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Full text of "Monatshefte für Kunstwissenschaft 1.1908, Teil 2"

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JOHN AMORY LOWELL 


CLASS OF 1815 


From the 
Fine Arts Library 


Fogg Art Museum 
Harvard University 


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MONATSHEFTE | 
KUNSTWISSENSCHAFT 


I. JAHRGANG 1908 
:: I HALBBAND :: 


VERLAG VON KLINKHARDT & BIERMANN IN LEIPZIG 


se u yah Abhandlungen. 


Paul Schubring, Das Blutbad von Otranto in der Malerei des Quattrocento, mit 5 Abb. . 

Ernst Zimmermann, Plaue a. d. Havel, die erste Konkurrenzfabrik der Meißner Manu- 
faktur und ihre Erzeugnisse, mit 6 Abb. . ei a A e 

George A. Simonson, Francesco Guardi, mit 3 Abb. . 

Max Gg. Zimmermann, Niederländischer EH des XVI. Jahrhunderts i in ‘Berliner 
Privatbesitz, mit 8 Abb.. . 

Ernst Steinmann, Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. I mit 2° Abb. 

Jean EE L’exposition des Cent Pastels, mit 8 Abb. . . an 

. B., Bode 

W. Martin, Über den Gesdimack des Holländischen Publikums im XVII. Jahrhundert ı mit 
Bezug auf die damalige Malerei, mit 13 Abb. - 

Hermann Voss, Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke, mit 8 Abb. . . 

Emil Schaeffer, Der „Triumph des Federigo Gonzaga“ von Lorenzo Costa, mit 1 Abb. . 

Anton PUT Die Wandgemälde in der Kirhe des Kreuzesklosters bei Jerusalem, 
mit 15 Abb. . 

Detlev Freiherr von Hadeln, ‘Andrea di Giusti und das dritte Predellenstück vom pisa- 
nischen Altarwerk des Masaccio, mit 3 Abb. i 

Adolf Gottshewski, Zu Michelagniolos SchaffensprozeB . . 

August Goldschmidt, Zur Kenntnis Johann Georg Edlingers und seiner Zeit, mit 2 Abb. 

Prosper Dorbec, Evolution du Portrait en France apres la Révolution, mit 11 Abb. . 

Hermann Uhde- -Bernays, Biirger-Thoré . . 

Edmund Wilhelm Braun-Troppau, Uber Kelsterbacher Porzellanfiguren, mit 9 Abb.. 

Ernst Steinmann, Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. II, mit 3 Abb. . . 

Fritz Hoeber, Rembrandts Plattenzustände, mit 18 Abb. . . . 

Hermann Voss, Charakterköpfe des Seicento. II, mit 11 Abb. . 

Art. Jahn Rusconi, La collezione Doria Pamphily, mit 11 Abb. 

Wilhelm Suida, Zur Florentiner Trecentomalerei, mit 1 Abb. 

Georg Gronau, Zwei Predellenbilder von Raphael, mit 2 Abb. . . 

Detlev Freiherr v. Hadeln, Die Werke Vincenzo Catenas, mit 7 Abb. 

Sidney I. A. Churchill, Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen of 
the Guild of the Goldsmiths of Rome, mit 1 Abb. . 

Ignaz Beth, Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck, mit 6 Abb. 


II. Studien und Forschungen. 


Ernst Steinmann, Zur Ikonographie Michelangelos, mit 1 Abb. 

D. v. Hadeln, Bemerkungen zu einigen venetianischen Bildern der Brera 

Fritz Burger, Eine neuentdeckte Madonna Domenico Gaginis in Torcello bei Venedig, mit 
1 Abb. 


Ernst A. Benkard, Ein Portrat Raffaels von der Hand des Sebastiano del Piombo, mit 3 Abb. 

August L. Mayer, Ein Spanisches Porträt Michelangelos, mit 1 Abb.. . 

S., Diirers Hieroglyphen im Gebetbuch Kaiser Maximilians 

Karl Borinski, Michelangelos Gigantensdilacht . 

Max Seeliger, Die Photographie Entdeckerin kunstwissenschaftlicher Werte, "mit 3 Abb. 

Wilhelm Rolfs, Anton Michellino von Pisa, mit 3 Abb. . 

August L. Mayer, Spanische Reliefgemälde, mit 1 Abb. 

Karl Borinski, Das Novellenbild in der Casa Buonarotti 

Rosa Sdiapire, Aus Konrat Witz's Kreis, mit 1 Abb. 

Wilhelm Uhde, Zu Botticellis Primavera, mit 1 Abb. 

Fritz Burger, Zu Palladios vierhundertjährigem Geburtstag 

D. v. Hadeln, Zu den Altarwerken Palma Vecchios in Serinalta . 

Ernst Kihnel, Die Qal‘A der Beni Hammad in Algerien, mit 2 Abb. duo 

Sigmund Landsinger, Ein wiederaufgefundenes Gemälde von e im Museo Nazio- 
nale zu Palermo, mit 2 Abb. . . . 

Josef Strzygowski, Neuentdeckte Mosaiken in Salonik, mit 2 Abb... . 

Wilhelm Vöge, Ein Kölner Holzbildhauer aus romanischer Zeit, mit 3 Abb. 

Julius Baum, Studien zu den Medicigräbern, mit 2 Abb. . ; 

Emil Schaeffer, Ein Bildnis des Vincenzo Capello, mit 1 Abb. | 

Osvald Sirén, Addenda und Errata zu meinem Giottino-Buch, mit 5 Abb.. 

Philipp M. Halm, Zu Wolf Huber. . 

Campbell Dodgson, Zum Porträt Palladios von Licinio 


Seite 
593 


Inhalt 


Ill. Rundschau. 


Belgien. . . . . . . . . . +. +. 923 Venedig D RES oe ae ee ee ee 
Berlin . . . . . . . 658, 910, 1024, 1126 Kleine Nachrichten . 678, 813, 923, 1030, 
Bologna . . . . . 1135 G. Gronau, Gefalschte Künstlerdokumente 
Budapest . . . . 665, 806, 917, 1026, 1133 P.F. Schmidt, Zu Wilhelm Leib! ; 
Dresden. .... 659 Ergebnisse des VII. Intern. Kunsthist. Kon- 
Florenz. .. aaa’ e & eS 666, 1133 gresses zu Darmstadt. 

Frankfurt a/M. . . . . . . 805, 916, 1130 JaroSpringer, Von neuen Erwerbungen 
Heidelberg . . . . . . . . . . . 660 des Berliner Kupferstichkabinettes . 
Holland. . . . . . . AR 25) 1140 Uhde-Bernays, Karl Spitzweg . 

Koln... Wie Lis 4 663 Bode contra. Voll. . . 

Leipzig. . . . . 1131 G.B., Der Würzburger Kreuzgang bei der 
London. . . . . 669, 807, 917, 1027, 1138 Neumiinsterkirche 

Mailand. . ... d . 1135 Der präsumtive Leiter der Nationalgalerie 
Münden ........ 664, 917, 1131 Der Generaldirektor der Miinchn. Sammlg. 
Paris. . . . . . . . 668, 809, 1027, 1137 Pauli, Ein offener Brief . 

Rom ......... . 667, 807, 1136 Von Schweizerischen Museen und Gesell- 
Spanien. . . . . . . . |. . . . . 812 sqiaiten : à . ud o ee ee au 
Stuttgart . . . 2 2 . . . . +... + 805 Was uns not tut . 


IV. Literatur. 


Bernhard Patzak, Die Villa Imperiale in Pesaro. (Georg Gronau.) . . 

Christian Huelsen, La Roma Antica di Ciriaco d'Ancona. (Karl Frey.) : 

Michele Lazzaroni-Antonio Muñoz, Filarete, scultore e ardıitetto del secolo XV. 
(Paul Scubring.) . 

A. Avena, Il Restauro dell’ arco d’ Alfonso d'Aragona in Napoli. (Wilhelm Rolfs.) ; 

Georg Swarzenski, Die Salzburger Malerei von den ersten AN augen bis zur Blütezeit 
des romanischen Stils. (Vitzthum.) ; 

Osterreichische Kunsttopographie. Herausgegeben von der k. k. Zentralkommission für 
Kunst und historishe Denkmale. (Richard Graul.) . . 

Gustav Glück, Niederländische Gemälde aus der Sammlung des Herrn Alexander Tritsch 
in Wien. (Max Rooses) . 

Les grands artistes. Les van Eyck par "Henri Hymans. Murillo par P. Lafond. Daumier 
par H. Marcel. Holbein par P. Gauthiez. (R. A. Meyer). . 

Clement Faller par André Girodie: Un peintre alsatien de tradition. (R. A. Me yer.) 2 

JoshuaReynolds v. Max Osborn, Künstlermonographien hrsg. v. H. Knackfuß. (G. Ï Kern.) 

Unveröffentlichte Gemälde alter Meister aus dem Besitz des Bayrischen Staates. Herausge- 
geben von Ernst Bassermann-Jordan . . a Vi ded Per o i 

Karl Borinski, Die Rätsel Michelangelos. (Ernst Steinmann.) 

Karl Frey, Michelagniolo Buonarroti. (Karl Borinski.) ; 

Giorgio Bernardini, Sebastiano del Piombo. (Georg Gronau.) ; une, dea 

Julius von Schlosser, Die Kunst und Wunderkammern der Spätrenaissance. (G. Pauli.) . 

Manuel d'art musulman. L’Architecture par H. Saladin. Les Arts plastiques et industriels 
par Gaston Migeon. (Josef Strzygowski.) . . 

Karl Voll, a durch i alte Pinakothek-Otto Grautoff, Die Gemaldesammlungen Miinchens. 

Orringer 2 . 

August Griesebad, Das deutsche Rathaus der Renaissance. (Rudolf Kautzsch, 

R. Kautzsc, Die Kunstdenkmäler in Wimpfen a. N. (Bergner.) 

B. Zucerkandl, Zeitkunst Wien 1901—1907. (Franz Servaes). . . 

F. R. Martin, A History of Oriental Carpets before 1800. (W. Bode.) 

Johannes Sievers, Pieter Aertsen. (A. Bredius.) . 

A. Haupt, Palast-Architektur von Oberitalien und Toscana vom XIII. — XVII. - Jahrhundert 
(Hans Stegmann, Nürnberg.) . . : 

Hans Wolfgang Singer, Die Kleinmeister. (Jaro Springer.) ; 

Neue keramische Literatur. 1. Ad. Brüning, Porzellan. 2. K. F. Gutmann, Die "Kunsttöpferei 
des XVIII. Jahrh. im Großherzogtum Baden. 3. E. Heuser, Die Pfalz- Zweibrückner 
Porzellanmanufaktur. 4. E. Heuser, Pfälzisches Porzellan des XVIII. un 
(E. W. Braun.) 

Fridericianisches Barock. Herausg. von O. Kloeppel. (August Griesebach.) . 

Selwyn Brinton, Mantua. (Max Semrau.) . EE 

Donop Prof. Dr. Lionel v., Der Landschaftsmaler Carl Blechen. ‘(Uhde-Bernays.) 

Albert v. Hofmann, Die Grundlagen bewuBter Stilempfindung. (R. Czapek.) . . 


824 
825 
827 


928 
928 


929 
931 
951 
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934 


IV Inhalt 


i Seite 

Arthur W. Unger, Wie ein Buch entsteht. (J. Loubier.) . 935 
Max Deri, Das Rollwerk in der deutschen Ornamentik des XVI. und XVII. Jahrhunderts. 

(Rudolf Kautzsch.) . . : . 1031 

Joseph:Braun, Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten. ` (Julius Baum.) So 1032 
Karl Voll, Vergleihende Gemäldestudien. II. Aufl. — Heinrich Wölfflin, Die Kunst Albrecht 

Dürers. Il. verm. Aufl. (Wilhelm Worringer.) . 1033 

Sir Walter Armstrong, Joshua Reynolds. A. d. Engl. übertr. von E. v. Kraatz. fie Pauli.) 1035 

Georg Fuchs, Deutsche Form. (Rosa Schapire.). . . + . . 1035 
Franz Xaver Kraus, Geschichte der christlichen Kunst. 2. Bd. 2. Abt. 2. Hälfte. Herausg. 

v. Joseph Sauer. gu ulius Baum.) . . . . + + 1036 

Marc Rosenberg, Geschichte der Goldschmiedekunst auf techn. Grundlage. (Th. Hampe.) 1037 


Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst. Herausg. v. L. v. Buerkel. (W. Worringer.) . . 1039 


Berthold Haendce, Deutsche Kunst im täglichen Leben. (Paul Ferd. Schmidt.) . 1040 
Paul Mebes, Um 1800, Architektur und Handwerk im letzten Jeary ihrer traditionellen 
Entwicklung. (Hermann Schmitz.) . . i . 1041 
Dr. ing. H. Göbel, Das süddeutsche Bürgerhaus. (H. Bergner.) . i fe & a aan OA 
Alois Riegl, Die Entstehung der Barockkunst in Rom. (Richard Graul.) a ae Ke. 1082 
Franz Landsberger, Wilhelm Tischbein. (Julius Vogel.) . . . è @ ao ee oe 4048 
Österreichische Kunsttopographie. (Richard Graul.) . ca e EEE. 
Victor Roth, Der spätgotische Flügelaltar in Mediasch. (Carl ‘Simon.) A - 0.0.0. . 1147 
Handzeichnungen alter Meister im Städelschen Kunstinstitut. (Georg Gronau.) . + go & II 
Guido Carrocci, I dintorni di Firenze. (Emil Schaeffer.) . rea a? è 1998 
Freemann O’ Donoghue, Catalogue of Engraved British Portraits. (Hans W. erden) . +. 1148 
August Grisebad, Danzig. (R. Bernoulli.) . : ~ 2 + « + 1149 
Hugh Stokes, The Art Treasures of London. (Frank E. Freund.) . À da sec’ at 1190 
Meier-Graefe und Klossowski. La collection Cheramy. (Uhde-Bernays.) . ce oe od. H50 
Judith Cladel, Auguste Rodin. L'Œuvre et l'homme. (Georg en) ee, Bodo 
Churd- Ostwald, Farben und Malerei. (Rud. Czapek.) . . 1152 
Ferd. Georg Waldmiiller, Sein Leben, sein Werk und seine Schriften. (Uhde-Bernays.) . 1154 
Wohnung und Hausrat. (Herm. Schmitz.). . . 1156 
Berthold Haendcke, Kunstanalysen aus neunzehn Jahrhunderten. (Rosa Schapire.) . . . 1156 
Thieme und Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Kiinste. ans W. Singer.) e. . 1157 
Fritz Knapp, Die Kunst in Italien. (Georg ee) | de t+ d e 1158 
Kleine Anzeigen . DE se a e e 695, 830, 1044, 1146 
Ernst Steinmann, Die Raccolta Vinciana . 2 2 22m on 935 
Der Bayerische Verein der Kunstfreunde . . . . st. Be ne “ee de HS ye e 1990 
V. Bibliographie. 
Heft 7/8 . . . . . . . . . . . 696—708 Heft 11 . . . . . . . . . . . 1045—1058 
Heft 9 ......... . . 831—844 Heft 12. . . . . . . . . . . 1159—1174 
Heft 10 . . . 2 2 . . . . . . 937—950 


VI. Kunstsammler. 


Kurt Erasmus, Eine Studie zum Gemälde „der DER" von Jacop Jordaens: im E 
Museum in Kopenhagen, mit 1 Abb. re : 

Einiges-vom Londoner Kunsthandel, mit 5 Abb. . ©.. 410 

Ernst Zimmermann, Bemerkungen üb. einige Marken d. MeiBner Porzellans, mit 1 Abb. 845, 951 

E. W. Braun, Über italienische Korbflechtarbeiten der EE mit i Abb... . 847 


E. W. Braun, Zum MeiBner Sulkowski-Service, mit 6 Abb. Due ee à à à 1059 
Hermann Vos, Ein neuer Jacob Jordaens . . . bordi i A ht Re ak 
VII. Der aide | 
Aaden .......... . . . 952 Leipzig. . . . . . . . . . . 953, 1178 
Amsterda 724 London. . . +. 719, 847, 1180 
Berlin . "` au 1062 mit 1 Abb.) 1064, 1176 Münden . 715, 953 (mit 1 Abb.), 1065, 1179 
Bonn . . 1063 Paris... . + + + 717, 1180 
Frankfurt a M. pisa dn e dd 953, 1064 Wien. ........2.+2.. 1063 
Heidelberg 1178 Vermischtes . . . . . . : 726, 850 
Holland 955 (mit 3 Abb.) 1 1065 5 (mit 3 Abb) 1183 Neue Kataloge. . . . . 729, 850, 958, 1184 
Kampen. . 726 Auktionskalender . . . . . . 958, 1069, 1184 
KOIWI ok bha ee de OG Re 953, 1065 


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59 


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Porträt MICHELANGELOS von Jacopo del Conte Nach einer Originalaufnahme 


Rom, Oratorium von S. Giovanni Decollato O 
O Zu dem Beitrag von Ernst Steinmann in „Studien und Forschungen“ 


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Herausgeber: DR. GEORG BIERMANN 
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2 


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O Begründet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs 


I. Jahrg. Heft 7/8 1908 


Das Blutbad von Otranto in der Malerei des 


Quattrocento 
Von Paul Shubring 


Das Jahr 1480 brachte entsetzliche Schrecken über den Süden Apuliens. Da- 
mals sandte nämlich der türkische Sultan Maomet Il. zwei Hotten gegen christ- 
lie Niederlassungen. Die eine segelte unter Mesithes Palaeologos gegen Rhodus; 
der Überfall miBlang, da ein Sturm die Schiffe zerstörte. ,Afflavit deus et dissipati 
sunt.“ Schlimmeres verübte die andere Expedition unter dem Großvezier Achmet 
Giedik, der 100 Vasselli selbst befehligte, und auch noch 60 venezianische Schiffe 
zur Seite hatte. Am 28. Juli 1480 warf diese stattliche Flotte plôtzlid an der Küste 
von Otranto Anker; Belagerungsmaschinen rückten an die Mauern des damals 
20000 Einwohner zählenden Stadtchens. Schon am 11. August mußten sich die _ — 
Belagerten, da die Mauern durchbrochen waren, ergeben. Ein entsetzlicies Blutbad 
wurde angerichtet, 12000 Männer sollen im ersten Ansturm geschlachtet worden sein. 
Nur die Reichen wurden als Geiseln verschont, um durch sie später hohes Lösegeld — 
zu erpressen; auch die Knaben wurden nicht getötet, da man sie als Sklaven zu ver- 
kaufen gedachte. Der Erzbischof von Otrando Stefano Pendinelli hatte sich mit den — 
Priestern, Frauen und Kindern in die Kathedrale gefliichtet; die heilige Statte wurde 
der Schauplatz eines entsetzlicien Blutbades. Vor den Angen des Großveziers fand 
die Abschlachtung statt. 

Der Überfall gehört zu den schlimmsten Überraschungen, die der Halbmond dem 
Kreuz bereitet hat. Und das schlimmste war, daß die Venezianer diese Tat veranlaßt - 
hatten. Gereizt durch das Bündnis zwischen Lorenzo Magnifico und Ferrante von” 
Neapel, das nach dem Pazzitage geschlossen war, suchte Venedig die Liga dieser 
beiden Machthaber zu schwächen. Es sandte Sebastiano Gritti mit Gefolge — in dem 
sidi bekanntlid auch Gentile Bellini befand — nach dem goldenen Horn, um den 
Sultan zum Einfall in Apulien, d. h. in die Machtsphére des neapolitanischen Königs 
aufzustacheln; nur allzu willig rüstete dieser Türke. Zu gleicher Zeit bot der Dukat 
der Kurie ein militàrishes Bündnis an; ob der venezianische Gesandte Zaccaria 
Barbaro dem Papst Sixtus IV. audı den Türkenplan enthüllt hat, ist fraglich. 


594 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Als die Kunde von dem Blutbad der Tiirken in Otranto sich verbreitete, ging 
ein Schrei des Entsetzens durch das Abendland. Welche Zustände enthüllten sich, 
wenn in demselben Land platonishe Akademien gegründet, Lehrstühle für die 
Deutung Dantes errichtet, die höchsten Kuppeldome zu Gottes Preis errichtet wurden 
und zugleich harmlose Untertanen dem Messer und der Schande türkischer Eindringlinge 
zu Tausenden zum Opfer fielen! Der Papst sah schon den Halbmond vor den Mauern 

_ Roms, zumal Ferrante gewiß den Türken den Weg dorthin nicht verlegen würde. 
Er dachte an Flucht; er fiirchtete für den ganzen Kirchenstaat. In einem flammenden 
Aufruf suchte er die Christenheit zur Erhebung anzufeuern. Der neapler König hat 
sih gewiß nicht durch die Bulle seines Todfeindes bewogen gefühlt, den Türken 
entgegenzutreten. Aber es handelte sich doch schließlich um sein Land, seine Macht 
und um die Gelegenheit, die Venezianer die Macht der Liga fühlen zu lassen. So 
-entschloB er sich, seinen Sohn, den duca di Calabria Alfonso, von Siena abzuberufen 
und ihn gegen die Türken zu schicken. 

Der Befehl des königlichen Vaters traf den kalabreser Herzog schwer, Eben 
hatte er sich in Siena festgesetzt, um hier, wo der Streit der Parteien wütete, sich 
die Herrschaft zu sidiern. Lorenzo Medici hatte dies stillschweigend geschehen lassen 
müssen, da mit diesem Zugeständnis die Freundschaft des Königs Ferdinand erkauft 
war. Enttäuscht zog nun Alfonso nach wenigen Monaten von Siena wieder ab. Der 
Tag seiner Abreise, der 7. August, war für die Toskaner natürlidi ein Fest. Denn 
die drohende Fremdherrschaft blieb so Siena, für den Augenblick wenigstens, erspart. 
Die Freude über diese politische Befreiung spiegelt sich nun auch in der Kunst jener 
Tage; dies gab uns den Anlaß, diese historische Situation knapp darzulegen.') 

Gewiß, auch in Siena empfand man das Blutbad von Otranto als einen Schlag 
ins Gesicht der abendländischen Christenheit. Daneben aber war das Glück über den 

~ Weggang des feindlichen Herzogs zu groß, als daß man sich über die Veranlassung 
dazu nicht gefreut hatte. Die Dombehörde vergab damals gerade das Sgraffitto- 

— pavimento der Querschiffe in Auftrag. Alttestamentliche Heroismen sollten hier zur 
Freiheitsliebe der Bürger sprechen. So war das große Relief der Judithtat vor 
Bethulias Mauern von Antonio Federighi gestochen worden, im gegenüberliegenden 

uerschiff stellte Bastiano di Francesco dar, wie Jephta seine Tochter opferte; 

- Simson schleuderte den Eselkinnbacken gegen die Schädel der Philister in Paolo di 

Martinos Bild. Dann aber springt die Erzählung plötzlich zu Herodes über. Matteo 

di 1482 Giovanni sticht die strage degli innocenti und Benvenuto di Giovanni Guarta fügt 

1484 noch die Vertreibung des Herodes hinzu. (Für die letztere Geschichte ist es 

wichtig zu wissen, daß tatsächlich die Türken 1481 durch Alfonso wieder vertrieben 
worden waren.) 

Wir sehen, die strage auf dem Fußboden in Siena und das Blutbad in 
Otranto stehen in einem ideellen Zusammenhang. Welchen Anlaß hätte man sonst 


1) Das Einzelne ist entnommen: Schulz, Denkmäler in Unteritalien, I. S. 259f., S. 335; 
Sismondi, storia delle republiche italiane (Capolago 1833) Band XI cap. 87 und 88. Marin, 
Sanuto, vite dei Duchi di Venezia Band XXII p. 1213. Vgl. außerdem z. folgd. R. H. Hobart Cust: 
The pavement Masters of Siena. London, Bell 1901 p. 59 ff. 


Sdiubring. Das Blutbad von Otranto in der Malerei des Quattrocento 595 


Abb. 1. MATTEO DI GIOVANNI: 
La strage degli innocenti 


Siena, Dom-Paviment 


in Siena gefunden, mitten unter den heroischen Darstellungen des alten Testaments 
ein nach keiner Seite hin heroisches Gemetzel des neutestamentlichen Kreises einzu- 
fügen? Wir glauben uns in dem Sgraffitto-Bild (Abb. 1) in die Kathedrale von Otranto 
versetzt; auf dem Thron sitzt der türkische Großvezier, türkische Räte mit dem Turban 
stehen neben dem Thron. Der Halbmond fehlt freilich und die Soldaten stecken in 
antiken Rüstungen. 

Ist es Zufall oder Absicht? Der Thron des Pascha wird von drei geflügelter 
putti, die an Desiderio erinnern, gekrönt; auf der cappa des Gebieters sitzt ein weiterer / 
kleinerer putto. Deren heiteres Kindergebaren steht in bösem Gegensatz zu vielem 
Weinen, vielem Schreien der gespießten Kleinen. Ich zähle 25 Kinder und 14 Mütter, 
auf die über 15 Soldaten eindringen. 

Zu dem Ernst, dem Geschrei, der Erregung und dem Geknäuel dieser wütigen 
und sich wehrenden Menschen steht nicht nur die feierlich schöne, reichgeschmiickte 
und hohe Halle, sondern auch der Fries des Sockels und der über den Bogen in 
Gegensatz. Dort sind es Drachen, die mit kleinen Kindern spielen, ohne ihnen weh,” 
zu tun; diese laufen vielmehr lustig an sie heran und wollen auf den langen Schwänzen / 
reiten und balanzieren — ein schönes Symbol kindlicher Sorglosigkeit. Der größere‘ 
obere Fries stellt Kentaurenkämpfe und Satyrszenen aller Art dar, zwischen den 
Figuren öffnen sich kreisrunde Fenster mit neugierigen Zuschauern. Auch diese freie 
lockere Reihe steht zu der strage in argem Kontrast. 

Nicht weniger überraschend, als die Wahl des Motivs ist die des Künstlers, 7 
dem dieses Werk in Auftrag gegeben wurde. Matteo di Giovanni ist ein Kind des __ 
umbrischen Landes, aus Borgo San Sepoloro, wo sein Vater ein einfacher Kaufmann 
war. Alle seine vor 1480 entstandenen Bilder (er ist um 1420 geboren) zeigen den 
sinnigen schlichten stimmungsvollen Vortrag eines durchaus lyrisch gestimmten Künstlers. ` 
Wie Giovanni di Paolo sieht er in Gentile da Fabriano sein ausgesprochenes Vorbild. 


$ 


596 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 2. MATTEO DI GIOVANNI: Siena, S. Agostino 
La strage degli innocenti 


Auch im Alter, 1487, hat er für seine umbrische Heimat noch einen Altar mit der 
Assunta (Sa Maria de’ Servi in Sansepolcro) gemalt, durchaus in der umbrischen 
Grundstimmung. In dem Sgraffittobild des strage degli innocenti sieht der Künstler 
sich nun plötzlich vor eine Aufgabe gestellt, die größer ist als er, da er kein Drama- 
tiker ist. Eine strage — das lehrt Raffaels herrlihe Zeichnung zur Genüge — ist 
nur im Pathos erträglich. Jede andere Vorführung karikiert den Ernst der grauen- 
vollen Stunde. Aber Matteo scheint an dem bizarren Stoff ein besonderes Vergnügen 
empfunden zu haben. Außer diesem Sgraffittobild sind nämlich noch fünf andere Dar- 
stellungen desselben Motivs von Matteos Hand erhalten. Zwei der Tafeln befinden 
sih noch in Siena; in S. Agostino die von 1482, welche also in unmittelbarem 


‚Anschluß an das Sgraffitto gemalt sein muß, in den Servi die spätere von 1491. 


Eine dritte Tafel, (nach 1489, das Datum ist verstümmelt, Frizzonis Annahme 1488 ist 
jedenfalls verfrüht, da die Reliquien erst 1489 nach Sa Caterina a Formello in Neapel 
transportiert wurden) kam aus dieser Kirche in die dortige Pinakothek. Weitere 
Exemplare des Kindermordes befinden sich in Aix (Provence) (Galerie Nr. 138, nach 
Berenson 1491 gemalt) und in München, das letzte, Nr. 1021, eine Kopie nach dem 
Neapler Exemplar. Die Neapler Tafel ist besonders wichtig. Schulz (l. c. p. 260) 


Schubring. Das Blutbad von Otranto in der Malerei des Quattrocento 597 


3. 


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k N 33 l dé 


Abb. A MATTEO DI GIOVANNI: Neapel, Museum 
La strage degli innocenti 


erzählt uns nämlich, daß die Gebeine von 800 bei dem Blutbad enthaupteten Otrantinern,\_ 


nachdem sie 13 Monate unbeerdigt auf dem Minervahügel gelegen, in der Kathedrale 
von Otranto bestattet, dann aber als Reliquien 1489 nach der Kirche Sa Caterina a 
Formello in Neapel transportiert seien. Für diese Kirche malte Matteo di Giovanni 
die dritte strage. Den Auftrag hat vielleicht der Architekt Francesco di Giorgio ver- 
mittelt, der seit 1491 im Dienst Alfonsos in Neapel war und dem Befreier Otrantos 
jedenfalls von der Illustration des Otranter Blutbades auf dem Fußboden des sieneser 
Doms berichtet hat. 

Matteo ist wie gesagt, um 1420 geboren. Er war jedenfalls anno 1480 zu 
alt, um seine künstlerische Formsprache e fondo neu zu gestalten; sah er sich doch 
1482 schon veranlaßt, sein Testament zu machen. Immerhin hat er in jeder dieser 
Strage-Tafeln etwas besonderes zu geben gewußt und sich nicht wiederholt. 


Auf dem Bild in S. Agostino (Abb. 2) sitzt Herodes, ein Türke nach Gentile | 


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598 Monatshefte | für Kunstwissenschaft 


Bellinis Geschmack, rechts seitlich auf dem kostbaren Thron, an dem Marmor-Sphinxen 


. lagern. Ähnliches gab Federighi bei der Seitenbank in der loggia del mercato in Siena. 


Eine hohe Marmorhalle öffnet sich in Arkaden nach hinten; eiserne Gitter halten die 
entsetzten Zuschauer fern, die von der Treppe aus herunterschauen. Tondi mit antiken 
Mythologien zieren die Oberwand; der Fries trägt die Inschrift: HERODES C/ESARIS 
(Jovi?) SOVE DECRETO IUDEO% REX). Die Soldaten sind hier wahre Berserker, 
knodiig, groß, mit riesigen Nasen, sehnigen Armen. Wundervolle Frauen sieht man, 


> in Schönheit und Jammer doppelt rührend; fast alle tragen die üppigsten blonden 


Pa 


Haarwellen. Der Kopf des Mannes im roten Turban, der unter Herodes rechtem 
Arme erscheint, dürfte ein Selbstporträt Matteos sein. 

Das Neapler Bild (Abb. 3) steht dem in S. Agostino am nächsten; vielleicht lautete 
die Bestellung Alfonsos direkt auf eine Wiederholung. Die Architektur der Halle ist in 
der Anordnung, aber nicht in der Dekoration die gleiche. Die Rückwand gestattet den 
Durchblick auf einen antiken Rundtempel, wie er in den Bildern Francesco di Giorgios 


- <_(Verkiindigung und Geburt Christ in der Sieneser Akademie, Benediktpredella in den 


Uffizien) und in dessen Reliefs der Discordia in London, und der Stäupung Christi in 
Perugia immer wieder vorkommt. 

Bei dem Bild in Sa Maria de’ Servi (Abb. 4), hat Matteo den Herodes an die Mitte 
der Rückwand gesetzt, die mit Herkulesreliefs geschmückt ist. Herodes bespricht sich 
hier mit seinen Räten, als wolle er das Unvermeidliche des Blutbades verteidigen. Am 
eindruckvollsten ist die Mutter rechts, die dem Henker das Gesicht mit ihren langen 
Fingern zerkratzt. Die Bambini haben wie auch auf den anderen Bildern kleine 


—Gloriolen; dies bezieht sich auf die Verehrung der Otrantiner Märtyrer als beati, die 


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officiell freilich erst unter Clemens XIV.(1769—74) proklamiert, faktisch aber schon seit 
1481 geübt wurde. 

Ist es nicht seltsam, daß ein umbrischer Künstler, dessen junge Seele von den 
zarten Feierklängen der Kunst Gentiles da Fabriano durchzogen wurde, der dann in 
Siena jahrzehntelang dem feierlichen Kultus der Madonna, im Bilde der Sa Conversa- 
zione und vor allem der Assunta huldigt, daß dieser Künstler, hochbetagt, durch ein 
Ereignis in äußersten Süden seines Vaterlands so stark beeindruckt wurde, daß er 
sich ein Thema aufdrängen läßt, welches ihn fast aus dem Sattel hebt? Denn all der 
antikisierende Dekor und mythologische Zauber, auf den er sich gewiß viel zugute 


tat, all die Schönheit der Frauenköpfe und all der Ausdruck tiefen Jammers kann uns 


nicht entschädigen für den Mangel einheitlicher Bewegung, kraftvoller Aktion, gebändigter 
Komposition. Die wundervolle Assunta, die aus dem Monistero S. Eugenio bei Siena 
in die Londoner National Gallery gekommen ist (Nr. 1155) und das wonnige Frauen- 
terzett Sa Barbara, Sa Maddalena und Sa Caterina in S. Domenico in Siena von 1479 
sind die echten Repräsentanten von Matteos stimmungsvoller Feierkunst. 

Noch ein zweites Moment unterscheidet diese Stragebilder von den sonstigen Tafeln 
Matteos; das ist die Verwendung einer reichen, üppig dekorierten und reich intarsiierten 
Architektur. Die Intarsia des Dompaviments, für das er die erste Strage zeichnete, 
dringt nun in seine Bilder ein. Aber das allein genügt nicht, um diese Phantasie- 
architekturen zu erklären. Matteo tritt vielmehr mit diesen architektonischen Kulissen 


Schubring. Das Blutbad von Otranto in der Malerei des Quattrocento 599 


Abb. 4. MATTEO DI GIOVANNI: Siena, Sta Maria de’ Servi 
La strage degli innocenti 


in die Reihe der Prospektmaler, von denen Siena eine stattliche Zahl aufzuweisen 
hat. Die Freude an der gemalten Prospektarchitektur bestimmt scion die Fresken im 
Pellegrinaio der Scala um 1440; von Domenico di Bartolo und Priamo della Quercia 
lernt der an diesen Fresken mit beteiligte Vecchietta diese Kunst, die er dann auch 
im Tafelbild, der Münchener Antonius-Predella anwendet.') Sein größerer Schüler Fran- 
cesco di Giorgio malt noch entwickeltere Architekturen; sowohl als AbsciluBkulisse wie 
z. B. auf der Benedikt-Predella der Uffizien, als auch zur Belebung des weit sich 
hinstreckenden offenen Hintergrundes, wo gewundene Wege an Rundtempeln und 
antikisierenden Phantasiebauten vorbeiführen.) Diese Architekturen waren es auch, 
welcie mich veranlaßt haben, die Reliefs der Stäupung Christi in Perugia und der 
Discordia in London Francesco zuzuschreiben; *) die Übereinstimmung aller dieser 
gemalten und modellierten Architekturen ist zu groß, als daß sie von verschiedener 
Hand stammen könnten. Luciano Lauranas Architekturbild in Urbino sieht wesentlich 
anders aus in den Einzelformen; aber Francesco di Giorgio war mit Luciano in 


1) Schubring, die Plastik Sienas im Quattrocento S. 102 ff. 
2) ibid. S. 119 und 166 ff. 
3) ibid. S. 186 ff. 


600 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 5. MATTEO DI GIOVANNI: 


È | Florenz, Privatbesitz 
Hieronymus in der Zelle 


Urbino zusammen und er dürfte von dem Dalmatiner in seinem Geschmack an 
Architekturkulissen bestärkt worden sein. | 

Matteo di Giovanni macht sich nun diese Architekturmalerei zu eigen, freilich 
in durchaus selbstandiger Weise. Nur einmal gibt er ein Duett von Rundtempel und 


Sdubring. Das Blutbad von Otranto in der Malerei des Quattrocento 601 


viereckigem Palast als Hintergrundkulisse; es geschieht auf dem Neapler Bild, wo 
diese zwei schönen Marmorbauten über dem eisernen Tor links sichtbar werden. 
Matteo gibt sonst durchweg Innenarchitektur; das Thema des Strage verlangt ja 
das Innere einer Fürstenhalle und für einen Sienesen lag es nahe, solch ein Interieur — 
nach dem unvergleichlidien Muster der sieneser Kathedrale zu gestalten. Freilich sollte 
es eine heidnische Halle sein; daher die viele Mythologie, Sphinxe und Kentauren, 
Ritter und Antiquainschrift. Der reihe Wandschmuck, die Häufung der Bogen, Nischen 
und Profile, die Durchblike in den Nebenraum — all das gibt einen fast drückenden < 
Reichtum, der in Verbindung mit der regellosen Bewegung der Figuren reichlich unruhig 
wirkt. Aber Matteo hat sichtlidi der Szene den Charakter des Aufgepeitsciten auch 

in der lauten Architektur geben wollen. Daß er bei einem andern Stoff die Architektur 
anders behandelte, beweist das schöne Bild des Hieronymus in der Zelle von 1492 
(Abb. 5), die späteste bekannte Tafel Matteos, die der Advokat Cecconi in Florenz 
zur Mostra dell’ antica arte senese 1904 gesandt hatte.") Hier hebt sich die farbige 
große Gestalt des Heiligen, der wohl ein Selbstporträt ist und die gleichen Züge wie 
der Greis neben Herodes auf dem Neapler Bild trägt, von ruhiger dunkler Steinarchi- © 
tektur ab. Diese ist zwar auch lebhaft rhythmisiert, aber monochrom und warm 
in den Schatten. Sicher ist dieser Hieronymus im Gehäuse abhängig von den be- 
kannten Zellenbildern Botticellis und Ghirlandaios in den Ognissanti in Florenz, denen 
wiederum ein niederländisches Vorbild zugrunde liegen muß. Denn der Hieronymus 
der Florentiner Kunst — ich erinnere nur an Leonardos Bild im Vatikan oder an das 
Castagnos Art verratende Fresko in S. Miniato — ist kein bemantelter Stubenhocker, 
sondern der halbnackte Wüstenasket, der im ersten Morgenlicht aus der Felshöhle 
tritt und die Brust sich blutig schlägt. Matteos umbrischer Eigenart mag die Vor- 
stellung des meditierenden und studierenden Greisen sympathischer gewesen sein; er 
war zudem damals selbst schon über 70 Jahre alt. Dem besinnlicien Thema ent- _- 
spricht also die Ruhe der Architektur; alles Aufgepeitschte fehlt. Es ist bezeichnend, 
daß der Künstler hier wieder zu der poetischen Stimmungskraft zurückkehrt, die alle — 
seine früheren Madonnenbilder auszeichnet. Auch von dieser Spätzeit aus betrachtet, 
bleiben die Stragebilder eine Episode, die eben durch außergewöhnliche Vorgänge des _ 
politischen Lebens, nicht durch einen künstlerischen EntsdluB heraufbeschworen wurde. 


1) Katalog Sala XXIV, Nr.6. Die 1,62><1,19 groBe Tafel ist bezeichnet opus Mattei 
Joannis de Senis 1492. Der Katalog gibt irrtümlich 1482 an. 


+ 


Plaue a. d. Havel, die erste Konkurrenzfabrik der 
Meißner Manufaktur und ihre Erzeugnisse 


Von Ernst Zimmermann 


Es ist bekannt, daß im Jahre 1713 in Plaue a. d. Havel durch den preußischen 
Minister von Görne die erste Konkurrenzfabrik gegen die nur 3 Jahre vorher 
gegründete Porzellanmanufaktur zu Meißen angelegt worden ist, die eine ganze Reihe 
von Jahren bestanden hat, freilidi aber, wie man mit Sicherheit wohl sagen kann, 
noch kein Porzellan hergestellt hat, sondern allein jenes eigenartige rote Steinzeug, 
das Böttger in Meißen noc vor dem Porzellan hat herstellen lassen, und zwar so 
ausschließlich, daß die Meißner Manufaktur in ihren ersten drei Jahren noch gar keine 
Porzellan- sondern allein eine Steinzeugfabrik gewesen ist. Er war während dieser 
Zeit mit der fabrikmäßigen Herstellung des technisd so schwer zu bewältigenden 
Porzellans noch nicht zustande gekommen. 

Diese Plauesche Fabrik hat — eben weil sie die erste Konkurrenzfabrik gegen 
die weltberühmte Meißner Manufaktur gewesen ist — immer die Aufmerksamkeit der- 
jenigen erweckt, die sich mit der Frühzeit der letzteren Manufaktur beschäftigt haben. 
Es ist manches veröffentlicht worden,!) was über diese Fabrik interessante Aufschliisse 
gibt. Doch eine wirklich kritische Darstellung alles dessen, was wir wirklich über sie 
wissen, vor allem auch eine begründete Feststellung ihrer Erzeugnisse ist bisher noch 
von keiner Seite aus versucht worden, und so hat es hier manche Lücken und manche 
Irrtümer gegeben, die sonst gar leicht zu vermeiden gewesen wären. Dies soll hier 
nun in möglichst erschöpfender Weise auf Grund z. T. ganz neuen oder auch nur 
wieder aufgefundenen Materials versucht werden.’) 


1) Die erste Nachricht über die Fabrik verdanken wir der kleinen im Jahre 1811 er- 
schienenen Schrift Sybels Nachrichten von dem Städtchen Plaue a. d. Havel, insonderheit von 
der dort angelegten Porzellanmanufaktur, Berlin und Stettin 1811. Sie stützt sich in erster Linie 
auf eine ältere Quelle, das Urbarium des Amtes und Städtlein Plaue von 1560—1750, einen 
handschriftlihen Foliant, verfaßt durch den dortigen Prediger Lösecke, daneben auch stark auf 
reine Tradition. Da aber Tradition immer ein sehr unsicherer Faktor ist, und der Verfasser obiger 
Schrift auch kein weiteres keramisches Verständnis besessen, so konnte seine Darstellung, da sie 
so mandies ganz unglaubwürdiges Keramisches enthielt, schon lange nicht mehr als ein wirklich 
brauchbares Dokument der Wissenschaft gelten, so daB die Geschichte dieser Fabrik dringend nadı 
einer neuen kritischen Darstellung verlangt. Dies ist in den letzten Zeiten von doppelter Seite 
aus geschehen und zwar infolge neuer auf diese Fabrik beziiglicher dokumentarischer Funde. 
Hierbei haben die im königl. sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden unter den Akten der 
Meißner Manufaktur aufgefundenen Dokumente von Seidlitz zu seinem im X. Bd. des Neuen 
Archivs für sachsische Geschichte und Altertumskunde erschienenen Aufsatz über die frühesten 
Nachahmungen des Meißner Porzellans veranlaßt, indes Stieda sich in seinem in den Forschungen 
zur brandenburgischen und preußischen Geschichte veröffentlichten Aufsatz betitelt „Zur Geschichte 
der Porzellanfabrikation in der Mark Brandenburg“ auch auf die Akten des preußischen Handels- 
ministeriums gestützt hat. Beide Arbeiten haben den Mangel, daß sie sih noch nicht des 
gesamten Materials bedient haben, das zur Darstellung dieser Fabrik tatsächlich vorhanden ist. 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 603 


Die Entstehungsgeschicite dieser Fabrik ist diese: Anno 1713 erschien in Berlin 
ein gewisser Samuel Kempe, der aus Dresden kam und vorgab, eine gewisse Methode 
erfunden zu haben, ,mit wenigem Holz eine groBe Hitze zu machen“, weshalb er 
„capabel“ zu sein glaubte, „Sr. könig Majestät in Preußen bey denen Magdeburger 
Saltzwerken besonderer Vorteile zu stiften“. Dieser Kempe war ein ehemaliger Berg- 
mann aus Freiberg in Sachsen, der eines Diebstahls wegen nach Dresden sich gewandt 
hatte, wo ihm Tschirnhausen, der bekannte große sächsische Mathematiker und Physiker 
— wohl wegen seiner bergmännisch-technischen Kenntnisse — in seinem ihm vom 
König von Polen, August dem Starken, zu wissenschaftlihen Untersuchungen zur 
Verfügung gestellten Laboratorium beschäftigte. Als er jedoch nach dessen Tode 


wieder eines Diebstahls überführt ward — er ist aller Wahrscheinlichkeit nach der- 
jenige Arbeiter Tschirnhausens gewesen, der damals mehrere wertvolle Sadıen aus 
dem Nachlasse dieses Mannes zn entwenden suchte!) — war er zwei Jahre „auf 


der Festung“ gefangen gehalten, dann aber, weil seine Gesundheit dort litt, er auch 
starke Reue zeigte, von Böttger, der stets ein gutmütiger Mensch war, in sein Labo- 
ratorium „zur Handarbeit“ aufgenommen worden und hatte dort, wie berichtet wird, 
„allen Schein eines gebesserten und treuen Menschen von sich gegeben“. Dann aber 
zu Beginn des Jahres 1713 — man weiß nicht, aus welchem Grunde — war er bei 
Böttger wieder in Ungnade gefallen und nun auf einmal verschwunden, um bald 
darauf in Berlin zu oben bezeidinetem Zweck wieder aufzutauchen. 

Hier in Berlin hat er zunächst, wie schon aus seinem oben erwähnten Anerbieten 
hervorgeht, gar nicht daran gedacht, eine Konkurrenzfabrik gegen Meißen ins Leben 
zu rufen. Auch gab sich dieser erste Überläufer aus Sachsen ungleich den vielen 
Nachfolgern, die er bald finden sollte, noch nicht als ein Arbeiter Meißens oder 
Böttgers aus. Vielleicht, daß er damals als erster dieser Schar noch nicht recht wußte, 
daß man solche Leute statt auszuliefern, nur mit allen möglichen Mitteln an sich zu 
ketten suchte. Er begnügte sich vielmehr damit, auf seine Ofenverbesserung, die auf 
die Herstellung von sogenannten Sparöfen hinauslief, hinzuweisen, wobei er die Auf- 
merksamkeit des Königs zunächst auf seine Salzbergwerke schon deshalb hinzulenker 


Sie haben weder jenes, freilich damals verschollene Urbarium von Plaue benutzt, dem Sybel 
seine wichtigsten Angaben entnommen hatte, noch ein hoch bedeutendes in der Dresdner Porzellan- 
sammlung vorhandenes Manuskript Steinbrücks des damaligen Inspektors der Meißner Manufaktur, 
in dem er im Jahre 1717 auf mehreren hundert Seiten ein vollständiges Bild der bisherigen 
Tätigkeit Böttgers, des Erfinders des Meißner Porzellans gibt, im Kapitel XXI aber auch ganz 
ausführli von „dem Brandenburgischen porcellain“ und seinen Beziehungen zu Meißen handelt. 
Beide Quellen haben dem Verfasser obigen Aufsatzes zur Hauptgrundlage gedient, nahdem es 
dem unermidlicien Berliner Porzellansammler Dr. von Dallwitz glücklich gelungen ist, das Ur- 
barium im Besitz des Grafen von Königsmarc, des jetzigen Besitzers von Plaue wieder auf- 
zufinden, wodurdı der Verfasser in die erwünschte Lage kam, die Sybelschen Angaben aufs 
genaueste nadikontrollieren zu können. Dazu aber kam, daß der Verfasser jetzt wie oben gezeigt 
werden wird, sih auch imstande glaubte, die Plaueschen Erzeugnisse von den Meißner aufs 
deutlichste trennen und so wirklich das Bild von der Entstehung, der Entwicklung und den 
Leistungen der Fabrik aufs klarste abrunden zu können. Das ist hier oben alles versucht worden. 

1) Vgl. Reinhardt. Beiträge zur Lebensgeschichte von Ehrenfried Walter von Tschirn- 
hausen (Jahresbericht der Fürsten- und Landesschule St. Afra in Meißen) S. 8. 


604 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


suchte, weil gerade damals der Minister-des Königs, der obengenannte Friedrich 
von Görne in dessen Auftrag sich dieser ganz besonders hatte annehmen müssen. Er 
hatte zu diesem Zwecke bereits das Salzbergwerk bei Halle verbessert, in Schönebeck bei 
Magdeburg ein neues angelegt.) So hoffte Kempe auf diesem Gebiet der Industrie 
beim König am leichtesten Gehör zu finden. 

Derartige Projekte, wie sie hier Kempe vorsdilug, lagen damals im Zeitalter 
des Merkantilismus, das zugleich das einer möglichst rationell betriebenen Industrie ge- 
wesen ist, überall in der Luft, ganz besonders aber in dem Kreise um Böttger, der 
gleich seinem Vorgänger Tschirnhausen alle seine Erfindungen und darunter nicht an 
letzter Stelle die des Porzellans gerade aus diesem Gesichtswinkel heraus gemacht hatte. 
Das Brennproblem war aber hierbei immer eins der wichtigsten gewesen und Böttger 
soll auch in der Tat für die damaligen Verhältnisse ganz wunderbare Öfen konstruiert 
haben, die damals den allgemeinsten Beifall fanden und sich ganz wunderbar be- 
währten.‘) Sie sollten jedoch nicht allein zu keramischen, sondern zu allen möglichen 
anderen industriellen Zwecken verwandt werden. Von diesen Dingen mochte Kempe, 
als er unter Böttger arbeitete, wohl einiges aufgeschnappt haben, was er nun zu seinem 
Vorteil hier zu verwerten suchte. | 

Der Minister ließ ihn nun in der Tat Proben vornehmen, die freilich keineswegs 
günstig ausgefallen zu sein scheinen. Dennoch erregte seine Methode Interesse: man 
erkannte, daß seine Feuerungsart „zu einem anderen Berufe dienlich sein könnte“ und, 
als man nun weiter in den Mann drang und hierbei wohl nach dem Ursprung seiner 
Kenntnisse forschend, herausbrachte, daß er mehrere Jahre unter dem Erfinder des 
Porzellans gearbeitet hatte, da erwachte sofort der Gedanke, durch ihn hinter das Ge- 
heimnis des Porzellans zu gelangen, um dann wenn möglich, eine ahnliche Fabrik, 
wie die in Meißen zustande zu bringen, und zwar wollte der Minister dann diese für 
sich selber gründen, in jenem an der Havel gelegenen Städtchen Plaue, das seiner 
Familie schon seit 1620 gehörte und das er durch eine solche industrielle Anlage 
bedeutend zu fördern hoffte. 

Ganz im geheimen, also ganz, wie es vor wenigen Jahren in Dresden ge- 
sciehen war, wurden jetzt nach dieser Richtung hin durch Kempe Versuche gemacht. 
Doch stellte sich hierbei nur zu bald heraus, daß seine Wissenschaft „weder in der 
Feuerung noch in der Preparierung der Massa fundamental“ war, immerhin aber 
doch zu „mehrerem Nachsinnen“ Veranlassung gab, und als daher Görne, nicht gleich 
den Mut verlierend, noch andere ,erfahrene Leute“ herbeizog, da kam man schlieBlich 
doch zum Ziel und fand eine Masse, die der MeiBner zu gleichen schien und auch 
keramisch bearbeitbar war. Die Fabrik konnte daraufhin begriindet werden. 

Doch war diese Masse durchaus nicht die des Porzellans, sondern allein jenes 
roten Steinzeugs, das zuerst in der Meißner Fabrik fabrikmäßig hergestellt worden 
war. Aber freilih dies rote Steinzeug war, namentlich in der Gestalt, die Böttger 


UN — ——_ 


') Vgl. Sybel a. a. O. S. 13. 
*) Vgl. hierüber mein demnächst erscheinendes Werk: Die Anfänge des Meißner Porzellans. 
Berlin 1908. 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 605 


ihm gegeben, ein unverkennbar sehr edles -Produkt, gegeniiber dem Porzellan aber doch 
kein so schwieriges, daB seine Nachbildung damals einen ganz besonderen Triumph 
dargestellt hatte. Produkte aus roter Erde sind mit mehr oder weniger groBem Erfolg 
an vielen Stellen hergestellt worden. Hauptaufgabe war dabei immer nur, ihnen 
eine schöne Farbe und die Festigkeit des Steinzeuges zu geben. Letzteres gelang vor 
allem durch die besondere Zusammensetzung der Masse, die das Vermischen einer 
sih rot brennenden, eisenhaltigen, feuerfesten Erde mit einem im Brande flüssig- 
werdenden Lehm verlangte. Wer aber, wie doch wohl hier, dies Rezept und auch 
die beiden Stoffe scion besaß, für den konnte die Gewinnung einer solchen Masse, selbt 
in der Qualität, wie sie Böttger damals in Meißen erzielte, nicht allzuschwer sein. Von 
diesen beiden Stoffen soll der eisenhaltige Ton damals schon ganz in der Nähe von 
Plaue gefunden worden sein. Dafür spricht vielleicht, daß man sich dort bald rühmte, 
billiger produzieren zu können, als in Meißen, da die Masse viel billiger „als in 
Dresden wäre“. Man brauchte eben dann nicht viel für den Transport derselben zu 
zahlen. Von Meißen ist freilich dieser Vorzug der Plaueschen Fabrik durchaus bestritten 
worden, ja es ist dort geradezu behauptet worden, daß die rote Erde erst aus Sadısen 
nach Plaue hat transportiert werden müssen. 

Die Leitung der Fabrik, die nun auf diese Versuche hin in Plaue begründet 
ward, scheint von Änfang an oder jedenfalls sehr bald darauf ein Maler und Lackierer, 
namens David Pennewitz erhalten zu haben, über dessen Herkunft wir nichts weiteres 
wissen.) Kempe selber jedoch, der eigentlihe Urheber dieser Dinge wandte sich, 
„weil er bei der Fabrik nicht fortkomme“ audi ,Alters wegen ganz kontrakt“ ge- 
worden war, scion nach ein paar Monaten nach dem „Töplitzer Bade“. Er soll dann 
dort nach der einen Überlieferung”) shon nach wenigen Wochen gestorben sein, nach 
einer anderen sich dagegen nach Bayreuth begeben und dort gleichfalls Versuche mit 
der Herstellung einer roten Tonware gemacht haben“) Für die Weiterentwicklung in 
Plaue war er auf alle Fälle ausgeschieden. 

Pennewitz aber ward dann im Jahre 1714 aus einem Leiter der Fabrik ein 
Teilhaber derselben. Am 1. August schloß der Minister mit ihm, damit er noch mehr 
Interesse an der Sache bekäme, einen Sozietätsvertrag ab.‘) Auf Grund dieses er- 
klärte sich der Minister bereit, alle bisher für die Fabrik aufgewandten Kosten allein 
zu tragen, nur sollten die fertigen und unfertigen Waren der Sozietät nach einer bil- 


1) Über Lackarbeiten von ihm im Schlosse zu Plaue, die sich noch heute dort erhalten 
haben, vgl. Sybel a. a. O. S. 16. 

2) Sybel a. a. O. S. 14. 

*) Engelhardt. J. F. Böttger, Erfinder des sächsischen Porzellans. Leipzig, 1837 S. 543, 
Anm. 2. Ist diese Angabe des freilich sonst äußerst unzuverläßlichen Verfassers richtig — Quellen 
für seine Behauptungen führt er leider nie an — dann wäre Kempe wohl auch der Anstifter jener 
bekannten braun glasierten, mit Gold oder Silber bemalten, schwach gebrannten Tonwaren, die, 
obwohl kein Steinzeug, bekanntlich lange genug für eine Abart des Böttgersteinzeugs gehalten 
worden sind, während sie jetzt als sichere Bayreuther Fabrikate festgestellt worden sind. Auf- 
fallend ist jedenfalls, da8 Engelhardt diese Nachricht bringt zu einer Zeit, wo man noch gar 
nicht ahnte, daB solche Gegenstände in Bayreuth gefertigt worden sind. 

4) Dieser Vertrag ist vollständig erhalten in dem oben genannten Urbarium. 


606 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


ligen Taxe zugeschlagen werden. Dagegen sollten beide Teile die von nun an ent- 
stehenden Unkosten gemeinsam tragen, nur freilim Pennewitz noch ein Jahr lang von 
allen Lasten befreit sein. Auch wollte der Minister jenem, wenn aus dem Erlös der 
Fabrik nicht gleich genug Geld zusammenkäme, um die Fabrik fortzuführen, Vor- 
schüsse gegen 6°/, geben. Daneben wird aber Pennewitz gestattet, seine „Profession“ 
d. h. seine Malerei und Lackarbeit weiter zu betreiben, er durfte Gesellen halten, die 
unter seiner Leitung für die Fabrik arbeiten sollten, durfte reisen, wenn auch nicht 
für zu lange Zeit und dergleichen mehr. Kurz, es war ein Vertrag, wie er für ihn nicht 
liberaler geschlossen werden konnte, zumal er für alle diese Vorteile nichts weiter zu 
leisten hatte, als eine Kaution von 100 Thlr. Ja, wenn er selbst diese nicht stellen 
konnte, verlangte man von ihm nichts weiter, als daß er sich durch einen Eid ver- 
pflichtete, „bei dem Werke treu und verschwiegen zu handeln.“ Man sieht, der Mi- 
nister wollte den Meister, der wohl ein erprobter, gewissenhafter Mann war, auf alle 
Fälle bei der Fabrik behalten. 

Bald drang nun aber auch die Kunde von dieser Neugründung nach Dresden, 
ja durch den Bericht des Berliner Gesandten selbst zu den Ohren des Königs von 
Polen, des Begründers der Meißner Manufaktur und erregte hier überall, da sie so 
völlig unerwartet kam, die größte Bestürzung, wohl auch mit vollem Rechte, so- 
bald sich wirklich alles bestätigte, was hier über dies neue Unternehmen gemeldet 
ward. Denn, wenn es bereits jetzt shon mit dem Geheimnis der beiden Erfindungen 
Böttgers vorbei war, jetzt, wo die Meißner Porzellanfabrik selber eben erst anfing, das 
Porzellan und nicht nur das rote Steinzeug fabrikmäßig herzustellen, dann verloren 
sie in der Tat für Sachsen den größten Teil ihres Nutzens, dann war das gehoffte 
Monopol, ja sogar im weniger günstigen Fall, der große Vorsprung, den Meißen 
noch hatte, dahin und viele andere konnten die Zinsen von jenen Kapitalien ziehen, 
die man in Sachsen verbraucht hatte, um jene Erfindungen zu machen und auszu- 
nutzen. Der König sandte daher sofort den Bericht seines Gesandten an Böttger, 
verlangte nähere Aufklärung und fragte vor allem an, ob Böttger jemanden aus der 
Meißner Fabrik entlassen hätte oder ob jemand heimlich aus ihr entwidien wäre. 
Auch bat er seinen Gesandten um weitere Mitteilungen. 

Böttger freilich war weniger aufgeregt, als alle anderen. Er hatte allerdings 
seinerzeit das Entweichen Kempes gar wohl bemerkt, doch, da er ihn nicht für ge- 
fährlich hielt, — er war ja an der Fabrik selber nie beschäftigt gewesen — darauf nicht 
allzuviel acht gegeben. Er hatte deshalb auch gar keine Versuche gemacht, obwohl 
sih scheinbar die Gelegenheit dazu geboten hatte, ihn zurückzubekommen, wahr- 
scheinlidi wohl auch deshalb, weil ihm bei den damaligen Finanznöten seiner Fabrik 
das Geld dazu fehlte. Nun mußte er allerdings in dieser Beziehung seine Meinung be- 
deutend ändern. Aber den Kopf verlor er deshalb noch keineswegs: er begriff als 
praktischer Keramiker sofort, was auf diesem Gebiet ein Vorsprung von Jahren be- 
deutete und war auch auf Grund seiner bisherigen Erfolge nur zu geneigt, anzu- 
nehmen, daß nicht so leicht jemand anders das zu tun vermöchte, was er selber voll- 
bracht hatte. 

Bald jedoch ergab sich für ihn Gelegenheit, die Konkurrenzfabrik und ihre 


+ — | — e — — 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 607 


Leistungen aufs genaueste kennen zu lernen. Es waren Briefe aus Plaue an einen 
der Töpfer der von Böttger gleichfalls begründeten Fayencefabrik in Dresden, namens 
Krumbholz gelangt, der früher an der Meißner Manufaktur gearbeitet hatte und dessen 
Bruder dort noch tätig war, mit der Aufforderung, dorthin doch einige gute Dreher 
und Former zu senden, an denen damals diese Manufaktur genau denselben Mangel 
gehabt zu haben schent, wie anfangs die Meißner. Diese Briefe waren Böttger in 
die Hände gefallen und, da er zunächst darin eine Intrigue gegen sich vermutete, 
an den König weiter gesandt worden. Gleichzeitig jedoch ließ er sie beantworten, 
als ob sie in die richtigen Hände gefallen wären und veranlaßte auch den Inspektor 
der Fayencefabrik im Namen eines Arbeiters Mehihorn, der des Schreibens unkundig 
war, einen Brief abzufassen, in dem dieser nach Plaue zu kommen und dort in die 
Fabrik einzutreten versprach Dieser Mehlhorn, der früher Tischler gewesen, dann 
aber selber, wenn auch gänzlich resultatlos, auf Porzellan laboriert hatte, schließlich 
aber von Böttger in Arbeit genommen worden war, scheint damals eine Zeitlang ein 
Vertrauter Böttgers gewesen zu sein und auch wirklich etwas vom Porzellanmachen 
verstanden zu haben. So schien er der geeignete Mann für diese heikle Aufgabe zu 
sein. Mit seinem Brief zugleich wurden aber als Lockmittel auch mehrere Stücke edh- 
ten Porzellans nach Plaue geschickt, die Mehlhorn als seine eigenen Erzeugnisse aus- 
zugeben hatte. | 

Dieser Spionageversuch Bôttgers gelang gänzlidh. Bald trafen für Mehlhorn 
aus Plaue 20 Thir. zur Reise ein nebst genauen Angaben, wie er sich dorthin mit 
Frau und Kinder begeben sollte und schon im April dieses Jahres reiste er ab, nach- 
dem er auf Ehrenwort und mittelst eidlichen Revers seine Rückkehr, sobald er alles 
genügend ausgekundschaftet hätte, fest zugesagt hatte. Tatsächlich spielte er in Plaue 
seine Rolle so gut, daß niemand etwas von der ganzen Geschichte merkte und er schon 
nad wenigen Tagen so viel erforscht hatte, daß er wieder nach Dresden zurück- 
kehren konnte. Er hatte dort, um gleich das allgemeinste Vertrauen zu erwecken, 
mit dem Minister, wie mit Pennewitz einen Scheinvertrag abgeschlossen, kraft dessen 
er in die Sozietät eintreten, dafür aber die Steinzeugfabrik zur Porzellanmanufaktur 
erweitern wollte. Dieser Vertrag hat sich nodi erhalten,*) er enthält nicht weniger 
als 14 Paragraphen und wirkt heute entschieden belustigend, wenn man sieht, 
was Mehlhorn damals alles anscheinend für die Fabrik zu tun versprach und für was 
er damals alles schon Sorge trug. Wohnung, Brennhaus, alles ward bereits festge- 
stellt. Man konnte die Komödie kaum eifriger durchführen. 

Was Mehlhorn dann aber, nach Dresden zurückgekehrt, dort berichtete, konnte 
kaum als sehr erfreulich gelten: Man kannte dort eigentlich schon alles, auch die Öfen. 
Es fehlte für das rote Steinzeug nur die schwarze Glasur, die Böttger für dasselbe er- 
funden hatte, aus der aber in Meißen immer ein ganz besonderes Geheimnis gemacht 


1) Über diese Reise Mehlhorns nach Plaue berichtet ausführli der in Anm. 1 auf Seite 
genannte Bericht Steinbrücks. Aus ihm geht zum ersten Male klar hervor, was der Zweck der- 
selben war, während bisher ganz allgemein auf Grund nicht vollständiger Dokumente angenommen 
worden ist, daB Mehlhorn damals wirklich in die Fabrik eingetreten wäre. 


*) In dem mehrfach genannten Urbarium. 
40 


608 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


worden war.!) Und dann hatte man, Gott sei Dank, noch keine Ahnung vom Por- 
zellan. Das rote Steinzeug jedoch hatte sich als „ziemlich gut und dem hiesigen nicht 
unähnlich“ erwiesen. In finanzieller Hinsicht jedoch schien Görne durchaus nicht mit 
seinem Unternehmen zufrieden, weshalb er die Sache allem Anscheine nach gern 
wieder los sein wollte. 

In der Tat wurden damals bereits lebhafte Versuche gemacht, beide Fabriken 
miteinander zu verschmelzen, und zwar, wie es scheint, auf Antrieb des Ministers von 
Görne selber, dem damals wohl bereits das Geld auszugehen anfing. Er hatte sich in 
der Tat erboten, die Fabrik für 15000 Thlr. dem König von Polen zu überlassen, 
welche Summe dann aber im Laufe der Verhandlungen auf 12000 Thir. herabgesetzt 
ward. Diese Summe hatte sidi der König dann auch erboten zu zahlen, doch 
nicht aus den von den regulären Kassen seines Landes zu erlangenden Geldern, 
weil diese schon alle ihre „assignierten Orte“ hätten, sondern aus einem „extraordi- 
nären“ Fond, wobei man so naiv war, beim Minister von Görne anzufragen, ob er 
nicht zu diesem Zwecke in kursächsischen Landen „etwas an die Hand zu geben oder 
vorzuschlagen“ wüßte”) Dann aber war auch der Kammerrat Nehmitz, der offizielle 
Direktor der Meißner Manufaktur — Böttger selber war ja dem Titel nach nur Admi- 
nistrator derselben — mit dem Minister in Verbindung getreten. Er war sogar nach 
Plaue hiniibergereist. Sein Vorschlag gipfelte darin, daß dem Minister alle seine Vor- 
schüsse ersetzt werden, dafür aber seine Arbeiter in sächsisch-polnische Pflicht ge- 
nommen werden sollten, ein ebenso seltsamer, als kostspieliger Vorschlag, der darum 
auch gar nicht den Beifall Böttgers fand. Vielmehr suchte dieser in einem weitläufigen 
Berichte an den König vom 19. Juni dieses Jahres zu bedenken zu geben, daß es mit 
der Plaueschen Fabrik finanziell in keiner Weise gut stände, daß ihre Erzeugnisse, 
(von denen damals zwei bereits in seine Hände gelangt waren) sich gar nicht mit 
denen Meißens vergleichen könnten, und daß der Minister allem Anschein nach nichts 
weiter wolle, als entweder seine in das Unternehmen bereits gesteckten Gelder wieder 
heraus zu haben oder durdı den Beistand Sachsens seine Fabrik zu verbessern, wo- 
bei es sih dann nur zu leicht ereignen könne, daß, wenn sie verbessert wäre, sie, 
da in einem fremden Lande gelegen, sich nur zu leicht von der Meißner wieder lösen 
könnte. Damit aber hätte man sich eine Konkurrenzanstalt mit seinem eigenen Gelde 
groß gezogen. 

Diese Ansicht Böttgers drang völlig durch und damit war diese Angelegenheit 
erledigt. Von einer Vereinigung beider Fabriken ist dann auch kaum wieder die Rede 
gewesen, und die ganze weitere Entwicklung der Plaueschen Fabrik hat Böttger völlig 
Recht gegeben. In der Tat waren damals die Verhältnisse der jungen Fabrik sehr 
wenig erfreuliti. Weit mehr als zehntausend Taler hatte der Minister bis zum 
Jahre 1715 schon in dieselbe hineingesteckt, ohne bisher auch nur den geringsten Ge- 
winn gehabt zu haben, und nicht mehr als 50 polierte Stücke hatte ein Berliner Kauf- 
mann, der Böttger hierüber Bericht abstattete, vorgefunden, die meistens „schwer, 


1) Böttger, sowohl wie Dr. Nehmitz, der diesen Teil der Arcana der Meißner Fabrik unter 
Sich hatte, hielten die Materialien dazu lange Zeit unter Verschluß. 


> 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 609 


Abb. 1. Zuckerdose in geschliffenem Böttgersteinzeug (rechts) mit ihrer Nachbildung in 
Plaueschem Steinzeuge Porzellansammlung, Dresden 


plump und unfaconnirlih“ wären. Man könnte dem Geschirr überhaupt, so berichtete 
er weiter, weder „Lüster noch Leichtigkeit“ geben, ja die allermeisten Stücke konnten, 
wohl weil die Masse schlecht komponiert oder die Öfen zu primitiv waren, gar nicht 
festgebrannt und darum auch nicht geschliffen werden. Ja, die Masse soll damals nicht 
einmal eine Mischung, sondern nur eine „simple, rote“ Erde gewesen sein, die sie 
noch dazu, wie bereits erwähnt, aus Sachsen über Halle herbeiholen mußten. Diese 
Materie aber hatte die Eigenschaft, daß sie sich weder recht fest brennen, noch fein 
und zart drehen oder schleifen ließe. Daneben aber scheint man damals doch merk- 
würdigerweise auch Versuche mit einem „weißen“ oder „blauen“ keramischen Produkte 
gemacht zu haben, das man nach der Sitte der Zeit als „weißes oder blaues Porzellan“ 
bezeichnete. Es kann aber unter diesem Produkte im günstigsten Falle doch nur eine 
Fayence mit weißer oder blaulicher Zinnglasur verstanden werden, da, wenn man 
hier damals wirklich das Geheimnis des echten Porzellans besessen und solches sogar 
schon fabriziert hätte, dies sicherlih damals doch größeres Aufsehen erregt hätte und 
namentlich in Meißen und Dresden ebenso bekannt geworden wäre, wie bald darauf 
die Fabrikation von Porzellan in der im Jahre 1719 durch einen Meißner Überläufer ` 
begründeten Porzellanmanufaktur in Wien. Auf alle Fälle jedoch waren diese etwas 
rätselhaften keramischen Produkte damals noch sehr im Stadium des Versuches, und 
scheinen auch über dieses, da man später über sie gar nichts wieder hört, auch kaum 
hinausgekommen zu sein. 


Doch auch der kaufmännische Betrieb muß damals demselben Berichterstatter 
zufolge sehr klein gewesen sein, so klein, daß des Ministers eigene Frau und Töchter 
in Berlin ,gleich Kaufdienern“ jedem Interessenten die Ware in der Schürze aus der 
Vorratskammer in des Ministers eigenem Hause herabgetragen oder jene zu dieser 
heraufgeführt haben. Auch hatte man dem Kaufmann, der Böttger alles dies damals 
berichtete, nachdem man ihm vorgeblich einige Stücke zu verkaufen gesucht hatte, nadh- 
traglih doch nodi zwei derselben durch seine Frau auf die Leipziger Ostermesse dieses 


610 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Jahres nachgesandt, damit er doch wenigstens einige Proben dort vorzeigen könnte. 
Zur Michaelismesse war man dann freilich schon etwas weiter. Man konnte damals 
die Messe bereits mit etwa 60 Stück beziehen. Böttger selber reiste damals mit dem 
Inspektor der Meißner Manufaktur Steinbrück hinüber, um sie in Augenschein zu 
nehmen. Er blieb aber bei seinem früheren Urteil bestehen, nämlich, daß sie alle sehr 
„schwer und unfaconnirlih“ wären, weshalb sie allgemein „schlechten Goust“ erweckt 
hätten. Auch wäre aus allen den Stücken kein Sortiment zu machen und nichts in 
halben oder ganzen Dutzenden zu haben gewesen. Aus diesem Grunde hätte auch 
der „Berlinishe Kaufmann, der mit Porzellan handelt“, nichts davon zum Verkauf 
übernommen. Zwölf der Stücke wurden indessen damals angekauft, um sie dem 
Könige von Polen vorzulegen, der sie, wie von Plaue aus berichtet wird, den Meißner 
Arbeiten gleich befunden haben soll, nur daß sie nicht so sauber gearbeitet und nicht 
so fleißig ,bossiert“ wären. Merkwürdigerweise hielt der König damals die Stücke für 
wohlfeiler, als die seiner eigenen Fabrik, während Böttger und Steinbrück beständig 
das Gegenteil behaupteten. Er scheint auch noch einmal ernstlich daran gedacht zu 
haben, sich mit Herrn von Görne betreffs seiner Fabrik ins Einvernehmen zu setzen, 
zumal damals infolge des Aufkommens des nun seit zwei Jahren fabrikmäßig in 
Meißen hergestellten Porzellans audı der Abgang des Meißner Steinzeugs bedeutend 
nadilieB. Doch hört man dann weiter nichts davon. 

