. Sie neigt zum Chronisehwerden des Processes 
und führt in einer großen Anzahl der Fälle nach langer Dauer zur Meta- 
plasie des Epithels. Dr, A. Seelig (Königsberg). 


Dr. R. Lücke: Ueber die extraperitoneale Blasenhernie. 
(Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905, Bd. 80, H. 5 u. 6.) 


Als Blasenhernie bezeichnet man den Austritt eines mehr oder minder 
groBen Teils der Blasenwand durch eine Bruchpforte, und zwar bezeichnet 
man sie als intraperitoneal bekanntlich dann, wenn der vom Peritoneum 
umhüllte Teil der Blase vorfällt. als extraperitoneal bezeichnet man sie 
dann, wenn der nicht vom Peritoneum überzogene Teil austritt. und 
endlich als paraperitoneal. wenn neben einem gefüllten oder leeren Bruch- 
sack die Blase zum Vorschein kommt — meist medial und unten. In 
dem vom Verf. beobachteten Fall handelt es sich um eine extraperitoneale 
Blasenhernie im Schenkelring, eine Localisation, welche als die seltenere 
zu bezeichnen ist, denn die meisten extraperitonealen Blasenhernien 
kommen als inguinale und speciell innere inguinale Brüche zum Vor- 
schein. — Als Ursache für die Entstehung einer Blasenhernie sind nun 
die verschiedensten Momente in Anspruch genommen. ‘Die paraperi- 
toneale Cystocele ist wohl in der Regel so entstanden zu denken, daß der 
primär vorhandene Bruchsack durch sein Wachstum allmählich die 
Blasenwand hinter sich herzieht, bis sich eine Ausstülpung der letzteren 
an seiner medialen unteren Seite in den Bruchring einstellt. Dieser 
Mechanismus wird vielleicht in manchen Fällen noch dadurch gefördert 
werden, daB durch chronische periherniöse Entzündungsvorgänge eine 
festere Verbindung des praeperitonealen Fettes mit der Blase einerseits 
und mit dem Peritoneum andererseits eintritt. Für die extraperitonealen 
Blasenhernien hat die wohl zuerst von Monod und Delageniere 
auf die Blasenbrüche angewandte Roser’scehe Lipomtheorie ihre Be- 
rechtigung. Es ist Thatsache, daß eine deutliche Lipombildung von 
einer recht großen Anzahl der Beobachter als vorhanden angegeben wird, 
so daß man nicht umhin kann, in einem Zug des Tumors, vielleicht in 
Verbindung mit der Vis a terga des intraabdominellen Druckes einen 
wichtigen ätiologischen Factor für die extraperitoneale Blasenhernie zu 
sehen. 

Die Symptomatologie der Blasenhernie ist in der Regel deshalb keine 
klare, weil es sich meist um paraperitoneale Cystocelen, also um Formen 


— 2— 


handelt, bei denen die Erscheinungen einer gleichzeitigen Enterocele 
nicht sicher abzetrennt werden können. Pollakisurie, erschwertes, oft erst 
durch Drücken auf den Tumor ermöglicehtes Urinlassen, Uriniren in zwei 
Absätzen wird als charakteristisch angegeben und trifft hauptsächlich bei 
großen Brüchen zu. Wichtig ist zeitweise auftretender Harndrang und 
Schmerz in der Blasengegend. Objectiv kann man diagnostische An- 
haltspunkte finden in dem Anschwellen des Bruches bei Anfüllung der 
Blase mit Borwasser, Verschwinden desselben nach Blasenentleerung, 
sowie in dem Auftreten von Harndrang hei Druck auf den Tumor und 
schließlich in der eystoskopischen Untersuchung. Festzuhalten ist aber 
immer, daB eine Blasenhernie keine specifischen Erscheinungen zu 
machen braucht, und daß gerade extraperitoneale Cystocelen wahrschein- 
lich bei ihrer Kleinheit für xewöhnlich keine Erscheinungen von Seiten 
der Blase machen, wenn sie nicht incarcerirt sind. Als Blaseneinklem- 
mungssymptome wurden beobachtet Schmerzanfälle mit gleichzeitiger 
Urinretention, folzendem Harndrang und Schmerzen beim Uriniren. — 
In seinem Falle hat Verf. sehr sorgfältig während der Operation die 
anatomischen Verhältnisse untersucht und besonders auf einen event. 
noch nebenher bestehenden kleinen Bruchsack gefahndet. Es handelte 
sich mit absoluter Sicherheit um eine incarcerirte extraperitoneale 
Blasenhernie, und zwar um die sehr seltene erurale Form. Dem ent- 
sprechen auch die klinischen Erscheinungen, welche für die Sympto- 
matologie einen sehr wertvollen Beitrag liefern. Von den Einkelmmungs- 
symptomen waren vor allem auffallend außerordentlich heftige Schmerzen 
in der Gegend des Bruches, nach der Unterbauchregion ausstrahlend. 
Die Schmerzen waren derart, daB von dem Kranken, trotzdem er erst 
kurz vor der Einlieferung auf der Unfallstation Morphium subeutan er- 
halten hatte, nur ganz allgemeine Angaben zu erhalten waren. Die der 
Einklemmung vorangehenden Symptome, seit zwei Tagen Schmerzen in 
der Nabelgegend, zeitweise auftretende Schmerzen ‘in der rechten 
Schenkelbeuge, nach dem rechten Oberschenkel und in die Gegend über 
der Symphyse ausstrahlend, besonders beim Husten und Pressen, und vor 
allen Dingen die Beschwerden beim Urinlassen, wurden vom Kranken 
erst nach der Operation angegeben. Erbrechen hatte nicht bestanden. 
Von einer Stuhl- und Flatusverhaltung war nichts bekannt. Man hat 
also hier die Symptome einer reinen Blaseneinklemmung vor sieh, von 
Darmincarcerationssymptomen findet man keine Spur. Es wäre auch 
nieht recht verständlich, wie solche bei Einklemmunz eines Blasenzipfels 
zu Stande kommen sollten. Die prämonitorischen Magenschmerzen sind 
wohl als reflectorische Reizung des Ganglion coeliacum aufzufassen 
infolge leichter Klemmung. Es sind dies reflectorische Erscheinungen, 
wie sie bei Quetschung und Zerrung eines Abdominalorgans auftreten 
und wie man sie bei Herniotomien und Intervalloperationen der Appendi- 
citis sehr häufig beobachten konnte, wenn stärker an dem vorliegenden 
Darın gezerrt wurde. — Bezürlich der Frage, woraus man während 


— 426 — 


der Operation die Diagnose auf Blasenhernie stellt, wurde Verf. in 
seinem Falle auf die richtige Diagnose durch folgende Verhältnisse ge- 
leitet. Es lag zuerst auf dem vorliegenden Teil Fett, ähnlich wie epi- 
eardiales Fett, kein Lipom, weiter konnte Verf. dureh Gleitenlassen 
zwischen den Fingern ein Hohlorgan mit ziemlich dieken Wänden fest- 
stellen, an der Wurzel desselben kam man, nach Erweiterung des 
Bruchringes, nirgends in freies Peritoneum, sondern überall in Binde- 
gewebe, hinter dem man die quergespannte Membran der Fascia trans- 
versa mit dem Peritoneum fühlte und schließlich ging der Stiel des 
Tumors in die Gegend hinter die Symphyse. Der Katheter vervoll- 
ständigte bezw. sicherte sodann die Diagnose. Vor anderen Autoren wird 
noch angegeben, daB man durch vorsichtige Präparation auf die netz- 
formige Blasenmuseulatur stößt, welche auf die Diagnose Blasenwand 
hinweist. Wird die Blase bei der Operation nicht verletzt, so ist die 
Prognose durchaus günstig, während eine Blasenläsion sie bedeutend 
verschlechtert. Bei reinen extraperitonealen Blasenhernien, den Blasen- 
hernien kat exochen ist im Gegensatz zu den Eingeweidebrüchen mit 
secundärer Blasenbeteiligung die Prognose bezüglich der Mortalität da- 
durch etwas günstiger, daß in der Regel das Peritoneum nicht mehr er- 


öffnet wird und es meist nur zu temporärer Fistelbildung kommt. 
M. Lubowski. 


E. Loumeau (Bordeaux): A contribution to the study of rupture 
of the bladder. (The American Journal of Urology 1906, LI, 
p. 253.) 


Verf. berichtet über 3 Fälle von Blasenruptur, deren Aetiologie eine 
etwas ungewöhnliche ist. 1. 57 jähriger Mann wird bei der Litho- 
tripsie dermassen an der Blase verwundet, daß es zur Ruptur und zur 
septischen Peritonitis kommt; trotz eiliger Laparotomie Exitus. 
2. 59 jährige Frau hat früher an Perityphlitis gelitten: sie erkrankt mn 
Blasensymptomen und es findet sich ein den Blasengrund und die Vagi- 
nalwand einnehmender Tumor, der blasenwärts abscedirt und mit in- 
erustirten Massen bedeekt ist; die Entfernung der incrustirten Masseu 
durch die Urethra bringt nur wenig Erleichterung: solehe tritt erst ein, 
als es durch weiteren Zerfall der Geschwulst zur Incontinenz kommt: 
schließlich trat ein furchtbarer Schmerz im Unterbauch auf, Brechen 
u. s. w., der Tumor war durchgebrochen und hatte eine acute Peritonitis 
verursacht, die nach 12 Stunden zum Tode fiihrte. Die dritte Patientin 
hatte vor 30 Jahren durch eine Wagendeichsel einen Stoß in den Unter- 
leib rechts von der Mittellinie bekommen. Die Contusion heilte, und die 
Frau hatte nur in den letzten Monaten der mehrfachen Schwanger- 
schaften an der Stelle der Contusion Beschwerden. Bei Gelegenheit 
kräftiger Bauchkrämpfe hatte die 44 jährige Patientin das Gefühl, als ob 
etwas in ılır an der Stelle der alten Contusion risse; sie entleerte in dieser 
Nacht viel Urin, kann aber über dessen Beschaffenheit keine Auskunft 


— 427 — 


geben; der Harn wurde blutig, dann schmutzigrot und stinkend, die 
Miction wurde frequent und schmerzhaft. Zehn Tage später wurde die 
Kranke in trostlosem Zustande, delirirend, mit Oedemen und Kot- 
brechen, der Leib enorm aufgetrieben, aufgenommen; Sectio alta mit 
offener Wundbehandlung brachte völlige Heilung. Das Cystoskop zeigt 
rechts neben der Mittellinie in der geheilten Blase an der Stelle der 
früheren Verletzung eine Narbe; wahrscheinlich hatte der Bauchkrampf 
beim Brechen die infolge des alten Unfalls mit der Bauchwand ver- 
wachsene Blase los- und eingerissen, so daß es zur Peritonitis kam. 

Die drei Fälle sind Paradigmata der Blasenruptur a) infolge Trauma, 
b) infolge veränderter Blasenwand (Tumor), e) infolge Trauma bei ver- 
änderter Blasenwand. Mankiewicz. 


Dr. Maeder: Ein Fall von geheilter traumatischer intra-- 
und extraperitonealer Blasenruptur. (Deutsche Zeitschr. 
f. Chir., Bd. 79, H. 1—3.) 


Der Fall betrifft einen 50 jährigen Landwirt, welcher in der Dunkel- 
heit durch Fehltreten auf der Treppe ausglitt und bei gefüllter Blase mit 
dem Unterleib gegen ein Bierfaß fiel. Pat. verspürte in demselben Augen- 
bliek einen heftigen Sehmerz im Unterleib und blieb ohnmächtig liegen. 
Beim Erwachen vermochte er nieht Urin zu lassen und klagte über 
heftige Schmerzen in der Blasengegend. Zwei Stunden nach dem Fall 
wurden durch den Katheter etwa 200 eem blutigen Urins entleert. Am 
nächsten Morgen wurde Pat. in’s nächste Diaconissenkrankenhaus trans- 
portirt, wo — 14 Stunden nach stattzehabter Verletzung — folgender Be- 
fund erhoben wurde: Pat. ist ein kleiner, untersetzter Mann mit reich- 
lichem Fettpolster; er macht nieht den Eindruck eines Sehwerkranken. 
Der Leib ist mäßig aufgetrieben, nur in den unteren mittleren und seit- 
lichen Partien druckempfindlich: in der Blasengegend ist leiseste Be- 
rührung sehr schmerzhaft. Oberhalb der Symphyse in der Medianlinie 
des Körpers ist etwa handbreite Dämpfung vorhanden, die sich auf die 
seitlichen Partien des Unterleibes in geringerem Grade fortsetzt. Pat. 
hat seit dem Katheterisiren vor 12 Stunden keinen Urin entleert, verspürt 
auch kein Bedürfnis dazu. Uebelkeit besteht nicht, Erbrechen ist nicht 
erfolgt. Puls beträgt 96 in der Minute, das Allgemeinbefinden ist sehr 
gestört, die Körpertemperatur beträgt 37,1" C. Patient wird katheterisirt, 
es entleert sich kein Urin, an dem Fenster des Katheters haften nur 
einige Blutgerinnsel.e Da somit die Diagnose eines intraperitonealen 
Blasenrisses gesichert war, wurde sofort zur Operation geschritten. In 
Trendelenburg'scher Beckenhochlagerung wurde in Aethernarkose 
zunächst wie zur Seetio alta ein 10 em langer Schnitt. in der Medianlinie 
des Körpers oberhalb der Syinphyse beginnend. ausgeführt. Nach Durch- 
trennung der Bauchwand zeigt sieh im prävesicalen Raume eine deut- 
liche. wenn auch mäßig reichliche Ansammlung von Urin. welcher mit 


=, 4268. == 


Tupfern entleert wird. Die Blasenwand wird unmittelbar hinter der 
Symphyse an der Vorderwand in der Mittellinie incidirt, die Blase findet 
sich fast vollständig leer. Der eingeführte Finger constatirt einen 
Blasenriß, welcher an der rechten Seitenwand der Blase schräg nach 
oben vorn links verläuft, und zwar bis in das Peritoneum geht; der RiB 
hat eine Länge von 8 cm und unregelmäßige, zackige Ränder. Im ganzen 
Verlauf desselben ist die Blasenwand in ihrer ganzen Dicke durch- 
trennt. Nun wird der Operationsschnitt nach oben bis fast zum Nabel 
verlängert und das Peritoneum parietale durchtrennt; in der Bauchhöhle 
findet sich eine ganz geringe, deutlich nach Urin riechende Fliissigkeits- 
menge, die mit Tunfern entleert wird. Das Peritoneum zeigt keine Ver- 
änderungen, besonders keine Infection. Es liegt also ein extra- und intra- 
peritonealer Blasenriß vor. Derselbe wird nun doppelt übernäht, auf die 
Naht des mtraperitonealen Risses kommt ein Jodoformgazestreifen. im 
unteren Wundwinkel des extraperitonealen Risses wird ein kleines Drain 
eingeführt, welches vom Blaseninneren nach außen führt. Nun wird die 
Wunde bis auf die für den Tampon und das Blasendrain freibleibende 
Stelle zugenäht. Pat. bekommt dann noch einen Verweilkatheter durch 
die Harnröhre in die Blase. Sehr wichtig ist nun in solchen Fällen die 
Nachbehandlung. Der Verlauf bei Verf.s Patienten war, bis auf einige 
kleine Temperatursteigerungen bis zu 382° in den ersten Tagen nach der 
Operation, bis zu seiner Entlassung ein fieberfreier. Dem Patienten 
wurde in den ersten drei Wochen dreimal täglich die Blase gespült, 
wobei jedes Mal in der ersten Zeit nur etwa 50--75 eem Borlösung ein- 
liefen. Nach acht Tagen wurde das Blasendrain entfernt und nach 
weiteren acht Tagen hatte sich die Blasenfistel geschlossen. Es wurde 
nun auch der Dauerkatheter entfernt. Pat. hatte während der ganzen 
Zeit ziemlich klaren Urin, es bestand keine Cystitis. Bis zu seiner Ent- 
lassung aus dem Krankenhause — 6 Wochen nach der Operation — 
wurde dem Pat. in der ersten Zeit dreimal täglich, später zweimal die 
Blase mit Borlösung gespült. Bei der Entlassung war die Bauchwunde 
völlig geschlossen, der Blasenriß fest verheilt, der entleerte Urin war klar, 
es bestand keine Cystitis. Der Pat. vermochte den Urin etwa drei 
Stunden zu halten, dieser wurde dann ohne Beschwerden im Strahle 
entleert. Dem Pat. geht es zur Zeit laut brieflicher Mitteilung gut. 
M. Lubowski. 


Dr. Eduard Deetz: Extraperitoneale Pfählungsverletzung 
mit Blasen-Mastdarmfistel. Epicystotomie am 8. Tage. 
(Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905, Bd. 79, H. 1—3.) 

Am 4. VI. 1905 setzte sieh der 13 jährige Junge auf dem Felde au! 
einen Hammer. Der eigentliche Hammer rutschte plötzlich über deı 
zu dünnen Stiel, und dieser drang ihm ca. 5—6 cm in den Mastdarm. 
Der Junge fiel um. Der Hammergriff fiel von selbst wieder heraus. Der 
herbeigeholte Arzt machte einen Einlauf und es soll dabei etwas Blut 


—- 429 — 


gekommen sein. Während der Nacht mehrfach Erbrechen, am andereır 
Morgen 395°C. Im Urin soll kein Blut gewesen sein. 

Etwa 20 Sturden nach der Verletzung wurde der Knabe in die 
chirurgische Klinik aufgenommen. Der mäßig kräftige Junge machte 
keinen schwerkranken Eindruck. Der Puls 116, mittelvoll.e. Temperatur 
39,6°C., Atmung nieht beschleunigt. Der Leib ist in seinen unteren Ab- 
schnitten bei der Betastung sehr sehmerzhaft, insbesondere in der Blasen- 
gegend. Die Recti sind wenig gespannt, freie Flüssigkeit ist im Abdomen 
nicht nachzuweisen. Keine besonders auffallende Auftreibung. Bei 
tiefem Eindrücken ist auch die Lebergegend schmerzhaft. Er entleerte 
spontan klaren Urin von normaler Menge. 

In Anbetracht des Allgemeinbefindens und der wenig gespannten 
Recti, und da auch der Junge heute Vormittag nicht gebrochen, wird. 
abgewartet und von einer Reetaluntersuchung zunächst grundsätzlich ab- 
gesehen. Opium. Am 6. VI. enthält der Urin viel Eiter. Beim Wasser- 
lassen sistirt der Harnstrahl plötzlich und unter heftigen Schmerzen 
werden kleine, röhrenförmige Gebilde ausgestoBen, die sich bei mikro- 
skopischer Untersuchung als Kotpartikel erweisen, in denen sich deut- 
lich Pflanzenzellen und Holzfasern nachweisen ließen. Auch aus dem 
Rectum wird jetzt Urin entleert. Die Temperatur war zur Norm ab- 
gefallen. Es kann jetzt keinem Zweifel unterliegen, daß eine abnorme 
Communication zwischen Blase und Mastdarm besteht. Von Rectal- und 


Blasenspiegelung — letztere wäre ja auch aussichtslos gewesen, da die 
Blase nieht mit Flüssigkeit gefüllt werden konnte, — wurde abgesehen, 


um nicht neue Infection zu veranlassen. 

Operation: Narkose mit Aether. Schnitt in der Medianlinie zur: 
Epieystotomie. Das Peritoneum wird nach oben abgeschoben. Das 
Beckenbindegewebe ist ödematös durchtränkt und gar nicht blutig in- 
filtrirt. Die contrahirte und leere Blase wird mit zwei Fäden um- 
schlungen und in der Mitte eröffnet. An der dem Rectum zugekehrten 
Blasenseite sieht man eine 1 em breite und 17/z em lange Oeffnung, deren 
Ränder ausgezackt und schmierig belegt sind. Die Oeffnung führt direct 
ins Rectum. Am Grund der Blase liegt ein 4 em langes. 2 enı breites 
Stück der Hose des Jungen. Die Wundränder werden umsehnitten und in 
doppelter Etagennaht mit Catgut vereinigt. An der vorderen Blasen- 
wand wird eine Schrägfistel unter Faltung der Blasenwand angelegt. 
Um den dureh die Fistel geführten Katheter kommt ein Jodoformtampon. 
Die Bauchdecken werden bis auf die Oeffnung für den Katheter ver-- 
schlossen. Der Verlauf war ein auffallend günstiger. Einen Tag fieberte: 
der Junge noch, dann war er immer fieberfrei. Täglich zweimal Blasen- 
spülung mit Salieyllösung, innerlieh Urotropin und Fachinger. Am 
achten Tage nach der Operation konnte der Verweilkatheter weg- 
gelassen werden und Pat. entleerte auf normale Weise Urin. Nach 
drei Wochen war die Fistel ganz geschlossen. Nach 25 Tagen konnte: 
der Junge, vollkommen geheilt, bei klarem Urin und ungehinderter Ent-. 


— 430 — 


leerung entlassen werden. Die vor der Entlassung vorgenommene 
eystoskopische Untersuchung ließ die Nahtstelle der hinteren Blasenwand 
gut vernarbt sehen. Bei der rectalen Untersuchung fühlte man etwa 5 em 
oberhalb des Anus eine kleine, einzezogene Grube, in welche gerade (die 
Fingerkuppe paßte. M. Lubowski. 


Xavier Deloreet Gaston Cotte: Des gros kystes de l’ouraque. 

(Revue de chirurgie 1906, XXVI, 3, p. 403.) 

Aus der Klinik Poneets berichten die Autoren über einen Fall von 
eroßer Cyste des Urachus, die zur Operation kam, und benutzen diesen 
‚Anlaß zu einer Studie über die bisher bekannt gewordenen 10 (?) Fälle. 
Ihr Fall ist folgender: Ein 21 jähriges, bisher bis auf eine Anämie ge- 
. sundes ‚Mädchen wird mit der Diagnose „tubereulöser Ascites” in's 
Hospital geschickt. Die Kranke ist seit einem Jahre abgemagert und 
leidet an einem ziemlich heftigen Schmerz in der rechten Fossa iliaca; 
seit vier Monaten ist der Bauch rasch sehr stark geworden. Der Bauch 
sieht wie das Abdomen einer schwangeren Frau aus, der Nabel ist ver- 
strichen. das Veneunetz ist deutlich entwickelt. Deutliche Fluctuation; 
fast überall dumpfer Schall. der bei Lageveränderungen nicht weicht, nur 
an den tiefsten Stellen des Bauches schmale Zonen sonoren Schalles. Alle 
anderen Organe gesund. Man glaubt an einen tuberculiésen Ascites und 
meint, daB die Peritonitis von den erkrankten Genitalien ausgeht. Die 
Laparotomie zeigt eine große intraperitoneale Cyste, welehe den ganzen 
Bauch ausfüllt und deren Ausgangspunkt nieht zu erkennen war. Zwei 
Punectionen verkleinern den Tumor, doch werden die Canülen durch 
fibrinöse Massen in der braunen Flüssigkeit bald verstopft. Nach Er- 
weiterung des Schnittes und Trennung einiger Adhärenzen am Nabel kann 
man den Tumor nach außen kippen mit seinem unteren Pol als Charnier. 
Die Cyste ging bis ins Becken, doch ohne Zusammenhang mit den Ge- 
schleehtsorganen; sie inserirt an der Spitze der Blase in der Höhe des 
Endes des Urachus; der Stiel war deutlich subperitoneal. Keine Com- 
munication besteht mit der Blase. Naht. Heilung. Das Präparat war eine 
uniloculire Cyste mit S—10 Litern braunen, blutigen und fibrinösen In- 
halts. Die Wand 2—5 mm dick, ist bis auf den Stiel vom Bauchfell be- 
kleidet, immer mit fibrinösen Massen belegt. Vom Stiel geht an der 
vorderen Seite ein harter Strang bis zum Nabel und verliert sich dort in 
der Geschwulstwand und in der Bauchwand; derselbe liegt im mittleren 
Verlauf intraperitoneal. Histologiseh besteht die Wand aus 3 Schichten: 
1. Bindegewebe mit Fibrinauflagerungen ohne Spur von Epithel; 2. glatte 
Muskelfasern durchsetzt mit fibrindsem Gewebe; 3. Peritoneum. Der 
Urachus bildet den höchsten Teil der Allantois; er bildet beim Embryo 
einen weiten Kanal von der Blase bis zum Nabel; vom dritten Monat des 
intrauterinen Lebens ab beginnt seine Obliteration von oben nach unten, 
so daß er im vierten bis fünften Monat nieht mehr durchgängig ist. Beim 
Erwachsenen bildet der Urachus einen weißen fibrinösen, 2 mm breiten, 


— 431 — 


12 em langen Strang von der Blase zum Nabel, an dem man ein läng- 
liches eylindrisches oder spindelförmiges Mittelstück und zwei Endstücke 
unterscheiden kann. Das untere Stück inserirt bei leerer Blase exact auf 
der Spitze dieses Organs, bei voller Blase 2—4 em unter der höchsten 
Stelle an der vorderen Seite: bei der Insertionsstelle besteht ein conische 
Anschwellung auf 12—15 em Breite. Dies obere Endstück gelangt nicht 
ganz zum Nabel und verliert sich im Gewebe, zur Nabelnarbe steht es 
durch die Nabelgefäße oder dureh elastische Stränge in Beziehung. Der 
Urachus ist ein Muskelschleimhautstrang, in dessen Centrum manchmal 
Reste der primitiven Höhle existiren, die mit der Blase oder mit dem 
Nabel oder mit beiden communieiren können. Histologisch zeigt er eine 
Schleimhaut, evtl. mit Plattenepithel, eine Muskelschieht und eine Binde- 
gewebsschicht. Beim Embryo liegt der Urachus intraperitoneal, beim Er- 
wachsenen extraperitoneal; bleibt das Mesocytium der Allantois und des 
embryonalen Urachus bestehen, so können intraperitoneale Cysten des 
Urachus entstehen. 

Die Cysten können bis 50 Liter Flüssigkeit enthalten. Die Art der 
Flüssiekeit (hellgelb, braun, eitrig, ammoniakalisch) hängt ab von event- 
tuellen Blutungen in den Inhalt und von einer eventuellen Infeetion 
(durch Communication mit der Blase, mit dem Nabel, durch Punetion). 
Die Wand entsprieht gewöhnlich der oben gexrebenen Beschreibung. Die 
Urachuseysten sind sicher das Resultat einer congenitalen Mißbildung. 
Ist der Urachus durehgäugiz geblieben, so kann man von einer cystischen 
Erweiterung sprechen: infolge irgend eines Hindernisses beim AbfluB auf 
der Blase kommt der Harn unter so hohen Druck, daB er in den Urachus 
eindrinzt: die Wände des Ganges verdieken sieh zwar mit dem Wachsen 
des Druckes des aus dem Blasenreservoir ausgetriebenen Harnes; schließB- 
lich geben sie aber doch nach und werden dilatirt. Man findet dann eine 
mit der Blase durch eine enge Oeffnung communicirende Höhle, die eine 
richtige Reserveblase bildet. Die meisten Urachuseysten entstehen aber 
auf andere Weise: Die Obliteration der Urachushöhle zeizt Verschieden- 
heiten in den verschiedenen Teilen des Verlaufs; selbst normaler Weise 
besitzt der Urachus an mehreren Stellen seines Lumens Ausbuchtungen. 
Solche Erweiterungen sitzen manehmal in der Mitte und gehen rings um 
die Cireumferenz. Meist freilich befallen sie nur einen Teil und bilden 
wirkliche Divertikel, welche sieh völlig von der eentralen Höhle des 
Urachus isoliren können. Wie beim Processus vaginalis peritonet am 
Hoden eneystirte Hydrocelen des Samenstranges bei nur teilweiser Nicht- 
obliteration entstehen, so hier bei Resten oder Divertikeln des Urachus- 
lumens Cystehen und Cysten des Urachus; bleibt der Urachus dagegen 
ganz offen, so kommt es zur Blasen-Nabelfistel des Urachus. 

Bei kleinen Cysten kann man die Diagnose der Urachuscyste wohl 
stellen. Meist kommen sie aber nur in riesiger Größe zur Beobachtung, 
wenn alle Organe verdrängt, die Stiele nieht tastbar sind, die Form nicht 
mehr erkennbar ist, dann kann die Diagnyse erst bet der Operation ge- 


— 432 — 


stellt werden. Die einzig vernünftige Behandlung ist die operative Ent- 
fernung der Cyste, eventl. mit dem Verschluß der Blase. Die Punctionen 
sind nur Erleichterungseingriffe, die die Gefahr der Infeetion mit sich 
bringen, sie heilen nicht, denn die Cyste füllt sich bald wieder: solche 
Punetionen dürfen nur bei herabzekommenen Kranken indieirt sein. 
bei denen man eimen größeren Eingriff nicht mehr wagen darf. Wird die 
Operation bei nicht inficirter Cyste bei noch leidlich kräftigen Individuen 
ausgeführt, so ist die Prognose eine gute. Mankiewicz. 


VII. Ureter, Niere ete. 





Violet: Ligature de l’uretére ou cours d’une hysterectomie 
abdominale pour cancer de l’utérus; Etat du rein prélevé 

à l'autopsie 5!/, mois après. (Lyon médical, XX XVIII, 14, 

p. 743.) 

Bei der abdominalen Operation wegen Krebs der Uterusecervix hatte 
man den Ureter so hoch durchschneiden müssen, daß eine Ureterocysto- 
anastomose unmöglich war und deshalb die Notwendigkeit vorlag, 
den durchtrennten Ureter einfach zu unterbinden. Nach einigen Monaten 
ging die Kranke an Carcinose des Bauchfells zu Grunde. Die Autopsie 
ergab ein Recidiv im Becken und allgemeine Careinose des Bauchfells 
Die rechte —- nicht abgebundene —- Niere war durch Urin aus- 
gedehnt, da eine Compression ihres sonst normalen Ureters durch das 
Tumorrecidiv am Ligamentum latum bestand. Die linke unterbundene 
Niere zeigte keine Spur von Retention; die von den Autoren bei Ab- 
bindung des Ureters vorgenommene Atrophie erfolgt nur langsam, denn 
diese Niere hat 5 /: Monate nach der Ligatur kaum an Volumen ab- 
genommen; ein wenig Perinephritis besteht, die Fettkapsel ist hart und 
adhirent, die Capsula propria schwer abzuziehen. Auf dem Schnitt sind 
die Kelehe und Kapseln blaß und enthalten keinen Urin. Die Pyramiden 
sind etwas flacher als normal: aber am ersten hat noch die Rinde eine 
Atrophie erlitten: sie hat aber doch von der Basis einer Pyramide bis zur 
Kapsel 6—7 mm Dicke. Die Niere zeigt also nur beginnende „Sklerose“ 
Die Kranke hatte übrigens die „Exclusion rénale“ gut vertragen, nur 
wenige Tage war eine Spur Eiweiß im Harn gewesen. 

Mankiewicz. 


Dr. Ahlefelder (Greiz 1. V.): Ein Fall von einseitiger Ureter- 
compression in der Schwangerschaft mit schweren 
Allgemeinerscheinungen. (Monatsschrift für Geburtshilfe 
und Gynäkologie 1905, Bd. 21, H. 3.) 

Frau L. K., 26 Jahre alt, hat einmal geboren vor ca. einem Jahr. 


Gezen Ende der damaligen Schwangerschaft erkrankte Patientin unter 
stärkeren Fieber, wobei sich allmählich in der rechten Lumbalgegend 


ABS as 


Schmerzen einstellten. Die Patientin wurde mit der Diagnose: ,,Para- 
nephritischer AbsceB" einer auswärtigen chirurgischen Klinik zugeführt. 
Der Chirurg glaubte die Diagnose bestätigen zu können und legte nach 
zweitäriger Beobachtung, wobei abendliche Temperatur bis 39°C. heob- 
achtet wurde, die Niere frei. Die Kapsel wurde gespalten und die Niere 
verschiedentlich mit dem Messer punetirt. Es wurde aber kein Eiter ge- 
funden und demzufolge die Wunde wieder gesehlossen. Am zweiten 
Tage naeh der Operation sank die Temperatur zur Norm. Am dritten 
Tage erfelgte die Geburt eines Knaben ohne Kunsthilfe. Naeh anfäng- 
lich gutem Verlauf erkrankte die Wöchnerin am achten Tage mit 
Schüttelfrösten. Untersuchung des Uterus durch den Gynäkologen ergab 
normale Verhältnisse. Weiterhin entwickelte sich eine Thrombose des 
linken Beines. Am 21. Mai d. J.: Status: Die Patientin, eine Person 
von MittelgréBe in gutem Ernährungszustand, befindet sich jetzt im 
neunten Monat der Schwangerschaft (letzte Menstruation Anfang Sep- 
tember v. J.). Während der Schwangerschaft sind keine besonderen Be- 
schwerden, bis auf zeitweises Anschwellen des linken (im vorigen 
Jahre erkrankten) Beines bemerkt worden. Die ersten Schmerzen in 
der Lumbalgegend waren vor vier Taxen aufgetreten, hatten aber auf 
Bettruhe und Prießnitz'sche Umsehläge bald nachgelassen. Ueber 
ırzend welche Unregelmäßigkeiten der Urinentleerung konnten keine 
Angaben gemacht werden. Seit drei Tagen waren die Schmerzen 
heftiger geworden, und es hatte sieh gegen Abend heftiger Schiittelfrost 
eingestellt. Am darauffolgenden Taxe klagte Patientin über rasende 
Schmerzen in der rechten Nierenzerend. die nach der reehten Beeken- 
hälfte und nach dein rechten Oberschenkel ausstrahlen. In der reehten 
Niereneegend befindet sieh eine schrägverlaufende Narbe von ca. 30 em 
Linge und 1 cm Breite, in deren Umgebung die Haut dureh eine Ge- 
schwulst mit undeutheher Umgrenzung und weichelastischer Consistenz 
vorgetrieben erscheint. Die Niere läßt sich nieht abtasten wegen des 
Uterus und der enormen Schmerzhaftiskeit der betreffenden Lumbal- 
eerend. Der Pereussionsschall ist leer. Der Uterus hat die dem oben 
angerebenen Schwangerschaftsmonat entsprechende Ausdehnung. Uterus- 
contractionen sind nicht nachweisbar. kindliche Herztöne nieht sicher von 
dem frequenten miütterlichen Puls zu unterscheiden. Die innere Unter- 
suchung ergiebt: Portio ea. 1/: em lang, aufgelockert, Cervicalkanal für 
einen Finger knapp durchgängige. innerer Muttermund geschlossen. 
kindlicher Kopf über dem Scheidengewolbe, beweglich. Irzend welche 
Abnormitäten in der knöchernen Begrenzung des kleinen Beckens sind 
nicht nachweisbar. Die Beekenmaße betragen: Sp. 20, 25, Cr. 30,5, Tr. 33, 
Cyj. ext. 19,25. Promontorium nieht zu erreichen. Die Temperatur beträgt 
39.4°C., der Puls 104 in der Minute. Der Urin ist ohne Eiweiß und 
Zucker, die Reaction sauer. Trotz Morphium und Einpackunzen nahmen 
die Schmerzen fortwährend zu, während die Temperatur gegen Naeh- 
mittag auf 40° C. stieg bei einem Puls von 124. Da die Diagnose auf 


— 434 — 


Compression des rechten Ureters durch den schwangeren Uterus’ ge- 
stellt werden mußte, wurde beschlossen, den Urin thunlichst schnell zu 
entleeren bezw. die Geburt einzuleiten. Zu diesem Zwecke wurden um 
11'/: Uhr Abends durch den nunmehr für zwei Finger durchgingigen 
inneren Muttermund ein Metreurynter von 600 ceim ohne Mühe ein- 
geführt. Bei mittlerer Belastung stellen sieh unmittelbar darauf kräftige 
Wehen ein, so daß bereits am 22. Mai, 3°/: Morgens der Ballon geboren 
wird. Nach Sprengen der Blase erfolgt die Geburt des Kindes um 47: Uhr 
Morgens. Eine halbe Stunde darauf spontane Geburt der Placenta. Da, 
Kind mißt 37 em Länge bei 25 em Kopfumfang. Es zeigt die Zeichen der 
Reife und schreit kräftig. Nach Entleerung des Uterus findet ein sofortiger 
Nachlaß der während der Wehen zeitweise exorbitanten Schmerzen statt. 
Darauf starker Schweißausbrueh und Abfall der Temperatur auf 37.0" C. 
bei einer Pulsfrequenz von 90 innerhalb einer halben Stunde. Die 
Wöchnerin machte eine ungestörte Reconvalescenz durch. Wenn auch 
die Temperatur in den nächsten zwei Taxen noeh abendliche Steige- 
rungen bis zu 386° C. erkennen ließ, gab doch das gute Allgemein- 
befinden der Wöchnerin zu weiteren Bedenken keinen Anlaß. Inter- 
essante Beobachtungen gestattete das Verhalten der rechten Niere bezw. 
Nierenbecken und Ureter: Es fiel auf, daß während der ersten Tage des 
Wochenbettes die die rechte Nierengerend einnehmende Gesehwulst eine 
Abnahme nicht erfuhr. Die Urinausscheidung war dabei eine annähernd 
normale, und irgend welche Veränderungen ließ der durch Katheter ent- 
leerte Harn nieht erkennen. Fr war ohne Eiweiß und Formelemente. 
besonders waren Cylinder in dem centrifugirten Harn nicht vorhanden. 
Ein wesentlich anderes Verhalten bot sich indessen, als man die Wöch- 
nerin vom vierten Taxe zeitweise ihre Lage wechseln ließ. Während 
der im Anfang constatirte elastische Tumor bis jetzt immer noch in der 
rechten Nierengegend nachweisbar gewesen war, verschwand derselbe, 
als die Wöchnerin die linke Seitenlage einnahm, innerhalb weniger 
Minuten. Die vorher durch Katheter entleerte Blase füllte sich gleich- 
zeitig so rasch. daß die Patientin sehr bald nach dem Becken verlangte. 
Der nunmehr wieder mittels Katheter entleerte Urin war ohne Trübune, 
eiweiß- und zuekerfrei: Reaction deutlich sauer, wie der erst entleerie 
Urin. Durch Centrifugiren ließ sich ein die untere Spitze des Glases in 
Höhe von 3 mm einnehmendes Sediment gewinnen. In demselben waren 
reichliche Leukoerten, wenige Blasenepithelien, vereinzelte rote Blut- 
körperchen nachweisbar. Ferner konnten in nieht geringer Zahl 
Epithelzellen mit Ausläufern. runde Epithelien und vereinzelte granulirte 
Cylinder beobachtet werden. Das speeifische Gewicht war 1025. Ein 
tärliches Katheterisiren wurde, weil dureh die Therapie nicht geboten. 
mit Absicht vermieden, um eine unter den beschränkten Verhältnisse der 
Arbeiterwohnune immerhin mörliehe Infeetion der Blase zu vermeiden. 
M Lubowski. 


— 435 .— 


Prof. Luigi Ferrannini: Ueber die Wirkungen subcutaner 
Kochsalzinfusionen bei Nephritis mit Rücksicht auf die 
neueren Theorien über den Wert des Kochsalzes bei 
den Krankheiten der Nieren. (Centralblatt für innere Medicin 
1905, No. 1.) 


Der Widerspruch zwischen den von verschiedenen Seiten ausgeführten 
Untersuchungen über die Wirkung subeutaner Kochsalzinfusionen bei 
Nephritis und den Ergebnissen der täglichen klinischen Beobachtung gab 
dem Verf. Veranlassung zur vorliegenden Arbeit. Er beschloß nach- 
zuprüfen, ob wirklich die subeutanen Kochsalzinfusionen bei Nephritikern 
so hervorragende Dienste leisten und möglicher Weise festzustellen, worin 
eigentlich jene günstige Wirkung besteht und worauf sie im Grunde ge- 
nommen beruht. Die Untersuchungen wurden in folgender Weise vor- 
genommen: Alle Kranken wurden während der Untersuchungsperiode 
und schon einige Tage vorher auf ausschließliche Milchkost gesetzt: nur 
einige wenige, die Milch allein nicht vertrugen, erhielten ganz leichte ge- 
mischte Kost, quantitativ und qualitativ von stets gleicher Beschaffen- 
heit. Arzneimittel wurden während dieser Zeit nicht verordnet. Einige 
Tage lang wurden tägliche Urinuntersuchungen vorgenommen, derart, 
daB die Menge, das specifische Gewicht, der Eiweißgehalt (nach 
Esbach), der Gesamtstickstoff (nach Kjeldahl-Wilfärth), der 
Harnstoffstickstoff (nach Pflüger-Bohland-Gumlich), der 
übrire Stickstoff (nach Differenz), der Alloxurstickstoff (nach De- 
nigés), der Chlorgehalt (nach Volhard-Salkowski) und das 
Sediment festgestellt wurde. Zwei Tage hintereinander wurde dann eine 
subcutane Injection mit '/: Liter physiologischer Kochsalzlisung verabfolgt 
und dabei beobachtet, welehe Veränderungen der Allgemeinzustand des 
Kranken und sein Urin aufwiesen. Wenn dann diese Veränderungen ver- 
schwunden sehienen, wurde an zwei weiteren aufeinanderfolgenden Tagen 
eine subcutane Injection mit /: Liter sterilem destillirtem Wasser dem 
Kranken ejuverleibt: an einigen anderen Tagen wurden dann dieselben 
Beobachtungen wiederholt. Bei manchen Kranken, die sieh besser dazu 
eieneten, hat Verf. auch mit einer stärkeren Kochsalzlösung oder länger 
als zwei Tage subcutane Injeetionen ausgeführt. Es war zu Beginn sein 
Vorsatz, bei jedem Kranken mehrere Serien von subeutanen Injeetionen 
zur Anwendung zu bringen, um auch zu sehen, welchen Einfluß die 
Quantität und die verschiedene Concentration der Lösung ausübt: die 
Kranken ertrugen indessen den Schmerz der subeutanen Injeetion nur 
sehr ungern und weigerten sich daher, mehrere Injectionen an sich vor- 
nehmen zu lassen, und einige machten sich schon bei der bloßen Drohung 
mit einer Injection aus dem Staube. Bei keinem der Kranken haben die 
subeutanen Kochsalzinjeetionen irgendwie nennenswert den Wasser- 
gehalt des Organismus beeinflußt; sie versehlimmerten weder die Oedeme, 
die schon vorher vorhanden waren, noch verursachten sie Oedeme, wenn 


— 436 — 


noch keine nachweisbar waren. Die Diurese wurde niemals auffällig 
erhöht, einige Male sogar verringert; indessen combinirte sich die Ver- 
minderung der Diurese mit Diarrhöen. Fast bei allen Kranken ver- 
ursachten die subeutanen Injectionen von einfachem Wasser und noch 
mehr die mit Kochsalzlösung eine sehr intensive fieberhafte Reaction mit 
allen Charakteren einer Malariafiebererkrankung. Diese thermische 
Reaction im Anschluß an künstliche Seruminjectionen ist absolut nicht 
für Tuberculose charakteristisch, sondern sie stellt augenscheinlich eine 
allgemeine Reaction dar. Da diese fieberhafte Reaction bei den Kranken 
aueh nach einfacher Wasserinjeetion aufgetreten ist, so entfällt damit 
jeder Einfluß des Kochsalzes; man muß vielmehr glauben, daß sie einer 
Auflösung und leichten Circulation eventueller im Organismus zurück- 
gehaltener pyrogener Stoffe ihre Entstehung verdankt. In einem Falle 
setzte, einen Tag nach einer subcutanen Kochsalzinjection, ein schwerer 
urämischer Anfall ein, für den man schlechterdings die subcutane In- 
jection nicht wird verantwortlich machen können, da sich der Zustand 
durch Klysmen und suhcutane Injectionen von physiologischer Kochsalz- 
lösung rapide besserte. Der Albumengehalt und die Nierenelemente 
nahmen im Urin Jedesmal sehr auffällig im Anschluß an die subeutanen 
Kochsalzinjectionen zu, etwas weniger ausgesprochen nach den einfachen 
WasserinjJectionen:; augenscheinlich ist diese Thatsache weniger auf 
Rechnung des Kochsalzes zu setzen, als auf Conto der Blutdruck- 
steigerung, die jedes Mal, wenn eine große Menge Flüssigkeit auf sub- 
eutanem Wege dem Organismus einverleibt wird, ganz unabliingig von 
dem darin aufgelösten Salz aufzutreten pflegt. Fast immer indessen 
macht sich nach der Zunahme der ausgeschiedenen EiweiBmenge und 
der Nierenelemente in zweiter Linie eine auffällige und anhaltende Ab- 
nahme der Albuminurie und ein wenig auch der Cylindrurie bemerkbar, 
während gleichzeitiz der Allgemeinzustand sich erheblich bessert. In 
einigen Fällen haben die subeutanen Injeetionen, besonders die Koch- 
salzinjectionen, eine mit der Steigerung der Albuminurie und Cylindrurie 
parallel gehende Hämaturie veranlaßt. Die subcutane Kochsalz- 
injection hat stets eine mehr oder minder ausgesprochene Steigerung 
der Kochsalzausscheidung hervorgerufen, was dureh die subeutanen 
Wasserinjeetionen nieht erreichbar war. In einem einzigen Falle blieb 
nach der subeutanen Kochsalzinjection die Zunahme der Chlorurie aus, 
ja es trat sogar eine Abnahme derselben ein, und dieser Fall betrifft 
gerade jenen Patienten, der am Tage nach der subeutanen Injection einen 
urämischen Anfall bekam. Wenn dieses Factum nicht vereinzelt dastände, 
so kénnte man wiehtige Schlüsse daraus ziehen, sei es, daß man den 
urämischen Anfall von der Chlorretention abhängige machen könnte, sei es 
andererseits, daß man umgekehrt jene Retention in Beziehung zur 
Funetionsthätiekeit der Niere bei drohender Urämie setzen könnte — 
Beziiglich der Stiekstoffausscheidung erscheinen besonders die großen 
Differenzen bemerkenswert, die bei einigen Kranken von einem Tage 


— 431 — 


zum anderen in der Ausscheidung der stiekstoffhaltixzen Substanzen be- 
stehen. Dies hingt vor allem von der ungleichen Milchmenee ab, die die 
Nierenkranken täglich einführen, besonders dann, wenn die Milehdiät 
ihnen unerträglich wird und sie dann nur durch starken Hunger zum 
Milchtrinken getrieben werden. An einzelnen Tagen hatten manche 
Kranke so unendlich wenig Milch zu sich genommen, daB Verf. sieh ver- 
anlaßt salı, sie wieder auf gewöhnliche Kost zu setzen und damit den 
Versuch zu unterbreehen. Uebrigens weiB man ja, daß im allgemeinen 
bei Nierenkranken, wie übrigens auch unter normalen Verhältnissen, 
Stickstoffausfuhr und -Einfuhr parallel gehen. Aus der Aus- 
scheidung des Gesamtstickstoffes und der verschiedenen absolut ge- 
nommenen Stiekstoffsubstanzen läßt sich deshalb kein bemerkenswerter 
SchluB ziehen, höchstens könnte man im allgemeinen sagen, daß die 
Untersuchungen des Verf.'s beweisen, daß bei Nephritikern die Alloxur- 
stickstoffwerte bei weitem höher sind, und daß nach subeutanen Koch- 
salzinjeetionen in höherem Grade als nach einfachen Wasserinjectionen 
oftmals eine Ausfuhrsteizerung der stickstoffhaltizgen Substanzen auftritt, 
der dann eine auffallize Verminderung nachfolert. Das erstere Factum 
würde auf einen erhöhten Nucleinstoffwechsel, der vielleicht von der 
Milehnahrung abhängt, hinweisen, das zweite würde den künstlichen 
Seruminjectionen eine Reizwirkung auf die Oxydation im allgemeinen 
zusprechen. Setzt man jedoch die Zahlen der Gesamtstickstoff- 
ausscheidung zu den Ausscheidungswerten der verschiedenen Stiekstoff- 
substanzen in Beziehung, so zeigt sich die Thatsache, daß bei den vom 
Verf. untersuchten Nierenkranken constant der Proeentsatz des Harnstoff- 
stickstoffes zum Gesamtstickstoff äußerst gering ıst. daß er fast nie die 
normale Höhe erreicht, sondern nur bis 51,07 emporsteigt, statt der 
physiologischen 85,00. Dieses Faetum beweist, daß im Urin der Nieren- 
kranken die Mengen des nur teilweise verbrannten Stickstoffmaterials 
erößer ist, als im Unin der Gesunden, oder auch, daß für gewöhnlieh mehr 
unverbrannte Stiekstoffsubstanzen die Niere des Nephritikers als die des 
(tesunden passiren. Daß dieser reichlichere Durchtritt unverbrannten 
'Stiekstoffmateriales einer größeren Nierenpermeabilität der Nephritiker 
eegenüber den Stickstoffstoffwechselschlacken und nicht einer größeren 
Concentration derselben im Blute seine Entstehung verdankt, ist durch die 
Untersuchungen von Ascoli bewiesen worden, die ergeben, daß im 
Blute des Gesunden der Procentgehalt des Harnstoffstiekstoffes zum Ge- 
samtstiekstoff etwa 40 beträgt, iın Blute der Nephritiker jedoeh 56—62. 
Man muß deshalb notwendiger Weise annehinen, daß die gesunde Niere 
nur den Harnstoff und die verbrannten Substanzen, die den aus der 
Eiweißverbrennung herrührenden sehr verwandt sind, hindurchläßt; die 
entzündete Niere indessen setzt den weniger verbrannten Substanzen 
keinen genügenden Widerstand entgegen: letztere gehen deshalb reieh- 
licher in den Urin über und verringern so den Procentsatz des Harn- 
stoffstickstoffes zum Gesamtstickstoff. Das schließt nieht aus, daß im 


— 438 — 


Verlaufe der Nephritis infolge Funetionslähmung der Niere Retentions- 
perioden auftreten können; andererseits erschüttert diese Thatsache von 
(irund aus die Theorie von der Retention der Exerementstoffe, die bisher 
der Nierenpathologie als Fundament gedient hat. Was den Procentsatz 
des Harnstoffstickstoffes zum Gesamtstickstoff anlnart, so haben die 
‚Untersuchungen des Verfassers ergeben, daß besonders bei inter- 
stitioller Nephritis sowohl nach subeutanen Kochsalz- als aueh nach 
Wasserinjeetionen, nach ersteren jedoch mehr als nach letzteren, eine 
Erhöhung desselben statthat. Die Steigerung ist jedoch nieht absolut 
constant, nicht so, daB sie immer einige besonders hohe Werte über- 
steigt oder erreieht, die ab und zu spontan in gewissen, bei Nephritikeru 
allerdings so überaus selten auftretenden Perioden besserer Nierenthitig- 
keit beobachtet werden. Indessen ist trotzdem der Eintluß der suh- 
eutanen Injection unverkennbar; da sich die Wirkung jedoch auch nach 
einfachen Wasserinjeetionen äußert, so kann sie nieht einer Oxydations- 
wirkung der Kochsalzinjeetionen ihre Entstehung verdanken, auch nicht 
einem Reiz des Kochsalzes auf die Nierenepithelien. In dem einzigen 
Falle, in dem Verfasser eine höherprocentige Kochsalzlôsung als die: 
physiologische injieiren konnte, hat der höhere Salzgehalt keine auf- 


fillige Aenderung der subeutanen Injeetion hervorgerufen. 
M. Lubow ski. 


E. Küster: Nierenchirurgie am Eingang des 20. Jahr- 
hunderts. (Die Deutsche Klinik am Eingang des 20. Jahrhunderts.) 


K. bespricht, gleichsam als Ergänzung seines Gesamtwerkes über 
Chirurgie der Nieren, an der Hand von Schulfällen einige Capitel aus der 
chirurgischen Behandlung der chronischen Nephritis und der Wander: 
niere. An einen Fall von beiderseitiger Nierenblutunz mit positivem 
Tuberkelbacillenbefund anschließend, wo aber selbst mikroskopisch keine 
Tubereulose nachgewiesen werden konnte, sondern die Blutung nach bei- 
derseitiger Freilezung der Nieren sofort stand, wendet K. sich gegen 
Klemperers Ausdruck: „Blutung aus gesunden Nieren“, sowie gegen 
die Senator'sche „Hämophilie der Nieren“. Er sieht vielmehr als 
Ursache dieser Blutungen kleine, oft mikroskopiseh nicht erkennbare Ver- 
änderungen der Niere an, so z. B. zerstreute Junge Tuberkel, inter- 
stitielle Gewebswucherungen, die oft nur auf einzelne unscheinbare Herde 
beschränkt sind, schließlich Wucherungen und Schrumpfungen an den 
Müller schen Kapseln und GefäBknäueln. Klemperers ,angio- 
neurotische“ Ursache dagegen verlegt K. in die erkrankte Niere, während 
die gesunde blutet. Bei derartigen Blutungen genügt meist Freilegung 
der Nieren zur Stillune. Passé, Klink, Piqué und Koblanck 
sahen sogar nach Sectio alta die Nierenblutung stehen. 

Die Decapsulation bei ehronischer Nephritis bespreehend, zeigt À. 
an Edebohls Statistik die ungeniigende Unterscheidung von bacteri- 
eller Pyelonephritis und Bright scher Nierenerkrankung, die K. 


— 489 — 


Nierenentartung durch falsche Blutmisehung nennt. Wenn K. daher mit 
Lennander und Rovsing bei Jeder Nephritis den Urin bacterio- 
logisch untersucht haben will, um daraus seine Schlüsse zu 
ziehen, so ist dies wohl etwas zu weit gegangen und wird zu Trug- 
schlüssen führen. Bezüglich der Edebohls schen Erfolge meint K., 
daß die besten Ergebnisse da erzielt wurden. wo nephritische Verände- 
runzen durch Wanderniere hervorgerufen waren. Trotzdem hält er die 
Decapsulation bei chronischer Nephritis für indieirt: bei Urämie, bei 
starken Schmerzen, zur Lösung der Verwachsungen, bei einseitiger (1?) 
Nephritis mit Bacterienausscheidung und Cylindern, sowie bei doppel- 
seitiger Pyelonephritis. Nephreetomie ist dagegen auszuschließen. 
Plattenschnitt aber nur anzuwenden, wenn Stauung, Neubildung oder 
Tuberculose angenommen werden. 

Bei der Besprechung der Wanderniere wendet sich K. gegen die An- 
sichten Israels.Wolkows und Politzersu. A.. welche deren Ent- 
stehung auf Druckveränderungen im Abdomen (Erschlaffung der Bauch- 
deeken) zurückführen; denn diese müßten dann beiderseits gleichmäßig 
einwirken und eine besonders ausgedehnte Wirkung bei Männern mit 
ausgedehnten Serotalbrüchen haben, welche Folgerungen aber in Wirk- 
lichkeit keine Gültigkeit haben. Auch der Erklärung der Wanderniere 
als eongenitale Anlage schließt sich K. nieht an und hält vielmehr an der 
schon vor 10 Jahren von ihm aufgestellten Behauptung fest, wonach alle 
Wandernieren ein durch traumatische Einwirkung entstandenes Leiden 
darstellen: es wird eine Adductionsbewegung der unteren Rippen erzeugt 
und mittels derselben werden entweder ganz plötzlich die Befestigungen 
der Niere zerrissen oder langsam gelockert. 

Die Nephropexie heilt zwar die Wanderniere, nieht aber dureh sie 
entstandene Nervenleiden, Sacknieren oder Stauungsnephritis. Tötliche 
Ausgänge, wie K. sie nach Nephropexie bei drei Patientinnen durch 
Lunvenembolien, nach Thrombose der Becken- oder Cruralvenen gesehen 
hat, weiß er nicht mit der Operation in Zusammenhang zu bringen und 
halt sie fiir uneliiekliche Zufiille. In einen vierten Fall trat der Tod nach 
Aspiration von Mageninhalt ein bei Tleus infolge von Anspannung der die 
oberen Mesenterialzefäße enthaltenden Bauchfellfalte. In vielen anderen 
Fällen hat K. dagegen große Erfolge mit der Nephropexie erzielt; er 
wendet sich daher gegen die abfällige Kritik Israels. Seine Technik 
ist dieselbe wie früher, nur läßt er die Silberdrähte nieht mehr ein- 
heilen, sondern zieht sie durch den unteren Wundrand — unteren Nieren- 
pol — oberen Wundrand. Die Niere wird sodann an richtiger Stelle be- 
festiet: ganz zuletzt wird der Silberdraht angezogen und zusammen- 
gedreht, um nach drei Wochen entfernt zu werden. Arthur Bloch. 


Dr. Heidenhain (Marienwerder W.-Pr.): Wanderniere der 
Frauen. (Therap. Monatshefte 1906, No. 2.) 


Verf. macht darauf aufmerksam, daß dieses Leiden noeh viel zu viel 
übersehen wird und die Beschwerden, die die \Wanderniere verursacht, 


— 440 — 


anderen Organen zuzuschreiben werden. Verf. unterzieht die Aetiologie 
der Wanderniere einer Kritik und kommt dann auf die Palpationstechnik 
zn sprechen. Was nun die Behandlung betrifft, so giebt die Nephropexi 
nieht immer ideale Resultate, die besten sind noch bei Schedescher 
Methode zu erreichen, teilweise Entfernung der Capsula adiposa, partielle 
Ablösung der Caps. propria, Zurückschlagen dieser Lappen, Durchführung 
von Fäden doppelt armirter Nadeln durch diese Lappen (Garre fabt 
dabei die Niere noch selbst mit) ‚Durehstechen der Bauchderken und 
Herumführen der Fäden um die zwölfte Rippe und schließlich Knüpfung 
der Fäden auf der Haut über untergelegten, fingerdicken Jodoformeaze- 
röllchen. Auf diese Weise wird die Niere so fixirt, daß ihr unterer Po) 
eben unter der zwölften Rippe fühlbar wird. Sieht man von einer Opera- 
tion ab, so leistet der Gl&enard sche Gurt am meisten. 
Warschauer (Berlin. 


Priv.-Doz. W. A. Oppel: Ueber Tuberculose der Nieren. 
(Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 7.) 


Verfasser hatte zahlreiches klinisches Material zur Verfügung, welches 
ihn in den Stand setzte, wertvolle pathologisch-anatomische Beobachtun- 
gen zu machen. Die Hauptergebnisse seiner Beobachtungen sind: Tuber- 
eulose der Nieren kommt ziemlich häufig vor; sie entsteht gewöhnlich auf 
metastatischem Wege und führt zum Tode, auch dann, wenn der ur- 
sprüngliche Herd bereits vernarbt ist. Im Urogenitalsystem ist die Tuber- 
culose der Niere gewöhnlich primär, und erst von der Niere aus werden 
die übrigen Organe (descendirender Proceß) infieirt, was dadurch be- 
wiesen wird, daß in einigen Fällen die bestehende tubereulöse Cysttis 
ach Resection der Niere eine Besserung erfährt, ferner durch das Vor- 
handensein von Tuberkeln in der Rindenschicht der Niere, wohin sie nur 
auf metastatischem, nicht aber auf ascendirendem Wege gelangen könnuen. 
Die Tuberkelbaeillen können die unverletzte Niere passiren, ohne eine 
tubereulöse Erkrankung derselben hervorzurufen. So hat Oppel selbst 
zwei Fälle beobachtet; in dem einen war die Niere carcinomatis afficitt. 
in dem anderen bestand acute Pyonephrose, während im Harn Koch- 
sche Bacillen vorhanden waren. In pathologisch-anatomischer Beziehun® 
teilt ©. die careinomatös affieirten Nieren in drei Gruppen ein: 1. Nieren 
mit Nephritis tubereulosa interstitialis; Tuberkel im Bindegewebe: Skle- 
rose desselben; 2. Nephritis tuberculosa mit hauptsächlicher Localisation 
des Processes in der Marksubstanz geht leicht in Ureteropyelonephrit!s 
über; 3. Nephritis tuberculosa cavernosa mit Neigung Cavernen, d. h 
eiterzefüllte Höhlen zu bilden. Durch die Verwachsung des Ureters 1M- 
folge des tubereulösen Processes entsteht entweder Hydropyonephrost 
(bei Verwachsung des Ureters), oder Pyonephrose (der Ureter ist uleerif. 
mit Granulationen und Tuberkeln bedeckt, aber nicht verwachsen). Die 
Diagnose der tuberculésen Affection der Rindensubstanz ist schwierig: 
bei Erkrankung der Marksubstanz bestehen gewöhnlich Pyelitis. Ureteritis 


— 441 — 


und Cystitis; im Harn zeigen sich Blut und Eiter sowie zahlreiche 
Koch''sche Baeillen. Fiweiß ist häufig nicht vorhanden. Bei der cysto- 
skopischen Untersuchung kann man bisweilen Tuberkeln und Ulcera- 
tionen in der Blase wahrnehmen; die Katheterisation der Üreteren und 
die Cystoskopie gewähren die Möglichkeit, festzustellen, welche Niere 
erkrankt ist. Manchmal ist es unmöglich, infolge der bestehenden Cystitis 
die Kryoskopie und die Katheterisation der Ureteren auszuführen, und 
infolgedessen muß man zur Nephrostomie greifen und nach der Besserung 
des Krankheitszustandes die vorgenannten Untersuchungsmethoden an- 
wenden. Die Behandlung muß eine chirurgische sein, da die klimatische 
und therapeutische nur einen Zeitverlust bedingen. Allerdings tritt für 
kurze Zeix Besserurg ein, dann aber nimmt der KrankheitsproceB seinen 
früheren Verlauf. Die chirurgische Behandlung vermag nicht selten voll- 
ständige Heilung herbeizuführen. 

Im Anschluß an die chirurgische Behandlung ist die klimatische sehr 
nützlich. An und für sich ist die Operation nicht besonders schwer, auch 
die statistischen Erhebungen sprechen zu ihren Gunsten, und infolge- 
dessen muß die Behandlung der Nierentubereulose ehirurgische Bahnen 
einschlagen. M.Lubowski. 


Richelot: Cancer du rein. (Revue de Chirurgie 1906, XXVI, 
4, p. 693. Société de chirurgie.) 


Berieht über den Fall einer 60 jährigen Frau, welcher auf 
transperitonealem Wege eine enorme, völlig mobile, nicht adhärente 
krebsize Niere entfernt wurde. Das Präparat bildet eine große sprossende 
Masse, wachsend auf der Oberfläche des Nierenbeckens, von dessen 
äußerer Seite sie ausging; sie hat das Nierenbecken erweitert und zum 
Teil angefüllt, sendet auch Fortsätze in den Harnleiter. Die einzelnen 
Knospen sind von vascularisirten Zellenzügen gebildet, auf denen pro- 
liferirende Zellenlager erkennbar sind; die Zellen sind zuerst länglich und 
eylindrisch, dann polyedriseh und abgerundet. Auf der Oberfläche der 
Knospen liegt ein Magina von fettig infiltrirten Zellen in völliger Dege- 
neration. Es ist also ein Epithelioma vegetans der Kelche und des 
Beckens der Niere, ein ziemlich seltenes Vorkommnis, dessen Ursache 
Verf. in einem eingeschlossenen versprengten Nebennierenteil suchen will. 

Mankiewicz. 


Dr. K. Helly: Fall von traumatischer Decapsulation der 
Niere. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 24.) 


Verfasser demonstrirte in der Geellschaft fiir innere Mediein und Kin- 
derheilkunde in Wien (Sitzung vom 11. Mai 1906) das Präparat einer trau- 
matischen Decapsulation der Niere, ohne daß letztere sonstige Verletzun- 
gen aufwies. Das Präparat stammt von einem 21 jährigen Manne, der 
vom ersten Stockwerke gestürzt war und dabei eine Leberruptur erlitt. 


— 442 — 


Er starb kurz nach der wegen dieser vorgenemmenen Laparotomie. 
Bei der Obduetion wurde die Deeapsulation der Niere vorgefunden. 
Sie ist nach Verf. wahrscheinlich dadureh entstanden, daß die freien 
Rippen beim Sturze einzedrückt wurden und die Niere aus ihrer Kapsel 
heraustrieben. Kr. 


Rochet-Durand: Pathogénie et Traitement des Hydro- 
néphroses. (Société de chirurgie de Lyon, 15. II 1906. — Lyon 
médical, 15. IV. 1906, XXXVIII, 15, p. 183.) 

Die Chirurgen demonstriren fünf Hydronephrosen, welehe teils pri- 
mär, teils seeundär dureh Nephreetomie entfernt wurden. 1. Die Niere 
eines 17 jährigen Mannes mit der charakteristischen Erweiterung des 
Beckens und der Kelche bei hoehgradiger Hydronephrose; auBerdem aber 
Cysten von Erbsen- bis NuBgréBe an der Oberfläche und im Lumen, so 
daB das Priiparat wie eine polyeystische Niere aussieht: der Inhalt der 
Cysten ist teils klar, teils triibe. Vor ungefiihr einem Jahr wegen einer 
als Hydronephrose angesprochenen, von Jugend auf langsam gewachsenen. 
enormen Flüssigkeitsansammlung in der reehten Flanke operirt, hatte der 
Kranke riesige Flüssigkeitsmengen aus mehr oder minder voneinander 
isolirten Cysten, deren Zwischenwände durcehtrennt werden mußten, ent- 
leert: der Ureter schien normal, nieht gekniekt und ohne Adhäsionen. 
doch hinderte eine intrarenale Blutung seine Katheterisation von Seiten 
der Niere; die Katheterisation von der Blase aus mußte wegen der Dring- 
lichkeit der Operation — man hatte Furcht, die sehr gespannte Cyste 
würde nach dem Abdomen hin platzen — vor dem Eingriff unterlassen 
werden. Der Kranke behielt trotz häufiger Uretersondirungen ohne 
Hindernis von der Blase bis zur Niere seine Fistel ein Jahr lang, so daß 
man jetzt die Niere secundär entfernte. Die zweite Niere entstammt 
einem 23 jährigen Mädchen, die vor vier Jahren von Albertin wegen 
einer von Jeher bestehenden Hydronephrose mit der Nephrotomie be- 
handelt worden war. Diese Niere zeigt nur die charakteristischen Dilata- 
tionen der Hydronephrose, ohne das polyeystische Aussehen des vorigen 
Priparates. Wegen der dauernden Fistel unternahm Rochet mit 
Albertin eine neue Operation: Becken und unterer Pol der Niere 
waren zusammen in eine große Höhle umgewandelt, der normale. für einen 
eroßen Katheter durehgängige Ureter mündete 7—8 em über dem tiefsten 
Punkt der Höhle in die Niere. Ein Katheter wurde von der Niere durch 
den Ureter, die Blase und die Harnröhre nach außen geleitet und längere 
Zeit in situ gelassen. um die Fistel zur Heilung zu bringen; doch ver- 
rebens; nach emiger Zeit wurde eine Uretero-Pyeloneostomie gemacht. 
indem R. den Harnleiter ein wenig unter seiner Nierenmiindung durch- 
sehnitt und sein peripheres Ende an dem tiefsten Punkt der -oben be- 
schriebenen Höhle einpflanzte, mit breiter Incision des Ureters und sorg- 
samer Naht; alles ging zuerst gut, der dureh die Blase entleerte Harn 
verdoppelte sich fast an Menze, die endovesicale Separation des Harns 


— 443 — 


zeigte die Funetion beider Nieren, die Fistel schien sich zu schließen: 
doch gelangte man mit einem Katheter von der Blase aus nie bis in die 
Niere; kurz vor der Niere wurde der Katheter aufgehalten und keine 
Mühe konnte ihn weiter vorschieben. Die Fistel secernirte wieder mehr, 
und da die Kranke das Gebrechen los sein wollte, wurde vor einem Monat 
die Niere exstirpirt. Das obere Ende des Ureters, welches am Nieren- 
becken geblieben war, ist nicht atrophisch, sondern für eine große Harn 
leitersonde durchgängig. Die Harnleiter-Nierenbeckenanastomose ist 
wieder verschwunden, die dureh die Operation erzielte Oeffnung hat sich 
völlig geschlossen und der Ureter mündet in einen Blindsack unterhalb 
der Niere, ein Befund, der die fruchtlosen Versuche des Harnleiter- 
katheterismus völlig erklärt. Am ersten Fall ist die Verbindung einer 
Cystenniere mit einer Hydronephrose bemerkenswert. Die großen — 
wohl in ihrer Anlage angeborenen — Hydronephrosen kann man nicht 
vergleichen mit den quasi Hydronephrosen „en ıninlature“, in denen die 
Erweiterung sich nur auf das Nierenbecken erstreckt, welches gleichsam 
aus dem Hilus wie ein „Bruch“ erscheint, die vielleicht überhaupt keine 
wahren Hydronephrosen sind, die man auch als „intermittirende Hydro- 
nephrosen“ beschrieben hat; für die Aectiologie dieser letzteren gelten 
auch alle die für die Erklärung hervorgesuchten mechanischen Momente: 
Primäre Ptosis der Niere mit Ureterenkniekung, Drehung oder Com- 
pressionsdruck des Harnleiters durch Stränge, Muskeln etc. ete. Für die 
erste Kategorie ist charakteristisch die Integrität des Ureters, der weder 
geknickt noch gedreht ist, der also für die Pathogenese dieser Art großer 
Hydronephrosen nichts zu bedeuten hat. Die großen Hydronephrosen be- 
stehen von Kindheit an, zuerst leicht und ohne Beschwerden, dann werden 
sie größer und erfordern einen Eingriff. Es muß da eine uns unbekannte 
angeborene schlechte Bildung der Niere vorliegen, die sich durch die 
allmähliche cystische Erweiterung des Nierengewebes, durch seine Um- 
wandlung in viele Taschen kundgiebt, ohne daB man die etwas simple 
Erklarung der Compression oder Obstruction des Harnleiters heranziehen 
kann. Mündet dann der Ureter etwas zu hoch, so ist dies eine secundäre 
Deformation infolge der intrarenalen und pyelitischen Dilatationen. Die 
sogenannte „erworbene“ Hydroneplrose erreicht niemals diese Form der 
großen angeborenen Hydronephrosen mit intactem Ureter. Merkwürdig 
ist auch der MiBerfolg der conservativen Behandlung bei den großen 
angeborenen Hydronephrosen, während bei den „erworbenen" Hydro- 
nephrosen häufige Erfolge zu erzielen sind. Der Harnleiterkatheterismus 
à demeure hat zweimal in drei Fällen versagt, dabei hat ein Fall den 
Katheter ınehr als vier Monate getragen (Fall Durand). Die Uretero- 
Pyeloneostomie, allerdings nach der terminalen, nicht nach der latero- 
lateralen Methode hat hier versagt, trotzdem sie sorgsam aus- 
geführt haben. Zu erwähnen ist noch, daß alle anderen Methoden (Ver- 
mehrung des Blasenharns, intravesicale Separation des Urins, sehein- 
bares Versiezen der Fistel) bei der Naehforschung nach dem Resultat der ' 


— 440 — 


anderen Organen zuzuschreiben werden. Verf. unterzieht die Aetiologie 
der Wanderniere einer Kritik und kommt dann auf die Palpationstechnik 
zu sprechen. Was nun die Behandlung betrifft, so giebt die Nephrepesxie 
nicht immer ideale Resultate, die besten sind noch bei Schedescher 
Methode zu erreichen, teilweise Entfernung der Capsula adiposa, partielle 
Ablösung der Caps. propria, Zurückschlagen dieser Lappen, Durchführung 
von Fäden doppelt armirter Nadeln durch diese Lappen (Garre fak 
dabei die Niere noch selbst mit) ,Durehstechen der Bauchdecken und 
Herumführen der Fäden um die zwölfte Rippe und schließlich Knüpfung 
der Fäden auf der Haut über untergelegten, fingerdicken Jodoformzaze- 
röllehen. Auf diese Weise wird die Niere so fixirt, daß ihr unterer Po) 
eben unter der zwölften Rippe fühlbar wird. Sieht man von einer Üpera- 
tion ab, so leistet der Gl&nard sche Gurt am meisten. 
Warschauer (Berlin). 


Priv.-Doz. W. A. Oppel: Weber Tuberculose der Nieren. 
(Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 7.) 


Verfasser hatte zahlreiches klinisches Material zur Verfügung, welches 
ihn in den Stand setzte, wertvolle pathologisch-anatomische Beobachtun- 
gen zu machen. Die Hauptergebnisse seiner Beobachtungen sind: Tuber- 
eulose der Nieren kommt ziemlich häufig vor; sie entsteht gewöhnlich auf 
metastatischem Wege und führt zum Tode, auch dann, wenn der ur- 
sprüngliche Herd bereits vernarbt ist. Im Urogenitalsystem ist die Tuber- 
eulose der Niere gewöhnlich primär, und erst von der Niere aus werden 
die übrigen Organe (descendirender ProceB) inficirt, was dadureh be- 
wiesen wird, daß in einigen Fällen die bestehende tubereulöse Cystitis 
nach Resection der Niere eme Besserung erfährt, ferner dureh das Vor- 
handensein von Tuberkeln in der Rindenschicht der Niere, wohin sie nur 
auf metastatischem, nicht aber auf ascendirendem Wege gelangen können. 
Die Tuberkelbacillen können die unverletzte Niere passiren, ohne eine 
tubereulöse Erkrankung derselben hervorzurufen. So hat O p pe!l selbst 
zwei Fälle beobachtet; in dem einen war die Niere carcinomatös affıcirt. 
in dem anderen bestand acute Pyonephrose, während im Harn Koch- 
sche Bacillen vorhanden waren. In pathologisch-anatomischer Beziehun£ 
teilt O. die careinomatös affieirten Nieren in drei Gruppen ein: 1. Nieren 
mit Nephritis tubereulosa interstitialis; Tuberkel im Bindegewebe: Skle- 
rose desselben; 2. Nephritis tubereulosa mit hauptsächlicher Localisation 
des Processes in der Marksubstanz geht leicht in Ureteropyelonephritis 
über: 3. Nephritis tuberculosa cavernosa mit Neigung Cavernen, d. h. 
eitergefüllte Höhlen zu bilden. Durch die Verwachsung des Ureters iu- 
folge des tubereulösen Processes entsteht entweder Hydropyonephrose 
(bei Verwachsung des Ureters), oder Pyonephrose (der Ureter ist uleerirt. 
mit Granulationen und Tuberkeln bedeckt, aber nieht verwachsen). Die 
Diagnose der tubereulösen Affeetion der Rindensubstanz ist schwieris: 
bei Erkrankung der Marksubstanz bestehen gewohnlich Pyelitis, Ureterits 


— 441 — 


und Cystitis; im Harn zeigen sich Blut und Eiter sowie zahlreiche 
Koch’sche Bacillen. Eiweiß ist häufig nieht vorhanden. Bei der cysto- 
skopischen Untersuchung kann man bisweilen Tuberkeln und Uleera- 
tionen in der Blase wahrnehmen; die Katheterisation der Ureteren und 
die Cystoskopie gewähren die Möglichkeit, festzustellen, welche Niere 
erkrankt ist. Manchmal ist es unmöglich, infolge der bestehenden Cystitis 
die Kryoskopie und die Katheterisation der Ureteren auszuführen, und 
infolgedessen muß man zur Nephrostomie greifen und nach der Besserung 
des Krankheitszustandes die vorgenannten Untersuchungsmethoden an- 
wenden. Die Behandlung muß eine chirurgische sein, da die klimatische 
und therapeutische nur einen Zeitverlust beilingen. Allerdings tritt für 
kurze Zei Besserurg ein, dann aber nimmt der KrankheitsproceßB seinen 
früheren Verlauf. Die chirurgische Behandlung vermag nicht selten voll- 
ständige Heilung herbeizuführen. 

Im Anschluß an die chirurgische Behandlun: ist die klimatische sehr 
nützlich. An und für sich ist die Operation nicht besonders schwer, auch 
dlie statistischen Erhebungen sprechen zu ihren Gunsten, und infolge- 
dessen muB die Behandlung der Nierentuberculose ehirurgische Bahnen 
einschlagen. M. Lubowski. 


Richelot: Cancer du rein. (Revue de Chirurgie 1906, XX VI, 
4, p. 693. Société de chirurgie.) 


Berieht über den Fall einer 60 jährigen Frau, weleher auf 
transperitonealem Wege eine enorme, völlig mobile, nicht adhärente 
krebsire Niere entfernt wurde. Das Präparat bildet eine große sprossende 
Masse, wachsend auf der Obertfläche des Nierenbeckens, von dessen 
äußerer Seite sie ausging: sie hat das Nierenbecken erweitert und zum 
Teil angefüllt, sendet auch Fortsätze in den Harnleiter. Die einzelnen 
Knospen sind von vaseularisirten Zellenzügen gebildet, auf denen pro- 
liferirende Zellenlager erkennbar sind; die Zellen sind zuerst länglich und 
eylindriseh, dann polyedrisch und abgerundet. Auf der Oberfläche der 
Knospen liegt ein Magma von fettig infiltrirten Zellen in völliger Dege- 
neration. Es ist also ein Epithelioma vegetans der Kelche und des 
Beckens der Niere. ein ziemlich seltenes Vorkommnis, dessen Ursache 
Verf. in einem eingeschlossenen versprengten Nebennierenteil suchen will. 

Mankiewiez. 


Dr. K. Helly: Fall von traumatischer Decapsulation der 
Niere. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 24.) 


Verfasser demonstrirte in der Geellschaft für innere Medicin und Kin- 
derheilkunde in Wien (Sitzung vom 11. Mai 1906) das Präparat einer trau- 
matischen Decapsulation der Niere, ohne daB letztere sonstige Verletzun- 
gen aufwies. Das Präparat stammt von einem 21 jährigen Maune, der 
vom ersten Stockwerke gestürzt war und dabei eine Leberruptur erlitt. 


— 442 — 


Er starb kurz nach der wegen dieser vorgenommenen Laparotomie. 
Bei der Obduetion wurde die Decapsulation der Niere vorgefunden. 
Sie ist nach Verf. wahrscheinlich dadurch entstanden, daß die freien 
Rippen beim Sturze einzedrückt wurden und die Niere aus ihrer Kapsel 
heraustrieben. Kr. 


Rochet-Durand: Pathogénie et Traitement des Hydro- 
néphroses. (Société de chirurgie de Lyon, 15. II 1906. — Lyon 
médical, 15. IV. 1906, XXXVIII, 15, p. 783.) 


Die Chirurgen demonstriren fünf Hydronephrosen, welche teils pri- 
mär, teils seeundär dureh Nephreetomie entfernt wurden. 1. Die Niere 
eines 17 jährigen Mannes mit der charakteristischen Erweiterung des 
Beckens und der Kelehe bei hochgradiger Hydronephrose; außerdem aber 
Cysten von Erbsen- bis Nußrröße an der Oberfläche und im Lumen, se 
daß das Präparat wie eine polyeystische Niere aussieht: der Inhalt der 
Cysten ist teils klar, teils trübe. Vor ungefähr einem Jahr wegen einer 
als Hydronephrose angesprochenen, von Jugend auf langsam gewachsenen, 
enormen Flüssigkeitsansammlung in der rechten Flanke operirt, hatte der 
Kranke riesige Flüssigkeitsmengen aus mehr oder minder voneinander 
isolirten Cysten, deren Zwischenwände durehtrennt werden mußten, ent- 
leert; der Ureter schien normal, nicht gekniekt und ohne Adhäsionen. 
doch hinderte eine intrarenale Blutung seine Katheterisation von Seiten 
der Niere; die Katheterisation von der Blase aus mußte wegen der Dring- 
lichkeit der Operation — man hatte Furcht, die sehr gespannte Cyste 
würde nach dem Abdomen hin platzen — vor dem Eingriff unterlassen 
werden. Der Kranke behielt trotz häufiger Uretersondirungen ohne 
Hindernis von der Blase bis zur Niere seine Fistel ein Jahr lang, so daß 
man jetzt die Niere seceundär entfernte Die zweite Niere entstammt 
einem 23 jährigen Mädchen, die vor vier Jahren von Albertin wegen 
einer von jeher bestehenden Iiydronephrose mit der Nephrotomie be- 
handelt worden war. Diese Niere zeigt nur die charakteristischen Dilata- 
tionen der Hydronephrose, ohne das polyeystische Aussehen des vorigen 
Präparates. Wegen der dauernden Fistel unternahm Rochet mit 
Albertin eine neue Operation: Becken und unterer Pol der Niere 
waren zusammen in eine große Höhle umgewandelt, der normale, für einen 
eroßen Katlıeter durchgängige Ureter mündete 7—8 cm über dem tiefsten 
Punkt der Höhle in die Niere. Ein Katheter wurde von der Niere dureh 
den Ureter, die Blase und die Harnröhre nach außen geleitet und längere 
Zeit in situ gelassen, um die Fistel zur Heilung zu bringen; doch ver- 
eebens; nach einiger Zeit wurde eine Uretero-Pyeloneostomie gemacht. 
indem R. den Harnleiter ein wenig unter seiner Nierenmiindung durch- 
schnitt und sein peripheres Ende an dem tiefsten Punkt der -oben be- 
schriebenen Höhle einpfllanzte, mit breiter Ineision des Ureters und sorg- 
samer Naht; alles ging zuerst gut. der dureh die Blase entleerte Harn 
verdoppelte sich fast an Menge, die endovesicale Separation des Harns 


— 443 — 


zeigte die Function beider Nieren, die Fistel schien sich zu schließen: 
doch gelangte man mit einem Katheter von der Blase aus nie bis in die 
Niere; kurz vor der Niere wurde der Katheter aufgehalten und keine 
Mühe konnte ihn weiter vorschieben. Die Fistel seeernirte wieder mehr, 
und da die Kranke das Gebrechen los sein wollte, wurde vor einem Monat 
die Niere exstirpirt. Das obere Ende des Ureters, welches am Nieren- 
becken geblieben war, ist nicht atrophisch, sondern für eine große Harn- 
leitersonde durchgängig. Die Harnleiter-Nierenbeckenanastomose ist 
wieder verschwunden, die dureh die Operation erzielte Oeffnung hat sich 
völlig geschlossen und der Ureter mündet in einen Blindsack unterhalb 
der Niere, ein Befund, der die fruchtlosen Versuche des Harnleiter- 
katlleterismus völlig erklärt. Am ersten Fall ist die Verbindung einer 
Cystenniere mit einer Hydronephrose bemerkenswert. Die großen — 
wohl in ihrer Anlage angeborenen — Hydronephrosen kann man nicht 
vergleichen mit den quasi Hydronephrosen ,,en miniature’, in denen die 
Erweiterung sich nur auf das Nierenbecken erstreckt, welches gleichsam 
aus dem Hilus wie ein „Bruch“ erscheint, die vielleicht überhaupt keine 
wahren Hydronephrosen sind, die man auch als „intermittirende Hydro- 
nephrosen“ beschrieben hat: für die Actiologie dieser letzteren gelten 
auch alle die für die Erklärung hervorgesuchten mechanischen Momente: 
Primäre Ptosis der Niere mit Ureterenknickung, Drehung oder Com- 
pressionsdruck des Harnleiters durch Stränge, Muskeln ete. etc. Für die 
erste Kategorie ist charakteristisch die Integrität des Ureters, der weder 
geknickt noch gedreht ist, der also für die Pathogenese dieser Art großer 
Hydronephrosen nichts zu bedeuten hat. Die großen Hydronephrosen be- 
stehen von Kindheit an, zuerst leicht und ohne Beschwerden, dann werden 
sie größer und erfordern einen Eingriff. Es muß da eine uns unbekannte 
angeborene schlechte Bildung der Niere vorliegen, die sieh durch die 
allmähliche eystische Erweiterung des Nierengewebes, durch seine Um- 
wandlung in viele Taschen kundgiebt, ohne daB man die etwas simple 
Erklirung der Compression oder Obstruction des Harnleiters heranziehen 
kann. Miindet dann der Ureter etwas zu hoch, so ist dies eine secundäre 
Deformation infolge der intrarenalen und pyelitischen Dilatationen. Die 
sogenannte „erworbene“ Hydronephrose erreicht niemals diese Form der 
groBen angeborenen Hydronephrosen mit intactem Ureter. Merkwürdig 
ist auch der MiBerfolg der conservativen Behandlung bei den groBen 
angeborenen Hydronephrosen, während bei den „erworbenen“ Hydro- 
nephrosen häufig Erfolge zu erzielen sind. Der Harnleiterkatheterismus 
à demeure hat zweimal in drei Fällen versagt, dabei hat ein Fall den 
Katheter mehr als vier Monate getragen (Fall Durand). Die Uretero- 
Pyeloneostomie, allerdings nach der terminalen, nicht naeh der latero- 
lateralen Methode hat hier versagt, trotzdem sie sorgsam aus- 
geführt haben. Zu erwähnen ist noch, daß alle anderen Methoden (Ver- 
mehrung des Blasenharns, intravesicale Separation des Urins, schein- 
bares Versiegen der Fistel) bei der Nachforschung nach dem Resultat der 


— 444 — 


Funetion des neuen Nierenabflusses getäuseht haben, nur der Ureteren- 
katheterisinus hat die richtige Controle erlaubt. Diese groBen polv- 
eystischen und multiloculären IIydronephrosen kann man weder durch 
den Ureterenkatheterismus noch dureh neu angelegte Uretereninsertionen 
richtig drainiren. Eine oder die andere Tasche wird leer, die anderen 
können ihren Inhalt nieht entfernen und wachsen immer weiter. Hier 
muß man bald operiren, und zwar gleich die Nephrectomie vornehmen. 
dieselbe bietet primär keine erheblichen Schwierigkeiten und die andere 
Niere ist in der Regel gesund (77 Referent). 

Durand zeigt drei weren Hydronephrose entfernte Nieren. Der 
erste Fall älnelt den Kochet'schen Präparat: Ein 13 jihriges Kind hat 
von Geburt an alle 2—3 Monate einige Taxe anhaltende Schmerzanfälle. 
welche mit Sehmerzen in der linken Seite anfangen und ven Erbrechen 
begleitet sind. Veränderungen im der Menge des Harns wurden zwar 
nicht bemerkt, doch besteht seit unbestinmbarer Zeit eine Geschwulst in 
der linken Seite und in der linken Bauchhälfte. Vor einigen Wochen er- 
folete eine Erkältung, seitdem vermehrte Mietion, Eiweißharn und 
schlechtes Allzemeinbefinden. In der linken Seite besteht ein großer. 
deutlich fluetuirender Tumor mit Ballotement rénal und einer gewissen 
Beweglichkeit. Die mit der Diagnose „eongenitale Hydronephrose“ vor- 
genommene Nephrotomie führte auf eine große Uyste, die einen Liter 
klare Flüssigkeit enthielt und keine Verbindung mit dem Ureter hatte. 
auf eine zweite, wenig ausgedehnte Tasche des Nierenbeckens: zwischen 
beiden Hohlräumen bestand keine Verbindung. Der oberste Teil des 
Ureters war frei. ohne Adhäsionen, Verengerungen und Knickung, zeigte 
aber eine doppelt S-fôrmige Biegung. einmal in frontaler, das andere Mal 
in sagittaler Riehtung. Da der Ureter frei passirbar war, so war nicht er. 
sondern eine angeborene Mißbildungz der Niere für die Erweiterung des 
Nierenbeekens die Ursache. Ein zur Ausgleichung der Ureterenkrüm- 
mungen eingeführter und längere Zeit liegengelassener Ureterkatheter 
brachte keine Heilung — die erste Cyste hatte sich rasch geschlossen —, 
sondern machte den Harn eitrie und verursachte Steine in der Blase. 
Wegen der Eiterung aus der Fistel Neplrectomie, die sehr schwierig war. 
Das Nierenbecken ist drei- bis viermal mehr dilatirt als bei der Opera- 
tion, die Nierensubstanz erheblich reducirt und fibrös entartet. 2. Eine 
62 jährige Frau war wegen einer „Cyste“ im Abdomen, die man auf das 
Pankreas schob, operirt worden und war jetzt Tragerin einer Fistel im 
linken Unterbauch, welche eine unbestimmbare Flüssigkeit entleerte. 
Wegen beginnender Kachexie Exstirpation des Organs, das sieh als eine 
hydronephrotische Niere herausstellte; bei der Operation war dureh 
einen Strang die Aorta sondirt worden! Heilung. 3. Das dritte Präparat 
rührt von einer Hydronephrosis ealeulosa her. mit einem schlüssel- 
fOrmigen Stein, dessen Kopf im Nierenbecken, dessen Griff im Ureter 
steekte und so die Obstruction zu Were brachte. Seit einer leichten 
Hiimorrhagie vor fünf Jahren hatte sich in der linken Bauchseite ein 


— 445 — 


Tumor entwickelt, der bei seiner Entdeekung  orangengroB war.. 
Pollakiurie, Müdigkeit. Jetzt war der Tumor nierenförmig, enorm groß 
(unterer Nierenpol am Nabel), ziemlich bewerlich. Urin trüb, enthält 
Fiter und Phosphate. Leichte Operation, zwei Liter Inhalt. Niere groß, 
Kelche sehr erweitert, Ureter mündet ohne Triehterausatz, Nierenusubstanz 
auf eine dünne Schieht reducirt. Heilung. Nur der letzte Fall zeigte ein 
deutliches Hindernis im Ureter. Der Ureter war sonst immer durch- 
gängig, auch in dem Fall mit den seltsamen Krümmungen, so daB man 
an die congenitale Bildung der Hydronephrose denken muB. Hier nutzen 
conservative Operationen nichts, hier muß man primär die Nephreetomie: 
machen, die bei gesunder anderer Niere keine großen Gefahren bietet. 
Mankiewicz. 


Bazy: Pathogénie de l'hydronephrose; hydronephrose 
intermittente partielle. (Société de chirurgie, 21. II. 1906. — 
Revue de chirurgie 1906, XXVI, 4, p. 692.) 

Eine 45 jährige Frau leidet an Schmerzen in der linken Seite seit 
einem vor 18 Jahren erlittenen Stoße. Diese Schmerzen sind manchmal 
von Krisen mit Erbrechen begleitet; nach einem solchen Anfall erfolgt 
gewöhnlich eine besonders reiehliehe Harmentleerung. Seit neun bis 
zehn Jahren ist Eiter im Harn, seit vier Jahren stinkt der Harr. Neit 
zwei Jahren wird die Kranke sehwächer und hat um 7% kg abgenommen. 
In der linken Seite findet sich eine Geschwulst, die von den falsehen 
Rippen bis zur Hüftbeinkante, nach innen bis zum Nabel reicht. 
Verf. incidirt wegen der „inficirten intermittirenden Hydronephrose“, 
macht aber wegen des üblen Alleemeinbetindens nur eine einfache Nephro- 
tomie; vorher hatte er sich durch Methylenblauprobe und Separation des 
Secrets der beiden Nieren von der Gesundheit der anderen Niere über- 
zeugt. Der obere Teil der linken Niere erweist sich als gesund: der 
untere Teil des Organs ist in eine große Höhle mit weißlichem Inhalt 
umgewandelt. Die Höhle wird drainirt; die Kranke erholt sich rasch; da 
aber eine Harnfistel bestehen bleibt, wird acht Monate später die secun- 
dire Nephrectomie mit vollem Erfolge vorgenommen. Es handelte sich 
hier um eine partielle Hydronephrose, welche das klinische Bild der 
intermittirenden Hydronephrose darbot. 

Le Dentu behandelte jiingst eine junge Franu wegen sehwerer Hi- 
maturien aus der Huken Niere. Bei der Operation fand sieh die obere 
llälfte der Niere vergrößert und gebuckelt. Die Spaltung bis zum Becken 
erwies, daß die Buckel zahlreichen Erweiterungen entsprachen, die aber 
weder untereinander noch mit dem Nierenbecken in Verbindung zu stehen 
schienen. Es handelte sich um eine partielle Ilydronephrose, welche Le 
Dentu dureh Resection des kranken Teiles unter Respectirung des 
Nierenbeckens und durch totale Naht des Nierenstumpfes zur Heilung 
brachte: eine zurückgebliebene XNierenfistel heilte nach einigen Monaten.. 

Mankiewicz. 


— 4146 — 


Heinrich Poll: Zur Lehre von derNebennierenverpflanzung. 
(Medicinische Klinik 1905, No. 55, p. 1423.) 


Verf. ist es nach unsäglichen Mühen in zweijähriger Arbeit in 50 Ex- 
:perimenten bei 23 Tieren einmal gelungen, bei Lepidosauriern die Neber- 
niere subcutan zu überpflanzen. In hölıeren Tierreihen geht das ein- 
gepflanzte Stück in kürzester Zeit zu Grunde, resp. die charakteristischen 
Zellen verschwinden und das Gewebe wird resorbirt, die Adrenalir- 
reaction bleibt nach 24 Stunden schon aus. Als Versuchstier dient 
Lacerta agilis, die Einpflanzung erfolgte subeutan, homoplastisch. 18.Tage 
nach der Operation konnten bei dem plötzlich gestorbenen Tiere sowohl 
interrenale Zellen als päochrome Elemente in charakteristischer For. 
nachgewiesen werden. Die Pfropfung war nicht merklich verkleinert. 
normal gelb gefärbt, an der Haut festgewachsen, ım lockeren Unterhaut- 
Bindegewebe eingebettet und von platter, linsenfürmiger Gestalt. Bei 
Abänderung der Versuchsanordnung (etwa idioplastische Versuche b:i 
intraperitonealer Einpflanzung) können noch leicht bessere Resultate er- 
zielt werden. Die Möglichkeit, jemals einen an Broncekrankheit — di- 
selbe ist vor gerade 50 Jahren zum ersten Male beschrieben worden — 
leidenden Menschen oder ein der Nebennieren beraubtes Tier durch 
Ueberpflanzung von Nebennieren vor dem sichtbaren Tode zu retten, muß 
für das Säugetier verneint, für die niederen Tiere vielleicht bejaht 
‚werden. Mankiewicz (Berlin). 


VIII Technisches. 


H. Ehrenfest (St. Louis): Eine einfache Vorrichtung zur 
Blasenspülung. (Centralbl. f. d. Krankh. der Harn- und Sexual- 
organe, XVII, Heft 5.) 


Der Apparat ist nach dem Princip einer einfachen Waschflasche con- 
struirt. In dem mit zwei Oeffnungen versehenen Gummipfropfen stecken 
zwei Metallröhren. von denen eine mit einem Gummiballon in Verbindung 

‚steht, während die andere mit einem Schlauche verbunden ist, der zum Ka- 
theter führt; kurz vor letzterem ist ein Zweiweghahn eingeschaltet, der 
es ermöglicht, daß man. je nach seiner Stellung, die Blase entleeren oder 
füllen kann. Durch Druck auf den Ballon wird die Flüssigkeit aus der 
Flasche in die Blase getrieben. D. A. Seelig (Königsberg). 





— 


= = = ee 
Verantwortlicher Redacteur: Professor Dr. L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marschner, Berlin SW., Alexandrinenstr. 110. 














Morphologische Beiträge zur Kenntnis des männ- 
lichen Urogenitalapparates. 


Von 


Dr. Alexander von Lichtenberg, 
Assistenzarzt der chir. Universitätsklinik zu Heidelberg. 


Im Nachfolgenden sollen Ergebnisse nnatomischer und entwick- 
lungsgeschichtheher Untersuchungen über das männliche Urogenital- 
system kurz niederzelegt werden. Die Arbeiten wurden in den Jahren 
1903 und 1904 in dem anatomischen Institut in Heidelberg ausgeführt 
und in den „Anatomischen Heften“ von Merkel und Bonnet 
(IT. Abteilung, 93. Heft [31. Bd., Heft 1, Seite 63—198 mit 10 Tafeln] ) 
unter dem Titel „Beiträge zur Ilıstologie. mikroskopischen Anatomie 
und Entwicklungsgeschichte des Urogenitalkanals des Mannes und 
und seiner Drüsen“ ın zwei Teilen ausführlich veröffentlieht. 

Als Untersuchungsmaterial dienten a) der Urogenitalkanal eines 
20 Jahre alten Hingeriechteten lebenswarm init Formol-Alkohol con- 
servirt. Von diesem Object wurden untersucht: 1. eine 15 4-Serie, 
welche aus der proximalsten Partie der Pars cavernosa (cranialwiirts 
von der Einmündung der Cowper'schen Drüsen) gewonnen wurde 
(Serie 1). 2. Eine 15 #-Serie, aus dem caudal vor der Einmündung 
der Cowper'schen Drüsen gelegenen Teile der Pars cavernosa ver- 
fertigt (Serie ID. 3. Einzelpräparate aus anderen Partien des Uro- 
genitalkanals. 4. Eine 15 4-Serie dureh die „Ausführungsgänge“ der 
Cowper'schen Drüsen. Sämtliche Serien und Schnitte dieses Ob- 
jeetes waren mit Jlämatoxylin Delafield und Kosin gefärbt. 

b) Menschliche Embryonen von 45. 60, 65, 68, 70, 72, SV, 100, 105, 
120. 180, 190, 210, 250 mm Länge. Durch das caudale Körperende dieser 


Objecte wurden frontale, sagittale und transversale Serien verfertigt. 


— 450 — 


Gefärbt waren diese teils mit lHämalaun-Erythrosin, teils mit Häin- 
alaun-Pikrofuchsin, teils mit Jlämatoxylin-Eosin. 

e) Ein Fötus aus dem 8. Monat. Transversalserie durch das Uro- 
genitalsystein, mit Jlämatoxilin-Eosin gefärbt. 

d) Zwei Jahre altes männliches Kind. Querschnittserie durch 
den Penis, mit Ilämalaun-Pikrofuchsin gefärbt. 

e) 12 mm langer Mausembryo, neugeborene Ratte, zwei Tage altes 
Kaninchen als vergleichendes Material. 

Veber Herkunft dieses Materials, sowie sonstiger Einzelheiten ver- 
weise ich auf die ausführliche Arbeit. 

Es wurden nach diesem Material verfertigt: 


a) nach Serie I drei Plattenmodelle: P 


«) ein Modell bei 22 maliger Vergrößerung (ausgeführt vom Prii- 
parator Herrn August Vierling unter Anleitung und Controle 
von Prof. Braus). welches den cranialen Anfangsteil der Pars caver- 
nosa bis in die Einmündung der Cow per ’schen Drüsen darstellt. 
(Modell A.) Vergl. Fig. 1, 2, 3, Tafel 11/12 der ausführlichen Arbeit. 

3) Ein Modell bei 150 maliger Vergrößerung (ausgeführt von mir), 
ein Teil des Moddells A wiedergebend. (Modell B.) Dieses Modell bringt 
sowohl die innere, nach dem Lumen gekehrte Fläche des Epithels, wie 
auch die äußere. nach dem Bindegewebe schauende, welehe im Modell A” 
dargestellt ist. zur Anschauung. Vergleiche Fig. 4. 5, 6. 7, Tafel 11/12 
in der ausführlichen Mitteilung. 


7) Ein Modell bei 150 maliger Vergrößerung (ausgeführt von mir). 
Modell C, welches eine der Einmündung ziemlick naheliegende Partie 
des „Ausführungsganges“ der Co wper'schen Drüsen darstellt. Bei 
Modell C ist ebenfalls nur das Epithel reconstruirt. Vergleiche Fig. 4, 
Tafel 15/16. | 

b) Nach einem 210 mm langen Embryo cin Plattenmodell (Modell 
D, ausgeführt von mir). Durch dieses werden die Cowper schen 
Drüsen in Zusammenhang mit einer Partie des Urogenitalkanals bei 
etwa 150 maliger Vergrößerung wiedergegeben. Vergleiche Figur 1, 2, 
Tafel 15/16. 

Die Zeichnungen an diesen Modellen wurden mit Hilfe des Pra- 
jectionsapparates verfertigt. Näheres über die Technik siehe in der 
ausführlichen Publikation. 

e) Nach einem 280 mm langen Embryo graphische Isolationen 
nach Kastschenko (ausgeführt von mir). 

e) Eine Reconstruction der Gesamtform der Cowper'schen 


Drüsen dieses Embryo. 


— 451 — 


3) Eine Iteeonstruction der „Ausführungsgeänge“ der Cowper- 
schen Drüsen mit einer Strecke des Urogenitalkanals. Vergleiche 
Figur 3, Tafel 15/16. | | 

7) Fünf Reconstructionen von Prostatadrüsen der ventralen und 
H. 





lateralen Wand des Urogenstalkanals. Vergleiche die Figuren 6 
Tafel 15/16. 
Mit Ililfe dieses Materials wurden untersucht: 


I. die Schleimhaut der Pars cavernosa des Urogenitalkanals; 

lI. die Morphogenese der accessorischen Geschlechtsdrüsen, vor- 
nehmlich die der Cowper schen Drüsen; 

Ill. die Morphogenese des eavernösen Apparates. 

I. Die Schleimhaut der Pars cavernosa wurde aus drei Gesichts- 
punkten studirt. Einmal wurde die Beschaffenheit des Epithels, 
zweitens die Drüsen und drittens die Faltungen der 1larn- 
röhrenwand dieser Strecke genau untersucht. 

Bei der Untersuchung des Epithelshandelte es sich um die 
Entscheidung der Gleichartigkeit der Epithelbedeckung der ganzen 
Pars cavernosa. Dabei wurde die Pars glandularis nicht berücksichtigt. 
Auch danach wurde geforscht, ob das Epithel blos mehrreihig oder auch 
mehrschichtig ist. Im ganzen Bereiche der Pars cavernosa canalis 
urogenitalis war die Form der Zellen eine exlindrische. Die Kerne 
waren zum mindesten zwei- oder mehrreihig angeordnet. Zwischen 
Serie I und lI bestand ein deutlicher Untersehied im Bau des Epithels. 
In der Serie I fand man Stellen. wo die einzelnen Zellen die ganze 
Dicke des Epithels durehsetzten. (Vergleiche Fig. 9. Tafel 13/14.) 
Dieses Epithel ist also einschichtig, aber meisf zweireihig, denn die 
Kerne liegen fast immer in zwei leihen. Wo dieses Verhalten der 
Zellen nicht so deutlich wie an der abgebildeten Stelle zu Tage tritt. 
handelt es sich um Schrägsehnitte, wie es sich bei Aufbau des Modells 
B herausstellte. Es ist hier das Epithel sicher einschiehtig, mit meist 
zweireihiger Kernanordnung. In der Serie I hingegen waren überall 
mehrere Kernreihen (mindestens 3—4) wahrzunehmen. Durch Schief- 
schnitte wird naturgemäß auch hier die Zahl der Kernlagen scheinbar 
erhöht, es fanden sich aber nie Stellen, wie solche in der Serie I eben 
beschrieben worden sind. Ein endgiltiges Urteil, ob diese Vielreihig- 
keit der Kerne auch einer Vielschiehtigkeit der Zellen entspricht, 
kann ich nicht abgeben und kann nur dem Alleemeineindruck nach 
aus Analogiegründen schließen. dab die Epithelbedeekung auch bier 
blos aus einer Schicht besteht. Zu Ersatzzellen, welche nicht die freie 


Oberfläche des Epithels erreichen, dürfte hingegen die auf vielen 


— 452 — 


Stellen ausgeprägte basale Zellschicht gehören. (Vergleiche Figur S, 
Tafel 15/14.) 

Im Epithel der ganzen untersuchten Partie fand ich vielfach kleine 
Hohlräume, welche an den betreffenden Schnitten nieht mit dem Lumen 
zusammenhingen und meist einen kugelförmigen Inhalt in ihrem 
Innern einschließen. Es sind dies die „C sten“ der Autoren. (Ver- 
gleiche Fig. 11, 12, Tafel 13/14.) Die Beziehung dieser Gebilde mit 
demU’rethrallumen ist bei unmittelbarer Betrachtung der Schnitte eine 
solche, daß sie entweder — selten — offen mit dem Lumen communi- 
eiren, oder das Lumen ist von der inneren Oberfläche der Schleimhaut 
durch eine Schicht von Zellen getrennt, welche den Zellen, welche die 
Auskleidung der Hohlräume bewirken, entsprechen, oder diese Zellen 
sind sowohl von dem Lumen der lHarnröhre wie von der basalen 
Fläche des Urethralepithels durch Zellen getrennt, welche dem allge- 
meinen Epithelbelag der Pars cavernosa gleich sind. Auch können 
endlich die den Hohlraum begrenzenden Zellen die Außentlläche des 
Epithels berühren. Diese „Uysten" liegen intraepithelial Es 
kommen aber auch solehe vor, welche morphologisch sonst mit den 
vorigen übereinstimmend, die äußere Fläche des Epithels vorbuchten. 
oder im Schnittbild gänzlich außerhalb der Epithelgrenze fallen. Es 
handelt sich hier zweifelsohne um eine stärkere Ausbildung der vor- 
erwähnten Gebilde. Diese Drüsen sind subepithelial. Beim 
Aufbau des Plattenmodells B konnte ich mich davon überzeugen. dab 
diese Uysten sämtlich mit der llarnröhre communiciren, also eigentlich 
kleine Drüsen sind. Jhre Größe am Modell B gemessen wechselte 
zwischen 3-—8 mm und 1.5 em. Der Form nach sind sie tubulo-alveo- 
lär. Die Lage zum Epithel ist der höchsten Stufe ihrer Ausbildung 
nach berechnet subepithelial. Auf den ganzen Umfang von 1 em 
Harnröhrenlänge entfallen 3240 Stück soleher Drüsen. Bezüglich der 
Faltung der Harnröhrenwand sind sie so ortentirt, daB sie fast aus- 
schließlich an den Seitenwänden der großen Falten vorkommen; die 
Kuppen und die tiefsten Stellen sind von ihnen freigeblieben. 

In der Serie I fielen mir innerhalb des Epithelüberzugs der Harn- 
röhre lichter gefärbte, gebuchtete Stellen auf (vergleiche Figur 9, 
Tafel 13/14). In diesen liegen die niedrigen Epithelzellen deutlich 
einreihig. Die Kerne dieser Zellen sind rund, basal gelegen, die Zell- 
grenzen ziemlich scharf. Die Zellen localisiren sich ausschließlich in 
der Tiefe zwischen je zwei Falten. An den Kuppen der Falten fehlen 
sie. In der Serie II fehlen sie ebenfalls vollkommen. Die Frage, ob 
wir hier mit echten Drüsen zu thun haben, konnte ieh nicht entscheiden. 


Aussicht auf eine feste Rubrizirung dieser Gebilde verspricht nur eine 


— 453 — 


ausgedehnte vergleichende anatomische Untersuchung. Ich nenne sie 
„drüsenartige Buchten“. 

Schließlich fand ich bei der Untersuchung der Serie ll Drüsen, 
welche sich in die Submucosa hineinerstreckten, „submucöse. Drüsen“. 
Sie kamen in der proximalen Partie der Pars cavernosa (Serie 1) nicht 
vor. Sie stimmen morphologisch mit den Cowper'schen Drüsen 
vollig überein. Darauf, sowie auf die Beschreibung näherer Details 
kehre ich noch zurück. i 

Was die Faltung des Epithels anbelangt, so konnte ich weitgehende 
Unterschiede zwischen Serie } und H feststellen. (Vergl. diesbezüglich 
Textfiguren 3 und 4.) Nach Serie I wurden die Modelle A und B 
verfertigt. Modell A giebt die basale (äußere) Epithelfläche, Modell B> 
die dem Lumen zugekehrte innere Fläche des Epithels wieder. Was 
sich nach dem Innern der Ilarnrôhre zu vorwölbt, erscheint von außen 
her gesehen als Einbuchtung und umgekehrt, da es sich in den meisten 
Fällen um eine Faltung der Schleimhaut im ganzen handelt. Bei der 
Beschreibung gehe ich von der dem Lumen zugewendeten Fläche des 
Epithels aus Falten nenne ich die Vorsprünge nach dem letzteren 
zu, Rınnen die Vertiefungen zwischen den Vorsprüngen. Ich konnte 
vier Haupt- oder Grundfalten resp. Rinnen an dieser Partie des Uro- 
genitalkanals unterscheiden, welche das ganze untersuchte Stück 
durchlaufen. Von den Hauptrinnen gehen Rinnen 1., 2. und 3. Ordnung 
aus. Die Hauptfalten werden durch die Rinnen ın Falten 1., 2. und 
3. Ordnung gegliedert. Die Falten dritter Ordnung repräsentiren sich 
als solide Leistehen. Rinnen 1. Ordnung konnte ich innerhalb 
des modellirten Stückes endigen sehen. Vor ihrer Endigung können 
sich solehe Rinnen so verschieben, daB scheinbar Üeberkreuzungen vor- 
getäuscht werden. Die Rinnen und Falten 2. Ordnung sind von kürze- 
rem Verlauf. Die Richtung des Verlaufs ist an den Enden gewöhnlich 
in schräger oder querer Riehtung umgebogen. Bei der Endigung 
dieser Rinnen kommen blindsackartige Ausstiilpungen von wechselnder 
(iröße vor (Lacunae [Morgagni)). Bei den größten, welche an der- 
‘oberen Harnröhrenwand liegen (vergleiche Modell A) sind die blinden 
Enden der Blase zu gerichtet. Das Epithel dieser Laeunen unterschei- 
-det sich in keiner Weise von dem des übrigen Urogenitalkanals. Sie 
stellen die Folgen einer besonders starken Entwicklung der Falten des 
Harnröhrenepithels an der oberen Wand vor. Die feinste Aufteilung 
‘der Harnrölirenwand, die Unterteilung der Falten 2. Ordnung durch die 
3. Ordnung (Jeistehen) zeigt keinerlei Beziehungen zu der Längs- 
richtung mehr. Die Verteilung ist völlig regellos nach allen Richtun- 
gen hin Zwischen all’ den Falten des Schleimhautinnern besteht ein 


— 452 — 


Stellen ausgeprägte basale Zellschicht gehöre: hlindsackartige Anhänge 
Tafel 13/14.) 

Im Epithel der ganzen untersuchten P- drüsenartigen Buchten“ in 
Hohlräume, welche an den betreffenden S ag der Falten in ihrer ganzen 
zusammenhingen und meist einen k wonale Periode. Die Faltung 
Innern einschließen. Es sind dies dic | ausgleichen J 
gleiche Fig. 11, 12, Tafel 13/14.) us Falten 3. Ordnung stationäre 
demUrethrallumen ist bei unmitte — Lt Listen an 
solehe, daß sie entweder — selt he gerade die Endpunkte der größe- 
ciren, oder das Lumen ist von zan Kalten) hrirt werden: 
durch eine Schicht von Zelle der II verarbeitet wurde. gestaltete sielt 


Auskleidung der Hohlräum acher. Ilier fand ich blos Hauptrinnen. 
sind sowohl von dem | | 


Fläche des Urethralepit 
meinen Epithelbelag 


‚or und die diesen entsprechenden Falten. 
ge dieser Untersuchungen ein bedeutender 
jenigen Partie der Pars cavemosa, welehe 
Adung der Cow'per'schen Drüsen und der- 
nn dieser Stelle gelegen ist. Um so bedeutender 


endlich die den Hol 
Epithels berühren. 


Kenia ec Pi ada er nicht blos ein System betrifft, sondern sich 
vorigen übereins ? 

SS SCH SE ' nigen Bestandteilen der epithelialen Harnrëhren- 
oder ım Schnit 

` Ge “Jen, Drüsen, Faltungen — nachweisen läßt. dies 


handelt sich : 
l | — welche über die ganze Pars cavernosa 

erwahnten - 

Aufbau de 


diese Cyst 


© tet sind. | 
+. ‘ntersuchungen K eibels bei Echydna festgestellt 
Geert dur Uowner schen Drüsen die 


— | 2 „dem eetedermalen Anteil der Harnréhre (zu 
nn | i wper’'schen Drüsen als hinterste Bildung desselben 
— Se ` dem entodcrmalen Anteil derselben gelegen ist, 
reg “ah m zu denken, daß die Versehiedenheiten des Baues der aus- 


d “arnröhrenschleimhaut innerhalb der Pars cavernosa beim 


Ka “beleich bei diesem der embryonale Nachweis der thatsäch- 
S A Gg von : Eetoderın und Entodern an den fraglichen 
‚Zeit noeh nieht erbracht ist, auf einer verschiedenartigerr 
ep de. der betreffenden Schleimhautbezirke aus den Keïmblütterir 

rer sel, 


j 


" pie Cow per’sehen Drüsen entstehen aller Wahrscheinlich- 
ji- 


han Ende des zweiten Embryonalmonats als solide schlauch- 
el! Fuel rungen des Epithels des Urogenitaltractes, wie ich sie auch 
si" nem ‘Sin langen Embryo an der typischen Stelle der hinteren 
b" ges Uroecnitalkanals angetroffen habe. Sie sind die am frühe- 
We ftri Wenden drüsigen Anhänge des Urogenitalkanals. Beim 


ange Enibrro waren die Schläuche teilweise schqu ausgehôhlt, 


— 455 — 

> 
‚schon verästelt. Die Verzweigungen weisen 
Embryo schon Lumina auf, bei dem 120 mm 
ie Differenzirung des Drüsenepithels. Das Ver- 
‚nd schnellen Wachstums zwischen !owper’schen 
us urethrae führt zu Beziehungen, durch welche wir 
‚an dem ersteren interbulbäre, intrabulbäre und extra- 
zu unterscheiden. Diese Verhältnisse ließen sich bei 
el D (vergleiche Tafel 15/16. Fig. 1, 2) gut studiren, 
daran durch die verschiedene Färbung der extra- und intra- 
a Drüsenanteile veranschaulicht. Die Stammschläuche (Aus- 
‚nesgänge) teilen sieh plötzlich an der Grenze zwischen den extra- 
ı intrabulbären Teilen, und sind.an der Teilungsstelle plattgedrückt, 
ber in der Sagittalebene erweitert, dadurch die Anfänge der Secret- 
reservoire darstellend (Selbstdifferenzirung). Die Entwicklung war bei 
dem 240 mm langen Embryo noch weiter fortgeschritten. Die Stamm- 
schläuche sind dureh funetionsreifes Epithel besetzt. Bei dem 8 Monate 
alten Embryo ist die Differenzirung fast vollkommen abgeschlossen. 
Die Stammschläuche sind in ihrer ganzen Länge mit kleinen secer- 
nirenden Alveolen besetzt und dadureh ihre ganze Wand in eine einzige 
große seeernirende Fläche verwandelt. Aehnliech verhalten sich die 
Stammschläuche beim erwachsenen Menschen, wie es aus den Modellen 
A und C und dem abgebildeten Schnitte ersichtlich ist. Da die Be- 
kleidung der Ausführungsgünge ausschließlich aus Drüsenepithel be- 
steht. können sie als ein den räumlichen Verhältnissen angepaßter Drü- 
senteil betrachtet werden, und deswegen nenne ich sie Stammschläuche. 
Eigentliche Ausführungsgänge besitzen die (owper’schen Drüsen 

des Menschen nicht. 

Durch die Registrirung der eben angeführten Entwiceklungsreihe 
gewinnt die Theorie Mazıarskis über die Vergrößerung der 
Secretionsobertliiche der Driisen eine thatsiiehliche morphogenetische 
Unterstützung. 

Die submucösen Drüsen der distal der Einmündung der Cowper- 
schen Drüsen gelegenen Teile des Urogenitalkanals unterscheiden sich 
von den drüsigen Anhängen, welehe proximal von der Einmündung obi- 
ger Drüsen vorkommen. Deswegen ist eine allgemeine Benennung der 
kleinen Drüsen der Harnréhre als Littre’sche Drüsen unzulässig. 
Ihre erste Anlage habe ich bei einem 60 mm langen Embryo beobachten 
können. Ein Lumen erhielten sie bei dem 105 mm langen Embryo; die 
erste Verästelung fand ebenfalls in diesem Stadium statt. An der 
hinteren Wand des Urogenitalkanals traten die Drüsen erst bei dem 
120 mm langen Embryo auf. Bei dem 8 Monate alten Embryo sind die 


— 454 — 


complicirtes Rinnensystein, welches durch blindsackartige Anhänge 
nur noch verwickelter wird. 

Wie früher hervorgehoben, liegen die .alrüsenartigen Buchten” ın 
den Rinnen 3. Ordnung. Die Entwicklung der Falten in ihrer ganzen 
Mannigfaltigkeit fällt in die postembryonale Periode. Die Faltung 
der Harnröhre kann sich nicht ganz ausgleichen. Wir müssen an- 
nehmen, daß die oben besehriebenen Falten 3. Ordnung stationäre 
Bildungeu sind; ebenso wie die größeren und kleineren Birndsiicke an 
den Enden der Rinnen, dureh welche gerade die Endpunkte der größe- 
ren Rinnen (die Basis der größeren Falten) fixirt werden. 

In der Partie, welche in Serie J verarbeitet wurde, gestaltete sieh 
die Fältelung bedeutend einfacher. Hier fand ich blos Tlauptrinnen, 
sowie Rinnen 1. Ordnung vor und die diesen entsprechenden Falten. 

Es ergiebt sieh infolge dieser Untersuchungen ein bedeutender 
Unterschied zwischen derjenigen Partie der Pars cavernosa, welehe 
eranial von der Einmündung der Cow per’sehen Drüsen und der- 
jenigen, welehe caudal von dieser Stelle gelegen ist. Um so bedeutender 
ist dieser Unterschied, da er nieht blos ein System betrifft. sondern sich 
an den verschiedenartigen Bestandteilen der epithelialen Harnrähren- 
wand — Deckepithelien, Drüsen, Faltungen — nachweisen läßt, dies 
allerdings neben Einrichtungen, welche über die ganze Pars cavernosa 
einheitlich verbreitet sind. 

Da nach den Untersuchungen Keibels bei Echrdna festgestellt 
ist, daB an der Einmündungsstelle der Cowper chen Drüsen die 
Grenze zwischen dem ectedermalen Anteil der Harnröhre (zu 
welchem die Cowper'schew Drüsen als hinterste Bildung desselben 
gehören) und dem entodermalen Anteil derselben gelegen ist, 
so wäre daran zu denken, daB die Verschiedenheiten des Baues der aus- 
gebildeten Harnröhrenschleimhaut innerhalb der Pars cavernosa beim 
Menschen, obgleich bei diesem der embryonale Nachweis der thatsäch- 
lichen Begrenzung von-Ectoderm und Entoderm an den fraglicherr 
Stellen zur Zeit noch nieht erbracht ist, auf einer versehiedenartigeir 
WNerkunft der betreffenden Schleimhautbezirke aus den Kermmblättern 
zurückzuführen sei. 