Dann aber scheint die Produktion in Plaue dodı so gestiegen zu sein, daß man 
den Absatz der erzeugten Waren an mehreren Stellen versuchen konnte Es wurden 
Niederlagen in Braunschweig, Bautzen (?), Zerbst, Breslau, Magdeburg, Hamburg, 
Kassel, Danzig, Königsberg und anderen Orten angelegt und auf diese Weise z. B. 
im Jahre 1718 für mehr als 3084 Thir. Waren, freilidi nur kommissionsweise ver- 
schickt. In Berlin selber wurden die Erzeugnisse im „Senftischen Glasladen“ in der 
Breitenstraße feilgehalten. Betreffs der Preise wurde, damit sich kein Käufer über- 
vorteilt glaubte, bestimmt, daß in Berlin in diesem Laden ein Buch gehalten werden 
sollte, daraus die Käufer selber den Preis der einzelnen Stücke nach den diesen ge- 
gebenen Nummern ersehen konnten. Jedes Modell hatte demnach seine eigene Num- 
mer, wie es später auch im Porzellan üblih war. Von den einmal festgesetzten 
Preisen aber durfte nichts abgelassen werden, außer bei größeren Bezügen. Nur sollte, 
was nach England oder Holland ginge, franko bis Hamburg, was nach Danzig oder 
Königsberg geschickt wurde, aber franko bis ans Ziel geliefert werden. 

Trotz aller dieser Vorkehrungen scheint jedoch der Absatz der Erzeugnisse 
in keiner Weise den Erwartungen Görnes entsprodien zu haben. Noch im Jahre 1716 
versicherten der Berlinische und auch ein Magdeburger Kaufmann dem Inspektor Stein- 
brück, daß ihnen „das Plauesche“ zwar „angeboten“ würde, daß sie es aber nidıt „ver- 
langten“, ja der Minister soll damals in seiner Verzweiflung sogar so weit gegangen 
sein, daß er versuchte, jenen unter Mißbrauch seiner amtlichen Gewalt zur Abnahme 
seiner Waren zu zwingen, was ihm aber, da es „wider die Handelsfreiheit“ gewesen, 
doch nicht gelungen sei. Nur wenige Jahre, am Ausgang des Jahres 1719 glaubte 
daher Böttger behaupten zu dürfen, daß die „brandenburgische Fabrik“ bereits „in 
sich zergangen“ wäre, wohl auch schon, weil er damals 2 Arbeiter bei sich anstellte, 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 611 


Abb. 2. Plauesches Steinzeug, geschliffen und geschnitten 


O Kunstgewerbemuseum, Berlin 


die aus der Plaueschen Fabrik zu ihm gekommen waren. Doch war diese Annahme 
nodi etwas verfrüht. Denn noch im folgenden Jahre schloß Görne, freilich wohl 
infolge des bisherigen schlechten Fortganges der Fabrik mit Pennewitz einen neuen 
Vertrag ab, nach welchem er ihm „das Fabrikhaus zu Plaue“ nun ganz überließ. 
Zehn Jahre hat dann Pennewitz die Fabrik in der Tat noch weiter geleitet, bis er vom 
König Friedrich Wilhelm I. als Kastellan nach Potsdam berufen wurde. Da- 
mit war seine Tätigkeit für die Fabrik zu Ende. Am 9. April 1730 fand zwiscen 
ihm und dem Minister eine Abrechnung statt, die ersteren verpflicitete 491 Taler an 
letzteren in bestimmten Terminen zu zahlen. Und noc einmal beklagte sich damals 
der Minister, daß der Absatz seiner Ware so gering wäre, daß er in keiner Weise 
auf seine Kosten käme, da hingegen die ,Dresdensche Fabrik“ doch „so hodh“ ge- 
stiegen sei, durch welche Außerung er aufs deutlichste bekundete, daß ihm sein Plan 
für diese eine Konkurrenzanstalt zu schaffen, nicht gelungen war. Doch darf man zur 
richtigen Einschätzung dieses MiBerfolges nicht ganz vergessen, daß eben damals auch in 
Meißen das rote Steinzeug, weil völlig unverkäuflich, nicht mehr hergestellt worden ist. 
Die Fabrikation desselben hatte mit Böttgers Tode im Jahre 1719 völlig aufgehòrt.!) In 
dieser Beziehung hatten also beide Fabriken dasselbe Schicksal erlitten, so daß nicht an 
der Anlage der Plaueschen Fabrik allein damals der Mißerfolg gelegen hat. 

Wie lange jedoch dann ooch in Plaue die Fabrik bestand, läßt sich mit Be- 
stimmtheit nicht angeben. Auf alle Fälle ging sie noch vor dem Jahre 1740 ein, wo- 
fern es wahr ist, was nur etwa ein Jahrzehnt später berichtet wird, daß bei ihrem 
Erlöschen?) der König Friedrich Wilhelm I. einen Teil des noch im Berliner Laden 
befindlichen Vorrats aufkaufte, um ihn dem Zaren Peter Il., der diese Ware sehr 
geschätzt haben soll, zu verehren, indes der Rest vom damaligen Kronprinzen, dem 
späteren Friedrich dem Großen erworben ward, der früher mehrfach die Fabrik in 
Augenschein genommen hatte. 


1) Diese Verhandlungen finden sich wieder im Urbarium. 
2) So berichtet Sybel a. a. O. S. 28 nach Bekmanns Historisher Beschreibung der Kur 
und Mark Brandenburg. 


612 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Trotz alledem scheint die Fabrik doch schließlidi noch ziemlich leistungsfähig 
geworden zu sein. Ihr Hauptprodukt ist freilich immer das rote Steinzeug ge- 
blieben, von dem man alle Niiancen kannte, die man in MeiBen besaB, je nach der 
Stärke des Brandes das hellbraune, das dunkelbraune und das eigentlich schon über- 
glühte schwarze. Die Masse desselben soll, gerade wie das Böttgersteinzeug, einem 
„feinen Stein“ ganz ähnlich und so dicht und fest gewesen sein, daß man Stücke 
davon zu Feuersteinen verwenden konnte, aus denen man mit Stahl Feuer schlagen 
konnte. Aus dieser Masse wurden Tee-, Kaffee- und Schokoladengesdirre, Kannen, 
Becher, Kriigelcien, Spülnäpfe und große Näpfe, Butterbiichsen, Schüsseln, Teller, Auf- 
sätze, kleine Vasen, Teekessel, Becken, Konfektschalen, Kochgeschirr, auch Blumentöpfe, 
kurz alles, was man, wie man sich damals ausdrückte „aus Ost-Indien oder von 
Holländischem Porcellain“ machen und bekommen konnte, angefertigt. Im Schlosse zu 
Plaue selber sollen mit derartigen Erzeugnissen nicht nur die Zimmer ausgeschmückt 
gewesen sein, sondern auch im Vorhof und Garten große Vasen und Blumenkörbe 
gestanden haben, auch an den Markttagen des Ortes und bei festlicien Gelegenheiten 
auf der zweiunddreiBigjochigen Brücke, die über die Havel führte, „in zwiefacher 
Reihe d. h. wohl auf beiden Seiten derselben mächtige Kübel mit Orangenbäumen 
aufgestellt gewesen sein, was freilich nicht so ohne weiteres glaubhaft erscheint, da 
derartig große Stücke in diesem Material damals doch nicht so leicht zu brennen 
waren und deshalb damals nicht einmal in Meißen gebrannt worden sind.) Verziert 
aber wurden die Gegenstände ganz wie die Meißner, durch Schliff und Schnitt, dann 
durch Malerei. Besonders gerühmt wurden „goldene Blumen und Ranken“, die ein- 
gebrannt wurden.*) 


Zur Fabrikation dieser Erzeugnisse scheint Görne mehrere Gebäude errichtet zu 
haben, auch hatte er Maschinen zur Präparierung der Masse, zu ihrer Formung und 
zum Schleifen aufstellen lassen. Die Zahl der hierbei beschäftigten Arbeiter war 
relativ groß, sie übertraf fast die der Meißner Manufaktur der Böttgerschen Zeit; doch 
kam sie nicht über 34 hinaus. Darunter sollen sehr „habile“ Leute gewesen sein. 
Alle waren sie in Eid genommen, daß sie niemandem etwas von den ihnen zugäng- 
lihen Geheimnissen verrieten. Der ganze Betrieb in Plaue scheint damals, wo es noch 
nicht allzuviele Fabriken gab, eine gewisse Sehenswürdigkeit gewesen zu sein. 
Darauf lassen scion die erwähnten Besuche des Kronprinzen schließen. Auch hatte 
sie bereits im Jahre 1716 Peter der Große auf seiner zweiten Studienreise durch 
Europa besucht und dort angeblich ein vollständiges Tafelservice bestellt mit seinem 
stark vergoldeten Wappen, das sehr gut ausgefallen sein soll, welch letztere Nachricht 
freilich wiederum mit einiger Vorsicht aufzunehmen ist, da doch nach allen anderen 
Berichten die Manufaktur damals im Jahre 1716 sich noch keineswegs als so leistungs- 
fähig erwies, um so bedeutende und schwierige Aufträge wie diesen zur vollen 


1) Diese Angaben Sybels können nur auf mündlicher Tradition beruhen und sind dem- 
gemäß einzuschätzen, da die von ihm benutzten Quellen nichts davon zu erzählen wissen. 

?) Hierin scheint sich Plaue Meißen überlegen gezeigt zu haben, da am Böttgersteinzeug 
Gold sich, so viel ich gesehen, nie eingebrannt, sondern nur als Lackfarbe findet. 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 613 


Zufriedenheit auszufiihren. Es ist eben damals im Zeitalter der Porzellanbereitung 
auf dem Gebiet der Keramik vielfach aufgeschnitten worden, und oft genug hierbei der 
Wunsch an die Stelle der Tat getreten. Das darf bei der Darstellung der Geschichte 


der Keramik dieser Zeit nie vergessen werden. 


* * 
* 


Wie steht es nun heute mit den Erzeugnissen der Plaueschen Fabrik? Haben 
Sich solche bis auf unsere Zeiten erhalten, so deutlich und klar, daß wir sie mit aller 
Sicherheit als solche noch ansprechen können, daß wir überhaupt einen Begriff davon 
bekommen, was da- Städtchen Plaue und 
mals wirklich in. seine keramische An- 
Plaue in keramischer stalt verdanken, die 
Beziehung geleistet Erzeugnisse dieser 
worden ist, und wie Fabrik’), die aber da- 
weit man vor allem mals schon so sehr 
damals die Böttger- zu den Seltenheiten 
schen Vorbilder, die gehörten, daß er 
man hat nachahmen eigentlich nur nodi 
wollen, erreicht hat? „in einzelnen Wohn- 

In dieser Be- sitzen des benach- 
ziehung muß gesagt barten Adels, welche 
werden: bezeichnete sih ooch nicht den 
oder sonst irgend- modernen Umwand- 
wie sicher beglau- lungen unterziehen 
bigte Stücke dieser mußten“ einige we- 
Fabrik haben sich nige Stücke hatte 
leider nirgends vor- auftreiben können. 
gefunden. Nur noch Doch glücte es ihm 
auf Grund der Tra- nodi, mehrere der- 


dition kannte Sybel, Abb. A Plauesches Steinzeug geschliffen und selben für sich zu 
dem wir aus dem emailliert o gewinnen, vor allen 
Jahre 1811 die ersten O Kunstgewerbemuseum, Berlin von den Nadıkom- 
Nachrichten über das men der Familie von 


Görne selber, die er in seiner Schrift dann beschrieben hat. Von diesen schenkte er zwei, 
eine braune Vase und eine „übersilberte“ Figur der keramischen Sammlung der Berliner 
Porzellanmanufaktur, die aber beide heute in dieser Sammlung nicht mehr auf- 
zufinden sind. Auch in Plaue hat sich heute leider so gut, wie nichts erhalten, was 
nodi Zeugnis von der einstigen keramischen Tätigkeit hier abgeben könnte. Über 
diesen Ort ist bald nach des Ministers Tode ein eigenartiger Sturm hinweggegangen.?) 


1) Sybel a. a. O. S. 30. 

3) Sybel a. a. O. S. 31. 

3) Vgl. Fontane, fünf Schlösser, Altes und Neues aus Mark Brandenburg. Berlin 1889, 
S. 124. Erhalten haben sich an Kunstwerken aus dieser Zeit im SchioB zu Plaue nur das von 
Sybel S. 16 bereits erwähnte Zimmer mit Chinoiserien, sowie zwei plumpe Pagoden aus einer 


614 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Er kam mit samt dem Schlosse 1765 in die Hände eines gewissen Wilhelm von Anhalt, 
eines natürlidhen Sohnes eines Anhaltischen Prinzen, der, als ein höchst seltsamer, 
verschroben, eigenwilliger und gewältiger Mensch, alles tat, um das in Plaue zu 
vernichten, was Görne dort mit vieler Mühe und in der edelsten Absicht angelegt 
hatte. Völlig sinnlos soll er in diesem Orte gehaust haben und hierbei auch alles, 
was von Erzeugnissen der Görnesche Fabrik noch im Schlosse vorhanden war, in die 
Havel geworfen haben. Ein schlimmeres Schicksal konnte Plaue in der Tat damals 
nicht wiederfahren, der Minister von Görne keinen fremdartigeren Nachfolger finden. 

So bleibt zur Bestimmung dieser Produkte nur noch die Vermutung, die Kom- 
bination, die Stilkritik übrig. Aber wenn die Resultate, die diese ergeben, sich dann 
mit dem vereinigen, was uns über sie, wie oben gezeigt, aus der Zeit ihres Ent- 
Stebens glaubwürdig überliefert worden ist, dann lassen sich doch wohl mit einiger 
Sicherheit die Plaueschen Produkte als solche feststellen, dann lassen sie sich doch 
wohl von dem großen Bestande des Böttgersteinzeugs trennen, unter dem sie bis 
jetzt notwendiger Weise ganz haben verschwinden müssen. 

Diese Bestimmung kann ausgehen von einem Stück der königl. Porzellan- 
sammlung zu Dresden, das in dieselbe vor einigen Jahren als Böttgersteinzeug ein- 
gezogen ist, und beruht auf einer ganz einfachen, an sich sehr naheliegenden Über- 
legung. Das Stück ist eine hier in Abbildung 1 gegebene Zuckerdose aus rotem 
Steinzeug mit mehrfacher Profilierung, deren Grundform auf ein in der Barockzeit sehr 
beliebtes Modell der Goldschmiedekunst zurückgeht und um diese Zeit auch in der 
Keramik recht häufig verwandt worden ist. Es ist technisch — das läßt schon die 
Abbildung erkennen — sehr wenig sauber gearbeitet; aber auch die Masse ist unrein, 
dafür ist es jedoch um so reicher mittelst des Schnittes und des Schliffs dekoriert, ja es 
ist sogar bemalt. Es besteht so an ihm ein merkwürdiger Gegensatz zwischen Technik 
und Kunst. Ganz dieselbe Grundform findet sich aber auch in dem als solches völlig 
gesicherten Böttgersteinzeug: sie ist sogar die typische Form der Zuckerdose in diesem, 
wie dann auch im Böttgerporzellan. Doch ist sie stets etwas kleiner, die Profilierung 
aber viel reicher, in den Einzelheiten jedoch ganz abweichend. Technisch zeigt sie 
die ganze Vollendung der Mache, die das Böttgersteinzeug immer ausgezeichnet hat. 
Sie übertrifft so in dieser Hinsicht bei weitem die zuerst genannte. 

Nun aber ist die Zuckerdose in Bôttgersteinzeug mittelst einer Form herge- 
stellt und zwar wahrscheinlich, wie es damals in Meißen üblidı gewesen ist, in einer 
aus Silber oder Kupfer getriebenen. Warum aber soll man da, wo man eine soldie 
Form, aus der man beliebig viele Stücke herausformen konnte, besaß, warum soll 
man da, so erhebt sich hier gleich in Frage, freihändig — so ist die erste Dose un- 


Fayenceartigen schmutzigen Masse, die mit den oben erwähnten Versuchen mit „weißem und 
blauem Porzellan“ Zusammenhang haben mögen. In Plaue selber haben sich bisher nur zwei 
Steinzeugscherben gefunden, die aus der Erde ausgegraben worden sind, aber zu wenig 
charakteristisch in Masse, wie Form sind (Ornamente zeigen sie leider gar nicht) um irgend- 
welche Anhaltspunkte für die Erzeugnisse von Plaue zu geben. Ich verdanke übrigens auch diese 
Tatsachen Herrn Dr. v. Dallwitz, in Berlin, der Plaue nach dieser Richtung hin eingehend unter- 
sucht hat. 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 615 


verkennbar hergestellt worden — eine ganz ähnliche und fast gleich große Dose her- 
gestellt und diese sogar, nach dem sie ersichtlich plump und ungeschickt ausfiel, noch 
geschliffen und aufs reichste dekoriert haben. Ein solches Beginnen erscheint inner- 
halb einer und derselben Fabrik als völlig sinnlos, es kann keinen praktischen Grund 
geben, der ein solches motivieren könnte und so erscheint es undenkbar, daß jene erste 


Zuckerdose auch ein Und nun wird 
MeiBner Fabrikat ge- man nicht vergessen, 
wesen ist. was zu Böttgers Leb- 


zeiten immer überdie 
Erzeugnisse Plaues 
geurteilt worden ist, 
was auch durch obi- 
ges Stück bereits 
seine volle Bestä- 
tigung gefunden hat, 
nämlid daß sie 
„plump und schwer 
und unfaconnirlich“ 
waren und keinen 
rechten „goust“ zeig- 
ten, und wenn man 
dann weiter auf For- 
men achtet, die völlig 
fremd unter dem ge- 
sicherten Böttger- 
steinzeug und dem 
Böttgerporzellan, das 
von jenem ja fast 
seine sämtlichen For- 


Dann aber 
bleibt als Herstel- 
lungsort nur Plaue 
übrig, denn nur in 
MeiBen und an die- 
sem Ort ist damals 
ein festes rotes Stein- 
zeug geschaffen wor- 
den, das geschliffen 
und geschnitten wer- 
den konnte und nur 
in Plaue hat man, 
um der Meißner Fa- 
brik Konkurrenz zu 
machen, damals Ver- 
anlassung gehabt, 
Sich audi an ihre 
Formen zu halten. 
Damit aber wäre das 
erste Erzeugnis die- 
ser Fabrik festgestellt 
und die Kritik kann men entlehnt hat, er- 
nun mit Hilfe dieses scheinen, dann wird 


weiter ihre Sichtung Abb. 4. Deckelvase, zum Teil geschliffen, rotes Man bald auf eine 


unter dem übrigen Steinzeug von Plaue o ganze Reihe von Ge- 
Böttgersteinzeugs a Gotha, herzogl. Museum  genständen stoßen, 
vornehmen. bei denen alle diese 


Eigentümlichkeiten zugleich oder fast zugleich auftreten und die durch diese Ver- 
einigung gänzlich fremdartig unter dem beglaubigten Böltgersteinzeug erscheinen: in 
ihnen aber dürften wir dann ohne Zweifel Plauesche Produkte besitzen, und zwar be- 
sonders charakteristische, die dann zu weiteren Erkennungen weniger charakteristischer 
führen und ihre Zahl bedeutend vermehren können. 

Ein großer Teil der vom Verfasser auf diese Weise festgestellten Erzeugnisse 
ist hier in Abbildungen gegeben. Sie befinden sich in der Dresdner Porzellan- 
sammlung, im Berliner Kunstgewerbemuseum und im herzoglihen Museum zu 


616 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Gotha.') Hierbei dürfte es von großer Wichtigkeit sein, daß die im Berliner Kunstgewerbe- 
museum befindlichen sämtlich der alten preußischen Kunstkammer angehörten, also aus altem 
königl. preußischen Besitze stammen. Es können daher gar wohl Stücke sein, die der 
Minister einst seinem Könige geschenkt oder dieser von jenem gekauft hat; sie können 
jedoch auch aus dem Besitz des Kronprinzen Friedrich stammen, der, wie oben be- 
richtet, einst einen Teil des Nachlasses der Fabrik für sich angekauft haben soll. Auf 
alle Fälle rücken schon durch diesen Ursprung diese Stücke der Plaueschen Fabrik 
nahe genug, und auch das ist nicht ohne Wichtigkeit, daß eins dieser Stücke, die in 
Abbildung 5 wiedergegebene Kanne mit dem Papagei durchaus der Beschreibung ent- 
spricht, die Sybel einst von einem der in seinem Besitz befindlichen vermeintlichen 
Plaueschen Stücken gegeben hat. Diese Tatsachen müssen alle bekräftigend wirken. 

Was aber ergibt sich nun auf Grund dieses und des nicht abgebildeten Mate- 
rials als charakteristisch für das Plauesche Fabrikat und welche Ejigentiimlichkeiten 
können als weitere Bestimmungsmittel für dasselbe gelten? 

Zunächst die Masse! Sie ist fast immer unrein; durchaus charakteristisch sind 
hellere, gelbe Partien, oft von ziemlicher Ausdehnung, die auf dem Boden der Gefäße 
meistens am deutlichsten sichtbar sind. Die Masse wirkt dadurch fast immer scheckig. 
Allerdings zeigt auch die Masse des Bôttgersteinzeugs, wenn auch weit seltener, eine 
gewisse Fleckigkeit, aber sie ist weit weniger auffällig, sie hat etwas Beabsichtigtes, 
weil sie Marmorierung vortäuschen soll, und vor allem, bei letzterer stehen dunkle 
Flecke auf hellem Grund, und nicht wie in Plaue, umgekehrt. Eine Verwechslung ist 
in dieser Beziehung für jemand, der beide Arten einmal gesehen, kaum möglich. 

Von den drei verschiedenen obenerwähnten Tönungen der Masse, die diese 
mit der des Böttgersteinzeugs gemeinsam gehabt haben soll, hat sich bisher, gerade 
wie auch beim Böttgersteinzeug, die dunkelbraune am häufigsten gefunden, die über- 
hitzte, schwarze dagegen noch gar nicht. Wahrscheinlich aber hat man hier auch die 
richtige Marmorierung d. h. das Zusammensetzen der Masse aus verschieden getönten 
Tonarten gekannt, wie es gleichfalls bisweilen in Meißen geübt worden ist. Wenig- 
stens hat sich eine große derartige Dose, die wie eine Vergrößerung der in Abb. 1 
gegebenen Zuckerdose aussieht, im Berliner Kunstgewerbemuseum erhalten, die alle 
die hier erwähnten Eigenarten der Plaueschen Fabrikate aufweist. 

Weiter fällt dann an der Masse auf, daß ihr so oft der innere Zusammenhang 
fehlt, daß sie nicht völlig homogen gewesen sein kann. An Stücken, die geschliffen 
worden sind, entdeckt man an der Oberfläche oft kleine unregelmäßige Locher, als 
hätte das schleifende Rad bisweilen kleine nicht ganz festgebrannte Stücke mit heraus- 
gerissen. Man findet derartige Mängel am Böttgersteinzeuge niemals. Mehrfach, z. B. 
schon an der hier abgebildeten Zuckerdose sind auch kleine seltsame Ausbeulungen 
entstanden, als hätte sich an diesen Stellen in der Masse noch Luft befunden, die sich 


1) Außer den hier abgebildeten hat der Verfasser noch einige andere Stücke im Berliner 
Kunstgewerbemuseum festgestellt, ferner eine kürzlich erworbene ,gemuschelte“ Kanne, sowie 
das Brudhstiick eines Gefäßes, das eine gewisse Ähnlichkeit hat mit dem der Abb. 4, beide in 
der Dresdner Porzellansammlung, schließlich ein Bierseidel mit aufgesetztem preuBishen Wappen 
im Hohenzollernmuseum zu Berlin. 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 617 


dann in der Glut des Brennofens ausgedehnt und die Masse nach außen getrieben 
hat. Auch derartige Erscheinungen finden sich nicht im Böttgersteinzeug. Beide 
Mängel aber beweisen, daß die in Plaue verwandte Masse nicht entfernt so gut, 
oder wenigstens nicht so sorgfältig durchgearbeitet war, wie die in Meißen. 

Ganz erstaunlich aber erscheint dann die Plumpheit und Unsauberkeit der Ge- 
staltung der Gefäße, die allerdings in keinem stärkeren Gegensatz zu der ebenso er- 
staunlichen Delikatesse und Sauberkeit der Böttgerschen Arbeiten von Anfang an, so- 
wohl im Steinzeug, wie im Porzellan treten konnte. Kein Stück, das auf der Drehscheibe 
gearbeitet worden ist, ist wirklich glatt und sauber aufgedreht worden! Die Oberflache 
ist wellig, selbst kantig, die angesetzten Henkel und Ausgüsse erscheinen nicht scharf 
von den Wandungen winnen, der dann 
abgesetzt, der Fuß zur Entsendung 
am Boden ist viel- Mehlhorns geführt 
fah gehoben und hat. Ganz schlimm 
durchgedriickt, auch aber steht es mit 
bei den runden Ge- jenen Gegenständen, 
fäßen oft nicht ganz die, weil sie gerade 
kreisrund, dieHenkel Flächen und senk- 


sindwenig schwung- rechte Kanten zeigen 
voll gebogen. Die sollten, nicht auf der 
reine Töpferarbeit er- Töpferscheibe gear- 


beitet werden konn- 
ten. Derartige Ge- 
bilde pflegen sonst 
und so auch im Bött- 
gersteinzeug, mittelst 


weist sich so als 
völlig minderwertig, 
und man begreift 
gegenüber soldıen 
Leistungen gar wohl 
jenen obengenann- Hohlformen, Modeln 
ten Wunsch der Fa- hergestellt zu wer- 
brik im Jahre 1715, Abb. 5. Plauesches Steinzeug, geschliffen, den, und eine ein- 
gute Töpfer ausDres- al ia da mal solide durchge- 
den heimlich zu ge- arbeitete Hohlform 
laBt dann eben auch alle Ausformungen, wenn richtig gemacht, solide und sauber erscheinen. 
In Plaue scheint man erstaunlicherweise die Methode der Formung gar nicht gekannt oder 
wenigstens niemals angewandt zu haben: alle Stiicke dieser Art, die bisher festgestellt, 
geben sich als völlig freihändig gearbeitet. Das erkennt man aus ihrer ganzen Mache, 
das beweist das Fehlen der im Böttgersteinzeug immer sichtbaren Formnähte, und auch 
das, soweit bisher konstatierbar, Fehlen jeglicher Wiederholung einer und derselben Form. 
Aber diese freihändige Arbeit ist die schlechteste, die man sich überhaupt wohl vorstellen 
kann: keine Fläche ist wirklich eben, keine Linie wirklich gerade. Es gibt überall 
Schwankungen und Verziehungen, oft von erstaunlihem Umfange. Das Ganze macht 
eher den Eindruck von Stümper-, von Dilletanten- als von geregelter Fabrikarbeit. 
Und so erscheint das Urteil Böttgers und seiner Umgebung gegenüber diesen Mach- 
werken, wofern sie wirklich Plauesche Erzeugnisse sind, als nur zu gerechtfertigt. 


618 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Und völlig gleichartig erscheint dann auch der Schliff: auch er ist unsauber, un- 
gleichartig und schwankend, ja diese Technik, die übrigens sich bei allen bisher als 
Plauesche Fabrikate vermuteten Stücken angewendet zeigt, sie hat die Unsauberkeit 
der Gestaltungsarbeit nur noch vermehrt. Auch hier keine durchgehende Glätte, auch 
hier keine konsequente Rundung! Kanten und Winkel erscheinen, wo alles in sanfter 
Rundung ineinander übergehen sollte, und so wird man auch in dieser Beziehung 
wieder an Stümperarbeit erinnert und hat allen Grund zu bezweifeln, daß in Plaue 
für diese Technik wirklich eingearbeitete Glas- und Steinschleifer, wie in Dresden und 
Meißen beschäftigt wurden. Es scheint also ersichtli auch auf diesem Gebiete 
damals in Plaue an wirklich brauchbaren Kräften gefehlt zu haben. 

Dann aber neue Erfindungen 
kommt das künstleri- aber atmen erst recht 
sche Element dieser diesen Geist. Allem 
Stücke in Betracht, Anschein nach hat 
und hier begreift man hier eine starke Vor- 
ebenso schnell, war- liebe für das echt 
um Böttger einst die- deutsch Barocke im 
se Fabrikate als ,un- Barockstil der Zeit 


faconnirlich“ bezeich- geherrscht. Nament- 
net hat. Bisweilen lich mit großen, der- 
sind hier die Böttger- ben, phantastischen 


schen Modelle in 
ihren Grundformen 
nadigebildet wor- 
den, aber hierbei, so 
z. B. schon bei der 


Mustern hat manhier 
stark gewirtschaftet 
und sie bei der Ge- 
samterscheinung der 
Stücke sehr mitspre- 


rwähnten Zucker- chen lassen (Abb. 5). 
: taik ins Plume Abb. 6. Plauesches Steinzeug, Dosendeckel mit Hinsichtlich | d = 
Ses jah geschnittener Ornamentik D Sen e SI z 
pe und Sdwerfällige D Kunstgewerbemuseum, Berlin staltung im einzel- 
hineingeraten. Ganz nen, der Ornamen- 


tation aber muß man sagen: sie gibt sih zunächst auffallend reich gegenüber der 
sonstigen Unbehilflichkeit der Mache, sie hat weiter fast gar nichts mit der Böttgerschen 
Formensprache zu tun, aber sie erscheint dafür immer ganz merkwürdig unkünstlerisch 
und vor allem wirkungslos. Es hat hier meist ein völlig nutzloser Kräfteaufwand 
stattgefunden. Und so findet sich hier ganz und gar nicht jene Zielbewußtheit und 
Klarheit der Ornamentik, die an den Böttgerschen Erzeugnissen so erstaunlich auffällt. 

Hierbei kannte man als Ornamentierungsmittel aufgesetzte und vorher geformte, 
wie auch ganz freihändig gearbeitete Ornamente, weiter eingebrannte Farben nebst 
Gold, den teilweisen Schliff und den Schnitt. Aber nicht allein die Muster sind immer 
unschön, vielfach konfus und wenig harmonisch in den einzelnen Teilen; es ist auch 
für gewohnlich keine Technik so angewandt, daß sie ihre volle Wirkung tun kann. 
So heben sich die aufgesetzten Reliefs nicht entfernt so kräftig vom Grunde ab, 
wie beim Bôttgersteinzeug, so ist der Gegensatz zwischen Geschliffenem und Unge- 


Ernst Zimmermann. Die Plauesche Steinzeug-Manufaktur 619 


schliffenem, so effektvoll beim Böttgersteinzeug angewandt, bei diesen Erzeugnissen 
oft völlig sinnlos — er ist z.B. niemals, wie bei jenem zum Abheben der Reliefs vom 
Grunde benutzt worden — so sind weiter die Emailfarben, die Böttger zu demselben 
Zweck verwandte, bei der mehrfach erwähnten Zuckerdose gerade umgekehrt auf die 
vertieft eingeschnittenen Verzierungen gelegt, wo sie, beschattet, natürlich gar nicht zur 
vollen Geltung kommen können, so sind sdhlieBlich die eingeschnittenen Ornamente 
meist zu dünn und mager gehalten (Abb. 6), daß sie wieder nicht entfernt so wirken 
können, wie die immer so klar und breit gehaltene Ornamentik dieser Art der Böttger- 
steinzeuge, ganz abgesehen davon, daß auch diese Technik wieder so unsauber, wie 
nur irgend möglidı durchgeführt worden ist. Und welch einen schlechten Gebrauch 
hat man hierbei gar mit dem sogenannten „Muscheln“ gemacht, dem Einschneiden 
eckiger oder runder Vertiefungen oder Facetten in rhythmischer Folge, für das man in 
Plaue eine so ganz besondere Vorliebe gehabt zu haben scheint. Ganz sinnlos sind 
diese oft in die übrige Ornamentik hineingestreut, ganz regellos angebracht, wo sie 
als Grundmuster die ganzen Flächen bedecken (Abb. 2). Man sieht, es hat in Plaue 
nicht nur an guten Technikern, vielmehr auch an guten Künstlern gefehlt und man 
hat darum hier nicht verstanden, aus diesem an sich doch so edlen Materiale das zu 
machen, was Böttger daraus zu gewinnen gewußt hat, man hat nicht einmal die guten 
Vorbilder, die hier zur Verfügung standen, nachzubilden vermocht. 

Darum aber ist es hödıste Zeit wie es hier versucht worden ist, die weniger 
guten Erzeugnisse, die Schlacken von den Böttgerschen Werken zu trennen, damit 
deren hohe technische, wie künstlerische Qualitäten nur desto klarer, reiner zur Er- 
scheinung kommen können. Das wird wohl in Zukunft in noch viel größerem Maß- 
stabe erfolgen können, als es hier bereits geschehen. 


SUO 


Francesco Guardi 
by George A. Simonson (London). 


A simple but imposing ceremony took place quite recently on the occasion of 
the tercentenary celebration of Alessandro Vittoria's death in Venice. Beside the 
laurel-wreath solemnly placed on his tomb in the church of S. Zaccaria in her name 
Trient deposited a companion-wreath. Venice was the life-long scene of the famous 
sculptor’s activity, Trient his birthplace. This joint act of homage paid to his memory 
is noteworthy not only owing to the generous self-denying prompting which made these 
two cities waive their rival claims, but also because artistic links between them are rare. 
There is only one other master besides Vittoria whom Venice owes to the ancient pro- 
vince of Trient, namely Francesco Guardi, her most highly-gifted landcape-painter. 

The history of Guardis origin would to this day have remained unknown to 
the world but for a happy inspiration through which a quarry of valuable documents 
concerning it came to light.!) It is always of importance for the student to ascertain 
whence a painter drew the secret of his art, especially when, as in the case of Guardi, 
the qualities by which he fascinates us, are mostly inborn, not acquired. A clue to 
Titian’s astounding vitality has been found by his biographers in his extraction from 
dwellers in the Dolomites. So Guardis issue from a sturdy mountain-bred Tyrolese 
stock seems to explain the source of his strength, his vivid and brilliant artistic per- 
sonality, the sparkle of his brushwork and his incisive style which makes his views 
of Venice so intensely interesting. 

Domenico, his father, was a native of Mastellina, a small village nestling in 
the Val di Sole. He was therefore Trentino; his mother (Claudia Pichler was her 
maiden-name) was Viennese. Both were Austrian subjects and the legend that Fran- 
cesco was Venetian by extraction, has to be abandoned as there was not a drop of 
Venetian blood in his veins nor is there any justification for confusing the name of 
Guardi with that of the Venetian family “Gerardi“, as Nagler appears to do in his 
“Allgemeines Künstlerlexikon“. Whether or not the Guardi family originally came 
from Italy (there was a sculptor Andrea Guardi who worked at Pisa towards the 
middle of the 15 century), it is certain that ever since the 16 the Tyrol was the 
home of Francesco Guardi's ancestors. 

Early in life, Domenico left his native village and migrated to Vienna to study 
the rudiments of art. From the Austrian capital he went to Venice, which became 
his adopted home. He died there prematurely four years after the birth of his illustrious 
son. Though Francesco is the only member of his family who attained celebrity as 
a painter, his father, brother (Nicolö) and one of his sons (Giacomo) pursued the same 
calling as he did, so that altogether there were three generations of painters in direct 
line of descent, thus forming a striking example of the hereditary practice of art. 


1) See the authors monograph on Francesco Guardi (Methuen & Co., London) Appen- 
dices 1, 2, 3. 


Simonson. Francesco Guardi 621 


Long before Francesco grew up, he is reported to have displayed conspicuous aptitude. 
for landscape-painting, and thanks to a bounty founded by a friend of his father, he 
was enabled to develop it and, in due course, to enter the school of Antonio Canale, 
who after his return from Rome, gave himself up entirely to the portraiture of Venice. 
As young Guardi became the brother-in-law of Giambattista Tiepolo when he 
was seven years old, it might have been expected that he would have been appren- 
ticed to him. Tiepolo was a year 
older than Canale and Guardi's 
senior by sixteen years. At the 
time of his alliance with Cecilia 
(Francesco's elder sister) the famous 
figure-painter was already a rising 
artist. Canale had also made a 
great name for himself in the early 
decades of the eighteenth century. 
It is not however before 1764 that 
we find a contemporary Venetian 
authority giving us definite infor- 
mation as to the instruction which 
Guardi received from Canale. In 
his classical work on Italian pain- 
ting’) Lanzi makes the interesting 
observation that Canale made use 
of the camera ottica to attain 
greater accuracy in the perspective 
of his views. We now know from 
the Diary of Senator Pietro Gra- 
denigo that Guardi also employed 
it What does not surprise us in 
the case of a strenuous master 
sudi as Canale, who worked on EE" | mas 
methodical and scientific lines, Portrait of FRANCESCO GUARDI by himself 
astonishes us in an artist of Guardi’s o (Collection of George A. Simonson) 

calibre, though there is no ground 

whatever for doubting Gradenigo's testimony. Whilst the ways and means by 
which an artistic result is achieved, are matters of indifference to the ordinary observer, 
it is from the technical point of view always instructive for the student to glance into 
the workshop of a painter and examine, as it were, his tools. It is very difficult to 
determine how far Canale and Guardi worked together. Missaglia informs us that they 
occasionally collaborated on the same canvas and Rosini?) relates that in one instance 


1) See Lanzi, Storia Pittorica, Tipografia Remondini, Bassano, 1818, Tomo III, p. 289. 
*) See Giovanni Rosini, Storia della Pittura Italiana, Pisa, 1849—1854, Tomo VII, p. 14. 


622 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Algarotti, the well-known Venetian litterateur and art-connoisseur, commissioned 
Guardi to paint for him a companion-picture to a view of the Rialto bridge, with the 
Basilica of Vicenza, by Canale. As there are pictures by Guardi which can with cer- 
tainty be traced back to compositions of Canale (Guardi's view of S. Giorgio Maggiore 
in the Museum at Treviso is entirely borrowed from an etching by Canale), so we find 
i works by the elder master which 
reflect the’ manner of the younger 
one and suggest that there was an 
interchange of influence between them. 
Suc are to be seen in the Royal 
Collection at Windsor Castle. Canale’s 
broadly painted views of Venice might 
almost be mistaken for paintings of 
Guardi by a layman. 

When Guardi had attained his 
artistic majority, he in his turn took 
pupils in, and we read in the enter- 
taining pages of Giacomo Casanova 
a piquant episode of Guardis ex- 
cessive severity towards this cynical 
adventurer's brother (Francesco Casa- 
nova), as a result of which the future 
painter of battle-scenes was transferred 
to the studio of Francesco Simonini. 

Putting aside the map of 
Guardi's life, let me briefly state, 
wherein his special aptitude for de- 
picting Venice and its people consists. 
No master ever had a finer eye or 
daintier fancy for rendering the pic- 
turesque aspect of Venetian archi- 
tecture or a palette better suited for 
reproducing now its iridescent bright 
Architectural Study É effects of light, atmosphere and colour, 
(Collection of George A. Simonson, London) now its sober “chiaroscuro“ ap- 

pearance. Such splendid records. 
of Venice en féte as Guardi has left us in his pictures of the annual fair in Piazza 
S. Marco, the féte of the Bucentaur, the masquerade in the Ridotto, the ascent of a 
balloon (Berlin Museum) and many others, we look for in vain in the works of 
his fellow-painters. Only on his canvases does the bustling Venice of the 18 century, 
on tip-toe of excitement and in Carnival apparel of mask and domino, palpitate with 
life. Guardi's Venice (the sunny, the bright, the flashy city of the lagoons) contrasts 
strikingly with the serene, the still and serious Venice of Canale. 


Simonson. Francesco Guardi 623 


Féte of the Bucentaur (American private collection) 


Until the end of his days, Guardi continued to be active, as Abbé Vianelli of 
Chioggia tells us in the catalogue of his collection of pictures, printed in 1790, though 
the Venetians had completely forgotten his existence. One of the most interesting 
pages of Guardi's life relates to a commission which he executed in 1782, consisting 
of a set of four pictures commemorating the visit of Pope Pius the Sixth to Venice, 
one of which is now in the Royal Museum (Stuttgart). In the same year, drawing 
perhaps upon the handsome proceeds of this important order, he made a pilgrimage 
to the Tyrol and to Mastellina where he saw his paternal house („Casa Guardi“). 
Straightened circumstances compelled him in his old age to sell his small partly 
fanciful landscapes (called capricci) in Piazza S. Marco to passers-by for trifling sums. 
He outlived the small measure of success which he reaped in his middle age, and 
died in 1793 in a humble house in the parish of S. Canciano, where be rented a 
Studio on the first floor, looking towards the Corte della Madonna. 

A year or two ago (May 1906) there was held in Schulte’s well-known Gallery, 
Berlin, an exhibition of three of Guardi’s most imposing landscapes with ruins, and 
it is no exaggeration to say that they created quite a sensation. At last the world 
has awakened to a due appreciation of Guardi. Though, like Hobbema, he began by 
being a connoisseur’s painter, the circle of his admirers has gradually widened, until 
he has become the most popular of all the Venetian 18 century masters. Fifty or 


sixty years ago his aims were still so little understood that even Rosini, the 
41 


624 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


author of the Storia della Pittura Italiana made the following naive com- 
ment on him. ,By reason of the magic of his sparkling brush Guardi appeals more 
than any other painter to those who have no discernment (“più piace di ogn’ altro 
ai non intendenti).“ Between this view and that of modern critics who regard 
Guardi as a higher master than Canale, there is indeed a wide gulf. 

Whereas examples of Guardi's paintings are nowadays to be found in all the 
more important continental galleries, there was no single work of his in the Venice 
Academy towards the close of the 18 century and this reproach clung to it until 
His Highness Prince Johann von und zu Liechtenstein a year or two ago most muni- 
ficently presented to it a very fine view of S. Giorgio Maggiore from his own col- 
lection. During the last decade notable additions of his pictures have been made to 
German museums and private galleries, under the lead of Berlin. 

The cause of the rising interest in Guardi is not far to seek. His aims and 
ideals are the same as those of modern landscape-painters. Whereas Canale followed 
the traditions of Gentile Bellini and Carpaccio, Guardi may be said to stand half-way 
between the old and the new school. He is one of the precursors of Impressionism, 
the founder of the sketch and one of the earliest workers in water-colours. 

As a painter of Venice, he heads the long list of eminent artists belonging 
to the last century who were inspired by the enchantress city. The veteran 
Ziem is the only one whom I will mention, as he is still living. His gorgeous 
combinations of blue lagoons and gay shipping form a striking contrast to Guardi’s 
sober but brilliant renderings of Venetians waters. Fortunately for the higher interests 
of art it is not Ziem’s, but Guardi's example which is followed by the rising genera- 


tion, and this is a most encouraging reflection for those who have misgivings as to 
its future. 


Abb. 1. Dreiflügeliger Altar mit der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten und den beiden Johannes 
Sammlung Hölscher-Stumpf D 


Niederländischer Flügelaltar des XVI. Jahrhunderts in 
Berliner Privatbesitz 


von Max Gg. Zimmermann. 


In der von dem Geheimen Sanitätsrat Dr. Hölscher in Mülheim am Rhein zu- 
sammengebraditen Gemäldesammlung, die jetzt sein Schwiegersohn Prof. Johannes 
Stumpf in Berlin besitzt, und auf die wir in einer demnächst im Verlage dieser 
Hefte erscheinenden Sonderpublikation zurückkommen, befindet sich ein nieder- 
ländischer dreiflügeliger Altar des XVI. Jahrhunderts. Wie in jener Zeit und in 
jenem Lande häufig ist die überhöhte Mitteltafel oben mit einem Kleeblattbogen 
geschlossen, welcher Form sich die beiden Flügel anpassen. (Mitteltafel 58 cm 
breit, 89,5 cm größte mittelste Höhe. Breite der Flügel 25,5 cm. Eichenholz. Abb. 1.) 
An einer Renaissancesäule aus rotem Marmor mit Bronzebeschlag unter einem 
Baldachin aus schwarzem Sammt mit roten Lambrequins sitzt die Madonna mit dem 
Kinde. Sie umfaßt mit der linken Hand den nackten Knaben und hält in der rechten 
einen Apfel. Über der Gruppe schwebt ein nackter Kinderengel, der eine grüne 
Blätterkrone über dem Haupt der Madonna hält. Rechts, etwas weiter zurück lehnt 


626 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 2. Niederländisch 16. Jahrhundert. Ruhe Abb. 3. Niederländisch 16. Jahrhundert. Ruhe 
auf der Flucht nach Ägypten O auf der Flucht nach Ägypten. O 
O Berlin, Versteigerung Lepke 1905 O Nürnberg, Germanisches Museum 


sich Joseph in braunem Gewande über eine Brüstung, die rechte Hand an der Stange 
des Baldachins, mit der linken dem Kinde eine Birne darbietend. Rechts im Hinter- 
grunde eine Landschaft vlämischen Charakters, mit der Flucht nach Ägypten auf einer 
Brücke. Das Ganze ist also als eine Ruhe auf der Flucht nach Ägypten aufzufassen. 
Auf einem Tischchen rechts vorn eine Schale mit Früchten. Die Madonna trägt ein 
mattgrünes Gewand, rotbraunes Überkleid und über die Knie gelegt einen tiefroten 
Mantel. Ein weißes Schleiertuch schließt das am Halse rund ausgeschnittene Gewand 
nach oben hin ab. Von dem braunen, eng anliegenden Häubchen fällt ein bläulidier 
Schleier nach dem Rücken. Die Flügel enthalten auf den Innenseiten grau in grau 
gemalt die beiden Johannes unter gothischen Gewölben. In Zwickeln links und rechts 
oben ganz klein Moses und Aaron. 

Der Altar stammt aus dem Besitz der Familie Koks in Bonn und wird traditionell 
dem Mabuse zugeschrieben. Eine künstlerisch geringere Wiederholung der Mitteltafel 
wurde am 21. November 1905 bei Rudolph Lepke in Berlin, ebenfalls unter dem Namen 
Mabuse versteigert. (Abb. 2). Sie weicht nur darin ab, daß die Tafel oben gradlinig ab- 
schließt, daß Joseph nicht eine Birne darreicht, sondern die linke Hand bereit hält, um 
das Kind gegebenenfalls zu stützen, und daß der Ausblick nach rückwärts eine andere 
Landschaft ohne die Flucht nach Ägypten zeig. Den Namen Mabuse (Joh. Mabuse 


Zimmermann. Niederländ. Flügelaltar des XVI. Jahrhdts. in Berliner Privatbesitz 627 


pinxit) trägt auch eine Lithographie von A. Reindel aus dem Jahre 1828 nach einer 
anderen Wiederholung der Mitteltafel, die sih in der Sammlung Boisserée befand und 
jetzt dem germanischen Museum zu Nürnberg (Katalog von 1893, Nr. 75, Abb. 3) gehört. 
Hier ist die Tafel oben im Kleeblattbogen abgeschlossen, Joseph macht noch ausge- 
sprochener eine greifende Handbewegung als auf dem Lepkebilde, an Stelle der Land- 
schaft ist eine Renaissancearchitektur dargestellt mit Durchblick auf eine Stadt. Trotz 
dieser dreifachen traditionellen Benennung weist aber die Mitteltafel unseres Altars 
künstlerisch nicht auf Mabuse sondern auf Barend van Orley (zirka 1490—1542), 
wenn wir hier auch nicht ein Originalwerk dieses zu seiner Zeit hochangesehenen 
Briisseler Hofmalers zweier Statthalterinnen der Niederlande und Gastfreundes Albrecht 
Dürers vor uns haben. Den deutlichsten Hinweis auf Barend van Orley gibt uns der 
Kopf des Joseph. Er kehrt als typischer Greisenkopf ganz ähnlich wieder auf dem 
Güstrower Altar und den ihm nahestehenden beiden Altarflügeln von 1528 mit der 
Legende der heiligen Anna scheint auf dem Güstrower 
im Museum zu Brüssel. Den = Altar, einem friihen Werk des 
Maler dieser Bilder sondern Barend van Orley, in dem 
einige als „Meister des Güstro- noch vielfach das Kunstempfin- 
wer Altars“ aus. Er hat jedoch den des 15. Jahrhunderts nach- 
so große Verwandtschaft mit hallt, bei Paulus, und was die 
Barend van Orley in dessen Gesichtszüge anbelangt, auch 
inschriftlich beglaubigten Wer- zweimal bei dem eine Kopf- 
ken, daß er wohl als der selbe bedeckung tragenden Maxen- 
anzusehen ist. Der typische tius, auf den Brüsseler Flügeln 
Greisenkopf charakterisiert sich von 1528 bei Joachim (Abb. 4) 
durch einen breiten, nach hinten  Abb.4. BAREND VAN OR- und einem der Essäer; auch 
stark ausladenden Schädel mit ee "A dieGesichtsziige anderer älterer 
großer Glatze und kleine regel- o Brüssel, Museum Männer auf diesen Flügeln er- 
mäßige Gesichtsziige. Er er- | innern an ihn. Auf dem Nürn- 
berger Exemplar unserer heiligen Familie hat Joseph sogar über der Stirn die einzelne 
Haarlocke wie bei den entsprechenden Köpfen der genannten Bilder Orleys, während 
diese bei unserm und dem Lepkeexemplar fehlt. — Auch das Gesicht der Madonna 
auf dem Altar aus der Sammlung Hölscher, dem Nürnberger und dem Lepkebild findet 
seine Analogie auf den Bildern von Barend van Orley; noch etwas altertümlicher tritt 
es uns in den Köpfen der Madonna und der heiligen Katharina auf dem Güstrower 
Altar, künstlerisch reifer bei jugendlichen Frauen auf den Flügeln des bezeichneten und 
1521 datierten Hiobaltars und den Flügeln von 1528 (vergl. Abb. 4), beides im Brüsseler 
Museum, entgegen, ferner auf dem 1902 vom Louvre erworbenen Madonnenbilde 
Nr. 2067, das Barend van Orley zugeschrieben wird. Das Gesicht der Maria auf 
unserm Bilde zeigt aber deutlicher einen Einfluß von Raffael als die weiblichen Köpfe 
von Barend van Orley. Ebenso besteht auch eine Verwandtschaft zwischen dem Kopfe 
des Christuskindes mit seinen kurzen krausen Locken auf unserm Bilde und den 
Bildern gleichen Motivs auf der einen Seite und dem Kopf desselben Kindes auf 
dem Güstrower Altar und dem Louvrebilde auf der andern Seite. Die Lambre- 


628 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


quins auf unserm Bilde finden sich ganz ähnli auf den Brüsseler Flügeln 
von 1528. 

Die engste Verwandtschaft haben ferner alle drei Figuren der heiligen Familie 
unserer Sammlung mit den drei Figuren der heiligen Familie auf dem Bilde der kaiser- 
lien Galerie zu Wien Nr. 766, 
Ruhe auf der Flucht nach Ägypten 
in einer Landschaft, das, gewiß mit 
Recht, dem Atelier oder einem un- 
mittelbaren Nachfolger des Barend 
van Orley zugeschrieben wird. 
(Abb. 5.) Auf diesem Wiener Bilde 
findet sich bei Joseph eine ähnlich 
manierierte Handbewegung wie auf 
dem Nürnberger Bilde. Die Land- 
schaft dieses Wiener Bildes hat in 
der Art der Darstellung dann wie- 
der Verwandtschaft mit der Land- 
schaft auf dem Lepkebilde und den 
freilich etwas altertiimlicheren Land- 
schaften auf den Flügeln des Güstro- 
wer Altars, die Maria und Katha- 
rina enthalten. Verwandtschaft mit 
dem Wiener Bilde, aber weniger 
mit unserm hat das dem Orley 
zugeschriebene Dresdener Bild der 
heiligen Familie in einer Ruine, 
Nr. 810. 

Es kann kein Zweifel sein, 
daB der Kiinstler, der das Mittel- 
bild unseres Altars ausführte, nicht 
in den Kunstkreis des Mabuse, 
sondern in den des Barend {van 
Orley gehört, ein Nachfolger dieses 
Meisters ist. Barend varı Orley 
Abb. 5. Werkstatt des BAREND VAN ORLEY: Ruhe war wie viele seiner niederländi- 

= ot ii oa w schenKunst- und Zeitgenossen ein 
Eklektiker, der sich, durch eine oder 

mehrere italienische Reisen beeinflußt, an die italienishe Kunst anlehnte und An- 
regungen aufnahm, besonders von den größten italienischen Meistern seiner Zeit, 
Michelangelo (namentlich im Hiobalter zu Brüssel) und Raffael (z. B. die Vermählung 
der Maria auf einem der Brüsseler Flügel von 1528 wiederholt die Mittelgruppe des 
Sposalizio von Raffael in der Brera). Erinnerungen an Lionardo und dessen Mai- 
länder Schule sind ja selbst bei einem so nationalen Künstler wie Quentin Massys in 


Zimmermann. Niederländ. Flügelaltar des XVI. Jahrhdts. in Berliner Privatbesitz 629 


reihem Maße vorhanden und klingen, wenn auch mehr im allgemeinen als im einzelnen, 
auch bei Barend von Orley nach. Die Architektur in den Hintergründen seiner Bilder 
und der fast aller seiner Zeit- und Landesgenossen erinnert an die lombardische 
Renaissancearchitektur zu Beginn des XVI. Jahrhunderts, namentlich an die Certosa bei 
Pavia, so auch auf dem Nürnberger Exemplar des Bildes von unserm Typus. Daß 
das Bild unserer Sammlung in den Kunstkreis des Barend varı Orley gehört, wird 
auch dadurch bewiesen, daß es eine gewisse Verwandtschaft mit den Bildern des so- 
genannten Meisters der weiblichen Halbfiguren besitzt, namentlich mit dessen schönsten 
Bilde, der Madonna teren Zeit verbinden, 
mit dem Kinde in der |» = di | dem früheren undher- 
Landschaft sitzend im beren Barend van Or- 
Besitz des Grafen Ch. ley gegenüber, den 
d'Ursel zu Brügge Meister unseres Ältars 
(Brügger Ausstellung mit dem der weib- 
1902) oder mit dem lichen Halbfiguren. 

schwächeren, jenem Nun gibt aber 
Meister neuerdings doch die traditionelle 
ebenfalls zugeschrie- und weit zurückge- 
benen Bilde der Brüg- hende Bezeichnung 
ger Ausstellung aus Mabuse bei den drei 
dem Besitz von P. ExemplarendesBildes 
und D. Colnaghi in von unserm Typus zu 
London, das die hei- denken. Das Nürn- 
lige Familie bei der berger Bild wird in 
Ruhe auf der Flucht demKatalog von 1893 
nachÄgypten vor einer allerdings ganz rich- 
Landschaft darstellt. tig Nachahmer des 
Die ausgeglicheneren GL Barend van Orley ge- 
aber auch weniger Abb. 6. Niederländisch. 16. Jahrhundert. Ruhe nannt, aber im Jahre 
charaktervollen For- i ES do a e, No. = 1828 hieB es, wie 
men einer etwas spä- wir aus der Litho- 
graphie von Reindel wissen, Mabuse. Die Madonnengruppe kommt auch für sich 
allein vor, wie das Bild Nr. 756 der Wiener kaiserlihen Gemäldegalerie (Abb. 6) und 
eine geringere, ebenfalls niederländishe Wiederholung davon mit veränderter Land- 
schaft im Convento Bigario zu Lugano (dem Perino del Vaga zugeschrieben) zeigen. 
Das Wiener Bild wird von Scheibler dem in seiner künstlerischen Eigenart sehr 
wenig greifbaren Lambert Lombard zugewiesen. Schon damit wird auf Mabuse 
gedeutet, denn Lombard gilt für beeinflußt durch diesen Künstler. Dieses für 
unsere Betrachtung wichtige Bild zeigt das Kind genau in der gleichen Stellung 
wie bei unsern heiligen Familien, die Madonna ist aber in ihrer Stellung ein 
klein wenig anders, augenscheinlich in Rücksicht darauf, daß hier keine weitere Figur 
dabei ist. Ihr Unterkörper ist nicht nach rechts sondern gradeaus und eher ein wenig 
nach links gewendet und sie sieht nicht nach dem Kinde hin, sondern ihr Blick ist 


630 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


nach der andern Seite, nach dem Apfel in ihrer rechten Hand gerichtet oder geht 
vielmehr ebenso nadhdenklich an demselben vorbei wie auf den andern Bildern am 
Christuskinde Die Haltung des Körpers ist hier viel großartiger und erinnert mit 
ihren divergierenden Bewegungsrichtungen an Michelangelos Stellungsprinzip. Der 
Umriß der Gruppe ist ein künstlerisch festgeschlossener und glücklicher, so daß nichts 
zur Ergänzung fehlt, und die Gruppe für sich allein erfunden sein kann. Die Ge- 
birgslandschaft des Hintergrundes hat nichts mit den Landschaften auf unserm und 
dem Lepkebilde gemein, außer daß sie wie der Altar unserer Sammlung die Flucht 
nach Ägypten auf einer Brücke zeigt. Joseph ist auf dem Wiener Bilde auch noch 
einmal vorhanden, aber rechts weit im Hintergrunde, wie er den Esel zu der Quelle 
führt, die zwei Engel auf wunderbare Weise entstehen lassen. Mit den andern 
Bildern verbindet dieses Bild dann die Fruchtschale auf einem Tischchen vorn rechts; 
sogar die Früchte, Birnen und Weintrauben, und ihre Anordnung stimmen überein, nur 
daß auf dem Wiener Bilde auf der Fruchtschale noch ein Papagei sitzt. Kleidung und 
Kopfputz der Madonna sind fast dieselben wie auf den andern Bildern. Dieser weib- 
lie Kopfputz ist aber besonders charakteristisch nicht für die Bilder Mabuses, sondern 
Orleys und seiner Richtung. Dazu kommt, daß auch die Köpfe von Mutter und Kind 
deutlich auf einen EinfluB von Orley weisen, besonders wenn man sie mit dem schönen 
Bilde im Louvre Nr. 2067 vergleicht. — Der Kopfputz findet sich auch genau ebenso 
wieder auf dem dem Lambert Lombard zugeschriebenen Bilde des Germanischen 
Museums zu Nürnberg, das Lukrezia darstellt. Das Gesicht ist hier fast identisch mit 
dem der Madonna auf dem Lepkebild. 

Das auf allen vier genannten Darstellungen so genau übereinstimmende Kind 
hat eine eigenartige, zu der Situation gar nicht passende Stellung. Auf dem Wiener 
Bilde scheint es wenigstens noch mit der rechten Fußspitze den Oberschenkel der 
Mutter zu berühren, aber es dürfte auch hier, namentlich bei der starken Biegung des 
rechten Beines, nicht genügenden Halt haben. Die Madonna trägt das Kind auf keiner 
der vier Darstellungen wirklich, sondern legt die linke Hand nur lose an seine linke 
Schulter. Auf den drei andern Bildern schwebt das Kind sogar ganz frei in der Luft, 
die Beine berühren den Oberschenkel der Madonna nicht und das Kind sitzt auch 
nicht, Das weist ganz deutlich darauf hin, daß diese Stellung nicht für diese Ver- 


wendung erfunden, sondern anderswoher entlehnt ist. Wir fragen auch nicht ver- 


gebens, woher. In der Lionardoschule kommt öfters eine Kindergruppe vor, die den 
Christus- und den Johannesknaben, beide völlig nackt und in Umarmung darstellt. Von 
der Hand des Lionardo erscheint diese Gruppe mit etwas abweichender Stellung des 
Johannesknaben und im Gegensinne auf einer Zeichnung in Windsor (Miiller-Walde: 
Lionardo, Abb. 58). In der Lionardoschule finden wir sie z. B. auf einem Bilde von 
Luini in Madrid. (Abb. 7.) Das Christuskind sitzt in kleiner Entfernung von dem Johannes- 
knaben und reckt sich mit dem Oberkörper nach links zu ihm hinüber, um ihn zu 
umarmen; dabei machen die Beine von selbst die Gegenbewegung nach rechts Die 
linke Hand legt sich auf die rechte Schulter des Johannes. Hier ist die Stellung voll- 
kommen motiviert und natürlich. Diese Kindergruppe kommt auc in einer Anzahl 
von Bildern vor, die niederländisch sind, wenn sie auch meistens dem Lionardo oder 


Zimmermann. Niederländ. Flügelaltar des XVI. Jahrhdts. in Berliner Privatbesitz 631 


Lionardoschülern zugeschrieben werden. 
Die vier Bilder im Museum zu Neapel (die 
Kinder auf dem Bett, Boltraffio genannt), 
im Mauritshuis im Haag (in einer Fenster- 
öffnung mit Ausblick auf eine Landschaft, 
Abb. 8), im Museum zu Weimar (genaue 
Wiederholung des Bildes im Haag, Schule 
Lionardos genannt) und in Hamptoncourt 
(in Landschaft, dem Lionardo zugeschrieben) 
stimmen untereinander, was die Figuren- 
gruppe anbelangt, genau überein. Die Nie- wegen i 
derlander sind deutlicher in der Wiedergabe Abb. 7. LUINI: Kindergruppe von einer hl. 
des Kusses als der Italiener und verfleciten Familie O 
O Madrid, Pradogalerie 

die Gruppe noch etwas enger, indem sie 
den Johannesknaben das Armchen Christi nicht von unten leise beriihren, sondern 
durch Auflegen der Hand von oben kréftig anfassen lassen. Bei dem Bilde im Haag 
wird der Name Mabuse genannt, und in der That auf ihn weisen die Bilder künst- 
lerisch, wenn auch erst in größerem Abstand. An die Christusfigur in diesen Dar- 
stellungen erinnert das Christuskind unserer vier zusammengehörigen Bilder mit der Ruhe 
auf der Flucht nach Agypten auf das Lebhafteste. Es kann kein Zweifel sein, daB es 
dorther entlehnt ist, nur daß das Köpfchen hier über die Schulter aus dem Bilde heraus- 
blikt und der rechte Arm sich nicht um den Hals der Madonna legt, sondern in sehr 
gezwungener Bewegung nach dem Apfel greift. Das Natürliche wäre, daß das Kind den 
rechten Arm um den Hals der Mutter legte und mit der linken Hand nach dem 
Apfel griffe, dann aber wäre ein großer Teil von dem Stellungsmotiv des nach- 
geahmten Vorbildes vernichtet worden. Der Gesichtstypus, das kurze, dichtgelockte 
Haar erinnern in allen 
diesen Darstellungen aufs 
Lebhafteste an jene Lionar- 
dogruppe. Dieses Kind muß 
ganz besonders berühmt ge- 
wesen sein in der nieder- 
ländischen Malerei jener 
Zeit, denn im Gegensinne 
und teilweise bekleidet, fin- 
den wir es auf einem Trip- 
tychon der Sammlung de 
Somzé zu Brüssel (Brügger 
Ausstellung von 1902), und 
auch das die Mutter fest 
| . umhalsende nackte Kind auf 
Abb. 8. an 16. Jahrhundert. Christus und ma einem Triptychon in Utrecht 

= Haag, Mauritshuis efinnert daran. 


632 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Wir kommen so zu der Annahme, daß die Stellungsmotive der Gruppe der 
Madonna mit dem Kinde, oder wenigstens des Kindes, wie sie in dem Wiener Bilde 
Nr. 756 erscheinen, aus der Schule des Mabuse stammen. Dann aber komponierte ein 
Nachfolger des Barend varı Orley diese Gruppe mit dem heiligen Joseph zusammen, 
indem er die Madonna sich im Unterkörper und im Blick nach rechts wenden ließ, so 
daß ein offener Halbkreis gegen Joseph entstand, dessen Hinzutreten nunmehr not- 
wendig ist, um die Gruppe zu schließen. — Den Engel, der die Blätterkrone über dem 
Haupte der Maria hält, entnahm er als echter Eklektiker dann noch wieder anders- 
woher, vielleicht von antiken oder altchristlihen Sarkophagen, an denen Dutt zu zweit 
in ähnlicher Stellung zwischen sich ein Medaillon oder eine Inschrifttafel halten, eine 
Gruppe, die auch in die mittelalterliche und Renaissancekunst Italiens übernommen 
wurde. Ungliicklici genug ist dieses Wesen bei ihm ausgefallen. Die Landschaft 
auf dem Bilde von Lepke ist altertümlicher, aber auch natürlicher als die auf dem Altar 
der Sammlung Hölscher-Stumpf. Auf letzterem hat sie dekorativen Vortrag und un- 
natürliches zuckriges Licht. 

Die grau in grau gemalten beiden Johannes auf den Flügeln unseres Altars 
zeigen einen Stil, der so stark von dem der Mitteltafel abweicht, daß sie nicht von 
derselben Hand ausgeführt zu sein brauchen. Sie lehnen sich in der geschlossenen 
und flüssigen Harmonie der Bewegung in den schlanken Formen sehr stark an die 
italienische Kunst an. Wenn wir aber bedenken, daß ein Eklektiker seine Entlehnungen 
gleichzeitig von den verschiedensten Seiten nimmt, werden wir geneigt sein, sie doch 
demselben Maler zuzuschreiben, um so mehr, als ihr tänzelnder Schritt uns lebhaft an 
ähnlihe Bewegungen bei Orley, namentlich auf den Brüsseler Flügeln von 1528 er- 
innert. Überhaupt haben diese von allen Bildern Orleys die meisten Berührungspunkte 
mit unserm Altar, so daß wir annehmen dürfen, der Maler habe sich besonders diese 
zum Muster genommen. Die glatteren und konventionellen Formen, die dekorative 
Behandlung der Landschaft weisen das Werk erst der Mitte des XVI. Jahrhunderts zu. 
In eigentümlihem Kontrast stehen zu diesen späteren Elementen die gotischen Ge- 
wölbe auf den Flügeln. Auch hier wieder wird die Erklärung im Eklektizismus des 
Malers liegen. 

Die drei Bilder der Sammlung Hölscher-Stumpf, in Nürnberg und bei Lepke 
sind von drei verschiedenen Händen ausgeführt. Es ist nicht wahrscheinlich, daß 
eines von ihnen das Vorbild für die andern gewesen ist, sondern wahrscheinlicher, 
daß alle drei ein gemeinsames anderes Vorbild gehabt haben. Es wird wohl möglich 
sein noch andere Exemplare dieser Komposition nachzuweisen. Die beiden in Nürnberg 
und bei Lepke scheinen im Motiv des Joseph einen früheren Zustand der Komposition 
wiederzugeben, da die zugreifende Gebärde natürlicher ist als die Darbietung einer 
Birne, die im Hinblick darauf, daß die Madonna schon eine Frucht darreicht, als 
Pleonasmus erscheint; auch der Charakter der Architektur, beziehungsweise der Land- 
schaft deutet bei jenen Bildern auf eine etwas frühere Zeit. 


F 


Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. 
Von Ernst Steinmann. 
L 


Die Biisten des Francesco del Nero. 


„Was Francesco del Nero anlangt, so könnt Ihr sicher sein, daß er es eben- 
so liebt von ernsten und gewichtigen Dingen zu seinen Freunden zu reden, wie er 
ein Freund des Geldes ist. Mir kommt er übrigens halb kindisch vor, denn wenn Ihr 
ihn um irgend etwas befragt, so antwortet er mit überstürzter Eile und wenn Ihr ihn 
dann noch einmal fragt, wird er zornig. Aber ich kenne ihn und verstehe mit ihm 
umzugehen. Außerdem weiß er weniger, als Ihr glauben möchtet, obwohl er selbst 
behauptet, sehr viel zu wissen. Für Geldzahlungen allerdings besitzt er ein ausge- 
zeichnetes Gedächtnis und besonders, wenn er sie selbst geleistet hat. Und wundert 
Euh nicht, wenn er nicht viele Dinge wissen und sagen will und es zuweilen auch 
niht kann. Er ist höchst seltsam geworden und hat das Gedächtnis verloren und 
sagt dieselbe Sache hunderttausendmal, sodaß es höchst beschwerlich ist, seinen Aus- 
einandersetzungen zuzuhôren.“ So schrieb Giovambattista Busini schon am 31. Januar 1549 
aus Rom an Benedetto Vardi in einem seiner bekannten Briefe über die Belagerung 
von Florenz i. J. 1527.1) Auch bei dieser Gelegenheit scheint Francesco del Nero, der 
den seltsamen Beinamen „Crä del Piccadiglio“ führte, eine keineswegs gliickliche Rolle 
gespielt zu haben. Als der Kardinallegat von Florenz Silvio Passerini nach der Übergabe 
Roms in einem höchst kritischen Moment Geld zur Zahlung der Truppen von del Nero 
verlangte, der damals das Amt eines Stadtsäckelmeisters verwaltete, verweigerte er 
den Gehorsam und entwich nach Lucca. „Eine Handlungsweise unwürdig jedes 
anderen nur seiner nicht“, schreibt Varchi entrüstet, „denn in der Stadt Florenz, glaube 
ich, wurde noch niemals einer geboren, so gottlos und so schmutzig geizig wie er!“*) 

Am Hofe Clemens VII. begegnet uns Francesco del Nero wenig später, schon i. J. 1529 
in der äußerst einflußreichen Stellung eines Schatzmeisters. Er flößte gelegentlich eines 
Diebstahls in der Werkstatt Cellinis dem Papst zuerst Verdacht gegen die Ehrlichkeit 
seines berühmten Münzmeisters ein, den aber Cellini in Gegenwart seines Verleumders 
glänzend zu widerlegen vermochte.*) In Rom ist der mächtige und scheinbar vielge- 
haBte Mann, der allerdings niemals die Kardinalswürde erlangt hat, i. J. 1563 gestorben. 
Er wurde in einem prächtigen Grabmal in S. Maria sopra Minerva beigesetzt. 

Die übereinstimmend ungünstigen Zeugnisse Businis, Varchis und Giovios über 


1) Lettere di Giovambattista Busini a Benedetto Varchi sopra l’assedio di Firenze ed. 
G. Milanesi. Firenze 1860, p. 97. 

*) Opere di Benedetto Varchi. Trieste 1858, I, 42 (Storia Fiorentina III, 5). Giovio be- 
richtet (Istorie del suo tempo. Vinegia 1581, Tom II. p. 5v) dasselbe Faktum und fügt hinzu: 
huomo veramente, oltre quel tradimento coperto di molte macchie d’impietä et d avaritia. 

3) Vita di Benvenuto Cellini ed. Orazio Bacci. Firenze 1901, p. 108 u. Anm. 17. 


634 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


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FRANCESCO DEL NERO D 
Bronze im Kaiser Friedrih-Museum zu Berlin 


den Charakter des Francesco del Nero werden durch die äußerst realistisch aufgefaBte 
Büste des abschreckend häßlichen Mannes, welche das Kaiser-Friedrih-Museum zu 
Berlin besitzt, eher bestätigt als widerlegt. Es gehört zu den Verdiensten Wilhelm 
Bodesrdiese kostbare Bronze nicht nur erworben, sondern auch als Porträt des Schatz- 
meisters Clemens VII. mit Sicherheit bestimmt zu haben. 

Die Frage nach dem Schöpfer dieser vortrefflichen Arbeit hat Bode allerdings 
in einer vor bald zwölf Jahren erschienenen Studie über seine glänzende Erwerbung 
unbeantwortet gelassen. Er beschränkte seine Feststellungen darauf, daß die Berliner 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. I. 635 


FRANCESCO DEL NERO: Marmorbüste an seinem Grabmal 
in S. Maria sopra Minerva in Rom D 
O Nad einer Originalaufnahme 


Bronze um 1550 oder wenig später entstanden sei, und daß die Marmorbüste des- 
selben Mannes auf seinem Grabmal in S. Maria sopra Minerva als eine Kopie der 
Berliner Bronzebüste zu gelten habe. 

Eine Angabe Vasaris im Leben des Daniello Ricciarelli da Volterra,*) welche 
Bode entgangen ist, dürfte die Frage nach dem Schöpfer der Büsten del Neros lösen 
und das Verhältnis des Marmors zur Bronze doch etwas unabhängiger gestalten als 
es bei Bode geschehen ist. Vasari nennt unter den Gehilfen Daniellos seinen eigenen 
Schüler Giulio Mazzoni da Piacenza und bezeichnet ihn mit einer Bestimmtheit, welche 
jeden Zweifel ausschließt, als den Autor einer ausgezeichneten Marmorbüste des 
Francesco del Nero: „Ha il medesimo fatta di marmo e ritratta dal naturale la testa 


1) Jahrbuch d. K. Pr. Kunstsammlungen XVII (1896) p. 235 ff. 
2) ed. Milanesi VII, 70. 