JL Die Cowper'schen Drüsen entstehen aller Wahrscheinlich- 
keit nach am Ende des zweiten Embryonalmonats als solide schlauch- 
artige Wucherungen des Epithels des Urogenitaltractes, wie ich sie auch 
bei meinem 48 mm langen Embryo an der typischen Stelle der hinteren 
Wand des Urogenitalkanals angetroffen habe. Sie sind die am frühe- 
sten auftretenden drüsigen Anhänge des Urogenitalkanals. Beim 
65 mm langen Embryo waren die Schläuche teilweise schan ausgehöhlt, 


— 455 — 


bei dem 68 nm langen auch schon verästelt. Die Verzweigungen weisen 
bei dem 105 mm langen Embryo sehon Lumina auf, bei dem 120 mm 
langen begann schon die Differenzirung des Drüsenepithels. Das Ver- 
hältnis eines wechselnd schnellen Wachstums zwisehen C o w p ersehen 
Drüsen und Bulbus urethrae führt zu Beziehungen, durch welche wir 
im Stande sind, an dem ersteren interbulbäre, intrabulbäre und extra- 
bulbäre Teile zu unterscheiden. Diese Verhältnisse ließen sich bei 
Plattenmodell D (vergleiche Tafel 15/16. Fig. 1, 2) gut studiren, 
und sind daran durch die verschiedene Färbung der extra- und intra- 
bulbären Drüsenanteile veranschaulicht. Die Stammschliituche CAus- 
führungsgänge) teilen sieh plötzlich an der Grenze zwischen den extra- 
und intrabulbären Teilen, und sind an der Teilungsstelle plattgedrückt, 
aber in der Sagittalebene erweitert, dadurch die Anfänge der Secret- 
reservoire darstellend (Selbstdifferenzirung). Die Entwicklung war bei 
dem 240 mm langen Embryo noch weiter fortgeschritten. Die Stamm- 
schläuche sind dureh funetionsreifes Epithel besetzt: Bei dem 8 Monate 
alten Embryo ist die Differenzirung fast vollkommen abgeschlossen. 
Die Stammschlänche sind in ihrer ganzen Länge mit kleinen secer- 
nirenden Alveolen besetzt und dadurch ihre ganze Wand ın eine einzige 
große secernirende Fläche verwandelt. Aehnlich verhalten sich die 
Stammschläuche beim erwachsenen Menschen, wie es aus den Modellen 
A und C und dem abgebildeten Schnitte ersichtlich ist. Da die Be- 
klejdung der Ausführungsgänge ausschließlich aus Drüsenepithel be- 
steht. können sie als ein den räumlichen Verhältnissen augepaßter Drü- 
senteil betrachtet werden, und deswegen nenne ich sie Stammschläuche. 
Ligentliche Ausführungsgänge besitzen die Cowper'schen Drüsen 
des Menschen nicht. 

Durch die Registrirung der eben angeführten Entwicklungsreihe 
gewinnt die Theorie Mazıarskis über die Vergrößerung der 
Secretionsobertlüche der Drüsen eine thatsächliche morphogenetische 
Unterstützung. 

Die submueösen Drüsen der distal der Einmündung der Cowper- 
schen Drüsen gelegenen Teile des Trogenitalkanals unterscheiden sich 
von den drüsigen Anhängen, welehe proximal von der Einmündung obi- 
ger Drüsen vorkommen. Deswegen ist eine allgemeine Benennung der 
kleinen Drüsen der Harnröhre als L.ittre'sche Drüsen unzulässig. 
Ihre erste Anlage habe ich bei einem 60 mm langen Embryo beobachten 
können. Ein Lumen erhielten sie bei dem 105 mın langen Embryo; die 
erste Verästelung fand ebenfalls in diesem Stadium statt. An der 
hinteren Wand des Urogenitalkanals traten die Drüsen erst bei denı 
120 mm langen Embryo auf. Bei dem 8 Monate alten Embryo sind die 


— 456 — 


Drüsen zeigen eine vollkommene morphologische Uebereinstimmung mit 
Drüsen zeigen eine vollkommen morphologische Tebereinstimmung mit 
den Cowper'schen Drüsen, wie es der Vergleich der Figuren 2 und 4 
der Tafel 17/18. welehe nach Präparaten von Erwachsenen abgebildet 
sind, zur Genüge beweist. In diesem Sinne erscheinen sämtliche 
Drüsen des ectodermalen Stückes des Urogenitalkanals (ectoderinales 
Mündungsstück), die Cowper'schen Drüsen mit einverstanden, 
ebenso genetisch wie nıorphologisch einheitlich. und zwar in einer 
Form, welche sich von der der übrigen Drüsen unterscheidet. 

Das erste Auftreten der prostatischen Drüse fand ich schon bei 
einem Embryo von 45 mm. Die Differenzirung geht bei dieser Driise 
viel langsamer vor sich wie bei der Cow per’schen. Die graphischen 
Reconstructionen stellen die Driisen eines 280 mm langen Embryo als 
tubulés dar, mit den ersten Anzeichen der Verzweigung. Die Driise 
des 8 Monate alten Embryo kann man mit dem besten Willen noch nicht 
functionsfähig nennen. Die Drüsen des von mir entodermal ange- 
nommenen Teiles des Urogenitalkanals nenne ich die Drüsen des ento- 
dermalen Kloakenstückes. 

Hieran schließen sieh als dritte Drüsengruppe die Drüsen der 
Samenröhre (Wolff 'schen Gänge) an. wodurch eine ontogenetische 
Einteilung der Drüsen des ganzen Tirogenitalkanals geschaffen wird. 

III. Die Resultate meiner Untersuchungen über die Morphogenese 
des cavernösen Apparates kann ich — von den Details hier ganz abge- 
sehen — dahin zusammenfassen, daß die drei Schwellkörper des Penis 
ontogenetisch nieht gleichwertige, selbständige Gebilde sind, denen 
nur ihr Mutterboden, das Mesoderm des Genitalhöckers, gemeinsam ist. 
Das älteste von ihnen ist das Corpus eavernosum penis, dessen einheit- 
liche Anlage beim Menschen erst im Laufe der Entwicklung unvoll- 
kommen aufgeteilt wird. Von einem Corpus eavernosum glandis kann 
man nur sprechen, wenn man an die selbständige Entstehung denkt, 
doch ist angesichts des histologischen Charakters diese Bezeichnung 
nicht zulässig. (Vergleiche Tafel 19/20.) 


Beiträge zur Nierenchirurgie. 
Von 
Dr. $. Grosglik. 


I. 


Röntgenogramm einer Krebsniere, einen Stein 
sımulierend. 


(Nach einem im Chirurgen-Verein in Warschau am 10. Oktober 1905 
gehaltenen Vorträge.) 


In der Sitzung der Warschauer medicinischen Gesellschaft am 
21. März d. J. habe ich eine an demselben Tage von einem 58 jährigen 
Kranken stammende Krebsniere demonstrirt. Die dringende Indication 
zur Operation bestand in profuser, hartnäckiger Hämaturie, welche über 
drei Monate gedauert und schwere Anümie sowie Kräfteverfall zur 
Folge hatte. Vor der Operation war ich überzeugt, es handele sich 
um Nephrolithiasis: nicht nur fehlten im Verlaufe der mehrere Jahre 
dauernden Krankheit die für Neoplasma charakteristischen Symptome, 
auch eine radıographische Untersuchung schien über die Nätur des 
Leidens nicht den geringsten Zweifel zu erwecken. Für den begange- 
nen diagnostischen Fehler ist somit in bedeutendem Grade das Rônt- 
genogramm verantwortlich. Indessen legte letzteres ein Zeugnis für 
den hohen Wert der neuen Untersuchungsinethode ab, denn der zwischen 
der 11. und 12. Rippe gelegene eharakteristische Schatten hatte seine 
zweifellose Begründung. 

Da die erwähnte Erscheinung bis jetzt noch nicht beschrieben war, 
und meines Erachtens für die Beurteilung von Röntgenogranmmen von 
großer Bedeutung ist. so werde ich mir erlauben, Ihre Aufmerksamkeit 
auf diesen Gegenstand zu lenken, zumal ich jeden Grund habe, zu ver- 
muten, daß ein soleher Fehler binnen verhältnismäßig kurzer Zeit zum 


— 458 — 


zweiten Male von mir begangen wird. Die von mir jüngst festgestellt» 
Thatsache wirft auf einen analogischen Fall ein Licht, welcher bis jetzt 
fiir mich ein Rätsel gewesen ist. 

Zunächst will ich den Fall beschreiben. in welchem dank der Ope- 
ration der scheinbare Widerspruch zwischen Radiogramm und anatomı- 
schen Veränderungen der Niere beleuchtet wird. 

Vor drei Jahren consultirte mich der 55 jährige J. W., Gerichtsbote. 
welcher plötzlieb, in vollem Wohlbefinden von starker, seit mehreren 
Tagen anhaltender Hämaturie befallen wurde. Der groBgewachsene. 
hagere Patient, von fahler Gesichtsfarbe. behauptet. sein jetziges Leider 
hätte seinen Allgemeinzustand und seine seit Jahren gleiche Gesichts- 
farbe nicht beeinflußt. Er klagt über keine Schmerzen, urinirt an- 
standslos und in regelmäßigen Zeitabschnitten. Der Urin blutig ge- 
färbt, die erste und zweite Portion unterscheiden sieh nicht vonein- 
ander. Die äubere Untersuchung ergab keine Veränderungen im Harn- 
apparat, die Nieren sind nicht palpabel. Behufs genauer Eruirung der 
Ursache der Ilämaturie habe ich den Kranken für den nächsten Tag 
bestellt und inzwischen Urotropin. welches ich gewöhnlich allen intra- 
vesicalen Eingriffen vorangehen lasse. verordnet. 

Es vergingen mehrere Jahre, da erschien Patient im Januar dieses 
Jahres und teilte mir mit, die Blutung hätte nach Einnahme der ge- 
nannten Mediein vollständig sistirt: Patient glaubte ganz geheilt zu 
sein und verzichtete auf die weitere ärztliche Hilfe. Zwar zeigte sich 
im Laufe der drei Jahre von Zeit zu Zeit Blut im Urin. es war jedoeh 
eine vorübergehende Erscheinung, die er nicht beachtete, und welche ıhm 
keinerlei Beschwerden verursachte. Erst vor einem Monate kehrte dic 
Ilämaturie mit noch nicht dagewesener Kraft zurück und besteht seit 
dieser Zeit trotz verschiedener Mittel. Schmerzen fehlen nach wie vor, 
nur tritt zeitweise häufiger Harndrang auf. Im Laufe des letzten Mo- 
nates wurde Patient mager, blaB und kraftlos. 

Patient von blaBgelber Gesichtsfarbe, abgemagert, Atmungs- und 
Cireulationsorgane ohne Veränderungen. Die dem Auge zugänglichen 
Schleimhäute blaß. Die Nierengegend auf Druck schmerzlos. Nieren 
nicht palpabel. Prostata leicht vergrößert, weich: Blasenentleerunz 
normal. Urin stark bkutig: die mikroskopische Untersuchung ergiebr 
fast ausschließlich gut erhaltene Erythroerten. 

- Es wurde Helmitol verordnet und am 30. Januar eystoskopirt. wobei 
aus der linken Uretermündung reichlicher Blutabgang eonstatirt wird. 
Da ich die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffes voraussah. hielt 
ich die Bestimmung der Functionsfähigkeit jeder Niere für unerläßlich. 


a 


was auch am 2. und 7. Februar ausgeführt wurde. 


— 459 — 


Der Urin aus der rechten Niere wurde direet mittels unter Con- 
trole des Auges in den llarnleiter eingeführten Katheters entnommen; 
linkerseits wurde der Urin mittels eines gewöhnlichen in die Blase ein- 
geführten Seidenkatheters nach Entfernung des optischen Instru- 
mentes entleert, weil der Harnleiterkatheter mit Blut verstopft wurde 
und schlecht funetionirte. UVeberdies versuchte ich in der zweiten 
Sitzung, am 7. Februar, die Eliminationskraft der Nieren mittels Phlo-: 
ridzineinspritzung zu bestimmen. Im Folgenden die Ergebnisse dieser 
Untersuchung. 


Erste Untersuehung. 


Rechte Niere: | Linke Niere: 

Harnmenge . . . . . . 35 com | ‚30 ccm 
Durchsichtigkeit . . . ` vollständig dicht, blutig 
Reaction . . . . . . sauer neutral 
Spec. (rew. . . . . . 1019 | 1021 
Harnstoff `, . . . . . 2,25 pCt. 1,75 pCt. 
Chloride . . . . . . reichlich reichlich 
Eiweib . . . . . . . fehlt reichlich (Blut!) 
Sediment nach Centri- ‚ minimal, vereinzelte reichlich, guterhal- 

fugirung | platte. Zellen tene Erythrocyten, 


spärliche Leukocyten: 


Am 7. Februar wurden dem Kranken subeutan 5 mg Phloridzin ein- 
gespritzt und nach Verlauf von 20 Minuten in oben beschriebener Weise: 
der Harn gesammelt. 


Zweite Untersuehung. 


Rechte Niere: | Linke Niere: 


| 
Harnmenge ie 2 | 42 ccm 40 cem 
Durchsichtigkeit . . . | vollständig dicht, blutig 
Reaction a er | sauer alkalisch 
Spec. Gew. . \ 1022 1021 
Harnstoff . | 2 pCt. 1,60 pCt. 
Chloride . . . . . . reichlich reichlieh: 
Eiwed . . . . . . . fehlt reichlich (Blut!) 
ZUCKER c.g) o> u. 8 à 0,65 pCt. 0,5 pCt. 
(Beginn der Reaction (Beginn der Reaction nach 
35 Minuten nach der Ein- Verlauf von 39 Minuten) 
spritzung) 
Sediment nach Centri- ‚ minimal, vereinzelte | reichlich, guterhal- 
fugirung ` platte Zellen tene Erythrocyten, 


spärliche Leukocyten. 


— 460 — 


Es konnte auf diese Weise Folgendes zweifellos festgestellt werden: 

1. Der Krankheitssitz ist. die linke Niere. 

2. Die Functionsfähigkeit der Nieren, zumal der rechten. läßt 
nichts zu wünschen übrig. 

Indessen vermochten diese Ergebnisse die Schwierigkeiten in Be- 
zug auf die Bestimmung der Natur des Leidens nicht zu beseitigen. 
Wie wir schen, trat die erste Blutung bereits vor drei Jahren auf: daher 
sehien mir ein Neoplasma als Ursache der Hämaturie sehr zweifel- 
haft, da ein drei Jahre bestehender Tumor eine bedeutende Vergröße- 
rung der Niere herbeigeführt hätte. Und doch vermochte ich trotz 
sehr dünner Bauchdecken kein einziges Mal die Niere zu palpiren. 
Ferner sprachen gegen Neoplasma auch die bei der gesonderten Unter- 
suchung des Urins beider Nieren gewonnenen Ergebnisse. Die oben an- 
geführten Zahlen betreffend die Functionsfähigkeit der kranken Niere. 
besonders die Harnstoff- und Zuckermengen, sind zwar etwas geringer 
als für die gesunde Niere, indessen zu hoch, als daß man daraus auf 
neoplasmatische Degeneration des Organs schließen könnte. Ich war 
eher geneigt anzunehmen, daß die Verminderung der Zahlen auf der 
kranken Seite von einer bedeutenden Beimischung des Blutes bei voll- 
ständiger Erhaltung des Nierenparenchyms abhängt, was meines Er 
achtens nur dann möglich gewesen wäre, wenn wir als Ursache der Blu- 
tung einen Fremdkörper der Niere angenommen hätten. Zwar fehlten 
zum klinischen Bilde der Nephrolithiasis die Nierensteinkolik oder 
Schmerzen, indessen ist dieses Symptom nicht so constant, dab sem 
Fehlen in unserem Falle die Diagnose zu Gunsten einer Neubildung 
unterstützen könnte. Auch die Hartnäckigkeit der Blutung war für 
mich kein absolutes Zeiehen einer Geschwulst, denn auch Steine verur- 
sachen (des öfteren schwere, den durch Neoplasma bedingten an Intensi- 
tät nieht nachstehende Blutungen. Einen ähnlichen Fall habe ich ım 
Sommer 1898 beobachtet. Eine unaufhaltsame Blutung dauerte ohne 
Unterbrechung fast zwei Monate lang; dabei fehlten sonstige subjective 
Symptome und eine Vergrößerung der Niere. Niemals litt Patient an 
Nierenkolik, und bemerkte nur einmal — vor 28 Jahren — eine geringe 
Blutbeimisehung im Urin. Wegen rascher Verfiirbung der in die Blast 
cingespritzten Flüssigkeit ließ sich dureh cystoskopische Untersuchung 
selbst die Quelle der Blutung nicht bestimmen. Erst nachdem die Blase 
mittels hohen Sehnittes eröffnet wurde, stellte sich heraus. «daß das Blut 
der linken U’reteröffnung entströmt. Sofort wurde die Niere freigelegt 
und ein großer Oxalatstein samt dem atrophischen Organ entfernt. 
Somit ist eine schwere Nierenblutung nicht ausschließlich für Tumor 
charakteristisch und kann auch dureh Stein hervorgerufen werden. 


— 461 — 


Wie dem auch sei, war die Indication zur Operation dringend. 
Während der ganzen Beobachtungszeit hörte die Häinaturie keiner 
Augenblick auf, wurde nur durch interne Darreichung von etwa 70 g 
Gelatine täglich etwas geschwächt. Adrenalin (2 g dreimal täglich 
per os) blieb wirkungslos. Patient wurde immer schwächer, seine 
Kräfte schwanden; als letzte Rettung konnte nur der chirurgische Ein- 
griff betrachtet werden. 

Nach langem Zögern ließ sieh endlich Patient am 15. März d. J. 
in das Kindlein Jesu-Hospital in die Abteilung des Dr. Krajewski 
aufnehmen. Um die Diagnose vor der Operation festzustellen, bat ich 
Collegen Koronkiewicez den Patienten mit X-Strahlen zu unter- 
suchen. Das am 17. März verfertigte Radiogramnı zeigt in der linken 
Nierengegend neben der 12. Rippe eine für Röntgenstrahlen undurch- 
lässige Stelle (Demonstration). Somit schien meine Vermutung be- 
züglich des Steines berechtigt zu sein. 

Die Operation habe ich am 21. März unter gefälliger Assistenz der 
Collegen KorzeniowskiundRadlinski ausgeführt. Schräger 
Lendenbauchsehnitt von der 12. Rippe bis 2 em weit von der Sp. il. 
ant. sup. Nach Durchschneidung von Haut, Unterhautzellgewebe und 
Muskeln erschien das retroperitoneale Fett und es wurde die Wunde 
stumpf nach oben und unten erweitert. Das Peritoneum samt der von 
der Kapsel befreiten Niere rückte nach vorne. Zunächst ging ich an. 
die Isolierung des oberen Nierenpoles, was in Folge Verwachsungen 
mit dem Zwerchfell ziemlich schwierig war. Dann wurde der untere 
Pol hervorgewälzt und so gelangte ich an den Nierenstiel, den ich mit 
den Fingern zusammenpreßte. Die genaue Besichtigung der isolirten 
Niere ergab am oberen Pol mehrere kleine, steeknadelkopfgroße, grau- 
gelbe Knötchen, welche dureh die Kapsel durehschimmerten und win. 
zigen Abscessen glichen. Behufs Feststellung der Natur des Leidens 
habe ich die Niere längs des äußeren Randes cingeschnitten und mich. 
leider überzeugt. daß ihre obere Hälfte earcıinomatös entartet war. Nun 
wurde der Ureter mit einer, die Gefäße mit einer anderen Klemme ge- 
faBt und die Niere samt Nierenbeeken entfernt. Während der An- 
legung der Ligaturen rutschte die Klemme von den Gefäßen ab, doch 
wurde die Blutung sofort gestillt. Die Wunde wurde mit zwejetagiger 
Naht verschlossen, der untere Wundwinkel offen gelassen und mit Gaze 
austamponirt. Verband. Injection von 300 cem physiologischer Koch- 
salzlösung subeutan. Patient vertrug den Eingriff sehr gut. 

Die Untersuchung der entfernten Niere ergab, daß ihre obere 
Halfte der Sitz einer weichen, in der Mitte zerfallenden, die ganze 
Marksubstanz und den größten Teil der Rindensubstanz einnehmenden 


— 462 — 


‘Geschwulstinasse ist: hier und da tritt letztere bis an «die Nierenkapsel 
heran, wo sie die oben beschriebenen Knötchen bildet. Innerhalb 
derKrebsmasse findetmancinigelosezusammen- 
hängende, schwarze, harte, brüchige, verkalkte 
Gerinnselin Gestalt von Schuppenvonder Dicke 
etwaeiner IlaselnuBsehale. Die untere Nicrenpartie gut 
-erhalten, ganz frei von Carcinom; das Nicrenbecken unveriindert, dureh- 
gängig, communiecirt mit den Kelchen der gesunden Nierenhälfte. 


Was den sehr schweren. Jedoch günstig abgeschlossenen Kraukheits- 

verlauf betrifft. so wäre nur zu bemerken, daß eine Temperaturerhöhung 
uns genötigt hat. die Hautwunde am 23. März partiell, und am nächsten 
Tage fast vollständig zu Öffnen. wober jedes Mal beträchtliche Mengen 
Eiter entleert wurden. Seither verlief die Heilung ungestört. Trotz- 
dem hielt das Fieber bei schwerem Allgemeinzustande noch mehr als 
„wei Wochen an: dazu gesellten sich absoluter Mangel an Appetit. hart- 
näckiger Durchfall, Heiserkeit. Trockenheit in Munde und Schlunde. 
Érosionen am Pharynx, welche das Schlucken selbst flüssiger Nahrung 
erschwerten. 

Außerdem wurde am 2. April im Unterlappen der rechten Lunge 
ein llerd mit deutlich bronchialer Atmung bemerkt. was die Aussichten 
auf günstigen Ausgang noch wesentlich verminderte. Als einziger Trost 
in der schwierigen Lage blieb uns der relativ gute Puls. welcher die 





Exeitantia überflüssig machte und die Jlarnmenge. welche bereits am 
folgenden Tage nach der Operation etwa ein Liter betrug. Von Zeit zu 
Zeit mußte eine Urinretention künstlich beseitigt werden. Wenn trotz 
so schweren Verlaufs Patient sein Leiden überstand und das Kranken- 
haus am 10. Mai in zufriedenstellendem, bis jetzt anhaltendem Gesund- 
heitszustend verließ !), so ist dies nicht in geringem Maße das Verdienst 
des Collegen Radlınski, welchem ich an dieser Stelle für seine 


* 


sorgfältige Pflege des Kranken meinen innigsten Dank sage. 

Aus der angeführten Krankengeschichte geht hervor, daß ein bis 
dahin völlig gesunder Mensch plötzlich von llämaturie befallen wird: 
-die Hämnturie geht zunächst rasch vorüber. Nach drei Jahren wieder- 
holt sieh die Blutung und hält dieses Mal hartnäckig drei Monate an. Als 
(Juelle der Ilämaturie erweist sieh die linke. unvergröberte Niere. Der 
aus dieser Niere stammende Harn enthält fast normale llarnstoff- 
mengen und eliminirt Zueker nach Phloridzineinspritzung. Das Radio- 
gramm giebt einen für Stein charakteristischen Schatten zwischen der 


Im Inzwischen ist Rezidiv einzetreten. 


— 463 — 


11. und 12. Rippe. Es wird Nephrolithiasis diagnosticirt. bei der Ope-. 
ration jedoch carcinomatöse Entartung der Niere gefunden. 

Wie erklärt man nun die Widersprüche zwischen der klinischen 
Untersuchung und dem Radiogramm einerseits — und den Verände- 
rungen in der Niere von der anderen Seite? Meines Erachtens wird 
diese Frage durch das bei der Operation gewonnene Präparat vollends 
gelöst. In der Regel besteht bei eareinomatöser Niere eine bedeutende 
Herabsetzung ihrer Function. Dies bezieht sich jedoch auf Fälle von 
Entartung der ganzen Niere oder ihres größeren Teiles. In diesen 
Fällen erhält man bei Sondirung des entspreehenden Ureters ent- 
weder gar keinen Urin oder nur geringe Mengen stark veränderten 
Harnes. Wenn indessen in unserem Falle die kranke Niere eine ge- 
nügende Menge ziemlich concentrirten Harnes abgesondert hat, so ist 
dies dadureh zu erklären, daß, wie aus dem Präparat ersichtlich, die 
Neubildung nur in der oberen Nierenhälfte saß, während die untere 
intact blieb. Dieser gesunde Teil des Nierenparenchyms funetionirte 
tadellos, obwohl, wie aus den angegebenen Zahlen ersichtlich, mit ge- 
ringerer Intensität, als die völlig gesunde rechte Niere. Dank der 
absoluten Durchgängigkeit des Nierenbeckens wurde der Urin samt dem 
aus dem oberen Nierenteile stammenden Blute nach außen entleert. 
Dieser anatomisch-physiologisch vollständig begreifliche Um- 
stand soll uns für die Pana als Warnung 
dienen, um aus der normalen Eliminationsfähig- 
keit der Niere auf ihre anatomische Intactheit 
nichtzuschließen. 


Viel interessanter ist. meines Erachtens, das Mißverhältnis 
zwischen dem Radiogramm und den bei der Operation vorgefundenen 
Veränderungen in der Niere. Es ist ohne Weiteres klar, daß, wenn 
auch meine ganze Beweisführung. welche in diesem Falle auf Aus- 
schließung eines Nierentumors zu Gunsten eines Steines gerichtet war 
— von Anfang bis zu Ende auf falscher Grundlage aufgebaut wäre und 
keiner Kritik Stand halten könnte -—, so müßte Ja das Radiogramm 
alle Zweifel endgiltig beseitigen und die Diagnose des Steines fest- 
stellen. Indessen erwies sieh auch dieses gewaltige diagnostische Mittel 
als trügeriseh und stellte sich als ernste Quelle einer falschen Diagnose 
heraus. Dieser Fehler hat mich belehrt. daB außer dem Stein sensu 
striction: auch andere Körper ın der Niere für Röntgenstrahlen un- 
durchgängig sein können. Ein solcher Körper war in 
unserem FalleeinverkalktesGerinnselinnerhalb 
der Krebsimasse. Dasselbe bildete sieh offenbar während einer 


— 464 — 


früheren Blutung und wurde dann mit Kalksalzen inerustirt, wodurch 
ein typisches radiographisches Bild entstand. 
* S * 

ln der Beleuchtung obiger Thatsachen wird mir auch ein anderer. 
leider letaler Fall verständlich, welcher vielleicht einen anderen Ver- 
lauf gehabt hätte, wenn nieht der Umstand, daß die radiographische 
Untersuchung C'oneremente nachgewiesen hat. Der Fall betrifft einen 
Patienten aus der Provinz, welcher im 1ferbst 1902 zum ersten Male 
eine llämaturie ohne subjective Erscheinungen seitens der Harn- 
organe bekam. Nach einigen Tagen stellte sieh die Blutung ein und 
erst im Frühjahr 1903 traten Schmerzen in der linken Seite auf. Im 
Juni dieses Jahres wurde Folgendes festgesteilt: Patient von blühendem 
Aussehen, sehr corpulent, kleingewachsen, 48 Jahre alt. Die linke 
Niere ohne Weiteres palpabel, deutlich vergrößert. Der Urin schwach 
getrübt mit geringen Quantitäten Eiweiß, im Sediment zahlreiche 
Leukocyten und spärliche rote Blutkörperehen. In der Blase keine 
Veränderungen. Behufs radioskopischer Untersuchung verwies ich Pat. 
an den Collegen Barszezewski, welcher mir am 2. Juli 1905 
Folgendes mitteilte: „Die radioskopische Untersuchung der Hnken 
Lendengegend des Herrn J. B. ergiebt llarneoneremente im linken 
Nierenbeeken. Es wurde nach folgendem Schema aufgenommen: 
Radiographia posterior, positio frontalis, horizontale Lage des Kranken 
bei Dist. major 0,64, Dist. minor 0,04, X = *a, Y = Dua, Das 

tadiogramm zeigt einen charakteristischen Schatten in der linken 
Nierengegend.“ t 

Es wurde linksseitige Nephrolithiasis diagnosticirt; Pat. ging auf 
den Vorschlag einer Operation nieht ein und begab sieh zur Kur nach 
Karlsbad. 

~ Ende Februar 1904 erschien Pat. wieder. aber diesmal in einem 
wahrlich bedauernswerten Zustande. 

Der abgemagerte, gelbe, heruntergekoinmene Kranke berichtet, 
nach seiner Rückkehr aus Karlsbad, wo er sich ganz wohlgefühlt hatte, 
an einem sechs Wochen dauernden Fieber erkrankt zu sein; nach Ablauf 
desselben kehrten die Kräfte nicht mehr zurück. Deutliche Kachexie, 
auf der Stirn eine Geschwulst von der Gestalt eines Atheroms und der 
Größe einer Wallnuß; die Geschwulst entstand binnen der letzten zwei 
Monate. Von Zeit zu Zeit tritt Tusten und Himoptoe auf; der Harn 
enthält eine geringe Blutbeimischung. Die Geschwulst in der linken 
Nierengegend erreicht Mannskopfgröße, ist hart, glatt, wenig druck- 
empfindlich. Die Harnanalyse ergiebt dasselbe Resultat wie bei der 


— 465 — 


letzten Untersuchung; Koch 'sche Bacillen fehlen im Urin und im 
Sputum, welches auch keine Besonderheiten zeigt. 

Nachdem leider zu spät die ursprüngliche Diagnose als irrtümlich 
erkannt wurde, habe ich eine abermalige Untersuchung der Nieren- 
region und Brusthöhle mit Röntgenstrahlen veranlaBt. College Bar - 
szezewski berichtete mir Folgendes: 


„Die Untersuchung der Lendengegend des Herrn B. wurde in der- 
selben Lage wie am 2: Juli 1903 ausgeführt und ergiebt im linken 
Nierenbecken Concremente ?). Den 4. März 1904.“ Einige Tage später 
erhielt ich vom Collegen Barszezewski noch folgende Zuschrift: 


„Ich teile Ihnen, Herr College, noch ein, meines Erachtens sehr 
wichtiges Symptom mit, welches ich bei Durchleuchtung des Brust- 
korbes des Herrn B. beobachtet habe. Die Lungen sind für die 
X-Strahlen nicht überall in gleichem Grade passirbar; in der Gegend 
der Radices pulmonum, vorwiegend auf der rechten Seite sieht man 
‘sundliche Schatten mit scharfen Conturen; die Schatten treten auf 
dem hellen Lungengewebe deutlich hervor und sind teils zerstreut, teils 
in Conglomeraten. Diese Schatten würde ich als Metastasen der 
Nierengeschwulst betrachten; in der Niere wurde überdies mittels der 
X-Strahlen ein Stein constatirt.“ 


Es unterlag somit keinem Zweifel, daB wir es mit einer bösartigen 
Nierengeschwulst zu thun hatten, welche bereits leider entfernte Meta- 
stasen bildete; ein operativer Eingriff erschien somit ausgeschlossen. 
Wie erklärt man Jedoch jenen charakteristischen Schatten im Radio- 
eramm, welcher die Ursache einer falschen Diagnose zu einer Zeit 
gewesen ist, als ein chirurgischer Eingriff den Kranken noch retten 
konnte und welcher auch dann noch hartnäckig auftrat, als die Natur 
des Leidens bereits definitiv erkannt wurde? Diese Erscheinung wäre 
zweifellos für uns ein Rätsel geblieben und könnte auch wider den dia- 
gnostischen Wert der Radiographie sprechen, wenn der oben be- 
schriebene Fall uns das Rätsel durch das während der Operation ge- 
fundene Corpus delieti nicht gelöst hätte. Zwar wäre im zweiten Falle 
eine Coexistenz von Stein und Geschwulst möglich gewesen, doch ist es 
meines Erachtens viel wahrscheinlicher, daB in den beiden 
Fällenderfür\X-Strahlen undurehgängigeKörper 


*) Auch in diesem Radiogramm war ein deutlicher Schatten in der 
linken Nierengegend. Beide Photogramme gehörten dem Kranken, 
welcher sie mitnahm. Leider ließen sich die Negative trotz aller Be- 
mühungen nicht auffinden. 


22 AG = 


ein Blutgerinnsel war, welches sichinder bluten- 
denGeschwulstmassebildeteunddannverkalkte#). 
Wenn ich meine Irrtümer publieire, so möchte ieh damit nur gegen 
allzu schablonenhafte Verwendung radiographischer Bilder für die 
Diagnose warnen. Selbstverständlich ist für dieselben nicht die so oft 
bewährte Methode schuldig. Im Gegenteil wird ihr Wert dureh unsere 
Beobachtungen bestätigt: denn es waren dabei alle Bedingungen zur 
Undurehlässigkeit für X-Strahlen gegeben. Dadurch sind Bilder ent- 
standen, welche täuschend Steine simulirten. Leider besitzen wir noch 
kein Mittel zur richtigen Beurteilung dieser Bilder. Daher sollte man 
m. E. bei der kategorischen Aufstellung von Schlüssen aus radio- 
graphischen Bildern sehr vorsichtig sein, wenn auch der charakteri- 
stische Schatten keinen Zweifel über die Anwesenheit eines für 
X-Strahlen undurehlässigen Körpers aufkommen heße. Wie wir ge- 
sehen haben, bedeutet ein soleher Schatten nieht immer die Existenz 
eines Steines; andererseits aber wissen wir. daß ein negatives Resultat, 
besonders auf Radiogrammen fettleibiger Personen. keinen Beweis 
gegen die Anwesenheit von Harneonerementen in der Niere bildet. 


11. | 


Hypernephrom und Stein in einer Beckenniere, 
complieirt dureh eine ungewöhnliche Form von 
Milzdystopie. 

(Nach einem im Chirurgen-Verem in Warschau am 10. April 1906 

gehaltenen Vortrage.) 

Während einer am Ende des vorigen Jahres wegen schwerer 
Nierensteinkolik ausgeführten Operation bin ich auf anatomische und 
anatomisch-pathologische Verhältnisse gestossen, welche von den ge: 
wöhnlichen so bedeutend abweichen, daß ich beschlossen habe, diesen 
Fall ausführlich zu beschreiben. in der Iloffnung. daß er ein gewisses 


Interesse wecken wird. 


°) Mehrere Fälle von Stein und Tumor in einer Niere wurden von 
Diekinsoen,Walsham,MeCormaec,VO.]sraelu. A. publiziert. 
Jüngst wurden ähnliche Mitteilungen von Nicolich und Noguès im 
IN. franzësisehen UrologenkongreßB am 5.—7. Oktober 1905 gemacht. In 
beiden Fällen dauerten die Steinsymptome über 30 Jahre: dann zeigten 
sich fiir Neoplasma charakteristische Symptome. Die Radivgraphie ergab 
Steine, welehe aueh während der Operation in eareinomatösen Nieren 
nachgewiesen wurden. (Ann. d. mal. d. org. genit.-urin.. 1. November 1905, 
pag. 1664 und 1665.) In der letzten Zeit habe ich persönlich einen ähnlichen 
Fall operiert, wo neben Hypernephrom em Stein in einer Beckenmiere 
gefunden wurde. Ausführlich wird dieser Fall unten besprochen. 


— 467 — 


Krankengeschichte: 

Am 24. September 1904 consultirte ich gemeinsam mit dem 
Collegen J. Goldbaum bei Frau C. R.. einer 79 jährigen Witwe, 
Multipara, welche seit einiger Zeit in der linken Bauchhälfte un- 
bestimmte Schmerzen empfand. Vor einigen Tagen wurden die 
Schmerzen ohne bekannte Ursache plötzlich sehr heftig, kolikartig; 
zugleich traten Schüttelfrost, kurzandauernde, aber geringe Tempe- 
raturerhöhung und starke [lämaturie auf. Gleichzeitig stellte sich 
häufiger Harndrang ein, wobei das Urinlassen erschwert, zuweilen 
selbst schmerzhaft war, zumal wenn der blutige Urin große und zahl- 
reiche Blutgerinnsel enthielt. Sonst fühlt sich Patientin wohl, der 
Allzemeinzustand hat gar nieht gelitten. 

Status praesens: Patientin mittelgroB, gut genihrt, Tem- 
peratur und Puls normal. Bauch aufgetrieben. Fettpolster der Bauch- 
decken stark entwickelt. Die linke Bauchhälfte druckempfindlich, die 
entsprechende Ledengegend sehr schmerzhaft. zumal bei bimanueller 
3 Querfinger den 





Untersuehung. wobei ein glattes, bewegliches 2 
Rippenbogen nach unten überragendes Gebilde palpirt wurde. Der 
Percussionsschall über dem Gebilde tympanitisch. Seiner Lage nach 
entspricht dasselbe einer etwas vergrößerten und gesenkten Niere und 
zeigt deutliches Ballottement renal. Nechterseits konnte außer einer 
empfindlichen und deutlich palpablen Leber nichts Besonderes eonstatirt 
werden. Die reehte Niere war nicht palpabel. Die Harnblasengegend 
und das ganze Ilypogastrium bedeutend druckempfindlich. 

(urch Narcotiea und heide Umschläge wurden die Schmerzen zu- 
nächst beseitigt. auch die Hlämaturie verschwand sehr bald. [ndessen 
wurde vollständige Ruhe der Patientin nicht mehr zu Teil. denn neben 
ständiger ’Schmerzhaftigkeit in der linken Bauchhälfte kehrten acute, 
gegen die Blase irradiirende Schmerzanfälle sehr häufig zurück, so daß 
Patientin gezwungen war, stets zum Morphium zu greifen. Die 
Schmerzen wurden besonders durch die geringsten körperlichen An- 
strengungen veranlaßt und hatten ab und zu eine profuse Tlämaturie 
zur Folge. Zuweilen gingen die Anfälle mit Schüttelfrost und geringen 
Temperaturerhöhungen — wie im Beginn des Leidens — einher. 

Dessen ungeachtet ließ der Allgemmeinzustand auch fernerhin michts 
zu wünschen übrig. auch konnte ich bei den folgenden. zu verschiedenen 
Zeiten ausgeführten Untersuchungen keinerlei andere anatomische Ver- 
änderungen in der kranken Körperregion nachweisen. 

Die in einer von Blutharnen freien Zeit (am 2. October 1904) aus- 
geführte larnanalyse ergab Folgendes: Urin trüb. sauer, speci- 
fisches Gewicht 1012. Harnstotfmenge 13.5 pro Mille. Chloride normat, 


` 


— 468 — 


deutliche Eiweißspuren; im Sediment zahlreiche Leukocyten, verein- 
zelte gefürbte rote Blutkörperchen, zahlreiche Plattenepithelien. Die 
Hlarumenge schwankte innerhalb normaler Grenzen. Die Ergebnisse 
späterer Untersuchungen wichen von den angeführten wenig ab. 

Der Verlauf des Leidens ließ längere Zeit die Hoffnung 
hegen, daß man durch innere Mittel der Schmerzen Herr werden wird 
und eine blutige Intervention der Kranken erspart bleibe. Indessen 
steigerten sich die Beschwerden der Kranken ganz beträchtlich im 
Sommer 1905 während eines Aufenthaltes in einer Sommerfrische in 
Otwock; die Schmerzanfälle traten fast täglieh, besonders in der zweiten 
Tageshälfte auf, dauerten oft stundenlang und quälten Patientin fort- 
während. Den Kolikanfällen versuchte Patientin durch ständiges Bett- 
lager vorzubeugen, wodurch jedoch die Beschwerden keineswegs ge- 
mildert wurden. Des vorgeschrittenen Alters der Kranken wege 
konnte ich mich lange Zeit zu einem ehirurgischen Eingriff nicht ent- 
schließen, doch wurde ich endlich dazu gezwungen, als mit den Nar- 
coticis nicht mehr zu helfen war. 

Eine exicte Diagnose HeB sich nicht sofort stellen. Im Be- 
ginn des Leidens war die Entscheidung schwer, ob die Ursache der 
Schmerzen und der Hämaturie von einem XNierenstein abhängig war. 
oder ob die Schmerzen durch Verschluß des Ureters mit einem Blut- 
gerinnsel aus einer neoplasmatisch degenerirten Niere bedingt waren. 
Als jedoch nach einer gewissen Zeit die Schmerzen bei klarem Urin auf- 
traten und sich mit Bewegungen der Kranken in Zusammenhang brin- 
gen ließen, neigte die Diagnose auf die Seite einer Nephrolithi- 
asis. Für diese Diagnose sprach in weiterer Folge auch der Um- 
stand, daß während der ganzen Beobachtungszeit die anatomischen 
Verhältnisse in der linken Nierengegend sichtlich unverändert blieber 
und der Allgemeinzustand trotz verhältnismäßig langer Krankheits- 
dauer fast gar nicht gelitten hatte. Meine Meinung wurde auch vom 
Collegen Sawieki geteilt, welcher Frau R. mehrere Tage vor der 
Operation untersuchte. 

Um die Diagnose zu bestätigen, wollten wir die Kranke mit Ront- 
renstrahlen untersuchen, doch konnte unser Wunsch leider nicht er- 
füllt werden. Daher habe ich mich auf eine vergleichende 
Untersuchung der Seeretionsthätigkeit der Nie’ 
ren mittels Ureterenkatheterisation beschränken 
müssen; letztere wurde am 23. November ausgeführt; es ergab sich. daß 
die functionelle Leistungsfühigkeit der rechten Niere doppelt so grob 
ist. als die der linken. Die beigegebene Tafel illustrirt ausführlich das 
Resultat der Harnanalyse. Die Katheterisation der Ureteren erfolgte 


— — — — — — 


— 469 — 


gleichzeitig, wobei innerhalb 18 Minuten die rechte Niere 16, die linke 
hingegen 12 cem Harn lieferte. Unvorsichtiger Weise wurde der aus 
«ler rechten Niere stammende Urin vergossen, so daß zur Analyse kaum 
4,5 cem desselben verwendet werden konnten. 


Rechte Niere: | Linke Niere: 
Harnmenge . . . . . . 4,5 ccm ! 12 ccm 
Farbe. . . . . . . . schwachgelb | rosarot 
Reaction. . . . . . . | sauer sauer 
Spec. Gewicht. . . . .| 1011 1005 
Gefrierungspunkt. . . | — 0,700 C. — 0,3% C. 
Harnstoff . . .... 9,259 | 4,50/ 
Eiweiß . . . . . . . Spuren 0,1500 
Sediment . . . . . .| spärlich, enthält ver- | gering, zahlreiche rote 


einzelte rote Blut- | Blutkörperchen, ver- 
körperchen u. Ureter- | einzelte Nieren - Epi- 
epithelien thelien 


Die Operation wurde am 7. December v. J. unter gefülliger 
Assistenz der Collegen Korzeniowskiund Sawıcki ausgeführt: 
die Narkose leitete College Lesniowski. Schrüger Lendenschnitt, 
beginnend 2 em von der Spina il. ant. sup. bis zur 12. Rippe und zum 
äußeren Rande des M. sacro-lumbalis. Nachdem Haut, die dicke Unter- 
"hautfettschieht und schwach entwickelte Muskelschicht durchschnitten 
waren, wurde die Fascia transversa sichtbar und in ganzer 
Ausdehnung des Hautmuskelschnittes ineidirt. lm oberen Wund- 
winkel trat eine yoluminöse, bis zum Diaphragma reichende Fett- 
masse zu Tage. Nach Durchschneidung des ITenle’schen Bandes 
‘konnte ich in der erwähnten Fettmasse ein hartes, glattes, von mir 
für eine Niere gehaltenes Organ feststellen. Nun wurde die Fettschicht 
‚eingeschnitten, worauf die äußere Fläche der vermeintlichen Niere zu 
Tage trat. Letztere war mit einer glünzenden Membran von serösem 
Aussehen bedeckt, welche ich als Ligamentum retrorenale erkannt und 
ineidirt habe. Es hat sich herausgestellt, daß diese Membran mit der 
‚Außenfläche des von ıhr eingehüllten Organs ziemlich innig verbunden 
war.. Nachdem (ie Membran in ganzer Ausdehnung abgelöst wurde, 
trat ein Organ zu Tage, welches die Form nach eher an eine Milz als 
an eine Niere erinnerte, handtellergroß. abgeflacht, an der Außenfläche 
convex, an der inneren Sach war. Die Außentläche war blaubraun, 
‚die innere schmutziggelb. Obwohl die freie Bauchhöhle nieht eröffnet 
war und ich mich genau an die Grenzen der Fettkapsel hielt, erachtete 
neh eine nochmalige Untersuchung des ganzen Nierenbettes für ange- 


470 


zeigt. und nachdem dasselbe leer gefunden wurde, trat ich an die Iso- 
lirung des Stieles des herausgewälzten Organes. Nun erst wurde uns 
klar, daß das in Frage kommende Organ thatsächlich die Milz war. denn 
trotz sorgfältiger Untersuchung, während welcher am eentralen Ende 
des Stieles eine etwa.3 cın weite Peritonealöffnung gefunden wurde. 
gelang es uns nicht, den Ureter ausfindig zu machen. Der Stiel trat 
aus der Bauchhöhle durch die erwähnte Oeffnur:g heraus und bestand 
aus BlutgefiBen, zwischen welehen die lange. gewundene. harte, gänse- 
federdieke Arterie deutlich hervortrat. Nun führte ich die Hand in 
das Becken ein und fand in der linken Darmbeingrube ein hartes. der 
Form nach an eine Niere erinnerndes Organ. Nachdem die Milz in 
ihre ursprüngliche Lage reponirt und die obere Wundhälfte austampo- 
nirt war, habe ieh die Bauehwand nach unten innen, fast bis zum linken 
geraden Bauchmuskel ineidirt und die mit ihrem unteren Pol bis in 
das kleine Becken reichende Niere herauspräparirt: nebenbei war der 
untere Pol mit dem Mastdarm fest verwachsen! Nach vollständiger Ab- 
lösung stellte es sich heraus. daß die Darmschlinge an der | Ver- 
wachsungsstelle stark infiltrirt und von einer zremlieh dicken Sehicht 
eines weichen, graugelb gefürbten Gewebes bedeckt war. Dasselbe Ge- 
webe bedeckte auch den unteren Nierenpol und machte den Eindruck 
einer weichen Neubildung, so daB wir uns um so leiehter zur Exstirpa- 
tion der dislocirten Niere entschlossen haben. Der ungemein kurze 
und dieke Stiel nötigte uns zu einer Unterbindung en masse ohne Se- 
paration des Harnleiters. Der Stiel wurde auf fünf Klemmen gefaüt 
und allmäblich durehsehnitten. Während ieh die Niere aus der Wunde 
heraushob, verspürte ich einen «deutlichen Stich in den Finger. auf 
welchem ein winziges Steinpartikelehen kleben blieb. Trotzdem wurde 
in der exstirpirten Niere bei der ersten Untersuchung kein Stein ge- 
funden. Hingegen erwies sich der ganze untere Nierenpol als narbig 
und neoplasmatisch degenerirt. Erst später wurde in dem Gefäß. in 
welchem die entfernte Niere lag, ein Stein von dreieckiger Gestalt ge- 
funden; offenbar fiel derselbe aus dem durchschnittenen Nierenbecken 
heraus. | 

Nach Unterbindung des Stieles schritt ich zur Entfernung der das 
Darmperitoneum bedeckenden Adhäsionen, wobei behufs Blutstillung 
mehrere Nähte angelegt wurden. Eine Resection des verdächtigen 
Darmabschnittes haben wir in Anbetracht des schwachen Pulses unter- 
lassen. Das Operationsfeld wurde gereinigt, die ganze Wunde mit Gaze 
dieht austamponirt und eine Reihe Hautnähte angelegt. Die Kranke 
wurde verbunden. in's Bett gebracht und eine subeutane Injection von 
300 cem einer physiologischen Kochsalzlösung gemacht. Puls leidlich. 


— 471 — 

Am Abend klagte Patientin über starke Schmerzen im Epigastrium ; 
kein Harnabgang, mehrmaliges Erbrechen. Zunge feucht, Puls 80, 
schwach. Es wurde Morphium injicirt. 

Am folgenden Morgen wurden mittels Katheter 100 g blassen 
Harnes entleert. Puls 90, etwas kräftiger, Bauch sehmerzlos, nicht auf- 
getrieben, Winde gehen ab. Mehrmaliges, zunächst grünliches, dann 
braunes Erbrechen. Nach einer Injection von 0,015 Morphium schlief 
Pat. in der Nacht fünf Stunden. Am Morgen hörte das Erbrechen auf, 
die Kranke verlangte zu trinken. Um 1 Uhr Zustand unverändert, 
Zunge feucht, Puls 90, subeutane Injection von 450 g Kochsalzlôsung, 
Kampher und Coffein. Bewußtsein ungestört. Nach einigen Stunden 
starb Patientin plötzlich, wenige Minuten nach Genuß von Suppe. 


Beschreibung und mikroskopische Untersuchung 
des Prüparates. 

Die entfernte Niere ist 12,5 em lang, die übrigen Mabe ent- 
sprechend. Die obere Hälfte besitzt ein normales Aussehen. die untere 
zeigt an ihrer Oberfläche inehrere halbkugelförmige. etwa wallnud- 
große. gelbe Vorwölbungen. An der Innenfläche der Niere, etwa 2 cm 
vom unteren Pol entfernt, sieht man eine Insel eines weichen. gelbeıi, 
unebenen Gewebes; es ist dies die Verwachsungsstelle zwischen Niere 
und Darm. An der Schnittoberfäche findet man im oberen Teil des 
Organs eine beträchtliche Atrophie des Nierenparenchyms und be- 
deutende Verfettung der Kelchwand: die untere Partie besteht aus 
ungleichmäßigem Gewebe und setzt sich von der gesunden Nierenpartie 
nicht, au scharf ab, wie dies gewöhnlich bei Neubildungen der Fall ist. 
Die Hauptmasse der unteren Nierenpartie besteht aus gelbem. weichen, 
fettartig degenerirtem Gewebe. Stelienweise reicht dieses Gewebe bis 
an die Nierenkapsel heran, durehbricht sogar dieselbe, besonders an der 
Verwachsungsstelle mit dem Mastdarm: zuweilen ist es aber mit Nieren- 
parenchym bedeekt. Neben diesem gelben Gewebe findet man ziemlich 
stark entwickeltes. diehtes. halbdurchsichtiges, narbenartiges Gewebe, 
welches in der Mitte der veränderten Nierenpartie vorwiegt und stellen- 
weise den unteren Nierenpol erreicht. Tier und da sieht man am 
frischen Prüparat Blutextravasate. 

Zum Zwecke der mikroskopischen Untersuchung wurde ein Stück- 
chen an der Grenze der kranken und gesunden Niere, sowie ein sich 
vorwölbendes Knötehen exeidirt. 8 

Au den Schnitten der ersten Serie sieht man auf der einen Seite 


Nierengewebe, auf der anderen neoplasmatische Structur. Beide Ge- 
H , 


— 472 — 


websarten werden durch eine breite Bindegewebsschicht getrennt, welche 
an der Peripherie unmittelbar in das die Niere umhüllende Binde- 
gewebe übergeht. 

Diese bindegewebige Zone enthält zahlreiche diekwandige Gefäbe 
mit unregelmäßigem Lumen, sowie stark veränderte sklerotische Glo- 
meruli und verödete, hier und da mit Hyalınsubstanz gefüllte Harn- 
kanälchen. Die Neubildung besteht aus großen, hellen, polyedrischen 
Zellen mit kleinem Kerne. Die Zellen liegen dieht nebeneinander; 
Zwischenzellensubstanz fehlt. Die Zellen liegen verschieden, meist in 
Crestalt unregelmäßiger, vielfach communicirender Stränge; dazwischen 
sieht man verschieden große, meist leere, zuweilen Blut enthaltende 
Räume. Diese Räume sind mit GefiBendothelium ausgeklei- 


det. welches — wıe diesan zahlreichen Stellenklar zu 
sehen ist — den neoplasmatischen Zellen — ganz 
unabhängig von der Größe des Gefäßes — un- 


mittelbaranliegt. Stellenweise ist die Neubildung von alveo- 
lärem Bau. An anderen Stellen sind die Zellen kranzartig angeordnet, 
wobei auch ein leerer oder mit Blut gefüllter, ebenfalls mit Endothel 
ausgekleideter Raum gebildet wird. Diese Neubildung enthält nirgends 
eine Spur von Nierengewebe. und umgekehrt fehlen im sklerotisch ver- 
änderten Nierenparenchym Herde von oben beschriebenem Bau. Auf 
Fett und Glykogen wurde nicht untersucht. 

Das Bindegewebe ıst in der Neubildung schwach entwickelt und 
tritt nur an jenen Stellen des Präparates reichlich auf, welche makro- 
skopisch halbdurchsichtig sind; dies Verhalten ist deutlich an den 
Schnitten der auf der Nierenoberfläche sich vorwölbenden Knötchen zu 
schen. Sowohl das makroskopische, als auch das mikroskopische Bild, 
besonders aber das Verhältnis der epithelialen 
Tumorelemente zum (Gefäßendothel, welches voll- 
kommen die Nebennierenstructur wiedergiebt, entsprechen vollständig 
denjenigen Nierentumoren, welche als Pseudolipome, Hyper- 
nephrome oder Grawitz’sche Tumoren bekannt sind. 

Obige Untersuchung wurde durch Coll. Marie Zrelinska aus- 
geführt, wofür ich ıhr an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. 

Der mit der Niere entfernte Stein hat ungefähr die Gestalt einer 
unregelmäßigen Jdreieckigen Pyramide, deren Spitze während der Ope- 
ration abgebrochen wurde. Der Stein ist hellgelb, sehr hart, wiegt 
0,18 g und besteht aus Harnsäure. Die Gestalt des Fremdkörpers er- 
klärt uns zur Genüge die intensiven Schmerzen der Kranken bei jeder 


Körperbewegung. 


— 473 — 


E pikrise: 

Aus obiger Beschreibung des Falles lassen sich folgende Schlüsse 
ziehen: 

1. Das bei mehrmaliger Untersuchung der Nierengegend palpirte’ 
Organ, welches klinisch für eine Niere gehalten wurde, stellte sich bei 
der Operation als eine freigewordene, im XNierenbett gelagerte Milz 
heraus. 

2. Hatten wir es in unserem Falle mit Coexistenz dreier Krankheits- 
formen in einer Niere zu thun, nämlich mit Dystopie, Neubildung und 
Stein. Jeder dieser Punkte muß näher betrachtet werden. 

Ad. I. Wie schon bei der Beschreibung der Operation erwähnt, 
habe ich im retrorenalen Fettgewebe ein in eine seröse Membran ein- 
gehülltes Organ festgestellt. Diese, irrtümlicher Weise für Lig. retro- 
renale gehaltene und eingeschnittene Menıbran war mit der Milz innig 
verbunden und ließ sich nur schwer ablösen. Nach Ablösung derselben 
und Herausschälung der Milz stellte es sich heraus, daß ihre Gefäße 
in die Bauchhöhle durch einen Schlitz im Bauchfell gelangen. Es ist 
klar, daß die incidirte seröse Membran das Peritoneum gewesen ist, 
welches infolge eines entzündlichen Processes eine Kapsel um die Milz 
gebildet hat, welche mit der freien Bauchhöhle durch eine ziemlich weite 
Oeffnung communicirte. Die auf diese Weise eingekapselte Milz wurde 
in die durch Dystopie der Niere leer gewordene Lendengrube dis- 
locirt; infolgedessen wurde sie bei der klinischen Untersuchung irr- 
tümlicher Weise für eine Niere gehalten und bei der Operation in 
ihrem Bette gefunden. 

Nun entsteht die Frage, ob es ein Mittel giebt, die erwähnte Lagen- 
anomalie der Milz klinisch zu diagnosticiren. 

Der Umstand, daß die Milz an Stelle der Niere in die Lendengrube 
trat und so aus einem intraperitonealen zu einem sozusagen extraperi- 
tonealen, der Lumbalwand unmittelbar anliegenden Organ wurde, 
schließt meiner Ansicht nach eine Beantwortung dieser Frage in posi- 
tivem Sinne vollständig aus. Wie bekannt, spielt, falls die Diagnose 
von Tumoren im Hypochondrium auf Schwierigkeiten stößt, das von 
tuyon*) beschriebene „ballottement renal“ eine wichtige, 
zuweilen entscheidende Rolle; dieses Symptom besteht darin, daß eine 
selbst ein wenig unter dem Rippenbogen hervortretende Niere beim 








4 € se . e a e 
) Guyon, F. Séméiologie et examen clinique des tumeurs du rein. 
Annal. d. mal. d. org. gén.-urin., 1888, pag. 650. — Derselhe: Leçons 
cliniques sur les maladies des voies urinaires. Paris, 1896, H. Aufl., Bd. 2.. 


pag. 260. 


— 474 — 


ltütteln der Lendengegend in die Riehtung der vorderen Bauchwand 
gedrängt wird, wo der Stob von der anderen, flach zwischen Rippen- 
bogen und äußerem BReetusrand gelegenen Hand empfunden wird. 
Auf diese Weise lüßt sich mit Leichtigkeit die Lage der Niere, ihre 
Form, Größe und Richtung der Hauptachse erkennen. Man darf jedoch 
licht vergessen, daß das erwähnte Phänomen nur dann mit Sicherheit 
auftritt, wenn man sich streng an den durch den M. lumbo-saeralis und 
die letzte Rippe gebildeten Winkel hält. denn gerade an dieser Stelle 
liegt die Niere der Lendenwand an. Nur ein methodisches Vorgehen 
schützt vor Irrtümern, welche bei Erschütterung der hinteren Bauch- 
wand unterhalb der Lendengegend vorkommen können: das auf solche 
Weise bervorgerufene „ballottement‘” ist aueh anderen Bauchtumoren 
eigen und hat mit dem G uyon sehen „ballottement renal"” nichts ge- 
mein. | 

Da von allen Bauchorganen die Niere allein die Lendengrube ein- 
nimint und dem Rippenwirbelwinkel selbst dann innig anliegt, wenn 
sie infolge pathologischer Processe bedeutend vergrößert ist, so würde 
sich daraus ergeben, daß das Symptom des ..ballottement ein sicheres 
Unterscheidungsmerkmal der Nierengeschwülste von den übrigen Tu- 
moren der Bauchhöhle ist. In der That lehrt die tägliche Erfahrung. 
daB uns das „ballottement renal“ bei der klinischen Untersuchung in 
dieser Hinsicht große Dienste leistet. Indessen giebt es keine Regel 
ohne Ausnahme. und so tritt dieses Phänomen zuweilen in sehr aus- 
gesprochener Form auf in Fällen von Tumoren, die nieht von der Niere 
ausgehen, sofern dieselben mit der Lendenwand in innigen Contact 
treten. 

Hier liegt cine Quelle diaguostischer Irrtümer, welehe zuweilen 
wohl zu vermeiden wären, wenn neben dem „ballottement renal” auch 
andere Symptome des Leidens Berücksichtigung fänden. Albarran 
bekannte als erster einen solehen Fehler; er diagnosticirte auf Grand 
deutlichen  ballottement’ eine maligne Neubildung der linken Niere; 
die Section ergab jedoch, daß der Sitz des Tumors im Jejunum war, 
welches das Colon zusammendrückte und der vollständig gesunden Niere 
innig anlag. Auch Tuffier meinte es in einem Falle von Echino- 
coceuseyste in der rechten Lendengrube über einer gesunden Niere mit 
„ballottement réualr" mit einem Nierentumor zu thun zu haben. Im 
Jahre 1903 hat Lesniowskiı einen Fall beschrieben. in welchem 
er auf Grund deutlichen „ballottement renal“ einen Nierentumor dia- 
gnostieirte. Die Operation hat jedoch erwiesen, daß der Krankheits- 
proceb im retroperitonealen Bindegewebe wmd teilweise in der rechten 
Nierenfettkapsel seinen Sitz hatte, von einem (tubereulösen ?) Gesehwür 


— 475 — 


der Flexura hepatica coli ausgehend. Es giebt noch einige Fälle, in‘ 
welchen eine eingekapselte Peritonealtubereulose (Sachs), eine Pan- 
kreaseyste (Hartmann) u. s. w. unter günstigen Umständen ein 
„ballottement renal” geben und der Diagnose unüberwindliche 
Schwierigkeiten entgegenstellen können. 

Persönlich habe ich dieses Verhalten noch während meiner Assi- 
stentenzeit auf der Abteilung des Dr. Krajewski beobachten können,. 
und zwar in einem Falle eines großen retroperitonealen Sarkonıs, wel- 
ches ın der Lendengrube saß und zu einer falschen Diagnose eines Tu- 
mors der linken Niere bei einem sechsjährigen Kinde Anlaß gegeben 
hat. Bei der Operation wurde cine innige Verwachsung mit der ge- 
sunden und unvergr6Berten Niere festgestellt; die Gesehwulst konnte 
ven der Niere nieht getrennt werden und wurde samt derselben ent- 
fernt. In allen diesen Fällen lag die Ursache der falschen Diagnoso 
in der unmittelbaren oder nahen Nachbarschaft des Tumors und der 
Lendenwand, sei es ınfolge der Localisation des Krankheitsprocesses 
in der Lendengrube selbst (Fall Tuffier und der meinige), oder da- 
dureh. daß der ursprünglich intraperitoneal gelegene Tumor später mit 
der entsprechenden Niere in nähere Verbindung getreten ist (Albar- 
ran. Lesniowski, Sachs u. A.). SS | 

Bie angeführten Thatsachen werfen ein richtiges Lieht auf unseren 
Fall und beweisen, daß die klinische Diagnose der Milzdystopie außer 
dem Bereiche unserer Untersuchungsmethoden lag. Wir hatten das 
typische Bild einer Nierenkolik vor uns, init größter Intensität der 
Schmerzen in der Lendengegend und, was wichtiger ‘ist, mit einem ob- 
jeetiven. direet auf ein Nierenleiden hinweischden Symptom, nämlich. 
einer Nierenhämaturie. Es wurde linksseitige Nephrolithiasis dia- 
gnosticirt. Nachdem in der Lendengrube eine Geschwulst und deut- 
liches „ballottement renal“ festgestellt wurden, mußte ich den Tumor 
als Nierentumor erkennen. 

Wie wir schen, haben sieh alle Umstände derart gestaltet, daß der: 
von mir begangene Fehler alle Zeichen einer unleugbaren Wirklichkeit 
trug. Zudem war die Untersuchung wegen der schon’ erwähnten be- 
deutenden Dicke der Bauchdeeken und groben Tmptindlichkeit der 
Kranken ungemein erschwert. on | | 

Infolgedessen war es unméglich, die Gestalt des palpirten Orgars 
und die Richtung seiner Hauptachse näher zu bestimmen, was nach 
Guyon”) und Cestan®) bei der Unterscheidung eines Nieren- von 





) Guyon: Rein ou rate. Ann. d. mal. d. org. gén.-urin. 1892. 
pag. 612. | | | | 
9 E. Cestan. Rein ou rate. Ibid. 1895, pag. 304. 


— 416 — 


‘einem Milztumor zuweilen behilflich sein kann. In zwei diagnostisch 
recht schwierigen Fällen, wo Verdacht eines Nierentumors bestand, 
nahmen die genannten Autoren zu einer graphischen Untersuchung 
‚der C'onturen und zur Bestimmung der Richtung der Hauptachse Zu- 
tlucht. Nachdem festgestellt werden konnte, daß die Ränder der Ge- 
‚schwulst nicht parallel, sondern elliptisch verlaufen, und die Haupt- 
‚achse schräg gegen den Nabel, nicht aber vertical gegen die Darmbein- 
grube gerichtet war, wurde eine vergrößerte Milz diagnosticirt. Auch 
«die Anamnese und die übrigen klinischen Erscheinungen schienen die 
Diagnose zu bestätigen. Es sei aber hinzugefügt, daß in den beiden 
«(nicht operirten) Fällen die Geschwülste groß, durch die dünnen Bauch- 
‚decken genau fühlbar waren, daß das „ballottement rénal* und Svn- 
ptome einer chirurgischen Nierenerkrankung fehlten; somit war die 
Aufgabe der beiden Autoren viel leichter als in meinem Falle, wo neben 
den oben erwälmten Schwierigkeiten bei der Untersuchung und zweifel- 
losen Symptomen eines chirurgischen Nierenleidens das in der Lenden- 
grube palpable Organ den Rippenbogen so wenig überragte, daß von 
Messungen, die seine Natur bestimmen sollten, nicht die Rede sein 
konnte. 

Soviel über die klinische Diagnose. 

Die anatomisch-pathologischen Verhältnisse in Bezug auf Lage 
‚der Milz veranlaßten mich nach analogen Fällen in der Litteratur zu 
forschen und ich begegnete drei Beobachtungen, aus welchen es sich 
zweifellos herausstellt, daß eine Lageanomalie der Milz schon mehrfach 
zu ähnlichen Mißverständnissen während der Operation Anlaß gegeben 
hat. Es sind dies Fälle von Vulpius, Hildebr and und 
Ehrich, welche wir in chronologischer Reihenfolge anführen wollen. 

1. In einer „Beiträge zur Chirurgie und Physiologie der Milz“ ’) 
betitelten Arbeit beschreibt Vulpius einen Fall, wo eine 42 jährige 
Frau einen Schlag gegen die linke Körperhälfte erhielt. Nach zwei- 
einhalb Wochen traten in der linken Bauchhälfte unbestimmte entzünd- 
liche Erscheinungen auf. Später trat in der Lendengegend eine als 
Paranephritis diagnosticirte Vorwölbung auf. Es wurde unter der 
12. Rippe ineidirt und nach Entleerung eines übelriechenden Eiters in 
der Tiefe ein Organ bemerkt, welehes für die nekrotische Niere gr- 
‚halten wurde. Nach einiger Zeit wurde das Organ exstirpirt, wole! 
eine heftige venöse Blutung entstand. Nach Entfernung des Gebilde 
wurde im Bauchfell ein kaum 2 em weiter Schlitz entdeckt. Das ent- 
fernte Organ erwies sich als die mit Kapselresten bedeckte Milz. 


) Beitr. zur klin. Chirurgie. Bl. XI, 1394, pag. 633, 645. 


— 477 — 


Die ungewöhnliche Lage der Milz gab anfangs zu der Vermutung- 
Anlaß, daß in Folge des Trauma sich im Bauchfell ein Schhtz gebildet 
hat, durch welchen die Milz die Peritonealhöhle verlassen hatte und der 
Nekrose anheimtiel. Nach näherer Betrachtung des Falles hat indessen 
Vulpius seine Meinung dahin geändert, daB das Primiire eine Con-. 
tusion der Milz war mit conseeutiver Perisplenitis, Einkapselung und 
Nekrose des Organs. 

2. Der Fall von Hildebrand beschränkt sich leider auf eine: 
kurze Mitteilung auf dem C'ongresse deutscher Chirurgen im Jahre. 
1902°) Diese Mitteilung enthält die Beschreibung von Verhältnisser, 
welche während der Operation einer intermittirenden Hydronephrose - 
festgestellt: wurden. Mittels eines Lurmbalschnittes wurde ein Organ 
entblößt, welches der Lage nach als Niere erkannt wurde. Dieses Organ. 
besaß eine Fettkapsel, nach deren Durehschneidung die Milz zu Tage- 
trat. Die weitere Untersuchung ergab, daß die Niere in der Becken- 
höhle gelegen war. Hildebrand behauptet, daß in seinem Fall die- 
Milz extraperitoneal lag und versichert, während der Operation keine 
Continuititstrennung des Bauchfells hemerkt zu haben. . 
` 3. Der dritte, von Ehrich?) ausführlich beschriebene Fall be- 
trifft eine 49 jährige verheiratete Frau, welche nicht geboren hat, und 
bei welcher schon früher beiderseitige Wanderniere festgestellt wurde.. 
Drei Wochen vor Aufnahme der Patientin ın die Klinik des Prof. 
Müller in Rostock trat ohne bekannte Ursache ein heftiger Kolik- 
anfall in der linken Bauchhälfte auf mit Erbrechen, Scehüttelfrost, 
Temperaturerhöhung bis 39° C. und Stuhlverstopfung. Die Harn- 
menge verminderte sich bedeutend und erreichte seither nicht mehr: 
als 600 cem in 24 Stunden. Die Untersuchung ergab leichte Auf- 
treibung der linken Bauchhälfte, wo ein anderthalbfaustgroßer, 
flacher, bis unter die, die beiden Sp. il. ant. sup. vereinende Linie her- 
unterreichender Tumor festgestellt wurde; derselbe endet mit einem 
abgerundeten Rande. Naeh außen erreicht der Tumor die vordere- 
Axillarlinie, nach oben den Rippenbogen. Percussionsschall über dem 
Tumor gedämpft tympanitisch. Seine Oberfläche glatt, die Geschwulst 
hart, folgt den Atembewegungen, sehr druckempfindlich. Urin nor- 
mal, gesiittigt. Es wurde eine Einklemmung einer hydronephrotischen 





*) Hildebrand, Intermittirende Hydronephrose. Bericht über 
die Verhandlungen d. deutschen Gesellschaft für Chirurgie, XXXI. Congr., 
1902. Beilage z. Centr. f. Chir., No. 26, pag. 132. 

’) Ehrich: Ueber retroperitoneale Lage der Milz. Beitr. zur klin. 
Chir. 1904, Bd. 41. pag. 446. 


"Wanderniere diagnostieirt um ein cehirurgiseher kuerpg als no- 
wendig erkannt. Die Operation wurde von Prof. Müller aus 
‚geführt. Schräger Lenmdenbauchschnitt. Nach Eröffnung der tiefen 
Fascie erschien am Rande des M. quadrotus Jumborum eine dieke Fett- 
schicht, dieselbe wurde durchtrennt und es trat die vermutliche Ntere 
zu Tage. Dieselbe war in eine leicht ablésbare Bindegewebskapsel 
eingehüllt. Die eonvexe Fläche des Grgans war nach auben unter 
gerichtet und reichte bis unter die Sp. il. ant. sup. Der. deutlich 
fühlbare Ililus war nach oben innen gerichtet. Das ganze Organ 
erinnerte täuschend an die Milz. Da jedoch die freie Bauchhehle 
nirgends eröffnet wurde, entstand die Vermutung, daß die Ursache 
der Formveränderung in der Vergrößerung und venösen Stase der 
Niere zu suchen sei. Erst nach Auslösung des ganzen Organs konnte 
man sieh überzeugen, dab man thatsächlich mit einer nach außen um 
90 Grad gedrehten Milz zu thun hatte. Bemerkenswert ist zunächst 
der Umstand, daß die Milz extraperitoneal in einer bis zum llilus 
deutlich nachweisbaren Dindegewebigen Kapsel lag, und dab nirgends 
eine Continuititstrennung des Peritoneums vorhanden war. Weitere 
Untersuehungen haben ergeben, daß die Bindegewebs- und Fettkapxl 
dieses Organs oben an die Niere heranreichten; letztere hatte ihren 
‚Sitz an normaler Stelle unter der 12. Rippe, und war von der Mil 
vollständig getrennt. Der Sicherheit wegen wurde die Nierenkapsl 
incidirt und es zeigte sich. daß die Niere von normalem Aussehen und 
Gestalt ist. Die Milz wurde emporgehoben und an den Band des 
M. sacrolumbalis fixirt. Autor betont mit Nachdruck, daß in seinem 
Falle von einem entzündlichen Processe, welcher zur Abkapselung des 
Organs und Abgrenzung von der freien Bauehliöhle führen könnte. 
keine Rede sei, denn es ließ.sich zweifellos feststellen, dab sich die 
Kapsel bis zum Stiel ohne Eröffnung der Bauehhöhle ablösen ließ. 
Die extraperitencale Lage der Milz wäre, nach Ehrich, als Ent- 
wieklungsanomalie zu bezeichnen, welche wahrscheinlich seeundär. im- 
folge embryonaler Lageveränderung des Organs zu Stande kam. 
Diese Lageveränderung der anfänglich normal gelagerten Milz ver- 
dankt nach Ehrich ihren Ursprung einer bruchähnlichen Vor- 
wölbung des Peritoneum parietale oder einem Sehlitz im Bauelitell. 
dureh welchen das embryonale Organ extra peritoneum gelangte um 
sich dort weiter zu entwickeln. 

Aus der angefiihrten Casuistik besitzt der Fall Hildebrand‘ 
die meisten gemeinsamen Züge mit dem von mir beschriebenen. Ir 
beiden Fällen wurde festgestellt, daß die Niere in der Beekenhöhle 
lag und die Milz an Stelle der Niere trat. Der Unterschied besteht 


— 479 — 


darin, dab Hildebrand keinen Schlitz im Bauchfell bemerkte, 
was ıhn zu der Annahme zwingt, die Milz sei in seinem Falle extra- 
peritoneal gelegen. Wie wir sehen, fand diese Behauptung in dem 
Aufsatz Ehrichs ıhre Bestätigung, welcher ähnlichen Verhältnissen 
begegnete. Ob eine so vollständige Abgrenzung «der Milz von der 
Bauchhöhle möglich ist und ob dieselbe wirklich von einer speciellen 
Entstehungsart dieser Anomalie in der embryonalen Periode abhängt, 
mub vorläufig dahingestellt bleiben. Dagegen schejnt es keinem 
Zweifel zu unterliegen, daB im Falle Vulpius’ und dem meinen 
die Entzündung die wiehtigste, ja vielleieht ausschließliche Rolle 
bei der Abkapselung der Milz gespielt hat. Abgeschen von den be- 
schriebenen Differenzen, ist allen Fällen gemeinsam. daß sie die Mög- 
lichkeit einer Form von Milzdystopie beweisen, welehe sowohl der 
Diagnose. als der Operation große Schwierigkeiten ın den Weg 
stellen kann. 

Ad dl. Wenn wir uns Jetzt zu den pathologischen Veränderungen 
in der entfernten Niere wenden, so wäre zunächst zu bemerken, daß 
die sehr tiefe Lage des Organs und sein kurzer, dieker Stiel, dank 
welchem die Niere in der abnormen Lage selbst nach Lösung der Ver- 
wachsungen fixirt war, beweisen, dab wir es nicht mit einer 
Wanderniere, sondern mit einer angeborenen Dystopie der Niere zu 
thun hatten (Beekenniere, Dystopia renis pelvica 
eongenita) Bekanntlich ist diese Anomalie nieht selten — im 
Jahre 1902 sammelte Müllerheim!’) aus der Litteratur über 
200 Fälle von Beekenniere -- in der Regel wird jedoch diese Abnormi- 
tät am NSeetionstisch erkannt und ist daher mehr den Anatomo- 
pathologen als Klinikern bekannt. In jenen Fällen von angeborener 
Nierendystopie. welche zu einem ehirurgischen Kingriff führten, stieß 
die klinische Diagnose auf unüberwindliche Schwierigkeiten, so daß 
erst die Operation ein richtiges lacht auf die Verhältnisse geworfen 
hat. So viel mir bekannt, bildet diesbezüglich die einzige Ausnahme 
der Fall von Müllerheim, wo das Leiden vor der Operation 


richtig erkannt wurde. '') Der Fall betrifft ein junges Mädchen, bei 


") R. Müllerheim. Ueber die diagnostische und klinische Be- 
deutung der congenitalen Merendystepie, speciell der Beekenniere. — 
Berl. med. Gesellschaft, Sitzunz v. 5. November 1902. Nach einem Referat 
der Berl. klin. Wochenschrift 1902, No. 48, pag. 1130. 

") Der Vollstindigkeit wegen muß ich bemerken, daB J. Israel im 
Jahre 1897 mit güustigem Erfolge einen Fall operirt hat, in welchem schon 
vor det Operation ein recht ernster Verdacht einer Nierendystopie bestand. 
Als die Probelaparsotome obige Vermutung bestätizte, entfernte Israel 


— 480 — 


weleher ein vollständiger Mangel der Vagina, der Gebärmutter und 
Adnexe bestand, wogegen rechts im Becken ein Gebilde gefunden 
wurde, das dank seiner Analogie mit den dem Autor bekannten ent- 
sprechenden anatomischen Präparaten als Beckenniere erkannt wurde. - 
Zur Bestätigung der Diagnose wurde die Länge des Harnleiters mittels 
Sondirung (Casper) gemessen. Es stellte sich heraus, daß der 
Ureter der Beckenniere 12 em kürzer als der der anderen Niere war. 

Auf Grund dieser Daten glaubt Müllerheim in der Anwesen- 
heit einer unbeweglichen Gesehwulst von entsprechender Gestalt in 
der Beckenhöhle sowie in bedeutender, durch Sondirung festgestellter 
Verkürzung des Harnleiters Anhaltspunkte zur klinischen Diagnose 
einer Beckenniere zu finden. 

In unserem Falle war die Diagnose vor der Operation schon aus 
dem Grunde unmöglich, weil die Schmerzen gerade in der für normal. 
gelegene Niere charakteristischen Stelle localisirt waren. Eine ähn- 
liche Localisation der Schmerzen wurde auch von Israel be- 
schrieben in einem Fall von linksseitiger Nephrolithiasis einer Becken- 
niere, complicirt mit Hydronephrose und am Sectionstisch erkannt. 
Wenn seines Erachtens die häufige Localisation der Sehmerzen in der 
Lendengegend trotz Beckenlage der Niere unsere Aufmerksamkeit 
von dem richtigen Locus affectionis ablenkt !?), um so gr6Ber waren 
die diagnostischen Schwierigkeiten in unserem Falle, wo die Milz- 
dystopie täuschend eine Niere simulirte.. 

Diese beiden Umstände schlossen die Notwendigkeit weiterer 
Untersuchungen aus. Letztere wären überdies in Folge der Fett- 
leibigkeit der Kranken und ihrer großen Empfindlichkeit bei der 
Untersuchung wahrscheinlich fruchtlos geblieben. Was den Ureter 
betrifft, so wäre nur zu bemerken, daß seine Mündung an normaler 
Stelle lag und, wie dies gewöhnlich bei Beckenniere der Fall ist, keine 
Abnormitäten zeigte; die Sondirung erfolgte anstandslos, so daß der 
Katheter zu derselben Höhe wie rechterseits gelangte. Da ich an 
eine Lageanomalie nicht dachte, so ist mir der Gedanke nicht ge- 
kommen, die Länge der Harnleiter zu messen; im übrigen glaube ich 
nicht, daß ein diesbezüglieher Unterschied bei mir den Verdacht einer 
Beckenniere geweckt hätte, um so mehr, als die Erfahrung lehrt, dab 
es selbst bei normaler Lage der Niere nicht immer gelingt, mit dem 
Katheter die gewünschte Jlöhe zu erreichen. Uebrigens betrug im 
nach einer gewissen Zeit die Niere extraperitoneal. Israel, Chirurgische 
Klinik der Nierenkrankheiten, Berlin 1901, pag. 3. 

H Israel: l. e, pag. 5. 


— 481 — 


Falle Israels'®) die bei der Autopsie festgestellte Länge des ent- 
sprechenden Harnleiters etwa 25 cn, entsprach somit der Norm. 

Da die angeborenen Lageanomalien zumeist mit verwachsenen 
oder Solitärnieren einhergehen, so muß ich noch bemerken, daß in 
meinem Fall vor der Operation sowohl die Anwesenheit des Ureters 
auf der gesunden Seite als auch die normale Functionsfähigkeit der 
entsprechenden Niere festgestellt wurde; die Operation ergab voll- 
kommene anatomische Selbständigkeit der kranken Niere. Ueber die 
Lage der rechten Niere ist uns nichts bekannt, da dieselbe klinisch 
nicht eruirbar und eine Section unmöglich war. 

Neben der erwähnten Heterotopie der Niere fanden wir ganz un- 
erwartet eine Combination von Steinbildung mit Neoplasma des ent- 
fernten Organs. Diese Erscheinung ist bei Erwachsenen wohlbekannt 
und nicht allzuselten, indem sie in der Aetiologie der Nierengeschwiilste 
eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Indessen beziehen sieh 
die entsprechenden Fälle, sowohl die älteren von MeCormac, 
Diecekinson, Walsham, O. Israel u. A., als auch die neueren 
von Albarran") und Nogués"), auf Neubildungen in normal 
gelegenen Nieren und betrafen Careinome, mit Ausnahme eines Falles 
von Albarran, wo Angiosarkon festgestellt wurde. Im unserem 
Falle hingegen haben wir es mit einem typischen Hyper- 
nephrom der Beekenniere neben Steinbillung zu thun. Da der 
histologische Befund der Geschwulst bereits eingehend besprochen 
wurde, so ist an dieser Stelle eine nähere Begründung unserer 
anatomisch - pathologischen Diagnose überflüssig; dieselbe beruht 
auf der ungewöhnlichen Aehnlichkeit des neoplasmatischen Gewebes 
mit der Structur der normalen Nebenniere. Diese Aehnlichkeit. 
wurzelt hauptsächlich in dem gegenseitigen Verhältnis der Zellen- 
reihen der Geschwulst zu den Blutgefüßen, welche ohne Unterschied 
des Kalibers ausschließlich aus einem den Geschwulstzellen unmittelbar 
anliegenden Endothelium bestehen.  Tyvese in unseren Präparaten 
deutlich auftretende und für die Diagnose der erwähnten Geschwülste 
am meisten charakteristische Eigentümlichkeit muß ich aus dem 


Grunde besonders betonen, weil die in den Lehrbiichern der Nieren- 


#) J. Israel, Le. pag. 3  Vergl. auch die Discussion über den 
Vortrag von Müllerheim. Berl. klin. Wochenschr. 1902, No. 50. 

) J.Albarranunet!l. Imbert. Les tumeurs du rein. Paris 1903, 
pag. 149. 

") Nogues: Association francaise d'urologie, IX. Session. Ann. d. 
mal. d. org. gén.-urin 1905, XXI, vol. IT, pag. 1605. 


— 482 — 


chirurgie enthaltenen Beschreibungen der Histologie der Hyper- 
nephrome ziemlich chaotisch sind und die Ergebnisse neuerer anato- 
misch-pathologischer Forschungen wenig berücksichtigen. Diese Be- 
merkung bezieht sich auch auf so wertvolle Werke, wie die von 
Küster'') und Wagner!) wo die die Geschwulstzellenreihen 
voneinander trennenden Blutgefüße als endothellose Bluträume be- 
zeichnet werden. 

Der Umstand, daß in der entfernten Niere zweierlei pathologische 
Processe vorlagen, deren Jeder für sieh im Stande ist, eine Hämaturie 
und Schmerzen hervorzurufen, gestattet uns nicht genau festzustellen. 
inwiefern die klinischen Erscheinungen mit jedem der genannten 
Leiden in Zusammenhang zu bringen sind. Indessen scheint die un- 
gewöhnliche Gestalt des Steines zu der Annahme zu berechtigen, dal 
er die Ilauptursache der Beschwerden war, zumal sich letztere bei 
Wechsel der Körperhaltung steigerten. Ebenso wenig wissen wir über 
den Grad der Malignität der Geschwulst, da das Hypernephrom sehr 
lange Zeit gutartig bleiben und völlig symptomlos verlaufen kann. E 
unterliegt aber keinem Zweifel, daß die Verwachsung mit dem Darme 
dafür spricht, daß die für Neoplasma malignum charakteristische 
Wucherung bereits begonnen hat. — 

Das gleichzeitige Bestehen von drei Krankheitsformen in emer 
Niere — nämlich von angeborener Lageanomalie, von Geschwulst und 
von Stein — gehört gewiß zu den größten Seltenheiten. da ich in 
der mir zugänglichen Litteratur keinen analogen Fall gefunden 
habe. Die Complication seitens der dystopischen Milz verleiht meiner 
Beobachtung eine besondere Stellung in der chirurgischen Casuistik. 

“) E. Küster: Die Chirurgie der Nieren, der Harnleiter und der 
Nebennieren. Stuttgart 1896—1902, pag. 601. 

") P, Wagner, Die Verletzungen und chirurgischen Erkrankunzen 


der Nieren und Harnleiter. Handbuch der Urologie, hrsg. von A. von 
Frisch und O. Zuckerkandl, Wien 1905, Bd. H, pag. 254. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 





- 


F. Boehme: Kurzer Bericht über durch Bier’sche Stauung 
mit Saugglocken bel Bubonen und einigen urologischen 
Erkrankungen erzielte Erfolge. (Centralbl. f. d. Krankh. 
d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVII, H. 7.) 


Verfasser hat eine Reihe von beginnenden Bubonen mit gutem Erfolg 
behandelt, aber auch bei ausgebildeten fieberhaften, zu Incisionen reifen, 
Bubonen im Durehsehnitt im Verlaufe von einer Woche Heilung erzielt, 
ohne daß in den meisten Fällen eine Incision nötig gewesen wäre. Eben- 
falls mit gutem Erfolge hat Verfasser eine Chorda penis, bedingt dureh 
eine vereiterte paraurethrale Cyste, und eine paraurethrale Cyste im Sule. 
coron. behandelt. Ferner führte die Saugcbehandlung zu erfolgreichen 
Resultaten bei einem Ulcus orif. urethrae bei Cavernitis urethrae in der 
Pars pendula und bei acut blennorrhoischen paraurethralen Gängen. Der 
Autor empfiehlt perineale Urinabscesse und Cowperitis einer gleichen 
Behandlung zu unterwerfen und er verspricht sich eventuel auch Erfolge 
bei Prostatitis und ProstataabsceB. — Dr. A. Seelig (Königsberg). 


Dr. Oskar Vertes: Zur Aetiologie und Therapie der weib- 
lichen Urogenitalfisteln. (Monatsschr. f. Geburth. u. Gynikol. 
1905, Bd. 21, H: 4.) 

Der Arbeit des Autors liegen 24 Fälle der Tübinger Klinik zu Grunde, 
und zwar 20 Blasenscheiden-, 2 Blasengebärmutter-, 1 Harnröhren- 
scheiden- und 1 tiefe Blasenscheidengebärmutterfistel. In ätiologischer 


— 484 — 


Beziehung ergiebt sich, daß von den 24 Fisteln 20 mit der Geburt in ur- 
sichlicehem Zusammenhang stehen und nur bei 4 eine andere Aetiologie zu 
Grunde liegt. Die Casuistik beweist also, daß der überwiegeude Teil der 
Fisteln von Geburten herrührt — eine Thafsache, die von allen Autoren 
bestätigt wurde. Von diesen 20 Fisteln sind 13 bei engem Becken ent- 
standen, bei den übrigen Fällen läßt sich eine relative Beckenenge, durch 
iröße der Frucht bedingt, nieht ausschließen. Es ist also in einer an- 
sehnlichen Zahl der Fälle das räumliehe Mißverhältnis, welches das Zu- 
standekommen einer Fistel verursacht oder wenigstens begünstigt. Auch 
ein operatives Eingreifen von Seiten des Arztes kann eine Fistel zur Folge 
haben. In den 20 Fällen, die der Mitteilung des Autors zu Grunde liegen, 
waren nur 2 Spontangeburten, die übrigen 15 wurden alle mit Kunst- 
hilfe beendet. Angesichts dieses Zahlenverhältnisses kann man sich nicht 
jener Vermutung verschließen, daß für das Entstehen der Fisteln in einem 
gewissen Procentsatze vielleicht das instrumentelle Eingreifen des Arztes 
verantwortlich gemacht werden müsse. Bei Erwägung der überwiegenden 
Zahl der mit Kunsthilfe beendeten Geburten darf man aber wiederum 
nieht außer Acht lassen, daß eben Geburten bei engem Becken am 
häufigsten künstliche Hilfe beanspruchen: es darf weder das operative 
‚ Vorgehen, wie das enge Becken ohne Weiteres für die Fistel verantwort- 
lich gemacht werden. Aus den Fällen des Autors, die kurz skizzirt 
werden, geht hervor, daß die anamnestischen Daten und der operative 
Befund am seltensten so ausgesprochen und eindeutig sind, daB die Art 
und Weise wie die Fistel zu Stande gekommen ist, zweifellos und ein- 
wandsfrei festgestellt werden kann. Die Feststellung der Thatsache wird 
noch durch jenen Umstand complicirt, daß die Ursache der Fistel eine 
eombinirte sein kann, d. h. sie resultirt zugleich aus der langen Geburts- 
dauer und dem instrumentell stärker gesetzten Geburtstrauma. In den 
meisten Fällen erfolgte der operative Eingriff erst nach einer langen, 
oft mehrtägigen Geburtsdauer, so daß ceteris paribus schon in diesem 
Umstande eine genügende ungezwungene Erklärung für das Entstehen 
der Fistel sich befindet. Man kann also mit großer Wahrscheinlichkeit 
annehmen, daß der überwiegende Teil der Fisteln spontaner Natur ist, 
und daß aueh dort, wo die Zange angewendet wurde., die Situation so 
aufzufassen ıst, daß Fisteln trotz der Zange entstanden sind, eben weil 
sie spät angewendet wurde. Außer diesen 20 von der Geburt herrührenden 
Fisteln weist die Casuistik des Verfassers noch vier Fälle auf, die ihr 
Entstehen Pessaren verdanken. Die Gefahr der Pessarien besteht darin. 
daß sie durch das übermäßige Spannen der Vaginalwände diese succesiv 
verdünnen bezw. usuriren; die Patientinnen bemerken die ihnen drohende 
Gefahr wegen der schleichend und schmerzlos erfolgenden Perforation 
nieht rechtzeitig. Natürlich ist ein Jedes Pessar geeignet, so einen Decu- 
hitus zu verursachen, jedoch stehen im dieser Beziehung obenan die 
Schraubenfliigelpessare, welche in Form der Zwanek-Schilling- 
schen Pessare in der alten eynäkolorischen Praxis die verbreitesten und 


— 485 — 


beliebtesten waren, heutzutage aber wegen ihrer erkannten Gefahren 
zänzlich verbannt sind. In den Fällen des Verfassers ist die Fistel drei- 
mal durch dieses Pessar, einmal durch einen gewöhnlichen Celluloid- 
ring herbeigeführt worden. Da die Pessarbehandlung in der „kleinen 
(ivnäkologie” nieht auszuseheiden ist, muß durch Einlegen eines gut aus-. 
gewählten, den Vaginalschlauch nieht allzu sehr spannenden Ringes, sowie 
durch öfteres Wechseln prophylaktisch gegen die Fisteln vorgegangen 
werden. | 

In dem zweiten Teil seiner Arbeit bespricht Verf. die früheren und 
heutigen Methoden der operativen Behandlung der in Rede stehenden 
Affeetion und berührt somit zum größten Teil das Gebiet der operativen 
(ymäkologie. M. Lubowski. 


II. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 





Dr. L. Mohr: Die Zuckerbildung im Diabetes mellitus. 
(Verein für innere Medicin in Berlin. Deutsche Medicinal-Zeitung 
1906, No. 10.) 

Verf. führt aus, daB es sich wesentlich um die Frage handelt, ob, 
da sicher Zucker aueh aus Substanzen gebildet wird, die nicht Kohlen- 
hydrate, auch nicht Kohlenhydrate enthaltende Complexe sind, der Zucker 
aus Eiweiß oder Fett im Organismus gebildet werden kann. Die Frage 
der Entstehung aus Eiweiß ist schon alt, sie hat mannigfache Wand- 
lungen durchgemacht und ist dabei wieder auf den Punkt angelangt, auf 
den Claude Bernard sie gestellt hat. Verf. berichtet über den 
jetzigen Stand, wie er sich experimentell bei: pankreasexstirpirten 
Hunden ergiebt, und über die Technik der Pankreasexstirpation. Er hat 
sich im ganzen an die von Minkowski angegebene, später aber wieder 
von ihm verlassene Methode gehalten, nach der die Pankreassubstanz 
von ihren Gefässen sorgfältig losgeschält und so die Verbindung der 
letzteren mit dem Darm erhalten bleibt. Verf. hat nach dieser Methode 
ca. 24 Hunde operirt und danach keine Todesfälle an Gangrän oder 
Peritonitis gehabt. Auf diese Weise sei ebenso wohl eine totale Ex- 
stirpation des Pankreas zu erzielen wie nach der späteren Minkowski- 
Witzel'schen Methode, wenn auch vielleicht mikroskopische Teile der 
Drüse erhalten bleiben. Verf. hat diese mikroskopische Untersuchung 
nicht vorgenommen, weil er solchen kleinsten erhaltenen Partikeln 
keinen functionellen Wert beilegt. Es ist nieht anzunehmen, daß sie 
einen nervösen Einfluß auf den Chemismus ausüben können; dieser Ein- 
luß bleibt nur bei Erhaltung von '/=—"/s der Drüse bestehen; wird mebr 

Ae 


— 486 — 


entfernt, so ist sie einer totalen Exstirpation gleich zu achten: der Streit 
sei rein akademisch. Makroskopisch hat Verf. nur kleine Reste gefunden. 
meistens starke Narben, und um sie herum kleine Klümpchen Fettgewebe 
bei den sonst fettlosen Tieren. 

Um den Nachweis zu liefern, daB ein Stoff umgewandelt wird. stehen 
uns zwei Methoden zur Verfügung, erstens die directe Methode, die darin 
besteht, nach Verfütterung bestimmter Substanzen den Glykogenbestand 
des Orranismus nach Tötung des Tieres zu bestimmen; zweitens die 
indirecte Methode: zuzusehen, wie die Zuekerausscheidung sich beim 
experimentellen Diabetes bei Zufuhr der zu prüfenden Substanzen ver- 
hält. Die erstere Methode ist an und für sich die bessere; aber sie hat 
den Nachteil, daB man nicht weiß, wie groß der Gehalt des Organismus 
an Glykogen bei versehiedenen Tieren bei gleieher Ernährung sein kann. 
Daher sind ` solche Bestiminungen unsicher. Aber auch die zweite 
Methode ist nieht frei von Unsicherheit. Die Steigerung der Zucker- 
ausscheidung ist noch kein Beweis dafür, daß der Mehrzucker aus dem 
verfütterten Stoff herrührt. Es muß festgestellt werden: 1. daß die 
Kohlenhydrate Zuckerbildner sind, 2. daß außerhalb der Glrkogenrest- 
bestände im Organismus bei absoluter Vermeidung von Kohlenhrydrat- 
zufuhr eine Vermehrung des Glykogenbestandes eintritt, 3. daß es noch 
nieht sicher ist, ob diese Vermehrung aus dem zugeführten Eiweiß ge- 
bildet wird. Der Zuwachs nach Eiweißzufuhr ist allerdings nur gering, 
er deckt manchmal gerade den (ilykogenbestand, zuweilen ist er etwas 
größer. Die Möglichkeit der Bildung von Glykogen aus Eiweiß besteht 
also — Sicherheit allerdings nicht, aber auch kein Gegenbeweis. 

Dagegen besteht ein Einfluß der Eiweißnahrung auf die experimen- 
telle Glykosurie und auf die Glykosurie beim Menschen. Hier ist nach- 
gewiesen, daB Eiweiß sicher die Quelle des Zuekers ist. Pflüger 
spricht sich dagegen aus. Er bestreitet die Zulässigkeit, aus dem 
Verhältnis des Stickstoffs zum Zucker, daß nach Minkowski sich wie 
1:28 stellt, einen Schluß zu ziehen. Nach ihm ist diese Zahl inconstant: 
er hat andere Zahlen, 2,1—2,3 gefunden. Diese Ineonstanz betont auch 
Mohr; das Verhältnis verschiebt sieh nach der Zueker- und Stickstoff- 
ausscheidung. Auch bei pankreasexstirpirten Tieren ist die Verwertung 
des Zuckers nicht ganz aufgehoben, denn auch andere Drüsen sind auf 
den Ablauf der Verwertung des Zuckers im Organismus von Einfluß, wenn 
auch dem Pankreas der größte Einfluß zukommt. Die Verbrennung de: 
Zuckers ist also beim Pankreasdiabetes nicht ganz aufgehoben. Dir 
Verbrennung hängt von den Factoren ab, die auch unter normalen Ver- 
hältnissen einwirken, von der Temperatur und der Bewegung. Wem 
also die betreffenden Experimentirtiere nicht unter durchaus gleichen 
Verhältnissen gehalten werden, so sind unmöglich bestimmte Schlüsse zu 
ziehen: Aenderungen in dem Verhältnis von Stickstoff zum Zucker kommen 
vielleicht nur hierdurch zu Stande. Bekannt ist. daß bei Muskelarbeit die 
/uckerausscheidung schwindet, also auch das obige Verhältnis sich ver- 


— 187 — 


schiebt. Außerdem treten Veränderungen ein durch Ausscheiden des 
Stickstoffs, z. B. nach Einführung eiweißhaltigen Materials, das ver- 
brannt wird, schnelleres Eintreten in die Circulation der zuckerbildenden 
Elemente. Dann tritt~Verschiebung ein durch partiellen EiweiBabbau, 
durch Stickstoffretention. Im Zusammenhang damit steht nach Kraus 
die chemische Abartung des Körpereiweißes. Ferner entsteht Ver- 
sehiebung dadurch, daß das Eiweißmoleeül nicht vollständig abgebaut 
wird, mtermediäre Spaltungsproducte ausgeschieden werden, so z. B. 
Glykokoll. Pflüger hat außerdem darauf hingewiesen, daß selbst bei 
Constanz des Verhältnisses noch nichts erwiesen ist. Wenn angenommen 
wird, daB aus Glykokoll der Zucker gebildet wird, so entsteht unter 
Wasseraufnahme Zerfall in Glykolsäure und Ammoniak, und jene zerfällt 
in Zucker und Wasser: dann ist das Verhältnis 2,17. Pflüger ist 
danach der Ansicht, daß nieht aus Eiweiß, sondern aus Fett der Zucker 
gebildet wird. Aber daraus kann gar nichts geschlossen werden, die 
Hypothesen sind vorläufig nieht zu verwerten. Ein anderer Einwand 
Pflügers ist folgender: Bei reiner Eiweißnahrung werde der Stick- 
stoffgehalt nur vom Eiweiß bestritten e. pari passu, um so mehr Kohlen- 
hydrate; das Fett werde aus den Verbindungen herausgedrängt. Beim 
vly kovenarmen Hunde müßte Fett, d. h. der aus Fett gespaltene Zucker, 
xespart werden. Wenn die Zuckerbildung ein normaler ProceB ist, so 
muB hei ausschließlicher Eiweißnahrung Glykorenanhäufung stattfinden, 
weil dieses gespart wird. Dies iistaberauch nach Pflüger nicht der Fall. 
Es bleiben daher nur zwei Annahmen, entweder es wird kein Glykogen 
aus Fett gebildet, oder wenn es gebildet wird, so wird es nicht auf- 
cestapelt, sondern sofort in Fett zurückgebildet. Letztere Hypothese ist 
aber körperökonomiseh nicht annehmbar, weil durch die beiden Processe 
Wärme unnötig gebildet wird. Es ist daher der Schluß zu ziehen, daß 
bei EiweiBnahrung der Zucker wohl nicht aus Fett gebildet wird. 

Die Zuckerbildung ist ein pathologischer ProceB bei Pankreastieren: 
daher besteht überhaupt ein gesteigerter Umsatz von Körpermaterial bei 
diesen Tieren. Es ist also im Pankreasdiabetes der Stoffumsatz ge- 
steigert. Das Resultat von 68 Versuchen Mohrs unter Aufhebung jeg- 
licher Bewegung der Tiere, war, daß der Stoffumsatz des pankreaslosen 
Hundes nicht gesteigert ist. Das ist schon aus der Acetonausscheidung 
abzulehnen: der Hund reagirt durch Pankreasexstirpation nicht so stark 
wie der diabetische Mensch; höchstens wird Oxybuttersäure aus- 
eschieden, nieht Acetessigsäure, und nur ın geringer Menge Aceton bei 
reiner Eiweißnahrung. — Die Pflüger'’sche Voraussetzung habe daher 
wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Aus den Versuchen M.'s ergiebt sich 
vielmehr, daß die Annahme richtig ist, daB der Zucker aus Eiweiß ge- 
bildet wird. M. Lubowski. 


— 488 — 


III. Gonorrhoe und Complicationen. 


Privatdocent Dr. Karl Ullmann (Wien): Ueber Ursachen der 


Hartnäckigkeit der Gonorrhoe beim Manne. (Wiener 
med. Presse 1906, No. 17, 18, 20 u. 21.) 


Verf. giebt einen Ueberbliek über die Hauptursachen der Hartnäckig- 
keit der Gonorrhoe, sowie über die wiehtigsten Methoden und Mittel, den- 
selben zu begegnen, soweit sie dem praktischen Arzte heute bekannt sein 
sellen und müssen. 

Das beste Mittel zur Vermeidung der Etablirung von chronischen 
Stadien und damit der Hartnickigkeit der Gonorrhoe ist die richtige An- 
wendung der modernen Gonorrhoetherapie. 

Welche Ursachen sind es nun, infolge deren, trotz Durchführung 
einer darartigen rationellen antibaeteriellen Behandlung der Initial- 
stadien, die Gonorrhoe dennoch in ein ehronisches infiltratives Stadium 
übergeht oder infolge deren sich eine rationelle Injeetionsbehandlung 
ohne Weiteres überhaupt nieht etabliren läßt? Wir können hier mehrere. 
der Hauptsache nach mindestens vier Gruppen von Ursachen unter- 
scheiden, die Verf. nach ihrer Wichtierkeit und Häufigkeit anführt: 

l. Entzündliche Complieationen: II. grobe anatomische Verbildungen 
des Penis meist angeborener Art; HI. besondere Eigenschaften der 
Schleimhautdrüsen: IV. individuelle abnorme Reactionsverhältnisse der 
Schleimhaut (Dyskrasien) gegenüber der Infection und gegenüber der 
normalen Medication (Idiosynkrasien). 

I. Was die erste Gruppe. die der entzündlichen Complicationen be- 
trifft. so sind sie meist dureh einfache Fortleitung der Gonokokkeu 
auf den Schleimhautwegen, mitunter durch Mischinfeetion verursacht. 
Hierher gehören der Häufigkeit nach die versehiedenen Formen von 
Prostatitis, insbesondere die von Finger als follieulär bezeichnete 
Form und andere periurethrale, fast immer von infieirten Drüsenkörpern 
ausgehende Infiltrationen. Sie alle verzégern schon an und für sich sehr 
die Ausheilung des Processes, mitunter aber erweist sieh die Hartnäckig- 
keit einer Gonorrhoe geradezu nur davon hergeleitet. daß der betreffende 
locale Werd teils wegen zu geringer subjeetiver Symptome oder 
mangels genigend gründlicher Untersuchung zur genauen Localisation 
der Provenienz der Secrete lauge, oft viele Monate übersehen wird. 

Auch bei festgestellter Prostatitis dient eine mangelnde oder fehler- 
hafte Therapie, ein Zuwenig oder Zuviel, in Bezug auf Art, Concentration 
der Mittel. Massage ete. oft zur Prolongirung des gonorrhoisehen Pro- 
cesses und sogar zu weiterer Metastasenbildung (Tripperrheumatismus?. 
Und fast immer gelt jeder weiteren Metastasenbildung eine Prostatitis 
voraus. 


— 489 — 


Von anderen periurethralen entzündlichen Infiltrationen sind die 
durch Vereiterung der knapp vor der Kranzfurche zu beiden Seiten des 
Frenulums, entsprechend den dort vorhandenen G uerin'schen Drüsen, 
entstehenden und meist bilateral localisirten Periurethriden die häufigsten. 
Seltener sitzen solche Infiltrate an anderen Orten der Pars anterior ure- 
thrae. Wenn sie sich dann nicht durch besondere Schmerzhaftigkeit 
und Schwellung verraten, so ist auch bei ihnen ein Uebersehen leicht 
möglich, namentlich gilt dies für jene kleineren Weandinfiltrate, eircum- 
seripte Drüseninfiltrationen von Hanfkorn- bis Erbsengröße, wie sie Jüngst 
Schlasberg unter der Bezeichnung Follieulitis aus der Klinik Has- 
lunds beschrieben hat. Dieselben, oft schon von außen als kleine 
schmerzhafte Knötehen palpirbar, lassen mitunter, wenn auch nicht immer, 
auf stärkeren Druck etwas Secret in die Harnröhre entleeren, das Eiter 
und Gonokokken enthält. Solche oft unscheinbaren Infiltrate, in ihrem 
Bestande dennoch ungemein hartnäckig, machen das fortwährende Reci- 
diviren durch Monate hindureh leicht erklärlich. Ihre Diagnose wie ihre 
Therapie wird mitunter schon durch Palpation von außen, am besten 
allerdings dureh das Endoskop gefördert. Oeftere endoskopische Seari- 
ficationen der starren, halbkugelig vorgewölbten und in die Oeffnung des 
Tubus einspringenden Intiltrate mit dem Kollmann "schen Messerchen. 
mit nachträglicher Pinselung mit Argentum nitricum haben Verf. in ein- 
zelnen Fällen vorzügliche Dienste geleistet. 

Eine der häufigsten und peintiehsten Complicationen bildet die Epi- 
didymitis. Es ist nach Verf. zweifellos, daß ein großer Teil dieser Adnex- 
erkrankung noch öfter als die Prostatitis durch unzweckmiBiges Ver- 
halten und Gebaren der Patienten, unzweekmäßige, zu stark concentrirte 
Flüssigkeiten. brüske Injeetionen, Unterlassung der unmittelbar voraus- 
zchenden Mietion, foreirte Bewegungen. Radfahren, langes Aufsitzen auf 
harten kantigen Bänken, Kutscherböcken, geschleehtliche Erregungs- 
zustände, schlechte, enge Suspensorien u. a. m. provocirt wird, anderer- 
seits deutet das relativ häufige Vorkommen beiderseitiger Epididymitis, die 
häufigen Nachschübe bei dem einmal davon befallenen Individuum, die sich 
in solehen Fällen. insbesondere nach Versuchen, die Harnrohreninjectionen 
wieder aufzunehmen, fast regelmäßig wiederholen, daraufhin, daß es sich 
bei diesen Individuen meistens um eine im hohen Grade entwickelte, ört- 
liche und wahrscheinlich anatomische Disposition zu dieser Metastasirung 
handelt. Worin diese Disposition besteht, aus welcherlei Factoren sie sich 
in speciellen Fällen zusammensetzt, bleibt Aufgabe weiterer Forschun- 
gen. Ziemlieh wahrscheinlich ist, daß der Bacterientransport von der 
Harnröhrenmucosa im Were der sogenannten antiperistaltischen Bewe- 
gungen des Samenstranges bis zu den Hiillen des Nebenhodens stattfindet. 

Auf andere. seltenere, entzündliche Complieationen, wie die Cowpe- 
ritis, Cavernitis, Hoden- und Urethralwandabscesse geht Verfasser wegen 
ihrer relativen Seltenheit nicht genauer ein, ebenso wenig auf die durch 
“gleichzeitige tuberculöse oder syphilitische Infeetion des Individuums her- 


— 490 — 


vorgerufenen herdförmigen Infiltrate im Bereiche des Genitales. Unver- 
hältnismäßige häufiger als alle bisher genannten cireumseripten und pal- 
pablen entzündlichen Herde bildet der residuale und infectiöse Katarrh 
in den Follikeln der Pars anterior und posterior die Ursache und den Aus- 
gangspunkt hartnäekiger, chronischer und zu verschiedenen pathologi- 
schen Veränderungen führender Formen von Trippererkrankungen. "Ge- 
rade in der rechtzeitigen und richtigen örtlichen Behandlung dieser oft 
über den ganzen vorderen Harnröhrenabschnitt, oft auch in der Pars 
posterior verbreiteten Infiltrate scheint Verfasser die Hauptschwierigkeit. 
aber auch die Zukunft der modernen Behandlung der chronischen Gonor- 
rhoe zu liegen. Bald sind es blos um die Follikel localisirte eirculäre In- 
filtrate verschiedener Mächtigekeit und Härte, bald mehr oder weniger zart 
granulirende, interfolliculär ausgebreitete, stellenweise die Sehleimhaut 
etwas wulstende, dabei das Epithel selbst unverändert lassende und unter 
diesem fortkriechende Infiltrationen mit den Tendenz zur Bindegewebs- 
bildung. deren Diagnose, insbesondere aber deren genaue Localisation nur 
im Wege der Endoskopie feststellbar ist. Bei hartnäckig allen anderen 
üblichen örtlichen Behandlungsmethoden, wie einfachen Sondenkuren. 
Spülungen, trotzenden ehronischen Urethriden ist nach Verfasser jeden- 
falls den von Oberländer zuerst angewendeten Dehnungen; in Combi- 
nation mit Spülungen ein hervorragender Platz in der Therapie einzu- 
räumen. 

H. In die zweite Gruppe können wir alle jene dureh infantile Bildung 
der Geiitallen, rudimentäre Entwieklung. angeborene Verbildung, mit- 
unter durch Trauma. Verwachsung, Zwergwuchs., in seltenen Fällen auch 
dureh vorausgegangene oder noch bestehende Erkrankungen, wie Ele- 
phantiasis penis hervorzerufenen Veränderungen der Sehleimhautwand, 
insbesondere der Urethra anterior, zusammenfassen, welehe den normalen 
Verlauf und der normalen topischen Therapie mittels Injectionen oder 
anderer Eucheiresen verschieden große, nur sehr selten aber unüberwind- 
liehe Hindernisse setzen. also angeborene, erworbene Phimosen starken 
Grades, Penisdeformititen, Epispadie, Hypospadie mit Verengerung und 
abnormer Lagerung oder rudimentiirer Entwicklung der Harnréhre, De- 
fecte des Corpus cavernosum, ferner das Vorhandensein eines oder meist 
mehrerer paraurethraler (iänze, insbesondere solcher feinen Kalibers und 
mit blinder Endigung int Gewebe der Glans, des Penisinteguments, nut 
und ohne Communication mit der Harnröhre, angeborene oder frühzeitig 
erworbene Strieturen der Harnröhre selbst und Divertikel in derselben. 
Im Bereiche der hinteren Harnröhre ist es, von seltenen Fällen von ver- 
zwoigten buchtigen Prostatadivertikeln abgesehen, wohl noch am_ hiufig- 
sten excessive Prostatahypertrophie, welche, insbesondere wenn es sich 
um Eingriffe in die Blase handelt, einer normalen Behandlung Schwierig- 
keiten entzerensetzen kann. 

III. Die dritte und wichtigste Gruppe betrifft die Beschaffenheit der 
Schleimhaut selbst, hauptsächlieh ihrer drüsizen Bestancdteile. Wir wissen. 


— 491 — 


daß die Littre'schen Drüsen in Bezug auf Zahl, Tiefe, Dichte und Sitz 
mannigfaltigen und nicht unbetrjchtlichen Schwankungen unterworfen 
sind, von denen namentlich die Tiefe und auch die Verteilung für die resi- 
duale Gonorrhoe gewiß nicht ohne Bedeutung ist. 

Sowohl im Bereiche der Urethra anterior .als posterior bilden die 
Littre'schen Drüsen den Ausgangspunkt ehronischer Infeetionen, die in 
früheren Jahren viel häufiger, aber auch oft genug jetzt noch, trotz aller 
rationellen Versuche, die Infection aus ihnen zu beseitigen, doch Jahre und 
Jahrzehnte der Sitz der Gonorrhoe und postgonorrhoischer entziindlicher 
und schwieliger Processe bleiben. 

Eine vorziigliche Methode, um diese Refugien fiir den gonorrhoischen 
ProceB rationeller Therapie zugänglich zu machen, ist die Methode der 
Spülung unter Druck, zumal nach der Art, wie sie zuerst von Janet, 
neuerdings in anderer Art von Kuttner empfohlen wurde. Ist man nun 
auch durch diese Methoden im Stande, einen großen Teil von Residual- 
gonorrhéen zu heilen, ein Teil derselben bleibt immer noch ungeheilt und 
geht in Bindegewebsverdichtung über. Er betrifft solehe Gonorrhöen, bei 
denen eben die anatomische Beschaffenheit dieser Follikelapparate, ins- 
besondere ihre Tiefe und die Enge der Ausführungsgänge das Eindringen 
von Spülflüssigkeiten nicht genügend gestattet. In den allermeisten 
Fällen aber ist es die Prostatadrüse, in der der Katarrlı, einmal einge- 
nistet, zu schwieligen Entzündungen führt, die schwer ausrottbar sind 
und hartnäckig recidiviren. 

IV. Eine besondere Beachtung verdienen solche Gonorrhöen, deren 
Verlauf aus constitutionellen Gründen ein abnormer wird. Hierher ge- 
hören tuberculöse Individuen, bei denen es oft zu einer hartnäckigen, von 
Gonokokken freien Secret- oder Filamentbildung kommt und bei der wir 
ohne besonders auffallende bindegewebige Verdichtungen im Bereiche 
der Harnröhre mit keiner unserer Methoden zum Resultat kommen. Auch 
unter dem Einfluß der syphilitischen Dyskrasie hat Verfasser derartige un- 
berechenbare Fälle beobachtet. 

Solchen dyskrasischen Personen gegenüber sind wieder andere. 
nicht dyskrasische zu erwähnen, bei denen jede gonorrhoische In- 
fection vom ersten Tage ab deshalb eine schwere und auch hart- 
näckige Erkrankung darstellt, weil sie in ihrem Laufe weder durch 
irgend welehe innere noch äußere Mittel zu bekämpfen ist, weil Bal- 
samica nicht vertragen, Injeetionen, selbst die mildesten, sofort von 
Blasenzuständen schwerster Art gefolet werden und überhaupt kein wie 
immer gearteter Eingriff ohne Reaction vom Organismus geduldet wird 
(Idiosynkrasie). 

Aus dem Gesagten geht hervor, daß es zahlreiche und verschieden- 
artige Momente sind, welche, in mannigfaltiger Combination an demselben 
Individuum zu Tage tretend, unsere Prognose und Therapie bei dem gonor- 
rhoisehen Processe des Mannes oft wesentlich beeinflussen. Es ist deshalb 
bei der ungemeinen Verbreitung der Tripperseuche gewiß nur gerecht- 


— 492 — 


fertigt, wenn man seit Jahren immer mehr bestrebt ist., unsere Therapie 
zu einer abortiven und präventiven umzugestalten. Da bis jetzt die 
Abortiv- und Präventivmittel keineswegs ganz harmloser Art sind. so 
bleibt immer noch der Coitus condomatus das beste Präventiviittel gegen 
Gonorrhoe. | Kr. 


IV. Blase. 


LOL 


Dr. Otto Mankiewicz: Kunstbuch darinnen ist der gantze 
gründliche vollkommene rechte gewisse bericht und 
erweisung vnnd Lehr des Hartenn Reissenden Schmertz 
hafftigenn Peinlichen Blasenn Steines. Verfasset vnnd 
beschriebenn durch Georgium Bartisch vonn Koenigs- 
brück. Im Altenn Dressden 1575. Berlin, Oscar Coblentz. 


Es ist ein großes Verdienst des Autors sowohl, wie des Verlegers, 
einen überaus seltenen und wertvollen Beitrag zur Culturgeschichte über- 
haupt und zur Geschichte der Mediein, namentlich der Urologie, geliefert 
zu haben. Der Autor hat das in der königlichen Bibliothek zu Dresden 
vorgefundene „Kunstbuch” über den Steinschnitt mit großer Sachkenntnis 
herausgegeben und mit einer Einleitung versehen. die an und für sich 
ein höchst gelungenes Capitel der Geschichte der Mediein ist. Für Jeden. 
der fiir die Geschichte der Medicin — vielleicht das wichtigste Capitel der 
Culturgeschichte überhaupt — Verständnis und Interesse hat, wird das 
„Kunstbuch” eine wahre Fundgrube des Wissenswerten bieten. Für den 
Urologen aber, der es einmal unternehmen wird, die Geschichte seines 
Specialfaches zu schreiben, wird das dureh den FleiB Mankiewicz 
der Allgemeinheit zugänglich gemachte Werk des berühmten Baders und 
Steinschneiders eine wichtige Etappe sein. Casper. 


Dr. Wilhelm Zangemeister: Atlas der Cystoskopie des 
Weibes. Stuttgart 1906, Ferdinand Enke. 


Das vorliegende Werk ist ein Beweis für den außerordentlichen Fleiß. 
den der ärztliche Forscher an den Tag legen kann, wenn es sich darum 
handelt, eine großzügige Idee zu verwirklichen. Der Atlas. der wohl 
ausschließlieh Unterrichtszweeken bezw. als Beihilfe beim Selbststudium 
dienen soll, ist. wie Verfasser in seinem Vorwort bemerkt, aus einer Reihe 
von Wandtafeln entstanden. welche er sieh zu Unterriehtszwecken 3n- 
gefertigt hat. Unter den von ihm in charakteristischen Fällen nach dem 
Cystoskop hergestellten Skizzen hat er tyvische Bilder ausgewählt und 
für die Herstellung farbige Tafeln verwendet. Die in diesem Atlas ver- 


— 493 — 


kleinert wiedergegebenen Tafeln hat er naeh den von ihm entworfenen 
Skizzen selbst farbig vergrößert, wobei die Originaltafeln durch Auto- 
typie (Dreifarbendruck) reproducirt wurden. Der Atlas besteht aus zwei 
Teilen, einem allgemeinen urologisehen und einem speciellen gynäko- 
lorisch-eystologischen (eystoskopischen). 

Der Aufwand an Mühe und Zeit. welche Verfasser seinem Werke ge- 
opfert hat, dürfte ein enormer gewesen sein. Aus Jedem Bilde kann man 
ersehen, daB der Verfasser mit Hingebung seine Idee zu verwirklichen 
suchte. Die Bilder sind. trotzdem sie wicht von der Hand eines Künstlers, 
sondern von der Hand des Autors selbst herrühren, teilweise sehr priig- 
nant, wenn aueh andererseits nicht verschwiegen werden soll, daß manche 
Bilder nur von dem geübten Auge des Specialisten erkannt bezw. mit 
den sich im gegebenen Falle im Uystoskop darbietenden Bilde in Einklanz 
gebracht werden können. Zum Teil dürfte daran die übermäßige Ver- 
gröBerung schuld sein, vielleicht auch der Umstand, daß Verfasser, wie 
er in seinem Vorwort selbst angiebt, bisweilen etwas sehematisirend 
vorgehen mußte. Casper. 


Keydel: Statistische Beurteilung der chirurgischen Be- 
handlung der Blasengeschwülste. (Centralbl. f. d. Krankh. 
d. Harn- u. Sexualorg , Bd. XVII, H. 6.) 


Der Autor giebt einen Ueberblick über das gesamte statistische Ope- 
rationsmaterial von Blasengeschwiilsten aus der Litteratur bezw. per- 
sOnlichen Mitteilungen von Chirurgen und eigenen Erfahrungen. Be- 
merkenswert sind dabei folgende Punkte: Bei der Operation von Papil- 
lomen zeigt keine Statistik ein derartig gutes Gesamtresultat wie die 
durch Nitze ausgeführten Operationen auf extravesicalem Were. (101 
Operationen, ohne Recidiv 71=703 pCt. mit Recidiv 18 = 178 pCt.). 
Sehr schlechte Resultate gaben die Careinome der Blase, die ohne gleich- 
zeitize Reseetion der Blase operirt sind. Im Durchschnitt treten Reeidive 
bezw. der Tod nach 1—2 Jahren auf. Ein Gleiches gilt von den Palliativ- 
operationen. Ein wenig günstiger sind hier die Resultate bei partieller 
Resection der Blase, hier sind bei 96 Operationen mit 21 Todesfällen 
(21,8 pCt.) ind Fällen Heilungen von über 3 Jahren festgestellt. Die Total- 
exstirpation der Blase als Radicaloperation (30 Operationen mit 56.6 pCt. 
Todesfällen) ergab bei einen Falle eine Reeidivfreiheit von 15 Jahren, bei 
einem zweiten von D Jahren: im Durchsehmitt starben aueh hier die Pa- 
tienten im Verlaufe des ersten Jahres post operationem. Aehnliche Ope- 
rationsresultate wie die soeben mitgeteilten, die aus den in der Litteratur 
niedergelegten Statistiken entnommen sind, zeigen auch die Tabellen, 
die sich aus Fällen zusammensetzen, welehe der Autor persönlichen Mit- 
teilungen von Chirurgen verdankt. Schließlich giebt K. noch eine Ueber- 
sicht über 29 von ihm selbst im Laufe der letzten 10 Jahre beobachtete 
Blasengeschwiilste : von ihnen gind nur 7 zur Operation gekommen. Auf 
Grund des gesamten Materials kommt der Autor zu dem Sehlusse, dab 


— 494 — 


die bisher erreichten Erfolge keine hervorragenden sind. Für Papillome 
dürften nach dem Autor die intravesicalen Operationen mehr bevorzugt 
werden müssen als bisher, breitbasige infiltrirende Geschwiilste sollten 
ein „Noli me tangere“ sein, wenigstens so lange, als ihre Symptome nicht 
wesentlich das Befinden der Patienten alteriren. Bei der Radicalopera- 
tion solcher Geschwülste ist der Gewinn an Lebensdauer so gering., daß 
er kaum in Betracht kommt. Dr. A. Seelig. 