636 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


di Francesco del Nero tanto bene, che non credo sia possibile far meglio; onde si 
puö sperare, che abbia a fare ottima riuscita, e venire in queste nostre arti a quella 
perfezione che si pud maggiore e migliore.“ 

Schon Bottari hat in seiner Vasari-Ausgabe dies hochgepriesene Portrat mit der 
Marmorbüste del Neros in S. Maria sopra Minerva identifiziert. Sie schmückt dort 
noch heute in einem Seiteneingang zur Kirche von der Via della Minerva her das 
monumentale Grabdenkmal des Schatzmeisters Clemens VII. gegenüber dem berühmteren 
Denkmal des Giovanni Alberini. Aber der Umstand, daß dieser Seiteneingang ge- 
schlossen und als Camera mortuaria hergerichtet wurde, ließ das Monument in Ver- 
gessenheit geraten.!) 

Auffallend ist es nur, daß Vasari das Grabmal del Neros in der Minerva über- 
haupt nicht erwähnt, daß er Mazzoni nur als Schöpfer einer Porträtbüste preist und 
zwar einer Büste, die nicht etwa nach dem Tode del Neros für sein Grabmal, sondern 
schon bei seinen Lebzeiten nadı der Natur ausgeführt wurde. Hat Vasari, wie es 
ihm auch sonst wohl geschehn, das Material verwechselt? Hatte er die Bronzebuste 
im Sinn, als er Giulio Mazzonis Fähigkeiten als Bildhauer pries? 

Schon Bode hat das Verhältnis beider Büsten mit gewohntem Scharfblick in 
der Hauptsache richtig erkannt. Der Umstand, daß die Marmorbüste an künstlerischer 
Qualität augenscheinlich hinter der Bronze zurücksteht, führte ihn zu der wohl un- 
bestreitbaren Annahme, daß der Römische del Nero eine wenig später entstandene 
Kopie der Berliner Büste sei. Aber er täuschte sich, wenn er beide Büsten als voll- 
ständig übereinstimmend bezeichnete. Wenn man auch zugeben muß, daß der Typus 
des kahlköpfigen Alten in ‘der furchtlosen Wiedergabe seiner charaktervollen HaBlichkeit 
vollständig der gleiche ist, daß von den charakteristischen Merkmalen des Bronze- 
kopfes kein einziger Zug im Marmor unterdrückt ist — so hat sich doch der Künstler 
als er nach der früher gearbeiteten Bronze die Marmorbüste für das Grabdenkmal 
schuf, den veränderten Verhältnissen aufs glücklichste angepaßt. Er wandte vor allem 
den mehr gesenkten Kopf des Verstorbenen, der aus der engen Mauernische seines 
monumentalen Wandgrabes herausschaut, energischer zur Seite, und er behandelte 
außerdem im Marmor die Gewandung vollständig anders als es in der Bronze ge- 
schehen. Überall spürt man das Bestreben, möglichst plastishe Wirkungen zu erzielen. 
Statt des schlichten Stehkragens der Bronze trägt der marmorne Francesco del Nero 
— auch dies ein Zeugnis seiner späteren Entstehung — einen feingearbeiteten Klapp- 
kragen; der nach antiken Vorbildern flach und schlicht geworfene Mantel, welcher bei 
der Bronze ziemlich tief herabfällt, ist im Marmor so dicht am Halse zusammengerafft, 
daß vom enganliegenden Wamms des Dargestellten nur noch zwei Knöpfe sichtbar 
werden. Machte der beschränkte Raum in der Rundnische ohne weiteres das Zu- 
sammenziehen des Mantels über den Schultern zur Pflicht, so machten sich ebenso 
stärkere Accente im Relief des Faltenwurfes notwendig, um die Büste dem massigen 
Aufbau und den stark vorspringenden Profilen des Denkmals anzupassen. 


1) Die Inschrift für das Denkmal, noch etwas vollständiger als sie Bode gibt, findet sich 
bei Forcella, Iscrizioni delle chiese di Roma I p. 458 n. 1785. Leider ist die Büste nicht unbe- 
schädigt. Die Nasenspitze ist abgebrochen. 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. I. 637 


Von der Entstehungsgeschichte beider Büsten kann man jetzt unschwer eine 
Vorstellung gewinnen, die sih auch mit Bodes Zeitbestimmungen vollständig deckt. 
Giulio Mazzoni scheint den alten Francesco del Nero noch bei dessen Lebzeiten nach 
eigenem Modell in Bronze gegossen zu haben. So erschien er naturgemäß dem Stifter 
des Denkmals, Francescos überlebendem Bruder Agostino, als die geeignete Kraft da 
es galt, auch das Andenken des Verstorbenen zu ehren. Mazzoni allein durfte auch 
das Recht beanspruchen, sein eigenes Werk noch einmal für das Grabmonument zu 
verwenden und seiner monumentalen Bestimmung entsprechend umzubilden. 

Aus solchen Tatsachen heraus dürfte denn auch Vasaris Zeugnis die einfachste 
Erklärung finden, der schwerlich die Marmorbüste seines Schülers so hoch gepriesen hätte, 
wäre sie im letzten Grunde nur eine freie Kopie nach der Bronzebüste einer anderen 
gewesen. Jene Angabe über die Büste del Neros, die er als Hauptwerk Mazzonis 
preist, scheint eben nicht nur die Marmorbüste in Rom — „fatta di marmo“ — 
sondern auch die Berliner Bronze einzuschlieBen — „ritratta dal naturale“. Beide 
Büsten sind wohl zweifelsohne nacheinander in Rom entstanden, wo Vasari beide noch 
gesehen haben kann.!) Haben sich die stolzen Hoffnungen erfüllt, für welche der 
Aretiner in dieser Porträtbüste die sicherste Gewähr zu finden glaubte? 

Giulio Mazzoni ist bis heute in der Kunstgeschichte eine ziemlich unbekannte Größe 
geblieben und gewiß nicht der kleinste Teil seines Lebenswerkes muß noch gefunden und 
bestimmt werden. Eine Kreuzigungsgruppe von seiner Hand in der Cappella Piccolomini 
in Monte Oliveto erhielt im Cicerone die schlechte Note „von gewôühnlichster Kon- 
zeption und auffallend ungeschlachten Formen.*) Eine mildere Beurteilung verdient 
die anmutige Statue der h. Caterina in S. Maria del Popolo;*) aber auch dieses 
nirgends erwähnte Werk vermochte nicht das Andenken seines Meisters vor Ver- 
gessenheit zu bewahren, obwohl er es mit seinem vollen Namen bezeichnet hat: 
Julius Mazzonus Placentinus pictor et scultor. Die Gemälde und Stuckarbeiten im 
Palazzo Capodiferro-Spada in Rom endlih sind als das Hauptwerk Giulio 
Mazzonis anzusehen. Er begegnet uns in dieser glänzenden Reihe heroischer Gestalten, 
in dieser Freskenfülle, deren Kompositionen die Summe der mythologischen und alle- 
gorischen Vorstellungen des späten Cinquecento zu umfassen scheinen, überall auf den 
Spuren Michelangelos. Ja, er hat des großen Florentiners Zeichnungen zuweilen 
ohne weiteres kopiert. Erst wenn einmal die unedierten Schätze gehoben sein werden, 
welche der Palazzo Spada umschließt, wird es möglich sein, über die Kunst des 
Meisters von Piacenza ein abschließendes Urteil zu fällen. 


1) Die Bronzebüste Francescos gelangte dann später in den Familienpalast der del Nero 
nach Florenz, wie Bode aus Bocchi, Bellezze della città di Firenze (p. 290) nachweisen konnte. 

2) Achte Auflage 1901. II, 2 p. 534. 

3) In der letzten Seitenkapelle des linken Querschiffes. 


L’Exposition des Cent Pastels 


Par Jean Guiffrey 


L'Exposition des Cent Pastels laissera dans la mémoire de ceux qui l'ont visitée 
le plus agréable souvenir: on aimera à se rappeler cette charmante réunion de por- 
traits de jolies femmes, souriantes et aimables, de gentilshommes, de lettrés, d'artistes, 
société très dioisie, très délicate, où l'on a été quelque temps admis, avant qu'elle se 
soit pour toujours dispersée, et on gardera une très vive reconnaissance envers ceux 
qui nous ont permis de frayer quelques semaines en aussi gracieuse compagnie. 

L'idée de grouper quelques-uns des plus précieux portraits au pastel des galeries 
parisiennes était particulièrement heureuse. Rien mieux que ces peintures, fragiles et 
légères, mais qui ont conservé si fraiches et si douces leurs colorations premières, 
ne peut, en effet, donner une plus juste idée de la société élégante du XVIIIe siecle 
francais, ni de l'art du portrait à cette époque. Et si l'on s'étonne que pareille tenta- 
tive n'ait pas encore été faite, on devra se rendre compte des difficultés exceptionnelles 
qu'une pareille exposition devait soulever. La fragilité extröme de ces délicates pein- 
tures, que le moindre heurt peut endommager, pouvait justement faire hésiter les pos- 
sesseurs de ces chefs d'œuvre à les confier à des étrangers, si zélés et si soigneux 
qu'ils puissent être: il fallut toute la bonne grâce persuasive et l'ingénieuse charité d'une 
grande dame, aidée d'un petit nombre d'amateurs très délicats, pour vaincre ces 
hésitations et réussir au mieux cette difficile entreprise. 

Nulle préoccupation de représenter complètement l'art du pastel au XVIII siecle 
ne sy manifestait; quelques-uns des artistes qui l'avaient alors traité avec distinction: 
comme Joseph Boze, Lundberg, Alexis Loir, Valade, Mme Vigée-Lebrun etc., étaient ab- 
sents, d'autres, plus importants encore, comme Chardin, Prud’hon, Hoin, Mme Labille- 
Guyard etc., ne figuraient ici qu'avec une œuvre ou deux, d'importance parfois 
secondaire; en sorte que le grand intérêt de l'Exposition n'était pas de connaître tous 
les pastellistes du XVIIIe siècle, mais de pouvoir y étudier et mieux comprendre les 
deux plus grands maîtres français en ce genre, les deux anciens rivaux, qui, pour la 
première fois, se trouvèrent en présence dans des conditions sensiblement égales, 
avec chacun une trentaine d'œuvres soigneusement choisies; ce qui permit à leurs 
admirateurs de mieux apprécier leurs qualités propres et leurs différences. 

La Tour et Perronneau, dont la carrière avait été si différente, connurent 
après leur mort les mêmes ingratitudes, le même mépris. Toutefois, La Tour, plus 
choye, plus admiré, plus heureux pendant sa vie, fut aussi, grâce en partie, il faut 
le dire, aux œuvres humanitaires dont il avait, en mourant, gratifié sa ville natale, 
plus vite et mieux compris lors de la réhabilitation, au XIX® siècle, de l'art francais de 
l'époque de Louis XV. La reconnaissance de ses concitoyens, en recherchant des 
documents dans les archives de la ville de St Quentin, aida beaucoup les amateurs éclairés 
et les historiens à remettre a sa juste place, définitivement, l'illustre peintre. Paris tire 
moins de vanité de ses grands enfants, il y en a trop, et il fallut de longues et 


Jean Guiffrey. L’Exposition des Cent Pastels 639 


patientes recherches d'un des plus eminents historiens de notre art national, M. Maurice 
Tourneux, pour élever a Perronneau, natif de Paris, un monument durable!) nous faisant 
connaître, dans ses grandes lignes, l'existence incertaine et agitée de ce maitre. 

On dit que La Tour fut entrainé à traiter le portrait au pastel, parce que son 
tempérament délicat et nerveux s'accommodait mal des odeurs d'essences et de vernis 
que comporte la peinture à l'huile, et certainement aussi parce que la triomphante ap- 
parition de la Rosalba à Paris en 1720—1721 avais mis fort à la mode la manière de 
pastel. Est-il besoin de rappeler qu'il procédait, dans l'exécution de ses portraits, par 
des études ou préparations successives ? 
Il avait coutume d'abord de tracer un 
dessin du masque de son modele, sur 
papier bleuté, fortement accentué, en 
ecrasant son fusain pour les ombres et 
en faisant ressortir les lumières au crayon 
blanc; puis, sur un second dessin il 
adoucissait les contours, les passages 
de la lumière à l'ombre, il marquait de 
rouge les lèvres et donnait de la vie, 
de l'expression au regard; dans une 
troisième étude, il utilisait toutes les 
ressources de ses pastels, donnant la 
coloration des chairs et des cheveux, 
étudiant déjà le visage de son modèle 
aussi complètement que dans l'œuvre 
définitive, où il se bornera le plus 
souvent a reproduire exactement cette 
derniere étude. La Tour conservait 
soigneusement ces preparations et le 
Musée de S! Quentin en a recueilli un 
grand nombre, beaucoup se sont perdus, LA TOUR. Portrait de Marguerite Lecomte 
le Louvre n’en possede point, mais on 
en connait dans certaines galeries parisiennes. L’Exposition nous en presentait quel- 
ques-unes; nous mentionnerons particulierement le masque de Voltaire, fortement 
accentué (à M. E. Strauss n° 52), le masque délicat du duc de Bourgogne, petit-fils 
de Louis XV (a M. le Baron Ed. de Rothschild, n° 50), celui de la Marquise de Rumilly 
(a M. J. D. n° 39), surtout le charmant visage, plein de malice et de gaité, non de 
Melle Dangeville, comme le dit le catalogue, mais de Mme de Mondonville?) (a 


1) J. B. Perronneau par M. Tourneux, 1903, tirage 4 part de la Gazette des Beaux-Arts. 
MM. Ratouis de Limay, et Vaillat préparent en ce moment uu grand ouvrage sur Perronneau. 
*) La comparaison avec le portrait de Mme de Mondonville (4 Mme Jahan-Marcille, no 44) 
placé, sans doute intentionnellement, tout à côté de ce masque est tout à fait décisive. Le 
Musée de St Quentin posséde, par contre, un portrait de Melle Dangeville sans analogie avec cette 


préparation. 
42 


640 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Mme Becq de Fouquières n° 30), enfin le masque de La Tour avec une expression 
sérieuse (à Me Becq de Fouquières n° 29) largement exécuté a grands traits 
de pastel. | 

Tous les portraits de La Tour sont soigneusement composés: on peut remarquer 
chez lui une préoccupation constante de donner à ses modèles une altitude naturelle et 
familière, un arrangement heureux, et, lorsque les dimensions du portrait le permettent, à 
les placer dans leur milieu, 
parmi les meubles et les ob- 
jets qui nous diront leurs 
goûts ou leurs occupations 
habituelles. Que ce soit dans 
de simple portraits en buste, 
comme dans le beau portrait 
de M. Watelet, de l'Académie 
francaise, d'une distinction si 
raffinée (à M. Veil-Picard 
n° 55), du Salon de 1753, 
si different du portrait de 
M. de Neuville, oü se lit la 
satisfaction heureuse du riche 
fermier general, image d’une 
bourgoisie puissante, me- 
diocre et vaniteuse, sorte de 
Bertin du XVIIIe siècle (a 
M. de Neuville, n° 59), ou 
dans le portrait de Guillaume 
Claude de Laleu, gros, gras, 
débraillé, la face souriante 
et rejouie (a M. P. Huillier, 
n° 42). La Tour ne se borne 
pas a nous montrer le visage 
de ses modèles, il nous dé- 
couvre leur äme et vous fait 
connaitre leurs sentiments. 
Par la il prend rang parmi les plus grands portraitistes. C'est toutefois surtout 
par ses portraits composés qu'il se distingue le plus et qu'il trouve la plus grande 
originalité. L'Exposition nous en montrait de fort beaux: portrait de Madame de 
Mondonville (à Mme Jahan-Marcille, n° 44), du Salon de 1753, où la jeune et dhar- 
mante femme du celebre compositeur est gracieusement représentée le bras gauche 
pose sur un clavecin, la téte, agrémentée d’un bonnet de dentelle, appuyee sur la 
main gauche; portrait du graveur Schmidt, ami intime de La Tour, d'un arrangement 
des plus pittoriques, la tête entourée d'un foulard (à M. Veil-Picard, n° 56); le portrait 
de Marguerite Lecomte, du Salon 1759, de face, tenant a deux mains son cahier de 


LA TOUR. Portrait de Madame de la Reynière 


Jean Guiffrey. L’Exposition des Cent Pastels 641 


musique, charmante dans sa robe de velours bleu, garnie de fourrure, «à la Polonaise»; 
la mine souriante et de la malice plein les yeux (à M. J. D., n° 41); surtout les ad- 
mirables portraits de Etienne Perrinet, sieur de Jars, de Duval de l'Epinoy, de Madame 
de la Reynière et de Madame Mase. 

Etienne Perrinet, sieur de Jars (a M. le Marquis de Vogué n° 62) était fermier 
général, lorqu'il fit exécuter son portrait par La Tour jeune encore, car ce pastel figurat 
au Salon de 17401). Il est représenté debout, appuyé au dossier d'un fauteuil canné, 
se détachant sur une draperie rouge, l'expression souriante du visage est spirituelle et 
fine; il prend une pincée de tabac dans une tabatière dor: bien que d'exécution un 
peu dure, et de coloration terne, ce por- 
trait est de grande allure. 

Le même geste machinal de priseur 
est surpris dans le beau portrait de Duval 
de l'Epinoy (à M. J. D. no- 37). Exposé au 
Salon de 1744, avec les portraits du roi, du 
dauphin et de Philibert Orry ?), aujourd'hui 
au Musée du Louvre, il est signalé par 
Antoine Duchesne comme le triomphe de 
la peinture au pastel, et par Mariette, comme 
le “roy des pastels de La Tour“. Ce chef- 
d'œuvre, longtemps introuvable et invisible, 
nous montre le riche financier, ami de 
l'artiste, dans son bel habit de moire grise 
(on sait que l’étoffe de moire était alors 
fort à la mode) assis, les jambes croisées, 
près de sa table sur laquelle sont posés 
un grand livre ouvert, une mappemonde etc. 
La fine bonhomie du visage, l'heureux ar- PERRONNEAU. Portrait présumé d'un fils du 
rangement de l'ensemble, surtout de l'habit sculpteur Le Moyne. O 
rejeté sur le bras du fauteuil, l’exécution 
ferme et précise, nous font comprendre et partager l'enthousiasme de Mariette. La 
Tour était alors dans la pleine possession de son génie; il avait du reste coriscience 
de sa force et de sa valeur: on sait que le paiement de ce portrait amena la brouille 
entre les deux amis, déjà le pastelliste à la mode montrait des exigences singulières 
et n'entendait pas qu'on les discutàt. 

Le portrait de Madame de la Reynière (à M. J. D. no. 35) figura au Salon de 
1751. Mariette, blasé maintenant sur la talent de La Tour, n’a. plus une exclama- 
tion aussi louangeuse que pour le précédent, il signala toutefois comme: «tous très 


1) On sait que La Tour exposa, pour la première fois au Salon de 1737, âgé de 33 ans. 
M. J. D. possède une répétition originale du portrait d’Et. Perrinet. 

2) Sur ce dernier portrait et sur le portrait de Duval de l'Epinoy voir: Maurice Tourneux 
Gazette des Beaux-Arts, 1er avril 1904: Identification de deux modèles de La Tour, p. 275. 


642 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


PERRONNEAU. Portrait de jeune femme. 


beaux», les pastels exposés par l'artiste cette année la. Madame de la Reynière est 
représentée de la façon la plus simple, assise, dans sa robe de soie bleue garnie de 
dentelles et de franges, de trois quarts à droite. Ce portrait faisait pendant à celui 
de M. de la Reyniére, dont nous avons aujourd'hui perdu la trace; le règlement de ces 
deux œuvres amena aussi des difficultultés entre le financier et l'artiste. Dix mille 


Jean Guiffrey. L’Exposition des Cent Pastels 643. 


PERRONNEAU. Portrait de Mme Olivier 


livres pour chacun des portraits étaient une exigence certes exhorbitante, et M. de la 
Reynière prit la parti de laisser à l'artiste ses deux pastels; La Tour signifia, par 
exploit, à son client d'avoir à les lui payer; enfin, menacé d'un procès, M. de la 
Reynière se décida à reprendre les deux portraits moyennant le paiement de 4800 livres, 
auxquelles Restout et Silvestre, pris comme arbitres, avaient rèduit les prétentions de 
leur ami. Peut-être aussi La Tour avait-il éprouvé un assez grand effort à exécuter 


644 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


un bon portrait de cette dame d'esprit simple et banal, à laquelle, il a donné une 
attitude reservee et timide. | 

Tout autre est l'impression que nous ressentons devant le portrait de Mme Mase, 
ignoré hier et dont l'apparition a été l'évènement sensationnel de l’Expositon, car c'est 
à coup sir une des œuvres les plus complètes et les plus typiques du maitre. Cette 
jeune femme, spirituelle et aimable, est reprèsentée de face, souriante, vêtue d'une 
robe de velours bleu, garnie de fourrure noire, les deux mains dans son manchon de 
même fourrure. Jamais La Tour n'a fait parler plus finement les yeux et la bouche de ses 
modèles, dans lesquels du il s'efforcait toujours de mettre de l'expression, par lesquels 
vivent ses portraits. L'exécution de la robe, des fourrures, des dentelles surtout est 
d'une précision, que l'on ne peut dépasser sans sécheresse. Ce portrait qui fut légué 
par Madame Mase, à Madame la Mse de Juigné, trisaïeule du possesseur actuel (M. le 
Mis de Juigne, n° 61), est d'une étonnante conservation, il était demeuré dans un lointain 
château depuis le XVIII siècle jusqu'à la veille de l'ouverture de l'Exposition: aussi 
voyons nous ici un pastel tel qu'ils sortaient de l'atelier de La Tour, avec tout le velouté 
des chairs et des étoffes, le poudré des joues et des cheveux, le luisant bleuté des 
fourrures, la transparence ambrée des dentelles; l'art de La Tour se révèle ici dans 
tout l'infini de sa laborieuse conscience. 

C'est par là qu'il diffère surtout de l'art plus libre de Perronneau, plus sensible 
habituellement a l'harmonie des choses, de taille, cependant, s'il lui plait, malgré les 
dédains injustifiés de ses contemporains, à porter ombrage, parfois, à son heureux 
rival. Que l'on se souvienne du portrait de La Tour, par Perronneau, du Musée de 
St Quentin, qui fut l'occasion de si mauvais procédés de La Tour envers son jeune 
confrère, que l'on étudie à l'Exposition les portraits de M. et Mme Olivier, dates de 
1748, le jabot de dentelle de l’un, la robe de péquin jaune à ramages de l'autre, et 
on constatera que jamais La Tour n'a pu aller plus loin dans le rendu des étoffes et 
de la matière. Il semble bien toutefois que les procédés des deux maitres soient dif- 
férents. Alors que La Tour, exclusivement pastelliste, dédaignait l'emploi de la gouache, 
Perroneau, comme la Rosalba, l'utilisait parfois pour préciser un détail ou pour ac- 
centuer une forme: c'est que Perronneau était peintre; le Louvre possède ses morceaux 
de réception à l’Académie: les portraits d’Oudry et de Lambert Sigisbert Adam exécutés 
à l'huile: se servant tour à tour du princeau ou des crayons de pastels il avait parfois 
la ressource d'utiliser l'un ou l'autre procédé. 

Sauf quelques exceptions charmantes, comme le portrait de jeune femme tenant 
un bouquet (à M. J. D. n°81), du Salon de 1746, Perronneau s'est rarement préoccupé, 
comme nous l'avons remarqué chez La Tour, de composer ses portraits et de leur 
donner des attitudes variées, gracieuses ou familieres: il nous montre habituellement 
ses modèles de face, de la façon la plus simple, tels exactement qu'ils s'étaient pré- 
sentés à lui. S'il ne recherche guère les attitudes de ses portraits, mieux que personne en 
son temps, il sait combiner leurs colorations, toujours très harmonieuses dans une même 
gamme, il affectionne particulièrement les tons noirs ou gris destinés à faire ressortir 
l'éclat ambré et velouté des visages et des poitrines, à s'harmoniser, par des reflets, 
avec les tonalités environnantes. (C'est surtout par les ressources d'un dessin sans 


Jean Guiffrey. L’Exposition des Cent Pastels 645 


PERRONNEAU. Portrait de M. Olivier 


artifice, d'une exactitude scrupuleuse, d'une étonnante conscience que La Tour pro- 
voque notre admiration, c'est par le raffinement de colorations qui se combinent et 
s'harmonisent que Perroneau nous émeut!). Diderot qui toujours prèche l'observation 
de la nature et conseille aux artistes de la reproduire le plus fidèlement possible, se 
préoccupait surtout du dessin; et ne parait pas avoir compris, pas plus que ses con- 
temporains, cet artiste, qui, pour établir les valeurs relatives des ombres et des 
lumières, aimait à placer ces modèles dans une harmonie ambrée et douce. Il ne 
pouvait pas, non plus, lui passer l'exécution habituellement prime-sautiere et légère, 


1) M. Albert Besnard, avec la particuliere compétence d’un grand maitre du pastel, a de- 
veloppé la caractéristique de l’act de Peronneau dans une conference très justement applaudie 
qui sera la préface du grand volume sur l'Exposition du Cent Pastels dont M. G. Petit prépare 
en ce moment la publication. 


646 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


d'une si loyale franchise, de ses pastels, où une grande place étant laissée a l'inter- 
prétation; Perronneau ici devancait son temps, ce qui est, on le sait, une fort mauvaise 
chose pour la fortune des artistes ou des poetes. 


Mieux que pour La Tour, qui jamais n’a signe ni date un pastel, on peut suivre 
le développment du génie de Perronneau, grâce aux dates dont il faisait suivre, le 
plus souvent, sa signature sur ses œuvres. Il exposa, on le sait, pour la premiere fois, 
en 1746. L'Exposition nous montrait, de l'année suivante quelques œuvres particu- 
lierement precieuses: le portrait du fils du sculpteur Le Moyne (a M. Albert Lehmann, 
n° 86), du Salon de 1747, d'une coloration toute fraiche, où sur un fond bleu pale se 
jouent, sur le vêtement, les roses et les gris, sous le visage rose et blond, de l'accord 
le plus delicat; autre portrait d’enfant (a M. J. D. n° 82), date de 1747') tout blond et 
tout rose aussi, tout poupin dans sa petite robe décolletée, grise a fleurettes roses et 
bleues, d'une exécution légère et spirituelle, d'une coloration riante et gaie comme un 
bouquet de printemps. Dans les portraits d'enfants Perronneau excelle à exprimer la 
douceur de leur teint frais, l'or de leurs cheveux, la naïveté de leur pose, et se 
montre supérieur à La Tour qui aussi bien dans le portrait de Nicole Ricard (à Mme la 
MS Arconati Visconti, n° 28) exposé ici, que dans le portrait du Petit Dauphin du 
Musée du Louvre, ne parvient qu'à faire de ces enfants des réductions de grandes per- 
sonnes, fardées et manierées. Le portrait du graveur Huquier est également daté de 
1747 (à M. A. Lazard, n° 85), c'est une figure pleine de bonhomie et de vie, vivement 
exécutée, dans un moment d'entrain, comme il arrive souvent pour les portraits d'amis 
ou de parents. 


L'année suivante est particulièrement heureuse dans la carrière du maitre: les 
portraits de M. et de Mme Olivier sont exécutés et exposés cette année là; nous avons 
dit déjà la place exceptionnelle qu'ils tiennent dans l'œuvre de Perronneau, ajoutons 
seulement que l'harmonie des carnations du visage, de la gorge et du bras de me 
Olivier, parmi des flots de dentelles et l’ötoffe jaune de sa robe est une des choses plus 
délicates que l'on puisse voir; la préciosité de l'exécution n'enlève rien au charme des 
colorations; sauf quelques dommages légers dans le visage, c'est, à notre sens, un des 
plus beaux pastels qui existent. La même année fut exécuté un autre portrait de femme, 
jeune, fraiche, décolletée, de la plus délicate harmonie (à M. Mame sans n°). C'est 
le moment où les contemporains pouvaient dire justement: ,Je crois qu'on peut parler 
de M. Perronneau, après M. La Tour. Il suit sa trace de fort près, et probablement 
doit prendre un jour de ses mains le sceptre du pastel, lorsque celui-ci, satisfait 
de la multitude de ses triomphes, songera enfin à se reposer à l'ombre de ses 
lauriers.“ 

La critique ne devait pas être toujours aussi favorable à Perronnean, auquel La 
Tour, jaloux, ne remit jamais „le sceptre du pastel“, et qui gardera presqu’ exclusi- 
vement le clientèle de la cour, de la noblesse et de la finance. Perronneau sera le portrai- 
iste de la bourgeoisie obscure: beaucoup de ses pastels demeureront anonymes. En 


1) Et non 1741 comme le mentionne le Catalogue trop souvent inexact. 


Jean Guiffrey. L’Esposition des Cent Pastels 647 


PERRONNEAU. Le jeune homme a la rose 


1749 il exposait un portrait de jeune femme tenant un bouquet de giroflées, qui est 
probablement le charmant portrait de jeune femme (a M. J. D., n° 81) qui, dans une 
attitude tres gracieuse, tient à la main un bouquet de fleurs; c'est d'une fantaisie fine 
et charmante; le visage encadré de cheveux noirs, éclairé de beaux .yeux brillants 
et francs, est de la plus exquise fraîcheur, le vêtement noir, garni de bleu, est bien 
exécuté, l'ensemble est des plus séduisants. Déjà, cependant, dans les fonds et dans 
les ombres Perronneau manifeste une predilection pour les tons gris ambrés. Les beaux 
portraits de M. et Me de la Fontaine exécutés en 1750 et exposés en 1751 (a 
M. le Mis de Saint-Maurice Montcalm n°s 89 et 90) denotent une accentuation vers ce 
goüt pour les tons jaunätres. Alors que dans les pastels de La Tour les bleus dominent 
habituellement, Perronneau manifeste des lors un goüt de plus en plus vif pour les 
tons chauds, ambres, legerement jaunätres, amenant parfois des tonalites verdätres dans 
les ombres des chairs. On peut remarquer cette tendance dans le trés beau portrait 


648 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


de son ami Desfriches, exécuté et exposé en 1751!) d'une exécution si vive, si accentuee; 
dans le portrait de charme alangui de l'homme à la rose exécuté a Bordeaux en 1731; 
dans le portrait plein de grâce souriante, d'abandon naturel de la Comtesse Jacquette 
d’Arches (a Mme René d’Hubert, n° 83); dans le portrait de Jeanne Dorus, troisième 
femme du sculpteur Le Moyne, exposé au Salon de 1753 (a M. G. Dormeuil, n° 75); 
dans les portraits de M. et Me Dutillieut exécutés à Lyon en 1759 (à M. J. D. et a M. 
L. M. Levy, n°s 80 et 88). Puis la forme s'allonge, se fond, s’amollit, perd de plus 
en plus de précision, tout en gardant le caractère et l'individualisme de chaque visage; 
l'exécution devient hätive comme serait celle d'un Frans Hals pastelliste, dans les por- 
traits d'hommes (a M. le Duc Decazes, n°s 71 et 72) datés l'un, en habit de velours 
noir, de 1763, l’autre, en habit bleu verdâtre, de 1765; dans ce portrait d'artiste, avec 
la méme attitude que le portrait de Desfriches de 1751, (a M. Doistau, n° 74) date 
de 1766; ou ce portrait de Mme Desfriches, daté de 1765. D'autres pastels furent 
exécutés de 1770 à 1773: beau portrait d'homme inconnu (à M. G. Dormeuil, n° 76), 
portrait d'un peintre (à M. Pierre Decourcelle, n° 73), daté de 1772; portrait de la 
Comtesse Corbeau de St Albin (à Mme Georges Duruy, n° 84), enfin le portrait de 
M. Van Robai, exécuté en 1773 pendant le deuxième voyage de Perronneau en Hollande 
(à M. J. D. n° 78) où, dix ans plus tard, il devait misérablement mourir isolé. 

| Après avoir étudié ces maîtres si sincères et si forts, il est difficile, il serait 
peut-être injuste, de parler des pastels de l'école anglaise que l'on avait réuni ici. 
Certes, Russell, qui y dominait, trouve parfois, pour exprimer le charme des enfants, le 
naïveté de leurs gestes, la grâce de leurs attitudes ou l'élégance des jeunes femmes, 
des motifs heureux, mais on ne peut, après La Tour et Perronneau, s'habituer à la 
banalité des visages, à l'insignifiance de leurs expressions. Ici tout l'art consiste a 
rechercher la grâce dans le maniérisme, dans une beauté très conventionnelle et 
toujours semblable. Nulle observation de la nature, ni dans l'expression, le caractère 
des visages, ni même dans l'éclairage, la disposition des lumières et des ombres, les 
valeurs relatives des colorations ne, s'y manifeste, et cet art parait bien superficiel 
auprès de l'honnéte et forte sincérité des maitres français. Il faut évidemment voir 
là l'effet d'une insuffisante représentation de l'art des pastellistes anglais à cette expo- 
sition, où se voyaient aussi deux pastels de Liotard, bien lourds d'expression et de 
facture, d'une harmonie peu séduisante. 


La décoration très heureuse de la salle, tout à fait remaniée et rajeunie pour 
la circonstance, était complétée par une vingtaine d’admirables bustes qui mériteraient à 
coup sûr, à eux seuls, une sérieuse étude, que d'autres, plus compétents, feront ailleurs. 
Puisque ces sculptures ne figuraient à l'exposition qu'à titre complémentaire, bornons 
nous à signaler les bustes de Jean Victor de Bezenval et de J. V. de Bezenval, duc 
de Brunstadt, datés le premier de 1735, et l'autre de 1737,exécutés par Jacques Caffieri, surtout 


1) Voir sur Desfriches et ses relations avec les artistes de son temps et, en particulier, 
avec Perronneau l'excellent ouvrage de M. Ratouis de Limay, arrière petit neveu de Desfriches. 
Un pastel de l'Exposition (a Mme X, no 97) réunit les portraits de la mère de Desfriches et de 
Perronneau. 


A 
Q 
+ 
Ge 
(sel 
en 
+ 
E 
Q 
Q 
N) 
Q 
a 
= 
© 
= 
N 
O 
oN 
Gei 
= 
Kl 


Jean Guiffrey. 
Portrait de M. Van Robai 


PERRONNEAU. 


650 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


le premier d'une allure si fière et d'une exécution si souple; le buste du Prince de Conti 
par Mégard, exprimant avec force l'orgueil et la fatuité de ce prince de petit esprit; 
le tres beau buste du Cardinal de Richelieu, si décoratif et si noble, de Jean Varin; 
d'admirables bustes de Pajou et surtout de Houdon, parmi lesquels le portrait de Mme 
Adelaide de ce dernier, date de 1777, excitait une admiration générale. Il fallut, en 
effet, tout l'art de ce grand sculpteur pour exécuter, d'après cette personne sans esprit, 
d'après ce visage sans beauté et sans grâce, un pareil chef-d'œuvre, une effigie si 
noble, un portrait qui, sans attribut, apparaît à tous comme celui d'une princesse de 
haut rang. Ici encore c'est par l'observation de la nature et son interprétation ex- 
pressive et intelligente que Houdon fortifie son art; par là il se rapproche de ses 
grands contemporains La Tour et Perronneau. 


„Bode“ 


Seit Wochen vollzieht sich in München ein Schauspiel unerfreulichster Art, besonders unerfreulicı, weil — 
wie es scheint — ein Teil der eigentlichen Akteure hinter den Kulissen steht. Indes wird jeder Kenner der Miinchener 
Museumsverhältnisse sehr leicht die Fäden dieses verwickelten Knäuels entwirren und den eigentlichen Brenupunkt 
der ganzen Frage erkennen können. Denn auch dieser Fall hat zwei Seiten, die sehr deutlidı voneinander geschieden 
sind: eine allgemein politische, wobei der partikularistische Ehrgeiz — alias die feierlidie Unabhängigkeitserklärung 
von Berlin — obenan steht, und eine lokale — intern münchnerische, die den widerwärtigsten Teil des Kampfes zeigt, 
weil derselbe mit unlauteren Mitteln geführt wird.!) 

Was nun die partikularistisch-politishe Tendenz anlangt, mit der man in Bayern noch immer so leicht dem 
Volke und nicht nur diesem imponiert, so hat erfreulicherweise die bayerische Staatsregierung selbst durch den Mund 
des Kultusministers einige schärfere Töne der Abwehr gefunden. Dagegen vermißte mancher mit Recht ein Wort des 
schuldigen Dankes für den so schwer angegriffenen Bode, was von privater Seite in einem Aufsatz der M. N. N. nadı- 
geholt wurde, in dem ein privater Kunstfreund sehr eindringlich auf die notorischen Verdienste Bodes um die bayerischen 
Staatssammlungen hinweist. Dieser an sich rein sachliche Artikel entfachte nur um so heftiger den Zorn der Gegner, 
die sich der sozialdemokratischen Hetzpresse als Sprachorgan bedienten. 

Mit diesem Punkte aber kommen wir auf die lokal-miincinerische Seite der Angelegenheit zu sprechen. Wie 
bekannt, bildete die gemeinsame Basis für die parlamentarische Erörterung des „Falles“ ein Aufsatz Volls in den „Süd- 
deutschen Monatsheften“ unter dem Titel „Die bayerischen Kunstsammlungen“, den sein Verfasser vor den Kammer- 
verhandlungen auf den Sitzen der Abgeordneten hat verteilen lassen. Der Zweck des Aufsatzes ist leider viel zu 
durchsichtig. Die Angst vor dem kommenden Mann, dem zukünftigen Pinakotheks-Direktor, von dem man fürchtet, 
daß er ein „Mann Bodes“ sein werde, hat den Artikel diktiert. Daher der Kampf gegen den Bodeschen „Einfluß“ mit 
dem Hinweis auf den notwendigen Generaldirektor, der natürlidı nur der Autor selbst sein kann. 

Bedauerlich und zugleich widerlich ist das Schauspiel nur deshalb, weil die Mittel des Kampfes (womit nicht 
der Vollsche Artikel gemeint ist), wie ihn die sozialdemokratische Presse aufnahm, verleumderische waren, weil jene 
dunklen Ehrenmänner, die in München die Bode-Hetze inszeniert haben, hinter den Kulissen stehen und nicht hervor- 
zutreten wagen, weil man sich selbst in der bayerischen Kammer nicht gescheut hat, einen der tüchtigsten Beamten der 
bayerischen Sammlungen in unerhörter Weise zu verdäcttigen, und weil alle Vorwürfe gegen Bode selbst so töricht 
und lächerlich sind, daß man allerdings die Verwirrung der Köpfe nur beklagen kann. 

Es ist nun die Frage: wird man in Bayern den Mut finden, unabhängig von allen partikularistischen Interessen 
und den persönlichen Ambitionen einzelner, allein nadı Maßgabe der Tiichtigkeit und der Befähigung der Berufenen, 
den Museen die Basis zu schaffen, die eine wirklich gesunde Entwicklung garantiert, d. h. eine Besetzung der vakanten 
Direktorenposten mit wissenschaftli und moralisch vertrauenswiirdigen, d. h. ausserhalb der Kliquen stehenden Per- 
sönlichkeiten, die für eine Sanirung der kollegialen Beziehungen der Beamten innerhalb und außerhalb der bayerischen 
Hauptstadt bürgen. Das ist unseres Erachtens der Brennpunkt der Frage — und unter diesem Gesichtspunkt wird der „Fall“ 
Bode für alle kunsthistorisch interessierten Kreise, ja für das gebildete Deutschland, für das der Begriff „München“ 
immer noch mit dem Begriff „Kunststadt“ gleichbedeutend ist, aktuell. Die Entschließungen der bayerischen Staats- 
regierung werden eminent folgenschwer sein. G. B. 


*) Wir konnten uns erst in letzter Stunde entschließen, auch unsererseits Stellung zu diesen Dingen zu nehmen. 
Algemeines, wie die Verhandlungen der bayerishen Kammer, die Vorwürfe gegen Bode, auf die dieser leider bisher 
nodi nicht geantwortet hat, setzen wir als bekannt voraus, da uns der Raummangel zu Mrena Niger Kürze zwingt 

er Herausgeber. 


Studien und Forschungen 


ZUR IKONOGRAPHIE MICHEL- 
ANGELOS 


Nachtrag zu dem Titelbilde dieses Heftes 


Nicht ohne Mihe ist es inzwischen gelungen 
vom Porträt Michelangelos in S. Giovanni 
Decollato eine Detail-Aufnahme herstellen zu 
lassen. Idi glaube dieselbe hier den Lesern 
der Monatshefte ohne weiteren Kommentar 
bieten zu können. GewiB ist die Malerei des 
Jacopo del Conte als Kunstwerk betrachtet kein 
Meisterstück, aber die Identität des Porträts 
mit Michelangelo werden auch Skeptiker shwer- 
lich anfechten wollen. 

Die Ikonographie Michelangelos ist seitdem 
durch Hans Mackowsky um ein äußerst feines 
und wenig bekanntes Porträt bereichert worden. 
Er hat in seiner jüngst erschienenen Michelangelo- 
Biographie das wohlerhaltene Marmorrelief re- 
produziert, welches Adolf von Beckerath unter 
seinen Kunstschätzen in Berlinbewahrt. Die 
Vermutung Mackowskys, daB Ammanati dies 
Relief gearbeitet habe, glaube ich bestätigen zu 
können. Völlig unbekannt dürfte selbst den 
Michelangelo-Forschern ein Holzschnitt v. J. 1527 
in Sigismondo Fanti’s „Triompho di Fortuna“ ge- 
wesen sein, den Leo Baer vor kurzem im 
Frankfurter Bücherfreund (Nr. 2, 1908, p. 27 ff) 
publiziert hat. Wenn hier von einer wirklichen 
Porträtdarstellung auch nicht die Rede sein kann, 
so ist es doch äußerst fesselnd zu sehn, wie 
sich die Zeitgenossen den „gran scultore“ in 
San Lorenzo bei der Arbeit vorstellten. Weitere 
Beiträge zu dem fesselnden Problem stellt Baron 
Joseph du Teil in den Publikationen der „Société 
des Antiquaires de France“ in Aussicht. So 
dirfte nun der Zeitpunkt nicht mehr allzu fern 
sein, wo es mit Erfolg versucht werden kann, 
sämtliche Porträtdarstellungen Michelangelos 
Gemälde, Stiche, Zeichnungen, Marmorbüsten 


und Bronzen zu sammeln und in kritischer 


Studie die Spreu vom Weizen zu sichten. 
Meine Vermutung, das vatikanische Relief 
mit dem Profilbildnis Michelangelos sei von 
Ammanati ausgeführt, fand ich inzwischen durch 
einen Vergleich mit dem Denkmal des Benavides 
in den Eremitani in Padua bestätigt. Vor allem 
die Allegorien der Fama hier und der Stadt 
Pisa dort verraten geradezu schlagende Ver- 
wandtschaft in der Behandlung der Formen, in 
der Faltengebung, der Haartracht usw. Audi 


das Porträt Ammanatis auf dem vatikanischen 
Relief scheint mir gesichert, seit ich es mit dem 
beglaubigten Bildnis des Künstlers in S. Giovanni 
degli Scolopi in Florenz vergleichen konnte, von 
dem man in der Serie degli uomini i piu illustri 
nella pittura, scultura e architettura (VI, 159) 
eine Nachbildung finden kann. 

Ernst Steinmann. 


8 


BEMERKUNGEN ZU EINIGEN VENE- 
ZIANISCHEN BILDERN DER BRERA 


Kürzlidı ist ein vorzüglicher Katalog der 
Breragalerie erschienen, der Malaguzzi Valeri 
zum Verfasser hat.') Die folgenden Notizen 
wollen ein kleiner Beitrag zum weiteren Aus- 
bau dieser Arbeit sein. — 

Nr. 117 Tiziano Vecellio (Maniera). Abend- 
mahl. Wenn das Bild auch kein eigenhändiges 
Werk Tizians sein möchte, so besitzt es doch 
als alte, vielleiht Werkstattswiederholung 
des „Cenacolo“ im Eskurial hohen Wert. Be- 
kanntlich wurde dieses „Abendmahl“ gleich nach 
seiner Ankunft in Spanien, trotz Navaretes 
Protest, barbarisch verstümmelt: Ein breiter 
Streifen wurde oben abgeschnitten. Mit Hilfe 
des Brerabildes läßt sich die „Cena“ im Eskurial 
ergänzen. Der Raum, in dem die heilige Feier 
stattfindet, ist oben mit einer schattensammeln- 
den, flachen Kassettendecke geschlossen, — 

Nr. 123 Maniera di Bassano. Die Anbetung 
der Hirten. Das Bildchen ist eine schlechte, der 
Ausstellung in der Brera kaum würdige Kopie 
Jacopos prachtvoller „Anbetung der Hirten“ im 
Museo Civico zu Bassano. 

Nr. 137 Eredi di Bonifazio. Das Abend- 
mahl. Das Bild kam, wie der Katalog angibt, 
aus der Certosa di S. Andrea del Lido bei Vene- 
dig in die Brera. — Durch G. Ludwig, Jahrbuch 
der K. Preuß. Kunsts. XXII p. 70 wissen wir, 
daß Bonifazio i. J. 1535 die beiden Heiligen- 
paare Bruno und Katharina, Hieronymus und 
Beatrix (Nr. 293 und 294 der Akademie zu Ve- 
nedig) als Seitenstücke eines im Refektorium 
der Certosa bereits existierenden Abendmahles 
malte. Boschini, R. Min. Sest. Croce p. 48 und 


1) F. Mala apura Valeri, Catalogo della R. Pinacoteca 
di E D ilano = Bergamo. Istituto italiano d'arti 
grafiche. 


652 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Zanetti, Pitt. ven. ed. II. p. 303 s. erwähnen 
Abendmahl und Seltenstiicke als Werke Boni- 
fazios im gen. Refektorium. Ludwig schloB da- 
raus, daB das i. J. 1535 bereits fertige Abend- 
mahl wahrscheinlich ein Werk Bonifazios ge- 
wesen sei, ein Friihwerk, das verschollen sei. 


Da aber Boschini und Zanetti nur ein bonifazi- : 


sches Abendmahl in der Certosa erwähnen, die 
Provenienz des Brerabildes auf Grund der In- 
ventare kaum zweifelhaft sein kann, da schlieB- 
li die Höhenmasse der venezianischen Bilder 
und des mailänder relativ gut zueinander passen 
(2.03 m und 2.10 m), so glaube ich, daß, 
trotz Uneinstimmigkeit bezgl. des Eingangs- 
termins in die Brera — Malaguzzi gibt 1808, 
Ludwig 1811 an —, wir in den drei Stücken 
den von den gen. venezianischen Schriftstellern 
erwähnten Refektoriumschmuck der Certosa 
besitzen. — Nun ist das Abendmahl der Brera 
seinem Stile mach sowohl später als die 
venezianischen Heiligenpaare entstanden, als 
auch kaum von Bonifazio, sondern von seinen 
Schülern und Nachahmern gemalt. Das scheint 
sih nicht mit den von Ludwig veröffentlichten 
dokumentarischen Aussagen vereinigen zu lassen, 
— Das Rätsel läßt sich wohl nur so lösen, daß 
das i. J. 1535 erwähnte Abendmahl von älterer, 
‚quattrocentistischer Hand war, und nun zwischen 
den „modernen“ Seitenstücken dem neuen Ge- 
scimacke nicht gefiel, und daß einige Zeit nach 
‚Ablieferung der Heiligenpaare ein Auftrag auf 
ein neues „Abendmahl“ an die Bottega Boni- 
fazios erfolgte. 

Nr. 146. 147 Paolo Veronese (Maniera). 
Zwei Dekorationsstücke: Eine Madonna della 
‚Misericordia in Chiaroscuro von Putti in natür- 
licher Farbe umgeben. Der hl. Markus mit 
ebensoldien Putti. — Im Katalog wurden diese 
Bilder als Seitenstücke eines unter Nr. 141 aus- 
gestellten „Abendmahles* bezeichnet, von dem 
‘es laut Katalogangabe fraglich ist, ob es aus 
den Cappuccini zu Padua oder aus S. Sofia zu 
Venedig stammt, während für unsere Stücke 
die Scuola de "Mercanti zu Venedig als ursprüng- 
licher Aufstellungsort angegeben wird. Die Ver- 
schiedenheit der Provenienz schlieBt schon die 
Zusammengehörigkeit aus. Überdies sind die 
angeblicien Seitenstüke um fast einen halben 
Meter höher, als das Abendmahl. — Statt zu 
-diesem gehören sie zu drei Bildern Paolos und 
seiner Werkstatt, die sich unter Nr. 258. 260. 
262 in der Akademie zu Venedig befinden, zu 
‚einer Verkündigung, sowie zu den Chiaroscuro- 
figuren „Fides“ und „Caritas“. Diese und „al- 

cuni altre cartelle, e Puttini“ — eben unsere 
‚Bilder — nennt Boschini, R. Minere, Sestiere di 
“Canareggio pag. 37. über der Tür des Albergo 


der Scuola de "Mercanti. Der Ausführung nach 
gehören diese Stücke nicht Paolo selbst, im 
Entwurf sind sie aber wohl sein Eigentum. Vom 
Bestimmungsort entfernt und von den zuge- 
hörigen Teilen losgerissen haben diese Frag- 
mente ihren dekorativen Sinn und Reiz ein- 
gebüßt. — 


Nr. 148. Paolo Veronese. Die Anbetung 
der Könige; auf Flügelstücken die vier Kirchen- 
väter, zu zwei und zwei. — Dies umfangreiche 
Werk ist kein Triptychon, sondern der ehe- 
malige Orgelschmuck der Kirche Ognissanti zu 
Venedig. Die ursprünglich zweiteilige „An- 
betung“ — eine vertikale Naht läuft durch die 
Mitte des Bildes — bedecte einstmals die 
Außenseite, die „Kirchenväter“ die Innenseite 
der Orgelflügel. Vgl. Ridolfi, Le Meravighi, 
Ed. II. tomo II p. 50., Boschini, R. Minere, 
Sestiere di Dorso duro p. 40. Zanetti, Pittura 
ven. Ed. II p. 260. — 


Nr. 166. Marco Basaiti. Noli me tangere. 
Das Bild gehört nicht dem Basaiti, sondern dem 
Catena und ist wohl sicherlich identisch mit 
jenem vom Anonimo Morelliano (ed. Frimmel 
p. 72) folgendermaßen in der Kirche Spirito 
Santo zuCrema erwähnten: „...in ditta chiesa 
la palletta del Christo che apar alla Maddalena 
fu de mano de Vicenzo Cadena.“ — 


Nr. 173. Alvise Vivarini. Der Leicinam 
Christi von zwei Engeln betrauert. Linette, 
die wie der Katalog sagt, wahrscheinlidı eine 
Ancona krönte. Paoletti und Ludwig, Reperto- 
rium XXII. p. 449 s., haben nachgewiesen, daB 
diese Liinette mit drei anderen (zwei im Museo 
Correr zu Venedig, eine in der Akademie zu 
Wien, Nr. 50.) zu den vier Triptychen Nr. 621 
bis 621c der Akademie zu Venedig gehören, die 
Boschini, R. Min. Dorso Duro p.34 und Zanetti, 
Pittura ven., ed. II. p. 34 in der Kirche della 
Carita zu Venedig erwähnen. Die betreffenden 
Altäre waren am 2. August 1471 geweiht wor- 
den. Diesen Tag wird man als approximatives 
Entstehungsdatum der Altarwerke annehmen, 
die der Katalog der venezianischen Akademie 
Bartolomo Vivarini und seiner Bottega zuschreibt. 
Daß einen Teil der Arbeit der jugendliche Alvise 
geleistet hat, ist nicht unwahrscheinlich. 


Nr. 177. Liberale da Verona. Der hl. 
Sebastian. — Die Gestalt des -Märtyrers ist — 
von den auf dem Rücken gefesselten Armen 
abgesehen — eine durchaus getreue Wieder- 
gabe des Adam des Rizzo im Hofe des Dogen- 
palastes. Die Beobachtung dieser Entlehnung 
zwingt zum Schlusse, daß Liberale längere Zeit 
in Venedig gewesen ist und dort Studien ge- 
macht hat, was man früher hat leugnen wollen. 


Studien und Forschungen 


653 


Die Azzessorien legen den Gedanken nahe, daB 
Liberale auch Antonellos Sebastian in Dresden 
gekannt habe. — Das Kaiser Friedricimuseum 
zu Berlin besitzt bekanntlich eine Originalreplik 
des Brera-Sebastian. Das Mailänder Exemplar 
ist gewiß das frühere: Die näheren Beziehungen 
zum Vorbild, zum Adam des Rizzo, zeigen 


das. Hadeln. 
9 


EINE NEUENTDECKTE MADONNA 
DOMENICO GAGINIS IN TORCELLO 
BEI VENEDIG. 


Domenico Gagini stammt aus einer uralten 
Bildhauerfamilie, in der sich das Handwerk und 
Talent Generationen hindurch vom Vater auf 
den Sohn vererbte. Denn schon im Jahre 1281 
wird der erste Giovanni Gagini, Bono da Bis- 
sone, als Shôpfer der Domfassade von Parma’) 
genannt. Domenico Gaginis*) frühestes urkund- 
li beglaubigtes Werk ist die große Fassade 
der Johanneskapelle im Dom zu Genua, die erste 
und reichste Schöpfung dekorativer Plastik, die 
Oberitalien vor dem Santo in Padua aufzu- 
weisen hatte. 1448 ist ihm und seinem Sohne 
Ella Gagini das Werk in Auftrag gegeben 
worden. 1457 berichtet eine Urkunde von sei- 
nem Weggang nach Sizilien.) Tatsächlich je- 
doch stand er um diese Zeit in Diensten des 
Königs Alfonso von Aragonien in Neapel, wo 
er außer einigen dekorativen Skulpturen des 
groBen Triumphbogens auch noch eine kleine 
Marmortüre in der Sala del Barone gemeinsam 
mit Francesco Laurana schmückte.‘) In Sizilien 
wird er vom Jahre 1459 ab gearbeitet haben, 
doch wird er erst 1463 zum erstenmal urkund- 
lih erwähnt. Von 1463 ab ist er bis zum Jahre 
1493 dauernd in Sizilien tätig gewesen?) und 
hat dort mehr als zwei Menschenalter hindurch 
den plastishen Stil bestimmt. Durch seine 
Söhne ist seine Kunstweise dann selbst bis 
nach Spanien hinübergeleitet worden. AuBer- 
halb Genuas und Neapels war bisher von einer 
Tätigkeit Gaginis auf dem italienischen Fest- 
lande nichts bekannt. Nur weisen der Stil und 
einige kompositionelle Besonderheiten auf die 
Kenntnis Donatelloscher Frührenaissancewerke 
in Florenz hin. Durch vorliegendes Werk 


*) Cervetto, Storie di Parma, Tom. append. p. 33. 
Am 12. November 1495 wird er Magister Domenicus 
de Gasinis de Bissone parcium Lombardie scultor mit dem 
Beinamen civis Panormi genannt. 

3) Ratti, delle arti de’pittori ; scultori ed architetti ge- 
novesi Bd. II, p. 176 und Cervetto, Gagini e sue opere 
in Genova p. 24. 

d Burger, Francesco Laurana 1907, 
De Marzo, Gagini in Sicilia. 


wird nun auch sein Aufenthalt in Venedig 
bzw. Torcello erwiesen. Es ist eine kleine, 
kaum einen halben Meter hohe Marmormadonna 
im Dom von Torcello, und wohl die früheste 
uns bekannte Arbeit Domenicos. Sie steht im 


DOMENICO GAGINI, Marmormadonna im 
Dom zu Torcello 


allerengsten Zusammenhang mit seinem großen 
Genueser Werk und zeigt jenen leichten, gra- 
ziösen Kôrperswung, wie er allen Quattro- 
zentowerken zu eigen ist, die die gothischen 
Stiltendenzen nodi nicht völlig überwunden 
haben. Doch kündet das relativ schwere Lasten 
der Gewandung, wie die breiteren, volleren ` 
Formen und die untersetzte Statur doch auch 
hier das Keimen eines neuen Geistes an. Der 


654 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Sinn für Bewegung und Wirkung der Silhouette, 
der die Statuen der Gothik charakterisiert, ist 
hier schon verloren gegangen. Die unten links 
in der Gewandfalte entstehende Bewegung nach 
oben findet ihre Fortsetzung nicht über den 
ziemli massiven Arm hinaus, der noch etwas 
kokett und umständlich das reichlidı große Kind 
hält. Es hat einen Augenblick das Kôpfdien 
von dem mit beiden Händen umklammerten 
Busen erhoben, um der Mutter ins Antlitz zu 
schauen, während diese in einem Anflug leichter 
Melancholie niederblickend, mit den Finger- 
spitzen (!) es zum Weitertrinken nötigt. Der 
träumerische Ernst in dem Gesichte der Mutter, 
die etwas befangene, schiichterne Bewegung 
gibt dem Bilde trotz der augenfälligen pro- 
portionellen Mängel und den archaisierenden 
Tendenzen doch einen gewissen Reiz, der das 
Werk von den späteren mehr korrekteren, aber 
auch nüchternen Schöpfungen Gaginis unter- 
scheidet. In stilistischer Hinsicht ist jedoch unser 
Madonnenbild auch von den späteren Werken 
Gaginis gar nicht zu trennen und die Hand- 
schrift seines Meißels ganz unverkennbar. Der 
etwas zu groBe Kopf und das zu klobige Kind, 
die Gewanddrapierung mit den charakteristischen 
hartkantigen Falten um den Armelwurf, die 
breitgedrückte Form des Armes, die verküm- 
merte Schulter und die zu breiten linear aus- 
druckslosen Hüften, die verballhornte Model- 
lierung der übereinandergelegten Füße des 
Christkindes, der Kopftypus usw. stimmen alle 
mit den Figuren der genuesischen Kapellen- 
fassade so genau überein, daB an seiner Ur- 
heberschaft hier nicht der leiseste Zweifel auf- 
kommen kann. Schon aus zeitlichen Gründen 
muB die Madonna vor dem Jahre 1465 ent- 
standen sein, da sich Gagini von da ab dauernd 
in Sizilien aufhielt. Auch die ihr mit den Ge- 
nueser Relieffiguren gemeinsame Kieinheit — 
von den stilistishen Indizien abgesehen — 
spricht für eine frühe Datierung des Werkes. 
Da keine einzige der sizilianischen Madonnen- 
figuren — nur das Grabdenkmal des Pandolfo 
Polizzi ist urkundlich beglaubigt — ihm bisher 
mit absoluter Sicherheit zugeschrieben werden 
konnte, wird dieses kleine Frühwerk zu einer 
reinlidien Scheidung der sizilianischen Arbeiten 
nadı Meister- und Schülerhänden wohl wert- 


voll sein. Fritz Burger. 


EIN PORTRAT RAFFAELS 
VON DER HAND 
DES SEBASTIANO DEL PIOMBO. 
Von Ernst A. Benkard. 


Zu Florenz befindet sich in der Casa Buo- 
narroti unter der Bezeichnung „soggetto ignoto, 
creduto Lucrezia Romana“ folgendes Bild. 

In dem Geviert des Rahmens erscheint links 
das Brustbild eines jungen Mannes, an dessen 
Schulter die Halbfigur einer Frau lehnt, die er 
mit dem linken Arm umschlungen hält, während 
sein anderer vornübergreifend in dem Mieder 
der Schönen versciwindet. In der rechten oberen 
Bildeke kommt ein zweiter männlicher Kopf 
zum Vorschein. 

Von dem Bilde, bei dem es sich, wie dar- 
getan werden soll, nicht um eine Lucrezia Ro- 
mana handelt, existiert im Buckingham-Palace 


zu London ein zweites Exemplar. 


Die Geschichte der Bilder, die eine eingehende 
Aufzeichnung durch Lionel Cust und Herbert Cook 
im Maiheft des Burlington Magazine 1906 er- 
fahren, zeigt, daB man bei ihrer Prüfung stets 
an einen Venezianer vom Anfange des XVI. Jahr- 
hunderts als Urheber gedacht hat. Die Tafel 
im Buckingham-Palace, die sich schon seit 1625 
in England befindet, wurde in van der Doort's 
Katalog der Galerie Karls I. vom Jahre 1659 dem 
Tizian, im Jahre 1688 im Katalog Jakobs II. sogar 
dem Giorgione zugeschrieben. Das zweite Exem- 
plar in der Casa Buonarroti dagegen trug stets 
den Namen Giorgiones; und es besteht die Tra- 
dition, daB sämtliche Kopien des Bildes nach 
einem Originale Giorgiones gefertigt sind. 

An einen Venezianer aus dem Kreise Gior- 
giones zu denken, verführte die englischen 
Forscher außer den zwingenden technischen 
Qualitäten, die Existenz eines Kupferstiches in 
der Ambrosiana zu Mailand, der das Monogramm 
Zoan Ändreas trägt und „in which the principal 
group of the painting is reproduced with some 
variations“. Wäre dieser Behauptung Richtig- 
keit zuzusprechen, so müßte der Urheber des 
Bildes — denn es sei mir gestattet, von nun 
ab von beiden Exemplaren, da ihr Verhältnis 
zueinander heute nicht zur Diskussion gestellt 
werden soll, wie von einem einzigen zu sprechen 
— in Venedig selbst zu suchen sein, da Zoan 
Andrea nur 1497—1520 in Venedig nachweisbar 
ist und seinen Kupferstidi nur nadı einem in 
Venedig befindlichen Bilde gefertigt haben könnte. 
Die beigefügte Abbildung wird aber lehren, daB 
zwischen Stich und Gemälde fast keine Be- 
ziehungen bestehen, wenn nicht die einzige, 
daB eben der Gegenstand des Liebespaares in 


Studien und Forschungen 655 


den Vorwurfskreis venezianischer Ma- 
lerei gehört. Die flaue und unselb- 
standige Formengebung Zoan Andreas, 
die teilweise an Barbari erinnert, hat 
mit der giorgionesken Sicherheit des 
Gemäldes künstlerisch nichts zu tun. 

So gelangt man durch die von 
Lionel Cust abweichende Auffassung 
des Verhältnisses von Stich und Bild 
zur Möglichkeit, den Maler des Bildes 
außerhalb der Bannmeile Venedigs 
suchen zu dürfen. Nur ein kleines 
Hindernis, das aber schon in dem Auf- 
satze des Burlington Magazine richtig 
bewertet wurde, bietet van Dycks 
Zeidinung nach dem Bilde, die sich 
in seinem Skizzenbuche in Chatsworth 
befindet und ,Tizian“ bezeichnet ist. 
(Lionel Cust, the Chatsworth varı Dyck 
sketch book, plate XLIII.) Nun liebt 
es varı Dyck, jedes Bild venezianischer 
Technik und bedeutenderen Vorwurfs 
Tizian, seinem Helden, zu geben. So 
ist die Beischrift fast ohne Verbind- 
lichkeit, und die Skizze interessiert nur 
insofern, als van Dyck das Bild im 
Jahre 1622 in Venedig, Florenz oder 
Rom gesehen haben muß. Durch diese 
Tatsache gewinnt die Vorstellung, das 


ZOAN ANDREA: Liebespaar 
ni Mailand, Ambrosiana 


SEBASTIANO DEL PIOMBO: Raffael und seine Geliebte 


Florenz, Casa Buonarotti 


Bild könne von einem venezianischen Künstler 
aus Giorgiones Schulung auch außerhalb von 
Venedig gemalt sein, immer mehr Fleisch und 
Blut. 

Soweit ich sehe, ist der Name des Sebastiano 
del Piombo erst ahnungsweise von Herbert Cook 
und C. S. Ricketts ausgesprochen worden, und 
doch ist es dieser Meister, dem nach meinem 
Dafürhalten die originale Ausführung des Liebes- 
paares gehört. Dem, der sich mit Sebastianos 
Formenwelt eingehender beschäftigt und mit 
dem vorliegenden Liebespaare das Altarblatt 
in San Giovanni Crisostomo, die Magdalena bei 
Sir Francis Cook in Richmond und die Salome 
bei George Salting in Vergleichung setzt, ist 
die Gemeinsamkeit des Urhebers zweifellos. 
Namentlich steht die formale Struktur der weib- 
lihen Halbfigur des Liebespaares in engster 
Verwandtschaft mit den Frauen des Altarblattes 
in Venedig. Selbst Einzelheiten wie Nase, Mund 
und Ohr decken sich und treten in gleicher Weise 
bei der sogenannten Dorothea des Kaiser Fried- 
ridh - Museums und der Pseudofornarina der 
Uffizien auf. Wenn ich glaube, daß das Liebes- 
paar zwar aus dem Geiste Giorgiones entstanden, 
aber ein Werk von der Hand seines jüngeren 
Zeitgenossen und Schülers Sebastiano Luciani 

43 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


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SRAPHAELIS SAN CTII VRBINATIS 
TORS EMINENTISS EFFIGIEM IVLIVS BONASONIVS BONONIEN: AB 
' EXEMPLARI SVMPTAM CAÈLO EXPRESSIT- 


GIULIO BONASONE B. 347: Porträt Raffaels 


ist, so wird diese künstlerische Überzeugung 
durch ikonographische Tatsachen noch bekräftigt. 
Denn zur Fixierung der Persönlichkeit des Lieb- 
habers links auf dem Bilde kommt uns Giulio 
Bonasones Kupferstich B. 347 zu Hilfe. Er zeigt 
bis zu den Schultern sichtbar Raffaels Kopf en 
face; die Ahnlichkeit mit dem Liebhaber auf 
dem Bilde wirkt schlagend. Übereinstimmend 
ist die Tracht des Bartes mit dem ausrasierten 
Kinn und dem leicht ausgezogenen Schnurrbart; 
die ganz persönliche Form der vorstehenden 
Unterlippe, die Art, wie die Augen eingebettet 
sind. Wenn die Form der Nase auf Stich und 
Bild zu keiner so markanten Deckung wie die 
Unterpartie des Gesichtes zu bringen ist, so liegt 
der eine Grund schon in der reinen face-An- 
sicht Raffaels auf dem Stich, der andere in der 
mangelnden Fähigkeit Bonasones die Tiefe der 
Nase technisch herauszuholen. Ein einsichtiges 
Urteil wird aber trotzdem in dem vorliegenden 
Gemälde auf Grund des Kupferstiches ein Porträt 
Raffaels sehen müssen. Die Technik des Bildes 
ist in so starkem Masse venezianisch, daB die 
Forschung es für Giorgione oder Tizian in An- 


spruch zu nehmen geneigt war. Formale Ele- 
mente scheinen aber auf Sebastiano deutlich 
hinzuweisen. Allein auch ohne diese müßte der 
Kupferstidi Bonasones Piombos Urheberschaft 
nahelegen; denn wer aus dem Giorgione-Kreis 
hätte Gelegenheit gehabt, Raffael zu porträ- 
tieren, außer Sebastiano, der nach seiner Über- 
siedlung im Jahre 1511 nach Rom, dort gelegent- 
lich seiner Farnesina~Arbeiten gewiB zu Raffael 
in Beziehungen getreten ist. 

Längst hat man die Beeinflussung Raffaels 
durch den Venezianer an den Fresken der 
Heliodorstanze und der Donna velata nadıge- 
wiesen, und somit bietet das vorliegende Por- 
trät einen deutlichen Beweis der im Anfang des 
römischen Aufenthaltes Sebastianos innigen 
Freundschaft beider Künstler. Aus diesem Grund 
und wegen der noch starken venezianischen Er- 
innerungen, die der Typus der Frau aufweist, 
muß das Bild in die Jahre 1512—1514, also 
zwischen die Pseudofornarina und den uomo 
ammalato gesetzt werden. 


9 


EIN SPANISCHES PORTRAT 
MICHELANGELOS 


Im AnschluB an Ernst Steinmanns in diesen 
Blättern veröffentlichten Aufsatz „Zur Ikono- 
graphie Michelan- 
gelos“ (I, 40 ff.) sei 
hier noch auf ein 
einzigartiges Por- 
trät des Meisters 
aufmerksam ge- 
macht. 

Unter den Ge- 
mälden die Fran- 
cisco Ribalta 1627 
für den Retablo- 
mayor der Kirche 
der Cartuja von 
Porta-Coeli bei 
Valencia (jetzt im 
Valencianer Pro- 

vinzialmuseum) 
ausführte, befin- 
det sich eine Dar- 
stellung des hl. 
Lukas, ein Bildnis 
der hl. Jungfrau 
malend. Für den 
Kopf des Heiligen 
hat nun Ribalta 
ein Porträt Michel- 
angelos benutzt, 
denn niemand an- 


FRANCISCO RIBALTA: Der 
hl. Lucas die Madonna malend 
Valencia. Museum. 


Studien und Forschungen 


657 


ders als der groBe Florentiner ist es, der in ein 
dunkeibraunes Gewand gehüllt vor der Staffelei 
sitzend den Pinsel in der erhobenen Rechten, 
die Palette in der Linken uns entgegenblickt. 
Diese eigenartige Huldigung galt wohl mehr 
Michelangelo, dem größten aller Künstler, als 
dem bedeutendsten aller Maler, denn Ribalta, 
der sich für seine Schöpfungen mannigfache 
Anregungen bei Raffael, Sebastian und Correg- 
gio geholt hat, ist zeit seines Lebens den ge- 
fährlihen Pfaden der Michelangelonachahmer 


fern geblieben. August L. Mayer. 


8 


DORERS HIEROGLYPHEN IM GEBET- 
o BUCH KAISER MAXIMILIANS œo 


In der Sitzung der Berliner kunstgeschicht- 
lichen Gesellschaft vom 8. Mai hielt Herr Giehlow 
— der bekanntlich vor kurzem die glänzende 
Faksimile-Reproduktion des Gebetbuches Maxi- 
milians ediert hat — einen Vortrag über die 
Quellen zu den phantastischen Randglossen 
Dürers für dieses Gebetbuch. Keineswegs seien 
die Zeichnungen ein gegenstandloses Produkt 
reiner Phantasie; vielmehr liege ihnen teilweise 
nach der grüblerischen Weise der Zeit und na- 
mentlich auch Dürers und des Kaisers Maximilian 
selber ein symbolischer Sinn zugrunde, der aus 
der Wissenschaft der Hieroglyphik geschöpft 
sei. Mit den seltsamen Zeichen ägyptischer Mo- 
numente hätten sich vor allem die italienischen 
Humanisten beschäftigt, voran Nanni di Viterbo 
und Francesco Colonna, von welchem die Hyp- 
nerotomachia des Polifilo verfaßt ist, ein Buch 
voll von Hieroglyphen und deren Deutungen, 
wie man sie verstand. Von ihnen übernahm 
Erasmus von Rotterdam den Eifer für die neu 


entdeckte Wissenschaft; Willibald Pirckheimer 
wie Maximilian und dessen Humanistenkreis 
besaßen das lebhafteste Interesse für sie. Schon 
der Entwurf Dürers für die Ehrenpforte lehnte 
sich ganz an die Hieroglyphika des Horapollon 
an; der Kaiser sitzt inmitten der verschieden- 
artigsten Bildzeichen, die seine Tugenden, nach 
dem Horapollon, darstellen sollen. So bedeutet 
z. B. der Stier die Tugend des Maßhaltens 
u. dgl. Und in den zoologischen Motiven der 
Randzeichnungen im Gebetbudı findet Giehlow 
aufs handgreifslichste die Hieroglyphen dreier 
in jener Wissenschaft berühmter Bücher wieder: 
der Hypnerotomadiie, des Horapollon und der 
Antiquitates des Nanni di Viterbo. 