Dr. N. F. Leschnew: Ueber die Behandlung der Blasen- 
tumoren. Aus der chir. Hospitalsklinik des Prof. v. Fedoroff 
an der Militirmedicinischen Akademie zu St. Petersburg. (Ober- 
länders Centralblatt 1906. Juli. Autorisirte Uebersetzung aus dem 
Russischen von M. Lubowski, Berlin-Wilmersdorf.) 


Die Frage der Blasentumoren weist noch immer zahlreiche strittige 
und noch nicht aufgeklärte Punkte auf. Die erste Frage, die einer absolut 
bestimmten Beantwortung bedarf, ist die Frage, wie man sich einem Pa- 
tienten gegenüber, der über Blutbeimischung im Harn klagt, verhalten 
soll. Es giebt hier nur eine Antwort: dem Patienten dringend zu raten, 
sich bei der ersten Möglichkeit einer eystoskopischen Untersuehung zu 
unterziehen. Ohne diese letztere ist es heutzutage unmöglich, sieh mit 
mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit für die eine oder die andere 
Affection auszusprechen. Bei sehr vielen Erkrankungen der Harnwege. 
die mit Hämaturie einhergehen, ist es nicht leieht, sich in den Symptomen 
und den Resultaten der ehemisehen, bacteriologischen und mikroskopi- 
schen Untersuchung des Harnes zurechtzufinden. Hier kann nur die 
eystoskopische Untersuchung, welche uns in den Stand setzt, die gesamte 
Blasenhöhle unmittelbar mit den Augen zu besichtigen, den Grad der 
Beteiligung der Blase an dem pathologischen ProceB festzustellen oder 
aber eine solehe Beteiligung überhaupt auszuschließen, genügende Auf- 
klärung bringen. Hat man aber eine so positive Untersuchungsmethode 
zur Verfügung, so sind sämtliche Versuche einer speeulativen Diagnosti- 
zirung der Krankheit vom modernen Standpunkte aus nicht statthaft, da 
sie nieht selten dem Patienten nicht geringen Schaden zufügen können. 
Verfasser ıllustrirt seine Ausführungen dureh einige lehrreiche Beispiele 
aus der im vorstehenden genannten Klinik. Aus diesen Beispielen geht 
deutlich hervor, daß die Beschwerden der Patienten bei Affeetionen der 
Harnwege so verschiedenartig und unklar sind, dass sich der richtigen 
Differentialdiagnose nicht selten die größten Schwierigkeiten in den Weg 
stellen. Allerdings lehren die Beobachtungen, daß bei Polypen — dieser 
häufigsten Form der benignen Blasentumoren — die Blutung vorüber- 
gehend und quantitativ unbedeutend ist. Indem sie ohne jegliche sicht- 
bare Ursache, ohne Prodromalerscheinungen, meistenteils unter vorzüg- 
lichem subjeetiven Befinden des Patienten auftritt, hält sie nur bet ein 
bis zwei Harnentlerungen an und hört dann, nicht selten für sehr lange 


— 495 — 


Zeit, auf. In den folgenden Perioden der Krankheit hält die Blutung 
2—3 Tage und sogar wochenlang an. Bei malignen Tumoren, namentlich 
bei Careinomen, ist die Blutung meistenteils andauernd, reichlich;. sie 
wird bald eonstant und führt zu hochgradiger Anämie. Sämtliche Ad- 
stringentien, sämtliche Hämostatiea und Caustiea, die bei gutartigen 
Blasenpolypen so gut wirken, erweisen sieh hier fast als vollständig nutz- 
los. Dieses Moment ist für Blaseneareinom vollkommen charakteristisch. 
Blasenschinerzen sind bei benisenen Tumoren entweder gar nicht vorhan- 
den, oder aber sie treten nur während der Blutung auf, während bei ma- 
lienen Tumoren Sehmerzen und Reizung der Harnblase manchmal dem 
Auftreten von llämaturie vorangehen; ist es aber einmal zu Hämaturie 
gekommen, so hat man es schon mit seeundären Veränderungen in der 
Geschwulst. in der Blasenwand. in den benachbarten Organen zu thun, 
so daß außer den Blasensehmerzen . noch reflectorische Schmerzen 
vorhanden sind, die sieh namentlich des Nachts fühlbar machen. 
Diese Schmerzen sind bisweilen so heftig., daß sie nur mittels Nar- 
eotieis unterdrückt werden können. Die Function der Harnblase ist bei 
Polypen gewöhnlich nicht gestört; bei malignen Neubildungen tritt 
schon sehr früh eine sehr starke Störung der Blasenfunetion ein. Infolge 
des raschen Wachstums der Gesehwulst und der in den Blasenwandungen 
einhergehenden entsprechenden Veränderungen macht sieh der Blasen- 
katarrh schon früh fühlbar; der Harn geht rasch in Zersetzung über. be- 
kommt toxische Eigenschaften, er bewirkt noch eine stärkere Reizung der 
Harnblase und führt zu einer hochgradigen Störung der Blasenfunction. 

Differentialliagnostische Eigenschaften des Harns bei diffuser carci- 
nomatöser Affeetion der Harnblase sind dessen außerordentlich starker, 
ekelhafter Geruch und Fibringehalt. Der scharfe Geruch wird wahr- 
scheinlieh ausschließlich durch den septischen Zerfall der Gesehwulst 
bedingt. Bei einem Patienten des Verfassers blieb volle acht Tage der 
Katheter à demeure liegen. Dreimal täglich wurden Ausspülungen der 
Harnblase mit Cyanquecksilber (1:5000) vorgenommen, jedoch ohne jeg- 
lichen Erfolg: der Harn blieb immer ın demselben schrecklichen Zustand. 
Fibrinurie wird meistenteils bei carcinomatôsen Patienten beobachtet. 
Das ausgefallene Blutfibrin gelangt mit dem Harn in verschiedener Form 
zur Ausscheidung; bald in Form ziemlich großer Stücke von grauer Farbe. 
die nieht selten als das Gewebe der Geschwulst angesehen werden, bald 
in Form geleeartiger Massen, die sich auf dem Boden des Gefäßes nieder- 
schlagen. Nicht selten verursachen Fibrinstücke, indem sie in der Harn- 
röhre stecken bleiben, den unglücklichen Patienten im wahren Sinne des 
Wortes Höllenqualen; die Patienten fühlen immerzu schmerzhaften Harı- 
drang, sie spannen ihre letzte Kraft an, um eine Contraction der Blase 
hervorzurufen und den Pfropf herauszustoßen. Jedoch bevor sie dies 
erreicht haben, fallen sie vollkommen erschöpft hin, und nur die Ein- 
führung des Katheters und die Ausspülung der Harnblase vermag dem 
erschöpften Kranken in «diesem Augenblick Linderung zu verschaffen. 





— 496 — 


Als Unterscheidungsmerkmal zwischen Blaseneareinom und benigner 
Blasengeschwulst kommt auch die sämtlichen malignen Neubildungen 
zukommende Eigenschaft in Betracht. Metastasen zu bilden, die ihrer- 
seits eine ganze Reihe von Erscheinungen von Seiten der verschiedenen 
anderen Organe des Körpers bewirken können. So entwickelten sieh bei 
einem Patienten mit inoperablem Blaseneareinom im Verlaufe eines gan- 
zen Monats Anzeichen von Impermeabilität des Darmes zugleich in vielen 
Abschnitten desselben: bei einem anderen Patienten begann gleichsam 
unter den Augen eine Gesehwulst an der Basis des Mesenteriums des 
Sromanum zu wachsen, wodurch eine Störung der Funetion dieses Darm- 
abschnittes hervorgerufen wurde: bei einem dritten Patienten bestanden 
innerhalb 2'/ Wochen unstillbares, fast ununterbrochenes AufstoBen und 
Singultus. Der Patient vermochte weder zu essen, noch zu trinken, noch 
zu sprechen: Narcotica brachten nur vorübergehende Erleichterung. 
Schließlich ist der Einfluß der malignen Neubildungen auf den gesamten 
Organismus im Sinne rascher Entwicklung der Kachexie allgemein be- 
kannt, während bei gutartizgen Geschwilsten. selbst wenn sie reichliche 
und häufige Blutungen erzeugen, die Patienten ein relativ gesundes und 
munteres Aussehen haben. Es kommen aber auch solehe Fälle vor, die 
man nach der einen Gruppe von Symptomen als gutartize Geschwiilste. 
nach der anderen als bösartige Geschwülste betrachten muß. Ganz be- 
sonders gilt dies für stark gewucherte Polypen und für das Zettenepi- 
theliom im Anfangsstadium seiner Entwicklung. Diese Geschwülste kann 
man bisweilen selbst bei der Operation voneinander nieht unterscheiden. 
Infolgedessen gilt es in der Klinik von Prof. v. Fedoroff zu St. Peters- 
burg als Regel. sämtliche gutartigen Blasenpolypen nach den Regeln bei 
malignen Neubildungen zu operiren, d. h. von den gesunden Geweben. 
welehe die Basis der Geschwulst umgeben, möglichst viel zu entfernen. 
Natürlich wird es nicht wenige Fälle geben, in denen das intravesieale 
Abbrennen des Polypen allein stabile Heilung erzeben wird: nicht zerine 
ist aber auch die Zahl derjenigen Fälle, in denen die Patienten auch ohn« 
Operation sich vollständig wohl fühlen. Casper berichtet beispiels- 
weise über einen Patienten, bei dem die Blasengeschwulst 28 Jahre be- 
standen hat. 1—2 mal im Jahre verliert der Patient ungefähr acht Taxe 
lang Blut, während er in der übrigen Zeit sich vollständig wohl fühlt. Es 
sind auch Fälle beschriebeu worden, in denen Patienten mit ihren Blasen- 
blutungen 30 und sogar 32 Jahre gelebt haben. Natürlich sind solche 
Fälle als Ausnahmen zu betrachten und bei der Aufstellung von allge- 
meinen Gesichtspunkten nicht in Betracht zu ziehen. Wenn man auch 
durch Beobachtung und wiederholte eystoskopische Untrsuchungen sich 
bisweilen überzeugen kann, dass man es mit einer vollständig benignen 
Blasengeschwulst zu thun hat, so kann man doch niemals im Voraus ent- 
scheiden: 1. ob die Blutung stets vorübergehend, unbedeutend bleiben 
und sich nicht in eine lebensgefährliehe verwandeln wird, und 2. ob die 
Geschavulst stets gutartig bleiben und sich nicht zu einer malignen ge- 


Te 


stalten wird. Statistische Erhebungen liegen in dieser Beziehung nicht 
vor. man weiß aber sieher, daB Papillome häufig in Zotteneareinom- und 
Epitheliom übergehen. Andererseits sind uns günstige Resultate von 
operativer Intervention bei malignen Blasengeschwülsten bekannt, so daß 
es heutzutage riehticer und humaner ist. den Patienten die radicale Re- 
section der Geschwulst vorzuschlagen, als sie der Gefahr von unbekann- 
ten Eventualitäten auszusetzen. In der Klinik von Prof. v. Fedoroff 
basirte die Diagnose der Blasengeschwiilste vor der Operation auf der 
Beobachtun:z des Krankheitsverlaufes. auf den Ergebnissen der chemisch- 
mikroskopischen Harnanalyse und auf den Resultaten der eystoskopischen 
Untersuchung. Letztere wurde bei einem und demselben Individuum nicht 
selten mehrere Male vorgenommen. Dies geschah, um einige complicirte 
Fragen klarzustellen und dementsprechend einen gewissen Operationsplan 
auszuarbeiten. So sah Verfasser bei einem Patienten bei der ersten 
eystoskopischen Untersuehung ein großes Papillom, welches in seiner 
Masse die Oellnung des linken Ureters verbarg, so daß die Reseetion der 
Gieschwulst samt dem Blasenende des UTreters geplant wurde; die zweite 
eystoskopische Geschwulst ergab jedoch, daß die Geschwulst in einer 
Entfernung von fast 15 em von der zweiten Üretermündung lag, und daß 
nur die langen Zotten der Geschwulst, indem sie sich sämtlich nach der 
einen Seite meigten, tiber das Blasenende des Ureters herabhiingen. Nach 
dieser Feststellung wurde natürlich der früher gefaßte Operationsplan 
abgeändert und auf die Resection der Geschwulst allein reducirt. Zweifel- 
los kann in solchen sehwierizen Fällen der Lagewechsel des Patienten 
während der eystoskopisehen Untersuchung groBen Nutzen bringen: 
Wenn man das Becken des Patienten hochhebt und senkt, dasselbe bald 
nach der einen, ball nach der anderen Seite wendet, so kann auch die 
Lage und Neigung der Zotten des Papilloms sich ändern und dadurch zur 
Aufklärung der Frage der Wechselbeziehung zwischen Geschwulst und 
Ureter beitragen. Dasselbe kann man bisweilen mittels des Irrigations- 
eystoskops erreichen: indem man Flüssigkeit in die Blase einführt, kann 
man diese dehnen und dureh den Flüssigkeitsstrom die Zotten zur 
Veränderung ihrer Lage veranlassen. Erweist sieh dies als unzureichend, 
so verfährt man nach Prof. v. Fedoroff folgendermaßen: Indem man 
in die Harnblase mit dem Katheterisationseystoskop eingeht, sucht man 
mit dem Ende des Katheters unter die Geschwulst zu gelangen: indem 
man nun die Zotten nach der einen oder nach der anderen Seite verdrängt 
und hoehhebt, kann man die Oeffnung des Ureters erblicken. In Fällen 
vou Zottencarcinom, wo die Zotten kurz und nicht so leicht beweglich sind 
wie bei gutartigen Papillomen, sind diese Manipulationen von geringem 
Nutzen. besonders wiehtig sind wiederholte eystoskopische Unter- 
suchungen in denjenigen Fällen, wo man sieh nieht sofort über die Natur 
der Geschwulst bestimmt ausspreehen kann, und wenn man sie mit 
Hilfe des Cystoskops nieht genau feststellen kann, so bleibt nichts anderes 
übrig, als eine mutmaßliche Diagnose zu stellen und die Entscheidung erst 


— 49S — 


nach der Operation an der Hand der mikroskopischen Untersuchung zu 
treffen. Auf die mikroskopische Untersuchung der mittels des Operations- 
eystoskops reseeirten Geschwulststückehen kann man nicht immer stehere 
Schlüsse bauen. Diese Untersuchung zeigt, daB die Spitze der Zotten 
mit typischem Epithel bedeekt ist. während an ihrem Stiele in den Mu~- 
keln bereits Infiltration vorhanden sein kann. 

In der Klinik wie in der Privatpraxis des Prof. x. Fedoroff kamen 
in den letzten zwei Jahren 16 Patienten mit Blasentumoren in Behand- 
lung. Es waren darunter 15 Männer und 1 Frau. In sämtlichen Fällen 
handelte es sich um eine primäre Neubillung. hei 10 um eine solche ma- 
liener, bei 6 um eine solche benigner Natur. Von der ersten Gruppe sind 
5 nieht operirt worden, bei 2 mußte man sich auf die Anlerunz einer 
suprapubischen Fistel beschränken. bei 3 wurde die radicale Resection 
der Geschwulst per seetionem altam vorgenommen. 

Fälle, die nieht operirt wurden. In dem ersten Fall 
handelt es sich um einen 64 Jahre alten Patienten. der über Hämaturie 
und allgemeine Schwäche klagte. Die eystoskopische Untersuchungs er- 
gab auf der hinteren unteren Wand zwei carcinomatose Geschwire. von 
welchen das eine auf die Mündung des linken Ureters übergegangen ist 
um welehe die Schleimhaut bedeutend infiltrirt war. Der Patient wurde 
als inoperabel erkannt. Alle zur Stillung der Blutung angewandten 
Mittel hatten keinen Erfolg. Entlassung nach drei Monaten: nach einem 
kalben Jahre Exitus. Der zweite Fall betrifft einen 53 jährigen Patienten. 
der über gesteizerte Mietionsfrequenz. Schmerzen beim Harnlassen, über 
lläimaturie und allgemeine Schwäche klagte. Bei der Untersuchung dureh 
den Mastdarm fühlte man eine feste, sehr schmerzhafte Blasenzeschwulkt. 
die unmittelbar hinter der Prostata beginnt, den Boden der Blase ein- 
nimmt, und aus ihrer hinteren Wand nach oben steigt. Eine evsteskopi- 
sche Untersuchung konnte nicht vorgenommen werden. Nach ca. fünf 
Wochen starb Jer Patient unter Erscheinunzen von nachlassender Herz- 
thitigkeit. Der dritte Patient. ein 63 jähriger Greis. klagte über Sehmer- 
zen in der Resio suprapubica und über Hämaturie Die eystoskopische 
Untersuchung ergab am Boden und teilweise an der linken Seitenwand 
einige Gesehwiire mit erhabenen Rändern. um welche herum die Schleim- 
haut in weiter Ausdehnung infiltrirt war. Der Fall wurde als inoperabel 
erkannt. Man gab sich die erdenklichste Mühe, die Blutung zu stillen. 
aber ohne Erfolge. Nach ea. einem halben Jahre starb der Patient an ear- 
einomatöser Kachexie. Der vierte Fall betrifft einen 58 jähriren Patien- 
ten, bei dem die wiederholte eystoskopiseche Untersuchung ein Zotten- 
epitheliom erzab. welches die vordere linke Wand der Blase einnahm und 
an derselben eine Gieschwulst bildete. Der Patient hätte operirt werden 
können, er war aber zu sehwach, zurleich lungen- und nierenkrank. In- 
folzedessen mußte ihm die radicale chirurgische Intervention versagt 
werden. Der fünfte Patient, ein 53 jihriger Oberst. kKlagte über Häma- 
turie und hocheradizen. namentlich in der letzten Zeit eingetretenen 


— 499 — 


Kräfteverfall.e Der Patient wurde längere Zeit mit absoluter Ruhe, Aus- 
spülungen der Blase und innerlichen blutstillenden Mitteln behandelt, 
ohne daB es gelang, der Blutung Herr zu werden. Selbst die Ausspülun- 
een der Blase mit Adrenalinlösung 1:5000 vermochten nicht, die Blutung 
wenigstens soweit zu verringern, daß die Vornahme einer eystoskopischen 
Untersuchung möglich geworden wäre. Jedoch konnte bei der bimanu- 
ellen Untersuchung eine Geschwulst festgestellt werden, die von der ver- 
erößerten Prostata ausging und den ganzen Blasenboden einnahm. In 
Anbetracht der Natur der Blutung, der Beschaffenheit des Harns, der 
groBen Dimensionen der Gesehwulst und der allgemeinen lnanition des 
Patienten konnte von einer operativen Intervention nieht die Rede 
sein. Man suchte den allgemeinen Ernährungszustand des Patienten 
durch Arsengaben zu heben: Wannenbäder, Urotropin und Sulfonal, 
welches letztere der Patient vor dem Schlafengehen bekam, besserten ein 
wenig seinen Zustand: die Blutbeimischung im Harn wurde geringer, 
desgleichen die Sehmerzen beim Harnlassen, auch der Mietus selbst 
sehien nieht mehr so häufig zu sein: dies alles hielt nur ea. 1/7 Wochen 
an, worauf sämtliche Krankheitserscheinungen wieder in früherer Inten- 
sität sich einstellten und Schlaflosigkeit sowie unaufhérlicher Harndrang 
den Patienten in höchstem Grade erschöpften. In diesem Zustand wurde 
der Patient aus der Klinik entlassen. 

Anlegung einer suprapubischen Fistel In dem 
ersten Falle handelt es sieh um einen 65 jährigen Patienten. Cystoskopi- 
sche Untersuchung unmöglich, da selbst die Einführung von 20—30 cem 
Flüssiekeit eine stürmische Contraction der Blase hervorruft, so daB die 
Flüssigkeit aus dem Kanal neben dem Katheter hinausgeschleudert wird. 
Da der Patient entsetzlich htt, wurde die Sectio alta ausgeführt. Bei der 
Eröffnung der Blase fand man in ihr eine außerordentlich große 
papilläre Geschwulst, die schlaff und in Zerfall begriffen war: ein Teil 
dieser wurde mittels Luer'scher Zange entfernt: ein Teil mittels 
scharfen Löffels abgekratzt. Der Patient überstand die Operation gut, 
starb aber bald darauf au eareinomatöser Kachexie. Die resecirte Ge- 
schwulst erwies sich bei der mikroskopischen Untersuchung als Zotten- 
caremom. In dem zweiten hierher gehörigen Falle handelte es sieh um 
einen 59 jährigen Patienten, der über vermehrten Harndrang, Schmerzen 
bei der Harnentleerung, über Hämaturie und über Schmerzen im Unter- 
leib klagte. Oberhalb der Symphyse fühlte man eine höckerige, derbe, 
faustgroBe Geschwulst. Cystoskopie auch hier unmöglich. Klinischer 
Verlauf: Operation und Ausgang wie im vorstehenden Falle. 

Radicale Resection einer Gesehwulst per sec- 
tionemaltam. In dem ersten hierher gehörigen Falle handelt es 
sich um einen 62 jährigen Patienten, bei dem die eystoskopische Unter- 
suchung in der Nähe des linken Ureters eine kirschgroße Geschwulst mit 
kleinen Zotten und leicht höckeriger Oberfläche ergab. Der Zustand des 
Patienten erheischte eine Operation. Dieselbe bestand in Sectio alta und 


— 500 — 


radicaler Resection der vorhandenen (ieschwulst, die auf der hinteren 
linken Blasenwand auf einem breiten Stiel saß und die Größe einer zrüße- 
ren Kirsche hatte. Dauer der Operation 1 St. 10 Min., der Narkose 55 Mi- 
nuten. Postoperativer Verlauf regelmäßig. Drei Wochen nach der Ope- 
ration konnte Pat. als geheilt entlassen werden. Die mikroskopische Un- 
tersuchung der resecirten Geschwulst ergab flachzelliges Carcinom. In der 
mit der Geschwulst entfernten Schleimhaut fand man eine atypische Epi- 
thelwucherung nicht. Der zweite Patient, ein 40 Jähriger Capitän. litt an 
den charakteristischen Erscheinungen einer Blasengeschwulst. In der 
That ergab die Cystoskopie ein aın breiten Stiel sitzendes, deutlich pul- 
sirendes Papillom, außen und hinten vom linken Ureter: außerdem 
ein breites, steeknadelkopfgroßes Papillom an der Blasenspitze. Ope- 
ration wie im vorstehenden Falle. Man fand ein wallnußeroßes Papillom 
genau an der Stelle, wo man es nach dein Ergebnis der eystoskopischen 
Untersuchung vermutet hatte. Glatter postoperativer Verlauf, Heilung 
und Entlassung. Nach acht Monaten kaın der Patient wieder, wobei die 
eystoskopische Untersuchung Folgendes ergab: in einer Entfernung vu 
1,5-—2 em von der Operationsnarbe befindet sich ein erbsengroBes Papil- 
loın, während zwei weitere hanfkorngroße Papillome in der Nähe des 
Sphineters saßen. In die vorgeschlagene Operation willigte der Patient 
diesmal nicht ein. In dem nächstfolgenden Falle fand man bei der Fr- 
öffnung der Blase nach der Seetio alta eine auf einem ziemlich fester. 
kurzen Stiele sitzende, hühnereigroBe, hückerige, blumenkohlähnli® 
Geschwulst, die in der üblichen Weise reseeirt wurde. Glatter pt 
operativer Verlauf. Der Patient wird einen Monat nach der Operiton 
als geheilt entlassen. 

In den übrigen Fällen handelt es sich um benigne Polypen, die saimi- 
lich durch Sectio alta mit glänzendem Erfolg im Sinne vollständiger Ge- 
nesung der Patienten und Verhütung von Reeidiven entfernt wurden. Ip 
einigen Fällen wurde die Blase resecirt, und zwar in einem Falle ca. dw 
Hälfte, in einem anderen ea. zwei Fünftel des Organs. Die Operation 
ergab durchaus günstige Resultate; sie kann bei umfangreichen Oe- 
schwiilsten der Harnblase als die radiealste Intervention -betrachtet 
werden. M. Lubowskt. 


Dr. Alfred Exner (Wien): Fall von Entzündung der Blasen- 
wand um einen Fremdkörper. (Wiener klin. Wochenschr. 
1906, No. 3.) 

Verfasser stellte in der Gesellschaft der Aerzte in Wien (Sitzung vom 

12. Januar 1906) einen seltenen Fall von Entzündung der Blasenwami 

vor. Es handelt sich um eine 54 jährige Frau, die vor ungefähr 1: Jahr 

mit Schmerzen beim Uriniren erkrankte. Zugleich bemerkte sie, dab s-r 

Harn tribe war. Nach 10 Tagen befand sie sich wieder vollkommen wet. 

Dieser Zustand des Wohlbefindens hielt bis vor zwei Monaten au. Dara 

stellten sieh neuerlich Sehmerzen beim Uriniren ein, der Harn war trub 


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und nachdem eine 14 tigige medicamentése Behandlung ohne Erfolg ge- 
blieben war, wurde die Kranke auf die chirurgische Klinik von Prof. 
Hochenegg gebracht, wo E. sie untersuchte. Er fand an der sonst 
vollkommen gesunden Frau nur die Symptome einer hochgradigen Cystitis 
und auch die am 22. November vorgenommene Cystoskopie ergab keine 
weiteren Aufschliisse. Bis zum 30. November besserte sich die Cystitis 
bei täglichen Blasenspülungen in bedeutendem Maße und die an dem ge- 
nannten Tage vorgenommene zweite Cystoskopie stellte folgende Ver- 
änderungen in der Blase fest: Die früher sehr starke Hyperämie der 
Rlasensehleimhaut war fast vollständig verschwunden. Am Scheitel der 
Blase fand sieh ein etwa kronenstückgroßer Tumor, der mit einigen Zotten 
in das Blasenlumen hineinragte. Während sich die Geschwulst gegen die 
linke Seite vollkommen scharf von der sonst normalen Schleimhaut ab- 
grenzt, verläuft sie nach rechts ziemlich flach und scheint diffus in das 
Nachhbargewebe iiberzugehen. Dieser Befund führte zur Annahme eines 
Tumors der Blasenschleimhaut und es wurde die Exstirpation beschlossen. 
Verfasser führte die Operation am 8. December aus. Nach Freilegung 
der Blasenwand zeigte sich, daß der am Scheitel der Blase fühlbare Tumor 
mit intraperitoneal gelegenen Teilen verwachsen war. Verfasser eröffnete 
das freie Peritoneum und fand Teile des großen Netzes ain Blasenscheitel 
finirtt.. Außerdem war eine Dünndarmschlinge mit dem fixirten Netz- 
zipfel verwachsen. Dieser Befund bestärkte ihn in der Vermutuug, daß 
es sich um einen malignen Tumor der Blase handle, der auf das Peri- 
toneum der Blase übergegriffen und zu Verwachsungen mit dem Netz ge- 
führt hatte. Nun durcehtrennte er das adhärente Netz, worauf man die 
Blase etwas vorziehen konnte. Uin die geplante Blasenresection extra- 
pertineal ausführen zu können, vernähte Verfasser das Peritoneum parie- 
tale mit der hinteren Blasenwand und exstirpirte den Tumor. Die Unter- 
suchung des Präparates ergab folgenden interessanten Befund: Die 
Blasenschleimhaut ist über dem Tumor leicht gerötet und von zahlreichen 
kleinen, warzenartigen Gebilden besetzt. Die Geschwulst wölbt die 
Schleimhaut halbkugelig vor, durchsetzt die Musculatur der Blase und 
greift auf das Peritoneum der Blase über. An dieser Stelle ist das abge- 
tragene Netzstück adhärent. 

Als Verfasser den Tumor durehsehnitt, fand sich ein ungefähr 2 em 
langer, steeknadeldieker Fremdkörper, der mit einem Anteil noch im ad- 
härenten Netz, mit seinem größeren Teil in der Blasenmuseulatur lag. Die 
mikroskopische Untersuchung zeigte, daß der Tumor nur aus Granulations- 
xweweb> bestand, der Fremdkörper erwies sich als Holzspan. 

Der Weg, auf welchem der Fremdkörper in die Blasenwand gelangte, 
läßt sich in diesem Falle ziemlich genau feststellen. Die Adhäsionen 
zwischen Blasenscheitel und Netz einerseits, Netz und Dünndarm anderer- 
lassen vermuten, daß der Fremdkörper den Dünndarm perforirt hat und 
von dort aus in die Blasenwand gelangte. Anamnestisch ließ sich darüber 
nichts eruiren. Kr. 


— 502 — 


V. Ureter, Niere ete. 


Dr. Joset Pelnar: Zur Pathogenese der orthostatischen 
Albuminurie. (Centralbl. f. innere Med. 1905, No. 12.) 


Unter orthostatischer Albuminurie versteht man jene Albuminurie. 
welehe nur so lange dauert. als der Patient geht oder steht, und welche 
verschwindet. wenn sich der Kranke niederlegt. Der Ueberganz der 
horizontalen Lage in die verticale genügt allein., um sie auszulösen. 
während Nahrung. Getränke, Bäder und Affeete keinen EinfluB auf ihre 
Entstehung habeu. Verf. hat nun an 11 Fällen von orthostatischer 
Albuminurie aus der Klinik des Prof. Thomayer genaue Unter- 
suchungen hinsichtlich ihrer Pathogenese angestellt. Es handelte sich 
durchweg um junge heranwachsende Individuen im Alter zwischen 12 und 
23 Jahren. Bei 8 Patienten bestand hereditäre neuropathologische Be- 
lastune im weitesten Sinne, und bei allen Fällen meorpholozische 
Anomalien. Alle Patienten bis auf einen Epileptiker waren schwach. 
hoch aufgeschossen, von gracilem Knochenbau und alle (bis auf 
drei) hatten blasse Wangen. Alle zeigten bedeutende cardiovasculare 
Störungen: Beweglichkeit des Pulses, erhöhte vasomotorische Retlexe. 
Wanderherz, Asphyxie der Finger, Neigung zu Ohnmachten und dergl 
Bei 9 Fällen fanden sieh in der Anamnese Infeetionskrankheiten, darunter 
“mal Scharlach. Bei 6 Fällen constatirte man im Niederschlag hier und 
da einen vereinzelten hyalinen oder granulirten Cylinder. Kein einziger 
Patient bot die Berleitsyinptome der Nephritis. Es handelte sieh stets 
um Serumalbumin: manchmal, aber nur unregelmäßig, war e> von 
Nucleoalbumin begleitet. Von Salzen wurde kein einziges regelmäßir 
im Harn gefunden. Besondere Aufmerksamkeit schenkte Verf. den 
‘ardiovasculiren Störungen. und specielle bezügliche Beobachtungen er- 
gaben in der That. daß der Blutdruck beim Aufstehen jedesmal sank. un: 
beim Stehen immer niedriger, beim Liegen immer höher war. Der Puly 
war im Stehen immer klein. weniz gespannt, manchmal auch schlecht 
tastbar, dierot und immer frequenter: manchmal betrug die Beschleuni- 
gung in der Vertiealstellung: mehr als 100 pCt. Diese Veränderungen 
traten beim Laxewechsel ganz regelmäßig ein, und zwar beim Blutdruck 
sofort, und beim Puls in der eroßen Mehrzahl der Fälle ebenfalls sofert. 
Gleichzeitig mit diesen Veränderungen traten beim Aufstehen Olizurie 
mit erhöhten speeifischen Gewicht und Albuminurie auf. Das Heart 
erschien im Harn fast ausnahmslos vor Ablauf einer Stunde, am häufigsten 
nach einer halben Stunde, aber auch schon nach einer viertel Stunde: 
ungefähr ebenso rasch verschwand es nach dem Niederlegen. Angesicht 
der langdauernden Beobachtung und der zahllosen Messungen war ein 
/ufall ausgeschlossen. Infolgedessen forschte Verf. nach dem näheren 


— 503 — 


Zusammenhange beider Thatsachen. Er kam zu dem Schluß, daß die 
cardiovasculären Veränderungen, die bei seinen Patienten auftraten, auf 
der Basis der hereditären neuropathologischen Belastung entstanden 
sind. Jene mechanischen Hindernisse, welehe sieh dem Blutstrome beim 
Uebergange der horizontalen Lage in die verticale entgegenstellen, 
und die von einem normalen Individuum unbemerkt überwunden werden, 
venüsen bei dem Patienten, um das Krehl'sche Krankheitsbild, daß 
einer Veberfüllung der erschlafften Gefäße im Bereiche des Splanchnieus 
(niedriger Blutdruck, Pulsbesehleunigung, Dierotismus. Obligurie) ent- 
sprieht, hervorzurufen und eine Verlangsamung des Blutstromes im 
Malpighi‘schen Kôrperchen zu verursachen. Zur Entstehung einer 
Albuminurie ist aber außerdem noch eine Läsion des Nierenparenchyms 
notwendig. Damit der orthotische Typus der Albuminurie entstehe, darf 
diese Läsion nieht bedeutend sein. Cireulationsstörungen allein genügen 
aber nicht. Hösslin fand unter 822 Neurasthenikern nur dreimal eine 
Albuminurie, die mit einer Nierenentzündung bestimmt nicht zusammen- 
hing. obwohl eardiovaseuläre Anomalien sehr häufig beobachtet wurden. 
Bei diesen Kranken machten es die Anamnese und einzelne Sediment- 
befunde wahrscheinlich, daß bei ihnen das Nierenparenchym lädirt 
war. Durch diese Auffassung, daß nämlich bei mäßiger Läsion der 
Nieren die beschriebenen Cireulationsstörungen nicht blos zur Oligurie, 
sondern auch zur Albuminurie führen, ist cin weiterer Schritt zur Er- 
kenntnis des Mechanismus bei der orthotisehen Albuminurie geschehen. 
Die leichte Schädieung des Nierenparenehyms setzt Verf. als reales Sub- 
strat an Stelle der hypothetischen Unterschiede in den Maßen und in der 
Riehtune der Poren der Bowman'schen Kapsel, an Stelle der 
Leube`sehen Hypothese von Menschen mit absolut undichtem, relativ 
undichtem und relativ dichtestem Nierenfilter. Mit dieser Erklärung 
stimmt die Beobachtung in drei Fällen überein, wo die orthotische Albumi- 
nurie verschwand, sobald die vasculären Abweichungen verschwanden, 
sowie aueh die Beobachtung, daß sieh bis Jetzt einzig und allein gute 
FEınährung und tonisirende Mittel bei der orthotischen Albuminurie in 
therapeutischer Beziehung bewährt haben. Man wird jetzt auch leichter 
verstehen. warum die orthotische Albuminurie unter ungünstigen Ver- 
hältnissen in eine banale Nephritis übergehen und eine abklingende 
Nephritis den orthotischen Typus der Albuminurie zeigen kann. 
M. Lubowski. 


Dr. H.F. Grünwald: Zur Frage der medicamentösen Beein- 
fiussung nephritischer Albuminurien. (Ceutralbl. f. innere 
Med. 1905, No. 48.) 

Verfasser hat in einigen Fallen Diuretin in Dosen von 2 g angewen- 
det und diese Fälle einer genauen Analyse unterzogen. Auf Grund seiner 
Untersuchungen ist Verfasser zu der Ansicht gelangt, daß es Fälle von 
Nephritis giebt, in denen das Diuretin einen bedeutenden Einfluß auf die 


— 504 — 


Menge des ausgeschiedenen Albumens hat; insbesondere sind es die pa- 
renehymatösen Formen, die hier in Frage kommen. Ob dies bei einer 
eroßeren Zahl von Fällen zutrifft und insbesondere, ob eine systematische 
Behandlung mit Diuretiu eine dauernde Verminderung der Albu- 
minurie zur Folge hat, läßt sieh natürlich nach diesen Untersuchungen 
nieht sagen. Immerhin könnte man vermuten, daB dureh die hierdurch 
bewirkte bessere Durchblutung der Nieren die erkrankten Epithelien 
besser ernährt und somit auch in diesem Sinne eine günstige Beein- 
flussung des Processes hervorgerufen werden könnte. Inwieweit dies 
de facto zutrifft, wird natürlich nur eine groBe Zahl weiterer Unter- 
suchungen erweisen können. M. Lubow ski. 


Pässler (Dresden): Beiträge zur Pathologie der Nieren- 
krankheiten nach klinischer Beobachtung bei Anurie. 
(23. Congreß f. innere Med. in München vom 23.-—-26. April 1906. 
Allg. med. Centr.-Ztg. 1906, No. 20.) 

D beobachtete eine Frau. welehe ein Vierteljahr nach einer Total- 
exstirpation eine Harnsperre bekam, nachdem sie sieh zuerst gut erholt 
hatte. Bei dieser Kranken traten keine eigentlichen urämischen Erschei- 
nungen auf. Auffallend war, daß sich bei der Patientin Uringeruch aus 
dem Munde bemerkbar machte. Der Blutdruck fand sich gesteigert. 
Trotz der Harusperre traten keine Oedeme auf, höchstens ein geringes 
Knöchelödem. lm Anschluß an diese Beobachtung geht P. auf mehrere 
Punkte der Urämiefrage ein. Man könnte zunächst schlieBen, daB das 
Urämiegift eine gewisse Latenzzeit braucht, aum, nachdem es eine gewisse 
Anhäufung erfahren hat, dann erst zu eelamptischen Anfällen zu führen. 
Wie schon Senator angiebt. kommt das Urämiegift im normalen Harn 
nieht vor. P. geht sodann bei der Besprechung der Blutdrucksteigerune. 
welche bei dieser Kranken beobachtet wurde. auf verschiedene Theorien 
ein, welehe zur Erklärung der Blutdrucksteigerung bei XNierenkranken 
aufgestellt sind. Das Maßgebende für eintretende Blutdruck steigerun? 
scheint ganz im allgemeinen darin zu liegen, daß eine beträchtliche Sto- 
rung der elimmirenden Function der Nieren eintritt. Ferner erörtert F. 
die Anschauungen einer Reihe von Autoren über das Zustandekommen 
der Oedeme. Offenbar existiren außerhalb der Nieren noch andere Ein- 
richtungen für die Registrirung des Wassergehaltes des Organismus. li 
dem beobachteten Falle nahm die Kranke während der Anurie an Körper- 
gewicht zu. Es war also zu erwägen, ob nieht das aufgenommene Wasser 
sich in den BlutgefäBen vorfinden würde. Doch ergab die Untersuchung 
des Blutes, daB keine ehebliche Verdünnung desselbem vorlag. Da: 
nicht ausgeschiedene Wasser mußte also in den Geweben irgendwie auf- 
gespeichert werden, doch war dies offenbar in anderer Weise der Fall. 
als wir dies in Form der Oedeme zu Gesicht bekommen. Es giebt echt» 
nephrogene Retentionsödeme und andererseits Anasarca, das muB uuter- 
sehieden werden, M. Lubows ki. 


— 505 — 


Dr. A. Läwen: Beiträge zur Kenntnis plastischer Ope- 
rationen am Nierenbecken bei Hydronephrose. (Deutsche 
Zeitschr. f. Chir. 1905, Bud. 1, H. 3.) 


An die bis heut vorliegenden Beobachtungen reihen sich folgende 
zwei in der Leipziger chirurgischen Klinik von Trendelenburg 
operirte Fälle an: 

1.Herbert W., 5/: Jahre, Beamtensohn. Aufgenommen am 8. De- 
vember 1904. 

Diagnose: Hydronephrose der linken Niere. Operation am 14. NII. 
1904: In Chloroformnarcose sehräger Lumbalsehnitt, Freilegung der linken 
Niere. Es handelt sich um eine Hydronephrose. Der Hydronephrosensack 
wird mit einem Trojeart punctirt und entleert. Dann wird er durch eine 
Incision eröffnet. Die Uretermiindung findet sich ein erhebliches Stück 
oberhalb der tiefsten Stelle des Nierenbeekens. Der Ureter verläuft in 
der Wand des Hydronephrosensackes. Der den Ureter vom Nierenbecken 
trennende Sporn wird in seiner ganzen Linge vom Nierenbecken aus ge- 
spalten. Die Ureterränder werden mit Catgut an die Riinder des Nieren- 
heckens angenäht. Die Einmündung des Ureters wird so an die tiefste 
Stelle des Sackes verlagert. Aus dem Hydronephrosensaek wird ein er- 
hebliches Stück reseeirt. In den Ureter wird ein dünnes Gummidrain, 
in das Nierenbecken ein etwas diekeres eingeführt. Das Nierenbecken 
wird im übrigen durch Lembert sche Ftagennähte verschlossen. Die 
Drains werden zur Hautwunde hinausgeleitet. Die Hautwunde wird zum 
größten Teil vernäht. zum kleineren tamponirt. 15. NIT. Operation gut 
überstanden. Aus beiden Drains fließt blutig tingirte Flüssigkeit ab. 
28. NII. Der aus beiden Drains und aus der Urethra entleerte Urin ist 
völlig klar. Das Nierenbeckendrain wird entfernt. 5. I. Gestern Abend 
Temperaturanstieg auf 39,9, eine Ursache hierfür nicht auffindbar. 9. I. 
Temperatur wieder normal. Ureterdrain entfernt. 29. I. Patient steht 
auf. 7. II. An Stelle der früheren Hydronephrose keine Resistenz pal- 
pabel. Die Operationswunde ist völlig geschlossen. Der Urin wird ganz 
aus der Harnröhre entleert. Beim Husten und Stehen wölbt sich die 
Operationswunde hervor. Patient wird mit Leibbinde entlassen. Die 
Heilung hat bis jetzt angehalten (5 Monate nach der Entlassung). 

2. Max Hi.. 56 Jahre, Bäcker. Aufgenommen am 24 X. 1904. 

Diagnose: Hydronephrosis renis sinistri. Fehlen der rechten 
Niere. 5. XI. 1904 Operation: Sehriiger Lumbalschnitt. Nach Spaltung 
der Fettkapsel wird die Niere hervorgeholt, was schwer gelingt, da die 
Niere sehr groß ist, doppelt so groß wie eine normale. Ineision der Niere 
bis in das Becken. Entleerung von reichlicher dünner, gelblich-roter, 
klarer Flüssigkeit vom Geruch des Urins. Das stark dilatirte Nieren- 
becken wird durch eine besondere Incision gespalten und die kleine, 
schlitzformige Uretermiindung gefunden. Der Ureter verläuft 4—5 cm 
weit in der Wand des Nierenbeckens, so daß bei Füllung desselben ein 


— 506 -- 


Klappenverschluß zu Stande kommen mußte. Spaltung des in der Wand 
des Nierenbeckens verlaufenden Teiles des Ureters. Seine Schleimhaut 
stellt jetzt einen ca. + em langen und 3—4 mm breiten Streifen dar. Dir 
Ränder dieses Streifens werden mit den Schnittriindern des Nierenbeckens 
vernäht. Einführung einer elastischen Bougie von entsprechender Stärke 
in den Ureter. Das Nierenbecken wird exact vernäht. zur Ableitung des 
Urins wird ein Gummidrain in eine Lücke dieser Naht gelegt. Dieses 
Drain wie die Ureterbougie werden durch Seidenniihte in der Hautwunde 
fixirt. Die Hautwunde wird zum Teil geniht, zum Teil tamponirt. 10. XI. 
Der Urin läuft zum größten Teil aus dem Drain, zum kleineren aus der 
Urethra ab. Aus der Urethra liefen am Tage nach der Operation 1500 g. 
dann immer weniger, heute nur 50 g. Es wird vermutet. daß bei dem Pat. 
die rechte Niere fehlt. 18. XI. Bougie wie Drain sind heute von selbst 
herausgegangen, In den letzten Tagen Temperatursteigerungen. Urin 
stark getrübt, enthält Eiterkörperehen in großer Menge. 6. XIL. Wunde 
bis auf eine fingzerkuppengroße Fistelöffnunz geheilt. Der Urin entleert 
sich größtenteils aus der Fistel. An manchen Tagen kommt aus der Blase 
gar nichts. Meist werden in 24 Stunden 50—100 g Urin entleert. Stark 
eitrige Trübung des Urins. 13. XIF Patient wird in’s permanente Bad 
gelegt. 16. NIT. Patient fühlt sich im Wasser sehr wohl. Temperatur 
normal. Per urethram entleert sich wenig diekflüssiger Eiter. Zwecks 
besseren Abflusses wird das Drain in die Operationswunde wieder 
eingeführt. 17. XII. Einführung eines zweiten Drains in die Operations- 
wunde und dreimaliges Ausspülen derselben mit Kochsalzlösungz. 15. 1. 
1905. Aus der Blase entleerten sieh SO—100 eem stark eitrigen Urins 
Reichlicher UrinabfluB aus der Nierenfistel. 20. T. Bet der eystoskopisehen 
Untersuchung zeigen sich zwei Uretermiindungen; die linke ist für einen 
Ureterkatheter durchgängig: in die rechte dringt ein dünner Ureter- 
katheter nur ea. 2—-3 em weit ein. Aus der linken Uretermündung sieht 
man trüben Urin tropfen, aus der rechten entleert sich nichts. | Hieraus 
wird geschlossen, daB die rechte Niere fehlt. 15. IT. Der größte Teil des 
Urins entleert sieh aus der Fistel. Aus der Blase entleeren sich täglich 
300--400 v. 17. II. Nierenfistel verheilt. Der ganze Urin wird aus der 
Blase entleert. 2. IV. Fistel wieder aufgebrochen. Seeretionsverhältniss® 
wechselnd: oft bleibt der Verband tagelang trocken. 15. V. Fistel ge- 
sehlossen. Der Urimahgranz erfolgt dureh die Blase. Tägliche Urimmenzr 
im Durchschnitt 1500 g. Patient befindet sieh noch in Behandlung. 

Epikritisch ist zu «diesen beiden Fällen zu bemerken. daß sich bei 
beiden Kranken nach der Operation der normale UrinabfluB aus dem 
Nierenbecken wieder hergestellt hat. Ob die Heilung iin zweiten Falls, 
eine dauernde bleiben wird. ist noch abzuwarten. Gerade an diesem Falle. 
wo sich mit groBer Wahrscheinlichkeit ein congzenitaler Defect der rechten 
Niere findet. wird der hohe Wert einer conservatives Behandlungs- 
methode der Hydronephrose demonstrirt. Die Nephreetomie würde hier 
jedenfalls zum Tode geführt haben. 


— 507 — 


Mit diesen beiden Beobachtungen liegen jetzt 13 Fälle von transpel- 
vischer Spornoperation bei Hydronephrose vor. Von diesen 13 Fallen 
sind 9 vollkommen, 1 mit einer kleinen Fistel geheilt. Zweimal mußte 
wegen Fistelbildung noch die Nephrectomie gemacht werden. Ein Pa- 
tient ist an Ileus gestorben. Mit Ausnahme dieses Falles ist die erkrankte 
Niere stets extraperitoneal, meist mittels lumbalen Schrägschnittes frei- 
gelegt worden. Der Zugang zum Nierenbecken wurde in der Regel durch 
Ineision der hydronephrotischen Crstenwand nach Trendelenburgs 
Vorgang geschaffen. Nurin einem von Bardenheuer operirten Falle 
diente der Sectionsschnitt der Niere als Zugang in’s Nierenbecken. Nach 
Beendigung der Klappenoperation wurden von den meisten Autoren 
Ureter und Nierenbecken drainirt, das Nierenbecken im übrigen völlig 
vernäht. Nur Bardenheuer nähte die Cystenwand in die Haut- 
wunde ein und tamponirte die Cyste von außen. Fenger combinirte 
den Eingriff mit der Fixation der Wanderniere, Trendelenburg mit 
der Resection des hydronephrotischen Sackes. 

Trendelenburg hat schon vor Jahren darauf hingewiesen, daB 
man in allen Fällen von Hydronephrose versuchen soll, die Mündungs- 
stelle des Ureters in das Nierenbecken an eine andere Stelle zu verlegen 
und den AbfluB des Urins durch den Ureter freizumachen. 

M. Lubowski. 


Dr. N. S. Pereschiffkin: Zur Diagnostik der Nierensteine 
durch Röntgenbilder. (Russische med. Rundschau 1906, No. 4.) 


Verfasser beschreibt fünf Fälle, in denen es ihm gelungen ist, die 
Radiographie zur Diagnosticirung von Nierensteinen mit Erfolg anzuwen- 
den und gelangt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Schlusse, daß in 
ıen weitaus meisten Fällen nur die Röntgenstrahlen die sichere Fest- 
stellung von Nierensteinen ermöglichen. Deshalb müsse man, sagt der 
Autor, überall da, wo in der Anamnese des Kranken über statt- 
gefundene Nierenkoliken oder Harnverhalten Angaben vorhanden sind. 
zu dieser Methode greifen, die nicht nur die Mittel zu einer richtigen Dia- 
nose in die Hand giebt, sondern auch ‘die Frage des operativen Eingriffes 
zu lösen vermag. 

In Anschluß an die Mitteilungen des Autors berichtet Prof. Fedo- 
roff, der Chef der Klinik, aus der diese Mitteilung hervorgegangen ist. 
über einen Fall, in welchem die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die 
Diagnose der Nierensteine ganz besonders vor Augen trat, weil es sich 
hier um einen sehr corpulenten Patienten gehandelt hat. Ein 40 Jahre 
alter Offizier klagte über Schmerzanfälle ın der linken Lendengegend. 
Vor sieben Jahren wurde er wegen Steinen in der rechten Niere operirt: 
in der Folge ist eine harnausscheidende Fistel im der rechten Lenden- 
gegend bis auf den heutigen Tax geblieben. In letzter Zeit sind urämisehe 
Erscheinungen, sowie Schmerzanfälle in der linken Lendengegend zu 


— 508 — 


Tage getreten: der Urin aus der Blase weist viel Eiter auf. Der Kranke 
ist ein wohlgenähbrter Mann, wiegt 95 kg, der Umfang des Bauches in 
der Nabelhôhe beträgt 1085 em. Man fühlt deutlich die rechte vererößerte 
Niere dureh, keine Fluctuation. Bet der Uystoskopie scheidet der linke 
Harnleiter eitrigen Harn aus, die Contraetionen des rechten Harnleiters 
fehlen. Katheterisiren unmöglich der Urethralstrietur wegen. Angesichts 
der Operation rechts war die Annahme, daß auch die linke Niere Steine 
enthält, mehr als wahrscheinlich. Doch gab es außer' der Röntreno- 
graphie keiu Mittel genau das Vorhandensein von Steinen zu beweisen. 
und was am wichtigsten war, Ihre Größe zu bestimmen. Der Rönt- 
genographie mußte die Frage der Operation überlassen werden, da 
man angesichts des schweren Zustandes des Patienten geneigt war. ihn 
womöglich zu schonen. Das Röntzenbild zeigte zwer Sehattenrisse: der 
eine hatte mehrere Fortsätze, der zweite wies undeutliche Conturen auf. 
Am 25. Mai 1905 wurde unter localer Cocainanästhesie die Nephrotomie 
sowie die Entfernung der Steine auszeführt (Urat-Phosphate): der eine 
sab fest tim Nierenkeleh und krallte sieh mit seinen Fortsätzen in das 
Nierenparenchym ein. die drei übrigen besaßen eine polvedrische Form 
und bildeten zusammen ein Conglomerat von der Größe einer Wallnuß. 
Der größere Stein war in natura 4 em lanı. 37: cm breit. Der Kranke 


wurde mit bedeutender Besserung entlassen. | 
M. Lubowski. 


Prof. Dr. Martens: Beiträge zur Nierenchirurgie. (v. Leuthold- 
Gedenkschrift, Bd. IL) 


Die Beiträge, denen nur wenige Fälle zu Grunde liegen, sind aus dem 
Grunde von besonderer Wichtigkeit, weil sie zu der vielumstrittenen 
Frage des Wertes und der Bedeutung der funetionellen Nierendiagnestik 
ein nieht zu untersehätzendes Plus zu Gunsten der Anhänger der 
funetionellen Nierendiagnostik hinzufügen, weil sie ferner zum Ausdruck 
bringen. was in manchen Publieationen der letzten Zeit, so z. B. in denen 
Kimmells fehlt, daß diese Methodik von Casper zum Teil in Ge- 
meinsehaft mit Richter weschaffen worden ist. In den Fällen des 
Autors hat die funetionelle Untersuchung des Urins stets Resultate er- 
veben, welches die übrigen Befunde bestätigten und den nachher 
erhobenen pathologisch-anatomischen Befunden durchaus entsprechen. In 
zwei Fällen diente der Ureterenkatheterismus nur insofern zur Fest- 
stellung der Diagnose, als er eine Nierenerkrankung ausschloß oder 
wenigstens unwahrseheintieh machte. Kinmal handelte es sieh um eine 
b3 jährige Frau mit kindskopferoßem Tumor in der rechten oberen Bauch- 
seite, dessen Zusammenhang mit Leber oder Nieren zweifelhaft war. Bei 
bimanueller Untersuchung fühlte man deutlichen Gegendruck in der 
rechten Nierenzerend hinten neben der Wirbelsäule. Der Ureteren- 
katheterisinus erwab: 


— 509 — 


Rechts Links 
spee. Gew. 1015 1014 

A 1,49 1,31 

t 

C 14 12 


Zucker beiderseits deutlich positiv (nach Phloridzininjection). 
Mikroskopisch keine abnormen Bestandteile. Die Probelaparotomie ergab 
ein noperables Lebereareinom. an dem die Frau später zu Hause in der 
Provinz gestorben ist (keine Sertion). 

Achnlieh waren die Ergebnisse der Untersuehung bei einer Frau, 
welche ın der rechten Nierengegend eine enorme Hnetuirende Schwellun«s 
hatte, die sehr wohl eine groBe Ilydro- oder Pyonephrose vorstellen konnte 
oder wenigstens einen paranephritischen Absceß. Der Urin war sehr 
spärlich und hochgestellt, enthielt einige Leukoeyxyten. Die Untersuchung 
ergab gleiehe Function beider Nieren, die Incision einen groBen AbseeB, 
der wohl in Zusammenhang stand mit einer drei Monate zuvor auswärts 
erfolgten Brucheinkleminunz und Operation, aber erst in den letzten 
2.-3 Wochen schon nach völliger Heilung der Wunde sieh entwickelt hatte. 

In 6 Fällen hat Verf. die Nephrektomie ausgeführt und «durchweg 
Heilung erzielt, und so glaubt er, ohne aus seinem spärlichen Material 
irgend welche definitiven Schlüsse ziehen zu wollen, auf die gegenwärtige 
vorhandene relative Gefahrlosiekeit der Nierenoperationen naechträelieh 
kinweisen zu ınüssen, um so inehr, als auch ärztlicherseits, namentlich die 
Fortnahme emer Niere noch als höchst lebenswefährlicher Eingriff an- 
gesehen wird und notwendige Operationen infolgedessen verzögert 
werden. Die Zahlen beweisen das Gegenteil und sie würden noch 
wiinstiger sein, wenn die Patienten früher zur Behandlung kämen. 
Vor allem würden dann aber aueh die Dauerresultate bessere soin, 
und namentlich bei Steinnieren würde so manche Niere erhalten werden 
können, welehe nach Eintritt schwerer Eiterung nur noch zu exstirpiren 
ist. So wird vor allem von den praktischen Aerzten für die Zukunft zur 
weiteren Entwicklung der Nierenchirurgie zu wünschen sein, daß mör- 
lichst friihzeitig an eine Nierenerkrankung gedacht wird. So oft werden 
linksseitize Nierenzeschwülste für Milzvergrößerungen gehalten, rechts- 
settige fiir Lebertumoren. Die Möglichkeit, sie zu unterscheiden. wurde 
sehon besprochen. Vor allen muß die Forderung aufgestellt werden, dab 
die beiden wichtigsten und oft frühesten Symptome der ehirurgisehen 
Nierenerkrankungen — das Vorhandensein von Eiter oder Blut im Urin — 
so ernst aufrefaßt werden, wie sie es verdienen. Man tröste sich und 
die Patienten nieht mit „Blasenkatarrh” und „Blasenhämeorrhotden“, wie 
es so häufig und leider oft so lange geschieht, sondern suche die Quelle 
der Eiterung, der Blutung zu ergründen, wozu die neueren Unter- 
suchunesmethoden eine so eut wie nie versarende Handhabe bieten. 

u. 


— 510 — 


VI. Technisches. 


.. mm 


Dr. Gustav Oesterreicher: Eine neue Befestigungsart an- 
schraubbarer Bougies filiformes. (Wiener klin. Wochenschr. 
1906, No. 26.) 


Bei engen Stricturen der Harnröhre, welche blos für Filiforme passir- 
bar sind, kommt man oft in die Lage, diese Bougie als „sonde à demeure” 
zu belassen; denn schon nach kurzer Zeit tropft neben ihr der Harn 
aus der oft überfüllten Blase ab und nach 24 Stunden ist die Strietur 
meistens schon für die Leitsonde des Urethrotoms durchgängig geworden: 
deswegen sollte man sich beim Sondiren enger Strieturen stets aus- 
schraubbarer Bougies filiformes bedienen. 


Die Befestigung soleher Bougies geschah auf die Weise, daB man 
Heftpflasterstreifen um diese und das Glied in bestimmter Anordnung 
legte und sie noch außerdem durch einen darüber geknüpften Seiden- 
faden fixirte. 


Wollte man nun die Bougie, ohne sie aus der Harnröhre herauszu- 
ziehen, von den Heftptlasterstreifen befreien, so brach die Filiforme ent- 
weder bei diesen Manipulationen oder wurde durel die Befeuchtung mit 
Benzin oder Aether an ihrer Oberfläche rauh und dadurch unbgauchbar. 
Die Firma H. Reiner, Wien LX/3, Van Swietengasse, hat nun nach O.'s 
Angaben eine Kugel aus Aluminium mit einem Kern aus Neusilber her- 
gestellt, welcher das auf die Bougie passende Muttergewinde führt; außer- 
dem trägt die Kugel zwei in senkrechter Richtung gegeneinander ver- 
laufende Bohrlöcher, welche zum Durchstecken der Seidenfäden dienen. 


Die Befestigung geschieht auf folgende Weise: Zuerst wird die Kugel 
auf die eingeführte Bougie filiforme aufgeschraubt, hierauf durch die 
Bohrlöcher zwei Seidenfäden gezogen, deren vier Enden mittels eines 
Heftpflasterstreifens am Gliede befestigt werden. Die Kugel verhindert 
durch ihre Größe das Hineingleiten, die Seidenfiiden das Herausfallen 
der Bougie. Kr. 





Bus Verantwortlicher Redacteur: Professor Dr. L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Murschner, Berlin SW.. Alexandrinenstr. 110. 








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Aus der chirurgischen Facultitsklinik zu Moskau. 





Echinococcus der Niere und dessen Diagnostik. 


Von 
Dr. G. I. Baradulin. 


Der Echinococcus ist eine relativ seltene Krankheit und infolge- 
dessen wird Jeder Fallvon Echinococeus, ganz besonders aber jeder ope- 
rirte Fall. veröffentlicht. In der Dissertation von 1. P. Alexinski 
sind Zahlen mitgeteilt, die die Frequenz des Eehinocoecus bei patho- 
logisech-anatomischen Seetionen ın Rußland sowohl wie in anderen 
Staaten angeben. In Rußland kommen auf 41 771 Seetionen 152 Fälle 
von Kehinococeus (0,36 pCt.), in Deutschland und Oesterreich auf 
47044 Sectionen 264 Fälle von Echinococcus (0,56 pCt.). Am häufig- 
sten wird Echinoeoeeus in der Leber beobachtet, in den Nieren weit 
schtener. Davaıne hat auf 566 Fälle von Echinococcus nur 30 mal 
schinoeoceus der Niere gefunden, Finsen auf der Insel Island, wo 
der Echinococcus so häufig vorkommt, nur 3 Fälle von Echinococcus 
der Niere auf 255 Fälle von Echinococcus im allgemeinen. Neisser 
hat auf 983 Fälle von Eehinococeus ın 80 Fällen Echinococcus der 
Niere constatirt. Thomas hatin Australien nur 2 Fälle von Nieren- 
echinococcus auf 307 Fälle von Echinococcus im allgemeinen beob- 
schtet. ATexinski hat unter 1950 Fallen von Echinococcus im 
allgemeinen nur 106 Fälle von Nierenechinococeus constatirt, während 
Hlouzel'!) unter 2111 Fällen von Echinococcus im allgemeinen im 
ganzın 115 Fälle von Nierenechinococeus festzustellen vermocht hat. 
leh habe in der Litteratur noch weitere 27 Fälle von Eehimococeus der 


Niere gefunden, die in den letzten sechs Jahren veröffentlicht worden 


1) Houzel: Contribution à Pétude des kystes hydatiques du rein. 
Revue de chir. 18098, No.8 u. 9. 


ol4 — 





sind. Diese Casuistik ist! Roche (1) berichtet tiber 4 Falle, Cor- 
dier(2) über 1 Fall, Jerosch (3) über 2 Fälle, Lumeau (4) über 
2 Fälle. Prof. Rasumowski hat auf dem VII. Congreß der russi- 
schen Aerzte im Jahre 1899 ein Präparat von Nierencchinococeus de- 
monstrirt. In demselben Jahre hat Wlaew (5) über einen Fall von 
Pyelitis herichtet, der durch Nierenechinocoecus bedingt war. Le 
For (6) berichtet über einen Fall von in Eiterung übergegangenen 
Nierenechinococeus. Ueber einen Fall von Nierenechinococcus berich- 
tet auch Stein. In der Chirurgischen Gesellschaft zu Paris haben 
im Jahre 1901 über Nierenechinococeus berichtet: Albarran über 
2 Fälle. Bazy, Monod und Legueu über je einen Fall und 
Tuffierüber2Fälle Bazy (7) hat in einem Falle zugleich Leber- 
und Nierenechinoeoceus beobachtet. Schließlich haben über je einen 
Fall Lance (8) Soth (9), Gérard-Marchand (10). 
Pluvette (11) und Terrier (12) sowie Polosson (13) be- 
richtet. 

Ich habe in der chirurgischen Facultätsklinik einen Fall von 
Nierenechinococeus beobachtet. dessen Krankengeschichte ich im Nach- 
stehenden kurz mitteilen möchte. 

A. Sch. 45 Jahre alt, Priester, aufgenommen am 22. October 1901. 
Der Pat. stammt aus gesunder Familie. Im 13. Lebensjahr Abdominal- 
typhus und Masern. Seit dem 16. Lebensjahre verspürte der Patient 
ab und zu Schmerzen in der rechten Lumbalgegend. Die Schmerzen 
hielten gewöhnlich 4—5 Tage lang an und pflegten sieh jährlich zu 
wiederholen. Zugleich mit den Sehmerzen war auch Schüttelfrost 
vorhanden. Seit dem 33. Lebensjahre des Patienten haben sich die 
Schmerzen verschlimmert und pflegten nach dem U riniren nachzulassen. 
Bei der Tlarnentleerung verspirte der Patient sehneidenden Schmerz. 
Im 88. Lebensjahre hat der Patient einmal wegen heftiger Lumbal- 
schmerzen die ganze Nacht nicht sehlafen können und am nächsten 
Morgen beim Uriniren mit dem Ilan eine Blase entleert. aus der ea. 
40 kleine Bläschen abgingen. Seit dieser Zeit pflegten 1—2 mal jähr- 
lich mit dem Harn Blasen abzugchen. 

Siatus praesens: Der Patient ist gut gebaut und gut ge- 





nährt. Atmungs- und Bluteirculationsorgane normal. Abdomen auf- 
getrieben. Lebergerenzen: an der Manmmillarlinie 6. Rippe an der 
Axillarlinie 8. Rippe. Die untere Lebergrenze ist eine Querfingerbreite 
unterhalb des Rippenrandes zu fühlen. Nierengegend schmerzhaft. 
namentlich rechts. In der rechten Seite des Abdomens fühlt man ein» 
undeuthch begrenzte Geschwulst von der Grobe des Kopfes eines neu- 


geborenen Kindes. Im Harn Kiweiß nicht vorhanden. im Harnnieder- 


— 515 — 


schlag zahlreiche körnige Cylinder, desgleichen epitheliale Cylinder 
und zahlreiche Leukocyten. 

Am 28. October Operation in Chloroformnarkose. Rechtsseitige 
Incision behufs Freilegung der Niere. Fettkapsel der Niere stark ent- 
wickelt. Mit den Fingern gelingt es, den unteren Pol der Niere zu 
palpiren. Durch die Bauchdecken fühlte man in der Nähe der unteren 
l.cheroberfläche eine Geschwulst. Hierauf wurde die Incision durch 
die Bauchorgane bis zur Scheide der Mm. reeti abdominis fortgesetzt, 
die Bauchhöhle eröffnet, worauf man mit der in die Bauchhöhle ein- 
gefülirten Hand die normale Leber tasten konnte. Vernähung der 
Bauchwand. Weitere Abseparirung der Niere, die sich als vergrößert 
und gleichsam aus einzelnen Lobuli bestehend erwiesen hat. Die Probe- 
punction der Niere förderte eine durchsichtige Flüssigkeit zu Tage. 
Nun wurde die Niere aufgeschnitten, worauf sich aus derselben zahl- 
reiche Echinokokkenblasen von verschiedener Größe, ganze sowohl wie 
zerrissene, entleerten. Die Blasen wurden sowohl mittels Flüssigkeits- 
strahl. wie mittels Pincetten entfernt. Hierauf wurde die Echino- 
kokkenhöhle mit der äußeren Wunde zusammengenäht und in dieselbe 
zwei Gazestreifen, und zwar ein Jodoformgazestreifen und ein sterili- 
sirter Gazcstreifen eingeführt. 

Postoperatives Stadium ohne besondere Complicationen. Die 
‘Temperatur stieg ab und zu bis 38,4% Die Wunde verschloß sich lang- 
sam und der Patient wurde aus der Klinik am 6. Januar 1902 mit einer 
Fiste! entlassen, aus der ab und zu Echinoeoecusblasen abgingen. 

Wir wissen, daß der Eehiriococceus am häufigsten in der Leber 
localisirt ist, und zwar aus dem einfachen G runde, weil der Verdauungs- 
kanal dem Echinococcus als Eingangspforte dient. Boeckel?) be- 
schreibt den Weg, den der Echinococcus im Organismus nimmt. folgen- 
dermaßen: 1. Die Eier des Echinococeus gelangen in die Wurzeln der 
Pfortader und von ler in die Leber. 2. Die Echinocoeceuseier gelangen 
in die Lymphgefäße des Mesenteriums, wo sie sieh auch entwickeln 
(Echinococcus des Mesenteriums). 3. Die Echinocoeeuseier gelangen 
in die Lympheapillare, von hier in die größeren Gefäße und von hier 
wiederum in die serösen Höhlen. wo sie sieh zu entwickeln beginnen 
(Echinococcus der Pleura, des Peritoneums). 4. Die Echinveoceuscier 
gelangen in die Lymphgefäße, von hier in den Duetus thoraciens und 
dann weiter in das Venensvstem: sie passiren hierauf das Ilerz, ge- 
langen in die A. pulmonalis und entwiekeln sich dann in den Lungen. 


2) Boeckel: Etude sur les kystes hydatiques du rein au point de vue 
chirurgical. 1887. 


— 016 — 


Die Kehinocoeeuscier können aber auch die Lungencapillare 
passiren, in die Nimke Hälfte des Herzens und von hier aus in den 
groben Blutkreislauf gelangen. Eben durch den Umstand. dap die 
Echinococeuseier einen langen Weg zurücklegen müssen, bevor sie in 
die Niere gelangen, läßt sich auch die Seltenheit des Nierenechimoceccus 
erklären. 

Cen Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem der Echinocoeeus die Niere 
afficirt, ist unmöglich. Manche betrachten die in der Nierengecend 
plötzlich auftretenden Schmerzen als ein Zeichen dafür, daß der Echino- 
eeceus eventuell bis zur Niere vorgedrungen ist. Bei meinem Patien- 
ten hatten sich Schmerzen in der Lumbalgegend zum ersten Mal 
22 Jahre vor dem ersten Abgang von Blasen mit dem [larn eingestellt. 
Alen hat somit gar keine Veranlassung, diesen so lange zurückliegenden 
Schmerzen irgend welche diagnostische Bedeutung beizumessen. Man 
kann überhaupt vor einem Beginn der Krankheit nicht sprechen. be- 
vor man in der Nierengegend cine Geschwulst palpirt, umd das ist ge- 
wöhnlich bei vollständiger Entwicklung der Krankheit der Fall. Ueber- 
haupt ist es schr schwer, die hier in Rede stehende Krankheit zu diz- 
gnosticiren; dies geht aueh aus meinem Falle hervor. in dem während 
der Operation noch die Vermutung entstand, ob es sieh nicht um einen 
in das Nierenbecken oder in den Ureter durchgebrochenen Lebereechino- 
coccus handelt, und erst die Untersuchung der Bauchhöhle ereab. das 
die Leber nicht aftieirt ist. Die Schwierigkeit der Diagnose findet auct 
durch die geringe Anzahl von Symptomen, die het dieser Erkronkuns 
heobachtet werden, ihre Erklärung. In der Mehrzehl der Fälle besteht 
nur ein einziges Symptom, nämlieh eine Geschwulst in der Nieren: 
gegend. In seltenen Fällen gehen mit dem Harn Eehinoecocenshlaseh 
ab, und dies war auch hei meinem Patienten der Fall. Schließlich a 
bisweilen mit dem Harn Blut ab. aber dies erschwert die Diaxnese noeh 
mehr. 

Wir haben somit zwei Symptome, die für Niereneehinocecsus 
sprechen: Geschwulst in der Nierengegend und Abgang von Blasen mi 
dem Harn. Da aber in der Mehrzahl der Fille das zweite Symptom 
fehlt. so bleibt nur das eine Symptom, rämlieh die Geschwulst tn der 
Nierengegend übrig: aber euch diese kann bisweilen nur klein sein. 

Liegt die Geschwulst in der Bauehhöhle, so kann wan nicht immer 
sagen, deB die Geschwulst der Niere angehört. So ist beispielswerr 
in folgenden Fallen (@tirt nach Braillon: Contribution à l'étude 
des evstes hydatiques du rein") statt Nicrencchirococeus folgende Pia- 
enose gestellt worden: 1. Zunächst Ovarialeyste, dann Tyvdrenephrese 
(Baldins): 2 Ovarialerste (Spiegelberg): 3 Careinom uf 


( 
l 
= 
| 


Milz (Nélaton); 5. Cyste des Ligamentum latum (Spiegel- 
berg); 6. Ovarislevste (Wagner); 7. Lipom oder Cyste des Mesen- 
teriums oder Nierentumor (Boeekel); 8 Uterustibrom (I mlaeh); 
4. Gvarialeyste oder Carcinom der Milz (HHeussner); 10. Lipom des 
Mesenteriums (Péan); 11. Echinococeus der Leber (Wagner); 
12. Lipom des Mesenteriums (Spencer Wells); 13. Hydronephrose 
(Le Dentu); 14 Haydronephrose oder Niereneyste (Knie). 

Für Nierenechinococceus kann man sich nur in demjenigen Falle 
aussprechen, wenn sich die Geschwulst langsam entwickelt hat. ohne 
dab Fieber bezw. Schmerzen bestanden haben und ohne daß der All- 
gemeinzustand des Patienten gelitten hat. Natürlich muß man auch 
die Gewohnheiten des betreffenden Patienten berücksichtigen und na- 
inentlich danach forschen. ob er nicht mit Hunden in Berührung kam. 
Was «das Hydatidengeräusch betrifft. so ist dasselbe eine so seltene Er- 
scheinung (es wurde nur zweimal, und zwar von Bordbury und 
Peyrot beobachtet), daß es für die Diagnose von keinem Wert ist. 


Ist einmal bei dem Patienten eine derartige Geschwulst constatirt 
worden, so muß man vor allem feststellen, ob die Geschwulst intra- 
oder transperitoneal liegt. 


. 


Tiıllaux macht in dieser Beziehung folgende Angaben: Wenn 
sich die Geschwulst im transperitonealen Raume entwickelt, max es 
in der Gegend der Niere, des Pankreas oder der Radix mesenterii sein, 
so verdrängt sie die Dernisschlingen und infolgedessen muß man jedes 
Mal. wenn man eine Darmschlinge zwischen Geschwulst und Baueh- 
wand findet, an eine transperitoneale Geschwulst denken; entwickelt 
sich ber die Geschwulst innerhalb des Peritoneums, so legt sie un- 
mittelbar der Bauehwand an. Demgegenüber glaube ich aber bemerken 
zu müssen, daB dies nieht immer beobachtet wird. So war im Falle 
Nelatons zwisehen Geschwulst und Bauchwand eine Darmschlinge 
nicht vorhanden; desgleichn euch in meinem Falle nicht. 

Für Geschwulst der Niere sprieht noch die Unbeweglichkeit der 
CGesehwulst bei den Atembewegungen. | 

Was die Probepunction der Geschwulst betrifft, so ist sie ein bei 
weitem nicht ungeführlicher Eingriff, und zwar aus vielen Ursachen: 
1. lie Probepunetion kann eine bisweilen gefährliche Blutung hervor- 
rufen (lleussner);?2. bei der Probepunetion eines in Eiterung über- 
gegrngenen Echinoeoceus kann man die Bauchhöhle inficiren, wie es 
Le Dentu einmal erlebt hat: Der betreffende Patient ist an Perito- 
nitis gestorben, die sieh infolge der bei der Probepunetion erfolgten 
Verschleppung der Infection nach der Bauchhöhle entwickelt hat 


— 513 — 


Wenn wir es mit einer Gesehwulst in der Nierengegend zu thun 
haben, so können wir Nierenechinocoeeus nur diagnostieiren. indem‘ 
wir Schritt für Schritt andere Nierenerkrankungen ausschalten. 

Für Echinoeoceus sprechen folgende Momente: 

1. Langsame und successive Entwicklung der Geschwulst, runde 
Form derselben, Fluctuation, Unbeweglichkeit derselben bei den Atem- 
bewegungen und beschränkte passive Beweglichkeit der Geschwulst. 

2. Das Fehlen von Schmerzen. von Fieber und Ilarnveränderungen. 

3. Der Abgang von Echinokokkenblasen mit dem Harn unmittelbar 
nach einem Schmerzanfall in der Lumbalgegend; würde ein Abgang 
von Blasen mit einer Verringerung der Nierengeschwulst einhergehen, 
so würde dies ein pathognomonisches Merkmal abgeben. 

In manchen Fällen sind wir aber nicht im Stande, Nierenechino- 
eoceus zu diagnosticiren, so daß die wahre Sachlage erst bei der Ope- 
ration festgestellt wird. 

Was die Operation betrifft, so wird sie entweder dureh die Bauch- 
höhle oder dureh einen Lumbalschnitt ausgeführt. Erstere Methode 
wird jetzt nur selten angewendet. Bei der lumbalen Incision wird ent- 
weder die ganze Niere oder nur die Echinococensblase allein entfernt. 
Vebrigens ist es unzweekmiBig, bei Echinococcus der Niere die ganze 
Niere zu entfernen, da dabei ein großes Quantum gesunden Nieren- 
gewebes mitentfernt wird. Am zweekmäßigsten ist cs, die Niere zu 
ineidiren und die Kapsel zu entfernen (Cystotomia), wie dies in der 
Arbeit von K. P. Serapin klargelegt ist. (Echinococcus der Blase 
und dessen ehirurgische Behandlung. Letopis Russki Chirurgie. 1898, 
et Ate) 


Literatur, 


1. Roche: Hivdatides du rein. Hydatides rendus avee les urmes. 
Annales des maladies des organes gemito-urinalres. Juillet 1898. 

2. Cordier: Cyste hydatique du rein. Lyon medical, 1898, No. 17. 

3. Jerosch: Zur Casuistik der Niereneehinokokken. Ein Fall von 
vereitertem und durch Nephreetomie geheiltem Nierenechinococeus. Im- 
augural-Dissertation, Greifswald 1899. 

4. Lumeau: Deux eas de eyste hydatique du rein. Annales des 
maladies des organes genito-urinaires, 1899, No. 11. 

5. Wlaew: Prelite avee eyste hydatique du rein. Bull. et mem. 
de Soe. anat. Paris 1899, pag. 751. 

6. Le For: Cyste hydatique du rein. Bull. et mém. de Soc. anat. 
Paris 1599, pag. 365. 

T. Bazy: Laparotomie pour eystes hydatiques du foie et du rein. 
Bull. et men. de Soc. de ehir. de Paris. 11. Juin 1902. 


— 519 -- 


S. Lance: Cyste hydatique du rein gauche. Bull. et mém. Soe. 
anat. Paris 1902, pag. 876. 

9. Soth: Ein Fall von Nierenechinococcus. Med.-Chir. Presse, 1902, 
Seite 835. 

1. Gerard-Marcehand: Opération et fixation dun cyste hyda- 
tique du rein droit. Bull. et mém. de Soc. de chir. Paris 1902. 

11. Pluyette: Sur un eyste hydatique du rein droit. Bull. et mem. 
de Soe. de ehir. Paris 1902. 

12. Terrier: Cyste hydatique du rein droit. Revue de ehir., 1902, 
T. v1. 

13. Pollosson: Uyste hydatique du rein. Revue de ehir., 1902, 
par. 122. 


Ein Beitrag zur Behandlung der Impotenz. 
Von 
Dr. T. Poyntz Wright, 
M. R. C. S, L. S. A, Medical Officer of Health, Hunts (England'. 


Die Impotentia coeundi gehört in die Reihe derjenigen Krankheits- 
erscheinungen, die auf das Gemüt des Erkrankten ebenso schwer ein- 
wirken, wie sie die ganze ärztliche Aufmerksamkeit erfordern, wenn 
man bei dem Patienten einen günstigen Erfolg erzielen will. Was kann 
für einen Mann deprimirender sein, als wenn er sich dessen bewußt ıst. 
daß ihm die Fähigkeit fehlt, seinen Namen fortzupflanzen. wenn er 
semen sehnliehsten Wunsch, ein Kind zu haben, unerfüllt sehen muß! 

In denjenigen Fällen, in denen die Impotenz auf anatomi- 
schen Ursachen berulit, z. B. auf angeborenen Mißbildungen ete., 
oder nur ein Symptom von ernsteren Erkrankungen des Centralnerven- 
systems oder des Gesamtorganismus darstellt, ist es natürlich sehr 
schwer, einen Erfolg bei der Behandlung zu erzielen. Bei angeborenen 
Anomalien der Geschlechtsorgane muß man natürlich chirurgisch vor- 
gehen. Ebenso kann man durch operative Beseitigung von Hernien. 
Ilydrocele ete. zur Ermöglichung der Ausführbarkeit des Geschlechts- 
actes beitragen. Auf der anderen Seite werden wir bei ehronischer 
Nephritis, Diabetes ete. Erfolge in unserer Behandlung der Impotenz 
erzielen können, wenn es uns gelingt. die Grundkrankheit .erfolgreich 
zu bekämpfen. 

Das günstigste Gebiet für die Beeinflussung der Impotenz stellen 
natürlich diejenigen Formen dar, welehe auf nervöser Grundlage be- 
ruhen. Alle Ursachen, die überhaupt das Nervensystem des Menschen 
aftieiren können, spielen bei der Entstehung der sexuellen Neur- 
asthenie eine hervorragende Rolle, besonders häufige Masturba- 
tion. Excesse in Venere, die im Anfangsstadium zu Spermatorrhoe 


und Pollutionen führen. 


— 521 — 


Die Neurasthenia sexualis kann in zwei Formen auftreten: es kann 
sich einerseits um eine psychische Form hardeln, wobei eine 
strenge suggestive Einwirkung. eine Hchung des Selbstvertrauens und 
der Energie meistens von bestem Einfluß ist, andererseits können wir 
eine sogenannte Leitungsimpotenz vor uns haben, die ent- 
schieden am häufigsten vorkommt und für die ärztliche Behandlung ein 
günstiges Gebiet darstellt, auf dem wir in den meisten Fällen die besten 
Erfolee zu erzielen im Stande sind. 

Von einer localen Behandlung, sei es durch Elektrizität 
oder Massage, hat man in den letzten Jahren immer mehr Abstand ge- 
nommen, wetl mit diesen Methoden sehr selten etwas Ersprießliches 
erzielt werden konnte. Bei herabgekommenen Personen inuB man natür- 
lich auf die Hebung des allgemeinen Ernährungszustandes sein Augen- 
merk richten, muß durch Bäder, durch Luftweehsel ete. auf die Kriifti- 
gung des geschwächten Nervensystems hinwirken und dureh ernsten 
Zuspruch die Energie des Mannes zu heben suchen. 

Mit diesen Mitteln kommt man meistens zu einer allgemeinen 
Kräftigung des Nervensystems und Hebung des körperlichen Wohl- 
standes, erreicht aber durchaus nieht immer den gewiinsehten Erfolg 
bei der Beseitigung der Impotenz. Man darf eben die pharmaceuti- 
schen Hilfsmittel gleichfalls nicht außer Acht lassen, besonders jetzt, 
wo wir seit neuester Zeit in dem Muiracithin nach den Arbeiten mab- 
gebenden Autoritäten ein ganz hervorragendes Kräftigungs- und An- 
regungsmittel bei sexueller Neurasthenie besitzen. 

Muiracithin enthält die Extractivstoffle aus dem lHolze der bra- 
silianischen Pflanze Muira Puama (Potenzholz) und Ovolecithin, dem 
wichtigsten phosphorhaltigen Bestandteile der Nerven- und Gehirn- 
masse. 

Lignum Muira Puama, Stammpflanze Lyriosma ovate Miers, ist 
bei den Brasiliern schon längst als starkes Aphrodisiaeum bekannt. In 
der Litteratur wird diese Proge durehweg als mächtiges Aphrodisiaeum 
bezeichnet; so schreibt Brestowski in seinem Handwörterbuch der 
Pharmacie: Lignum Muira Puama wird als stärkstes, gefahrlosestes 
Aphrodisiacum gerühmt; vom Extract sagt derselbe Autor, daß es weit 
wirksamer sein soll. als Damiana. Auch in Mereks Index wird das 
Extraet als starkes Aphrodisiacum, welches anregend auf das Rücken- 
mark wirkt, ohne unangenehme Secundärerseheinungen hervorzurufen, 
bezeichnet. 

Nachdem diese Droge längere Zeit ausschließlich in Amerika Ver- 
wendung fand, gelangte sie in den letzten Jahren auch nach Europa 
und fand bald, namentlich in den lateinischen Ländern, im Arzneischatz 








— 522 — 


Aufnahme. Die Wirkung des Muiracithins ist hauptsächlich eine an- 
regende auf das Lendenmark. Es vergrößert den von der Peripherie 
nach dem Lendenmark ausstrahlenden Geschlechtsreiz so sehr. «daß 
dieser durch hypochondrische oder neurasthenische Gegenreize nicht 
ausgeschaltet werden kann. Selbstverständlieh tritt die Wirkung am 
schnellsten bei solehen Leuten zu Tage, welche zwar noch nicht direct 
impotent sind, bei denen aber die geschlechtlichen Functionen arg da- 
niederliegen und bald ganz zu versagen drohen. Aber auch bei fun«- 
tionell Inıpotenten, die überhaupt seit längerer Zeit unfähig waren, 
den C’oitus auszuführen, hat sich das Muiracithin vorzüglich bewährt. 

In dem Muiracithin ist das Extract der Muira Puama mit dem 
Lecithin combinirt, um dem Organismus neben dem Anregungs- 
mittel ein hervorragendes Stärkungsmittel zuzuführen. Das Ovo- 
lecithin ist bekanntlich der wichtigste phosphorhaltige Bestandteil der 
Nerven- und Gehirnmasse, der Eier, des Samens ete., es ıst überall dort 
vorhanden, wo organisches Leben herrscht, so daß man es mit Liecht 
„Lebensphosphor“ nennen darf, zumal es sich vor allem bei zerrütteten 
Nerven, bei Marasmus und bei den Folgen von sexuellen Excessen be- 
währt hat. 

Nach den grundlegenden Untersuchungen von Prof. Neviınnry 
in Innsbruck und Dr. Robert Braun in Wien, nach den Ertahrun- 
gen die Dr. Waitz in Paris und in neuerer Zeit Dr. Steinsberg 
(Franzensbad) und Dr. Hirseh (Bad Kudowa) mit diesem neuen 
Präparat erzielt haben, ist es frei von sehädlichen Nebenwirkungen. 
zeichnet sieh als ein gutes Tonieum aus und hat sich als das wirksamste 
Mittel gegen Impotenz erwiesen. 

Angeregt durch die Erfahrungen der genannten Autoren habe ich 
in zwei Fällen, die mir zur Verfügung standen. gleiehfalls Muiracithin 
angewandt. Die Krankengeschichte dieser Patienten lasse ich jetzt 
folgen.: 

Vor einiger Zeit, im Monat Januar d. J., wurde ich von einem be- 
freundeten Collegen consultirt. 

Er erklärte, daß er einige Monate vorher einen sehr starken In- 
iluenzaanfall hatte, dem sich eine peripherisehe Nervenentzündung an- 
schloß, die sieh auf beide Beine und Füße erstreckte. Zu der Zeit, als 
er meinen Rat einholte, mußte er auch den Verlust seiner sexuellen 
Fähiekeit in ganz beträchtliehem Maße eorstatiren. Er gab an. dab die 
Ereetionen schwach und unvollständig erfolgten und mit Éjaculano 
praccox ete, verbunden seien. 

"Ich gab ihm eine Zeit lang Eisen und Stryehnin. versuchte auch 
andere Nerventonica sowie Massage, aber das Befinden des Patienten 


ee BE ER 


blieb im allgemeinen dasselbe. Mitte Februar war eine sehr unbedeu- 
tende Besserung zu eonstatiren. 


Dann sah ich zufällig einige Berichte über die Behandlung mit 
Muiracithin, welche in ähnlichen Fällen einen Erfolg erzielt hatten. 
und beschloß, das Präparat sofort zu versuchen. 


Ich begann Morgens und Mittags 2, abends 5 Pillen zu geben, 
untersagte das Rauchen ganz und verbot auch den Alkoholgenuß, nur 
zu den Mahlzeiten erlaubte ich einen schwachen Whisky mit Wasser. 


Nachdem Patient die Pillen 10—12 Tage genommen hatte, konnte 
er cine bedeutende Besserung feststellen, nach 14 Tagen ließ ich, wie 
in den Gebrauchsanweisungen angegeben, die Pillen 4—5 Tage aus- 
setzen, um dann wieder von neuem zu beginnen. 

Am 26. Tage wurde die Behandlung vollkommen beendet, da eine 
Fortsetzung der Kur nicht mehr erforderlich war, und die Resultate 
außerordentlich befriedigende waren. 

Der Geschlechtstrieb ist vollkommen normal wiedergekehrt, und 
ich glaube nicht, daß ein Nachlassen dieser Fähigkeiten zu befürchten 
ist. Da eine Besserung des Patienten erst eintrat, als die Kur mit 
Muiracithin begonnen wurde, so ist die Wirkung einzig und allein auf 
das Präparat zurückzuführen. 


Bei dem zweiten Fall, in dem ich Muiracithin anwandte, handelt 
es sich um einen 29 jährigen Mann. Er erzählte mir, daß bereits seit 
längerer Zeit seine geschlechtlichen Fähigkeiten von Stufe zu Stufe 
zurückgehen, die Erectionen werden schwach und unvollständig, über- 
haupt viel zu kurz, um einen regelrechten Coitus ausüben zu können. 
ferner habe er unter Ejaculatio praecox zu leiden. Fr sagte weiter. 
daß er mehrere Jahre onanirt hiitte Cich glaube 9 Jahre), aber trotz- 
dem nach seiner Verheiratung einen regelrechten Coitus habe aus- 
üben können und zwei Kinder in den ersten drei Jahren seiner Ehe ge- 
habt. Er war ein Mensch von äußerst nervösem Temperament, sonst 
aber gesund. Die Analyse des Urins ergab weder Zucker, noch Eiweiß. 

Durch meine Erfahrung im ersten Fall hatte ich zu Muiracithin 
Vertrauen gewonnen und begann die Behandlung in derselben Weise. 
verordnete auch kalte Bäder und Massage und verbot jeglichen Alkohol- 
genuß. 

In diesem Fall zeigte sich der Erfolg nach 14 Tagen, die geschlecht- 
liche Fähigkeit wurde von Tag zu Tag stärker. Er erzählte mir, daß er 
nach 14 Tagen einen Coitus ausgeführt habe, der ihn vollkommen be- 
friedigte. 

Ich hatte ihm indes jede Annäherung an seine Frau untersagt und 


verbot es ihm zuch jetzt nochmals. wobei ich eine Fortsetzung der Kur 
für 10—12 Tage verordnete. 

Wie ich feststellen konnte, ist die geschlechtliche Funetion des 
Mannes vollkommen geregelt und normal. und wir sind beide mit den 
erzielten Resultaten zufrieden. 

Wenn auch diese beiden Erfolge nieht ein abschlieBendes und 
durchaus maßgebendes Urteil zulassen, so kann man wohl sagen. daß das 
Präparat ganz außerordentliche Verdienste hat. wenn man berück- 
siehtigt. welche guten Erfolge bereits veröffentlicht wurden. Muira- 
eithin ist daher in allen Fällen zu empfehlen, in denen eine Abnahme 
der geschlechtlichen Fähigkeit auf Grund nervöser Begleitumstände 
zu constatiren ist und selbstverständlich eine organische Verletzung 
ausgeschlossen werden kann. Es wäre daher zu wünschen. dab das 
Präparat auch weiterhin versucht wird. 

Auf jeden Fall besitzen wir in dem Präparat ein außerordentliches 
Hilfsmittel bei der Behandlung der sexuellen Neurasthenie, welche im 
allgemeinen ziemlich hartnäckig ist und deren therapeutische Becin- 
Hussung sehr häufig sowohl für die Patienten wie für den Arzt ganz un- 
befriedigende Resultate ergiebt. 


Litteratur. 


Prof. Dr. Nevinuy und Dr. Robert Braun: Ueber die Be- 
handlung der funetionellen Impotenz mittels Muiracithin. Medieinisch- 
chirurgisehes Centralblatt, Wien 1905. No. 11. 

Prof. Dr. Luigi Maramaldi (Neapel): Ueber die therapeutische 
Verwendung des Muiracithins. Giornale internazionale delle Scienze 
Mediche, 1905. 

Dr. J. Waitz (Paris): Impotentia virilre und ihre Behandling mit 
Muiracithin. 

Dr. Leopold Steinsberg (Franzensbad): Zur Behandlung der 
Impotenz als Teilerscheinung der Sexualneurasthenie. Fortsehritte der 
Medictn, 1906, No. 13. | 

Dr. Max Hirseh (Bad Kudowa): Ueber die Behandlung der Im- 
potenz. Allgem. med. Central-Zeitung, 1906. No. 21. 


Ueber einen Fall von incompleter Ureterverdoppelung. 


Von 


Dr. P. Wulff, 
Specialarzt für Urologie (Hamburg). 


Verdoppelungen der Ureteren werden roturgemäß ein um so größe- 
res klinisches Interesse beanspruchen, je tiefer abwärts der zweite Ure- 
ter mündet; dementsprechend finden wir in der Litteratur viele An- 
eaben über Einmündung des zweiten Ureters in die Vagina und tur sehr 
wenige Notizen über Verdoppelung der Ureteren, die sich noch vor 
Kıntritt in die Blase vereinen. Im allgemeinen wird ja auch diese Ab- 
normität,. die wie die Zusammenstellung Weigerts (Viırchow> 
Archiv, Bd. 70) ergiebt, keineswegs selten ist, kein größeres klir isches 
Interesse beanspruchen, es sei denn, daß sieh ein krankhafter Proceb 
in der Niere etablirt hat. Mur Rücksicht auf diesen letzteren Punkt 
méchte ieh den folgenden Fall vor allen wegen seiner Interessanten 
linenose veröffentlichen. 

Ks handelt sieh um ein 50 gähriges Mädehen. die seit vielen Jahren 
über Schmerzen in der linken Seite klagt. Der Urin ist seit vielen 
Jahren trübe eitrig. ohne daß bei der Mietion Beschwerden bestanden 
haben. Ber Zustand hat sich Jahre hindurch ohne Besonderheiten hin- 
gezogen, bis in der letzten Zeit dureh die zunehmenden Schmerzen ein 
elleemeiner Kräfteverfall eingetreten ist. Bei der Untersuchung der 
mir daraufhin überwiesenen Patientin, konnte ich einen Tumor der 
linken Lumbalgegend feststellen, der zweifellos der Niere angehörte. 
Per Urin enthält reichlich Kiter und entsprechenden Eiweißgehalt. 
sonst niehts Abnormes. Die Cystoskopie ergab cine normale Blase, der 
Urin der reehten Seite ohne Besonderheit. Als teh nun den Ureter- 
ketheter in die linke Seite einführte, zeigte sieh folgendes, höchst merk- 
würdiges Verholten. Sobald derselbe eingeführt war, tropfte eine diek- 


eitrige Flüssiekeit aus dem Katheter langsam heraus. Tatte man den 


— 526 — 


Katheter ea. B em hochgeschoben, so verspiirte man einen leichten Ruck 
und anstatt des Eiters stürzte eine vollkommen wasserklare Flüssigkeit 
heraus. die außer einer Spur Albumen keine abnormen Bestandteile 
enthielt; zog man den Katheter zurück, so wurde wieder eine citrige 
Flüssigkeit entleert. Dieser höchst eigenartige Befund ließ nur zwei 
Deutungen zu; es konnte ein in den Treter durchgebrochener Becken- 
absceß bestehen oder der vesieal einfach mündende Ureter mußte sich 
oberhalb seiner Einmündung in zwei Teile gabeln. Da für die erstere 
Annahme kein Anhaltspunkt gegeben war, so blieb mir nur die letztere 
Möglichkeit übrig. und zwar mußte der eine Arm des gablig geteilten 
Ureters einem gesunden. der andere einem in Eiterung übergegangenen 
Nierenteil entsprechen. Bei der Operation wurde meine Vermutung 
vollkommen bestätigt. Die Niere samt Ureteren waren allerdings in 
eine schwielige Masse eingebettet. so daß eine Trennung während der 
Operation nieht möglich war. Nach ausgeführter Nephrectomie zeigte 
sieh aber, daß der scheinbar einfache Ureter aus zwei Hohlsträngen be- 
stand, deren einer intact und dünnwandig, deren anderer vollkommen 
entartet und schwielig verdickt war. Die Niere selber, die in mächtige 
Schwielen eingebettet war, war mäßig vergrößert und äußerlich ohne 
Segmentirung. Nach ausgeführtem Seetionsschnitt zeigten sich die 
unteren drei Viertel der Niere in einen dünnwandigen. mit Eiter und 
Steinen angefüllten Sack umgewandelt. während das obere Viertel völlig 
normale Nierensubstanz aufwies und drei Kelche zeigte. die ohne ein 
Becken zu bilden, sofort in den normalen Ureterteil übergingen. Ebenso 
waran dem unteren Nierenteil keine Beckenbildung nachzuweisen. Die 
Nierengefäße zeigten keine congenitale Anomalie, die Nebenniere lag 
als ein langer Streifen auf der medialen Seite der Niere im perinephriti- 
schen Gewebe eingebettet. Die Operation hat die Patientin glatt über- 
standen. 

In diesem Falle hat sieh leider durch die hochgradigen Verwach- 
sungen von Niere und Ureteren das therapeutische Handeln nicht be- 
cinflussen lassen, wo aber irgend angängig, wird man natürlich ver- 
suchen. den gesunden Nierenteil zurückzulassen, was aber nur mög- 


lieh ist. wenn die Diagnose vor der Operation gestellt ist. 


Referate. 


l. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 


— — — 


Dr. Kapsammer: Mediein und Chirurgie der Harnorgane 
auf dem XV. internationalen medicinischen Congress 
in Lissabon. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 29.) 


Die in der Section für „Medecine et chirurgie des voies urinaires" 
zur Discussion gestellten Fragen waren folgende: 

1. Die chronische Urethritis und ihre Behandlung Referenten 
Guisy (Athen), Nobl (Wien). 

2. Die chirurgische Behandlung der Prostatahypertrophie Referenten 
Tuffier (Paris) Legueu (Paris) Freudenberg (Berlin). 
Bastos (Lissabon). 

4. Die chirurgische Intervention bei der medieinisehen Nephritis 
Referenten Harrison (London), Pousson (Bordeaux). 

4. Die funetionelle - Nierendiagnostik Referent Kapsammer 
(Wien). 

5. Harnsteine ‚Referent Kallıontzıis (Athen). 

Bei der Besprechnng der chronischen Urethritis machte Furtado 
(Lissabon) auf die schweren, lebenszefährlichen Compheationen im Ver- 
laufe der Gonorrhoe aufmerksam, welehe häufig dadureh entstehen, daß 
die Behandlung dem Ernste der Erkrankung nieht entspricht. Der Refe- 
rent des zweiten Themas, Tuffier, glaubt. daß die unter Umständen 
sehr nützliche Radicaloperation der Prostata von manchen Seiten allzu 
häufig ausgeführt werde. eine Ansicht, welche auch Bastos vertritt. 
Die Bottini’ sche Operation — welche auf dem Congresse selbst von 


— 528 — 


Freudenberg nur mehr mit Einschränkungen verteidigt wurde — 
weise dieselbe Mortalität auf wie die Prostatertomie, ohne aber vor Re- 
eidiven zu schützen. 

In den Verhandlungen bildete den Hauptpunkt die Frage, welcher 
Operationsmethode der Vorzug zebühre, der subprapubischen oder der 
perinealen. 

Die dieser Discussion zu Grunde liegende Erfahrung fußt auf 
1192 perinealen Prostateetomien (Zusammenstellung von Proust) mit 
6,6 pCt. Mortalität und S32 transvesicalen (Freyer, Zusammenstellung 
von Watson und Proust) mit durchschnittlich 10 pCt. Mortalität. 

Unter den Referenten ist Legueu ein eifriger Verfechter der von 
Fuller geschaffenen, von Freyer propagirten suprapubischen Prosta- 
tectomie: sie bringe sicherer vollständige Ieilung, aber sie sei die gefähr- 
lichere Operation, welche häufiger zum Tode führt. Die perineale Prosta- 
tectomie bedute den geringeren Eingriff, führe aber häufig nicht voll- 
kommene Heilung herbei. Gleicher Meinung ist Tuffier, während 
bastos überhaupt nur die suprapubische Prostateetomie ausführt. 

Albarran dagegen, welcher die von Goodfelllow. Car- 
penter,.MacLean geschaffene perineale Methode in Europa in erster 
Linie zur Geltung gebracht hat, macht ausdrückheh darauf aufmerksam, 
daß bei dieser Operation die vielen Complicationen dureh eine exaet aus- 
rearbeitete Technik vollkommen za vermeiden seien. Er erklärt, «daß 
die Sammelstatistiken vielfach kein richtiges Bild über die Leistungs- 
fühbigekeit einer Operation geben, weil in diesen die wenige Zahlen nm- 
fassenden Resultate jener Operateure, welche über die ersten technischen 
Schwieriekeiten noch nieht hinwerrekommen waren, ungünstig auf die 
Mortalität drücken: aus diesem Grunde vergleicht er seine auf perinealem 
Wege gewonnenen Resultate mit den von Freyer dureh die supra- 
pubische Operation erlangten (beide Operateure haben zusammen über 
300 Prostateetomien ausgeführt). Dieser Vergleieh ergiebt bei Frevxver 
eine Mortalität von 8 pCt. bei Albarran eine Mortalität von 24 pCt. 

Schließlich betont Tuffier, das Hauptgewicht Hege nieht in der 
Entscheidung der Fraxre: suprapubische oder perineale Operation, sondern 
vielmehr in der Präcision der Jndicationsstellung zur Prostatectomie 
überhanpt. 

Als chirurgische Intervention bei der medicinischen Nephritis bevor- 
zugen die beiden Referenten Harrison und Pousson die Nephro- 
tomie gegeniiber der Deeapsulation von Edebohds: sie leiste beztigheh 
der Entspannung ebenso viel. wie diese, entfalte aber durch die Entblutung 
der Niere und dureh die dadureh erméelichte Drainage eine weit voll- 
kommenere Wirkung. Allerdings sei die Nephreetomie der gefährlichere 
FEineriff. denn sie ergiebt bisher 33 pCt. Mortalität gegenüber 22 pCt. bei 
der Decapsulacion. Der operative Fineriff habe sowohl bei acuter, wie 
bei chronischer Nephritis erst dann stattzufinden. wenn die interne 
Therapie im Stiche lasse: bei chroniseher Nierenentziindung komme die 


Operation hauptsächlich in den acuten Schmerzattacken, bei starken 
Blutungen, bei urämischen Anfällen in Betracht. 

Bezüglich der Indicationsstellung der zu operirenden Seite sind beide 
Referenten der Meinung, (daß die Beiderseitirkeit des Processes keinen 
Grund gegen die Operation bilde: wenn keine bestimmten Zeichen für die 
eine oder für die andere Seite spreehen, ist es nach Harrison belang- 
los. welche Niere man operire. da gewöhnlich beide Organe in gleichem 
Grade erkrankt sind und die Operation des einen aueh auf das andere 
günstig einwirke: ja Pousson hält den als Orientirungsmittel aus- 
gezeichneten Ureterenkatheterismus bei acuter Nephritis wegen Infec- 
tionsinavlichkeit für unstatthaft. 

Pousson stellt mit Ausschluß der Edebohls schen Operationen 
30 ehirurgisch behandelte Fälle von acuter Nephritis mit einer operativen 
Mortalität von 15.4 pCt. zusammen, ferner 117 in der gleichen Weise be- 
handelte Fälle von ehronischer Nephritis mit einer operativen Mortalität 
von 17 pCt: nur eine kleine Auzahl ist vollkommen geheilt, der größere 
Teil mehr oder wentger gebessert. 

Bemerkenswert erseheint, daB 19 bacteriologiseh untersuchte Fälle 
von aeuter Nephritis zehnmal Bacterium coli als Krankheitserreger er- 
raben, weiter, daB Pousson bei zwei von ihm in schwerem urämischen 
Anfalle operirten Kranken mit Bestimmtheit eine einseitige Nephritis 
annimmt. 

In der Discussion betont auch Albarran den geringen Wert der 
Decapsulation, findet die Nephrotomie eher am Platze, möchte aber von 
ihr vorläfie nur eingeschränkten Gebrauch machen, da im allgemeinen 
ihre Kudresultate nieht günstig seien. 

An der Disenssion über Nierendiasnostik (Referent Kapsammern) 
beteiligten sich Albarran, Kümmell. Pasteau und Cathe- 
lin. Im Gegensatze zu den letzten Verhandlungen über dieses Thema 
auf dem XXXIV. deutschen und auf dem H internationalen Chirurgen- 
congreB im Jahre 1905 wurde einstimmig die große Bedeutung und die 
U nentbehrliehkeit der modernen funetionellen Nierendiagnostik zugegeben 
une gleichzeitig der Ureterenkatheterismus als die einzig verläßliche 
Methode zum getrennten Aufsauren des Harnes anerkannt. 

Bei dem Thema Steinkrankheit demonstrirte Albarran einen 
abedonmnalen Weg. um zu den tief im Ureter einzekeilten Concrementen 
zu gelangen. Kr. 


Dr. Julius Vogel (Berlin): Was leistet die Cystoskopie und 
wie weit muss der praktische Arzt mit dieser Unter- 
suchungsmethode vertraut sein? (Wiener klin. Rundschau 
1906, No. 28.) 

Verf. betont zunächst. daß die Kenntnis mancher interesannten und 
physiologisch wichtigen Thatsachen. wie die der Function der Nieren und 
der Harnleiter. nur auf eystoskopischem Were erlangt werden konnte und 


— 530 — 


weht dann zur Besprechung der diasgnostischen  Leistungsfähigkeit der 
Methode bei versehiedenen Krankheitsformen über. Die Diagnose der 
Blasenerkrankungen ist dureh diese Methode eine verhältnismäßiz ein- 
fache geworden. Das Cystoskop zeigt uns mit Sicherheit Erkrankungen 
der Blasenschleimhaut, mözen nun diese einfach eystitischer oder tuber- 
eulöser Natur sein: es zeiet uns Tumoren, Uleerationen. Vergrößerungzen 
der Prostata. Veränderungen der Blaseumuseulatur (Balkenblase). des 
Sphineters, Fremdkörper u. s. w. lst auf diese Weise ein Gebiet. auf 
dem früher Vermutungs- und Wahrscheintichkeitsdiagnosen eine große 
Rolle spielten, der direeten Besichtigung durch das Auge erschlossen 
worden, so scheinen doch vielleicht noch bedeutsamer und wertvoller die 
Fortsehritte, die uns die Cystoskopie fiir die Diagnose der Nierenerkran- 
kungen gebracht hat. 

Man kann ohne Uebertreibung sagen, daB die Nierenchirurgie thre 
ganze moderne Entwieklung der Cystoskopie verdankt. Daß man früher 
nur ganz vereinzelt gröBere Nierenoperationen zu unternehmen wagte, 
lag nieht an mangelnder Operationstechnik: es war die Unsicherheit der 
Diagnose, die dem Chirurgen den Mut lähmte. und zwar war es vor 
allem der Zweifel, ob die zweite Niere vorhanden und wenn, ob sie fähig 
seh die Function für das auszuschaltende Organ mit zu übernehmen. 
Wir sind heute fast immer in der Lage, dieses Dunkel zu liehten. Wir 
können mit Hilfe des Cystoskops den larnleiterkatheterismus ausführen. 
den Harn beider Nieren getrennt aufsauren, dureh eingehende Unter- 
suchung mit geeigneten Methoden die Diagnose stellen und die Eut- 
scheidung treffen, ob zur Operation geschritten werden darf oder nicht 
Daß auch bei einzelnen Abdominalerkrankungen. die in keinem directen 
Zusammenhang mit den Urogenitalsystenm stehen, so namentlich bei zynä- 
kolozischen Affectionen, das Uystoskop wichtige diagnostische Dienste 
leisten kann. erwähnt Verf. nebenbei. 

Sind nun Crstoskopie. Katheterismus der Ureteren und die damit zu- 
sammenhängenden Untersuchungsmethoden diagnostische Hilfsmittel. die 
der praktische Arzt beherrschen muß? 

Verf. glaubt aus mancherlei Gründen diese Frage mit,einem strieten 
„Nein” beantworten zu müssen. Die Mehrzahl der Aerzte hat weder 
Zeit, noch Gelezenheit. sich in den Speeialfächern der Mediein auszubilden 
und vor allem fehlt es fast pomer an der Möglichkeit zu ständiger Uebung 
und Weiterbildung: das aber sind unerläßliehe Vorbedingungen emer 
zuverlissigen diagnostischen Thätigkeit. 

Man muß aber von jedem Arzt verlangen, daß er über die Leistungen 
der Cestoskopie orientirt ist und weiB. in welehen Fällen sie zur Diagnose- 
stellung herangezogen werden muß. Dieses Ziel kann nur erreicht 
werden, wenn schon der angehende Arzt entsprechende Unterweisung 
empřiinet. Nr. 


—- 531 — 


Dr. Arnold Heymann (Düsseldorf): Heterotypischer Pseudo- 
hermaphroditismus femininus externus. (Wiener klin. 
Rundschau 1906, No. 26.) 


V. L. 17 Jahre alt, Gymnasiast, wurde hn Jahre 1888 als sechstes 
Kind eines Kaufmannes in F. geboren und standesamtlich als Knabe an- 
gemeldet. Seine Genitalien sollen ganz die bei einem neugeborenen 
Knaben normale Form gehabt haben. nur wurde bemerkt, daB er keinen 
Urin hep. Es wurde ihm deshalb am zweiten Tage nach der Geburt eine 
epithellale Verklebung der äußeren Harnröhrenöffnunz nach Aussage der 
Eltern mit einer Nadel durehstochen. Seit dieser Zeit hat Patient normal 
durch die angelegte VOeffnung urinirt. Im weiteren Verlaufe seiner Ent- 
wieklung ist Patient stets gesund geblieben. Mit sechs Jahren kam er 
zur Schule. Frühzeitigz fiel ihm ein Wesensunterschied zwischen ihm 
und seinen Mitschülern auf, worüber er viel nachzrübelte. Mit zwölf 
Jahren bemerkte Patient ein zunehmendes Wachstum der Brüste. Im 
September 1905 verlor Patient zum ersten Male aus der Harnröhre Blut. 
Die Blutung dauerte fünf Taxe und war mit Kreuz- und Unterleibs- 
sehmerzen verbunden. Seit dieser Zeit wiederholte sich die Blutung in 
rerelmäßigen Zwisehenraumen von vier Wochen stets unter denselben 


Erscheinungen. Seine sexuellen Neigungen gingen zuerst auf das weıb- 


liche Gieschlecht. Seit einem Jahre ist er mit einem Mitsehiiler eng 
befreundet und nimmt an den Mädchen kein Interesse mehr. 

Der Patient sucht das Spital auf in dem lebhaften Wunsche,. von 
den Blutungen, die er für das Zeichen einer teilweisen weiblichen Con- 
stitution hält, befreit zu werden. 

Status: Der Habitus ist durchaus weiblich. Mit Ausnahme der 
Koplhaare und der Pubes zeigt der ganze Körper und die Extremitäten 
nur Lanugebehaarune. Der Kehlkopf ist nicht prominent, der Sehild- 
knorpel klein, infantil. Die Mammae sind von virgineHem Habitus, ent- 
helten drüsige Substanz und sind kräitig entwickelt. Die Beckenapertu: 
ist weit offen, der Schamboren klaffend. 

Ein penisartiger Körper von etwa 2/2 em Länge, nach unten haken- 
formic vekriimmt, trägt ejn schürzenförmiges Präputium. unterhalb des- 
selhen eme Andeutune des Scrotum in Form einer prominenten. dunkle. 
piementirten, runzelizen Hautstelle. Von der Penisserotalwurzel zieht 
eine dunkelpiementirte Rhaphe zum Anus. Der Penis trägt eine kleme 
anscheinend normal gebildete Glans, an deren Spitze die Urethra aus- 
mündet. Der linke Leistenkanal ist weit offen und für die Kuppe des 
kleinen Fingers bequem durehrängie. Das Serotum ist vollständig leer, 
keine testikelähnlichen Körper tastbar. 

Per rectum tastet man zunächst einen der rechten Beckenwand ge— 
näherten. derben, senkrecht zur Beckeneingangsebene stehenden Körper 
von Größe umd Form eines nahezu entwickelten Uterus. Reehts hinter 
demselben, tief unten ein etwa mandeleroßer,. derber, querliegender Tumo. 


— 532 — 


(Ovar”). Links zieht an der Grenze zwischen Cervix und Corpus uteri 
spitzwinklig nach oben ein weich elastischer, walzenfürmiger, glatter. 
fingerdicker Körper von 4-5 em Länge. 

Vom Uterus zieht gegen den Arcus pubis ein etwa bleistiftdicker. 
plattrundlieher Strang: der als Uterus gedeutete Körper steht senkrecht 
zum letzterwiihnten, als Vagina gedeuteten Strange. Links kann kein dem 
Ovarium entspreehender Körper getastet werden. 

Die Harnröhre läßt sowohl eine weiche als auch eine starre Sonde 
in der gewöhnlichen Weise in die Blase passiren. Tastet man mit der 
Sonde die hintere Wand der Urethra ab. so kann man in die Lichtung des 
vorerwähnten zum Uterus ziehenden Stranges gelangen, auf welchem 
Wege die Sonde nach kurzem Vordringen feststeht. Keine Prostata 
fühlbar. Wiihrend der Reetaluntersuchung entleert sieh aus der Urethra 
in reichlicher Menge eine weiBlieh-grau, dickfliissige Masse, die mikro- 
skopisch untersucht, aus einer schleimigen Grundsubstanz und zahl- 
reichen großen, polygonalen Plattenepithelien vom Aussehen und Typus 
des Vaginalepithels besteht, aber keine Spermatozoen enthält. 

Diagnose: Pseudohermaphroditismus externus femininus hetero- 
typicus mit Uterus, reehtsseitizem Ovarium und Vagina. die ins Caput 
galliniginis ausmiindet. 

Die Operation und die mikroskopische Untersuchung der exstirpirten 
Ovarien hat die gestellte Diagnose in vollstem Maße bestätigt. 

Zur Operation wurde geschritten, weil Patient Molimina menstruaha 
hatte und weil er von diesen, wie von seinen Blutungen befreit sem 
wollte. Sie bestand in der Castration ünd befreite Pat. von seinen 
lästiren Blutungen und den damit verbundenen Beschwerden. Kr. 


Giuseppe Levi: Lesioni sperimentali sull’ abbozzo uro- 
genitale di larve di Anfibi e loro effetti sull’ origine 
delle cellule sessuali. (Archiv far Entwicklungsmechanik der 
Organismen 1905, Bd. 19, H. 3.) 


Nach Verletzung der Trogenitalanlage mit einer glühenden Nadel bei 
S-0 mm lanzen Bufolarven rerenerirte sehr oft der Wolff’sche Gang 
und die Urniere an der Seite der Verletzung. sowie beständig auch die 
Genitalanlare. die beiderseits möchehst vollständige dureh die Operation 
zerstört wurde. In die Einzelheiten der Regeneration der Urnieren 
wird nicht eingegangen, da das Hauptziel der Untersuchungen die 
Kiage nach dem Ursprunge der Keimzellen war. 

In einigen Fällen hatte die regrenerirte Genitalanlare ein normales 
Aussehen: öfter aber finden Verwachsungzen zwischen derselben und 
benachbarten Organen (z. B. mit der hinteren Holhlvene) statt. Eigen- 
tiimlich sieht eine ziemlich oft vorkommende Verwachsung zwischen der 
Genitalanlage und der medialen Wand eines Nephrostomkanälehens aus: 
denn sie kann so innig sein, daR die Keimzellen der Anlage in die 
Jlöhle des Kanälehens hervorragen. 


— 533 — 


In einzelnen Fällen war keine paarige Gienitalanlage vorhanden, da 
die Keimzellen längs der dorsalen Wand der Peritonealhöhle aus- 
gestreut waren. 

Derartige Abweichungen von den normalen Verhältnissen können 
vielleicht manches Interesse vom morphologischen Standpunkte er- 
wecken; sie sind dagegen wertlos für die Frage, wovon die Keimzellen 
bei den operirten Larven herstammten, da keineswegs ausgeschlossen 
werden konnte, daß einzelne der Verletzung entgangene Keimzellen 
durch Teilung eine neue Keimesanlage hervorgebracht haben. 

Wichtiger scheint der Befund vereinzelter Keimzellen in abnormer 
Lage (ings der dorsalen Wand der Leibeshöhle, lateralwärts der Keim- 
drüse, ferner im Mesenehym zwischen Aorta und Hohlvene u. s. w.); 
dieselben waren oft bei den operirten Larven, die den Eingriff einen 
Monat überlebt hatten, aber auch bei den nach kurzer Frist fixirten, zu 
finden. 

Dieser Befund kann ebenso als eine Auswanderung von Keimzellen 
gedeutet werden, da der Verdacht nieht ausgeschlossen werden kann, daB 
die Zerstörung der Keimzellen unvollständig gewesen sei, wie als ein Fall 
von Differenzirung von Keimzellen aus seheinbar somatisehen Elementen. 

Auch wenn die Richtigkeit der letzten Vermutung erwiesen würde 
— und dies ist nieht der Fall — besteht zwischen derselben und der 
Lehre der Präformation der Keimzellen kein Gegensatz, weil die Ver- 
mutung nalie hert, daß die scheinbar somatischen Elemente der Keim- 
bahn anzureihen seien. M. Lubowski. 


II. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


mm 


Dr. Karl Glaessner, Assistent der II. med. Abt. des Rudolfspitals 
in Wien: Diabetes und Pneumonie. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1906, No. 29.) | 


Der EinlluB der Infeetionskrankheiten auf die Zuckerausscheidung 
und den Verlauf des Diabetes mellitus ist mehrfach Gegenstand klinischer 
Beobachtungen gewesen. So hatte Bambe reer gefunden, daB bei 
einem Fall von Diabetes, in dessen Verlauf ein Abdominaltyphus auftrat, 
die Zuekerausscheidung während der Infection auf das Zehntel des 
früheren Wertes herabging. Aehnliche Beobachtungen haben Ryba und 
Plumert gemacht, deren Fall vom ersten Fiebertag eine progressive 
Verminderung der Zuekerausscheidung zeigte, die sich allerdings in der 
dritten Krankheitswoche wieder zur früheren Höhe erhob. Goolden 
behandelte einen Diabetiker, der zwölf Liter Urin mit 1048 specitischem 
Gewieht täglich ausschied und nach Ablauf einer intereurrenten Pneu- 
monie blos ein Drittel mit 1017 sperifischem Gewicht zur Ausscheidung 


— 532 — 


(Ovary). Liuks zieht an der Girenze zwischen Cervix und Corpus uteri 
spitzwinklig nach oben ein weich elastischer, walzenförmiger, glatter. 
fingerdicker Körper von d—D em Länge. 

Vom Uterus zieht gegen den Arcus pubis ein etwa bleistiftdieker, 
plattrundlicher Strang: der als Uterus gedeutete Körper steht senkrecht 
zum letzterwähnten, als Vagina gedeuteten Strange. Links kann kein dem 
Ovarium entsprechender Körper getastet werden. 

Die Harnröhre läßt sowohl eine weiche als auch eine starre Sonde 
in der gewöhnlichen Weise in die Blase passıren. Tastet man mit der 
Sonde die hintere Wand der Urethra ab. so kann man in die Lichtung des 
vorerwähnten zum Uterus ziehenden Stranges gelangen. auf welchem 
Were die Sonde nach kurzem Vordringen feststeht. Keine Prostata 
fühlbar. Während der Reetaluntersuchung entleert sich aus der Urethra 
in reichlicher Menge eine weißlich-grau, diekflüssige Masse, die mikro- 
skopiseh untersucht, aus einer schleimigen Grundsubstanz und zahl- 
reichen großen, polygonalen Plattenepithelien vom Aussehen und Typus 
des Vaginalepithels besteht, aber keine Spermatozoen enthält. 

Diagnose: Pseudohermaphroditismus externus femininus hetero- 
typieus mit Uterus, rechtsseitigem Ovarium und Vagina. die ins Caput 
valliniginis ausmiindet. 

Die Operation und die mikroskopische Untersuchung der exstirpirten 
Ovarien hat die gestellte Diagnose in vollstem MaBe bestätigt. 

Zur Operation wurde geschritten, weil Patient Molimina menstrualia 
hatte und weil er von diesen, wie von seinen Blutungen befreit sein 
wollte. Sie bestand in der Castration und befreite Pat. von seinen 
lästigen Blutungen und den damit verbundenen Beschwerden. Kr. 


Giuseppe Levi: Lesioni sperimentali sull’ abbozzo uro- 
genitale di larve di Anfibi e loro effetti sull’ origine 
delle cellule sessuali. (Archiv für Entwicklungsmechanik der 
Organismen 1905, Bd. 19, H. 3.) 


Naeh Verletzung der Urogenitalanlage mit einer glühenden Nadel bet 
8—9 mm lanzen Bufolarven regenerirte selr oft der Woolf f° sehe Gang 
und die Urniere an der Seite der Verletzung, sowie beständig auch die 
Genitalanlage, die betderseits moéehehst vollstindiz dureh die Operation 
zerstört wurde. In die Einzelheiten der Regeneration der Urnieren 
wird nicht eingegangen, da das Hauptziel der Untersuchungen die 
Krave nach dem Ursprunge der Keimzellen war. 

lu einigen Fällen hatte «ie regenerirte Genitalantage ein normales 
Aussehen: öfter aber finden Verwachsungen zwischen derselben und 
benachbarten Organen (z. B. mit der hinteren Hohlvene) statt. Eigen- 
tiimlich sieht eine ziemlich oft vorkommende Verwachsunz zwischen der 
Genitalanlage und der medialen Wand eines Nephrostomkanälchens aus: 
denn sie kann so innig sein, daß die Keimzellen der Anlage in die 
Höhle des Kanälchens hervorraren. 


— 533 — 


In einzelnen Fällen war keine paarige Genitalanlage vorhanden, da 
die Keimzellen längs der dorsalen Wand der Peritonealhöhle aus- 
gestreut waren. 

Derartige Abweichungen von den normalen Verhältnissen können 
vielleicht manches Interesse vom morphologischen Standpunkte er- 
weeken; sie sind dagegen wertlos für die Frage, wovon die Keimzellen 
bei den operirten Larven herstammten, da keineswegs ausgeschlossen 
werden konnte, daß einzelne der Verletzung entgangene Keimzellen 
durch Teilung eine neue Keimesanlage hervorgebracht haben. 

Wichtiger scheint der Befund vereinzelter Keimzellen in abnormer 
Lage tlängs der dorsalen Wand der Leibeshéhle, lateralwarts der Keim- 
drüse, ferner im Mesenchym zwischen Aorta und Hohlvene u. s. w.); 
dieselben waren oft bei den operirten Larven, die den Eingriff einen 
Monat überlebt hatten, aber auch bei den nach kurzer Frist fixirten, zu 
finden. 

Dieser Befund kann ebenso als eine Auswanderung von Keimzellen 
gedeutet werden, da der Verdacht nieht ausgeschlossen werden kann, daß 
die Zerstörung der Keimzellen unvollständig gewesen sei, wie als ein Fall 
von Differenzirung von Keimzellen aus scheinbar somatisehen Elementen. 

Auch wenn die Riehtirkeit der letzten Vermutung erwiesen würde 
— und dies ist nicht der Fall — besteht zwischen derselben und der 
Lehre der Präformation der Keimzellen kein Gegensatz, weil die Ver- 
mutung nahe liert, daß die scheinbar somatischen Elemente der Keim- 
bahn anzureihen seien. M. Lubowski. 


II. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


Dr. Karl Glaessner, Assistent der II. med. Abt. des Rudolfspitals 
in Wien: Diabetes und Pneumonie. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1906, No. 29.) 


Der EinthuB der Infectionskrankheiten auf die Zuckerausscheidung 
und den Verlauf des Diabetes mellitus ist mehrfach Gegenstand klinischer 
Beobachtungen gewesen. So hatte Bamberger gefunden, daß bei 
einem Fall von Diabetes, in dessen Verlauf ein Abdomimnaltyphus auftrat, 
die Zuckerausscheidung während der Infection auf das Zehntel des 
früheren Wertes herabginz. Aehnliche Beobachtungen haben Ryba und 
Plumert gemacht, deren Fall vom ersten Fiebertag eine progressive 
Verminderung der Zuckerausscheidung zeigte, die sich allerdings in der 
dritten Krankheitswoche wieder zur früheren Höhe erhob. Goolden 
behandelte einen Diabetiker, der zwölf Liter Urin mit 1048 specitischem 
Gewicht täglieh aussehied und nach Ablauf einer intercurrenten Pneu- 
monie bles ein Drittel mit 1017 speeifischem Gewicht zur Ausscheidung 


— 534 — 


brachte. Naunyn beschreibt zwei Faille von Diabetes, die mit Pneu- 
momen compleirt waren: Der erste Fall, der einen 15 jiihrigen Juineling 
betraf, wurde während der Pneumonie zuckerfrei; der zweite Fall, ein 
43 jähriger Mann, welcher vor Eintritt der Pneumonie 575 z Zuckeı 
tärlich ausgeschieden hatte, zeigte während der tieberhaften Erkrankung 
sogar eine Steigerung der Zuckermenge bis auf 83.70 2. Wertvoll sind die 
Beobachtungen von Bussenius. Dessen Diabetiker schied vor Ein- 
tritt und während der Pneumente täglich 100 bis 185 g Zucker aus. im 
Collaps und nach eingetreter Entfieberung fiel der Zuckergehalt plötzlich 
ab. Achnliche Erfahrungen hat Schupfer gesammelt, der bei Pneu- 
monien, Typhus und acutem Gelenkrheumatismus im Verlaufe eines 
Diabetes regelmiBig die absoluten Zuckermengen stark abnehmen sah, bei 
experimentell erzeugtem Fieber sogar ein völlizes Sistiren der Zucker- 
ausscheidung eonstatiren konnte. 

Nicht so günstie für die Auffassung, daß intereurrente, fieberhafte 
Zustände die Zuekerausscheidung beim Diabetes herabsetzen, sind die be- 
kannten experimentellen Untersuchungen. So fand Nebelthau. daß 
weder Tetanusbacillen, noch Tuberkelbacillen, noch Streptokokken 
Hunden, die nach Entfernung des Pankreas diabetisch geworden waren. 
injieirt, einen merkbaren Einfluß auf den Kohlenhydratstoffwechsel 
äußern. Riehter konnte an adrenalin-elykosurischen Kaninchen, bet 
welehen er durch Wärmestieh oder dureh Infection Fieber erzeugt hatte. 
feststellen, daß von den beiden Componenten des Fiebers: Temperatur- 
erhöhune und Infeetion die erstere ohne jede Einwirkung auf die Zucker- 
ausscheidlung blieb, während die zweite deutlich vermindernden Einfluß 
erkennen heß. Endlich hat Mohr den Kinfluß intereurrenter fieberhafter 
Erkrankungen bei der diabetischen Glykosurie geprüft. er fand sie vor- 
überrehend bei leichter. dauernd bei schweren Fällen gesteigert. 

DaB acute Fieberzustände das Auftreten alimentärer Glykosurie be- 
einstigen, ist seit längerer Zeit bekannt. Poll hat dies namentlich bei 
Pneumonikern feststellen können, Campaenolle fand es rerelmäßirz 
bei Eingaben von 150 x Traubenzucker, Bleiweiß und Patello und 
l,odoli haben auch bei Pneumonikern ın einer Reihe von Fällen diese= 
Symptom erzeuzen können, wobei ersterer Autor es am deutlichsten in 
den Taxen um die Krise herum ausgesprochen findet. 

Der in vorliegender Arbeit beschriebene Fall hat nun einmal Analogien 
mit dem ven Naunvn erwähnten und stimmt aueh mit den experimen- 
tellen Erfahrungen Schupfers überein, während er zu den Mohr- 
schen Befunden ein Gegenstück bildet. Es zeigt sich. wie auf vielen Ge- 
bieten der Patholodie, auch hier die große Manniefaltiekeit in der Wir- 
kung krankhafter acuter Stérungen im Verlaufe einer chronischen Stoff- 
wechselentartung. Ueberblickt man den Fall der eine 54 jährige Tave- 
lohnerin betrifft. so zeigt sich ein mächtiger EintluB der durchgemaechten 
Pheumonie auf die Zuckerausscheidung im günstigen Sinne. Dieser 
Einfluf der Infectionskrankheit ist aber kein vortibergehender. sondern 


ett D Sen 


wenigstens für die drei Monate der Beobachtungeszeit ein bleibender. Vor 
dem Auftreten der Lungenentzündung schied die Patientin trotz mözgiılehst 
kohlenhydratfreier Kost über 130 g Zucker pro die aus. Das Eintreten der 
Pneumonie ändert mit einem Schläge das Bild. Die Harnmenge wird 
gerinver, die Zuckerausscheidung kleiner, Aceton verschwindet. Nach der 
abnorm kurzen Fieberperiode kommt nieht — wie in anderen Fällen — 
der Zucker wieder zum Vorschein, sondern bleibt dauernd fort, ja tritt 
nieht einmal nach einer Gabe von 100 g¢ Traubenzucker wieder anf. | 

Man kann nach diesen Daten wenigstens von einer groBen Remission 
sprechen, die bei dem Diabetes unter dem Einfluß der Lungenentzündung 
eingetreten ist, wenn nicht von einer Heilung, was Ja erst durch wieder- 
holte Untersuchungen der Patientin nach Jahr und Tag festgestellt werden 
könnte. 

Ceber die Ursachen, welehe bei diesem merkwürdigen EinfluB einer 
acuten Infection auf den Diabetikerstoffwechsel maBwebend sein kôünnen. 
ibe sich vorläufig nichts aussagen. K r. 


Dr. Karl Glaessuer, Assistent der II. med. Abt. der Krankenanstalt 


„Rudolfstiftung“ in Wien: Ueber Abkühlungsgiykosurie. 
(Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 30.) 


Auf der IT. med. Abteilung der „Rudolfstiftunge“ wurde seit Jahren vom 
Primarius Bamberger die Beobachtung gemacht. daB bet Personen, 
welche den Tod durch Ertrinken suchten und so längere Zeit hoch- 
vradiger Kilteeinwirkung ausgesetzt waren, Zucker im Urin auftritt. Seit 
ea. einem Jahre hat Verf. sieh mit dieser merkwürdigen Erscheinung be- 
faot und berichtet in vorliegender Arbeit über vier Fälle, bei welchen 
dieses Syinptom besonders prägnant auftrat. 

Verf. betont, daß nicht alle Fälle, die eine hocheradige Abkühlung im: 
Wasser erlitten haben. mit Glvkosurie reagiren. Von den im letzten 
Jahre beobachteten neun Fällen waren es nur vier, welche in dieser Weise 
hervortraten. Es kann dies von verschiedenen Faetoren abhängen: viel- 
leieht spielt die Dauer der Abkühlung eine Rolle, sicher kommt es behufs 
Constatirung dieser Erscheinung darauf an, zu welchem Zeitpunkt man 
die Prüfung des Harns vornimmt. Verf. hat gefunden, daß es immer die 
ersten Portionen des Urins sind, welche die pathologischen Harnbestand- 
teile enthalten. Kommt der Patient erst nach längerer Zeit zur Beob- 
achtune, se ist gewöhnlich keine Glykusorie nachweisbar. Jedenfalls ver- 
schwindet sie stets nach kurzer Zeit. Es handelt sieh hier also um eine 
passarere Erscheinung. Ferner ist es zur Entdeckung einer solchen 
transitorischen Glykosurie wichtie, den Urin portionsweise aufzu- 
sammeln und Jede Portion gesondert zu untersuchen, da die im allge- 
meinen nicht zu groBen Zuckermengen bei der llarntlut, die sich infolge 
des weschluekten Wassers einstellt, leicht übersehen werden könnten. 

Araki hat im Hoppe-Seyler schen Institut zu Straßburg 


brachte. Nau BZ von Tieren erzielen können- 
monien compl’ "at und naeh erheblicher Abkühlung 
betraf. wurd : — | konnte in demselben Eiweiß, Zucker 
43 jähriger Enr a erden. Die gleichen Resultate erhielt 

„ körpertemperatur dureh 2—3 Stunden 





täglich au ee "An 
sogar eip e e "lt war. Auch hier wurde neben Zucker 
Beobacl Pa ee "hioden. Da Araki in früheren Versuchen 
tritt w nite Ce vie Kohlenoxyvd. Phosphor, arseniger Säure, 
Collay i + — Verhältnisse vorgefunden hatte, ist er 
ab, ee E Givkosurie und Milchsäureausscheidung als 
mol 2 n — zurückzuführen, der die Oxvda- 
Di: HA ale atzt und so die Verbrennung des Zuckers 
E e we — sauerstoffmangel der gewöhnlichen Annahme zu- 
d pee — Eiweißzerfall im Körper erzeugt, so dürfte die 
AT — sjureausst heidung aus beiden Factoren — gesteigerter 
— te till und herabgesetzte Oxydation — herzuleiten sein. Auch 
tf!" gc . Füllen trat Milchsäure in nachweisbarer Menge im Hasn 
itt — Se „nt ist dabei namentlich der Umstand, daß Glykosurie und 
Ju, miteinander streng parallel gehen, ein Zeichen. daß 


auf. great‘ full : : ` | 
yilel wen 8! mptome eine gemeinsame Stoffwechselstörung zur Ursache 
s i, 
yel 
diese n. 
psse eg e 
paben ” yeruche von Horvath, Bohm und Zillesen lassen es 


pie orscheinen, die Milchsäureausscheidung und Glykosurie narh 


nahelies gunn auf Sauerstoffmangel bezw. maugellafte Oxydation 

starke ` i Andere Forscher haben wiederum bei starker Muskel- 
tal 

ont" ‚las Auftreten von Mile hsäure beobachtet. 


häri ke! r Weise spielen beide Processe: abnorın gesteigerte Muskel- 

orl A Sauerstoffmangel bei der Abkühlungselykosurie, eine 
phätigk”!! anter allen Umständen, wo Milehsiiure und Zucker iim Harn 
Volle, 1 er Glykogengehalt der Leber und Muskeln schwindet 
vin", da ferner bei mangelnder Sauerstoffzufuhr die Oxydation des 
(Ara ki) pis zur Milchsiiure fortschreitet, könnte man sich vorstellen, 
Zuckers Factor: die Muskelanstrengung, für den starken Glykoren- 
daß der andere Factor: Sauerstoffmangel, für die mangelhafte Oxyeda- 
zerfall. Se jem zerfallenden Glvkogen entstehenden Zuckers verantwert- 
tion des À „hen sei und so könnte leicht das in Verfassers Fällen heob- 
lieh zu W? ndroin erklärt werden. Doch kann man sich mit Rücksicht auf 
achtete * a ey. Noordens über Angstelykosurie gegen die Annahme 
die aitteilut yehischen ätiologischen Moments, das mit in Frage käme, 


pines Fe a ablehnend verhalten. 
nicht e e Diabetes mellitus Milchsaureausscheidung nicht stattiinslet 

nr bei der alimentären Glykesurie eine solehe nicht beobachtet 
und our" so wäre die Milehsäureausscheidung im Verein mit der tran- 
worden IF „ Glykosurie für Zustände, welche die Oxydation des mensch- 


chet ` ST — F 
dë Karper plotzlieh herabsetzen. charakteristisch. Dahin wirde eine 
lichen 


E 


Reihe von Vergiftungen und aueh die hocheradige Abkühlung zehören. 
Forensiseh erscheint es Verf. wichtig, daB man zur Entscheidung der 
Frage, ob jemand den Tod dureh Ertrinken gefunden hat oder ob sein 
Leichnam erst post mortem in's Wasser geraten ist, den Nachweis von 
Zucker oder Milchsäure im Urin benützen könnte. Auch über den Zeit- 
punkt könnte der positive Nachweis der pathologischen Harnbestand- 
teile eventuell Aufschluß geben. Kr. 


Sanitätsrat Dr. Lenné (Neuenahr): Ueber Diätregelung bei Dia- 
betes mellitus. (Wiener med. Presse 1906, No. 34.) 


Der Sehwerpunkt der Diabetestherapie liegt bis zur Stunde in der 
Regelung der Diät. Unsere MaBnahmen in dieser Richtung werden, ab- 
vesehen von der Verdaulichkeit u. s. w. der Nährstoffe, in erster Reihe 
zwei Punkte zu berücksichtigen haben: die Quantität, das KostinaB und 
die Qualität, die Beschaffenheit der Nahrungsmittel. 

Die Furcht, durch den Zuckerverlust aufs Schwerste geschädigt zu 
werden, veranlaßt den Diabetiker möglichst große Mengen Nährstoffe 
aufzunehmen. Dieses Vorgehen ist falsch: wir wissen, daß der Jdiabetisehe 
Organismus keiner höheren Calorienzahl zur Unterhaltung seines Lebens 
hedarf, als der Gesunde, also bedarf er auch, abgeseheu von den Ver- 
lusten dureh den Harnzucker, die zu ersetzen sind, keiner größeren 
Nahrungszufuhr als dieser. Muß schon die überreiche Nahrungszufuhr 
als solehe als schädlich bezeichnet werden, so wird das Uebel noeh ver- 
schlimmert durch die Qualität der Nährstoffe, welehe zum Teil direct die 
Glykosurie unterhalten und vermehren. | 

Dem Diabetiker stehen drei Nährstoffe zur Verfügung: Kohlen- 
hidrate, Eiweiß und Fett. Die Schwierigkeit der ärztlichen Aufgabe liegi 
darin. diese verfügbaren Nährstoffe so zu verteilen, daB neben der sub- 
jectiv und objeetiv genügenden Ernährung auch das Hauptziel der Be- 
handlang, die Behebung der Zuckerausseheidung erreicht wird. 

Während man allgemein die Regelmmg der Kohlenhydratzufuhr in den 
Vordergrund der diätetischen Vorschriften schiebt, hat Verf. als erstes 
seit einer Reihe von Jahren das Hauptgewicht auf das Eiweißkostmaß ge- 
legt und dessen strenge Regelung als die Grundlage der ganzen 
Diabetikerdiät hingestellt. 

Verf. hat bereits im Jahr 1896 darauf hingewiesen, daß erstens das 
Kiweißkostmaß tm Verhältnis zum Körpergewicht pro Kilogramm fest- 
zusetzen ist und daß zweitens diese genaue Regelung nieht nur für ge- 
wisse Kategorien, die mittelschweren und schweren Erkrankungen wie 
Naunvmundv. Noorden verlangen, sondern für alle Diabetiker eine 
unumgängliche Forderung bilden muß, wenn wir nicht füglich Gefahr 
laufen wollen, aus leichten Erkrankungen künstlieh schwerere zu züchten. 

Wie soll man nun bei der Normirung des Eiweißkostmaßes verfahren? 

Verf. berechnet die Menge des abgebauten Materials aus den Stoff- 
wechselprodueten. und zwar der Einfachheit halber aus der 24 stiindigen 


1088 — 


Harnstoffmenge, was für die Praxis vollständie ausreicht. Aus den ge- 
fundenen Werten beurteilt er, ob der Eiweißumsatz ein Krankhaft ver- 
änderter ist oder nieht. Zu diesem Zwecke muß man selbstverstind heh 
die normale GrôBe des Eiweißbumsatzes kennen, und da hat sich Verf. aus 
einer eroßen Zahl von Untersuchungen ergeben, daß bei richtiger Er- 
nihrung im Mittel 0,57 & Harnstoff in 24 Stunden und pro Kilorranım: 
Körpergewicht ausgeschieden werden, entspechend cinem  Eiweil- 
umsatz von 1,1 ¢. Will man keine feste Zahl aufstellen, so muß man das 
Feld der Versuche betreten und die geringste Harnstoffmenge suchen. bei 
welcher der betreffende Organısmus Stickstoffgleichgewicht behauptet: 
die derselben entsprechende Eiweißmenge ist das zuträrliche Kostimaß. 
welches im Mittel eben 1,1 g beträgt. Geht man in dieser Weise vor. 
dann hat man sich um das de facto verzehrte Eiweißquantum nicht zu 
kümmern. so lange der Umsatz in den oben gezeichneten Grenzen bleibt. 

In der Wahl der Eiweißnahrunz hedarf es keiner Beschränkune. 
Anders verhält es sich in dieser Beziehung mit den Kohlenhydraten. 
welche in der That eine speeifische, allerdings individuell verschiedene 
Wirkung der einzelnen Arten äußern können. Thre genaue Bemessung 
spielt noch heute die Hauptrolle bei Festsetzung der Diätvorschriften. 
Daß diese aber nieht in allen Fällen anerkannt werden kann, ist oben 
auseinandergesetzt. Das Eiweißkostmaß ist und bleibt nach Verf.s Au- 
sicht der Cardinal- und Ausgangspunkt tür die gesamte Diätregelung. also 
aueh für die Kohlenhydrate und das Fett, den dritten Factor in der 
diabetischen Ernährung. So lange wir aber zu der Annahme berechtigt 
sind, daB vermehrter Zuekergehalt des Blutes sehädigend auf den Or- 
wanismus einwirkt, wird die vornehmste Aufgabe der Therapie die Be- 
bebung dieses Zustandes und des ständigen Symptoms desselben, der 
Glrkosurie, sein. Wir werden daher die empfindlichste Zuekeraquelle, dis 
Kohlenhydrate, so lange in der Nahrung beschränken müssen, his die 
Glykosurie veschwunden ist. Dieses Vorgehen führt aber leider nur in 
den leichteren Fällen zum Ziel, bei den sehweren Erkrankungen sieht man 
trotz strenester Kohlenhydratabstinenz die Glykosurie fortbestehen. un: 
fiir diese Faille ist die Frage aufzuwerfen, ob die strengere Ernährungs- 
forın angebracht ist. Hierüber giebt uns der Eiweißstoffwechsel bisher 
den sichersten Aufschluß. Unter allen Umständen. ob leichte. ob schwere 
Erkrankung, ist das Stiekstoffeleichzewicht ims Auge zu fassen. Ist 
dieses vorhanden bei normalem Eiweißbedarf. so kann man mit der Ent- 
ziehung der Kohlenhydrate fortfahren bis die Gyklosurie zeschwunden ist. 
Findet man aber Stickstoffgleichgewicht bei erhöhtem Eiweißuimsatz. 
dann geht man mit der Entziehung der Kohlenhydrate langsam vor. 
Nimmt mit der Glykosurie aueh die Höhe des Eiweißbedarfs ab. so Kann ` 
man die Kohlenhydratzufuhr dreister beschränken, eventuell bis zur Be- 
hebunz der Glykosurte, Jedenfalls aber nur so lange, als der Eiwerb- 
bedarf nieht gesteigert wird. In jenen Fällen. in welehen der Organismus 
iiberhaupt nur bei vermehrtem Eiweißumsatz im Gleichgewieht zu be- 


— 539 — 


harren vermag, kanun und soll man mit der Entziehung der Koblenhydrate 
so lange fortfahren, als sich keine Steigerung des Biweißunsatzes be- 
ıwerkbar macht. Das Verhalten der Glykosurie kommt erst in zweiter 
Linie in Betracht. Als dritte Kategorie der Erkrankungen könnte man 
diejenigen bezeichnen, bei welchen trotz erhöhter Eiweißzufuhr und 
dieser entsprechender Eiweißzersetzung das Stickstoffrleichgewicht nicht 
mehr aufrecht erhalten werden kann. Hier wird man am vorsichtigsten 
mit  Entziehung von Kohlenhydraten’ vorgehen, zumal wenn stärkere 
Artdose vorhanden ist. was meistens beobachtet wird. Dies sind die Fälle, 
bei welchen eine Vermehrung der Kohlenhydratnahrung nieht selten einen 
außerordentlich zünstigen Einfluß auf den Eiweißumsatz bewirkt. and 
hier bildet die Herstellung des Stickstoffzleichgewichtes wiederum 
unsere nächste und einzige Aufgabe. 

Wie neuerdings beim Fiweiß, so wurde schon seit langen Jahren der 
Qualität der Kohlenhydrate, den verschiedenen Kohlenhydratarten, be- 
zürlich ihrer Verwendbarkeit für die Diahetikerernährung großes Ge- 
wicht beigelert. Verf.s Ansicht geht dahin, daB man alle Arten von 
Kohlenhydraten bei Ernährung des Diabetikers verwenden darf, wenn 
man nur folgende Punkte beachtet: erstens die AssimilationseréBe des 
zu verabreichenden Kohlenhydrates feststellt, zweitens keine größeren 
Einzelzaben verabreicht, als sieh aus den Versuehen als zweckmäßig 
ergeben haben und drittens diese in nicht zu kurzen Zwischenzeiten 
(2—4 Stunden) verabfolet. 

Da das KostmaB der KiwetB- und Kohlenhydratnahrunz mehr oder 
minder eng begrenzt ist, so sind wir genötigt, weiteres Nährmaterial zu 
schaffen, um dem Diabetiker die für seinen Unterhalt erforderlichen 
Calorien zu liefern. Dieses Material ist das Fett, welches in jeder er- 
forılerlichen Menge genossen werden kann, soweit der Verdauungs- 
apparat dieselbe bewältigen kann. 

Die sogenannten IIungertaze, d. h. die 24 stündige mehr oder weniger 
vollständige Entziehunz von Nährstoffen zeigen mitunter einen ganz 
auffallend günstigen Einfluß auf die Verminderung der Glykosurie, und 
hei gut genihrten, kräftigen Diabetikern sollte man recht häufig davon 
Gebrauch machen. Aber in den schwereren Fällen, besonders bei solehen. 
welche sich im Stickstoffgloichgewicht zu bewahren vermögen und bei 
welchen sieh meist nun mehr oder weniger starke Acidose findet. muß 
man sehr vorsichtig sein. 

Unentbehrlieh und in freiziebiester Weise sind die Gemüse, und 
zwar in jeder Form zu verabreichen. | 

Bezüglich der Brotfabrikate betont Verf., daß diejenigen Brotarten 
die vorteilhaftesten sind, welehe bei minimalen Eiweißgrehalte möglichst 
wenig und möglichst schwer resorbirbare Kohlenhydrate enthalten. und 
das sind die eroben. mit Hülsen und Kleien verarbeiteten Sehrothrote. 

Kr. 


—- 540 — 


Dr. Julius Wechsberg (Wien): Ueber den Nachweis von 
Aceton bei Extrauteringravidität. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1906, No. 31.) 


ln No. 12 der „Wiener klin. Wochenschrift“ vom 22. März 1906. haben 
Baumgarten und Popper die Mitteilung gebracht, in sieben Fällen 
von Extrauteringravidität stets Aceton in größerer Menge mittels der 
Lexal'schen und anderer Proben nachgewiesen zu haben. Da sie 
weiterhin in einem differential-diagnostisch schwierigen Fall aus dem 
negativen Ausfall der Reaction die Diagnose Graviditas extrauterina aus- 
schlossen und die Operation ihre Diagnose bestätigte, erschien es berech- 
tizt, dieses Ergebnis insoweit praktisch verwerten zu können, um die Be- 
_hauptung aufzustellen, daß der positive Ausfall der Acetonprobe in dife- 
rential-diagnostiseh schwierigen Fällen mit großer Wahrscheinlichkeit 
für die Diagnose einer Extrauteringravidität verwertet werden könnte. 
Die Ursache der Acetonvermehrung sehen sie in der Blutung, da es sich 
in ihren Fällen entweder um Hämatocelen oder frische Blutergüsse in die 
freie Bauchhölle handelte: in einem Falle von seeundärer Abdominal- 
schwangerschaft mit fehlender Blutung fiel die Probe negativ aus. 


Verfasser vorliegender Arbeit hat diese Angaben an dem Material 
der Klinik Chrobak in Wien einer Naehprüfung unterzogen. Er hat 
bis jetzt acht Fälle untersucht. Von den acht Fällen rechnet Verfasser 
den ersten überhaupt ab, da für denselben die Bedingung, die in den 
Fällen von Baumgarten und Popper in Betracht kommt, nämlich 
die erößere Blutung, fehlt. Es verbleiben sieben Fälle, von denen fünf 
ein vollkommen negatives Resultat ergaben und zwei so schwach positiv 
sind (Aceton nur in Spuren nachgewiesen), daß man sie kaum im posi- 
tiven Sinne verwerten kann. 

Verfasser hat nebenbei auch noeh andere Fälle auf Areton untersucht, 
vor allem sämtliche differential-diagenostisch sehwierigen Fälle, und konnte 
nie Aceton finden. Dagegen gelang ihm deutlich der Nachweis von Aceton 
in einem Falle vou Uteruscarcinom. Die Untersuchung des Harnes bei 
Graviden bestätigt die bisher bekannt gewordenen Resultate. indem Verf. 
Aceton nur in ganz wenigen Fällen finden konnte. Ferner hat W. eine 
Reihe von Harnen post operationem untersucht und hat in fast allen 
Fällen, in denen vor der Narkose kein Aceton gefunden wurde, dieses nach- 
her deutlich nachweisen können. Dies stimmt auch mit den Untersuchun- 
een Beekers überein, der als erster den Eintluß der Narkose auf die 
Avetonausseheidung feststellte, indem er post narcosim sehr oft Acetonurie 
auftreten sah und bereits bestehende gesteigert fand. 


Aus den vorliegenden Untersuchungen auf Aceton bei QGraviditas 
extrauterina geht für den Kliniker hervor, daß es sicher Fälle giebt, bei 
denen Aceton nicht nachweisbar ist und daher nach den bisherigen Er- 
fahrungen von einem diagnostisch verwertbaren Symptom nicht we- 
sprochen werden kann. Kr. 


Sl ze 


II. Gonorrhoe und Complicationen. 


PO ON AE 


Dr. S. Reiner, emer. Assistent im Allg. Krankenhause, Specialarzt für 
Haut- u. Geschlechtskrankheiten in Wien: Zur Behandlung der 
Gonorrhoe mit Gonosan. (Wiener med. Presse 1906, No. 35.) 


Ueber Gonosan liegt bereits eine groBe Litteratur vor. Mehr als 
60 Autoren haben dieses neue Balsamieum einer genauen klinischen 
Nachprüfung unterzoren. Mit geringen Einschränkungen neigen alle der 
Ansicht von Dr. Boss zu, daß das Gonosan allen Anforderungen ent- 
spricht, die an ein wirksames Antizonorrhoicum gestellt werden müssen; 
denn | 

1. wirkt es lindernd auf den EutzündungsproceB der Harnrühre ein, 

2. beschrinkt es die Secretion, 

3. hilft es die Nierenausscheidung befördern. 

4. übt es einen entwicklungshemmenden oder vernichtenden Fintluß 
auf die Gonokokken aus. 

d. setzt es die dureh die Entzündung bedingte sexuelle Reizbarkeit 
herab, hält also Erectionen und Pollutionen fern, 

D ruft es keine Marenstorungz und keine Nierenreizunge hervor. 

Verf. hat zunächst 10 Fälle der Gonosanbehandlung unterzogen, 
darunter 2, die zum ersten Male an Tripper der Harnröhre frisch er- 
krankt waren. die übrieen 8 hatten schon wiederholt Gonorrhoe dureh- 
gemacht. 

Da Verf. sein Hauptaugenmerk auf die von allen Autoren gepriesene 
schmerz- und reizlindernde und erst in zweiter Linie auf die secretions- 
beschränkende Wirkung richtete. so suchte er für seine Versuche vorzurs- 
weise jene Fälle zur Gonosanbehandlung aus, die mit starken Schmerzen 
einbergingen und dureh häufige Ereetionen complicirt waren. 

Verf. steht nach seinen Erfahrungen nicht an, zu erklären, daß das 
Gionosan ein ganz vorzügliches, die anderen Balsamiea in der Wirkunes- 
weise weit übertreffendes Antironorrhoieum ist, dessen Einführung in 
die Trippertherapie einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. 

Es besitzt die wirksamen Eigenschaften der übrigen Balsamiea in 
erhöhtem Mabe, nebst einer dem Gonosan allein zukommenden anästhe- 
siremlen und isehämisirenden  Eirenschaft. wodureh eine intensive 
günstige Beeinflussung und eine hiermit in Zusammenhang stehende Ab- 
kürzung des Krankheitsprocesses erzielt wird. K r. 


— 512 — 


IV. Penis ete. 


Nichtinfectidse Krankheiten der Urethra. 


M e, 


Dr. R. Miller und Dr. G. Scherber (Wien): Weitere Mitteilungen 
über die Aetiologie und Klinik der Balanitis erosiva 
circinata und Balanitis gangraenosa. (Wiener klinische 
Wochenschr. 1906, No. 21.) | 


In ihrer ersten Mitteilung über die Aetiologie und Klinik der Balaniti< 
erosiva uud Balanitis gangränosa (Archiv f. Dermatologie und Syphilis. 
Bd. 77. Heft 1) konnten die Verff. durch genaue bacteriologische Unter- 
suchungen, die über 50 Fälle von Balanitis circinata erosiva und 10 Fälle 
von Balanitis gangraenesa umfaBteu, stets dieselben Mikroorganismen. 
nämlich grampositive, vibrioförmige Bacterien in fast constantem Verein 
mit gramnegativen Spiroehäteu nachweisen. In der Annahme. daß der 
morpholorischen Gleichheit der Bacterien thatsichlich die Identität der 
Bacterienart enspricht, sahen sie beide Processe, die Balanitis erosiva und 
gangraenosa als ätiologiseh identisch an. Auch die von den Erregern der 
Balanitis erosiva und gangraenosa unter streng anaeroben Cautelen auf 
serumhaltigen Nährboden erhaltenen Culturen zeigten das gleiche Aus- 
sehen. Der aus dem gleichen bacteriologischen Verhalten beider Affer- 
tionen gezogene Schluß der Identität beider Processe wurde gestützt auf 
die klinische Beobachtung, dab es in Fällen von typiseher Balanitis erosiva 
innerhalb der Erosionen zur Entwicklung tieferer Geschwüre mit diph- 
theritischem und diphtheritisch-gangrinédsem Belage kam. Der stet- 
rleiche bacterivlorische Befund. sowie das zleichzeitire Vorkommen und 
lneinanderübergreifen beider Formen bei einem und demselben Indivalunm 
brachten die Verf. zu der Annahme, daß es sich bei den klinisch oft 
differenten Formen der specifischen Balanitis doch um ätiologiseh gleiche 
Processe handelt. 

Ungefähr 40 weitere, no letzten Halbjahr untersuchte Fälle von 
specifischer Balauitis erosiva und gangraenosa zeigten in ihren Deckrla-- 
befunden das gleiche Verhalten. Der Befund ist ein so constanter und 
eharakteristischer, daB man aus ihm allein auf einen nekrotisirenden ober- 
flächlichen oder tiefergreifenden Proeeß im Vorhautsack schließen kann. 
Außer diesem interessanten und wleichmäßizen Verhalten konnten die 
Verff. ber ihren Fällen noch eine Eizentümlichkeit beobachten. die ge- 
erenet ist. die speeifische Balanitis gewissen anderen infeetiösen Processen 
an die Seite zu stellen. 

Es ist dies die Thatsache, daß zeitweise eine erößere Reihe von Fällen 
dieser Erkrankung zur Beobachtung gelangt, während zu anderen Zeiten 
solche Fälle völlixz fehlen oder nur vereinzelt auftreten. Eine solche Serie 
von Fällen — 27 an der Zahl — konnten die Verff. in der Zeit vem 25. No- 
vember 1905 bis 4. Januar 1906 beobachten. 


— 543 -- 


Aus dieser Reihe greifen sie einiee interessante Fälle heraus. 
die sie in vorliegender Arbeit teils gekürzt, teils in breiterem Auszug 
wiedergeben, als klassische Bilder für die ätiologisch zleichen, klinisch 
jedoch verschiedenen, aber oft eombinirten und ineinander überzehenden 
Formen dieser Erkrankung. 

Schon in ihrer ersten Mitteilung sprachen die Verff. aus, daß die 
specifische Balanitis einerseits dureh den Coitus übertraxen wird. auder- 
seits als Contaetinfeetion dureh direete Vebertragune in anderer Form 
erzeugt werden kann. Die Identität mit den erosiven und gangränösen 
Processen der Mund- und Rachenhöhle sprachen sie mit Rücksicht auf 
manehe Punkte ihrer Befunde nicht ganz entschieden aus. Während 
nämlich bei allen erosiven und ganeränösen Processen des Vorhautsackes 
worpholosisch stets dieselben Formen vibriofôrmiger Bacterien zu finden 
sind, Kann man ber den analogen Processen der Rachenhöhle in einem 
groBen Teil der Fälle ausschließlich die langen gestreckten Formen der 
Bacillen finden. in einem anderen Teil treten gleichzeitig sehr differente 
Formen von Bacillen auf und nur selten findet man die kurzen vibrio- 
formigen Bacillen überwiegen. Nun veröffentlicht Queyrat (Gazette 
des hopitaux 1905, No. 15) ein Experiment, bei welchem er bei einem 


Manne mit Stomatitis ulcerosa membranacea -—- typiseher Deckelas- 
befund — durch Incculation eine diffuse eiterige, mit tieferer Geschwiir- 


bildung einhergehende Balanitis zu erzeugen im Stande war. Es kommt 
nach diesem Experiment für die Entstehung einer Balanitis als Infeetions- 
quelle also auch ein analorer Proceß der Mund- und Rachenhöhle in 
Betracht. | 
Da nun aber nach den Untersuchungen von Rona, wie nach den 
eigenen Befunden der Verff. auch in anscheinend normalen Mundhöhlen. 
besonders aber bei dem Vorhandensein von eariösen Zähnen oder nach 
dem Aussetzen der MundpHlleze, nieht selten Spirochäten wie fusiforme 
und vibrioformige Bacterien zu finden sind. erscheint unter besonderen 
Bedingungen die Uebertragune dieser Barterien durch den Speichel und 
hiermit die Erzeugung eines nekrotisirenden Processes im Vorhautsack 
ganz gut möglich. Diese Möglichkeit, auf die schon Rona hinwies, be- 
steht aueh in dem fünften Falle der Beobachtungen der Verff., in dem die 
Uebertragung der pathogenen Mikroorganismen wahrscheinlich durch 
den Speichel erfolgte. Nr. 


V. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete. 


Privatdocent B. A. Drobne: Syphilis der Prostata. (Medizinsko. 


Obosreme 1906, No. T.; 

Syphilis der Prostata gehört zu den seltensten Erkrankungen. Selbst 
an Erfahrung so reiche Autoren wie Zeıssi und Casper sagen, daß 
ste eine syplilitische Erkrankunz der Samenbläschen und der Prostata 


Shi 


IV. Penis etc. 


Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 


e 


Dr. R. Müller und Dr. G. Scherber (Wien): Weitere Mitteilungen 
über die Aetiologie und Klinik der Balanitis erosiva 
circinata und Balanitis gangraenosa. (Wiener klinische 
Wochenschr. 1906, No. 21.) 


In ihrer ersten Mitteilung über die Aetiologie und Klinik der Balanitis 
erosiva und Balanitis gaugränosa (Arehiv f. Dermatologie und Syphilis. 
Bd. 77, Heft D konnten die Verff. dureh genaue bacteriologische Unter- 
suchungen, die über 50 Fälle von Balanitis cireinata erosiva und 10 Fälle 
von Balanitis gangraenosa umfaßten, stets dieselben Mikroorganismen. 
nämlich gerampositive, vibrioförmiere Bacterien in fast constantem Verein 
mut erammegativen Spirochäten nachweisen. In der Annahme. daß der 
morpholorischen Gleichheit der Bacterien thatsächlich die Identität der 
Bacterienart enspricht, sahen sie beide Processe, die Balanitis erosiva uud 
gangraenosa als Ätiologisch identisch an. Auch die von den Erregern der 
Balanitis erosiva und ganeraenosa unter streng anaeroben Cautelen auf 
serumhaltiwen Nährboden erhaltenen Culturen zeigten das gleiche Aus- 
sehen. Der aus dem gleichen bacteriologischen Verhalten beider Affve- 
tionen zezogene Schluß der Identität beider Processe wurde gestützt auf 
die klinische Beobachtung. dab es in Fällen von typiseher Balanitis erosiva 
innerhalb der Erosionen zur Entwiecklung tieferer Geschwüre mit diph- 
theritischem und diphtheritisch-zangränösem Belage kam. Der stets 
uleiche bacteriologische Befund, sowie das gleichzeitire Vorkommen und 
lneinanderübergreifen beider Formen bei einem und demselben Indivaluum 
brachten die Verf. zu der Annahme, daß es sieh bei den klinisch oft 
differenten Formen der speeifischen Balanitis doch um ätiologiseh gleiche 
Processe handelt. 

Ungefähr 40 weitere, im letzten Halbjahr uutersuchte Fälle von 
specifischer Balanitis erosiva und gangraenosa zeigten in thren Deck elas- 
befunden das gleiche Verhalten. Der Befund ist ein so constauter und 
charakteristiseher, daB man aus ihm allein auf einen nekrotisirenden ober- 
tlächlichen oder tiefergreifenden ProeeB ım Vorhautsack schließen kann. 
Außer diesem interessanten und gleichmäßigen Verhalten konnten die 
Verff. bei ihren Fällen noeh eine Eizentümlichkeit beobachten. die ge- 
eignet ist. die specilisehe Balanitis gewissen anderen infeetiösen Processen 
an die Seite zu stellen. 

Es ist dies die Thatsache, dab zeitweise eine erößere Reihe von Fällen 
dieser Erkrankung zur Beobaentung gelangt. wihrend zu anderen Zeiten 
solehe Fälle völliz fehlen oder nur veremzelt auftreten. Eine solche Serie 
von Fällen — 27T an der Zahl — konnten die Verff. in der Zeit vem 25. No- 
vember 1965 bis 4. Januar 1906 beobachten. 


— 513 — 


Aus dieser Reihe greifen sie einige interessante Fälle heraus. 
die sie in vorliegender Arbeit teils zekürzt, teils in breiterem Auszug 
wiedergeben, als klassische Bilder für die ätiologisch gleichen, klinisch 
jedoch verschiedenen, aber oft combinirten und ineinander übergehenden 
Formen dieser Erkrankung. 

Schon in ihrer ersten Mitteilung sprachen die Verff. aus, daß die 
speeifische Balanitis einerseits dureh den Coitus übertragen wird. ander- 
seits als Contactinfection dureh directe Uebertragung in anderer Form 
erzeuct werden kann. Die Identität mit den erosiven und gangränösen 
Processen der Mund- und Rachenhöhle sprachen sie mit Rücksicht auf 
manche Punkte ihrer Befunde nicht ganz entschieden aus. Während 
nämlich bei allen erosiven und gangränösen Processen des Vorhautsackes 
iorphologiseh stets dieselben Formen vibrioförmizer Barterien zu finden 
sind, Kann man bei den analogen Provessen der Rachenhöhle in einem 
-roben Teil der Fälle ausschließlieh die langen gzestreekten Formen der 
Bacillea finden, in einem anderen Teil treten gleichzeitig sehr differente 
Formen von Bacillen auf und nur selten findet man die kurzen vibrio- 
formigen Bacillen überwiegen. Nun veröffentlicht Queyrat (Gazette 
des hopitanx 1905. No. 15) ein Experiment, bei welchen er bei einem 
Manne mit Stomatitis ulcerosa membranacea — typischer Deckelas- 
befund —- dureh Ineeulation eine diffuse eiterize. mit tieferer Geschwür- 
bildunz einherzehende Balanitis zu erzeugen im Stande war. Es kommt 
nach diesem Experiment für die Entstehung einer Balanitis als Infections- 
quelle also auch ein analoger Proce der Mund- nnd Rachenhöhle in 
Betracht. | 

Da nun aber nach den Untersuchungen von Roma, wie nach den 
eizenen Befunden der Verflf. auch in anscheinend normalen Mundhöhlen. 
besonders aber bei dem Vorhandensein von eariösen Zähnen oder nach 
dem Aussetzen der MundpHege, nieht selten Spirochäten wie fusiforme 
uud vibrioförmige Bacterien zu finden sind, erscheint unter besonderen 
Bedingungen die Uebertrazune dieser Bacterien dureh den Speichel und 
niermit die Erzeugung eines nekrotisirenden Processes im Vorhautsack 
ganz gut möglich. Diese Möglichkeit, auf die schon Rona hinwies, be- 
steht auch in dem fünften Falle der Beobachtungen der Verfl., ın dem die 
Cebertragung der pathogenen Mikroorganismen wahrscheinheh dureh 
den Speichel erfolgte. Nr. 


V. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 


Privatdocent B. A. Drobne: Syphilis der Prostata. ‘Medizinska« 
Obosreuie 1906, No. 7.: 
Svphilis der Prostata gehort zu den seltensten Erkrankungen. Selbst 
an Erfahrunge so reiche Autoren wie Zeissi und Casper sagen, daß 
sie eme syphilitische Erkrankung der Samenbläschen und der Prostata 


— 544 — 


niemals beobachtet haben. Schon aus diesem Grunde ist der vom Verf. 
beobachtete Fall durchaus der Beachtung wert. Am 6. Juli 1905 consultirte 
den Autor ein 32 jähriger Offizier, der klagte, daB er seit drei Monaten 
bei der Ejaculatio seminis in der Tiefe des Unterleibes Schmerzen ver- 
spüre. Diese Schmerzen sollen anfangs nicht bedeutend gewesen sein. 
dann aber allmählich sich so gesteigert und sehlieBlieh in der letzten Zeit 
eine so bedeutende Intensität erreicht haben, daB der Coitus quiileid 
wurde. Nonst treten di Schmerzen micht auf, nieht einmal beim Reiten 
und bei Wagenfahrten, wenn er auch dabei ein gewisses Gefühl von Un- 
behagen, von Druck im After, gleichsam einen geringen, schwach aus- 
gesprochenen Stuhldranz verspiire. AusfluB aus der Harnröhre will 
der Patient niemals beobachtet haben. Auch jetzt ist ein solcher nicht 
vorhanden. Die Harnentleerung dauert länger als früher, ist aber schmerz- 
frei. Der Harnstrahl ist ziemlich lang. Der Harndrang ist etwas stärker 
als früher: S--I mal täglich: des Nachts muß der Patient 1—2 mal auf- 
stehen um zu uriniren. | 

Der Patient stammt aus gesunder Familie, seine Eltern sind am Leben 
und gesund. Der Vater ist 63, die Mutter 54 Jahre alt. In der Kindheit hat 
der Pat. Keuchhusten. Masern. im Alter von 16 Jahren Typhus überstanden. 
Vom 11. bis zum 16. Lebensjahre onanirte er. Im 20. Lebensjahre er- 
krankte er an Syphilis, ließ sieh aber nur ein Jahr lan behandeln Gin 
ganzen 68 Queeksilbereinspritzungen). An Gonorrhoe will der Patient 
niemals erkrankt gewesen sein. Er giebt zu, dem Alkoholgenuß erzeben 
zu sein und bisweilen groBe Quantitäten alkoholischer Getränke zu sich 
zu nehmen. 

Status praesens: Die Untersuchung ergab: Ernähruneszustane 
mangelhaft. Der Patient ist mager. Die Gesichtsfarbe ist blaB. mit einem 
Stich ins krankhaft Gelbliche. Haarwuchs spärlich. Schleimhäute blab. 
Drüsen überall vergrößert. besonders die rechten Axıllar- und Halsdrüsen. 
Knochen unverändert. Zähne schlecht. Herz. Lunge und Verdauungs- 
organe normal. Leber etwas schmerzhaft. Milz normal. Pars pendula 
penis normal. Testes gut entwickelt, Jeieht herabhängend. Es bestehf eine 
kleine Varicocele des linken Funieulus spermaticus. Die Kremasterretleve 
sind gesteigert. Die uretroskopische Untersuchung ergiebt im Kanal 
keine Veränderungen. Eine Knopfsonde Na. 17 stößt im Blasenhals auf 
ein Hindernis. Die Untersuehung per reetum ererab: Prostata vererrüßert 
bis Hühnereigröße,. wobei der rechte Lappen bedeutend größer als der 
linke, glatte hart und etwas schmerzhaft ist. Durch Druck auf die Prostata 
wird Gefühl von Harndranze erzeugt. Durch leichte Massage gelingt es, 
eine etwas trübe, leicht gelbliche Flüssigkeit ın einer Quantität von 3 bis 
4 Tropfen anıszupressen. Die mikroskopische Untersuchung ergab in dieser 
lüssiekeit das Vorhandensein von Eiterkörperehen in geringer Quan- 
ttit: S—12 Exemplare im Gesichtsfelde des Mikroskops bei Objectiv 7 
und Ocular "3 Mikroorganismen waren nieht vorhanden. Harn normal. 
enthält weder Eiter noeh Blut. Körpergewicht des Patienten ca. 4 Pud 
II Pfund. 


— 545 — 


Von der Erfahrung ausgehend, daß Syphilis der Prostata sehr selten 
beobachtet wird, konnte Verfasser die Diagnose in diesem Falle natürlich 
nur mit Vorbehalt stellen. nachdem auf Grund der Anamnese und der ob- 
"jeetiven Untersuehung chronische Prostatitis, Hypertrophte der Prostata, 
[ubereulose derselben oder Neubildung verworfen werden mußte. Mit Ein- 
willizung des Patienten verordnete Verfasser: tägliche Injeetionen von 
Iiydrassrum salievrlieum 0,8 pro 10,0 Vaselinöl) je 0.4 Spritze. zurleich 
mit l. proe. Sol. Natrii arsenicosi je 0,6 Spritze und 10 proe. Jodipintosune 
dreimal täglich, je 1 Theelöffe] mit Milch. 14. Juni: Körperzewicht 4 Pud 
14 Pfund. Subjectives Befinden durehaus gut. Die Geschwulst der 
Prostata macht den Eindruck, als ob sie sich verringere. 21. Juni: Kôrrer- 
rewicht 4 Pud 15 Pfund. Die Geschwulst hat sich merklich verringert. 
Die Prostata ist weicher; der Harndranz seltener. 28. Juni: Körper- 
gewiecht 4 Pud 17 Pfund. Die Größe der Prostata hat bedeutend noch- 
zelassen und übertrifft die normale nur um ein Gerintes. Sensibilität 
normal. Das Prostataseeret, welches sich allerdings nur naeh Druck auf 
die Prostata entleert, ist reichlich und opaleseirend. Harnentleerung 4- bis 
Saal tdgheh und normal. Sonde No. 23 swßt auf keine Hindernisse. 
12. Juli: Körperrewicht 4 Pud 18 Pfund. Zu der früberen Behandlung 
wurden noch Schwefelbäder von 29-30” und von 15 Minuten Dauer hin- 
Ausofüet. 13. Juli: Körpergewicht 4 Pud 16 Pfund. Prostata normal, sonst 
/ustand unverändert. 26. Juli: Körpergewicht 4 Pud 17 Pfund. Queck- 
silber und Arsen werden nieht mehr verabreicht, nachdem im ganzen sub- 
eutan 16 x Hydragyrum salieylieum eingeführt wurde. Jodipin wird 
weiter gegeben. 3. August: Körpergewicht 4 Pud 1S8 Pfund. Der Patient 
fühlt sich wohl. 6. August: Das Jodipin wird auch ausgesetzt. 12. August: 
Körpergewicht 4 Pud 16 Pfund. die Wannenbäder werden ausgesetzt. Der 
Patient beriehtet, daB er nunmehr beim Coitus keine Schmerzen hatte. 
15. August: Der Patient wird als vollständig gesund entlassen. Im De- 
eember 1905 teilt er dem Verfasser brieflich mit, daß er sieh vollständig 
wohl fühle und daß sein Körpergewicht 4 Pud 29 Pfund betrage. 





Die eingeleitete antisvphilitische Behandlung hat somit auf die er- 
krankte Prostata einen positiven EinfluB gehabt. und die Resultate dieser 
Behandlung haben die vom Verfasser mit Vorbehalt gestellte Diagnose 
Syphilis der Prostata” bestätigt. Dem Umestande, dab der Patient nur 
hei der Ejarulatio seminis, nieht aber beim Reiten und bei holpriger 
Warenfahrt Schmerzen hatte, glaubt Verfasser dadurch erklären zu 
können, daB das Gumma, welches hauptsächlieh den rechten Prostata- 
lappen einnahm, mit seinem Körper auf die Ausführuneseänge der Pro- 
stata und auf den Ductus ejaculatorius drückte. und wiihrend die Muskel- 
elemente der Prostata sieh unter dem Einflusse der orgastischen  Er- 
regung eontrahirten, mußten das Prostataseeret und der Namen. deren 
freier AbthuB bebindert war. die Ansführungsgänge der Prostata und den 
Ductus ejaculatorius dehnen und dadurch reflectorisehe Sehmerzen in 
der Beckengegsnd hervorrnfen. In der Umeebung des Gumma war das 


— 544 — 


niemals beobachtet haben. Schon aus diesem Grunde ist der vom Veri. 
beobachtete Fall durchaus der Beachtung wert. Am 6. Juli 1905 consultirte 
den Autor ein 32 Jährirer Offizier, der klagte. daB er seit drei Monaten 
bei der Ejaculatio seminis in der Tiefe des Unterleibes Schmerzen vër- 
spüre. Diese Sehmerzen sollen anfangs wicht bedeutend gewesen sein. 
dann aber allmählich sich so gesteigert und schließlich in der letzten Zeit 
eine so bedeutende Intensität erreicht haben, daB der Coitus qualened 
wurde. Sonst treten die Selimerzen nieht auf. nieht emimal beim Reiten 
und bei Warenfahrten, wenn er auch dabei ein gewisses Gefühl von Un- 
behagen, von Druck im After, gleichsam einen geringen, schwach aus- 
resprochenen Stuhldranz verspüre Ausfluß aus der Jarnröhre will 
der Patient niemals beobachtet haben. Auch jetzt ist ein solcher nicht 
vorhanden. Die Harnentleerung dauert länger als früher, ist aber schmerz- 
frei. Der Harnstrahl ist ziemlich lang. Der Harndrang ist etwas stärker 
als früher: S—9 mal täglieh: des Nachts muß der Patient 1—2 mal auf- 
stehen um zu uriniren. | 

Der Patient stammt aus gesunder Familie, seine Eltern sind am Leben 
und gesund. Der Vater ist 63. die Mutter 54 Jahre alt. In der Kindheit hat 
der Pat. Keucehhusten. Masern. im Alter von 16 Jahren Typhus überstanden. 
Vom 11. bis zum 16. Lebensjahre onanırte er. Im 20. Lebensjahre er- 
krankte er an Syphilis, ließ sieh aber nur ein Jahr lang behandeln (Gm 
ganzen 68 Quecksilbereiuspritzungen)., An Gonorrhoe will der Patient 
niemals erkrankt gewesen sein. Er giebt zu. dem AlkoholgenuB ergeben 
zu sein und bisweilen eroße Quantitäten alkoholischer Getränke zu sich 
zu nehmen. 

Status praesens: Die Untersuchung ergab: Ernährungszustand 
mangelhaft. Der Patient ist mager. Die Gesichtsfarbe ist blaß. mit einem 
Stich ins krankhaft Gelbliehe. Haarwuehs spärlich. Schleimhäute blaß. 
Drüsen überall vergröbert. besonders die rechten Axillar- und Halsdrüsen. 
Knochen unverändert. Zähne schlecht. Herz, Lunge und Verdauunes- 
organe normal Leber etwas schmerzhaft. Milz normal. Pars pendula 
penis normal. Testes zut entwickelt, Jeicht herabhänzend. Es bestehf eine 
kleine Varicocele des linken Funieulus spermaticus. Die Kremasterretlexe 
sind gesteigert. Die nretroskopische Untersuchung erriebt ım Kanal 
keine Veränderungen. Fine Knopfsonde Na. 17 stößt im Blasenhals auf 
ein Hindernis. Die Untersuchungs per rectum ereab: Prostata vererößert 
bis Hühnereisröße, wobei der rechte Lappen bedeutend größer als der 
linke. vlatte hart und etwas schmerzhaft ist. Durch Druck auf die Prostata 
wird Gefühl von Harndranz erzeuet. Durch leichte Massage gelingt es. 
eine etwas trül’e, leicht gelbliche Flüssiekeit in einer Quantität von 3 bis 
+ Tropfen anszupressen. Die mikroskopische Untersuchung ergab in dieser 
Mlüssiekeit das Vorhandensein von Eiterkorperchen in geringer Quan- 
tttät: S--12 Exemplare im Gesichtsfelde des Mikroskops bet Objeetiv 7 
und Oeular 3. Mikroorganismen waren wieht vorhanden. Harn normal. 
enthält weder Eiter noch Blut. Körpergewicht des Patienten cea. 4 Pud 
I1 Pfund. 


— 545 — 


Vou der Erfahrung ausgehend, daB Syphilis der Prostata sehr selten 
beobachtet wird, konnte Verfasser die Diagnose in diesem Falle natürlich 
nur mit Vorbehalt stellen. nachdem auf Grund der Anamnese und der ob- 
"jeetiven Untersuchung chronische Prostatitis, Hypertrophie der Prostata, 
lubereulose derselben oder Neubildung verworfen werden mußte. Mit Ein- 
willizune des Patienten verordnete Verfasser: tägliche Injeetionen von 
Hydragyrum saheylicum O8 pro 10,0 Vaselinöl) Je 0,4 Spritze. zugleich 
mit À. proc. Sol, Natrit arsenicosi je 0,6 Spritze und 10 proce. Jodipinlösun: 
dreimal täglieh, je 1 Theelöffel mit Mileh. 14. Juni: Körpergewicht 4 Pud 
14 Pfund. Subjectives Befinden durchaus gut. Die Geschwulst der 
Prostata macht den Eindruck, als ob sie sieh verringere. 21. Juni: Körrer- 
gewicht 4 Pud 15 Pfund. Die Gesehwulst hat sich merklich verringert. 
Die Prostata ist weicher; der Harndranz seltener. 28. Juni: Körper- 
rewicht 4 Pud 17 Pfund. Die Größe der Prostata hat bedeutend naeh- 
zelassen nme übertrifft die normale nur um ein Gerintes. Sensibilität 
normal. Das Prostataseeret, welches sieh allerdines nur nach Druck auf 
die Prostata entleert, ist reichlich und opaleseirend. Harnentleerung 4- bis 
Daal tigheh und normal. Sonde No. 23 stöt auf keine Ilindernisse. 
12. Juli: Körpergewicht 4 Pud 18 Pfund. Zu der früheren Behandlung 
wurden noch Schwefelbäder von 29-30” und von 15 Minuten Dauer hin- 
„ueefürt. 13. Juli: Körperzewicht 4 Pud 16 Pfund. Prostata normal, sonst 
Zustand unverändert. 26. Juhi: Körpergewicht 4 Pud 17 Pfund. Querk- 
siiber und Arsen werden nieht mehr verabreicht, nachdem im ganzen sub- 
eutan 1,6 g Hydragvrum salieylieum einreführt wurde.  Jeodipin wird 
weiter gegeben. 3. August: Körpergewicht 4 P’nd 18 Pfund. Der Patient 
fühlt sich wohl. 6. August: Das Jodipin wird auch ausgesetzt. 12. August: 
Korpergewieht 4 Pud 16 Pfund, die Wannenbäder werden ausresetzt. Der 
Patient beriehtet, daB er nunmehr beim Coitus keine Schmerzen hatte. 
15. August: Der Patient wird als vollständig gesund entlassen. Im De- 
eember 1905 teilt er dem Verfasser brieflich mit, daB er sieh vollstiindig 
wohl fühle und daß sein Norpergewichte 4 Pud 29 Pfund betrave. 

Die einreleitete antisyphilitische Behandlung hat somit auf die er- 
krankte Prostata einen positiven Einfluß gehabt. und die Resultate dieser 
Behandlung haben die vom Verfasser mit Vorbehalt gestellte Diagnose 
„Syphilis der Prostata“ bestätigt. Dem Umstande. dab der Patient nur 
bei der Ejaculatio seminis, niebt aber beim Reiten und bei holpriger 
Wagenfahrt Schmerzen hatte, glaubt Verfasser dadurch erklären zu 
können, daß das Gumma, welches hauptsächlich den rechten Prostata- 
lappen einnahm, mit seinem Körper auf die Ausführungseänee der Pro- 
stata und auf den Ductus ejaculatorius drückte, und während die Muskel- 
elemente der Prostata sich unter dem Eiutlusse der orgastischen  Er- 
rezunz eontrahirten. mußten das Prostataseeret und der Samen, deren 
freier AbfluB belindert war, «lie Ausführuneszeängze der Prostata und den 
Ductus ejaculatorius dehnen und dodurch reflectoriseche Sehmerzen in 
der Beckengegond hervorrufen. In der Cineebung des Guimina war dus 


— 516 — 


Oewebe der Prostata reactiv entzündet, und dadurch lassen sich die ge- 
ringe Schmerzhaftiekeit bei Druck, sowie die Beimischung von Eiter- 
körperehen zum Prostatasecret erklären. Der gesteigerte Harndrang 
Bt sich einerseits durch die Vergrößerung de Prostata, andererseits 
durch leichte entzündliche Reizung des Blasenhalses erklären. 

M. Lubowskı. 


- 


Prof. H. v. Frisch (Wien): Bemerkungen zu den neueren Be- 
handlungs-Methoden der Prostatahypertrophie. (Wiener 
med. Wochenschr. 1906, No. 21 u. 22.) 


Verf. giebt einen kurzen Ueberblick tiber die Erfahrungen, welche 
wir im Laufe der letzten 15 Jahre bei der Behandlung der Prostata- 
hypertrophie gemacht haben. Ehe er auf die operative Behandlung ein- 
geht, erwähnt er kurg einige Palliativmethoden, welche in jüngster Zeit 
eine gewisse Aufmerksamkeit erregt haben: Die Anwendung der Röntgen- 
strahlen und des Radlums. v. F. hat in 8 Fällen die Anwendung der 
Röntrenstrahlen durehgeführt. Von diesen acht Fällen hatten drei eine 
relativ frische acute Retention, die übrigen litten an ehronischer coim- 
pleter oder incompleter Harnverhaltung. In zwei der ersten Fälle zeigte 
sich nach zwei- resp. dreiwöchiger Katheterbehandlung und Application 
von Kälte durch den Arzberger'schen Apparat keine Aenderung 
des Zustandes: als diese Patienten dann der Röntgenbehandlung zu- 
geführt wurden, stellte sich die spontane Mietion im Verlaufe von wenigen 
Tagen wieder ein, so daß ein EinfluB der Réntgenstrahlen bei dieser 
Form der Retention sich als ziemlich wahrscheinlich herausstellte. Der 
dritte Patient mit acuter Retention wurde durch die Behandlung gar 
nieht beeinflußt. Bei den fünf Fällen von ehronischer Harnverhaltuny 
wat das Resultat der Behandlung ein negatives. Verf. glaubt, daB der 
Effect der Rôntgenbehandlung wesentlich von dein anatomischen Bau der 
Prostata abhängt, indem die an epithelialen Gebilden und Lecithin sehr 
viel reicheren weichen adenoiden Formen eher einer Rückbildung unter- 
liegen können, als die harten, drüsenarmen, fibromuseulären Hyper- 
trophien. Die direete Anwendung von Radiumbromid auf die Prostata. 
wie sie von Moszkowiez vorgeschlagen wurde, ist bisher noch nicht 
erprobt worden, aber es scheint nach Verf. nieht aussichtslos, da durch 
das Radium entweder direct oder durch Autolyse eine Zersetzung des 
Lecithins herbeigeführt zu werden scheint und sich lecithinreiche Organe 
besonders empfindlich gegen Radiumeinwirkung gezeigt haben. Die 
altbekannte Thatsache von der wohlthätizgen Wirkung der Gasteiner 
Thermen in gewissen Stadien der Prostatahypertrophie wurde dureh die 
Entdeckung der hohen Radivactivität dieses Thermalwassers dem Ver- 
ständnis nähereerückt. Dr. Altmann in Gastein hat im worigen 
Sommer auf Verf.'s Veranlassung Versuche gemacht, das Thermalwasser 
in intensiverer Weise mit der Prostata in Contact zu bringen, als dies 
beim einfachen Gebrauch der Bäder mörlieh ist. Die Versuche, welche 


— 047 — 


sowohl von der Blase, als vom Rectum aus angestellt wurden, haben bei 
Prostatikern der ersten und zweiten Periode so befriedigende Resultate 
ergeben, daB das Verfahren einer weiteren Priifung wert erscheint. 

Bei der Besprechung der gegen Prostatahypertrophie empfohlenen 
operativen Eingriffe sieht Verf. von den Palliativoperationen (Blasen- 
stich. Cystotomie, Cystopexie ete.) ab und zieht nur die sogenannten 
Radicaloperationen in Erörterung, durch welehe man eine Verkleinerung 
der hypertrophischen Driise auf indirectem oder direetem Were zu er- 
reichen suchte. Biers Unterbindung der Art. iliacae internae, hasirend 
auf den Beobachtungen, daB Uterusmyome nach Ligatur der Arteriae 
uterinae sich verkleinern, daB Strumen sich nach Unterbindung der 
zuführenden Gefäße beträchtlich zurückbilden können, hat sich für die 
in höherem Alter stehenden Patienten mit Prostatahypertrophie als ein 
zu gefährlicher, in seinen Erfolgen auch ganz unsicherer Eingriff heraus- 
gestellt. Die Unterbindung der Arteriae iliacae wurde nur in einer ge- 
rinzen Zahl von Fällen ausgeführt und bald wieder verlassen. 

Andere Schicksale hatten die sexuellen Operationen. Die bekannten 
Beobachtungen von abnormer Kleinheit der Prostata bei Eunuchen und 
Skopzen, die pathologiseh-anatomischen Befunde von  Entwicklungs- 
hemmung derselben bet angeborenen Mißbildungen und Verlagerungen 
der Hoden, endlich eine große Zahl von Tierexperimenten, aus denen 
hervorging, daB nach der Castration bei Jungen Tieren die Prostata in 
ihrer Entwicklung zurückbleibt. bei ausgewachsenen Tieren aber zum 
Schwunde kommt, bildeten die eine der theoretischen Grundlagen für die 
sexuellen Operationen: die andere gab der Rückbildung von Uterus- 
wyowmen nach Entfernung der Ovarıen und die angebliche Analogie von 
Uterus und Prostata ab. Diese beiden Voraussetzungen missen von vorn- 
herein als irrtümlich bezeichnet werden. Die Prostata entsprieht nicht 
dem Uterus. nur der Sinus poenlaris kann entwieklungsgeschichtlich (als 
Ueberrest der Muller schon Gänge) als Analozon des Uterus aufgefaßt 
werden, und die Achnlichkeit zwischen UÜterusmyomen und der hyper- 
trophisehen Prostata ist nur eine zanz oberftlächliche. Die Resultate der 
Tierversuche beziehen sich aber auf Vorsteherdrüsen, welche vor der 
Castration normal waren, und es blieb sehr fraglieh. ob eine hyper- 
trophisch,. krankhaft veränderte Prostata auf den Eingriff in gleicher 
Weise reagriren würde. Ueberdies ging aus den Tierexperimenten hervor, 
dab der Einfluß der Castration sieh hauptsächlich als Verôdung und 
Scelhrumpfunz der drüsigzen Bestandteile äußerte: es war also, wenn man 
überhaupt auf eine Einwirkung der Castration auf die hypertrophirte 
Prostata rechnen wollte, ein Erfolg nur bei dem geringen Procentsatze 
der glandulären Form zu erwarten. Die ersten Castrationen, die 1893 
von Ramm und 1894 von White ausgeführt wurden, erlangten rasch 
eine ungeheure Popularität, doeh wurde die Operation leider an vielen 
Orten kritiklos und ohne genürend sorefältize Beobachtung der Kranken 
vor und nach den operativen Eingriffen ausgeführt. Eine große Zahl 


— 548 -- 


von Publikationen berichtete über geradezu abenteuerlich gute Eriedee. 
ln diesen Mitteilungen finden sieh häufix Fälle als geheilt bezeichnet. di 
es thatsächlieh nieht waren. Man bernürzte sich damit, Kranke al geheilt 
zu betrachten. welche nach der Operation nur überhaupt wieder zerinze 
Mengen Haro spontan entleeren konnten. Als man dann die Ertchrung 
machte, daß sich infolge der doppelseitigen Orehidectomie ber dear alten 
Leuten häufig ein postoperativer Marasmus und auch sewere psvehisehe 
Störungen einstellten, die nicht selten zum Exitus letalis führten, und 
man die gleichen unangenehmen Folgen auch nach den an Stell» der 
Castration empfohlenen Operationen am Samenstrang und am Vas 
deferens beobachtete, und nachdem überdies von einer Reihe ertahrener 
Chirurgen nur über schlechte Erfolze nach diesen Eingriffen berichtet 
worden war, erfolete die Eruiichterung und die Zahl der Anhänzer dieser 
Operationen nahm stetig ab. Heute werden die sexuellen Operationen zum 
Zwecke einer eausalen Behandlung von Prostatahrpertroplie nicht mehr 
ausgeführt, sondern ledielich zur Behebung einzelner Symptome reculi- 
vhende sehwere Nebenbhodenentzündungen, Blutungen aus der Prostata. 
eProstatismus“) besteht für die Vaseetomie beute noeh eine sanz ene 
vmerenzte Indieation. 

bessere Ertolze waren von jenen Operationsmerhoden zu erwarten, 
welche das in der Prostata gelegene Hinderuis für die Harnentleerung 
direet angreifen und die Ursache aller schweren Folzen des Leidens. die 
Obstruction im Blasenhalse, in zielbewußter Welle zu beseitigen suchten. 
Von den auf die Fiimination des Hindernisses abzielenden Operatonen 
wares Bottints valvanokaustische Distision der Prostata, welch» zu 
Ende der nennzieer Jahre die sexuellen Operationen zu veraröurzen bee 
gann. raseh zu allgemeiner Aufnahme kam und auch heute noch thre 
Anhänger hat. Ber dieser Operation wird dureh eine glühende P lattu- 
klinge in der Prostata eine tiefe und weite Brandfarehe vesetzt. sinrch 
welehe der Haro wieder freien Abiluh gewinnen kann. Der unipittetbare 
Kifeet der BDottini schen Operation muß in Bezur auf die Wieler- 
heistellun®e der Blasenfunetion in vielen Fällen als ein sehr winstizer De- 
zeichnet werden. Dieser ist aber nach Verf.s Erfahrung kein bleibe ter. 
Die Operation hat sieh auch durehaus nieht als so harmlos erwiesen. wie 
sie von Bottini hingestellt wurde. Schwere Blutungen un! ver- 


i 


sehtedene septis be Processe, Verletzungen der Blasenwand mit rate 
folgender Harnintiltration haben hiufig den Exitus letalis zur F ize. 
Rectdive seheiren bei der Mehrzahl der Fälle unausbleiblieh zu se. 
Keinesfalls kanu der Bottini'schen Operation der Wert einer 
Radicaloperation zuweinessen werden, sie stellt nur einen Till Chen 
F“ineriff dar, dessen Wirkung oft yvon sehr beschränkter Dauer i~t. 
Unter den gegen die vergroberte Prostata direct gerichteten 01 ra- 
tionen Ist die radicalste die Prostatectomte. Wir untersehenlen el it 
telle und eine totale Prostateetomie. Die partielle Prostate: WI hes 
wird entweder won der Urethra oder vor Perineum aus oder ase: pre 


— 5149 — 


offnure der Blase durch Sectio alta über der Symphyse, endlich auf para- 
saeralem Were vorgenommen. Die partiellen Prostatectomien auf ure- 
thralem Wege sind unvollkommene Operationen, welche heute als voll- 
kommen aufregeben zu betrachten sind. 

Bei der partiellen perineaten Prostateetomie wird nach Eröffnung der 
Pars membranacea vom Damm aus die Pars prostatica zunächst stumpf 
oder dureh einen Einschnitt möglichst dilatirt, dann werden die um den 
Blasenhals sitzenden lappenartigen Auswüchse entweder herausgerissen 
oder mit dem Messer oder dem Thermokauter auszeschnitten. 

Die partielle suprapubische Prostateetomie ist hauptsächlieh auf die 
Entternung des hypertrophirten Mittellappens berechnet, dem bei der 
Harnverhaltung eine so wesentliche Rolle zugeschrieben wird. Die Er- 
folge dieser Operation, durch welche ein seheinbar so aurenfälliges 
Hindernis für die Harnentleerung elimimmnirt wird, sind weit hinter den Er- 
wartuneen zurückreblieben. Im Durchschnitt kann man nur bei ungefähr 
einem Drittel der Operirten auf eine vollständige Wiederherstellung der 
Blasenfunetion rechnen, zwei Drittel geben nur unvollkommene Resultate 
oder bleiben ganz wirkuneslos. 

Nach diesen so unvollkommenen Resultaten partieller Prostateetomien 
griff man zur Totalexstirpation der Prostata. Jedoch fehlte es lange Zeit 
an einer geeigneten Methode. Erst als die Thatsache bekanut geworden 
war, daß die Prostata sich in schonender Weise aus ihrer Kapsel aus- 
schälen lasse, war der riehtize Wer für eine brauchbare Technik der 
Operation gefunden. Am Lebenden wurde die erste intracapsuläre totale 
Prostateertomie vom Perineum aus von Goodfellow (1891), die erste 
totale suprapubische von Fuller (1895) vorgenommen. Von den mannig- 
fachen Modifieationen dieser Operationsmethoden konnte keine einzige 
Boden gewinnen. Bewährt und eingebürgert haben sieb nur die intra- 
eapsuläre suprabubisehe und in die intracapsuläre perineale Total- 
exstirpation. 

Sowohl dureh die suprapubische, als auch dureh die perineale totale 
Prostataexstirpation ist in einer größeren Reihe von Fällen vollständige 
Heilung erzielt worden. 

Die Gefahren der totalen Prostatectomie sind gering. 

Jede der beiden Operationsmethoden hat ihre Vorzüge. Die supra- 
pubische bietet den Vorteil, leichter ausführbar zu sein und zu ihrer 
Durchführung eine kürzere Zeit zu beanspruchen. Die perineale Methode 
hat den Vorzug, daß sie sieh fast ganz unter Leitung des Auges dureh- 
führen Hißt. doch ist sie technisch schwieriger. Der Hauptnachteil der 
suprapubisehen Prostateetomie liegt in den schlechten Drainageverhält- 
nissen. Bei der perinealen Prostatectomie sind die Drainageverhältnisse 
die denkbar günstigsten. Unangenehme Complieationen der perinealen 
Methode sind Verletzungen des Reetums. welehe auch bei vorsichtigstem 
Präpariren eintreten und auch manehmal noch im Verlaufe der Nach- 
behandlung dureh Decubitus statttinden können. sowie die Entstehung ver- 


— 550 — 


schiedener Harnfisteln (Perinealfisteln, Vesico- und Urethrorectalfisteln). 
welche die Heilung oft ungebührlich lange Zeit verzögern können, endlich 
das Zuriickbleiben einer wahren Incontinenz. Fast alle Patienten ver- 
lieren nach der totalen Prostateetomie ihre Potenz. 

Die Indicationsstellung fiir die totale Prostatectomie schwankt heute 
noch in weiten Grenzen. Eine richtige Indieationsstellung ist nur dann 
möglich, wenn man die Schwere des chirurgischen Eingriffes mit der 
Schwere der Krankheitserscheinungen in gebührender Weise absehätzt. 
Für das erste Stadium der Prostatahypertrophie besteht keine Notwendig- 
keit einer Radicaloperation. Ausnahmen geben nur jene Fälle ab. bei 
welehen sieh acute Retentionen häufig wiederholen, längere Zeit anhalten 
und Schwierigkeiten für den Katheterismus bestehen. Die Erfolre Jer 
Prostateetomie bei diesen Fällen sind sehr gute. 

Bei chronischer ineompleter und eompleter Retention ist bei leicht 
ausfiihrbarem Katheterismus und Fehlen von Complicationen zunächst 
eine Palliativbehandlung zu versuchen. Die Prostateetomie erscheint 
indieirt, wenn diese Fälle dureh ernste Schwierigkeiten beim Katheteris- 
mus, grobe Schmerzhaftiekeit, häufige Blutungen, Steinbildunzen und 
Infectionen der Blase complicirt sind, welche den gewöhnlichen Behanl- 
lungsmethoden trotzen. Die Erfolge der Prostateetomie bei solchen sep- 
tischen Prostatikern sind nieht ungünstig. 

Contraindieirt ist die Prostateetomie bei selr geschwächten Leuten, 
die an hochgradiger Atheromatose oder an Diabetes leiden. ferner bei 
insufficienten Nieren. In jenen seltenen Fällen, in welchen die Blasen- 
wände vollständig bindegewebig degenerirt sind und ihre Contractions- 
fähigkeit erloschen erscheint, ist die Operation nicht am Platze. 

Die Methoden der Totalexstirpation der Prostata sind noch weiterer 
Verbesserung fähig, auch die Indieationsstellung bedarf noch in manchen 
Punkten der Klärung; aber es wird allerorts an ıhrer weiteren Aus- 
bildung gearbeitet, und so steht zu erwarten, daB diese Methode eine 
bleibende Bereicherung unserer chirurgischen Therapie bilden wird. Kr. 


Dr. Albert Freudenberg: Zur Würdigung der Bottini’schen 
Operation im Verhältnis zur Prostatectomie, mit einer 
Statistik über 152 eigene Bottini’sche Operationen. ‘Die 
Heilkunde, H. 3, Mai 1906.) 

Das 152 Fälle umfassende Material des Autors weist 90,4 pCt. Er- 
folre, SS pCt. MiBerfolge und 38 pCt. Todesfälle auf. Unter den 
Heilungen befinden sich Fälle, bei denen vor der Operation A 10 und 
einmal sogar 28 Jahre lang complete Retention bestanden hatte. uud in 
eimenm dieser Fälle hat Verf. noch vor kurzem eonstatiren können. dab die 
erzielte ideale Jfeilung 8 Jahre lang unverändert bestehen geblieben ist. 

Am Schlusse seiner Mitteilungen stellt Verf. folgende Sätze auf: 
IL. Der Chirurg. der keine egréBere Specialerfahrung und Ureiz Auf 


— 551 — 


dem Gebiete der Blasenchirurgie hat, thut besser, die Prostatectomie und 
nicht die Bottini sche Operation auszuführen. 

2. Die Bottini'sche Operation, welche fast stets unter localer 
Anästhesie ausgeführt werden kann, welche in der Regel den Patienten 
kaum so viel Tage an das Bett und die Stube fesselt, wie die Prosta- 
tectomie Wochen, ist im allgemeinen ein wesentlich kleinerer Eingriff, 
als die Prostateetomie, und daher bei schwachen und sehr alten Leuten 
vorzuziehen. 

3. Andererseits ist die Bottini’ sche Operation aber gerade bei 
Jungen Prostatikern zu empfehlen, die sieh häufig zu diesem Eingriff 
entschließen, aber schon mit Rücksicht auf ihre Potenz nicht zur Prosta- 
teetomie. 

4. Die Potentia coeundi -— die bei den Prostatikern, namentlich der 
Privatpraxis, viel häufizer noch vorhanden und in Uebung ist, als ge- 
wöhnlich angenommen wird — wird durch die Bottini’ sehe Operation 
nicht gefährdet, erfährt im Gegenteil bei eintretendem Erfolg häufig, in- 
folge der Zunahme der Kraft und Gesundheit und infolge des Fortfalles 
unangenehmer Sensationen von Seiten der Prostata, eine Steigerung. 
Im Gegensatz dazu gefährdet die Prostateetomie, soweit sie sich nicht 
auf die Abtragung von ın die Blase ragenden Wulstungen beschränkt, 
zum mindesten häufig die Potenz, und zwar in um so höherem Grade, 
je mehr sie als totale Prostateetomie ausgeführt wird. Entschließt man 
sich bei bestehender Potenz trotzdem zur Prostateetomie, insbesondere 
zur totalen, se ist man verpflichtet, den Patienten vor der Operation von 
der Wahrscheinlichkeit des Verlustes seiner Potenz zu unterrichten. 

5. Die Bottini sche Operation ist besonders bei relativ kleiner und 
instelgroßer Prostata zu empfehlen, wenngleich sie auch bei ganz großer 
vollen Erfolg bringen kann. Aber mit der Größe der Prostata steigt 
bei der Bottini’ schen Operation die Größe des Eingriffes und viel- 
leicht auch die Wahrscheinlichkeit eines Reeidivs. Bei der Prosta- 
tectomie spielt die besondere Größe der Prostata dagegen kaum eine 
wesentliche Rolle beziiglich der Schwere des Eingriffes. 

6. Fälle, in denen ausschließlich eine „Barriere“ der Prostata das 
Mictionshindernis abgiebt, und die bei richtig ausgefiihrter Bottini- 
scher Operation einen fast sicheren und leicht zu erringenden vollen 
Erfolg geben, mit der Prostateetomie zu behandeln, falls nicht andere 
Gründe dazu zwingen, heißt: mit Kanonen nach Spatzen schießen. 

7. Augelformige und gestielte Mittellappen eignen sich nicht für 
die Bottini’ sche Operation: während sie für die Prostatectomie 
besonders viinstige Verhältnisse darbieten. Dieselbe braucht dann meist 
nur eine partielle zu sein, wobei man nach Abtragung des Mittellappens 
eventuell auf galvanokaustischem oder thermokaustischem Wege noch 
Furchen in die Seitenlappen ziehen kann. 

S. Ist es nieht möglich, sich vor der Operation über die Verhältnisse 
von Blase und Prostata genau, insbesondere aueh durch Cystoskopie zu 


informiren. so ist die Prostateetomie — und zwar meist die supra- 
pubische — der Bottini’ sehen Operation im allgemeinen vor- 
zuziehen. 


9, Complicirende Blasensteine sind, soweit sie dureh Litholapaxie 
(mit nachheriger cystoskopiseher Controle!) entfernt werden können. 
keine directe Contraindieation gegen die Bottini’ sehe Operation. 
fallen aber immerhin ivs Gewicht zu Gunsten einer Entseheidnng fiir die 
Prostateetomie. 

10. Cystitis mit saurer Urinreaetion und ebenso Pyelitis mäßtzen 
Grades, sind keine Contraindieationen. weder gegen den Bottini, noch 
gegen die Prostateetomie. Immerhin soll man den Urin naeh Möglielhkett 
bessern, bevor man operirt. Bei ammoniakalischer Cystitis soll man 
den Bottini nicht ausführen, bevor die ammoniakalische Reaction — 
was meist dureh Jodoform- oder Vioferm- oder Tsoform-Injertionen 
leicht gelingt — beseitigt ist, da sonst die Schorfe phosphatisch in- 
erustirt werden. Auch bei der Nachbehandlung soll man stets darauf 
achten, den Urm sauer zu erhalten. 

11. Während bestehenden Fiebers soll man «den Bottini nicht aus- 
fül.ren. Die Prostatectomie kann im Gegensatz dazu durch Ruhig- 
stellunue und Drainage der Blase Fieber zum Abfall bringen. 

M. Lubow ski. 


Rochet: Prostatectomie transvésicale. (Société de chirurgie 
de Lyon, 10. V. 1906. Rev. de chir. 1906, pag. 982.) 


R. tritt für den transvesicalen Wee bei der Operation der Vor- 
steherdrüsenvergrößerungz ein. Er hat 55 mal die Prostata vom Damm 
aus, b mal nach voreäneiger Seetio alta vom Unterleib aus entfernt. Der 
perineale Weg bietet in zwei Beziehungen Unannehmlichkeiten: 1. Die 
Ausschälung großer Geschwülste ist schwierig und die des wichtigen 
mittleren Lappens immer unvollständig: daher bleiben oft kleine sub- 
inucöse Fibrome stehen, die sowohl den ersten Anlaß zum Recidiv geben 
als auch dereneriren können. 2. Die Gefahr der Mastdarmverletzung. be- 
sonders bei vorhandener Periprostatitis: in diesem Falle droht sowohl 
die Gefahr einer ascendirenden Infection als auch das sehr sehwer zu 
heilende Gebrechen der Mastdarmifistel. Der obere Weg weist hingegen 
folgende Vorzüge auf: 1. Leichte Operation. Hat man erst nach der Seetio 
alta die Schleimhaut an der riehtigen Stelle ineidirt, so ist die Enucleation 
des Tumors das Werk weniger Seeunden: der Mastdarm wird dureh den 
Finger eines Assistenten emporgehoben und schützt, su daß er nicht 
verletzt werden kann: die Prostata fällt in einem Stück in die Blase. 
2 Die Harnröhre ist nieht bedroht. Die Pars membranacea und der 
untere Teile qer Urethra prostatica werden auch nicht. wie bei der tiefen 
Prostateetomie, regelmäßig ineidirt; man kanu das Veru montanum er- 
halten: man hat bei Autopsien nach der Operation die Ejaculations- 


— 003 — 


kanäle in ihrer ganzen Continuttät sondiren können. Hieraus ist ersicht- 
lich. daß die transvesicale Prostateetomie operativ leichter und eleganter, 
funetionell, was die Sphineteren betrifft. sicherer ist; deshalb erziebt sie, 
wenn auch nicht vollständigere, so weniestens frühere und schnellere 
Erfolee. Alle diese Vorteile werden aber coımpensirt durch die un- 
zweifelhaft größere Gefährlichkeit des transvesicalen Weges, wenn nicht 
in Hiosiebht auf die primären Zufälle der Blutune, so doch in Hinsicht 
der secundären Infection. Die Mortalität des permealen Vorgehens ist 
auf 4 pCt. gefallen, die nach Freyer und Fuller beträgt noeh 9 bis 
10 pCt. Diese letztere Methode läßt einen Retentionsherd bestehen, eine 
schlecht draimirte Stelle, welche Freyer, Fuller und Cathelin 
noch selbst durch eine Dammineision zu drainmiren vorgeschlagen haben 
und die häufig die Ursache des Todes der Kranken gewesen ist. Die 
hohe Prostatectomie drainirt primär sehon nicht hinreichend und vôllig 
die Blase wie thre Rivalin und hat deshalb nicht sofortige Besse- 
rune bei den ıinfieirten Kranken zur Folge. Man soll deshalb scharfe 
Indicationen aufstellen: dabei muß man den Ort der Entwicklung der 
Gesehwulst berücksichtiren. Bei großen Drüsen mit klinisch und eysto- 
skopisch erwiesener, vorwierend vesiealer Entwicklung ist der Wer 
durch die Blase der richtige. Bei kleinen, rineförmie schnürenden Pro- 
staten ist der perineale Weg vorzuziehen. Generell kann man sagen: 
Alle alten infeeten Prostatiker erfordern schnelle und mörliehst wenig 
verletzende Drainage, sie müssen vom Damm aus operirt werden. 
Vallas stimmt diesen Ausführungen bei, legt aber kein Gewieht auf 
die Erhaltung der Ejaeulationskanäle, sondern meint, daß die Erhaltung 
des Sphincters wichtiger sei. Vallas fürchtet auch die Hämeorrlagie 
bei dem oberen Were und rügt die unvollständige Drainage der Prostata- 
höhle. die man dureh eine Dammeezensöffnunz verbessern kann, und die 
Gefahr der Harninfiltration, welche die hiufig sehwiertge Vernihung der 
Blasenwand mit der Haut durchaus nieht immer verhindern kann. 
Mankiewicz. 


Duval: Prostatectomie transvésicale avec suture de la 


vessie à l'urètre et réunion par première intention. 
(Société de chirurgie de Paris, 20. VI. 1906. Rev. de chir, XXVI, 
#, pas. 292.) 


Legueu berichtet: Bei einem 56 Jahre alten infieirten Prostatiker 
mit completer Retention und Dehnung der Blase machte Duval nach 
folwender Methode die Prostatectomie: Trendelenburg "seche Hoch- 
lagerunz: breite Eröffnung der ganzen Vorderwand der Blase, ohne in 
dieselbe Luft einzuhlasen: Einlegen von Servietten in den Blasen- 
fundus zur Aufsaugune des Urins: kein Harnröhrenkatheter: cireuläre 
Incision um den Blasenhals. Die Seitenlappen der Drüse werden nach- 
einander mut starken Kletterzangen wefaßt: eim Assistent driiekt vom 


— 554 — 


Rectum aus die Prostata entgegen; mit geschlossener über das Blatt ve- 
hborener Schere und mit dem Finger wird die Drüse ringsum losgelüöst 
und in toto entfernt. Mit einigen Scherenschlägen wird die Harnrohre 
möglichst hoch unter der vorderen Prostatacommissur durchsehnitten. 
Nun wird eine Sonde in die Harnröhre eingeführt, welche den oberen 
Rand der Harnröhre zu fassen erlaubt. Naht der Blasenschleimhaut an 
die Harnréhre, jedoch nicht in der ganzen Ausdehnung, nur in der 
vorderen llälfte ist die Vereinigung eine vollständige: ım hinteren Halb- 
kreis wird die Blase an die Wand der Prostataloge genäht. Hinten wırl 
die Blasenschleimhaut miteinander vereinigt, so daB die ganze 
Naht die Form eines Racketts mit nach hinten gebogenem Griff hat. 
Dauerkatheter für 9 Tage. Naht der Sectio alta in drei Ebenen: 
prävesicale Drainage Die Blasenwand wird an zwei Stellen an den 
Muskeln fixirt. Schnelle Heilung per primam. Vom 11. Tage an complete 
Harnenutleerung per vias naturales. Legueu erkennt den Vorzug der 
Methode: Völlige Beseitigung des dureh die Entfernung der Prostata 
entstandenen Hohlraumes an. Doch ist dieselbe nicht überall anzu- 
wenden. Das Verfahren ist ein delieates und die schwierigen Manipula- 
tionen sind bei großen Organen kaum ausführhar. Bei infieirten 
Kranken ist es auch vorteilhafter, die Blase offen zu lassen. Lezruen 
drainirt erst einige Tage mit großen Drains vem Bauch her und Jet 
dann einen großen Dauerkatlheter ein: dank diesem Verfahren hat er 
niemals unangenehme Zufälle zu beklagen. Mankiewicz. 


VI. Blase. 


s NA 


De. Ferdinand Kornfeld (Wien): Zur Casuistik der Bacteriurie. 
(Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 30.) 


Verf., der vor kurzem eine Monographie über die Aetiolosie und 
Klinik der Barteriune (Franz Deuticke, Wien und Leipzig 1900) 
veröffentlichte, weist in vorliegender Arbeit an der Hand zweier neuer 
Fälle von Baeterinrie abermals darauf hin, daß diese Affection. deren 
Diagnose fiir den Kundigen durchaus leicht ist, GhermaBig hiutie verkanut 
und infolgedessen falseh behandelt wird. Im ersten Falle handelt es sich 
um einen 25 jährigen Patienten, der vor 17: Jahren an seinem Harn- 
apparate erkrankte. Die Diagnose des behandelnden Arztes lautete auf eine 
gonorrhoisehe Infeetion, die aber nicht durch bactertologischen Nachweis 
erhärtet worden war. Sehon damals zeigte die Blase eine Tnsuffieienz 
von mehr als einem halben Liter. Der Kranke wurde innerhalb der letzten 
vier Jahre wegen dauernder Harutriibung mit den veschiedensten Mitteln 
Intern rod local ohne jeden Erfolge behandelt. Am 10. Januar 10906 kam 
der Kranke auf Veranlassung eines Internisten, welehen er weren seiner 


— 555 — 


in den letzten Jahren immer wiederkehrenden Störungen im Bereiche des 
Verdauungsapparates, nämlich  Appetitlosigkeit, Stuhltragheit und 
Schmerzen in der oberen Bauch- und Lendengegend nebst allgemeiner 
Unlust und Schwächegefühlen, sowie häufigem abendlichen Frösteln auf- 
zesucht hatte, behufs Behandlung seines Blasenleidens zum Verfasser. 
Die exacte klinische Untersuchung des Patienten ergab, daß es sich um 
Barteriurie handle und daB seine Blase für ea. 700 cem insufffeient sei. 
Sein Harn war in beiden Portionen und in dem mittels Katheters ent- 
leerten Residuum gleichmäßig dicht getriibt. Reaction sauer; specifisches 
Gewicht 1021. kein Albumen, kein Zucker: im Sediment äußerst 
spärliche Formelemente (Blasenepithelien und = Leukocyten): dagegen 
enorme Massen von Baeterien, deren Natur mikroskopiseh und eulturell 
als Baeterium coli sichergestellt wurde. 

Verf. entleerte die Blase des Patienten und machte Waschungen mit 
Hydr. oxyeyanatum (1:5000). Bereits nach fünf Spülungen war der 
Harn vollkommen klar, der Residualharn auf 200 cem, nach 14 Tagen auf 
6O ecem redueirt. Nach Aussetzen der Spülbehandlung blieb der Harn des 
Patienten dauernd klar. Durch fortgesetzten Katheterismus, den der 
Kranke anfangs allabendlich, später drei- und zweimal wöchentlich aus- 
führte, ist sein Residualharı vollkommen beseitigt. Alle Beschwerden 
des Digestionstractes, Fieber, Lendenschmerz, nervöse Verstimimungen 
sind dauernd geschwunden. r 

Finer gesonderten Gruppe von Baeteriuriefällen, jener nämlich, deren 
(ienese auf hämatogenem Were beruht, gehört ein zweiter vom Verf. in 
Jüngster Zeit beobachteter Fall an, der ein 16 jähriges Madchen betrifft. 
Der Fall erscheint als ein Beispiel für die Invasion der Colibaeterien bei 
ehronischer Obstipation. Die Invasion der Bacterien erfolgte wahrschein- 
lich auf dem Wege der Blutbahn gegen das Nierenbecken in der von 
Rovsing erwiesenen Weise. Kr. 


W. Bogoljubow: Beitrag zur Frage der partiellen und 
totalen Resection der Harnblase bei malignen Neu- 
bildungen derselben. (Medizinskoe Obosrenie 1906, No. 8.) 


Verfasser beriehtet iber folgende zwei Fälle: 

1. Fall: Der Patient erkrankte vor zwei Jahren unter Kreuzschmer- 
zen, die namentlich links stark ausgesproehen waren. Die Schmerzen 
lassen zeitweise nach, während sie zeitweise heftiger werden, im großen 
und ganzen sind sie jedoch von eonstanter Natur. Vor ea. einem Jahre 
wurdè das Harnlassen schmerzhaft und besonders frequent. Vor ea. 6 bis 
1 Monaten will der Patient zum ersten Male Blut in seinem Harn bemerkt 
haben. Seitdem war der Harn sehr häufig blutig und enthielt Blut- 
verinnsel. Zugleich wurde der Harndrang noch häufiger, so daB der Pat. 
bei der Aufnahme in die Klinik alle 5—6 Minuten uriniren mußte. Der 
Patient teilt mit, daß der Harustrahl während der Harnentleerung nicht 
selten abgebrochen werde. 


— 554 — 


Rectum aus die Prostata entgegen: mit geschlossener über das Blatt ge- 
borener Schere und mit dem Finger wird die Drüse ringsum losgelüst 
und in toto entfernt. Mit einigen Seherensehlägen wird die Harnröhre 
möglichst hoch unter der vorderen Prostatacominissur durehsehnitten. 
Nun wird eine Sonde in die Harnröhre eingeführt, welche den oberen 
Rand der Harnröhre zu fassen erlaubt. Naht der Blasenschleimhaut an 
die Harnréhre, jedoch nicht in der ganzen Ausdehnung, nur in der 
vorderen Hälfte ist die Vereinigung eine vollständige; im hinteren Halb- 
kreis wird die Blase an die Wand der Prostataloge genäht. Hinten wird 
die Blasenschleimhaut miteinander vereinigt, so daß die ganze 
Naht die Form eines Racketts mit nach hinten gebogenem Griff hat. 
Dauerkatheter für 9 Tage. Naht der Sectio alta in drei Ebenen: 
prävesicale Drainage. Die Blasenwand wird an zwei Stellen an den 
Muskeln fixirt. Schnelle Heilung per primam. Vom 11. Tage an complete 
Harnentleerung per vias naturales. Legueu erkennt den Vorzug der 
Methode: Völlige Beseitigung des dureh die Entfernung der Prostata 
entstandenen Hohlraumes an. Doch ist dieselbe nicht überall anzu- 
wenden. Das Verfahren ist ein delieates und die schwierigen Manipula- 
tionen sind bei großen Organen kaum ausführbar. Bei inficirten 
Kranken ist es auch vorteilhafter, die Blase offen zu lassen. Lerueu 
drainirt erst einige Tage mit großen Drains vem Bauch her und lezt 
dann einen großen Dauerkatheter ein: dank diesem Verfahren hat er 
memals unangenchme Zufälle zu beklagen. Mankiewiez. 


VI. Blase. 


Dr. Ferdinand Kornfeld (Wien): Zur Casuistik der Bacteriurie. 
(Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 30.) 


Verf.. der vor kurzem eine Monographie über die Aetiologie un 
Klinik der Bacteriurie (Franz Deutieke, Wien und Leipzig 1905) 
veröffentlichte, weist in vorliegender Arbeit an der Hand zweier neuer 
Fälle von Baeterinrie abermals darauf hin, daß diese Affection. deren 
Diagnose fiir den Kundigen durchaus leicht ist, übermäßig häufiz verkamit 
und infolgedessen falsch behandelt wird. Im ersten Falle handelt es sich 
um einen 25 jährigen Patienten, der vor 1/: Jahren an seinem Harn- 
apparate erkrankte. Die Diagnose des behandelnden Arztes lautete auf eine 
zonorrhoische Infeetion, die aber nieht dureh baeteriologischen Nachweis 
erhärtet worden war. Schon damals zeigte die Blase eine Insuffietenz 
von mehr als einem halben Liter. Der Kranke wurde innerhalb der letzten 
vier Jahre wegen dauernder Harntrübung mit den veschiedensten Mitteln 
intern rund local ohne jeden Erfolg behandelt. Am 10. Januar 1906 kam 
der Kranke auf Veranlassung eines Internisten, welehben er wezen seiner 


— 555 — 


in den letzten Jahren immer wiederkehrenden Störungen im Bereiche des 
Verdauungsapparates, nämlich <Appetitlosigkeit, Stuhlträgheit und 
Schmerzen in der oberen Bauch- und Lendengegend nebst allgemeiner 
Unlust und Schwächegefühlen, sowie häufigem abendlichen Frösteln auf- 
zesucht hatte, behufs Behandlung seines Blasenleidens zum Verfasser. 
Die exacte klinische Untersuehung des Patienten ergab, daß es sich um 
Bacteriurie handle und daB seine Blase fiir ca. 700 cem insufffcient sei. 
Sein Harn war in beiden Portionen und in dem mittels Katheters ent- 
leerten Residuum gleichmäßig dieht getrübt. Reaction sauer; specifisches 
Gewicht 1021. kein) Albumen, kein Zucker: im Sediment äußerst 
sparliche Formelemente (Blasenepithelien und Leukocyten); dagegen 
enorme Massen von Baeterien, deren Natur mikroskopisch und eulturell 
als Bacterium coli sichergestellt wurde. 

Verf. entleerte die Blase des Patienten und machte Waschungen mit 
Hydr. oxyeyanatum (1:5000). Bereits nach fünf Spülungen war der 
Harn vollkommen klar, der Residualharn auf 200 cem, naeh 14 Tagen auf 
W eem reducirt. Nach Aussetzen der Spülbehandlung blieb der Harn des 
Patienten dauernd klar. Durch fortgesetzten Katheterismus, den der 
Kranke anfangs allabendlieh, später drei- und zweimal wöchentlich aus- 
führte, ist sein Residualharn vollkommen beseitigt. Alle Beschwerden 
des Digestionstractes, Fieber, Lendensehmerz, nervôüse Verstimmungen 
sind dauernd geschwunden. 

Einer zesonderten Gruppe von Baeteriuriefällen, jener nämlich, deren 
Genese auf hämatogenem Wege beruht, gehört ein zweiter vom Verf. in 
jüngster Zeit beobachteter Fall an, der ein 16 jähriges Mädchen betrifft. 
Der Fall erscheint als ein Beispiel für die Invasion der Colihacterien bei 
ehronischer Obstipation. Die Invasion der Bacterien erfolgte wahrschein- 
lich auf dem Wege der Blutbahn gegen das Nierenbecken in der von 
Rovsing erwiesenen Weise. Kr. 


W. Bogoljubow: Beitrag zur Frage der partiellen und 
totalen Resection der Harnblase bei malignen Neu- 
bildungen derselben. (Medizinskoe Obosrenie 1906, No. 8.) 


Verfasser beriehtet iber folgende zwei Fälle: 

1. Fall: Der Patient erkrankte vor zwei Jahren unter Kreuzschmer- 
zen, die namentlich links stark ausgesprochen waren. Die Schmerzen 
lassen zeitweise nach, während sie zeitweise heftiger werden, im großen 
und vanzen sind sie jedoch von constanter Natur. Vor ca. einem Jahre 
wurd® das Harnlassen schmerzhaft und besonders frequent. Vor ea. 6 bis 
‘ Monaten will der Patient zum ersten Male Blut in seinem Harn bemerkt 
haben. Seitdem war der Harn sehr häufig blutig und enthielt Blut- 
gerinusel. Zugleich wurde der Harndrang noch häufiger, so daß der Pat. 
bei der Aufnahme in die Klinik alle 5—06 Minuten uriniren mußte. Der 
Fatient teilt mit. da der Harnustrahl withrend der Harnentleerung nicht 
selten abgebrochen werde. 


— 556 -- 


Status praesens: Der Patient ist ein blutarmes Individuum nuit manzel- 
haft entwiekeltem Fettpolster. Lungen und Herz normal. Die Unter- 
suchung mittels Blasensonde ergab keine bestimmten Resultate. Tägliche 
Harnquantitat 2C00—2200 cem, spectfisches Gewicht des dlarns 1114. Harn 
trübe mit deutlicher Beimischung von Blut. Im Harn ziemlich bedeutende 
KiweißBquantität, aber kein Zucker. Die makroskopische Untersuehung 
ergab eine große Quantität von roten Blutkörperchen, Eiterkörperchen. 
sowie Phosphorsäure und Oxalsäurekrystalle. 

Operation in Chloroformnarkose. Sectio alta. Longitudinale [neisiou 
der Bauchdecken in der Mittellinie. Die Banehfellfalte wurde mit einem 
stumpfen, mit Jodoformeaze umwickelten Haken gefaßt und nach oben 
zurückzreschlagen. Durch die Blasenwand wurden zwei provisorische 
Seidentigaturen gezogen, zwischen denen die Blase mittels longitudinaler 
Incision eröffnet wurde. Es wurde auf diese Weise eine Blasenreschwulst 
fieizelert. welehe die gesamte vordere und beide Seitenwände der Blase 
eimnahm. Außerdem fand man in der Harnblase zwei Steine, die sorleich 
extrahirt wurden. An das untere Ende der longitudinalen Incision der 
llautdecken wurden zwei weitere, transversale, nach beiden Seiten ab- 
gehende Ineisionen angesetzt. Es wurden drei Viertel der Harnblase 
reseeirt, das Bauchfell eröffnet, ın den rechten Ureter ein dünnes Drain 
eingeführt und durch die Bauchwände nach außen geleitet: der Munke 
Ureter wurde in die Wunde einzenäht, die Wunde selbst mit Jodoform- 
gaze locker tamponirt. Die mikroskopische Untersuchungs der Geschwulst 
erzab Endotheliom. Am Taxe der Operation Puls Abends 90. Tempe- 
ratur 36,7. Leichter Singultus. Un 7 Uhr Abends wurde unter die Haut 
eine Quantität physiologischer Kochsalzlösung. un 10 Uhr Abends zleich- 
falls subeutan 7 g Morphium injicirt. Am Tage nach der Operation be- 
standen ziemlich stark ausgesprochene Erscheinungen von Seiten des 
Peritoneums. Abends Pıls 115. Wiederum physiolorische Kochsalzlösung 
und Morphium subeutan. Aim dritten Fage nach der Operation starb der 
Patient um 11 Uhr Vormittags. | 

2. Fall: Der 50 jährige Patient erkrankte vor 172 Jahren zum ersten 
Mal unter Erscheinungen von Störungen der Harnentleerung: letztere 
wurde häufizer, schmerzhaft. und im Harn zeigte sich Blut. Diese Nym- 
ptome waren ursprünglich schwach ausgesprochen. verschlimmerten sieh 
aber immer mehr und mehr und erreichten zur Zeit der Aufnahme des 
Patienten in das Krankenhaus eine bedeutende Intensität. Die Blutungen 
ous der Blase waren haiutig und profus. Vor vielen Jahren wurde bei dem 
Patienten. als er noch im jugendlichen Alter stand. ein Blasenstein 
extrahirt. 

Status praesens: Der Patient iste ven mittlerer Statur, Lippen und 
Conyunetiva blaß, Fettpolster mangelhaft entwickelt. Herztöne etwas 
Jumpf. Der Patient leidet an doppelseitigem Leistenbruch von Faust- 
sréBe, Die Untersuchung der Blase mittels Sonde ergibt keine klaren 
Resultate. Ber der evstoskopischen Untersuehung sieht man undeutliche 


= ge 


— 551 — 


Conturen einer Gieschwalst, welehe auzenscheimlich einen großen Teil der 
Harnblase einnimmt. | 

Operation, ausgefiihrt ebenso wie im vorstehenden Falle von Prof. 
W.J. Rasumowski Loneitudinale Ineision der Hautdecken in der 
Mittellinie oberhalb der Syrmphyse. Die Bauchfellfalte wurde mittels eines 
mit Jodoformeaze umwickelten Hakens umfaßt und nach oben zurück- 
reschlazen. Die Harnblase mittels zwei provisorischen Seidenligaturen 
refaßt. Die Harnblase wurde zwischen den L.igaturen mittels lougitudi- 
naler Ineision eröffnet. Nach Eröffnung der Harnblase wurde mittels des 
in «tie Blase eingeführten Fingers eine umfangreiche, höckerige, derbe. 
stark blutende Gresechwulst festgestellt. welche fast die ganze Blasenhohle 
ausfüllte. Bei der genaueren Untersuehung kounte festgestellt werden. 
daß die Geschwulst den Boden der Blase, sowie teilweise den oberen Teil 
derselben. sowie den oberen Teil seiner hinteren Wand einnimmt. Um 
den Zugang zur Blase zu erleichtern, wurden an das untere Ende der 
loneitudinalen Incision der Hautdeceken noch zwei transversale Ineisionen 
angesetzt, worauf zur Resection der Harnblase, am Blasenhalse beginnend. 
reschritten wurde. Es wurde der erößere Teil der Harnblase (über drei 
VierteD resecirt, ohne daß das Bauehfell eröffnet wurde. Ein Teil der 
oberen hinteren Blasenwand, der rechte Ureter und ein kleines Stuck der 
Blese um die Uretermündung herum wurde an Ort und Stelle belassen. 
Die Mündung des hIinken Ureters wurde samt der Blasenwand resevirt. 
Das untere Ende des Iiskeu, sehr stark erweiterten Ureters wurde an den 
Teil der Blasenwand, der um den rechten Ureter herum belassen worden 
war, festzenäht, in den linken Ureter ein Katheter eingeführt und durch 
die Wunde nach außen zeleitet. Von den zurückeelassenen Partien der 
Blasenwanduugen wurde eine kleine neue Blase gebildet, zu welchem 
Zwecke ein Feil der hinteren oberen Blasenwand mittels Seidennähte an 
den Blasenboden festzonäht wurde. Es entstand ein Reservoir von der 
Größe eines klemen Apfels. Zwischen die Wandungen des zurück- 
vebliebenen Teils der Jlarnblase und die benachbarten Gewebe, sowie 
auch in die Blasenhohle wurden Neroformgazetampons eingeführt: des- 
rleichen dureh die Harnrôhre in die Höhle der neugebildeten Blase ein 
Katheter à demeure eingelegt. Die Wunde der Hautdeeken wurde durei 
Anlegung einiger Nähte verkleinert. Verband. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab ein Hlachepitheliales Caremom. Am sechsten Tage nach 
der Operation klagte der Patient über heftige Schmerzen in der Gegend 
der Wunde. Abends Temperatur 37.2”. Puls 90, von mittlerer Füllung. 
Aus dem dinken Ureter, in den ein Katheter einzeführt wurde, emiez der 
Harn unbehmdert ab. Nachts wurde ein Nährklvsma (physioloeische 
Nochsalzlöosunz mit Cornae) apphieirt. Am nächsten Taxe fühlte sieh der 
Patient ziemlich wohl. Im Laufe der Nacht hat sieh dureh den in die 
Harnblase dureh die Urethra einzeführten Katheter etwas Harn entleert. 
Verband etwas aurehnäßt. Im Laufe des Tazes wurden drei Nährklysmen 
ans physiologiseber Kochsalzlösunge mit Cosnac applheirt. Abends Puls 117. 


D 


a 


— 555 — 


Der Patient klagt über Schmerzen im Abdomen. Einspritzung von “r z 
Morphium unter die Haut. Am nächsten Tage Morgens Puls 04. Verband 
stark mit Harn durchtriinkt. Der Patient klagt iiber Schmerzen in der 
Gegend der Wunde. Der Harn geht dureh den in die Urethra einzefuihr- 
ten Katheter ab. Aus dem im Ureter liegenden Katheter zeigte sieh kein 
Harn. Verbandweehsel. Entfernung des Tampons aus der Harablase. 
Ausspülung der Blase mittels warmer Borsäurelösung. Einführung eines 
Drainrolires in die Harnblase. Abends fühlt sieh der Patient wohl. Tempe- 
ratur 365°, Puls 90. Der Patient bekommt Bouillon und Thee. Am fol- 
senden Tage wieder Verbandwechsel und Entfernung der zwisehen den 
Blasenwandungen und den benachbarten Teilen liegenden Tampons, des- 
vleichen Entfernung des Katheters aus dem Ureter. Der Harn gebt durech 
‘len in der Harnröhre liegenden Katheter ab. Status nach drei Tagen: 
Verbandwechsel. Tägliche Quantität des dureh den Katheter abzehenden 
Harns 660 cem. Subjeetives Befinden des Patienten gut. Der Patient be- 
kommt Eier, Bomllon, Weißbrot, Milch. Am folgenden Tage wieder Ver- 
bandwechsel. Der Patient klagt über heftire Schmerzen in der rechten 
Seite. Abends Temperatur 392”. Am folgenden Tage wieder Verband- 
wechsel. Temperatur Abends normal: subjectives Befinden gut. Im 
weiteren Verlauf erholte sich der Patient etwas, Jedoch hielt das Stadium 
„les erträrlichen Daseins und subjeetiven guten Betindens des Patienten 
nicht lange an. Seitenstiehe, zeitweise Retention der Exeretionen, an 
verschiedenen Stellen wurden Recidive bemerkt. Mehrere Male wurde 
subeutan Antistreptokokkenserum injieirt. Fortsehreitende Abmagerune 
des Patienten. Ungefähr sechs Monate nach der Operation Tod. Die 
Seetion ergab, daB die Wandungen des zurück gebliebenen Teiles der Blas 
mit earcinomatosen Massen infiltrirt sind. Ureteren erweitert. In beiden 
Nieren Erscheinungen von Prelonephritis. In der linken Nebenniere, in 
der Radix mesenterii des Diinndarmes und in der Leber carcınomatöse 
Knoten. 

In beiden Fällen hat somit die Resection der Harnblase zu einem 
letalen Ausgang geführt, und zwar in dem einen Falle infolge von Peri- 
tonitis. in dem anderen infolge von consecutiven Recidiven um Prelo- 
nephritis. M Lubowski. 


VU Ureter, Niere etc. 


Th. Feit: Ueber die topographischen Beziehungen der 
Ureteren zu den Organen des kleinen Beckens bei 
Frauen. St. Petersburger Dissertation. (Medizinskoe Obosrenie 
1906, No. 8.) 

Verfasser, der sieh seit längerer Zeit mit der Chirurgie der Harn- 
organe beschiftiet. ist zu der Ceberzeugunge gelangt, daB die topographi- 
sehen Beziehungen der Ureteren zu den Organen des kleinen Beckens be- 


— 559 — 


sonders mangelhaft erforscht sind, und dieser Umstand veranlaßte ihn, 
dieser Frage näher zu treten. Seine Untersuchungen hat er an 26 Frauen- 
leichen angestellt, die er in drei Gruppen einteilt: die Leichen der ersten 
Gruppe wurden mit Chromsäure ıinjieirt, diejenigen der zweiten Gruppe 
leB Verfasser gefrieren, während er die Leichen der dreitten Gruppe 
trisch, 24 Stunden nach dem Tode secirte. Zur Härtung der Organe ge- 
brauchte er eine 12 proe. Chromsäurelösung, welche er in die A. femoralis 
in einer Quantität von 3—4 Litern injicirte, worauf die Leichen an 
einem kühlen Ort auf dem Rücken 6—7 Tage liegen blieben. Durch 
diese MaBnahme wurde micht nur eine Fixation der unbeweglichen, son- 
dern auch der beweglichen Organe, beispielsweise des Dünndarmes, er- 
zielt. Die Ureteren und die Harnblase injicirte Verfasser durch eine 
Oeffuung der Abgangsstelle der Ureteren von den Nieren, den Mastdarm 
durch den After: die Arterien wurden mit roter, die Venen mit blauer 
Farbe injicirt. Verfasser beschreibt nun an der Hand der von ihm vor- 
genommenen Sectionen in ausführlicher Weise die Beziehungen der Ure- 
teren zu den benachbarten Organen, und zwar zur A. uterina und zu den 
benachbarten Arterien, zur (Gebärmutter, sowie zur Vagina und zur Blase. 
Beide Ureteren verlaufen bis zum Eintritt in das kleine Beeken in con- 
vergirender Richtung. Beim Abgang veon dem Nierenbecken befinden 
sich die beiden Ureteren in einer Entfernung von 6,5—9 em, beim Eintritt 
in das kleine Becken in einer solchen von 5.5—7 em voneinander. In der 
Bauchhöhle verlaufen die Ureteren im subperitonealen Bindegewebe und 
sind vom Peritoneum bedeckt. Indem sie vom äuBeren Rand des M. ileo- 
psoas zum Inneren heruntersteigen, kreuzen sich die Ureteren mit den 
Aa. und Vy. spermaticae. Der abdominale Teil des reehten Ureters liegt 
rleich am Anfang nach Abgang von der Niere hinter der Pars descendens 
des Duodenum. so daB an dieser Stelle unter pathologisehen Verhältnissen 
sich eine Communication zwischen diesen beiden Organen etabliren kann, 
Indem er weiter nach unten steigt. liegt der Ureter unter dem Blatte des 
Mesenterium, des Colon aseendens und unter dem parietalen Blatt des 
Peritoneums, wobei er nur von den Dünndarmschlingen bedeckt ist, Im 
Becken liegt der Ureter entweder unter dem Mesocoecum oder unter dem 
Coecum selbst versteckt. Der linke Ureter liegt gleieh nach Abgang von 
der Niere hinter der Flexura duodeno-jejunalis und geht, von Dünndarm- 
schlinzen überdeckt. bis zum Beeken, wo er hinter der Flexura sigmoidea, 
bisweilen sogar hinter dem Mastdarm versteckt liegt. Wegen der nahen 
Nachbarschaft des S romanum und dessen Mesenterium kann unter patho- 
logischen Verhältnissen an dieser Stelle zwischen dem linken Ureter und 
dem Darm eine Communication entstehen. 

Die topographischen Verhältnisse der Ureteren erfahren im kleinen 
Beeken eine bedeutende Veränderung. je nachdem die Ovarien normal 
oder pathologiseh sind. In normalem Zustande liegt der Ureter in einer 
Grube, die als flache Vertiefung an der Seitenwand des Beekens erscheint. 
Die Grenzen dieser Grube werden hinten von der A. hypogastrica und 


— 555 — 


Der Patient klagt über Schmerzen im Abdomen. Einspritzung von "Zu g 
Morphium unter die Haut. Am nächsten Tage Morgens Puls 94, Verband 
stark mit Harn durehtränkt. Der Patient klagt über Schmerzen in der 
Gegend der Wunde. Der Harn geht durch den in die Urethra eingeftlr- 
ten Katheter ab. Aus dem im Ureter liegenden Katheter zeigte sieh kein 
Harn. Verbandwechsel. Entfernung des Tampons aus der Harublase. 
Ausspillung der Blase mittels warmer Borsäurelösung. Einführung eines 
Drainrohres in die Harnblase. Abends fühlt sieh der Patient wohl. Tempe- 
atur 365", Puls 90. Der Patient bekommt Bouillon und "Thee. Am fol- 
genden Tage wieder Verbandwechsel und Entfernung der zwischen den 
Blasenwandungen und den benachbarten Teilen liegenden Tampons, des- 
gleichen Entfernung des Katheters aus dem Ureter. Der Harn geht durch 
den in der Harnröhre liegenden Katheter ab. Status nach drei Taxen: 
Verbandwechsel. Tärliche Quantität des dureh den Katheter abgehenden 
Harns 600 eem. Subjeetives Befinden des Patienten gut. Der Patient be- 
kommt Ever, Bouillon, WeiBbrot, Milch. Am folgenden Tage wieder Ver- 
handwechsel. Der Patient klagt über heftige Schmerzen in der rechten 
Seite. Abends Temperatur 392”. Am folgenden Tage wieder Verband- 
wechsel. Temperatur Abends normal: subjeetives Befinden gut. Im 
weiteren Verlauf erholte sich der Patient etwas, Jedoch hielt das Stadium 
les erträglichen Daseins und subjeetiven guten Befindens des Patienten 
nieht lange an. Seitenstiche, zeitweise Retention der Exerettonen. an 
versehiedenen Stellen wurden Recidive bemerkt. Mehrere Male wurde 
subeutan Antistreptokokkenserum ijicirt.  Fortschreitende Abmagerun: 
des Patienten. Ungefähr sechs Monate nach der Operation Tod. Die 
Section ergab, daß die Wandungen des zurück zebliebenen Teiles der Blase 
mit careinomatösen Massen infiltrirt sind. Ureteren erweitert. In beiden 
Nieren Erscheinungen von Pyelonephritis. In der linken Nebenniere. in 
«ler Radix mesenterii des Dünndarmes und in der Leber ecarcinomatése 
Knoten. 

In beiden Fällen hat somit die Reseetion der Harnblase zu einem 
letalen Ausgane geführt. und zwar in dem eimen Falle infolge von Peri- 
tonitis, in dem anderen infolge von consecutiveit Recidiven und Prelo- 
nephritis. M. Lubow ski. 


VU Ureter, Niere ete. 


Th. Feit: Ueber die topographisehen Beziehungen der 
Ureteren zu den Organen des kleinen Beckens bei 
Frauen. St. Petersburger Dissertation. (Medizinskoe Obosrenie 
1906, No. 8.) 