Diese Untersuchungen, über welche demnächst 
eine Ärbeit erscheinen wird, beweisen nachdrück- 
lih wieder einmal den innigen Zusammenhang 
von Kunst und Ideen einer Zeit, und daB eine 
kräftige Kunstepoche so äußerst trockene und 
banale Anregungen verarbeiten kann, wie die 
spitzfindigen Hieroglyphendeutungen der Huma- 
nisten. Oder wäre das Verdienst Dürers wirk- 
lich größer, wenn er den ornamentalen Reichtum 
des Gebetbuches lediglich aus der Fülle seiner 
Phantasie geschöpft hätte? Es gibt vielleicht 
Leute, welche es ihm verübeln, daB er sich 
einen tifteligen Stoff von den Gelehrten seiner 
Zeit vorschreiben ließ, und welche sich mit 
Empfindlichkeit von der Tatsache abwenden, 
daß auch er ganz unverhohlen andere Künst- 
ler abgezeichnet hat (wie den Putto mit dem 
Lorbeerkranz in einer der Randzeichnungen, 
dessen Urbild Giehlow nachweist in einer Miniatur 
in dem Druck der Sforzada, Mailand 1490, jetzt 
im British Museum). Aber die Kunstgeschichte 
lehrt uns immer von neuem, daB großer 
Künstler sein nicht heißt, immer und um jeden 
Preis etwas Niedagewesenes schaffen zu wollen. 

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RUNDSCHAU EG 


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BERLIN — 

= Der Plan des Deutschen Museums rückt nun 
schon in das, Anfangsstadium der Greifbarkeit; 
wenigstens in dem Sinne, daß ein Abbruch 
regelmäßig einen Neubau oder die materielle 
Möglichkeit eines Neubaus prophezeit. Ab- 
gebrochen wird das vor wenig Jahren prunk- 
voll — aber ebenso unsciòn — erbaute Per- 
gamonmuseum; wochenlang dauert schon der 
Umzug jener kostbaren Diadocien-Triimmer 
aus Kleinasien, die teils in Kellern des Neuen 
Museums, zum größten Teil aber in der Säulen- 
halle der Nationalgallerie auf Jahre hinaus ver- 
staut und unzugänglich gemacht werden. Der 
Säulenumgang Stülers wird zu diesem Zwecke 
mit Brettern und Fenstern wettersicher gemacht, 
mit anerkennenswertem Geschmack sogar. Das 
Pergamonmuseum selber aber wird auf Abbruch 
— sozusagen verschenkt. 


Im Kunstgewerbemuseum findet in den 
Sommermonaten eine so zeitgemäße als schöne 
Ausstellung von Grabmalskunst statt. Sie 
ist nicht rein ästhetisch-praktisc, sondern führt 
in sehr wohltuender Weise durch historische 
Entwicklung zu unsern neueren Bestrebungen, 
ernste und sinnvolle Friedhofskunst an die 
Stelle der abgeschmackten oder langweiligen 
Gewohnheiten aus dem XIX. Jahrhundert zu 
setzen. Der Direktor der Kunstgewerbe-Biblio- 
thek Jessen hat sich mit dieser Ausstellung 
wie mit mancher vorangegangenen im Museum 
ein wirkliches Verdienst erworben, ein Verdienst 
um die Förderung lebendiger Kultur und unserer 
Zukunft. — Im Lichthof ist durch Photographien 
und andere Abbildungen die Entwicklung des 
Totendenkmals von den Griechen bis auf die 
Zeit des Klassizismus und die heutigen Wald- 
friedhöfe von München und Ohlsdorf gezeigt 
und damit die Berechtigung und die Wurzel der 
heutigen Kunst dargelegt. Ein praktischer Be- 
weis in der Art eines kleinen intimen Fried- 
hofes, wie er heute sein sollte, sein kann, ist 
dann in dem hochstämmigen Parkrest des Kriegs- 
ministeriums, der jetzt zur Kunstgewerbeschule 
gehört, von Franz Seeck geliefert worden; eine 
klare einfache Anlage, mit Grabsteinen von 
Sdimarje, Bernoully und anderen jungen Künst- 
lern, wie ein winziger Abschnitt aus dem Ohls- 
dorfer oder Münchener Friedhof wirkend. Er 
atmet den Geist von Graessel und Messel, den 
Geist der Sammlung und architektonisdien Ruhe. 


Wie ein Gegenstück hierzu — nicht im tak- 
tischen Sinne — mutet die Nachricht an, daß 
die im Mai abgebrannte alte Garnisonkirche 
(ein nüchterner Bau Gerlachs von 1722) in dem 
alten Zustand wiederaufgebaut werden soll; 
nicht doch: in dem Zustand, in dem sie sich 
nach den Veränderungen von 1900 befand; oder 
vielmehr, um es ganz genau zu sagen: auch 
nicht ganz so, sondern mit den und den Zutaten 
und den und den Variationen. Eine Veränderung, 
aber eine konservative; ungefähr wie jene alte 
Hose, die am Ende nur noch aus aufgesetzten 
Fliken bestand. Aber es war doc die alte 
Hose. Vielleicht hat man aber alle Ursache, 
damit zufrieden zu sein, weil sonst Herr Ihne 
oder Herr Schwediten ihren Absichten an der 
alten Stelle monumentalen Ausdruck verleihen 
würden; ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. 


Aus den Ausstellungen istnur Adolf Stäbli, 
bei Schulte, zu nennen; und auc dieser Ein- 
druck war nicht von der Art, die paar Bilder 
von ihm auf der Jahrhundertausstellung, und 
was man in Miinchen und Frankfurt von ihm 
sehen kann, verblassen zu machen. Die meisten 
der Gemälde geben nur Andeutungen seines 
Wesens, nicht aber das große schwermutsvolle 
Pathos dieses Schweizers, der seine künstlerische 
Heimat — ein gliicklichherer Nachfahr Gottfried 
Kellers — in Miinchen fand, und der auf eine 
bestimmte Richtung der Miinchner Landschafter 
EinfluB ausgeiibt hat. Er selbst ist, trotz seiner 
Ungleichheiten und oft mangelnder Konsequenz, 
doch wohl größer gewesen als die Haider und 
Toni Stadler. Davon was er war, spricht bei 
Schulte eigentlich nur eine unvollendete Land- 
schaft; packend, vielleicht nur noch packender, 
weil unvollendet, durch die Einfachheit und die 
Wucht ihres Aufbaus aus Felsenboden, großen 
Bäumen und Gewitterhimmel. Man glaubt hier, 
wie bei Schleich, Constable zu spüren, und 
auBerdem noch eine Apotheose auf Schirmers 
bestes Teil, der ja auch Böcklin in seiner ersten 
römischen Zeit nicht wenig gegeben hat. Es 
ist recht eigentlich der Gegensatz zu dem Zufalls- 
mäßigen und Auflòsenden der Impressionisten, 
der Stäblis Bilder groß macht Er gibt das 
Allgemeingiltige der Landschaft, nicht ihre mo- 
mentane Laune, sondern das was bleibend ist 
an Erdboden, Baum und Himmel, ihren gemein- 
schaftlichen Gehalt, auch wenn er eine „Stim- 
mung“ malt. Die Stimmung erscieint dann 


Rundschau 


659 


objektiviert, typiscı gemacht und als farbiges 
Elementares, fast wie bei Constable, aber mo- 
derner und frischer in der Farbe, in der ein 
bräunlicher und ein grüngrauer Ton von starkem 
Akzent vorherrschen. Er liebt nicht die Sonne, 
nicht die Idylle; er ist ein Dramatiker der Natur, 
und heitere Stimmen sprechen wenig zu ihm. 


Paul Ferd. Schmidt. 


2 


DRESDEN 


In den Nummern 1/2 dieser Zeitschrift ist in 
einem Aufsatze, der sich mit den Kéniglich 
Saqsishen Kunstsammlungen beschäftigt, 
u.a. von der Schrift die Rede gewesen, die der 
vortragende Rat in der Generaldirektion dieser 
Sammlungen, Dr. Woldemar von Seidlitz, 
unter dem Titel , Kunstmuseen, Vorschlag zur 
Begründung eines Fürstenmuseums in Dresden“ 
im vorigen Jahre (bei E. A. Seemann in Leipzig) 
hat erscheinen lassen. Der Inhalt dieser Schrift 
wurde u.a. von Edgar von Ubisc in der von 
Karl Koetschau herausgegebenen „Museums- 
kunde“ (Bd. 4, Heft 1) kommentiert, und es wurde 
hierbei auch die Absicht der Sächsischen Staats- 
regierung kritisch besprochen, in Dresden die 
große Kunst von dem Kunstgewerbe in Zukunft 
dadurch zu trennen, daB diese beiden Gebiete 
von zwei verschiedenen vortragenden Räten be- 
arbeitet werden sollen, statt wie bisher von 
einem. Dieser Plan ist inzwischen wieder auf- 
gegeben worden; der sächsische Finanzminister 
Dr. von Rüger hat als gleichzeitiger General- 
direktor der Königl. Sächsischen Sammlungen 
seinen Vorschlag zur Anstellung eines zweiten 
Rates zurückgezogen, ehe die Frage vor das 
Plenum der sächsischen Ständeversammlung kam. 
Aberda diese Frage durch Aufsätze in Zeitschriften 
und Zeitungen nun doch einmal aufgerollt worden 
war, so mußte der Minister Stellung zu ihr oder 
vielmehr zu den damit in Verbindungen stehen- 
den Fragen nehmen, als das Kapitel „Kunst- 
sammlungen“ im Landtage zur Beratung stand. 

Wenn mit den Erklärungen, die Minister v. 
Rüger gab, die Museumsnöte in Sachsen auch 
nicht aus der Welt geschafft worden sind, so for- 
dert doch die Gerechtigkeit, anzuerkennen, daß 
diese Nöte nicht allein oder doch vorwiegend aus 
— wie bisher fast einhellig angenommen wurde 
— »bureaukratisher Behandlung musealer An- 
gelegenheiten* geboren worden sind. Soweit 
rein finanzielle Momente in Frage kommen bei 
der Verwaltung der sächsischen Sammlungen, 
darf nicht vergessen werden, daß der sächsische 
Finanzminister seine Stellung als Generaldirektor 


der Sammlungen zu einer Zeit übernahm, in der 
die Finanzen Sachsens sich in höchst übler Lage 
befanden. Über seine Eigenschaft als Pfleger 
und Mehrer von Kunst- und Kulturgütern, das 
kann man Hrn. v. Rüger nachfühlen, mußte er 
seine Tätigkeit als Finanzminister stellen. Ge- 
rade in diese Zeit aber fällt der Umschwung in 
den Ansichten über die Organisation von Museen, 
fällt der mächtige Aufschwung, den die Berliner 
Museen genommen haben. Hr.v.Rüger befand 
sich hier einfach in einer Zwangslage, der gegen- 
über auch ein Minister, der, wie der frühere 
Finanzminister Sachsens und gleichzeitige General- 
direktor der sächsischen Sammlungen v. Friesen, 
ein ganz persönliches Verhältnis zu Künsten und 
Wissenschaften hat, kaum einen gangbaren, 
die Kunstgelehrten und Kunstfreunde voll be- 
friedigenden Ausweg gefunden haben würde. 
Wenn die Absicht des Hrn. v. Rüger, der Dresdner 
Gemäldegalerie und der Dresdner Skulpturen- 
sammlung neue Räume zu schaffen, alsbald in 
die Tat umgesetzt werden kann, so ist, das darf 
mit Befriedigung festgestellt werden, für die 
sächsischen Sammlungen schon unendlich viel 
gewonnen, denn es würden dann für diejenigen 
Teile von ihnen, die, wie die Porzellansamm- 
lung u.a., durdı Raummangel in ihrer Wirkung 
stark geschädigt werden, Aufstellungsorte frei 
werden, mit denen schon etwas anzufangen ist. 

Audi inbezug auf den Hrn. v. Rüger ge- 
machten Vorwurf, er habe „zwei verdienstliche 
Direktoren zum Abgehen gebracht“, macht sich 
eine Einschränkung notwendig; Hr. v. Riiger hat 
nachgewiesen, daB er von der Absicht des einen 
Direktoren (Koetschau), aus sächsischen Diensten 
auszutreten, erst Kenntnis erhalten hat, nach- 
dem sidı dieser Museumsleiter bereits fest (in 
Weimar) gebunden hatte; wußte er aber bei 
dem anderen (Lehrs) von seiner Absicht, Dresden 
zu verlassen, ohne sie zu verhindern, so hat er 
den damit begangenen Fehler inzwischen wieder 
gut gemacht, indem er diesen Gelehrten für die- 
selbe Position zurückgewann, die er hier be- 
kleidet hat. 

Dagegen kann ein anderer, dem General- 
direktor der Königlich Sächsischen Sammlungen 
(in der Person des Finanzministers) gemachter 
Vorwurf, nämlich der, daß er zu der notwendigen 
Neuordnung der gesamten Sammlungen aus 
finanziellen Rücksichten nicht bereit sei, durch 
das Argument nicht entkräftet werden, die Samm- 
lungen böten auch in ihrer gegenwärtigen An- 
ordnung dem Beschauer eine Fülle von Genuß 
und Belehrung. Sehr mit Recht sagt Seidlitz in 
seiner eingangs erwähnten Schrift: „Sammlungen 
sind Organismen, welche die Fähigkeit der 
Wandlung besitzen und nur dadurdı lebendig 


660 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


erhalten werden können, daß sie sich den 
wechselnden Aufgaben der Zeit anpassen.“ Die 
Frage nach einer Neugestaltung der öffentlichen 
Sammlungen, vor allem solcher, die Werke des 
Kunstgewerbes umfassen, beschäftigt die Kunst- 
wissenschaft und auch die Kunst selbst schon 
seit längerer Zeit; immer dringlicher wird bei 
Kunstgelehrten der Wunsch, immer fühlbarer bei 
Künstlern das Bedürfnis, daß solche Sammlungen 
den Zwecken dienstbar, präziser ausgedrückt: 
leichter dienstbar gemacht werden müssen, die 
in der Gegenwart den angewandten Künsten 
zugewiesen werden. Die Erkenntnis hat — 
heute übrigens auch scion in Laienkreisen — 
ganz allgemein Geltung gewonnen, daB den in 
unseren Museen bewahrten künstlerischen Be- 
sitzständen eine bildende Kraft innewohnt, die 
weit über die geschichtliche Bedeutung der Kunst- 
werke hinausweist. Sie sind mehr als nur Zeug- 
nisse und Vermächtnisse der Vergangenheit; sie 
sind oder sollen zugleich sein Nachweise für 
den Gang der Entwicklung künstlerischer Kultur, 
sollen lehren, als solche die Wege zur Weiter- 
entwicklung zu zeigen. Aus dieser Erkenntnis 
ergibt sich ohne weiteres die Pflicht, diese Be- 
sitzstände der Allgemeinheit zugänglidı zumachen, 
sie den Zeitforderungen entsprechend zu ge- 
stalten und zur Schau zu stellen. 

Nun hindert ja Hr. v. Rüger gewiß in keiner 
Weise die Zurschaustellung der säcisisdien 
Museumsschatze fir die Allgemeinheit; aber sein 
Verdienst als Pfleger und Hüter dieser Schätze 
wird erst vollgültig, wenn er den Anregungen 
sein Ohr schenkt und gegebenenfalles auch vor 
der Bewilligung größerer Mittel nicht zurück- 
schreckt, die Hr. v. Seidlitz in seiner mehr- 
erwähnten Schrift gibt. Im Rahmen der dies- 
jährigen Dresdner Kunstausstellung befindet sich 
eine kleine Sonderausstellung, die den Titel 
führt „Kunst und Kultur unter den sächsischen 
Kurfürsten“; sie ist so etwas wie der Versuch 
einer praktischen Ausführung der Seidlitzschen 
Vorschläge, denn sie stellt in einer Anzahl von 
Räumen Stilzimmer (Renaissance, Barock, Rokoko 
und Zopf) dar. Freilich ist diese Ausstellung 
und kann ja auch nicht mehr sein als ein Ver- 
sudi. Hätte man mehr aus ihr machen wollen, 
so hätte man für sie erstens weit größere und 
auch mehr Räume zur Verfügung haben müssen, 
und zweitens würden den Dresdner Museen, 
wenn auch nur vorübergehend, mehr Besitz- 
stücke haben entzogen werden müssen, als sich 
mit der Öffentlichkeit dieser Museen vereinbaren 
ließ. Trotzdem aber ist die Ausstellung ein 
interessantes Beispiel für die Form, welche der 
gewaltigen Schöpfung gegeben werden müßte, 
an die Hr. v. Seidlitz denkt. Es wäre eine 


Kulturtat von eminenter Bedeutung, wenn die 
unermeBlichen Schätze, die in den sächsischen 
Sammlungen heute z. T. so gut wie verborgen 
ruhen, der Allgemeinheit des Volkes in Gestalt 
eines Einheitsmuseums zugänglii gemacht 
würden, wenn man, um noch einmal Hrn. v. Seid- 
litz selbst reden zu lassen, in Zukunft ganz dar- 
auf ausginge „den künstlerischen Wert der 
einzelnen Stücke zu betonen und ins rechte 
Licht zu setzen, also den Geschmacksstandpunkt 
zur Geltung zu bringen gegenüber dem bloß 
geschichtlichen oder einem sonstigen rein wissen- 
schaftlichen; da in Sammlungen, welche nach 
denletztgenannten Gesichtspunkten angelegt sind, 
Unterschiede der angegebenen Art nur in unter- 
geordnetem Maße berücksichtigt werden können.“ 

Ein erster Anfang zur Neuordnung der König- 
lid Sächsischen Sammlungen ist schon heute 
möglich, und zwar ohne daß dafür auch nur ein 
Pfennig ausgegeben zu werden braucht: durch 
Austausch von Kunstwerken zwischen den König- 
lichen Museen und anderen staatlihen Samm- 
lungen. Um an einem Beispiel das klar zu 
machen: das Königl. Kunstgewerbemuseum zu 
Dresden besitzt in seiner Porzellanabteilung u. a. 
die einzigen noch vorhandenen Exemplare zweier 
Kaendlerarbeiten: die beiden Gebälkträger zu 
dem sogenannten Ehrentempel und die Gruppe 
„der Triumphzug der Galathea“. Wie wertvoll 
wären diese beiden kostbaren Stücke zur Er- 
gänzung des Kaendleroeuvres in der Königl. 
Porzellansammlung, deren Besitzstände gerade 
an Kaendlerarbeiten überaus lückenhaft sind! 
Ganz ähnlich liegen die Dinge zwischen dem 
Königl. historischen Museum mit der Gewehr- 
galerie und der Arsenalsammiung. Aud in 
dieser befinden sich zahlreiche Stücke, die zur 
Komplettierung der Bestände der erstgenannten 
Sammlung von eminentem Werte wären. Nadh 
der Erklärung des Ministers v. Rüger stehen 
dem gegenseitigen Austausche solcher Kunst- 
werke der Museen untereinander die Gesetze 
über das Königlich Sächsische HausfideikommiB 
entgegen. Aber es müßte doch wohl angängig 
sein und würde ganz gewiß die Zustimmung 
des Königs Friedrich August von Sachsen finden, 
diese Gesetze dahin abzuändern, daB solche 
Austausche in Zukunft möglich werden. Denn 
es handelt sich hierbei ja nicht um einen Besitz-, 
sondern nur um einen Ortswedhsel. wd. 


8 


HEIDELBERG === 

Die „Städtischen Sammlungen“. Heidel- 
berg ist in die Reihe der Museumsorte getreten. 
Nicht als ob es bisher der Stadt an Sammlungen 
gefehlt hatte. Aber dieselben waren so un- 


Rundschau 661 


vorteilhaft und dabei zerstreut, in zum Teil 
ungenügenden, zum Teil schwer zugänglichen 
Räumen untergebracht, daß sie weder für das 
Publikum noch für das Fachstudium ordentlich 
zur Geltung kamen. Das meiste war jahrelang 
in einem Notbau beherbergt worden, der im 
unteren GeschoB des Otto-Heinrichbaues her- 
gerichtet war. Hier aber hatte man fast den 
Eindruc eines großen Kramladens, in dem Wert- 
volles und Wertloses unübersehbar übereinander 
gehäuft worden. Wurde dieses Museum von 
den Besuchern des Schlosses immerhin bisweilen 
mit besichtigt, so war anderes, wie z. B. die 
sehr wertvolle Münzen- und Medaillensamm- 
lung in einem verschlossenen Zimmer des Rat- 
. hauses nur mit Mühen und Umständen zu- 
ginglich. DaB Heidelberg außer seiner Schloß- 
ruine, die man im Vorbeireisen zu besuchen 
pflegt, auch noch einiges andere von kunst- und 
kulturhistorisciem Interesse zu zeigen hat, dürfte 
deshalb wenig bekannt sein, sogar unter den 
Fachgenossen, ebenso wie unter den hiesigen 
Studierenden, von denen mancher junge Kunst- 
historiker es schon beklagt haben mag, dap hier 
keine  ordentlidie Sammlung  irgendwelcher 
Originale der Bildung des Auges zu Hilfe kam. 

Das ist nun alles anders geworden. Die 
Sammlungen sind jetzt vereinigt, durch eine be- 
deutsame Stiftung um eine interessante Abteilung 


bereichert, und an neuem Ort völlig neu und. 


vorteilhaft aufgestellt worden. Ein kurzer Be- 
richt möge an dieser Stelle den Fachgenossen 
eine allgemeine Vorstellung geben von dem, 
was sie bei erneuten Besuchen Heidelbergs — 
manchen vielleicht zur Überraschung — hier jetzt 
zu gewärtigen haben. 

Schon allein das Sammlungsgebäude ist eine 
Sehenswürdigkeit: ein köstliches Beispiel bürger- 
licher Architektur vom Beginn des XVIII. Jahr- 
hunderts, das bis vor kurzem in Privatbesitz und 
deshalb audı der Allgemeinheit unzugänglich 
gewesen war, und das, wohl erhalten, in der 
Geschichte städtischer Baukunst mit Nachdruck 
zu verzeichnen wäre. Es ist ein an der Haupt- 
straße gelegenes Patrizierhaus vom Jahre 1709 
mit einfach-vornehmer Fassade, hübschem Hof, 
prächtigem Garten, und mit einer Anzahl reiz- 
voll in Stuck und Malerei verzierter Zimmer, ja 
größerer Säle, in denen jetzt besonders die 
Sammlung Frankenthaler Porzellane ganz stim- 
mungsecht wirkt. An- und Ausbauten haben 
hinreidienden Raum zur Aufstellung der ver- 
schiedenen Abteilungen geschaffen, ohne dem an 
sich schon stattlihen und geräumigen Gebäude 
von seinem altmodischen stilvoll anziehenden 
Reiz zu nehmen. 

Eine nicht unansehnliche Abteilung vereinigt 


die Funde, welche zum größten Teil erst Er- 
gebnisse der inden letzten Jahren in systematischer 
Weise und unter fachkundiger Leitung veran- 
stalteten Ausgrabungen auf Heidelberger Boden 
sind: prähistorishe, frühgermanisde 
(alamannische) und römische Gegenstände, 
meist aus Gräbern, in größerer Anzahl, erweisen 
die Heidelberger Gegend als Sitz uralter An- 
siedlung seit der jüngeren Steinzeit. Der schon 
früher gemachte Hauptfund aus römischer Zeit, 
das berühmte „Neuenheimer Mithräum“ ist aller- 
dings bloß in einem guten AbguB zu sehen; das 
Original ist bekanntlich damals nach Karlsruhe 
übertragen worden. — Im „Lapidarium“ reihen 
sich an die römischen Grabmäler eine Anzahl 
mittelalterlicher an. 

Einen breiten Raum nehmen natürlich die 
pfälzischen Altertiimer ein, Urkunden, kur- 
fürstliche und andere Porträts, älteste Ausgaben 
des Heidelberger Katechismus, auf die Geschichte 
des Heidelberger Schlosses bezügliche Dinge, 
Veduten und dergl. Unter den alten Heidelberger 
Ansichten mag eine solde des Gerrit Berck - 
Heyde erwähnt werden. Auch ein Porträt des 
berühmten Perkeo von der Hand des kurfürst- 
lichen Hofmalers Adriaen v.d. Werff soll nicht 
vergessen werden. Eine von dem „Maler 
Müller“ inÖl gemalte Darstellung des Neckartales 
dürfte vor allem die Literarhistoriker interessieren. 
In das bürgerliche und studentische Leben der 
Stadt im XVIII. und XIX. Jahrhundert führen uns 
zahlreihe „Heidelbergensia“. Den größten 
Reiz unter ihnen übt entschieden ein wohl einzig 
dastehendes kleines Kupferstichkabinet aus, 
das aus einem anderen alten Hause vollständig 
mit seinen hölzernen, mit Schnitzornamenten 
versehenen Wandverkleidungen und den in die 
letzteren als Schaustücke eingelassenen vielen 
Stichen (meist von Wille und seiner Schule) in 
die Sammlung als Ganzes übertragen worden 
ist: ein kOstlihes „Museum“ im Stile Louis XVI. 
eines HeidelbergerKunstliebhabers aus der zweiten 
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, wie ich es derart 
noch nirgendswo anders gesehen zu haben glaube, 
wie es aber in jener klassischen Zeit des Kupfer- 
stidisammelns geradezu typisch gewesensein muß. 

Das Hauptinteresse aber nehmen wohl drei 
Abteilungen in Anspruch. Die eine ist die köst- 
lime Sammlung Frankenthaler Porzellans, 
um die manches größere Museum neidisch sein 
könnte. Die andere ist die numismatische Ab- 
teilung, welche, vorzüglich aufgestellt, unter vielem 
anderen eine wertvolle Reihe köstlicher Stücke 
der Renaissance und späterer Zeit zur Geltung 
kommen läßt. Inbezug auf ihr Spezialgebiet, die 
pfälzisch-wittelsbadhidten Münzen und 
Medaillen dürfte sie wohl bloß in der Münchener 


662 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Sammlung eine Konkurrentin haben. Die dritte 
dieser Abteilungen umfaßt eine Gemälde- 
kollektion von ca. 150 Nummern, meist 
niederländischer Stücke. Sie ist der Stadt 
Heidelberg erst im vorigen Jahre durch eine 
Stiftung zugefallen, war der mit Sammeleifer 
zusammengebracte Besitz eines in Heidelberg 
geborenen und in Rußland verstorbenen GroB- 
industriellen und Kunstliebhabers, Ernst Carl 
Louis Posselt gewesen und der Forschung bis- 
lang wohl völlig unzugänglich und unbekannt 
geblieben. Auf diese sei an dieser Stelle be- 
sonders nachdrüklicdı aufmerksam gemacht, Es 
sind keine erstklassigen Stücke, die sich darunter 
finden, aber es ist im allgemeinen recht guter 
Durchschnitt; vor allem Landschaften und Genre- 
stücke des holländischen und vlämischen XVII. 
Jahrhunderts, für dieForschung deshalbinteressant 
und anziehend, weil sich eine ganze Anzahl von 
Bildern darunter befindet, welche auf irgend eine 
Weise merkwirdig sind, mit echten Signaturen 
seltener Namen versehen, oder aber inbezug 
auf ihre Zuschreibung an bestimmte Meister 
noch rätselhaft. 

Da ist z.B. eine Anzahl von für die Haarlemer 
Landschaftsschule und Ruisdaels Umgebung nicht 
unwichtigen Bilder; darunter signierte von Cor- 
nelis Decker, Roelof Jansz van Vries, 
Claes Molenaer; andere, nicht bezeichnete, 
die vielleiht mit Recht Pieter Molyn und 
Jan van der Meer zugeschrieben werden; 
sowie ein anderes, besonders hübsches, das in 
diesen Kreis zu zählen ist, Decker und Vries 
näher stehend wie Hobbema, dessen gefälschte 
Signatur es trägt. Unter van Goyens Namen 
gehen, außer einem Schulbild, vier Stücke, davon 
drei gewiß mit Recht, zwei mit Signaturen und 
den Daten 1637 und 1655. Zwei reizende kleine 
Rundbildchen, eine reichstaffierte Dorfstraße und 
eine Landschaft mit Wasserfall, sind echte, 
signierte und 1627 datierte Esaias van de 
Velde. Der Amsterdamer Schule wohl näher- 
stehend sind 2 etwas blasse aber doch ganz 
feine Winterlandschaften mit Schlittschuhläutern, 
welche beide mit einem Monogramm A. V.S. 
versehen sind, die eine auBerdem mit der Jahres- 
zahl 1632. Von einem ganz andern Mono- 
grammisten P. v. S., der an die Antwerpener 
Steenwijck und Neefs erinnert, rührt ein kleines, 
ganz originelles Kircheninnere her mit dem 
heiligen Hieronymus darin, 1629 datiert und sich 
in der Ausführung und mit einem grauen Ton 
von besonderer Nüance von den Bildern jener 
Meister unterscheidend. Von den Marinemalern 
ist Abraham Storck mit zwei Stücken ver- 
treten. Unter den Stilleben ragt ein „Frühstücks- 
tisch“ sehr hervor, dem Willem Kalff zuge- 


schrieben, von köstlihem Kolorit. Andere tragen 
Jan D. de Heems Signatur. Eines mit Spargel 
und Artischoken, wohl etwas späteres, trägt den 
mir sonst unbekannten Namen A. Coorte. Der 
alte Pieter Potter hat zwei originelle Stilleben- 
Interieurs signiert, ein Kücheninneres und ein 
Stück einer Gelehrtenstube. Codde sehr nahe- 
stehend, vielleiht von ihm selbst, sind eine 
„vornehme Gesellschaft“ und das ganz kleine 
Bildnis eines aufrecht stehenden vornehmenHerrn. 
Als die kunsthistorishe „piece de resistance“ 
mag ein malerisch und koloristish sehr bedeu- 
tendes Bild gelten, das vom Job Berck-Heyde 
signiert ist, aus dessen früherer Zeit stammt und 
mit seiner bekannten Darstellung von Frans Hals’ 
Atelier imHaarlemer Museum zu vergleichen wäre. 
Es stellt auch eine Malerwerkstätte dar, ein in der 
Tiefe sehr dunkles gotisches Gewölbe, in dessen 
von links hereinströmendes Fensterlicht ein junger 
Maler seine Staffelei gestellt hat neben einem 
Tisch, auf dem ein paar wundervoll leuchtende 
gelbe uud eidechsenfarbenschillernde Stoffe in 
fascinierender und höchst delikater Art heraus- 
schimmern aus dem tiefen warmen Goldbraun, 
in dem das ganze Bild sonst gehalten ist. Es ist 
ein für jene Zeit widitiges, ja bedeutendes Bild, wo 
Frans Hals Schüler um sich sammelte und zugleich 
Rembrandt's Einfluß sich bemerkbar macht. Außer 
der niederländischen sind andere Schulen nur 
ganz spärlich vertreten. Ichnennezweiinteressante 
charakteristischeStücedesbizarren Alessandro 
Magnasco; eine in den Farben und in der 
Pinselführung sehr geistvolle Szene aus der 
Legende eines Heiligen, die dem Guiseppe 
Maria Crespi zugeschrieben wird; je ein Bild 
aus den Werkstätten des Antonio Canaletto 
und des Francesco Guardi, sowie allenfalls 
noch eine bezeicinete und 1776 datierte große 
aber etwas langweilige italienische Landschaft 
mit Architekturen und Fischern von Joseph 
Vernet. 

Von kunsthistorish interessanten Dingen 
außerhalb dieser Posseltschen Kollektion aus 
dem früheren Besitz der städtischen Sammlung 
mag etwa noch erinnert werden an die Cra- 
nach-Porträts Luthers und seines Kurfürsten, 
an ein leider ziemlich übermaltes Bildnis, das 
entweder Friedrich L oder Philipp IV. von der 
Pfalz darstellt, das von Valentiner einmal in 
einem Aufsatz über eine Zeichnung des Haus- 
buch-Meisters im Jahrbuch der preußischen 
Kunstsammlungen in den Kreis dieses letzteren 
gerückt worden ist; und etwa noch aus dem 
Kreise der Plastiken auf einen Schnitzaltar aus 
Riemenschneiders Nachfolge hingewiesen 
werden. — Schließlich sei noch berichtet von 
einem sehr köstlidien Geschenk, das der städti- 


Rundschau 


schen Sammlung erst vor wenigen Wochen von 
privater Seite, den Nadıkommen des betreffenden 
Künstlers, geworden ist: ein wirklicher kleiner 
Schatz für jenen Teil der Kunstgeschichte, den 
uns eigentlich erst die Jahrhundert-Ausstellung 
recht durchleuchtet hat. Es ist ein umfangreiches 
Album mit zahllosen Skizzen und Studien in 
Bleistift und Farbe, das dem in Heidelberg ge- 
borenen, leider zu früh, 1818, inRom verstorbenen 
Karl Fohr gehört hat, und das uns in höchst 
lebendiger Weise einführt in den Kreis deutscher 
Künstler in Rom, welchem jener angehört hat. 
Es enthält nicht bloß eigene Arbeiten dieses 
Malers, sondern auch eine Menge von anderen 
Händen, zum Teil bedeutende und kunstgeschicht- 
lich wichtige, wie z. B. ein paar Skizzen und 
Entwürfe von Peter Cornelius, sehr eigen- 
artige Studien nach der Natur in Aquarell und 
Kohle von Rottmann, und mandies nicht 
unbedeutende von Fohrs Freunden A. Lucas 
und C. Sandhas. Das interessanteste darin 
sind aber vielleiht zahlreihe und köstliche 
Porträtzeichnungen: eine ganze Galerie von 
Bildnissen jenes Kreises, wie sie nirgendswo 
sonst gesucht und zusammengefunden werden 
kann. Da sehen wir, und zwar zumeist sehr 
fein in der Charakteristik, u. a. Cornelius, die 
beiden Shadow, Overbeck, Veit, Ram- 
boux, Hod, Rohden, auch einige Nidt- 
künstler wie Gervinus und Rücert. Das 
Ganze wäre entschieden wert, als wichtiges 
Dokument des künstlerischen Lebens jener Tage 
vollständig publiziert zu werden, — ein Wunsch, 
den zu erfüllen, der Schreiber dieser Zeilen sich 


bemühen will. Alfred Peltzer. 


KÖLN 


Das Erbe Aldenhovens, der Direktorposten 
am Museum Wallraf-Richartz, ist endlich ver- 
geben worden. Dr. A. Hagelstange, bisher 
in Magdeburg, ist zum ersten Direktor ernannt 
worden und soll den Gemälden und dem Kupfer- 
stichkabinett vorstehen; Dr. Poppelreuter, der 
wohlverdiente langjahrige Assistent Aldenhovens, 
wird als zweiter Direktor die Plastik und die 
römischen Altertiimer verwalten. So haben es 
die Stadtväter in der Sitzung vom 16. Juli be- 
schlossen. 

Wer die Kölner Verhältnisse kennt, den kann 
die endgültige Lösung der brennenden Museums- 
frage nicht überraschen, und leider muB es ge- 
sagt werden: Diesmal hat die Politik entschieden. 
Herr Dr. Hagelstange, der seine Laufbahn am Ger- 
manischen Museum begonnen hat, verdankt 


663 


seine Berufung der Kölner Zentrumspartei. In- 
wieweit der neue Direktor die wissenschaftliche 
Befähigung mitbringt, einem großen, bedeuten- 
den Museum vorzustehen, wie weit er im be- 
sonderen berufen ist, eine so ausgesprochen 
lokalhistorische Sammlung zu leiten, wie sie das 
Kölner Museum mit seiner rheinischen Maler- 
schule darstellt, ist eine Frage, die heute nicht 
entsciieden werden kann. Eine traurige Tat- 
sache bleibt es, zu sehen, wie vor allem die Kon- 
fession diesmal den Ausschlag gegeben hat. 
Denn soviel wissen wir bestimmt, wenn es sich 
allein darum gehandelt hätte, einen wissenschaft- 
lich hervorragend befähigten Museumsleiter für 
Köln ausfindig zu machen, wäre die Wahl anders 
ausgefallen. 

So ist also die neue Wahl im eigentlichen 
Sinne eine Reaktion auf die Ara des „freisinnigen“ 
Aldenhoven, der s. Z. die Berufung nur einem 
höheren Machtwort verdankt hat und dem die 
Katholiken Kölns nie wohlgesinnt waren. Das 
ist vielleicht auch eine Erklärung, warum Alden- 
hoven so wenig für sein Museum hat tun können. 

Wie jetzt die Verhältnisse in Köln liegen, 
sehen wir freilich keine Besserung für die Zu- 
kunft. Schon die Zweiteilung des Direktorpostens 
bedeutet mehr eine Gefahr für die Entwicklung 
der Sammlung denn einen Vorteil. Wohlmeinende 
Kunstfreunde und die besten der Gelehrten hatten 
noch bis zur letzten Stunde gehofft, Dr. Poppel- 
reuter, dessen wissenschaftliche Verdienste an- 
erkannt werden dürfen, zum alleinigen Direk- 
tor des Wallraf-Rihartz-Museums berufen zu 
sehen. Auf ihn hatte sich die liberale Partei 
geeinigt. In Dr. Poppelreuter hätte das Museum 
wenigstens einen Leiter bekommen, der mit den 
schwierigen lokalen Verhältnissen von Grund aus 
vertraut ist, der — einmal an die Spitze der 
Sammlung gestellt — eine segensreiche Initiative 
entfaltet haben würde. Es mag darum immerhin 
ein Trost sein, daB er wenigstens zweiter 
Direktor wurde. 

In der Entwicklung seines städtischen Mu- 
seums ist Köln seit langem hinter anderen 
Städten zurückgeblieben. Das weiB jeder Ein- 
siditige. Eine Persönlichkeit hätte da allein 
Wandlung schaffen können, wie es Otto von 
Falke auf anderem Gebiete schlagend bewiesen 
hat. Während das Wallraf-Richartz-Museum 
seinen Winterschlaf schlief, gelang es diesem 
hervorragenden Museumsleiter und Gelehrten, 
eine wirklich neuzeitlite Schöpfung auf die 
Beine zu stellen und den Kölnern eine Samm- 
lung zusammenzubringen, die heute nach Quali- 
tat und Technik zu den ersten in Deutsch- 
land zählt. Es gab einen Moment nadi dem 
Tode Aldenhovens, wo man hoffte, Otto v. Falke 


664 


wiirde zugleich auch die Oberleitung des Wall- 
raf-Richartz-Museums bekommen. — Die Hoff- 
nung hat sich nicht nur nicht erfüllt, im Gegen- 
teil, Otto v. Falke ist nach Berlin gegangen. 

Nachdem nun auch für das Wallraf-Richartz- 
Museum die Entscheidung gefallen ist, haben 
wir mehr denn je Grund, Köln um seine kurz- 
sichtige Engherzigkeit zu bemitleiden. Für die 
Wissenschaft aber verdient. dieser „Fall“ be- 
sonders festgenagelt zu werden. Kunsthistoriker 
haben am Rhein eine Zukunft, wenn sie sich nur 
der Gunst einer bestimmten Partei erfreuen. Mag 
dieser Standpunkt bei der Berufung von Theo- 
logen wohl erklärlid sein, für unsere Wissen- 
schaft bedeutet er eines der traurigsten Zeit- 
symptome. Um Falsifikate von echten Werken 
zu unterscheiden, um die Bedürfnisse nach 
lebendiger Geisteskultur zu begreifen, braucht 
man, unabhängig von der persönlichen Welt- 
anschauung, allein Spezialkenntnisse und ein 
starkes, großes und freies Gefühl für Schönheit 
und Kunst. 


8 


MONCHEN 


Die Antiquitäten auf der Ausstellung 
München 1908. 

Die Ausstellung München 1908, die nicht nur 
alles zeigen will, was München heute schafft, 
sondern audi über den Stand des Münchener 
Handels belehren, mußte auch eine Darstellung 
des Münchener Antiquitätenhandels bieten. Dies 
geschieht in vier Sälen, dem Ausstellungssaale 
eines Antiquitätenhändiers, dem Sammlungs- 
raume eines Privaten, einem Bücher- und Kunst- 
kabinett und einem Louis- XVI - Raum mit 
Vitrinengegenständen. 

Vertreten sind 18 Firmen, darunter die ersten 
Münchens und jene Namen, die mit der Geschichte 
des Münchener Antiquitätenhandels verbunden 
sind. Als vor 70 Jahren A. S. Drey in der 
SalvatorstraBe das erste eigentliche Antiquitäten- 
geschäft größeren Stils in München begründete, 
konnte niemand eine so rasche und mächtige 
Entwicklung dieses Handelsgebietes voraussehen. 
Anfang der sechziger Jahre gründete Heinrich 
Hirsch, der Onkel des Numismatikers Dr. Jakob 
Hirsch, die erste Münzhandlung, fast gleichzeitig 
wurde durch den Vater der Brüder Ludwig und 
Jacques Rosenthal die erste namhafte Buch- 
antiquariatshandlung eröffnet. Anfang der 
siebenziger Jahre zweigte sich die Firma J. Drey 
jun. von dem Stammhause ab, und seit 1880 
begann Julius Böhler aus kleinen Anfängen 
sein Geschäft zu der heutigen Weltfirma zu 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


entwickeln. Seitdem ist noch manches Haus 
begründet worden und manches ältere zu wadh- 
sendem Ansehen gelangt. Heute ist München 
der größte und beste Antiquitätenmarkt Deutsch- 
lands und — dank der Tätigkeit Hugo Helbings 
— audi die erste Auktionsstadt des Reiches. 

Der Obmann der diesjährigen Kollektiv- 
ausstellung, Siegfried Drey, hat es mit Takt und 
Umsicht verstanden, die besten Kräfte zu ver- 
einen, und die 18 Aussteller haben mehrmonat- 
lite Unverkduflichhkeit ihrer Objekte, die 
Schmälerung ihres Lagers in der Stadt und 
schließlich eine scharfe Kritik nicht gescheut, um 
die Ausstellung zu ermöglichen. Kritik aber 
braudit die Ausstellung tatsächli nicht zu 
scheuen, denn getreu dem Grundsatze der ganzen 
Münchener Ausstellung, daß „alles von der echt 
modernen Gesinnung der Sachlichkeit, Ehrlich- 
keit und Zuverlässigkeit zeugen“ solle, eine 
Gesinnung, die sich bis auf die Aufschriften an 
den Objekten zu erstrecken hat, ist diese Anti- 
quitätenausstellung von einer erfreulichen Rein- 
heit des Gesamteindruckes wie aller Einzelheiten. 
Die architektonische Leitung hatte Karl Sattler, 
die künstlerische Professor Benno Becker inne. 
Nirgends Unruhe und Überfüllung, wenige — 
etwa 400 — Objekte, aber von durchweg er- 
heblicher Qualität. Dem Obmanne stand eine 
aus Künstlern, Kunstgelehrten und Kunstfreunden 
gebildete Jury zur Seite, die ihres Amtes, unter- 
stützt vom guten Willen aller Aussteller, ge- 
wissenhaft waltete. 

Ersten Ranges sind die von A.S. Drey aus- 
gestellten: Bronzen und Silbergeräte. Für eine 
feine, frühe Holzstatue wollen wir hier nicht 
noch eigens Propaganda machen, da sie schon 
längst in bayerischen Museumsbesitz über- 
gegangen sein sollte. Gleichfalls Vorzügliches 
gibt Julius Böhler auf denselben Gebieten, dazu 
eine schöne Madonna von Riemenschneider und 
gute Gemälde, unter denen Bildnisse von 
Bor:one und Marco Basaiti besonders auffallen. 
Ausgezeichnet sind die von Siegfried Lämmle 
ausgestellten Holzskulpturen; ein St. Michael der 
Frau Wilhelm Böhler dürfte trotz mancher 
rheinischen Züge doch wohl siiddeutsche Arbeit 
sein. Weisenbecks bemalter fränkischer Altar- 
flügel von 1475 zeigt einen edel empfundenen 
Christus am Kreuz; zum Schmuck der Wände 
und zur Ermöglichung einer zwanglosen Auf- 
stellung tragen die Wandteppiche und Möbel 
von Bernheimer und Steinharter wesentlich bei. 
Ein unteritalisches reich geschnitztes Chorgestühl, 
von dessen 23 Sitzen A. S. Drey 7 ausgestellt 
hat, scheint bis auf unwesentliche Ergänzungen 
original zu sein, der Nautilusbecher des Nürn- 
berger Meisters Thomas Stör, den J. Drey jun. 


Rundschau 


665 


ausstellt, gehört zum besten, was derart über- 
haupt im Handel ist. Einige wenig bedeutende 
Antiken hat Dr. Jakob Hirsch geliefert, dazu — 
ebenso wie Dr. Eugen Merzbacher — eine Anzahl 
gewählter Münzen und Medaillen. Das Buch- 
antiquariat ist durch Handschriften und Miniaturen, 
frühe Drucke, Kunstblätter und Einbände ver- 
treten, die von den Firmen Lud. und Jacques 
Rosenthal, Halle und Heß überlassen wurden. 

Dap trotz aller Vorsicht und Kritik sich doch 
audi einzelne nicht ganz einwandfreie Gegen- 
stände mit eingeschlihen haben, ist bei der ge~ 
ringen für Ausstellungen dieser Art zur Ver- 
fügung stehenden Zeit kaum zu verübeln und 
soll die Freude am gelungenen Ganzen nicht 
schmälern. So dürfte ein als burgundisch XV. 
Jahrhundert bezeichneter Wandteppich wohl eher 
Pariser Arbeit im Stil des XV. Jahrhunderts sein, 
während man einem großen figurenreichen 
Wandteppich des ersten Saales nicht auf die 
Füße schauen darf. Ein merkwürdig dona- 
tellesker Johanneskopf wird wohl Bastianinis 
Meisterhand entstammen, während anderwärts 
ein dürftig Silberschifflein Rosenauscher Prove- 
nienz unter dem stolzen Namen Cornelius Linck 
segelt. Auch die von kleineren Firmen aus- 
gestellten Porzellane hätten strengerer Sichtung 
bedurft. 

Für alle Einzelheiten müssen wir auf den 
durch 64 Abbildungen illustrierten Katalog ver- 
weisen, der Bruckmanns Opferwilligkeit verdankt 
wird, und der unter der Redaktion von Fach- 
männern noch manchen Optimismus milde 
retuschiert, der hie und da aus den Beschriftungen 
der Objekte spricht. 


BUDAPEST 


Museum der Bildenden Künste.!) Die 
erste Hälfte des Jahres 1908 brachte der Galerie 
alter Meister große Bereicherung. Man urteilt, 
meines Erachtens, nicht zu kühn, wenn man kon- 
statiert, daB in der Förderung der Sache der Kunst 
in Ungarn ein günstiger Umschwung eingetreten 
ist. Der Staat war, bis in die jüngste Zeit 
hinein, beinahe die einzige Pfiegerin der bilden- 
den Künste und infolgedessen fehlte es leider 
nicht an Fällen, wo der natürlidıe Gang der 
Dinge nicht respektiert und die Parole von oben 
her ausgegeben wurde. Die Aufmerksamkeit 
der leitenden Kreise wendete sidı hauptsächlich 
der modernen Kunst zu. Das Resultat ihrer 


1) Vergl. hierzu den Spezialartikel über die spanischen 
Bilder des Museums in Heft 6. 


Aktion war manchmal von fraglichem Wert. Es 
entstand eine übermäßige Produktion und der 
unvorbereitet eingesetzte forcierte Kultus natio- 
naler Momente brachte oft ungenieBbare Früchte. 

Alte Bilder wurden, bis auf die Auktion der 
Sammlung Somzée (1904), kaum gekauft. Das 
Verlangen nach dem Studium der Meister der 
Vergangenheit war weder in Kiinstlerkreisen, 
nodi beim Publikum lebhaft. 

Die Bestrebung nach einer Anderung der 
Lage ging vom Museum der Bildenden Künste 
selbst aus und die Opferwilligkeit einiger edler 
Liebhaber lieB dann auch nicht auf sich warten. 
Die Reihe der seit anderthalb Jahren rasch auf- 
einander folgenden Geschenke begann mit den 
drei Bildern: Gräfin Manfred beschenkt die 
Familie des heimkehrenden Kriegers von Thomas 
Stotthard, Allegorie — nach Furini — von einem 
Unbekannten (William Etty (?), ausgestellt unter 
dem Namen George Romney), Schiffbrudı von 
John Wilson (?), welche Herr Friedrich Glück 
der Galerie verehrt hat. Herr Marcell Nemes 
bereicherte dann die Sammlung, teils noch im 
vorigen Jahre, aber zumeist in den letzten 
Monaten, mit einer ganzen Gruppe interessanter 
Kunstwerke. Seiner Großmütigkeit verdanken 
wir die Gemälde: Männliches Bildnis von Fra 
Vittore Ghislandi, Tobias und der Engel von 
einem unbekannten Niederländer aus dem XVII. 
Jahrhundert, das Bildnis eines Mannes von einem 
unbekannten Meister der Schule von Toledo und 
vier Stilleben — Früdite und Tiere — von Jakob 
Bogdany, einem, seiner Geburt nach, ungarischen, 
im Stile Hondecoeters arbeitenden Künstler. 
(t 1724. Seine Biographie von Gabriel v. Térey 
in Vorbereitung.) Graf Johann Nep.Zichy schenkte 
dem Museum eine Madonna mit Heiligen von 
Lorenzo diBicci(?) und Baron Richard Hammer- 
stein das Bildnis eines Jünglings von einem Nadı- 
folger Bellinis. Herr Josef v. Matsvänszky stiftete 
der alten Galerie aus seiner reihen Sammlung 15 
interessante Gemälde, darunter: Alexander de 
Keirincx — Waldige Landschaft, Johann van 
Boeckhorst — Christus als Gärtner, Gillis Honde- 
coeter — Tierstück, John (old) Crome — Mühle, 
Matthäus Gundelah — Fortuna, Isaak van 
Ostade — Bauernstube, Cornelis Bega — 
Trinkende Frau, Johannes Lingelbach — Hafen, 
Pieter Meulenaer — Schlacht, Quirin Brekelen- 
kam — Eremit, Anthonis Waterlo — Waldland- 
schaft, Carel du Jardin — Auf der Straße. 

Das Unterrichtsministerium tat unterdessen 
auch das seinige und stellte, dem guten Rate 
nachkommend, der Direktion größere Summen 
zur Verfügung. Auf diese Weise wurden er- 
möglicht, seit dem Erscheinen des neuesten 
Katalogs von 1906, die Erwerbung folgender 


666 


Werke: Landschaft von Hobbema aus der Samm- 
lung Königswarter, das Bildnis der Barbara 
Murchison von S. Henry Reaburn (von P. u. 
D. Colnaghi) und des Ch. Hotchkiss von Thomas 
Gainsborough (von A. Shirley), die Stilleben von 
Abraham varı Beijeren (gekauft von M. Nemes), 
Daniel Seghers (von J. Goudsticker), Jan Davidsz 
de Heem, Abraham Mignon, Jan van de Velde 
(erworben auf der Auktion Sedelmeyer), J. Bog- 
dany (3Stücke vonL.D.Strelitskie und eins von 
Rev. Marsden), Tobias Stranower (eins von 
Strelitskie und eins von Goudsticker) und eine 
Bauernunterhaltung von Jan Lys (gekauft von 
Miethke). 


Das größte Resultat der schönen Aktion, bei 
der Abteilungsdirektor Gabriel v. Térey sich 
besondere Verdienste erwarb, war die Ergänzung 
der spanischen Kollektion des Museums durch 
die drei Stücke: Pedro Sanchez — Grablegung, 
Domenico Theotocopuli el Greco — Der eng- 
lishe Gruß und Francisco de Goya — Das 
Bildnis der Doña Céan Bermudez, denen, noch 
im Jahre 1906, das Bildnis des Marques de 
Caballero von Goya (1807, aus spanischemPrivat- 
besitz) voranging. 

Die Grablegung von Sanchez (gekauft von 
Alban Head), ein ziemlich verstümmeltes, auf 
neues Holz aufgetragenes Tafelbild, repräsentiert 
sehr gut den Anfangszustand der unter starkem 
niederländischen EinfluB stehenden spanischen 
Malerei. Komposition und Typen sind direkt 
von nordischen Vorbildern genommen. Die 
Zeichnung oberfläclid hart, der modellierende 
Ton dick braun. 


Grecos Annunciation ist eine umgearbeitete 
Wiederholung des Bildes in der Kirche San 
Nicoläs zu Toledo und stammt aus dem Besitze 
des Malers Ignacio Zuloaga. Sie ist kühn und 
frei komponiert, mit frappanter Unmittelbarkeit 
gemalt und in lichten Tönen gehalten. Die kühle 
und dodi tiefe Modellierung bringt die Fein- 
heiten der zarten, in gelbe, graublaue und violette 
Umgebung gestellten Körper vorzüglid zur 
Geltung. 


Goyas Bermudez wurde von Miethke gekauft 
und ist aus den durch ihn und Cassierer in Wien 
und Berlin veranstalteten Ausstellungen auch 
weiteren Kreisen bekannt. Sie zieht den Be- 
Schauer mit unüberwindlicher Gewalt an. Die 
grün und weiB gekleidete, seidenshimmernde 
Figur der Dargestellten steigt aus dem ent- 
sprechenden neutralen Hintergrund wie aus einer 
mystischen Umgebung empor und das mit leichtem 
Pinsel modellierte rosige Gesicht dominiert ent- 
schieden das ganzeWerk. Die glühenden dunklen 
Augen und der fein bewegte Mund üben eine 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


durchdringende unvergeBliche Wirkung aus. Das 
wunderbare Bildnis ist das vierte Werk, das 
nun das Museum der bildenden Künste von 
seinem Schöpfer besitzt. Es wurde um 17% 
gemalt und atmet noch ganz den Geist des 


Roccoco. Dr. Zoltan v. Takacs. 


8 


FLORENZ 


Die von dem jetzigen Generaldirektor der 
italienishen Kunstverwaltung Corrado Ricci, 
dem Italien so viel auf dem Gebiete der Orga- 
nisation seiner gewaltigen Denkmalspflege ver- 
dankt, vor einigen Jahren wieder aufgenommene 
Tradition, die Loggia dei Lanzi am Festtage 
von San Giovanni, dem Stadtheiligen von 
Florenz, mit Gobelins zu sdımücken, ist auch 
in diesem Jahre beibehalten worden. Es kam 
eine komplette Serie von sieben Teppichen mit 
Darstellungen aus dem Leben der Königin Esther 
zur Ausstellung. Die Kartons zu diesen Gobelins 
sind von De Troy in den Jahren 1737—1740 ge- 
malt worden, zum Teil also in Rom, da De Troy 
seit 1738 Direktor der französischen Akademie 
in Rom war, und werden im Louvre aufbewahrt. 
Ausgeführt wurden sie in der französischen 
Gobelin-Manufaktur von Audran in den Jahren 
1738—1745; die Serie existiert in mehreren Exem- 
plaren. 

Die malerische und viel gemalte Wirkung des 
Ponte Vecchio ist im Laufe der letzten Jahr- 
zehnte durch eine Reihe von Umbauten der auf 
ihm liegenden Goldschmiedeläden und -werk- 
stätten, welche ihre Bequemlichkeit und ihr gutes 
Licht nicht einer ästhetishen Wirkung opfern 
wollten, einigermassen beeinträchtigt worden. 
Man mußte sich sagen, daB noch ein paar solcher 
modernen glatten Umbauten den Charakter des 
Ponte Vecchio endgültig verderben würden. Eben 
sind nun wiederum solche Umbauarbeiten in An- 
griff genommen und haben diesmal die Wirkung 
gehabt, daß in der Öffentlichkeit dagegen pro- 
testiert wird. Hoffentlid wird dieser Protest, 
dem wir uns von Herzen anschließen, Erfolg 
haben. 

Die Stelle eines Direktors des Floren- 
tiner Staats-Ardivs, welche durch den Tod 
des hodiverdienten Alessandro Gherardi im Früh- 
jahr vakant geworden war, ist durch die Er- 
nennung des Prof. Demetrio Marzi wieder be- 
setzt worden. 

Am 1. August beginnen in Florenz Univer- 
sitäts-Sommerkurse für italienische Sprache 
und Literatur, Dante-Literatur, Geschichte von 


Rundschau 


667 


Florenz und Kunstgeschichte. Als Ergänzung 
der Vorlesungen sollen Exkursionen statt- 
finden. 

Es wird geplant im Jahre 1911 in Florenz 
eine Porträt-Ausstellung zu veranstalten, 
in welcher namentlich der Privatbesitz und der 
Besitz kleiner und entlegener Kommunen von 
ganz Italien herangezogen werden soll. Zeitlich 
soll sie vom Ende des XVI. Jahrhunderts bis zum 
Jahre 1861 sich erstrecken und somit die Por- 
trätiesten der wenig beachteten Jahrhunderte der 
italienischen Kunstübung bekannter machen. 

Im Februar dieses Jahres ist von der italie- 
nischen Deputiertenkammer das Gesetz ange- 
nommen, durch welches die Verwaltung des 
italienischen nicht staatlihen Kunstbesitzes 
geregelt wird. Es hat zum Zweck, die Ausfuhr 
von bedeutenden Kunstwerken möglichst ganz 
zu verhindern, indem dem Staat ein Vorkaufs- 
recht und sehr günstige Zahlungsbedingungen 
eingeräumt werden. Das Gesetz ist nun bisher 
vom Senat noch nicht diskutiert und ange- 
nommen worden und wird in dieser Session 
auch nicht mehr diskutiert werden. Infolgedessen 
hat das Gesetz vom 12. Juni 1902, welches die 
Materie sehr lückenhaft regelt, wieder für ein 
Jahr verlängert werden müssen, und damit ist 
auch die Möglichkeit des heimlichen Kunst- 
exportes, dem mit dem bestehenden Gesetz 
juristisch nicht beizukommen war, ebenfalls um 
ein Jahr verlängert. Von Florenz aus regt sich 
nun eine sehr scharfe Agitation gegen die 
Saumseligkeit des Senats und man deutet an, 
daß die Interessen einiger der großen Herren, 
welche ihren Kunstbesitz unter freier Verkaufs- 
möglichkeit belassen wollen, die Hinziehungs- 
politik des Senats bestimmt habe. Der Depu- 
tierte von Florenz, Giovanni Rosadi, der in 
den Kunstangelegenheiten im Parlament durch 
große Energie hervorragt, ist namentlich in 
dieser Agitation gegen den Senat mit einer 
äußerst scharfen Sprache hervorgetreten. Ihm 
hat sich die Associazione per la difesa di 
Firenze antica, weldıer eine Reihe der her- 
vorragendsten Männer von Florenz angehört, 
ebenfalls angeschlossen. 

Dem gewaltigen Plane einer Vereinigung 
der Florentiner Museen im Gebäude der 
Uffizien, über welchen in Nr.5, S.452 dieser 
Zeitschrift berichtet worden ist und welcher bei 
seiner Mitteilung an die Offentlicikeit durch die 
Autorität und Macht der ihn vertretenden Männer 
gesichert zu seinschien, habensich jetzt Schwierig- 
keiten entgengestellt, die voraussichtlich sein 
Scheitern bewirken werden. Diese Schwierig- 
keiten liegen in der für das Florentiner Staats- 
Archiv notwendigen Ausdehnung der Räume. Die 


450000 Bände und 140000 einzeln aufbewahrten 
Pergamenthandschriften nehmen in 230 Zimmern 
im ganzen etwa 20000 Quadratmeter Bücherge- 
stellfront ein. In dem gegenwärtig vom Museo 
Archeologico benutzten Gebäude der Crocetta 
ist nun soviel Platz selbst dann nicht aufzu- 
treiben, wenn das dazu gehörige freie Areal 
vollständig bebaut werden würde. So dürfte 
denn alles beim Alten bleiben. 

Denjenigen, welche die alten Zustände in der 
Florentiner Biblioteca Nazionale mit der 
von ihrem jetzigen Direktor Morpurgo ge- 
schaffenen glänzenden Organisation des Dienstes 
vergleichen konnten, werden mit Bedauern ver- 
nehmen, daB dieser seinen Posten aufgibt. Die 
eiserne Disziplin, welche er dem Personal aufer- 
legte und deren Wirkung jeder Benutzer wohl- 
tätig spürte, hatte ihm schon vor einiger Zeit 
Schwierigkeiten aufgeladen und seine Rücktritts- 
absiht wurde damals nur durch das einmütige 
Eintreten der ganzen geistigen Welt von Florenz 
für ihnwieder abgewendet. Jetzt soll seinbaldiges 
Ausscheiden in Kürze erfolgen. 

Die sieben Säle des Palazzo Vecchio in 
Florenz, welche als Ganzes das Quartiere 
degli Elementi heißen und welche von Jacopo 
Salviati, Giovanni da Udine nnd Giorgio Vasari 
dekoriert sind, sollen von den sie innehabenden 
Finanzbureaus geräumt und öffentlich zugäng- 
lich gemadit werden. Der Bestand an moder- 
nen Gemälden, weldie die Kommune besitzt, 
soll darin untergebracht werden. A. G. 


9 


ROM 


In einer der letzten Sitzungen der italienischen 
Kammer wurde zum sechsten Male das Gesetz 
vom 27. Juni 1903 über den Export von Alter- 
tiimern wieder fiir die Dauer eines Jahres ver- 
langert. Dieses Provisorium wurde nötig, weil 
das neue von der Kammer vor etwa einem 
halben Jahre beschlossene sehr radikale protek- 
tionistische Gesetz bis jetzt vom Senate nicht 
beraten wurde und auch hödhstwalırscheinlich 
keine Aussicht hat, angenommen zu werden. 
Es war vorauszusehen, daß der konservative 
Senat einen so grundstürzenden, fast alle Privat- 
rechte so ziemlich aufhebenden Gesetzentwurf 
nicht annehmen werde. — 

Die Gemeinde Rom hat für die kapitolinischen 
Sammlungen eine eben gefundene wichtige 
antike lateinische Bronzeinschrift um den Preis 
von 12001. erworben. Sie enthält die Aufzäh- 
lung der Belohnungen, weldie Cnaeus Pom- 


668 


peius Strabo als siegreicher Führer des römischen 
Heeres im Picenerlande (90 v. Chr.) im Lager 
bei Ascoli einem Teile seiner Truppen zukom- 
men Dep, Viele Namen der römischen Hilfs- 
truppen sind in der Inschrift erwähnt, insbe- 
sondere sind die militärischen Auszeichnungen 
für eine Eskadron von dreißig aus Spanien 
rekrutierten Reitern, wahrscheinlich Afrikanern, 
aufgeführt. Ebenso einige Paragraphe der be- 
rühmten lex Julia, welche den treugebliebenen 
Bewohnern der insurgierten Landteile das römi- 
sche Bürgerrecht konzedierte. Das wichtige Do- 
kument wird von Professor G. Gatti im nächsten 
Hefte des Bollettino comunale mit ausführlidiem 
Kommentar publiziert werden. 


Ludwig Pollak. 
8 


PARIS 


Das Louvre hat eine außerordentlich wichtige 
Erwerbung gemacht in einem Porträt einer älteren 
Frau von Hans Memling, das zum Preise von 
200 000 Franken bei dem Kunsthändler Klein- 
berger gekauft wurde. Dieses Porträt war 
auf der Ausstellung der vlämischen Primitiven 
zu Brügge 1902 ausgestellt (No. 71. Abbildung 
bei Henri Hymans, l'Expos. d. prim. flam. p. 57). 
Das Kaiser Friedrih-Museum besitzt ein männ- 
liches Porträt, das allgemein für das Gegen- 
stück des vom Louvre erworbenen gilt. Es ist 
dieses Stück eine wertvolle Ergänzung der sedıs 
schon im Louvre befindlichen Werke Memlings, 
unter denen sich bisher kein Porträt befand. — 
Unaufhörlih arbeitet man daran, die Schätze 
dieses fast unübersehbaren Museums durch Neu- 
ordnungen besser zur Schau zu stellen. Nach- 
dem vor kurzem die griechischen Skulpturen 
neuaufgestellt wurden, sind nunmehr die puni- 
schen, jüdischen und palmyrenischen Altertiimer, 
die bisher zum Teil überhaupt nicht zugänglich 
waren, in den hinter den assyrischen Sälen 
liegenden Räumen zur Aufstellung gebracht 
worden. 

Einen reichen Zuwacs haben die Samm- 
lungen der Stadt Paris erfahren, die im Petit 
Palais untergebracht sind. Wie bei so vielen 
offiziellen Sammlungen moderner Bilder werden 
aus den Fonds des Museums nur wenige auf 
die Dauer wertvolle Stücke erworben, die Schen- 
kungen intelligenter Amateure müssen das wie- 
der gut machen, was die über den schönen 
Künsten waltende vierte Kommission des Pariser 
Stadtrates angerichtet hat. So hat dieser Tage 
ein großer, ungenannt bleiben wollender Kunst- 
liebhaber der Stadt Paris eine Anzahl wert- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


voller Bilder und Skulpturen geschenkt: eine 
Mondstimmung in Dordrecht von Jongkind, ein 
Seinebild von Lépine, ,Holzsäger“ von Sisley, 
„schottische Schiffer‘ von Raffaélli und „die 
Schwäne“ von Gaston Latouche. Dazu zehn 
Tierbronzen von Barye. 

Das Kupferstichkabinett in der Bibliotheque 
Nationale erhielt das gesamte lithographische 
Werk Whistlers von dessen Testamentsvoll- 
streckerin überwiesen, das Musée des Arts 
Decoratifs, von dessen interessanter Theateraus- 
stellung wir berichteten, hat als Geschenk von 
dem General de Beylié einen Teil der in der 
Kaala der Beni-Hammed (Algerien, Provinz Con- 
stantine) im Frühjahre 1908 ausgegrabenen Frag- 
mente von Marmor, Stuck und Keramik er- 
halten, die interessante Aufschlüsse über die 
Alteste arabische Zivilisation in Nordafrika geben. 
Der weitaus größere Teil der Funde ist im 
Museum von Algier verblieben. 

Vielleiht wird Paris ein neues wertvolles 
Museum erhalten, wenn sich eine von der 
Brüsseler „Art Moderne“ veròffentlihte Nadh- 
richt bestätigen sollte. An der Ecke der Avenue 
du Bois und der Avenue Malakoff liegen sich 
zwei melancholische Paläste gegenüber: das ver- 
träumte Hotel des zu Beginn dieses Jahres ver- 
storbenen Sammlers Camille Groult und die 
üppige Kopie des großen Trianon, das von dem 
durch seine Scheidung allzu bekannt gewordenen 
Ehepaare Boni de Castellane und Clara Gould 
gebaut und bewohnt worden war. Es verlautet 
jetzt, daß die Witwe des großen Sammlers 
wegen der Erwerbung dieses „groBen Trianon“ 
in Unterhandlung stehen soll, das einen aus- 
gezeichneten Rahmen für die Sammlung Groult 
abgeben würde, da diese das Hauptgewicht auf 
das achtzehnte Jahrhundert gelegt hatte (vgl. 
M. f. K. No.1, S. 81). Eine Bestätigung dieses 
Gerüchtes bleibt natürlich abzuwarten. 

In Lyon befindet sich ein wichtiges histo- 
rishes Museum der Textilkunst, das die Ge- 
schichte der Seidenindustrie erzählt und zugleich 
dieser Industrie durch seine Sammlungen fremd- 
ländischer und alter Stoffe viele Anregungen 
gegeben hat. Das Museum ist jetzt durch eine 
Verfügung des Unterrichtsministers zum „histo- 
rishen Monument“ erklärt worden und genießt 
dadurch in Zukunft einer besonderen Förderung 
durch die Regierung. 

Die Freunde der altertimlichen Bauten 
Frankreidis haben der Kommission der Mo- 
numents historiques die Gefahr signalisiert, der 
das aus dem achtzehnten Jahrhundert stammende 
Prämonstratenserkloster in Pont a Mousson aus- 
gesetzt ist, das der Militärverwaltung zu Kaser- 
nierungszwecen ausgeliefert werden soll. Un- 


Rundschau 


669 


begreiflicherweise ist dieses hochinteressante 
Bauwerk bisher nicht als historisches Denkmal 
inventarisiert worden. In Paris sieht man mit 
Trauer, wie nach der Trennung von Kirche und 
Staat ein stiller verschwiegener Klostergarten 
nach dem andern mit seinen hohen alten Bäumen 
parzelliert und zerstört wird, um gleichgültigen 
Mietskasernen Platz zu machen. Auch auf dem 
Montmartre wird es nicht mehr lange dauern, 
bis all die kleinen Häuschen und traulichen 
Gärtchen der Bauspekulation zum Opfer ge- 
fallen sind; dieser Tage ist, wie die Gazette de 
l'Hotel Drouot berichtet, das Grundstück der 
alten von dem Grafen von Artois, dem späteren 
Ludwig XVIII., begründeten Porzellanmanufaktur 
von Clignancourt oben in der rue du Mont- 
Cenis an einen Bauunternehmer verkauft worden. 
Melancholish mutet es uns an, die Bilder des 
Paris aus der Romantikerzeit zu sehen, 
die der Conservator der Bibliothek der Stadt 
Paris, Marcel Poöte, in den Räumen seines In- 
stituts veranstaltet hat. Wie viele von diesen 
intimen Stadtbildern sind heute dem „Fortschritt“ 
zum Opfer gefallen! 

Unter den Ausstellungen moderner Kunst ist 
eine Vorführung des Gesamtwerkes von Gaston 
Latouche in der Galerie Georges Petit be- 
sonders hervorzuheben, Latouche hat zwei 
Quellen der Inspiration: das adıtzehnte Jahr- 
hundert und die formalen Eroberungen des Im- 
pressionismus. Seine Kunst schneidet nicht die 
tiefsten Probleme an, man kann sich nicht ver- 
hehlen, daB nicht selten seine Gewandtheit all- 
zugroB ist, und doch spricht seine Kunst an, da 
sie der Ausdruck der Kultur des eleganten Paris 
vom Beginne des zwanzigsten Jahrhunderts ist, 
das vielleiht mit Recht noch bis heute unter 
dem Zauber des Rokkoko steht. Sein Liebling 
ist Chardin, er übernimmt von ihm das Motiv 
Affen als Zerrbild menschlicher Gestalt und 
menschlimen Lebens, doch in seinen Interieurs 
zeigt er zugleich, wie persönlich er den Meister 
des XVIII. Jahrhunderts interpretiert. Im all- 
gemeinen ist der formale und auch novellistische 
Reiz am intensivsten bei den Werken kleineren 
Formates; die hunderte kleiner Studien beweisen, 
auf Grund welch eiserner Arbeit diese graziöse 
Synthese von Fabel, lächelndem Rokkoko und 
heiterer Gegenwart zustande gekommen ist. 

Die englische Porträt-Kunst, die in die- 
sem Jahre in London und Berlin einen so großen 
mondänen Erfolg davon getragen hat, während 
die ernste Kritik mit Recht vor allzugroBer Über- 
Schätzung dieser geschickten Kunst warnte, ist 
audi in Paris in der Galerie des bekannten 
Kunsthändlers Charles Sedelmeyer zu Worte 
gekommen, der fünfzig Werke von Gainsborough, 


Hoppner, Lawrence Romney, Reburn, u. a. m. 
ausstellt. Auch für 1909 kündigt Armand Dayot 
eine Ausstellung von hundert französischen und 
englischen Damenporträts an, die in der Oran- 
gerie des Tuileriengartens unter Teilnahme der 
offiziellen Persönlichkeiten beider Länder statt- 
finden soll. Politiker und Journalisten werden 
Gelegenheit haben, aufs neue die Wohltaten 
der Entente Cordiale zu preisen, und die schönen 
Damen werden sich Inspirationen für neue Toi- 
letten holen, denn die Empiremode wird sicher 
auch 1909 noch andauern; und für den Kunst- 
freund wird schließli wohl auch etwas dabei 
abfallen. 

Ein neues Denkmal wurde am Boulevard de 
Courcelles enthüllt: die Büste des Dramatikers 
Henry Becque von Rodin. Die Büste ist sehr 
schön, es berührt aber eigenartig, eine Büste 
die man in einem Innenraum ruhig bewundern 
möchte, sich mitten im StraBengewirr erheben 
zu sehen. Feuermelder und Zeitungskioske haben 
dort ihre Berechtigung, aber wozu eine auf 
hohen Säulenschaft gepferchte Büste von Rodin? 

Wie aus Lorient (Bretagne) gemeldet wird, 
hat man auf der Insel Groix das Grab eines 
skandinavischen Häuptlings entdeckt. Es stammt 
angeblih aus dem neunten Jahrhundert. Den 
Gebräuchen gemäß, ist die Leiche des Verstor- 
benen mit seinem Schiffe zusammen eingegraben. 
Nähere Nachrichten über diesen merkwürdigen 
Fund bleiben abzuwarten. 