Verfasser, der sieh seit längerer Zeit mit der Chirurgie der Harn- 
oreane beschäftigt, ist zu der Veberzeurunz gelangt, daß die topographi- 
schen Beziehungen der Ureteren zu den Organen des kleinen Beckens he- 


— 559 — 


sonders mangelhaft erforscht sind, und dieser Umstand veranlaBte ihn, 
dieser Frage näher zu treten. Seine Untersuchungen hat er an 26 Frauen- 
leichen angestellt, die er in drei Gruppen einteilt: die Leichen der ersten 
Gruppe wurden mit Chromsäure injieirt, diejenigen der zweiten Gruppe 
ließ Verfasser gefrieren. während er die Leichen der dreitten Gruppe 
frisch, 24 Stunden nach dem Tode seeirte. Zur Härtung der Organe ge- 
brauchte er eine 12 proe. Chromsäurelösung, welche er in die A. femoralis 
in einer Quantität von 3—4 Litern injieirte, worauf die Leichen an 
einen kühlen Ort auf dem Rücken 6-7 Tage liegen blieben. Durch 
diese Maßnahme wurde nieht nur eine Fixation der unbeweglichen, son- 
dern auch der beweglichen Orzane, beispielsweise des Dünndarmes, er- 
zielt. Die Ureteren und die Harnblase injieirte Verfasser durch eine 
Oeffnunz der Abgangsstelle der Ureteren von den Nieren, den Mastdarm 
dureh den After: die Arterien wurden mit roter, die Venen mit blauer 
Farbe injieirt. Verfasser beschreibt nun an der Hand der von ihm vor- 
genommenen Seetionen in ausführlicher Weise die Beziehungen der Ure- 
teren zu den benachbarten Organen, und zwar zur A. uterina und zu den 
benachbarten Arterien, zur Gebärmutter. sowie zur Vagina und zur Blase. 
Beide Ureteren verlaufen bis zum Eintritt in das kleine Becken in eon- 
vergirender Richtung. Beim Abgang von dem Nierenbeeken befinden 
sich die beiden Ureteren in einer Entfernung von 6,5—9 em., heim Eintritt 
in das kleine Beeken in einer solchen von 5.5—7 em voneinander. In der 
Bauchhöhle verlaufen die Ureteren im subperitonealen Bindegewebe und 
sind vom Peritoneum bedeekt. Indem sie vom äußeren Rand des M. ileo- 
psoas zum inneren heruntersteigzen, kreuzen sich die Ureteren mit den 
Aa. und Vv. spermaticae. Der abdominale Teil des rechten Ureters liegt 
gleich am Anfang nach Abgang von der Niere hinter der Pars descendens 
des Duodenum, so daß an dieser Stelle unter patholorischen Verhältnissen 
sich eine Communication zwischen diesen beiden Organen etabliren kann. 
Indem er weiter nach unten steigt, liegt der Ureter unter dem Blatte des 
Mesenterium, des Colon ascendens und unter dem parietalen Blatt des 
Peritoneums. wobei er nur von den Dünndarmschlingen bedeckt ist, Im 
Becken liegt der Ureter entweder unter dem Mesocoecunt oder muter dem 
Coecum selbst versteckt. Der linke Ureter liegt gleich nach Abgang von 
der Niere hinter der Flexura duodeno-jejunalis und geht. von Dünndarın- 
sehlingzen überdeckt. bis zum Becken. wo er hinter der Flexura sigmoidea, 
bisweilen sogar hinter dem Mastdarm versteckt legt. Wegen der nahen 
Nachbarschaft des Sromanum und dessen Mesenterium kann unter patho- 
logischen Verhältuissen an dieser Stelle zwischen dem linken Ureter und 
dem Darm eine Communication entstehen. 

Die topographischen Verhältnisse der Ureteren erfahren im kleinen 
Pecken eine bedeutende Veränderung, Je nachdem die Ovarien normal 
oder pathologisch sind. In normalem Zustande hegrt der Ureter in emer 
Grube, die als flache Vertiefung an der Seitenwand des Beckens erscheint. 
Die Grenzen dieser Grube werden hinten von der A. hypogastrica und 


— 560 — 


dem Ureter. vorn und oben durch die Vasa et pervi obturatorii gebiblei. 
Der obere Pol des Ovariums leet in einem Winkel zwischen den Nerven 
und dem Ureter an derjenigen Stelle. wo der Ureter mit der A. hypo- 
gastrica in Berührung kommt. Diese Beziehung des Ovarium- zum 
Ureter ändert sich, wenn das Ovarium höher oder tiefer legt. Liz div 
Gebärmutter seitwärts von der Mittellinie des Beckens, so Hegt das Ova- 
rium auf derjenigen Seite höher, die der Gebärmutter zugewandt ist. Bei 
tieferer Lage wird der Ureter vom Ovarium verdeckt. Bei Rückwiärts- 
oder Vorwiärtsbeugung der Gebärmutter. wenn der Fundus uteri aui der 
Harnblase ruht, bildet der Ureter die untere und hintere Grenze der Fossa 
ovarii. indem er 15 —2 em von der Ineisura ovarii entfernt ist. Diese Lage 
ist bei der Exstirpation von Ovarialgeschwiilsten nicht ohne gewisse Be- 
deutung, indem man den Schnitt mögliehst nahe der Ineisura führen muB, 
um eine Verletzung des Ureters zu verhüten. Wenn man die Incisura 
ovarii nicht erkennen kann. so muß man den Schnitt nach vorn und eben 
führen. Sind die Ovarien vergrößert, aber doch von flacher Farm, se 
bleiben sie fast immer an der Seitenwand des Beckens. Bei bedeutender 
Vergrößerung nehmen die Ovarien Kugelgestalt an und nähern sieh dans 
der Mittellinie des Beckens, indem sie mehr hinter der hinteren Gehir- 
mutterwand liegen. Der Ureter kommt dann mit deim Ovarium nicht iu 
Derührung oder liegt sogar in einer bedeutenden Eutfernung von dem- 
selben. Sind die Tuben torquirt und die Bänder breit, so ist es unmòz- 
lich, die Insertionsstelle der Ovarien zu erkennen, die dann mehr der 
hinteren als der lateralen Wand des Beckens anliegen; auf der Hohe der 
beiten Ovarien sind beide Ureteren gut zu sehen, welehe dureh das Peri- 
toneum durchschimmnern. Bei tieferer Lage bedeckt das Ovari tist 
stets den Ureter in einer Entfernung von 1-—-2 em und ist haufig mit der 
Scheide des Ureters verwachsen, aber leicht von derselben abzulö-eı. 
Was din topveraphisehen Beziehungen des Ureters zu den breiten 
und runden Bänderu betrifft, so verläuft der Ureter an der Seitenwan! 
des Beckens nach unten hinter dem Ovarium und dem hinteren Blatt des 
breiten Mutterbandes, indem er die Riehtung zum Beekenboden eimlält. 
Er kann nur mit dem lateralen Ende der Basis das Ligamentum latum 
kreuzen und verläuft dann weiter durch das paraurethrale Gewebe. drs 
unter den beiden blättern des Lieamentum datum in den paraurethralen 
Venenplexus und begegnet hier der A. uterina. Die topographische Be 
ziehung des Ureters zu der A. uterina ist von gewaltiger praktische Be- 
deutung, da die Pars deseendens der Arterie und der Ureter nahe berein- 
ander Hegen, jedoch nicht so nahe, daB das Messer des Chirurgen sie ver- 
letzen könnte. Man darf bei der Operation nur nicht zu tief i de 
Ligamentum datum und nach außen vordrinzen. Der zweite Ab<chert 
der Arterie erheischt an der Kreuzunesstelle mit dem Ureter, namentlich 
aber der dritte Abschnitt von der Kreuzung mit der Gebärmutter. be- 
sondere Vorsicht, da gerade diese Stelle, nämlich der laterale Teil des 
vorderen Scheilenzewölbes. in dem gewöhnlich eine Unterbindurg det 
Arterie en masse erforderlich ist die zrößte Gefahr für den Ureter ntar- 


— 561 — 


stellt. Man muß noch im Auge behalten, daB der Plexus venosus der Blase 
md der Gebärmutter mit dem Ureter im unteren Teil desselben durch 
festes Bindegewebe eng verlötet sind, so daß es ziemlich schwer 
fällt. denselben abzulösen. Hat sieh die Gebärmutter gesenkt und 
legt sie unterhalb der Blase, so tritt sie tief zwischen die unteren con- 
verzirenden Absehnitte der Ureteren. Infolgedessen würde es bei der 
Giebirmutterexstirpation per vaginam ungefährlicher sein, die Ineision 
durch das Seitenzewölbe zu führen, da die Gebärmutter im vorderen Ge- 
wölbe sieh in so naher Nachbarschaft mit den unteren Abschnitten der 
Ureteren befindet, dab eine Verletzung der Blase oder der Ureteren leicht 
vorkommen kann. 

Was die topographischen Beziehungen der Ureteren zur Vagina und 
Blase betrifft. so kommen hier die Bedingungen und der Ort für die Ent- 
stehunz von Fisteln zwischen Ureter und Gebärmutter bezw. zwischen 
Gebärmutter und Vagina in Betracht. Fisteln zwischen Ureter und Gebär- 
mutter bilden sich zwischen dem isthmus und dem Orificium uteri exter- 
num, da die Ureteren diesem Abschnitt der Gebärmutter am nächsten 
hegen. Fisteln zwisehen Ureter und Gebärmutter bilden sieh häufiger 
links als rechts, was dadureh erklärt wird, daß der linke Ureter der Gebir- 
mutter niher legt als der rechte.  Fisteln zwischen Ureter und Vagina 
haben mehr Momente, welehe ihre Entstehung fördern und können sowohl 
an der lateralen wie auch an der vorderen Wand der Vagina entstehen. 
Laterale Fisteln bilden sich im rechten und im linken Gewölbe, am höch- 
sten Punkte der Vagina. Pie untere Grenze der Uretero-Varinalfisteln 
legt zwischen dem oberen und mittleren Drittel der Vagina. wenn diese 
kurz ist. 

Am Schlusse seiner umfangreichen Arbeit stellt Verfasser folgende 
"Thesen auf: 

l. Die größte Entfernung zwischen dem Iinken Ureter und dem Ge- 
bärmutterhalse schwankt zwischen ES und 2 em, die kleinste zwischen 
6 und 7 mın. Die größte Kntfernung des rechten Ureters vom Gebär- 
mutterhalse schwankt zwischen 2 und 3 em. 

> Die Entfernunz zwischen den Ureteren und dem Gebärmutterhalse 
nimmt nach oben zu. so daß dieselbe bereits auf der Hohe des Isthmus 
zwischen 2 und 2.5 em links und 2--3 em rechts schwankt. falls die Lage 
ıler Gebärmutter normal ist. 

3. Bei der Exstirpation der Gebärmtter per varınam Ist es ungefähr- 
heber einen 4—0 em lanzen. transversalen Schnitt nahe dem Gebärmutter- 
halse zu führen. wenn die Lage der Gebärmutter normal ist. Ist letztere 
aber gesenkt. so muß man die Ineision vom lateralen Gewölbe der Vagina 
führen. 

4. Die topographisehen Beziehungen der Ureteren zur Gebärmutter 
sind um so engere, je mehr die Gebärmutter gesenkt bezw. nach der 
eiten oder der anderen Seite gebeugt ist. 

9. Der Iinke Ureter verläuft stets näher zur Gebärmutter als der rechte. 


— 962 — 


6. Eine Verletzung des Ureters bei Durchschneidungz des Ligamentan 
latum ist weniger vefiihrlich als bei der Durehsehneidung des Scheiden- 
gewôlbes. 

7. Ber Anlegung von Ligaturen auf das Lisamentum latum kann. wenn 
man in einer Entfernung von 1—2 cm vom Gebarmutterhalse durch das 
laterale Scheidengewölbe vordringt, der linke Ureter häufiger gefabt 
werden als der rechte. 

S. Die Ureteren behufs Herstellung einer größeren Entfernung 
zwischen Ureter und Gebärmutter auf stumpfem Wege abzulösen ist zwar 
möglich, aber nur in gewissen Grenzen. 

9. Die Ureteren lassen sieh mit dem Finger verschieben, aber nur bis 
zum vorderen Blatt des Ligamentum latum: der Teil des Ureters, der im 
parauterinen Venenplexus verläuft, läßt sich schwer ablösen: das ist das 
Punctum fixum der Ureteren, das der ITöhe des Ueberganges des Uterus- 
körpers in den Uterushals entspricht. 

10. Bei der Verletzung der Gebärmutter in der rechten oder hinken 
Beckenhilfte (wenn die Gebärmutter beweglich ist) verschieben sich die 
Ureteren relativ wenig von ihrem Platze, da sie vom unteren Teil des 
Ligamentum latum festgehalten werden: das ist auch ein Punetum fix 
der Ureteren. 

11. Die Ablösunz des Ureters vom Venenplexus muß vorsichtig au~- 
geführt werden, wobei man möglichst nahe von der Gebärmutter mani- 
puliren soll, da eine etwaige Ruptur des Venenplexus oder der A. uterina 
bei der Nähe der Wand des Ureters bewirken kann, daß beim Versuch, 
die Blutung mittels Ligatur zu stillen, in dieselbe auch der Ureter hinen- 
gelangen kann. 

12. Der rechte Ureter liegt dem Mastdarm stets näher als der linke. 

M. Lubowski. 


E. Rautenberg: Die Folgen des zeitweiligen Ureter- 
verschlusses. (Mitt. a. d. Grenzgebieten d. Med. u. Chir. (nn, 
AVI, pag. 131.) 


Die durch Ureterunterbindung erzeugten Merenverinderungen sind 
nach den bisher bekannten Arbeiten folgende: Die Urinstauung erzeuct 
eine aufsteigende Dehnung der ableitenden Nierenkanäle, zunächst 
der Reeti. dam der Henle sehen Sehleifen und dann der Tubul 
contorti. Allmählich tritt eine Atrophie des Parenchyms auf, und zwar 
unter zunehmender Verbreiterung des Interstitiums. Die ersten inter- 
stitiellen Veränderungen in Form von geringen Infiltrationen zeigen sich 
bereits nach eirea zweiwöchiger Dauer der Hydronephrose. Nach 
dreiwöchizer Dauer ist bereits eine Verbreiterung des Interstitium- 
erkennbar, nach vier Wochen ist diese Wüucherunz schon sehr au-- 
resprochen. Bei Hingerer Dauer der Unterbindung nimmt der Durch- 
messer der Harnkanälcehen immer mehr ab. und die Verbreiterung des 


— 563 — 


Tnterstitiums und die stellenweise kleinzellize Iutiltration desselben ist 
das charakteristische Bild des in Atrophie übergehenden Organs. 

Dieses experimentelle Ergebnis ist natürlieh nieht identisch mit dem 
klinischen Bilde des zeitweilig verschlossenen, zu intermittirenden 
hydronephrotischen Zuständen führenden Harnleiters. Um solche Zu- 
stände experimentell zu prüfen. hat R. die Harnstauunz nach gewissen 
Zeiten beseitigt und eine erneute Function der Niere ermöglicht. Er 
experimentirte an Kaninchen, unterband inmmer den linken Ureter an der 
Blase auf 4-5 Wochen und pflanzte — nach vielerlei Versuchen — den 
meist hleistiftdieken Ureter in die Blase wieder ein. 

Er unterscheidet in der Beobachtung drei Zeiten: 1. Harn nur aus der 
gesunden rechten Niere (linker Ureter unterbunden). 2. Harn aus der 
gesunden rechten Niere und aus der wieder funetionsfählr gemachten 
linken Niere. 3. Nach Ausschaltung der gesunden rechten Niere durch 
Unterbindung des rechten Ureters oder Exstirpation der Niere Harn aus 
der zeitweilig abgebunden gewesenen linken Niere allein. 

Bei Tieren, denen der Harnleiter sechs Wochen abgebunden gewesen 
war. bestand in der ersten Periode infolge der Hyperänie der gesunden 
Niere in den ersten 2—3 Wochen leichte Albuminurie mit morpholo- 
gischen Ausscheidungzen (meist rote Blutkörperchen, wenig Cylinder): in 
der zweiten Periode meist Albuminurie mit wechselndem Gehalt an 
Cylindern, roten und weißen Blutkörperchen (das Secret der lädirten 


Niere): in der dritten Periode — die Tiere starben alle vier Tare nach 
Ausschaltung der rechten normalen Niere — war der Harn vermindert, 


eiweißhaltig, so daß nieht geniigend Harn secernirt wurde, die Niere zur 
Schlackenausscheidung des Körpers nicht ausreichte. 

Die mikroskopisehen Präparate der unterbundenen Nieren aus ver- 
schiedenen Zeiten zeizen erst eine Atrophie und teilweise eine Degenera- 
tion des NMierenparenchyins (vorwiegend der speeifischen Teile), mit 
reichlicher Bindegewebsentwicklung, in der zweiten Periode eine leb- 
hafte Regeneration im ganzen Organ mit Wucherung der Harnkanälchen- 
epithelien. besonders an der Grenze des Markes und der Rinde: die 
Regeneration ist aber nieht lebensfähig, denn die regenerirten Harn- 
kanälehen werden wieger atrophiseh. Die gesunde Niere zeigte immer 
Größenzunahme. 

Eme nur dreiwöchige Unterbindung des Harnleiters scheint die Niere 
so wenig zu alteriren, daß sie nach Lösung der lWarnstauung die 
Function für den Körper allein übernehmen kann. Doch bleibt die Niere 
krank, die dauernde Albuminurie zeigt, daB das secernirende Parenchym 


schwer geschädtet ist: die Harnmenge war — wie bei der chronischen 
Nephritis — dauernd erhöht, das specifische Gewieht gesunken. Eine 


Verbesserung dieser chronischen Nephritis durch Decapsulation nach 
Edehohls war nieht zu erzielen. 
Tiere, denen der Ureter nur 14 Tage unterbunden wewesen war, 


— 564 — 


zeigten sehr starke Atrophie der Harnkanälchen. die in Regeneration 
übergeht; seltsamer Weise gingen die Tiere rasch zu Grunde. 

Das Resultat der ganzen Versuchsreihe ist: Der zeitweilige Ureter- 
verseltluß beim Kaninehen führt zu einer Schädieunz des Nieren- 
parenchyms, die sich in zunehmender Atrophie äubert. Die Verteilung 
der Schädigung ist keine gleichmäßige. An Stelle des unterzehenden 
Parenehyvms trite Bindegewebsvermehrung. Aus diesem Zustande der 
Atrophie erholt sich das Parenchym langsam und zeigt Regenerations- 
erscheinungen. Die Epithelien nehinen dureh VergröBberung des Kernes 
und Vermehrung des Protoplasmas epitheliales Aussehen an. Die Tubuli 
erhalten wieder eine scharfe Abgrenzung dureh die Tunica propria, die 
sieh eventuell neu bildet. Die Regeneration ist uneleiehmäßie: sie kann 
zar Bildung völlige normaler Harnkanälechen führen. Ferner kann es durch 
knospenartires Wuehern solider Epithelstringe in die geraden Jlarn- 
kanälchen von den Pyramidenspitzen aus zur Neubtldung von Parenehym 
kommen. Das rerenerirte Parenchym scheint nieht Jebensfähle zu sein, 
denn es kommt zu rerressiven Veränderungen und definitivem Unter- 
gang des Parenchyins. in den selbst die bisher gut erhaltenen Glomeruli 
hineingezogen werden. Aus der Dauer der vorangegangenen larn- 
staunng resulürt die mehr oder weniger erhebliche funetionelle Sehädi- 
gung der Niere, die sich in Albuminurie äußert. Wenn das Tier dureh 
Herausnahme der gesunden Niere auf die alleinige Function des kranken 
Oreans angewiesen wird, so stellt sieh dabei entweder völlige Insufficienz 
der Niere, d. h. Anurie ein. oder die Niere übernimmt eine Zeit lang die 
Function. bis der fortschreitende Procef zum Tode führt. Wie lange 
Zeit dies zeschehen kann, ist nieht zu beurteilen. Mankiewtez. 


Dr. Henri Friolet: Casuistischer Beitrag zur Ureter- 
resection mit consecutiver Ureterocystanastomose. 
(Correspondenz-Blatt fiir Schweizer Aerzte 1905, No. 2.) 

Bei der betreffenden Patientin wurde am linken Ureter die in der 
Ceberschrift bezeichnete Operation ausgefiihrt. Die Patientin starb und 
somit konnten die Befunde am linken (operirten) Ureter und an der Hohen 
Niere festgestellt werden, worin das Hauptinteresse des Falles hert. Wie 
die Obduetion erzah. war der implantirte Ureter vollkommen fest in die 
Blasenwand einzreheilt. Die Implantationsstelle wurde aneh mikrosko- 
pisch uf OQuerschmittbildern untersucht. Das Ureterlumen war post 
mortem Jedenfalls durehgdingig, wie der Obdueent dureh Einleiten des 
Wasserstralles (obne stärkeren Druck) vom linken Nierenbeeken aus 
demoustrirte. Ob dieser Harnleiter auch intra vitam funetionirt hat. mub 
dahtierestellt bleiben, da cine eystoskopische Controle leider aus ver 
schiedenen Gründen im Interesse der Patientin unterbleiben mußte. DaB 
aber an der Implantationsstelle ein Passagehindernis bestand 
und bis zum Tode bestanden haben mußte, dafür spricht ur- 
zweifelliaft die bei der Section gefundene beträchtliche  Dila- 


— 565 — 


tation des Iinken Ureters in seiner ganzen Länge, sowie des gleich- 
seitigen Nierenbeekens. Ueber die nähere Beschaffenheit und Natur 
dieser Stenose ist aber schwer etwas Einwandfreies zu berichten. Bei 
der Seetion fand sich weder an der Implantationsstelle, noch im unteren 
Abschnitt des linken Ureters eine etwaige Abkmickung. welche zu 
einer partiellen oder totalen Verlegung des llarnleiters gefiihrt haben 
konnte. Auf den mikroskopischen Querschnitten war das Ureterlumen 
steruförmig verästelt: eine besonders augenfällige Verdickung der Mu- 
eosa war aber nieht mehr nachweisbar; immerhin ist es aber sehr wohl 
denkbar, daß intra vitam ein Ödematöser Schwellungszustand dieser 
Uretersehleimhaut an der Implantationsstelle zur Obstruetion des Lumens 
und damit zur Harnstauung mit ihren übliehen Folgen geführt hat: der- 
artige ODedeme können Ja post mortem rasch verschwinden und sind þe- 
sonders an Schnitten, die zur Anfertigung mit verschiedenen wasserent- 
zichenden Reagentien behandelt wurden. nachträglich kaum mehr nach- 
zuweisen. Verfasser glaubt sich daher berechtigt, in seinem Falle eine 
Stenosirung durch Wandödem. das bis zum Exitus dauernd bestanden 
haben mußte, annehmen zu dürfen, da sonst jede plausible Ursache für die 
Harnstauune fehlte; die Angaben von Franz über die Ergebnisse seiner 
Experimente an Ilunden würden somit durch Verfassers Befunde ge- 
stützt. Jedenfalls ist diese Dilatation des Iinken Ureters in dem Falle des 
Verfassers erst nach der Operation entstanden; denn bei der Implantation 
fand man den linken Harnleiter noch normal weit. Ob dabei nur ein 


„Oedem der Ureterwand” — verursacht dureh die gewöhnliche Reaction 
der Gewebe in der Umgebung einer Wunde — das Lumen stenosirtte, 


wie das bei sonst glatter Einheilunz der Fall zu sein scheint, oder ob noch 
anderweitige entzündliche Vorgänge, die sich an der Implantationsstelle 
und deren Umgebung in dem oben erwähnten Fall zweifellos abspielten, 
zur Verlegung der Passage beitrugen, das läßt sich nachträglich nieht 
mehr mit der nötigen Sicherheit entscheiden. M. Lubowski. 


A. N. Hagmann: Diagnostische Bedeutung des Ureteren- 
katheterismus der gesonderten Harnauffangung aus 
den Nieren und der functionellen Prüfung derselben. 
(Russki chirurgitscheski Archiv 1905, H. 3.) 


Die gesonderte Harnauffaneunge aus den Nieren und die funetionelle 
Prüfung derselben haben in den letzten Jahren eine sehr grobe Bedeutung 
in der Chirurgie des llarnapparates erlanıet. Während diese Thatsache von 
miemandem mehr anzezweifelt wird, zchen die Ansichten der Autoren 
über den Wert der beiden Hauptmethoden der gesonderten Harnauf- 
fangune aus den Nieren. nämlich des Katheterismus und der Benutzung 
der sogenannten Blasensegregatoren weit auseinander Trotzdem aber 
diese letztere Methode. namentlich in Frankreich. selbst unter den maß- 
rebenden Chirurgien zahlreiche Anhänger zählt. glaubt Verf. doch, daß 


566 — 





die Zukunft ausschließlich dem Ureterenkatheterismus gehört, und zwar 
aus folgenden Gründen: 1. Eine vollständize und genaue Teilung der 
Harnblase in zwei Hälften mittels Scheidewand oder comprimirender Vor- 
richtungen scheint unerreichbar zu sein, so daß die Resultate, welche (diese 
Methode liefert, nieht als durchaus zuverlässig gelten könpeu. Sich aber 
zu einer Operation ohne genaue Kenntnis des Zustandes der anderen Niere 
zu entschließen, ist bei dem gegenwärtigen Stand der Nierenehirurzie 
unstatthaft:: 2. Die Anlegung der Separatoren, welche im Harukanal und 
in der Harnblase cirea eine Stunde liegen bleiben müssen, ist für den 
Kranken zweifellos quälender, als die dünnen und weichen Katheter. die 
in die Ureteren eingeführt werden; 3. das Instrument schließt patho- 
logisehe: Beimisehungen aus der Blase und dem hinteren Teil der Harn- 
röhre nieht aus. so daß sieh eine vorangehende Cystoskopie keineswegs 
erübrigt, und infolzedessen muß sich der Patient im besten Falle statt 
einer zwei Untersuchungen unterziehen: 4. die Methode ist bei erkraukter 
Harnblase absolut unanwendbar, so daB man ab und zu doch zum Ure- 
terenkatbeterismus sehreiten muß. Gerade ans diesem Grunde ist der 
Harnseparator gerade dort unanwendbar, wo seine Anwendung besonders 
erwünscht wäre und wo theoretisch Betiirehtungen einer Infection des 
Ureters oder der Niere gewöhnlich als Contraindication gegen den Ure- 
terenkatheterismus vorgebracht werden: kurz, der Separator hat einen 
einzigen teilweisen Vorzug, der darin besteht, daB seine Anwendung 
keine Vorübunzen erheischt, und es ist nieht ausgeschlossen, daB gerade 
dieser Umstand es gewesen ist, der dem Segregator in relativ kurzer Zeit 
so viele Anhänger verschafft hat. Wenn man aber glaubt. daß die Technik 
des Ureterenkatheterismus eine besonders complieirte ist, so entspricht 
das keineswers den Thatsachen. Verf. behauptet, daB es unverrleich- 
lieh leichter sei, den Ureterenkatheterismus zu erlernen. als die Fixirunz 
der Stimmbhänder unter Leitung des Kehlkopfspiegels. 

Was die persönlichen Erfahrungen des Verfassers betrifft, so hat er 
in den letzten 1'/:—2 Jahren im ganzen 45 Patienten beobachtet. bei 
denen die Cystoskopie bei thatsächlich bestehender oder bei mutmaßlicher 
Nierenerkrankung vorgenommen wurde. Der Ureterenkatheterismmus sollte 
im ganzen bei 35 Patienten vorzenommen werden, Jedoch gelanız derselbe 
nur bei 29, wobei bei 20 beide Ureteren, bei 9 nur ein Ureter katheterisirt 
wurde. Im ganzen konnte 19 mal eine vollständige funetionelle Prüfuns 
der aus beiden Nieren gesondert aufrefangzenen Harnportionen ausgefuhrt 
werden. Bei 6 Patienten gelang der Katheterismus der Ureteren über- 
haupt nieht, wobei ın 3 Fällen die Ursache des MiBerfolges in der sehr 
geringen Entfernung der Oeffnungen der Ureteren von der inneren Orf- 
nungen der Hlarnröhre lag. 2 Patienten willieten in den vorgeschlagenen 
Katheterisinus der Ureteren nicht ein, indem sie sich auf Schmerzhaftiz- 
keit beriefen: bei einem Patienten mußte der Katheterismus wegen Hyper- 
trophie des mittleren Prostatalappens unterbleiben. Aus dem Gesamt- 
material treten besonders drei Gruppen hervor:: 1. Fälle, in denen sich 


— 567 — 


die Nieren als normal erwiesen haben; 2. Fälle, in denen Steine vor- 
handen waren oder vermutet wurden und 3. Fälle von Niereutuberculose. 
Außerdem waren in dem Material Fälle von Wanderniere. Ne- 
yhritis, Hydronephrose, Pyelonephrose und Tumoren vorhanden, die 
aber vereinzelt waren. und somit kein besonderes Interesse dar- 
boten. Zu der ersten Gruppe gehörten sechs Fälle. In drei 
Fällen sollte die Frage der eventuellen Erkrankung der Niere, des 
Nierenbeekens und des Ureters an der einen, der Blase, der Prostata und 
der Harmröhre an der anderen Seite entschieden werden. In allen Fällen 
bestanden Schmerzen in der Nierengegend  sowie Langwierigkeit und 
Hartnäckiekeit der Affeetion. Besonders interessant sind zwei Fälle, von 
denen der zweite deutlich beweist, daß man einen Kranken dureh recht- 
zeitige Vornahme des Ureterenkatheterismus von vielen schweren Priü- 
tungen zu befreien vermag. In zwei Fällen handelte es sieh um Ge- 
sehwiilste in der Regio iliaea. Bei dem einen der Patienten hieß die Ge- 
schwaulst dureh ihre Form und Lage an dislocirte Niere denken, während 
der zweite von einem Collegen direct mit der Diagnose „Nephrolithiasis 
und Pronephrolithiasis” dem Krankenhause überwiesen wurde. Bei 
beiden Patienten schlossen die funetionelle Prüfung der Nieren und der 
Natheterismus der Ureteren jeden Zweifel aus. Schließlich scheint der 
letzte Fall zu denjenigen zu gehören, die in der Litteratur noch nicht be- 
schrieben worden sind. Es handelte sieh hier um eine Geschwulst, die zwar 
in der Nähe der Niere lag. mit dieser aber in keinem Zusammenhang stand 
und doch auf die Funetion der Niere einen EinfluB in dem Sinne einer 
Herabsetzung der Function ausübte. Die Zahl der Patienten mit Nieren- 
steinen betruz acht. Ein Patient willigte in die Untersuchung nicht ein. 
bei zweien gelang dieselbe nicht. weil der Harn nicht aus dem in den 
Ureter eingeführten Katheter abging und eine Wiederholung ans Grün- 
deu privater Natur unterblieb. In fünf Fällen konnte eine vollständige 
Untersuchung der gesondert aufzefanzenen Harnportionen stattfinden. 
Das Vorhandensein von Steinen wurde zweimal dureh Operation, 
zwennal durch Radiographie festgestellt. In den übrigen vier Fällen 
sprachen für die Anwesenheit eines Steines die wihrend der Behandlung 
gemachten Beobachtungen sowie auch die Resultate der Behandlung. 
Zwei Kranke. bei denen die Affeetion rechtsseitiz war, wurden früher 
wegen Appendicitis operirt. Der Harn war in sämtlichen fünf Fällen 
sauer: der EiweiBegehalt gleichfalls im sämtlichen fünf Fällen nicht über 
I pro Mille. Der Harnmiederschlag, namentlich der Eitergehalt, war nicht 
grob. Rote Blutkörperehen waren stets vorhanden. Cylinder waren in 
eerinzer Quantität oder überhaupt nieht vorhanden. 

Was die klinische Untersuchung der zesondert aufeefanzenen Harn- 
portionen betrifft. so ergiebt diese Untersuchung keine besonders auf- 
fallende Differenz zwischen der kranken und der gesunden Niere. Das spe- 
eifische Gewicht der beiden Harnportionen ist ziemlich, bisweilen voll- 
ständiz gleich. Hyperännen sind in den Fällen, in denen der Ureteren- 
katheterismus ausgeführt wird., eine zufillige Erschemune und entbehren 


— 563 — | 


infolgedessen der diagnostischen Bedeutung. Die Niederschläge sind ze- 
wöhnlich gleichfalls wenig charakteristisch, und nur Eiterkörperchen. die 
rewöhnlich in sehr mäßiger Quantität auftreten. sind ein charakteristi- 
sches Zeichen für Kranksein der Niere. Ganz anders liegen die Verhält- 
nisse bej der Phloridzinprobe und bei der Gefrierpunktbestimmung. In 
allen Fällen des Autors war der Zuckergehalt im Harn der gesunden 
Niere zweimal so groß oder noch größer als derjenige im Harn 
der kranken Niere. Der Gefrierpunkt des Harns der gesunden Sette hiezt 
gleichfalls bedeutend niedriger als derjenige des Harns der kranken Seite. 
Eine scheinbare Ausnahme machte nur ein Fall, in dem aber der Harn 
der erkrankten Seite aus der Harnblase zewonnen wurde und somit eine 
eroße Beimischunz von Harn der gesunden Seite enthielt. Es ergiebt sich 
somit. daß die Nephrolithiasis unter sonst gleichen Umständen sieh dureh 
rerinze Differenz der aus beiden Nieren gesondert aufgefangenen Harn- 
portionen bei gewöhnlicher Untersuehung und dureh eme auffällize Diffs- 
renz der funetionellen Thätierkeit der Nieren, sofern über dieselben auf 
(irund der neuesten Untersuchungesmethoden geurteilt werden kanm, cha- 
rakterisirt. 

Auf Nierentubereulose wurden acht Patienten ımtersucht. Bei sieben 
wurden Koch sche Bacillen nachgewiesen und somit die Natur der Er- 
kranknng festgestellt. Bei dem einen Patienten gab erst die Operation 
Aufschluß über diese letztere. Bei zwei Patienten konnte der Ureteren- 
katheterismus nicht ausgeführt werden, und zwar aus dem Grumle, weil 
er bei dem einen dureh den sehr schweren Allgemeinzustand contra- 
indieirt war, während bei dem anderen Patienten die Blase sehr reizbar 
war, was Ihre Füllung mit Flüssiekeit unmörlich machte. Aber schen 
die eystoskopische Untersuchung ergab stark ausgesprochene typi- 
sche tubereulöse Veränderungen in der entsprechenden Blasenhälfte. 
wo sieh auch aus dem  Ureter trüber Harn entleerte. währen! 
aus dem anderen Ureter klarer, reiner Harn abging. Da nun außerdem dir 
Palpation im rechten Iypochondrium eine groBe, deutlich ue futti 
Geschwulst ergab. verzichtete Verfasser auf die functionelle Untersuchung 
und nahm die erforderliche Nephreetomie auch ohne sie vor. Die be- 
treffende Patientin hat die Intervention vorzüglich überstanden. In dem 
einen Falle wurde nur der erkrankte Ureter katheterisirt und im ge- 
wonnenen Harn die Bacillen nachgewiesen. Auch in diesem Falle wurde 
die Nephreetomie mit Erfolge ausgeführt. Bei keinem dieser Patienten 
war die Eiweißuuantität der gesamten Harnmengze unter 1 pro Mille. Me 
Reaction des Harns war überall sauer. Wenn man den Harn der er- 
krankten und gesunden Niere miteinander vergleicht. so fällt vor allem 
auf, daß der Harn der kranken Niere gewöhnlich ein auBerordeuthich 
niedriges sperifisches Gewicht hat: zweitens fällt die ungeheure Eiwetb- 
menge im darn auf: sie war memals unter 3 pre Mille. Die functio- 
nelle Kraft der erkrankten Niere war gleichfalls hochgzradiz herabzesetzt. 


— 569 — 


und dementsprechend fand man im Harn der kranken Seite niemals 
Niederschläge von Salzen. Außer der Auffindung der specifischen Koch - 
schen Bacillen sind somit größerer Kiweißgehalt und scharf ausge- 
sprochene Differenz im speeifischen Gewicht Unterscheidungsinerkmale. 
die den Harn einer tubereulösen Niere von demjeniren einer mit calculôser 
Pyelitis unterscheiden lassen. Im dieser Beziehung ist von besonderen 
Interesse ein Fall, in dem die Krankheit unter dem typischen Bilde vo: 
Nierensteinkrankheit verlief und der Patient auch auf diese Diagnose his 
operirt wurde. Die Operation ergab Tuberculose der Niere. Der Eiweil- 
echalt des Harıs der kranken Niere betrux 5 pro Mille. Sein specitische 
Gewicht 1018 gegen 1030 der anderen Seite. Koch 'sche Bacillen fan | 
man nicht. 

Sämtliche Patienten des Verfassers, namentlich diejenigen, bei denen 
die Harnblase zuvor eocammisirt wurde, haben die Untersuehung gut über- 
standen. Eine Verschlimmerung des Krankheitsprocesses nach dem Ure- 
terenkatheterismus ist kein einziges Mal eingetreten. Manche Patienten 
sind bis zu einem Jahr und noch länger unter Beobachtung geblieben und 
haben niemats irgend welche Folge der Untersuchung wahrnehmen lassen. 
Auf die Frage, welche Niere, ob die kranke oder die gesunde, 
katheterisirt werden soll, glaubt Verfasser antworten zu können, daß 
die gesunde untersucht werden müsse. Hängen doch der Entschluß. ope- 
rativ vorzugehen und die Wahl der Operation in denjenigen Fällen. wo 
die eine Niere erkrankt ist, voll und ganz von dem Zustande der anderen 
Niere ab, während eine genaue Kenntnis dieses Zustandes ohne Kathe- 
terisation nieht zu erlangen ist. Die Katheterisation der gesunden Niere 
ist somit zweifellos im [uteresse einer genaueren Diagnose erwünscht, 
um so mehr, als einschläzizre expermmentelle Untersuchungen ergeben 
haben, daß eine Infeetion der Niere mit Tubereulose sich außerordentlieh 
schwer bewerkstelligen läßt. Viel leichter kamı die Uebertragung irgend 
eines acuten Processes stattfinden. und infolgedessen glaubt Verfasser. 
daB bei aruter Uystitis die Vornahme des Ureterenkatheterismus eine go- 
wisse Vorsicht erheischt. 

Unter den übrigen Fällen befanden sieh zwei Fälle von Wanderniere, 
die kein besonderes Interesse darbieten; zwei Fälle von Hydronephrose. 
in denen es nicht möglich war. von der erkrankten Seite [arn zu þe- 
kommen: zwei Fälle von Pyonephrose, in deren einem der Nachweis ge- 
lang, daß die andere Niere gesund ist: ein Fall von beiderseitiger chroni- 
scher Nephritis, in dem die funetionelle Prüfunz schwache Seeretions- 
fähiekeit der Niere erwzab: schließlich zweı Fälle von Nierentumor, wobei 
in dem einen Falle im Harn Gewebsfetzen zefunden wurden: dieselben 
stammten, wie der Ureterenkatheterismus ereab, von der kranken Niere. 

Sämtliche Fälle, die im Vorstehenden erwähnt sind. liegen in ziemlich 
ausführlicher Beschreibung vor. M. Lubowskt. 


= 510 = 


Dr. Hans v. Haberer, Assistent der I. chir. Klinik der Universität 
in Wien): Experimentelle Untersuchungen über Nieren- 
reduction und Function des restirenden Parenchyms. 
(Wiener klin. Wochenschr, 1906, No. 27.) 


lm Jahre 1960 hat Wolff in Berlin eine Monographie, betitelt: „Die 
Niercuresection und ihre Folgen”, veröffentlicht. Diese Arbeit bildet die 
Basis für die Tierexperimente, die v. H. anstellte. Er ging dabei von 
dem Gedanken aus. daß es den Chirurgen in besonderer Weise inter- 
essiren muß, ob er im gegebenen Falle in gauz kurzen Intervallen aus- 
ojebire Nierenreduetionen vornehmen dürfe und ob ber eventuell über- 
mäßiger Reduetion von Nierenzewebe von einer Implantation frischer 
Niere am Orte der Wahl eine Beeinflussung des Nierenrestes Im günstigen 
Sinne zu erhoffen wäre. 

Es wurde mit Ausnahme von drei Ziegen ausschließlich an Tunden. in 
ganzen an 41 Tieren experimentirt. An diesen wurden 69 Einzeleineriffe 
auseeführt. Dieselben verteilen sieh auf 11 Nephreetomien, 2 einfache 
Rescetionen der einen Niere, 11 Nephrectomien, denen eine einmalee 
Resection der zurüekzelassenen Niere folste. 4 Nephreetomien mit 
noch zweimal folgender Resection der zweiten Niere, 2 Nephreeto- 
sten mit dreimaliger Resection der anderen Niere. In S Fällen wurde 
in einem Acte die Nephreetomie der einen und die Nierenresection der 
zweiten Seite eombinirt. Endlich wurde in 3 Fällen diese combinirte 
Operation ausgeführt und derselben noch eine zweite Resection des 
Nierenrestes nachgeschickt. Bei im ganzen 10 operativen Eingriffen 
wurde der Versuch gemacht, die übermäßige Nierenreduetion dadureh zu 
ecompensiren, daß Stückehen der frisch entnommenen Nierensubstanz anı 
Orte der Wahl (eroßes Netz, Milzhilus bezw. Marenserosa) tnplantirt 
wurden. 

Was die Zeiträume anlanet, innerhalb deren ausgiobigere Nieren- 
reduetionen ausgeführt wurden, so wurde in den 11 Fällen in welchen 
der Nephreetomie noch eine einmalige Reseetion der anderen Niere folete. 
letztere einmal 3 Tare, viermal 65 Taxe, zweimal 7 Tage, einmal 10. 
einmal 12, einmal 14 Taxe. einmal 1: Monate nach der Nephreetomie 
vorgenommen. Die resereirten Stücke betrugen einmal n einmal 7/4, 
dreimal etwas weniger als 7/3, zweimal mehr als '/s, einmal zwischen 7: 
und "Z einmal fast '/2 und einmal '/: der restirenden Niere. 

Aus den Versuchen des Verfassers ergiebt sich. daß wiederholte 
Nierenreductionen in kurzen Intervallen und in größerer Ausdehnung 
von Hunden im allgemeinen nicht zut vertraxwen wurden. Eine Reihe von 
alten kommt zwar durch. daneben aber kommt es bei vielen Fällen 
nit zenau derselben Versuehsanorduung zum Nierentod. ohne daß man 
vor dem letzten operativen Eingriffe ein Kriterium besitzt, ob der Nieren- 
rest genügen wird oder nicht. Die Versuchsanordnung spielt eine große 
Rolle. Die Reduetion giebt bessere Chancen., wenn man mit der Resection 


— 571 — 


auf der einen Seite beginut und erst nach einiger Zeit die zweite Niere 
exstirpirt,. als wenn man zuerst nephreetomirt und dann resecirt. Es ist 
von groBer Bedeutung, ob man bis in's Nierenbecken hinein resecirt, oder 
sich mit weniger tief reichenden Exeisionen von Nierensubstanz bernügt. 
Um sehon während der Beobachtungsdauer des Tieres über die 
Function des jeweiligen Nierenrestes zu positiven Schlüssen zu gelangen, 
bediente Verf. sieh der Phloridzinmethode. Sie gab ihm einen wertvollen 
Gradmesser für die Function des jeweilige vorhandenen Nierenparenchyms 
ab. konnte aber natürlich nicht für die Frage in Betracht kommen, 
ob von dem heute functionirenden Parenchym noch unbeschadet etwas 
weggenommen werden darf. Die Versuchsanordnung mit der Phloridzin- 
probe war folgende: Bei jedem Tiere wurde zunächst der Gesamtharn 
auf Reaction, Eiweiß und Zueker untersucht. Dann wurde die Phloridzin- 
probe ausgeführt (0.01 x Phloridzin subeutan injicirt) und der Zucker 
im Harne mittels der Trommer'schen Probe nachgewiesen. Nun wurde 
zunächst die einseitige Nephreetomie ausgeführt. Nach einiger Zeit 
wurde, selbstverstindlich naeh vorheriger Untersuchung des Harnes, die 
Phloridzinprobe wiederholt und nun die andere Niere resecirt. Zwischen 
je zwei Eingriffen an der Niere wurden also eine oder mehrere Phloridzin- 
proben ausgeführt. Verf. hatte dabei den großen Vorteil, daß er durch 
jeden neuen Eingriff in die Lage versetzt war, das Ergebnis der Phlorid- 
zinprobe mit dem Ergebnisse der histologischen Untersuchung jenes 
Nierenparenehyms zu vergleichen, für das die unmittelbar vorher aus- 
reführte Phloridzinprobe aussagen sollte. Durch Controlversuche wurde 
festgestellt, daß man bei llunden mit normalen Nieren nach subeutaner 
Injection von 0.01 x Phloridzin den Zueker nach 15 Minuten ım Blasen- 
harn sieher nachweisen kann. Kr. 


Privatdocent Dr. Oskar Stoerk: Ueber Protagon als einen der 
wesentlichsten Factoren der pathologischen Weiss- 
färbungen der Niere. (Wiener klin. Wochenschr, 1906, No. 15.) 


Verf. konnte anläßlich von Untersuchungen über die Ursachen der 
pathologischen Weißfärhunzen der Nieren feststellen, daß die als Protagon 
von den Autoren beschriebene Substanz als einer der wesentlichsten 
Factoren zum Zustandekommen dieser pathologischen Färbuug des Nieren- 
rindenparenehyms zu gelten hat, und es ergab sieh Verf. dabei bezüglich 
des ersten Auftretens und des weiteren Verhaltens der doppeltbrechenden 
Substanz das Folgende: Sie findet sieh nur in nephritischen Nieren, und 
zwar neben den gewöhnlichen Formen der hämatogenen Nephritiden ins- 
besondere auch bei jenen auf arteriosklerotiseher und Jenen auf amyloider 
Basis und erseheint zunächst in Form basalständiger, krystallinischer 
Körnehen im Kanälchen-Epithelprotoplasina, eharakterisirt durch ihre 
Fähigkeit, im polarisirten Licht doppelt zu brechen, sowie dureh thre 
tinetoriellen Eierenschaften: Färbbarkeit mit den Fettfarbstoffen und 


— 572 — 


Osnnumschwarzung bei nachtriglcher Alkoholeinwirkung. Im weiteren 
Verlauf des nephritischen Provesses gelangen dann die Kôrnchen aus 
dem Kanälchen- in den Zwischengewebsbereich und liegen daselbst in 
groBe phagoeytare Gruppen eingeschlossen: diese Phagorytenzruppen 
sind auch makroskopisch als mattweiße, ziemlich deutlich abzesetzte 
Fleekchen und Streifehen kenntlich und geben so das Bild der Sprenkel- 
niere, während das vorwiegende Auftreten der Substanz im Epithel- 
protoplasma bei einigermaßen gleichmäRigem Vorhandensein in den 
Tubuli contorti eine diffuse Rindenweißfärbung hervorruft. 

Auf Grund eines ziemlich großen Untersuchungsmaterials bezeichnet 
Verf. das Vorhandensein der Substanz als einen für die nephritischen 
Processe pathognomischen Befund, sobald dieselben ihr Anfaugsstadium 
überschritten haben. Die Substanz fehlt ausnahnıslos bei den gewüln- 
lichen Formen der „fettizen Degeneration” der Niere, wie beispielsweise 
bei Vergiftungen (Phosphor, Sublimat etc), Diabetes, chronischer 
Kachexie u. s. w. 

Die Substanz findet sich unter übereinstimmenden mikroskopischen 
Erscheinungsformen und tinetoriellen Reactionen bei einer Reihe von 
anderen pathologischen Processen resp. patholozisch veränderten Gewebs- 
arten, so beim Gefäßatherom, wobei sie die bekannte fleckweise Weib- 
färbung des Gewebes im pathologisch veränderten Intimabereich ver- 
ursacht, ferner in verschiedenartigen Tumoren: Verf. fand sie im Platten- 
epithel, wie in Crlinderzellkrebsen, in Adenomen, im Xanthoma tube- 
rosum U. s. W. 

In der Nebennierenrinde findet sich doppeltbrechende Substanz schon 
in sehr frühen Fötalstadien. Sie ist ausschließhieh dasjenige, was die 
helle Rindenfärbung verursacht. Das Gleiche gilt auch für die ver- 
.sprengten Nebennierenrindenanteile und für die Nebennierenrinden- 
adenome. hr. 


Dr. Rach: Gehirn und Nieren eines Falles von hochgradiger 
Arteriosklerose und Schrumpfniere bei einem 13,jähr!- 
gen Mädchen. (Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 29.1 


Verf. demonstrirte den Fall in der pädiatrischen Section der Gesell- 
schaft für innere Mediein und Kinderheilkunde in Wien (Nitzung vom 
21. Juni 1906). Das Kind war sehon vor zwei Jahren in der Wiener Uni- 
versitäts-Kinderklinik wegen Cystitis in Behandlung gewesen, wud schon 
damals wurde auf Grund der Kopfschmerzen eine Herzhypertrophie, der 
rigiden Arterien und des Harnbefundes eine Schrumpfniere vermutet. Mit 
Sicherheit konnte diese Diagnose erst bei der Wiederaufnahme auf die 
Klinik zwei Jahre später gestellt werden. Damals bestanden Kopf- 
schmerzen, häufizes Nasenbluten, aueh Blutungen in die Haut, ferner eine 
Hypertrophie des Iinken Ventrikels. Die Arterien waren allenthalben 
hochgradig rigid. Im Harn fanden sich geringen Mengen von Eiweiß. im 
Secliment hyaline, spärlicher wachsartire Cylinder. 


— 48 


Nach kurzem Spitalsaufenthalte wurde eines Tages die Patientin 
plötzlich bewußtlos, es stellten sieh Erbrechen und eine Lähmung der 
rechten Körperhälfte ein. Am folgeaden Tage erfolgte der Exitus, ohne 
daß die Patientin das Bewußtsein wieder erlangt hatte. Bei der Section 
fand sich auf einem Horizontalsechnitt dureh das Gehirn ein frische 
Blutung in die linke Hemisphäre mit Zerstörung der äußeren Kapsel, der 
äußeren Hälfte des Linsenkerns sowie des hinteren Schenkels der inneren 
Kapsel mut Einbruch in das Vorderhorn des Iinken Seitenventrikels. 
Ferner fand sich hochgradige excentrische Hypertrophie des Huken Herz- 
ventrikels. An der Aorta fand sieh iiberall eine Verdickung der Wand 
und am reichlichsten am Abgang der veroßen Gefäße sowie in den Caro- 
tiden plaquesartige velbliche Verdiekungen der Intima. Von den Nieren 
war die rechte hochgradig gesehrmmpft sie wor nur ID g. während die 
linke. die sieh im Zustande chronisch-parenehymatöser Entzündung be- 
fand. 120 g wor. Die Blase zeigte die Merkmale einer follieulären 
Cystitis mit einer Blutung über der Eimmündunesstelle des linken Ureters 

Die Actiologie des Falles ist unklar, weder für Blei. noch für Alkohol 
oder Lues ist in der Ananmese ein Anhaltspunkt. Nr. 


Rochet: Hydronéphroses. (Soc. de chir. de Lyon, 15. II. 1906. — 
Revue de Chirurgie 1906, XXVI, 3, p. 570.) 


Demonstration einer polyerstischen Niere mit erweitertem Becken. 
Es zieht verschiedene Arten von Ilydronephrosen: die kleinen, deren 
Ursache variabel ist, aber meistens in einem urethralen Hindernis ge- 
funden wird; die großen. bei denen die Läsion des Ureters unbedeutend 
ist und die Dehnung der Niere nicht erklärt. Wahrscheinlieh spielen hier 


congenitale MiBbilduiagen eine Rolle. wie bei der polyeystischen Niere: 


das vorliegende Präparat spricht sehr für diesen Zusammenhane. Dei 
diesen Uvdronephrosen besteht die Therapie in der Oeffnungz und weiten 
Draimirumez der Cysten: der Ureter war timer durceheiingig. nie ge- 
knickt: die Harnleitersonmde konnte dureh die Blase nach außen geleitet 
werden. Trotzdem der Katheter monatelang im Ureter lag, verschwand 
die IIydronephrose nicht und bheb die Nierenfistel bestehen. Bei einer 
vor einem Jahre nephretsmirten Patientin rat persistirender Mierenfistel 
scheiterte der Ureterenkatheterisinus und zwang zur Anlage einer Aua- 
stomose zwischen Ureterende nnd tiefster Stelle des Nierenbeekens: hier- 
auf erfolgte Heilung mit Vermehrung der Harnentleerung; später aber ge- 
langte die Uretersonde nieht mehr in's’ Nierenbeeken: nach einem Jahre 
bestand die Fistel noeh in geringem MaBe, es kam aber zu Nieren- 
schmerzen und zur Retention inm Nierenbecken, so daß man eine secun- 
dire, sehr schwierige Nephrectomie machen muBte. An dem Präparate 
zeigte sich. daB die zwischen Ureter und Nierenbecken angeleete Ana- 
stomose verschwunden war: die hlintschen Zeichen hatten also nur ge- 
ringen Wert. nur der Katheterismus des Harnleiters hat nicht zetäuscht. 


le A EE e age E ge Eet Ce A wl AE 


GE EE e gege Aën eg 


Osmiunschwärzung bei nach _ fe Anastomosen geben 
SE ul ys nephritischen ` atiloculären Taschen von vorn- 
dem Kanälchen- in den ` se dio immer viel leichter als die 
große phagoeytire Gr he hält auch die Nephrotomie 
sind auch makrosko' u — fiir indicirt. die Polxcystischen 
Fleckehen und Stre he ae Vincent erinnert an den 
niere, während d SE uephrosen: or hat nie wahre Ihe 
‚protoplası he 7 — 4 Ant nach schon lange bestehenden. ge- 
Pubuli contort * we zu Beschwerden bei dem Harnablauf. zu 
we — one, „ber nieht zu Beckenerweiterungen. Er 
. das pa OF His 

— | ei yphreetomie nach vorheriger Neplirotomie. Die 
überschr E uit ‚ij gefährlicher als die secundäre. Die Nephro- 
NN — V Sen Ge Diagnose Zu vervollkommnen und den Wert jeder 
bei © 2 d "Ae lee? in hilt die Pyeloneostomie für einen sehr 
Kac? es Wé ar eri m will nach sorgsamer Untersuchung die primäre 
7 ie ornehmet diese sei wegen der nieht vorhandenen peri- 
E a — ungen weniger gefährlich als die secundiire Nephrec- 
eg pol solphe erinnert noch daran, dass Ollier gerade für die 
pone ý „phrectomien die subeapsuläte Operation angegeben hat. 

| Ka Mankiewicz 


= smatome souspéritonéal diffus par rupture spon- 
quftie™ y rein droit. (Société de chirurgie de Paris, 11. VII. 1/4. 
un shir, 1906, XXVI, 8, pag. 295.) 


„er Mann kommt in's Krankenhaus mit Sehmerzen in der 
seite T zehn Jahren zwei Gallensteinkoliken ohne leterus, 

peen stürzte er hin und hatte zweimal leichte Hämaturie. 
hei ae Gm „r Aufnahme hatte er plötzlich heftize Schmerzen auf der 


Jl. — 


Am e seite und Erbrechen. Man denkt an Appendicitis, doch ist die 
het © Ge ; : 
recht: — und der freunente schwache Puls verdäehtie. Die schmerz- 
U 


grobe IT i coerumgegend zeigt eine Sehwellung, iber der der Darm 
sieht. Ein Tag Abwarten  versehlimmerte den Zustanll. 
| er ‚Laparetomie zeigte das Bauehfell intaet. In der Fossa ilara 
Die late  subperitoneales Hämoten. dessen Ursprung man erst nach der 

fumuns feststellen konnte. Die Blutung kam aus der rechten 
wen ‚auf der eonvexen Seite eine unregelmäBige, rauhe., leicht zer- 
Niere. | stelle aufwies. Die Niere wurde transperitoneal entfernt. div 
eritoneale Höhle dramiert. Der Kranke starb. Pie Ge- 


S vi fl 
grob le E ae 
pwulst war ein Rundzellensarkom. Hartmann hat ein ähnliche 
See e 
Se Lei einem Nierenkrehs beobachtet. Mankıewiez 


virantwortlicher Redactenr:! Professor Dr. L. Casper in Be rlin. 
pruck von Carl Marsehner, Berlin SW... Alexandrinenstr. 11%, 


Gründung einer deutschen Gesellschaft für Urologie. 


In Stuttgart wurde am 16. IX. 1906: bei Gelegenheit der Tagung 
der Naturforscher-Versammlung eine Deutsche Gesellschaft für Uro- 
logie gegründet und damit ein Wunsch erfüllt, der von den deutschen 
Vrologen seit langen Jahren gehegt wurde. Derartige Gesellschaften 
bestehen bereits in Amerika und in Frankreich — die Association 
française d’urologie ist gerade vor 10 Jahren gegründet worden —; 
auch in Deutschland, dem Vaterlande unseres zu frülı dahingeschiede- 
ren Nitze, dessen Name und bahnbrechende Verdienste eine neue 
Aera für die Urologie geschaffen, ıst gewiß ein Bedürfnis dafür vor- 
handen, die verschiedenen Disciplinen, die an der kraftvollen Entwick- 
lung der deutschen Urologie beteiligt sind, zu gemeinsamer Arbeit zu 
einigen; und so ist die Gründung einer solchen Gesellschaft mit Freu- 
den zu begrüßen. u 

Ueber die Constituirung der Gesellschaft ist zu berichten, daß 
cin vorbereitendes Comite, dem Chirurgen, Aerzte, Urologen aus 
Deutschland, Oesterreich und der Schweiz angehörten, einen Statuten- 
entwurf ausgearbeitet hatte, der in der eonstituirenden Versammlung 
in Stuttgart am 16. IX. unter Vorsitz vonOberländer mit einigen 
Abinderungen zur Annahme gelangte; die Gesellschaft besteht danach 
aus ordentlichen Mitgliedern, Ehrenmitgliedern und correspondirenden 
Mitgliedern, die Leitung ruht in den Händen des Vorstandes, die Ver- 
sammlungen finden gewöhnlich alle zwei Jahre in der Regel in Berlin 
«der Wien statt. Als erster Versammlungsort wurde Wien für das 
Jahr 1907 gewählt. 

Der Vorstand besteht aus: 


Vorsitzende: v. Frisch, Posner, 

Stellvertretende Vorsitzende: Casper, Zuckerkandl. 

Schriftführer: Kapsamer, Wossidlo. 

Kassenführer: Löwenhardt. 

Ausschuß: Brenner, Frank, Kiümmell, Lohnsteiın, 
Maunkiewiez, Nieolich,Oberländer,v. Rydv- 
gier, Stein, Schlagintweit, Völeker, Wild- 
bolz. 


— 578 — 


Als eine weitere, sehr erfreuliche Thatsache, deren Bekanntgabe 
auf der constituirenden Versammlung in Stuttgart mit Beifall begrüßt 
wurde, ist zu melden, daß zwischen den beiden deutschen urologischen 
Zeitschriften, dem Oberländer'schen „Ceutralblatt“ und den 
Casper-Lohnstein’schen „Monatsberichten“ vom 1. 1. 1907 
ab eine Fusion in dem Sinne eintreten wird, daß unter Redaction von 
Casper,v. Frisch, Lohnstein, Oberlander, Posner, 
Zuckerkandl beide Blätter unter dem Titel „Zeitschrift für Uro- 
logie“ im Verlage von Thieme & Coblentz erscheinen werden; 
diese Zeitschrift wird zugleich Veröffentlichungsorgan fiir die Ver- 
handlungen der neubegründeten Gesellschaft für Urologie sein. 

Einigkeit macht stark! Möge die neubegründete Gesellschaft 
ebenso wie das urologische Fachblatt dazu beitragen, die Urologie 
durch gemeinsame Arbeit zu fördern und unserer Specialdiseipliu auch 
in Deutschland diejenige Stellung zu geben, die sie nach ihren bis- 


herigen Leistungen sich verdient hat. Arthur Lewin. 
* * 
* 
Mitteilung. 


Die Unterzeichneten beziehen sich auf den oben wiedergegebenen 
Bericht der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Urologie in 
Stuttgart und sind hoch befriedigt, die in demselben erwähnte Fusion 
der beiden urologischen Journale bestätigen zu können. Vom 1. Januar 
1907 werden dementsprechend das ‚„Centralblatt für die Krankheiten 
der Harn- und Sexualorgane“ und die „Monatsberichte für Urologie“ 
unter dem Titel „Zeitschrift für Urologie“ vereinigt erscheinen. Redi- 
girt wird dieselbe von den Unterzeichneten. Zudem treten in die Re-. 
daetion ein und haben ıhre Mitwirkung zugesagt die Herrenv. Frisch 
(Wien), Posner (Berlin) und Zuckerkandl (Wien) Das 
Nähere über das Erscheinen werden wir uns erlauben unseren Lesern 
noch bekannt zu geben. 

Wir hoffen, das Ziel, das bisher die beiden Journale getrennt er- 
strebten, durch die Vereinigung gestärkt, um so vollkommener zu er- 
reichen. 

Casper, Lohnstein, Oberländer. 


Aus der Abteilung für Erkrankungen der Harnorgane am Rawson’schen 
Hospital in Buenos Aires. 








Cysten der Blasenschleimhaut. 


Von 
Dr. L. Suarez, Vorstand der Klinik. 


Cruvelhier hat als erster das Vorkommen von Cysten in der 
Harnblase nachgewiesen; später hat Vırchow die Blaseneysten in 
seiner Arbeit über Tumoren beschrieben. Neuerdings hat Roki- 
tansky die in Rede stehenden Gebilde unter dem Namen der eysti- 
schen Degeneration der Drüsen der Blasenschleimhaut anerkannt und 
K ebs dieselben als Blasenherpes bezeichnet. Nach den von den er- 
wähnten berühmten Vertretern der pathologischen Anatomie gemachten 
Veröffentlichungen sind in den verschiedenen Ländern vereinzelte Beob- 
achtungen bekannt gegeben worden. Einige dieser Publicationen 
möchte ich kurz resümiren, die übrigen aber nur eitiren:; ich glaube 
aber gleich an dieser Stelle angeben zu müssen, daß allen diesen Beob- 
achtungen, mit Ausnahme derjenigen von Knox, Fälle zu Grunde 
liegen, die zur Section gelangt sind. S 

Hamburger beschreibt einen von Prof. Schoenthaner 
zu Budapest beobachteten Fall, in dem neben zahlreichen Cysten im 
Nierenbecken und im Ureter eine große Anzahl gleichartiger Cysten 
auch um die Blasenöffnung des Ureters herum gefunden worden sind. 

litten hat im Jahre 1880 diese Gebilde zum ersten Mal auf 
entzündlichen Ursprung zurückgeführt, während Ebstein sie als 
einen degenerativen ProceB betrachtete. 

Limbeck hat sieben hierher gehörige Fälle, von denen zwei von 
Uysten des Nierenbeckens und des Ureters begleitet waren, einem ein- 
gehenden Studium unterzogen: in semer betreffenden, interessanten 
Arbeit erklärt er den Ursprung der Uysten erstens durch eireumsecripte 


— 580 — 


Proliferation des Schleimhautepithels im Derma nebst secundärer 
eystitischer Metamorphose und zweitens durch Verwachsung zweier 
Falten der Blasenschleimhaut. 


Lubarsch behauptct, daß die Ursache der Cystenbildung hier 
in eolloider Degeneration der von Brun angegebenen epithelialen 
Herde liegt. 

Marckwald gelangt auf Grund seiner an Blasen von neuge- 
borenen und jungen Individuen angestellten Untersuchungen zu 
Schlüssen, die denjenigen Lubarschs entgegenlaufen, und glaubt, 
daß die in Rede stehenden Cysten entzündlichen Trsprungs sind. 

Stoerk glaubt, daß es sich hier um einen degenerativen Pro- 
ceß handelt. 

Silecock beschreibt einen sehr interessanten Fall. 

Delbanko beschreibt zwei Fille von Cysten der Blasenschleim- 
haut und eitirt im übrigen die Beobachtungen Lubarschs und 
Aschoffs. Er stimmt mit dem ersten dieser Autoren überein, indem 
er die Entstehung der Cysten auf hyaline Degeneration der Brun - 
schen epithelialen Herde zurückführt. 

Kahlden führt die Blaseneysten auf parasitären Ursprung 
zurück. 

Cahem, Rochet und Martel und zuletzt Motz und 
Cariani betrachten in ihrer sehr interessanten Arbeit die Cysten 
der Blasenschleimhaut als nepplastischen ProceB, und zwar die ersteren 
als Cystoadenom, die letztere als einfaches Adenom. 

Bireh-Hirschfeld, Laboulbene, Cornil und Ran- 
vier glauben, die Entwieklung der Cysten auf Rechnung der Drüsen 
der Blasenschleimhaut setzen zu können. 

Guyon giebt diesen Cysten eine andere Deutung; indem er das 
Vorhandensein von Drüsen in der Blase’ bezweifelt, glaubt er, daß die 
C'vsten ihren Ursprung entweder aus schleimiger Metamorphose der 
Zellen oder aus einfacher seröser 'Transsudation nehmen. 

Zuekerkandl betrachtet die Cysten als eine besondere Form 
von Entzündung, welche er als eystische Cystitis bezeichnet. 


Wenn ich nun sämtliche Arbeiten, die sich mit den uns inter- 
essirenden Gegenstand beschäftigen, habe Revue passiren lassen und 
dabei mit besonderem Nachdruck das hervorgehoben habe, was die 
Autoren in Bezug auf den Ursprung der Blasencysten annehmen, so ist 
es einzig und allein zu dem Zwecke geschehen, um die große Ver- 
schiedenheit der Meinungen zu zeigen, welche über diesen Punkt, der 
eines der verworrensten Capitel der urologischen Pathologie ist, 
herrscht. 


— 581 — 


Was ist nun die Ursache dieser Meinungsver- 
schiedenheit? Damit eine Cyste entsteht, müssen vor allem eine 
Uonneetivmembran, dann eine epitheliale Bekleidung und schließlich 
ein gewisser Inhalt vorhanden sein (Cornil und Ranvier). Die 
Driise wire dasjenige histologische Element, durch welches wir uns die 
Cystenbildung leichter erklären könnten, denn in der That würde es 
genügen, daß der Ausführungsgang einer Drüse sich verstopft, um 
siimtliche oben angegebenen Bedingungen in Erscheinung treten zu 
lassen. Das Vorhandensein von Blasendrüsen wird nun aber von man- 
chen Autoren, wie von Rona, Aschoff, Hey etc. negirt, von 
anderen, wie Sappez, Krause, Hoffmann, Henle, 
Luschka, Englisch, Albarran, Clado, Landorf etc. 
zugegeben. Das ist der Grund, aus welchem viele Autoren die Ent- 
stehung der uns interessirenden Gebilde auf die verschiedensten ätio- 
logischen Momente, darunter auch auf dasjenige der parasitären Ein- 
wirkung, zurückführen. 

Wenn man die erwähnten Arbeiten aufmerksam liest, so erblickt 
man, daß manche Beobachter mit dem Titel „Schleimhauteysten“ ganz 
bestimmte pathologische Processe belegt haben; so haben auch 
Guyon,Cladou. A. unter diesem Namen oberflächliche und sub- 
epitheliale Elevationen mit serösem Iıhalt beschrieben; ich bin der 
Meinung, daB diese Elevationen sich ihrem Aussehen nach von den 
wahren Cysten in hohem Grade unterscheiden; ich habe solche sehr 
häufig bei mit chronischer Uystitis behafteten Prostatikern mit dem 
Cystoskop gesehen. Sie sind gewöhnlich um den Blasenhals herum 
localisirt und von unregelmäßiger Form; manchmal sind sie halbkreis- 
förmig, manchınal gestielt, manchmal haben sie das Aussehen einer 
Warze mit vollständig durchsichtigem Inhalt; sie haben keine beson- 
deren Wände und die Blasenschleimhaut weist zweifellose Erscheinun- 
gen von chronischer Entzündung auf, während die wahren Cysten ım 
Gegenteil von regelmäßiger, und zwar stets von hemisphärischer Form, 
von gleichem Umfange sind, an Perlen erinnern, halbdurchsichtigen 
oder trüben Inhalt und verhältnismäßig dichte, besondere Wände haben 
und auch in anderen (iegenden als derjenigen des Blasenhalses vor- 
kommen; auBerdem zeigen die dazwischen liegenden Schleimhautpartien 
normale Beschaffenheit. 


Alle oben erwähnten Autoren haben die uns interessirende Affee- 
tion ausschließlich vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus 
hetrachtet, mit Ausnahme des wenig verständlichen Falles von Knox. 
Es haben zu jener Zeit noch die Grundbedingungen für ein Studium 
der Frage an der Hand des Cystoskops gefehlt bezw. sich keine Ge- 


— 582 — 


legenheiten dargeboten. Zuckerkandl sagte noch vor drei Jahren, 
duB sich in den urologischen Arbeiten nirgends eine klinische Beschrei- 
bung der eystischen Cystitis vorfindet; etwas später giebt er in der- 
selben Arbeit eine mangelhafte allgemeine Beschreibung des Bildes, 
welches er bei der eystoskopischen Untersuchung gesehen haben will, 
ohne die betreffenden Fälle ausführlich zu beschreiben und ohne die 
Krankengeschichten der Patienten zu erwähnen. 

Aus diesem Grunde glaube ich, daß die beiden Fälle, welche zu dia- 
gnosticiren und längere Zeit hindurch zu beobachten ich die günstige 
Gelegenheit hatte, von großem Interesse sind, weil sie bis jetzt die 
einzigen sind, in denen die Diagnose zu Lebzeiten der Kranken mut 
Hilfe des Cystoskops ') gestellt und dann auch der klinische Verlauf 

1.Beobachtung: J. J.S., Spanier, 17 Jahre alt. Angestellter. 
In hereditärer Beziehung besondere Belastung nicht vorhanden. Vor 
fünf Jahren hatte sich der Patient eine Hautkrankheit zugezogen. 
welche 15 Tage andauerte und sich über den ganzen Körper ausgebreitet 
hatte. Vor fünf Monaten zog sich der Patient eine Blennorrhoe zu. 
welche nicht behandelt wurde. Drei Monate nach Beginn dieser Er- 
krankung entleerte der Patient zum ersten Male mit dem Harn Blut; 
während der ersten drei Tage blieb die Hämaturie eine terminale, in- 
dem das Blut am Schlusse des Mietionsactes zum Vorschein kam. wäh- 
rend der letzten drei Tage ging das Blut wührend der ganzen Dauer 
des Mictionsactes ab. Die Häufigkeit der Hämaturie entsprach der- 
jenigen der Ilarnentleerung, die sehr frequent war; tagsiiber muBte der 
Patient alle 10 Minuten, in der Nacht bis sechsmal uriniren. Ein Arzt 
machte dem Patienten Blasenspülungen mit Lösungen von übermangan- 
saurem Kali. worauf die Hämaturie verschwand, die Harnentleerung 
aber nach wie vor frequent und der Harn selbst trübe blieb. 1'/2 Mo- 
nate nach Unterbrechung dieser Ausspülungskur verspürte der Patient 
intermittirende Schmerzen in der Nierengegend beiderseits, wobei 
jedoch die Schmerzen links heftiger waren und nicht anderweitig aus- 
strahlten. Ruhe blieb auf die Schmerzen ohne jeglichen Einfluß: zu 
gleicher Zeit wurde der Harn trübe und der Patient fieberte; nach drei 
Tagen verschwanden die Schmerzen ebenso wie das Fieber. Die Analyse 
des lIlarnes ergab Eiweiß, Eiter und Nierenerlinder. Der Patient litt 


b 


') Die beiden von Casper in seinem „Handbuch der Cystoskopie 
(Seite 126) citirten Fälle sind den meinigen in keiner Weise ähnlich. 
weil es sieh dort um vereinzelte Bläschen handelt, welche den von mir 
oben beschriebenen epithelialen Elevationen entsprechen. Dasselbe gilt 
auch fiir den Fall von Fenwick, der von Casper citirt wird. 
verfolgt werden konnte. 


— 583 — 


damals auch an Polvurie. Vor 15 Tagen hatte sich bei dem Patienten 
eine Epididymitis eingestellt, welche aber rasch abheilte. 

In diesem Zustande wurde der Patient von meinem Freunde Dr. 
R. Cabrera der Abteilung für Harnkranke des Raw son schen 
Hospitals überwiesen. Ich nahm eine eingehende Untersuchung des 
Patienten vor und fand von Seiten der Organe bis auf noch vorhandene 
Spuren von Epididymitis nichts Abnormes. Ich verordnete dem Pa- 
tienten Milchdiät und führte, sobald die Kraukheitserscheinungen nach- 
gelassen hatten, vor allem die Meatotomie und hierauf am 5. December 
des verflossenen Jahres eine cystoskopische Untersuchung aus. Bei 
dieser Untersuchung, die mit einem einfachen Cystoskop ausgeführt 
wurde, entdeckte ich um den Blasenhals herum eine Reihe von Emi- 
neseenzen, von denen manche erbsengroß, andere etwas kleiner waren 
und wenig durchsichtigen Inhalt aufwiesen; sie waren fast kreisförmig, 
hatten an ihrer Oberlläche einen weiblichen Fleek und erinnerten durch 
ihr Aussehen an Perlen. Eine Contraction des Blasenhalses, welche 
gerade wihrend der Untersuchung eingetreten war, brachte die eine 
dieser Eminescenzen zur Ruptur, und zwar gerade in dem Augenblick, 
in dem ich dieselbe speciell beobachtete. Ich sah. wie aus dem Innern 
des geplatzten Gebildes eine trübe, sanguinolente Flüssigkeit herausflloß, 
was also meine Diarnose bestätigte. An einem dieser Gebilde erblickte 
ich ein Gefäß, welches sich an dessen Oberfläche verüstelte. Diese 
Eminescenzen lagen um den Blasenhals herum und verlängerten sich in 
der Richtung der Ureteren; ım oberen und lateralen Teil lagen die 
Eimminescenzen vereinzelt, voneinander durch normale Schleimhaut ge- 
trennt. Manche bildeten kleine. unregelmübige Gruppen; dagegen 
zeigten die in Rede stehenden Gebilde im unteren Teil Neigung zu con- 
fluıren, indem sie in drei oder vier Reihen gruppirt waren und das Aus- 
sehen einer Weintraube hatten, welche nach der Natur von dem Zeich- 
ver der Facultät, Herrn Cianei, aufgenommen wurden. 

Wenn man diese gruppirten Emineseenzen mit dem retrograden 
Cystoskop beobachtet, so bemerkt man, daß sie dieselbe Anordnung 
haben, wie diejenigen, die sich an den übrigen Teilen des Blasenhalses 
befinden; dies ist leicht zu verstehen, weil wir sie mit dem gewöhnlichen 
Cystoskop von oben nach unten sehen, und dieser Umstand ist es, der 
die Vorstellung erweckt, daß sie gruppirt sind, während sie bei der 
Beobachtung mit dem retrograden Uystoskop von vorn gesehen werden 
und infolgedessen vereinzelt erscheinen. 

Unter dem Einflusse der von mir gegen die bestehende Pyelo- 
nephritis eingeleiteten Behandlung trat rasch Genesung ein: Die 
Nierenschmerzen verschwanden, der Harn wurde durchsichtig, verlor 
seinen Eiweißgehalt und die Jlarnentleerung zeigte nunmehr keine ab- 


— 584 — 


norme Frequenz. Von nun an bekam der Patient zwei Monate lang 
täglich Instillationen von Argentum nitricum, zunächst in 1 proc., dann 
in 2 proc. Lösung. Die sehr oft wiederholte, zum letzten Mal im April 
vorgenommene cystoskopische Untersuchung ergab, daß die Cysten sich 
ın keiner Weise verändert haben, sondern vielmehr absolut dasselbe 
Aussehen, dieselbe Zahl und Form wie bei der ersten Untersuchung 
aufweisen: der Harn des Patienten war absolut klar und enthielt auch 
keine Spur von pathologischen Bestandteilen; auch von Seiten der 
Harnentleerung bestand keine abnorme Frequenz, auch wurde jene von 
einem Gefühl von Brennen nieht begleitet. Kurz, der Patient hielt sich: 
mit Recht fiir vollständig geheilt. 


2. Beobachtung: Den zweiten Fall, von dem hier die Rede 
ist, habe ich schon in der Zeitschrift „Annales des malad. des organs 
genito-urinaires“ unter dem Titel ‚„Polyeystitische Degeneration der 
Blasenschleimhant‘ veröffentlicht, und ich glaube infolgedessen. mich 
jetzt mit einer kurzen Inhaltsangabe begnügen zu können. Bevor ich 
aber mit der Erörterung dieses Falles beginne, möchte ich eine kleine 
Bemerkung in Bezug auf den Titel machen. Wenn ich der in Rede 
stehenden Affection den Namen „polycystitische Degeneration“ bei- 
gelegt hatte, so geschah es nicht, um dieselbe mit dem betreffenden 
pathologischen Proceß zu identifieiren, sondern einzig und allein aus 
dem Grunde, weil der Eindruck, den ich bei der cystoskopischen Unter- 
suchung gewonnen hatte, an die polyeystitische Degeneration der übri- 
gen Organe erinnerte; als Beweis dafür. daß es sich ın jenem Falle 
keineswegs um polyeystitische Degeneration im wirklichen Sinne des 
Wortes gehandelt hatte, kann der Umstand gelten, daB die betreffende 
Patientin genas, während man sehr wohl weiß, daß sämtliche Fälle 
von wirklicher cystischer Degeneration einen stets fortschreitenden 
Verlauf nehmen. | 

N. N., 45 Jahre alt, verheiratet. Hereditäre Verhältnisse gut. 
Vor sechs Monaten entleerte die Patientin zum ersten Male Blut im 
Ilarn; letzterer wechselte die Farbe mehrere Male täglich. Bewegung 
und Ruhe hatten auf die Hämaturie, welche intermittirender Natur 
war, keinen Eintluß. Der Harn war trübe, und diese Beschaffenheit 
des Harnes war es, was die Aufmerksamkeit der Patientin erregt hatte; 
die Harnentleerung war enorm frequent (in der Nacht mußte die Pa- 
tientin 4—6 mal aufstehen, um zu uriniren) und ging mit einem Ge- 
fühl von Brennen einher, welches sich sowohl zu Beginn, wie auch aim 
Schlusse des Actes bemerkbar machte. Außerdem klagte die Patientin 
über Lendensehmerzen, welche beiderseits gleich intensiv waren. Der 
Zustand der Patientin blieb bis September 1899, zu welcher Zeit ich 


— 585 — 


sie zum ersten Male bei Gelegenheit einer Consultation mit Dr. Texo 
sah, unverändert, indem sich Remissionen und Exacerbationen abwech- 
selten. 

Die Patientin ist eine kräftige Person, die sich eines vorzüglichen 
Allgemeinzustandes erfreut und von lebhaftem Temperament ist. In 
meinen Vorschlag, eine cvstoskopische Untersuchung vornehmen zu 
lassen, willigte die Patientin ein, wobei mir beim Suchen nach den 
Ursprung der Hämaturie die gute Capacität der Blase und die, wenn 
auch geringe, Durchsichtigkeit des Harns zu statten kamen. Einmal 
wurde, als ich die cystoskopische Untersuchung ausfiihrte, meine Auf- 
merksamkeit auf ctwas gelenkt, was ich noch niemals zuvor gesehen 
hatte: es war dies eine große Anzahl von kleinen, erbsengroßen, halb- 
kreisförmigen Eminescenzen mit glatter Oberfläche; sie zeigten sämt- 
lich gleichen Umfang, enthielten eine halbdurchsichtige Flüssigkeit, 
hatten an ihrer Oberfläche einen weißen Fleck (dieser Fleck war wie 
im vorstehenden Falle nichts anderes als der Reflex des Glühlämpehens 
des Cystoskops), erinnerten durch ihr Aussehen an Perlen und waren 
an der inneren Blasenwand und am Blasenhalse localisirt; sie waren 
sehr zahlreich, machten den Eindruck einer Weintraube und saßen so 
“dicht nebeneinander, daß es unmöglich war, die Schleimhaut zwischen 
«den einzelnen Gebilden zu sehen. Von hier aus setzten sie sieh in 
Form eines breiten Bandes fort, das sich über die ganze rechte Seiten-. 
wand ausdehnte und im Hintergrunde abschloß, wobei die Gebilde, je 
mehr sie sich vom Blasenhalse entfernten, mehr vereinzelt auftraten. 
Die zwisehen den Gebilden interponirte Schleimhaut war vollständig 
normal, hatten ihre charakteristische Färbung und ihr charakteristi- 
sches Aussehen. Die Ureteren und die übrigen Teile der Schleimhaut 
boten nichts Abnormes. An einem schön gelungenen Bilde konnte 
alles vollständig zusammengefaßt werden, wovon die Rede ıst. Die 
Untersuchung des Harnes ergab das Vorhandensein von roten Blut- 
körperchen, einigen weißen Blutkörperchen sowie einer großen Quan- 
tität degenerirter Zellen, die von verschiedenen Schichten herrührten. 


Nun fragte es sich, welcher Natur diese Affection 
war. Zunächst konnte ich mich nicht entschließen, eine genaue Dia- 
gnose zu stellen; immerhin glaubte ich, daB die uns interessirende 
Affection eine benigne sein mußte, wobei ich mich auf die Thatsache 
stützte, daß der Inhalt der geschilderten Gebilde flüssig, und daß 
zwischen den einzelnen Gebilden interponirte Schleimhaut normal 
war und keine Infiltration aufwies; außerdem hatte die Krankheit auf 
Jen Allgemeinzustand der Patientin, trotz ihrer sechs Jahre betragen- 
den Dauer, keinen besonders störenden Eintluß gehabt. Ich stimmte 


— 586 — 


dem von Dr. Texo gemachten Vorschlag, der Patientin alle zwei 
Tage eine Blasenspülung mit einer 1 prom. Lösung von Argentum 
nitrieum zu machen, bei, und unter dem Einflusse dieser Behandlung 
stellte sich bald bedeutende Besserung ein. Nach Verlauf von ungefähr 
1'/2 Monaten machte ich im Beisein der DDr. Texo und Castano 
wiederum. eine cystoskopische Untersuchung; wir waren alle -sehr er- 
staunt constatiren zu können, daß die unzähligen Eminescenzen, welche 
sich auf der vorderen und lateralen Wand befunden hatten, verschwun- 
den, und daß nur noch einige im Hintergrunde geblieben waren. Dort. 
wo früher die Eminescenzen zu sehen waren, zeigte jetzt die Schleim- 
haut normale Beschaffenheit, und zwar dermaßen, daß auch nicht eine 
Spur von Eminescenzen vorhanden war. Zu gleicher Zeit constatirten 
wır bei der Patientin bedeutende Besserung sämtlicher Krankheits- 
erscheinungen. Ich beschloB, von nun an Instillationen von Argentum 
nitricum zu machen, um auch den Rest zum Schwinden zu bringen. 
Drei Monate nach der ersten Untersuchung war die Patientin soweit 
hergestellt, daß sie es nicht mehr nötig hatte, des Nachts zu uriniren, 
und beim Harnlassen kein Brennen mehr empfand. Die Lenden- 
schmerzen waren verschwunden, und der Harn war bedeutend heller. 

Das war ım Jahre 1899. Vor einigen Wochen erhielt ich durch 
Vermittelung der DDr. Benedit und Molinari Nachricht von 
der Patientin, und es ist mir cine angenehme Pflicht, diesen Herren 
an dieser Stelle für ihre Freundlichkeit zu danken. Es waren nun 
ungefähr 1!/z Jahre. daß sich die Patientin hinsichtlich des Zustandes 
ihrer Harnblase wohl befand und sich als geheilt betrachtete. Augen- 
blicklich halt dieser Zustand unverändert an. Dr. Molinari, der 
die Patientin ungeführ zu derselben Zeit gynäkologisch untersucht 
hatte, coustatirte chronische Metritis mit einigen Cysten um den Ge- 
bärmutterhals. 


Aus diesen beiden interessanten Beobachtungen können wir einige 
Schlußfolgerungen ziehen, die sich teils auf jeden einzelnen Fall be- 
ziehen, teils beiden Fällen gemeinsam sind. Bei dem ersten Kranken 
beginnt die Krankheit mit einer blennorrhoischen C'ystitis, zu der sich 
später eine Prelonephritis gleichen Ursprungs hinzugesellt ; durch diese 
letztere bin ich auf die Krankheit gekommen, die uns augenblicklich 
beschäftigt. Folgende Frage drängt sich hier einem auf: War die 
Cystitisoderdie Pyvelonephritis die Ursache die- 
ser Erkrankung?! Da der Patient, bevor er an dieser blennor- 
rhoischen Complieation erkrankte, keine Symptome darbot, welche auf 
eine Erkrankung der Blase hingewiesen hätten, und da andererseits die 
Lei dem Patienten vorhanden gewesene eystische Affeetion sieh durch 


— 587 — 


keine Symptome kundgegeben hat, so kann man jedenfalls diese Frage 
voll und ganz in Zweifel ziehen; es ist aber sehr möglich, daß die Ent- 
zündung der Schleimhaut oder vielmehr die flüssigen, irritativen Stoff- 
wechselproducte gewisser Mikroorganismen zu der Entstehung dieser 
Erkrankung beigetragen haben. 


Wir finden sonst in diesem Falle kein einziges Symptom, welches 
die Aufmerksamkeit speciell zu erregen vermocht hätte; im Gegenteil 
fühlt sich der Patient augenblicklich, trotzdenı die eystische Affection 
sich in demselben Zustande befindet wie am ersten Tage, an dem ich 
den Patienten gesehen hatte, auch nicht durch die geringsten Be- 
schwerden belästigt. 

Von dem zweiten Fall, in dem es sich um eine ühnliche llämaturie 
specieller Natur gehandelt hatte, kann man jedoch dasselbe nicht sagen. 
Die Hämaturie hat hier sechs Jahre gedauert, ohne daß dieselbe dureh 
Bewegung in irgend einer Weise heeinflußt wurde; sie trat am Tage 
sowohl wie auch des Nachts auf, war manchmal von intermittirender 
Natur und erreichte niemals einen besonders hohen Intensitätsgrad; 
in Anbetracht des Umstandes, daß die Patientin trotz der so langen 
Dauer der Krankheit durch dieselbe nicht geschwächt wurde, glaube 
ich, daB das in Rede stehende Symptom jedenfalls einen eigenartigen 
Verlauf darbietet. 


Als eine aus beiden vorstehenden Beobachtungen gezogene Schlub- 
folgerung möchte ich nun den langsamen und gutartigen 
Verlauf der Cysten hervorheben, weil die betreffenden Patien- 
ten in beiden Fällen bei einem vorzüglichen Allgemeinbefinden ge- 
blieben sind; diese Thatsache gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn 
man in Betracht zieht, daß der erste Fall fünf Monate lang in Be- 
handlung blieb, ohne daß sich der Krankheitsproceß irgendwie ge- 
ändert hätte, während in dem zweiten Falle die Patientin nach einem 


5'/a jährigen Bestehen der Krankheit sich vollständig geheilt fühlte. 

Man erkennt nun leicht die große Bedeutung dieser klinischen 
Schlußfolgerung, welche uns die pathologische Anatomie noch nicht 
zu geben vermocht hat, und welche in die dunkle Frage der Ertstehung 
der C'ysten etwas Licht bringt. Ich kann mich damit nicht einver- 
standen erklären, wenn man die Cysten als neoplastische Producte be- 
trachtet, weil diese einen fortschreitenden Verlauf nehmen. Ich kann 
die Cysten auch nicht als einen entzündlichen Krankheitsproceß gelten 
lassen, weil in meinen beiden Fällen die Schleimhaut normale Be- 
schaffenheit hatte, und weil in keinem der beiden Fille im Harn Eiter 
nachgewiesen werden konnte. 


— 588 — 


Ich kann mich auch der Ansicht Orths nicht anschließen, trotz 
„ler so hervorragenden C'ompetenz dieses Forschers auf dem Gebiete der 
pathologischen Anatomie. Orth behauptet nämlich, daß die Glan- 
dulae prostatiecae aberrantiae die Ursache von ('ystenbildung abgeben 
können; auf diese Weise würden wir aber die Aetiologie des Krank- 
heitsprocesses in meinem zweiten Falle, in dem es sieh um eine Frau 
handelte, nicht erklären können. 

Jedenfalls glaube ich. auf Grund eingehenden Studiums meiner 
beiden Fälle folgende zwei allgemeinen Schlüsse aufstellen zu können: 

1. Cysten der Blasenschleimhaut stellen eine Erkrankung von 
langsamem und gutartigem Verlauf dar; 

2. man kann diese Cysten weder als entzündliche, noch als neo- 
plastische Processe betrachten. 


Litteratur. 


1. Rokitansky : Lehrbuch der speciellen path. Anatomie, Bd. IT]. 

2 Klebs: Handbuch der path. Anatomie, S. 698. 

3. Knox: Med. Times and Gaz. 1862, Vol. II, pag. 104. 

4 Hamburger: Zur Histologie des Nierenbeckens und Harn- 
leiters. Archiv für mikr. Anatomie, Band 49. 
. Litten: Virchows Archiv, Band 66. 

6. Ebstein: Deutsches Archiv f. klin. Med., Band 31. 

T. Limbeck: Zeitschr. f. Heilkunde 1887, S. 55. 

8. Lubarsch: Archiv f. mikr. Anatomie 1893, Band 44. 

9. Marekwald: Münch. med. Wochenschrift 1898, Band 33. 

10. Stoerk: Zieglers Beiträge zur path. Anatomie 1889, Bd. 20. 

11. Silcock: Transactions of the Path. Soc., S. 175. 

12. Delbanco: Monatshefte f. prakt. Dermatologie, Bd. 25, No. 1. 

13. Kahlden: Beiträge zur path. Anatomie, Band 16. 

LL Cahem: Virchows Archiv, Band 113. 

15. Rochet et Martel: Gaz. hebd. de med. et chir. 1898. 

16. Motz et Cariani: Annales des maladies des organs genito- 
urinaires 1904, No. 17. e 

17. Bireh-Hirschfeld: Handbuch der pathol. Anatomie, Bd. 2, 
Seite 735. 

18. Laboulbene: Nouveaux éléments d'anat. pathol., S. 799. 

19. Cornil et Ranvier: Histologie pathologique 1884, Vol. 2, 
Seite 652. 

20). Guyon: Affections chirurgicales de la vessie et de la prostate 
188, S. 891. 

21. Zuekerkandl: Monatsberichte für Urologie 1902, S. 519. 

22, Rona: Monatsberichte fiir Urologie 1901, S. 333. 

23. Aschoff: Virchows Archiv, Bd. 138. 


or 


— 589 — 


24. Krause: Allgemeine Anatomie 1876. S. 249. 

25. Hoffmann: Lehrbuch der Anatomie des Menschen 1887, S. 624. 

26. Henle: Anatomie des Menschen 1874, S. 339. 

27. Luschka: Anatomie 1863, S. 236. 

28. Englisch: Real-Eneyelopädie 1885. 

29. Albarran: Les tumeurs de la vessie. 

30. Clado: Tumeurs de la vessie. 

31. Lendorf: Zur Histologie der Harnblasenschleimhaut, Anatom. 
Hefte 1901. 

32.0. Zuckerkandl: Ueber die sogenannte Cystitis cystica. 
Mcnatsberichte für Urologie 1902. 

33. Orth: Lehrbuch der speciellen pathologischeu Anatomie 1889, 
Band 2, S. 208. | 


Ein Fall von Zertrümmerung eines Fremdkörpers 
in der Blase. 
(Vorgestellt in der Sitzung des Chirurgenvereins in Warschau 
am 10. October 1905.) 


Von 
Dr. $. Grosglik. 


Der Fall betrifft einen 45 jährigen, aus der Provinz zugereisten, 
vor 20 Jahren mit Gonorrhoe inficirten Mann. Vor drei Jahren traten 
Erscheinungen einer Harnröhrenstrictur auf, welche mittels systemati- 
scher Dilatation behandelt wurten, 

Patient hatte sich zwei Serien von Dilatation unterworfen. In 
Laufe der ersten trat am Perineum eine schmerzhafte Schwellung auf, 
ohne daß es zur Eiterung gekommen wäre. Während der zweiten Serie 
wurde die Dilatation angeblich bis auf No. 19 gebracht; dann wurde 
Patient beauftragt, sich von Zeit zu Zeit eine Sonde behufs Verhütung 
einer neuerlichen Strietur einzuführen. Zu Hause kaufte Patient ın 
einer Apotheke einen N&elaton "schen Katheter, wie aus den ge- 
lieferten T’eberresten ersichtlich No. 14; indessen blieb beim ersten 
Versuche — am 13. Januar d. J. — das Ende des Katheters in der 
Blase zurück. Laut Angaben des Patienten betrug die Länge des 
zurückgebliebenen Stückes etwa 2 em. Schmerzen veranlaßten den 
Kranken sehr bald Warschau aufzusuchen; indessen ergab die im 
Krankenhaus im Februar und März ausgeführte Untersuchung kein 
positives Resultat im Sinne eines Fremdkörpers. Zugleich steigerten 
sich die Schmerzen beim llarnlassen beträchtlich, der Harndrang 
wurde immer stärker, der . rin trübte sich bedeutend. In der letzten 
Zeit wurden die Schmerzen unerträglich, der Urin wurde jede halbe 
Stunde gelassen. Derselbe ist von alkalischer Reaction, enthält reichlieh 
schmierigen Eiter, Blut und etwa 0,5 pro Mille Eiweiß. 

Mich consultirte Patient am 13. April. Zunächst konnte ıch mich 
mittels einer Bougie à boule überzeugen, daß die Strictur die No. 15 


— 591 — 
E EE 
durchläßt. Eine in die Blase eingeführte Metallsonde stieß auf einen 
harten Fremdkörper. Am 15. April führte ich die innere Trethrotomie 
aus und ließ drei Tage lang einen Verweilkatheter liegen, um die Harn- 
röhre für die dieken Instrumente vorzubereiten, welche zur Zertrümme- 
rung des Fremdkörpers und genauer Ausspülung der Fragmente ær- 
ferderlich waren. 

Am 18. April wurde in Narkose die Blase sorgfültig ausgespült, 
dann ohne Mühe der Lithotryptor No. 1 eingeführt, der Fremdkörper 
erfaßt und zertrümmert. Während der Zertrümmerung konnte man 
deutlich wahrnehmen, wie die Zühne des Liithotryptors in eine elasti- 
sche Masse eindringen. Selbstverständlich habe ich jedes Mal nach 
Erfassung des Fremdkörpers besonders Acht gegeben, ob sich das In- 
strument in der Blase frei bewegt. Nachdem der Fremdkörper zer- 
trümmert und die T’eberzeugung gewonnen wurde, daB die Blase frei 
von größeren Fragmenten ist, wurden die Reste teils mittels Spritze, 
teils mit dem Aspirator entfernt und ein Dauerkatheter eingeführt. 

Postoperativer Verlauf glatt. Am folgenden Tage wurde die Blase 
ausgespült und der Katheter entfernt. Patient urinirt alle drei bis 
vier Stunden, der Urin klärt sich. Am 20. Aprıl wird während, des 
llarnlassens spontan ein mit Auflagerungen bedecktes Stück des Ka- 
theters eliminirt. Nach einigen Tagen wurde die Blase mit einem 
Metallkatheter untersucht, jedoch leer befunden, was am 12. Mai durch 
die Cystoskopie bestätigt wurde. Der Urin klärte sieh vollständig, 
Urinlassen erfolgt anstandslos. 

Die Thatsache, daB ein so dickes Instrument wie das Cystoskop 
No. 21 in die Blase eingeführt werden konnte. ist auch für genügende 
Wegsamkeit der Harnröhre beweisend. 

Das Gewicht des zertrümmerten Katheterstückes beträgt samt den 
Auflagerungen in troekenem Zustande 1,95 ge. Da 2 em des vom Pat. 
gebrauchten Katheters 0,3 g wiegen, so entsprechen 1,65 g dem Ge- 
wichte der Auflagerungen. Imdessen scheinen die Angaben des Kran- 
ken bezüglich der Größe des abgerissenen Katheterteiles (etwa 2 cm) 
nicht exact zu sein, da unter den entfernten Fragmenten, wie die 
Herren sehen können, Gummistückehen vorwiegen, welche zusammen- 
gelegt ein viel längeres Stück bilden dürften. In diesem Fall würde 
das Gewicht der Incrustationen etwa 1 g betragen. was ungefähr der 
Menge der entfernten Auflagerungen entspricht. Letztere bestehen 
aus Phosphorsalzen. 

Die Veröffentlichung dieses Falles bezweckt keineswegs eine Be- 
reicherung der großen und zum Teil banalen Casuistik der Fremdkörper 
der Blase. Ich wollte nur auf den vollständigen Erfolg des von mir 


— 592 — 


engewendeten Eingriffes aufmerksam machen. Von den gegenwärtig 
eoneurrienden Methoden der Entfernung von Steinen und Fremd- 
körpern aus der Blase — nämlich der Cystotomie und Lithotrypsie 
gebe ich stets der L.ithotrypsie wegen ihrer Einfachheit und Sicherheit 
den Vorzug. Die Ilarnröhrenstrietur konnte ich als Gregenindication 
zur Operation nicht betrachten; dieses Leiden wurde durch ent- 
sprechende Behandlung sehr rasch beseitigt und gab zu keinen Störun- 
gen bei der Ausführung des Haupteingriffes Anlaß. Letzterer hat vor 
der Cystotomie den Vorzug eines sehr kurzen postoperativen Verlaufes 





und ist von den den Blasenschnitt so oft complieirenden Erscheinungen 
frei. 

Besonders in meinem Falle mit stark entziindeter Blasenschleim- 
haut und alkalischem Urin war lange Wundheilung nach Cystotomie 
zu befürchten. Dieser Umstand hätte zweifellos ein Offenlassen der 
Blasenwunde erfordert, und bekanntlich ist vollkommener Verschluß 
einer drainirten Blase zuweilen sehr schwierig. Daher hielt ich für das 
ZweckmiBigste auch in diesem Falle den Eingriff anzuwenden, dessen 
ungewöhnlichen Wert ich bei Entfernung von Blasensteinen über 
haupt schätzen gelernt habe. 


10. Congress der l’Association frangaise d’Urologie. 
October 1906. 


: Von 
Dr. 0. Mankiewicz (Berlin). 


Duval (Paris) und Grégoire (Paris) berichten tiber die Pa - 
thoveneseund die Behandlung der Hydronephrosen. 

Vater Hydro- oder Uronephrosen versteht man Nierentumoren, welche 
durch chronisch fortschreitende aseptische Retention des Harnes unter 
gleichzeitiger Ausdehnung des Nierenberkens und der Niere entstehen, 
und zwar infolge eines Hindernisses bei der Entleerung des Urins. Solche 
Jlindernisse bilden: angeborene Mißbildungen der oberen Harnwege, ein- 
oder beiderseitige Compression der Harnleiter, traumatisehe, entzündliche 
oder durch Tumoren bedingte Veränderungen Jder harnableitenden Wege. 
Steine allein machen keine Urenephrose: zur Entstehung derselben muB 
sich noch eine erworbene Verengerung oder eine angeborene MiBbildung 
des Harnleiters gesellen; ebenso entstehen dieselben dureh anormale Ge- 
fiBe nur bei gleichzeitiger ceongenitaler Mißbildung. Uronephrosen 
dureh Wandernieren sind Uronephrosen in Wandernieren, also eon- 
genitalen Ursprungs. Die intermittirende Uronephrose bietet zwei Typen: 
1. Uronephrose mit langsamer Füllung und brüsker Entleerung. 2. Acute 
Retention in normal sehr abnorm beweglicher, nicht dilatirter Niere oder 
in einem schon früher bestandenen Nierensark, der nach der Krise weiter- 
besteht. Bei Uronephrosen infolge falscher Einmündung des oberen 
Ureterendes ist die falsche Lage des Harnleiters Wirkung, nicht Ursache 
der Entwieklung des Nierensackes, sie spielt aber eine wichtige Rolle bei 
der fortschreitenden Vergrößerung der Retention. Diese Aufzählung zeigt 
die Wichtigkeit der angeborenen Mißbildungen für die Aetiologie der 
Hydronephrose. Durch Englisch ist das Vorhandensein von Klappen 
in der natürlichen Entwicklung des Harnleiters sichergestellt. Reste 
dieser Klappen sind die Ursache der normalen engen Stellen des Ureters: 
bleiben solche Klappen bestehen, so bilden sie ein dauerndes Hindernis 
für den Harnabfluß: tritt zu diesem leichten Hindernis noch irgend eine, 


- 994 — 


den HarnabtluB schädigende Läsion, so kommt es zur Ausdehnung der 
Niere. 

Die Wirkung dieser Verlegung des Harnleiters ist nicht immer die 
gleiche. Wird das Lumen brüsk und ganz verlegt, so entsteht eine acute 
Retention ohne Distension, mit Erhöhung der Spannung in der Niere. mit 
Dehnung des Ureters und des Nierenbeckens, mit starker Congestion der 
Niere — dann Aufhören der Nierenfunetion und Resorption der Harn- 
elemente in dem Sacke — sehließlieh Atrophie des Drüsenparenchy ms 
und der Museulatur der Ausführungsgänge. Acute vorübergehende Re- 
tentionen führen bei häufiger Wiederholung NachlaB der Musculatur des 
Beckens und der Kelche herbei; die Wand wird gedehnt und die Disten- 
sion ist hergestellt. Bleibt das Hindernis bei Durchgängiekeit des Ure- 
ters bestehen, so kommt der Inhalt unter ungenügender Entleerung, aber 
ohne Resorption der Flüssigkeit in der Tasche unter höheren Druck: dann 
wächst die Tasche langsam, es kommt zur Congestion der Niere, die zur 
Sklerose führt; geht die Sklerose auf den Harnleiter über, so kann sie 
ihn vollkommen verstopfen,. wodurch eine geschlossene Uronephrose zu 
Stande kommt. Die Entleerung bei nicht verschlossenem Ureter kann 
erfolgen: t. Die Tasche ist immer gefüllt, der Harnleiter läßt alles was an 
seine Oeffnung kommt wie ein U-rohr abfließen: 2. in Intervallen und 
plötzlich kommt es zur Leerunz der Tasche: Uronephrose mit langsamer 
Füllung und brüsker Entleerung; 3. die Entleerung stockt plötzlich unter 
einer Unterbrechung und Vergrößerung infolge von Congestion, die sich 
dann wieder löst: Intermittirende Hydronephrose. Diese Congestionen 
konnen Excesse in Baccho aut Venere, Harnretention, lange Reisen, Er- 
regungen, Erkältungen u. s. w. zur Ursache haben, der Mechanismus der 
Intermittenz der Harnentleerung ist immer eine Mobilisation der Niere 
oder des Nierensackes, mit eonseeutiver Abkniekung des Ureters oder 
Bildung einer Klappe über der Uretereinmiindung, oder Drehung oder 
Krampf oder Congestion der Harnleiterwand. Tie Krise 1ößt sich dureh 
Rückkehr der Nieren an ihren Platz infolge Zurückdrücken durch den 
vergrößerten Tumor, dureh Ueberwindung des Hindernisses durch den 
hohen Druck in der Tasche oder durch briiske Decongestion des Ureters. 


Bei der Behandlung der Uronephrose ist Nephrotomie, Nierenpune- 
tion und Uretherenkatheterismus zu verwerfen; nur die Nephrectomie, 
extraperitoneal mit Bardenheuer schem Schnitt ist bei vélligem Ver- 
schwinden des Nierenparenchyms und bei der absoluten Unmöglichkeit 
eines conservativen Verfahrens erlaubt. Geboten sind die conservativen 
Methoden: 1. Beseitigung des Sporns im Nierenbecken, 2. Pyeloplastik. 
Ureteroplastik, Pyeloplicatur, orthopidische Resection des Nierenbeckens. 
3. Ureterolysorthose. d. i. Losung des Harnleiters- aus seinen Verwach- 
sungen und Streckung desselben. 4. Anastomosen: zwischen Haruleiter 
und Nierenbecken, zwischen Nierenbecken und Blase. 5. Durchtrennung 
der unnützen anormalen Gefäße. 6. Nephropexie als Supplement der 
anderen Operationen. Die Operation der Wahl richtet sich nach dem 
Fall. 


— 595 — 


Lexgueu (Paris) hat in 5 von 26 Fällen mit gutem Erfolge die con- 
servativen Methoden zur Anwendung gebracht. 


Bazy (Paris) erinnert an die Hydronephrosen infolge 
von Genitalprolaps bei Frauen; auch Verwachsungen 
imkleinenBeckennachPerimetritisundPerisalpin- 
x itis spielen hier eine Rolle, besonders bei den intermittirenden For- 
men. Die intermittirende Hydronephrose ist keine erworbene, sondern 
eine congenitale Form. Bei nicht infieirten Fällen geht B. bei den 
plastischen Operationen transperitoneal vor. 

Catelin (Paris) hat in drei Fällen congenitaler Hydro- 
nephrose die Nephrecetomie ausgeführt, in einem vierten Falle 
infolge Stein mußte er der durch besondere Umstände erforderten Nephro- 
stomie die secundäre Nephreetomie bald folgen lassen. 

Desnos (Paris) hat einen 45 jährigen Mann, dessen Steinbeschwer- 
den von Kindheit auf bestanden. in den letzten 5 Jahren durch acute Ver- 
lerungen aber dauernd wuchsen, erst nach einer Influenza, durch welche 
die Hydronephrose inficirt worden und eontinuirliches Fieber hervorzre- 
rufen war, zur Operation bewegen können; es fand sich ein enormer 
Nieren- und Nierenbeckensack mit Eiter gefüllt, im oberen Uretral- 
absehnitt ein dattelkerngroBer Stein, der sieh hin- und her- 
bewegte und beim Tiefstand den Ureter ganz verlegte: der Eitersack 
wurde entfernt. 


Hamonie (Paris) meint, daß die IIydronephrose oft infolge der 
Drehung der Niereumeineihrer Achsen entstehe; er hat 
16 mal in solchen Fällen operiren können, und, seitdem seine Aufmerk- 
samkeit erweckt war, noch viele solche Fälle gesehen. Zuerst kommt es 
zur Erkrankung der Niere. dann zur Perinephritis chronica, zur ent- 
ziindlichen Verdickung der Fettkapsel. zur Bildung von Verwachsungen 
und schließlich zur Rotation der Niere um eine Achse (vertical, trans- 
versal, anterior-posterior). Die klinischen Erscheinungen sind die jeder 
Ptosis renalis, nur heftiger. Oft kann eine Taxis, durch welche die Niere 
in ihre richtige Bahn zurückgebracht wird, die Schmerzen lindern und 
den HarnabfluB wieder regeln. Lumbago und Neuralgie werden in solchen 
Fällen falsch diagnosticirt. Hilfe bringst nur die Nephropexte nach sorg- 
samer Lösung aller Adhäsionen der Niere und des Ureters. 

Luys (Paris) zeigt zwei Präparate von anormalen Nieren- 
arterien, welehe Hydronephrose verursachen können. Intravesicale 
Trennung des Harns und Ureterenkatheterisinus sollen sich hier ergänzen 
bei der Diagnose: die erstere wird zeigen, ob die Kniekung des Ureters 
fixirt oder beweglich ist, der letztere wird den Ort der Kniekung oder 
Verengerung des Harnleiters und die Capacität des Nierenbeckens kennen 
lehren. 

Rafin (Lyon) tritt für de conservativen Methoden der 
Operation ein, und erklärt den Ureterenkatheterismus 
allen anderen Methoden für die Diagnose und die Verification der Ope- 


— 596 — 


rationsresultate überlegen. Freilich muB man wegen der Infections- 
gefahr bei aseptiseher Hydronephrose sehr vorsichtig sein, sie inficiren 
sich so leicht wie ausgedehnte Blasen. Bei iuficirten Nierensäcken und in 
Fallen, wo die Operation contraindicirt ist, bildet der Ureterkatheter eine 
wertvolle Hilfe für die Therapie. Die Indication fiir die Operation und 
fiir welche Operation ist fiir jeden Fall eine besondere: wirkliche Heilur- 
gen nach dem conservativen Verfahren gehören doch noch zu den Selten- 
heiten. 

Delbet (Paris) hält einen großen Teil der nicht exact zu diagnosti- 
eirenden Hydronephrosen fiir Pyelourcteritiden und Peripyeloureteritiden, 
die den Ureter verengern und verschließen und sogar congenital sein 
können. 

Le Fur (Paris) berichtet einige interessante Fälle. 

Carlier (Lille) will nicht zuconservativ vorgehen, da 
eine kranke Niere auch die andere Niere beeinträchtigen kann. 

Al barran (Paris) erinnert an seine Publikationen über Hydro- 
nephrosen infolge Periureteritis mit secundärer 
Deviation des Ureters; hier muß man den Ureter von Verwach- 
sungen frei machen, dann heilt die Hydronephrose. Wandernieren küanen 
die Ursache der liydronephrose sein: dazu bedarf es keiner 
eongrenitalen Veränderung des Ureters, die der Beweglichkeit der Niere 
zeitlich vorangeht. Klinisch spricht für diese Auffassung, die Beseitigung 
vieler Anfälle, wenn man die Niere an ihren Platz zurückbringt: ana- 
tomisch die durch die operative Autopsie festgestellte Krün- 
mung und volle Durehgängigkeit des Harnleiter-s. 
die die Beweglichkeit der Niere begleitet; schließlich haben alle Opera- 
teure schon Uronephrosen durch die einfache XNierenfixation geheilt. 
Gegen die so häufig angenommene congenitale lUr- 
sache spricht aber doch, daß der Harnleiter in solehen Fällen nicht gar 
so selten normales Kaliber hat, durchgängig ist und an der richtigen Stelle 
eimniündet, und daB man Heilungen erzielt, ohne den Ureter zu berühren. 
Unter den conservativen Methoden hat A. die sogenannte orthopädische 
Resection die besten Resultate gegeben. 

Pasteau (Paris) hält sowohl die congenitale als die erworbene 
Il dronephrose für möglich. Er will die Aufmerksamkeit besonders auf 
die Verengerung des Ureterlumens durch Stenosen 
ander Blaseneinmündung leiten. Vor der Operation soll man 
möglichst die Aetiologie festzustellen suchen: hierzu sei Cystoskop wid 
Ureterenkatheterismus unerläßlich. Bei Uronephrose durch Wanderniere 
und nur geringer Retention im Nierenbeeken kann der wiederholte Ure- 
terenkatheterismus sogar allein Heilung bringen. Sonst muß man die 
Nephropexie machen, aber immer Ureter und Nierenbecken bei dieser 
Operation auf angeborene oder erworbene Verlagerung, Verwachsuny. 
Abknickung ete. untersuehen und die Abnormität dann zu beheben ver- 
suchen. Bei größeren Retentionen treten die plastischen Operationen in 


— 597 — 


ihr Recht. die Niere darf nur in Ausnahmefällen (bei Complication, 
schwerer Infeetion, unheilbaren Fisteln. Fisteln nach plastischen Opera- 
tionen) entfernt werden. 


Lebreton (Paris) hat 200 Fälle von chronischer: Urethritis sorg- 
sam mit dem Urethroskop untersucht und kommt bei aller Aner- 
kennung des diagnostischen Wertes der Methode zu dem Schluß, daß sie 
therapeutisch nicht in erster Linie stehe, nur die Behandlung der Drüsen- 
veränderungen und der papillomatösen Excresecenzen würden einige Vor- 
teile von ihr haben. i 

Luys (Paris) bestreitet dies, wenn man die von ihm angegebene 
Lupe benutze: mit thr sehe man alles exact und könne streng localthera- 
peutisch mit dem Höllensteinstift einwirken. 

Forzue und Jeanbrau (Montpellier) haben bei einem 14 Jähri- 
zen Knaben mit schweren Blutungen aus der Harnröhre dureh das Luys- 
sche Trethroskop inderÜUrethra ein Angıom, das gebuckelt und 
blau den ganzen Kanal umrahınte, mit zwei blutenden Punkten in der 
Schleimhaut feststellen können und mit Elektrolyse unter der Controle 
des Auges in 14 Sitzungen derart zur Heilung gebracht, daß jetzt die 
Schleimhaut blaßrosa mit weißen Narbenzüzen ist, und daß der Kanal 
seine Weichheit und Elastieität behalten hat: die blutige Operation und 
die Narbe mit voraussichtlicher Strietur der Ilarnröhre sind dadureh ver- 
mieden worden. 

Frank (Berlin) zeigt urethroskopische Abbildungen: 
a) 1. offene Lacune nach Anwendung des Galvanokauters, 2. Beginn der 
Heilung. 3. völlige Heilung: b) 5 Abbildungen von Narben und Stricturen 
der Harnröhre nach zu intensiver Behandlung mit Höllenstein: e) 4 Ab- 
bildungen einer traumatischen Strictur des Bulbus und der P. membra- 
nacca: d) Veränderungen der hinteren Harnröhre; e) Abbildungen eines 
Polypen des Veru montanum und der Narbe nach Abtragung des Polypen. 

Hierauf entspinnt sich, dureh ein Referat Duchastelets über die 
Technik der Harnroéhrensptilungen eingeleitet, eine lange 
Debatte über die Spülbehandlung der Harnröhrenentzündung, in der zwar 
viele Redner die Angelegenheit von allen Seiten beleuchten, aber nichts 
neues bringen. 

Hamonic (Paris) zeigt ein Urethrograph genanntes Instru- 
inent. welches ein Bill der Harnröhreninnentläche beim Passiren einer 
Sonde auf Papier aufzeichnet. 

Janet (Paris) hat den Holt schen Dilatator verbessert. 

Desnos (Paris) demonstrirt ein geschicktes neues Urethrotom. 

Pasteau und Iselin (Paris) wollen die schlechten Resul- 
tate derExstirpationendertraumatischenStricturen 
derperinealen Urethra durch Offenlassen der Wunde nach der 
Ausschneidung der Verenzerung verbessern: es kommt dann zur Bilduny 
einer breiten Fistel mit weichen Rändern, seeundär macht man dann eine 
Urethroplastik mit gedoppelten Lappen, die die Fistel leicht sehließt. Man 


— 598 — 


erreicht hierdurch eine wahre Wielderherstellung der perinealen Harn- 
röhre. Folgerichtig wendet man die Methode der offenen Fistel auch bei 
Rupturen der Dammharnröhre an; in einer Anzahl so behandelter Fälle 
waren die Resultate ausgezeichnete. 

Escat (Marseille) verlangt bei Rupturen der Harnröhre möglichst 
zeitige Incision; dann soll man die Wunde zugranuliren lassen, der Kanal 
schließt sich, die Erweiterung ıst bei den weichen Geweben nicht 
schwierig. 

Escat (Marseille) will in Fällen schwerer blennorrha- 
eischen Epididymitis unter localer Anästhesie die Epididr- 
motomie, manchmal selbst die Deferentotomie ausführen; 
der Incision der acuten, subacuten oder chronischen Herde muß man sogar 
öfters die Resection ehroniseher Knoten folgen lassen. Fieber, Schmerz, 
Unbehagen verschwinden nach dem kleinen Eingriff, Vernarbung und 
Resorption der Entzündungsproducete erfolgen rasch. 

Minet will nur ineidiren, wenn das Fieber andauert oder Fluctua- 
tion nachweisbar ist. 

Loumeau (Bordeaux) bemerkt, daß der heftige Schmerz durchaus 
kein Zeichen für die Schwere der Entzündung bei Epididyinitis sei. 

Duhôt (Brüssel) hat gute Resultate und schnelle Heilung bei den 
Incisionen gesehen; er rät, wenn der Patient die Incision verweigert, die 
Punetion an der richtigen Stelle, die oft überraschend schnelle Besserung 
einleitet. 
= Hamonic (Paris) hat siebenmal die Hypospadie olıne Zwischen- 
fälle heilen können durch eine nach vorheriger Isolation der Harnröhre 
ausgedehnte Verlängerung der Urethra durch Zug. Er führt einen Mau- 
drin in dieselbe ein, zieht sie nach Hacker durch die perforirte Glans. 
näht sorgfältig die Schleimhaut an die neue Hautöffnung in der Mitte der 
Eichel und fixirt die so gedehnte llarnröhre während ihres ganzen Ver- 
laufs durch zahlreiche Nähte an der Haut; hierdurch verteilt er die Kraft 
der Elasticität auf einen relativ groBen Raum, vermeidet das Aufgehen 
der Nähte und die secundären Fisteln. Den Verweilkatheter läßt er nur 
24 Stunden liegen. 

Janet (Paris) empfiehlt, Prostatikern nach jedem Katheterismus 
Urotropin- oder Helmitollösung in die Blase zu spritzen, um die Blase zu 
desinficiren: doch nützt es nur bei saurem Harn: sichere Mittel. den Haru 
zu säuern, hat er bisher noch nicht gefunden. 

Freudenberg (Berlin) verwendet zum selben Zweck 15—20 cem 
Höllensteinlösung 1,0: 2000—3000. 

Frank (Berlin) warnt vor der Anwendung von Hydrargyrum vıv- 
eyanatum in den Harnwegen (z. B. bei Cystoskopie) bei Patienten, die 
anderweitig Quecksilber gebrauchen. 

Genou ville (Paris) zeigt die 160 g schweren Trümmer eines sand- 
uhrfôrmigen Steines der prostatischen und membranacischen Harnröhre. 
den er einem 58 jährigen, strieturirten, infieirten und durch eine Damm- 
fistel harnenden Manne durch prärectalen Scbnitt entfernt hat. Da der 


— 599 — 


Sphincter durch den Stein zerstört war, ist der Mann incontinent geblie- 
ben. hat aber auch seine Fistel behalten, weil dieselbe für die Einführung 


eines, die Incontinenz bessernden Apparates geeignet war und deshalb 
offen gehalten worden ist. 

Freudenberg (Berlin) zeigt zwei praktische Mandrins, 
einen metallischen und einen aus Fischbein mit beweglichem Conus. 

Le Fur (Paris) verbreitet sieh über die Arten und die Indication 
der Prostatamassage bei den acuten und chronisehen Formen der 
Vorsteherdrüsenkrankheiten. Derselbe Redner will viele Gelenk- 
affeetionen und Rheumatismen unbekannter Aetiologie auf 
Affeetion der Prostata und der hinteren Harnröhre 
zurückführen und rät deshalb ihre Untersuehung und eventuelle Behand- 
lung in solehen Fällen an. 

Pauchet (Amiens) hat 54 perineale und 19 suprapubische Prosta- 
tectomien ausgeführt. Er tritt für die Freyer'scheOperationein, 
da dieselbe leicht, schnell und bei gehöriger postoperativer Versorgung 
in ihren Folgen gutartig ist. Die entfernteren Resultate sind ausgezeich- 
net: er hat nie Fisteln gesehen. Nur die adenomatösen Formen der Hyver- 
trophie kann man auf diese Weise operiren, die anderen fibrösen Formen 
sind aber überhaupt nieht zu operiren und fallen dem Katheterismus an- 
heim. Er will an dem ursprünglich Freyer'schen Verfahren nichts 
zeändert wissen. 

Lexzueu (Paris) zieht ebenfalls das suprapubische Ver- 
fahren vor; er schützt sich vor primärer oder seeundärer Blutung dureh 
Tamponade oder neuerdings durch Erhaltung der Prostataschleimhaut 
und Anlegen derselben auf die blutige Oberfläche der durch die Ent- 
fernung der Drüse entstandenen Höhle: so werden alle Gefäßöffnungen ge- 
schlossen und die Blase wird darauf völliz genäht. Ein Patient heilte per 
primam und konnte nach drei Wochen das Spital verlassen. Dieses Vor- 
gehen ist natürlich nur bei relativ aseptischen Patienten möglich. 