R. Meyer-Riefstahl. 


2 


LONDON 


Als endlich längere Zeit nach „Eröffnung“ 
der an Umfang großen Franko-Britishen Aus- 
stellung auch der in ihr aufgestellte Kunstpalast 
seine Tore öffnete, wurde man auch hier durch 
den Umfang, weniger durch die Qualität der 
englishen wie französischen Werke überrascht 
und überwältigt. Wie viele Werke, Bilder und 
Skulpturen etc., eigentlich ausgestellt sein mögen, 
kann man nicht sagen, denn nom war kein 
Katalog vorhanden, aber die Zahl muß wohl 
wenigstens an die 3000 heranreichen. Das stark 
kommerzielle dieser ganzen Ausstellung hat also 
auch die Kunstabteilung beeinflußt. Zahlreichen 
französischen Bildern merkt man es an, daß 
auf eine mögliche Kauflust englischer Bilder- 
liebhaber spekuliert wurde, denen man alte 
Ladenhüter anhängen zu können hoffte. Es sind 
ja wohl einige bedeutsame und wertvolle Bilder 
großer Franzosen unter all diesen zahllosen 
Werken, aber meist muB man sie sich mühsam 
heraussuchen, und sie werden durch die Werke 


670 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


eifriger Pinselvirtuosen völlig erdrückt. Ein Bild 
der Entwicklung der französischen Malerei der 
letzten 50 Jahre — dies das offizielle Programm 
— zu geben, ist nicht einmal angestrebt worden. 
Dem Veranstalter dieser Abteilung muB man 
sträfliche Lässigkeit oder Nachgiebigkeit gegen 
rein geschéftlime Riicksichten zum Vorwurf 
machen. In der englischen Abteilung, an deren 
Spitze ein guter Kenner und feiner Kopf steht, 
hat es doch offensichtlich wenigstens einen Kampf 
gegeben zwischen einem rechten Wollen, die 
englische Malerei in ihren Hauptphasen vorzu- 
führen, und dem von anderer Seite gestellten 
Verlangen, moderne Kunstware auszustellen und 
für lebende Künstler eine gelungene Reklame 
zu veranstalten. So finden sich drei Säle mit 
zum großen Teil höchst interessanten und wert- 
vollen und sonst schwer oder gar nicht zugäng- 
lien Bildern. Hier finden sich natirlich die 
meisten derwohlbekannten Namen: Hogarth, Rey- 
nolds (Lady Crosbie) etc. Von Gainsborough ist 
der berühmte „Blue Boy“ ausgestellt, den Berlin 
ja im Winter kennen gelernt hat, und der in 
England seit langer Zeit nicht mehr öffentlich 
ausgestellt gewesen war. Wer sich dafür inter- 
essiert, was vor 50 Jahren ein so feiner Mensch 
und Kunstfreund wie Theodor Fontane über 
dieses Bild gedacht hat, lese in seinem Buch 
„Aus England“ darüber nach. Fontane verstand 
sehr wohl diese Kunst aus ihrer Kultur heraus- 
zubegreifen und auch zu genießen. Im übrigen 
ist der Gainsborough des „Blue Boy“ nicht der 
ganze, audi nicht der innerste und eigenste 
Gainsborough. Und wer ihn nur nach diesem 
Bilde beurteilt, kann ihm nicht gerecht werden. 
Von Constable ist ein ganz köstliches Werk, 
ganz Luft und Leben, zu sehen: „Dedham Vale“. 
Auch die Prärafaeliten sind mit charakteristischen 
Werken vertreten. Von Millais hätte man aber 
doch eines seiner bedeutenden Porträts gewinnen 
sollen, namentlih den Lord Tennyson, der ja 
für die Nation angekauft werden soll. Da hätte 
man ihn gleich auch mit dem Tennysonkopf 
G. F. Watts vergleichen können, der sich in 
der Ausstellung befindet. Im allgemeinen aber 
muß man leider sagen -- und das von der 
ganzen Ausstellung mit ihren phantastisch leeren 
und dabei protzenhaften Gebäuden —, daß eine 
trefflie Gelegenheit hier versäumt worden ist. 
Diese Ausstellung bedeutet auf kulturellem Ge- 
biete keinen Gewinn. — Von Ausstellungen 
älterer Kunst wären diesmal nur zu erwähnen 
die von Sir Thomas Lawrence, dessen „Peel 
Heirlooms“ in der Graves’s Galleries, 6 Pall- 
Mall, zu sehen sind, und japanische Drucke 
vorzüglicher Qualität der besten Periode (Ho- 
kusai, Kiyonaga, Hiroshige etc.) in Mr. W. B. 


Paterson's Gallery, 5, Old Bond Street. — Herr 
Sargent zeigt in den Carfax Gallery, 24 Bury 
Street, sein großes Können im Skizzieren und 
Festhalten momentaner Eindrücke. — Der treff- 
lie, für das Lebendigbleiben der neuen eng- 
lischen Kunst so bedeutsame New English Art 
Club‘ der aber älter ist als alle deutschen „Se- 
zessionen“, hält in seiner kleinen Galerie in 67 a 
New Bond Street, einst einer Werkstatt, seine 
Sommerausstellung, in der wiederum Charakte- 
ristisches von Wilson Steer, W. Rothenstein (ein 
ganz schlichtes, aber innerlich erfaßtes männliches 
Porträt), John, Orpen u. a. beweist, daB diese 
Künstler eifrig tätig sind und auch an sich selber 
weiter arbeiten. Wilson Steers Mädchenporträt 
erweist ihn von neuem als den englischsten der 
englischen Künstler unserer Zeit, soweit sie 
überhaupt mit reden dürfen. Er hat nämlich 
den Typ des neuen englischen Mädchens, das 
wie eine schöne aber gesunde Blume im Garten 
der Mutter Natur wächst, ganz in sich aufge- 
sogen und gibt uns nun Schilderungen dieser 
Lieblichkeit ohne jede Sentimentalität, ohne SüB- 
lichkeit, ohne ausgerechnetes Raffinement; Natur 
und Vornehmheit einigen sich zu einem köst- 
lihen Produkt. Man wird diese Werke nom 
einmal kulturhistorisch hochschätzen. — Hermione 
von Preuschen ist nun auch nach London ge- 
kommen und gibt neben ihren Bildern auch 
gleich ihre Verse in eigner Rezitation zum 
besten. — Diskussionen über ein einzuführendes 
Gesetz zur Erhaltung der in England befind- 
lihen Kunstwerke für das Land werden immer 
häufiger. Jetzt hat Mr. Lionel Cust im Burling- 
ton Magazine die Frage behandelt, ob nidıt 
ein ähnliches Gesetz wie in Italien am Platze 
sei, um dem stetig zunehmenden Exodus be- 
deutender Kunstwerke aus dem Lande ein Ende 
zu bereiten. Aus dem Hauptimportland für 
Kunstwerke ist England jetzt ein Hauptex port- 
land geworden. Mehr und mehr Werke finden 
ihren Weg über das Wasser und immer sdiwerer 
wird es den Öffentlichen Galerien noch mitzu- 
bieten. Dabei sitzen die heutigen Maler da in 
ihren überfüllten Ateliers und schimpfen auf die 
Konkurrenz der alten Meister, keiner mehr als 
Herkomer, der es ja eigentlich nicht nötig hätte. 
Mit einem solchen Gesetz hat man die menschen- 
freundlliche Absicht, die amerikanischen Millionäre 
zu zwingen, Mäcene der heutigen Kunst zu 
werden, statt sich um den Besitz alter Werke 
zu reißen. Da die englische Gesetzesmühle aber 
sehr langsam mahlt, wird noch so manches 
Werk in den Besitz amerikanischer Liebhaber 
übergehen. — Die bekannte Firma der Messrs. 
Thomas Agnew and Son, die erst vor wenigen 
Monaten eine Filiale in Paris errrichtet hatte, 


| ai fi ii En Pt PP 


Rundschau 


671 


hat nun eine solche auch in Berlin eröffnet, 
offenbar als Folge des gesellschaftlichen Erfolges 
der altenglischen Ausstellung daselbst im ver- 
gangenen Winter. — Mr. Robert Gibb, ein hier 
sehr bekannter Militärmaler und Mitglied der 
R. Scottish Academy ist zum „Painter und Limner 
to the King in Scotland“ ernannt worden, so 
eine Art von Poeta-Laureatus-Stellung, die aller- 
lei nettes im Gefolge hat und die Kunst des 
Malens in den Augen der geldverdienenden 
Menge als etwas hohes und edles hinstellen 
soll: was für hier nicht so unnütz ist, als es 
scheinen könnte. Gibb war 12 Jahre lang 
Kurator der National Gallery of Scotland ge- 
wesen und hat sich als solcher um die Samm- 
lung sehr verdient gemacht, bis deren Verwal- 
tung im vergangenen Jahre umgestaltet und 
unter Mr. James L. Caws Leitung als Direktor 
gestellt wurde. Auch Raeburn hat einst diese 
Hofstellung als Limner bekleidet. Mr. Caw hat 
man jetzt Mr. T. Corsan Morton als „Keeper“ 
zur Seite gestellt, ein erfreuliches Arrangement, 
da der Direktor der National Gallery, Caw, als 
Kunstschriftsteller in dem als Maler vorteilhaft 
bekannten Morton, der Mitglied der Münchner 
Sezession ist, eine treffliche Ergänzung findet. 
— Der Zeichnenkongreß im August und die da- 
mit verbundene Ausstellung versprechen von 
hohern Interesse zu werden. 37 Länder haben 
bisher ihre Beteiligung zugesagt, und fünf große 
Säle sind von der Regierung für die Ausstellung 
in dem neuen Gebäude beim Royal College of 
Art zur Verfügung gestellt worden. Von den 
bereits angekündigten Vorträgen seien erwähnt: 
Die Entwicklung des ôffentlihen Geschmackes; 
Bildung der Gefühle; Zeichnen als Gegenstand 
der Universitàts- und anderer Erziehung; ge- 
werbliches Zeichnen und Ausbildung von Kunst- 
handwerkern und Lehrlingen. Die Ausstellung 
wird am 27. Juli eröffnet werden, der Kongreß 
selber beginnt am 3. August und wird eine 
Woche in Anspruch nehmen. U. a. hat die 
Witwe G. F. Watts die KongreBmitglieder auf 
ihren Landsitz in Compton bei Guilford einge- 


laden, wo diese eine Kunsttöpferei usw. werden ` 


studieren können, die Watts und seine Frau vor 
längeren Jahren dort ins Leben gerufen haben, 
um Kunstsinn und -liebe selbst in den Bauern 
zu wecken. Die Resultate sind sehr erfreuliche, 
besonders im allgemein menschlichen und kul- 
turellen Sinne. So wird man manche gute An- 
regung davontragen können. F. 


HOLLAND 


Die Direktion des Rijksmuseums in Amster- 
dam veröffentlichte unlängst das dritte Supple- 
ment zum Galeriekatalog von 1907. Darin ist 
auBer den von mir im Aprilheft besprochenen Neu- 
erwerbungen noch eine Reihe anderer Gemälde 
katalogisiert, die in den letzten Monaten an- 
gekauft wurden. Von den alten Bildern sind 
zu nennen eine kleine Tafel „Judith und Ho- 
lophernes“ von Jan de Bray, voll bezeichnet 
und 1659 dadiert. Von dem späten Rembrandt- 
schüler Aert de Gelder zwei interessante 
Gemälde aus der 22 Stück umfassenden Serie 
von Passionsdarstellungen, von denen die zehn 
in der Galerie im kgl. SchloB zu Aschaffenburg 
befindlihen durch die Publikation von Basser- 
mann-Jordan weiteren Kreisen bekannt gemacht 
wurden und von denen Karl Voll gelegentlich 
sagte, daß sie mitunter an Degas erinnerten. 
Die beidem vom Rijksmuseum in Braunschweig 
gekauften Bilder stellen „Christus, der in 
Gethsemane als Gefangener weggeführt wird“, 
und „Christus vor dem hohen Rate“ dar. Sie 
messen beide 73x59 cm und sind auch beide 
mit dem vollen Namen des Künstlers signiert. 
Die Entstehungszeit wird um 1715 gesetzt. Bei 
Fred. Muller & Co. wurden im April dieses 
Jahres auf der Versteigerung Hoogendijk zwei 
Gemälde erworben: eine ,Vanitas“ von 
einem unbekannten holländischen Meister aus 
der Mitte des XVII. Jahrhunderts, das dort, 
wohl wegen der darauf befindlichen Signatur 
Stever[n]s, dem A. Palamedesz Stevaerts zu- 
geschrieben war, und eine hübsche mit dem 
Monogramm bezeichnete Marine, ein vor dem 
Winde segelndes Fischerboot, von Pieter Mu- 
lier. Leihweise erhielt das Rijksmuseum einige 
Gemälde aus der Nachlassenschaft der verstor- 
benen Douairiere Backer-de Wildt in Amster- 
dam, die im groBen Saal der Schützenstücke 
Aufstellung gefunden haben. Darunter befinden 
sih ein Kinderporträt von Dirksz. Sant- 
voort von guter Qualität, ein schönes Herren- 
porträt, das wahrscheinlich von Mierevelt 
herrührt, und ein zu diesem als Pendant ge- 
hängtes weibliches Bildnis von Godard Kam- 
per; weiter die lebensgroBen Porträts von Dr. 
Laurens Real und seiner Frau, die von Vondel 
als Werke Thomas de Keysers besungen 
worden sind. Die Zuschreibung an de Keyser 
ist jedoch zweifelhaft. Einen weiteren Zuwadis 
verdankt das Museum dem als freigebigen 
Spender bereits bekannten Herrn L. Nardus in 
Suresnes bei Paris. Er schenkte diesmal ein 
großes Fruchtstilleben von Chr. Dielaert, 
einem holländiscten Maler des XVII. Jahrhun- 

44 


672 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


derts, von dem bis jetzt nur dies eine Werk be- 
kannt ist. Von den genannten Gemälden waren, 
als ich das Rijksmuseum Anfang Juli besuchte, 
nur die aus der Sammlung Backer-de Wildt, 
der Jan de Bray und der P. Mulier ausgestellt. 
Für die anderen muB wohl erst noch Platz ge- 
schafft werden, was im Rijksmuseum freilich 
keine leichte Aufgabe mehr ist. 

Das städtische Museum, das im vorigen 
Jahre durdı den Verkauf der dort leihweise 
untergebradit gewesenen Sammlung P. van 
Eeghen einen so groBen Verlust erlitt, hat auch 
einige Neuerwerbungen zu verzeichnen. Als 
Leihgaben wurden ihm überwiesen: eine Akt- 
studie von Suze Robertson-Bisschop, ein Kin- 
derköpfchen von Matthijs Maris, eine kleine 
Vase mit Blumen von Fantin-Latour, ein Mond- 
aufgang von van Stengelin. Ferner kamen 
hinzu ein Stilleben von van der Valk, eine 
Landschaft von Schaap, ein Interieur mit Fi- 
guren von Albert Neuhuys (der nach dem Aus- 
scheiden der Sammlung varı Eeghen in dieser 
modernen holländischen Galerie gänzlich fehlte) 
und ziehende Ochsen von Dupont. Der be- 


kannte Haager Seemaler H. W. Mesdag schenkte 


zwei große Marinen. 

Im Mauritshuis im Haag ist seit kurzem ein 
von Herrn Dr. A. Bredius neu erworbenes Por- 
trät ausgestellt. Der Name des, sicher vlämi- 
schen, Meisters ist nicht bekannt, doch handelt 
es sich wohl zweifellos um eine Antwerpener 
Arbeit aus dem Beginn des XVII. Jahrhunderts, 
etwa um 1620/30. Das 75x58 cm große Bild 
stellt eine auf einem Stuhl sitzende junge blond- 
haarige Dame in schwarzem, spitzenverziertem 
Kostüm und hohem Mäühisteinkragen dar. Sie 
hat eben in einem Buch gelesen, auf dessen 
aufgeschlagener Seite oben „Petrarca“ steht, 
und blikt zum Beschauer. Rechts von ihr ein 
Blumenbusch. Den Hintergrund bildet ein mit 
ziemlich zäher Farbe breit hingestrichener Wol- 
kenhimmel, der dem Gemälde eine eigentüm- 
lihe Stimmungsnote gibt. Diese besondere 
Note ist wohl auch noch darauf zurückzuführen, 
daB das Bild gegeniiber vielen Vorziigen — 
vor allem in dem sich vor dem Himmel ab- 
hebenden Kopf — andererseits nicht frei ist 
von sehr schwachen Partien. Man findet Ver- 
zeichnungen, perspektivische Fehler und kolo- 
ristishe bezw. technisdie Härten. Und doch 
übt das Ganze eine fesselnde, lebensvolle Wir- 
kung aus. Was ist’s also, was dahinter steckt? 
Man dachte bereits daran, ob es nicht vielleicht 
ein Jugendwerk van Dycks sein könnte. Das 
müßte aber doch noch erst durch überzeugen- 
dere Argumente bewiesen werden. 

Das Museum Boymanns in Rotterdam 


blieb auch nicht ohne neuen Zuwachs. Es er- 
warb eins der seltenen Porträts des Rotter- 
damer Malers Frans Verwilt (um 1618—1691): 
das lebensgroBe Brustbild einer jungen Frau 
von frischer Gesichtsfarbe, die mit groBen dunk- 
len Augen den Beschauer ansieht. Das Bild 
ist bis auf das vorn zum Teil sichtbare rote 
Mieder und das weiße Hemd am Hals in einem 
dunkeln Gesamtton gehalten. Dieser ruhige 
Eindruck, der im Verein mit der sauberen, aber 
doch nicht geleckten Malweise auch auf dieser 
beschränkten Farbenskala beruht, wird durch 
den einfachen tiefshwarzen Rahmen nur noch 
unterstützt. Verwilt, der da, wo er in der 
Weise seines Lehrers C. Poelenburg malt, we- 
niger angenehm ist, zeigt sich in diesem Bilde 
von seiner besten Seite. Dies Porträt ist eigent- 
lim noch sympathischer als das liebenswürdige 
sogenannte „Söhnchen des Admirals“ im 
Rijksmuseum. — In der Verwaltung des 
Museums Boumans hat übrigens ein Wechsel 
stattgefunden. Am 15. Juli trat der bisherige 
verdienstvolle Direktor, Herr P. Haverkorn van 
Rijsewijk, nach 25jähriger Tätigkeit in den Ruhe- 
stand. Zu seinem Nachfolger wurde Herr F. 
Schmidt-Degener gewählt, der sich in den letz- 
ten Jahren in Paris aufhielt. Von dort bringt 
er der Rotterdamer Galerie gleich ein wert- 
volles Bild mit, das ihm von dem schon oben 
genannten Herrn L. Nardus für das Museum 
geschenkt wurde, ein großes interessantes Früh- 
werk von David Teniers d.J. Es stellt eine 
Herberge mit 6 bis 7 Personen darin dar. Im 
Museum Boumans, wo bis dato D. Teniers noch 
nicht vertreten ist, wird das Gemälde, das 
gegen den 15. Oktober ausgestellt werden 
soll, somit eine Lücke ausfüllen. 

Noch ein zweites Geschenk, eine wertvolle 
Handzeichnung von Andrea Mantegna erhielt 
Herr Direktor Schmidt-Degener für die Hand- 
zeidinungensammlung des Museums Boumans 
von Herrn P. Cloix in Montigny sur Loing. Das 
Blatt ist eine Studie zu der Gruppe des Merkur 
mit dem Pegasus auf dem bekannten „Par- 
naB“ Mantegnas im Louvre und wurde zu- 
sammen mit einer zweiten Studie für dieses Bild 
von Schmidt-Degener erstmalig in der Gaz. d. 
b. Arts 1907 Bd. II, S. 285 publiziert.*) 

Zwei bemerkenswerte Entdeckungen wur- 
den kürzlih im Haag gemacht. Herr Dr. Bre- 
dius wies als erster darauf hin, daB die „hei- 
lige Familie“ von „Honthorst“ in der Sammlung 


*) Inzwischen hat der Pariser Kunsthändler F. Klein- 
berger dem neuen Direktor des Museums Boumans auch 
noch ein Gemälde als Geschenk überwiesen, ein Interieur mit 
einem Gebet vor Tisch von Quiringh Brekelenkam. Von 
Brekelenkam besass das Museum Böymans bisher audı 
nodı kein Bild. 


Rundschau 


673 


Jhr. Steengracht gar kein Gerardo della Notte 
ist, sondern vielmehr ein früher Jacob Jor- 
daens. Nachdem der Name Jordaens einmal 
ausgesprochen ist, wundert man sich natürlich, 
daß nicht schon längst jemand auf den richtigen 
Namen gekommen ist. Aber das Bild hängt 
hoch und ziemlich dunkel. Und wer sieht schlieB- 
lich in einer so erlesenen Privatsammlung, durch 
die man rasch geführt wird, Honthorsts an, 
wenn daneben Rembrandt, Brouwer, de Hood, 
Metsu, Steen, Terborc u. a. in der Eile ge- 
nossen sein wollen. Ein Vergleich der Abbil- 
dung, die Dr. Bredius seinem Artikel über diesen 
„neuen Jordaens* in Onze Kunst beifügt, 
mit anderen Frühwerken Jordaens’, wird auch 
diejenigen überzeugen, die im Augenblick das 
Original nicht nachprüfen können. — DaB man 
in Haager Kirchen, noch dazu in einer ganz 
modernen, einem bisher ganz unbeachtet ge- 
bliebenen interessanten Gemälde aus dem XVII. 
Jahrhundert begegnen könnte, hätte wohl auch 
kaum jemand gedacht, Es ist aber so. Prof. 
Martin fand in der katholischen Mariakirche vor 
wenigen Wochen ein etwa 1 m hohes und 2 m 
breites Bild mit einer Darstellung des jungen 
Tobias, der im Beisein des Engels und Hundes 
den Fish ausnimmt. Laut Bezeichnung ist es 
von einem Künstler gemalt worden, von dem 
man es aber auch gar nicht erwartet hätte: von 
Isaak Koedijck im Jahre 1662. Es zeigt diesen 
seltenen Meister aus der Schule Dous, der früher 
schon einmal rechte Verwirrung angerichtet hatte, 
von einer gänzlidı neuen Seite, als Haarlemer 
Akademiker, etwa in der Art Jan de Brays. Prof. 
Martin wird über diesen Fund in der nädısten 
Lieferung von Oud Holland berichten. 

An Ausstellungen alter Kunst ist der 
Sommer arm. Die Fremden, die Holland um 
seiner in den Galerien aufgespeicherten reichen 
Kunstschätze aufsuchen, haben damit ja auch 
scion reichlidi zu tun. Die Ausstellung, die 
Herr Direktor Moes für die Monate Juni, Juli, 
August im Kupferstichkabinett arrangiert hat, 
dürfte aber auch weniger für die Ausländer, als 
für die Holländer selber berechnet sein. Sie soll 
auch weiter dazu beitragen die reichen Schätze 
des Amsterdamer Kupferstichkabinetts, in dessen 
Arbeitsraum sich ja doch so gut wie kein „Publi- 
kum“ hineinwagt, weiteren Kreisen zu erschlie- 
Ben. Diesmal sind es die deutschen Kleinmeister, 
die in einer reichhaltigen und fein zusammen- 
gestellten Auswahl von 280 Blättern vorgeführt 
werden. — Die Hauptereignisse im modernen 
Ausstellungsleben waren erstens die 18. Jahres- 
ausstellung der Künstlervereinigung „Sint Lu- 
cas“ in Amsterdam, wo rund 500 Gemälde, 
Aquarelle, Zeichnungen und einige plastische 


Arbeiten von meist Amsterdamer Künstlern zu 
sehen waren. Den Clou der Ausstellung bildete 
die Kollektion von 17 Gemälden von Jan Too- 
rop. — Die andere bemerkenswerte Ausstellung 
war in Rotterdam, wo der „Rotterdamsche Kunst- 
kring“ die holländischen Kunstfreunde mit dem 
Werke Constantin Meuniers bekannt machte. 
Die hier zusammengebrachte Sammlung war zwar 
viel kleiner als die, die Keller & Reiner vor 
zwei Jahren in Deutschland zeigten. Immerhin 
konnte man sich aus den gebotenen Plastiken, 
Gemälden und Zeichnungen ein anschauliches 
Bild von der ernsten Kunst des großen belgi- 
scien Meisters machen. 

Endlich ist noch ein Wort über die sogenannte 
Nieuwe-Zijds-Kapel in Amsterdam zu sagen. 
Wie den Lesern der Monatshefte vielleicht noch 
erinnerlih ist, war von der vom Kirchen- 
rat schon beschlossenen NiederreiBung des Ge- 
bäudes auf Drängen der Kon. Ned. Oudheid- 
kundig Genooschap und des Ned. Oudheid- 
kundigen Bond zunächst abgesehen und eine 
dreimonatige Frist zur nochmaligen Prüfung der 
Erhaltungsmöglichkeiten durch eine besondere 
Kommission gewährt worden. Diese Frist lief 
Mitte Juni ab. Die Kommission war bald zu 
der Überzeugung gekommen, daB die dauernde 
Erhaltung der Kapelle möglich sei. Nach Er- 
ledigung dieser Frage handelte es sich dann 
darum, die Kosten der Herstellungsarbeiten zu 
berechnen, wobei zur Untersuchung der Funda- 
mente auch Grabungen an verschiedenen Stellen 
niht zu umgehen sind. Auch hierzu gab der 
Kirchenrat seine Zustimmung, wenn ihm die da- 
für nötigen Kosten nicht auferlegt würden, aber — 
zu einer Verlängerung der Frist, die für solde 
Arbeiten doch viel zu kurz war, konnte er sich 
nicht verstehen. So wurde das Schicksal der 
Nieuwe-Zijds-Kapel entschieden. Mit ihrem 
Abbruch hat man bereits begonnen. 

Kurt Freise. 
9 


GEFALSCHTE 
KONSTLERDOKUMENTE 


Im letzten Heft des Archivio della Società 
Romana di storia patria (t. XXX, Fasc. III/IV, 
1907, S. 486ff.) veröffentlicht V. Federici unter 
dem Titel „Autografi d'artisti dei secoli XV—XVI“ 
eine Serie von achtzehn Dokumenten, die sich 
im Archivio Camuccini zu Cantelupo in der 
Sabina befinden. Es ist eine stattliche Serie, 
zumeist Zahlungsanweisungen der päpstlichen 
Kammer (mandati di camera), beginnend mit 
Donatello und endigend bei Bernini. Man über- 
fliegt die Reihe, ist erfreut, wenn ein großer 


674 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Name sich an den andern reiht; aber dann be- 
ginnen die Zweifel, ob der Fund nicht zu schön, 
die Bereicherung unseres Wissens nicht zu groß 
sei — Zweifel, die den Herausgeber selbst be- 
schlichen haben, ohne daß er daraus die richtige 
Konsequenz zog. 

Dasjenige Dokument, das zuerst dem Leser 
rät, auf der Hut zu sein, ist eine Zahlung an 
Masaccio, für Malereien an der Fassade des 
Laterans; Datum: 30. November 1438 (1). Wäre 
das Dokument echt, müßten wir alle unsere 
Kenntnisse vom Leben des Meisters umformen. 
Nur wissen wir durch Milanesis Forschungen, 
daß der Maler 1430 nicht mehr am Leben war; 
sein Glaubiger Niccolo di Ser Lapo hat unter 
dem genannten Jahr vermerkt, daB Tommaso 
in Rom verstorben sei. Und die angebliche 
Tätigkeit des Meisters im Lateran basiert auf 
einer ziemlich unklaren Erzählung Vasaris (II, 
294), aus der übrigens hervorgeht, das Masaccio 
den Auftrag nicht ausgeführt hat. 

Gewarnt nimmt man die anderen Dokumente 
unter die Lupe der Kritik. 

Dokument No. 6 ist eine Zahlung an Man- 
tegna für seine Tätigkeit in der Kapelle des 
vatikanischen Palastes; vom 15. September 1486. 
Aber am 31. August jenes Jahres verheiratete 
der Maler seine Tochter und am Ende des- 
selben Jahres zahlte er ihre Mitgift aus (Kri- 
steller, engl. Ausgabe S. 484/5); sein Aufent- 
halt in Rom währte vom Juni 1488 bis zum 
September 1490! 

Weiter: No. 8. Signorelli quittiert unter dem 
28. Dezember 1509 über dreißig Dukaten „pro 
eius salario . . . . in depingendo capellam 
novam in palatio semi domini nostri.“ Was 


ist das nun? GewiB hat der Meister von Cortona. 


im Vatikan gemalt, in der Kapelle des Papstes, 
nur zu einem anderen Termin; dann war er 
Ende 1508 in Rom tätig, aber schon vom Februar 
des folgenden Jahres ist er in der Heimat nach- 
weisbar und so das ganze Jahr 1509 und bis 
ins folgende hinein (vgl. die Biographien von 
Vischer S. 358 und Mancini S. 154). 

No. 9. Kontrakt des jungen Correggio (,Jo 
antonio di Pellegrino Lieto“!!); er verspricht 
dem Frater Hieronimo de Cattavitta ein Altar- 
bild der Madonna mit Johannes und Bartholo- 
maeus; Datum 9. Juni 1514. — Seit Pungileoni 
kennen wir den Vertrag, den der junge Meister 
am 30. August des gleichen Jahres mit Frate 
Hieronymo de Cataniis abgeschlossen hatte, wo- 
durdi er die Madonna des hl. Franz (in Dresden) 
übernahm. 

No. 10. Brief Raffaels an den Capitano und 
die Commune Tivoli. 15. Dezember 1515, Rom. 
Will antike Steine für den Bau der Peterskirche 


haben. Gerade zu jenem Termine war Raffael 
einem Ruf des Papstes folgend in Florenz; 
wenn anders ein späteres Zeugnis Bandinellis 
glaubhaft ist. 

No. 12 und 13. Zwei Zahlungen von je 
100 Dukaten an Michelangelo in Sachen des 
Julius-Grabes; Datum 12. September und 9. Ok- 
tober 1517. Tatsichlit bekam Michelangelo 
damals wiederholt größere Geldsummen; in 
seinen Ricordi findet man sie verzeichnet 
(Milanesi S. 564); jene beiden Summen sucht 
man vergebens. Aber eine Zahlungsanweisung 
allein wäre ja ooch kein Autograph; folglich 
steht auch von des Meisters Hand die Quittung 
darunter: „o facta questa di mia mano propria 
qui in Roma“. Schade nur, daß der Verfertiger 
dieser Autographen nicht gewußt hat, daB 
Michelangelo besagtes Jahr 1517 ganz in Carrara 
und Florenz verbrachte, und zu derselben Zeit, 
da er angeblich in Rom jene Anweisungen aus- 
fertigte, in derHeimatam Modell der San Lorenzo- 
Fassade arbeitete (Thode, Band I, S. 367/8). 

Ein Practstük No. 17: Brief Tizians an 
Andrea Calmo, Rom 17. November 1545. Seit 
zwei Monaten ist er in Rom, malt Porträts, hat 
schon mehr als zehn „a questi illustrissimi“ 
gemalt (in etwa fünf Wodien in der Tat eine 
respektable Leistung!). Dieser Brief fängt an: 
„Ho havuto el vostro libro de li piazevoli et 
ingeniosi discorsi et sarebe piasudo anco a 
me che avesti fato con mi quello che avete fato 
con m. Jacomo Tentoretto che l'havete chiama’ 
el coccolao de la natura et fio adottivo d'Apelle.“ 
Der Adressat, an den der Brief gerichtet ist, war 
ein vielseitiger und geistvoller Literat, Ver- 
fasser von Komödien und einer Briefsammlung, 
der er den Titel gab: ,l piacevoli et ingeniosi 
discorsi in piu lettere.“ Hier steht im zweiten 
Bud als No. 30 der Brief mit der Überschrift 
„Al cocolao de la natura e mestura d’Esculapio 
e fio adotivo d’Apelle, M. Jacomo Tentoretto 
depentor.“ Aber dieses zweite Buch der Briefe 
erschien zum ersten Mal im Druck Venedig 
1548! (vgl. die Ausgabe der Briefe des Calmo 
von Vittorio Rossi, Turin 1888, introd. p. CIII, 
CXXVIII und S. 132). 

Ih kann es mir (und den Lesern) wohl er- 
sparen, auf die andern Stücke der Sammlung 
einzugehen. Sind auch mehrere darunter, bei 
denen mangels sicherer anderweitiger Nach- 
richten die Unechtheit im Augenblik nicht 
schlüssig zu erweisen ist, so sind sie alle im 
höchsten Maße verdächtig; keines derselben so 
überzeugend, daB man sie verwerten darf, ehe 
die Echtheit direkt oder indirekt erwiesen ist, 

Täuscht nicht alles, so stammen diese Auto- 
graphen aus derselben Fabrik, die in den sechs- 


ne rm 
ata 


Rundschau 


ziger Jahren dem in Rom lebenden Major Kühlen 
herrliche Künstlerdokumente lieferte, die s. Z. 
Hermann Grimm in der von ihm herausge- 
gebenen Zeitschrift, Kunst und Künstler (2 Bände, 
1865—1867) zum Abdruck brachte. In der gleichen 
Periode wurde auch die Autographensammlung 
Camuccinis, der alle obigen Stücke entnommen 
sind, angelegt. 

Es hätte kaum gelohnt, auf diese mehr oder 
minder offenkundigen Falsifikationen einzugehen, 
wenn nicht der Name der Zeitschrift — eines 
der auch für die Kunstgeschichte ergiebigsten 
Organe, die in Italien erscheinen — der Publi- 
kation eine nicht geringe Autorität verliehe. 
So aber schien es mir angebracht, an einigen 
Beispielen den Charakter dieser „Urkunden“ 


aufzudecken. Georg Gronau. 
9 


ZU WILHELM LEIBL. 


Berliner Sezessionsausstellung. 


Es ist nicht weiter wunder zu nehmen, wenn 
die Sezession sich in so offizieller Weise zu 
Leibl bekennt, wie es Liebermann und der Leibl- 
saal aussprechen; für die Künstler der Sezession 
kann es nie von Übel sein, einen so großen 
Meister solider Arbeit im Herzen zu behalten. 
Nur steht diese Ausstellung in einigem Gegen- 
satz zu ihrem Zweck: sie dient weniger dem 
Künstler als dem Kunsthistoriker. Es sind keine 
Werke von erstem Rang da; was man aus pri- 
vatem Besitz — meist Berlin und Oberbayern 
— und aus der Sammlung der Stadt Reichen- 
berg i. B. zusammengebradt hat, gibt nicht 
sowohl den Eindruck des groBen Künstlers, als 
eine interessante Erläuterung seiner technischen 
Entwicklung. Das hat der Katalog in der (histori- 
sierenden) Reihenfolge der Nummerierung auch 
anerkannt; aber gleich wieder schämte man sich 
so kahler Wissenschaftlichkeit und hing die 
Bilder ganz kunterbunt durcheinander. Die 
Hängekommission wird wohl niemandem weis- 
machen wollen, daB diese sorgfältige Ver- 
Schleierung der Zusammenhänge in der Not- 
wendigkeit, künstlerisch zu gruppieren, begrün- 
det gewesen sei; denn was innerlich zusammen- 
gehört, wird auch mindestens so gut zueinander 
stimmen als die jetzige Zufallskomposition. 

Diese Studien und Gemälde weisen viel 
offenbarer wie Hauptwerke den Entwicklungs- 
gang des Malers auf, weil sie als Nebenpro- 
dukte das technische System offener bloBlegen; 
wobei wohl zu beachten ist, daß „Leibls“ zwei- 
ten Ranges als Kunstwerke immer noch für 
„erstklassig* zu gelten haben. Auf der Jahr- 


675 


hundertausstellung 1906 konnte man sich für 
das Gesamtwerk Leibls begeistern; hier kann 
man konstatieren, daB in seiner Malweise vier 
mehr oder minder scharf geschiedene Perioden 
sich herausheben. Aus der ersten sind Stücke 
von 1869—73 vertreten; sie werden wohl fast 
allen Freunden des Meisters als die schönsten 
erscheinen. Man kann beobachten, wie sich 
nach dem Bildnis Dreesens von 1867, das ganz 
in braunen Schimmer gehüllt ist, durch den 
EinfluB der Spanier und varı Dycks das be- 
rühmte samttiefe Schwarz entwickelt und zur 
Vollendung steigert in der „Dame in Schwarz“, 
welche die Nähe der „Cocotte“ verrät: weich, 
flockig, von wunderbarer Schönheit leuchten aus 
der unergründlichen Tiefe das Gesicht und die 
beiden Hände heraus. Dann erfolgt der bekannte 
Sprung und Übergang zu Holbeins heller, zeich- 
nerischer Klarheit (von 1873—77 sind Beispiele 
da); aber der Umschlag vollzieht sich nicht so 
schroff, hier gibt es Übergänge von einem noch 
dunklen Grund bei dem Mädchenkopf aus 
Reichenberg (Nr. 112) zu größerer Helligkeit 
und sdhlieBlich vollendeter Schärfe der Zeich- 
nung: den Gipfelpunkt der lichten Färbung und 
zeichnerishen Behandlung bildet wieder ein 
Damenbildnis, das der Gräfin Rosine von Treu- 
berg (1876/77) (von Manetschem Einfluß hier 
zu reden, gehört nicht zur Sache). Übrigens 
geben diese Gemälde durchaus nicht das 
richtige Bild von einer Zeit, die durch die Dorf- 
politiker und die zwei Dachauerinnen gekenn- 
zeichnet ist; wie denn überhaupt die Entwick- 
lung eines so auBerordentlichen tiefgründigen 
Künstlers keine glatt hinlaufenden Linien dar- 
stellt, sondern weit eher als eine Art Rössel- 
sprung in drei Dimensionen zu denken ist. 
Von jenen Arbeiten sondert sich scharf eine 
dritte Periode (1880—93), an deren Eingang die 
herrlichen Drei Frauen in der Kirche von 1882 
stehen, die sich aber von dem Zeichnerischen, 
das einen so groBen Bestandteil in dem System 
ausmacht, immer mehr lösen zugunsten eines 
zähen dunkelnden Tones und einer breiten 
Technik, deren kurz absetzende Striche mit der 
Bezeichnung des „Gemauerten“ bereits entwick- 
lungsgeschichtlih einrangiert sind. Die Lokal- 
farbe wird dabei durch ein dunkles Medium 
getrübt; „Bauernjägers Einkehr“, ein Bild, das 
am Schlusse dieser Jahre steht (1893), zeigt als 
ausgeführtes ,Genrebild“ zwar wieder starke, 
zeichnerische Durchbildung, ist aber trübe und 
in den Schatten matt gehalten: und dies 
schummerige Element herrscht in den Bildnissen 
noch weit mehr auf Kosten der Linie. Es ver- 
stärkt sich in Leibls letzter Zeit, der zweiten 
Hälfte der neunziger Jahre, in der die Model- 


676 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


lierung ganz weich und die Striche zu flockiger 
Wirkung vertrieben werden; das Dunkel nimmt 
zu und die Flächen werden immer breiter hin- 
gestrichen, bis zu der Flächigkeit im Mädchen- 
kopf bei J. Abrahamsohn (Nr. 138). Wie die 
malerishhe Behandlung und das Unterordnen 
der Lokalfarben unter weiche, dunkle Misch- 
töne fortschreitet, ist erstaunlich zu beobachten 
bei der Vergleichung des „In der Küche“ (bei 
Seeger, Nr. 132) von 1898 mit der erwähnten 
„Einkehr“ von 1893. Auf einem andern, un- 
endlich komplizierten Wege kehrte Leibl, so 
scheint es hier, zu der absolut malerischen Hal- 
tung und flockigen Modellierung seiner Pariser 
Zeit zurück Aber es sei nochmals betont, wie 
gefährlich diese Ausstellung für die Beurteilung 
Leibls ist, weil alle Hauptwerke fehlen und die 
Herrschaft des technischen Elements hier eine 
tadellose Entwicklungsreihe hervorzaubert, die 
in dieser lückenlosen Unkompliziertheit über- 
haupt nicht bestanden hat. 

Es hat in letzter Stunde leider der Raum 
gemangelt, auf die übrigen in der Sezession 
ausgestellten Werke in würdiger Weise einzu- 
gehen. Angesidits der sonderbaren Angriffe 
aber, die von Muther im „Morgen“ gegen die 
Sezession, ihre „Schmierskizzen, die auf hundert 
Meter den Betrachter anrempeln“ und gegen 
Liebermann in Szene gesetzt worden sind, er- 
scheint uns ein Wort der Entgegnung wie eine 
Anstandspfliht gegenüber den tiichtigen Ele- 
menten auf dieser Ausstellung notwendig. Wenn 
Muther die gesamte Sezession mit dem Titel 
„marasmus juvenilis“ abstempelt, so bleibt er 
uns denBeweis dafür völlig schuldig; wir möchten 
ausdrücklich hervorheben, daß gerade der junge 
Nachwuchs auf dieser Ausstellung erfreulich auf- 
tritt und recht eigentlich von der Skizzenmalerei 
sich entfernt; Namen wie Karl Hofer, E.R. Weiß, 
Kurt Tuch, Rösler, Hübner, die Plastiker Kolbe 
und Engelmann seien andeutungsweise genannt. 
Vor allem aber möchten wir auch gegen die 
„Kluft“ Protest einlegen, die Muther zwischen 
dem wahren Deutschtum (Leibl) und den „markt- 
schreierish“ französelnden Modewaren nach 
Heidelberger Muster auftun möchte (ach, er ist 
auch hier nicht einmal originell) und auf die 
einfache Tatsache verweisen, daß keiner der 
groBen Maler Deutschlands um seine Lehrjahre 
in Paris herumgekommen ist, Leibl und die 
Diezschiller so wenig wie Böclin und Lieber- 
mann; und daß es allein auf die Früchte, nicht 
auf die Gesinnungstüchtigkeit in der Kunst an- 
kommt. Der Sezessionsleitung aber gebührt 
Dank, daß sie uns so viele und schwer zugäng- 
liche Bilder von Leibl vorgeführt hat. 

P. F. Schmidt. 


ERGEBNISSE DES VII. INTERNATIO- 
NALEN KUNSTHISTORISCHEN KON- 
GRESSES ZU DARMSTADT. 


Der Vorstand der Internationalen Kunsthisto- 
rischen Kongresse hat die Ergebnisse der Darm- 
städter Tagung (23.—26. September 1907) aus 
den Verhandlungen zusammengestellt: 


1. Klar trat die Notwendigkeit hervor, auch 
in Zukunft internationale kunsthistorische Kon- 
gresse abzuhalten (Punkt 10 der Verhandlungen). 
Denn wenn auch der Deutsche Verein für Kunst- 
wissenschaft eine Reihe von Aufgaben über- 
nehmen wird, die sonst den Kongressen zu- 
fallen würden, bleiben doch, wie sich nach seiner 
inzwischen erfolgten Begründung ergibt, ihrer 
noch so viele, daB eine stetige Zusammenarbeit 
aller Fachgenossen als dringend geboten er- 
scheint. Namentlich gilt das von allen Auf- 
gaben, die den systematischen Ausbau der Kunst- 
wissenschaft betreffen, und von denen, die nicht 
einer nationalen Begrenzung unterliegen. 

Von der Begründung einer kunstwissen- 
schaftlichen Gesellschaft (Punkt 5 der Verhand- 
lungen), die auf die Tagesordnung gesetzt worden 
war, bevor man von der Vorbereitung des Deut- 
schen Vereins Kenntnis erhalten hatte, wurde 
Abstand genommen. Denn der Verein will das 
übernehmen, was auch für die Gesellschaft als 
nächste Aufgabe vorgesehen war. Mit dem Ver- 
ein will sih der Kongreß in möglichst naher, 
ständiger Verbindung halten. Ein freundschaft- 
liches Verhältnis zwischen beiden Organisationen 
wurde angebahnt. 

2. Als besondere dringende Bedürfnisse der 
Kunstwissenschaft erschienen dem Kongresse: 
Jahresberichte und Bibliographie (Punkt 4 der 
Verhandlungen). Während man sich der zweiten 
gegenüber abwartend verhalten will, weil hier 
ein privates Unternehmen Hilfe zu bringen sucht, 
sollen die ersten sobald als möglich ins Leben 
gerufen werden. Da aber diese Aufgabe auch 
auf dem Programm des Deutschen Vereins stand, 
so begnügte man sich vorerst damit, ihm fol- 
gende Erwägungen nahe zu legen: 

Dem Kongreß erscheint es geraten, daB eine 
Zentrale begründet werde, deren Leiter mit 
Hilfe von Mitredakteuren die Verteilung der 
Referate und die Überwachung der gesamten 
zu leistenden Arbeiten übernimmt. Diese letzteren 
sollten nach seiner Meinung sich erstrecken nicht 
nur auf die eigentliche Disziplin der Kunstge- 
schichte (inkl. der alten und der orientalischen 
Kunst), sondern auch auf die Grenzgebiete, als 
z. B. Asthetik, soweit sich dieselbe unmittelbar 
mit Werken der bildenden Kunst beschäftigt. 


Rundschau 


67T 


Was den Charakter dieser Jahresberichte betrifft, 
sollen sie 

1. eine kritisch zusammenfassende Über- 
siht der wichtigsten Ergebnisse der wissen- 
schaftlichen Forschung darbieten; 

2. in bestimmten, aber nicht nach einem 
Schema geregelten Terminen erscheinen, über 
weldie die Zentrale mit den Berichterstattern 
besondere Abmachungen zu treffen hätte, 

5. sollen die Berichte durch Heranziehung 
von ausländischen Berichterstattern eine mög- 
lidist weitgehende Vervollständigung erhalten, 
und 

4. aus diesem Grund auch in anderen west- 
europäischen Weltsprachen abgefaßt werden 
dürfen. 

3. Es wurde anerkannt, daß es an einer ent- 
sprechend ausgestatteten kunstwissenschaftlichen 
Zeitschrift in Deutschland fehlt (Punkt 6 der 
Verhandlungen). Die Zeitschrift, die Ersatz für 
diesen Mangel bieten soll, ist so auszubauen, 
daB alle Zweige der Kunstwissenschaft möglichst 
gleichmäßig berücksichtigt werden und den An- 
forderungen der Universitàtslehrer sowohl wie 
der Museumsbeamten und der Denkmalpfleger 
in gleicher Weise Rechnung getragen wird. Man 
bedarf keiner neuen Bilderzeitschrift, sondern 
einer wissenschaftlich illustrierten, und man muB 
sich infolgedessen auch darüber klar sein, daß 
der Abonnentenkreis einer derartigen Zeitschrift 
eng begrenzt sein wird und die finanziellen 
Folgen davon von den Fachgenossen zu tragen 
sein werden. Da nun das ehedem von dem 
Kongreß begründete Repertorium für Kunst- 
wissenschaft einer Ausgestaltung im Sinne der 
Verhandlungen fähig sein dürfte, wurde der stän- 
dige Ausschuß beauftragt, bei den maßgebenden 
Stellen auf eine derartige Umänderung dieser 
Zeitschrift hinzuwirken. 

4. Betreffs der photographischen Aufnahme 
deutscher Kunstdenkmäler (Punkt 7 der Ver- 
handlungen) faBte man folgende Resolution: 

1. „Der Kongreß faßt die ihm vom Schrift- 
führer mitgeteilte Absicht des Deutschen Ver- 
eins dahin auf, daB neben, d. h. schon vor 
dem Erscheinen der monumentalen Publika- 
tionen billige Aufnahmen der Denkmäler her- 
gestellt und allgemein zugänglid gemacht 
werden sollen; 

2. er legt dem Deutschen Verein nahe, da- 
hin zu wirken, daB durch Unterstützung des 
Staates oder Vereins eine Firma in den Stand 
gesetzt wird, solche Aufnahmen auch von den 
nichtdeutschen aber in Deutschland befindlichen 
Denkmälern jederzeit auf Wunsch herzustellen 
und zu gleichen Bedingungen in den Handel 
zu bringen. 


3. Nach italienishem Muster dürfte sich 
empfehlen, in jedem Bundesstaate einen Re- 
gierungsphotographen anzustellen,dernament- 
lim sole Dinge aufzunehmen hätte, die 
weniger ein großes Publikum, als den Fach- 
mann interessieren. Er müßte dauernd von 
Fachleuten beraten werden. Die Zentrale 
würde in Berlin sein. Herausgabe eines Ka- 
taloges, welcher auch alles zusammenfaßt, 
.was im Laufe der Jahre von Gelehrten und 
Museumsbeamten aufgenommen worden ist, 
würde etwa alle 2—3Jahre zu veranstalten sein. 

Im Zentralbureau zu Berlin möchte man 
dann, wie das jetzt in Rom der Fall ist, jeder- 
zeit für billigen Preis Gesuchtes finden. An- 
regungen würden im Zentralbureau jederzeit 
entgegengenommen werden. 

4. Der Kongreß behält sich vor, auf seiner 
nächsten Tagung, falls einer der ersten beiden 
Punkte sich inzwischen als nicht realisierbar 
erwiesen hat, eine Kommission zur Beratung 
solcher Firmen einzusetzen, die auf eigenes 
Risiko diese Desiderata zu erfüllen sich be- 
mühen werden. Derselben Kommission würde 
es obliegen, einen Katalog aller wissenschaft- 
lih verwertbaren Aufnahmen auszuarbeiten. 
Unter allen Umständen erscheint dem Kongreß 
die Einrichtung einer Zentrale für die Inven- 
tarisierung der gesamten photographischen 
Hilfsmittel in möglichst naher Zukunft unbe- 
dingt erforderlich. Diese Zentrale hätte, als 
dauernde Einrichtung gedacht, auch als Aus- 
kunftsstelle zu dienen.“ 

5. Im übrigen hatte die Aussprache über photo- 
graphische Aufnahmen noch folgende Ergebnisse: 

Soweit die Pigmentdrucke als Studienmaterial 
verwandt werden müssen, haben sie sich nicht 
bewährt. Die Museen sollten deswegen den 
Photographen zur Pfliht machen, außer den 
Pigmentdrucken noch Silberdrucke von den Auf- 
nahmen der in ihrem Besitz befindlichen Kunst- 
werke anzufertigen und zu angemessenem 
Preise zu verkaufen, damit dem Übelstande 
wenigstens zum Teil abgeholfen werden kann. 
Eine entsprechende Aufforderung an die Museums- 
direktionen ist in der „Museumskunde“ bereits 
veröffentlicht worden. 

Die Denkmalarchive oder, wo diese noch 
nicht bestehen, die Provinzialmuseen können 
als Vereinigungsstellen der photographischen 
Aufnahmen aus einem bestimmten Gebiete aus- 
gebaut werden, indem entweder dorthin die 
Platten eingeliefert, oder dort die Adressen der 
Photographen und die immer zu ergänzenden 
Listen ihrer Aufnahmen aufbewahrt werden. 
Der ganze Bestand an Aufnahmen aus einem 
bestimmten Gebiet kann, wenn nach Nummern 


678 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


und Gruppen geordnet, dann ohne weiteres von 
jedem Forscher leicht überblickt werden. Damit 
würde für die geforderte Zentrale die beste 
Vorbereitung getroffen werden. Endiich wurde 
noch auf das neu gegründete Organ des Herrn 
Dr. Hausmann-StraBburg hingewiesen, das be- 
zweckt, die Amateurphotographen in den Dienst 
der Wissenschaft zu ziehen, und dem eine recht 
weite Vorbereitung durchaus zu wünschen ist. 

6. Der Internationalen Ikonographischen Ge- 
sellschaft wurde empfohlen, nationale Gruppen, 
also auch eine deutsche, zu bilden, als deren 
Vereinigungspunkt der Kunsthistorische KongreB 
zu gelten hätte. Daneben könnte die deutsche 
Gruppe AnschluB an den Deutschen Verein 
suchen (Punkt 8 der Verhandlungen). 

7. Zur Aufstellung einer Normaltafel wurde 
eine fünfgliedrige Kommission eingesetzt, da 
die Schwierigkeit eine Farbe präzis und allgemein 
verstandlich zu bezeichnen, anerkannt wurde. 

8. Die Schwierigkeit, ohne Zeitverlust freien 

Eintritt in die deutschen und österreichischen 
Museen zu erhalten, wurde betont. Der Vor- 
stand des Kongresses soll Schritte zur Beseiti- 
gung dieses Übelstandes tun. 
9. In den ständigen Ausschuß wurden ge- 
wählt: Goldschmidt, Hofstede de Groot, Kautzsch, 
Koetschau, Strzygowski, Thode, Warburg. Dieser 
wählte in den Vorstand: Strzygowski als ersten, 
Kautzsch als zweiten Vorsitzenden, Koetschau 
als Schriftführer, Warburg als Schatzmeister. 
Cooptiert wurden vom Ausschuß: Aubert-Kris- 
tiania, Clement-Bonn, W. Schmid - München, 
Wölfflin - Berlin und später Dvorak. (Im De- 
zember legte Strzygowski sein Amt nieder und 
trat aus dem ständigen Ausschuß aus; für ihn 
wurde Dvoräk-Wien gewählt und dann in einer 
am 8. März 1908 in Frankfurt abgehaltenen 
Sitzung Kautzsch zum ersten, Goldschmidt zum 
zweiten Vorsitzenden bestimmt.) 

10. Der nächste Kongreß wird voraussicht- 
lich 1909 in München stattfinden. 

* * 

Da der KongreB seine Aufgaben nur erfüllen 
kann, wenn er auch in der zwischen zwei Ta- 
gungen liegenden Zeit immer an der Arbeit 
bleibt, wird darauf hingewiesen, daß der Schrift- 
führer jederzeit bereit ist Anregungen entgegen- 
zunehmen. Es empfiehlt sich, damit nidit zu 
warten, bis eine neue Tagung angekündigt 
wird, damit wenn irgend möglich, der Stoff für 
die Verhandlungen möglichst gut vorbereitet 
werden kann. 

Der geschäftsführende Vorstand 
der Internationalen Kunsthistorischen Kongresse: 
Kautzsh. Goldschmidt. Koetschau. 
Warburg. 


KLEINE NACHRICHTEN 


Berlin. Dr.Edmund Hildebrandt, Assistent an dem 
von Professor Wölfflin geleiteten kunsthistorischen Appa- 
rat, ist bei der Berliner Universität als Privatdozent zu- 
gelassen worden. Er wird seine Lehrtätigkeit im Winter 
mit einer Vorlesung über Rokoko, Klassizismus und Ro- 
mantik beginnen. 


Brüssel. Am 6. Juni verstarb zu Brüssel der be- 
kannte Bildhauer Jef. Lambeaux. Er gehörte zu den 
bedeutendsten Vertretern der modernen belgischen Bild- 
hauerschule, in seinen Werken schien der pathetische, 
fiberquellende, volisinnliche Geist der Kunst seiner Vater- 
stadt Antwerpen wiederlebendig geworden zu sein. Er hatte 
in seinem Leben schwere Kämpfe durchzufechten, bis er 
seine Kunst durchgesetzt hatte. Am 13. Juli 1852 zu Ant- 
werpen geboren, sah sich der Neunzehnjährige bei der Be- 
werbung um den belgischen Rompreis zurückgewiesen. 
Er wandte sich daraufhin nach Paris, wo er eine Reihe 
bedeutender Werke schuf, wie den „Bettler“, die „Schlangen- 
bindigerin®, „die Morgenröte“. In Paris anerkannt, er- 
oberte er sich bald sein Vaterland, große Aufträge fielen 
ihm zu, u. a. der Salvius-Brabo-Brunnen auf dem Markt- 
platze zu Antwerpen und das große Bas-relief, die 
menschlichen Leidenschaften, das sich heute im Parc du 
Cinquantenaire zu Brüssel befindet. 

ie belgischen Museen haben eine Reihe Neuerwerbun- 
gen zu verzeichnen, das alte Museum erwarb u. 8. ein 
auf der Vente Hoogendijk in Amsterdam gekauftes, neuer- 
dings von Hymans dem Pierre Coecke (1502—1550) zu- 
esdiriebenes „Abendmahl“ und ein de bee von Jan van 
essel dem älteren. Das moderne Museum bereicherte 
sih um die ,Ahrenleserinnen® von Charles de Groux, 
eine Marine von Alfred Stevens und eine „Liebesbrücke*, 
eine holländische Genrescene von Adolf Dillens. 


Edinburgh. Das Schloß der Douglas, eines der 
historischsten Baudenkmäler in Lanarkshire und eines der 
ältesten Adelsschlösser Schottlands „Douglas Support“ 
ist ein Raub der Flammen geworden. Dem Brand sind 
viele wertvolle Altertümer und Reliquien zum Opfer ge- 
fallen, von denen ein großer Teil aus der Zeit Robert 
Bruces herrührt. 


Mailand. Die Brera-Galerie hat sich mit einem präch- 
tigen Bildnis (0,97>0,78) von Girolamo Romanino allge- 
mein als Romanino bekannt, bereichert. Dieser Meister 
ist am besten in Brescia zu studieren, wo die Kirchen mit 
seinen Malereien ebenso ausgefiillt sind wie mit Bildern 
Morettos. Kräftig, beinahe derb erscheint Romanino; sein 
Kolorit ist See giorgionesk. Sein Hauptwerk ist in 
der städtischen Galerie zu Padua aufzusuchen: eine Ma- 
donna mit Heiligen. Nur ein berechnender und dom 
mächtiger Geist, der Disziplin und Genie in sich vereinigt, 
konnte ein soldes Meisterwerk schaffen. Das neu er- 
worbene Portrait, welches 14000 Lire kostete, stellt eine 
männliche Halbfigur aus dem Hause Martinengo dar. 
Das charakteristische Gesicht in Dreiviertelansicht blickt 
forschend, mit groBen, schwermütigen Augen den Be- 
schauer an. Blaß ist der Gesichtsteint, groß, stark gebaut 
die Nase, das ergraute Haar muß einmal halbblond ge- 
wesen sein. Ein sammtenes Barett bedeckt den Kopf, 
die rechte Hand ist mit einem hellledernen Handschuh 
angetan. Die Kleidung besteht aus einem Pelz und einem 
damaskierten Gewand; eine kostbare Goldkette mit Me- 
daillon hängt auf die Brust herab. Von Romanino, der 
Lehrer Morettos da Brescia war, besaß bisher die Brera- 
Galerie nur ein Madonnabild mit Kind. B. 


St. Petersburg. Am 13/26. April starb im Alter von 
48 Jahren Alexander Neustrojew, der ältere Conser- 
vator der Kaiserl. Ermitage zu St. Petersburg. Neu- 
strojew befasste sich zuerst mit Musik, widmete sich je- 
doch später ausscließlih der Kunstwissenschaft. 1891 
fand er eine Anstellung in der Ermitage. 1898 erschien 
sein Werk „Die Gemäldegalerie der Kais. Ermitage”. 
Außer diesem verfaßte Neustrojew eine lange Reihe 
Aufsätze über verschiedene Petersburger Kunstsamm- 
lungen, die in russischen Zeitschriften, in „L'Arte“ und 
der „Zeitschrift für bildende Kunst“ veröffentlicht waren, 
so über die Sammlung des Herzog v. Leuchtenberg, über 
die Niederländer in der Galerie die Akademie der Künste u. a. 


3 


+ ` wë un n ven rs 


Bernhard Patzak, Die Villa Imperiale 
in Pesaro. Studien zur Kunstgeschichte der 
italienischen Renaissancevilla und ihrer Innen- 
dekoration. Leipzig, Klinkhardt und Biermann. 
1908, III, 435 und 57 S., geh. M. 32—, geb. M.35.—. 


Aus dem umfassenden Werk fiber die Re- 
naissance- und Barockvilla. in Italien legt Dr. 
Patzak zunächst den dritten, einem Haupt- und 
Prachtstück fürstlihen Bausinnes gewidmeten 
Band vor, einem Monument, das zudem den 
Vorzug hat, aus zwei stilistisch völlig von ein- 
ander getrennten Teilen zu bestehen und in 
diesen mustergültig den Geschmack der zwei 
entscheidenden Jahrhunderte zu repräsentieren: 
eine Gründung des Alessandro Sforza der ältere 
Teil, während die jüngere Anlage ihre Entste- 
hung dem Kunstsinn des fürstlihen Paares 
Francesco Maria della Rovere und Eleonore 
Gonzaga verdankt (von etwa 1530 an). 

In dem einleitenden Kapitel gibt uns der 
Verfasser die historischen Daten, die für die 
Kenntnis der Bauherren und ihrer Schöpfungen 
wichtig sind. Anschaulich gibt er kurze Charak- 
teristiken der Hauptpersonen; er läßt mit Hülfe 
zeitgenössischer Aufzeichnungen das Leben auf 
dem Lande im sechzehnten Jahrhundert vor 
unsern Augen wiedererstehen: wohl nichts inter- 
essanteres ist uns dariiber erhalten, als die 
„Giornate Soriane“ des Lodovico degli Agostini, 
in denen er das Leben auf den Landhäusern 
des Monte San Bartolo (so heiBt die Hòhe, auf 
der sich Villa Imperiale erhebt) schildert. Der 
Verfasser bereichert seine Darstellung mit reich- 
lihen Auszügen aus dieser Schrift (S. 38 ff.). 

Das zweite Kapitel behandelt in zwei Ab- 
schnitten die bauliche Anlage der beiden Villen, 
die erst später unter dem letzten Herzoge von 
Urbino, Francesco Maria Il, durch einen auf 
einem Schwibbogen ruhenden Korridor mit ein- 
ander verbunden wurden. Jedem der beiden 
Bauten ist eine ins einzelnste Detail getreue Be- 
schreibung gewidmet. Es ist einleuchtend, daß 
Genga auch den älteren Sforzabau einem Neu- 
bau unterzogen hat (S. 68ff.), als der stattlichere 
Fürstenhof der Rovere bedeutendere Räume er- 
forderte. Das bietet dem Verfasser die Ge- 
legenheit, den alten Bau zu rekonstruieren; dem 
Untersuchenden ergeben sich auffallende Be- 
ziehungen zu den von Luciano da Laurana ge- 
leiteten Bauten. Der Roverebau ist in seiner 
Anlage durch das ansteigende Terrain bedingt. 


AGRA] LITERATUR SI OAC DKA 


Charakteristisch für ihn ist der „einheitliche, bis 
in alle Einzelheiten wohldurchdachte Original- 
entwurf.“ Der Verfasser legt in einem beson- 
deren Absatz die Feinheit des Architekten dar, 
der entsprechend dem Zweck der ländlichen 
Anlage die starre Gesetzmäßigkeit milderte, das 
malerische Moment von Licht und Schatten wohl 
zu nützen verstand (S. 102 ff.) 


Im dritten Kapitel (S. 117 ff.) ist der Kunst- 
kreis der beiden Villenbautypen behandelt. Ver- 
fasser betont hier die Bedeutung des Sforzabaus 
mit seinem Binnenhof für die Geschichte der 
florentiner Villa: denn dort (um Florenz) ist 
vieles bei der Belagerung von 1530 zugrunde 
gegangen, das erhaltene meist durch Umbauten 
alteriert. Eine Reihe verwandter Villentypen 
werden besprochen. Dahingegen hat der Rovere- 
bau „unter den erhaltenen Hochrenaissancevillen 
Italiens nicht seinesgleihen“. Abgesehen aber 
von Beziehungen zu Anlagen, wie der (unter- 
gegangenen) Villa Poggio Reale bei Neapel und 
Poggio a Cajano bei Florenz ist es unzweifel- 
haft, daß Genga in Rom die stärksten Anre- 
gungen durch Bramantes Entwurf für den Cortile 
del Belvedere des Vatikans und durch römische 
Villenanlagen (Villa Madama) erfuhr. 


Das vierte, der Innendekoration der Sforza- 
villa gewidmete Kapitel charakterisiert erst die 
an dem malerischen Schmuck der Räume tätigen 
Meister: Girolamo Genga, Francesco Menzocchi, 
Raffaellino dal Colle, Bronzino, die beiden Dossi 
und Camillo Mantovano, um dann in eine Be- 
schreibung der acht, mit Fresken geschmückten 
Räume überzugehen. Die Schwierigkeit besteht 
hier einmal in unserer ungenügenden Kenntnis 
des Stils mehrerer der genannten Meister, dann 
in dem schlechten Zustand der Erhaltung der 
Fresken, die in neuerer Zeit (1880—1882) durch 
den Maler Gius. Gennari aus Pesaro ohne Ver- 
ständnis restauriert worden sind. Schon Thode 
hatte in seiner glänzenden Schilderung der Villa 
Imperiale (Jahrbuch d. preuß. Kunstsammign. IX, 
1888, S. 161 ff.) einen Versuch geboten, die Lei- 
stungen der einzelnen Meister gegen einander 
abzugrenzen; Patzak kommt hier oft zu anderen 
Resultaten, weil er jedem Meister nachgeht und 
von überall her die oft entlegenen Beispiele 
ihres Schaffens beibringt. Er bietet uns hier 
fast monographisch ausgestaltete Darlegungen, 
die für die Erkenntnis dieser Meister von der 
größten Bedeutung sind. So gibt es über Genga 
als Maler nichts annähernd so Ausfihrliches, als 


680 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


was der Verfasser mitteilt; für die Dossi hat er 
besonders eingehende Studien gemacht, die er 
in einer besonderen Arbeit mitzuteilen verspricht. 
Auf Grund dieser vorbereitenden Darlegungen 
sucht er die Arbeiten, die die verschiedenen 
Meister in Villa Imperiale geleistet haben, zu 
präzisieren und weist von neuem auf beglaubigte 
Werke hin. 

Allgemeine Ideen über Dekorationsstil sind 
im abschließenden Kapitel über das illusionis- 
tische Dekorationsproblem entwickelt, worin ganz 
rapid die gesamte Entwicklung von der pom- 
pejanischen Malerei an bis ins XVI. Jahrhundert 
begleitet ist. 

Aus dieser auf die tunlichste Kürze beschränk- 
ten Übersicht wird man herauslesen, wie wichtig 
für die Geschichte des Villenbaues und der de- 
korativen Malerei die Arbeit Patzaks ist. Er- 
wähne ich noch, daß 278 Abbildungen dem Text 
eingefügt sind, die eine Reihe von Villen und 
Fresken, resp. Bildern zum ersten Male — z. T. 
nadi des Verfassers Aufnahmen — illustrieren, 
so mag jeder selbst den SchluB auf die Bedeu- 
tung des Buches ziehen. Hätte ich eine allge- 
meine Ausstellung zu machen, so wäre es die 
(man kann sie nicht oft tun) allzugroBer Ge- 
wissenhaftigkeit: ici meine dieses in dem Sinn, 
daB die Aufmerksamkeit des Lesers durch allzu 
vieles Detail ermüdet und durch zu oft wieder- 
holte, stilvergleichende Hinweise zerstreut wird. 
Das macht dann freilich das SchluBkapitel wieder 
gut. 

Wenn ich im folgenden einige Berichtigungen 
folgen lasse, so geschieht es nicht zu dem Zweck, 
Patzaks Leistung herabzusetzen, als vielmehr, 
um dem Verfasser die Anteilnahme bei der 
Lektüre zu beweisen, und weil die zufällige 
Beschäftigung zwar nicht mit dem Thema, aber 
mit den handelnden Personen, die direkt und 
indirekt am Entstehen der Villa Imperiale be- 
teiligt gewesen sind, mir mancherlei Beobach- 
tungen gestattete. Der Einfachheit wegen sei 
die Seitenzahl des Buches befolgt. 

S.4—5. Verfasser polemisiert gegen die alte 
pesaresische Tradition, nach welcher Kaiser Fried- 
rich Il. am 23. Januar 1469 nach Pesaro ge- 
kommen sei und am folgenden Morgen den 
Grundstein zur Sforzavilla gelegt habe. Er weist 
darauf hin, daB die Krönung des Kaisers im 
Jahre 1452 stattgefunden, der Kaiser aber da- 
mals eine Route eingeschlagen hat, auf der 
Pesaro nicht berührt worden sein könne. Das 
eine, wie das andere ist zweifellos richtig. Nun 
kann ich zwar (namentlich weil mir die Haupt- 
quellenwerke zur Geschichte des Kaisers nicht 
zur Verfügung stehen) nicht exakt nachweisen, 
daß Friedrich III. damals Pesaro berührt hat, es 


aber durch sein Itinerar vor- und nachher fast 
zwingend dartun. Der Kaiser verlieB Rom 
am 9. Januar und reiste über Viterbo und den 
Trasimenersee nadı Perugia, wo er vom 14.bis 
16. Januar sich aufhielt (Archivio stor. italiano 
XVI, p. I, S. 640). Am 16. Abends ging die 
Reise weiter nach Santa Maria degli Angeli bei 
Assisi; von dort über Gualdo und Sassoferrato 
in die Romagna nach Venedig zu (so berichtet 
das Chronicon Eugubinum, bei Muratori Scrip- 
tores t. XXI, Sp. 1017). Ferner wissen wir, daß 
die Ankunft in Regenta, dem Kastell des Herzogs 
Borso d’Este, am 26. Abends erfolgte und am 
folgenden Tage der Einzug in Ferrara (Muratori 
t. XXIV, Sp. 216). Zwischen diesen zwei Punkten 
der Reise: Sassoferrato und Regenta bei Fer- 
rara (wohl das heutige Argenta), ist eine Lücke. 
Verfolgt man diese Route nun auf der Karte, 
so kann es keinem Zweifel unterliegen, daB die 
damals (und so noch heute für die Postverbin- 
dung) gewöhnlihe Route über den Furlopass 
genommen wurde, die von Sassoferrato über 
Cagli nach Fossombrone und von dort weiter 
bei Fano ans Meer führte. Um von hier in den 
Staat des Herzogs von Ferrara zu gelangen, 
mußte der Kaiser Pesaro, Rimini und Ravenna 
berühren. Wissen wir nun, daß er am 16. Januar 
von Perugia aufgebrochen war, am 26. Abends 
aber das ferraresisdie Gebiet betrat, berück- 
siditigen wir dabei, daB das Reisen durch das 
Gebirge zur Winterszeit groBe Schwierigkeiten 
bot, während man, einmal bei Fano ans Meer 
gelangt, ohne besondere Schwierigkeiten weiter 
kam: so ergibt sich, daß der Kaiser tatsächlich 
zu dem von pesaresischen Schriftstellern über- 
lieferten Termin in der Residenz des Alessandro 
Sforza geweilt hat. Und was sollte sonst der 
Name „Villa Imperiale“ wohl für einen Sinn 
haben? Daß damals erst der Grundstein der 
Villa gelegt worden sei, ist keine zwingende 
Notwendigkeit. 

S. 12. Über die Befestigung von Pesaro, es 
handelt sich dabei besonders um den Hafen, 
ist in Florenz mancherlei ungedrucktes Material 
erhalten, darunter ein langes Gutachten eines 
der Genga. Da ich auf Festungsbauten in den 
Studien über die Kunstbestrebungen der urbi- 
natischen Herzöge nicht eingehe, so blieb dieses 
ausführliche Aktenstü von mir unberücksichtigt. 
Vgl. audi die wichtige Studie von Luigi Celli, 
die in der Nuova Rivista Misena VII, 1895, er- 
schien. 

S. 16. Der Verfasser scheint geneigt, eine 
vor das Jahr 1530 fallende, frühere Ausmalung 
der Zimmer anzunehmen. Dazu liegt gar kein 
Grund vor; weist er doch selbst nach, daB 
einige der Künstler zu eben diesem Termin dort 


Literatur 681 


gearbeitet haben, andere aber später. Der Wort- 
laut des Schreibens der Herzogin läßt meines 
Erachtens keinen Zweifel darüber, daß jenes Jahr 
den Anfang der Arbeiten bezeichnet. Und warum 
weist Verfasser hier auf das zweifelhafte Porträt 
Guidobaldos in Bergamo hin, anstatt auf das 
Porträt im Palazzo Pitti, das Justi als das 
Porträt Guidobaldos von Bronzino in hohem 
MaBe wahrscheinlich gemacht hat (Zeitschr. f. 
bild. Kunst N. F. VIII, 1897, S. 34 ff.). 

S. 23. Es handelt sich nicht um Girolamo, 
sondern um Bartolommeo Genga: er ist derjenige, 
der im Hause Ammanatis gelebt hat (vgl. Mila- 
nesi VI, 326). 