Carlier (Lille) behauptet. daß die perineale Prostateetomie nur 
durch die Contraindieationen der suprapubischen Operation existiren 
könne. Die Vorteile dertransvesicalen Methode seien: 
die Kürzung der prostatischen Harnröhre, deren Reste bald in die Blasen- 
wand übergehen, keine Incontinenz, keine Fisteln, die Unmöglichkeit des 
teeidivs infolge der completen Entfernung des Organs, das Fehlen conse- 
eutiver Epididyrmitiden, die teilweise Erhaltung der Genitalfunction 
(50 pCt.), die Möglichkeit der leichten Entfernung von Steinen und der 
leichteren Beseitigung des Mittellappens. Ihre Mängel seien nur die 
erößere Schwierigkeit der Drainage und die Möglichkeit der Blutungen, 
dech wird man in der Abstellung dieser Unannehmlichkeiten noch weiter 
kommen wie bisher. So groBe Drains wie Freyer brauche man zur 
Drainage nicht anzuwenden. 

Loumeuau hat alle Variationen der Freyer'schen Methode 
wieder verlassen und ist zur ersten Vorschrift zurückgekehrt: von 17 Ope- 
rirten hat er zwei Herzschwache verloren, 13 sind geheilt, 2 erst seit 


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erreicht hierdurch eine wahre Wiederherstellung der perinealen Harn- 
röhre. Folgerichtig wendet man die Methode der offenen Fistel auch bei 
Rupturen der Dammharnröhre an; in einer Anzahl so bellandelter Fälle 
waren die Resultate ausgezeichnete. 

Eseat (Marseille) verlangt bei Rupturen der Harnröhre möglichst 
zeitige Incision; dann soll man die Wunde zugranuliren lassen, der Kanal 
schließt sich, die Erweiterung ist bei den weichen Geweben nicht 
schwierig. 

Escat (Marseille) will in Fällen schwerer blenno rrha- 
gischen Epididymitiıs unter localer Anästhesie die Epididy- 
motomie, manchmal selbst die Deferentotomie ausführen; . 
der Incision der acuten, subacuten oder chronischen Herde muß man sogar 
öfters die Resection chronischer Knoten folgen lassen. Fieber, Schmerz. 
Unbehagen verschwinden nach dem kleinen Eingriff, Vernarbung und 
Resorption der Entziindungsproducte erfolgen rasch. 

Minet will nur ineidiren, wenn das Fieber andauert oder Fluctua- 
tion nachweisbar ist. 

Loumeau (Bordeaux) bemerkt, daB der heftige Schmerz durchaus 
kein Zeichen für die Schwere der Entzündung bei Epididymitis sei. 

Duhôt (Brüssel) hat gute Resultate und schnelle Heilung bei den 
Incisionen gesehen; er rät, wenn der Patient die Incision verweigert, die 
Punction an der richtigen Stelle, die oft überraschend schnelle Besserunz 
einleitet. 
= Hamonic (Paris) hat siebenmal die Hypospadie ohne Zwischen- 
fälle heilen können durch eine nach vorheriger Isolation der Harnröhre 
ausgedehnte Verlängerung der Urethra durch Zug. Er führt einen Man- 
drin in dieselbe ein, zieht sie nach Hacker durch die perforirte Glaus. 
näht sorgfältig die Schleimhaut an die neue Hautöffnung in der Mitte der 
Eichel und fixirt die so gedehnte Harnröhre während ihres ganzen Ver- 
laufs durch zahlreiche Nähte an der Haut; hierdurch verteilt er die Kraft 
der Elastieität auf einen relativ großen Raum, vermeidet das Aufgehen 
der Nähte und die seeundären Fisteln. Den Verweilkatheter läßt er nur 
24 Stunden liegen. 

Janet (Paris) empfiehlt, Prostatikern nach jedem Katheterismus 
Urotropin- oder Helmitollösung in die Blase zu spritzen. um die Blase zu 
desinfieiren; doeh nützt es nur bei saurem Harn: sichere Mittel, den Harn 
zu säuern, hat er bisher noch nicht gefunden. 

Freudenberg (Berlin) verwendet zum selben Zweck 15—20 cem 
Höllensteinlösung 1,0: 2000—3000. | 

Frank (Berlin) warnt vor der Anwendung von Hydrargyrum oxy- 
eyanatum in den Harnwegen (z. B. bei Cystoskopie) bei Patienten, die 
anderweitig Quecksilber gebrauchen. 

Genouville (Paris) zeigt die 160 x schweren Trümmer eines sand- 
uhrförmigen Steines der prostatischen und membranacischen Harnrölıre. 
den er einem 58 jährigen, strieturirten, infieirten und dureh eine Daımm- 
fistel harnenden Manne dureh präreetalen Sehnitt entfernt hat. Da der 


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Sphineter durch den Stein zerstört war, ist der Mann incontinent geblie- 
ben, hat aber auch seine Fistel behalten, weil dieselbe für die Einführung 


eines, die Incontinenz bessernden Apparates geeignet war und deshalb 
offen gehalten worden ist. 

Freudenberg (Berlin) zeigt zwei praktische Mandrins, 
einen metallischen und einen aus Fischbein mit beweglichem Conus. 

Le Fur (Paris) verbreitet sieh über die Arten und die Indication 
der Prostatamassage bei den acuten und chronischen Formen der 
Vorsteherdrüsenkrankheiten. Derselbe Redner will viele Gelenk- 
affeetionen und Rheumatismen unbekannter Aetiologie auf 
Affeetion der Prostata und der hinteren Harnröhre 
zurückführen und rät deshalb ihre Untersuchung und eventuelle Behand- 
lung in solehen Fallen an. 

Pauchet (Amiens) hat 54 perineale und 19 suprapubisehe Prosta- 
tectomien ausgefiihrt. Er tritt fiir die Freyer’sche Operation ein, 
da dieselbe leicht, schnell und bei gehöriger postoperativer Versorgung 
in ihren Folgen gutartig ist. Die entfernteren Resultate sind ausgezeich- 
net: er hat nie Fisteln gesehen. Nur die adenomatösen Formen der Hyver- 
trophie kann man auf diese Weise operiren, die anderen fibrösen Formen 
sind aber überhaupt nieht zu operiren und fallen dem Katheterismus an- 
heim. Er will an dem ursprünglieh Freyer'schen Verfahren nichts 
geändert wissen. 

Legueu (Paris) zieht ebenfalls das suprapubische Ver- 
fahren vor; er schützt sich vor primärer oder seeundärer Blutung dureh 
Tamponade oder neuerdings dureh Erhaltung der Prostataschleimhaut 
und Anlegen derselben auf die blutige Oberfläche der durch die Ent- 
fernung der Drüse entstandenen Höhle: so werden alle Gefäßöffnungen ge- 
schlossen und die Blase wird darauf völlig genäht. Ein Patient heilte per 
primam und konnte nach drei Wochen das Spital verlassen. Dieses Vor- 
gehen ist natürlich nur bei relativ aseptischen Patienten möglich. 

Carlier (Lille) behauptet, daß die perineale Prostateetomie nur 
durch die Contraindieationen der suprapubischen Operation existiren 
könne. Die Vorteile dertransvesicalen Methode seien: 
ie Kürzung der prostatischen Harnröhre, deren Reste bald in die Blasen- 
wand übergehen, keine Incontinenz, keine Fisteln, die Unmöglichkeit des 
Reeidivs infolge der completen Entfernung des Organs, das Fehlen conse- 
eutiver Epididymitiden, die teilweise Erhaltung der Genitalfunetion 
(50 pCt), die Möglichkeit der leichten Entfernung von Steinen und der 
leichteren Beseitigung des Mittellappens. Ihre Mängel seien nur die 
größere Schwierigkeit der Drainage und die Möglichkeit der Blutungen, 
doch wird man in der Abstellung dieser Unannehmlichkeiten noch weiter 
kommen wie bisher. So große Drains wie Freyer brauche man zur 
Drainage nieht anzuwenden. 

Loumeuau hat alle Variationen der Freyer'schen Methode 
wieder verlassen und ist zur ersten Vorschrift zurückgekehrt: von 17 Ope- 
rirten hat er zwei Herzschwache verloren, 13 sind geheilt, 2 erst seit 


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kurzer Zeit operirt, aber in Heilung. Niemals hat er Fisteln oder Ver- 
änderungen der Pars membranacea gesehen wie bei einigen seiner 29 
perinealen Prostateetomien, übrigens nur mit einem letalen Ausgang. Er 
hält die suprapubische Operation für die Operation 
der Wahl. 


Escat (Marseille) rät, schwere Hämorrhagien, die aus der Blasen- 
schleimhaut, aus dem nicht genähten Blasenteile, aus der zerrissenen 
Prostatahéhle und aus der Harnröhre kommen können, durch eine 
Mik ul iez-Tamponade aller Stellen, an deren Ende man einen 
Seidenfaden durch die Pars membranacea zieht und die man durch Zug 
am Faden oder durch Einstopfen von Tampons verstärken kann, zu be- 
handeln. 

Losio (Mailand) comprimirt und tamponiırt die Prostatahöhle 
nach der suprapubischen Entfernung der Drüse mit Hilfe des im 
Recetum gelassenenlinken Zeigefingers und legt für die 
ersten Tage ein ganz großes Drain ein, später erst die Guyon- 
Perier'schen Syphons. Sehr harte Tumoren kann man nach Freyer 
nicht operiren. Sehr dieke Patienten bieten oft erhebliche Schwieriz- 
keiten dar. | | 

Freudenberg (Berlin) glaubt in drei nach Freyer operirten 
Fällen eine Regeneration der Prostata gesehen zu haben; 
dafür spreche auch die Erhaltung der Potentia eoeundi. In auf Krebs 
yerdächtigen Fällen warnt er vor dem suprapubischen Wege. In einem 
Falle, in dem weder von der Blase noch vom Damm eine Operatioun mög- 
lich war, hat er mit Bottini einen vollen Erfolg erzielt. 

Moran hat in einem Falle von harter Atrophie der Pro- 
stata mit Verengerung des Meatus internus urethrae eine Art Bottint 
unter Controle des Auges gemacht, indem er mit dem Galvanokauter nach 
der Sectio alta das Orificium urethrae internum spaltete und bis auf 
10 eem Residualharn Heilung erreichte. 

Loumeau hat einem alten Manne einen die ganze Beckenhöhle aus- 
fillenden Markschwammder Prostata ohne Lymphdriisenmeta- 
stasen vom Damm her vor acht Monaten entfernt; da der Patient sich jetzt 
nach Beseitigung der Retention und Obstipation trotz zeitweiliger In- 
continentia urinae und trotz des widernatiirlichen Afters wohl und ohne 
Reeidiv befindet, kann man auf eine wahre Heilung hoffen. 

I:uys (Paris) propagirt wiederholt die Vorteile der sogenannten 
Crstoskopie „à vision directe“, d. h. mit Instrumenten ohne 
Prisma und ohne optischen Apparat. 

Cathelin (Paris) schränkt die Auwendungsfähigkeit des lustru— 
ments allerdings erheblich ein. 

Pasteau (Paris) bezeichnet dasselbe mit dem richtigen Namen 
„Urethroskop“, dessen Anwendung für einige kleine therapeutische Mab- 
nahmen man zulassen kann, wenn man mit dem wahren Cystoskop die 
Diagnose gestellt hat. | 


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Jeanbrau (Montpellier) und Cathelin (Paris) verlangen, daß 
jede intravesicale Trennung des Harns von einer Cysto- 
skopie gefolgt sei, weil man sonst einseitige Blasenblutungen als renale 
Blutung auffassen kann. 

Pousson (Bordeaux) hat ein ganzes Instrumentarium zur Aus- 
kratzung und Ausreibung (z. B. mit 10 proc. Chlorzink) der 
Blase und prostatischen Harnröhre bei subacuten, nicht 
heilenden Xystitiden und Urethritiden herstellen lassen: er will in ganz 
schweren Fällen noch SO pCt. Heilung bekommen haben. Zur Operation 
ist Narkose erforderlich, nachher reichliche Spülung und Verweilkatheter. 
Ein Patient ist zu Grunde gegangen, nach Dis Meinung, weil er das 
Causticum direct injieirt hatte. 

Potherat bespricht den Fall eines Kranken. dein er ein sechs Liter 
fassendes Divertikelder Blase. das bis zum Nabel reichte, mit 
Erfolg entfernt hat. (Sollte dies kein persistirender Urachus gewesen 
sein? Ref.) 

Minet (Paris) hat bei Schwäche der Blasenmuseulatur verschiede- 
ner Aetiologie eine Art Massage der Blase angewandt: Die leere 
Blase wird mit einem sterilisirte Luft enthaltenden Gummiballon in Ver- 
bindung gebracht und dureh Zusammendrücken und Entfaltenu des Ballons 
die Musculatur der Blase zur Uebung gezwungen. 

Bosquet (Clermont) tritt für de expeetative Behand- 
lung von Nierencontusionen ein, sie heilen oft allein aus 
oder geben nach einiger Zeit, wenn sich eine Harnretention ausbildet, bei 
Asepsis einem viel leichteren Eingriff statt, als nach dem schweren Shok 
der Contusion. 

Pousson (Bordeaux) hält bei infieirten Steinnieren die 
Nephrectomie für anzezeigt. wenn man mit unseren heutizen Me- 
thoden die funetionelle Tüchtigkeit der anderen Niere nachweisen kann. 
Denn die Nephrotomie giebt zwar geringere Operationsmortalität, aber 
äußerst selten eine wirkliche Heilung (nach Pousson auf fünf Fälle 
eine Heilung), die meisten Patienten behalten eine Fistel, welche schließ- 
lich zum Tode dureh Sepsis führt. P. hat bei 5 primären Nephreetomien 
2 Exitus, aber 3 Heilungen. 

Rafin und Loumeau stimmen im allgemeinen zu. doch ver- 
langen sie noch den radiographischen Nachweis des Freiseins der anderen 
Niere von Stein und geben zu bedenken, daB der Ureterenkatheterismus 
der gesunden Niere bei Pyorrhoe der kranken kein ganz vleichgiltiger 
Eingriff ist. 

Rafin (Lyon), Cathelin, Contremoulin und Debains 
(Paris) beleren mit 15 Fällen den Wert der Rọöntgenographie der Nieren- 
und Uretersteine: in allen operirten Fällen war der Nachweis positiv ge- 
wesen. 

Escat (Marseille) besprieht mit Nachdruck die Erfolge, die der 
Chirurg auch bei beiderseitirerPvonephrose erzielen kann, 


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und warnt davor, die Hände hierbei in den Schoß zu legen. So hat er ber 
einer bilateralen Pyonephrose den primären und größeren Eitersack ent- 
fernt und die volle Gesundung der anderen Niere erzielt. So hat er durch 
Exstirpation einer schmerzenden tubereulösen Niere, trotzdem das Secret 
der anderen Niere 0,8 pCt. Eiweiß enthielt. die Kranke schon zwei Jalıre 
bei leidlicher Gesundheit erhalten. So hat er jüngst einer 35 jährigen 
Patientin mit einer unversiegbaren Fistel rec hts nach zweimaliger Ne- 
phrotomie wegen Stein. welehe dringend die Entfernung des Organs zur 
Heilung der Fistel forderte, aus der linken Niere, die ebenfalls eine 
Pyelitis und radiographisch einen Stein aufwies und nur wenig Harnstoff 
(4%) ausschied, zuerst durch eine recht große Nephrotomie den Stein ent- 
fernt, dann dureh Ureterwaschungen die rechte Fistel continent zemacht, 
so daß die Harnstoffausscheidung rechts von 10.0 auf 27.0 g gestiegen ist. 
ein immerhin bemerkenswertes Resultat. das für die Prognose des Weiter- 
lebens große Bedeutung hat. Der Erfolg solcher Eingriffe ist an die Dureh- 
gängigkeit des Ureters geknüpft. 

Leon-Imbert (Marseille) hat zwei Fälle von Steinanurie 
durch den Ureterkatheterismus geheilt und vor Operationen ge- 
schützt: er verbreitet sich über den Reflex. den die Anwesenheit des 
Steines im Ureter auf die Contraction der Wandungen desselben und 
andererseits die dureh die Verlegung des Abflusses verursachte Spannung 
der Niere auf die Unthätigkeit der anderen Niere ausübt. 

Rafin meint, so zute Resultate zebe bei Steinanurie der Ureter- 
katheterismus nicht immer; zweckmäßiger sei es doch, den Stein mit 
dem Röntgenograph zu suchen und durch Operation zu entfernen. Die 
Anurie der anderen Niere sei doch oft durch Steine in derselben bedinet. 

Frank (Berlin) hat durch EinführenvonSauerstoffnmach 
Hoffa-Sılbersteinin das Nierenbecken besonders schöne Ra dıo- 
photographien erzielt. 

Durrieux (Algier) berichtet über ein Alveolarcarcinem 
der Niere bei einem Patienten mit Syringomyelie, welches durch 
Uehergreifen auf die Nervenwurzeln und das Lendenmark enorme Schmer- 
zen, auf die Nebennieren Verfärbung der Haut verursacht hatte. 

Rafin hat bei 4 Nephreetomien wegen Tuberculose 
5 Todesfälle, d. ı. 11,3 pCt. 4 Kranke sind später gestorben. Alle übrigen 
haben große Vorteile von der Operation gehabt. Für Diagnose und Pro- 
gnose ist der Ureterenkatheterisinus unerläßlich. Die Veränderungen der 
Blase heilen so rasch nach der Operation, daB man ilr erstes Auftreten 
als eine stricte Indication zum Eingriff erachten kann. 

Frank (Berlin) hat mit Holländer einem Knaben, dem wegen 
Tubereulose die linke Niere entfernt, wegen derselben Affeetion der rechte 
Iloden und Nebenhoden exstirpirt worden war, die gegen jede Behand- 
lung renitenten tuberceulösen Blasengeschwüre durch In- 
stillationen von sterilem 20proece. Calomelöl unter gleichzeitiger 
innerlicher Darreichung von Jodkali zur Heilung gebracht. Es bildet 
sich bei dieser Medieation Jodquecksilber, welches specifiseh auf Tuber- 


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eulose und nur auf Tubereulose (ohne Belästigung der anderen Blase) zu 
wirken schemt. 

Le Fur will bei Nierentubereulose nieht so eilig operiren, es 
gäbe doch auch ohne Operation geheilte Fälle. 

Minet (Paris) spricht über passagere Anurie bei Nieren- 
tuberculose infolge Ureterverstopfung durch Käsemassen. 

Desnos (Paris) ist einmal durch den Ureterenkatheterismus dazu 
verführt worden an eine Nierentuberculose zu glauben und hat die völlig 
getunde Niere exstirpirt; der spätere Verlauf der Krankheit erwies eine 
tuberculöse Prostatitis, aus der wohl die vom Katheter ausgeführten Ba- 
cillen stammten. 

Durrieux bespricht aus Anlaß des oben beriehteten Falles noch 
einmal die Pathogeneseder Blasendivertikel und verweist 
auf seine Dissertation 1901 über dieses Thema. 

Moran hat jüngst einem 70 jährigen Manne einen 37: cın langen 
Stein aus einem Divertikel der Blase entfernt. Das Divertikel war viel 
rrößer wie die Blase, es wurde deshalb nicht entfernt, schloß sich aber 
bald wieder nach Fixation an der Bauchwand. Der Patient ist gesund 
und hat nur eine etwas verringerte Blasencapacität. 

Pasteau (Paris) empfiehlt bei Jeder chronischen recidi- 

'irende n Gonorrhoe die sorgsame Palpation und Expression der 
( owper’schen Drüsen (Zeigefinger im Reetum, Daumen am Damm), 
da dieselben häufig der Sitz der Reinfection sind. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt ist. 





Prof. Dr. Joseph Englisch (Wien): Ueber Fremdkörper der 
männlichen Harnröhre und Blase. (Deutsche Zeitschr. für 
Chir. Sonderabdruck, 89 S.) 


Die Wege, auf welchen Fremdkörper in die Blase gelangen, sind: 
I. Von der Niere und dem Harnleiter herab. Zumeist sind dies Steinchen, 
welche die Grundlage größerer Steine bilden. Von diesen ist aber im 
Nachstehenden nicht die Rede, sondern nur von Ansammlungen orga- 
nischer Massen, welche den Kern für einen Stein abgeben. Es sind 
dies größere Massen von Fibrin (als Blutgerinnsel) und Eiter, zum Unter- 
schiede von den kleinen, welehe man als Kerne bei Steinen beobachtet. 
Il. Von außen her, und zwar als Fremdkörper, welche durch die Harn- 
röhre eingeführt werden oder welehe nach Verletzungen äußerer Teile 
in die Blase gelangen, z. B. nach Schußverletzungen, nach Pfählungen 
und dergl. HI. Von benachbarten Höhlen nach vorhergzehender Verlötung 
mit der Blase, z. B. vom Darme her, aus Beckencystenu.s. w. ITV. In der 
Blase selbst entstandene. Hier kommen nur jene Steine ın Betracht, 
welche sich um die oben angegebenen, aus der Blase selbst stammenden 
organischen Massen entwickeln. Die Ablagerung von Harnsalzen um 
fremde Körper erfolgt um so leichter, 1. je mehr sie vom Harn in der 
Blase umspült sind; 2. je heftiger die Cystitis ist. Leider bestehen in den 


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zesanımelten Beobachtungen so obertlächliche Angaben, daß daraus keine 
speciellen Schlüsse gezogen werden können. Es bezieht sieh dies vor- 
züglich auf vorausgegangene oder noch bestehende Erkrankungen, z. B. 
Verengerungen der Harnröhre, Vergrößerung der Vorsteherdrüse. 3. Je 
leichter die Fremdkörper eine Entzündung der Blase erregen können. Hier 
kommt nicht so sehr das Material an sich in Betracht, als vielmehr dessen 
Oberfläche. So hat man gesehen, daB Metallkatheter sich nur selten be- 
legen, ebenso Glasstäbe und Glasröhren, Federhalter, Bleistifte, zum 
Unterschiede von Bleisonden, Drähten, Nadeln. Silberne Nadeln in- 
erustiren sich nicht. 4. Je mehr der Harn Zeit hat, in den Lücken und 
Maschen der Fremdkörper zu verweilen. Daraus erklärt sich die rasche 
und reichliche Incrustation der Haarhiischel, der Fädenmassen, innerhalb 
welcher sich ein ganzes System von Höhlen findet, in welehen der Harn 
stäagnirt; ebenso die zusammengerollten Körper, Katheter, Leder, Schnüre. 
Aus demselben Grunde findet sich Anlagerung vorzüglich an der Um- 
biegungsstelle der Bougies, dder Haarnadeln. Das Ohr der Nadeln dis- 
ponirt daher mehr zur Anlagerung der Harnsalze als die Spitze oder die 
in Divertikeln der Blase eingelagerten Teile; die Zerfaserung der Fremd- 
körper, z. B. Bougien, Baumzweigen, Holzfasern, reihen sieh hier an. 
5. Je leichter die Fremdkörper Veränderungen erleiden, wie aus der Be- 
trachtung der tierischen Fremdkörper, der Blut- und Fibringerinnungen 
hervorgeht. Desgleichen die Pflanzenteile. Samen. 6. Je mehr ver- 
änderte Bestandteile oder infeetiöse Stoffe die Oberfläche der Körper 
trägt. Daher inerustiren nekrotische, von Ostitis oder Caries stammende 
Knochensplitter leichter als solehe nach Schußverletzungen. 7. Je leichter 
ein Körper sieh abbröckelt und rauh wird, wie z. B. englische Katheter, 
Wachsbougien, Paraffinstücke. 8. Die Anlagrerung ist um so gleich- 
mäßiger, Je rundlicher der Körper ist, z. B. Erbsen gegen Bohnen, 
Kugeln; längliehe oder röhrenförmige meist in der Mitte. — Aus den 
angegebenen Gründen ist daher die Zeit des Berinnes, sowie der Ver- 
lauf der Anlagerung ein verschiedener und hängt nieht mit der Zeit des 
Verweilens der Fremdkörper zusammen. Eine rasehere Steigerung der 
Anlagerung kann erfolgen, wenn der mit Harnsalzen umgebene Körper 
jetzt als Stein mut seiner rauhen Fläche wirkt. 

Vielfache Erörterung fand das Hineinschlüpfen der Fremdkörper 
durch die Harnröhre in die Blase. 

I. Das sogenannte Verschlucken der Instrumente durch eine Art 
antiperistaltischer Bewegung, welche sich nach dem Reize des Fremd- 
körpers einstellt. Dasselbe könnte nur erfolgen, wenn der Fremdkörper 
ganz in der Harnröhre liezt und die äußere Harnröhrenöffnung ver- 
schlossen ist. H. Hört die durch den Fremdkörper erzeugte Erection des 
Gliedes auf, so wird die sich verkleinernde Harnröhre den Körper immer 
tiefer nach einwärts schieben, wenn sich derselbe in der Harnröhre 
spießt. Etwas Achnliches erfolet, wenn die Kranken behufs der Ent- 
fernung das Glied anziehen und wieder nachlassen. III. Ist der Körper 


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nach einwärts von der mittleren Beekenbinde gelegen. so soll infolge des 
Anliegens derselben an die Wand des häutigen Teiles ein Erschlaffen der 
Muskeln desselben eintreten und der Schließmuskel der Blase zieht den 
Fremdkörper nach einwärts. IV. Die Zusammenziehung der Muskeln um 
die Harnröhre befördert das Ilineinschlüpfen.. Kaufmann behauptet: 
Instrumente haben keine Neigung zum Hineinsehliipfen in die Blase, 
sondern werden im Gegenteil his in die Pars cavernosa ausgetrieben. 
Spitze Instrumente werden immer nach einwärts dringen. Bewegungen 
des Gliedes befördern das Hineinschlüpfen. In dem häutigen Teil der 
Harnröhre stehen die Fremdkörper unter dem Einflusse der Muskeln. : 
Die Vorgänge, wie sie sich beim Katheterismus ergeben sind: I. Ist 
das Instrument bis an die mittlere Beckenbinde gelangt und hat sich 
das Glied verkürzt, und läßt man jetzt das Glied frei, so wird dasselbe, 
sei es ein Nelatonkatheter, ein elastischer oder Metallkatheter, ersterer 
trotz Bestehen der Krümmung am Gliede, letztere bei ruhiger Lage an 
der Bauchwand allmählich ausgetrieben. II. Ist das Instrument mit der 
Spitze in den häutigen Teil gelangt, so bleibt selbst ein Metallinstrument 
in der sagittalen Ebene stehen und dies um so mehr, je tiefer das 
Instrument bis m die Vorsteherdrüse eingedrungen ist. Dabei kann man 
deutlich die Zusammenziehung der Muskeln vor und hinter der mittleren 
Beckenbinde wahrnehmen, welehe das Gefühl erregen, daB die Harn- 
röhrenmuskeln bestrebt sind, das Instrument in die Blase zu schieben. 
Und in der Tat kann man beobachten, daß Darmsaiten. dünne Katheter, 
in die Blase schlüpfen. Findet jedoch das Instrument in der Vorsteher- 
drüse einen Widerstand, so wird dasselbe auch hier ausgetrieben. Dieser 
Vorgang kann in der Weise vor sich gehen: Zieht sich der Bulbocaver- 
nosus zusammen, deren gemeinsame Sehne am Rücken des Gliedes eine 
Schleife bildet, so wird das Glied, besonders in seinem hinteren Teile, zu- 
sammengeschoben, der Endpunkt der Sehne rückt am Instrument an einem 
näher dem einen Ende desselben gelegenen Punkt. Erschlafft das Glied, 
so rückt dieser Punkt weiter nach außen. Je weiter nun die Spitze des 
Instrumentes im häutigen Teile nach außen rückt, um so mehr wird der 
hinter der Spitze des Instrumentes liegende Teil des Censtrietor partis 
membranaceae durch seine Zusammenziehung die Spitze des Instrumentes 
nach außen schieben und selbe unter die Wirkung der äußeren Muskeln 
stellen, welche in gleicher Weise auf die Spitze des Instrumentes wirken. 
Je weniger das Instrument in der Vorsteherdrüse ein Hindernis findet, 
um so mehr wird die hineinschiebende Wirkung des Constrictor hervor- 
treten. III. Ist die Spitze des Instrumentes in die Blase gelangt und 
diese gefüllt, so steht das Instrument unter der Wirkung des Constrictor 
membranaceae und des inneren Blasenschließmuskels, welche das In- 
strumment festhalten. Ist es ein Metallinstrument. so kommt das Gewicht 
desselben in Betracht, und doch sieht man, wenn es sich an die 
Blasenwand stemmt, daß es auch ausgetrieben werden kann, zuerst durch 
die sich zusammenziehende Blase und später, sobald es den Schließmuskel 


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verläßt, in der früheren Weise. Am wenigsten tritt dieses Verhältnis bei 
den elastischen und Nelatonkathetern hervor. Solange die Blase gefüllt ist 
und Je weniger das Instrument die Blasenwand mit der Spitze berührt oder 
sich nicht etwa biegt oder gar aufrollt. um so sicherer liegt das In- 
strument. Ein Instrument wird also von der Blase ausgetrieben, Je kleiner 
der Fassungsraum der Blase oder je hypertrophischer deren Wand ist. — 
Aus diesem Grunde kann auch ein Fremdkörper durch die Zusammen- 
ziehung der lHarnröhre und ihrer Muskeln allein nur dann ausgetrieben 
werden, wenn das äußere Ende des Freimdkörpers in den Bereich der 
Wirksamkeit des Bulbocavernosus oder Ischiocavernosus fällt und das 
innere (Blasenende) kein Hindernis findet. Läßt man Knochenstücke, 
Kusreln, Kleiderreste außer Betrachtung, da dieselben infolge von Traumen 
resp. Entzündungen direet in die Blase gelangen oder wie Metallkatheter 
in der Blase abgebrochen werden, und berücksichtigt man nur jene 
Fremdkörper, welche aus den verschiedensten Gründen in die larn- 
röhre einzeführt werden. so ergiebt sich, dab englische Katheter, Nelaton- 
katheter leicht in die Blase (da das Abreißen derselben in der Blase 
seltener vorkommt) schlüpfen: ebenso Kautschukrohre. Auffallend ist 
der UVebertritt der Körper in die Blase bei Baumästen. Auffallend groß 
ist die Zahl der Hinglichen Körper, welche in der Blase angetroffen 
werden: Federhalter. Bleistifte. Glasröhren, Metalltuben, Paraffin- und 
Wachskerzen. In diesen Fällen kommt gewiß noch die Bemühung des 
Kranken, den Fremdkörper auszuziehen, in Betracht: abgesehen davon, 
daß diese Körper an sieh sehon tiefer in die Harnröhre reichen. An die Eisen- 
stifte reihen sieh die Nähnadeln an, welche sieh sehr leicht einstechen. 
Der Vorgang der Weiterbewegung ist hier sehr einfach. Ist die Nadel 
dem Kranken entschlüpft. so sucht er sie dureh Anziehen des Gliedes 
zu loekern: meist gelingt dies. Aber sobald der Kranke das Glied losläßt, 
sticht die Nadel wieder ein und wird jetzt noch weiter nach binten ge- 
schoben. Daß Haarnadeln so weniz in die Blase gelangen, erklärt sich 
wohl nieht daraus, daß die freien Enden federn und dadureh ein Hindernis 
für die Weiterbewegung geben. DaB geknöpfte Nadeln so wenig bis in 
die Blase dringen, läßt sich nur schwer erklären, da man im Gegenteil 
annehmen sollte, daß der Knopf das Tieferdringen noch erleichtere. Die 
Größe derselben kann an der Durehtrittsstelle der mittleren Beeken- 
binde kein Hindernis geben, da viel diekere Gegenstände durch diese 
Stelle dringen. Runde Körper, Fruchtkörner sind leicht verschiebbar, so 
daß sie durch jeden Griff des Kranken in die Tiefe geschoben werden. 

Eine genaue Bestimmung der Lage in der Harnröhre ist für die 
Fremdkörper schwer, da sehr häufig die Angabe des Teiles fehlt, in 
welchem derselbe lag. 

Erscheinungen der Fremdkörper der Hlarnröhre: 
Sind die Fremdkörper spitz, so klagen die Kranken über Stiche; 
sind sie rauh., wie z. B. Kornälhren, Baumäste, so verursachen sie ein 
Reiben, ein Kratzen oder Reißen: sind sie stumpf, so verursachen sie 


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ein Gefühl der Zerrung, des Druckes, welehes in dem höheren Grade ein 
Sxhmerzgefühl wird. Besitzt der Körper nur ein spitzes Ende, so muB 
das Gefühl des Einstiches nicht immer beim Einführen eintreten, sondern 
erst dann, wenn sich die Spitze in die Schleimhaut einbohrt. Je tiefer 
dies der Fall ist. um so constanter bleibt die Stelle des Stiches schinerz- 
haft und ist mieht selten mit einer Vorwélbung der Harnröhrenwand und 
dem deutlichen Tasten der Spitze verbunden. Das Gefühl des Stiches 
giebt auch Aufschluß über das Weiterrücken des Fremdkörpers, da die 
Stelle des Gefühls immer weiter nach einwärts rückt. Das Gefühl der 
Spitze sowie die Hervorraxrung sind um so deutlicher, Je länger der Fremd- 
körper ist und au der zweiten Krümmung zu liegen kommt, weil die 
Spitze dureh den Widerstand, welchen die Harnröhre bei der Aus- 
eleichung der Krümmung macht, beide Enden wegen die untere Wand 
der Harnröhre drückt, oder wenn das eine Ende in der Blase liegt und 
durch die Zusammenziehung derselben noch dazu nach vorn geschoben 
wird. Je weniger es um die Spitze der Nadel zur Entzündnus gekommen 
ist, um so kerelförmiger ist die Vorragung zum Unterschiede von der- 
jenigen, welehe dureh die stumpfen Enden länglieher Körper. z. B. Feder- 
halter, dureh rundliche Körper (Bohnen) hervorgebracht wird: hier er- 
scheint die Vorwölbung rundlieh. Wird dieselbe dureh Knuochenspitzen 
gebildet, so ıst dieselbe unregelmäßie. Je länger der Körper ist. um so 
länger ist die Vorwôlbung und kann selbst in Unterabteilungen er- 
scheinen, z. B. bei Baumästen. Die scharfe Geschwulst nimmt mit der 
Dauer der Reizung in der Umgebung ab. In Jenen Fällen, in welehen die 
Fremdkörper nieht in die Wand einstechen, ist der Schmerz ein ver- 
schiedener und nicht immer an der Stelle, an welcher der Fremdkörper 
eingelagert ist. Der Schmerz muß nieht andauernd sein. Rührt der- 
selbe von zu starker Erweiterung der Harnröhre her (Glasrohr, Gummi- 
schlauch, Federhalter), so ıst er ein dumpfer. Entziindlicher Schmerz 
hängt mit der Reizung der Harnröhre zusammen. In einem Falle wurde 
beobachtet. daß der Schmerz in der Harnröhre sich erst mit der be- 
ginnenden Inerustation einstellte. Blutung als erstes Zeichen findet 
sich verhältnismäßig weniz verzeichnet. Sie scheint jedenfalls trotz der 
bestehenden Verletzungen dureh spitze oder kantige, rauhe Körper sehr 
geringfügig zu sein .so daß die Beobachter es nicht der Mühe 
wert halten, selbe zu erwähnen. Besonderer Erwähnung geschieht der- 
selben nur bei Haarıadeln, bei Hutnadeln und bei einer Nähnadel. Zu- 
meist erfolgt die Blutung erst nach den Versuchen, den Fremdkörper 
aus der Harnröhre zu entfernen. In Fällen, in welchen die Harnröhren- 
schleimhaut schon entzündlieh aufgelockert ist, wird leichter eine stärkere 
Blutung, insbesondere beim Einführen unrerelmäßiger Körper, erfolgen 
können. Senkt sieh die Spitze eines Fremdkörpers nachträglich in den 
Schwellkörper der Harnröhre ein, so kann eine seceundäre Blutung er- 
folgen. Bei den Versuchen behufs Entfernung der Fremdkörper in 
späterer Zeit, bei Infitration der Harnröhre erfolgt meist eine stärkere 


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Blutung. — Als Erstlingserscheinung findet sich auch Spasmus ure- 
thrae verzeichnet. Die Formveränderung an der Harnröhre, sowie die 
Härte derselben hängt von der Form der Fremdkörper ab. Die Ge- 
schwulst ist im Anfang deutlich abzutasten; wird aber mit dem Auf- 
treten entzündlicher Vorgänge als solehe undeutlicher und diffuser. Dazu 
kommt eine Veränderung in der Stellung des hängenden Teiles des 
Giliedes. — Die Druckempfindlichkeit kann gesteigert sein und 
auf die Stelle fiihren, an weleher der Körper liegt, wenn die Härte der 
Harnröhre dieselbe nicht anzeigt. Constant ist dies an jenen Stellen, 
an welchen die eine oder beide Spitzen des Fremdkörpers liegen oder 
eingestochen sind. Eine auffallende Erhöhung der Druckempfindlichkeit 
tritt ein mit der Entwicklung entzündlicher Erscheinungen. Weitere 
Störungen beziehen sich auf die Harnentleerung. Sie sind 
teilweise durch den Reiz der Fremdkörper bedingt und äußern sieh vor- 
züglich in häufigem llarndrang oder liegt denselben ein mechanischer 
Grund vor. Eine weitere Ursache für Harnstörungen liegt später in den 
entzündlichen Vorgängen an der Harnröhre. Glatte runde Körper be- 
dingen einen geringeren Reiz als unebene, zackige; spitze reizen die 
Harnrohre durch das Einstechen. Auch die Lage der Fremdkörper hat 
auf die Häufigkeit der llarnentleerung Eintluß. — Wird der Körper wegen 
sehon bestehender Erkrankungen eingeführt: wegen Harnröhrenverenge- 
rungen, Vergrößerung der Vorsteherdrüse, so werden die Harnstörungen 
gesteigert. Dasselbe tritt ein, wenn die Körper mit Harnsalzen über- 
zogen sind und dadureh höckerig, zackig werden. Daß die Harnstörungzen 
sieh bei entzündlichen Vorgängen steigern, braucht nieht weiter erörtert 
zu werden. Die entzündlichen Erscheinungen zeigen sich zunächst als 
eitriger AusfluB aus der Harnröhre. Hier machen sich dieselben Ver- 
hältnisse bemerkbar wie bei der Harmentleerung. Rauhe, eckige, viel- 
spitzige Körper erzeugen rasch einen eitrigen AusfluB, langsamen glatte, 
selbst länghehe Körper. Dasselbe tritt ein, wenn schon früher entzind- 
liche Processe an der Harnröhre vorhanden waren. Die Entzündung ist 
abhängig von der Größe der getroffenen Stelle. Bei spitzen Körpern tritt 
dieselbe als ein harter, druckempfindlicher Knoten auf. Im entgegen- 
gesetzten Falle bildet die Harnröhre einen verschieden langen harten 
Strang, welcher am hängenden Teile längere Zeit bestehen kann, bevor 
die Entzündung auf die Umgebung übergreift, was sich als ödematöse 
Schwellung der Vorhaut. der Ilaut des Gliedes und des Hodensackes kund 
giebt. lm bulbären und häutigen Teile greift die Entzündung rascher 
auf die Umgebung über, weswegen sieh die im ersten Falle bestehende 
scharfe Begrenzung des Stranges rasch verliert. Mit der Ausbreitung der 
Schwellung nimmt die Entzündung den phlegmonôüsen Charakter an. 
Dies um so rascher, wenn es nach Perforation der Harnröhre zur Harn- 
infiltration gekommen ist. Es entstehen dadurch mehr weniger aus- 
xebreitete Abseesse, welche, wenn sie nicht rasch geöffnet werden. 
zur Gangrän führen, die sieh über das ganze Glied, den Hodensack, das 


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Mittelfleisch und weit in die Umgebung ausbreiten und zur Fistel- 
bildung führen kann. Gaugrän erfolgt um so leichter, wenn Harnintiltra- 
tion besteht. Zumeist schließt die Gangrän mit Fistelbildung ab. Es 
ist auffallend, wie rasch sich bei Fremdkörpern der Harnröhre entzünd- 
liche Vorgänge der schwersten Art entwickeln können. Was das Auf- 
treten der Erscheinungen überhaupt anlangt, so nehmen Knochen- 
splitter, Holzsplitter eine besondere Stellung ein, indem die Erschei- 
nungen erst verschieden lange Zeit nach der ursprünglichen Erkrankung 
hervortreten. wenn der Fremdkörper aus der Umgebung in die Harn- 
röhre eintritt. Fieber tritt äußerst selten nach dem Einführen der 
Fremdkörper ein; meist ist es Begleiterscheinung der entzündlichen 
Vorgänge. 

Weit größere Verschiedenheit bieten die Blasenfremdkörper 
in ihren Erscheinungen. Da der Eintritt der Fremdkörper dureh 
die Hlaruröhre in die Blase meist sehr rasch erfolgt, so sind die Er- 
scheinungen der Harnröhre meist von sehr kurzer Dauer. werden von 
den Kranken in ihrer Aufregung nicht gewürdigt, und die Aerzte er- 
halten meist nur unbestimmte Angaben. Nicht immer treten mit dem 
Uebertritte des Fremdkörpers aus der Harnröhre in die Blase die Er- 
scheinungen, :soweit sie dureh die Reizung der Blase an sich bedingt 
sind, unmittelbar auf. Es kann im Gegenteil sogar ein Nachlaß der 
Besewherden erfolgen, so daß von einzelnen der Nachlaß der 
Erscheinungen, der nur ein vorübergehender sein kann, als ein speci- 
fisches Zeichen des bezeichneten Uebertritts angesehen wird. Ein 
anderer Umstand ist der, daß, wenn der Fremdkörper die Harnröhre aus- 
füllt und Harnverhaltung bedingt, mit dem Uebertritte des Körpers in 
die Blase dureh die nun erfolgte Harnentleerung eine Erleichterung in 
den Blasenerseheinungen eintritt. Daß Fremdkörper sehr lange ohne 
Beschwerden vertragen werden können, dafür werden zahlreiche Bei- 
spiele angeführt. Auffallend lange Zwischenräume zwischen der ur- 
sprünglichen Verletzung und dem Auftreten der Fremdkörpererschei- 
nungen in der Blase bestellen bei Holzsplittern, Kugeln und Sequestern. 
Fremdkörpererscheinungen treten am raschesten bei Knochenstiicken 
nach Schußverletzungen ein und erklärt sich dies daraus. daB diese mit 
dem Geschosse alsbald in die Blase dringen und durch ihre Spitzen die 
Blase reizen. In jenen Fällen, in welche die Blase nicht direct durch- 
bohrt wurde, vergeht längere Zeit, bevor die Splitter durch entzündliche 
Vorgänge in die Blase gelangen. Dasselbe ist der Fall bei den Kugeln. 
Diese haben an und für sich eine längere Pause zwischen Schuß- und 
Blasenerscheinungen, da die Kugeln weniger reizen. Am auf- 
fallendsten sind die Pausen bei Sequestern nach Coxitis, Ostits 
der Beckenknochen und der Wirbel, da die Sequester an sich 
lange zum AbstoBen gebrauchen und hier entzündliche Vorgäuge 
um die Blase den Eingang vermitteln. In diesem Falle werden immer 
die Erscheinungen von Perieystitis vorausgehen. — Erscheinungen: 


— 617 — 


Sohald der Fremdkörper in die. Blase gelangt ist, tritt häufiger Harn- 
drang auf, wenn er nicht schon während des Verweilens des Fremd- 
körpers in der Harnröhre vorhanden war. Alsbald wird der Harndrang 
und die Harnentleerung schmerzhaft: dies um so mehr, wenn der Fremd- 
körper ein Hindernis der Harnentleerung abgiebt. Im entgegengesetzten 
Falle kann die Harnentleerung sogar in Incontinenz übergehen. Es legt 
sich die Blase alsdann fest um den Fremdkörper an und wird gereizt. 
Besonders heftige Reizung der Blase erfolgt, wenn spitze Körper in die 
Blase cinstechen. Nur ausnahmsweise legt sich die Blase um rundliche 
Körper fest an. — Die schwersten Complicationen entstehen 
durch das Einstechen spitzer Körper in oder durch die Blasenwand. Je 
weiter der fremde Körper in das subperitoneale Gewebe reicht, um so 
gefährlicher ist der Verlauf. Bei der Zartheit der Wand des Harnleiters 
erklärt sich die Ausbreitung der Entzündung auf das umgebende Zell- 
rewebe leicht, um so mehr, als es feste Körper sind. welche gleichzeitig 
Schorfe an der Wand erzeugen. Dasselbe gilt von der Einlagerung in 
die Zellen der Blase. Je länger der fremde Körper in der Blase bleibt. 
um so leiehter pflanzt sieh die Entzündung nach oben auf das Nieren- 
berken und die Niere fort und schafft dadurch neue schwere Complica- 
tionen, welehe zur Urämie führen. Wesentlich begünstigt wird die 
Entzündung der Blase, wenn vor dem Eindringen des Fremdkörpers 
schon Reizung der Blase vorhanden war.. Man kann dieses am besten 
bei Fremdkörpern beobachten, welche bei Behandlung der Verenge- 
rungen in der Harnröhre abbrachen und in die Blase gelangten. Daß 
eine Steigerung der Erscheinungen eintritt, wenn sieh um die Fremd- 
körper große Steine entwickelt haben, bedarf keiner weiteren Ausein- 
andersetzung. Was die schweren Complicationen von Seiten der Harn- 
wöhre anlangt, so sind sie um so eher zu erwarten, wenn der Fremd- 
körper bis in diese reicht, sich daselbst anstemmend oder einstechend. 
Ebense wenn gewaltsame Entfernungsversuche mit Zerreißung der 
Wand gemacht worden waren. — Bezüglich der Perieystitis fügt Verf. 
noeh hinzu, daß sich der Absceß in die Blase oder in den Mastdarm mit 
Ahnahme der Erscheinungen zwar entleeren, sich aber wieder füllen 
kann. Wurde ein eingestochener Körper entfernt, so kaun sieh an der 
Stelle des Stiches nachträglich ein AbsceßB bilden. Was die Diagnose 
anlanırt, so dürfte dieselbe für Fremdkörper in der Harnröhre im all- 
gemeinen nicht schwer sein: anders gestalten sich die Verhältnisse in 
der Blase. Bei der Untersuchung muß vor allem jede Möglichkeit des 
Hineinschiebens der Freindkörper aus der Harnröhre in die Blase be- 
seitiet werden. Ein Assistent soll daher immer einen Fingerdruck in 
der schon angegebenen Weise ausüben. Da die Kranken sich scheuen, 
den wahren Grund des Einführens der Körper anzugeben, so liegen meist 
falsche oder gar keine Angaben in dieser Richtung vor, oder solche, 
welche den Arzt irreführen können; die Untersuchung an der Harnröhre 
wird, um ein Hineinschlüpfen zu vermeiden, am besten von hinten nach 


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vorne vorgenommen. Ist der Fremdkörper hart und längrlich, so wird 
die Härte der llarnröhre leieht AufsehlußB darüber geben. Je kleiner 
ein harter Gegenstand ist, um so umschriebener ist die Härte. und 
nicht selten wird man beim seitlichen Druck auf die Harnröhre eine 
Versehiebbarkeit der Härte, d. h. des Körpers, wahrnelımen können: ein 
Umstand, der für die Behandlnug von großem Wert ist. Je dünner der 
Körper ist, um so stärker muß der Druck, am besten von beiden Seiten, 
und nachher gegen die obere Wand der harten Harnröhre angewandt 
werden. Auf diese Weise wird es möglich, geknöpfte, selbst dünne Näh- 
nadeln zu entdecken. Sind die länglichen Körper weich, z. B. Ptlanzen- 
stiele, Kautschukröhren, welche sich zusammendriicken lassen, so wird das 
Gefühl der Härte nieht immer ausgesprochen sein; dagegen wird eine 
gewisse Elasticität beim Druck neben der Unmöglichkeit, die obere 
Wand der Harnröhre zu fühlen, und Wiederkehr der Schwellung der 
Harnrôhre nach Aufhören des Druckes auf den Körper führen. Un- 
regelmäßige Körper geben eine gleichmäßige Härte. Im häutiren und 
hängenden Teile wird die Wahrnehmung leicht sein; nieht so in dem 
Teile hinter dem Hodensacke, welcher daher nach vorne und nach hinten 
verschoben werden muß, um diese Giegend deutlich abtasten zu können. 
Weniger deutlich wird die Härte im prostatischen Teile der Harnröhre 
hervortreten. Doch wird auch bei etwas stärkerem Drucke, selbst bei 
Vergrößerung der Vorsteherdrüse bei Rücksiehtnahme auf die Gestalt- 
veränderung des Sulcus prostatieus die Diagnose keine sonderlichen 
Schwierigkeiten bereiten. Die Härte au der Blase zu fühlen. wird von 
der Lage des Fremdkörpers abhängen. Eine gute Riehtschnur giebt die 
subjective und die Druckempfindlichkeit. Schon ohne bestehende Ent- 
ziiudung der Harnréhre haben die Kranken ein bestimmtes Gefühl an der 
Stelle, welches Gefühl, wenn es sich um spitze oder unregelmäßire 
Körper handelt, in der Form von Stichen auftritt: insbesondere bei Be- 
werungen und immer an dersetben Stelle. Dasselbe ist der Fall bei der 
manuellen Untersuchung. Oft ist das Auftreten der Schmerzempfinduux 
an derselben Stelle das einzige Zeichen des Vorhandenseins einer 
kurzen, dünnen Nadel. Bei bestehender entzündlicher Reizung werden 
die Ausbreitung und Heftickeit des Sehmerzes über die Ausdehnune des 
Körpers Aufschluß geben. In jenen Fällen, in denen es sich um eine 
Verletzung der Harnröhre handelt, zeigt sich nicht selten an dieser 
Stelle eine ödematöse Schwellung der Haut oder auch eine Verhärtunr. 
Nicht unberücksichtigt -dürfen jene Schmerzempfindungen bleiben, 
welche sich bei Verlängerung, Verkürzung oder bei Verbiegungen des 
Gliedes zeigen. Während die angegebenen Erscheinungen bei Fremd- 
körpern in der Harnröhre constant sind, ist dies bei jenen der Blase nicht 
der Fall. In zahlreichen Fällen befand sieh ein Fremdkörper oft längere 
Zeit in der Blase, ohne wesentliche Erscheinungen hervorzurufen, da die 
Reizung der Blase als entzündliche von der Menge der gleichzeitig ein- 
gedrungenen Mikroben abhängt. In solchen Fällen fehlt auch die locale 


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Empfindlichkeit. Nur in jenen Fällen, in welchen die Blase verletzt 
wird, sei es durch Anstemmen des Fremdkörpers an die Blasenwand, 
dureh Einstechen in dieselbe oder Schorfbildung, trifft man locale Druck- 
empfindlichkeit. Hierbei ist das Verhältnis der Empfindlichkeit zum 
Füllungszustande der Blase zu berücksichtigen. Dieselbe wird sich 
steigern bei leerer Blase und vermindern bei Füllung derselben, wobei 
man aber doch berücksichtigen muß, daß z. B. am Einstiehspunkte immer 
eine gewisse, meist nur subjeetive unangenehme Empfindlichkeit be- 
steht. Die genannten Erscheinungen werden bei bimanueller Unter- 
suchung der Blase deutlicher hervortreten. Will man bei der Unter- 
suchung der Blase eine gewisse Sicherheit haben, so ist es notwendig, 
die Untersuchung bei verschiedenen Füllungsgraden vorzunehmen. 
Weiche. elastische Körper legen sieh leicht an die Blasenwand an und 
werden vom Untersucher iibersehen. Ist die Blase zusammengezogen, 
so legen sie.sich zwischen die Falten der Blase oder lagern sich in die 
Vertiefungen der hypertrophischen Blasenwand. Ist die Vorsteherdrüse 
in ihrem Mittellappen vergrößert, so bildet sich nicht selten hinter dem 
Lappen eine Grube, in welehe sich Fremdkörper einlagern können und 
für das Untersuchungsinstrument nicht zugänglich sind. Ist die Ver- 
erößerung eine wallartige, so kann die Einlagerung auch seitlich er- 
folgen. Legt sich überdies die Blasenwand bei vollständiger Entleerung 
an den Lappen an und schließt die Grube, oder die seitlichen Furcehen 
zu einem Hohlraum ab, so wird ein Uebersehen des Fremdkörpers um so 
leiehter möglich sein. Selten werden Fremdkörper am Scheitel der 
Blase, wenn sie leer ist, gefunden, wohl aber können dieselben bei Füllung 
der Blase nach oben steigen. — Das verbreitetste und häufigste Unter- 
suchungsmittel ist die Sonde oder die eigentlichen Instrumente zum Auf- 
suchen der Blasensteine. Die letzteren bestehen aus einem Katheter 
mjt kurzer Kriimmung und einem Schafte am äußeren Teile des In- 
struments, um dasselbe besser halten zu können. Abgesehen von den 
Schwierigkeiten beim Einführen kann das Instrument den Fremdkörper 
nicht wahrnehmen. In der Harnröhre kann dieses der Fall sein, wenn 
mfolge der Eiterung die Harnröhrenwand zerstört ist und wenn der 
Fremdkörper gleichsam außerhalb der Harnröhre liegt. Kleine Körper 
können sich hinter einer Schleimhautfalte lagern und beim Einschieben 
des Instrumentes von dieser verdeckt werden. In der Blase werden die 
Fremdkörper infolge der oben angegebenen Einlagerung leicht über- 
sehen: insbesondere an sich weiche oder erweichte Körper. Behufs 
der Diagnose muß insbesondere auf ein kratzendes Gefüll geachtet 
werden, welches beim Hinüberzleiten des Instrumentes über den Fremd- 
körper auftritt, da die meisten Fremdkörper sich auch mit Harnsalzen 
belegen. In zweifelhaften Fällen muß die Untersuchung wiederholt 
werden. Eine wesentliche Unterstützung beim Aufsuchen der Fremd- 
körper gewährt die gleichzeitige Betastung der Harnröhre von außen 
oder bezüglich der tieferen Teile durch den Mastdarm. Vermöge der 


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vielen Vertiefungen, welche sich im prostatischen Teile der Harnröhre 
finden, können sich kleine runde Körper leicht ın denselben einlagern 
und übersehen werden. In der Blase selbst werden Körper, welche 
hinter den vergrößerten Lappen der Vorsteherdrüse in Divertikeln liegen. 
leicht übersehen. Es ist daher die Aufgabe, jeden "Feil der Blasenwand 
möglichst genau abzutasten. Schwierigkeiten für die Untersuchung 
mit der Sonde bereiten Harnröhrenverengerungen, die vor einer genauen 
Untersuchung beseitigt werden müssen. Bestehen Fisteln, so kann die 
Sonde durch diese, im gegebenen Fall nach Erweiterung derselben, ein- 
geführt werden. In manchen Fällen wird es in der Blase nicht möglich 
sein, Fremdkörper, welche in der Blase fest anliegen, von den harten 
Trabekeln unterscheiden zu können. Von besandereın Vorteil hat sich bei 
Fremdkörpern die Endoskopie gezeigt, sowohl in der Harnröhre als auch 
in der Blase. Es wurden auf diese Weise Fremdkörper gefunden, welche 
allen anderen Untersuchungsmethoden entgangen waren. -Nicht nur, daß 
Fremdkörper vorhanden sind, ermittelt. man, sondern man erhält auch 
bestimmte Auskunft über die genaue Lage der Fremdkörper und deren 
Beschaffenheit, welche die folgende Operation erleichtern, wenn es nicht 
möglich ist, die Körper durch das Cystoskop zu entfernen. Die Vorteile 
treten mit der häufigeren Anwendung der Endoskopie immer mehr hervor. 
Von nieht zu unterschätzendem Werte ist die Beobachtung der aus dem 
Harnleiter austretenden Flüssigkeit als diagnostisches Hilfsmittel für Er- 
krankungen der höher gelegenen Harnorgane. Auch die Untersuchung 
mit Röntgenstrahlen hat das Auffinden der Fremdkörper ermöglicht. So 
fand Bougle&, daß elastische Katlıeter einen Schatten geben. Stein- 
bildungen um Fremdkörper lassen sich ebenfalls auf diese Weise nach- 
weisen. | 

Bezüglich der Diagnose sind wir in der Mehrzahl der Falle auf 
die objectiven Erscheinungen angewiesen, da die Kranken aus Scham 
selir oft uurichtige Angaben machen. Die Differentialdiagnose wird sich 
an der Harnröhre auf die entzündlichen Erkrankungen derselben be- 
sehränken, und können diese, wenn sie als Folge des Fremdkörpers auf- 
treten, leicht zu Täuschungen Veranlassung geben, um so mehr, je weiter 
der Körper in die Wand der Harnröhre eingelagert oder selbst in einen 
periurethralen Absceß enthalten ist. Verengerungen der Harnröhre 
können leicht fremde Körper übersehen lassen, wenn diese nieht in Jer 
Verengerung stecken bleiben und zur Harnverhaltung Veranlassung 
geben. Dasselbe gilt von der Vergrößerung der Vorsteherdrüse und 
den entzündlichen Erkrankungen der Blase. Eine besondere Berürk- 
siehtigung verdienen Aenderungen der Erscheinungen, d. h. das Auf- 
treten der Blasenerscheinungen nach den Harnröhrenerscheinungen, weil 
sie anzeigen, daß der Fremdkörper in die Blase eingedrungen ist. Wohl 
ruft der Fremdkörper in der Harnröhre Erscheinungen auch von Seiten 
der Blase hervor: doch steigern sich dieselben meist mit dem Eintritte 
des Körpers in die Blase. Doch auch hier giebt es Ausnahmen. Wenn 


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ein Körper die Harnröhre vollständig ausfüllt oder im Blasenhalse ge- 
lagert ist, so kann Harnverhaltung die Folge sein. Mit dem Eintritte 
des Körpers in die Blase kann der Kranke den Harn wieder frei lassen. 
Bei plötzlichem Auftreten von Blasenerscheinungen ohne direct auf- 
findbare Ursachen wird man bei vorausgegangener Verletzung des 
Mitteltleisches, des Beckens, der Unterbauchgegend, sowie bei entzünd- 
lichen Knochenerkrankungen an den Eintritt eines Fremdkörpers in die 
Blase (Kugeln, Knochenstücke) denken müssen. Schwierig wird es sein, 
eine primäre Steinbildung in der Blase von der secundären Incrustation 
der Fremdkörper zu unterscheiden, wenn sich das Einführen eines 
Fremedkörpers nicht ermitteln läßt. Hier kann die Endoskopie wesent- 
liche Dienste leisten, denn die Angabe, daB mit der Anlagerung der Harn- 
salze immer eime Verschlimmerung der Blasenerscheinungen eintrete, ist 
nicht immer richtig, da die Ablagerung oft erst eintritt, wenn sich die 
bestehende Erkrankung der Blase infolge irgend einer Ursache ver- 
schlimmert hat und der Harn insbesondere alkalisch geworden ist. Wie 
aus den oben angegebenen Erscheinungen und deren Wechsel hervor- 
geht, ist der Verlauf der Folgen des Einführens der Körper kein stetiger, 
d. h. sobald der Fremdkörper eingeführt ist, müssen die Erscheinungen 
nieht in einer steten Reihenfolge erscheinen. Schon dadurch, daß die 
ersten Erscheinungen oft so gering sind, daß die Kranken sie 
übersehen wollen oder nicht berücksichtigen, kann der Arzt 
oft erst spät zur Kenntnis der Erkrankung kommen. Auch in jenen 
Fällen. in welchen die Erscheinungen. bedingt dureh directe Ver- 
letzunzen, nachließBen und erst später mit besonderer Heftigkeit auf- 
traten, kann eine Irreführungz sehr leicht erfolgen. Noch mehr gilt dies 
von der oben angegebenen Verletzung der Blase, wenn die Fremd- 
körper erst nachträglich in die Blase eintreten. So sieht man bei Schuß- 
verletzungen die Wunde oft in verhältnismäßig kurzer Zeit anstandslos 
heilen und die Erscheinungen oft erst nach langer Zeit wieder auf- 
treten. und hier oft blos unter den Erscheinungen der Entzündung des 
Zellgewebes um die Blase (bei Schußverletzunge der Umgebung ohne 
Verletzung der Blase, bei Schüssen ohne AusschuBôffnung und bei ent- 
zündlichen Knochenerkrankungen). Wenn auch mit dem Eintritt des 
Fremdkörpers in die Blase heftige Erscheinungen auftreten. so können 
dieselben unter symptomatischer Behandlung anfanıes nachlassen, bis die 
eiventhche Reizung der Blase hervortritt, wie schon oben mitgeteilt 
wurde. Fast constant ist der Verlauf der Erscheinungen bei Fremd- 
körpern der Harnröhre: localer Schmerz als direete Wirkung des Ein- 
führens, Erscheinungen dureh die Größe und Beschaffenheit des Körpers 
bedingt. Ihnen folgt bald die entzündliche Reizung: Urethritis anit 
eitrigem, meist blutigem AustluB, Cavernitis urethrae, Periurethritis, 
(iangrän des Gliedes und Hodensackes mit oder ohne Harninfiltration, 
Bildung groBer Abseesse, selbst Pyimie und Tod. Einen nieht so regel- 
mäßigen Verlauf können wir bei Fremdkôrpern der Harnblase beob- 


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achten, da die Erscheinungen häufig von der Lage des Fremdkörpers ab- 
hängen, welche wechselnd sein kann. Kommt es nicht zur Entwicklung 
von Pericystitis, Perforation der Blase und Peritonitis, so sind es ins- 
besondere die Erkrankungen der höheren Harnorgane, welche den Ver- 
lauf beeinflussen und die schwersten Complicationen bedingen und den 
Tod herbeiführen. Bei der großen Zahl der Fremdkörper ist es doch 
auffallend, wie selten Todesfälle im Verlauf der Krankheit eintreten. 
An der Harnröhre mag dies wohl der Grund sein, daß die Erscheinungen 
leichter zu Gesicht kommen. Ein klares Bild des Verlaufes geben jene 
Fälle, in welchen die Erkrankung zum Tode führte. Es müssen hierbei 
die Fremdkörper der Harnröhre von jenen der Blase gesondert werden, 
da der EinfluB beider infolge des verschiedenen Baues der Organe ein 
wesentlich verschiedener ist. Im ersteren Falle liegt die Gefahr in einer 
Steigerung der entzündlichen Zufälle; im letzteren in der Zerstörung 
der höher gelegenen Harnorgane im allgemeinen. Nichtsdestoweniger 
wird man im letzteren Falle, wenn die mechanische Wirkung des Fremd- 
körpers auf die Blasenwand stark ist, auch hier die gefährlichsten Ent- 
zindungsprocesse treffen. Die Entfernung des Fremdkörpers soll so 
rasch wie möglich vorgenommen werden, da spontane Ausstoßung des- 
selben verhältnismäßig selten erfolgt. 

Die Behandlung wird in der größten Zahl der Fälle eine operative 
sein müssen. Vor allem muB daranf Rücksicht genommen werden. daß 
die Fremdkörper die Tendenz haben, in die Blase :zu sehlüpfen. Es ist 
daher die erste Aufgabe. diesem Umstande entgegen zu arbeiten, d. h. 
den Fremdkörper zu fixiren. Liegt derselbe vor dem häutigen Teile, so 
könne man das Zurückschlüpfen hindern, wenn man die Harnröhre hinter 
dem Körper von beiden Seiten her zusammendrückt oder von hinten her 
einen starken Druck auf den Bulbus in der Richtung von hinten nach 
vorne ausübt. Reicht dagegen der Fremdkörper bis in den häutigen oder 


prostatischen Teil, so wird der Druck mit dem Finger vom Mastdarm 
aus, am besten gegen den oberen Rand der Vorsteherdrüse ausgeübt. 


Klemmen an die Harnröhre anzulegen, kann nur im hängenden Teile der 
Harnröhre ausgeführt werden, kann aber leicht zu Quetschungen der 
Harnröhre Veranlassung geben. Bei weichen Körpern kann eine Be- 
festigung der Körper mittels einer durch sie und die Harnröhre dureh- 
gestochenen Nadel erfolgen. Die dadureli gesetzte Verletzung ist un- 
bedeutend und nach Erfahrung des Verfassers ohne Nachteil. Sie ist 
sicherer als die einfachste Compression der Harnröhre. Im vorderen Teile 
der Harnröhre kann das Umlegen eines Kautschukringes den Assistenten 
ersetzen. Eine weitere Forderung bei der Behandlung der Fremd- 
körper ist die möglichst rasche Entfernung derselben, da besonders an 
der Harnröhre schwere Veränderungen erfolgen. Bezüglich der Harn- 
röhre müssen kurze, rundliche Körper, spitze und lange stumpfe Körper 
unterschieden werden. Reliquet unterscheidet: 1. runde und ob- 
longe Körper, welche zerstückelt oder zerbrochen werden können; 


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2. lange, holle, welche gefaltet oder zerschnitten werden können; 
3. lange, harte, welche zerschnitten oder zerbrochen; 4. lange, starre, 
welche nicht zerschnitten oder zerbrochen werden können; 5. lange 
rigide, zerreibliche, zum Falten, ein- oder zweispitzige, mit scharfen Vor- 
springern versehene, mit denen sie an der Wand haften bleiben. 

Rundliche Körper suche man zunächst von hinten nach vorne zu 
schieben, wenigstens bis zur äußeren Harnröhrenöffnung, da sie damn 
leicht ausgezogen werden können, eventuell mit Spaltung der Mündung. 
Das Vorschieben kann durch Einspritzen von Oel in die Harnröhre er- 
leichtert werden, während beim Ausziehen dieses zu vermeiden ist, da die 
Instrumente dann leicht abgleiten. Bei allen Operationen soll der Kranke, 
sich möglichst ruhig halten, um das Entschlüpfen oder das Hinein- 
schlüpfen in die Blase zu vermeiden. Gelingt dieses nicht, so kommt 
die Entfernung mit Instrumenten an die Reihe. Liegen dieselben weit 
vorne und sind sie beweglich, so ist das Fassen derselben nicht schwer: 
sind sie jedoch fest eingekeilt, so können sie dadurch beweglicher ge- 
macht werden, daB sie mit größter Vorsicht und Fixirung der Harnröhre 
hinter dem Fremdkörper etwas nach rückwärts geschoben werden, um 
in einem weiteren Teile der Harnröhre gefaßt zu werden. Bestehen 
sie aus einer weicheren Masse, so kann man versuchen, dieselben 
zu zerbröckeln (Paraffin); ebenso andere runde Körper. -- Von beson- 
derem Vorteil für die Behandlung der Fremdkörper ist die Endoskopie. 
Nicht nur, daß sie Ober die Art des Fremdkörpers und dessen Lage Auf- 
schluß giebt, sie wird mit zunehmender Anwendung auch sehr oft die 
Möglichkeit gewähren, die Fremdkörper durch das Endoskop zu ent- 
fernen. Die Versuche des Ausziehens der Fremdkörper dureh ver- 
schiedene Instrumente sollen nieht zu lange oder gewaltsam fortgesetzt 
werden, sondern die blutige Entfernung vorgezogen werden. Es giebt 
jedoch Fälle, in welchen die letztere Operation von vornherein angezeigt 
erscheint, und zwar: 1. bei inerustirten Fremdkörpern, um das Abstreifen 
der Auflagerungen hintanzuhalten; 2. wenn es zur Abscedirung gekommen 
ist: bei Knochenstücken; 3. bei Gangrän des Gliedes, Hodensackes, 
Mitteltleisches; 4. bei bestehenden Fisteln: 5. bei Körpern, welche die 
Harnröhre stark vorwölben oder bereits durehstochen haben: 6. bei in 
den tieferen Teilen der IHarnröhre eingekeilten Fremdkörpern: T. bei in 
Hanröhrenverengerungen unbeweglich sitzenden Körpern. 

Bei der Behandlung der Fremdkörper der Blase kommen mehrere 
Umstände in Betracht wodurch sich diese wesentlich anders gestaltet 
als an der Harnréhre. Vor allem ist es die Incrustation und Steinbildung. 
Incrustiren sich weiche Körper, so lassen sich die Anlagerungen durch 
die Zange oder am besten mit dem Lithotriptor absprengen, und kann der 
weiche Körper mittels Zangen oder anderer Instrumente ausgezogen 
werden, wenn es nieht gelungen war, den Körper samt den Incrustationen 
zu entfernen. Schwieriger gestalten sich die Verhältnisse bei Auf- 
lagerungen um feste Körper. Sind diese rund und zerteilbar, so wird 


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man den Lithotriptor mit Vorteil verwenden und zugleich den Fremd- 
körper zertrümmern können. Sind aber die Fremdkörper unzerteilbar 
und länglich, dann wird es wohl manchmal gelingen, sie aus- 
zuziehen; in der Mehrzahl der Fälle werden die Auflagerungen abge- 
streift werden können, während der Fremdkörper selbst ausgezoren 
werden kann, meist wird aber dessen Entfernung durch blutige Opera- 
tionen nötig sein. Haben sich vollständige Steine entwickelt, so fragt es 
sich, ob die Auflagerung und der Fremdkörper selbst zertrümmert 
werden können oder nicht. Im ersten Falle gleicht die Entfernung einer 
Lithotripsie; ım zweiten dagegen muß man zum Schnitt greifen. Von 
wesentlichem Einfluß ist die Ausdehnung des Fremdkörpers. Liegt 
derselbe noch teilweise in der Harnröhre, so kann man mit den oben 
angegebenen Verfahren ausreiohen. Muß man zu blutigen Eingriffeu 
übergehen, so sind dieselben einfacher und beziehen sich auf einen Fin- 
schnitt (auf den llarnröhreuschnitt am Mittelfleische), seltener wird der 
Blasenschnitt gemacht werden missen, Bei Fremdkörpern, welche in 
der Blase selbst liegen, kommen jene Verhältnisse in Betracht, welche 
schon oben bezüglich der Lage und der Veränderung bei den ver- 
schiedenen Füllungszuständen angegeben wurden. Besonders erschwe- 
rend für die Behandlung ist das Einstechen und Festhalten der Körper in 
der Blase. Durch beide Umstände wird die Behandlung wesentlich er- 
schwert. Es wurde schon bei der Behandlung der Fremdkörper der 
Harnröhre die Erschwerung derselben durch die entzündlichen Processe 
in der Umgebung dieser Teile hervorgehoben. Von noch größerem Ein- 
luß sind aber die entzündlichen Vorgänge in der Umgebung der Blase; 
einerseits durch die Gefahr des Durchbruches in den Bauchfellraum 
oder die begleitenden peritonitischen Erscheinungen, andererseits durch 
die Fortleitung auf die höher gelegenen Teile in der Bauchhöhle. Welche 
Gefahren die Erkrankungen der höher gelegenen Teile der Harnorgane 
bedingen, tritt am deutlichsten hervor, wenn man die Todesfälle vor 
oder nach einer Operation betrachtet. Ein nicht zu unterschätzender 
Umstand ist die Lageveränderung der Fremdkörper bei den verschiedenen 
Füllungszuständen der Blase und das Verhältnis der Fixirung der 
Fremdkörper an der Blasenwand. Man sieht daraus, um wie viel com- 
plicirter sich die Behandlung der Fremdkörper der Harnblase gestalten 
kann. Fast jeder einzelne Fall bietet Sonderheiten, welche den Arzt 
überraschen können. Das Ausziehen der Körper wird teils mit den- 
selben, teils mit eigenen zu dem Zwecke gearbeiteten Instrumenten vor- 
genommen. Das Ausziehen mit den Zangen bietet insofern Schwierig- 
keiten, als dieselben meist nicht hinlänglich lang sind: andererseits. da 
sie sehr schwächlich gearbeitet sirid, nicht genug Festigkeit besitzen.. 
um die nötige Kraft zum Festhalten der Fremdkörper ausüben zu 
können. Dieselben federn zu stark. Man sieht daher, daß an Stelle der 
Zangen die Lithotriptoren treten, welche nicht nur den nötigen Wider- 
stand beim Ausziehen bieten, sondern die Auflagerung und den Fremd- 


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körper selbst zerteilen. Gewôhnlich wird ein Lithotriptor mit flachen, 
kurzen Branchen genommen. Bezüglich der Zange kommen meist die 
complicirteren und stärkeren in Anwendung. Für Kôrper, welche sich 
nicht mit dem Lithotriptor zerteilen lassen, z. B. Bleikugeln, hat Réli- 
quet nach Caudmont ein eigenes Instrument angegeben. Es besteht 
aus einem Lithotriptor, dessen männlicher Teil eine dreikantige,. an der 
freieu Seite schneidende Leiste trägt. "Während der Freindkörper an den 
weiblichen Teil angedrückt wird, durchschneidet ihn die scharfe Kante. 
Dieses Instrument eignet sich auch fiir Knochen- und Holzstiicke. Bet 
Fremdkörpern, welche in der Flüssigkeit schwimmen, hängt die Lage 
von der Füllung der Blase ab und können selbe, wenn sie vom Blasen- 
halse entfernt sind, schwer gefaßt werden. Es wurde daher der Vor- 
schlag gemacht, die Blase statt mit Wasser mit Luft zu füllen, da damı 
der Fremdkörper immer in der Nähe des Blasenhalses liegen bleibt. — 
Für rundliche Körper hat man wie für Nierensteine das Auspumpen mit 
dem Exhaustor empfohlen. Hierbei muß aber der Druck ein sehr starker 
sein. der dem Kranken unangenehm werden kann. Immerhin lohnt es 
sich, den Versuch zu machen. Weiche Katheter, wenn sie nur einen 
geringen Durchmesser haben, können leicht mit einem Lithotriptor aus- 
gezogen werden. Ä M. Lubowski. 


E. W. Kistjakowski: Ueber die Wirkung des Urotropins. 
(Med. Woche 1906, No. 31.) 


_ Verfasser hat das Urotropin bei acuten und ehronischen gonorrhoi- 
schen Urethritiden, sowie bei Uystitiden verschiedener Provenienz an- 
gewendet und niemals irgend welche Complieationen erlebt. Bei der 
Behandlung der Urethritis wurde neben dem Urotropin auch die 
locale Behandlung angewendet. Infolgedessen ist es schwer, sich kate- 
goriselı darüber zu äußern, welcher Teil des Erfolges auf Rechnung des 
Urotropins in jedem einzelnen Falle gesetzt werden muß. Vergleicht man 
aber die Dauer der Behandlung bei zwei Gruppen von Kranken, von denen 
die eine Urotropin erhielt, die andere aber nicht, so hat man den Eindruck, 
daB die Behandlung der ersten Gruppe rascher vor sich ging und seltener 
von Complicationen (Reizung des Blasenhalses, Epididymitis ete.) be- 
gleitet wurde, als die Behandlung der zweiten Gruppe. Bei Cystitiden 
war die günstige Wirkung des Urotropins weit auffälliger und hatte in 
manchen Fällen sogar den Charakter und die Beweiskraft eines Expert- 
ments, da Verfasser den betreffenden Patienten nur Urotropin allein be- 
hufs präventiver Desinfection des Harns verordnete und sieh jeder loralen 
Behandlung enthielt. In der Mehrzahl der Fälle ließen die Schmerzen 
nach. der Harndrang wurde seltener und der Harn wurde, indem sich 
dessen alkalische Reaction in eine saure verwandelte, reiner und klarer. 

Besonders lehrreieh ist folgender, vom Verfasser beobachtete Fall: 
1. Februar 1905. Der Gemeine Tseh. wurde vom Moskauer Militär- 
Hospital der Sanitätsstation zu Slawiansk überwiesen. Der Patient giebt 


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an, daß er im Juli 1904 Urethritis acquirirt habe. in 14 Tagen aber ge- 
nesen sei (?). Am 17. December stellte sich nach reiehlichem Schnaps- 
venuB wieder AusfluB ein. Am 24. December wurde der Patient plötzlich 
während der Arbeit bewuBtlos und infolgedessen nach dem Moskauer 
Militärhospital transportirt, wo Erscheinungen von acuter Cystitis con- 
statirt wurden. Der Patient bekam Salol und Chinin. Während der 
letzten zwei Jahre vor der Erkrankung hat er in der Buchdruckerei ge- 
arbeitet. wobei er die Bleiformen für den Stereotypiedruck zu gießen 
hatte. Diese Arbeit hat die Gesundheit des Patienten in hohem MaBe 
angegriffen: er wurde mager, es stellte sich Obstipation ein. der Appetit 
verringerte sich. 

Statuspraesens: Der Patient macht den Eindruck eines Schwer- 
kranken, ist außerordentlich abgemagert und blutarm. Herztöne dumpf. 
Atmungsgzeräusche rauh, mit trockenen Rasselgeräuschen. Milz ver- 
erößert und ragt eine Querfingerbreite über den Rippenrand hinaus. Aus 
dem Urethralkanal reichlicher eitriger AusfluB. Harn trübe, mit reich- 
lichem, rotlichem Tiederschlag. Der Patient urinirt häufig, tropfenweise, 
unter Sehmerzen. Die Prostata erweist sich bei der Untersuchung per 
rectum als mittelmaiBig vergréBert und sehmerzhaft. Tm Harn fand man 
Staphylokokken in groBer Anzahl und noch eine Bacterienart, deren Cha- 
rakter näher zu bestimmen leider nieht gelang. Temperatur 38,7—39.0°. 
Behandlung: Salol 0.6 g, vier Pulver, und Chinin 0.3 g. zwei Pulver tig- 
lieh: außerdem blande Diät. 2.—7. Februar: Keine besonderen Ver- 
änderungen. Temperatur Morgens 375-—40.1°, Abends 373-413". 
8. Februar: Der Patient kann des Nachts wegen häufigen und schmerz- 
haften Harndrangs nieht schlafen, so daB ihm vor dem Sehlafengehen 
Morphium (0,01 g) gegeben werden mußte. Temperatur 37.4399”. 
10. Februar: Schlaf dank dem Morphium besser. Die Cystitis zeigt aber 
keine Veränderung. Infolgedessen werden Salol, Chinin und Morphium 
ausgesetzt und statt dessen 0,5 g Urotropin viermal täglich verordnet. 
Temperatur 37,4—379”. 11. Februar: Schmerzen bei der Harnentleerung 
geringer. Temperatur 37,4--389°. 12. Februar: Unbedeutender AusfluB 
aus der Harnröhre. Harn vollständig klar, enthält Fäden. Schmerzen 
überhaupt nieht vorhanden. Temperatur 36,5—36,6'. 13. Februar: Sub- 
Jeetives Befinden vorzüglich. Temperatur normal. 19. Februar: In den 
Fäden wurden Gonokokken nicht mehr gefunden. Das Urotropin wird 
ausgesetzt. Kräftige Diät und Ferrum lacticum. 3. März: Der Patient 
hat in drei Wochen 12 Pfund an Körpergewicht zugenommen. 10. März: 
Kleiner Morgentropfen. Harn vollständig klar. enthält größere Fäden, 
in denen Gonokokken und Staphylokokken in groBer Anzahl gefunden 
wurden. Der Patient urinirt viermal tagsüber, des Naehts zweimal. 
Prostata’ vergrößert. leicht schmerzhaft. Behandlung: Massage der 
Prostata und Argentum nitricum. Instillationen. 

Welcher Mikroorganismus in diesem Falle die Cystitis verursacht hat. 
konnte leider nieht festgestellt werden. Mit gewisser Wahrscheinlichkeit 





— 621 — 


kann man aber die im Haru gefundenen Bacterien afs Colibacillen deuten. 
um so mehr, als die durch die Bleiintoxication herbeigeführte Obstipation 
das Hinüberwandern der Colibacillen aus dem Darm in die Harnwege be- 
viinstigt haben konnte. Die Cystitis, welche sieben Wochen lang gedauert 
hatte, hat hohes Fieber verursacht und dadurch Erschöpfung des Patien- 
ten herbeigeführt. Das Salol blieb ohne Wirkung; das Urotropin aber 
hat sich in diesem Falle als Speeifieum erwiesen: zwei Tage nach der 
Einnahme von 6—8 Pulvern zu 0,5 g Urotropin wurde der Harn normal, 


das Fieber verschwand, und der Patient begann sieh rasch zu erholen. 
M. Lubowski. 


Privatdocent Dr. med. Alexander Strubell: Ueber die physio- 
logischen und pharmakologischen Wirkungen des Yo- 
himbin Spiegel. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 37.) 


Verf. hat im Laboratorium von v. Basch eine Reihe von Tier- 
versuchen angestellt, die sich hauptsächlich auf die Herz- und Gefäß- 
wirkungen dieses Alkaloids beziehen, und dabei exact bewiesen, daß durch 
das Yohimbin die Blutversorgung des Centralnervensystems eine reich- 
lichere wird. Für die Theorie der Yohimbinwirkung ergiebt diese That- 
sache, daß eine der Hauptursachen der günstigen Wirkung dieses Alka- 
loids auf die männliche Potenz in dem gesteigerten Stoffwechsel des 
Centralnervensystems, also auch des Lendenmarkes zu suchen ist. Diese 
linger andauernde stärkere Durchströinung erschöpfter Nervencentren 
läßt es verstehen, daß nicht nur bei Neurasthenikern, sondern auch bei 
Leuten mit zweifellosen anatomischen Läsionen des Riickenmarkes, bei 
Tabikern, der Rest der noch vorhandenen Potenz gestärkt und wesentlich 
verbessert gefunden wurde. Natürlich setzt ein solcher günstiger Erfolg 
voraus, daß noch ein zenügendes Ueberbleibsel von Gewebe des Ereec- 
tionscentrums functionsfähig geblieben ist. Inwieweit. dieser Einfluß sich 
auch auf das Ejaculationseentrum erstreckt, vermag Verf. nieht zu sagen, 
das ist auch insofern von geringerer Bedeutung, als wir ja wissen, daß 
die Störungen der männlichen Potenz stets mit einer Herabsetzung der 
Erectionen beginnen und erst bei den höheren und höchsten Graden auch 
die Ejaculation leidet. Eine andere Frage ist es, ob auch in den, wenig- 
stens bei den Tierversuchen deutlieh praller gefüllten Testikeln eine ver- 
mehrte Produetio seminis stattfindet. Versuche, die Verf. an gesunden 
Männern anstellte, lassen ihn an die Vermehrung des Ejaculations- 
ynantums glauben. Eine exacte Beweisführung würde die mikroskopische 
Untersuchung länger unter dem YohimbineinfluB stehender Testihel er- 
fordern, in denen man dann eine besonders rege Spermatogenese zu er- 
warten hätte. Verf. hofft, das nächstens noch nachzuholen. Eine kleine 
Reihe von Fällen, in denen der therapeutische Effect des Yohimbins ein 
recht günstiger war, steht auch Verf. zur Verfügung. Denselben Erfolg 
haben eine große Reihe anderer Autoren gehabt, wie die zahlreichen 
klinischen Publikationen beweisen. Das Yohimbin wurde angewendet bei 


Erkrankungen des Centralnervensystems, z. B. bei Tabes von Mendel. 
Ferner bei diabetischer Impotenz von Hirschfeld. Bei Alkoholikern 
sah Silberstein, bei Impotenz nach Bleiintoxication Euler- 
Rotte, naeh Bromvergiftung Silberstein guten Erfolg. Die 
meisten klinischen Publikationen) beschiiftizgen sieh naturgemäß mit der 
neurasthenischen Form der Impotenz, von der Eulenburg sagt, daB 
das Yohimbin bet thr jede andere Form medicamentéser Behandlung tiber- 
flüssige macht. Weitere Erfolge sahen Berger, Duhot,Schalen- 
kamp-Cronbach, Weiss, di Lorenzo. d’Amato, Ba- 
rueceo,Kühn, Löwenfeld, Mara ELLI Munoz, Posner, 
Vecki, W angh, Wilcox, Williamson. Alle diese Autoren 
sprechen sie h befriedigt, zam Teil sehr günstig über die Wirksamkeit des 
Yohimbins bei Neurasthenikern aus. ; 
Die gelegentlichen Mißerfolge des Mittels sind vielleicht darauf 
zurückzuführen, das dasselbe, wie Verf. auch im Experiment gesehen hat, 
bei manchen Individuen nicht an den Gefäßen angreift, daB die so überaus 
charakteristische Reaction derselben ausbleibt und daß besonders bei un- 
vorsichtiger Dosirung das Herz betroffen wird. Das wird jedenfalls am 
ersten bei Leuten mit weniger dehnbaren Gefäßen und labilem Herzen, 
in erster Linie bei Alkoholikern auftreten. Eine Beobachtung von Seitz 
spricht hierfür, ebenso wie Erfahrungen, die Verf. sammeln konnte. 
Verf. selbst würde bei inıpotenten Alkoholikern niemals wieder Yohimbın, 
sondern viel eher Stryelnin geben. Der Alkohol erweitert Ja ohnehin die 
Gefäße. Der eine Fall von Seitz bekam nach Yohimbineinnahme und 
Sectgenuß übermäßig starke Erectionen und starken linterhauptkopf- 
schmerz, also Hirndruckerscheinungen. Ueberhaupt möchte Verf. be- 
tonen, daß die Verwendung des Mittels, besonders im Anfang, mit aller 
Vorsicht zu geschehen hat. Kr. 


IL Harn und Stoffwechsel — Diabetes 


R. Luzzatto: Ueber die Natur und die Ursachen der Morphin- 
glykosurie. (Arch. f. experimentelle Pathol. u. Pharmakol. 1905, 
Bd. 52, H. 2.) 


Verf. resumirt die Ergebnisse seiner im Laboratorium für experimen- 
telle Pharmakologie zu Straßburg i. E. gemachten Beobachtungen 
folgendermaßen: 

1. Starke Morphingaben, subeutan oder intravenös eingespritzt, er- 
zeugen bei llunden und Kaninchen eine Glykosurie. 

2. Diese ist eine vorübergehende Erscheinung, da sie mit dem Auf- 
hören der Morphinwirkung vollständig verschwindet. 





— 623 — 


3. Die Glykosurie ist direct von einer Hyperglykämie abhängig. 

4. Die Nahrung hat keinen bedeutenden Einfluß auf die Starke des 
Reduktionsvermögens. | 

5. Ein längerer Hungerzustand verhindert das Zustandekommen der 
Gly kosurie. 4 

6. Durch vorsichtige allmähliche Gewöhnung an Morphin wird auch 
das Auftreten der Glykosurie verhindert. | 

1. Es scheint keine Beziehung zwischen Stoffwechselveräuderungen 
und Glykosurie zu bestehen. M. Lubowski. 


III. Gonorrhoe und Complicationen. 


A 


Privatdocent Dr. G. Nobl (Wien): Zur Klinik und Aetiologie 
der Deferentitis pelvica. Ein weiterer Beitrag zur Patho- 
genese der blennorrhoischen Samenleiter- und Nebenhodenentzündung. 
(Wiener klin. Rundschau 1906, No. 10 u. 11.) 


In der Reihe von Gelegenheitsursachen, welche das Zustandekommen 
der blennorrhoischen Nebeuhodenentzündung begünstigen, hat das Ueber- 
reifen des seropuruleuten Katarrhs auf den hinteren Harnröhren- 
abschnitt schon zu einer Zeit die unzeteilte Aufmerksamkeit auf sich ge- 
lenkt, in der nur von der klinischen Seite her, dureh die Feststellung der 
einzelnen Krankheitsetappen ein diirftiger Eimblick in die Pathologie zu 
sewinnen war, während die seither erzebnisreichen anatomischen und 
ätiologischen Forschungswege noch völlige unzugänglieh erschienen. Die 
consequente Verfolgung dieser ausnahmslos zutreffenden Verkettung 
beider Phänomene hat denn aueh in der Folge der Anschauung zu wider- 
spruchslosem Durcehbruche verholfen, daß die blennorrhoische Entzündung 
des Nebenhodens von der speeifischen Erkrankung des prostatischen Ab- 
schnittes der Harnröhre unmittelbar abhängig sei und als eine directe 
Complication des Processes angesprochen werden müsse, wobei aller- 
dings noch bei dem Mangel eines Nachweises der specifischen Krankheits- 
erreger in den Gewebsproducten, fiir die pathogenetische Auffassung der 
Alterationsform keine überzeugenden Grundlagen geschaffen waren, und 
die Ansichten über die ätiologischen Bedingungen der Epididymitis nach 
mehr als einer Richtung auseinandergingen. Erst die aus Jüngster Zeit 
stammenden Untersuchungsergebnisse haben die volle Gewißheit darüber 
verschafft, daß die im Verlaufe der Blennorrhoe sich manifestirende Er- 
krankung der Samenausführungswege eine specifische, d. h. dureh den 
Gonococcus selbst bedingte sei. 

Ehe noch die bacterielle Natur des Trippers erschlossen war und 
lange bevor die blennorrhoischen Gewebsproducte den Gegenstand der 





— 624 —. 


anatomischen Untersuehung abgeben konnten, war die Ansicht zur 
herrschenden geworden, daß die Verbreitung des Entzündungszustandes 
von der Harnröhre aus wohl nur aufJem Wege der anatomischen Conti- 
nuität erfolgen könne und die Inflammation des Nebenhodens daher in 
einem Uebergreifen des Processes von der Pars prostatica auf den Ductus 
ejucolatorius resp. das Vas deferens seine Vorbedingung haben müsse. 
Die Berechtigung dieser Voraussetzung hat in der Folge mit den genauen 
Aufschlüssen über den Infectionsmodus und die Ausbreitungsart des 
ascendirenden Katarrhs stets reelleren Boden gewonnen. So ist zunächst 
aus der Untersuchung der verschiedensten Gewebsproducte die specifische 
Affinität der Gonokokken zur epithelialen Auskleidung des Harn- und 
Sexualtractes erschlossen worden und hiermit gleichzeitig die ein- 
reschränkte, von besonderen Bedingungen abhängende Fähigkeit der- 
selben. in den bindegewebigen Texturen als Infeetionserreger zu wirken. 
Hand in Hand init dieser Erfahrung mehrten sich in stetem Zuwuchs die 
anatomischen Belege dafür, daß bei einer Ausbreitung des blennorhoischen 
Entzündungsprocesses im Bereiehe des Genitaltractes in dem Schleim- 
hautweg die einzige Propagationsbahn zu erblicken sei, in dessen Conti- 
nuität die Krankheitserreger und die Gewebsveränderungen von den 
primär ereriffenen Bezirken in entferntere Organgebiete gelangen. Das 
Uebergreifen des sero-purulenten Katarrhs von dem vorderen auf den 
hinteren Ilarnröhrenabschnitt, die Einbeziehung der bulbourethralen und 
prostatischen Drüsen in den Entzündnugsvorgang, die Miterkrankung des 
Uteruskérpers, der Tuben und Ovarien bei virulenter Cerviealblennorrhoe, 
sind insgesamt als einwandfrei erhärtete Illustrationen dieses in der Ge- 
webscontinuitiét erfolgenden Ascendirens der speeifischen Entzündung an- 
zuführen. 

Mit zutem Rechte sind daher die gleichen Voraussetzungen für das 
Zustandekommen der Nebenhodenentzündung heraugezogen worden, in- 
dem für die sehon vor Decennien behauptete Abhängigkeit der Epidi- 
dymitis von der Mitbeteiligung des Samenleiters in der Pathologie der 
auderweitigen blennorhoischen Complicationen die reichsten Analorien 
gegeben waren. 

Verf. bringt in vorliegender Arbeit weitere klinische und anatomische 
Belege für die pathogenetische Auffassung, wonach das Vas deferens als 
die emzige Propagationsbahn des blennorrhoischen Virus zu gelten hat, und 
tritt den reactionären Bestrebungen entgegen, welche die Epididymitis 
im Lichte einer metastatischen Erkrankung erscheinen lassen. Besondere 
Verbreitung hat die Lehre zefunden, daß die metastatische Entzündung 
des Nebenhodens auf dem Wege der regioniren Lymphbahnen vermittelt 
werde und erst von dem ergriffenen Organe aus eine ascendirende Ein- 
beziehung des Samenstranges zu Stande komme. Verf. zeigt. daB alle in 
dieser Hinsicht vorgebrachten Belege meht hinreichen, um der Annahme 
eines durch die Lymphwere vermittelten metastatischen Ursprungs 
der Nebenhodenentzündung Geltung zu verschaffen. Der aus der Annahme 


` 


— 625 — 


einer metastatischen Abstammung der Nebenhodenentzündung abgelei- 
teten These, daß die Erkrankungen des Samenstranges von dem er- 
_griffenen Nebenhoden aus ihren Ursprung nehme und daß die secundäre 
Entzündung einen aseendirenden Charakter »ufweise, steht z. B. schon die ` 
nieht geringe Zahl jener Fälle entgegen, in welchen die blennorrhoische 
Entzündung mit Verschonung des Nebenhodens auf den Beckenabschnitt 
des Samenleiters allein beschränkt zu bleiben pflegt. Daß es sich bei 
dieser Form der Deferentitis pelvica um eine specifisch blennorrhoische 
Veriinderung handelt, vermag Verf. an der Hand einer bacteriologisch 
explorirten Wahrnehmung zu beweisen, welche überdies noch der patho- 
genetischen Auffassung des Leidens mit einem bisher ausständigen Be- 
weismoment zu Hilfe kommt, indem die Veränderung bei mangelndem 
Nebenhoden am resecirten Stumpfe des Samenstranges in Erscheinung 
trat. Kr. 


IV. Penis etc. 


Nichtinfectiöse Krankheiten der Urethra. 


m, nen 


Stubsarzt Dr. Arpad Stenczel (Wien): Zur Casuistik der 
Obturationsstenosen der Harnrdhre. (Wicner med. Wochen- 
schrift 1906, No. 32.) 


Der Fall betrifft einen 50 Jahre alten Mann, der sich vor 28 bis 
30 Jahren gonorrhoisch inficirte. Anfangs der neunziger Jahre stellten 
sich die ersten Strieturerscheinungen ein, die auf Sondenbehandlung 
wieder schwanden. 189% wurde der Kranke wegen erneuter Strieturirung 
der Harnröhre durch mehrere Monate behandelt und ın bedeutend ge- 
besserten Zustande entlassen, d. h. die llarnröhre war wieder für Sonde 
Charriere No. 21 durehgiingig. Nach mehrjihrigem leidlichen Wohl- 
befinden traten ım Herbst 1902 erneute Harnbeschwerden auf, welche 
trotz mehrmonatlicher Sondenbehandlung allmählich derart zunalmen, 
daB der Kranke seit Mitte Februar 1903 den Harn spontan nur mehr 
tropfenweise und unter starkem Pressen entleeren konnte. Seit der- 
selben Zeit besteht fortwährender Harndrang und sehr reichlicher 
eitriger AusfluB aus der Harnröhre. Zur Linderung der Beschwerden 
pflegte sich der Kranke täglich mehrere Male die Blase mit Hilfe eines 
elastischen Katheters (Charriere No. 15) zu entleeren. Die Einführung 
des Katheters war immer schmerzhaft und soll im Anschluß an eine solche 
gegen Mitte Februar 1903 eine linger andauernde Blutung aus der NHarn- 
rohre aufgetreten sein. 


— 626 — 


Mit dieser Verletzung suchte der Kranke die seit Mitte Februar 13 
aufzetretene arge Verschlimmerung seines Zustandes in ursächlichen Zu- 
sammenhang zu bringen. Bemerkenswert war folgende Angabe des 
Kranken: Während jener Zeit, wo das spontane Uriniren nur unter 
starkem Pressen und da auch nur tropfenweise möglich war, vermochte 
sich der Kranke selbst einen elastischen Katheter (Charriere No. 15) in 
die Blase einzuführen. Häufig genügte es, den Katheter nur bis etwas 
über die Mitte der Pars pendula penis vorzuschieben, und der Harn konnte 
sehon anstandslos entleert werden. 

Am 18. März 1903 kam der Kranke in Verfassers Behandlung. Die 
Harnröhre zeigte sich an mehreren Stellen knotig verdickt. Besonders 
deutlich war ein etwa bohnengroßer, die Harnröhre in der Gegend des 
vorderen Serotalansatzes hufeisenförmig von unten umgreifender Knoten 
und dann ein zweiter, etwas kleinerer, kuapp hinter dem Bulbus urethrae. 
Da der Kranke seit den letzten 24 Stunden kaum einige Tropfen Urin 
entleert hatte, mußte zunächst die Blase entleert werden. Nach längeren 
Versuchen gelang es mit Hilfe eines conischen Metallkatheters. 
Charriere No. 10, die Harnröhre zu passiren. Die angeschlossene Sonden- 
untersuchung zeigte zwei strieturirte Stellen, entsprechend den bereits 
beschriebenen zwei knotigen Verdiekungen der Harnröhre, und zwar er- 
wies sieh die vordere für C'harriere No. 13, die hintere für Charrière No. 10 
durchgängig. Ein Conerement in der Harnröhre oder Blase war nicht 
tastbar. Der Befund sprach somit für eine gewöhnliche, wenn auch etwas 
höhergradige Strieturirung der Harnröhre mit ihren regelmäßigen son- 
stigen Folgen, und war mit Rücksicht auf die in der Anamnese erwähnten 
Angaben des Kranken höchstens noch an eine ventilartige Strictur zu 
denken. 

Die eingeleitete Behandlung bestand daher im wesentlichen in einer 
allmählichen Sondenbehandlung. Am 1. April hieß sich nach vorheriger 
Application von No. 19 Sonde No. 20 einführen. Die Sonde stieß nach 
Passirung der ersten Strietur auf einen dem Tastgefühl nach mehrere 
Millimeter langen, harten, rauhen Fremdkörper (Kalkplatte?) und konnte 
erst, nachdem dieser dorsalwärts umgangen war, weiter bis zur Blase 
vorgeschoben werden. Ende April waren die Stricturen schon so weit ge- 
dehnt, daB Sondennummer 23 Charriére in die Blase eingefiihrt werden 
konnte. Die Fähigkeit, den Harn spontan zu entleeren, war aber trotzdem 
nicht gehoben: unmittelbar nach Entfernung der Sonde ging es durch 
einige Secunden leicht und in diekem Strahl, dann nahm die Strahlstärke 
ab und bald darauf ging der Harn nur mehr tropfenweise ab. Wurde 
aber ein Katheter nur ein bis zwei Centimeter iiber die vordere Strictur 
vergeschoben, dort, we sich die getasteten „Kalkplatten“ befanden, dann 
konnte der Kranke den Harn dureh diesen Katheter spontan leicht ent- 
leeren. Am 22. Juni ließ sieh Sonde No. 24 durch die Harnréhre anstands- 
los und so leicht durehführen, daß hierauf auch No. 24 versucht wurde. 
Auch diese passirte jetzt die Harnröhre mit Leichtigkeit. Trotzdem war 


— 627 — 


der Kranke nicht tm Stande, spontan zu uriniren; der Harn wurde nur 
tropfenweise und erst auf starkes Pressen entleert. Es blieb somit schein- 
bar niehts mehr übrig, als zur Urethrotomie zu greifen oder aber eine 
Kesection der Strietur vorzunehmen. Vorher wollte Verf. aber noch 
Folgendes versuchen. Er vermutete eine Klappenformige Strictur an der 
Basis der Pars pendula penis, von der unteren Harnröhrenwand aus- 
gehend, und dahinter ein Divertikel der Harnröhre, das allem Anschein 


nach mit Harnsalzen inerustirt sein muBte. Auf Grund dieser Annahme 


ließ sich nun erwarten, Jaß, wenn die Strietur gewaltsam so weit gedehnt 
würde, daß die strieturirte Stelle mit dem Lumen des dahinter liegenden 
Divertikels ausgeglichen und somit die klappenformige Strictur gewisser- 
ma Ben auf den Grund des Divertikels verlegt wurde, es vielleicht gelinge, 
die Obturation der Harnréhre durch diese zu beheben. 

Hinter der Strietur, dort, wo das vermutete, inerustirte Divertikel sich 
befinden sollte, zeigte das Urethrometer von Otis 36 mın Weite, in der 
Strictur selbst 25 mm. Infolgedessen wurde die Strietur in der Zeit vom 
22. Juni bis 30. Juni bis auf Sonde No. 29 Charrière gedehnt und jedesmal 
wieder ein Verweilkatheter in die Blase eingeführt. Das geschah, weil 
sich in der letzten Zeit wieder ein ganz merkwürdiges Verhalten der 
Harnröhre bei der Einführung von Sonden zeigte. Hatte nämlich ein 
Verweilkatheter, meist Nélaton No. 18, auch nur wenige Stunden in der 
Harnuröhre gelegen, dann ging unmittelbar nach Entfernung des Verweil- 
catherters Sonde No. 27 und hierauf später auch No. 29 leicht durch. 
Machte man aber den Versuch. diese Sondennummer durch die Harn- 
röhre durchzuftihren, nachdem aus dieser der Verweilkatheter durch 
einige Stunden entfernt war, dann stieB man hinter der Strictur auf 
harte Kalkmassen, die ein weiteres Vordringen so lange unmöglich 
machten, bis diese dureh vorherige Einführung schwacher Sondenstärken 
bei Seite geschoben wurden. Verf. vermutete nun, daß sich ein Blasen- 
stein hinter der Strietur emgekeilt habe und röntgenisirte die Pars pen- 
dula penis, da das Auffinden des Fremdkörpers auf endoskopischem Wege 
nicht gelingen wollte. Das Resultat der 


Untersuchung war aber ein 
negatives, 


Nachdem am folgenden Tage wieder Sonde No. 29 durch einige 
Minuten in der Harnröhre gelegen hatte, wollte Verf. es wieder mit der 
eudoskopischen Besichtigung der Harnröhre versuchen. Knapp zuvor 
löste sich aber das rätselhafte Krankheitsbild vou selbst, und zwar auf 
folgende Art: 

Der Kranke, dessen Blase vor jeder Sondeneinfiihrung mit 3 proe. 
Borwasser gefüllt wurde, sollte aueh diesmal nach Entfernung der Sonde 
den Blaseninhalt in ein Glas entleeren. Es ging anfangs nur tropfenweise 
unter starkem Pressen. Dann hörte Verf., wie plötzlich ein harter Gegen- 
stand in das Glas fiel, und von nun an floB der Harn in dickem Strahl ab, 


leicht und anstandslos, wie seit Jahren verher nicht. [in Glase aber fand 


sich ein über 2 nm diek mit Harnsalzen inerustirter, nieht durchlöcherter 


— 628 — 


Beinknopf, wie solche sowohl am Knopfende elastischer Sonden, als auch 
an Bleistiften ete. angebracht zu sein pflegen. 

Von jetzt ab war der Kranke definitiv geheilt. 

Wie dieser hinter der Strictur in einer Ausbuchtung der Harnröhre 
gelagerte und diese zeitweise pfropfartig verschließende Fremdkörper in 
die Urethra gelangte, konnte nicht eruirt werden. Kr. 


V. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete. 


— — — 


S. P. Werdogradow: Ueber einen Fall von Geschwulst des 
Scrotum. Aus der gerichtlich-medizinischen Abteilung des Prof. 
D. P. Kossonatow. (Russki Wratsch 1%6,1No. 32.) 


‘in Junzer Soldat wurde dem Krankenhause behufs Feststellung der 
wahren Natur der Erkrankung des Serotum, welches in seiner linken 
Hälfte harte, höckrige Klumpen aufwies, überwiesen. Der eine Klumpen 
war mit den Hautdecken verlôtet, jedoch zeigten letztere an der Ver- 
lötungsstelle auch nicht ein einziges Entzündungssymptom: weder Ro- 
tung, noch Schwellune(entziindliches Dedem), noch Schmerzen, noch Hitze. 
Bei stärkerem Druck auf die vermeintliche Geschwulst und bei Er- 
schlaffung der Gewebe des Scrotum, die nach einem heißen Bade ein- 
getreten war, gelang es festzustellen, daß die „Geschwulst“ bis zu einem 
gewissen Grade plastisch ist. Schließlich heB sich die Geschwulst unter 
den Fingern in einige kleinere, weniger feste Klumpen zerbröckeln. An- 
zeichen von Lungentubereulose waren nicht vorhanden. Verfasser stellte 
fest, daB die Geschwulst weder Tuberculose, noch irgend eine andere Art 
der vorkommenden Serotumgeschwülste ist. Der linke Hode, der Samen- 
strang und die Prostata boten, so weit nach der Palpation geurteilt werden 
konnte, keine Veränderungen dar. Infolgedessen glaubt W. annehmen 
zu müssen, daB die „Geschwulst“ durch die Injection irgend einer Sub- 
stanz künstlich erzeugt worden ist; die Teile derselben erinnerten an die- 
jenigen Klumpen, die beispielsweise nach der Injection von Paraffin ent- 
stehen. Wahrscheinlich sollte hier Hodentuberculose vorgetäuscht 
werden, fiir welche die Geschwulst in einem Krankenhause und selbst 
von einigen Specialisten, denen der junge Soldat früher gezeigt war, 
gehalten wurde. M. Lubow ski. 


— 629 — 


VI. Blase. 


Dr. J. Finsterer: Ueber Harnblasensteine. (Deutsche Zeitschr. 
f. Chir. 1905, Bd. 80.) 


Die Harnsteine kann man nach den einzelnen Abschnitten des Harn- 
traetes, in denen sie länger verweilend, klinisch nachweisbare Symptomé 
hervorrufen, dadurch eben erkannt werden und zu therapeutischen Ein- 
griffen Veranlassung geben, in Nieren-, Ureteren-, Blasen- und Harn- 
rührensteine einteilen, wobei sich aber diese Einteilung durchaus nicht 
mit ihrer Genese deckt. Die überwiegende Mehrzahl der Harnsteine 
gehört in die Gruppe der Blasensteine. Die Genese der Blasensteine ist 
verschieden. Entweder entstehen sie in der Blase selbst, wenn die not- 
wendigen Bedingungen vorhanden sind, als deren wichtigste die In- 
sufficienz der Harnblase neben einer bestimmten Beschaffenheit des 
Harns zu nennen ist. Man kann dann nach K uk ula von der cystogenen 
primären Lithiasis sprechen im Gegensatz zur Secundärlithiasis, die dann 
vorhanden ist, wenn sich der Blasenstein um einen in die Harnblase ein- 
gedrungenen Körper bildet. Als solche betrachtet er einerseits alle die 
in die Blase descendirten Nierensteine, andererseits alle in die Blase auf 
irgend einem Wege gelangten Fremdkörper, und er unterscheidet deshalb 
eine autochthone und eine artificielle Secundirlithiasis. — Ueberein- 
stimmend wird das Ueberwiegen der Steinerkrankungen beim männ- 
lichen Geschlecht hervorgehoben. Die Angaben über das Vorkommen 
bei Frauen schwanken innerhalb geringer Grenzen. Diese Thatsache findet 
ihre Erklärung in den anatomisehen Verschiedenheiten, der Länge der 
männlichen Harnröhre gegenüber der kurzen weiblichen Urethra, 
Prostatahypertrophie, Stricturen und bei Kindern in der Phimose. 

Nach ihrer chemisehen Zusammensetzung kann man die Blasen- 
steine einteilen in einfache (selten) und zusammengesetzte. Letztere 
rflegt man nach dem an der Bildung am meisten beteiligten Bestandteil 
zu benennen, wenn auch in manchen Fällen von annähernd gleicher 
Menge es schwer wird, den Stein unter eine bestimmte (iruppe ein- 
zureihen. Unter 114 Steinen der Billroth-Gussenbauer- 
Hochenegg schen Sammlung in Wien gehören 63 zu den Urat-, 18 zu 
deu Oxalat-, 15 zu den Phosphatsteinen, während bei den übrigen 
1S Steinen die Bestandteile in annähernd gleicher Menge vorhanden 
sind, und zwar bei 12 Steinen Urate und Oxalate, in Je 2 Fällen Urate 
und Phosphate, Oxalate und Phosphate, endlich Urate, Oxalate und 
Thosphate. Daraus geht hervor, daß Harnsäure und harıısaure Salze als 
Steinbildner überwiegen. Wichtig für die Frage nach der Genese des 
Steines ist die chemische Beschaffenheit des Kernes. Auch in diesen 


— 630 — 


zeigt sich ein Vorherrschen der Harnsäure, indem sie entweder in Form 
von reiner Harnsäure sich findet, oder als harnsaure Salze, oder als 
Gemenge von krystallinischer Harusäure und harnsauren Salzen; in 
weiteren 25 Fällen haben sich Harnsäure und oxalsaurer Kalk in gleicher 
Weise an der Kernbildung beteiligt. Bei der artificiellen Secundär- 
lithiasis wird der Kern von einem Fremdkörper gebildet, der entweder 
von außen in die Blase absichtlich oder auch zufällig eingebracht wurde, 
oder aber infolge Erkrankungen und Eiterungen in der Umgebung dahin 
gelangte. In die Blase eingeführte Gegenstände gehören nicht zu den 
Seltenheiten:; gewöhnlich incrustiren sie sich nur oberflächlich mit einer 
Phosphatschieht, führen jedoch bei einer gewissen Größe nicht zur 
regelrechten Steinbildung. — Die Form des Kernes ist im allgemeinen 
ebenso wie die Form des Steines abhängig von der chemischen Be- 
schaffenheit. Während die Uratkerne am Durehschnitte in die länge 
gezogen elliptisch erscheinen, sind die Oxalatkerne mehr kreisrund. Das 
Vorkommen mehrerer Kerne in einem Harnstein gehört gewiß zu den 
Seltenheiten. Wenn ein Stein sich frei in der Harnblase entwickelt, so 
ordnen sich die Steinbilder ziemlich gleichmäßig concentrisch an, und 
es ist daher selbstverständlich, daB die Lage des Kernes am Durch- 
schnitte eine centrale ist, während bei ungleichmäßiger Ablagerung der 
Schichten der Kern excentrisch zu liegen kommt. Dies gilt besonders 
für die sogenannten Pfeifensteine. Daneben enthält aber die Sammlung 
noch 4 Steine, die eiförmig, ain Querschuitte elliptisch sind, bei denen 
der Kern trotzdem ganz excentrisch liegt, für deren Entstehen man 
andere Momente als das einseitige Wachstum gegen die Harnröhre oder 
die Blase annehmen muß. Bezüglich der Zahl und Anordnung. sowie 
der ehemischen Beschaffenheit der den Kern umgebenden Schichten 
herrscht eine außerordentliche Mannigfaltigkeit. — Die äußeren Schichten. 
die in verschiedener Dicke bald gleichmäßig die Oberfläche bilden, ball 
als partieller Belag, namentlich bei den héckerigen Oxalatsteinen, in den 
dazwischenliegenden Gruben eingelagert sind oder selbständig flache 
Höcker bilden, bestehen zumeist aus Erdphosphaten entweder allein 
oder im Gemenge mit harnsaurem Ammon. Bei den Oxalatsteinen fehlt 
dieser partielle Belag fast nie. Uratsteine zeigen nicht selten an ihrer 
glatten oder fein warzigen Oberfläche die ihnen eigene gelbbraune Farbe 
ohne Spur eines Belages. Sehr selten wird die Oberflächenschicht um 
Uratsteine von oxalsaurem Kalk gebildet. — Die Form der Blasensteine 
ist vor allem davon abhängig, ob sie sich frei in der Blase ent- 
wickeln können oder ob ihr Wachstum beeinflußt wird durch räumliche 
Verhältnisse oder infolge Multiplieität. Freie Solitärsteine entwickeln 
sich in ihren Dimensionen nach ganz bestimmten Gesetzen, die nach 
Ultzmann der Ausdruck des betreffenden Krystallsystems in seiner 
Massenkrystallisation sind. So überwiegt bei den Urat- und Phosphat- 
steinen der Dreidurehmessertypus des rhombischen Systems. während! 
bei den Oxalatsteinen der Zweidurchmesserty pus des quadratischen 


— 631 — 


Systems vorherrscht. Die Uratsteine bilden also eiförmige, flache Con- 
eretionen, während die Oxalatsteine, mehr Kugelform annehmen oder 
doch wenigstens dieselbe Breite und Dicke aufweisen. Bei den ge- 
mischten Steinen ist natürlich die Form zumeist abhängig von dem prä- 
valirenden Bestandteile und man ist daher in der Regel in der Lage, auch 
am nicht zersägten Steine die Art des Steines trotz einer versehiedenen 
Oberflichenschicht zu bestimmen. Es ist charakteristisch für die Oxalat- 
steine, daß sie eine ausgesprochene höckerige Oberfläche haben und 
Maulbeer- oder Stechapfelform annehmen. Es finden sich aber auch 
Uratsteine von Stechapfelform, die entweder gar keinen oder höchstens 
Spuren von oxalsaurem Kalk enthalten. Der Querschnitt eines solehen 
Steines giebt nun die Aufklärung für das Zustandekommen dieser 
seltenen Form. Durch Einlagerung und radiäre Anordnung feinster 
Grübchen werden die peripheren Schichten auseinandergedrängt und 
bilden, immer stärker nach außen ausbierend, die erwähnten Höcker. 
Wird die freie Steinbildung durch die oben erwähnten Umstände auf- 
gehoben, so resultiren natürlich Formen, die den jeweiligen Verhält- 
nissen entsprechen. So findet man, dab Phosphat- und Uratsteine, die die 
ganze Blase ausfüllen, Birnen- und selbst Kugelform annehmen und, 
föımlich einen Auszuß der Harnblase darstellend, den Dreidurchmesser- 
typus nicht mehr erkennen lassen. Manchmal zeigen sie dann an ihrer 
Oberfläche Furchen, die dadurch entstehien, daß der abtließende Harn hier 
die Anlagerung von nenen Massen verhindert. Finden sich mehrere 
Steine in der Blase, so hängt Gestalt und Oberfläche vor allem von der 
GréBe der Concremente ab. Kleine Steine können ihre regelmäßige Form 
behalten, oder es wird die Apposition neuer Schiehten nur in geringem 
(trade gestört, so daß erst der Durchsehnitt mit dem excentrisch ge- 
lagerten Kern die ungleichmäßige Anlaxerung der peripheren Sehiehten 
aufdeckt. Werden die Steine größer, so können nicht nur die Neu- 
anlagerungen behindert, sondern die bereits gebildeten Schichten durch 
die gleitenden Bewegungen des Nachbarsteines ausgeschliffen werden, so 
daB dann Concavitäten nach Art einer Gelenkpfanne entstehen, während 
der dazu gehörige Stein rine convexe, ebenfalls glatte Fläche zeigt. 
sln seltenen Fällen kann bei bedeutender Größenzunahme die freie Be- 
wezlichkeit in der Blase immer mehr aufgehoben werden. Schreitet nun 
die Apposition fort, so lagern sich dann die neuen Schichten gemeinsam 
um die vorhandenen Steine und vereinigen diese zu einem großen 
Ceonglomeratstein. — Die auffallendste Abweichung bezüglich der Form 
zeigen die sogenannten Pfeifensteine. Albert definirt sie als „Blasen- 
steine, die mit einem Fortsatz in die Harnröhre hineinragen, während der 
Körper des Steines in der Blase liegt“. Diese Steine sind selten. Thre 
Ertwieklung ist verschieden, wie man bei genauer Betrachtung ihres 
Aufbaues ersehen kann. Ein regelmäBiger, mittelgroBer Uratstein legt 
sich dauernd vor das Orifieum internum und an seiner Breitseite bildet 
sich durch Apposition neuer, in den prostatischen Teil der Urethra 


— 632 — 


hineinreichender Phosphatmassen ein schwachgekrümmtern zapfen- 
fürmiger Fortsatz. 

Das Gewieht und die Größe der Blasensteine wechselt innerhalb 
weiter Grenzen, man kann aber für die dureh Lithotomie entfernten Con- 
eremente 2040 & als Durchschnittsgewicht annehmen. Verfasser citirt 
die Beobachtung Pıthas mit 2575 e den Fall Deguise mit W4 g 
(Sectio alta), dann den von Holm es beobachteten Uratstein im Gewichte 
von 777 g (Sectio alta), der dem 31 jahrigen Triger keine subjeetiven 
Beschwerden verursacht hatte. endhieh den größten durch Operation 
(Lateralsehnitt) gewonnenen Oxalatstein im Gewichte von 256 e (Fall 
Allen). 

Therapie: Zumeist wurde die Lithotripsie bezw. Litholapaxie 
ausgeführt und nur dort, wo Contraindieationen bestanden, kam anfanes 
der Medianschnitt neben der Sectio alta, später (Anfang der neunziger 
Jahre) fast ausschließlich die Sectio alta zur Anwendung. lst das Con- 
crement nicht zu groß, so kann bei Frauen die Extraction durch die 
kurze Urethra eventuell nach vorausgegangener Dilatation oder seit- 
lichen Ineisionen vorgenommen werden. Dabei ist es möglich, selbst 
gröBere Steine zu entfernen. Die Gefahr einer länger dauernden In- 
continenz infolge Ueberdehnung und ZerreiBung des Sphincter vesicae 
scheint nieht groß zu sein. M.Lubowski. 


VII. Ureter, Niere ete. 


— — — N 


Prof. S. P. von Fedoroff: Beitrag zur Chirurgie der Ureteren. 
(Russki Wratsch 1906, No. 25.) 


Verf. führt an der Hand von zwei Fällen den Beweis, daB auch der 
Ureter die Ursache einer Nierenerkrankung sein kann. 

Fall 1. Anuria caleulosa. Ureterolithotomia. Am 22. December 1904 
wurde in die Hospitalklinik der militärmedieinischen Akademie zu 
St. Petersburg eine 65 Jährige Patientin mit seit 36 Stunden bestehender 
Anurie aufgenommen. Die Patientin hat in den letzten drei Jahren 
an Anfällen von heftigen Schmerzen in der linken Lumbalgegend ge- 
litten, welehe in die linke Leiste ausstrahlten, aber ohne Erbrechen und 
Temperatursteigerung einhergingen, wobei ab und zu Steinchen: ab- 
singen, während Blut im Harn niemals vorhanden war. Erste Harn- 
retention im April 1902, von dreitägiger Dauer; die zweite stellte sich 
einen Monat später ein und dauerte 24 Stunden, wobei diesmal zwei- 
maliges Erbrechen hinzukaın. Zum letzten Mal wurden nach einer drei- 
tägieren Anurie mittels Katheters drei Liter Harn entleert. Bei der 
eystoskopischen Untersuchung gelang es nicht, die Mündung des rechten 


Ureters zu finden. Durch den in den linken Ureter eingeführten Katheter 
sind innerhalb 5 /: Stunden 1100 eem Harn und dann aus der Blase noch 
weitere 300 cem abgegangen. Abgang von Steinen fand nicht statt. Die 
Patientin bezann spontan zu uriniren und verließ einen Tag nach der 
Katheterisation das Krankenhaus. Nach sieben Tagen wieder Anurie. 
Temperatur 39° C., Puls 120, gespannt. Der Katheter konnte nur 10 em 
weit vorgeschoben werden, worauf durch ihm 650 ccm Harn ab- 
gingen. Am 3. Januar 1905 Operation in Aethernarkose: oblique Incision 
von der Mitte der 12. Rippe dureh die Lumbalgegend in der Richtung 
nach vorn und unten fast bis zur Symphyse: die Patientin lag auf der 
rechten Seite. Im Ureter lag an der Kreuzungsstelle mit der 
A. hypogastrica ein Stein. Derselbe wurde hervorgezogen; der Ureter 
mittels Sonde von der Wunde aus nach oben und unten abgesucht, worauf 
auf die longitudinale Incision des Ureters zwei Catgutnähte angelegt 
wurden. Bis jetzt hat sich die Anurie nicht wiederholt. Das Fehlen des 
rechten Ureters vestattet die Annahme, daß auch die rechte Niere fehlt, 
und infolgedessen kann man die Anurie keineswegs in diesem Falle als 
eine refleetorische deuten. 