S. 30. Ich kann nicht glauben, daß die Base 
des Idolino ein Werk Gengas sein soll. Bei 
anderer Gelegenheit werde ich eine Vermutung 
über den Urheber äußern, die jedenfalls auch 
nach Oberitalien führt. — Die kostbaren Tische 
der florentiner Sammlungen stammen nicht aus 
Urbino, sondern sind Arbeiten, die für die GroB- 
herzöge von Toskana angefertigt worden sind. 

S. 190. Warum gibt Verfasser die Fesse- 
lung Amors der National Gallery nicht getrost 
dem Genga, trotz der Signatur mit Signorellis 
Namen? Die Ausführung wenigstens zeigt die 
gleiche Hand, wie die beiden Bilder der Galerie 
in Siena. — Bei dieser Gelegenheit füge ih dem 
„Werk“ Gengas ein, soviel ich weiß, nur von 
Frizzoni ihm zugeschriebenes Bild hinzu: die 
Madonna im Mailänder Kastellmuseum (Nr..250). 

S.205. Ich kann dem Verfasser nicht folgen, 
wenn er auf dem großen Bild Gengas im Kaiser- 
Friedrich - Museum die Porträts des Kardinals 
Alidosi und Gengas findet. Alidosi ist als jüngerer 
Mann gestorben; Genga war, als das Bild ent- 
stand, eben vierzig Jahr, kein Greis, wie der 
Cyprianus. 

S. 211. Es geht doch unmöglich an, auf 
einige jetzt in Forli vorhandene Bilder Parmi- 
gianinos, von denen niemand weiß, wann sie 
dorthin gekommen sind (das von Patzak citierte 
Buch von Calzini-Mazzatinti macht in dieser 
Hinsicht keinerlei Angaben), ein Abhängigkeits- 
verhältnis Menzocchis zu basieren. Viel näher 
läge es, daB dieser die 1527—1529 in Bologna 
entstandenen Gemälde des Meisters von Parma 
studiert habe. 

S. 226. Ich glaube dem Verfasser gern, daß 
die auf Vasari folgende Literatur mancherlei 
Überraschungen birgt; aber seine Polemik gegen 
Dollmayer scheint mir gerade hier fehl zu gehen; 
denn der von ihm angeführte Gewährsmann, 
Graziani, bestätigt doch die Annahme jenes 
Forschers, wenn er Raffaellino dal Colle einen 
Schüler des Giulio Romano nennt (nicht Raffaels). 
Und diese Herkunft verraten alle Arbeiten des 


Meisters aus Borgo aufs deutlichste. Daß die 
Arbeiten im Konstantinssaal tatsächlich um 1523 
in Arbeit waren (vollendet 1524—1525), bewiesen 
die von Müntz veröffentlichten vatikanischen Rech- 
nungen (s. Arch. stor. dell’ arte I, 1888, S. 447 ff.). 
Der Name des Raffaellino findet sich ‘hier nicht. 

S. 262. Im Palazzo Grimani bei Santa Maria 
Formosa in Venedig sind in zwei Räumen recht 
bedeutende dekorative Malereien von Camillo 
Mantovano erhalten (nach A. della Rovere, 
Arte e Storia XVI, 1897, S. 70). 

S. 277. Hier muB ich mich gegen Patzak 
durchaus auf Thodes Seite stellen, dessen Kritik 
der Fresken völlig richtig ist. Wenn auch die 
Stanza dell’ Incendio in der Ausführung wesent- 
lich Arbeit der Raffaelschule ist, so blieb der 
Meister darum doch der die Kräfte lenkende 
Geist. Und wie tief selbst unter den unerfreu- 
lichsten Arbeiten in den Stanzen stehen die 
Imperialefresken insgesamt! 

S. 332. Hier liegt der einzige, schwerer 
wiegende Irrtum Patzaks vor, wenn er das 
Plafondgemälde des „Gabinetto“ als „Ernennung 
des Francesco Maria zum Capitano generale 
der Kirche durch Kardinal Alidosi“ deutet. Ich 
weiß, die Menschen jener Zeit hatten starke 
Nerven; aber daß die Herzogin ihrem Gatten 
seinen Todfeind, den er eigenhändig aus dem 
Leben befördert hatte (ein Ereignis, das noch 
lange seine Schatten auf die Schicksale des 
Herzogs warf), habe an die Decke malen lassen, 
das ist denn doch selbst diesem Geschlecht zu 
viel zugemutet. Das Wappen des Banners: rote 
Lilie auf weißem Feld, hätte dem Verfasser die 
rechte Spur weisen müssen: es ist das der Stadt 
Florenz. Und Florentiner Tracht trägt der Mann 
von rechts (den „lucco“), sowie derjenige, in 
dem Patzak den Kardinal Alidosi sehen will. 
Was ist hier dargestellt? Ich weiß es nicht; 
aber man darf hier vielleicht daran erinnern, 
daB die Florentiner den Francesco Maria vor- 
übergehend zum Generalkapitän ernannt haben. 
Der Biograph des Herzogs, Gio. Battista Leoni, 
hat davon gewußt (Vita di Francesco Maria, 
Venedig 1650, S.290); aus ungedruckten Papieren 
ersehe ich, daB das Instrument der Condotta 
am 27. Mai 1522 ausgefertigt war. 

S. 384. Die Jünglinge auf dem Fresko der 
Apotheose können kaum die Söhne des Herzogs 
darstellen: der zweite Sohn Giulio — der spätere 
Kardinal von Urbino — war erst 1533 geboren. 

S. 408 und 414. Warum merkt Verfasser 
nicht an, daß die Ausführung dieser Fresken in 
Loreto im wesentlichen von Palmezzano her- 
rührt? Man kann dessen Hand in diesen klo- 
bigen Formen doch gar nicht verkennen. 

Georg Gronau. 


682 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


La Roma Antica di Ciriaco d'Ancona, 
disegni inediti del secolo XV, pubblicati et 
illustrati da Christian Huelsen con XVIII ta- 
vole e 31 illustrazioni nel testo. Roma. Er- 
manno Loescher 1907. 


In der Palatina zu Modena befindet sich ein 
Sammelband von 233 Blättern in reicher origi- 
naler Lederfassung, der von jeher das Interesse 
der Altertumsforscher auf sich gezogen hat. Auf 
feinstes Pergament kalligraphisch mit verschie- 
dener Tinte geschrieben, kostbar und geshmack- 
voll teils mit Miniaturen, teils mit Zeichnungen, 
die dem Texte beigefügt sind, verziert, enthält 
er vorzugsweise Epigraphica und Philologica: 
neben Inschriften Valerius Probus sowie Petrus 
Diaconus de notis, eine Beschreibung Roms (fol. 
11—24) und daran anschließend Zeichnungen 
nach Monumenten des alten Roms (fol. 25 — 44) 
usw. „Johannes Marcanova doctor Patavinus“, 
der in Bologna an der Universität von 1452 bis 
1467 Lektor der Philosophie und Medizin ge- 
wesen war,!) hatte ihn im Jahre 1465 daselbst 
anfertigen lassen, wie er selbst auf fol. 10 des 
Codex vermerkt. 

Marcanova war ein gelehrter Humanist und 
Altertumsfreund, wohlbekannt als Verfasser 
antiquarisher Werke. In seinen MuBestunden 
sammelte er, nach dem Zeugnisse des Scardeo- 
nius, allerlei Antikaglien, Münzen und besonders 
Inschriften, mit deren Hilfe er ein Werk über 
Leben, Gebräuche und Geschichte der alten Römer 
zu illustrieren gedachte; und diesem Zwecke 
sollten auch Zeichnungen nach antiken. d. h. 
zumeist römischen Monumenten dienen, die in 
seinen Besitz gelangt waren. Solche Tätigkeit 
entsprach dem Zuge der Zeit, die nicht nur für 
die antike Kleinkunst, sondern auch für Roms 
Ruinenwelt die höchste Vorliebe bezeugte; und 
der literarischen Begeisterung für sie, der zuerst 
Petrarka lauten und klassischen Ausdruck ver- 
liehen hatte, waren inzwischen seit der Wende 
des Tre- zum Quattrocento die künstlerische 
Erforschung und Verwertung zugunsten der 
eigenen Produktion gefolgt. Marcanova ge- 
bührt der Ruhm, einer der frühesten Pfadfinder 
auf diesem Gebiete gewesen zu sein und zu- 
gleih mit einer gewissen Systematik, wenn- 
gleih mit unzulanglicien Mitteln und Kennt- 
nissen, Richtung und Betrieb der Altertumsstudien 
bestimmt zu haben. 

Mit diesen wissenschaftlich literarischen Ab- 
sichten Marcanovas steht der Modeneser Codex 


1) Vielleicht bekleidete er dieses Amt schon a. 1451; 
denn ein in den Rotuli der Universität in dem Jahre ge- 
nannter Johannes de Marignano (Marignano bei Porto- 
gruaro) scheint nach Huelsens ansprediender Vermutung 
mit ihm identisch zu sein. 


in enger Beziehung. Ihn lieB der gelehrte Hu- 
manist in Bologna mit aller erdenklichen Sorg- 
falt und mit feinem Geschmacke ausstatten, um ihn 
seinem Gönner, dem Herrn von Cesena, Mala- 
testa Novello zu verehren. Als er aber voll- 
endet war (20. XI. 1465), war jener bereits ver- 
storben, und so blieb er in Marcanovas Besitz, 
mit dessen Büchershätzen er an das Kloster 
San Giovanni in Verdara zu Padua und nach 
mancherlei Schicksalen a. 1803, aus der Hinter- 
lassenschaft des letzten Marchese Obizi, in die 
Palatina von Modena gelangte. 

Während die epigraphischen und philologi- 
schen Partien des Bandes schon längst von 
Henzen, de Rossi, Mommsen u. a. untersucht 
und fruktifiziert waren, blieben die römischen 
Zeichnungen infolge eines absprechenden Ur- 
teiles de Rossis, der sie kurz als Phantastereien 
abgetan, bisher ohne Beachtung. Und doch ver- 
dienen diese 18 Blätter nicht allein vom archäo- 
logisch topographischen, sondern auch vom kunst- 
historischen Standpunkte eingehendes Studium; 
und dieses hat nunmehr der um die Erforschung 
der Topographie des antiken Roms hochver- 
diente Professor Christian Huelsen mit der ihm 
eigenen Sachkunde und Gewissenhaftigkeit ihnen 
angedeihen lassen. Bereits in einem Vortrage 
des archäologischen Institutes zu Rom vom 
20. April 1906 hatte er auf die Bedeutung dieser 
Zeichnungen hingewiesen, auch einige von ihnen 
bekannt gegeben. Nun liegt die vollständige, mit 
ausgiebigem Kommentare versehene Ausgabe 
aller vor, eine mustergültige und bis zu einem 
gewissen Grade abschließende Arbeit in italieni- 
scher Sprache, die der gelehrte Verfasser der 
bekannten Archäologin Donna Ersilia Caetani- 
Lovatelli gewidmet hat. 

In ruhiger klarer Weise, unter Prüfung aller 
in Betracht kommenden Voraussetzungen und 
Einwendungen, werden Geschichte und Pro- 
venienz des Codex, überhaupt alles in bio- 
graphischer, topographischer und kunsthisto- 
scher Beziehung Wichtige untersucht und 
dargestellt. Die Ausstattung der Studie ist 
vorzüglich, die Reproduktion der Tafeln eine 
gelungene. Den nicht sehr umfangreichen, 
aber um so gehaltvolleren Ausführungen des 
Autors sind zahlreiche Illustrationen beige- 
fügt, die dem Leser die Nachprüfung sowie die 
Bildung eines eigenen Urteiles erleichtern, und 
auch da, wo man nicht ganz Huelsens Ansichten 
beistimmen kann, oder wo man weiter gehen 
möchte, berühren die kluge Zurückhaltung des 
Verfassers, seine Sachlichkeit und Sauberkeit in- 
bezug auf Methode und Ergebnisse der For- 
schung überaus wohltuend, gewiß ein groBer Vor- 
zug gegenüber einem so spröden, und so wenig 


-o 


Literatur 


683 


erforschten Materiale, bei dem auf Schritt und 
Tritt zur Hypothese gegriffen werden muB, und 
die Rekonstruktion des ursprünglichen Zusammen- 
hanges nicht immer gelingen will. 

Die Resultate, zu denen Huelsen gelangt, sind 
nun interessant genug. Dem Anscheine nach 
kannte Giovanni Marcanova Rom nicht aus 
eigener Anschauung. So war er, wie schon bei 
den Inschriften nachgewiesen worden ist, audi 
bei den Zeichnungen nach antiken römischen 
Monumenten auf fremde Unterstützung und 
Überlieferung angewiesen. Er benutzte also 
Vorlagen, die ihm als Originale unter die Hände 
gekommen waren, oder die er wahrscheinlich als 
vertrauenswürdige ansah und mit Hilfe eines 
Bolognesischen Zeichners kopieren lieB. Dieser 
Zeichner war nun kein bedeutender Künstler; 
dem Anscheine nadı eher ein Miniator, und seine 
Leistungen haben demnach einen recht geringen 
Kunstwert, mit Ausnahme vielleicht von Tafel], 
die Huelsen einem besseren „Künstler“ zuweist. 
Ob der aber der Lehrmeister des Kopisten der 
anderen 17 Blätter gewesen ist, steht dahin. 
Die Zeichnungen sind mit feinen Federstrichen 
ausgeführt und leicht laviert. Stellenweise sieht 
man noch die punktierte Vorzeichnung in leih- 
tem Rötel. Formenbehandlung und Komposition 
sind gering; einige Bilder erscheinen ineinander 
geschachtelt. Ohne Kenntnis der Perspektive, 
arbeitet der Autor mehr in silhouettierender 
Manier, doch zeigt er einen gewissen primitiven 
Sinn für Landschaft und Genre, womit er seine 
Skizzen ausstaffiert und umändert. Auf einigen, 
wie z. B. Tafel V: Forum Romanum, Tafel IX: 
Tiberansicht, erscheinen diese Staffagen — hier 
eine Marktszene, dort die rômische Campagna 
— als Hauptsache. Er kann mit keiner allzu- 
groBen Treue verfahren sein. Auch MiBver- 
ständnisse und Fehler begegnen mehrfach. An 
die Monumente seiner Umgebung, also Bolog- 
nas, lehnt er sich an. Sie benuzt er zur Er- 
läuterung und Ergänzung der alten Denkmäler, 
zumal wenn seine Vorlagen, wie es scheint, an 
Deutlichkeit zu wünschen übrig ließen. Aber 
auch Rekonstruktionen wie auf Tafel IV: das 
Hochgericht auf dem Kapitole, die antike Straße 
auf dem Palatin Tafel VIII, die allerdings „phan- 
tastische* genannt werden müssen, entsprangen 
einem Verlangen nach lebendiger Veranschau- 
lihung des Alten, dieses unmittelbar mit der 
Gegenwart zu verbinden und für diese zu fruk- 
tifizieren. Das Quattrocento stand den Alter- 
tümern relativ frei gegenüber. Ihre antiquari- 
sche Verwertung kam, wenn überhaupt, erst in 
zweiter Linie in Betracht. Das äußerte sidi 
häufig in einer seltenen Unbefangenheit inbezug 
auf die Wiedergabe von Vorlagen und Origi- 


nalen, in einer sehr geringen Akribie und Sach- 
lichkeit, wie wir sie z. B. auch in den Illustra- 
tionen der Hypnerotomachia finden, an die die 
Zeichnungen des Codex Marcanova überhaupt, 
nach Stil wie Auffassung, gemahnen; und diese 
Eigentümlichkeit erschwert nicht nur die Erklä- 
rung der Darstellungen, sondern beeinträchtigt 
auch ihren topographisch-kunsthistorischen Wert. 

Marcanovas Zeichnungen gehen nun auf 
Vorlagen des Ciriaco de’ Pizzicolle aus Ancona 
zurük. Mit diesem Kaufmanne, Epigraphiker 
und Antiquar, der sich weit in der Welt umge- 
sehen und auf seinen Fahrten eifrigst gesammelt, 
auch berühmte Monumente (wie z. B. das Par- 


. thenon) skizziert hatte, stand der Lektor in 


Bologna in Verbindung. Dieses Abhängigkeits- 
verhältnis war bereits für den größten Teil des 
Modeneser Codex bekannt. — Mommsen hat 
Marcanova einen der ältesten und vornehmsten 
Kompilatoren von Inschriften Cyriaks genannt. 
— Dasselbe nun auch für die Zeichnungen nach 
antiken Monumenten Roms mit überzeugenden 
Gründen nachgewiesen zu haben, ist Huelsens 
Verdienst. Darin liegt der Wert seiner Studie 
wie der Handschrift überhaupt. Vielleicht daß 
auch die den 18 Zeichnnngen vorangehende 
Beschreibung Roms (fol. 11—24) auf Cyriak zu- 
rückgeht. Cyriak kannte Rom genau. Mehre- 
male hielt er sich, unter Martin V., Eugen IV. 
und Nikolaus V., in der ewigen Stadt auf. Er 
plante, seinem Biographen zufolge, nichts ge- 
ringeres als eine Rekonstruktion der alten Stadt, 
ein Vorhaben, das dann nicht zustande gekom- 
men ist, später Raffael, dann Pirro Ligorio be- 
schäftigt hat; und wenn es heute in der moder- 
nen archäologisch-topographischen Schule der 
Verwirklihung nahe gerückt erscheint, so ist 
das nicht zum kleinsten Teile den gediegenen 
Forschungen Huelsens zu verdanken. Ich nenne 
in der Beziehung allein den dritten und Ab- 
schlußband von Jordans Topographie Roms im 
Altertume, ein Meisterwerk im wahren Sinne 
des Wortes, das noch lange nicht genug in 
seiner ganzen Vielseitigkeit und Gründlichkeit 
gewürdigt wird (Berlin 1907). 

Cyriak hatte für sein Unternehmen, etwa um 
1450, antike Monumente und Stadtteile Roms 
aufgenommen. Freilich war auch sein Zeichen- 
talent sehr gering, seine Behandlung, wie wir 
aus einigen Proben wissen, nichts weniger als 
treu, sein Auge ohne Schulung; und mit Rück- 
sicht auf diese Mängel glaubt eben Huelsen die 
starken Veränderungen und „Verbesserungen“ 
des Bolognesischen Nachzeiciners erklären und 
entschuldigen zu dürfen. Cyriaks Zeichnungen 
können mehr als Kuriositäten denn als exaktes 
Quellenmaterial gelten, und Huelsen warnt mit 


684 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Recht vor ihrer Überschätzung. Diese römischen 
Zeichnungen sind nun im Originale bisher nicht 
erhalten. Aber ein Teil davon liegt in den Nach- 
bildungen des Codex Palatinus zu Modena vor. 
Nach Huelsen habe sie Cyriak vor den Monu- 
menten selbst entworfen. Das wird auch meisten- 
teils richtig sein; zu untersuchen bliebe aber in 
der Folge dennoch, ob auch er nicht bereits 
fertige Vorlagen, Muster- und Skizzenbücher 
benutzt habe, an denen ja schon im frühen 
Quattrocento kein Mangel war. Vielleicht wäre 
ein soldes Verhältnis bei Tafel IX (Stadtansicht 
von der Tiberseite) anzunehmen? 

Huelsens Ausführungen geben sonst zu Aus~ 
stellungen keinen AnlaB. Zu verbessern ist 
(p. 42) das Erscheinungsjahr von Scardeonius 
de antiquitatibus Patavinis 1540 in 1560 (wohl 
Druckfehler). Die Vorrede dazu ist von 1559 
datiert. Nach Marcanova - Cyriaks Abbildung 
ruhte das Reiterstandbild Marc Aurels vor dem 
Lateran, bevor es unter Sixtus IV. a. 1474 die 
klassizierende Basis erhielt, auf kleinen Löwen, 
nach Art trecentistisher Grabdenkmäler der 
Pisani- und Kosmatenschule. Nach Heemskercks 
Skizzenbuche befanden sich im Cinquecento auf 
kurzen Pilasterstümpfen vor dem Denkmale 
zwei liegende Löwen, die Huelsen als von der 
mittelalterlichen Basis herrührend bezeichnet. Das 
hätten aber vier sein müssen. Wenn der Codex 
Palatinus nur zwei gibt, so beruht das auf dem 
Ungeschicke des Zeichners, der die beiden der 
hinteren Seite in der Verlängerung nicht darzu- 
stellen verstand! Huelsen hat sich nur auf die 
topographischen Beziehungen beschränkt; er 
schließt aber seine Arbeit mit einem Hinweise 
audi auf die Bedeutung der Zeichnungen für 
die Kunst des Quattrocentos. Und es wäre zu 
wünschen, daß sie auch in der Beziehung unter- 
sucht würden, namentlih mit Rücksicht auf die 
Staffagen und Hintergründe, wie sie die Künstler 
in Florenz und Umbrien seit Benozzo Gozzoli 
auf ihren Gemälden und Fresken in großem Um- 
fange anzubringen liebten. MitHilfe des reich- 
haltigen Materials, das im Codex Escurialensis, 
Barberinus u. a. publiziert vorliegt, sind derartige 
Untersuchungen nunmehr mit Erfolg in Angriff 
zu nehmen. Ihnen schließt sich Huelsens neueste 
Veröffentlihung von Zeichnungen Cyriaks an, 
die vielleicht zu frühesten topographischen Auf- 
nahmen römischer antiker Denkmäler gehören. 


Karl Frey. 


Michele Lazzaroni — Antonio Mufioz: 
Filarete, scultore e architetto del secolo XV. Con 
130 incisioni e 24 tavole. Roma, W. Modes 
1908. GroBquart 290 S. 


Eine opulente Publikation von 290 groBen 
Quartseiten mit über 150 Abbildungen über den 
Meister der Bronzetiiren von St. Peter! Keiner 
der groBen Plastiker des Florentiner Quattro- 
centro hat bisher auf italienischer Seite eine 
ähnliche Würdigung erfahren. In Rom ist man 
mit Recht bemüht, die altrömische Kunstschule, 
die bis ins XIII. Jahrhundert und dann schlieB- 
lih über das ganze Mittelalter zuriickreicht, 
zur Geltung zu bringen, zumal die Florentiner 
Gruppe noch immer allzu stark im Vordergrund 
der Forschung steht. Nun ist Filarete zwar 
Florentiner; aber seine Bronzetüren sind sehr 
unflorentinish — man kann sie direkt römisch 
nennen, wenn man damit die wulstigen Ranken, 
die schweren Figuren, die antikisierende Ge- 
samtsprache charakterisieren will. Eine genaue 
Detail-Reproduktion der Tür war sehr wünschens- 
wert, namentlih der in den Ranken ver- 
steckten Mythologie, die man in Sauers Reper- 
toriumaufsatz zwar lesen, aber nicht sehen 
konnte. Die Beschreibung dieser Türe nimmt 
122 Seiten in Anspruch. Sie ruht durchaus auf 
den Untersuchungen von v. Öttingen, Sauer, 
v. Tschudi und Müntz. Diese Autoren werden, 
was in Italien nicht immer der Fall, auch zitiert, 
aber ihre kleinen errori unnötig gründlich auf- 
gespießt. Durften wir hoffen, bei dieser Detail- 
untersuchung der Reliefs etwas über die von 
Filarete abhängigen kleinen Plaketten zuerfahren, 
so sehen wir uns enttäuscht. Daß die Arbeit 
der Mitarbeiter Filaretes an dieser Tür nicht 
abgegrenzt werden kann, sagte schon H. v. 
Tschudi; seitdem sind aber von Gloria die Doku- 
mente über Donatello in Padua veröffentlicht 
werden, und es hätte nahe gelegen, die Ge- 
pflogenheiten dieser Gußhütte zum Vergleich her- 
anzuziehen. Manche Einzelaufnahmen der Tür 
hätten um so mehr entbehrt werden können, als 
wir das Eingehen auf die selbständigen Arbeiten 
der Schüler Filaretes vermissen, namentlich Pas- 
quino da Montepulcianos, dessen Werke nur sum- 
marisch und ohne Äbbildungen aufgeführt werden. 
Wie steht es denn nun eigentlich mit dem Grabe 
Pius IL in S. Andrea della Valle? Bei den 
Vorbildern, die für dieBronzetüre gesucht werden, 
ist das wichtigste, Giottos Tabernakel, vergessen 
worden; in der Liste der alten BronzetiirenItaliens 
fehlt die von S. Paolo fuori L m., die doch an 
erster Stelle zu nennen war. Vor allem aber 
vermissen wir eine künstlerische Würdigung, einen 
Abschnitt über die drei so ganz verschiedenen 


Literatur 


Reliefstile dieser Tür, eine Ableitung dieses 
Typus aus der früheren Reihe. Wie kommt es, daB 
diese Tür ganz anders aussieht als die Türen 
am Florentiner Baptisterium, als die in Pisa, 
als die süditalienischen? Die Autoren fragen, 
woher Müntz wisse, daB Filarete bei Ghibertis 
erster Tür geholfen habe; die Quelle ist nicht 


verborgen, es steht einfach bei Vasari, und wenn. 


dieser auch manche Mitarbeiter fälschlich nennt, so 
ist doch damit nicht die ganze Liste hinfällig. 
Gut wird die gänzlih andere Art Donatellos 
und seiner Schule durch den Vergleich mit der 
Grabplatte Papst Martins V. betont; ich glaube 
nach wie vor, daß dieses Meisterwerk zwar von 
Simone Ghini gegossen, von Donatello aber 
modelliert ist. Mit Recht wird auf die Wichtigkeit 
des Grimaldi-Codex hingewiesen, den Acchiardi 
und Venturi (letzterer im 5. Band seiner KG.) 
publiziert haben. Für die meisterhafte Bildung 
der Tierwelt bei Filarete finden auch diese 
Autoren kein Vorbild. 

Den Anlaß zu der Publikation gab wohl die 
Entdeckung einer Bronzebüste des Griechen- 
kaisers Johannes Palaeologos, die 1888 in Rom 
auf dem Campo di Marte (!) für ein Butterbrot 
gekauft wurde und heute im Museo de propa- 
ganda fide in Rom steht. Das ist ein schöner 
Fund, zumal er auch fest datiert werden kann, 
1439. Ist diese Büste aber von Filarete, so 
kann m. E. weder der Caesar in der Sammlung 
Lazzaroni in Paris noch der männliche Kopf in 
Wien (dort „XVI Jahrh.“ bezeichnet), die Venturi 
dem Filarete zuschrieb, von Filarete stammen. Die 
Reliefs und Statuetten, die das zweite Kapitel 
nennt, sind schon von Courajod und Bode als 
Filaretes Arbeiten erkannt worden. Der Zweifel 
an der Autorschaft der groBen Madonnen- 
plakette, von der Berlin und der Louvre ein Exem- 
plar besitzen, ist m. E. unberechtigt. Das große 
Marmorrelief des heiligen Markus in S. Marco 
in Rom ist auch m. E. nicht von Filarete; aber 
daß es „ad evidenza la maniera di uno scultore 
donatelliano“ zeige (S. 138), ist erst recht ein 
Irrtum; wahrscheinlich ist es eine venezianische 
Arbeit. 

Die Darstellung der Tätigkeit Filaretes in 
Mailand als Architekt des Kastells und des 
Hospitals ruht auf Beltramis Ergebnissen; andere 
Arbeiten, wie z. B. A. G. Meyers Buch, schei- 
nen die Verfasser nicht zu kennen. Wichtig 
ist der von Beltrami gefundene Kopf des heiligen 
Ambrosius von Filarete, der sich heute in Arona 
befindet. Der letzte Abschnitt exzerpiert den 
Traktat Filaretes und gibt eine willkommene 
Übersicht über den Inhalt nach dem Codex Ma- 
gliabecchianus, dessen wichtigste Zeichnungen 
abgebildet werden. Aber hier fehlt es an 


685 


den kritischen Notizen. Wie wichtig ist die 
Stelle S. 250 über die Florentiner zeitgenössischen 
Bildhauer! Wer ist der Bruder Agostino di 
Duccios, Ottaviano? Ist Dino = Mino? Wer ist 
der Luca in Mantua? Ist Domenico da Lu- 
gano der Gaggini? Wer ist unter dem Schia- 
vonen zu verstehen, etwa Francesco Laurana? 
Sind am Schluß die Baroncelli gemeint? Mit 
diesen Rätseln mußten sich die Herausgeber 
doch auseinandersetzen. | 
Man kann aus dem Buch nicht ersehen, wie 
sich die Arbeit auf die beiden Verfasser ver- 
teilt; Ant. Muñoz wird wohl die Hauptarbeit 
zufallen. Seine Ergebnisse führen nicht über 
das hinaus, was v. Oettingen, Sauer, v. Tschudi, 
Bode, Courajod, Mintz, Beltrami, Meyer, Mo- 
linier u. a. gefunden haben, abgesehen von dem 
Fund der Biiste des griechischen Kaisers. Wir 
würden aber den Dank für diese Zusammen- 
fassung der Resultate der Forschung in einer 
so schönen illustrierten Publikation freudiger 
abstatten, wenn die Anerkennung der Vorarbeit 
vornehmer zugestanden wäre. Das Wort über 
Oettingen S. 4, ,che, a dir vero non ha fatto che 
riassumere con somma diligenza il già noto“ 
paBt nicht auf Oettingens beide Biicher, wohl 
aber auf das vorliegende. 
Paul Schubring. 
2 


Avena, A. ll Restauro dell’ arco d’Alfonso 
d'Aragona in Napoli. 4°. XIX u. 152 S. 135 
illustrazioni e tre tavole fuori testo. Pr. 20.— Lire. 
1908. Danesi, editore, Roma. 


Das Buch zerfällt in zwei Teile, die nur 
äußerlich miteinander zusammenhängen — den 
Text und die Abbildungen. Was den Text be- 
trifft, so wäre wohl kein zweiter wie der Ver- 
fasser in der Lage gewesen, uns über eins der 
interessantesten Bauwerke Italiens aus dem 
XV. Jahrhundert eine geschichtlich, technisch und 
stilkritisch erschöpfende Arbeit zu geben, war 
er doch jahrelang mit seiner Herstellung be- 
schéftigt. Auch ist er sich dieser seiner Aus- 
nahmestellung wohl bewußt: mit einer nicht 
eben angenehm berührenden Eindringlichkeit, 
die in dem ganzen Werke das liebe Id dem 
Leser in Wort und Bild nur zu häufig vor- 
führt, lesen wir schon in der Einleitung, die 
Annahme wohlwollender Freunde sei nicht un- 
berechtigt, er habe bereits die Hand an eine 
gescichts- und kunstkritische Arbeit gelegt, „in 
der die Erforschung dieses Denkmals 
und seine persönlichen Ansichten dar- 
über zu der genauesten und klarsten 
Erkenntnis dieses bedeutenden Werkes 


686 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


beitragen würden“, sei es ihm doch ver- 
gönnt gewesen, „bestimmte und unwider- 
leglihe Beweise zu sammeln, die dar- 
tun würden, daB nicht alle von treff- 
lien Schriftstellern aufgestellten Be- 
hauptungen indem Denkmale selbst ihre 
Bestätigung finden“. In diesem Buche finden 
wir vorerst davon auch nicht das Geringste; ja, 
es wird allen kritischen Fragen mit einer ge- 
wissen Angstlichkeit aus dem Wege gegangen! 
Und doch, wie dankbar wären wir ihm gewesen, 
wenn Avena mit dem Flederwisch tapfer heraus- 
gefahren wäre, anstatt uns mit so dunkeln Än- 
deutungen den Mund wässerig zu machen} 
Wer freilich mit seiner Art zu arbeiten vertraut 
ist und weiß, daß auch in seinem früheren Werke 
Monumenti dell’ Italia meridionale das 
Gute meist nicht von ihm stammt, und was von 
ihm ist, nicht viel taugt, der wird auch von 
diesen verheiBungsvollen Versicherungen nicht 
sonderlich viel halten. — 

Die meist recht guten Abbildungen bestehen 
aus bekanntem und neuem. Das erstere, wie 
z. B. der hier nun innerhalb vier Jahren schon 
zum vierten Male wiederholte Druck des Bildes 
von Neapel aus dem Strozzihause nadı der 
Napoli Nobilissima und andere Abbildungen der- 
selben (leider eingegangenen) Zeitschrift von 
der Neuen Burg sind zwar angenehme, aber 
nicht notwendige Beigaben. Auch eine ganze 
Reihe im Kunsthandel längst erhaltlicher Photo- 
graphien waren nur dann erforderlich, wenn 
über das Dargestellte auch etwas zu sagen war. 
Dankbar begrüßen wir dagegen auch um ihrer 
selbst willen die von dem Architekten Magliano 
angefertigten vielen Einzelaufnahmen, die dem 
Forscher das gesamte Studienmaterial in meist 
befriedigender Form darbieten. Ferner erhalten 
wir einige Zeichnungen Avenas und auch einen 
Grundriß der Burg, die demjenigen, der endlich 
einmal dieGeschichte dieses überaus interessanten 
Denkmals zu schreiben unternehmen will, von 
Nutzen sein werden. Endlich finden wir noch 
die Darstellung einiger technisch interessanter 
Momente, die freilich dem Kunsthistoriker nichts 
helfen. 

Neben diesem reichen und ganz unsyste- 
matischen Bilderbuche läuft nun ein Text her, 
durch den man sich mit wachsendem Unmute 
hindurdhliest, Es ist nämlich auch nicht mit 
einem Worte von den zahllosen Fragen die 
Rede, die uns die Bilder vorlegen, sondern wir 
erhalten in der ermüdendsten Breite nichts als 
eine Geschichte der verschiedenen Vorschläge 
und Pläne zur Wiederherstellung unsers Denk- 
mals. Es werden da ganze Akten abgedruckt, 
die längst ihrem verdienten Schicksale, ver- 


gessen zu werden, verfallen waren: und man 
wird bald von der unangenehmen Empfindung 
gefangen genommen, daB alles dies nur ge- 
schieht, um die Verdienste des Verfassers in ein 
besonderes Licht zu stellen. Möglich, daß seine 
Leistungen vom technischen Standpunkte alle 
das Lob verdienen, das er sich selber spendet: 
schön ist bekanntlich aber ein solches Verfahren 
nicht, und wenn die Widerlegung dieses oder 
jenes Vorgängers noch obendrein mit einem 
großen Aufwand von Ausrufezeichen geschieht 
(auf S. 120 finden sich in sieben Zeilen neun!), 
so trägt diese Art geschmackloser Unterbrechung 
des Textes nicht zum Genusse bei. — 

Sehe ici von der Würdigung technischer 
Dinge als nicht sachkundig ab, so beschränkt 
sich die wissenschaftliche Ausbeute auf ein Paar 
Kleinigkeiten. Aus einem Berichte der Akademie 
von Neapel vom 28. Dezember 1852, S. 10 er- 
fahren wir, daB der beim Bogen verwendete 
Stein „Betuliamarmor“ sei, der den Fehler 
habe, weich zu sein und leicht zu zerfallen. 
Derselbe Betuliamarmor kehrt noch einmal wieder, 
und gern erführe man von dem Hersteller des 
Bogens, was denn das für ein Material ist. Er 
sagt uns nichts davon, wie ich denn auch in 
Fachbüchern nichts darüber habe erfahren können. 
Ich kann mir das Wort nur aus einer Entstellung 
von Betogli erklären, einem 698 m hohen 
Gipfel bei Karrara, dessen geologische Eigen- 
art aus der bei Fischer (La Penisola italiana. 
Torino 1902. S. 254) abgedruckten Karte des 
italienischen geologischen Amtes ersichtlich ist. 
Auf diese Weise erfahren wir also, daß der 
Marmor für den Bogen aus Karrara kam und 
von dem damals im Besitze des Königs Alfons 
befindlichen Porto Venere (dem Port Vandres 
der Urkunden) aus nach Neapel verschifft wurde.') 
Mit besonderem Behagen verweilt der Ver- 
fasser bei seiner Entdeckung, der obere Bogen 
sei keine Nische, sondern ein durch eine spätere 
Stützwand geschlossener ursprünglich offener 
Bogen. Und doch hat er das früher von unten 
ebensowenig sehen können wie Andere, und 
wenn er daher meint, ich sei demselben Irrtum 
verfallen und erst durch ihn auf das wahre 
Sadiverhältnis aufmerksam geworden, so über- 
sieht er, daB der Irrtum ebenso begreiflich war, 
wie der Sachverhalt für den ersten Blick aus 
der Nähe klar sein mußte. Weder dies nom 
irgend etwas anderes habe ich leider bei meinem 
vielmonatlihem Aufenthalt von dem Verfasser 
über den Bogen erfahren können; wohl aber 
fällt es mir auf, gelegentliche Andeutungen von 


1) Hiernach sind meine Ausführungen, Laurana S. 66 
zu berichtigen. Der Betogli ist grauweiß mit einem Stich 
ins Gelbliche. 


Literatur 


687 


mir im Buche des Verfassers als eigenes zu 
finden, so die Erklärung der richtigen Haltung 
der Mittelfigur auf dem Flachbilde der linken 
Laibung, die Annahme von mindestens fünf 
verschiedenen Händen bei der Ausführung des 
groBen Triumphzuges u.a. m. Das konnte natür- 
lich jeder Kenner, der die Dinge aus der Nähe 
betrachtete, ebensogut, „entdecken“, und auch 
Burger hat ja dasselbe gefunden, was idı 
Avena mitteilte: wogegen ich mich aber ver- 
wahre, das ist, erst durch Avenas Hinweise solch 
selbstverständlihe Beobachtungen gemacht zu 
haben. — Von einigem Interesse ist es ferner, 
in dem Buche Avenas zu lesen, wie man sich 
den oberen Bogen und die Nischen der Laibung 
ausgefüllt dachte, wobei wir wiederum die vielen 
Ausrufungszeihen des entsetzten Verfassers 
gern entbehrten. Für den Kunsthistoriker von 
Wert sind auch die Ausführungen über das 
Mauerwerk S. 93, wodurch erwiesen wird, daß 
der Bogen in vier deutlichen Absätzen erbaut 
wurde. Der Verfasser will das bereits vorher 
aus der Stilkritik des Bogens erkannt haben, 
vergiBt aber zu erwähnen, daß der Gedanke 
schon mehrfach vor ihm ausgesprochen wurde, 
wie er denn auch seinen eigenen stilistischen 
Beweis schuldig bleibt. S. 102 erhalten wir die 
Wiederholung einiger längst bekannter Notizen 
über die mannigfachen Schicksale des Bogens: 
auch hier läßt der Verfasser die Gelegenheit 
unbenutzt, uns, wenn nicht neues zu sagen, doch 
einen zusammenhängenden AbriB über die Ge- 
schichte des Bauwerks, das ihm anvertraut war, 
zu geben. Als das Verdienstlichste des Buches 
betrachten wir die Tafel III (Fig. 144), auf der 
uns der groBe Triumphzug dargestellt ist, wie 
er in seine einzelnen Marmorblöce zerfällt — 
ein schätzbares Hilfsmittel beim kritischen Stu- 
dium der einzelnen Werkstätten. Damit ist aber 
die Ausbeute für uns auch erschöpft. Was die 
Restaurierung selbst betrifft, so sind ja die da- 
bei von Avena befolgten Grundsätze nicht seine 
Erfindung; es ist aber dankbar anzuerkennen 
daB z.B. alle erneuten Stücke ihr Datum tragen. 
Dagegen war es stilistisch und ästhetisch ein 
Fehler, die Bekrönung zu verstümmeln, indem 
man an Stelle der drei dort befindlichen Figuren 
(mochten sie audı noch so unbedeutend sein) 
nur eine setzte. Eine derartige Krönung verlangt 
in der Mitte und an den Seiten auf niedrigen 
Konsolen je eine Gestalt, wie sich denn der 
Verfasser selbst in Neapel (z. B. beim Grabmal 
des Galeazzo Sanseverin in der Neuen Marien- 
kirche) hätte unterrichten können. Stilkritik ist 
offenbar nicht seine Stärke, wie sich das auch 
aus gelegentlichen Bemerkungen wie derjenigen 
ergibt, daß die Rosetten des zweiten Bogens 


„sehr schön“, die Köpfe „charakteristisch“ seien: 
man kann sich kaum eine handwerksmäßigere 
Werkstattarbeit vorstellen. Wilhelm Rolfs. 


g 


Georg Swarzenski, Die Salzburger 
Malerei von den ersten Anfängen bis zur 
Blütezeit des romanischen Stils. Denkmäler der 
süddeutschen Malerei des frühen Mittelalters II. 
Tafelband mit 457 Abb. auf 135 Lichtdrucktafeln. 
Leipzig, Karl W. Hiersemann, 1908. 


Mit aufrichtiger Genugtuung begrüßen wir 
das Erscheinen dieses Werkes, das der Verf. 
uns in seiner nun schon 7 Jahre alten „Regens- 
burger Buchmalerei* versprochen hatte — mit 
Genugtuung, auch wenn es nur ein Torso ist. 
Statt einer Geschichte der Salzburger Buchmalerei 
nur ein Tafelband mit einem auf das aller- 
knappste bemessenen Inhaltsverzeichnis!. Aber 
um ‘so dankenswerter ist diese Verdffentlichung, 
je weniger es ihrem Autor seiner Berufsgeschäfte 
wegen möglich war, sogleich den Kommentar 
dazu zu geben, je schwerer es ihm hat werden 
müssen, seine sorgsam gesammelten und ge- 
sichteten Schätze vor uns auszubreiten, ohne 
selbst ihren Gehalt und Wert zu bestimmen. 
Es droht ihnen wohl das Los der Perlen — 
oder, was schlimmer ist, das Schicksal des Kalbes, 
mit dem ein Fremder seinen Acker pflügen geht. 
— Wir aber wissen nun doch einigermaßen, 
woran wir sind, wir übersehen die Reihe der 
Denkmäler, in denen Sw. die wichtigsten Re- 
präsentanten der blühenden Salzburger Schule 
erblickt, wir haben die chronologische Folge, in 
die er sie ordnet, und erhalten wenigstens An- 
deutungen über Zusammenhänge zwischen den 
einzelnen Handschriften. Ein wichtiges, bisher 
nur den Wenigsten zugängliches Gebiet der 
mittelalterlihen Kunstgeschichte ist alien er- 
schlossen. 

Dem Referenten freilich ist's schwer gemacht. 
Er kann nur berichten, kaum deuten und werten. 
So nehme man vorlieb mit der folgenden Über- 
sicht über den Inhalt des Tafelbandes und be- 
tradite die dabei gegebene Charakteristik der 
Werke und die nur das Wichtigste berücksich- 
tigenden Literaturverweise als spärlichen Ersatz 
für den noch im Laufe dieses Jahres zu er- 
wartenden Textband. 

Den Anfang macht das Cuthbert-Evangeliar 
Wien 1224, nicht als erstes Erzeugnis der Saiz- 
burger Malerschule, sondern als ein Stück aus 
dem ältesten Bestande der dortigen Bibliothek; 
um die Mitte des VIII. Jahrhunderts von einem 

45 


688 


Angelsadisen geschrieben und durchaus im angel- 
sächsischen Stil ausgeschmückt, hat es, wie aus 
nachträglichen Korrekturen hervorgeht, zu An- 
fang des IX. Jahrhunderts schon in Salzburg 
gelegen (vgl. Chroust, Mon. palaeogr. I, VIII, 
12). Und es ist nicht ohne Wirkung auf die 
Produktion im südöstlihen Deutschland ge- 
blieben: das beweist der Codex Millenarius zu 
Kremsmünster, dessen Bilder zu denen des Cuth- 
bert-Evangeliars in Parallele gestellt werden (auf 
Taf. I als recht klein gedruckte Anm.!). Soll 
diese Zusammenstellung eine Illustration sein zu 
Swarzenskis Ausführungen über die Genesis des 
Stils in der ,Ada-Gruppe“ (Regensb. Buchm. 
Seite 7), zur Vermittlung des spätantiken male- 
rischen Stils über England an die deutschen 
Künstler des IX. Jahrhunderts? Jedenfalls hat 
sich hier ein in der Richtung der Ada-Gruppe 
geschulter Maler des englischen Vorbildes be- 
mächtigt. Wie stets in solchen Fällen sind die 
Abwandlungen interessanter als die Zusammen- 
hänge. — Ebensowenig wie der Cuthbert-Codex 
ist wohl der nun folgende aus S. stammende 
Chrysostomus Wien 1007 in S. selbst entstanden? 
Höchst auffallend sind die orientalischen Pflanzen- 
ornamente auf dem Titelbild. — Wie sehr man 
in dieser Blütezeit der Salzburger Diözese unter 
Arn nod auf fremde Vorbilder angewiesen war, 
bezeugen die ersten sicher in S. hergestellten 
Handschriften, der Beda Wien 387 und das kom- 
putistisch-astronomishe Sammelwerk Clm. 210 
(a. 818 bezw. vor 830 nach einer nordwestfran- 
zösischen Vorlage kopiert, vgl. Chroust a. a. O. 
I, 1, 1 und VII, 5, 6). 

Kann also für diese früheste Zeit von einer 
Selbständigkeit der Salzburger Malerei nicht 
gesprochen werden, so fehlt für den weiteren 
Verlauf bis zum Beginn des XI. Jahrhunderts 
jedes auf S. zu lokalisierende Denkmal. Und 
auch die ersten dieser Epoche angehörenden 
Stücke, das Evangeliar aus Stift Nonnberg Cim. 
15904 und das Michaelbeurner Evangeliar Clm. 
8272 vermögen uns noch keine Vorstellung von 
einem spezifisch salzburgischen Stil zu ver- 
mitteln. Anders stünde es mit dem bilderreichen 
Evangeliar in S. Peter zu S., a. X. 6, dem Sw. 
9 Tafeln gewidmet, wenn sich seine Entstehung 
in S. bestimmt nachweisen ließe. Dem scheint 
aber nicht so zu sein, daSw.in ihm die gleiche 
Hand erkennt!) wie in dem sehr eigentümlichen 
Evangeliar Heinrichs II. Bamberg A. II. 46, das 
gewiß bayrisch, aber wohl nicht sicher salzbur- 
gisch ist. Ist nicht übrigens im S. Peter-Evan- 
geliar alles linearer, flächenhafter als in der 


Siehe H. Tietze, Die illum. Handschriften in Salz- 
burg = Bescht Verz. der illum. Handsdıriften in Öster- 
reich, herausg. von F. Wickhof, Band Il, Seite 2, 5ff. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Bamberger Handschrift, deren merkwürdig fleckig 
marmorierende Modellierung in sehr konsis- 
tentem, glänzenden Farbenauftrag sich (nach 
den Reproduktionen) in jener Handschrift nicht 
zu finden scheint? Ihr Stil nähert sich vielmehr 
in Zeichnung und Komposition beträchtlich dem 
der „2. Hand“ in dem aus S. stammenden aber 
von Sw. zur Regensburger Schule gerechneten 
Münchner Perikopenbuch Cim. 179. 

Unter den folgenden bilderarmen und weniger 
bedeutenden Handschriften des vollen XI. Jahr- 
hunderts fällt das Passauer Breviar Clm. 11004 
auf durch seine Verwandtschaft mit dem Reithe- 
nauer (oder Augsburger?) Psalter Karlsruhe 
Reich. CLXI. Die Initialen zeigen zum erstenmale 
die klaren und vollsaftigen Rankenmotive, die 
fernerhin die Salzburger Ornamentik beherrschen. 

Nun erst setzt die Entwicklung ein, die in 
ununterbrochener Kontinuität durch das ganze 
XII. Jahrhundert hindurch den spezifisch Salz- 
burger Stil heraufführt. Die Bibel in S. Florian 
Xl, 1, wohl schon nach 1100 entstanden, zeigt 
das wesentliche Symptom dieses Stils: die enge 
Anlehnung an Vorbilder aus der mittelbyzanti- 
nischen Malerei. Sie erfolgte hier in der gleichen 
Weise wie in dem Perikopenbuch des Meisters 
Bertold im Stift S. Peter, das doch wohl auch 
für S.in Anspruch zu nehmen und etwas später 
zu datieren ist, als esSw. seiner Zeit (Regensb. 
Buchm. S. 156ff.) angesetzt hat; vgl. Haseloff, 
Göttinger Gel. Anz. 1903, S. 899. Die (von 
Regensburg übernommenen) Byzantinismen be- 
schränken sich nämlich, wie Sw. a. a. O. darge- 
tan hat, auf Ikonographie, Bildanlage, Gestalten- 
bildung und Gesichtstypen; der Gewandstil hin- 
gegen hat mit byzantinischen Vorbildern nichts 
zu tun, sondern knüpft in seiner strengen, grad- 
linigen, parallele Führungen bevorzugenden 
Zeichnung an die ältere Regensburger Kunst 
vom Ende des X. Jahrhunderts an. Dies Moment 
ist von großer Wichtigkeit; es bezeugt ein hohes 
MaB von Selbständigkeit in dieser Kunst, ein 
klar bestimmtes, freies „Kunstwollen“, das die 
sicherste Gewähr für eine gedeihliche Fortent- 
wicklung bietet. Und so ist denn in der Tat 
die Kraft, die sich in dieser linearen Gewand- 
stilisierung offenbart, das schöpferische Prinzip 
für die Zukunft in S. geworden. Sie ward 
schöpferisch, weil sie wandelbar war, weil sie 
die strenge Formelhaftigkeit abstreifen und zu 
einer wirklich ausdrucksvollen Zeichenkunst aus- 
reifen konnte. — Von dieser lebendigen Wand- 
lung zeugen die monumentalen Handschriften, 
deren Schmuck auf den nun folgenden Tafeln 
in seiner ganzen Fülle vor uns ausgebreitet 
wird. Unter ihnen beansprucht die sogenannte 
Walthersbibel in Michaelbeuern (vgl. Tietze a. 


Literatur 


a. O. S. 90ff.; Neuwirth, Sitzungsberichte der 
Wiener Akademie, Bd. CXIII, 1886, S. 139ff.: 
wahrscheinlich in S. Peter in S. gefertigt) be- 
sonderes Interesse dadurch, daB in ihr der neue 
Stil neben Nadhklängen der älteren Richtung 
(Abb. 84, 88) auftritt; um so deutlicher springt 
seine Eigenart in's Auge: der rundliche, schwel- 
lende, schmiegsame Strich, das freie Ineinander- 
fließen der Licht- und Schattenflächen, das Weich» 
bewegte der etwas schwammigen Gestalten. 

In der Gebhardsbibel zu Admont (vgl. Neu- 
wirth a. a. O.) scheinen von neuem byzanti- 
nische Eindrücke hemmend, verwirrend einge- 
treten zu sein: Gesichtstypen, Faltenkonstella- 
tionen und Bildauffassung verraten deutlich ein 
Schwanken zwischen reinen Byzantinismen und 
selbständiger Abwandlung, zwischen der alten 
Gradlinigkeit und rundlich-fließender Zeichnung, 
zwischen dichter Reihung mit symmetrisch an- 
geordneten Figuren und freiester Rhythmik aus- 
drucksvoll durchlebter Gestalten. 

Zur vollen Reife aber ist der neue Stil ge- 
diehen in dem Meisterwerke unter den groBen 
Salzburger Bibeln, der sogenannten Gumperts- 
bibel in Erlangen. Es ist eine Wonne, in diesem 
Bilderbuch zu blättern, diese reiche Folge von 
Illustrationen zum alten und neuen Testament 
an sich vorüberziehen zu lassen, wie sie teils 
in höchst abwechslungsreih von Rankenwerk 
geformten Medaillons über die ganze Buchseite 
verteilt sind, teils in horizontalen oder vertikalen 
Streifen die Textseite zieren. Es herrscht in 
ihnen eine Fülle des Lebens, ein Reichtum dra- 
matischen Ausdrucks, eine Freiheit der Kompo- 
sition (sowohl der Verteilung der Figuren auf 
der Fläche als ihrer Verbindung mit landschaft- 
lichen und architektonischen Motiven), wie sie 
bisher unerhört war. Und dabei welche Schön- 
heit der Form, welche souveräne Beherrschung 
der Mittel! Aus den schwerfälligen Gestalten 
der vorher besprochenen Handschriften sind 
schlanke Figuren geworden, die leichten Schritts 
einherwandeln, sich schmiegen und beugen, leise 
neigen und dicht zusammenkrümmen, Arme und 
Beine in weichste Rundungen zu legen wissen, 
daB sie wie Schlingpflanzen aufwachsen und 
sich verbinden. Und das alles, weil der Künstler 
ein Zeichner war, weil die (wie man früher 
meinte volkstümlich-primitive, in der Tat aber 
hödhst raffinierte) Federzeichnung A und O seiner 
Kunst ist, weil er mit schwebender Hand die 
Feder über die Fläche zu führen weiß, wie in 
träumendem Spiel immer neue Wege für sie 
findet, immer fließend, immer schwungvoll. Man 
verfolge nur einen einzigen dieser Linienzüge, 
wie lebendig und fest zugleich er verläuft, wie 
tief und saftig er sich in seinem Schwarz von 


689 


der Fläche abhebt, wie er sich schlingt und 
rundet. Das ist trotz aller byzantinisierenden 
Typen, trotz aller breiten Obergesichter, aller 
Mandelaugen und gekrümmten Nasen eine 
durchaus selbständige und durchaus nordische 
Kunst, die ihren eigenen Weg geht — den Weg 
zur Gothik! Der ist sieschon so nahe, wie die 
gleichzeitige englische Malerei, aus der jener Stil 
dann erwuchs. Und nicht nur für das Figürliche 
gilt das, sondern ebenso für die Ornamentik, 
für das Blattrankenwerk der Initialen und großen 
Zierseiten, für die zarteren Ranken-, Well- und 
Bandmotive, die gegenstandslosen Linienorna- 
mente an den Umrahmungen der Breitbilder. 

Wie hoch der Künstler dieser Bibel seine 
Genossen in S. überragt, beweist das wohl gleidh- 
zeitige Perikopenbuch von S.Erentrud Clm. 15903, 
das in der ungelenken Komposition, den schwer- 
tälligen Körpermotiven, in der Häufung der 
Faltenzüge und der sehr derben (in der pracht- 
vollen Detailaufnahme wie am Originale zu 
studierenden) Modellierung ein viel unfreieres 
Wesen zur Schau trägt. Auch hier teilt der Stil- 
charakter sidı der Rahmenornamentik mit, wenn 
diese auch selbständigere Regungen zeigt als 
jenes Stück aus dem Passauer Evangeliar Clm. 
16003 (Abb. 211), in dem der Maler des XII. Jahr- 
hunderts ein aus der spätrömischen, Kunst: in 
die karolingische Ornamentik (Adagruppe, Schäft- 
larner Evangeliar) übergegangenes Motiv unbe- 
denklich kopiert. 

Es kann nicht die Aufgabe des Ref. sein, 
Stück für Stück die (insgesamt 56) Handschriften 
aufzuzählen, die hier veröffentlicht sind. Nach 
manchem minderwertigeren Erzeugnis fesselt das 
Passauer Perikopenbuch Clm. 16002 wieder die 
Anfmerksamkeit durch eine Anzahl von Bildern 
(vor allem Abb. 294, 301, 302), die im Stile der 
Gumpertsbibel gehalten sind. Aus ihr ist auch 
die Initialbehandlung abgeleitet, das innige Ver- 
weben figürlicher Motive mit dem Rankengerüst. 
In der Rahmendekoration findet man einen ent- 
schiedenen Fortschritt zu großzügiger Rhythmi- 
sierung des Ornaments. Aber unmittelbar neben 
solchen Zeugen selbständigen Strebens richtet 
wieder der Byzantinismus sein Haupt empor: 
in der bekannten Ecclesia der Passauer Hand- 
schrift, in den Evangelisten des Evangeliars von 
Weihenstephan Clm. 21580 unterliegt auch die 
Gewandbehandlung dem östlichen Einfluß. 

Erst tief in der 2. Hälfte der Publikation 
kommen wir zu dem Hauptwerk der Salzburger 
Malerei, dem Antiphonar von S. Peter. Seine 
Einordnung an dieser Stelle überrascht nicht; 
denn wir wuBten schon durch Tietze, daB Sw. 
seine Entstehung unter Erzb. Eberhard (1147 bis 
1164) annimmt. Damit tritt es aus dem unglück- 


690 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


lihen Zusammenhang heraus, in den es Jani- 
tschek in seiner Geschichte der deutschen Malerei 
gestellt, zeitlim den Meisterwerken des „natio- 
nalen Stils“ in Westdeutschland an die Seite, 
mit denen es ja auch stilistisch viel gemein hat. 
— Die wissenschaftliche Bedeutung dieses lang- 
ersehnten Ersatzes fir die heute unzureichende 
Publikation von Lind und Camesina bedarf keines 
Kommentars. 

Sehr wertvoll ist es, hier andere Arbeiten 
aus S. Peter kennen zu lernen, wie die Bibel A. 
XII, 18 (von Tietze a. a.O. an den Anfang des 
XII. Jahrhunderts gesetzt!) und den Nekrolog 
XX, CCCVI, 7, die mit dem Honorius Augusto- 
dunenis, Wien 942, den gleichen abgeklärten 
Zeichenstil repräsentieren wie das Antiphonar. 
Wesentlich verderbt erscheint dieser in den 
Lambacher Handschriften in Berlin, Kremsmünster 
und Lambach, während die Tierkreisbilder im 
Millstädter Missale zu Klagenfurt (vgl. R. Eisele, 
Die illum. Handschriften in Kärnten, Nr. 15) wieder 
als reinste Erzeugnisse dieses Stils anzusehen sind. 

Wie ein Résumé aller der großen Errungen- 
schaften der Salzburger Malerschule des XII. Jahr- 
hunderts wirkt das Orationale von S. Erentrud 
Cim. 15902. In der abgeklärten Zeichnung der 
Gestalten, der harmonischen Verbindung von 
Figur und Initial, der vollen Rankenornamentik 
mit den breit entfalteten Blattknospen, in der 
reihen Durchornamentierung der Gründe und 
Umrahmungen, in dem wohlabgewogenen Ver- 
hältnis endlich von Schmuck und Schrift ist der 
Salzburger Stil nach allen Richtungen völlig aus- 
gereift. Aber diese Reife ist zugleich das Ende. 
Denn sie ist erkauft durch den Verzicht auf das 
Beste, das S. besessen hatte: das leicht gestal- 
tende Temperament der Gumpertsbibel. Schwer 
liegt die Hand von Byzanz auf dieser Kunst. 
Kein Widerstreit mehr, sondern völliger Sieg. 
Die breite Entfaltung der Figuren, die typisdie 
Formulierung der Geberdensprache, die klassische 
Ausprägung von Gesichtstypen, Proportionen 
und Gewandmotiven sind die Symptome dieses 
beherrschenden Einflusses, für den es des aus- 
drücklichen Zeugnisses in der Inschrift des Ma- 
donneninitials: SCA . THEOTOCOS . IHC . XPC. 
nicht noch bedarf. — Mit diesem Sieg, der sich 
in den auf der letzten Tafel reproduzierten Wand- 
gemälden in Mariawörth und Pürgg besonders 
greifbar zu erkennen gibt, ist das Schicksal der 
deutschen Malerei im XIII. Jahrhundert ent- 
schieden. 

So ist es ein reiches und reizvolles Ent- 
wicklungsbild, das an uns in diesen Tafeln vor- 
überzieht. Aber wer vermöchte alle Zeichen zu 
deuten? Hoffen wir, daB der Textband nicht 
lange mehr auf sich warten läßt. 


Nächst dem Verf. gebührt unser Dank dem 
Verlag, der in der Zusammenarbeit mit der 
Leipziger Kunstanstalt von Sinsel & Co. ein ein- 
wandfreies Meisterstück moderner Reproduk- 
tionstechnik geliefert hat. Vitzthum. 


8 


Osterreichische Kunsttopographie. Her- 
ausgegeben von der k. k. Zentralkommission 
für Kunst und historische Denkmale. Wien 1908. 
Verlegt bei Anton Schroll & Co. 


Fast möchte man die Österreicher dazu be- 
glückwünschen, daß sie später als ihre deutschen 
Brüder die Inventarisierung der Kunst- und Bau- 
denkmäler unternommen haben. Bei uns wenig- 
stens in Deutschland hat derEifer, mit der man 
sich seit etwa dreißig Jahren auf die Herstellung 
von Kunstinventaren geworfen hat, nicht selten 
viel von einem blinden Eifer an sich gehabt, der 
das Gute will und das Böse schafft. Nicht wenige 
dieser oft mit großen Opfern zustande ge- 
brachten Verzeichnisse sind ohne zureichende 
Sachkenntnis entworfen, sind zu flüchtig ge- 
arbeitet, und geben, indem sie den Denkmäler- 
schatz nach subjektiven ästhetischen Gesichts- 
punkten auswählten, eine oft einseitige und un- 
genügende Kunde von der künstlerischen Hinter- 
lassenschaft unserer Vergangenheit. Von dem 
Geiste echter Wissenschaftlichkeit erfüllte In- 
ventare, wie die rheinischen, sind doch die Aus- 
nahmen und viele der älteren Bearbeitungen 
wie zum Beispiel die Aufnahmen Thüringens 
der Provinz Sachsen sind alles in allem doch 
so beschaffen, daB man ihnen eine von Grund 
aus neue Bearbeitung wünschen möchte. Die 
Mangelhaftigkeit der meisten vor längerer Zeit 
begonnenen Inventare für die Förderung der 
kunstgeschichtlihen Studien ist so auffällig, 
daB der geringe wissenschaftlihe und prak- 
tishe Erfolg einer Anzahl dieser mühsamen 
und kostspieligen Unternehmungen weniger den 
einzelnen Bearbeitern vorgeworfen werden darf 
als vielmehr einer allgemeinen Unklarheit über 
den Zweck dieser Inventare. 


Als administrative Handhaben zur Erleichte- 
rung der staatlichen Kunstpflege hätten vielleicht 
kurze Verzeichnisse ohne historische und kriti- 
tishe Erörterungen vollauf genügt. Da aber 
bei der Anfertigung der Inventare oder Kunst- 
topographien Wert gelegt wird auf die Er- 
weckung der allgemeinen Anteilnahme an den 
alten Denkmalen, und da durch sie die wissen- 
schaftliche Erforschung unserer Kunstvergangen- 
heit gefördert werden soll — müssen jetzt an 


nm — 


Literatur 691 


die Bearbeiter weit höhere Ansprüche gestellt 
werden, als wohl früher geschehen war. 

Als die zuletzt gekommenen haben die Öster- 
reiher durch das Organ der k. k. Zentral- 
kommission für Kunst- und historische Denk- 
male aus der gegen früher veränderten Sach- 
lage mannigfachen Vorteil gezogen. Und es ist 
für sie ein Glück gewesen, daß ein so einsichts- 
voller und weitblikender Gelehrter wie Alois 
Riegl als Generalkommissar die Grundsätze 
für die Inventarisation nach Maßgabe der ver- 
änderten Anforderungen der kunstwissenschaft- 
lihen Forschung sowohl wie auch im Hinblick 
auf den Umschwung in unserer Schätzung der 
heimischen Kunstweise aufstellen konnte. Aber 
der Unermiidliche, dem gerade diese Arbeit zu 
Herzen ging, hat den Beginn der neuen Inven- 
tarisation nicht erlebt. Doch lebt seine wissen- 
schaftliche Gesinnung fort in dem Kreise seiner 
Schüler. Max Dvorak, der Schüler und Nadh- 
folger Riegls an der Wiener Universität, hat 
die Grundsätze Riegls weiter ausgearbeitet und 
ein klares Programm aufgestellt, das in jedem 
Betracht den gesteigerten Anforderungen unserer 
Wissenschaft entspricht und das in seiner Durch- 
führung auch geeignet ist, jene Werbung um 
die Ehrung und Pflege deutscher Kunst zum 
gemeinen Nutzen aller zu erfüllen. 

Für den vorliegenden ersten Band der 
österreichischen Kunsttopographie, die den poli- 
tischen Bezirk Krems umfaßt, hat Dvorak eine 
Einleitung geschrieben, in der er die verschie- 
denen Gesichtspunkte, die früher bei Inventari- 
sationen maßgebend gewesen sind, nach ihrer 
historischen Bedingtheit untersucht und die Kate- 
gorien feststellt, denen in älterer Zeit die Be- 
urteilung der Vergangenheit unterworfen ge- 
wesen ist. Führte das Zurechtrücken und die 
Auslese der Denkmäler unter die wechselnden 
Gesichtspunkte ästhetischer Theorien zu so un- 
historischen Gewalttätigkeiten, wie es zum Bei- 
spiel die Ausschaltung der barocken Kunst ge- 
wesen ist, so sind nicht selten die Inventare 
dorch vom eigentlichen Thema abschweifende 
topographisch-historishe Untersuchungen sehr 
unnötig und zwecklos beschwert worden. Ver- 
langt wird eine Bestimmung der zeitlichen und 
Stilistischen Provenienz der Denkmale auf Grund 
einer methodischen Verwertung des gesamten 
Materials. Verlangt wird eine Analyse dieser 
Denkmale als der Zeugnisse vergangener Ent- 
wicklungen, als der Beweise bestimmter Kultur- 
wandlungen. Verlangt endlich wird eine die 
allgemeinen Resultate der Forscherarbeit zu- 
sammenfassende Darstellung, welche die Aus- 
wahl und Ordnung der lokalen Typen begründet 
und die Zusammenhänge mit der allgemeinen 


Entwicklungsgeschichte nachweist. So zerfällt 
die Topographie des Kreises Krems in eine 
kunstgeschichtliche Übersicht und in das eigent- 
liche die Orte in alphabetischer Reihenfolge be- 
handelnde Inventar. 

Unter Dvořaks Leitung haben Dr.HansTietze 
und Frau Dr. Erica Tietze die Hauptarbeit 
geleitet, aber noch mehrere andere Gelehrte 
sind in Spezialfragen zu Worte gekommen. 
So ist ein in vielem Betracht musterhaftes Werk 
zustande gekommen dem durch Kunsthistoriker 
ein an Denkmalen reiches und wichtiges Gebiet 
neu erschlossen worden. Neben der Bearbeitung 
der Denkmale älterer Zeit wird besonders die 
Behandlung der barocken Bauwerke, zu denen 
das Stift Göttweig reichen Anlaß gibt, inter- 
essieren und zeigen, welche selbständigen Triebe 
in dieser Kunst diesseits der Alpen verborgen 
liegen. 

Nadı diesem mächtigen Probeband dürfen 
wir durch das österreichische Inventar in jedem 
Betracht eine ernste Förderung der kunstwissen- 
schaftlichen Studien erwarten. Auch in der topo- 
graphischen Anordnung und Illustration ist das 
über 600 Quartseiten starke Werk vorzüglich. 
Sorgfältige Register ermöglichen das Auffinden 
jeder Art Gegenstände von Bauwerken bis zu 
dem kunstgewerblichen Kleingerät. Denn auch 
diese Dinge in öffentlichem und in privatem 
Besitz sind zumeist hinreichend genau behandelt 
worden, nur hätten wir zum Beispiel bei der 
Erwähnung der Goldschmiedearbeiten gern An- 
gaben über die Marken gehabt — vielleicht in 
Verweisen auf eine Marken-Tafel. Aber solche 
kleine Mängel sollen uns die Freude über die 
wichtige Veröffentlihung nicht rauben. Wir 
wünschen der österreichischen Kunsttopographie 
einen gleich guten und stetigen Fortgang. 


Richard Graul. 
Si 


Gustav Glük. Niederländische Ge- 
mälde aus der Sammlung des Herrn 
Alexander Fritsch in Wien. Mit 25 Tafeln 
und Heliogravuren und 21 Textabbildungen, 
darunter 5 Radierungen von William Unger 
(Wien, Verlag der Gesellschaft für vervielfälti- 
gende Kunst. Buchdruckerei Carl Gerolds Sohn). 


Inhaltlich und äußerlich ist dies ein prächtiges 
Buch. In gr. Fol, auf schwerem Papier ge- 
druckt, mit Heliogravüren außer Text und pho- 
totypischen und radierten Abbildungen im Text 
darf es zu den vollendetsten Ausgaben der Ge- 
sellschaft für vervielfältigende Kunst, die so viele 
herrliche Illustrationswerke in die Welt sandte, 


692 


gerechnet werden. Der Inhalt ist keineswegs 
die gewöhnliche, diirre Beschreibung einer klei- 
nen Privatsammlung aus der Feder eines Text- 
lieferanten, der fiir jedes Werk wiederholt, was 
der Illustrator uns viel besser als er vor Augen 
bringt; es ist eine Forschung nach dem Schöpfer 
jedes Werkes, nach der Stelle, die es in seiner 
Künstlerlaufbahn bekleiden muß, eine Darlegung 
der Gründe, worauf sich das Urteil stützt; eine 
jener Studien wie sie Dr. Bode für größere Ge- 
mäldegalerien, z. B. für die Liechtensteinsche, 
lieferte und die uns nicht nur die behandelte 
Sammlung besser kennen lehrt, sondern unsere 
Wissenschaft der Kunstgeschichte im allgemeinen 
bereichert. 

Herr Gustav Glück hat uns, u. m. durch seine 
Studien über die vlämischen Meister im kaiser- 
lichen Museum zu Wien, bereits bewiesen, daß 
er die Kunstkritik mit gründlicher Kenntnis des 
Stiles und der Geschichte der Meister übt. Das 
vorliegende Buch bestätigt durchaus den er- 
worbenen guten Namen seines Verfassers. Be- 
wundernswert ist die Weise, in der Herr Glück 
durch Vergleihung mit als echt anerkannten, 
in anderen Sammlungen befindlichen Werken 
eines selben Meisters den Geburtsakt der Exem- 
plare der Fritschshen Sammlung wieder her- 
stellt und den Platz bestimmt, den sie chrono- 
logish unter den Werken des Meisters ein- 
nehmen müssen. Der Reichtum seiner Literatur 
fiel mir u. m. dadurch auf, daß er mittels Kata- 
logen und alter Inventare mehr als einen der 
Titel der von ihm behandelten Werke ermittelte. 

Die Sammlung Alexander Fritsch’s ist weder 
durch die Anzahl ihrer Nummern, sie zählt 
deren nur 46, noch durch den Wert ihres Be- 
sitzes bedeutend. Keine groBen Meister, oder, 
wo solche vorhanden sind, keine ihrer bedeu- 
tenden Werke: im allgemeinen holländische und 
vlämische Kleinmeister, Szenen aus dem All- 
tagsleben, Kunst für Bürgersleute und für 
Bürgerwohnungen, nichtdestoweniger interessant 
vom Anfang bis zum Ende. Eines der größten 
Verdienste des Buches ist die Weise, in der es 
dieses Interesse hervorhebt. Der Gegenstand 
selbst hat diesen Reiz, aber in diesem Falle 
schuldet er ihn sogut dem Verfasser des 
Buches als sich selbst. Es können all diese 
Kleinmeister unzweifelhaft verdienstvoll sein, 
verläßt man jedoch die Reihe der meist ge- 
feierten unter ihnen, so werden die Kennzeichen 
weniger auffallend, die Persönlichkeit zeichnet 
sih weniger scharf aus und Vergleichung und 
Attribution werden schwierig. Die Aufgabe 
war hier fortwährend eine sdiwere; dem For- 
scher standen nur Anhaltspunkte geringerer 
Bedeutung zur Verfügung und zum Auffinden 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


des hier Gefundenen bedurfte es eines ungemein 
scharfen Auges. 

Wir erörtern ein paar Beispiele gelungener 
Forschungen. Das erste bezieht sich auf ein 
Sankt-Martins-Feuer, das unter dem Na- 
men Pieter Aertszens erworben wurde, jedoch 
augenscheinlich ihm nicht gehört. Der wahre 
Namen des Malers wird hier angegeben und 
ebensowenig wie der Verfasser zweifeln wir 
einen Augenblick seine Richtigkeit an: es ist 
Marten van Cleve. Herr Glück beweist es uns 
durch Vergleichung mit mehreren, unzweifel- 
haften Werken des Meisters im Besitze des 
Kaiserlihen Museums in Wien und aus einem 
Exemplar des nämlidien Werkes, erwähnt in 
einem Inventar des XVII. Jahrhunderts. Das 
Sankt-Martins-Feuer war und ist hier und da 
noch immer in den vlämischen Dörfern ein 
Volksfest, das durch Anzündung eines großen 
Feuers auf einem Öffentlichen Platz begangen 
wurde, wie die Feste der anderen großen Volks- 
heiligen Sankt Johannes und Sankt Peter. Eins 
der hauptsächlichsten Teile des Festes war das 
Einholen bei Bauern und Bürgern des zum Feuer 
benötigten Holzes. Peter Brueghel behandelte 
denselben Gegenstand. Bei ihm erscheint ein 
Sankt Martin zu Pferd; hier finden wir eine 
Darstellung des barmherzigen Heiligen auf einer 
durch die feiernde Menge getragenen Fahne. 
Brueghel vergißt auch nicht ein anderes Mo- 
ment der Feier: das maBlose Trinken zu Ehren 
des Heiligen. Marten van Cleve erweist sich 
in seinem Gemälde als einer der zahlreichen 
Nachahmer Peter Brueghels des Älteren, die 
Szenen aus dem Volksleben in seiner Weise 
auf die Leinwand brachten und in der Geschichte 
der alten vlämischen Schule eine bisher nur zu 
wenig bekannte und größerer Aufmerksamkeit 
würdige Gruppe bilden. 

Ein anderer dieser Nachahmer des alten 
Brueghel ist der Maler des Bauerntanzes 
in der Fritschen Sammlung, ganz in der Weise 
von Brueghels Hodizeitsfesten, mit dem 
Unterschiede, daß man hier, an Stelle des am 
Tische sitzenden Brautpaares, die Braut am 
oberen Ende der Stube an einem Tische sitzen 
sieht, während sie den Brautschatz von ihren 
Eltern oder Schwiegereltern in Empfang nimmt. 
Herr Glück schreibt das Werk Peter Brueghel II. 
zu, jedoch ohne Bestimmtheit. Wir glauben, 
daß diese Zögerung ihren Grund hat. Die Gegen- 
stände der Gemälde und Kupferstiche des alten 
Brueghel wurden so häufig nachgeahmt, daß 
gewiß sein Sohn nicht allein diese Arbeit ver- 
ricttete. Die ganze von dem großen alten 
Meister ins Leben gerufene Schule, die inmitten 
der überliegenden Strömung der italienisieren- 


Literatur 


den ihre eigene Wege ging, betätigte sich daran. 
Peter Brueghel der Jüngere hatte eine eigene, 
wohlbekannte Weise angenommen, auch außer 
seinen höllishen Gegenständen: er hatte die 
tiefe, warme Farbenfülle seines Vaters nicht. 
Es ist immer gefährlich, ein Gemälde nach einer 
Photogravure zu beurteilen, und m. E. ist das 
hier der Fall; jedoch der schärfere Zug und die 
bleichere Tönung des jüngeren Peter Brueghel 
fällt uns in diesem Werk nicht auf. 

Ein Beispiel scharfsinniger Kunstkritik bietet 
der Verfasser uns gelegentlic seiner Beschrei- 
bung von Gerrit Lundens Hodizeitsfest. Er 
zeigt uns, wie der Maler dieses Stückes, der 
bekannte Kopist der Rembrandtschen Nacht. 
wache, in seinem bürgerlichen Feste die wich- 
tigsten Kennzeichen des Meisterstückes seines 
genialen Vorgängers nachgeahmt hat; wie die 
Verteilung des Lichtes die nämliche ist, wie er 
der wichtigsten Figur der Hochzeit, dem Bräu- 
tigam, dieselbe Farbe und dieselbe Haltung wie 
Rembrandts gelben, hellbeleuchteten Leutnant 
gegeben hat. 

Wollten wir alles Merkwürdige aus dem 
Buche anführen, so müßten wir nahezu alle 
Teile aufzählen. Nur wollen wir noch hinweisen 
auf das Kapitel über Architekturmalerei, 
welches ziemlich erschöpfend diesen Zweig der 
holländishen Kunst gelegentlich der von ihm 
beschriebenen Werke des Hendrik Cornelisz 
van Vliet, Emanuel de Witte und Peter Neeffs 
behandelt. Wegen ihrer kunstvollen Feinmalerei 
gehören die letztgenannten, Vater und Sohn, 
zu den meistgesuchten der vlämischen Klein- 
meister. Nach dem Umschwung des Geschmackes 
konnte eine Bevorzugung der breiteren, ge- 
schmeidigeren Malerei der holländischen Archi- 
tekturmaler gegenüber dieser schärferen, mehr 
lineären Pinselung nicht ausbleiben. Verfasser 
briht zur Rechtfertigung dieses Geschmackes 
eine Lanze, indem er betont, daB das herrliche 
Licht- und Schattenspiel der reiferen holländi- 
schen Kunst mehr zusagte als die steife, gleis- 
sende Manier der vorigen Zeit. 

In der Antwerpener Schule, die vor allem 
meine Aufmerksamkeit erregte, fand ich mehrere 
interessante Werke: eine vorzüglihe Skizze 
von „Maria von Medici als Bellona” aus der 
Sammlung Schamp d’ Aveschoot und Tencé, 
hier zum ersten Male reproduziert, tatsachlich 
meisterhaft und einer der seltenen farbigen Ent- 
würfe des Meisters zwischen einem RiB in Grau- 
farbe und der endlichen Ausführung des Ge- 
maldes; einen Studienkopf van Dycks, aus einer 
Art Werke, die er nur selten malte, aber sehr 
anregend und ungezwungen ausführte; ein 
Familienstück von Gonzales Coques. Durch die 


693 


sorgfältigen Forschungen bezüglich der Werke 
der Antwerpener Maler im Kaiserlichen Museum 
zu Wien, wurde die Aufmerksamkeit des Ver- 
fassers auf mehrere weniger bekannte und des- 
halb vernachlässigte Künstler dieser Schule ge- 
lenkt, unter diesen auf Franz Wouters, einen 
Figuren- und Landschaftsmaler, dem aus guten 
Gründen die Landschaft im Hintergrunde des 
Familienstückes, eine wahre Perle, zugeschrieben 
wird. Vier kleine Werke Teniers bieten ihm 
den Ausgangspunkt zu treffenden Erörterungen 
über den Stil des jungen Teniers und die Ein- 
wirkung des Vaters auf den Sohn. 


Max Rooses. 
g 


Les grands artistes. Paris, Laurens 1908.: 
Les van Eyck par Henri Hymans 128 S. 
in 8° 24 Il. — Murillo par Paul Lafond. 
128 S. in 8° 24 Il. — Daumier par Henry 
Marcel 128 S. in 8° 24111. — Holbein par 
P. Gauthiez. 128 S. in 8° 24 Ill. 


Diese Monographienserie ist nach dem Vor- 
bilde der Deutschen entstanden, sie ist spezifisch 
französisch, das heißt sie ist schlechter illustriert, 
aber viel besser geschrieben als die deutsche 
Serie. Frankreich hat eben den Vorzug, außer 
dilettierenden Literaten und spröden Spezial- 
forshern noch Kunstschriftsteller zu besitzen. 
Bändchen, wie den früher in dieser Sammlung 
erschienenen Poussin von Desjardins liest man 
mit wahrem Vergnügen, so gut und empfindungs- 
voll sind sie geschrieben. Die vorliegenden 
Bände sind sehr verschieden: Der van Eyck von 
Hymans ist eine gründliche und sachliche Mono- 
graphie, die eine vorzügliche Einführung in das 
Werk der altniederländischen Meister bildet. 
Lafonds Murillo läßt den struktiven Grundge- 
danken ein wenig vermissen: zu viel Bildertitel 
und zu wenig Gedanken darüber. Henry Marcel 
hat mit seinem Daumier das Unglück gehabt, 
die Resultate des standard work von Klossowski 
nicht mehr haben verarbeiten zu können. So 
wünschenswert eine populäre Schrift war, so 
bedauerlich ist es, daB sie aus dem erwähnten 
Grunde über das Problem Daumier als Maler 
nicht das sagen konnte, was uns Klossowskis 
Schrift nun dargetan hat. Ein kleines Kabinett- 
stück ist der Holbein (d. j.) von Gauthiez. Der 
Verfasser beherrscht das Quellenmaterial voll- 
kommen und entwickelt aus dieser gründlichen 
Kenntnis ein Bild von Holbein als Mensch und 
Künstler, das mit warmer Begeisterung gezeich- 
net ist. Es ist bemerkenswert, daß die franzö- 
sishe Kritik über deutsche Kunst, die bisher 


694 


über vage Allgemeinheiten selten hinauskam, 
eine solche lebens- und temperamentvolle Schrift 
hervorgebracht hat. R. A. M. 


2 


Clement Faller par André Girodie: Un 
peintre alsacien de tradition. Edition de 
la Revue Alsacienne illustrée. Strasbourg 1907. 
110 S. 23 Abb. 8°. 


Faller wurde 1819 zu Habsheim im Sundgau 
geboren, 1901 starb er unbekannt und vergessen 
zu Paris. Außer einigen oberelsässischen Samm- 
lern lernten ihn einige Pariser Amateure durch 
die Vente nach seinem Tode und eine 1905 bei 
Vollard veranstaltete Ausstellung kennen. Hier 
und da flüsterte man von ihm als von einem 
problematischen Bindegliede zwischen den Fon- 
tainebleauern und dem modernen Impressionis- 
mus. André Girodie hat sich durch seine kleine 
Monographie das Verdienst erworben, den 
nötigen AufschluB über diesen Grübler zu 
bringen. Wie es für eine solche erste Schrift 
notwendig ist, hat Girodie einen genauen, sorg- 
fältig dokumentierten historischen Überblick mit 
einer feinsinnigen Würdigung der Werke Fallers 
verbunden. Die trefflidien Illustrationen be- 
stätigen Girodies Ansicht, der in Faller einen 
Vorläufer des modernen Luminismus sieht, in 
dem ähnliche Tendenzen, wie in Turner oder 
später in Monet nach Verkörperung ringen. 
Der Verfasser weist auch auf eine bisher nicht 
veröffentlihe Schrift Fallers und seiner Frau 
hin die (neben einem in einer Kunstpublikation 
wohl ziemlich überflüssigen Excurse über die 
preußische und französische Flagge) eine Reihe 
treffliher Beobachtungen über die Farben- 
theorie enthält. Nach diesen kurzen Auszügen 
zu urteilen, wäre eine Veröffentlichung dieser 
seltsamen Schrift sehr zu wünschen. Hoffen 
wir, daB Herr Girodie und die Revue Alsacienne 
uns nad dieser ersten, sehr dankenswerten 
Schrift nun auch diese zweite Veröffentlichung 
bald bescheren werden. R. A. M. 


2 


Joshua Reynolds von Max Osborn, 
Künstler-Monographien, hrsg. von H. KnackfuB, 
XCI, Velhagen, Bielefeld und Leipzig 1908. 


Wenn die Kunst eine Ausdrucksform der 
Kultur, die Kunstgeschichte eine Disziplin der 
Kulturgeschichte ist, löst der Verfasser glänzend 
die Aufgabe: Aus den eigenartigen Verhältnissen 
der Zeit und Umgebung Reynolds machtvolle 
Erscheinung als Künstler und Mensch vor unseren 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Augen erstehen zu lassen. Und daß die Form 
der Darstellung sich taktvoll den Bedürfnissen 
des groBen Publikums anpaßt, ohne seicht oder 
trivial zu werden, mag als weiterer Vorzug 
der Schrift gelten. Sie verbindet in glücklicher 
Weise wissenschaftlihe Gründlichkeit mit ein- 
facher anschaulicher Schilderung und füllt da- 
mit in der deutschen Literatur Ober neuere 
Kunst eine bisher schmerzlich empfundene Lücke 
aus. Denn was Burnet, Leslie und Taylor, 
Armstrong, Conway, Leisching, Hamilton, Ort- 
lepp geben, dient fast ausschlieBli der ge- 
lehrten Forschung; Boulton begegnet wohl nur 
in England allgemeinerem Interesse. 

Über einzelne Ausführungen läßt sich streiten. 
Insbesondere scheint mir der Verfasser des Buches 
Reynolds von der ethischen Seile nicht skeptisch 
genug zu beurteilen. Reynolds gehört als Mensch 
zu den Diplomaten, die ihre Gedanken durch die 
Sprache, die sie führen, aus Prinzip verbergen. 
Sein Verhältnis zu Gainsborough war nicht kühl, 
sondern von Grund aus feindlih. Daran ändern 
die ausgeklügelte widerspruchsvolle Rede des 
Künstlers über Gainsboroughs Reformen und 
die übrigen verséhnlich klingenden Gelegenheits- 
äuBerungen über den Rivalen nicht das Mindeste. 
Er wollte ihn „unschädlich“ machen, und es ge- 
Jang seinen Bemühungen, die Beteiligung Gains- 
boroughs an den Ausstellungen der Akademie 
von 1784 an zu hintertreiben. Als Gainsborough 
kurz vor seinem Tode Reynolds den Brief 
sandte, in dem er ihm „Anerkennung für die 
gute Meinung ausdrükt, die er von seinen 
Fähigkeiten habe“, handelte er in strafwürdigem 
Vertrauen auf die Ehrlichkeit des Empfängers. 
— Reynolds Stellung zur Antike im Hinblick 
auf die kontinentale klassizistishe Bewegung 
eingehender zu untersuchen, wäre eine dankbare 
Aufgabe gewesen. Ein Vergleich des Meisters 
mit David, Prudhon und Carstens ringt der 
Sphinx der Reynoldschen Kunst Geheimnisse 
ab, die weder die Gegenüberstellung mit Rem- 
brandt noch mit Titian entschleiert. 

Die Zahlenhinweise im Text auf das Bildnis 
Keppels in der Londoner National-Galerie, 
Cimon und Iphigenie aus Buckingham Palace 
zu berichtigen ist bei der Korrektur übersehen 
worden. G. J. Kern. 


2 


Unveröffentlichte Gemälde alter Meister 
aus dem Besitze des Bayrischen Staates. 
Herausgegeben von Ernst Bassermann-Jordan. 
Il. Bd. Die Gemälde-Galerien in den Kgl. 
Schlössern zu Ansbach, Bamberg und Würzburg 


Literatur 


695 


und die Gemälde aus Bayer. Staatsbesitze in der 
Städtischen Galerie zu Bamberg. (42 Tafeln und 
8 Textbilder in Lichtdruck, 14 S. 50><40, Bildgr. 
ca. 21x27.) Frankfurt a. M., H. Keller, 1908. 
In Mappe 50.—. 


Der Band enthält vorwiegend flämische und 
holländische Meister. Von deutschen ist ein 
vom kurbayerishen Hofmaler Johann de Pay 
voll signiertes männliches Bildnis zu nennen; 
ein anderes von Nikolaus Prugger ist von varı 
Dyckscher Vornehmheit der Auffassung. Unter 
den Flamen interessieren besonders eine hl. 
Familie von Franz Floris, zwei Bilder von Franz 
Francken II., eine Allegorie von Simon de Vos, 
zwei charakteristische Roeland Savery und See- 
Sticke von Pieter van den Velden, der als 
Lehrer des Capellen und des Bonaventura Peeters 
bekannt ist. Unter den Holländern sind die 
Rembrandtschüler Gerbrand van den Eeckhout 
und Samuel van Hoogstraten mit guten Arbeiten 
vertreten, daneben die groBen Stillebenmaler 
Jan Davidz de Heem, Elias Vonck, J. Bapt. 
Weenix und der seltene Barend van der Meer. 
Zwei Ideallandschaften mit Jagdstaffage gibt 
Pieter Wouwerman, italienisierende Land- 
schaften Jan van der Bent, Willem de Heusch, 
Jan van der Meer van Haarlem d. J. u. Jan van 
Huysum. Auch die Wiedergabe kleinerer Meister 
wie Hondius, Goovaerts, J. F. v. Bredael, 
Schoevaerdts, J. B. Tyssens, Zeelander u. a. ist 
zu begrüßen, da es sich durchweg um sichere, 
echt signierte Arbeiten handelt. Alle Meister- 
bezeichnungen sind faksimiliert unter die Repro- 
duktionen gesetzt, so daß die Tafeln gleichsam 
vom Meister signiert sind. Der Text gibt alles 
Wissenswerte und verbessert vielfach Unrichtig- 
keiten der amtlichen Kataloge. Die Ausstattung 
ist so vornehm und geschmackvoll wie beim 
ersten Bande. Die Lichtdrucke der Bruckmann- 
shen Kunstanstalt in München sind durchweg 
vorzüglich. 


2 


KLEINE ANZEIGEN 


Unter der Redaktion von Eugen Guglia ist kürzlich 
ein stattlicher Führer durch Wien im Verlag von Ger- 
lah & Wiedling erschienen, der in seiner Art etwas 
durchaus Neues darstellt und all denen empfohlen werden 
kann, die sich wirklich intensiv in das innere Wesen der 
Stadt und ihre Bedeutung in der Geschidite und der Kul- 
tur einleben wollen. Das Buch, weldies sich äußerlich an 
die Führer von Baedeker anlehnt, vereinigt in sich eine 
Menge von Beiträgen erster Wiener Gelehrter. So haben 
die Schilderung der allgemeinen Verhältnisse der Stadt 
der Herausgeber selbst, ferner Prof. E. Oberhummer, L. 
Hevesi, Dr. R. Wallaschek, Ed. Pötzl übernommen. Den 
deskriptiven Teil bearbeiteten Kustos Dr. A. Schnerich 
(Kirchen und Klöster), Kustos Dr. M. Dreger (Hofburg), 
Regierungsrat Dr. E. Leisching (andere ältere Profan- 
bauten und das Österreihishe Museum für Kunst und 


RARE L. Hevesi (neuere Profanbauten), Dr. W. Suida 
Galerien), Dr. A. Weixigärtner (Denkmäler), Dr. W. 

nglmann (Brunnen, Museum der Stadt Wien), Dr. J. 
Bohatta (Bibliotheken, mit Ausnahme der Hofbibliothek), 
Kustos Dr. H. D Herrmann E Gegen- 
stinde des Mittelalters und der Neuzeit). Dr. I. Banko 
und Dr. O. Egger (Antiken), Dr. C. List (Waffensammlung 
des Hofmuseums), Dr. R. Miinsterberg (Miinzen des Hof- 
museums), Dr. H. Tomaseth (Albertina) usw. 

Was in diesem Buche gegeben ist, stellt sich als eine 
hervorragende Leistung Wiener Gelehrsamkeit dar, wes- 
halb der Führer nicht verfehlen wird, das Verständnis 
fiir die Wiener Kultur nach ihren verschiedensten Er- 
scheinungsformen sehr zu vertiefen. Es mag noc er- 
wähnt sein, daß ein nach Anlage und Umfang ähnliches 
Bud bisher nicht existiert hat, und man nur wünschen 
kann, daß auch einmal Berlin und München ähnliche Hand- 
bücher bekämen. 


Unter dem Titel „Albrecht Dürer in seinen Briefen“ 
veröffentlicht Oberbibliothekar Markus Zucker in einer 
bei B. G. Teubner erscheinenden Sammlung „Deutsche 
Charakterköpfe“ einen interessanten Beitrag, der das Ver- 
ständnis für den Meister aus der Alltäglichkeit seines 
Lebens heraus zu fördern unternimmt; sind doch gerade 
die Briefe Dürers ungemein instruktiv sowohl für die 
äußere Kultur der Zeit und die Lebensverhältnisse im ein- 
zelnen, wie auch für die künstlerische Entwicklung des 
Meisters selbst. Den mitgeteilten Briefen ist ein Kapitel 
über Dürers Leben und Schaffen vorangestellt, das des 
Verfassers Vertrautheit mit dem Stoff dartut und sehr 
gut im allgemeinen über Leben und Kunst orientiert. 


In der „Kunst“ hat Rihard Muther soeben einen 
Band über „Courbet“ herausgebracht. Ohne daß diese 
Arbeit irgendwie neue Gesichtspunkte für die künstle- 
rishe Entwickelung des Meisters zu geben hätte, kann 
man sie doch als ein angenehm causierendes Feuilleton 
ansprechen, bei dessen Lektüre einen höchstens hin und 
wieder die Extravaganzen des „Muther-Stiles“ ernüchtern. 

Der bereits angekündigte 1. Halbband des „Mündhner 
ahrbuch der Bildenden Kunst‘, herausgegeben von 

udwig von Buerkel, ist soeben bei G. Callwey er- 

schienen und bringt u. a. Beitrage von Johannes Sieve- 

ikhoff, Georg Gronau, 

Gustav Münzel, Franz von Reber und Ludwig von Buer- 

kel. Es soll an dieser Stelle noch eingehender von der 
verdienstvollen Publikation die Rede sein. 

Als ein brauchbares und verdienstvolles Lehrbuch der 
Kunstgesdichte an Schulen ist der Leitfaden für den 
Unterricht in der Kunstgeschichte, bearbeitet von Dr. 
Ernst Wickenhagen, Verlag von Paul Neff in Stutt- 

art, bekannt. Das Buch ist kürzlich in 12. Auflage und 
in guter Ausstattung neu herausgekommen. 


Ein seltsames literarisches Machwerk erschien vor kur- 
zem unter dem Titel „San Marco in Florenz, das Kloster 
Savonarolas“ aus der Feder von Lina Hirsch im Verlag 
von Max Kielmann, Stuttgart. Zwar könnte man getrost 
über Broschüren dieser Art, die durch keinerlei kritische 
Sachkenntnis getrübt sind, zur Tagesordnung übergehen, 
wenn sie nicht doch die Gefahr mit sich brächten, den 
Laien zu unrichtigen Vorstellungen zu verführen. Die 
Verfasserin hat fleißig Villaris gänzlich veraltetes, von 
der modernen Gescdhichtsschreibung längst überholtes Buch 
über Savonarola studiert und aus den Exzerpten daraus 
unter stark stilistischer Entlehnung eines kleinen bekannten 
Florenz-Führers ein unerquicklites shwärmerisch-senti- 
mentales Ragout zusammengebraut, durch das man sich 
nur mit innerer Unlust hindurdiwinden kann. 


Galerie-Kataloge. Das Museum in Neapel hat 
endlich einen modern angelegten illustrierten Führer er- 
halten, den A. Ruesch besorgt hat, wobei ihm Forscher 
wie L. Mariani, G. Patroni, A. Sogliano und andere hilf- 
reihe Hand geleistet haben. Der Wert dieses italieni- 
scien Kataloges besteht vor allem in der übersichtlichen 
Gruppierung und Disponierung des gewaltigen Materials. 
Verdienstvoll wäre jedenfalls eine reichere Illustrierung 
gewesen. 

Auch der Katalog für die öffentliche Kunstsammlung 
in Basel, den der Konservator des Museums zusammen- 
gestellt hat, ist soeben neu erschienen (Preis Fr. 1.—) und 


696 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


hat das besondere Verdienst, im Anhang mit sehr guten 
Reproduktionen die Meisterstiicke der Sammlung zu ver- 
einen. 


Die Direktion der Staats-Sammlung vaterländischer 
Altertümer in Stuttgart gibt zum dritten Male ihren 
Führer neu heraus und hat denselben vor allem durch 
reichen Bilderschinuck ergänzt. Die Bearbeitung der friih- 
geschichtlichen Abteilung hat Dr. GoeBler, die der anderen 
Abschnitte Dr. Baum übernommen. Der Verlag von Paul 
Neff hat sich um die mustergültige Ausstattung verdient 
gemadht. 


Auch die Gemälde-Sammlung im königlichen Mu- 
seum zu Stuttgart hat kürzlich ihren Katalog, den Con- 
rad Lange bearbeitet hat, neu herausgebracht. Derselbe 
ist durch mehrere Naditrige und Verbesserungen ergänzt 
worden und audi illustrativ in einer wesentlich stattlicieren 
Form erschienen (Verlag von W. Spemann). 


Rivista Fiorentina. InFlorenz soll vom Herbst ab eine 
neue Kunstzeitschrift erscheinen, fiir die Hof und Adel als 
Protektoren gewonnen sind. Der Text soll englisch, ita- 
lienisch und französisch sein. Das Ausschalten der deut- 
schen Spradie beweist nur, wie sehr die Begründer ein- 
mal die Sprachkenntnisse des deutschen Kunstgelehrten, 
dann aber auch die Selbständigkeit unserer Wissenschaft 
zu schätzen wissen. 


Die Graphische Gesellschaft (B. Cassirer Verlac) 
unternimmt als ihre erste außerordentliche Veröffentlichung 
die Reproduktion des von Albert Pfister in Bamberg ge- 
druckten „Edelsteins“ von Ulrich Boner. Es haben 
sich zwei mit denselben Typen gedruckte und im wesent- 
lihen mit den gleichen Holzschnitten verzierte Ausgaben 
dieses Buches erhalten, beide je nur in einem einzigen 
Exemplare, die eine 1461 datierte in der Herzog]. Bibliothek 
zu Wolfenbüttel, die andere, undatierte, in der Königl. 
Bibliothek zu Berlin. 


BIBLIOGRAPHIE 


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Art ancien. Ancient art. 


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(Antiquite. Antiquity.) 


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senbilder. Nach Furtwänglers Tode fortgesetzt 
v. Frdr. Hauser. Unverdnderliche Phototypie- 
Reproduktionen. II. Serie. 5. Lfg. (10 Taf.) 
71,5><53,5 cm. Nebst Text. (S. 215—266 m. 
Abbildgn. u. 2 Taf.) 38,5><26 cm. München, 
F. Bruckmann 08. Subskr.-Pr. bar 40.—. . 


Herrmann, P. Weiteres aus Milet. (Mo- 
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Hrsg. v. Johs. Ficker. Neue Folge d. archäolog. 
Studien zum christl. Altertum u. Mittelalter. 
gr. 8°. Leipzig, Dieterich. 5.u. 6. Heft: Klein- 
asiatische Denkmäler aus Pisidien, Pamphylien, 
Kappadokien und Lykien. Darstellender Teil. 
Nebst Beiträgen von Dr. K. Michel, L. Messer- 
schmidt u. Dr. W. Weber. Mit 6 Taf., 130 Ab- 
bildgn. im Text u. e. archäolog. Karte v. Klein- 
asien. Mit Unterstützg. der Cunitz-Stiftg. in 
Straßburg. (XIV, 393 S.) 08. 25.—. 

Studien, Münchener archäologische, dem An- 
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Bausteine zur Geschichte der Hohkönigsburg. 
Urkunden, Akten u. Regesten aus der Zeit des 


(Arki- 


(Monatsh. f. 
(Rev. de 


XV. bis XVII. Jahrhunderts. Im Auftrage des 
Hohkönigsburg-Vereins bearb. u. herausgeg. 
von Ernst Hauviller. (XI, 51 S.) Lexikon-8°. 
Straßburg, K. J. Trübner. 1908. 1.60. 


Berliner Garnisonkirce, Die, nach einem 
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(Korresp. Bl. d. Gesamtver. 4.) 


Hanemann, A. Schloß Corvey an der Weser, 
ein Abriß seiner Geschichte und seines Baues. 
3. Aufl. (28 S. m. 5 Taf.) 8°. Holzminden, 07. 
Schloß Corvey bei Höxter, Selbstverlag. —.50. 


Haus „Zum Stokfisch* in Erfurt, Das. 
(Denkmalpfl. 8.) 


Henkelmann, K. Das Bauernhaus des Oden- 
waldes und des südwestlichen Deutschlands. 
Mit 20 Hausabbildgn., zahlreichen Grundrissen 
u. Einzelheiten. (58 S. mit 13 Taf.) Lex. 8°. 
Darmstadt, Zedler & Vogel, 08. bar 4.50; geb. 
in Leinw. 5.50. 

Klaphuk, R. Schloß Horst im Bruche. (Rhein. 
Westfäl. Ztg., 3. Juni.) 

Mebes, Paul. Palais und städt. Bürgerhäuser, 
Land- u. Herrenhäuser, Gartenhäuser, Tore, 
Brücken, Innenräume u. Hausgerät. München, 
F. Bruckmann. Geb. ca. 20.—. 

— Um 1800. Architektur u. Handwerk im letzten 
Jahrhundert ihrer traditionellen Entwicklung. 
1. Band. (200 S. m. Abbildgn.) 30.5><22 cm. 
München, F. Bruckmann, 08. Geb. in Lnw. 20.--. 

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Schuster, E Burgen und Schlösser Badens. 
8. Lfg. Karlsruhe, Gutsch. 1.—. 

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(BI. f. Bern. Gesch., Kst. u. Altertumsk., 1—2.) 


2b. Italien. 
(Italie. Italy.) 


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Breuer, R. Renaissance und Barock. 
Dekoration, April.) 

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Firenze. (Arte e Storia, 7—8.) 

Fabriczy, C.v. Villa della Viola, ein Sommer- 
sitz der Bertivoglio zu Bologna. (Jahrb. der 
Kgl. PreuB. Kunsts., 3.) 

Marangoni, G. Nel centenario di Giuseppe 
Piermarini. (Rassegna d'arte, 3 

Pellati, F. Le torri dell’ alto Monferrato. 
(Nuova Antolog. Jun.) 

Sdiulz, B. Die Ergänzung des Theodorich- 
Grabmals und die Herkunft seiner Formen. 
(Ztschr. f. Gesch. d. Architekt. 8.) 


(Innen- 


Alte 
Baukunst 


698 


Monatsbefte fiir Kunstwissenschaft 


3. Alte Malerei. 
Peinture ancienne. Ancient pictorial art. 


Bertaux, E. Les Primitifs espagnols. VI. Le 
Maitre de Saint Georges. (Rev. de l'Art, Mai.) 


Bode, W. Einige neuaufgefundene Gemälde 
Rembrandts in Berliner Privatbesitz. (Jahrb. 
d. Kgl. Preuß. Kunsts. 3.) 


Boudhot, Henri. La miniature francaise (1750 
—1825). In-4. (33x25) 108 grav., 52 pl. hors 
texte en couleurs en facsim. des orig. Paris, 
an Joyant & Cie* 200 ex. num. de portef. 


Bredius, A. Jan Buesem. (Oud.-Holland, 2.) 


F.: (Stockholmsbilder:) David Klöcker Ehren- 
strahl, hanshus och släkt. (Svenska Dag- 
bladet Nr. 106.) 


Dayot, Armand. Chardin, sa vie, son oeuvre, 
son époque. In-4 colom. (30><40) avec 53 helio- 
grav. dont 40 hors texte. 10 pl. en coul. Paris, 
H Piazza et Cie., 1908. 25 ex. num. I. imp. 
320.—, 500 ex. num. vél. 160.—. 


Durrieu, Paul. Les antiquités judaiques et le 
peintre Jean Foucquet. In-fo (41><31) 25 pl. 
heliogr. 2 pl. phototyp. Paris, Plon-Nourrit 
et Cie., 08. 48.—. 50 ex. num. pap. cuve. 96.—. 


Gemälde, unverôffentlichte, alter Meister aus 
dem Besitze des bayerischen Staates. Hrsg. v. 
Dr. Ernst Bassermann-Jordan. II. Band: Die 
Gemäldegalerien in den königl. Schlössern zu 
Ansbach, Bamberg u. Würzburg u. d. Gemälde 
aus bayer. Staatsbesitze in der städt. Galerie 
zu Bamberg. 42 Taf. u. 8 Textbilder in Lichtdr. 
VI, 15 S. Text.) 51><40 cm. Frankfurt a. M., 

. Keller, 08. In Leinw.-Mappe 50.—. 


Gnesen, Aus der Kathedrale zu. Reprod. 
der Malereien „Das jüngste Gericht“ u. „An- 
betung d. drei Könige“. (Ateneum, III.) 


Guiffrey, J. Un nouveau tableau du Greco au 
Musée duLouvre. (Bull.d. Musées deFrance, 3.) 

Justi, C. Diego Velazquez y su siglo. (España 
moderna, Juni.) [Forts.] 

Mayer, A. L. Die spanischen Gemälde im 
Museum der schönen Künste zu Budapest. 
(Monatsh, f. Kunstw. 6.) 


Meier-Graefe, Jul. Die groBen Englander. 
2. Aufl. (VIII, 173 S. m. 66 Abbildgn. auf 64 
Taf.) Lex. 8°. München, R.Piper &Co., 08. 8.—; 
geb. in Leinw. 10.—. 

Planta, J. v. Wandgemälde im ehemaligen 
Kloster Taenikon, Thurgau. (Anz. f. schweiz, 
Altertumsk., 4.) 

Rupe, Hans. Rembrandt. Erinnerungen. (22S.) 
kl. 8°. Dresden, A. Urban, 08. .80. 


Schmit, Th. Die Malereien des bulgarischen 
Klosters Poganovo. (Byzant. Ztschr.. 1—2.) 


Vermeer v. Delft, Jan, u.Carel Fabritius, 
Photogravüren nach ihren bekannten Gemäl- 
den. Mit biograph. u. erläut. Text v. Dr. C., 


‘ Essling, Prince d. 


Hofstede de Groot. 4. [Schluß-]Lfg. 9 Bl. m. 
37 S. Text.) 68><53,5 cm. Amsterdam 1908. 
Leipzig, K. W. Hiersemann. Mit Halbldr.- 
Mappe 125.—. 
— — dasselbe. Suppl. [3 BI] 68><53,5 cm. 
Ebd. (1908) 30.—. 


3a. Deutschland. 
Allemagne. Germany. 
Bock, Frz. Matthias Grünewald. München, 
G. D. W. Callwey. ca. 4.—. 


Koegler,H. Die Kreuzigung im Landesmuseum, 
wahrscheinlich ein Gemälde des Meisters DS. 
(Anz. f. schweiz. Altertumsk., 4.) 


Kuske, B. Zu Stephan Lodiners Lebens- 
geschichte [Urkunde]. (Ztschr. f. christliche 
Kunst, 3. 


Landsberger,Frz. Wilhelm Tischbein. Leipzig, 
Klinkhardt & Biermann. ca. 5.—. 


Muñoz, A. Miniature della scuola di Colonia. 
(Arte, 3.) 

Peltzer, R. Hans Haußer von Aachen. (Blätt. 
f. Gemäldek., 6.) 


Schmid, H. A. Zu Grünewalds Tätigkeit in 
der Aschaffenburger Gegend. (Monatsh. f. 
Kunstw., 6.) 


Schröter, G. Die Nürnberger Malerakademie 
und Zeichenschule v. d. M. d. XVII. Janrh. bis 
1821. (Neujahrsbl., herausg. von der Ges. für 
Frank. Gesch., Il) (4 9. 94S. Würzburg, Uni- 
versitäts-Druck. v. J. Stürtz. 1908. 


Stammler, L Eine aufgefundene Arbeit des 
Bern. Malers m. d. Nelke. (Bl. f. Bernische 
Gesch., Kunst u. Altert.-Kunde, 1—2.) 

Suida, W. Altsteirishe Bilder im Landes- 
museum „Johanneum“ zu Graz. (Monatsh. f. 


Kunstw., 6.) 
3b. Italien. 
Italie. Italy. 
Bombe, W. Sebastiano del Piombo. (Arte e 
Storia, 9—10.) 
Buerkel, Ludw. v. Francesco Furini. Wien, 


24.—. 

Les livres a figures vene- 
tiens de la fin du XVe siécle et du commen- 
cement du XVle siecle. 4 vol. in-folio sur 
papier grand écu vélin (300 exempl. numérotés) 
Florence, Librairie Leo S. Olschki. 480.—. 


Foratti, A. Quattro affreschi di Bartolommeo 
Montagna. (Arte, 3.) 


Frimmel, Th. v. Künstlerinschrift auf dem 
Schmerzensmann des Tommaso da Modena in 
Karlstein. (Blätter fir Gemäldek., 6.) 

Frizzoni, G. Diverse opere d'arte evocate da 
una nota illustrazione di disegni. (Arte, 3.) 

Frizzoni, G. Illustrazione comparativa di un 
insigne dipinto e di una scultura del quattro- 
cento. (Rassegna d'arte, 1.) 


F. Tempsky. ca. 


Alte 


Malerei ` 


Alte 
Malerei 


p ni i pm mon 


Bibliographie 


Gnoli, U. Una predella sconosciuta di Ale- 
gretto Nucci. (Arte, 3.) 


Jacobsen. Zur Kunstgeschichte des Auslandes. 
Lex. 8°. Straßburg, J. H. E. Heitz. 59. Heft. 
Jacobsen, Emil. Das Quattrocento in Siena. 
Studien in der Gemäldegalerie der Akademie. 
Mit 120 Abbildgn. auf 56 Taf. (96 S.) 08. 20.—. 

M SE D) Macrino de Alladio. (Arte e Storia, 

Pantini, R. Masaccio. (Connoisseur, Juni.) 


Ricci, C. Jacopo Bellini e i suoi libri di 
disegni. I. (Il libro del Louvre) Fo. fig. p. 79 
con centodieci tavole. Firenze, Fratelli Alinari. 

Sant’ Ambrogio, D. Nel Museo di Porta 
Giovia. L'affresco di Via Bigli 17. (Arte e 
Storia, 9—10.) 

Sirén, O. Die Fresken in der Cappella di S. 
Antonio in Le Campora. (Monatshefte fir 


Kunstw., 6.) 

Sirén, O. Gli affreschi nel Paradiso degli 
alberti. (Arte, 3.) 

Wytwicki, WI. Michel Angelo. (Ateneum 


olskie, Mai). 


4. Alte Plastik. 
Sculpture ancienne. Ancient Plastic Arts. 


Armstrong, E. An account of some early 
christian monuments discovered at Gallen 
Priory. (Journ. of. R. Soc. Antiqu. Ireland, 1.) 


Burger, F. Studien zu Michelangelo. (Zur 
Kunstgesch. d. Auslandes, Heft 49). 44 S. m. 
7 Textabb. u. 6 Lichtdrucktaf. Straßburg, Heitz 
& Mündel. 1907. M. 3.—. 


Campion, F. The old. Boundary Stones of 
Waltham Forest. (Antiquary, 5.) 


Clarke, W. The Antiquity of Grimes’ Graves. 
(Antiquary, 4.) 

Dehio, G. Die bildende Kunst im Mittelalter. 
(Internat. Wochenschr., 21.) 


Duvernoy, E. Epitaphes 4 Bouxieres-aux- 
Dames. (Bull. Soc. Archéol. Lorraine, 5.) 


Fabriczy, C. de. Bertoldo di Giovanni e il 
suo lavoro pel ,Santo di Padova“. (Rassegna 
d'arte, 2.) . 

Germain, L. Excursions dans l’histoire de 
Saint-Mihiel. 1. Le premier tabernacle d'autel 
à l'église abbatiale. (Bull. Soc. Archéol. Lor- 
raine, 3.) 

Gill, H. The „Stone Man“ of West Bridgford. 
(Antiquary, 5.) 

Halm, Philipp Maria. Stephan Rottaler, ein 
Bildhauer der Frührenaissance in Altbayern. 
(VII, 99 S. m. Abbildgn. u. Taf.) Lex. 8°. Mün- 
chen, G. D. W. Callwey 08. 8.—. 


Halm, Ph. Zur Plastik Augsburgs. (Monatsh. 


f. Kunstw., 6.) 


Redslob, E. Die fränkischen Epitaphien im 
XIV. und XV. Jahrhundert. (Anz. d. Germ. 
Nation.-Museums, 3—4.) 


699 


Voss, H. Andreas Schlüters Reiterdenkmal des 
Großen Kurfürsten und die Beziehungen des 
Meisters zur italienischen und französischen 
Kunst. (Jahrb. d. Kgl. Preuß. Kunsts., 3.) 


Wolf, A. Zur 300jährigen Gedächtnisfeier für 
Alessandro Vittoria in Venedig. (Wien. Ztg. 
26. Mai.) 


5. Alte Graphik. 


Gravure ancienne. — Ancient Graphic Arts. 


Alfassa, D Les Dessins de Rembrandt à l'Ex- 
position de la Bibliotheque nationale. (Rev. 
de l'Art, Mai.) 

Chodowieckis, Daniel, Kupferstiche. Mit e. 
SE v.T.Rüttgers. Berlin, Fischer & Francke. 
ca. 1.20. l 


Dodgson, C. Ostendorfer and the Beautiful 
Virgin of Regensburg. (Monatsh. f. Kunstw., 6.) 


Geisberg, M. Eine neuentdeckte Zeichnung des 
Meisters des Hausbuchs. (Staryje Gody, Mai.) 


Koegler, H. Andachtsbild des Klosters und 
Spitals zum heiligen Geist in Bern, ein Holz- 
schnitt von Urs Graf. (Anz. f. schweiz. Alter- 
tumsk., 4.) 


Kunz, O. Exlibris des 16. Jahrhunderts in der 
k. k. Studienbibliothek Salzburg. (Exlibris, 2.) 


Lehrs, M. Die dekorative Verwendung von 
Holzschnitten im XV. und XVI. Jahrhundert. 
(Jahrb. d. Kgl. Preuss. Kunsts., 3.) 


Leidinger, Geo. Die Teigdrucke des 15. Jahrh. 
in der k. Hof- u. Staatsbibliothek München. 
München, G. D. W. Callwey. 


Loga, V. v. Hat Velazquez radiert? (Jahrb. 
d. Kgl. Preuss. Kunsts., 3.) 


Martin, W. Anciens dessins du Cabinet des 
Estampes d'Amsterdam. (Art Flam. et Holl., 5.) 


Mathey, P. L'œuvre gravé de Rembrandt. 
(Musée, 5.) 


Milowidow, A. J. Opisanie slawiano-russkich 
staropetschatnych knig Wilenskoj Publitschnoj 
Biblisteki. (Beschreibung d. altslavisch-rus- 
sischen Drucke v. 1491—1800 in der Öffentl. 
Bibliothek zu Wilna.) Wilna, 1908, 8°. 160 S. 
m. Abb. Beilage zum Bericht d. Bibliothek 
für 1907. 


Schenk. Matthäus Merian-Frankfurt und Kon- 
rad Buno aus Frankenberg in Kurhessen. 
(Hessenland, 10—11.) 


Schreiber, W. L. M. Bouchots Ansichten über 
die Erstlinge der Holzschneidekunst [Forts.]. 
Ztschr. f. christl. Kunst., 3.) 


Schröder, A. Der Kupferstecher J. F. Bol. 
(Mitt. f. d. Gesch. Berlins., 5.) 


Zur Westen, W. von. Zur Kunstgeschichte 
des Notentitels und der Dekoration musika- 
lisher Drukwerke. I. Die Herrschaft des 
Holzschnittes und des Kupferstichs. (Ztschr. 
f. Bücherfreunde., 3.) 


700 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


6. Altes Kunstgewerbe. 
Art industriel ancien. — Ancient industrial Art. 


Astier, C.d’. La belle tapisserie du Roy (1532 
—1797) et les tentures de Scipion l'Africain. 
In-4. avec 30 pl. Paris, H. Champion, 08. 24.—. 


Braun, E. Doccia porcelain of the earliest 
period. [Burlingt. Magaz. Jun.] 


Doran, J. The enamelling and metallesque 
origin of the ornament in the Book of Durrow. 
[Burlingt. Magaz. Jun.] 


Germain, L. Armoiries du roi Rene. 
Soc. Archéol. Lorraine, 4.) 


Kouzmine, E. Les tapis de 
(Staryje Gody, Mai.) 

Melani, A. Su de’ famosi Mobili nel Palazzo 
ex Ducale di Parma. (Arte e Storia, 9—10.) 


Redslob, E Silbervergoldetes Monile. (Anzeig. 
d. German. Nation. Mus. 3—4.) 


Sdinütgen. Krankenversehkreuz des XV. Jahrh. 
(Ztschr. f. christl. Kunst, 3.) 


Rothstein, N. Une vente de porcelaine russe. 
(Staryje Gody, Mai.) 

Stegmann, H. Die Holzmöbel des Germani- 
schen Museums. (Anz. des German. Nation.- 
Mus. 3—4.) 

Tanner, H. Domestic Work of the Renaissance 
in England. [Builder, 3399.] 


Weale, W. Le tresor du prieure de St. Nico- 
las d’Oignies. (Rev. d. Art chrét. 3.) 


Zimmermann, E. Noch einmal das Jahr der 
Erfindung des Meißner Porzellans. (N. Archiv 
f. Sachs. Gesch. 1—2.) 


8. Orient, China, Japan. 


L’Orient. La China. La Japon. — Orient. 
China. Japan. 


Altorientalishe Teppiche. Im Anschluß an 
das in den Jahren 1892—1896 vom k.k. Han- 
delsmuseum in Wien veröffentlihte Werk 
„Orientalishe Teppiche“, herausg. vom k. k. 
österr. Mus. für Kunst u. Industrie in Wien. 
25 Tfn. in farb. Kombinationsdruck. Mit einem 
Vorwort des Herausg. A. von Scala. Einleitung 
von W. Bode. Text von Fr. Sarre (25 Tfn.. 
66><50 m. 8 BI. Text, Titel u. Inhaltsverzeich- 
nis.) Leipzig, Karl W. Hiersemann, 1907. 
In Mappe 400.—. 

Baumann, H. Utamaro. (Propyläen, 6. V.) 

Branting, A. Orientalisk textilkonst [Bespr. 
V. „F. R. Martin, a history of Oriental carpets 
before 1800“). (Svenska Dagbl.Nr. 116 u. 118.) 

Christensen, A. Lidt om persisk Kunstindustri. 
(Tidsskrift f. Industri 1907, Nr. 12.) 

Dillon, E. Some notes on the origin and the 
development of the enamelled porcelaine of 
the Chinese. I. (Burl. Mag., 61, 62.) 

Glaser, L. Die Raumdarstellung in der japani- 
scien Malerei. (Monatsh. f. Kunstwiss., 5.) 


(Bull. 


l'Oukraïna. 


Gurlitt, L. Konstantinopel u. türkische Kunst. 
(Westermanns Monatsh., April.) 

Hendley, T. Indian Jewellery. [Part VII] 
(Journ. of Indian Art and Industry, 12.) 

Herringham, Chr. The Snake Pattern in Ire- 
land, the Mediterranean and China. (Bur- 
lingt. Magaz., Jun.) 

HE La peinture persane. (La Toison d'Or, 3—4.) 

Heymel, A. W. Das Sammeln v. japanischen 


Farbenholzschnitten. (Südd. Monatsh., 4). 
Laurin, C. G. Ett praktverk. [Rec. v. „F. 
R. Martin, history of oriental carpets“.] 


(Stockholms Dagblad 8./5. 08.) 

Malerei, Chinesische. (Leipz. Neueste Nachr., 
27. Apr.) 

Sanctuaire de la Lapidation de Saint 
Etienne a Jerusalem, Le. (Fr. Lagrange, Re- 
vue de l'orient chrétien, 4.) 

Woas, F. Holzbauten der Japaner. 
gewerks-Ztg., 33.) 


(Bau- 


2 


II. Neuere Kunst. 
L’art moderne. — Modern art. 


I. Städtebau und Gartenkunst. 


L'architecture des villes et (horticulture. 
Building of towns and horticulture. 


Berdrow,W. Zur Geschichte und Entwicklung 
der Landhauskolonie Westend bei Berlin. 
(Zentralbl. d. Bauverwaltg., 37.) 

Berlepsch-Walandas, H E. von. Die erste 
englische Gartenstadt u. ihr verwandte Grün- 
dungen. (Kunst und Kunsthdwk., 3.) 

Brommer, C. Die Gartenlaube. (Deutsch. 
Landhaus, 11.) 

Encke, F. Architektonische oder landschaftliche 
Gartengestaltung. (Dekor. Kunst, 9.) 

FaBbender, E. Der Generalverbauungsplan 
d. Stadt Villach. (Städtebau, 5.) 

Fischel, H Die Gartenkunst. (Kunst- u. Kunst- 
handwerk, 5.) 

Fuchs, L. F. Die Braunshardt. Eine Garten- 
ruine. (Kunst unsrer Heimat, 2.) 

Gilow, H. Zur Ergänzung des in der April- 
nummer fehlenden Stückes des Bilderstreifens: 
„Unter den Linden“. (Mitt. f.d. Gesch. Berlins, 5.) 

Goecke, Th. Die Gartenkunst im Städtebau. 
(Gartenkunst, 6.) | 

Goecke, Th. Zur Stadterweiterung von Lands- 
hut. (Städtebau, 5.) 

Hammer, B. Über die Entwicklungsmöglic- 
keit ländlicher Gemeinden. (Städtebau, 6.) 
Hofmann, A. Zur Frage der zukünftigen Ge- 
staltung des Theaterplatzes in Dresden. 

(Deutsche Bauztg., 39.) 


Bibliographie 


701 


Krüpper, O. Der italienische und der deutsche 
Friedhof. (Städtebau, 6.) 

Lustgartens in Berlin, Zur Geschichte des. 
(Mitteil. f. d. Gesch. Berlins, 5.) 

Lux, J. Beiträge zur künstlerischen Garten- 
gestaltung. (Deutsche Bauztg., 37.) 

Makowsky. Die geschichtliche Entwicklung 
des Stadtplanes. (Städtebau, 6.) 


Otto, K. Garten-Fragen. (Innen-Dekor., Jun.) 


Petznick, W. Wettbewerb Stadtwald Essen. 
(Gartenkunst, 5.) 


Pirhan, E. Garten-Frühling. (Deutsche Kunst 
und Dekor., 9.) 


Pudor, H. Die Blumenkunst Japans. (Garten- 
kunst, 6.) e 


Sdineider, C. Landschaftliche Gartengestaltung. 
Deutsche Bauztg., 37.) 


Seed, F. Die Kunst der Friedhòfe. 
kunst, 16.) 


Weber, P. Der EinfluB der Renaiss. auf das 
Stadtbild Jenas. (Fol.) 32 S. mit 29 Abb. im 
Text. Jena, Frommansche Hofbchhdl., 1907. 

Wyspiański St. & Ekielski WI. Akropolis. 
Projekt zur Bebauung des Wawel. Krakau, 
1908. 8° 12 S. u. 1 Taf. 


Zeller, A. Erhaltung alter Städtebilder unter 
Berücksichtigung moderner Verkehrsforderun- 
gen. (Städtebau. 6.) 


(Werk- 


2. Neuere Baukunst. 
Architecture moderne. 


Behrendt, W. Backstein als Baumaterial. 
(Dekor. Kunst, 9.) 

Berlage, H. P. Grundlagen und Entwicklung 
der Architektur. Berlin, J. Bard. ca. 3.50. 
Leixner, O. v. Friedrich Ohmann. (Bau- 

meister, 8.) 
Nijhoff, J. K.P. C. de Bazel. (Onze Kunst, 6.) 


Riezler, W. Neue Arbeiten von Richard 
Riemerscimid. (Deutsche Kunst u. Dekor., 9.) 
Schultze, F. Neuere englische Landhäuser. 


(Zentralbl. d. Bauverwaltg., 33.) 
Sur, E Das Haus Molchow bei Altruppin. 
(Dekor. Kunst, 9.) 


Zysset, R. Ehrliche Baukunst. (Berner Rund- 
sdiau, 19.) 


3. Neuere Malerei. 
Peinture moderne. Modern Painting. 


Ambrosius. (Vara konstnärer hemma:) 1. Hos 
Nils Kreuger. 2. Hos Georg Pauli. (Vart 
Land. Stockholm, 19/4. u. 26/4.) 

Agresti, A. I prerafaellisti, contributo alla 
storia dell’ arte. 8° fig. p. 374 con sedici ta- 
De Torino, Societä tip. ed. nazionale 1908. 


— 
. e 


Kohl, Louis. Fra Foraarsudstillingerne. I. Danske 
Landskaber. II. Porträtter og Kompositioner. 
(Varden, Kopenhagen. Nr. 8/9.) 

Kruse, John. Carl Larssonutställningen i Na- 
tionalmuseum (Svenska Dagbl. Nr. 146.) 

Kruse, John. [Den frie Udstilling: Kòpenhamn] 
Hammershöjs vägg, Zahrtmanns Drottning 
Kristina och Rud. Tegners Vär-rengöring 
(Svenska Dagbl. Nr. 115.) 

Lewinson, A. Axel Gallen. Über d. Charakter 
seiner Kunst und seiner Werke. Petersburg 
1908 mit 25 Abb. R. 

Marius, G. Matthijs Maris. 
Holl., 5.) 

Norlind, Ernst. Axel Dörneman. (Dagens Nyhe- 
ter, Stockholm, 5/5. 08.) 

Schmalzigaug, J. L’Art contemporain. (Art 
Flam. et Holl., 5.) 

Segantini, Giovanni. Mit einem Geleitwort 
v. Wilh. Kotzde. Hrsg. v. der freien Lehrer- 
vereinigg. f. Kunstpflege. (39 S. m. Abbildgn. 
u. Bildnis.) 21,5><29 cm. Mainz, J. Scholz. 1.—. 

Stassoff, W. W. G. Timofeeff, Wijestnik 
Jewrspy, II 08.) 

Testard, M. Salvador Bartolozzi. 
cor. 116.) 

Volmar. Lorn i Paris. (Svenska Dagbl. Nr. 129.) 

W ahlin, Karl. Carl Larsson’s verkstad. En 
utställning i Nationalmuseum. (Stockholms 
Dagbl. 4/6.) 


zu 
. . 


(Art Flam. et 


(Art dé- 


3a. Deutschland. 
(Allemagne. Germany.) 


Aubert, A. August Heinrich. (Kunst und 
Kiinstler, 9.) 

Bierbaum, Otto Jul. Fritz v. Uhde. (IV, 65S. 
m. 3 Taf.) 8°. München, G. Müller. 08. 1.80. 


Board, H. Eduard von Gebhardt. (Kunst fir 
Alle, 19.) 

Burckhardt, Rud. Eduard v. Gebhardt. Ein 
Gedenkblatt zu seinem 70. Geburtstag am 
13. VI. 1908. Mit 9 z. TI. unveröffentl. Bil- 
dern. [Aus: „Monatschr. f. Gottesdienst und 
kirchl. Kunst“.] (13 S.) Lex. 8°. Göttingen, 
Vandenhoek & Ruprecht. 08. —.50. 

Donop, A. Lionel v. Der Landschaftsmaler 
Carl Blechen 1798—1840. Berlin, Fischer & 
Franke. Kart. ca. 5.—. 

Garten, Der stille. Deutsche Maler der ersten 
Hälfte des 19. Jahrh. Mit über 100 z. großen 
Teil ganzseit. Abbildgn. 21—40. Taus. (80 S. 
m. XVI u. X S. illustr. Text.) Lex.8°. Düssel- 
dorf, K. R. Langewiesche. 08. 1.80; geb. 3.—. 


Heidelbach, P. Georg Cornicelius, ein hessi- 
scher Maler. (Hessenland, 10.) 


Knorr, Th. Lothar von Seebach. (Rheinlande, 6.) 


Michel, W. Münchner Dekorations-Gemälde. 
(Deutsche Kunst und Dekor., 9.) 


Neuere 
Baukunst 


702 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Roessler, Arth., u. Gust. Pisko. Ferdinand 
Georg Waldmäller. Sein Leben, sein Werk 
und seine Schriften. 2 Bde. (228 S. m. 2 Bild- 
nissen u. 53 S. m. 2 Bildnissen u. 302 Taf.) 
30,5><30 cm. Wien, (K. Graeser & Co.) (08). 
Geb. in Leinw. 136.—. 


Rosenhagen, Hans. Fritz v. Uhde. Stuttgart, 
Deutsche Verlags-Anstalt. Geb. ca. 10.—. 
Uhde, Fritz v. Eine Kunstgabe für das deutsche 
Volk, m. e. Geleitwort v. Alex Troll. Hrsg. 
v. der freien Lehrervereinigg. f. Kunstpflege. 
= 3. m. Abbildgn.) Lex gu Mainz, J. Scholz. 


Uhde-Mappe. Hrsg. vom Kunstwart. (28 z. 
Teil farbige Tafeln mit 11 S. illustr. Text.) 
42,5x31,5 cm. München, G. D. W. Callwey. 
(08). In Mappe bar 10.—. 

Volbehr, Th. Arthur Kampf. (Westerm. Mo- 
natsh., 622.) 


W asielewski, Waldem. v. Artur Volkmann. 
Eine Einführung in sein Werk. (70 S. m. 26 
a Lex. 8. München, R. Piper & Co. 08. 

eb. 


3b. Frankreich. 
France. 


Bouyer, R. Les Salons de 1908. La Peinture. 
(Rev. de l'Art, Mai.) 

Briére, G. Reception de la Reine. Victoria 
au Tréport (1893), peinture d'Eugène Lami. 
(Bull. d. Musées de France, 3 

Cornu, B. Les esquisses de Gaston La Touche. 
(Art et Decor., 6 

Gsell, P. La Failleté des Salons de Peinture. 
(Revue, 11.) 

Meier-Gräfe, J. Renoir. 
20. Juni.) 

Muther, R. Die Kunst. Sammlung illustr. 
Monographien. Hrsg. v. Rich. Muther. kl. 8°. 
Berlin, Marquardt & Co. 48. Bd. Courbet 
Mit 16 Vollbildern in Tonätzg. (63 S.) 08. 
Kart. 1.50; geb. in Ldr. 3.—. 

Séché, L. Un paysagiste romantique: Paul 
Huet. (Rev. de Paris, 12.) 

Tugenhold, J. Die neusten Strömungen der 
französischen Malerei. (Sowremennyj Mir, 6.) 


„Volmar“: Pariser Salongen. (Svenska Dagbl. 
Nr. 106, 111 und 122) 


4. Neuere Plastik. 


Plastique moderne. 


Bardos, A., Ede Kallös. Müveszet, 2.) 

Goldschmidt, Ernst. F. W. Alexander +. Et 
Billedhuggerarbejde og dets Historie. (Poli- 
tiken, Kopenhagen, Nr. 153.) 

Heilmeyer, A. Die Wiedererneuerung d. Form 
in d. modernen Plastik durdı Adolf Hilde- 
brand. (Deutscie Wacht, 18.) 


(Zukunft, 13. und 


Lafenestre, G. Ernest Barrias 1841. — 1905. 
(Rev. de l'Art, Mai.) 

Marcel, H Artistes contemporains. Le statuaire 
Charles Lenoir. (Rev. de l'art anc. et mod. 133.) 

Michel, W. Neue Arbeiten von Johann Vier- 
thaler. (Dekor. Kunst, 9.) 

Riotor, L. Un statuaire: Joseph Bernard. 
(Art décor., 116.) 

Runeberg, Valter Magnus. [Finischer Bild- 
hauer.) (Hvar 8. Dag, Stockholm, Nr. 30.) 
„Spada“: Paul Troubetzkoy. (Stockholms Dag- 

blad, 7/6. 

Scheffler, K. Die Kunst. Sammlung illustr. 
Monographien. Hrsg. v. Ridı. Muther. (Neue 
Aufl.) kl. 8. Berlin, Marquardt & Co. Bd. 25 
u. 25a. Constantin Meunier. Mit 1 Heliograv. 
u. 24 Vollbildern in Tonätzg. 2. verm. Aufl. 
(6.9. Taus.) (96 S.) 08. Kart. 3.—; geb. 
in Ldr. 5.—. 


5. Neuere Graphik. 
Gravare moderne. Modern graphic arts. 
Baldry, A. Some etchings by Sir Charles 
Holroyd. (Studio, 183.) 
Levetus, A. An Australian Painter-etcher: 
Ludwig Michalek. (Studio, 183.) 
Marx, R. Peintres-Graveurs contemporains. 
— L.-A. Lepère. III. (Gaz. d. Beaux-Arts, Jun.) 


Müller, Sigurd. Raderinger og Sortkunst paa 
Charlottenborg-Udstillingen. (Berlingske Tid., 


Kopenhagen, Nr. 124. Aften-Udg.) 
Nygren, Adolf. Den grafiska konsten iSve- 
rige. Mit 15Abb. (Varia, Göteborg, Juni.) 


Pazaurek, Prof. Dr. Gust. E. Biedermeier- 
Wünsche. 50 Kleinfolio-Tafeln in Licht- u. 
Farbendr. nebst illustr. Text. (25 S.) 26,5>< 
34,5cm. Stuttgart, J. Hoffmann (08). In Leinw.- 
Mappe 40.—. 

— Künstlerische Besuchskarten. (Mitt. d. Kunst- 
gewerbever. Stuttgart, 2.) 


Richter, Ludw. Vater-Unser in Bildern. 20. Aufl. 
(8 BI. u. Titelbl.) 37x29 cm. Leipzig, A. Dürr 
(08). In Mappe 3.—. 

Sizeranne, R. de la. Les Salons de 1908 et 
la renaissance de l'estampe. [Rev. d. deux 
mondes, 2.) 

Wereschtschagin, W.A. Materialy sla biblio- 
grafji russkich illustrirowannych isdanij. (Ma- 
terial zur Bibliographie d. russischen illustrierten 
ae Heft 1 mit Abbild. Petersburg 1908. 

ub. 2.—. 


6. Kirchliche Kunst. 


L’art ecclesiastique. — Church art. 
Cloquet, L. Peintures religieuses modernes. 
(Rev. d. Art chret., 3.) 


— Retour a la tradition liturgique. 


(Rev. de 
l'Art chrét., 2.) 


Bibliographie 


705 


Hodistetter, F. Neue Los-von-Rom-Kircen 
in Osterreich. (Christl. Kunstbl., April.) 


Kimmel, K. Etwas über Lourdesgrotten. 
(Archiv f. christl. Kunst, 4.) 


Nithack-Stahn, W. Religion und Kunst. 
(Christl. Welt, 19.) 

Rickert, H. Die Pauluskirche in Darmstadt. 
(Christl. Kunstbl., April.) 


2 


UL Allgemeiner Teil. 


Partie générale. — General part. 


I. Portràt. 


Bezold, G. v. Beiträge zur Geschichte des 
Bildnisses. (Anz. d. German. Nation.-Mus., 
3—4.) 

Gottshewski, A. Zur Kunstgeschichte des 
Auslandes. Lex. 8°. Straßburg, J.H. E. Heitz. 
58. Heft. Über die Porträts der Caterina Sforza 
u. über den Bildhauer Vincenzo Onofri. Mit 
45 Abb. auf 18 Taf. (64S.) 08. 8.—. 

Gruncisen, W. de. I ritratti di papa Zacca- 
ria e di Teodoto primicerio nella chiesa di 
S. Maria Antiqua. (Archiv. R. Soc. Romana, 
3-4.) 

Hauser, Fr. The Heads of the „Scipio“ Type. 
(American Journ. of Archaeol., 

Hofmann, F. Bayreuther Fürstenbildnisse. 
(Archiv f. Altertumsk. Oberfranken, 3.) 


Kekule v. Stradonitz, Rhard. Die Bildnisse 
des Sokrates. [Aus: ,Abhandlgn. d. preuB. 
Akad. des Wiss.“] (58S. m. Abb.) Lex. 8°. 
Berlin (G. Reimer) 08. bar 4.—. 

Kemmeridı, Max. Die Porträts deutscher 
Kaiser u. Könige bis auf Rudolf v. Habsburg. 
(Aus: „Neues Archiv d. Gesellsch. f. alt. deut. 
| (S. 465—513.) 8°. Hannover, 
Hahn (08). 1.20. 

MacColl, D. Millais’s Portrait of Tennyson 
(Burlingt. Magaz. Jun.) 

Maindron (Maurice) et Leloir (Maurice) 
Dictionnaire du costume. 5 vols. in-4 rais. 
5000 grav, 300 pl. hors texte dont 200 en cou- 
leurs et 100 en camaieu. Paris, René Carême 
et Cie (1908). Le spécimen 1.20. 

Mode, Die. Menschen u. Moden im 19. Jahrh. 
nach Bildern u. Kupfern der Zeit. Ausgewählt 
v. Dr. Osk. Fischel. Text von Max v. Boehn. 
(1. Bd.) 1790—1847. (VII, 173 S. m. Abb. u. 
37 farb. Taf.) 8. München, F. Bruckmann 08. 
5.50; geb. 6.70. 

Sambon, A. Les Masques du Theätre popu- 
laire italien et latin. (Musée, 3—4.) 

Schulz, F. Ein Bildnis Georg Philipp Hars- 
dörfers von Georg Strauch. (Anz. d. German. 
Nat.-Mus., 3—4.) 


2. Ikonographie und Legende. 


Iconographie. — Iconographic. 


Burger, F. D. v. Hadeln, die wichtigsten Dar- 
stellungsformen des H. Sebastian in der ita- 
lienischen Malerei bis zum Ausgang des Qua- 
trocento. (Repert. f. Kunstw., 2.) 

Doering, O. Die Industrieschilderung in der 
modernen Kunst. (Hochland, 18. Juni.) 

Frizzoni, G. I soggetti mitologici in Cima da 
Conegliano a proposito di un nuovo acquisto 
del Museo Poldi Pezzoli. (Rassegna d’arte, 3.) 

Haendcke, B. Mensch und Landschaft in der 
bildenden Kunst. (Österreich. Rundsc. 5.) 


Lentrodt, W. Über den Christustypus. (Tag, 
28. Mai.) 

Muñoz, A. Ancora sui sarcofagi d'Asia Minore 
e sulla datazione del nimbo crocesegnato. (N. 
Boll. d. Archeol. crist., 4.) 

Pillion, L. La légende de S. Jacques le Majeur 
d’apres une peinture giottesque du Musée du 
Louvre. (Bull. d. Mus. de France., 2.) 

Sanoner, G. La vie de Jésus-Christ, racon- 
tée par les imagiers du moyen-âge sur les 
portes d'églises. [Forts.] (Rev. de l’art chrét., 
2, 3.) 

Theates, O. Le Lion. (Musée, 5.) 

Zoepf, L. Beiträge zur Kulturgeschichte des 
Mittelalters u. der Renaissance. Hrsg. v. Prof. 
D. W. Goetz. gr. 8°. Leipzig, B. G. Teubner. 
1. Heft. Das Heiligen-Leben im 10. Jahrh. 
(VI, 250 S.) 08. 8.—. 


3. Münzen und Medaillen. 


Namismatique. — Numismatics. 


Cunielli-Cunielli, A. La zecca di Alessan- 
dria. (Rivist. ital. numismat., 1—2.) 

Demel,B. Zur Geschichte d. Warschauer Münz- 
hofs 1820 — 1855. (WiadomoseiNumizmatyczno- 
Archeologiczne Nr. 70—71.) 

Desei, O. I. tremissi longobardi. (Rivist. ital. 
numismat., 1—2.) 

Eddé, J. Les figures de face sur les mon- 
naies antiques. (Rivist. ital. numismat. 1—2.) 

Giorcelli, G. Scudo d’oro di Federico il Gon- 
zaga. (Rivist. ital. numismat., 1—2.) 

Habich, G. Altes und Neues von der Kunst 
der deutschen Medaille. (Kunst u. Handwerk 8.) 

Haeberlein, E. J. Roms Eintritt in d. Welt- 
verkehr, nachgew. auf Grund s. Münzung. 
(Berliner Münzbl., 75—76.) 


Krauß, M. Moderne Medaillenkunst. (Leipz. 
Ill. Ztg., 3378.) 
Martinori, E. Zecca di Benevento. (Rivist. 


ital. numismat., 1—2.) 

Motta, E. Giacomo Jonghelink e Leone Leoni 
in Milano. (Nuovi documenti.] (Rivist. ital. 
numismat., 1—2.) 

46 


704 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Papadopoli-Aldobrandini, N. Monete ita- 
liane inedite. he Ben: Zecchinen] (Rivist. 
ital. numismat., 1—2.) 

Ricci, S L’arte nella medaglia moderna. (Ras- 
segne d'arte, 1 

Ricci, S. L’opera numismatica di Solone Am- 
brosoli. (Rivist. ital. numismat., 1—2.) 


Vitalini, O. Due aurei inediti della zecca di 
Bologna. (Rivist. ital. numismat., 1—2.) 


4. Kulturgeschichte. 
Histoire de la civilisation. 
History of civilisation. 


Beringer, J. Goethe und seine Beziehungen 
zur Kunst in Kurpfalz. (Korrespondzbl. d. 
Gesamtvereins, 5/6.) 


Burckhardt, Jak. Die Kultur der Renaissance 
in Italien. Ein Versuch. 10. Aufl. v. Ludw. 
Geiger. 2 Bde. (XXXII, 397 u. XI, 441 S.) 
gr. 8°. Leipzig, E. A. Seemann 08. 10.50; 
geb. in Leinw. 12.50; in Halbfrz. 14.50. 


Dewick, E. Consecration Crosses and the 
ritual connected with them. (Archaeol. Journ., 1.) 


Escherich, M. Zur Inschrift des ,Gothaer Lie- 
bespaares.“ (Repert. f. Kunstw., 2.) 


Fischel, Hartwig. Die Frau der Biedermeier- 
zeit u. ihre Kunst im Hause. (85S. m. 8 Voll- 
bildern.) kl. 8. Leipzig, F. Rothbart (08) 
Kart. 1.50; Geb. in Ldr. bar 2.50. 


Ghellink Vaernewyck, de. L'ordre de la 
Toison d’or et l’exposition de Bruges. (Bull. 
Acad. R. Archéol. Belgique., 5.) 


Grupp, Geo. Kulturgeschichte des Mittelalters. 
II. (SchluB-)Bd. 2. vollständig neue Bearbeitg. 
(VII, 549 S. m. 48 Abbildgn.) gr. 8°. Pader- 
born, F. Schöningh 08. 10—; geb. 11.40. 


Haendcke, Berth. Deutsche Kunst im täglichen 
Leben bis zum Schlusse des 18. Jahrh. Mit 
63 Abbildgn. im Text. (IV, 151 S.) 08. [Aus 
Natur u. Geisteswelt. Sammlung wissenschaft- 
lich-gemeinverständl. Darstellgn. 8°. Leipzig, 
B. G. Teubner. Jedes Bdcin. 1—; geb. in 
Leinw. 1.25.) 

Hasak, M. Karl der GroBe ist sitzend auf 
einer Art goldenem Thron begraben worden. 
(Ztschr. f. christl. Kunst., 3.) 


Jordan, R. Über Anrufe und Werkstättenge- 
gebräuche der deutschen Steinmetze. (Monats- 
bl. d. Altert.-Ver. Wien., 4 


Leben, Deutsches, der Vergangenheit in Bil- 
dern. Ein Atlas m. 1760 Nachbildgn. alter 
Kupfer- u. Holzschnitte aus dem 15—18. Jahrh. 
Mit Einführg. v. H. Kienzle. Hrsg. v. Eug. 
Diederichs. (Einbandzeichnung v. F. H. Ehmke.) 
2. Bd. (III u. S. 269—541.) 41><30 cm. Jena, 
E. Diederichs 08. 20— ; geb. 23.50, — dasselbe. 
15—18. Lfg. Ebd. Je 1.50. 


Ohnefalsch-Richter, M. Erhaltung antiker 
Sitten u. Gebräuche im heutigen Volksleben 
d. Cyprier. (Voss. Ztg., 29. Ill.) 


Rüttenauer, B. Feste der Renaissance. (Pro- 
pyläen, 8. IV.) 


Visted, Kristofer. Vor gamle bondekultur. 
Med ca. 100 Illustr., hoorav farvetryk og ton- 
tryk. H. 1. (S. i= 32). (27x19). Kristiania 
ui. Cappelen. 50 Ore. Erscheint in ca 10 

eiten. 


Widmer, Karl. Die Frau des Rokoko. (78 S. 
m. Vollbildern.) kl. 8°. Leipzig, F. Rotbart 
(08.) 1.50; geb. in Ldr. bar 2.50. 


5. Kunstgeschichte. — Sammelschriften. 
Histoire de l’art. Books about history of art. 


*Einzelforschungen üb. Kunst- u. Altertums- 
gegenstände zu Frankfurt a/M., hrsg. v. städt. 
historish. Museum. I. Bd. Frankfurt a/M., 
J. Baer & Co. ca. 12.—. 


Kallab, W. Quellenschriften f. Kunstgeschichte 
u. Kunsttechnik d. Mittelalters u. d. Neuzeit. 
Begriindet v. Rud. Eitelberger v. Edelberg. 
Nach d Tode Dr. Alb. ligs fortgesetzt v. Dr. 
Camillo List. Neue Folge. gr. 8° Wien, 
K. Graeser & Co. — Leipzig, B. G. Teubner. 
XV. Bd.: Vasaristudien. Mit ein. Lebensbilde 
d. Verf. aus dessen NachlaB hrsg. v. Jul. v. 
Schlosser. (XLII, 454 S.) 08. 15.—. 


Knapp, F. Vorlesungen z. Geschichte d. Kunst. 
r.8°. Berlin, Dr. F. Stoedtner. III. Bd. Knapp, 
rof. Dr. Fritz: Die Kunst in Italien. Eine 

Einführg. in das Wesen u. Werden der Re- 
naissance. (256 S. m. 221 Abbild. auf Taf.) 
08. Geb. in Leinw. 9.—. 