Fall 2 Fistula uretero-vaginalis. Implantatio ureteris. Ureteritis et 
Periureteritis suppurativa et Pyelonephritis ascendens. Nephrectomia et 
Vreterectomia. Die 23 jährige Patientin wurde am 22. Februar 1904 
in die Klinik mit einer Vaginalfistel aufgenommen, durch welehe Harn 
abeing. Die Fistel entstand nach der: ersten Geburt, welche am 
29. December 1903 mittels Zange beendet worden war. Die Unter- 
suchung ergab in der rechten Fossa iliaca ein Infiltrat, welches links bis 
zur Mittellinie des Abdomens reichte und oben ea. drei Fingerbreiten an 
die falschen Rippen nicht heranging. Im rechten Scheidengewölbe fand 
man eine kleine Oeffnung, welche eine Sonde kaum durchließ; jedenfalls 
konnte man mit der Sonde weder in die Harnblase, noch in den Ureter 
hineinkommen. Am 15. März 1904 Operation in Narkose: Der rechte 
Ureter wurde in die Blasenwand eingenäht. Im postoperativen Stadium 
bestanden Fieber, Schüttelfröste und Harnabgang durch die Wunde. 
Am 1. VH. desselben Jahres zweite Operation: Entfernung der rechten 
Niere und des rechten Ureters. Die Wunde heilte erst im März 1905. — 
Es handelte sich um einen Fall von ascendirender lHarnaffeetion. Die 
Niere war mit kleinen Abscessen bedeckt. M. Lubow ski. 


Julius Schmidt: Ueber den Ausscheidungsort von Eiweiss 
in der Niere. (Arch. f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. 1905, 
Bd. 53, H 1.) | 


Verf. resumirt die Ergebnisse seiner im pharmakologischen Institut 
zu Marburg a. L. gemachten Untersuchungen folgendermaßen: 

Das Eiweiß. das nach der Injection von HühnereiweiB im Harn er- 
scheint, nimmt seinen Weg mit den im Blut freirelösten Substanzen 


— 634 — 


durch den Glomerulus; es war nämlich seine AusscheidungsgréBe ge- 
steigert durch die Diuretica (Coffeinpräparate, Salze). die die Filtration 
steigern. unbeeinflußt gelassen durch das Diuretieum (Phloridzin). das die 
Filtration nicht ändert. 

Unter dem EinfluB des Durchtritts von Eiweiß unter den obigen 
Bedingungen wird die Ausscheidung anderer filtrierender Stoffe, nämlich 
des Kochsalzes und des Harnstoffes, nieht nachweisbar geändert. 

= M. Lubow ski. 


Dr. Richard Volk, Assistent der II. Syphitisabt. des Allg. Kranken- 
hauses in Wien: Sehwere Nierenerkrankungen nach 


äusserlicher Chrysarobinapplication. (Wiener klinische 
Wochenschr. 1906, No. 40.) 


Der Fall betrifft einen 30 jährigen Mann. der an Psoriasis litt, die mit 
Chrysarobin behandelt wurde. Die allzu reichliche Anwendung des 
Chrysarobins führte zu einer ehronisch-parenchymatösen Nephritis, bei 
der es zu mehrfachen Nachscehüben mit Hämaturie kam. e 

Die Toxikologien von Kobert, v. Jaksch, Kunkeł. Lewin, 
Loebisch,v.Boltenstern weisen darauf hin, daßChrysarobin ähn- 
liche Intoxicationen machen könne, wie das Pyrogallol: neben gastrischen 
Störungen nach innerer Darreichung Herzklopfen, Schwindel, Erbrechen, 
auch sewherere nephritische Erscheinungen. Bernatzik und Vogl 
führen an, daß das von der Haut resorbirte Chrysarobin zum Teile zer- 
setzt als Chrysophansäure mit dem Harne ausgeschieden werde, während 
alas unzersetzt eliminirte Chrysarobin Albuminurie und selbst Himaturie 
erzeugen kann. 

Müller berichtete auf der 68 Versammlung der Gesellschaft deut- 
scher Naturforscher und Aerzte über seine Erfahrungen nach subeutaner 
Injection von Chrysarobinparaffininjeetionen bei Meerschweinchen: diese 
zeigten bei 0,5 x Chrysarobin bisweilen leichte Albuminurie, während 
1,0 g unter sehwerer Albuminurie und Hiimaturie zum Tode führte. 

Linde (Deutsche med. Wochenschrift 1899 schildert einen Fall, bei 
dem es nach Chrysarobinbehandlung einer Psoriasis zu schwerer Intoxi- 
cation kam. Im Urin war reichlich Albumen nebst weißen und roten 
Blutkörperchen und  granulirten Cylindern nachzuweisen. daneben 
schlechtes Allvzemeinbefinden, Schwäehe und Herzklopfen. Ferner war. 
trotzdem der Patient gewarnt worden war, die Chrysarobinsalbe mit dem 
Augen in Berührung zu bringen, an beiden Augen nebst einer intensiven 
Conjunetivitis Zerfall des Hornhautepithels, Lähmung der Sensibilität der 
Cornea und stärkste Miosis aufgetreten. Der Harnbefund. acht Wochen 
nach Aussetzen des Mittels, ergzab: Albumen, weie Blutkörperchen und 
granulirte Cylinder: eine Angabe, ob der Harn auf Chrysarobin unter- 
sucht wurde, findet sich nieht. Linde faßt die Veränderungen am Auge 
als eine Trophoneurose infolge der Allgemeinintoxication auf, deren 


— 635 — 


Charakteristica nach seiner Meinung die folgenden wären: enge Pupillen, 
Herabsetzung der Sensibilität der Cornea, pericorneale Injection und 
Albuminurie resp. Nephritis. Er hält die Augenerscheinungen deshalb 
zum Bilde der Allgemeinintoxication gehörig, weil sie kurze Zeit 
nach neuerlicher Anwendung des Chrysarobins wieder auftraten, um mit 
. dem Aussetzen der Medication zu schwinden. | 

Wenn auch das Chrysarobin in den meisten Fällen gut vertragen 
wird, so müssen doch die angeführten Tatsachen, besonders aber der 
vom Verf. beschriebene Fall, der durch unvorsichtige Medication zu irre- 
parablen Zustäuden der Niere geführt hat, neuerdings zur Vorsicht bei 
Anwendung des Mittels auffordern. Dies um so mehr, als die cumulative 
Wirkung bei längerer Verabreichung des Chrysarobins nie außer Acht 
zu lassen ist. Denn wie die Tierexperimente beweisen und auch vor- 
liegender Fall zeigt, bei dem noch mindestens fünf Wochen nach Aus- 
setzen des Medicamentes Chrysophansäure im llarne nachzuweisen war, 
wird das aufgenommene Chrysarobin lange im Körper zurückgehalten. 
Es muB daher jeder Patient, bei dem Uhrysarobin in größerer Menge zur 
Anwendung kommt, unter sorgfältiger ärztlicher Controle bleiben und 
sobald sieh Zeichen einer Nierenreizung nachweisen lassen, die weitere 
Zufuhr des Medicamentes sofort sistirt werden. Kr. 


M. Arinkin: Ueber den Einfluss der chlornatriumfreien 
Diät auf den Verlauf der Nephritiden. Bericht der Militar- 
medicinischen Academie. (Medizinskoe Obosrenie 1906, No. 13.) 


Die klinischen Beobachtungen vieler Autoren haben ergeben. daB es 
bei vielen Erkrankungen, die mit Oedem einhergehen, und wo Ansamm- 
lung von Chlornatrium im Organismus infolge von Affection der Nieren 
oder Störung des Filtrationsvermögens derselben oder infolge von irgend 
welchen anderen Ursachen constatirt wird, möglich ist, durch eine chlor- 
natriumfreie Diät den Patienten von den Oedemen zu befreien. Um diese 
Angaben zu prüfen, hat Verf. 12 Beobachtungen an Patienten angestellt, 
welche an Oedemen renalen, cardialen oder hepatisch Ursprungs litten. 
Die Patienten bekamen täglich 500 g Fleisch, ebenso viel Kartoffeln, 50 g 
Reis, je 150 g Zucker und Wasser und statt der gewöhnlichen 28—30 nur 
3 g Salz. Zunächst bekamen die Patienten 8&8 Tage lang Milchdiät, dann 
7—10 Tage chlornatriumfreie Diät und dann gewöhnliche Diät. Sollte 
am Patienten eine Chlornatriumprobe angestellt werden, so bekam er 
8 g Salz in Oblaten am Tage vor der Harnuntersuchung. Sämt- 
lichen Patienten wurden, soweit es möglich war, keine Medicamente ver- 
ordnet, oder nur in derselben bestimmten Quantität während der chlor- 
natriumfreien Diät gegeben, wie bei der gewöhnlichen oder Milchdiät. 
Mit Ausnahme eines einzigen Falles (chronische Urämie) wurden während 
der chlornatriumfreien Diät Magendarmstürungen nicht beobachtet: bei 
denjenigen Personen, die an chronischen Diekdarmkatarrh litten, stellten 


— 636 — 


sich sogar Obstipationen ein. Die Oedeme lieBen fast in sämtlichen 
Fällen nach, die Diurese stieg. Die Zahl der Farmelemente und die Ei- 
weißmenge nalım unter dem Einflusse dieser Diät überhaupt nieht zu, oder 
nur in gleicher Weise wie bei der Milchdiät. Naehlassen der Oedeme 
wurde in gleicher Weise wie bei der Milchdiät beobachtet. Beim Ueber- 
ganze der Patienten von der cehlornatriumfreien zur gewöhnlichen Diät 
verschlimmerten sich sowohl die subjectiven Erscheinungen wie die 
Oedeme; in einigen Fällen verringerte sich die Chloridmenge des 
Harns. Man kann daher nach Ansicht der Autoren nicht leugnen, 
daß die Oedeme unter dem Eintlusse der chlornatriumfreien Diät bei 
Nephritiden sieh verringern, und die Quantität der mit dem Harn zur Aus- 
scheidung gelangenden Chloride abnehmen kann. Diese Diät, welche 
von den Patienten eine Zeit lang gut vertragen wird, kann mit Erfolge 
die Milchdiät ersetzen. M. Lubowski. 


Dr. Buttersack (Heilbronn): Ueber den derzeitigen Stand einer 
prophylaktischen Behandlung der Scharlachnephritis 
mit Urotropin. (Würtiemb. med. Correspondenzbl. 1905.) 


Faßt man den Stand der Frage kurz zusammen, so kann man sagen: 

1. Bewiesen ist die Unschadlichkeit dauernder Urotropinbehandlung 
des Seharlach bei richtiger Dosirung. 

2. Wahrscheinlich zeinacht ist dureh die Statistik eine Einwirkung 
des Mittels auf die Verhütung der Scharlachnephritis. 

3. Die Dauerverabreichung (nach Buttersack) ist der temporären 
(nach Widowitz) vom theroretischen und praktischen Standpunkte 
aus vorzuziehen. 

4. Weitere Versuche sowohl in prophylaktischer Hinsicht, als auch 
bei ausgesprochener Scharlachnephritis sind berechtigt, da nur grobe» 
Zahlen. aus vielerlei Orten, Zeiten und Epidemien endgiltigen Entscheid 
bringen können. M Lubowski. 


Schilling: Prüfung der Nierenfunction nach Nephrectomie. 
(Arch. f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. 1905, Bd. 52, H. 2) 


Verf. hat 54 Kaninchen nephreetomirt und an ihnen etwa 130 Ver- 
suche und fortlaufende Urinbestimmungen angestellt. Kurz zusammen- 
gefaBt lauten die Ergebnisse der Untersuchungen: 

1. Einseitig nephreetomirte Tiere scheiden coneentrirte, per os ge- 
gebene Chlornatriumlésungen ebenso raseh wie normale Tiere aus, wenn 
man ihnen die Wasserzufuhr nieht beschränkt, 

2. Gieschieht letzteres, so scheiden sie das Salz weniger concentrirt 
aus als normale Tiere, und brauchen längere Zeit zur Ausscheidung. Die 
Thatsache, daß sie nieht stärker eoneentriren können, spricht mit großer 
Wahrscheinliehkeit dafür, daß in der Niere Rückresorption von Wasser 
stattfindet. 


— 637 — 


3. Wenn die compensatorische Hypertrophie abgeschlossen ist, hat es 
die Einzelniere gelernt, auch erhöhten Anforderungen gerecht zu werden; 
sie eliminirt das Kochsalz: im gleichen Typus, wie es vorher die zwei 
Nieren thaten. 

4. Bei den „Urinverdünnungsversuchen” mit Einführung von Brunnen- 
wasser in den Magen brauchen die Tiere mit einer Niere länger dazu, 
wieder normal concentrirten Urin zu secerniren. 

5. Die Einzelniere ist nicht fähig. groBe intravenös eingeführte 
isotonische Kochsalzlösungen so rasch zu entfernen, wie zwei Nieren. 

6. Indigocarminlösungen werden ebenfalls nicht so coneentrirt wie 
von normalen Tieren ausgeschieden. 

T. Tiere mit einer Niere produciren viel weniger Zucker auf Phlorid- 
zininjectionen, als Tiere mit zwei Nieren; die Versuche bilden somit eine 
neue Stütze der Anschauung, daß heim Phloridzindiabetes die Niere die 
Bildungsstätte des Zuckers sei. 

8. Auch hier scheint ein „Erlernen“ der Zuckerproduction bei fort- 
schreitender Hypertrophie stattzufinden. 

9. Beim Coffeindiabetes besteht kein Zusammenhang zwischen Poly- 
urie und Glykosurie. Die Diurese entsteht durch Einwirkung des 
Coffeins auf die Nierenzellen: der Angriffsort für die Zuckeraus- 
schwemmmung leet außerhalb der Niere. 

10. Nach der Nephrectomie tritt in einer Reihe von Fällen erhebliche 
Harnflut olıne vorherige Verminderung auf. M. Lubow ski. 


A.R. Woinitsch-Sjanoschentzki: Ueber einen seltenen Fall 
von Nephrolithiasis und Nierentumor. (Russki Wratsch 
1906, No. 25.) 

Der 61 jährige Patient wurde in das Krankenhaus wegen Hämor- 
rhoiden mit Mastdarmvorfall aufgenommen. Als der Patient zum Zwecke 
der Operation chloroformirt werden sollte, bemerkte man eine Geschwulst, 
die man nun bei der Untersuchung des Abdomens deutlich fühlen konnte, 
und von deren Existenz der Patient selbst keine Ahnung hatte Die 
Niere wurde samt der Neubildung nach der Methode von Guyon ent- 
fernt, und zwar unter sehr großen Schwierigkeiten, weil die Wirbel- 
säule wenig beweglich war, und das Zwerchfall hochstand. Die Nieren- 
geschwulst erwies sich als ein Endotheliom. Außerdem waren zahlreiche 
Retentionseysten vorhanden. Der weitere Verlauf nach der Operation 
war normal: selbst die Befürehtung, daß eine Retention der Harns ein- 
treten würde, erwies sich als grundlos. Augenblickliech hat der Patient 


an der Ineisionsstelle eine Fistel. aus der sich Eiter entleert. 
M Lubowski. 


N. E. Feodosjew: Hypertrophie der Nebennieren nach Ent- 
fernung der Ovarien. (Russki Wratsch 1906, No. 5.) 


Auf Anregung des Prof. Lubimow hat Verfasser sich zum Ziele 
gesteckt, die in den Nebennieren nach der Entfernung der Ovarien auf- 


— 633 — 


tretenden Veränderungen zu studiren. Die bezüglichen Untersuchungen 
bestanden darin, daß bei Hunden gleichzeitig beide Ovarien entfernt und 
in verschiedenen Zeitabständen nach der Operation die Nebennieren be- 
hufs Erforschung der in ihnen eingetretenen Veränderungen heraus- 
genommen wurden. Der längste Zeitabschnitt, den eines der Versuchs- 
tiere nach der Operation am Leben belassen wurde, betrug ea. zehn 
Monate. Die Schlüsse, zu denen Verf. auf Grund seiner Untersuchungen 
solangt ist, sind: 1. Es bestätigt sich positiv, daB zwischen den Ovarien 
und den Nebennieren ein funetioneller Zusammenhang besteht. 2. Bei 
Ausfall der Funetion der Ovarien vergrößern sich die Nebennieren infolge 
von Hyperplasie des Organs. 3. Von der Hyperplasie wird sowolil das 
Stroma, wie auch das Parenchym des Organs betroffen. 4. Von den 
parenchymatésen Elementen werden die Zellen der Rindensubstanz und 
namentlich der glomerulären und fascieulären Schicht hyperplasirt. 5. Die 
Marksubstanz und die Netzschicht der Rinde beteiligen sich an der 
Hyperplasie des Organs nicht; im Gegenteil, nieht selten wird sowohl 
die eine wie die andere Jurch die wuchernde fascieuläre Schicht com- 
primirt und verringert. 6. Die IHiyperplasie erstreckt sich zunächst auf 
die glomeruläre Schicht, dann aber tritt, je länger der seit der Operation 
 vertlossene Zeitabschnitt wird, die Hyperplasie der fascieulären Schicht 
in den Vordergrund. lın weiteren Verlauf bleibt die erstere Schicht 
zurück und die letztere gewinut die Oberhand. 7. Die Hyperplasie geht 
sowohl in der einen, wie auch in der anderen Schicht nieht gleichmäßir. 
sondern herdweise vor sich. Die Hyperplasie der glomerulären Schicht 
äußert sich: a) durch Vergrößerung des Umfanges, durch dichtere Lare 
der einzelnen Zellengruppen und durch Schlängelung derselben: b) durch 
Wucherung der Zellelemeute nach der Tiefe hin, bisweilen unmittelbar 
bis zur Marksubstanz; e) durch Durehwucherung durch die Kapsel und 
Localisation auf derselben entweder in Form von einzelnen Knoten, oder 
in Form von fungoiden Gewächsen, die mit den Zellelementen der peri- 
pherisehen Schicht mittels eines Stieles verbunden sind. 8. Die Ilyper- 
plasie der fascieulären Schicht äußert sich dureh Wwucherung der 
Elemente: a) bald in Form von breiten Streifen oder unregelmäßig ge- 
formten Herden, die bisweilen die Netzschicht eomprimiren, dieselbe 
stellenweise vernichtend, und in die Marksubstanz entweder en masse 
oder in Form von einzelnen Fortsetzungen hineinragen; b) bald in Form 
‚von einzelnen eireumscripten Knoten, welche an die sogenannte Hyper- 
plasia nodosa erinnern. 9. In allen Fällen sind in den Zellkernen karyo- 
kinetische Figuren zu sehen. M. Lubow ski. 








Verantwortlicher Redacteur: Professor Dr. L. Casper in Berlin. 
Druck von Carl Marschner Berlin SW., Alexandrinenstr. 110. 


767 — — Fe S — — Dan 


Aus dein ersten anatomischen [nstitut der k. k. Universität Wien. 








Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte 
der månnlichen Harnröhre. 


Von 


Dr. Rudolf Paschkis. 


1,§ Ueberden VersehluB des Eichelteiles der 
Warnrohre., 


Es ist bekannt, daB die Harnréhre sich aus der primitiven, an der 
Unterfläche des Genitalhöckers gelegenen Urethralleiste, die eine in 
das Mesoderm sich einschiebende Epithelplatte darstellt, dadurch ent- 
wickelt, daß durch Spaltung der Leiste eine Rinne, die epitheliale 
Urethralrinne entsteht, deren Ränder im Laufe der Entwicklung länger 
werden, dann einander sich nähern und schließlich verschmelzen Die 
Bildung des Rohres aus der Rinne beginnt an der Radix penis und 
schreitet von hier nach vorne bis zur Basis der Eichel fort; dieser 
Vorgang ıst nach Tourneux bei Embryonen aus dem 3. Monat 
schon beendet. Anders ist es bei der Pars glandis urethrae, deren Ent- 
wicklung nach den Befunden verschiedener Autoren in verschiedener 
Weise vor sich geht. Tourneux giebt an, daß auch in der Glans 
die Bildung der Harnröhre in der Richtung von hinten nach vorne 
fortschreitet und zwar durch Verschluß der an der Unterfläche der 
Glans in der Fortsetzung der Urethra befindlichen Furche. Im Gegen- 
satz dazu behauptet Nagel, daß es bei 6—7 em langen Embryoneu 
im Bereiche der Eichelbasis zur Verwachsung der Ründer der Rinne 
komme, so daß daraus ein nach vorne und rückwärts oflenes, von 
Epithelzellen ausgefülltes Rohr resultirt; hinten an der Basis der 
Hichel hat die Urethralrinne eine Rautenform (rautenförmige Grube), 
vorne an der Eichelspitze ist noch die ursprüngliche Urethralleiste vor- 
handen. Nun hat Zuckerkandl. allerdings nur an zwei Embryo- 


— 642 — 


nen von 7,2 und 8 em Linge, Nagels Betund bestätigen können, 
daB also die Urethra in einem gewissen Stadium der Entwicklung zwei 
Oc ffnungen, eine, die normale. an der Spitze der Glans, und eine hypo- 
spadische, an der Basis der Glans besitzt. Zuckerkand] fügt aber 
hei, daß das von jhm untersuchte Material zu gering sei, um einen 
sicheren Schluß zu Gunsten der einen oder der anderen Ansicht zu 
ziehen und beauftragte mich, der Sache systematisch nachzugehen. 
Während meiner Untersuchungen erschien eine Arbeit von Herzog, 
der sich Nagels Anschauung entgegenstellt und die Entwicklung 
des Eichelteiles der Urethra in gleicher Weise wie Tourneux und 
Reichel darstellt. Meine Untersuchungen erstrecken sich auf eine 
größere Anzahl von Embryonen (39) und sind ausschließlich mikro- 
skopische. Es wurden immer Serienquerschnitte durch deu Penis, 
möglichst senkrecht zum Verlaufe der Hlarnröhre gemacht; die Schnitt- 
Jdieke der teils in Celloidin, teils in Paraffin eingebetteten Präparate 
beträgt 10-- 20 «; gefärbt wurde mit Hämalaun-Eosin.') 

Bevor ich zur eigentlichen Beschreibung der einzelnen Objecte 
gehe, sei Folgendes vorausgeschickt. 

Die Glans penis ist von einem Epithel bedeckt, das nach Tour- 
neux als Membrana balano-praeputislis bezeichnet wird und deut- 
lich, analog dem Hautepithel, zwei Schichten erkennen läßt: cine peri- 
phere, oberllüchhiehe, aus mehreren Lagen bestehende, deren Zellen 
polygonal sind, spirliches Protoplasma und einen rundlichen Kern 
haben und eine zweite tiefliegende. an das Eichelmesoderm grenzende. 
aus einer Lage bestehende, deren Zellen länglich sind; die Zellkerne 
sind stäbehenförmig, mit ihrem Längsdurchmesser senkrecht zur Ober- 
Näche gestellt und viel intensiver als die der äußeren Lage gefärbt. 
Die Epithelleiste (Urethralleiste). deren Bestandteile die direete Fort- 
setzung des Oberflächenepithels der Kichel darstellen. füllt die Urethral- 
rinne im Mesoderm aus; auch sie läßt deutlich die zwei Schichten des 
Epithels erkennen; die tiefliegende Schicht der Membrana balano- 
praeputialis geht an den Rändern der Leiste im Bogen in die tefe. 
basale Zellschieht der letzteren über; alles, was central von dieser ein- 
fachen Lage gelegen ist, sind große. blasige, schlecht oder gar nicht 
fürbbare Zellen mit deutlichen Zellgrenzen. 


') Die Drucklegung dieser Arbeit wurde durch verschiedene äußere 
Umstände verzögert, obwohl die Arbeit schon vor melır als 1 Jahr fertig- 
gestellt war: in dieser Zeit ersehienen die Publikationen Lichten- 
bergs, auf welche infolgedessen nicht mehr Rücksicht genommen 
werden konnte. 


=, ee 


Die Epithelleiste endet an der Spitze der Glans mit einem Knöpf- 
chen, das als Epithelhörnchen bezeichnet wird. 

Embryo humanus. 2,75 em, 2,9 em.?) Die Urethrulleiste ist vorne ?) 
solid, rückwärts hat sie in ihrem dorsalen Teile bereits ein dreieckiges 
Lumen, ihre unteren Ränder sind nur durch einen schmalen Zwischen- 
raum getrennt; noch weiter hinten sind die freien Ränder schon ver- 
wachsen und die llarnröhre ist geschlossen. 

Embryo humanus. 3.0, 3.3 em (2 Objecte) und 3.8 em. Vorne ist 
die Urethralleiste solid und reicht weniger tief in's Kichelmesoderin als 
im weiteren Verlaufe, wo sie außerdem auch breiter wird. Rückwärts 
sieht man ım Epithel der Leiste Lücken auftreten, die miteinander 
eontluiren und das Lumen der Urethra bilden; dieses liegt in der cen- 
tralen Partie der Leiste. ITinten ist die Harnréhre schon geschlossen. 

Embryo humanus. 4 em. Vorne das Epithelhérnchen, die 
Urethralleiste vorne schmal, weiter rückwärts breiter und tiefer in's 
Mesoderm der Eichel hineinreichend. 400 # nach Beginn der Leiste 
schieben sich die Ränder des Eichelmesoderins so stark gegen die 
Urethralleiste vor, daß der betreffende Anteil der Leiste plattenförmig 
verdünnt ist und von der Membrana balanopraeputialis fast abge- 
schniirt erscheint: dabei gehen die Elemente der basalen Zellschicht 
von beiden Seiten her ineinander über. 30 u weiter hinten bietet die 
Leiste wieder das gleiche Bild wie vorne, d. h. in der Mitte die blassen, 
locker liegenden, polygonalen Epithelzellen. an der Peripherie, der 
Grenze zwischen Eichelgewebe und Leiste, die eylindrischen Zellen, die 
an den Ründern der Leiste bogenförmig jederseits umbiegen und in die 
entsprechende Schicht der Membrana balanopraeputialis übergehen. 
Hinter dieser Stelle zeigte die Leiste infolge von Zellschwund in der 
Mitte ein Lumen und weichen hier die Ränder der Epithelleiste aus- 
einander. An folgenden Schnitten werden die Ränder der Rinne jn- 
folge Einschmelzung lünger und kurz vor der Radix penis legen sie 
sich aneinander, verschmelzen. und durch Verwachsen des Mesoderms 
wird die Harnröhre endgiltig von der Oberflüche geschieden. 

An zwei weiteren Objecten von 4 cn Länge hat es an manchen 
Schnitten sogar den Anschein, als wären die Mesodermzellen beider 
Seiten hier miteinander vereinigt. (700 u nach Beginn). Weiter 


") Diese Maße beziehen sieh auf die Länge der Embryonen (Scheitel- 
Steißlänge). 

*) Hier wie in den folgenden Beschreibungen beziehen sich die Aus- 
drücke vorn und hinten auf das. was gegen die Eichelspitze, bezw. gegen 
die Symphyse zu liegt: ebenso heißt dorsal, das was gegen das Dorsum 
penis, ventral, das was an der Unterfliiche des Penis liegt. 


— 644 — 


rückwärts bekommt die l.eiste allmählig eine rhombische Begrenzung. 
ihre Zellen verhalten sich dagegen wieder so wie vorne; in ihrem 
breitesten Teile hat die Leiste stellenweise schon ein Lumen. Die 
ventralen Ränder der Leiste legen sich im weiteren Verlaufe der Serie 
aneinander, ohne jedoch zu verwachsen; an anderen Stellen klaffen sie; 
im dorsalen Teil besteht die Urethralleiste ın ursprünglicher Form. 
(ranz rückwärts bildet sich auch in diesem Teile ein Lumen. 


Bei einem 4,5 em langen Embryo findet sich 440 «u nach Beginn der 
Urethralleiste die letztere von der Membrana balanopraeputialis schein- 
bar völlig abgeschnürt dadurch, daß eine Zellbrücke, welche die beiden 
Mesodermzwickel verbindet, eingeschoben ist; diese Brücke besteht aus 
den tiefliegenden Zellen der Urethralleiste. die aber nicht mehr regel- 
mäßig angeordnet sind. Diese epitheliale Verklebung findet sich durch 
30 æ und liegt knapp hinter dem vorderen Ende der Corpora cavernosa 
penis; im ventralen Teil der Urethralleiste sind die Zellen groß, blasig, 
blaB gefärbt; im dorsalen kleiner, dunkler und dichter gelegen. Weiter 
rückwärts schwindet die Zellbrücke allmählig, die Ränder der Epithel- 
leiste weichen weit auseinander; die Zellen der letzteren hängen mit 
denen der Membrana balanopraeputialis wieder zusammen. Von der 
dorsalen Wand dieser Rinne hängt an ciner umschriebenen Stelle ein 
aus gleichen Zellen bestehender Zapfen in’s Lumen hinein, der sich 
nach hinten zu allmählıg verkleinert. Der dorsale Teil der Leiste 
nimmt an IHöhe ab und verschinälert sich. Hierauf werden die Ränder 
der Urethralrinne höher und schließlich die letztere in toto durch das 
Mesoderm von der Oberfläche abgetrennt. 


Embryo humanus. 4,7 und 5 em (2 Objekte). Auch an diesen 
Serien besteht ca 400 4 nach Beginn der Urethralleiste das Aneinander- 
gerücktsein der Mesodermzwickel mit gleichzeitiger epithelialer Ver- 
klebung wie in den früheren Fällen. Bei einem Objecte (4,7 cm) ist 
an dieser Stelle zwischen Oberflächenepithel und Urethralleiste cin 
schmaler, von wabigen Massen und wenigen, der tiefen Zellschicht des 
Epithels zugehörigen Zellen erfüllter Zwischenraum vorhanden, wäh- 
rend 10 # weiter rückwärts das Epıthel der Leiste wieder in weiter 
Communication mit der Membrana balanopraeputialis steht. An dem- 
selben Präparate weichen dann die Eichelränder weit auseinander, die 
Urethralrinne wird in der Mitte breiter als an ihrem dorsalen und 
ventralen Ende, hat daher rhombische Contouren (rautenförmige 
-Grube) und aus dieser entsteht gegen das Ende der Serie zu durch eine 
von außen nach innen fortschreitende Verwachsung aller Schichten 
die definitive Harnröhre. 


— 645 — 


Ganz analog sind die Verhältnisse bei einem 5,2 cm langen Embryo; 
von der oberen Wand der rautenfürmigen Grube hängt der Rest der 
polygonalen centralen Zellen der Leiste in Zapfenform herab. Proximal 
werden die Ränder der Grube linger, springen coulissenfôrmig vor; die 
Ecekepithelien (die obertlächliche Schicht der Membrana balano- 
praeputialis) sind an mehreren Sehnitten verklebt, so daß an diesen 
die Harnröhrenrinne zu einem Rohr mit einer ventralen, nur epithe- 
lialen Wand geschlossen ist. Schließlich schwindet auch noch der 
dorsale Teil der ursprünglichen Epithelleiste, es entsteht eine lange 
schmale Spalte, die an der Radix penis zur Haruröhre sich schließt. 


Bei einem 5,5 em langen Embryo findet sich vorne das Epithel- 
hornehen; die Urethralleiste ist sehr breit und enthält Epithelperlen. 
600 u nach Beginn der Leiste grenzen die Mesodermzwickel ganz nahe 
aneinander, der schmale Spalt zwischen beiden ist erfüllt von Epithel- 
zellen, die den Typus der tiefen Schicht tragen, mit ‚ihren Kernen 
transversal zur Längsrichtung der Urcthralleiste stehen. (Fig. 2a.) 
Im Centrum der so abgeschlossenen Leiste ist an einigen Schnitten 
bereits ein Lumen vorhanden. (Fig. 21.) Nach wenigen Schnitten ist 
das Bild wieder das gleiche wie anfangs und im weiteren Verlauf 
gleicht die Serie dem der früher beschriebenen. 

6 em. Epithelhörnchen klein, Urethralleiste breit: epitheliale 
Verklebung durch 40 « vorhanden. (Fig. 3 a.) 

Die Urethralleiste eines anderen 6 em langen Embryo hat schon 
ganz vorne eine im Querschnitt dreieckige Form mit breiter ventraler 
Basis; weiter hinten (1504 nach Beginn der Leiste) nähern sich die 
Mesodermzwickel fast bis zum Contact und sind wieder nur durch dic 
tiefe Zellenschicht getrennt. Im nächsten Schnitte hat die Leiste wieder 
ıhr früheres Aussehen. Weiter rückwärts wird die Leiste zur Rinne. 
diese zur rautenförmigen Grube; die die Mesoderinriinder bedeckenden 
oberflächlichen Epithelzellen der Membrana balanopraeputialis häufen 
sich ventralwärts (bis zu 20 Lagen) an, so daß die Trethralrinne in der 
Mitte von Mesoderm, das von nur wenigen Lagen polygonaler, blasser 
Zellen bedeckt ist. ventral beiderseits nur von diesen gehäuften Epithe- 
lien begrenzt erscheint. Diese letzteren legen sich im weiteren Verlaufe 
mehrmals aneinander. Die definitive Trennung der Harnröhre von der 
Oberfläche geschieht dadurch. daß zuerst die oberflächlichen, dann die 
tiefen Epithelien der Harnröhrenrinne. dann das Mesoderm, schließlich 
auch die Epithelien der eigentlichen Harnröhre sich vereinigen. Die 
Reste der gehäuften oberflächlichen Epithelzellen sind dann an der 
ventralen Seite noch als zapfenförmige Vorsprünge vorhanden, erst 


— 646 — 


noch deutlich getrennt, dann miteinander verwachsen (Frenulum, 
taphe). Die Urethra ist in diesem Falle an der Basis der Glans ge- 
schlossen. 

Embryo humanus. 6,5 em (zwei Objecte). Hier ist kein Epithel- 
hörnehen sichtbar, die Leiste hat ihr gewöhnliches Aussehen. 150 « 
nach Beginn der Leiste platten sich die tiefliegenden und die basalen 
Schichten der oberflächlichen Zellen an der Urethralleiste ab, an den 
Rändern der Leiste gehen heide ineinander über und sind von einander 





Fig. 1. 
Embryo von 60 mm Linge. Lumenbildung in dem Epithelptropf der 
Urethralleiste. 


nicht zu differenziren. 120% weiter hinten hat die Leiste wieder inre 
frühere Gestalt. An der Eichelbasis ist die IHarnröhre in dem einen der 
beiden untersuchten Fälle unten geschlossen, im anderen geschieht die 
völlige Abtrennung der Urethra erst weit hinten in der Pars cavernosa. 

Embryo humanus. 6.8 em. Das Epithelhörnchen vorhanden; dic 
Vrethralleiste schr schmal; weiter hinten hat sie jederseits nahe ihrem 
ventralen Ende einen seithehen Fortsatz; in die dadurch entstandenen 
einspringenden Winkel schiebt sich das Mesoderm ein und comprimirt 
die Leiste zu einer schmalen Platte. (Fig. 4a.) Diese erscheint 330 4 


e ME 


nach Beginn der Leiste undeutlich, da sowohl die Mesodermzwickel fast 
bis zur Berührung genähert sind. als auch mehrere Lagen von Zellen, 
die weder denen des Mesoderms noch denen der Leiste gleichen, die 
/wickel umgeben. Es sind dies offenbar in Degeneration begriffene 
Epithelzellen der tiefen eylindrischen Schicht. An den restlichen 
Schnitten ist nichts Wesentliches bemerkenswert. 





Fig. 2. 
Embryo von 5,5 cm Länge. Urethralleiste an der Stelle der epithelialen 
Verklebung bei starker Annäherung der Mesodermzwickel. 


M. b. pr. Membrana balanopraeputialis. s. tiefe Schicht derselben. u. Urethralleiste. 
a. epitheliale Verklebung. /. Lumenbildung. 


Embryo humanus. 7 em. Kein Epithelhörnchen; die Urethral- 
leiste lang, schmal, mit breiter Basis; weiterhin Compression der 
Leiste, epithelialer Abschluß. Die Harnröhre schließt sieh erst an der 
Radix penis. 

1,8 em. Epithelh6rnchen vorhanden; in der Urethralleiste Epithel- 
zellen und seitliche Fortsätze, ın welch’ letzteren manchmal kleine 
eystenartige Ilohlräume oder intensiv gefärbte Detritusschollen liegen. 
Dann epitheliale Verklebung 320 « nach Beginn der Leiste, ein Ver- 
sehluß, welcher dureh 40 u persistirt. Danach hat die Urethralleiste 


— 645 — 


wieder das gleiche Aussehen wie am Anfang, wird weiter rückwärts zur 
Rinne, deren seitliche Begrenzung hier wieder durch die Anhäufung 
der Epithelien ventral nur eine epitheliale ist. Im Bereiche der Glans 
penis ist die Harnröhre von der Oberfläche schon abgeschnürt. 
Embryo humanus. 8 cm. Vorne das Epithelhörnchen, in der 
Leiste Epithelperlen. 240 u nach Beginn der Leiste kommt es zuerst 
zur epithelialen Verklebung der tiefen Zellschieht, dann aber gleich 
darauf zur Bildung einer 70 u langen wirklichen Mesodermbrücke, die 





Fig. 3. 
Embryo von 6 cm Länge. Urethralleiste an der Stelle der epithelialen 
Verklebung bei starker Annäherung der Mesodermzwickel. 


C. c.p. Corpus cavernosum penis. AM. b. pr. Membrana balanopraeputialis. s. tiefe Schicht 
derselben. u. Urethralleiste. . a. epitheliale Verklebung. 


sich vor dem Anfang der Corpora cavernosa penis befindet. Zwischen 
oberflächlicher Epithelschicht und Urethralleiste ist hier eine Reihe 
von Zelllagen eingeschoben, deren Elemente durch Vereinigung der 
symmetrischen Mesodermzwickel entstanden, auch völlig den Mesoderm- 
zellen gleichen. Nach hinten zu wird die Brücke schmäler und schwin- 
det allmählich, so daß die Leiste wieder in weiter Communication mit 
der Oberflüche steht. Die Fortsetzung der Serie ist der der früheren 
analog. 

Bei den älteren Embryonen von 85, 8,7, 9, 98,65 em Länge ist 
nichts besonderes zu erwähnen. Ventral sind vorne vor der Urethral- 


— 649 — 


leiste die oberflichlichen, polygonalen Zellen gewöhnlich in großen 
Massen angchauft; dann wird die Leiste zur Rinne, die sich sehon sehr 
weit vorne in der Clans von der Oberfläche abtrennt; diese Stelle variirt. 
indem sie bei jüngeren Stadien mehr gegen die Basis der Eichel, bei den 





Fig. 4. 
Embryo von 6,8 cm Lünge. Urethralleiste an der Stelle der epithelialen 
Verklebung bei starker Annäherung der Mesodermzwickel. 


<.c p. Corpus cavernosum penis. pr. Präputium. A bh pr Membrana balanopraeputialis. 
s. tiefe Schicht derselben. a. epitheliale Verklehung. 


älteren weiter vorne liegt. Im dorsalen Teil hat die Epithelleiste 


gewöhnlich noch ihr ursprüngliches Ausschen;; dieser Zapfen wird nach 
hinten zu immer kleiner, um endlich ganz zu schwinden. An manchen 
Objecten ist dieser Rest der anfiinglichen Urethralleiste auch dann 





=> "650 = 


noch vorhanden, wenn die Harnréhre schon geschlossen dureh das 
Mesoderm von der Oberfläche getrennt ist. 

Bei den alten Embryonen findet man die Harnrohrenmündung 
schon. fast an der Eichelspitze; daselbst ist die Harnröhre manchmal 
ganz, manchmal bis auf ein verschieden großes, an der veutralen Seite 
gelegenes, sternförmiges Lumen von großen blassen Epithelzellen aus- 
gefüllt. Ganz vorne ıst an der dorsalen Seite die Epithelleiste noch 
andeutungsweise vorhanden; hiuten ıst in der ventralen Mittellinie 
oft noch der Rest des angehüuften Oberflächenepithels, die schon 
früher mehrfach erwähnte knopfförmige Anschwellung (Frenulunı, 
Raphe) sichtbar; auch an diesen alten Objeeten ist noch stellenweise 
ihre Entstehung aus zwei Hälften erkennbar. 

Fasse ich nun meine Befunde zusammen, so ergiebt sich Folgendes: 
Die Urethralleiste wird im Penisschaft früher zur Rinne als in der 
Glans; die Ränder der Urethralrinne verwachsen und damit ist die 
Harnröhre gebildet. Diese Abtrennung der Haruröhre von der Öber- 
fläche schreitet von hinten nach vorne vor. An der Grenze zwischen 
Eichel und Schaft vollzieht sich der Vorgang in der Weise, daß die 
Ränder der Urethralrinne nicht sofort, sondern nach Aussparung der 
sogenannten rautenförmigen Grube, verwachsen, während vorne in der 
Glans die Urethralleiste noch als solche besteht. Diese rautenförmige 
Grube findet sich nach Herzog bei Embryonen von 60—70 min 
Rumpflänge und ist nach Nagel der letzte Teil der Rinne, der sich 
schließt. Bei älteren Embryonen (72 mm) ist statt ihrer eine schmale 
Spalte vorhanden, welche durch die langen, parallel nebeneinander sich 
legenden Ränder der Urethralrinne begrenzt ist. Ich fand die rauten- 
förmige Grube bei den meisten der jüngeren Objeete, jedoch auch bei 
einigen älteren ( 4 em, 8 em). 

Die Schließung der Rinne, bezw. die Abtrennung der Harnröhre 
von der Oberfläche vollzieht sich von außen nach innen fortschreitend; 
zuerst verlöten die oberflächlichen, dann die tiefen Epithelien, dann 
verwachsen die Meosdermzwickel. Mitunter sieht man aber, daß die 
oberflächlichen Epithelzellen (und zwar entweder an Stellen, au denen 
die Urethralleiste nur epithelial oder dort, wo sie vom epithelbedeckten 
Mesoderm begrenzt ist), an manchen Sehnitten verlötet sind, an den 
dazwischen liegenden wieder getrennt sind, so daß hier also schon eine 
Hlarnröhre existirt, deren ventrale Wand aber nur epithelial ist. Das 
ist wohl der gleiche Vorgang. den Herzog bei 6 und 6.5 em langen 
Embryonen beschrieben hat. 

Bemerkenswert erscheint mir noch, daß ich bei 6 em langen und 


den meisten älteren Embryonen die Mündung der geschlossenen Harn- 


-— 651 — 


röhre schon an der Kichelbasis finde., wäbrend Herzog angiebt, er 
tinde an einem 8 cm langen Embryo das Orificium extrenum noch hinter 
der Glans und erst bei einem 105 mm langen an der Glans; mein Befund 
entspricht Tourneux?’ Angabe daß die Bildung der Pars cavernosa 
urethrae im 3. Lunarmonat sehon beendet sei. 

Bezüglich der Eichelharnröhre ergiebt sich aus meinen Präparaten 
Folgendes: In der Glans bleibt die Urethralleiste lange bestehen und 
in Zusammenhang mit der Membrana balanopraeputialis. An der 
sichelbasis zeigt sich jedoch bei den meisten Embryonen bis zu einer 
Länge von 8 em eine Abtrennung der Leiste von der Obertläche in der 
Weise, daß die zwischen Eichelmesoderm und Membrana balanopraepu- 
tialis die Grenze bildenden Cylinderzellen, welehe sich in die peripherste 
Schicht der Epithelien der Urethralleiste fortsetzen, an der ventralen 
Seite dieser letzteren von reehts und links miteinander sich vereinigen.. 
Damit gleichzeitig rückt an dieser Stelle das Mesoderm gegen die 
Mittellinie vor. Es handelt sich somit um eine Abgrenzung des die 
mesodermale Urethralrinne füllenden Fpithels gegenüber dem ober- 
ttächlichen der Membrana balanopraeputinlis. 

In einzelnen Fällen (Zuekerkandl 2, ieh 1). bleibt es aber: 
nicht bei dieser epithelialen Abgrenzung. sondern die beiden früher ge- 
nannten Mesodermzwickel vereinigen sich miteinander, so daß also an 
dieser Stelle der Epithelpfropf der eigentlichen Harnröhre ringsum 
von Mesoderm umgeben ist. Die epitheliale oder mesodermale Brücke 
hat verschiedene Länge und liegt vor der rautenförmigen Grube, mehr 
minder nahe der Eichelbasis. 

Das an der entsprechenden Stelle bei älteren Embryonen vorhan- 
dene Mesoderm ist von diesem streng zu scheiden, da es daselbst durch 
den von hinten nach vorn in eontinuo fortschreitenden mesodermalen 
Verschluß der Harnröhre erscheint. Zwischen beiden Mechanismen 
besteht somit kein principieller Unterschied, sondern in dem einen Falle: 
handelt es sich um ein isolirtes selbständiges Auftreten von Mesoderm 
an der Stelle. | 

Der Eichelteil der Harnröhre hat daher folgendes Aussehen: Vorn 
die mit der Membrana balanopraeputialis zusanunenhängende Urethral- 
leiste, am Uebergang «ler Kiehel in den Schaft die rautenformige 
Grube, zwischen beiden eine epitheliale. selten eine mesodermale Ab- 
trennung der Leiste von der Oberfläche; vor und hinter dieser Brücke 
sind die Mesodermzwiekel mehr oder weniger weit von einander ge- 
trennt. 

Bei den älteren Embryonen tindet man sehon in der Glans die Ure- 
thra ringsum von Mesoderm umgeben, von der Oberfläche abgetrennt: 


— 652 — 


vor dieser Stelle besteht cine weit offene Rinne, die allmählich in conti- 
nuo von hinten nach vorn durch das Mesoderm verschlossen wird. 

Was die Lumenbildung anbelangt. so beobachtete ich folgendes: 
in den vorderen Partien der Harnröhre sieht man schon frühzeitig in 
dem soliden, aus den großen, blasigen eentralen Zellen bestehenden Epi- 
thelpfropf der Urethralleiste, sowohl Epithelperlen als auch manchmal 
leere, manchmal Detritusschollen degenerirter Zellen und Kerne ent- 
haltende Lücken, dureh deren Confluiren das Lumen sich vergrößert; 
dabei ist aber das Oberflüchenepithel bezw. die mehr peripher gelegenen 
Schichten dieser Zellen noch intact (Fig. 1a). Zu bemerken ist noch, 
daß diese Lücken an verschiedenen Stellen sieh finden, während an an- 
deren, dazwischen hegenden Schnitten der Epithelpfropf noch völlig 
intact und solide ist. 

Stellt man sich nun vor, daB in späteren Stadien die epitheliale 
Verklebung persistirt, so daß also proximal von ihr die Urethra schor. 
geschlossen ıst, distal hingegen wie bei den Jüngeren Stadien die Ure- 
thralleiste als solche oder sehon zur Urethralrinne umgewandelt vorhan- 
den ist, so ist es einleuchtend, daß durch diese epitheliale Verklebung 
der von hinten nach vorn fortschreitende Verschluß der Urethra ge- 
hemmt wird. Die notwendige Folge davon ist, daß bei Beginn der 
fötalen Harnseeretion der Harn, statt wie sonst seinen Weg durch die 
mit Epithel größtenteils noch gefüllte Harnröhre zu suchen und beim 
Orificium externum zu erscheinen, die einen locus minoris resistentiac 
darstellende epitheliale Verklebung an der Eichelbasis zerstört und da- 
sclbst das Orifiesum externum erscheint; dadurch würde also die häufigste 
Art der Hypospadie, die Hypospadia glandis, entstehen. Die distal von 
diesem, je nach Lage der eipthelialen Verklebung mehr oder weniger 
weit gegen die Eichelbasis gerückten Orificium externum gelegene Par- 
tie der Eichelharnréhre bleibt als eine klaffende, epithelbedeckte Rinne 
bestehen. 

Allerdings kann ich aus meinen Befunden nur eine Hypothese fiir 
die Hypospadia glundis eonstruiren, da ich die epitheliale Verkle- 
bung eben nur an der genannten Stelle. aber nieht auch hinten in der 
Pars cavernosa beobachten konnte. 


>. Drüsen der Harnrohre und Lacuna magna. 


Herzog teilt über die Entwicklung der Harnréhrendriisen fol- 
ecudes mit: Zuerst entstehen die Prostata und Glandulae Cowperi; er 
fand sie bei 60 mm langen Embryonen solide, bei 65 mm langen bereits 
mit Lumen. Bei letzteren Embryonen sah H. im vorderen Teil der Pars 
“avernosa Jumenlose Drüsenzapfen, ebensolehe in der dorsalen Wand 


— 65: -- 


der Pars membranacea bei 70 mm; verzweigte Drüsen mit Lumen ir 
der oberen Wand der Pars cavernosa, solide Zellzapfen in den seitlichen 
Winden der P»rs cavernosa und membranacea bei einem 105 mm langen 
Embryo; Drüsen in der unteren Wand der Pars cavernosa erst bei einem 
120 mm Embryo. Meine Untersuchungen, welche nur auf die vorderen 
Absehnitte der Harnröhre beschränkt waren, ergaben, daß sowohl die 


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Fig. 5. 
Embryo von 170 mm Länge. In einem Drüsenzapfen au der dorsalen Haru- 
röhrenwand (Beginn der Pars cavernosa) zwei Cystchen (aj, im Harnröhreu- 
epithel eine intraepitheliale Cyste (7). 


Entstehung der soliden Drüsensprossen als such die der Lumina in 
diesen nicht regelmäßig und »ystematisch vor sich gebt, daß vielmehr 
Zahl, Localisation, Zeitpunkt der Entwicklung der Drüsen von indivi. 
duellen Umständen abhängt. Nur so ist es begreiflich, warum sich bei 
gleichlangen Embryonen auffallende Unterschiede in Zahl, Länge, Aus- 
schen, Entwicklungsstadium der Drüsen zeigen. Es ist ja auch der 
Drüsenreichtum der Urethra bei Kindern und Erwachsenen ein sehr 











— 654 — 


wechselnder und Aschoff benauptet sogar, dab sich im Laufe des 
Lebens neue Drüsen bliden. 


Die Lumenbildung jn den soliden Drüsenzapfen geht in der Weise 
vor sich, dab offenbar durch degenerative Processe in diesen kleine, 
eystenartige Hohlräume auftreten (Fig. 5a). Auch in der später zu be- 
schreibenden dorsalen Epithelleiste. sowie in der ursprünglichen Ure- 
thralleiste finden sich Uystehen, sowie Epithelperlen: die Zellen dieser 
gehen später zu Grunde (wie im Epithel des Praeputialsackes). 


Cystenartige Bildungen sah ich im Urethralepithel selbst bei 6 
Monate alten Embryonen: sie gleichen vollkommen den bekannten intra- 
epithelialen Uvstehen in der Urethra von Kindern und Erwachsenen. 
(v. Ebner, Pasehkis). Bei den Embryonen dürften diese Cyst- 
ehen in erster Linie wohl zur Vergrößerung des Lumens der Harnröhre 
dienen, mitunter findet man sie an Stellen, an denen das Urethral- 
epithel mehr Schichten hat als an anderen. Die Lumenbildung in den 
Drüsenzapfen geht mieht in gesetzmäßiger Weise vor sich, indem sie 
nicht vom Centrum oder von der Peripherie aus, sondern wahllos an 
‚diversen Stellen beginnt: so findet man z. B. Drüsenzapfen, die knapp 
an ihrem Ursprung vom Urethralepithel ein mehr oder minder großes 
Lumen haben. einige Sehnitte weiter wieder solide sind, und gegen ihr 
Ende zu wieder ein Lumen haben. Durch Contluiren dieser kleinen 
Hohlräume entsteht die definitive Lichtung. Mit zunehmendem Alter 
werden die Drüsen länger und verzweigen sich. Daß das Lumen sowie 
das Volumen und die Verzweigung der Drüsen auch post partum zu- 
nehmen. beweist der Umstand, daß man dieselben Bilder auch bei Kin- 
dern findet. Die Annahme Debierres jedoch (eit. nach Zucker- 
kandl), daß die Lacunae Morgagnı sich erst post partum entwickeln, 
stimmt nieht; seh fand schon bei 30 cm langen Embryonen ganz typi- 
sche, wohlausgebildete Lacunen und Schleimrdüsen (Littre'sche 
Drüsen), die zum Teil deutliche Schleimreaction mit Mucicarmin und 
Muchaematin gaben; in einem Falle waren im Jfarnrôhrenepithel 
Becherzelien in reiehlicher Menge vorhanden. 


Schon Tournmeux bildet bei einen: Embryo von 83:11 em Länge 
einen von der dorsalen Seite des Harnröhrenepithels abgespaltenen 
Zellzapfen ab. den er als Lacuna magna auffabt, Zuckerkandl 
desgleichen bei einem Embryo nns dem 8. Lunarmenat und bei einem 
Neugeborenen. Die Lacuna magna stellt einen großen, verschieden 
lanzen, zewöhnlich ea. 1 em hinter dem Orifictum externum mündenden 
Gang dar (Jarjavay). Allerdings soll die Entfernung der punkt- 
förmigen Mündung vom Orifieium externum von 1 mm bis zu bh ven 


— 655 -- 


variiren. Diese Mündurg ist von der Valvula fosse navicularis (G u ©- 
Tini) bedeckt. 

An meinen Präparaten ließ sich vor allem eonstatiren, daß noch 
vor Abschluß der Urethra der centrale bezw. dorsale Teil der Urethral- 
leiste durch dichtere Anordnung und intensivere Tinction der Zellen 
sich deutlich abhebt. Noch besser zeigt sich der Unterschied an den 
Stellen, wo bereits eine Urethralrinne, die rautenförmige Grube oder 
eine schon geschlossene Urethra vorhanden ist und am dorsalen Ende 
dieser noch ein Rest der ursprünglichen Epithelschieht sich findet. Aus 
dieser entsteht sowohl die Lacuna magna als auch ein Teil der Lacunae 
Morgagni. 

Teh lasse nun meine, die Lacuna magna betreffenden Befunde in 
tabellarischer Uebersicht folgen. 





— 


Entfernung Länge 





Liinge r 
EE der Lacuna der Verhalten der Lacuna magna 
d magna vom 2 à ` 
Orificinm Lacuna» und der Drüsen 


Embryo | externum magna 


| 





Harnréhre im Bereich der Lacuna magna 


6.0 cm 640 u 140 u | 
| noch nicht geschlossen. 
| 


L m. in der Glans. 


{ 
6.1 cm | 190 u 96 u Harnröhre schon geschlossen. 

| L. m. in der Glans. 

! 
(A em — — — = 
6,8 em — —  .  Gcgeu das Ende der Glans em in Ab- 

} . 
ı  sehnürung :begriffener dorsaler Zapfen. 

TO cm |! — — | Desgl. 

| i | 
7,9 em 800 u 100 « | In der Glans mehrere dorsale Zellzapfen 


ohne Lichtung. 


Despgl. 


| 
HI em | 960 uw , 180 u 
| | (Fig. 6. L. m.) 


&.5 em | M600 120 u Desgl. 
8.7 cm 660 a 100 u Desgl. 


Im Anfang der Pars cavernosa dorsale 
Zellzapfen mit Lumen. 


9,0 em 960 u Inn ` L. m. knapp hinter der Glans. 
In der Pars cavernosa und membranacea 
. dorsal reichliche Drüsenzapfen mit und 
i ohne Lumen; seitlich sehr spärlich. 








— — war — — ët = = — — —— Se 








Länge Entfernung! Länge 
des E der Verhalten der Lacuna magna 
` ‘mM: , 
Embryo | Oriticium Lacuna | und der Driisen 
bzw.Alter | externım | magna 








99 cm 440 u 1200 | L. m. in der Glans. 
Im Anfangstetl der Pars cavernosa reich- 
leh dorsal und seitlich Drüsenzapfen. 
(Fig. 7 L. m.) 
9,65 em 940 u 22) u L. in. in der Glans 
In der Pars cavernosa und membranaces 
i 


| 
| 
| 
| 
reichlich dorsal und seitlich Drüsenzapfen. 


10,0 cm 640 u 100 u L. m. in der Glans. 
10,4 em 600 « 100 u L. m. in der Glans; ist doppelt. 
11,0 em : 1080 u 460 u L. m. in der Glans; hat Lumen und zeigt 
Sprossenbildung. 
12.5 cm 600 u 140 u L. m. in der Glans; zeigt Trennung, Zu- 
sammenhang, wieder Trennung vou der 
Urethra. 
13,0 cm | 1400 u ` 500 u L. m. in der Glans. 
14,5 em | 1700 u | 340 & © L.m. in der Glans; hat Lumen und Sprossen. 
15,0 cm | 1600 « 640 u Desgl. 
15.0 cm 750u | 430 u Desgl. 
17.0 cm | 1900 &« 1240 u Desgl.: ist doppelt. 


| (Fig. 5) 
30,0 cm | 2000 u 3C0u L. m.in der Glans; hat Lumen und Sprossen. 


i 
30,0 em jf 2080 a | 1204 'L. m. knapp hinter der Glans: hat Fumer. 


31,0 cm ' 2080 u 140 u L. m. in der Glans: hat Lumen. 
Neu- 3240 u ` 3Wu | L. m. in der Glans; hat ein ganz kleines 
geborener | | Lumen. 
15 Tage © 8900 u dn ` Kein Lumen. 
SE Mon. 4350 u 500 « : L. m. in der Glans; nur an einer Stelle cin 
kleiner cystenartiger Hohlraum. Einige Ab- 
spaltungen. 
4 Mon. . — — | Keine I.. m. An der ventralen Seite beginnt 


‚nach 2160 u ein großer Gang mit Lumen, 
‚der sich in Drüsen auflöst und 2430 « 


+ 


lang ist. 


l 


4 Mon. — — Von dem dorsalen Teil der Urethra ent- 
springen lange uud kürzere Drüsen. 
| . Keine Lacuna magna. 


— 657 — 


a — — — — ———— 


Entfernung Länge | 





"deet Lacuna e der y | 
Alter | magna vom' L | Verhalten der Lacuna magna 
Orificium | Vacuna ` 
, externum magna | 
| | 
! 

4 Mon. 4000 u | 230 u Lumen. 

4', Mon. 9750 u | 51V w | L. m. doppelt; das dorsale Ende der Urethra 
| 540 u — zwei solide Zellzapfen. Kurz hinter- 
| einander schnüren sich beide ab, haben Lumen 

| | und Sprossen. 

7 Mon. 4020 u | 300 1 Kein Lumen. 

T Mon. 8000 u | 2500 « Anfangs Lumen, dann keins, dann wieder 
! | Lumen; zahlreiche solide Sprossen und 

Drüsen. 

7 Mon. Ä 4600 u | 420 6 | Lacuna magna mit Lumen, soliden Sprossen 

1 À D * 
| und Drüsen. Vorher kurze Drüsenzapten. 
| | * 

9 Mon. | 4000 u 240 « L. m. doppelt; der dorsale Teil der Urethra 
390 u ist zweizipfelig; von jedem Zipfel ein großer 
| Gang mit Lumen und Drüsen. 

9 Mon. ; 2700 u 40 4 L. m. ohne Lumen und Sprossen. 

! 

10 Mon. — — Dorsal reichlich Drüsen: keine Lacuna magna. 

11 Mon. | 4950 u 320 u Lumen, keine Drüsen. 

14 Mon. | 3570 u 390 u Desgl. 

| (Fig. X.) 
i 
141/, Mon. | 2000 u | 2500 a Auerst. zeigen sich dorsal rechts, dann links 
| | Drüsen, dann erst in der Mitte die Lacuna 
| magna, in welche die Drüsen einmünden. 
| | | (Fig. 9.) 

17 Mon. | 2450 u | 1240 u Stelleuweise Lumen, reichlich Drüsen. 
| 

18 Mon. | 9950 u | 330 u Lumen und Drüsen. 

20 Mon. | 5000 u 450 u Teilweise Lumen, keine Drüsen. 

2 Jahre | 3500 u 450 u Lumen, keine Drüsen. 

(Fig. 10.) 
2 Jahre | 6400 u 270u `, Doppelt: Lumen und Sprossen. 
| 450 u 

3 Jahre : 10100 u 430 u Doppelt: Lumen uud Drüsen. 

| 400 u | 

3 Jahre § 4100 u 840 u : Lumen, keine Drüsen. 


— 658 — 


Aus dieser Tabelle ergiebt sich, daß ın den meisten Fällen eine 
Lacuna magna vorhanden ist, daß allerdings ihre Entfernung von dem 


Orifieium externum, ihre Länge, ihre Größe, ihr anatomisches Bild 
außerordentlich variabel sind. 





Fig. 6. 
Embryo von 80 mm Länge. Lacuna magna (L. m.) ın Abspaltung begritfen. 
Lumenbildung im Rest der dorsalen Epithelleiste. 


Im wesentlichen gleicht die Lacuna magna ihrem Aussehen nach 
völlig den Lacunac Morgagni. Daß sie besonders groß ist, stimmt in der 
Mehrzahl der Fälle; mitunter jedoch, vor allem bei Embryonen, ist der 
Größenunterschied kein auffallender. Zuckerkandl hat zweifellos 


— 65) — 


recht, wenn er sagt, daß in den Fällen, in denen man den Sitz der Lacuna 
magna 7. B. als 5 em hinter dem Orifiecium externum angegeben findet, 
wohl eine Verwechslung mit einer gewöhnlichen Lacuna Morgagni 
vorliegen dürfte, und daß man somit verschiedene, nicht homologe Bil- 
dungen mit demselben Namen belege. Ich kann das vollkommen bestii- 
tigen und bin der Ansicht. daß man als Lacuna magna thatsiichlich nur 





Fig. 7. 
Embryo von 9 em Länge. Lacuna Magua. 


die erste große, hinter dem Orifiecium externum sieh findende Abspal- 
tung von dem dorsalen Teil der Urethra bezeichnen soll, wie ich es auch 
in der Tabelle angenommen habe. 

Mitunter finden sieh weiter vorn, von dem Ursprung der Lacuna 
magna, ganz kleine Gruppen von Driischen; bei Embryonen ist das sehr 
auffallend, indem diese Drüsenzapfen nur 10—30 u lang sind. die La- 
cuna magna sich durch 100 « und darüber lang verfolgen läßt. 





ss Obas 





Fig. 8. 


“a 
— 
CA, 
Cx 
e 


5 


$ 
. 
- 

4 





14!/, Monate altes Kind. Lacuna magna. 


Digitized by Google 


— 661 — 


Bei Embryonen bietet sich gewöhnlich folgendes Bild: Von der 
dorsalen Seite der Urethralleiste wird nach vorheriger Einschnürung 
durch das Mesoderm eine mehr oder minder große Partie abgespaltet; 
dieser dadurch selbständig gewordene Zellencomplex läßt sich verschie- 
den lang verfolgen. Nach Abspaltung dieser Zellmasse werden dann 
hinter ihr im weiteren Verlaufe noch andere von der Leiste abgetrennt. 
In anderen Fällen ist mit der Abgabe der Lacuna magna der ganze noch 
bestanden habende Rest der Epithelleiste erschöpft und erst hinten, wo 
die T'rethralrinne bereits gebildet ist, gehen von ihrer dorsalen Wand 
Drüsenanlagen ab. An einigen Präparaten fand sich die Lacuna magna 





Figur 10. 
2 Jahre altes Kind. Lacuna magna. 


in dem Stadium der beginnenden Abschnürung von der Urethralleiste 
(Fig. 6a): einmal war sie an einem Schnitte schon losgelöst, am folgen- 
den noch in Zusammenhang mit der Leiste. am dritten endgiltig los- 
gelöst. Selten bei jüngeren Embryonen, häufiger bei älteren hat die 
Lacune bereits ein Lumen und auch seitliche Sprossen, letztere wohl 
als Vorstufen von Drüsen. Manehmal zeigte sich knapp hinter dem Zu- 
sammenhang der Lacuna magna mit der Urethra eine zweite Abschnü- 
rung von der Urethralleiste; diese Fälle entsprechen wohl denen mit 
zweigeteilter Lacuna magna, ebenso wie die. in denen von der Lacuna 
magna selbst ein Teil sich abspaltet. 


— 662 — 


Bei neugeborenen und älteren Kindern sind die Bilder nicht we- 
sentlich anders. Der sehon oben erwähnte Unterschied in den Epi- 
thelien des dorsalen Teiles der Urethra den anderen Partien derselben 
gegenüber. ist auch hier vorhanden. Durch Einsehnürung und Jarauf 
folgende Verwachsung des Mesoderms entsteht die Lacuna magna als 
verschieden großer solider oder gleich zu Anfang sehon ein Lumen be- 
sitzender Zellzapfen. Nach rückwärts zu wird der abgeschnürte Zell- 
zapfen kleiner und endet schließlich entweder als kleines Häufchen von 
"Epithelzellen oder indem es sieb in eine Anzahl soleher auflöst: manch- 
mal giebt die Lacuna magna schon kurz nach ihrem Beginn kleinere 
und größere Zellzapfen ab oder löst sich bald völlig in solehe auf. In 
einigen Fällen fanden sich auch Drüsengruppen, einmal sogar sehr 
reichlich. Aueh bei Kindern hat die Lacuna magna nieht immer ein 
Lumen und bei einzelnen Obejeten fand ich längere Zeit, nachdem die 
Lacune als solider Zapfen vorhanden war. an einem Schnitte in der 
Mitte des Zapfens einen kleinen eystenartigen Hohlraum (Fig. Sa). der 
wohl als Vorstufe des späteren großen Lumens aufzufassen ist. 


Literatur. 


F. Tourneux: Du tubereule ebez le foetushumain. Journal de 
l'anatomie et de la physiologie 18859, Bd. 25. 

Nagel: Entwicklung und Entwieklungsfehler der weibliehen Geni- 
talien. Handbuch der Gynaekologie von Veit. Bd. 1, 1897. 

Nagel: Handbuch der Anatomie von Bardeleben. Weibliche 
Geschlechtsorgane, 1896. 

E. Zuekerkandl: Anatomische Einleitung in Handbuch der 
Urologie (Od. Zuekerkandlundv. Frisch, 1903). 

F. Herzog: Beiträge zur Entwieklungsgeschichte und Histologie 
der männlichen Harnröhre. Archiv für mikroskopische Anatomie und Ent- 
wicklungsgeschichte, Bd. 63. 1904. 

Reichel: Die Entwieklung der Harnblase und Harnröhre. Ver- 
handl. der physik. med. Gesellschaft m Würzburg. Neue Folge. Bd. 27, 
1893. 

Kaufmann: Deutsche Chirurgie, 1880. 

Aschoff: Ein Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie 
der Schleimhant der Harnwege usw. Virehow’s Archiv 1894, Bd. 13s. 

v. Ebner: Handbuch der Gewebelehre von Kölliker. 

R. Pasehkis: Ueber Driisen und Cysten im Epithel der männ- 
lichen und weiblichen Harnröhre. Monatsber. f. Urologie, 1903. Bd. 8. 

Debierre: eit. nach Zuckerkandl. 

Jarjavay-e: Recherches anatomiques sur lurétre de Phomme. 
Paris 1886. 


Ein neues Urinal für Frauen. 


Von 
Dr. P. Wulff, Specialarzt für Urologie, Hamburg. 


Bei einer Reihe von Urinincontinenzen sind wir nicht in der Lage, 
durch operative Eingriffe einen einigermaßen haltbaren Verschluß her- 
zustellen, selbst die neuerdings so sehr empfohlene Paraffininjeetion 





hat mich wenigstens in dieser Hinsicht mehrfach im Stich gelassen. 
Infolgedessen bin ich gezwungen gewesen, die Patientinnen wieder 
einen Apparat zum Auffangen des Urins tragen zu lassen, habe aber 
nirgends eın derartiges Uninal finden können, bei dem die Frauen nicht 
beständig durch das Nebenbeilaufen des Urins belästigt worden wären. 


— 664 — 


Ich habe deswegen diesen kleinen Apparat') construiren lassen. der im 
wesentlichen aus zwei Hohlschalen besteht. wovon die eine die Form 
eines halben Vaginalspeeulums hat und in die Vagina eingeführt wird. 
die andere die Gestalt eines Tellers hat und yor den großen Labien liegt. 
Dieser kleine Apparat wird durch vier Schenkelriemen fest an einem 
um die Taille gelegten Gürtel fixirt und durch starkes Anziehen der 
Schenkelriemen der vaginale Teil fest in die Vagina hineingedrückt. 





Der Abschluß befindet sich an der tiefsten Stelle des vor den Labien 
gelegenen Tellers und ist in üblicher Weise mit einem den Urin gui- 
fangenden Gummibeutel verbunden. Seit einem Jahre habe ich dieser 
Apparat bci einer Patientin mit durchaus zufriedenstellendem Er- 
folge ausprobirt. Selbstverständlich ist es, daß die Größe des Appa- 
rates den jeweiligen Verhältnissen der Patientin entsprechend modifi- 
ceirt werden mub. 


1) Zu beziehen dureh Ad. Krauth. Hamburg. 


Referate. 


I. Allgemeines über die Physiologie und die 
Krankheiten des Urogenital-Apparates. 


Affectionen, bei denen ein grösserer Abschnitt des 
Urogenital-Apparates beteiligt, ist. 


Urologisches aus der 78. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Aerzte in Stuttgart vom 16. bis 22. Sep- 
tember 1906. 


Herr Lichtenstern (Wien): Teber Funetionsstörun- 
gen der nach Nephreetomie restirenden Niere. 

Bei nachuutersuchten nephrectomirten Patienten fand L. in Ueber- 
einstimmung mit seinen früheren Tierexperimenten beträchtliche Schwan- 
kungen in der Zuckerausscheidung nach Phloridzindarreichung, wonach 
also die Phloridzinprobe kein exactes Reagens auf die Funetionsfihiekeit 
der Niere darstellt. | 

Herr Romberg (Tiibingen): Ueberdie Diagnose der be- 
ginnenden Schrumpfniere. 

Ceber den Beginn der Schrumpfniere kann die anatomische Unter- 
suchung allein keinen Aufschluß geben. es bleibt fraglich, ob der Unter- 
sang der Glomeruli oder die Bindegewebswucherung das Primäre ist. Die 
experimentelle Forschung hat bis jetzt keine wesentlichen Resultate ge- 
fördert, experimentell hat bis jetzt Schrumpfniere nicht erzeugt werden 
können. Schlayer zeigte, daß die acute Nephritis bald Gefäße. bald 
Epithelien zuerst trifft, später verwischt sieh der Unterschied. Glomeruli 
und interstitielleGewebe verhalten sich bei der Schrumpfniere stets in der- 
selben Weise, während das Verhalten der Epithehen verschieden ıst: 


— 666 — 


dieser Umstand weist auf Gefäßveränderungen als erste Ursache der 
Schrumpfniere hin, welehe zuerst die Glomeruli zum Schwund und später 
das interstitielle Gewebe zur Wucherung bringen. Von diesem Stand- 
punkte aus erscheint die Abgrenzung der arteriosklerotischen Schrumpf- 
niere als besonderer Form nicht gerechtfertigt, auch die tiefere Einziehung 
der Nierenobertläche stellt keinen wesentlichen Unterschied dar. Im Be- 
ginn ist die Trennung der genuinen und arteriosklerotischen Schrumpf- 
niere überhaupt schwierig. Die Arteriosklerose bewirkt lediglich eine 
starke Disposition zur Schrumpfniere durch ihren ungünstigen Einfluß 
auf die Ernährung der Gewebe, sie folgt nicht selten erst der Schrumpf- 
niere. Wichtig ist die Zusammenfassung klinischer und anatomischer Be- 
funde, wie sie Rom bergan 16 Fäħen durchgeführt hat. Es handelt sich 
hauptsächlieh um Untersuchung früher Stadien, solehe findet man haupt- 
sächlich bei frühem Tod an Herzsehwäche. Dies tritt häufig ein, weil das 
Schrumpfnierenherz infolge der Notwendigkeit, große Widerstände zu 
überwinden. leieht ermüdet. Je früher das Herz versagt, desto mehr 
wiegen die cardialen Symptome gegenüber den direct von der Niere aus- 
vchenden im Krankheitsbilde vor. während in späteren Stadien die urä- 
mischen Erscheinungen in den Vordergrund treten. Bei frühen Stadien 
weisen auf die gleichzeitig bestehende Schrumpfniere Drahtpuls. er- 
höhter Blutdruck und Herzhypertrophie, niederes specifisches Gewicht 
des Urins hin. Der Blutdruck braueht aber nieht immer erhöht zu sein, 
er kann sich bei Herzschwäche der Norm nähern. In noch früheren 
Stadien ist das Krankheitsbild ein rein eardiales, nur der Arteriendruck 
ist abnorm hoch, der zweite Arterienton areentuirt, der Harn kann lange 
eiweiß- und eylinderfrei sein. Die anatomische Untersuchung solcher 
Fälle zeigt makroskopisch normales Verhalten, höchstens Stauung. mikro- 
skopisch Verödung zahlreicher Glomeruli in ungleicher Verteilung auf Jie 
einzelnen Teile der Niere, das Bindegewebe ist gewuchert und kleinzelliz 
ınfiltrirt, es läßt sich also nur durch die mikroskopische Untersuchung die 
Diagnose auf Schrumpfniere stellen. Die Anschauung, daß die Schrumpf- 
niere durch Störungen des Kreislaufes entsteht. wird durch Untersuchung 
verschiedener Stadien bestätigt. In den Fallen von Romberg lagen 
weder Splanchnicusreizung, noeh centrale Erhöhung des. Blutdruckes, 
noch Darmstörungen vor, die Differentialdiagnose war daher gesichert. 
DaB es sieh bei diesen Fallen nicht um Stauungserscheinungen handelt, 
beweisen sechs Fälle, in denen die Patienten nieht an Herzschwäche 
starben und die gleichen Erscheinungen aufwiesen. Eine weitere Zahl 
von Fällen an fieberhaften Krankheiten gestorbener Personen, bei denen 
eine Erhöhung des Blutdruckes nicht bestand, ergab bei der Autopsie cha- 
rakteristische beginnende Schrumpfniere. Die starre Wandbeschaffenheit 
der Arterien ohne Blutdruchsteigerung hatte in diesen Fällen auf die 
richtige Diagnose geführt. Dieselbe fand sich auch in einem Fal Addi- 
vun scher Krankheit. Die Blutdrucksteigerung kann auch bei ausge- 
bildeten Fällen fehlen. Das wichtigste Frühsymptom ist also der Draht- 


— 667 — 


puls und Veränderungen am Herzen. der Plutdruek braucht nicht ge-- 
steigert zu sein. 
Diseussion. | 

Herr Volhard (Dortmund): Die Ursache des erhöhten Blutdruckes- 
ist die Gefäßerkrankung. die Schrumpfung ist das Secundäre, die Er- 
krankung der Glomeruli ist das Charakteristisehe. Man sollte daher von 
einer chronischen Glomerulonephritis und nicht von einer Schrumpfniere- 
sprechen: gerade die Schrumpfung kann man ja nicht nachweisen. 

Herr Mankiewicz (Berlin) spricht iiber Borovertin, ein neues. 
Harnantisepticum. Es soll das Urotropin und seine Surrogate ersetzen 
und deren Nebenwirkungen nicht besitzen. Es ist ein borsaures Hexa- 
methylentetramin, und zwar ein Triborat. Auf die Anfrage, ob es sich um: 
ein natürliches Salz handelt, antwortet M. mit ja, da die Borsäurefärbung 
der Flamme nicht nachweisbar ist. 

Herr Lustig (Meran): Ueber Arteriosklerose und 
deren Beziehungen zur Schrumpfniere. 

Die Ursache der Arteriosklerose ist üppige Lebensweise. besonders 
wenn sie mit Alkohol-, Kaffee-, Thee- und Tabaksgenuß verbunden ist.. 
Die Arteriosklerose ergreift besonders diejenigen Organe, an deren phy- 
siologische Leistungen besondere Ansprüche gestellt werden und darum 
auch die Nieren. Die Cardinalsymptome sind erhöhter Blutdruck und 
Hlarnveränderungen. 

Herr Lenhartz (Hamburg): Veberacuteundehronisehe 
Nıerenbeckenentzündung. 

Die Harnuntersuchung gestattet nicht immer zwischen Pyelitis und 
Cystitis zu entscheiden: es ist rlaher wünsceheuswert, neben dem ein- 
vereifenden Mittel der Cystoskopie auch klinische Symptome kennen zu 
lernen, welche die Diagnose erleichtern. Bei seinen Untersuchungen an 
60 Fällen von Pyelitis beim Weibe spricht für deren Entstehung die 
Ascension von der Blase her. Von 60 Fällen wiesen 50 im Urin Rein- 
eulturen von Barterium eoli, 3 Paratyphus- und 2 Milehsäurebaeillen auf. 
Die Ansicht der Lehrbücher, daß die Temperatur keinen charakteristischen 
Verlauf habe, konnte L. nieht bestätigen. Heubner hat auf eharakte- 
ristisehe Anfälle bei Kinderu hingewiesen, die sieh jahrelang hinziehen 
können, bei den Erwachsenen sind sie bis jetzt nieht geniigend studirt. 
Unter seinen 60 Fillen waren 10 mit geringer Temperatursteigerung. 14 
hatten kurze, 4—14 tägige einmalige Fieberanfälle oder leichte Remissio- 
nen, bei 20 Fällen traten typische ltückfälle mit hohem Fieber und Kolik 
auf. ohne daß eine Verlerung des Nierenbeekens bestand: in einem dieser 
Fälle waren beide Nieren erkrankt nnd die Kolik beiderseitig. was gegen 
die Verlegung spricht, jeder dieser Anfälle war mit einer Vermehrune 
der Bacterien und mit Vermehrung des Harus verbunden. Nach seiner 
Auffassung handelt es sich bei diesen HKückfällen also nieht um einen 
mechanischen Vorgang, sondern um bacterielle Veränderungen des 
Nierenbeckens. Namentlich wenn der Druckschmerz nicht deutlich aus-: 


— 668 — 


vesprochen ıst. können derartize evklisehe Anfalle die Diagnose sichern. 
Auch sollte man mehr auf die Trübung des Harns und seinen Barterien- 
vehalt achten. Die Entstehung der Rüekfiälle ist ähnlich wie bei den 
(tallensteinkoliken. bei denen auch das Bacterium voli eine große Rolle 
spielt. ohne daß es sieh um Verlegung handeln muß, sondern wo nur eine ge- 
wisse Schwierigkeit der Passage durch den langen Kanal bestelt. 
Die Art der Bacterien scheint bei den Anfällen belanglos zu 
sein. Jeder Fall wurde vor seiner Entlassung nochmals bacterio- 
logisch untersucht. es ergab sieh, daB nicht wenige Fälle aus- 
heilen. Bei zwei Fällen trat Pseudorheumatismus auf. einmal 
mit steril-serösem Freuß in beide Kniegelenke.  Kliniseh geheilt 
wurden 40 Fälle. von denen die grôbere Anzahl hei späterer Controle noch 
Bacteriurie aufwies. Der mechanischen Behandlung zieht Lenhartz 
die Ausspülung mit Mineralwasser oder Lind>nblütenthee vor. 
Diseussion. 

Herr Müller (München): Verstopfung und Erkältung spielen eine 
Hauptrolle bei der Entstehung der Pyelitis, erstere scheint gegen die aus- 
xchließliche Entstehung dureh Ascension von der Blase her zu sprechen. 
Die Therapie muß mit der Hebung der Verstopfung beginnen. Er fand 
ebenfalls häufig das Bacterium eoli in verschiedenen Varietäten. die zum 
Teil meist gegenseitig agglutinirten. Die Bacteriurie ist eine Ausgangs- 
form der Pvelitis. Ste kann zur Blutdrucksteigerung und zu Schrumpf- 
niere führen. Verwechselung mit Typhus ist nicht selten und dureh die 
Aehnlichkeit seiner Erreger mit dem Colibaeillus begründet. 

Herr Naunyn (Baden-Baden): Die Pyelitis ist auch bei Männern 
nicht selten. Die Beziehung zur Nephritis äußert sich in häufizer starker 
Albummnurte bei anscheinend reiner Pyelitis, sie deutet auf starke Schädi- 
gung der Niere hin. Die Atrophie der Niere ist nach Pyelitis und chroni- 
scher Cystitis häufig. 

Herr Goldberg (Wildungen): Wenn die Fälle katheterisirt wur- 
den. so kann es sich um Katheterfieber gehandelt haben, das ganz ähn- 
liche Fieberanfälle macht. Auch er sah auf Bacteriurie Schrumpfniere 
folgen. Die Schwierigkeit der Diagnose liegt bei den chronischen Fällen. 
wo das Hilfsmittel des Fiebers wegfällt. Die einmalige Cystoskopie ist 
nicht eingreifender als zahlreiche Katheteranwentdungen. 

Herr Mohr (Berlin): Nieht selten liegen Entwicklungsanomalien in 
Form von schiefer Insertion des Ureters vor, der sich bei verschiedenen 
Grad abknicken kann. 

Herr Lenhartz (Schlußwort): Der Gehalt an Albumin übertraf 
mehrfach den Gehalt an Fiter. aber auch solche Fälle zeigten einen Rück- 
zung auf Spuren. Der Fall mit Kuiegelenkerguß führte zu starker chro- 
unischer Veränderung der Niere mit Andeutung der Schrumpfmere. Wegen 
der ätiologischen Bedeutung der Verstopfunz behandelt auch er dieselbe 
mit salinischen Mitteln, sieht aber in der Verstopfung keinen Beweis 
vegen die Ascension und fiir die Ueberwanderung vom Darm her. Die 
Polle der Entwicklung und die Bacteriurie als Ausgangsform erkennt er 


— 669 — 


ebenfalls an. Seine Fälle wurden fast nie katheterisirt. Auch war Bar- 
teriämie selten. die bei Katheterfieber die Regel darstellt. Die Blasen- 
spülung ist meist zwecklos, reichliches Trinken genügt. Die Rolle der 
Anomalien der Lage ist ihm bekannt. j M. Lubow ski. 


Privatdocent Dr. Oberndorter, Prosector des städt. Krankenhauses 
r. Isar, München: Pathogenese und pathologische Ana- 
tomie der Genitaltuberculose. (Wiener klin. Rundschau 16, 
No. 39 u. 40.) 


Bei der Besprechung des Pathogenese der (ienitaltuberculose em- 
pfiehlt es sich von vornherein, die Erkrankung bei beiden Geschlechtern 
getrennt zu behandeln, da sich die Wege der Infection bei beiden vielfach 
voneinander unterscheiden. Der männliche Genitaltraetus ist gegen die. 
Bauchhöhle völlig abgeschlossen: steht dagegen in Communication ınit 
den Harnwegen. Die weiblichen Genitalorgane stehen dureh die Tuben- 
mündungen in freier Verbindung mit der Bauchhöhle, sind dagegen von 
den Harnwegen völlig getrennt: hierdurch könnten sich weitzehende 
Variationen in der Entstehungsart der Tuberculose bei beiden Ge- 
schlechtern ergeben. 

Was den männlichen Genitaltractus betrifft, so lehrt die klinische 
Erfahrung, wie die am Sectionstisch. daß Nebenhoden und Hoden, Vas 
deferens, Samenblasen und Prostata häufig der Sitz tuberculüser Ver- 
änderungen sind. Hierbei ist aber nie der ganze Genitalschlauch in con- 
tinuirlicher Weise erkrankt, sondern fast immer trennen Partien gesunden 
oder weniger erkrankten Gewebes die einzelnen größeren Herde von- 
einander; häufiger ist nur das eine oder andere Organ erkrankt. 

Wie entsteht nun die Tuberculose im männlichen Genitalsystem? 
Eine primäre Tuberculose gehört hier zu den groBen Ausnahmen. Möglich 
ist, daB Cohabitation mit einer an Scheiden- oder an Uterustuberculose 
leidenden Frau zu einer Infection der Glans penis fiihrt. Die Litteratur 
erwähnt einige Fälle dieser Art. Bekannt ist weiter, daß die Tuberculose 
des Präputiumrestes mit Uebergreifen auf die Glans öfter nach der 
rituellen Circumcision zum Ausbruch kam, wenn ein phthisischer Be- 
schneider die Wunde aussaugte. 

Diese primären Tubereulosen der Glans penis haben aber nie zu einer: 
Infection der höher liegenden Genitalorgane geführt, sondern bedingten 
ın erster Linie, sich auf dem Lymphenwege ausbreitend, eine Erkrankung 
der regionären Lymphdrüsen der Glans, der inguinalen und pelvischen. , 

Sehen wir von der Tuberculoseinoclation bei der Circumcision ab. 
so kommen wir zu dem Schlusse, daß eine primär die Genitalien treffende- 
Infection mit Tuberculose. wenn sie überhaupt vorkommt, zu den großen 
Seltenheiten gehört und deswegen unberücksichtigt gelassen werden darf. 
Danach verhält sich die mäunliche Genitaltuberculose nicht anders 
als die Tuberculose aller anderen inneren Organe. Wir müssen uns alse 
mit dem Gedanken vertraut machen, daß weitaus die meisten Fälle von 


— 0 


dienitaltubereulose im Körper erscheinen, als seeundäre Erkrankungen. 
ausgehend von einem älteren latenten Herd, aufgefaßt werden müssen. 

Der Uebergang von Tuberkelbaeillen von einem älteren tuberculosen 
Herd in einem anderen Organ auf die Genitalien könnte nun auf ver- 
schiedenem Weee geschehen: 1. auf dem Lymphwege, 2. auf dem Blut- 
wege, 3. auf den Harnwegen, die in der Gegend der Pars prostatica 
urethrae mit dem Genitalrohr in directe Communication treten. 

Eine Tuberculoseentstehung auf dem Lymphwege kann dann zu Stande 
kommen, wenn in der Nähe der Genitalorgane, zum Beispiel der Haut des 
Scrotums, sich tuberculöse Veränderungen (Lupus) finden, die in der 
Tiefe fortschreitend allmählich die Genitalorgane ın Mitleidenschaft 
ziehen. In diese Reihe würden auch jene Fälle von Hodentuberculose 
gehören, die druch Offenbleiben des Processus vaginalis peritonei,. durch 
directe Ausbreitung einer Peritonealtubereulose auf die Tunica vaginalis 
propria testis entstanden sind . 

Eine wesentlich größere Rolle spielte bis in die neueste Zeit hinein 
die Tuberculose des uropoëtischen Apparates als Quelle einer Infection 
der männlichen Sexualorgane. Sicher ist, daß eine Infection der Pars 
prostatica urethrae durch tuberkelbacillenhaltigen Harn erfolgen kann. 
und daß diese Erkrankung bei ihrem Fortschreiten die Prostata einbeziehen 
muß. Ob sieh aber von hier aus der ProceB auf Vas deferens und Hoden 
weiter ausbreiten könne, war lange Zeit unentschieden, bis die zahl- 
reichen Arbeiten v. Baumgartens und seiner Schüler Licht in die 
zum Teil verworrenen Verhältnisse gebracht haben. v. Baumgarten 
und seine Schüler haben das ungeheuere Ueberwiegen der ascendirenden 
Form der Tuberculoseausbreitung iiber die descendirende dargethan. Die 
Versuche v. Baumgartens bestehen darin, daß er Aufschwemmungen 
von Tuberkelbacillenreinkulturen in die Harnröhre von Kaninchenböcken 
spritzte. Hierbei trat nie eine Tuberculose des Samenleiters oder 
Hodens auf, während umgekehrt, wenn der Hoden direct inficiert wurde. 
regelmäßige Samenleiter und Prostata erkrankten. Diese Schlüsse fanden 
einen wichtigen Beweis in den Erfahrungen von Chirurgen. So konnte 
v. Büngner bei zahlreichen wegen Tuberculose castrirten Hoden. 
die er nach eigener Methode mit dem größten Teil des Vas deferens ent- 
fernte, regelmäßig beobachten, daB wenn das Vas deferens erkrankt war. 
die peripheren, also die dem Nebenhoden aım nächsten liegenden Partien. 
den ProceB am meisten vorgeschritten zeigten. 

Die ganze Frage ist natürlich von weitzehendstem praktischen Inter- 
‘esse wegen der Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Castration bei 
Hodentuberculose. Wäre die Erkrankung des Hodens nur das letzte 
Glied in der Kette der erkrankten Genitalorgane, so wäre die Kastration. 
da sie die Prostata verschont, zwecklos; ist aber der Proceß ein haupt- 
sächlich ascendirender, so wäre zu hoffen, daB mit der Entfernung des 
Hauptherdes, des Hodens, ein Weiterausbreiten des Processes verhindert 
wird. v. Büngners glänzende Resultate der Castration mit aus- 
cedehnter Resection des Vas deferens geben einen weiteren klinischen 


— 671 — 


Beweis für die Richtigkeit der Baumezarten'schen Anschauungen 
für das Prävaliren des ascendirenden Typus der Ausbreitung der männ- 
lichen Genitaltuberculose. 

Ist demnach der Hoden der erste Sitz der Tuberculoseerkrankung 
im männlichen Genitalsystem, so ist es als ausgesehlossen zu betrachten, 
daß seine Erkrankung vom uropoetischen Apparat aus entsteht. Es bleibt 
demnach nur die Annahme möglich. daß dem Hoden die Keime haupt- 
sächlich auf hämatorenen Wege zugeführt werden, die Tuberculose- 
entstehung im Hoden gerade so wie die in den Nieren zu Stande 
kommt, deren Infection ebenfalls fast ausschließlich auf dem Blutwege 
erfolgt. 

Die Tuberculose des Hodens und der übrigen inneren Genitalien be- 
fällt hauptsächlich das zeugungsfähige Alter; die meisten Erkrankungsfälle 
kommen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahre vor. Ursache hiervon ist 
in erster Linie, daß in diesem Lebensabschnitt die progredienten Tuber- 
culosen der Lungen mit Einbruch in die Blutbahn am häufigsten sind. 

Makroskopisch unterscheidet sieh die Tubereulose der männlichen 
Genitalorgane wenig von der anderer Organe. Die tubereulösen Processe 
im männlichen (ienitaltractus zeigen durchweg weniz Tendenz zur eite- 
rigen Einschmelzunge. die Herde entwickeln sich meist langsam und 
allmählich. 

Interessanter als die makroskopische Beschaffenheit der tuberculösen 
Herde, sind einige der mikroskopischen Verhältnisse, besonders jener 
Processe, die sieh im Hoden abspielen. Nach den Untersuchungen von 
v. Baumgarten und Kraemer unterscheidet man bei der Hoden- 
tuberculose zwei Formen des Beginnens der Erkrankung. die intra- 
canaliculäre und die interstitielle. Bei der ersteren proliferiren anfäng- 
lich die Epithelien der Hodenkanälchen, während sieh die Endothelzellen 
der Wand noch scharf von ihnen abgrenzen: erst allmählich werden auch 
sie von dem von innen nach außen fortschreitenden Proceß ergriffen. 
Bei der interstitiellen Form entwickeln sich die Tuberkel zwischen den 
Hodenkanälehen. Die Spermatogenese, die bei der intracanaliculären 
Form rasch aufhört, kann hier noch längere Zeit persistiren, bis der 
ProceB vom Interstitium auf das Parenchyin selbst übergreift. Die intra- 
canaliculare Form tritt wesentlich häufiger auf, als die interstitielle. 

Was nun die analogen Verhältnisse beim Weibe betrifft, so scheint 
hier von vornherein die Möglichkeit primärer Tubereulosen wesentlich 
größer zu sein, vor allem deswegen, weil tuberkelbacillenhaltiges Sperma 
längere Zeit mit der Schleimhaut der Vagina in Berührung bleiben und 
so zur Infection führen kann, dann, weil hier auch dureh inficierte Hände 
von Hebammen, Aerzten u. s. w. Tuberkelbacillen direct inoculirt 
werden können. Von diesen Erwägungen ausgehend. wurden bis in die 
letzte Zeit die primären Tubereulosen der weiblichen Genitalorgane für 
nieht selten gehalten. Thatsächlich werden primäre tubereulöse Ver- 
änderungen in der Vagina nur sehr selten gefunden. Diese enorme 
Seltenheit der primären Vaginaltuberculose muB auffallen, wenn wirklich 


— 672 — 


ein großer Teil der weiblichen Genitaltuberculose primär sein sollte. Zu 
ldeuselben Schlüssen gelangt Verf. bei der Betrachtung der sogenannten 
primären Tubereulosen des Uterus, der Tuben, der Ovarien. 

Die secundäre Tuberculose der weiblichen Genitalien kann auf drei 
Wegen zu Stande kommen: per continuitatem, auf dem Lymphwege und 
dem Blutwege. Die Erkrankung per continuitatem bedarf als selbst- 
verständliche Möglichkeit keiner weiteren Erörterung; hierher würden 
die Fälle gehören, bei denen eine Tuberculose der Blase oder des Reetunı 
auf Vagina oder Uterus übergreift. 

Eine weitere Möglichkeit liegt darin, daß Tuberkelbacillen auf dem 
Lymphwege in die freie Bauchhöhle gelangen, sich im Douglas sedi- 
méntiren und durch Capillarresorption von hier aus in die Tuben ge- 
langen. Von den Tuben kann sich die Infection auf das Cavum uteri 
continuirlich ausbreiten; doch scheint nach den Erfahrungen am Secir- 
tisch diese Verbreitungsweise nicht allzu häufig zu sein. 

Jedenfalls legen die ganzen Erwägungen den Gedanken nahe, daß 
auch die Tuberculose von Tuben, Ovarıen und Uterus der Hauptsache nach 
eine hämatogene sein muß. Der absolute Beweis für diese Annahme 
ist bei den eomplicirten Verhältnissen, die der Bau der weiblichen 
Genitalorgane bedingt, schwer zu erbringen. 

Trotz der großen Verschiedenheiten, die männliche und weibliche 
Genitaltuberculose in ihrem Auftreten und ihrer Form zeigen, darin 
stimmen beide überein: Die Tuberkelbacillen werden auch ihnen haupt- 
sächlich auf dem Blutwege zugeführt, eine directe Tuberculose von außen 
gehört bei beiden Geschlechtern sicher zu den Ausnahmen. Kr. 


de Keersmaecker: Die Behandlung der Urogenitaltuber- 
culose mit Tuberculinpräparaten. (Centralbl. f. d. Krankh. 
d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVII, H. 9.) 


Verf. hat von Tuberculinpräparaten nur die Bouillon filtre von 
Denys (B. F.) verwandt. Dieses Präparat wirkt ebenso wie Tubereulin. 
R. beschreibt ausführlich die Methode von D., wie er sie für Lungen- 
tuberculose angewandt hat, um dann über seine Modification für Behand- 
lung der Urogenitaltuberculose genau zu berichten. Im Gegensatze zu 
den Erscheinungen bei Behandlung der Lungentuberculose ist bei der 
Urogenitaltuberculose die erste Erscheinung nach Anwendung der B. F. 
eine Localreaction des erkrankten Organes, es treten dann vermehrte 
Mictionen, stärkere Pyurie bezw. Hämaturie auf. Das Vorgehen von R. 
ist außerordentlich vorsichtig. Er fängt mit einer Lösung von 


A B. F. i.e : 


as P T = 0,000 001 cm reines Tuberculin und steigt langsam 


9 x : : | 
bis höchstens : B. F. Bei der schwächsten Reaction wird 


0 
10 1 10% 
eine längere Pause in der Behandlung gemacht und bei der nächsten 
Injection der Dosis herabgesetzt. Im Durchschnitt werden drei Ei- 


— 673 — 


spritzungen in zwei Wochen gemacht. Die genauere Beschreibung ist im 
Original nachzusehen. R. hat mit dieser Methode im allgemeinen recht 
gute Erfolge erzielt. Zwei ausführliche Krankenberichte beschließen die 
Arbeit. A. Seelig (Königsberg 1. Pr). 


Gauss (Freiburg 1. B.): Typische Veränderungen der Blase, 
Harnleiter und Nierenbecken in der Schwangerschaft 
an der Hand von cystoskopischen und réntgenographi- 
schen Bildern. (Verhandlungen der 78. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte 1906.) 

Die Schwangerschaft ruft in der Blase drei Cardinalverinderungen 
hervor: 1. Auseredehnte active und passive HIyperämie der Schleimhaut: 
2, Hypertrophie gewisser Gebilde, besonders der dem Ureter zugehorigen 
Teile der Blasenwand: die Veränderungen sind hier sehr mannigtaltige : 
3. eirzenartire Abweichung der Blase von ihrer sonstigen Form mit 
eharakteristischer Schattenzeiehnung, Verkleinerung des medianen Sagit- 
toldurchinessers der Blase, so dati gegen Ende der Schwangersehaft ein 
oder zwei hohe und schmale, schwer zu besichtigende Spalträume ent- 
stehen. — Retrotlexio uteri gravidi. Descensus und Prolapsus vaginae 
rufen gleichfalls charakteristische Bilder hervor. Nach der Geburt zeigen 
sich Schwellungeszustände des SchlieBmuskels und Trieonums, ta pische 
Schleimhautblutungzen, eventuell Drucknekrosen und Fisteln. die zu einer 
Cystitis disponiren können. BRöntrenorraphisch betrachtet, zeigt der 
Blasenschatten in den ersten Schwangerschaftsmonaten die Form einer 
mehr oder minder tief eingekerbten Bohne, spiter zieht er sieh zu einer 
Mondsichel aus. Im Wochenbette ähnelt er anfangs der mittleren 
Schwanterschaftszeit, kehrt aber nach sechs Wochen zur normalen Form 
zurück. Lageanomallen des Ureters.  Tlebotomie geben ebenfalls 
eharakteristische Bilder. Kniekungen, Schleifenbildungzen und Dilatation 
des Ureters, Veränderungen des Nierenbeekens und der Nierenkelche 
smd ebenfalls deutliche Schwangerschaftsverinderuncen, 

V. Lubowski. 


II]. Harn und Stoffwechsel — Diabetes. 


PE 


Edlefsen: Untersuchungen über die Ausscheidungen und 
den Nachweis des 3-Naphtols im Harn nach Einführung 
kleiner Dosen von Naphthalon. Benzonaphthol und 
3-Naphthol. (Arch. f. experiment. Pathol. und Pharmarkol. 1905, 
Bd. 52, H. 6.) 

Die Hauptergebnuisse seiner Untersuchungen faßt Verf. in folrende 


Nitze zusammen: 


= Gil 


I. Nach Einführung kleiner Dosen (0,5—0,75 g) Naphthalin erscheint 
das 3-Naphithol größtenteils als Glukuronsäure, zu einem kleineren Teile 
als Aetherschwefelsäure im Harn. Die Anwensenheit der 3-Naphthol- 
glukuronsiure wird bewiesen 1. durch den Eintritt einer intensiven Rot- 
firbung der Harns auf Zusatz von Eisessig und Natriumnitrit: 2. dureh 
Entstehung von 3-Naphthonchinon bei der Behandlung des Harns mit 
Salzsäure und Chlorkalk; 3. durch das Auftreten einer blauen Fluorestenz 
nach Zusatz von Ammoniak oder Kalilauge zum Harn. Dafür spricht 
4. dasFreiwerden einer größeren Menge von ?-Naphthol beim Kochen mit 
wenig Eisessig und schon bei Einwirkung von Eisessig in der Kälte. 

II. Nach Einführung von Benzonaphthol in kleinen und mittleren 
Dosen (0,6--0,9—.1.2 g) wird das ®-Naphthol nieht als Glukuronsäure, 
sondern immer nur als Aetherschwefelsäure ausgeschieden. Zu seinem 
Nachweise ist die vorherige Trennung aus dieser Verbindung erforder- 
lich, die sich in der Regel nur dureh Kochen mit H Cl, in einzelnen Fällen 
jedoch auch teilweise durch Kochen ınit Eisessig bewirken läßt. Das frei- 
gewordene 3-Naphthol läßt sich der sauren Flüssigkeit dureh Ausschütteln 
mit Aether entziehen und in der ätherischen Lösung nach deren Ver- 
mischung mit verdünntem Alkohol dureh die Behandlung mit Chlorkalk 
und die nachfolgende Resoreinprobe mit Sicherheit nachweisen. Auf diese 
Weise kann man ohne Schwierigkeit die Gegenwart der #-Naphthol- 
schwefelsäure auch in der kleinsten Jlarnmenge feststellen. 

III. Nach kleinen Dosen von P-Naphthol (0.3—05) findet man nur 
ausnahmsweise P-Naphtholerlukuronsäure in geringer Menge im Harn. 
Der größte Teil des P-Naphthols wird als Aetherschwefelsäure ausge- 
schieden. M. Lubowski. 


Dr. A. Baumgarten und Cand. med. G. Kaminer: Ueber eine 
Reaction auf Lysol im Harne. (Wiener med. Wochenschr. 
1906, No. 45.) 


Die Verff. demonstrirten in der Gesellschaft fiir innere Medizin und 
Kinderheilkunde in Wien (Sitzung vom 15. Oktober 1906) eine Reaction 
auf Lysol im Harne. Gelegentlich eines Falles von Lysolvergiftung 
beobachtete Kaminer eine Blau-Violettfärbung des Harnes nach Zusatz 
von Essigsäure Jn weiterer Verfolgung dieser Thatsache fanden die 
Verf, daB Lysolharne das Chromogen eines Farbstoffes enthalten, das auf 
Zusatz von Säuren blau, auf Zusatz von Lauge rot wird. Dieses Chromo- 
von findet sieh auch in Harnen von Hunden, die mehrere Stunden zuvor 
2—3 x Lysol stomachal erhalten haben. Da das Lysol ein Gemisch ver- 
schiedener Kresole und Ilarze darstellt. gingen B. und K. daran. fest- 
zustellen, von welchem Bestandteil des Lysols die Reaetion abhängig ist. 
Es zeigte sieh nun, daß nach stomachaler Verabreichung von 2 cem reinen 
Orthokresols bei Hunden die Reaction im Harn auftrat, während dieselbe 
nach Verfütterung gleicher Mengen Parakresols stets ausblieb, ebenso, 


= is = 


nachdem einmal Metakresol verabreicht worden war. Auch Phenol- resp. 
Salolharne geben die Reaction nieht. 

Ueber die Eigenschaften des Farbstoffes gedenken die Verff. später 
ausführlich zu berichten. Kr. 


Dr. J. A. Klimoff: Eine neue klinische Methode der Blut- 
bestimmung im Harn. (Russki Wratseh 1906, No. 16.) 


Verfasser empfiehlt die von ihm etwas modificirte Methode von 
Klunge. Zu dem zu untersuchenden Harn wird die gleiche Quantität 
Wasserstoffsuperoxvd und eine Messerspitze Aloin hinzuvgesetzt. Hierauf 
wird die Mischung geschüttelt und leicht erwärmt. Falls im larn auch 
nur die geringste Spur von Blut enthalten ist, so tritt Purpurfirhbung 
der Mischung ein: euthält aber der Harn kein Blut, so bleibt die 
Mischung gelb. Ist der Harn alkalisch, so tritt eine Purpurfiirbung der 
Mischung auch dann ein, wenn im Harn kein Blut enthalten ist, und 
infolgedessen muß man in solehen Fällen den Harn mit Essigsäure 
leicht ansäuern. Wenn hierauf die Purpurfärbungz nicht verschwindet, 
so kann man mit absoluter Sicherheit annehmen, daß der Harn blut- 
haltig ist. M. Lubowski. 


Dr. SG Bondi u. Dr. C. Ridinger(Wicn): Ueber die Beeinfiussung 
der Zuckerausscheidung durch Fettzufuhr. (Wiener klin. 
Wochenschr. 1906, No. 34.) 


Geelmuyden (Zeitschrift f. physiol Chemie, Bd. 4, 8. 12S) hat 
die Theorie aufgestellt. daß Fette bei ihrer normalen Verarbeitung im 
Organismus mit Kohlenhydraten oder deren Derivaten eine Verbindunge 
eingehen. Zu den experimentellen Sätzen dieser Theorie gehört die 
Steigerung der Acetonurie dureh Fettzufuhr, was für die Herkunft 
wenigstens eines bedeutenden Teiles des Aretons aus Fett sprieht: dann 
die Hemmung der Acetonurie dureh Kohlenhydrate. Wird dem Acetonu- 
rıker Kohlenhydrat dargeboten, so hört die anormale Acetonausscheiduns 
auf, indem die Muttersubstanzen des Acetons, die Fette, nunmehr die 
Substanz im Organismus vorfinden und an sich heranziehen können, mit 
ler vereint sie normal verarbeitet werden. 

(eelmuvy den nimmt Jedoch weiter an, daß die Synthese der Fette 
und Kohlenhydrate eine Cdukuronsäurepaarung sei. Dieser Teil der 
Hypothese wurde mit Erfolge bekämpft, indem die Hemmung der 
Acetonurie nur Körper mit alkoholischen Hydroxylen verlangt, so auch 
Glycerin, Pentosen u. a., welche kemesfalls Glukuronsäure bilden 
(Borehard: Centralbl. f. d. zes. Physiol. und Patholorie des Stoff- 
wechsels 1906, No. 5). 

Der erstere. mehr principielle Teil seiner Hypothese aber seheint den 
Verff. vorliegender Arbeit geeignet als Grundlage für weitere experimen- 
telle Forschung. 


E E 


Gehen im normalen Stoffwechsel Fette Synthesen mit Kohlenhydraten 
ein, dann muß man den beiden Körpern während ihres Verweilens im 
Tierkörper auch eine gegenseitige Anziehung zuerkennen. Giebt man 
einem Acetonuriker Kohlenhydrat, so vermag dieses die acetonbildenden 
Körper an sich zu binden. Darf man nun auch die Hemmung einer Glyko- 
surie erwarten, wenn man dem betreffenden Organismus die Mutter- 
substanzen des Acetons, i. e. Fette darreicht, indem diese Kohlenhydrate 
an sieh zu fesseln suchen? Mit anderen Worten, wenn man eine Acetonurie 
durch Kohlenhydrate hemmen kann, ist es möglich, eine Glykosurie durch 
Fett zu hemmen? Und wenn dies der Fall ist, geschieht dies aus den 
gleichen Ursachen, welche die Hemmung der Acetonurie durch Kohlen- 
hydrate bewirken? 

J. Sehmid hat auf Veranlassung von O. Löwy an Hunde, die 
mit Phloridzin stark vergiftet waren, reichlich Fettsäuren verfüttert, und 
ein starkes Absinken der Zuckerausseheidung erhalten. Die von 
Schmid erörterte Frage, zu deren Lösung die Versuche angestellt 
wurden, ob das Glycerin aus den Kohlenhydraten stammt, erfuhr keine 
endeiltire Lösung, da gleichzeitig ein starkes Herahsinken der Stick- 
stoffausscherdung beobachtet wurde. 

L. Mohr hat bei einigen Hunden das Pankreas exstirpirt und dann 
durch die Darreichung von Butter ein Herabsinken der Zucker- und Stiek- 
stoffausscheidung erhalten. 

Es ist also durch diese beiden Arbeiten festgestellt worden. daß 
dureh die Einführung von Stoffen, wie Fettsäure und Butter, welche eine 
Acetonurie beträchtlich steigern, eine Glykosurie herabgemindert werden 
kann. 

M o hr legt seinen Versuchen die Deutung zu Grunde, daß die Eiweiß- 
retention die Verminderung des Zuckers bedinge, daher stiitzen seine 
Versuche die Theorie der Zuckerentstehung aus Eiweiß im Gegensatze zu 
Pflüger. 

Nach dem Gedankeneane von Bondiund Rüdineer läßt sieh die 
Sache auch so deuten, daß die Stickstoffverminderung secundär statt- 
findet. Die Einfuhr des Fettes bewirkt eine Bindung und weiter eine 
Verwertung von Kohlenhydraten im Organismus, welche sonst für den 
Organismus nutzlos als Zucker ausgeschieden werden. 

Damit ist in Parallele zu setzen die starke Stiekstoffretention, wie sie 
von Giuseppe Satta m A. bei Hemmung der Acotonurie durch 
Kohlenhydrate beobachtet wurde. Hier gelangen die Muttersubstanzen 
des Acetons zur normalen Verarbeitung und verursachen die Stickstoff- 
retention. 

Beim Diabetiker wurde mehrfach die Erfahrung gemacht, daß hei 
Vermehrung der Fettzufuhr die Glykosurie zurückgeht. Im allgemeinen 
wurde diese Thatsache aber nicht sehr eingehend gewürdigt. Die Verff. 
berichten über einen Fall, bei dem der EinfluB der Fettnahrung erkennbar 
ist. Bei diesen ziemlich schweren Diabetiker, der nie zuckerfrei wurde, 


= GT = 


auch nicht bei kohlenhydratarmer Diät, sieht man mit Steigerung der 
Fetteinfuhr deutliches Zurüekgehen der Zuckerausfuhr von 276 g 
auf 64 r. 

Beim diabetischen Menschen lassen sieh aber aueh Versuche an- 
stellen über die zuckerhemmmende Wirkung des Fettes, bei welchen der 
EiweiBzucker kaum in Frage kommt. 

Bei leichten Fällen von Diabetes ist oft mur die Assimilationsgrenze 
für Kohlenhydrate erniedrigt. Bestehen nun die genannten Beziehungen 
zwischen Fett und Kohlenhydrat, dann muß die Fettzufuhr zu den 
Faktoren zählen, welche die Toleranz des Diabetikers für Kohlenhydrate 
erhöhen können. 

Wenn also die Zuckerausscheidung eines leichten Diahetikers dureh 
eine bestimmte, nicht zu klein berechnete Kohlenhydratzufuhr auf 
ungefähr gleicher Höhe erhalten wird. so muß sie sieh bei weiteren 
Fettraben trotz gleichhbleibender Kohleuhyedratzufuhr vermindern. 

Ein wichtiger Indieator für die im mtermediären Stoffwechsel ab- 
laufenden Prozesse ist aber vor allem auch die Acetonausseheidune. 
Wenn Fett und Kohlenhydrat zu einer einheitlichen Verbindung zu- 
sammentreten. so darf eine nicht allzu große Fettzulage, welche die 
Zuckerausscheidung vermindert. die Acetonausscheidung nicht sonder- 
lich erhöhen, wie umgekehrt eine Kohlenhydratzulare, welche eine 
Acetonurie hemmt, eine Glykosurie nieht steigern soll. 

Der Wert des Fettes für die Ernihrung des Diabetikers ist dank den 
Bestrebungen von Naunyn und v. Noorden allgemein anerkannt. 
Es wäre nun sehr verlockend, diesen empiriseh gefundenen Wert des 
Fettes für die Ernährung des Diabetikers neben seinem ealorisehen 
Brennwert auch durch seine speeifische Wirkung auf die Zuekeraus- 
scheidung zu ergänzen. Die Größe dieses Einflusses sollen weitere Ver- 
suche der Verff. bestimmen. Eine praktische Folgerung läßt sich aber 
schon jetzt aus den Versuchen der Verff. ableiten. Die Toleranzeröße 
für Kohlenhydrate beim Diabetiker darf nur bei gleichzeitiger Kenntnis 
der Fetteinfuhr bestimmt werden. Kr. 


Dr. A. A. Archipow: Ueber den Einfluss der v. Noorden- 
schen Haferdiät auf Diabetes mellitus. St. Petersburger 
Dissertation. (Wratschebnaja Gazetta 1906, No. 40.) 


Bei der Ernährung der mit Diabetes mellitus behafteten Kranken ist 
man gewöhnlich bestrebt. keine Speisen zu verabreichen, welche Kohlen- 
hydrate enthalten, da diese Speisen eine Verschlinnmerung der Krauk- 
heit herbeiführen. Es giebt aber Beobachtungen, welehe gerade das 
Gegenteil beweisen, nämlich daB die Verabreichung von Kohlenhydraten 
bei Diabetikern einen günstigen Finfluß auf den Verlauf der Krankheit 
ausübe. Vor einiger Zeit hat Prof. v. Noorden den Vorschlag gemacht, 
Diabetiker mit Haferspeisen zu behandeln: der Hafer soll nämlich im 
Gerensatz zu den übriren stärkehaltigen Substanzen fast specifisch auf 


— 678 — 


die Glvkosurie der Diabetiker wirken. und zwar dermaßen, dab die 
Glvkosurie fast unmittelbar nach der Verordnung von Haferdiät ver- 
schwinden soll. Verfasser hat seine beztiglichen Beobachtungen an 
sechs Patienten angestellt. Jede Beobachtung bestand aus drei Perioden: 
einer Vorperiode, welche 9-27 Taze dauerte, der Periode der Diät. welche 
11--32 Taxe währte,. und einer Nachperiode von 16 Tagen bis 3 Monaten. 
Die Patienten bekamen lHaferbrei aus 125-400 g Tlafermehl welche 
mit 4-0 g Salz und 2500—3750 eem Wasser gekocht wurden: außerdem 
wurden 300 g Butter oder 100 x Roborat oder Eier hinzurethan. Man 
bekam dabeı durehschnittlieh 2300 & Haferbrei, der in sechs bis acht Por- 
tionen im Laufe des Tages vom Kranken zu sieh genommen wurde. Die 
Patienten wurden sorgtältig untersucht und beobachtet, und trotzdem 
stellt sich heraus. dab die Haferdiit einen wesentlichen Einfluß auf die 
Glykosurie nieht hatte: letztere zeigte auch nieht die geringste Neigung, 
unter dem Einflusse dieser Diät zu verschwinden. Die Haferdiät dürfte 
sich somit hinsiehtlieh ihres Einflusses auf den Diabetes nach Ansicht des 
Autors von anderen, der Zusammensetzung nach gleichartigen Nahrungs- 
mitteln nicht unterscheiden. wohl aber kommt ihr gewissermaßBen der 
Vorzur zu, daß sie die Assimilation der Kohlenhydrate fördert. die 
Acetonurie ungünstig beeimtlußt und eine relativ gesteigerte Toleranz 
des Organismus gegenüber der Zuekerausscheidunz herbeiführt. Alles 
in allem ist der Hafer ein wertvolles Nahrungsmittel. besitzt aber hin- 
sichtlich des Diabetes keine besondere Wirkung. M. Lubowski. 





III. Gonorrhoe und Complicationen. 


Prof.’ Dr. A. Renault: Ueber Gonosan. Aus dem Spital für 
Geschlechtskrankheiten Cochin annexe in Paris. (Deutsche Med.- 
Zeitung 1906, No. 77.) 


Verfasser beriehtet über das Resultat seiner im Hospital Coechtn mit dem 
Gonosan gemachten Versuche: Vor Beginn jeder Behandlung wurde der 
Eiter sorgfältige auf Gonokokken untersucht. Um die Wirkung des Gonosans 
klar und deutlich zu erkennen, wurde in frischen akuten Fällen von jeder 
Lokaltherapie abzesehen und neben hysienisch-diätischen Mafregeln nur 
Gonosan ordinirt, und zwar während der ersten zwei Taxe sechs 
Kapseln pro die. Die erste sich geltend machende Wirkung, die ohne 
Jeden Zweifel feststeht. ist das Anästhesirende resp. Schmerzlindernde 
des Conosans. In SO pCt. aller Fälle bewirkt Gonosan ein rasches 
Schwinden des heftizen brennens in der Harnröhre, der mitunter 
stechenden Schmerzen beim Urimiren und bei den Erektionen des Penis, 
die gerade im Beginn der akuten Gonorrhoe den Zustand des Patienten 


— 679 — 


zu einem qualvollen gestalten, insofern als die Erektionen den Schlaf 
stören und den Kranken zwingen, sich Nachts mehrere Male voni Lager 
zu erheben, wodurch der psychisch deprimirte Patient in seiner Kon- 
stitution notleidet und herunterkommt. Häufig trat diese wohlthätige 
Wirkung des Gonosans nach drei oder vier Tagen ein; nach sechs 
Taxen war aber ın allen Fällen irzend eine Belästirung oder ein Schmerz- 
gefühl nieht mehr vorhanden. Ein derartiger Effekt des Gonosans ist in 
der That bemerkenswert und kann nicht hoch genug bewertet werden, wenn 
man bedenkt. daß bei der acuten Gonorrhoe erst nach 12 oder 14 Tagen 
die Mietion erträglich wird und die Ereetionen den Patienten nieht mehr 
quälen. Der zweite Vorteil des Gonosans liegt in seiner anti- 
katarrhalischen Wirkung. Nicht nur wird der dichte grüne Eiter heller 
und wässeriger, sondern es veringert sich auch die Menge des Eiters an 
sich zusehends. Die dritte günstige Eigenschaft des Gonosans ist seine 
Unschädliehkeit für den Marendarmkanal. Abgesehen von einem Falle 
hat Verf. weder Ekelgefühl, Aufstoßen. Erbrechen. noch Schmerzen in der 
Nierengegzend beobachtet. Gerade dieses letzte Moment ist von größter 
Bedeutung, denn alle bekannten Sandelölpräparate haben die un- 
anzenehme Eigenschaft. heftige Kreuz- resp. Nierenschmerzen zu verur- 
sachen. Endlich hat Verf. bei Gonosanzebrauch kein einziges Mal em 
Erythem auftreten sehen. Ueber die Verhütung von Complicationen 
kann Verf. ein sicheres Urteil nicht fällen. 

Bezüglich der Frage, ob das (Gronosan allein die Gonorrhoe heilen 
kann, steht Verf. auf dem Standpunkte einer Anzahl französischer 
Kliniker, daß eine frische acute Urethritis anterior bei zweckmäßigem 
Verhalten des Patienten, wenn auch nur in einer Gruppe von Fällen, hei 
interner Behandlung und mit balsamischen Mitteln allein, vollständig zur 
Ausheilung kommen kann. Im übrigen ist Verf. der Ansicht, dass in den 
meisten Fällen Lokalbehandlung mit Einspritzungen oder Spülungen er- 
forderlich ist. Nur wenn die Gonorrhoe mit heftigen Erschemungen ein- 
setzt, wie Abgang von Blut, Schwellung der Eichel und Vorhaut, bei 
quilenden andauernden Erectionen, beim Ilinzukommen einer Compli- 
cation ete. muß von jeglicher Localbehandlung abgesehen werden. In 
diesen Fällen leistet Antiphlogose in Verbindung mit Gonosan vorzüg- 
liche Dienste. Auch bei der Localhehandlunz wird man mit Vorteil 
das Gonosan als Adjuvans hinzuziehen, da es durch diese combinirte 
Methode gelingt, den Tripperproceß milder zu gestalten und die Causa 
morbi, die Gonokokken rascher zu vernichten. wodurch ohne Zweifel 
eine Abkürzung der Krankheitsdauer erzielt wird. Verf. glaubt auf 
Grund seiner Beobachtungen folgende Schlüsse ziehen zu können: Er 
hält das Gonosan für eine wertvolle Bereicherung der Gonorrhoe-Therapie, 
weil es 

1. in prompter, deutlicher Weise die Schmerzen bei der Mietion und 
Erection beseitigt. 


2, wegen seiner antikatarrhalischen Wirkung. 


— #80 — 


3. weren seiner Unschädlichkeit. da es den Maren. Darm. Haut un 
Nieren nicht angreift. 
Die vorerwähnten Eigenschaften des Gonosans sind so markante, 
daß Verf. es sehr warm zur Nachprüfung und Verwendung empfiehlt. 
M ELubow-ki. 


IV. Penis etc. 


Nichtinfeetiöse Krankheiten der Urethra. 


— — — 


Dr. J. Finsterer: Ein Beitrag zur Kenntnis der Harnröhren- 
steine. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1906, Bd. 81.) 


Die primäre Steinbildung in der Urethra kommt vor. wenn sie auch 
selten ist. In der Mehrzahl der Fälle hat man es mit Nieren- und Blasen- 
steinen zu thun. die bei vorübergehender Erschlaffung des Sphincter 
vesicae das Ornficium internum urethrae passiren konnten, auf ihrem 
weiteren Wege dureh die Harnröhre aber steeken blieben und sich hier 
allmiblich anter gleichzeitiger Dilatation der Urethra vergrößerten. Er- 
mochcht wird dieser Vorgang durch die anatomische Beschaffenheit der 
Harurohre, welche nach den Untersuehungen von Englisch bereits bei 
Neugeborenen Ausbuehtungen im prostatischen Teile aufweist. Bisweilen 
können sehr große Blasensteine spontan die Harnröhre passiren. Dies 
eilt besonders für die kurze, dehnunesfähtigre,. weibliehe Harnröhre. Auch 
die männliche Harnröhre können manchmal Harnsteine passiren, was aber 
vieb seltener als bei der Frau der Fall ist, wobei auch die Steine nicht 
derartige Dimensionen erreichen. wie bei dieser letzteren. Andererseits 
können kleinere Steine plötzlich in der Urethra steeken bleiben und hier 
zu stürmischen Erscheinungen führen. Am häufigsten tritt dieses Ereignis 
vor dem Orilicium externum urethrae auf, seltener an der Durchtritts- 
stelle der Harnrohre durch den Beckenboden oder hinter Stellen, die eine 
pathologische Veränderung anfweisen (e H zonorrboische Strieturen). 

Die Harnröhrensteine im engeren Ninne kann man wieder unter- 
seherden in solche. die sieh im Eumen Jer Harnrohte selbst weiter ent- 
wickeln unter allmählicher Dilatation derselben und in solche, die sieh 
in taschenförnmzen Ausbuchtunzen derselben eingelagert finden. Erstere 
zeizen maturzemäß eine lanzzestreckte Walzenform. letztere sind in ihrer 
Gestalt abhängig von der Form des Divertikels. Manche Autoren teilen 
die Diverthkol der Harsuröhre nach der Beschaffenheit der Wawi in 
vahre und falsche und erstere iv angeborene und erwor- 
bene. Diese theoretische Unterseherdune ist aber nach Vert. in vielen 
Fallen nicht leicht. in manchen praktisch undurehführbar. — Zu den 
Nurnrehrensteinen gehören teilweise auch die sorenannten Pfeifensteine, 


— 681 — 


die in der Bease. im Blasenhals und Anfanesteil der Urethra sitzen, und 
manche Fälle der sogenannten Prostatasteine. Von den ersteren sind 
speciell jene hierher zu reelinen. die in dem prostatischen Anteil der 
Urethra sich zuerst entwickeln und erst seeundär in die Blase hinein- 
wachsen. die man nach dem Vorsehlage von Engliseh als Caleuli 
prostato- vesieales bezeichnen kann. Von den Prostatasteinen gehören 
eigentlich nur die eingelagwerten Steine des prostatischen Teiles der Harn- 
röhre zu den Urethralsteinen. Als Anhang zur Besprechung der Harn- 
röhrensteine verdienen jene seltenen Fälle erwähnt zu werden. wo Con- 
eremente im Präputialsacke sieh finden. besonders dann. wenn man nach 
ihrer Zusammensetzung und der Beschaffenheit des Kernes (Urate) - 
schließen kann, daß Harnsteine der höheren Harnwege vorliegen. die die 
Urethra anstandslos passiert haben und nun in dem dureh die bestehende 
Phimose erweiterten Sack mit enger Oeffnung zurückgehalten wurden. 
Englisch hat die bis 1905 in der Litteratur mitgeteilten Fälle von Prä- 
putialsteinen gesammelt. wobei er nur 52 bezw. 10 Fälle finden konnte. 
Gehört sehon die Bildung von Blasensteimen beim weiblichen Geschlecht 
zu den groBen Seltenheiten 2 pCt). so sind Urethralsteine ganz ver- 
einzelt. mögen sie nun auf dem Wege durch die Urethra steeken bleiben 
oder in Divertikeln angetroffen werden. Wenn auch sicherlich erworbene 
Divertikel der weiblichen Urethra in Form von Urethrocelen als Folge- 
erscneinung des Prolapses der vorderen Vaginalwand nicht so selten sind. 
so sind doch jene Fälle in verschwindender Anzahl vertreten, ın denen 
Divertikel die Lagerstitte von Urethralsteinen bilden, was Ja die un- 
gezwungenste Erklärung in den anatomischen Verhältnissen, der rela- 
tiven Kürze und Weite der weiblichen Harnröhre findet. 

Bezüglich des Geschlechts kommen die Urethralsteine bei Fraueu 
sehr selten vor. Das Alter zwischen 40 bis 50 Jahren ist aın meisten be- 
teiligt. Die Symptome sind nach Art der Steine verschieden. Spontan 
die Harnröhre passirende Steine verursachen aurenblieklieh heftige 
Schmerzen, können sich einkeilen und zur Harnverhaltung führen und 
erst, nachdem sie nach Reposition beim Katheterismus in einem günsti- 
xeren Durehmesser in die Urethra eingetreten sind. dieselbe nach 
der dureh den Katheterismus gewohnlich erfolgten Dilatation der 
beiden engsten Stellen auch endeiltiz passieren. Im übrigen werden 
die den Blasensteinen  zukommenden Beschwerden beobachtet. 
Nur kurze Zeit in der Urethra verweilende Coneremente führen 
ie nach Größe und Lage entweder zu den stürmischen Ersehei- 
nungen der acuten Harnverhaltune. besonders bei Kindern., oder sie ver- 
ursachen schmerzhafte Dvsurie mit eventuellem Nachträufeln: selten ist 
eine Herabminderungs des Harnstrahls ohne sonstige Beschwerden zu ver- 
zeichnen. Die dureh die Urethralsteine im engeren Sinne und Divertikel- 
steine hervorgerufenen Symptome sind oft sehr gering, bestehen ent- 
weder nur in einem Schmerzrefühl beim Uriniren. oder es gesellt sieh 
Dvsurie mit Haruträufeln dazu, das bis zur Incontinenz sich steigern 


— 652 — 


kann; nur selten wird absolute Harnverhaltun& hervorgerufen und auch 
da nur bei Gegenwart hechgradiger Strieturen. Oefter aber kommt es zu 
einer von außen deutlich palpablen, derben Geschwulstbildung, die Nuß- 
eröße, Taubenei- bis Hühnereigröße oder endlich die langgestreekte Form 
nach Art eines gebogenen Kuhhornes erreichen kann. Dabei tritt häufig 
nach und nach eine entziindliche Infiltration der Umgebung., Phlegmone 
und Fistelbildung hinzu. durch die dann der Stein spontan abgehen kann. 
wodureh eine Art Selbstheilung eingeleitet wird. Die Ursache für die 
Bildung derartiger Phlegmonen uud Harninfiltrationen liegt einerseits im 
ätiologischen Momente einer vorauszerangenen Verletzung der Schleim- 
haut, andererseits in der Usur der Divertikelwand durch den groBen 
Stein oder selten in Perforation der Schleimhaut als Folge einer acuten 
Urinretention. Beim weiblichen Geschlecht sind die Erscheinungen mehr 
einförmig; Harnverhaltung wird nur selten beobachtet, dagegen wird 
Dysurie mit Harndraug häufig angegeben, die sich bis zur Incontinenz 
steigern können. Das von den Frauen angegebene. lästige Fremdkörper- 
gefühl, sowie die Beschwerden beim Stehen und Gehen, dürften wohl 
weniger ein dureh den Tumor in der vorderen Vaginalwand hervor- 
gerufenes Symptom darstellen, sondern sie beweisen eher, daß Ver- 
änderungen am (ienitalapparate vorliegen, die als disponirendes Moment 
für die Bildung und Weiterentwieklungz von Steinen in den Urethrocelen 
aufzufassen sind. Entzündungen der Umgebung und Ulceration der 
Lagerstätten des Conerementes sind viel seltener als bei Männern, sie 
führen zur Bildung vaginaler Geschwüre, die dann leicht zu diagnostischen 
Irrtümern verleiten können. 

Die Diagnose der Urethralsteine wird einerseits durch die Anam- 
nese, andererseits dureh den objectiven Befund bei der Sondenunter- 
suchung gesichert. Besteht gleichzeitige eine bedeutende Strietur und ist 
das Concrement wegen geringer Größe oder bedeutender entzündlicher 
Infiltration der Umgebung von außen nicht palpabel, so kann der Stein 
sich wohl erst als Nebenbefund des wegen der Strietur ausgeführten ope- 
ratıven Eingrifts ergeben, was aber prognostisch völlig belanglos bleibt. 
Bei Divertikelsteinen kann der Nachweis mit der Steinsonde erst bei 
cenauester Untersuchung in jenen Fällen erbracht werden, wo die Com- 
municationsöoffnung mit den Urethrallumen sehr klein ist: er wird un- 
möglich. wein es zum vollständigeen Abschluß des Divertikels gekonimnen 
ist. Daß bei Frauen der in der vorderen Vaginalwand befindliche 
Tumor. bei besonders rascher Vererrößerungz, bestehender Kachexie mit 
einem Neoplasma verwechselt werden kann, zeigen die Beobachtungen 
von Nicola und Hettinger. 

Die Prognose ist im allgemeinen günstig. ein letaler Ausgang 
selbst bei þestehender Phlegmone des Beckenbodens selten. Aus der 
letzten Zeit wäre der Fall Rörig zu erwähnen, wo es bei der Urethro- 
temie wegen des colossalen Steines (250 x schwer) in der Pars prostatiea 
zur Verletzung des Rectums kam und der Patient nach drei Wochen 


— 653 -- 


seinem Leiden erlag. Die in den eimschlägieen Fällen angewandte 
Therapie richtete sich vor allem nach der GréBe und Lage des Steines. 
Bej den kleinen eingekeilten Steinen der Fossa navicularis führt die Ex- 
traktion mit oder ohne Incision des Orificium externum zum Ziele: 
hegen sie m der Pars pendula, so kommt in Betracht die Extraction 
mit einer Zange oder mit elner gebogenen Hohlsonde oder Curette. 
Kin vergeblicher  Extractionsversuch, dem dann die Urethrotomie 
angeschlossen werden mußte. wurde 7 mal gemacht. einmal mit letalem 
Auszanz. Bei gleichzeitigem Vorhandensein bedeutender Strieturen kann 
die Dilatation derselben den Abgang der Conceremente ermöglichen. In 
b Fällen wurde beim Sitzen in der Pars pendula membranacea sofort zur 
Urethrotomie geschritteu. In 2 Fällen wurde das Conerement durch 
die Sectio alta entfernt, das eine Mal wegen gleichzeitigen Blasen- 
steines, das andere Mal wegen Einklemmung eines Katheters in der Pars 
prostatica. Der Versuch, den die Harnverhaltung verursachenden Stein 
in die Blase zurückzuschieben. kann von Erfolge begleitet sein. insofern 
der Stein in einem wünstireren Durchmesser spontan abgeht oder die 
Möglichkeit der Lithotripsie gegeben ist. erfordert aber Vorsicht wegen 
der Möglichkeit von Verletzungen der Urethralschleimhaut. Die Zer- 
triimmerune des Steines tin der Harnrohre ist an sich bedeuklich, eigent- 
liche Lithotripsien können desweren nicht ohne große Gefahr einer Ver- 
letzung angewendet werden, weil die Urethra nicht wie die Blase durch 
maximale Füllung so weit gedehnt werden kann, daB man ein Mitfassen 
der Schleimhaut ausschließen kant. Eine Lithotripsie ohne Schleimhaut- 
verletzung ist Jedenfalls sehr selten: deshalb wird die Zertrümmerung als 
Methode von Israelu. A. weren ihrer Gefährlichkeit verworfen. Bei 
den großen Harnröhren- und Divertikelsteinen des Mannes kommt vor- 
züglich die Urethrotomia externa in Betracht. die bei den großen Diver- 
tikelsteinen zu einer einfachen Tneision auf den Sack wird. — Bei be- 
stehender Phlexmone der Umgebung und Fistelbildung werden diese ge- 
spalten und dabei der in der Eiterhöhle Tiexende Stein entfernt, wenn 
er nicht schon vorher durch eine bestehende Fistel spontan ab- 
gegangen ist. Lieren falsche Divertikel vor oder ursprünglich wahre 
init vollständigem Zugrunderehen ihrer Schleimhautauskleidung, so kann 
die einfache Tneision zur Heilunz führen, während bei den wahren Diver- 
tikeln manchmal erst die Excision des Schleimhautsackes mit exacter 
Naht der Urethra zum Ziele führt. Bet den weiblichen Urethral- (Diver- 
tikel-) Steinen ist selbst bei ansehnlicher Größe mit Rücksicht auf die 
Dehnbarkeit der Harnröhre zuerst an eine Extraction durch die Urethra 
zu denken. 

Zahl, Größe.Gewieht undchemische Beschaffen- 
heitdereinzelnen Coneremente. Bezüglich der Anzahl der 
spontan abzezanzenen Coneremente läßt sich wohl nichts sicher fest- 
stellen. ob in den einzelnen mitgeteilten Fällen auch wirklich nur ein 
Stein entleert wurde, oder mehrere nach und nach spontan abgegangen 


— 684 — 


sind. Bei den nur kurze Zeit in der Urethra verweilenden Steinen über- 
wiegt jedenfalls die Einzahl. Die Urethralsteine im engeren Sinne und 
Divertikelsteine sind in ea. = sämtlicher Fälle in der Mehrzahl vor- 
handen. Die Größe und das Gewicht der Urethralsteine sind bedeutenden 
Schwankungen unterworfen, je nach der Art und Localisation. Während 
spontan abgehende Steine nur erbsen- bis bohnengro® sind, findet man 
bei den länger in der dilatirten Urethra oder deren Ausstülpungen ver- 
werlenden Conerementen Zahlen. wie sie bei den größten Blasensteinen 
nur selten anzutreffen sind. Die größten und schwersten Steine der 
letzten Zeit sind die von Kurbatow (9:95 em, 390 rel Die chemisch» 
Zusammensetzung ist eine relativ einfache: die bei den Blasensteinen 
beobachteten Sebichtungen mit einem sarken Wechsel zwischen Uraten 
und Oxalaten kommen hier nicht vor. Dabei überwiegen entschieden die 
Phosphate, besonders ber den Pivertikelsteinen. Doch schemt die Be- 
hauptune Kaufmanns, die Urethralsteine seien stets Phosphatsteine, 
Urat-, Oxalat-. Uystinsteine stammen aus Niere oder Harublase. nicht 
mehr ausnahmslos aufrecht zu erhalten sein. M. Lubowski. 


Eugen A. Polya: Zur Casuistik der Steine der prostatischen 
Harnröhre. (Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. 
Bd. XVII, H. 9.) 

Verf. beschreibt 3 Fälle von Prostatasteinen, die er dureh Operation 
geheilt hat. An diese Casuistik sind einige allgemeine Bemerkungen 
iiber Genese, Pathologie, Diagnose und Therapie geknüpft. Die primären 
Prostatasteine sind meist multipel und klein, jedoch gilt dies nur im 
allgemeinen, da auch Solitärsteine von beträchtlicher Größe (118 2) beob- 
achtet sind. Sehr charakteristisch scheint die Art der chemischen Zu- 
sammensetzungz zu sein: Ein Stein mit Uratkern kann nur in den Haru- 
wegen entstanden sein, während echte Prostatasteine aus kohlensaurem 
und phosphorsaurem Kalk und Magnesia zusammengesetzt siud. odłer sie 
enthalten nur Spuren von Erdphosphaten und albuminoide Substanzen. 
Zwei der beschriebenen Fälle sind primäre Prostatasteine, während bei 
dem dritten ein primärer Harnröhren- oder aus der Blase herabrestoßener 
Blasenstein anzunehmen ist. =. Die Therapie der Prostatasteine kann 
nur eine operative sein. Der Versuch, dureh Zangen oder ähnliche hi- 
strumente den Stein zu entfernen, ist verwerflich, ebenso die Lithotripsie. 
Für die Entfernung der an der hinteren Harnröhre sitzenden Conere- 
mente kommt die Sectio mediana in Frage. für Steine, die noch nieht 
geven die Harnröhre durchgebrochen sind. ist die directe Prostatotomie 
vom Damin aus mittels halbkreisformig vor dem Rectum auszuführenden 
Schnittes zu machen. A. Seeltr (Köniesberr i. Pr.). 


Dr. Gueyrat (Paris): Ueber Herpes progenitalis. (Allg. Wiener 
med. Zeitung 1906. No 31.) 


Die prädispontrenden Ursachen des Herpes bilden arthritische Dia- 
these (Gieht und = Rheumatismus), Ekzema., Schwangerschaft und Ge- 


— 685 — 


schlechtskrankheiten. Am häufigsten liegt dem progenitalen Herpes eine 
venerische Affeetion zu Grunde. Wenn man den Kranken in diesem Sinne 
eindringlich befragt, so erfährt man sehr häufige, daB er einen weichen 
Schanker hatte, an Gonorrhoe oder Syphilis ditt. Vidal und andere 
Autoren haben auf ansteckende progenitale Herpesformen aufmerksam 
gemacht. 

Beim Manne findet sich der Herpes häufig auf der Haut des Penis. 
der Eichel, dem Präputium; beim Weibe auf den groBen oder kleinen 
Schamlippen, am Collum uteri. Auch in der nächsten Nachbarschaft des 
Genitale, z. B. am Anus findet man den Herpes. Die Entwicklung des 
Herpes geht unter folgenden Symptomen vor sich: Ungefähr 24 Stunden 
vor dem Ausbruch empfinden die Patienten ein Unbehagen, das sich in 
Kopfschmerz und Abgeschlagenheit und manehmal in Schüttelfrost un 
leichtem Fieber äußert. Später gesellt sieh hierzu ein Jueken in der 
genitalen Zone, sodann tritt eine erythematöse Röte auf, die immer 
stärker wird und schließlich erscheinen auf den geröteten Stellen 
Bläschen, die alsbald platzen und uleerirte Stellen hinterlassen. Das 
Geschwiir hat einen glatten, nicht abgelésten Rand und zeigt eine rote 
Einfassung. Der Grund des Gesehwiirs ist ein wemg uneben und hat 
manchmal einen weißlichen Belag. Der Centur des Geschwüres ist 
geschweift. 

Diese Geschwüre sind im allgemeinen sehmerzlos, manchmal aber 
gehen sie mit lebhaften Schmerzen einher, so daß die Aufstellung einer 
neuralgischen Form des Herpes prorenitalis gerechtfertigt erscheint. 
Mauriac hat bei über 50 Jahre alten Patienten mit Herpes prozenitalis 
so schmerzhafte Ausstrahlungen von den Hoden oder dem Schenkel 
beobachtet, daß manche dieser Kranken Morphinisten wurden, andere 
Selbstmord begingen. 

Der Herpes charakterisirt sich in der Mehrzahl der Fälle dureh viel- 
fache Üleerationen. aber es kommt auch eine solitäre Form des Herpes 
vor. Diese Varietät bietet zuweilen groBe Schwiertirkeiten in der Dilfe- 
renzirungz von emem syphilitischen erosiven Schanker. 

Um die Differentialdiagnose zwischen einem Terpes progenitalis und 
einem syplilitischen herpetiformen Schanker zo stellen, hat man vor allem 
zu beriicksichtigen, daB bei letzterem eine ausgesprochene Tnduration, 
während bein Herpes nur eine leichte Infiltration des Gewebes besteht. 
Vebertdies sind beim Herpes nur einige regionäüre Lympherüsen afficirt, 
während beim Schanker die Drüsen allzemeiner erkrankt sind. 

Es gibt indes heikle Fälle, in denen sieh ein syphilitischer Schanker 
in einer herpetischen Eruption eimmistet. Hier entscheidet der Zustand 
der Drüsen. 

Tn gewissen Fallen kann auch der Herpes za einer Verwechseluny 
mit der Gionorrhoe führen, nämlich dann, wenn sieh die herpetische Erup- 
tion in der Fossa navicularis ansiedelt. Die mikroskopische Untersuchung 
des vermeintlichen gonorrhoischen Liters aus der Harnröhre klärt die 


— 686 — 


Situation sofort auf. Im übrigen ist der Verlauf des urethralen Herpes 
ein leichterer, als der der Gonorrhoe. 

Beim Weibe ist die Diagnose im allgemeinen nicht schwierige, wenn 
der Herpes seinen Sitz auf den Schamlippen hat: aber die Sehwierigkeit 
beginnt, wenn es sich um einen Herpes des Collum uteri handelt. Hier 
ist es bei der derben Consistenz des Collum oft schwierige, zu erkennen, 
ob die llärte, die man constatirt, die Läsion am Collum betrifft, oder 
das Collum selbst. Der Herpes der Portio nimmt gewöhnlich die vordere 
Lippe ein unter der Form vielfacher Uleerationen. Der Schanker des 
Collum bildet einen einzige Ulceration mit den bekannten charakteristi- 
schen Merkmalen. Die Behandlung des progenitałen Herpes ist eine ört- 
liche und eine allgemeine. Die allzemeine besteht wesentlich in hygieni- 
schen Vorkehrungen, die auf Vermeidung von Reridiven zielen. Kr. 


V. Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 





W. Dreibholz: Die Torsion des Samenstranges. (Beitriive 
zur klin. Chir. 1906, LI, pag. 147.) 


Verf. schildert auf Grund von 73 Fallen die Torsion des Samen- 
stranges. Der Fall, welcher zu der Studie Veranlassung gab. betrifft 
einen 18 jihrigen kraftigen Gymnasiasten, dessen linker Hoden auf- 
fallend beweglich war. Er erkrankte plötzlich mit Schmerzen im linken 
Hoden, welcher vergrößert war. ohne Uebelkeit und Erbrechen. Die 
Haut der linken Scrotalhiilfte ist gerötet, an der Vordertläche des Hodens 
ist eine psoudotluctuirende Geschwulst, Nebenhoden und Samenstrang 
sind erh vergrößert und verdiekt. Palpation schmerzlos. Bei der 
Operation entleert sich aus der Tunica varınalıs hämorrhagische Flüssie- 
keit. Der Samenstrang ist stark verdickt, erweitert und um seine Läüngs- 
achse gedreht in vier halben Umdrehungen. Die Torsion beginnt 6 cm 
vom Nebenhoden. Da sieh trotz leichter Rüekdrehung des Samen- 
stranzes Hoden und Nebenlhoden meht erholen, werden die Organe ab- 
getragen. 

Vorbedingung für eine solche Torsion des Samenstranges sind ge- 
wisse anatomische Verhältnisse, das freie Hineinragen des Hodens in eine 
Höhle, eine gewisse Stielung des Hodens. bei der das den Hoden im 
Serotum fixirende Band fehlt. Der eetopische Hoden ist dieser Eventua- 
lität am meisten ausgesetzt, wenn er dureh irgend welche Umstände aus 
dem Leistenkanal in die Tuniea vaginalis heruntergepreBt wird, zumal 
die physiologische Drehung der Organe, durch welche der zuerst lateral 


— 687 — 


liegende Nebenhoden hinter den Hoden gelangt, im Leistenkanal vor sich 
zu gehen scheint, eine pathologische Torsion leicht einleiten kann. Aber 
auch normale Hoden können eine Drehung erleiden, wenn die Ansatz- 
stelle des Peritoneums abnorm hoch leet, das Organ also quasi gestielt 
ist; primär dreht sieh hier der Hoden, der Samenstrang folgt erst 
seeundär. Ferner haben die abnorme Beweglichkeit des Hodens, die ab- 
geplattete Gestalt des Hodens, Nebenhodens und Samenstranges, die 
Zweiteilung des Funiculus spermaticus, die Trennung von Hoden und 
Nebenhoden durch eine Verlängerung der Vasa efferentia (gleichsam 
doppelte Stielung der Organe durch Vasa efferentia und Samenstrang) 
Einfluß auf die Möglichkeit der Torsion. Die Torsion erfolgt gewöhnlich 
in Jugendlichem Alter, meist nach einem Trauma, einer Anstrengung. 
einem Ritt etc. Die entstandene Torsion kann sich nieht zurückdrehen, 
wenn die seröse Höhle zu klein ist und wenu die platte Gestalt der 
Organe ein Zurückgehen in die ursprüngliche Lage hindert. Die Drehung 
kann 180—360° nach beiden Seiten betragen. Bei aseptisch angestellten 
Tierversuchen konunt es zu einer aseptischen Nekrose des Hodens, der 
als Fremdkörper im Scrotum legen bleibt: bei Infection wird der Hoden 
ausgestoBen. 

Beim Menschen kommt es stets zu intratestienliren und intraepididy- 


mären llämorrhagien, und wenn alle GefiBe abgesehniirt werden — so 
daß kein Collateralkreislauf entstehen kann — zum Infaret. Wenn nicht 


innerhalb 24 Stunden der Collateralkreislauf zu Stande kommt oder die 
Torsion aufgehoben wird, ist das Organ verloren, der Hoden atrophirt; 
bei Asepsis bleibt er als Fremdkörper liegen, bei Infection wird er 
nekrotisch abgestoBen. Bei frühzeitiger Aufhebung der Torsion wird 
das Organ wieder normal, wenn nicht frühere Anfälle es schon ge- 
schädigt haben. 

Makroskopisch ist Hode und Nebenhode stark vergrößert, der Samen- 
strang ist unterhalb der Drehungsstelle stark geschwollen, alles ist hart, 
gespannt, bläulich schwarzgelh verfärbt. Auf dem Durchschnitt ist der 
Hoden schwärzlieh. strotzend mit Blut gefüllt. Das Parenchym ist 
schleeht zu erkennen. Mikroskopiseh ist die Drüse blutie infiltrirt, an der 
Peripherie gewuchertes Bindegewebe, die Tunica vaginalis ist mit 
hämorrhagischem Exsudat angefüllt. Es giebt habituelle Forsionen. Die 
Diagnose ist schwer, wird nur in 10 pCt. der Fälle gestellt, meist denkt 
man an eine einzeklemmte ernie. Ist bei richtiger Diagnose die De- 
torsion nieht leicht dureh äußere Handgriffe herzustellen, so muß man 
sofort operativ eingreifen: meist muß man den Hoden entfernen (74 pCt.). 
da er sieh nieht erholt. Jedenfalls muß man den Hoden nach der De- 
torsion und Erholung fixiren, wenn man ihn erhalten kann und will 

\Mankiewiez. 


— 688 — 


VI. Blase. 


W. Zangemeister: Ueber Malakoplakie der Harnblase. 
(Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVII, H. 9.) 


7. beschreibt einen Fall von Malakoplakie — den ersten der in vivo 
beobachtet und diagnosticirt ist — folgendermaßen: „In der Blase fallen 


zunächst zahlreiche, breiten Kondylomen vergleichbare, etwas erhabene 
velbliche Herde auf, welehe teils isolirt sitzen, teils zu größeren Plaques 
eonfluiren. Die Oberfläche der Herde ist matt, ohne Gefäßzeichnmunge, sie 
sind teilweise mit Schleim belegt. An einzelnen erkennt man kleine rote 
Fleekcehen (tiefer gehende Epitheldefecte und Hämorrhagien). Die 
kleineren Herde sind mehr rundlich, während größere eine mehr ovaläre. 
vielfach auch etwas eckige, polygonale Form haben. Nähert man sich 
den Herden mit dem Cystoskop, so erscheinen sie mehr rosafarben una 
etwas heller als die Umgebung.“ Die Oberfläche ist uneben, die Oberfläche 
ist größer als die Basis, so daB eine flache Pilzform besteht. Die Höhe 
der Herde ist ea. I mın, ihre Größe schwankt zwischen 5—10 mm. Die 
Plaques sind von einem schmalen geröteten Bezirke umgeben, sie sind 
über die ganze Blase verstreut, am spärliehsten im Fundus., am zahl- 
reichsten auf dem Boden, speeiell auf dem Trizonum. In dem mit einer 
Curette abzeschabten Partikelehen finden sich die von Michaelis und 
Gutmann beschriebenen eisenhaltiren Zelleinschlüsse. Die Aetiologie 
dieser Gebilde ist unklar. Therapeutiseh sind desinfierrende Blasenaus- 
spülungen. Jedoch ohne Erfolg versucht. Außer dem beschriebenen 
sind bisher 13 Fälle beschrieben worden. 
A. Seelie (Kömesberz i. Pr). 


VII. Ureter, Niere etc. 


Rudolf Gacbell: Roentgenschatten gebende Ureteren- 
katheter. (Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1906, LXXXIII, pag. 395.) 


Verf. empfiehlt in Fällen, in denen man Interesse daran hat. den Ver- 
lauf des Ureters oder sein Verhältnis zu dureh \X-Strahlen hervor- 
gebrachten Schatten kennen zu lernen, für Ronteenstrahlen  undureh- 
lässige Ureterenkatheter anzuwenden: man erhält solehe,. wenn man den 
Lack der Katheter Mennise oder Zinnober beimengt: jeder zweite Centi- 
meter ist schwarz lackirt, so daB man auch eine im Cystoskop gut sieht- 
bare Centimetereinteilung erhält. Man vermeidet die Einführung der 
mit Bleidraht armirten Katheter und kann in derselben Sitzung den 


— 689 — 


Ureter sondiren, das Nierensecret auffangen und das Rôntgenbild des 
Ureters anfertiren. Lieferant: Ernst Pohl, Kiel, Hospitalstr. 27. 
Mankiewicz. 


Privatdocent Dr. C. Blauel: Ueber subcutane Ureterverletzun- 
gen. (Beitr. zur klin. Chir. 1906, Bd. 50, H. 1.) 


Verfasser hat unter Ausschluß der Harnleiterschädigungen während 
der Geburt 11 brauchbare Fälle von subeutanen Ureterverletzungen aus 
der Litteratur gesammelt. Zu diesen 11 Fällen kommt ein vom Verfasser 
selbst in der Tttbinger chirurgischen Klinik beobachteter Fall von sub- 
cutaner Ureterverletzunz hinzu, und auf Grund dieser 12 Fille giebt Ver- 
fasser ein alleemeines Bild dieser in praktischer Beziehung äußerst wiel- 
tiven subeutanen Verletzung. 

Aetiologie und Entstehungsmechanismus. Der 
Häufigkeit nach stehen Veberfahrungen quer über das ganze 
Abdomen, oder wenigstens über den größten Teil desselben obenan. 
li. 5 Fällen wird diese Aetiologie berichtet: nur in drei Fällen 
wird von einer Verletzung des Ureters dureh Stoß auf das 
Abdomen berichtet. Zweimal handelte es sieh um einen Hufschlag 
in «die Oberbauchgerend und zweimal bildete ein Sturz die 
Ursache der Ureterverletzung. Kurz, unter 12 Fällen von subeutaner 
Ureterverletzunz war eine direkt das Abdomen treffende Gewalt als Ur- 
sache anzuschuldigen, und nur zweimal wurde die Verletzung indirect, 
durch Uebertracung einer an entfernter telle angreifenden Gewaltein- 
wirkung hervorgerufen. Es ergiebt sich somit eine Trennung in directe 
und indireete subentane Ureterverletzung. Um aber dem mechanischen 
Charakter der Verletzunzsart besser Ausdruck zu verleihen, schlägt Ver- 
lasser vor, die directe Verletzunz als eine solche dureh Druckwirkune, 
die indirecte als eine solche dureh Zuewirkung zu bezeichnen. Als einen 
ırıtten Entstehunzsmechamsmus sondert noch Verfasser denjenigen durch 
hydraulische Pressunz ab. Die Trennung in diese drei principiell ver- 
schiedenen Entstehungsarten trägt sowohl der Art der einwirkenden Ge- 
walt. wie den anatomischen Verhältiissen des Ureters, wie auch der Be- 
schaffenhert der Ureterwunde vollauf Rechnung. 

Patholorisch-anatomische Verhältnisse. Nüchst 
Sitz und Beschaffenheit der Ureterwunde selbst ist von größtem Interesse 
und praktischer Bedeutung das Verhalten anderer Bauechorgane, vor allem 
zunächst des Peritoneums. Einer Verletzung des Bauchfelles unmittelbar 
über der Harnleiterwunde oder auch an irgend einer anderen Stelle der hin- 
teren Bauehwand, welche eine Verbindung mit dem retroperitonealen Zell- 
vewebe herstellt, complicirt die Ureterverletzune in hohem Grade, denn 
dureh sie ist die Gefahr einer intraperitonealen Urinansammlung mit allen 
Consequenzen bedingt. Unter den 12 Fällen des Verfassers trat diese 
fatale Complieation dreimal ein. woher sämtliche Patienten starben. Ob 
auch die Niere verletzt wird. hängt natürlich vollständig von der Art 


— 690 — 


uud der Augriffsrichtung der Gewalt ab, Es liegt in ‚der Natur der 
"Verhältnisse. daß Traumen, welehe zu einer subceutanen Verletzung des 
oberen Teiles des Ureters führen. auch die Niere in Gefahr bringen 
können. In «drei Fällen der Casuistik des Verf. fanden sich schwere 
Contusionen und Rupturen der einen oder auch beider Nieren. In einen 
weiteren Falle war es dureh das Trauma zur Lockerung der Niere ge- 
kommen. Als Spätfolee der Verletzung zeigten sich einige Male Fr- 
kıankunzen der Nieren entzündlicher Natur, ‚vor allem aber Ver- 
inderungen an Niere und Nierenbecken infols,e von Passarestörungen 
int Ureter. Von den auderen Bauchorganen findet man besonders häufig 
den Darmtractus vezletzt. Diese Verletzungen stellen regelmäßig sv 
schwere Verletzungen dar. daß sie vollständig im Vordergrunde stehen 
und dn Ureterzerreißin.e eigentlich als die Nehenverletzung anzusehen 
ist. Scehließlieh waren jn zwei Fällen compheirte Fraeturen der Rippen 
und der Wirbel vorhanden. Von hesonderer Wichtigkoit sind diejenigen 
' pathologischen Verhältnisse, die sieh teils als unmittelbare Folge, teils 
als spätere Wirkung der Ureterschädieung entwickeln: Der Austritt von 
Harn aus einer frischen Ureterwunde oder einer durch spätere Nekrose 
der zerquetschten Wandung entsandenen Perforationsstelle in die Um- 
zebung und die dureh eine Ureterquetschung hedinzte Narbenbildung mit 
folgendem Versehluß des Harnleiters. 

Symptome und Verlauf. Die Symptome einer frischen Ureter- 
verletzung bieten wenig Charakteristisches. Hierüber herrscht unter den 
einzelnen Autoren vollständige Tebereinstimmungz. Als erschwerendes 
Moment kommt hinzu. daß in vielen Fällen die Verletzung des Harn- 
leiters vollständig in den Ihntergerund gedrängt wird dureh die schweren 
Schadizgungen des übrigen Bauchinhaltes. Diese führen oft raseh zum 
Tode, und die Section zeigt dann oft erst als Nebenverletzung eine Ureter- 
kision, deren Symptome bisher nieht beachtet oder überhaupt nicht zur 
sinnfällizen Ausbildung zekommen waren. Diese Trübunz des Bildes 
durch Verletzung anderer Organe macht sieh besonders in den ersten 
Stunden nach dem Unfall zeltend. Das schwere Trauma. welches das 
Abdomen getroffen hat. ruft meistens auch eine schwere Shokwirkunys 
hervor. Die’ Kranken sind bewußtlos, sie erbreehen. der Puls ist klein 
und beschleunigt. Ob ein Organ des Bauehinnern verletzt ist und 
welehes, Hit sich nicht sgaen. Kine besondere Druckempfindlichkeit des 
Harnleiterverlaufes oder spontane, auf den Ureter zu  Jocalisirende 
Schinerzen bestehen nieht. Es wird nur allgemein geklagt, die von der 
verletzenden Gewalt getroffenen Körperteile sind etwas empfindlicher. 
Besteht eine Verletzung der äußeren Bedeckungen oder eine Fractur, so 
wird dadureh die Riehtung der Gewalteinwirkung klarer, ewmen weiteren 
Schluß daraus zu ziehen. ist aber nicht möglich. Als wertvolles Symptom. 
welches die Aufmerksamkeit auf eine Verletzung des Harnleiters führen 
kann, sind Aenderungen in Qualität und Quantität des Urins zu be- 
trachten. In der That fehlt in keiner der 10 Beobachtungen des Verf.. 
welche brauchbare Angaben darüber enthalten, eine, wenn auch zuweilen 


— 691 — 


mie geringe Anomalie in der Urinentleerung. Häufigor als die qualitative 
Aenderung des Harns dureh Blutbeimenguneen sind qualitative Störungen 
in der Urinentleerung — Obligurie und Anurie. Versagt in solchen Füllen 
auch die andere Niere, dann droht im Gefolge der Ureterverletzung ein 
weiteres Symptom, die Uramie. Diese höchst bedenkliche Wendung im 
Krankheitsverlaufe bedarf natürlich zu ihrer Entwicklung längere Zeit. 
Wenn sie mitunter gleichzeitig mit der Anurie einsetzt, so liegt dies 
daran, daB man von Obhgurie oder Anurie auch erst nach Verlauf einer 
sewissen Zeit sprecher ianu. Immerhin handelt es sich doch höchstens 
um Tage, wenn eine wirkliche Anurie die Ursache der Urämie bildet. 
Die Urämie zehört zu den gelerentlielr auftretenden Spätsyinptomen einer 
subeutanen Ureterverletzune. Dahin ist ebenfalls das greifbarste Symptom 
einer Ureterverletzune zu rechnen. das Bemerkbarwerden einer Urim- 
ansammlung, sei es im retroperitonealen Gr webe als Pseadohydro- 
nephrose, oder im Nierenbeeken selbst als echte  Hydronephrose 
oder in der Bauehhöhle. Dieses Symptom gewinnt dadurch au 
Bedeutung, daß es in acht Fällen des Verfassers in einer der drei Formen 
in Erscheinung trat. Während sieh die Urininfiltration nur als ein ge- 
dämpfter Bezirk markirt, ohne besondere Charakteristiea, zeigen Hydro- 
nephrose und Pseudohsrdronephrose die bekannten übereinstimmenden Er- 
scheinungen dieser Gebilde: in einem Hypochondrium findet sich nach 
unten oft bis zum Beckenkamm nach hinten bis nahe zur Wirbelsäule 
reichend ein prall gespannter Tumor mit glatter Oberfläche, welcher 
deutlich, besonders bei bimanueller Untersuehung, Fluetuation erkennen 
läßt. In zwei Fällen bestand ein Erguß in die freie Bauchhöhle, welcher 
aus den gewöhnlichen Erscheinungen eines solehen sich erkennen ließ. 
In einem Falle kam es schließlich dureh den ErguB zu einer prallen 
Fülluug des ganuzen Abdomens. 
Diagnose. Eime frische subeutane Ureterverletzung auf Grund eines 
oder mehrerer der besprochenen Symptome mit einiger Sicherheit zu 
diagnosticiren, muß als unmögheh bezeichnet werden. Es Hegt dies 
daran, daB keine der Erscheinungen einer frischen Harnleiterverletzung 
venüwend charakteristisch für eine solehe sind, vielmehr ebensogut im 
Gefolge einer Nieren- wie emer Blasenschädigung auftreten können. Sie 
sind alse Symptome einer Verletzung des Harntractus überhaupt. Nur 
diese kann man also zunächst diasnostieiren, wenn nach der Einwirkung 
einer schweren stumpfen Gewalt auf die Iumboabdomtnale Gegend eines 
der beschriebenen Symptome auftritt. Besonders in Betracht kommen 
hier die Hämaturie und ein nachweisbarer Flüssiekeitserguß in's retro- 
peritoneale Gewebe oder in die Bauehhöhle. Verfasser hebt hervor, daß 
auf Grund seiner erweiterten Casuistik die Annahme nicht zu Recht be- 
stehen kann, daß bei Ureterverletzung gewöhnlich dem Urin wenig oder 
gar kein Blut beizeinischt sei. Es ist also nicht statthaft, aus dem Vor- 
handensein oder Fehlen von Blut in verdächtigen Fällen eine Ureterver- 
letzunz auszuschließen oder anzunehmen. Und selbst wenn eine reich- 
liche Hämaturie bei Harnleiterverletzungen die seltene Ausnahme bildete, 


-- 692 — 


lieB sich dataus doch kein Nutzen für die Differentialdiagnose gegeniiber 
einer Nierenläsion gewinnen. Denn es giebt eben auch subcutane Nieren- 
verletzungen ohne Blutharneu. Man wird also vor diagnostischen Irr- 
tiimern dann bewahrt bleiben, wenn man aus einer nach dem betreffenden 
Unfall sieh emstellenden Hämaturie zunächst nur auf eine Verletzung der 
Harnwege überhaupt sehließt. Bei der unvergleiehlich gröBeren Häufig- 
keit der Nierenverletzungen und unter Berücksichtigung der Thatsache. 
daß die Hämaturie im allgemeinen eben doch das vornehmste Symptom 
einer Nierenverletzung darstellt. wird man bereehtirt sein. eine solche 
mit größter Wahrscheimliehkeit anzunehmen. Findet sieh nach einem 
Unfalle, welcher eine Verletzung der Harnwege zu bewirken im Stande 
gewesen wäre, kein Blut in der Harnblase. so werden wir, falls nicht 
weitere Erscheinungen nns in anderem Sinne bestimmen können, am 
besten zunächst überhaupt eme Verletzung der Harnwege ausschließen. 
In gleich unzureichender Weise läßt sieh für die Frühdiagnose einer 
Ureterverletzung der Nachweis eines Flüssirkeitsergusses in die Bauch- 
hohle oder in das retroperitoneale Gewebe verwerten. Ein in der Lumbal- 
vegend zum Vorschein kommender Erzuß kann zunächst ebenso ein 
Hämaton wie eine Urmansammlung darstellen. Er kann also sehr wohl 
von einer schweren Nierenblutung herrühren. Eine Probepunction wird 
meist hierüber Aufklärung hrinzen. Aber selbst wenn dadureh eine Urin- 
ansammlung nachgewiesen ist. wissen wir noch nieht, ob solche von 
einer Verletzung des Xierenbeckens oder des Ureters oder gar der 
Blase herrührt. Dasselbe gilt von einem intraabdominalen Erguß. Un 
auch gleiehzeitig weitere Symptome, wie Verringerung der Harnmengs 
oder aueh vollständige Anurie, können hier für die genaue Diagnose nicht 
von Nutzen sein. 

Prognose und Therapie. Unter 12 Ureterverletzungen sind 
T Todesfälle zu verzeichnen. Daraus geht hervor. daß die Prognose der sub- 
cutanen Ureterverletzungen quoad vitam eine sehr zweifelhafte ist. Oh 
Spontauheilungen einer subeutanen Ureterverletzung erfolgen können. 
läßt Verfasser dahingestellt. Solehe Fälle werden sieh nie hinreichend 
einwandsfrei feststellen lassen. Es ist aber anzunehmen. daB z. B. seit- 
liche Einrisse im Harnleiter, besonders Längsrisse, sieh spontan wieder 
schließen können. Dabei besteht allerdings immer die Gefahr, daß das 
Lumen dureh Narbenbildung verengert wird. Und solehe Narben stellen 
dann wieder irreparable Zustände dar. Unter den Fällen des Verfassers 
befindet sieh keine Spontanheilung. Es gelang auch nieht ein einziges 
Mal, durch conservative MaBnahmen zum Ziel zu kommen. Vielmehr 
mußten die Verletzten schließlich durchweg ıhre Gesundheit mit dem 
Verluste der zu dem verletzten Treter gehörenden Niere bezahlen. Die 
Prognose für die Erhaltung der Niere resp. Wiederherstellung der nor- 
malen Verhältnisse ist also nach den bisherigen Erfahrungen als durcb- 
aus ungünstig zu bezeichnen. Die schlechten Resultate lassen auf eine 
bedauerliche Ohnmacht unserer Therapie schließen. Für die Behandlung 


— 693 — 


subcutaner Ureterverletzungen kommen nach Schede in Betracht: 
1. Frühzeitize Ineision auf den Ureter. die am Platze ist bei localer Ge- 
schwulstbildung. Urinverminderung, : Urinretention im Nierenbeeken. 
2. Einfaches Abwarten, wein die Symptome zweifelhaft und nieht dringend 
sind. 3. Retroperitoneale Incision zur Freilegung des Ureters und der 
verletzten Stelle bei zunehmendem urinüs-blutigen ErguB und vor allen 
Dingen bei Vereiterung desselben. 4. Nephrectomie bei irreparabler Zer- 
reiBung des Ureters, bei reflectorischer Anurie, eventuell auch bei Fistel- 
bildung. Bei den 12 Fällen des Verfassers wurde viermal nicht ein- 
vegriffen. Auf die übrigen acht Verletzungen verteilen sieh folgende 
chirurgischen Maßnahmen: 1 Punetion einer Hydronephrose, 3 Ineisionen 
eines retroperitonealen Ergusses mit später folzender Nephrektomie, 
1 Laparotomie, 1 Sectio alta und 1 Ureterplastik mit folgender Nephrek- 
tomie. Nur die Laparotomie und die Sectio alta sind als Frühoperationen 
ausgeführt worden: die Diagnose lautete bei dinsen Fällen auf Blasen- 
ruptur. Alle anderen Eingriffe waren Spätoperationen, die erst Wochen, 
Monate und Jahre nach dem Unfalle vorzenommen wurden. Ueberein- 
stimmend schugen bei diesen die Versuche. mit kleineren Eingriffen oder 
mit einer Plastik etwas zu erreichen. fehl. Daraus läßt sieh schließen, 
daß längere Zeit nach dem Unfalle die Verhältnisse an der Verletzungs- 
stelle fiir conservative chirurgische Maßnahmen ungünstig sind. Wollen 
wir also bessere therapeutische Erfolge erzielen, so muß unser Bestreben 
dahin gehen. modglichst friihzeitig eine lorale chirurgische Behandlung 
der Ureterwunde vorzunehmen. che Verwachsungen mit der Umgebung 
und andere Folgezustände der Verletzung störend wirken. Daß es unter 
Umständen gelingen wird. eine frische Treterverletzung dureh Naht oder 
Plastik zu heilen. kann nicht bezweifelt werden. Dafür sprechen die 
Erfolge der Gynäkologen: aueh Schede hält eine solche Behandlung 
ın frischen Fällen nicht für unmöglich, wenn sie auch noeh niemals aus- 
geführt wurde. Vorbedingung für ein solehes operatives Vorgehen ist 
natürheh eine sichere nnd genügend frühzeitige Diagnosestellung. Daß 
eine solche sieh gelegentlich mit Hilfe des Cystoskops und des Ureteren- 
katheters wird erzielen Jassen. ist nach Ansicht des Verfassers als fest- 
stehend zu bezeiehnen. Selbstverständlieh ist, daß man nur bei solehen 
Verletzten einen Versuch mit frühzeitig eonservativen Methoden machen 
wird. welche keine schweren Nebenverletzungen erlitten haben. In 
solehen Fällen wird die einfache Tneision auf den Ureter. die für Abfluß 
des gestauten Urins sorgt. oder womöglich ein völliz abwartendes Ver- 
halten vorzuziehen sein. Die primäre Wiederherstellunz der Continuität 
des Harnleiters kommt also eigenteich nur bei isolirten subeutanen Ureter- 
verletzungen in Frage. Hier kann sie aber sehr sezeusreieh wirken und 
die bisher stets notwendig gewordene Opferunug der einen Niere er- 
sparen. 


M. Lubowski. 


— 694 — 


Henderson u. Loewi: Untersuchungen zur Pathologie und 
und Pharmakologie der Nierenfunction. (Ueber den 
Mechanismus der Harnstolfdiurese.) (Arch. f. experiment. 
Pathol. u. Pharmakol. 1905, Bd. 53, H. 1.) 


Die Verfasser geben in Folgendem eine zusammenfassende Dar- 
stellung des Wesens der diuretischen Wirkung des Phloridzins. Coffeims. 
der Salze und des Harnstoffs nebst den sich daraus ergebenden Grund- 
sätzen für ihre rationelle Anwendung. 

Als Ursache der diuretischen Wirksamkeit der oben genannten Suh- 
stanzen, auf welchen Wegen immer sie dem Organismus einverleibt 
werden, ob per os, subeutan oder intravends, haben sich im Experiment 
die folgenden beiden ergeben: 

1. Steigerung der Bluteireulation durch die Ntere infolge Reizung der 
peripheren, gefäferweiternden Apparate: diese kann Folge sem: 

a) eines chemisehen Reizes (Coffein). 

b) eines physikalischen Reizes (lydrämie jeder Art. bewirkt dureh 
Wasser oder Salze jeder Concentration): 

2. Einschränkung der normal statthabenden Harneindiekung infolge 
Resorption von Wasser dureh die Kanälchenepithelien: sie kann ebenfalls 
durch zweierlei bedingt sein: 

a) durch Steigerung der Bluteireulation dureh die Niere und dadurch 
bedingte größere Schnelligkeit des Filtratstromes dureh die Kanälchen 
(Coffein, Salze), 

b) Passage von dureh die Epithelien schwer resorbirbaren Körpern 
durch die Kaniilechen: sei es, daB diese © durch den Glomerulus getreten 
sind, intravenöse Injeetion von schwer resorbirbaren Salzen, Zueker oder. 
Harnstoff, intrastomachale Einverleibung von entweder den Darm leicht 
passirenden Salzen der einbasischen Säuren, die innerhalb des Organis- 
mus., d. h. auf dem Were bis zur Niere in schwer resorbirbare umge- 
wandelt werden (essigsaure Salze), oder den Darm leicht. die Nierenepi- 
thelien aber schwer passirenden Substanzen (Harnstoff). oder daß sie 
erst unterhalb des Glomerulus im das Kanälchenlumen traten — Zucker 
nach Phloridzinverabfolgung. Die Wirkung der dureh b verhinderten 
Riickresorption addirt sieh zu a. daher stärkere Wirkung der Salze der 
mehrbasischen Säuren. 

Noch weitere Ursachen der diuretischen Wirkung der genannten Sub- 
stanzen anzınehmen, dafür haben sieh keinerlei Anhaltspunkte ergeben: 
die angeführten erklären ausreichend und zwanglos alle beobachteten That- 
sachen. Insbesondere liegt keinerlei Nôtiguug vor, eine Wassersecer- 
nirende Thätigkoit der Kanälchenepithelien anzunehinen, so wenig wie 
eine von der Durchblutung unabhängige Filtrationssteigerung dureh hy- 
drämische Blutbeschaffenheit. | 

In Bezug auf die rationelle Anwendung der Diuretica kam bisher in 
der Klinik ein einziger Applieationsweg, nämlich der intrastomachale in 
Retracht. Cireulationssteigernd wirkt hierbei nur ein Mittel, nämlich das 


— 695 — 


Coffein. Die Salze dagegen, sofern sie überhaupt vom Darm 
aus resorbirt werden, werden nicht rasch genug resorbirt, um eine’ 
nennenswerte Hydrämie und damit gesteigerte Nierendurchblutung 
herbeizuführen. Diese letztere ist aber die Hauptbedingung für 
lie Steigerung der Diurese, wogegen die Hinderung der Riickresorption, 
wie sieh aus der Betrachtung der geringfügigen diuretischen Wirkung 
des Phloridzins ergiebt, sehr zurücktritt: sie aber ist die einzige Wir- 
kung per os gegebener Salze, und zwar handelt exs sich dabei um die 
oben sub 2b zenannte. Und auch sie wird nur von den weiigsten per os 
verabreichten Salzen geübt. Es ist nun äußerst interessant, wie in der 
richtigen Auswahl dieser, und zwar der einzigen wirksamen Salze die 
Minpirie der Theorie vorausgeeilt ist: ausgeschlossen sind von vornherein 
alle Salze der wehrbasischen Säuren wegen ihrer schlechten Resorbir- 
barkeit im Darm und ihrer abführenden Wirknoe. Die vom Darm leicht 
resorbirbaren Salze der einbasischen Säuren werden auch in der Niere 
leicht resorbirt. sind darum wirkungslos. Die einzige Ausnahme hilden 
die essigsauren Salze, die vom Darm leicht resorbirt, auf dem Weg zur 
Niere in die sehwer resorbirbaren und darum resorptionshindernden und 
diuretisch wirksamen Carbonate überreführt werden. Diesem schließt sich 
als weitere Ausnahme, wie die Einpirie ebenfalls längst festgestellt hat, 
der Harnstoff an, und zwar deshalb, weil, wie die theoretische Forschung 
Ichrte, er vom Darnı leicht resorbirt wird. nieht aber von den Nieren- 
epithellen. Da nun. wie gesagt. die diuretische Wirkung auch der per os 
vegebenen essigsauren Salze und des Harnstoffs iufolge Fehlens der nur 
bei intravenöser Applieation erzielbaren gesteigerten Nierendurehblutung 
eine sehr schwache ist, andererseits die leichte Gewöhnung der Menschen 
an die Coffeinpräparate ein starkes Bedürfnis nach wirksamen Diureticis 
setzt. so dürfte es sich sebr wohl lohnen. Versuche mit intravenöser In- 
Jection eoneentrirter Lösungen der Natronsalze mehrbasischer Säuren, 
vielleicht zunächst mit Glaubersalz. zu machen, von dem im Tierversuch 
rroße Mengen ohne Schaden vertraswen werden und von dem auch die 
Anwendung beim Menschen infolge Fehlens schädlicher Tonenwirkung 
der beiden Componenten à priori eine Schädigung nicht erwarten läßt. 
M. Lubowski. 


Fletseher, Henderson u.Loewi: Untersuchungen zur Physio- 
logie und Pharmakologie der Nierenfunction. (Ueber 
den Mechanismus der Cofteindiurese.) (Arch. f. experiment. . 
Pathol. u. Pharmakol. 1105. Bd. 55, TI. 1.) 


Die Zusammenfassung der wesentlichsten Ergebnisse der von den 
Verfassern im pharmakologischen Institut zu Marburg angestellten Unter- 
suchungen erziebt Folgendes: 

1. Unter dem EiutluB von Coffein contrahiren die DarmgetaBe sich 
nicht und es tritt auch bein nicht narkotisirten Tier Diurese ein: deshalb 
kann die übrigens unbedeutende Blutdrucksteigeruug nicht Folge einer 


— 696 — 


Reizung des Vasoconstrietoreneentrums sein. wie bisher angenommen. 
vielmehr ist sie wohl Folge einer direeten Herzwirkung: daher muß sie 
in Fällen von Herzinsufticienz die diuretische Wirkung unter-tützen. 

2. Die Gefäße der völlig entnervten Niere sind nieht maximal au-- 
redehnt, vielmehr werden sie dureh Coffein noch um ein Beträchtliches er- 
weitert; auf die Gefäße anderer Orrane ist Cotfein auch nach deren Ent- 
nervunz ohne Wirkung. 

3. Diese Erweiterung der Nerenzefäße ist bedinzt dureh einen di- 
reeten Eintlub des Coffeins auf die Gefäaßwand und tritt auch nach De- 
generation der Nierennerven noch ein. 

4. Mitunter delmt sich die Niere unter dem Eintub von Coffein nicht 
aus: aber auch in diesen Fällen wird sie starker durchblutet. 

5. Diese Steigernug der Durcehblutune ist die Ursache der Coffein- 
diurese: sie kann eintreten, ohne daß Diurese thre folgen mub: niemals 
aber wird Diurese beobachtet. ohne daß gleichzeitig die Durchblutung &e- 
steigert wäre. 

6. Es ergeben sich keine sieheren Anhaltspunkte dafür, daß außer der 
genannten das Coffein noch eine andere Wirkung auf die Niere ausübt. 

1. Es läßt sich analoxr der klinischen auch eine experimentelle Ge- 
wölnung an Coffein erzielen: sie beruht darauf. daß die Nierenzefäße 
allmählich ihre Anspruchsfähiekeit auf den Reiz des Coffeins einbüßen: 
dem des Harnstoffs sind sie dann aber noch zugänglich. 

8. Die gesteigerte Wirksamkeit des Coffeins beim Nephritiker gegen- 
über dem Gesunden, sprieht nach dem oben über den Wirkungsmechanis- 
mus des Coffeins Gesagten zu Gunsten der Traube-Cohnheim- 
schen Nepbritisthevrie. M. Lubowski. 


Josue et Alexandrescu: Pathogénie de la néphrite inter- 
stitielle chez les artériosclereux. (Societe de Biologie, 
2. VI. 1906. Progres médical, 16. VL 1906, pag. 379. 


Die Autoren haben die Beziehungen zwischen Arteriosklerose und 
interstitieller Nephrstis studirt: sie benutzten die modernsten Unter- 
auchungsmethoden, um die Veränderungen der Gefäße zu studiren. Die 
groBen und mittleren Arterien gaben folgendes Bild: Hyperplasie der 
Museularis. Verdoppelung der Lamina elastica interna infolge Bildung 
von hyalin entartetem Bindegewebe und Muskelzellen zwischen den ein- 
zelnen Sehichten, Degeneration der Muskelzellen, Fett zwischen den 
elastischen Fasern. Die Arterivolae afferentes und efferentes glomeruli er- 
schienen manehmal normal, manchmal degenerirt. Gefrierselmitte zeigen 
Fettansammlung unter den Muskelzellen: das Fett beeimträchtirt die 
Muskelzellen und das Lumen der Gefäße. welches es manchmal ver- 
schließt. Die Glomeruli sind oft hyalin entartet: die Wände feiner Capıl- 
laren sind fettig entartet. die Verinderungen der Gefäße sind die der 
Arteriosklerose. nieht die der Entzündung., sie sind hyperplasirt und dege- 
nerirt, Die mittleren und großen Arterieu waren In verschiedenem Grade, 


— 697 — 


aber doch in allen untersuchten Fällen verändert. Eine bestimmte De- 
ziehunz zwischen der Intensität der Veräimleruneen der grofBen und mitt- 
levren Arterien einerseits. der Arteriolae und Capillaren andererseits lieb 
sieh nieht erkennen. Die arteriosklerotischen Veränderungen waren 
unrerelmäbiz über alle Teile des Gefäßsystems verteilt. Aus dem Ver- 
eleich vieler Schmitte kann man schließen. daß keine Nierensklerose be- 
steht. wenn die grohen und mittleren Arterien allein aftieirt sind. fm 
Gegensatz dazu sine die Nieren <hleretisen und verkleinert, wenn die 
feinen Arterienverzwereuneen umd die Capillaren der Glomeruli lädırt 
sited um selbst dann, wenn die groben und mittleren Gefäße relativ 
wenige alterist siod. Der für das Diet undurehedneizge und devenerirte 
Glomerulns ist omit Seinem von Im abhänerzen HHarnkanälehen func- 
tierell ansorschaltet. das Harpkanälehen atrophirt. deeenertrt, das 
cubische Epithel versehwindet aud das Rohr wird dureh ein fibréses Ge- 
webe ersetzt. Der entartete Glomerulus vorsehmilzt mit dem fibrésen 
Gewebe. So erklärt steh des Verschwinden einer Anzahl Harnkanälchen 
vb Glomeralt und die narbice Einziehung der benachbarten Stellen. 
Die interstitielle Nephritis ist also lt, Folge der Arteriosklerose: sie ent- 
steht, wenn die Artertolne und die Capillaren des Glomerulussystems er- 
kranken: olenn chese Erkrankung fuhrt zur funetumellen Ausschaltung des 
Glomerulus mit eonseeutiver Atrophie des Harnkanälehens. Diese werden 
duech fibroses Gewebe. in dem die Glomeruh aufzehen. ersetzt. 
Mankiewicz. 


J. M. Rachmaninow: Maligne Nierentumoren bei Kindern. 
Aus dem Sophten-Kinderkrankenhause zu Moskau. (Arch. f Kinder- 


heilkunde, BA NLIV, HH. £ 6.) 


Malene Nierentinnoren werden selr selten beobachtet. bei Kindern 
relativ häuftizer. In histolesiseher Beziehung haben die Untersuehungen 
der neueren Zeit erxeben. daß das Niereneareinom bei Kindern, wenn 
uberbiaupt. so doeh relativ selten beobachtet wird, und daß weit hiinfiger 
bet Windern versehiedenen Alters Sarkome mit runden oder spindel- 
forwieen Zellen und am hanfiesten Neuhtlduneen von gemischtent 
Charakter vorkommen, Die Atfertion ist gewöhnlich eine einseitige. Die 
Dauer der Krankheit beträgt bei Kindern höchstens 1-1 = Jahre. 

Verfasser beschreibt sechs Fälle von mwaltenen Nierenweschwülsten. 
die innerhalb eines groben Zeitraumes in Zwei BKinderkrankenhäusern 
mi Moskou vorzekonmmen steel. In einem Falle war zweifellos, und a 
zwe wnlerenm Fällen wahrsceheimlieh der Ansgangspunkt der Neubildung 
die Niere: in den ul rien DBeobachtunzen konnte man bei gleichzeitiger 
Affection der Niere wind der Nebenmmere nieht mit Sicherheit den Ort der 
ursprinvejiehen Krtwiechlune der Neubillunz feststellen.  Niehtsdesto- 
weniger wlaubt Verfasser, auch detztere Fälle nnter der gemeinsamen Be- 
zeiehmunz von wahzuen Nierenweschwüren beschreiben zu dürfen. 


— 698 — 


In den sechs Fillen des Verfassers handelt es sich um vier Knaben 
und zwei Mädchen. Das jüngste Kind war ein Jahr zwei Monate, das 
älteste fünf Jahre alt. Die ungefähre Krankheitsdauer betrug: die ge- 
rıneste 1 Monat, die zrößte 6 Monate. Die Krankheit äußerte sich dureh 
VerecroBerung des Abdomens, welehes eine unregelmäßig kugelige Gestalt 
bekam; in der Haut des Abdomens, teilweise aueh des Brustkorbes ent- 
wiekelte sieh wewöhnlieh ein Netz von zedehnten Venen, welches. wie 
Verfasser eonstatirte, an der Seite der kranken Niere am stärksten 
ausgesprochen war. In der einen oder anderen lateralen Seite des Ab- 
domens fühlte man in dem Zwischenraum zwisehen dem Rippenboren 
und der Crista ossis ilei eine derbe, elastische. gewöhnlich glatte. bis- 
weilen auch hockerize Geschwulst, die sieh in der Lumbalgegend verlor 
und mit ihrem vorderen Rande bisweilen über den Nabel hinaus auf die 
entgegengesetzte Seite des Abdomens hiuübergine, Von der Sehnellig- 
keit der Entwieklung soleher Gesehwilste kann man sieh auf Grund 
eines Falles gewissermaßen einen Berriff machen. indem die mehrmals 
wiederholte Messung des Bauchumfanges (bei Fehlen von Acites) folgende 
Zahlenreihe ergab: am 29. August Th am 6. September 76. am 16. Sep- 
tember 79 em. Bet gewissen Entwieklunesstadien der Geschwilst kann 
man unter dem einen oder dem anderen Rippenbogen auch den oberen 
Rand der Geschwulst palpiren. In späteren Entwieklunesstadien der 
Krankheit scheint die inzwischen zu bedeutenden Dimensionen heran- 
gewachsene Geschwulst über den Rippenrand hinauszuzehen, und dann 
eontluirt hr Dämpfuneszebiet mit demyenizen der Leber. Die 
Unrerelmäßiekeit der Dauchform wird hauptsächhieh dadureh bedingt, daß 
die Affeetion eme eimseitize ist. Das Abdomen wolbt sieh am meisten 
an der Seite vor, wo die Gesehwulst Hegt: je nachdem die Gesehwulst in 
ihrem Wachstum fortsehreitet. bilden sieh auf ihrer Oberfläche noch 
cireumseripte Vorwôolbuugen, die bei der Betastune, ineht selten aber auch 
schon bei der bloßen Besichtigung des Abdomens unterschieden werden 
können und bisweilen Hactuirens Eine Ansatmlane ven Flüssigkeit in 
der Bauechhöhle war nieht in einem einzigen Falle des Verfassers vor- 
handen. Die Beschaffenheit des Harns konnte in zwei Fällen nicht be- 
tinmmt werden: im zwer anderen Fällen enthielt der Harn wenigstens 
während der Beobachtunespertode keine abnornen Bemischunzen. Im 
dem einen Falle enthielt der Haru Biweib ın grober Quantität, und in 
einem anderen Pathe entleerte sieh zweimal innerhalb eines Zeitranmes 
von ?’= Wochen mit dem Harn eine geringe Quantität Blut. wobei in dem 
einen Falle das ausvetretene Blut dte eharakteristische Form eines Blut- 
veriunsels hatte: sonst zeiete der Harn auel titer normale Beschaffenhert. 
Dureh diese Beohbaehtung wird die allzeinem bekannte Thatsache be- 
stätiet, daß Albuminurie und Hämature bei Nierenzeschwülsten keines- 
wers unbedinet vorbionlen sein müssen. In allen Fällen trat hochwradire. 
rasch fortschreitende Abwagerung der Kranken in KErschemung. [n drei 
Füllen war die Affection Tinksseitie. in einem Falle beiderseitie, wobei 
jedoch die linke Niere am metsten affiemt wars in den übrigen Fällen war 


— 699 — 


die Affeetion reechtsseitie. In drei Fällen ereriff die Neubildung die 
Nebenniere und die Niere: wobei die Geschwulst primär anscheinend 
in der Nehbenmiere entstanden ist: in zwei Fällen dürfte der Ausgangs- 
punkt der Neubildune wahrseheinlich die Niere selbst gewesen sein. 
während in einem Falle die Niere mit aller Bestimmtheit als Ausgangs- 
punkt der Geschwulst zedeutet werden mußte. Von den übrigen Organen 
waren in einem Falle in bedeutendem Grade anch die Leber. in zwei 
weiteren Fällen die retroperitonealen Lymphedrüsen, in einem Falle die 
Leistendrisen aftieirt. Vom histologisehen Standpunkt aus zeigt die 
Gesehwulst nur in einem Falle Struetur eines weichen Uareinoms mit 
reichlich entwickelten Gefäßen, was man früher als Funeus haematodes 
bezeichnete; in sämtlichen Fällen bot sich ein und dasselbe Bild einer 
complieirten Neubildung. die man als Adenosarkom und in zwei Fällen 
als Adeno-Myosarkom (Rhabdomyom) bezeichnen konnte: es waren niin- 
lieh inmitten eines Gerüstes, welches aus Schleim- oder zartem faserigen 
Bindegewebe bestand, bald in wrößerer. bald in geringerer Quantität 
drüsize Gebilde in Form von zeraden oder geborenen Röhrchen zu sehen, 
die bald in eylindrisecheu. bald in niedrigen eubischen Zellen mit sieh hell- 
fürbenden Kernen auszekleidet werden. Neben diesen Gebillen. teilweise. 
um «dieselben herum. befanden sieh Häufehen von dieht nebeneinander 
liegenden Kleinen runden Zellen. die stellenweise in Form von vom Grund- 
rewebe scharf abzerrenzten Herden lagen und an die Struetur des Car- 
einoms erinnertem. In anderen Fällen war diese Grenze verstrichen: an 
der Peripherie der Herde gingen die runden Zellen in spindelfôrmige 
über, welehe die Zwisehenräume zwischen den Herden von oben er- 
wähnten runden Zellen ausfüllen: es entstand somit das Bild eines Nar- 
koms mit runden und spindelförmizen Zellen. Inmitten dieser letzteren 
waren zerstrent !bisweilen in grober Quantität) hexende eharakteristische 
stibchenformigze Kerne zu sehen. die auf das Vorhandensein von glatten. 
\Muskelfasern hinwtesen, sowie querwzestreifte, dünne, lange. spindel- 
förmize Zellen und Fibrillen, d. h. embryonale Elemente von quer- 
gestreiftem Muskelzewebe. Das Vorhandensein dieser letzteren Elemente 
in Niereneeschwülsten bei Kindern ist ein absolut sicherer Beweis dafür, 
daß diese Geschwöülste von Veberresten von eimbryonalen Geweben ihren 
Ausgang nahmen. weil sonst im Organismus des Menschen bezw. des 
Tieres unter keinen Umständen, selbst bei Regeneration der Muskeln. 
solehe Elemente sieh zu bilden vermögen. In Anbetracht des 
Umstandes, daß verschiedene Teile der in Rede stehenden Nieren- 
reschwiilste verschiedene histologisehe Bilder darbieten konnen, mal 
man. um die Diagnose richtig zu stellen, nörliehst viele Stückchen unter- ` 
suchen, die verschiedenen Teilen der Geschwülste entnommen sind. Sonst 
würde man, indem man zufällixz bei der Untersuchung auf Hänfehen von 
vom Grundgewebe scharf abzerrenzten Zellen stößt. irrtümlicher Weise 
Carcinom diagnosticiren, wenn man nieht den nicht ephitelialen Charakter 
der Zellen und die weiteren Sehieksale derselben, d. h. den Uebergansg 
si spindelforwmire Zellen. in Erwägung zieht. Nur durch das Ausbleiben 


— 700 — 


oder die nieht vollständige Durchführung der histologischen Untersuchung 

soleher Geschwiilste kann man es erklären. daß man früher der Ansicht 

war, daß XNiereneareinom im Kindesalter häufiz vorkonmit. 
M.Lubowski. 


Dr. W. Albrecht: Ueber metastatische paranephritische 
Abscesse. (Beitr. zur klin. Chir. 1906, Bd. >50, H. 1.) 


Versteht man unter Paranephritis eine phlegemonöse Entzündung der 
Capsula adıposa. so wird von manchen Autoren hiervon getrennt die 
Perinephritis. womit eine Entzündung der Capsula fibrosa bezeichnet 
wird. Klinisch ist diese Scheidunz wohl ohne besondere Wichtigkeit. und 
auch pathologisch-anatomiseh wird sie sieh schwer halten lassen, demm 
bei einer Entzündung der Fettkapsel wird stets mehr oder weniger auch 
die fihröse Kapsel ergriffen sein. Kommt es vollends zur AbsceBhildung 
--- und es ist dies bei Paranephritis fast stets der Fall —-, dann erscheint 
dieser Unterschied überlaupt nieht durehführbar. Als Erreger der para- 
nephritischen Abscesse sind bis jetzt nachgewiesen am häufigsten 
Staphylococcus pyogenes aureus, dann Streptococcus pyogenes, Pneumo- 
eoeeus, (ronococeus und Bacterium coli. Was die Aetiologie der 
Paranephritis betrifft. so sind zwei große Gruppen zu unterscheiden. Als 
erster hat Rayer diese Trennung in eine primäre und secundäre 
Form der Paranephritis einzeführt. Dieser Trennung wird heute noch 
volle Giltirkest zuerkannt. nur wird man Jetzt die primäre als metasta- 
tische, die secundäre als fortzeleitete Form bezeichnen. Zu dieser letzeren 
chören die Fälle von Paranephritis,. welche entstanden sind im Anschluß an 
eine in nächster Nähe bestehende Entzündung, die von irgend einem benach- 
barten Organ auf das perirenale Fettgewebe übergegriffen hat. Zu dieser 
Gruppe zehört die Paranephritis. welehe auftritt im Anschluß an Eite- 
rungen im Beckenbindegewebe. an subphrenische  Abscesse, au 
gonorrhoische oder sonst entzündliche Erkrankungen der Harnwege: 
hierher ist vielleicht auch die  Paranephritis im Gefolge der 
Pleuritis zu rechnen, eine Annahme. die durch die Unter- 
suchungen Küttners über die Communication der Lymph- 
sefäße der Brust- und Bauehhöhle dureh das Zwerchfell hindurch 
sehr wahrscheinlich wird. Eine zweite Mörliehkeit wäre es. diese 
Paranephritis atiologiseh zu der Gruppe zu rechnen, die nach Infoctions- 
krankheiten beobachtet wurde. So ist gar nieht selten eine perirenale 
Eiterung beschriebeno worden nach Poeken. Tutluenza, Scharlach u. a. 
Nach Ansicht des Verfassers handelt es sieh in diesen Fällen um eine 
Unterart der metastatischen Form. Es wäre ja der Gedanke naheliegend. 
daß hier das die Infeetionskrankheit bedingende Virus nach dem para- 
nephritischen Absceß hervorrufen würde. allein es sind sonst keinerlei der- 
artige Abscesse nach Schareach oder Influenza bekannt. Verfasser 
glaubt, daß durch die Infeetionskrankheit win Schädigung des Körpers. 
speciell der Harnwege als Ausscheidungsorgane. stattfindet, welche die 


— 701 — 


Grundlage abziebt. für den sieh entwickelnden Absceß. Es wäre also die 
Infeetionskrankheit in Parallele zu stellen mit einem Stoß, einem Fall 
oder ähnlichen Traumen. Die eigentliche Ursache wäre auch in diesen 
Fällen nicht in der — allerdings prädisponirenden — Infectionskrankheit, 
sondern in der Einwanderung von entziindungserregenden Bacterien zu 
suchen. Welches die Eingangspforte für diese Eitererreger ist, das läßt 
sich freilich nieht immer feststellen. Häufig bedingen die eindringenden 
Bacterien keine deutliche Entziindung an der Stelle ihres Eintritts, oft 
werden die oberflächlich seheinenden Affeetionen nicht beachtet, nicht 
selten sind auch beim Bezinn der Paranephritis die peripheren Herde 
schon lange verheilt, und es ist deshalb erst im letzten Jahrzehnt der 
Gedanke aufgetaucht, daß die bisher als primäre oder idiopathische Para- 
nephritis bezeichnete Erkrankung als cine Metastase anzusehen sei. 

Im Anschluß an diese allgemeinen Ausführungen berichtet Verfasser 
über sechs in der Brnns schen Klinik zur Beohachtung gelangte 
Fälle, die sämtlich zu der zweiten Gruppe von perirenaler Eiterung ge- 
horen. Es hatte sich tn diesen Fällen nach einer peripher gelegenen Eiterung 
ein paranephritischer Abseeß entwickelt. fünfmal ohne irgend welche 
sonst bekannte Ursache, einmal bei gleichzeitig bestehender Tuberculose. 
DaB jedoch diese Tubereulose in keinerlei directem Zusammenhang mit 
der Paranephritis steht, das ıst sicher bewiesen durch den Nachweis von 
Staphylokokken im Eiter. Zweimal war bei Beginn der Erkrankung der 
periphere Herd sehon verheilt, einmal war er in der Abheilung begriffen, 
dreimal stand die Primärerkrankung noch in voller Blüte. Der Verlauf 
der Krankheit war in sämtlichen sechs Fällen fast derselbe. Die Absceß- 
höhle wurde breit ineidirt. nach der Ineision drainirt und tamponirt. Die 
Wundhöhlen schlossen sich ziemlieh rasch. so daß die Patienten nach Ver- 
lauf einiger Wochen der Heilung nahe entlassen werden konnten. In vier 
Fällen wurde als Erreger Staphylococcus pyogenes aureus gefunden. ein- 
mal wurden Staphylokokken und Streptokokken nachgewiesen. Die Frage, 
ob in den Fallen des Verfassers die paranephritischen Eiterungen als 
Folee der peripheren Eiterprocesse anzusehen sind. beantwortet Verfasser 
init einem entschiedenen Ja. Wohl scheint dieser ätiologische Zusammen- 
hang auf den ersten Blick nicht so ganz sicher, und bei den vielen 
Tausenden von Panaritien und Furunkeln, die beobachtet werden, ist der 
Gedanke nieht so fernliegend, ob die Patienten ıhre Paranephritis nicht 
auch ohne diese oberflächliche Eiterung bekommen hätten. Die inter- 
essanten Untersuchungen von Bertelsmann haben indessen gelehrt, 
daß selbst die auf einen umschriebenen Gewebsbezirk beschränkten 
Fiterungen, wie Panaritien. nicht so harmlos sind, denn es ist Bertels- 
mann gelungen, selbst bei gewöhnlichen Carbunkeln im Blute Kokken 
nachzuweisen. Ist aber der Beweis erbracht. daß durch diese peripheren, 
oft oberflächlichen Proresse Baeterien in die Blutbahn eindringen können, 
dann steht der ganzen heutigen Auffassung vom Wesen der Infection und 
AbsceBbildung nichts im Wege, daß nicht gelegentlich auch einmal eine 
Ansiedelung vou Eutzünduugserregern im perirenalen (Gewebe zu Stande 


702 - 


kommt. Es ist dann die paranephritische Eiterung nicht blos zeitlich dem 
Furunkel gefolgt. sondern steht in ursächlieher Abhängigkeit von ihm. 
\Wje entsteht die Metastase? Daß das Blut das Beforderungsmittel 
ist. steht wohl außer Zweifel. allein wie im Detail der genaue Weg ist. 
darüber herrseht noch nicht volle Einigkeit. Daß in der Mehrzahl der 
Fälle eine mehr oder weniger auffällige Beteiliguug der Niere selbst vor- 
handen ist, und zwar eine Beteiligung derart. daB die. Niere auch ätio- 
logiseh irgendwie mit der Entstehung des paranephritischen Abscesses 
zusammenhängt. daß kann ber den in den letzten Jahren berichteten Be- 
obachtungen als gesichert gelten. Daß aber auch das pararenale Gewebe 
allein dureh einfache Embohe ergriffen werden kann. darf nicht zeleuenet 
werden. Es läßt sich ja. denken, daß die im Blutstrom schwimmenden 
Bacterien in dem lockeren, weitmasehieen Gewebe der Fettkapsel einen 
ruten Boden zur Ansiedelung finden. Begünstiet würde diese An- 
siedelung dureh vorhergegangene Traumen oder sonstige Schädigungen. 
ganz besonders, wenn das Trauma von einer Blutung in das perirenale 
Gewebe begleitet war. M. Lubowski. 


Berichtigung. 


In dem in Bd. X]. Heft 10 dieser Zeitschrift erschienenen Referat: 
. IO. C'ongreß der VAssoelation française d'Urologie” ist eine Dis- 
eussionsbemerkung von mir auf page. .598, wohl infolge eines Druck- 
fehlers, irrtümlich wiedergegeben. Dieselbe mub lauten: 

Frank (Berlin) warnt vor der Anwendung von Hydrargyrum oxy. 
evanatun in den Harnwegen (z. B. bei CUvstoskopie, Spülungen und 
dergleichen) bei Patienten, welche gleichzeitig Jodprüparate ge- 
brauchen. Das hierbei sich bildende Jodqueeksilber verursacht starke 
Keizerscheinungen. | Ernst R. W. Frank. 


Verantwortlicher Redacteur: Professor Dre, h. Casper in Berlin. 
Drnek von Carl Marsehner Berlin SW. Alexandrinenstr. 119. 


Die Gonosantherapie bei Cystitiden der Prostatiker. 
Von 
Dr. med. Keil, Spezialarzt fiir Dermato-Urologie, Berlin. 


mas 7 


Die zahlreichen und überzeugenden Veröffentlichungen hervor- 
ragender Fachleute des In- und Auslandes über die segensreichen 
Wirkungen des Gonosans sowie meine persönlichen Erfahrungen bei 
Behandlung rein gonorrhoischcr Affectionen mit dem genannten 
Präparat haben mich veranlaßt, auch bei den so häufig vorkommenden 
Blasenerkrankungen der Prostatiker Gonosan teils mit, teils ohue 
Blasenspülungen zu verwenden. 

Ich habe im Ganzen 9 Prostatiker in der angegebenen 
Weise behandelt. Sie klagten bei der ersten Consultation über 
Fieberanfälle mit leichten Schüttelfrösten, häufigen, schmerzhaften 
Harndrang, Leibschneiden und Blasendruck, Schmerzen beim Stuhl- 
gang und Brennen während und nach der Miction. Bei der urologischen 
Untersuchung der Patienten, die alle jenseits des 415. Lebensjahres 
standen, fand der per anum palpierende Finger eine stark vergrößerte, 
ziemlich harte und druckempfindllche Prostata, die in Anbetracht 
ihrer Dimensionen in der That ein mechanisches Hindernis bei der 
Defücation abgeben konnte. Katheterismus mit dem einfachen Nelaton 
war in den meisten Fällen nicht möglich, dagegen ging er mittelst 
eines langschnabligen, im Radius c. 5 c. betragenden Metallkatheters 
nach Ueberwindung eines ziemlich kräftigen Widerstandes in der pars 
prostatica glatt von statten. Fast in allen Fällen wurde em ziemlich 
reichlicher, mehr oder weniger dieker und übelrtechender, trüber, 
wolkenartiger Residualharn entleert, der stark alkalisch reagirte; 
ausserdem konnte man mikroskopische Eiterkürperchen, Leukocyten, 
rote Blutkörperchen, Fettkügelchen und Epithelien nachweisen. Im 
Anschluss an diesen ersten Untersuchungs-Catheterismus habe ich in 
5 der angeführten Fälle sogleich eine gründliche Spülung der Blase 
(bis zu 2 1 Asterol à 2,0 : 1000,0) vorgenommen, bis das Spülwasser 
klar abfloss. Ich verordnete ihnen alsdann Gonosan 5 mal täglich 
2 Kapseln und gebot ihnen, sorgfältig auf das etwaige Auftreten von 


DEER 


Fieber- und Schüttelfrostanfällen, auf den Urindrang. auf Blasen: 
schmerzen, auf Farbe und Menge des Urins zu achten. Die Patienten 
wurden angewiesen. alle 3 Tage sich einzustellen. 

Schon bei der zweiten Consultation war das Resultat recht 
zufriedenstellend. Die Patienten, die unterdessen bereits 12 oder auch 
15 mal 2 Kapseln, also 30 Kapseln Gonosan genommen hatten, waren 
alle stets befriedigt über die prompte Wirkung des Mittels und gaben 
an, daß Fieber- und Frostanfälle nicht wieder aufgetreten wären, dab 
der Harndrang und die Schmerzen etwas nachgelassen hätten und dab 
der Dem sich auf kläre Der in der Sprechstunde gelassene Urin wurde 
in der That etwas heller befunden. Ein etwaiger Probekatheterismus 
auf Residualliarn oder eine Spülung fanden nicht statt, dagegen wurden 
die Patienten angewiesen, Gonosan weiter zu nehmen und nach 
3 Tagen wiederzukommen. 

Die dritte Consultation ergab ungefähr dasselbe Resultat. Bei 
der vierten Consultation, also nach 9 Behandlungstagen, machte ich 
bei 2 Patienten, bei denen Schmerzen in der Blase, das sogenannte 
„Schneiden“, Brennen während und nach der Miction, häufiger Harn- 
drang noch immer, wenn auch in schon geringerem Male weiter 
fortbestanden, den Probekatheterismus. Es wurde ein ziemlich reich- 
licher Residuallıarn entleert, der schwach sauer und durchweg trübe 
war, jedoch nicht unangenehm roch. Im Anschluß daran erfolgte eine 
Spülung mit Asterol 2,0:1000,0, nach der zweiten Spritze (150 ccm: 
klares Spülwasser; abermals Gonosan weiter gegeben. 

Die drei anderen Patienten dagegen fühlten sich bei dieser 
vierten Consultation bereits recht wohl, weswegen nur Gonosan weiter 
verordnet wurde. 

Während nun die 3 zuletzt angeführten Patienten in den darauf 
folgenden Consultationen fortschreitende Besserung zeigten, währenü 
bei ihnen nach ca. 2dtägiger Behandlung mit Gonosan die anfangs 
bestehenden Beschwerden vollständig gewichen waren und auch die 
urologische Untersuchung ergab, daß zwar die Prostata in ihrer Ver- 
größerung sich nicht verändert hatte, dagegen der Residualharn weit 
geringer und klarer geworden, wollte bei den erst genannten Patienten 
eine ebenso prompte Besserung nicht eintreten. Ich sah mich bei den 
letzten gezwungen, die interne Behandlung durch Spülungen zu unter- 
stützen derart, dab ich nunmehr neben Gonosan alle 3 Tage eine 
Blasenspülung (Asterol 2,0 : 1000,0, 2 Spritzen & 150 ccm) vornahw. 
im Ganzen 6 Spülungen. Der Erfolg war alsdanu sehr erfreulich. Der 
Befund der Prostata war naturgemäß unverändert, dagegen zeigte der 
Residualharn auch hier die bereits vorhin angegebene Veränderung 


— 709 — 


wie bei den anderen 3 Patienten. Alle 5 Patienten nahmen auf meine 
Verordnung Gonosan +4mal täglich 2 Kapseln weiter und sind an- 
gewiesen, in l4tägigen Zeiträumen und bei etwaigen Beschwerden sich 
sofort bei mir vorzustellen. | 

Etwas anderes war es jedoch bei den anderen 4 Patienten dieser 
9 Fälle. Letztere waren schwerer Natur. Hier handelte es sich um 
alte, in einem Falle bereits schon um einen prostatectomirten, dekrepiden 
Patienten, die schon Jahre hindurch ihres Leidens wegen in uro- 
logischer Behandlung gestanden und bei der cystoscopischen Unter- 
suchung umfangreiche Veränderungen der Blasenwandung selbst 
(Divertikel-Trabekel) aufzuweisen hatten. Infolge dieser schweren 
Complicationen ging ich von der Ueberzeugung aus, dass nicht nur 
eine reine interne Behandlung, sondern vor allem auch eine lokale 
Therapie, bestehend in Spülungen etc. am Platze wäre. Ich ver- 
ordnete Gonosan 5mal täglich 2 Kapseln und machte in den ersten 
10—14 Tagen täglich Spülungen in jeder Sitzung, bis das Spülwasser 
klar abfloss (4—# Spritzen). Nach 3 Wochen langer Behandlung be- 
schränkte ich die Spülungen auf jeden dritten Tag, nach sechs- 
wöchiger Behandlung auf alle 8—14 Tage; dagegen mußten die 
Patienten Gonosan täglich mal 2 Kapseln und jetzt in der letzten 
Zeit statt dessen Urogosan in gleicher Dosirung nehmen, eine Be- 
handlungsweise, die ich für sehr günstig halte. 

Wenn ich nun zum Schluß meine Erfahrungen über GGonosan — Uro- 
gosan habe ich erst zu kurze Zeit angewandt — bei Behandlung der Cysti- 
tiden der Prostatiker kurz zusammentasse, muf ich bekennen, da wir 
im Gonosan ein zuverlässiges und wohlthätiges Präparat besitzen, das 
nicht nur von den Spezialärzten, sondern vor allem auch von den 
praktischen Aerzten ausgiebig angewaudt zu werden verdient; denn 
mit dem Gonosan beseitigt man mit Sicherheit Schmerzen im Urogenital- 
tractus und den häufigen Harndrang; mit der Beseitigung der 
dysurischen Schmerzen hat man heim Prostatiker schon viel gewonnen. 
Die Wirkung des (fonosans ist um so prompter, je frischer das 
Leiden ist und je früher die Behandlung einsetzt. Die rein interne 
Behandlung mit Gonosan genügt manchmal dann, wenn noch keine 
Veränderungen in der Schleimhaut Jder Blase vorhanden sind, dagegen 
mub sie durch lokale Eingrifte unterstützt werden, wenn infolge 
längerer Erkrankung die Blasenwandung pathologisch verändert ist. 


ln 


Referate. 


— m 


I. Gonorrhoe und Complicationen. 


PT D 


Hagner: The Operative Treatment of acute Gonorrheal 
Epididymitis. (Medical Record, 13. X. 1906.) 


H. empfiehlt auf Grund eigener in extenso mitgeteilter Erfahrungen 
eine auch schon in der älteren Litteratur wiederholt angegebene chirur- 
gische Behandlung der gonorrhoischen Epididymitis. Die Indication zur 
Operation besteht schon bei hochgradiger schmerzhafter Infiltration und 
Exsudation der Tunica, selbst wenn noch kein Eiter im Exsudat nach- 
weisbar ist: die Operation, d. h. die breite Freilegung und multiple -Punc- 
tion mittelst Tenotom, wirkt analog wie die Punetion bei Glaukom; sie Ist 
ungefährlich, die Infiltration des Nebenhodens verschwindet schneller. 
als bei irgend einer anderen Behandlungsart; die Gefahr einer dauern- 
den Schädigung des Testikels ist geringer als bei interner Behandlung; 
die Operation bedingt sofortigen Nachlaß aller Schmerzen, so daß Patient 
keinerlei Narkotika mehr bedarf. Karo (Berlin). 


IL Hoden, Nebenhoden, Prostata etc. 


Shoemaker: The Galvanic and other Treatment of the 
Prostate. (Medical Record, 4. VIII. 1906.) 


Verf. empfiehlt die Behandlung der Prostatahypertrophie mittels 
galvanischen Stroms, die Application hat so zu erfolgen, daß die negative 
Elektrode in’s Rectum kommt; der negative Pol bewirkt gleichzeitig Er- 
weiterung des Rectums und ausgiebige Darmentleerung, wodurch 
wiederum durch Decongestionirung eine Besserung der Blasensymptome 
erreicht wird. Sh. weist nachdrücklichst darauf hin, daß man nicht 
trockene, sondern feuchte Batterien zur Erzeugung des Stromes benutzen 
soll. Die in der Arbeit mitgeteilten fünf Krankengeschichten geben über 
die Wirkung des in Frage stehenden Heilverfahrens keinerlei Aufschluß. 


Karo (Berlin). 





— 711 — 


Prof. Dr. P. v. Baumgarten (Tübingen): Carcinom der Prostata. 
(Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 42.) 


Die klinische Diagnose des Falles war auf „malignes Lymphom“ ge- 
stellt und Verfasser glaubte nach dem Sectionsbefunde diese Diagnose 
bestätigen zu können. Bei der mikroskopischen Untersuchung der ver- 
erößerten Lymphdrüsen zeigte sich nun aber, daB dieselben allerorts das 
charakteristisehe Bild krebsiger Infiltration darboten. Das einzige Organ, 
welches als Herd der Krebsmetastasen anzesehen werden konnte, war 
die Prostata. Sie war bereits bei der Section als vergrößert aufgefallen, 
da es sich aber um einen 53 jährigen Mann handelte, legte Verf. dem Be- 
funde zunächst um so weniger ein besonderes Gewicht bei, als sich das 
vergrößerte Organu makroskopisch in nichts von einer gewöhnlichen Pro- 
statahypertrophie unterschied und klinisch gar keine Symptome gemacht 
hatte. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Prostata fanden sich 
nun in ihrem Gewebe atypische epitheliale Zellsträuge und -Nester, 
welche als carcinomatése Wucherungen aufgefaBt werden müssen. Frei- 
lich, sagt Verf., wenn die krebsige Infiltration der Lymphdriisen nicht vor- 
handen gewesen wäre, hätte kaun mit Bestimmtheit die Diagnose auf 
Carcinom der Prostata gestellt werden können, da bei einfacher Prostata- 
hypertroplie ähnliche Bilder gefunden werden. Der Fall zeigt besonders 
deutlich, wie larvirt das Carcinom der Prostata auftreten kann, nicht nur 
kliniselr, sondern auch pathologisch-anatomiseh, und wie es, sich im 
llintergrunde haltend, durch stark hervortretende Metastasen in den 
Lymphdriisen klinisch und makroskopisch-anatomisch das Bild maligner 
Ly mphome vortiuschen kann. Kr. 


Ill. Blase. 


Leedham-Green: On the vesical Sphincter and the 
Mechanismus of the Closure ofthe Bladder. (The British 
Medical Journal, 11. VIII. 1906.) 


Verf. hat durch radiorraphische Aufnahmen der mit Wismutemulsion 
angefüllten Blase die Unhaltbarkeit der Finger’schen Theorie des 
Blasenverschlusses bewiesen. Nach Verf. bewirkt die Füllung der Blase 
eine Erregung der Blasennerven, die den Detrusoren zur Contraction 
bringen; antagonistisch wird nun die glatte Musculatur des Sphincter 
internus eontrahirt, um erst bei geeigneter Gelegenheit zur Miction zu er- 
schlaffen, wodurch dann der Detrusor den Urin herauszupressen vermag. 


Karo (Berlin). 


— —— — — — 


IV. Ureter, Niere etc. 


Privatdocent Dr. Schenk (Prag): Zur Casuistik der Harnleiter- 
steine. (Centralbl. f. Gynäkol. 1906, No. 36.) 


Harnleitersteine entstammen der Niere oder sie entstehen im Harn- 
leiter selbst, die letzteren sind außerordentlich selten. Die Einklemmunz 
der Uretersteine geschieht an solchen Stellen, die von Natur aus enger 
sind, diese sind: unterhalb des Nierenbeckens und vor der Einmündung 
in die Blase. Bei den Steineinklemmungen oberhalb der Blasenmtinduny 
unterscheidet man: Einklemmungen mm paraischalem, im juxtavesicalem. 
im intramuralem und intravesicalem Teil des Harnleiters. Die Diagnose 
kann bei günstigen Fällen durch directe Betastung oder dureh Sondirunz 
von der Blase aus gestellt werden. Jn seltenen Fällen — bei intravesi- 
caleım Sitze des Concrementes — ist die Diagnose auf cystoskopischent 
Wege zu stellen. Schenk beschreibt einen derartigen Fall aus der 
Klinik von Prof. v. Franque. Warschauer (Berlin). 


Gullan: Remarks on acute Nephritis (Morbus Brightii). 
with special Reference to Treatment. (The British Medical 
Journal, 18. VIII. 1906.) 


G. bringt eine ausführliche Besprechung der acuten Nephritis, Jedes 
einzelne Symptom wird eingehend erörtert, ohne daß unsere Kenntnisse 
nach irgend einer Riehtung hin erweitert werden. Auch die therapeuti- 
schen Maßnahmen, denen ein groBer Spielraum eingeräumt wird, bringen 
nichts Neues. Karo (Berlin). 


Prof. v. Hacker (Graz): Ueber einen Fall von Hydronephrose 
mit Steinen. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 31.) 


Professor v. Hacker berichtet über eine von ihm vor 27: Jahren 
wegen Nierensteine und einer rechtseitigen hydronephrotischen Niere mit 
Erfolg operirte 31 Jahre alte Frau. Die Diagnose war auf Steine in den 
erweiterten Kelchen einer Sackuiere gestellt worden. Durch Nierenspal- 
tung wurde die Entfernung .der Steine und dureh Langsspaltung und 
Quervernähung die die Hydronephrose veranlasseude Ureterenverenze- 
rung behoben. Die Patientin ist vollkommen genesen und übt ihren Be- 
ruf als Köchin wieder aus. Kr. 


4 


Dr. R. Hottinger: Zur Diagnose der Nierentuberculose. 
(Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVII, H. 8.) 


Nach einem kurzen historischen Ueberblicek über die allmählichen 


Fortschritte in der Erkenntnis der Niereutuberculose analysırt H. haupt- 
sächlich an der Hand der von ihm beobachteten Fälle die wichtigsten 


— 713 — 


Symptome der Nierentubereulose. Zu den prämonitorischen Zeichen 
rechnet Verf. die klare Polyurie und eine gewisse Albuminurie Die 
Polyurie ist beachtenswert, jedoch entscheidend nur in Verbindung mit 
anderen Symptomen; auch die Albuminurie ist meist schwierig zu ver- 
werten, da z. B. Albumen auch bei Phthisikern vorkommt, deren Nieren 
nicht tubereulös sind, das Eiweiß ist hier nur als eine Folge von toxischen 
Reizerscheiungen aufzufassen. Ja selbst der Befund von Tuberculose- 
bacillen im Urin von Phthisikern ist nach der Anschauung mancher 
Autoren nicht eindeutig, da angeblich auch gesunde Nieren solcher 
Patienten Bacillen ausscheiden können. Als seltenes Vorkommnis sind 
die plötzlich auftretenden Hämaturien bei Nierentubereulose zu bezeich- 
nen, wie sie sich bei kleinen Geschwüren besonders au der Nierenpapille 
finden. Ihre richtige diagnostische Verwertung kann große Schwierig- 
keiten machen. 

An häufigsten manifestirt sich die Niereutuberculose unter Er- 
scheinungen, die auf eine Erkankung der Blase hinzuweisen scheinen. 
Vermehrtes Urinbedürfnis, Schmerzen besonders am Schlusse der Miction, 
dazu meist recht frühzeitig trüber oder blutiger Urin. Derartige Fälle 
sehen dann lange Zeit unter der falschen Diagnose chronische Cystitis. 
Was den Tuberkelbacillenbefund betrifft, so steht der Autor auf dem 
Standpunkt, daß solche in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle relativ 
leicht nachweisbar sind, er hat unter 52 Fällen bei 42 schon bei der 
ersten, bei 6 bei der zweiten Untersuchung positive Befunde erheben 
können, bei 4 eutschied erst die Tierimpfung. Der Urin ist bei uncompli- 
eirten Fällen sauer, erst eine hinzutretende Mischinfektion mit harn- 
zersetzenden Bacterien pflegt die Reaction zu ändern. Der Albumen- 
gehalt ist bet einer Mierentuberculose meist gering, unter 2 pro Mille, 
höhere Grade sind auf complieirende Nephritis, Amyloid u. a. zurück- 
zuführen, jedoch kann auch der Albumengehalt dadureh erhöht sein, daß 
die zweite gesunde Niere infolee einer toxischen Nephritis — die nach 
Ausschaltung des kranken Organes zurückgehen kann — reichliches 
Albumen liefert. Ein sehr wesentliches Symptom ist die Hämaturie, die 
in fast keinem Falle fehlt, sie kann in sehr geringen Mengen — nur 
mikroskopisch nachweisbar, bis zu lebensgefihrlichen Mengen auftreten. 
Die Art der Blutung ist sehr verschieden, zuweilen kann der ganze Urin 
sefärbt sein. in anderen Fällen kommt es nur zu einer terminalen 
Blutung. — Die Harnmenge bewert sich ım allzemeinen innerhalb nor- 
maler Grenzen, Jedoch besteht zuweilen eine Neierung zur Polyurie Vom 
höchsten diagnostischen Wert ist die Prurie, sie ist das constanteste und 
suspecteste Symptom. Was nun die Nierensymptome im engen Simme 
anbetrifft, d. h. GrüBenveränderungen, die der Palpation zugänglich siud 
und Schmerzemptindungen von Seiten der Niere, so gehören diese im 
allgemeinen nieht zu den Frühsymptomen. Die VergréBerungen der: 
Nieren pflewen sieh erst sehr spät einzustellen. in vielen Fällen kommt 
eine bereits sehr erhebliche Größenzunahme gar nicht zur Pereeption, da 


Referate. 


— 


I. Gonorrhoe und Complicationen. 


POA NON LS LS 


Hagner: The Operative Treatment of acute Gonorrhea! 
Epididymitis. (Medical Record, 13. X. 1906.) 


H. empfiehlt auf Grund eigener in extenso mitgeteilter Erfahrungen 
eine auch schon in der älteren Litteratur wiederholt angegebene chirur- 
gische Behandlung der gonorrhoischen Epididymitis. Die Indication zur 
Operation besteht schon bei hochgradiger schmerzhafter Infiltration und 
Exsudation der Tunica, selbst wenn noch kein Eiter im Exsudat nach- 
weisbar ist; die Operation, d. h. die breite Freilegung und multiple Punc- 
tion mittelst Tenotom, wirkt analog wie die Punction bei Glaukom; sie ist 
ungefährlich, die Infiltration des Nebenhodens verschwindet schneller. 
als bei irgend einer anderen Behandlungsart; die Gefahr einer dauern- 
den Schädigung des Testikels ist geringer als bei interner Behandlung: 
die Operation bedingt sofortigen Nachlaß aller Schmerzen, so daß Patient 
keinerlei Narkotika mehr bedarf. Karo (Berlin). 


Il. Hoden, Nebenhoden, Prostata ete. 


Shoemaker: The Galvanic and other Treatment of the 
Prostate. (Medical Record, 4. VIII. 1906.) 


Verf. empfiehlt die Behandlung der Prostatahypertrophie mittels 
galvanischen Stroms, die Application hat so zu erfolgen, daß die negative 
Elektrode in’s Reetum kommt: der negative Pol bewirkt gleichzeitig Er- 
weiterung des Rectums und ausgiebige Darmentleerung, wodurch 
wiederum durch Decongestivnirung eine Besserung der Blasensymptome 
erreicht wird. Sh. weist nachdrücklichst darauf hin, daB man nicht 
trockene, sondern feuchte Batterien zur Erzeugung des Stromes benutzen 
soll. Die in der Arbeit mitgeteilten fünf Krankengeschichten geben über 
die Wirkung des in Frage stehenden Heilverfahrens keinerlei Aufschluß. 


Karo (Berlin). 


— 711 — 


Prof. Dr. P. v. Baumgarten (Tübingen): Carcinom der Prostata. 
(Wiener med. Wochenschr. 1906, No. 42. 


Die klinische Diagnose des Falles war auf „malignes Lymphom ge- 
stellt und Verfasser glaubte nach dem Sectionsbefunde diese Diagnose 
bestätigen zu können. Bei der mikroskopischen Untersuehung der ver- 
erößerten Lymphdrüsen zeigte sich num aber, daß dieselben allerorts das 
charakteristische Bild krebsiger Infiltration darboten. Das einzige Organ, 
welches als Herd der Krebsmetastasen angesehen werden konnte, war 
die Prostata. Sie war bereits bei der Section als vergrößert aufgefallen, 
da es sich aber um einen 53 jäührisen Mann handelte, legte Verf. dem Be- 
funde zunächst um so weniger ein besonderes Gewicht bei, als sich das 
vergrößerte Orzan makroskopisch in nichts von einer gewöhnlichen Pro- 
statahypertrophie unterschied und klinisch gar keine Symptome gemacht 
hatte. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Prostata fanden sich 
nun in ihrem Gewebe atypische epitheliale Zellstriinge und = -Nester, 
welche als carcinomatése Wueherungen aufzefaßt werden müssen. Frei- 
lich, sagt Verf., wenn die krebsige Infiltration der Lymphdriisen nicht vor- 
handen gewesen wäre, hätte kaum mit Bestimmtheit die Diagnose auf 
Careimom der Prostata gestellt werden können, da bei einfacher Prostata- 
hypertrophie ähnliche Bilder gefunden werden. Der Fall zeigt besonders 
deutlich, wie larvirt das Careinom der Prostata auftreten kann, nieht nur 
klinisch, sondern auch pathologisch-anatomiseh, und wie es, sich im 
Hintererunde haltend, dureh stark hervortretende Metastasen in den 
Lyinphdriisen klinisch und makroskopisch-anatomisch das Bild inaligner 
Lymphome vortäuschen kann. Kr. 


III. Blase. 


— — 


Leedham-Green: On the vesical Sphincter and the 
Mechanismus of the Closure ofthe Bladder. (The British 
Medical Journal, 11. VIII. 1906.) 


Verf. hat durch radiographisehe Aufnahmen der mit Wismutemulsion 
angefüllten Blase die Unhaltharkeit der Finger’schen Theorie des 
Blasenverschlusses bewiesen. Nach Verf. bewirkt die Füllung der Blase 
eine Erregung der Blaseunerven, die den Detrusoren zur Contraction 
brinzen: antagenistisch wird nun die glatte Musculatur des Sphincter 
internus contrahirt, um erst bei geeigneter Gelegenheit zur Miction zu er- 
schlaffen, wodurch dann der Detrusor den Urin herauszupressen vermag. 


Karo (Berlin). 


ien Ee 


IV. Ureter, Niere ete. 


Privatdocent Dr. Schenk (Prag): Zur Casuistik der Harnleiter- 
steine. (Centralbl. f. Gynäkol. 1906, No. 36.) 


Harnleitersteine entstammen der Niere oder sie entstehen im Harn- 
leiter selbst, die letzteren sind außerordentlich selten. Die Einkleumuns 
der Uretersteine geschieht an solchen Stellen, die von Natur aus enger 
sind, diese sind: unterhalb des Nierenbeckens und vor der Einmündung 
in die Blase. Bei den Steineinklemmungen oberhalb der Blasenmündunz 
unterscheidet man: Einklemmungen im paraischalem, im juxtavesicalem. 
im intramuralem und intravesicalem Teil des Harnleiters. Die Diagnose 
kann bei günstigen Fällen durch directe Betastung oder durch Sondiruny 
von der Blase aus gestellt werden. In seltenen Fällen — bei intravesi- 
calem Sitze des Concrementes — ist die Diagnose auf cystoskopischem 
Wege zu stellen. Schenk beschreibt einen derartigen Fall aus der 
Klinik von Prof. v. Franque. Warschauer (Berlin). 


Gullan: Remarks on acute Nephritis (Morbus Brightii). 
with special Reference to Treatment. (The British Medical 
Journal, 18. VIII. 1906.) 


G. brinzt eine ausführliche Besprechung der acuten Nephritis. Jede- 
einzelne Symptom wird eingehend erörtert, ohne daB unsere Kenntnisse 
nach irgend einer Richtung hin erweitert werden. Auch die therapeuti- 
schen Maßnahmen, denen ein großer Spielraum eingeräumt wird, bringen 
nichts Neues. Karo (Berlin). 


Prof. v. Hacker (Graz): Ueber einen Fall von Hydronephrose 
mit Steinen. (Wiener klin. Wochenschr. 1906, No. 31.) 


Professor v. Hacker berichtet über eine von ihm vor 27: Jahren 
wegen Nierensteine und einer rechtseitigen hydronephrotischen Niere mit 
Erfolg operirte 31 Jahre alte Frau. Die Diagnose war auf Steine in den 
erweiterten Kelchen einer Sackniere gestellt worden. Dureh Nierenspal- 
tung wurde die Entfernung .der Steine und durch Länesspaltunz und 
Quervernähung die die Hydronephrose veranlassende Ureterenverenre- 
rung behoben. Die Patientin ist vollkommen genesen und übt ihren Be- 
ruf als Köchin wieder aus. Kr. 


Dr. R. Hottinger: Zur Diagnose der Nierentuberculose. 
(Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorg., Bd. XVII, H. 8. 
Nach einem kurzen historischen Ueberblick über die allmählichen 


Fortschritte in der Erkenntnis der XNierentuberenlose analysirt H. haupt- 
sächlich an der Hand der von ihm beobachteten Fälle die wichtigsten 


— 113 — 


Symptome der Nierentuberculose. Zu den prämonitorischen Zeichen 
rechnet Verf. die klare Polyurie und eine gewisse Albuminurie Die 
Polyurie ist beachtenswert, jedoch entscheidend nur in Verbindung mit 
anderen Symptomen; auch die Albuminurie ist meist schwierig zu ver- 
werten, da z. B. Albumen auch bei Phthisikern vorkommt, deren Nieren 
nicht tubereulös sind, das Eiweiß ist hier nur als eine Folge von toxischen 
Reizerscheiungen aufzufassen. Ja selbst der Befund von Tubereulose- 
bacillen im Urin von Phthisikern ist nach der Anschauung mancher 
Autoren nicht eindeutig, da angeblich auch gesunde Nieren solcher 
Patienten Bacillen ausscheiden können. Als seltenes Vorkommnis sind 
die plötzlich auftretenden Hämaturien bei Nierentuberculose zu bezeich- 
nen, wie sie sich bei kleinen Geschwüren besonders an der Nierenpapille 
finden. Ihre riehtige diagnostische Verwertung kann große Schwierig- 
keiten machen. 

Am häufigsten manifestirt sich die Nierentuberculose unter Er- 
scheinungen, die auf eine Erkankung der Blase hinzuweisen scheinen. 
Vermehrtes Urinbedürfnis, Schmerzen besonders am Schlusse der Miction, 
dazu meist recht frühzeitig trüber oder blutiger Urin. Derartige Fälle 
gehen dann lange Zeit unter der falschen Diagnose chronische Cystitis. 
Was den Tuberkelbacillenbefund betrifft, so steht der Autor auf dem 
Standpunkt, daß solche in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle relativ 
leicht nachweisbar sind, er hat unter 52 Fällen bei 42 schon bei der 
ersten, bei 6 bei der zweiten Untersuchung positive Befunde erheben 
können, bei 4 entschied erst die Tierimpfung. Der Urin ist bei uncompli- 
eirten Fällen sauer, erst eine hinzutretende Mischinfektion mit harn- 
zersetzenden Bacterien pflegt die Reaction zu ändern. Der Albumen- 
gehalt ist bei einer Nierentubereulose meist gering, unter 2 pro Mille, 
höhere Grade sind auf complicirende Nephritis, Amyloid u. a. zuriick- 
zuführen, jedoch kann auch der Albumengehalt dadurch erhöht sein, daß 
die zweite gesunde Niere infolge einer toxischen Nephritis — die nach 
Ausschaltung des kranken Organes zurückgehen kann — Teichliches 
Albumen liefert. Ein sehr wesentliches Symptom ist die Hämaturie, die 
in fast keinem Falle fehlt, sie kann in sehr geringen Mengen — nur 
mikroskopiseh nachweisbar, bis zu lebenseefährlichen Mengen auftreten. 
Die Art der Blutung ist sehr verschieden, zuweilen kann der ganze Urin 
gefärbt sein, in anderen Fällen kommt es nur zu einer terminalen 
Blutung. — Die Harnmenge beweegt sich im allgemeinen innerhalb nor- 
maler Grenzen, Jedoch besteht zuweilen eine Neigung zur Polvurie. Vom 
höchsten diagnostischen Wert ist die Pyurie, sie ist das constanteste und 
suspecteste Symptom. Was nun die Nierensymptome im engen Sinne 
anbetrifft, d. h. GroBenveränderungen, die der Palpation zugänglich sind 
und Schmerzempfindungen von Seiten der Niere, so gehören diese im 
alleemeinen nicht zu den Frühsymptomen. Die VergroBerungen der 
Nieren pflegen sieh erst sehr spät. einzustellen, in vielen Fällen kommt 
eine bereits sehr erhebliche GroBenzunahme gar nicht zur Perception, da 


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sie nach dem Zwerchfell zu geschieht und- infolge von Verwachsungen 
die respiratorische Verschieblichkeit aufgehoben wird. Uebrigens ist 
auch noch zu beachten, daß die gesunde Niere compensatoriseh sich ver- 
erößern und so zu Fehldiagnosen Veranlassung geben kann. Auch 
die Schmerzhaftigkeit der Niere ist nicht von besonderer Bedeutung, da 
gewöhnlieh intensive Schmerzen fehlen, am markantesten sind die kolik- 
artiren Schmerzen, die solehen bei: Nierensteinkolik völlig gleichen 
können. Sehr beachtenswert ist, daß zuweilen die Schmerzhaftigkeit 
auf der gesunden Seite leegt. 

Kurz streift nun der Autor die Bedeutung des Allgemeinbefindens, 
des Fiebers und der Anamnese, um dann ausführlich die Cystoskopie zu 
behandeln. Hier wird auf die Bedeutung des Blasenbefundes und ganz 
besonders auf die Wichtigkeit der Veränderungen an den Ureteren hin- 
gewiesen. Genauer werden die Blasengeschwüre beschrieben und die 
Bedeutung ihrer Lokalisation hervorgehoben, indem der Sitz in der Nähe 
des Ureters auf die Nieren hinweist, während — bei Männern — die Ver- 
änderungen am Blasenhalse mehr nach den Genitalorganen hinweisen. Neu 
sind die Bemerkungen über für Tuberculose charakteristische Granula- 
tionen am Ureter und der Blase. Sie treten als kleine, runde, schmutzig- 
rote Knöpfehen, die manehes Mal an papillomatôse Excrescenzen er- 
innern, in anderen — wichtigeren— Fallen direct als Granulome auf, indem 
sie sieh als kleine Tumoren (Papillome), die scheinbar gestielt sind oder 
als breitbasige, hügelbildende Neoplasmen präsentiren. Diese Gebilde 
sind übrirens vergänglicher Natur, da sie nach des Autors Beobachtungen 
im Laufe eines '/=—"/ı Jahres wieder verschwanden und zwar mit Hinter- 
lassune von linearen Narben. Solche Granulombildungen scheinen 
übrigens auf frische Processe hinzudeuten. Drei sehr interessante 
Krankengesehichten illustriren diese Befunde. Als Anhang giebt H. noch 
eine Beschreibung seines Uretereneystoskops. Das wichtigste an dem 
Instrument ist, daß sieh die Ureterenkatheter in zwei Röhrchen, die mit 
einer vesiealen und ocularen Abbiegung versehen, bewegen, welche sich 
in einer Rinne an der volaren Seite eines Lohnstein'schen Cystoskops 
bewegen: zur Einführung des Instruments befinden sich die vesicalen 
Biegungen in einer entsprechend gedeckten Rinnung des Schnabels, am 
ocularen Eude sind sie durch eine verstell- und aufschraubbare Klammer 
fixirt. Nach Einführung in die Blase wird die Klammer gelockert und 
die Rührehen nach Bedarf zurückgezogen und der Ureterenkatheter ent- 
sprechend vorgesehoben. Der Hauptvorteil des Instruments besteht ın 
der völligen Sterilisirbarkeit der Röhrchen und der sehr bequemen und 
sicheren Handhabung der Katheter. Schließlich betont der Autor noch. 
daß die Entfernung des Cystoskops bei Frauen immer, bei Männern meist 
ohne Schwierigkeiten von statten gehen kann, während die Röhrchen 
liegen bleiben. Eine instructive Abbildung des Instruments ist beigegeben. 

A. Seelig (Königsberg i. Pr.). 


Bibliographie. 


Die nachstehende Bibliographie enthält die vom 16. December 1905 bis einschl. 

15. December 1906 sowie die während oder nach der Drucklegung der vor- 

jährigen Bibliographie in Berlin erschienene oder eingetrottene Litteratur. 
Wenn keine Jahreszahl angegeben, ist 1906 zu verstehen. 


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eisens bei Hyperglobulie. Zeitschr. 
f. klin. Med., Bd. 59, Heft 5 u. 6. 


Abelmann: Beobachtungen über 
ortostatische Albuminurie. Russki 


Wratsch 17. 

Abram: The acid extract of the 
duodenal mucous membrane as a 
remedy in diabetes mellitus. Lancet, 
27. Jan. 

Achard et Paisseau: Elimination 
comparée du chlorure de sodium et 
de Purée simultanement injectés. 
Arch. de med. experim. et d’Anat. 
pathol., No 1. 

Achelis: Ueber das Vorkonmen von 
Methylguadinin imnorm. Menschen- 
harn. Zentralbl. f. Physiol., Bd. XX, 
No. 14. 

Adrian: Ein neuer, operativ behan- 
delter Fall von intermittirender 
evstischer Dilatation des vesikalen 
Ureterendes. Archiv f. klin. Chir, 
Bd. 78, H. 3. 

— Bericht über die Tätigkeit der an 
die chirurgische Poliklinik ange- 
schlossenen Poliklinik für Harn- 
kranke während des ersteu Jahres 
ihres Bestehens in der Zeit vom 
1. Juni 1905 bis 31. Mai 1906. Straß- 
burger med. Ztg.. H. 6. 


Aguiar: Sur l'hnportance du soufre 
urinaire en Séméiologie hépatique. 
Bericht aus dem Kongreß zu Lissa- 
bon. Münch. med. Wochenschr, 
No. 21. 

— Veber die Bedeutung desSchwefels 
im Harn bei Erkrankungen der 
Leber Internat. med Kongreß zu 
Lissabon. 

Albarran: La nephrolithomie dans 
les calculs de la portion pelvienne 
de l'urettre. Congrès de Lisbonne 
1906. Presse med., 9 Mai. 

— Cvstite grippale hémorrhagique. 
Congres de Lisbonne. Presse méd., 
9. Mai. 

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néphrites. Conges de Lisbonne 1906. 
Presse méd., 9. Mai. 

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Congres de Lisbonne 1906. Presse 
méd., 9. Mai 

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chir. de Paris, No. 25 

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et mém. de la société de chir. de 
Paris. No. 25. 

Albertin: Néphrectomie. Soc. de 
ehir. de Lyon. Lyon méd., No. 21. 


— 


sie nach 


dem Zwerchfell zu geschieht und: infolge * 


C isehuria: 
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die respiratorische Verschieblichkeit aufgehoben 


auch noch zu beachten, daß die gesunde Niere cor : Calcul rénal 
grôBern und so zu Fehldiagnosen Veranlassr la radiographie: 


die Schmerzhaftigkeit der Niere ist nicht von 
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e $ — des 
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1 E Ne. le an hermaphrodite, 
ev mill vun II ay - 
Ze Hele E surgery: 1 art 156. 
Bi A ll of Puitere l ntersuchungen 
Or pamal yon den Nebenmerenex- 
f "Ae WEE Veränderungen 


ml fir? und anderer Organe. 
Ae BE W ochenschr., No, 34. 
perlite? \cuingite cérebro-spinale 
niques et diabete. Arch. 
„No. 8T. 
e. TT ue prétendues récidives 
andre, rostatectomie pour hyper- 
apr imple. Amal. des malad. 
grop?! en.-urin. Vol. II, No.13. 
des ors $ Destroying the uro-geni- 
ME or pelvic floor as a 
gal 


Id 


ie. Lyon méd., No. 25. 
etreeissements blennor- 
du rectum. Gazette des 

„ No. 14. 

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blatt f. inn. Med., No. 4. 

Biberfeld: Beiträge zur Lehre von 
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suchungen über das Vorkommen 
von Zucker im nephritischen Hy- 
drops. Zeitschr. f. klin. Med, Bd. 
60, H. 5 u. 6. 

Biel: Statistik der in meinem Labo- 
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gelangten zuckerhaltigen Harne. 
St. Petersburger med, Wochenschr., 
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— 79 — 


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— 134 — 


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elért thera- 


Klinikai 


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P'S | 
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Wolbarst:The Three Glass-Catheter 
Test: An Improved Method for 
the Identification and Separation of 
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— Notizen, Gonosan bei Blasentuber- 
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Wolfthügel: Ein seltener Fall dop- 
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Wrede: Die Dermoide des Samen- 
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Zaajer: Untersuchungen über den 
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Verantwortlicher Redacteur: 


Zickel: Beitrag zur Kenntnis der 
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Bd. 23, H. 6. 

Zinsser: Die Prostitutionsverhält- 
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d. Bekämpt. d. Geschlechtskrankh., 
No. 6. 

Zirkelbach: Ein Fall von ortho- 
statischer Albuminurie Wiener 
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Zoppelli: L’elmitolo nella pratica 
medica. Gazz. Med. Lombarda, 
No. 34. 


Zörkendörfer: Experiment. Unter- 
suchungen über die Wirkung der 


Sulfatquellen. Zeitschr. f. Heilk., 
Bd. 27, H. 5. 
Zorn: Ueber die Wirkung des 


Gonosans bei der Behandlung der 
akuten Gonorrhoe. Monatsschr. f. 
Harnkrankheiten u. sex. Hygiene, 
No. 8. 

Zuckerkandl: Ueber accessorische 
Nebennieren bei Torpedo marmo- 
rata, Anat. Hefte, H. 938. 


Professor Dr. L. Casper in Berlin. 


Druck von Carl Marschner Berlin SW., Alexandrinenstr. 110. 





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