Kopera, F. Materialien z. Inventur d. Kunst- 
u. Kulturdenkmäler in Polen. (Wiadomosci 
Numizmatyczno-Archeologiczne. No. 70 u. 71.) 


Kunstblätter, Aachener. I. A. d. Museums-V. 
z. Aachen hrsg. v. Dr. H. Schweitzer. Heft 1. 
72 S. m. Textbl. u. Taf. Aachen, Aach. Verl.- 
u. Druck.-Gesellsch. 1906. 


Lessing, Thdr. Madonna Sixtina. Asthetische 
u. religiöse Studien. (91 S. m. 12 Abbildgn. 
u. 6 Farbendr.-Taf.) gr. 8°. Leipzig, E. A. 
Seemann. 08. Kart. 3.—- 


Mededeelingen, Oudheidkundige, van het 
Rijksmuseum van Oudheden te Leiden. Uitge- 
geven vanwege het Ministerie van binnen- 
landsche zaken. II. ['s-Gravenhage, Martinus 
Nijhoff.) 86° (235><15.) (Il, 152 biz., m. 
14 pltn.). f. 1.50. 

Nagler, G. K. Künstler - Lexikon. 


79.—82. Lfgn. Linz, Zentraldruckerei vorm. 
Mareis. Je nn 1.—. 


Register zum Jahrbuch 1856—1861 u. zu den 
Mitteilungen 1856—1902 der k. k. Zentral- 
Kommission f. Kunst- u. historische Denkmale. 
2. Heft. Verzeichnis der Orte (1. Hälfte). 
> 35— er .) 32><24,5 cm. Wien (A.Schroll & Co.), 

nn 


Rooses, M. Die Meister d. Malerei u. ihre 
Werke. 2. Lfg. Lpzg., W.Weicher. Je 1.— 


2. Aufl. 


Bibliographie 


705 


Springer,Ant. Handbuch der Kunstgeschichte. 
Lex. 8°. Leipzig, E. A. Seemann. Ill. Die 
Renaissance in Italien. 8. Aufl., bearb. v. Adf. 
Philippi. Mit 332 Abbildungen im Text und 
20 Farbendr.-Taf. (XII, 311 S.) 08. 7.—; geb. 
in Leinw. 8.—. 


*Vasari, M. Giorgio. Le vite de’ piu eccelenti 
pittori, sculturi e architettori. Hrsg. nach den 
Orig.-Ausg. v. 1550 u. 1568 u. m. krit. Appa- 
SE V. SS Frey. München, G. Miller. Subskr.- 

r. ca. 15.—. 


Wölfflin, H. Die klassishe Kunst. Eine 
Einführg. in die italien. Renaissance. Mit 
126 erläut. Abbildgn. 4. Aufl. (XII, 279 S.) 
Lex. 8°. München, F. Bruckmann. 08. 9.—; 
geb. in Leinw. 10.—. 


Wurzbach, A. v. Niederl. Künstler-Lexikon. 
15. Lfg. Wien, Halm & G. 4.—. 


. 6. Kunststätten. 
Topographie d’art. — Art topography. 


Chevassus, A. L’Art au Caucase. (Art de- 
cor. 


Chrzaszcz,J. Ein Ausflug nach Olmütz. (Ober- 
schles. Heimat, 2). 


Gutman, H. O kilku sprawach artystycznych 
Krakowa. (Über einige künstlerische Pro- 
bleme, Krakau betreffend). Krakau 1908. 
8°. 20S. —.80 h. 

Hausmann, S. Die ev. Stadtkirche in Freuden- 
stadt und ihre Kunstschätze. Freudenstadt, 
Schlaetz. Geb. ca. 3.—. 

Hinojosa, E. de. La iglesia y el castillo 
de Caspe. (Bol. R. Acad. Hist. Madrid, 5.) 


Kamenz, J. G. Siena. (Propyläen, 8. IV.) 

Kautzscd, Rud. Die Kunstdenkmäler in 
Wimpfen am Neckar. (VI, 115 S. m. Abbild., 
9 Tafeln und 2 Plänen.) 8°. Wimpfen '07. 
(Darmstadt, WilhelminenstraBe 3, Denkmal- 
ardıiv.) 1.20. 

Marten, M. L'Art populaire thèque. (Art dé- 
cor, 116.) 

Paris, P. Promenades archeologiques en Es- 
pagne. UL Osuna. (Bull. Hispan. de Bor- 
deaux, 2.) 

Szukiewiez, M. Kraköw i jego pamiatki. 
(Krakau und seine Denkmäler. Eine künst- 
lerishe Wanderung durch die Stadt). T. I. 
Die Mittelstadt. 8°. 27 S. T. II Wawel, das 
Schloß, d. Kathedrale. 8°, 26 S. Krakau 1908. 


Waal, Rekt. Ant. de. Roma Sacra. Die 
ewige Stadt in ihren christl. Denkmälern und 
Erinnerungen alter u. neuer Zeit. Mit 2 mehr- 
farb. Tafelbildern und 533 Abbildgn. im Text. 
(Volksausg.) (XIV, 736S.) gr Rn München, 
Allgemeine Verlags-Geselisch. (08). Kart. 9.— 

Wadowski, J. A. Koscioly lubelskie na 
podstawie zrödel arhiwalnyh. (D. Kirchen zu 
Lublin aufgrund archiv. Quellen.) Krakau 1908. 


Zubrzycki, J. S. Architektura placu Domini- 
kanskiego w Krakowie. (D. Architektur des 
Dominikanerplatzes in Krakau am Anfang des 
XIX. Jahrh. Krakau 1908. F°. 21 S. 3 Abb. 
und 1 Taf. Kr. 3.—. 


7. Kunstwissenschaft. 
Histoire de Part. -- History of art. 


Arne, T. J. Hans Hildebrand som förhistoriker. 
(Ord odı bild, Heft 4.) 


Biermann, Georg. Kunstgeschichte im Rahmen 
einer allgemeinen Geschichte der Menschheit. 
(Hamb. Fremdenbl., No. 147.) 


Dihm, L. Karl Schäfer +. (Zentralblatt der 
Bauverwaltung, 39.) 


E. A. B. Fredrik Robert Martin. [Orientfor- 
scher u. Verf. v. »a history of oriental carpets 
before 1800«]. (Hvar 8. Dag, Göteb., No. 36). 
Mit Portr. 


Jessen, P. Zur Erinnerung an Julius Lessing. 
(Jahrb. d. Kgl. Preuß. Kunsts., 3.) 


Kutscher, A. Einiges über Kritik als Wissen- 
schaft. (Spiegel, 1—2.) 

Luka, K. L'histoire de l'art dans l'enseigne- 
ment sécondaire. (Müvészet, 2.) 


Michaelis, Adf. Ein Jahrhundert kunstar- 
chäologischer Entdeckungen. 2. Aufl. Mit 
einem Bilde C. T. Newtons. (XI, 365 S.) gr. 
8°. Leipzig, E. A. Seemann, 08. Geb. in Lein- 
wand 7.—. 


Phillipps, March L. The function of mo- 
dern art criticism. (Contempor. Rev., Mai.) 


Roosval, J. Konstintryck fran Berlin. Seces- 
nen sioo Hugo von Tschudi. (Svenska 
Dagbl., No. 124 u. 135.) 

Scheibler, L. Nekrolog Karl Aldenhofens. 
(Repert. f. Kunstw., 2.) 


Schmitz, H. Julius Lessing [gest. 14. Marz 1908]. 
Deutsche Kunst u. Dekor., 9.) 


Schneider, G. Una dissertazione giovanile 
inedita di Giovanni Battista de Rossi. (N. Bull. 
d. Archeol. crist., 4.) 


Timofejew, G. W. W. Stassoff, sein Leben 
und seine Tätigkeit.) (Wjestnik Jewropy, 5.) 


8. Sammlungen. 
Sciences des collections. — Museams. 


Bassermann-Jordan, Ernst. Unveröffentlichte 
Gemälde alter Meister aus dem Besitze des 
bayerischen Staates. 2. Bd.: Die Gemälde- 
Galerien in d. Kgl. Schlössern zu Ansbach 
Bamberg u. Würzburg und die Gemälde aus 
bayer. Staatsbesitze in d. städtischen Galerie 
zu Bamberg. (42 Tafeln u. 8 Textbilder in 
Lichtdr., 14 S. 50x40, Bildgr. ca. 21x27.) 
Frankfurt a. M., H. Keller, 1908. In Mappe 50.—. 


Bericht über das Landesmuseum Rudolfinum in 
Laibach f. d. Jahr 1907, erstattet vom Museal- 


706 


Monatshefte für Kunstwissenscaft 


kustos Dr. Walt. Smid. Durch Munifizenz d. 
krain. Sparkasse m. Illustration. ausgestattet. 
Zeichnung. vom akad. Maler P. Zmitek. [Aus: 
»Carniola“.] (49 S. m. 4 [1 farb.) Taf. u. 4 BI. 
Erklärgn.) Lex. 8°. Laibach (I. v. Kleinmayr 
& F. Bamberg), 08. 1.50. 

Catalogus van het rijksmuseum van oudhe- 
den te Leiden. Afdeeling praehistorie en neder- 
landsche oudheden door dr. J. H. Holwerda 
In met medewerking van M. A. Evelein en 

. J. Krom. Uitgegeven vanwege het Ministerie 
van Binnenlandsche Zaken. Ts Gravenhage 
Martinus Nijhoff]. 8°. [19%x13°). (VII, 279 
blz.) f 1.50. 

Chabeuf, H. Une nouvelle salle au Musée de 
Dijon. (Bull. de Musées de France, 3.) 


Coulin, J. Das alte historische Museum in Bern. 
(Bern. Rundsch., Mai.) 

Desteve, T. Collection de M. Claudius Cote. 
(Arts, 77.) 

Führer durch die Staats-Sammlung vaterlän- 
discher Altertümer in Stuttgart. Hrsg. v. der 
Direktion. Mit einem Grundriß u. Taf. in 
Ton- u. Strichätzung. (XI, 136 S.) kl. 8°. 
EBlingen, P. Neff, 08. 1.20. 

Führer, offizieller, durch die große Kunstaus- 
stellung Dresden 1908. Sonderausstellung: 
Kunst u. Kultur unter den sächs. Kurfürsten. 
(80 S. mit einem GrundriB u. 8 Taf.) 8°. 
Dresden, W. Baensch (08). —.50. 


Gids voor rijksmuseum varı outheden te Lei- 
den. Leiden, S. C. varı Doesburgh. Gr. 8°. 
[25x17]. (VI. 26 biz., m. 10 afb.) f —.20. 

Katalog Muzeum Narodowego w Kra- 
kowie. (Katalog d. National-Museum zu Kra- 
kau). Krakau 1907. 8° 115 S. —.60 h. 


Korsc, E. Les dernières acquisitions du Mu- 
see Stschoukune à Moscou. (Staryje Gody, 


Mai.) 

Markovitch, M. La Collection Thibétaine de 
M. J. Bacot. (Chron. d. arts, 23 

Messerer. Das Berchtesgadener Schnitzer- 
Museum. (Deutsche Bauztg., 43.) 


Michon, E. La salle grecque du Musée du 
Louvre. (Bull. d. Musées de France, 3.) 


Napoli Museo Nazionale. Guida illustrata ap- 
provata dal Ministero della P. L., compilata 
da D. Bassi, E. Gabrici, L. Mariani, O. Marrucchi, 
G. Patroni, G. de Petra, A. Sogliano per cura 
di Ae Rueset. 4° fig. p. 500. Richter & Co. 

Réau, Ly L'Art allemand dans les musées 
francais. [fin.] (Bull. d. Musées d. France, 3). 

Sdur,E. Museum und Raumkunst. (Rhein- 
lande, 6.) 

Sebaldt, Otto. Dresdener Galerie-Führer. (In 
5 Heften.) 1. Heft. (79 S. m. 17 Taf.) 8°. 
Dresden, Kaden & Co. (08). bar —.75. 

Steenhoff, W. De Collectie. Six en de Aan- 


winst eruit door het Rijksmuseum. (Onze 
Kunst, 6.) 


Preisausschreiben zur 


Stasiak, L. u. Tetmajer, WI. 


Thétoulin, N. Une collection de dix an- 
nées. Catalogue raisonnée de la collection 
d'estampes appartenant a.. (in russ. Sprache). 
Petersburg 1908. 4°. 173S. m. 35 Taf. R.5.—. 


Tietze, H. Kunsttopographie, österreichische. 
Hrsg. v. d. k. k. Zentral-Kommission f. Kunst- 
u. histor. Denkmale unter d. Leitung ihres 
Präsident. Sr. Exz. Jos. Alex. Frhrn. v. Helfert. 
Red. v. Prof. Dr. Max Dvorak. 32><24,5 cm. 
Wien (A. Schroll & Co.). 1. Bd. Beiheft. D. 
Sammlungen d. Schlosses Grafenegg. 11 Taf., 
114 Abbildgn. i. Text. (V, 103 S.) 08. 9.60; 
für Abnehmer der Kunsttopographie 4.80. 


Voll, Karl. Führer durch die alte Pinakothek. 
(271 S. m. 16 Taf.) 8°. München, Süddeut. 
Monatshefte 08. 3.50; geb. in Leinw. bar 4.50. 

Vosz, G. Zur Eröffnung des Märkischen Mu- 
seums. (Berliner Tagebl., 27. Mai.) 


Willoughby, L. The Marquess of Camden's 
Collect. at Bayham Abbey (Connoisseur, Jun.) 


Wistrand, P. G. Nordiska museet. VI. u. 
VII. Allmogeafdelningen. (Svenska Dagbl., 
No. 106 u. 126). 


9. Denkmalspflege. 


Conservations des monuments. 
Culture of monuments. 


Carabellese, F.Il. restauro angivino dei castelli 
di Puglia. (Arte, 3). 

Cust, L. The new italian law „per le antichitä e 
le belle arti“. (Burlington Magaz. Juni.) 


Dethlefsen. Die Instandsetzung des Domes 
in Königsberg i. Pr. (Denkmalpfl., 7, 8.) 


Dihm, L. Die Türme der Klosterkirche in Neu- 
Ruppin. (Zentralbl. d. Bauverwaltg., 41.) 


Ebhardt, Bodo: DeutscheBurgen. 38,5><27,5 cm 
Berlin, E. Wasmuth. 1. Suppl.-Heft. Die 
Hohkönigsburg im Elsaß. Baugeschichtliche 
Untersuchg. u. Bericht üb. die Wiederherstellg. 
(52 S. m. Abbildgn. u. 6 [1 farb.) Taf.) ‘O8. 
Kart. 12,50; Einzelpr. 15— 


Groeschel, J. Ein bemerkenswerter Fall staat- 
licher Pflege privater Denkmäler in Italien. 
(Denkmalpfl., 7.) 


Petersen, A. Wiederhergestellte Wandmale- 
reien in der Kirche in Mandelsloh, Provinz 
Hannover. (Denkmalpfl., 8.) 


Rekonstruktion 
des Rathauses zu Lemberg. (Architekt, 
Februar-März.) 


Schulze, O. Heimatkunst und Denkmalpflege. 


(Deutsche Kunst u. Dekor., 9 


Odbudowa 
starego krakowskiego ratusza (D. Wieder- 
erbauung des alten Krakauer Rathauses.) 
Krakau 1908, 8° 36 S. —.70 h. 


Wagner, H. Baupolizei und Denkmalpflege. 


(Denkmalpfl., 7.) 


Bibliographie 


107 


10. Reproduktionen. 
Réproductions. — Reproductions. 


Album der königl. Gemälde-Galerie, Dresden. 
Werke alter Meister. 30 Reproduktionen nach 
Originalen der königl. Gemälde-Galerie, Dres- 
den. (30S.) 34><26.5 cm. Dresden, E Beutels- 
pacher & Co. 08. Geb. bar 1.50. 


Arte (L’) classica in Italia. Particolari di archi- 
tettura e lavori d'arte industriale di tutte le 
epoche, raccolti in ordine alfabetico di città. 
Vol. I. Amalfi, Anagni, Ancona, Aosta, Arezzo, 
Ascoli Piceno, Assisi, Asti. 117 tav. 17x24. 
Torino, C. Crudo e C. L. 9.—. 


Chefs-d'œuvre de la peinture (Les) choisis 
par Max Rooses (1400 à 1800) 12 fasc. ill. 
photograph. Paris, E.Flammarion. je —.75. 


Dorez, Léon. Les manuscrits 4 peintures de 
la bibliothèque de Lord Leicester à Holkham 
Hall, Norfolk. Choix de miniatures et de re- 
liures publié sous les auspices de l'académie 
des inscriptions et belles-lettres et de la So- 
ciété des Bibliophiles français. 60 pl. hélio- 
grav. et phototyp. donnant 80 reprod. in-f° 
cart. spec. Paris, Ernest Leroux. 100.—. 


Friedlander, Max J.(Matthias). Grünewalds 
Isenheimer Altar. (7 [6 farb.) Taf. m. 10 S. Text.) 
14.5x61 cm. München, F. Bruckmann, 08. In 
Halbleinw.-Mappe 120.—. 


Galerien, Die, Europas. N.F. 2—8. Heft. Lpzg., 
E.A. Seemann. Je 2.—. 


Garten, Der stille. Deutsche Maler der ersten 
Hälfte des 19. Jahrh. Mit üb. 100 zum großen 
Teil ganzseit. Abbildgn. 1. bis 20. Taus. (80S. 
m. XVI u. XS. illustr. Text.) Lex. 8°. Düssel- 
dorf, K.R. Langewiesche, 08. 1.80. 


Gemälde-Galerie im Museum des Prado zu 


Madrid. 6.Lfg. Münch., Hanfstaengl. 50.—. 
Goya, Nouveaux caprices de. 38 compos. réprod. 


en f-sim. p. l'héliotypie. Introduction de Paul 
Lafond. Tiré a 600 ex. num. Paris, A. La- 
hure [1908]. 40.—. 

Handzeichnungen alter Meister a. d. Alber- 
d 12. Bd. 7. u. 8. Lfg. Wien, F. Schenk. 
e 3.—. 

Kloeppel. O. Fridericianisches Barock. Fiirst- 
lie, kirchl. u. bürgerl. Baukunst vom Ende 
des 17. bis zum Ausgang d. 18. Jahrh. 80 Natur- 
aufnahmen in Lichtdr. nebst 6S. einleit. Text. 
(80 Taf. u. XI S. Text m. 3 Abbildgn.) 37><26cm. 
Leipzig, Baumgärtner ('08). In Mappe 30.—. 

Maler, berühmte. 1.—10.Heft. (Je8Taf.) Lex.8°. 
Leipzig, W. Weicher (08). Jedes Heft 1.50. 
1. Creuze. — 2. Watteau. — A Fragonard. — 
4. Boucher. — 5. Gainsborough. — 6. Mem- 
ling. — 7. Israöls. — 8. Ostade. — 9. Steen. 
— 10. Ruysdael. 

Malerei, deut., d. 19. Jahrh. 3.—8. Heft. Lpzg. 
E.A.Seemann. Je 2.—. 


Meister d. Farbe. 5. Jahrg. 4.—6. Heft. Lpzg., 
E. A. Seemann. Je 2.—. 


Meisterwerke (Die) der Baukunst in Portugal. 
Nach photogr. Aufnahmen herausgegeben von 
F. W. Feilchenfeld. I. Das Kloster „Dos Jero- 
nymos“ zu Belem. 30 Tafeln in Lichtdruck 
(Blattgr. 43x31, mit 4BI. Titel, Vorw. u. In- 
halt). Wien, C.W.Stern 08. 25.—. 


Memling, Hans. Les tableaux au musée de 
. l'hòpital St. Jean à Bruges. 20 reproductions 
d'après les originaux. (22S.) gr. 8°. München, 
F. Hanfstaengl ('08). 4.—. 


Milde-Album, herausgegeben von Prof. W.L. 
von Lütgendorff. 31 Abbildungen u. 25 Seiten 
Text. Druck und Verlag von Gebr. Bochers, 
G.m.b.H., Lübeck. 


Museum, Das. 11.Jahrg. 6. u. 7.Lfg. Stuttg., 
Spemann. Je 1.—. 

Pawlowsky, A.A. Atlas po istorji drewniaho 
iskustwa. [Atlas zur Geschichte der antiken 
Kunst.] Odessa 1907. 50 Taf. m. 642 Abb. 
Rub. 3.50. 


Sarto, Andrea del. 
W.Weicher. ca. —.80. 

Sztuka polska (Polnische Malerei in farbigen 
Reproduktionen.) Heft 1: H. Rodakowski, J. 
Matejks, J. Chelmonski u. St. Wyspianski. Lem- 
berg 1908. 4°. 4S. u. 4Taf. K. 

— Heft 2: J. Kossak, WI. Podkowinski, J. Mal- 
czewski u. F. Ruszczyc. Lemberg 1908. 4°. 4S. 
u. 4Taf. K. 1.—. 

Uhde, Fritz v. Farbige Reproduktionen nach 
Werken des Meisters. (6 Taf. m. 1 BI. Text.) 
34x26,5 cm. Leipzig, E. A. Seemann ('08). In 
Mappe 2.--. 

WeicersKunstbücher. 16°. Leipzig, W. Weicher. 
Jede Nr. —.80; Liebhaberausg. bar 2.—. 14. 
Veronese, Meisterbilder. Eine Auswahl von 
60 Reproduktionen nach Orig. - Aufnahmen. 
(67S.) '08. 15. Raeburn, Meisterbilder. Eine 
Auswahl von 60 Reproduktionen nach T. & R. 
Annan & Sons. Orig.-Aufnahmen. (65S.) '08. 

Zeichnungen alter Meister im Kupferstich- 


Meisterbilder. Leipzig, 


— 
D 


kabinett der k. Museen zu Berlin. 23. Lfg. 
Berl., G.Grote. 15.—. 
Il. Kultur. 
Culture. 
Basler, J. Die heutige kiinstlerische Kultur in 
Frankreich. (Sfinks IV.) 
Biermann, Georg. Kultur der Kleidung. 


Leipz. Tgbl. Nr. 182. 

Kalkschmidt, E. Die neue Baugesinnung. 
(Grenzboten, 15, 16.) 

Kisa, A. Die Altertumsfexerei. (Rheinlande, 5.) 

Knapp, O. Das Volk in den Tempeln der 
Kunst. (Augsb. Abendzta., 7. V.) 

Lux, J}. Der Kaufmann und das Kunstgewerbe. 
(Gegenwart, 18.) 

— Die öffentlichen Bauten und die Kunst. (Miinch. 
Allg. Ztg. 23. Mai.) 


708 


Naumann, Fr. Die Kunst im Zeitalter der 
Maschine. (Umschlagzeichnung v. Adf. Am- 
berg.) (4.—8. Taus.) (36 S.) kl. 8°. Berlin- 
Schöneberg, Verlag der „Hilfe“, 08. —.50 

Pudor, H. Erziehung zum Kunstgewerbe. VI. 
u. 126 S., 24 Taf. 4°. Berlin-Steglitz, 1906. 
Verlag H. Pudor. 


Reich, J. Kunst und Auge. (Osterreich. Rund- 
schau, 5. 
Scheffler, Karl. Die Frau u. die Kunst. Eine 


Studie. 
(117S.) 8°. 
bar 5.—. 


(Titelzeichnung von Walt. Tiemann.) 
Berlin, J. Bard ('08). 3.50; geb. 


Schur, E. Schaufenster. Werkbl., 12.) 


Seek, O. Schönheit und Zweckmäßigkeit. 
(Deutsch. Rundsch. Jun.) 

Filipowicz, T. Sztuka i Autonomja. (Kunst 
und Autonomie. (Warschau 08. 8°. 68 S. 
75 Kop. 


12. Kunstfragen. 
De l’art. — Problems of art. 


Eisler, ML Valeur et ligne. (Müvészet, 2.) 
Engelbrecht, K. Der Künstler und seine Zeit. 
(Tag, 26. III.) 

Feldegg, F.v. Über innere Grundlagen mo- 
derner Architekturauffassung (Architekt, 6.) 
Kanold, P. Uber die Farbe in der Architektur. 

(Zentralbl. d. Bauverwaltg., 35, 36.) 


Oettingen, W. v. Krieg und Kunst. (Tag, 
5.IV.) 

Orschanski, J. Chudoshestwennoje twort- 
schestwo. (Kiinstlerisches Schaffen.) Moskau, 
1908. 


Sch, O. Unsere Kunst, die Kunst unserer Zeit. 
(Deutsche Kunst u. Denkm., 8.) 

Schmitz, O. Künstler und Kunstvernünftler. 
(Österreich. Rundsch., 2.) 

Sduitze, K. ,Germanishe Formlosigkeit.“ 
(Kunstwart, 12.) 

Slott-Möller, Harald (Maler). Kunst og 
Frihed [gegen die L’art pour les artistes-Kritik 
von a Thiis]. (Politiken, Kopenhagen, Nr. 137 
u. 138.) 

Wenzel-Elstschard, O. Wie Michelangelo 
arbeitete. (Frühling, 30. Mai) 

Wert des National-Germanismen in der 
Baukunst (Deutsche Bauztg., 22.) 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Kunst und Künstler in 
(XI, 199 S.) 


Straßburg, 


Wolf, Geo. Jac. 
München. Studien und Essays. 
08. 4.—. 

— Über Kunst der Neuzeit. 8°. 
J. H. Heitz. 12. Heft. 


13. Ausstellungen. 
Expositions. 


Abeking, H. Die 15. Ausstellung der Berliner 
Sezession. (Gegenwart, 20.) 


Beaunier, A. Les Salons de 1908. II. 
d. Beaux-Arts, Juni.) 


Bruel, F. L’Exposition de dessins et d’eaux- 
fortes de Rembrandt a la Bibliotheque na- 
tionale. (Gaz. d Beaux-Arts, Juni.) 


Katalog, offizieller, der Sommerausstellung der 
Münchener Sezession 1908. München, F. Bruck- 
mann. Textausgabe ca. 1.30; illustr. Ausgabe 
ca. 2.60. 

Katalog der Ausstellung Dresdner Maler und 
Zeichner 1800—1850. Veranstaltet vom sächs. 
Kunstverein zu Dresden Mitte April bis Ende 
Mai 1908 Brühlsche Terrasse. (56 S.) kl. 8. 
Dresden (C. Heinrich) (08). bar —.80. 


Katalog der Silhouetten-Ausstellung im Kunst- 
salon Heller Wien, 1. Bezirk, Bauernmarkt 3. 
(36 S. m. Abbildgn.) 11><11 cm. Wien, H 
Heller & Co. (08). —.50. 


Mathey, P. L’exposition d'Oeuvres de Rem- 
brandt à la Bibliotheque Nationale. (Art et 
Décor., 6.) 

Ostini, F. v. Die Frühjahrsausstellung der 
Münchener Sezession. (Kunst f. Alle, 15.) 


Rimmele, F. Württembergische Bauausstellung 
1908 in Stuttgart. (Zentralbl. d. Bauverwal- 
tung, 43.) 

Romdahl, A. L. Skänska konstnärslagets ut- 
ställning i Göteborg. (Svenska Dagbl. Nr. 145.) 

Scheffler, K. Berliner Sezession (Kunst und 
Künstler, 9.) 

Schmidt, K. E. Der Salon der Pariser Société 
Nationale. (Kunstchron. 28.) 

Schmitz, H Die Ausstellung für Grabstein- 
kunst im Kunstgewerbemuseum zu Berlin. 
(Werkkunst, 19.) 

Schölermann, W. Die Hessische Ausstellung 
für Kunst und Kunstgewerbe in Darmstadt 
1908. (Kunstdhron., 28.) 

Sciur, E. Die Berliner Sezession. 
laude, 6.) 


(Gaz. 


(Rhein- 


ORGAN FÜR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT [N 
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER. 


EINE STUDIE ZUM GEMALDE „DER 
ÜBERFLUSS“ VON JACOB JORDAENS 
IM KGL. MUSEUM IN KOPENHAGEN 


Von Kurt Erasmus. 


Auf der großen Handzeichnungenauktion bei 
Fred. Muller in Amsterdam am 16.—18. Juni 
1908 kam auch ein Aquarell (Kat. No. 311, hoch 
31 cm, breit 43,5 cm) von Jacob Jordaens zur 
Versteigerung. Die Bemerkung des Kataloges, 
die Zeichnung habe eine bildartige Wirkung, ist 
völlig gerechtfertigt und leicht erklärlih; denn 
wir haben es hier mit einer sehr genauen Vor- 
studie zum Gemälde „Der UberfluB“ in der 
Kgl. Galerie in Kopenhagen (Kat. 1904, No. 167) 
zu tun. 


Die Echtheit dieses Blattes ist über allen 
Zweifeln erhaben. Man braucht nur dieZeichnung 
von Jordaens’ „Diana im Bade“ in der Albertina 
in Wien zum Vergleich heranzuziehen, die in 
der Ausführung ihr sehr nahe kommt. Es ist 
keine Nachzeichnung, was stets zu erwägen ist, 
wenn eine Zeichnung mit einem Gemälde ziemlich 
genau übereinstimmt, sondern eine für Jordaens 
sehr charakteristische Vorstudie, was aus der 
folgenden Vergleichung hervorgehen wird. 

Fassen wir die Unterschiede in derKomposition 
zwischen der Studie und dem ausgeführten Gemäl- 
de (Abb. im Galeriekataloge) ins Auge, so fallt uns 
am meisten auf, daB die Figurengruppe zu einer 
viel geschlosseneren Einheit zusammengefaßt 
ist. Dies wird bereits rein äußerlich durch das 
mehr in die Höhe gehende Format angedeutet. 


JACOB JORDAENS: Aquarellstudie zu seinem Gemälde „Der OberfluB“ in der Königl. 


Galerie in Kopenhagen 


O 


710 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Die Gruppe in der Mitte ist seitlich mehr zu- 
sammengedrängt, und der Herkules rechts und 
der junge Satyr links sind näher an sie heran- 
gerükt. Diese Geschlossenheit wird dadurch 
noch günstig unterstützt, daß der kleine Baum 
links neben dem Satyrknaben weiter in den 
Hintergrund geschoben ist, wodurch links da- 
neben noch der Himmel sichtbar wird, und daß 
die untere Begrenzungslinie viel näher an der 
Figurengruppe entlang läuft. Von einzelnen 
Verschiedenheiten wäre besonders die hockende 
Frau links zu erwähnen. Ihr linkes Knie, das 
auf dem Aquarell nicht allein stark zurücktritt, 
sondern auch von einem Gewandstück ver- 
deckt ist, ist auf dem Gemälde ganz zu sehen. 
Das Gewand ist fortgelassen, und das Knie be- 
rührt sih eng mit dem Körper der mittleren 
Frau. Ferner ist der Zwischenraum zwischen 
dem Baumstamme links und dem daneben her- 
vorschauenden Satyrkopfe verschwunden. Dies 
alles zielt darauf ab, die Komposition auf dem 
Gemälde möglichst geschlossen werden zu lassen. 

Das ist aber eine für Jordaens sehr charakteri- 
stische Abänderung in der Komposition der Vor- 
zeichnung gegenüber der auf dem ausgeführten 
Gemälde, wie sie in analogen Fällen!) im Oeuvre 
des Künstlers mehrfach zu beobachten ist. 

Für die Entstehungszeit des Aquarelles er- 
wähne ich, daB das Kopenhagener Bild 1649 
datiert ist, somit wäre wohl auch die Studie 
ungefähr in diese Zeit zu setzen. 


2 


EINIGES VOM 
LONDONER KUNSTHANDEL. 


Der Kunsthändler muß sich nach seinen Käufern 
richten. Schon äußerlich kann man das in London 
bestätigt finden. Der Londoner Kunstfreund ist 
seit jeher gewöhnt, Kunst in Bond Street, in 
Piccadilly, in King Street und der Mall sowie 
den dazwischen liegenden StraBen zu suchen; 
so müssen sich dort und nirgends anders die 
Kunsthändler und Kunstsalons ansiedeln. Und 
so ist's mit dem Geschmack auch. Zu Experi- 


') Der Überfluß im Kgl. Museum in Brüssel, Kat. 1906 
No. 235. Die Vorzeichnung befindet sich in der 
Sammlung Heseltine in London. 

Der Bauer und der Satyr im Kgl. Museum in Brüssel, 
Kat. 1906 No. 238. Die Vorzeidinung befindet sich 
ih der Sammlung Faiıfax-Murray in London. 

Kreuzesabnahme Christi in der Sanımlung „La direction 
des hospices“ in Antwerpen. Die Vorzeichnung be- 
findet sidi in der Sammlung J. Rump in Kopenhagen. 

Anbetung der Könige in der St. Niklaas-Kirche in 
Diksmuide. Die Vorzeicinung befindet sidi im 
Museum Plantin-Moretus in Antwerpen, 

Alle diese 8 Werke sind im Album der Jordaens- 

Ausstellung in Antwerpen 1905 abgebildet. 


menten, zum Dirigieren des Öffentlichen Ge- 
schmackes ist der englische Kunsthändler nicht 
geneigt, eignet doch auch ihm der konservative 
Geist seiner Nation, und auBerdem hat er es 
meist mit Sammlern von feststehendem Ge- 
shma zu tun, die nach dem suchen, was ihnen 
gefällt, nicht sich neues aufreden lassen wollen. 
So ist's mit dem Kreiren von Künstlergrößen, 
wie es in Paris der Fall sein soll, hier nichts, 
man sähe das wohl auch nicht für „fair“ an; 
und der englische Kunsthandel hält im allge- 
meinen sehr viel auf Solidität. Als kürzlich bei 
Christies F. Walkers Bilder scheinbar plötzlich 
hoch im Preise stiegen, war das nur ein Zeichen 
dafür, daB man die Anziehungskraft dieses so 
echt englischen, feinsinnigen, wenn auch eigent- 
lih nicht sehr originellen und selbständigen 
Meisters auf das heutige Kunst-Publikum er- 
kannt hatte. Alte englishe Kunst, Italiener 
natürlich, dann aber auch die Barbizonmeister 
und die neueren Holländer, sind jetzt am meisten 
geschätzt. Sie findet man daher auch in den 
meisten Salons vertreten. Viele Händler pflegen 
daneben eine besondere Spezialität, die ihrer 
Firma einen bestimmten Namen gemacht hat. 
So ist die Kunsthandlung der Messrs. Agnew & 
Sons z.B. die englische Aquarellfirma kat exochen. 
Neuere deutsche Kunst wird man vergebens in 
London suchen; nicht in den Salons und auch 
nicht bei Christies ist sie zu finden. Vor einigen 
Jahren versuchte die Münchner Firma Heinemann 
in löblichem Eifer dies zu ändern, vorläufig noch 
ohne Erfolg. Alte deutsche Kunst dagegen 
kann man bei Gutekunst & Obach finden, die oft 
feine Dürerblätter ausbieten. Spanische Kunst 
war, abgesehen von den paar Weltnamen Ve- 
lasquez, Murillo und neuerdings Goya, sowie 
einigen Modernen, die hier dann und wann 
ausstellen, eine völlige terra incognita, wie zum 
Teil wenigstens anderswo auch. Die Sackville 
Gallery nun, 28 Sackville Street, Piccadilly, hat 
in letzter Zeit eine Reihe wertvoller alter Werke 
aus Spanien erworben und scheint zu versuchen, 
die altspanische Kunst als ihre Spezialität hier 
einzuführen, ein schwieriges aber erfreuliches 
Unternehmen. Aus ihren Schätzen bringen wir 
heute zwei Bilder spanischer Herkunft und dazu 
noch einige Stücke von besonderem künstle- 
rischen Reiz und auch kunsthistorishem Inter- 
esse, die sidı gerade in ihrer gegenwärtigen 
Ausstellung befinden. — Eine kurze Aufzählung 
der wichtigsten Londoner Kunstsalons und 
-händler mit ihren Spezialgebieten dürfte für 
manche Leser vielleiht von Wert sein; es 
können aber hier nur einige gegeben werden: 

Agnew & Sons, 43 Old Bond Street: alt- 
englische Aquarelle; Porträts und Landschaften 


711 


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Der Kunstsammler 


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Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


DIERCK BOUTS. Porträtstück. 


von Reynolds, Gainsborough, Romney, Hoppner, 
Lawrence, Raeburn, Constable usw. Herbstaus- 
stellung: alte Meister, vor allem englische. Früh- 
jahrsausstellung: englische Aquarelle. 

Carfax Gallery, 24 Bury Street, St. James's. 
Seltene Stücke alter Meister; moderne englische 
Meister von besonderer Originalität. Monatlich 
wechselnde Ausstellungen. (Spezialität: William 
Blake). 

Colnaghi & Co., 13/14 Pall Mall East: alt- 
englishe Meister, ebenso italienische, hollän- 
dishe usw. (Goya). (Spezialität: Handzeich- 
nungen, Gravierungen usw. alter Meister, be- 
sonders englischer). 

Connel & Sons: 47 Old Bond Street; Spe- 
zialität: Aquarelle und Schwarz-Weißblätter von 
modernen Künstlern: Cameron, Whistler, C.W. 
Bartlett, Synge usw. 

Doré Gallery, 35 New Bond Street: stets 
wechselnde Ausstellungen der verschiedensten 
Künstler. Permanentausstellung der Werke Dores. 


Dowdeswell Galleries: 160 New Bond 
Street: Alte Meister verschiedener Schulen. 

Durlacher Bros., 142 New Bond Street: 
Alte Meister. 

Duveen Brothers, Old Bond Street: Diese 
Firma kaufte im vergangenen Jahre die Rodolphe 
Kann-Sammlung in Paris um 1 Million Pfund 
an. Im übrigen besteht ihre Spezialität in sel- 
tensten Stücken altchinesischen Porzellans. 

Fine Act Society, 148 New Bond Street: 
Wechselnde Ausstellungen moderner Künstler 
(Frank Brangwyn usw.). 

Gooden & Fox, 57 Pall Mall: Englische 
Meister. 

Goupil Gallery (William Marchant & Co.), 
5 Regent Street: Wechselnde Ausstellung ver- 
schiedener Meister. Spezialität: „Meister, die 
den ‚Romanticists’ nahe stehen“. 

Gutekunst, 16King Street: Schwarz-WeiB- 
blätter: Dürer, Rembrandt usw. Auch moderne 
Meister: Legros, Whistler. 


Der Kunstsammler 713 


Leggat Brothers, 30 St. 
James's Street: Frühe englische 
und niederländische Meister. 


Leicester Galleries, Lei- 
cester Square: Ausstellungen mo- 
derner Künstler. 

Lewis & Simmons, 75 
Knightsbridge: Alte Meister (diese 
Händler erstanden kürzlich den 
schnell berühmt gewordenen Rem- 
brandt (jetzt in Berlin) um eine 
verhältnismäßig geringe Summe). 


Maclean, 7 Haymarket (jetzt 
in den Händen des Mr. Cremetti): 
Neuere Niederländer. 

Mendoza Gallery, 157ANew 
Bond Street: Englische Meister. 
Spezialität: Radierungen usw. 


Netherland Gallery, 1la 
King Street: Alte niederländische 
und auch englische Meister. 

Obadı & Co., 168 New Bond 
Street; Spezialität: Schwarz-Weiß- 
blätter von Dürer, Rembrandt, den 
Kleinmeistern, sowie Drucke nach 
berühmten Meistern und Werken 
aller Schulen ; Bronzen.Wediselnde 
Ausstellungen. 

Palser & Son, 9 King Street, 
Covent Garden: Alte englische 
Meister. 

Wm. B. Paterson, 5 Old 
Bond Street: Alte Meister der 
englischen, niederländischen, fran- 
zösischen und italienischen Schulen. 


Sabin, Frank T., 118 Shaftes- 
bury Avenue: Seltene alte Stiche, 
Handzeichnungen, Miniaturen usw. 


Sackville Gallery, 28 Sack- 
ville Street: Alte Meister verschie- 
dener Schulen: englisch, deutsch, 
vlämisch, niederländisch, spanisch. 

Shepherd Bros. 27 King 
Street; Spezialität: Altenglische 
Meister, häufig Werke der so- 
genannten Norwich School (Crome, 
Starck usw.). Je eine Frühjahrs- 
(Ende März — Ende Juli) und 
eine Winterausstellung (Ende Ok- 
tober — Ende Januar). 

Sulley & Co., 159 New Bond 
Street: Altenglische Meister usw. 

Wallis & Son (The French 
Gallery), 120 Pall Mall: Barbizon- JAN VAN CONINXLOO (1489—1500) 
meister usw. Palastinterieur mit vielen Figuren © 


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714 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Asher Wertheimer, 158 New Bond Street: 
Altenglische Meister usw. 

Die folgenden fünf Bilder sind die oben er- 
wähnten Werke aus der Sackville Gallery: 

Schule vonCastilien. ,Die Kreuzigung mit 
Jungfrau und dem Jünger Johannes.“ Erste Hälfte 
des XV. Jhd. mit deutlihem vlämischem EinfluB. 
Das Kreuz steht in einem Zypressenhain, während 
den Hintergrund die catalanische Stadt Lerida mit 
ihren Wällen, Häusern und Kirchen einnimmt, von 
denen noch jetzt Teile vorhanden sind. Dieses 
Bild zeichnet sich durch eine überaus harmo- 
nische und warme Farbengebung aus. Der Typus 


MABUSE „Eccehomo“ 


des Gekreuzigten ist ein sehr ungewöhnlicher. 


mit hellem Haar und Bart. Die Jungfrau trägt 
dunkelbraunen Mantel über rotem Kleide, und 
Johannes umflieBt in losen Falten eine rote 
Draperie über einem grünlichen Gewande. 
Auf dem tiefdunkelblauen Himmel sind die 
Wolken in der Art jener Periode als ein kon- 
ventionelles Muster angedeutet. Das Bild ist 
auf Holz ge:nalt, 1.05m hoch und 1.02 m lang. 
In Technik wie Durchfühlung ist es ein künst- 
lerisch hervorragendes Stück. 

Schule von Catalonien. „Die Kreuzigung 
mit Jungfrau und dem Jünger Johannes.“ Dieses 
Bild ist zirka 50 Jahre später gemalt als das 
castilishe. Die Farbengebung ist düsterer, 
der ganze Charakter strenger. Die Szene ist in 


eine typische Berggegend Nordostspaniens ge- 
legt. Ein dekoratives Ornament in Gold auf 
rotem Grunde schließt oben den Himmel ab. 
Die Maße der Holztafel sind fast die gleichen 
wie die des castilischen Bildes. 

Dieri Bouts. „Porträt eines Mannes und 
seiner Frau.“ Dieses Bild dürfte in Louvain um 
die gleiche Zeit gemalt worden sein wie die 
zwei wohlbekannten groBen Bilder Bouts’ im 
Brüsseler Museum „La Sentence Inique de 
l'Empereur Othon“. Die groBen Figuren in 
diesen Bildern weisen nämlich eine auffallende 
Ahnlichkeit mit dem hier gegebenen Bilde auf, 
besonders in der Zeichnung und Haltung der 
Hände. Der Mann trägt einen blauen Rock und 
eine große rote Mütze, seine Frau ein rotes 
Kleid und eine groBe weiße Mütze. Größe der 
Tafel: 50 cm hoch, 65 cm lang. 

Jan de Mabuse. „Ecce Homo“, gezeichnet: 
„Joannes Malbodius 1527“. Es behandelt ein 
von Mabuse öfters dargestelltes Thema. Ein 
ähnliches, aber in der Ausführung geringeres 
Exemplar befindet sich im Antwerpener Museum 
in der Van ErtbornKollektion (Nr.181). Größe des 
sehr sorgfältig durchgeführten Bildes: 22!/, cm 
hoch, 17 cm lang. | 

Jan van Coninxloo (1489-15. .). ,Palast- 
inneres mit zahlreihen Figuren.“ Die zwei 
Tafeln gehörten einst offenbar zu einem größeren 
Werke, einem Triptychon oder Polyptychon, das 
einen historischen Vorgang darstellte, der jetzt 
kaum mehr festzustellen ist. Die Zeichnung der 
Figuren ist sehr sorgfältig, und die Details sind 
aufs feinste herausgearbeitet; die Farbengebung 
ist glanzvoll. Die kleinen Landschaften oben 
auf den zwei Tafeln sind mit großem Feingefühl 
und einem Verständnis für atmosphärische Er- 
scheinungen gemalt. Jede der zwei Tafeln ist 
95cm hoch und 21'/,cm lang. F. 


2 


DER KUNSTMARKT 
BERLIN 


Auf die bevorstehende Versteigerung einer 
groBen Anzahl hervorragender Handzeichnungen 
und Aquarelle bei Amsler & Ruthardt wurde 
bereits im 5. Hefte hingewiesen; die Auktion 
fand vom 25. bis 27. Mai statt und bereitete 
hier und dort einige Überraschungen, indem 
manche vielversprechende Blätter nicht sonder- 
lich begehrt waren, wie die Bürgerfamilie Els- 
heimers, die schwungvolle Komposition angeb- 
lich Riberas (in Wahrheit wohl dem XVIII. Jahr- 
hundert angehörend) u. a.; auch die Beweinung 
Christi von Hugo van der Gros bradite nur 


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Der Kunstsammler 


715 


220 M., wohl aus Gründen der Anzweiflung 
ihres Urhebers. Daß Zeichnungen lebender 
Meister im Verhältnis eben so hodı, ja vielfach 
höher bezahlt wurden als die vergangener 
Epochen und selbst als eigenhändige Bilder von 
ihnen auf Auktionen bisweilen bewertet werden, 
gehört zu den psychologischen Rätseln des Kunst- 
marktes. — Die höchsten Ziffern unter den alten 
Meistern erreichte Rembrandt mit 1580 resp. 
1090 und 920 M.; unter den modernen selt- 
samerweise Ed. Hildebrandt mit 1010 M. und 
dann erst Klinger mit 710 M. Dabei war das 
teuerste Blatt Rembrandts, eine Handwaschung 
des Pilatus, sichtli nicht einmal das beste; 
eine sehr ähnliche figurenreiche Komposition 
(Darstellung aus dem Ill. Buch Mose), groB- 
artiger und fester im Wurf, erzielte nur 550 M.; 
1090 M. brachte ein männlicher Akt von ma- 
geren Formen, 920 M. ein vorzügliches Polen- 
Bildnis; erwähnenswert von Rembrandt waren 
nodi eine Anbetung der Hirten, 360 M., ein 
lesender Greis, 620 M., und eine lebensvolle 
Skizze von „Abraham und Isaak im Gespräch“, 
400 M. — Eine Landschaftsstudie von Aert 
v. d. Neer, voll schönster Abendstimmung, 
gleichwertig seinen besten Bildern (mancher 
mag sie ihnen sogar vorziehen), ging für 700 M. 
fort; eine prachtvolle Bauernfigur von Dusart 
für 310 M.; von van Dyck eine vornehme 
„Verlobung der hl. Katharina“ für 610 M., das 
Porträt eines mürrischen Herrn für 305 M.; ein 
vortrefflich durchgezeichneter Savoyardenknabe 
von Dujardin, sicher ein Glanzstük der 
Kollektion, nur fiir 100 M. (wohl wegen des 
„Epigonentums“ des Meisters?); auch van 
Goyen errang mit einer FluBlandschaft nur 
105 M. Dagegen brachten mehrere derbe aber 
gut durdhgebildete Kompositionen von Jordans 
ziemlich gute Preise (185—370 M.); von Isaak 
v. Ostade kam eine lustige Bauernszene auf 
295 M. 

Die Deutschen waren weniger glänzend, 
ja oft fragwürdig vertreten. Wenigstens konnte 
man hinter das zierlihe Brustbild einer jungen 
Frau von Schongauer (?) schon ein Frage- 
zeichen setzen, obwohl es mit 560 M. bezahlt 
wurde; nicht zweifellos scheint auch ein Kinder- 
tanz von Holbein d. J., der 270 M. brachte. 
Eine sehr detaillierte Schlachtenansicit von 
Feseler brachte 310 M.; ein Nürnberger Stadt- 
wappen von Dürer 150 M.; eine anmutige 
Verkündigung, Kreisformat, von einem west- 
fälischen Meister des XV. Jahrhunderts, ganz 
niederländisch im Stil, 205 M.; gute Preise er- 
reichten auch eine Anzahl Wappenzeichnungen 
des Schweizers Lindmayer (150—250 M.); von 
V. Solis wurden ornamentale Zeichnungen 


(200—210 M.) teurer bezahlt als eine originelle 
Traumdarstellung in weiter Landschaft (150 M.). 
Chodowiecki, Genreszene: 210 M. 


Von Italienern ist nur der schöne Studien- 
kopf von L. di Credi zu nennen, lionardesk in 
Auffassung und Technik (600 M.). 


Neuere Künstler: Ed. Hildebrandt er- 
rang mit einem „Kalkfelsen bei Dover“, einem 
sehr schönen Aquarell, den hohen Preis von 
1010 M.; ein StraBenbild aus dem Orient von 
ihm dagegen nur 130 M. Originalzeichnungen 
von Max Klinger blieben weit hinter den 
Preisen zurück, die oft für seine Radierungen 
bezahlt werden (eine Laune des Kunstmarktes): 
Fünf Frauen am Meeresstrande 710 M., Ent- 
wurf zu Blatt 9 aus „Vom Tode. I. Teil“ (Arme 
Familie) 450 M., ein Liebespaar im Bette (psy- 
chologisch außerordentlich pointiert) 320 M. Ad. 
v. Menzel, 3 Kreidezeichnungen: 165, 260 und 
275 M. Landschaften von Max Liebermann 
105—210 M.; Skabina 115—135 M.; Vautier 
170 M. (alles sorgfältige und gute Stiftzeich- 
nungen); ein schönes Landschaftsaquarell von 
Leistikow 420 M., andere, flüchtige Skizzen 
von ihm 105 M. und weniger. Ludw. Richter- 
sche Zeichnungen gingen bis 150 M. (ihre große 
Häufigkeit hält wohl ihrer Beliebtheit die Wage); 
von Schnorr v. Carolsfeld ausgeführte Kompo- 
sitionen in Federzeichnung bis 195 M. S. 


2 


MÜNCHEN 


Am 30. Juni und folgende Tage fand bei Hugo 
Helbing die Versteigerung der Sammlung Franz 
Greb + statt, die trotz der vorgeschrittenen Zeit 
sehr schöne Resultate zeitigte. Die Sammlung 
Greb hatte durchweg kunstgewerblichen Cha- 
rakter. Ihre Vielseitigkeit stand der Qualität im 
einzelnen nicht im Wege, trotzdem naturgemäß 
unter den mehr als 1800 Nummern auch manches 
war, das mehr antiquarisches als künstlerisches 
Interesse weckte. Wie überhaupt die Sammlung 
in ihrer Zusammensetzung sehr stark an die 
alten Kunst- und Wunderkammern erinnerte, von 
denen uns Julius v. Schlosser in seinem grund- 
legenden Buche so trefflicies berichtet. Wir 
notieren kurz aus den diversen Abteilungen die 
markantesten Preise und verweisen im einzelnen 
auf den Katalog. 


Arbeiten in Steingut: 1. Siegburger 
Schnelle: 240M. — 2. Desgleichen: 380 M. 
— 5. KreuBener Apostelkrug: M. 465. — 6. 
KreuBener Kaiserkrug: M.920. — 9.Kreu- 
Bener Flasche: 540 M. 


716 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Porzellane: 78. Der Cellospieler: 550 M. 


Gläser: 83. Grober Jagdhumpen: 1050 M. 
— 85. Deckelglas: 300 M. — 97. Willkomm. 
Tulpenförmiger Pokal: 300 M. — 104. Gotisches 
Butzenglas, griin. 15.Jahrh.: 215M. — 105. 
Ein gleiches: 220M, — 124. Schnapshund. 
Grünes Vexierglas: 220 M. 


Glasgemälde: 157. Glasfenster: 520M. — 
158. Desgleichen: 450 M. — 159. Runde Glas- 
scheibe: 255 M. 


Arbeiten in Edelmedall. Kirchliche Geräte: 
165. Gotisches Ciborium, Silber, vergoldet. 
Erwerbung des Germanischen Nationalmuseums: 
5000 M. — 172. Reliquiarium. Erwerbung des 
Germanischen Nationalmuseums: 1550 M. 

Silbergeschirr: 176. Großer Silber-Po- 
kal: 4550 M. — 177. Desgleichen: 3050 M. — 
179. Prunkpokal: 3350 M. — 181. Hoher 
Becher: 810M. —201.Kleinesilberne Sale: 
800 M. 


Dosen und Bücdhsen: 219. Große sil- 


berne Tabatière. Erwerbung des Bayer. Na- 


tionalmuseums: 300 M. 

Schmuck: 338. Brillantshmuc: 1780 M. 
— 343. Goldener Jagdshmuck: 1800 M. — 
345 a. Desgleichen: 2000 M. — 348—350. Mit- 
telstük einer Renaissance ~ Agraffe: 
1000 M. — 429. Armband aus sechsfaciem 
starkem Goldkettengeflecht: 1600 M. 


Rosenkränze und Rosenkranzanhänger: 600. 
Gotischer Rosenkranz: 690 M. — 601. Ro- 
senkranz: 900 M. — 602. Desgleichen: 600 M. 
— 633. Gotisher Rosenkranzanhänger: 
530 M. 


Arbeiten in Bronze, Messing und Kupfer: 
656. VierromanisheSchmuckstüce:300M. 
— 657. Großer ovalerBronzesdild: 700 M. 
— 658. Großer, reidh getriebener Pokal: 
860 M. 


Arbeiten in Zinn: 788. Zunftkanne: 220 M. 
— 789. Desgleichen: 130 M. — 7%. Des- 
gleichen: 150 M. — 820. Schraubflasme: 
260 M. — 831. Tiefe Renaissanceschüssel: 
320. — 834. Speiseservice: 455 M. 


Eisenarbeiten: 849. Zunftschlüssel der 
Sdilosserinnung: 170M. — 850. Herbergs- 
zeihen der Hufschmiede: 120 M. — 852. 
Eine Ente: 260 M. — 855. Fensterkorb: 300M. 
— 856. Rundeisengitter der deutschen Re- 
naissance: 350 M. — 868. Türe eines goti- 
shenSakramentshäuschens: 375 M. — 870. 
Gotisches Türgriffbeschläg: 350 M. — 875. 
GroBes gotisdies Tiirsch]oB: 140 M. 


Waffen: 931. Kleine Mailänder Brust. 
Erwerbung des Bayer. Nationalmus.: 200 M. — 


935. Zweihander: 450 M. — 936.Schweizer- 
sdiwert: 170M. — 937. GroBer spanischer 
Degen: 470 M. — 969. Glefe: 280 M — 
972. Geätzte Saufeder: 810 M. — 973. 
Saufeder: 270M. — 976. Großer Luzerner 
(Streit-)Hammer: 560M. — 977. Gotisce 
Armbrust: 520 M. — 978. Kleine Armbrust: 
280 M. — 981. Sturmfahne mit dem Bildnis 
des Johann von Werth(Museum K6ln): 1090 M. 
— 982. Bolzbilchse: 290 M. — 985. RadschloB- 
biichse. Erwerb. des German. Nationalmuseums: 
1160 M. — 994. Scheibenbiichse: 445 M. 


Jagdbestecke und Jagdatensilien : 1070. Jagd- 
zugtasche: 755M. — 1071.GroBe Jagdtasme: 
410 M. — 1091. Falkenhäubcen: 400 M. 


Skulpturen in Stein und Elfenbein: 1342. 
Heimsuchung Mariä:540M. — 1343. Vision 
der hl. Maria Magdalena: 1560 M. — 1344. 
Kleine gotische Alabastergruppe: 700M. 
— 1345. Kruzifix: 550 M. 

Skulpturen in Holz: 1346. Lüsterweib- 
chen. Arbeit Tilman Riemenschneiders: 
24000 M. — 1347. MadonnenstatuevonTil- 
man Riemenschneider: 4500 M. — 1348. Ol- 
bergengel: 1450M. — 1349. Der Erzengel 
Michael: 650 M. — 1350. Zwei shwebende 
Engel: 2600 M. — 1351. Ladsterweibchen: 
610 M. 


Möbel: 1438. Großer zweitüriger 
Schrank: 1600 M. — 1440. Renaissanceauf- 
satzschrank: 600M. — 1481. Rokoko-Stand- 
uhr: 400 M. 


Ölgemälde meist alter Meister: 1669. 
Zwei Altarflügel: 1130 M. — 1671. Hl. Hie- 
ronymus: 430 M. 


J. G. Edlinger: 1678 Brustbild eines 
alten Mannes und 1679 Brustbild einer 
alten Frau: 410M. 


PARIS 


Der Kunstmarkt hatte unter der allgemeinen 
wirtschaftlihen Depression auch in diesem Mo- 
nate zu leiden. Eine „grande vente“ war fir . 
Juni nicht zu verzeichnen, doch sind immerhin 
eine Anzahl hervorhebenswerter Werke auf 
den Markt gekommen: 


An alten Bildern behauptete das achtzehnte 
Jahrhundert seine hohen Preise: fiir eine ,Frau 
mit Buch“ von Carle vanLoo wurden 19000 fs. 
gezahlt, für das guaschierte Aquarell einer 
Schauspielerin von Claude Hoin 46000 fs., für 
ein varı Loo zugeschriebenes Genrebild aus 
der Sammlung Stchoukine 19000 fs. Diese 


Der Kunstsammler 


letztere Sammlung enthielt einen groBen Zur- 
baran, der für 15000 fs. wegging. In der Ver- 
steigerung Chauvin wurden sehr hohe Preise 
für alte Gravuren gezahlt: 7600, 6420, 2000 fs. 
u.a. m. Für Tapisserien wurden in der Nadh- 
lassversteigerung Debacker für einen Beauvais 
nadı Boucher 120000 fs. erzielt, andere hohe 
Preise in der Vente Chauvin. 

Ein bedeutender Umsatz hat in Werken der 
Schule von 1830 stattgefunden, die ihre Preise 
fest gehalten haben. Die Sammlungen De- 
backer (Diaz 15000 fs., Charles Jacque 6700 fs.), 
Porto-Riche (Corot 5500, Diaz 7100 fs., 3500 fs., 
Dupré 8000 fs.) Coudray (Corot 13000 fs., 
3400 fs., 5000 fs.; Diaz 2450 fs., Dupré 70C0; 
Charles Jacque 13000 fs., 8600 fs.) haben eine 
Reihe charakteristischer Resultate gebracht. Die 
Sammlung Reitlinger bestätigte, daB für Courbet 
erneutes Interesse vorhanden ist (11500 fs., 
2500 fs. 6100 fs.). 

Unter den Größen der achtziger Jahre war 
nur geringe Kauflust für Bouguereau und 
Meissonier vorhanden. Ein Roybet brachte es 
immerhin auf 9800 fs. (Vente Coudray), Ziem 
halt sich andauernd, der in der Vente Coudray er- 
zielte Preis von 18000 mag trotzdem überraschen. 

Die Vente Nathanson wie die Vente Druet 
im vorigen Monat zeigen, daB für die jüngste 
Schule am Hotel des Ventes kein allzugroBes 
Interesse vorhanden war. Die Sammlung Th. 
Nathansons, der durch seinen Streit mit dem 
Direktor der Comedie Frangaise letzthin oft ge- 
nannt worden war, stellte ein selten schönes 
Ensemble von Werken Vuillards und Bonnards 
dar, das in der allerfrischesten Zeit dieser Künstler 
zusammengebracht worden war, trotzdem hielten 
sih die Preise in bescheidenen Grenzen. Nur 
ein Cézanne ging zu hohem Preise nach Berlin. 
Einige am 16. Juni versteigerte Werke von 
Gauguin bestätigten diese flaue Tendenz durch 
niedrige Notierungen. 

Sammlung des Dr. G.H.N.... 29. Mai. 
(C. Pr. Lair Dubreuil. Exp. Feral). 68 Nummern. 
Gesamtertrag 651% fs. 

No. 15. Desportes, Friichte u. Wild. Still- 
leben. (76 : 90) : 1500 fs. (Jonas) — 24. Jeaurat, 
Die Kelter (63 : 80) : 2100 fs. — 26. Largillière 
Frauenportrait (78: 62) : 1700 fs. (Féral) — 

45. Hubert Robert. Die Kaskade. (91 : 145): 
6200 fs. (Féral) — 43. Pater, Der Gatte be- 
trogen, geprügelt und zufrieden“ : 4600 fs. 
(Féral) — 53. Tischbein Portrait einer jungen 
Frau (50 : 39) : 1550 fs. (Mme Esnault-Pelterie) 
sonst meist Bilder 2. und 3. Ranges der franzö- 
sishen Schule. Darnadı wurde versteigert: 
Carle van Loo, Frau mit Buch (93 : 75): 19000 fs. 
(Taxe 20 000 fs.). 


717 


Moderne Bilder am 6. Mai (C. Pr. Bau- 
doin. Exp. Feral. — 8 Harpignies Seine bei 
Paris (Aquarell) : 1000 fs. — 22. Ziem, Wald- 
inneres, Aquarell : 1300 is. — 42. Cézanne, 
Waldinneres bei Auvers: 2005 fs. — 50. Diaz, 
Frau mit Blumen (29: 18): 1020 fs. — 75. Meis- 
sonier, Trinkender Reiter: 125 fs. — 97. Tou- 
louse Lautrec, mythologische Szene: 245 fs. 
103 Nummern. Gesamtertrag 19 957 fs. 

Sammlung des Grafen d'Aubigny. 
Deutsche Holzschnitzarbeit. 18. Mai. (C. Pr. 
Coulon, Exp. Mannheim). No. 8. Basrelief, 
Die Verkündigung (78:51): 2050 fs. (Bing). — 
9. Altarblatt, bemalt und vergoldet, Anbetung 
der Könige (130:165): 6700 fs. — 16. Relief, 
bemalt und vergoldet, Verkündigung (71:88): 
1730 fs. (Seligmann). — 22. Basrelief, Heilige 
Familie (75:98): 2055 fs. (Faure). — 27 Nummern, 
Gesamtertrag 20147 fs. Die anderen Preise 
zwischen 100 und 300 fs., einige höher. 

NachlaBversteigerung der Mme De- 
backer. 1. Juni. (C. Pr. Desaubliaux, Trouillet. 
Exp. Paume, Lasquin, Petit.) 

Moderne Bilder. Brillouin, Der fliegende 
Buchhändler (25:32): 2900 fs. (Vial). 8. Dau- 
bigny, In Optevoz (32:49): 1150 fs. (Petit.) — 
9. Diaz de la Pena, Waldlichtung: (32:40): 
15000 fs. (Petit). — 15. Heilbuth, Junge Frau 
auf der Terrasse von St. Germain: 380 fs. 
(Blanchard). — 16. Isabey, Auszug der Reiter 
(24:32): 8500 fs. (Arnold & Tripp, Taxe 6000 fs.) 
— 17. Charles Jacque, Schafweide (21: 25): 
6700 fs. (Arnold & Tripp, Taxe 5000 fs.) — 
20. Lami, Der groBe Condé vor Ludwig XIV., 
Aqu. (34:59): 5600 fs. (Arnold & Tripp). — 
Lami, drei weitere Aqu.: 2200, 2500, 1100 fs. — 

Alte Bilder. 31. Werkstatt Boudchers, 
Herbst und Sommer (je 80: 130): 4700 fs. (Paulme). 
— 32. Werkstatt Bouchers, Toilette der Venus 
und der Vogelfänger (80:130): 3800 fs. (G. Bern- 
heim). — 34. A. Coypel, Kirmesse, zwei 
Gouaschen: 1300 fs. — 38. Claude Hoin, Mme 
Dugazon in der Rolle der Nina, guaschiertes 
Aqu. (24:19): 46 000 fs. — (A. Weil-Picard) zwei 
dasselbe Sujet darstellende Guaschen brachten 
in den Venten Goncourt (1897) und Mihlbacher 
(1899) 19000 und 23000 fs. — 42. Wouver- 
mans, Wunderdoktor auf einem Pariser Platze 
(35:48): 5200 fs. 

Skulpturen. 50. Clésinger, Naiade auf 
Meeresungeheuer: 2700 fs. (Pozzers). 

Chinesisches Porzellan. 59. Paar von 
Lampen, bestehend aus zwei Tòpfen und zwei 
Vasen (achtseitig, Epoche Kien-Lung): 14000 fs. 
(Caillot). 

Tapisserien. 105.Tapisserien v.Beau- 
vais. Stück aus den Pastoralen Boudchers, Der 


718 


Fischfang (360 :370): 120500 fs. (Seligmann, Taxe 
150 000 fs., ein ähnliches Stück auf der Vente 
Cronier 1905: 102 000 fs.). 

112 Nummern. Gesamtertrag 332 723 fs. 


NachlaBversteigerung Reitlinger.1. Juni, 


(C. Pr. Lair Dubreuil, Exp. Haro, Bloche.) 

Bilder. 8 Gustave Courbet, Die beiden 
Freundinnen (77:100): 11500 fs. (Gradt). — 10. 
Courbet, Auf der Heimkehr von der Konferenz 
(65:89): 2500 fs. (Bernheim jeune). 9. Courbet, 
Die Woge (73:92): 6100 fs. (Gradt). — 11. Cour- 
bet, Der schwarze Felsen (61:77): 2650 fs. (Bern- 
heim jeune). — 12. Courbet, Die Unendlich- 
keit (95:128): 1500 fs. (Bernheim, jeune). — 
13. Courbet, Le puits noir (94:133): 2450 fs. 
(Bernheim jeune). — 14. Courbet, Der land- 
fahrende Arbeiter (33:25): 880 fs. (Bernheim 
jeune). — 33.Leclerc, Diana und die Nymphen 
(30:64: 3000 fs. — 34. Le Prince, Die gliick- 
lihe Mutter (32:25): 3800 fs. — 35. Bernar- 
dino Luini zugeschrieben, Madonna mit Kind 
(66:49): 10100 fs. — 55. Tassaert, David und 
Bathseba (56:47): 3950 fs. (Mme Michel). — 66. 
A. Vollon, Hahn und Henne (60:73): 900 fs. 
(V. Besse). 

71 Nummern. Gesamtertrag: 81 592 fs. 

Sammlung des Monseigneur Charme- 
tant. 22.23. Mai. (C. Pr. Origet. Exp. Sortais, 
Duplan).— 70. Ingres, Betende Jungfrau (90:66): 
8700 fs. — 86.Französische Schule, XIV. Jhdt. 
Martyrium des HI. Didier, Triptychon: 6000 fs. 
(Bachereau). 

Kunstgegenstande: 220. Reliquiar, Bron- 
ze ziseliert und vergoldet. Schmelzverzierungen 
z. T. XIII. Jhdt.: 8100 fs. — 222. Gruppe, Silber 
ziseliert und getrieben. Madonna mit Christus- 
kind. Deutsch. XVI. Jhdts.: 5500 fs. — Christus, 
Elfenbeinstatue (110 cm hoch) alt, ohne Garantie: 
9500 fs. — 232. Weihwasserbecken, italienisch 
XIV. Jhdt. Bronze. Drei allegorische Gestalten: 
4600 fs. 

256 Nummern, darunter viel wertloses. Ge- 
samtertrag 86 387 fs. 

Vente Helene Chauvin, 
de Courcelles. 
2. 3. 4. Juni. 

Gravurendes XVIII. Jhdts. 28. Debucourt, 
Promenade im Palais Royal, farbig: 2010 fs. — 
29.'39. Debucourt, L’Escalade, Glück und Un- 
glük. Zwei St. farbig 3800 fs. (Petit). — 63. 
Janinet nach Lemoyne, Mile du T... farbig: 
2000 fs. — 73. Lasinio, Porträt d. Edouard 
Dagoty v. Latrelif, farbig: 7600 fs. (Ctesse de 
Fitz-James). — 101. J. R. Smith, Spaziergang 
in Carlisle House 1. état: 6420 fs. (Mme Brasseur.) 
— Bilder, Pastelle, Aquarelle, Porzellan, Möbel. 
Tapisserien: 376. vlämish. XVIII. Jhdt. 


24, Boulevard 
(Exp. Paulme, Lasquin.) 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Mythologishhe Szene. (240:380): 24000 fs. 
(Paulme). — 377. Aubusson, Louis XV. Fünf 
Panneaux Schifferszenen: 20000 fs. (Velghe). 

385 Nummern. Gesamtertrag 287 000 fs. 

Sammlung R. M.... 3. Juni. (C. Pr. Bau- 
doin, Exp. Féral) no 29. J.F. Millet, Zeichnung, 
Die Ahrenleserinnen : 900 fs. (Strolin) — 70. van 
Goyen, Schloss am Flussufer. (46 : 63): 2700 fs. 
(Dupré). 120 Nummern. Gesamtertrag 32569 fs. 

Sammlung Porto-Riche, 5—6. Juni. (C. 
Pr. Lair Dubrueil, Exp. Petit, Paulus, Lasquin). 
2. Corot, Frauen am Brunnen (38: 34): 5500 fs. 
(Petit) — 7 Diaz, Der Harem (39:58: 7190 fs. 
(Leroux de Villers). — 8. Diaz, Teich im Walde 
(45 :64) : 18500 fs. (Petit, vente Garnier 1894: 
15000 fs.) — 9 Diaz, Ophelia (33:21): 3500 fs. 
(Gradt). — 10. Jules Dupré, Der fahrende Land- 
arbeiter (25 : 41) : 8000 fs. (Preyer). — 14. Jong- 
kind, Schlittschuhläufer in Holland (34:46: 
5000 fs. (Comtesse de Miranda) — 17. Meis- 
sonier, Grenadier (19:10): 830 fs. (vente Meis- . 
sonier: 2550 fs.) 22. Ziem, Gran Canale (54: 
74): 7100 fs. (Boussod u. Valadon). — 38. Char- 
les Jacque, Schafe an der Tränke (37: 51 
Zeichnung) : 2000 fs. (Petit) — Miniaturen, Bi- | 
belots, Möbel. 113 Nummern. Gesamtertrag 
129384 fs. 

Sammlung der Baronin H.... 2.—3. Juni. 
(C. Pr. Boudin, Exp. Chaine et Simonson). — 
15. Bouguereau, Cupido. (74: 60): 4900 fs. — 
34. Dillens, Die Kussbrücke in Seeland: 100 
fs. — 73. Gustav Richter, Kinder: 185 fs. — 
101. Werner, Der ungeschickte Amateur beim 
Maler: 300 fs. 102 Nummern. Gesamtertrag 
40000 fs. 

Versteigerung vom 11. Juni. (C. Pr. 
Lair Dubreuil, Exp. Paulme et Lasquin.) — 
47/48. zwei alte Guaschen in d. Art Mallets 
oder van Gorps; Die Erklärung, der Streit: 
11650 fs. (Guiraud). — Bronzen, Möbel, Tapisse- 
rien. 134 Nummern. Gesamtertrag: 102939 fs. 

Sammlung Coudray. 12.13. Juni. (C. 
Pr. Lair Dubreuil. Exp. Allard, Bonjean. 

14. Corot, Der Teich (24:52): 13000 fs. (Bayle). 
— 16. Corot, Waldrand (24: 15): 3400fs.(Darrras). | 
— 20. Diaz, Spaziergang im Walde (32:24): 
7000 fs. (Vagliano). — 22. Diaz, Baumstudie 
(35:23): 2450 fs. (Darras) — Jules Dupre, 
Gutshof (74:60): 7000 fs. (Carnaud, Taxe 10000 fs.) 
— 32. Fantin Latour, Überraschte Dryade 
(39:45): 4100 fs. (Fromentin). — FantinLatour, 
Der Traubenkorb (31:43): 4600 fs. (Bonjean). — 
40. Harpignies, Sonnenuntergang (34:47): 
5100 fs. (Bonjean).— 46.Henner, Byblis (102:65) : 
13000 fs. (G. Bernheim. Taxe 10000 fs.) — 48. 
Henner, Mignon (26:19): 3250 fs. (Mme Beuret). 
— 54. Charles Jacque, Hirt und Herde (27:40): 


Der Kunstsammler 


719 


13000 fs. (G. Bernheim). — 156. Ziem, Teich 
in der Camargue. Aqu. (22:31): 4500 fs. (Detri- 
mont). — Zweiter Tag: 5. Boudin, Kanal in 
Löwen (27:40): 5600 fs. (Arnold & Tripp.) — 
15. Corot, Der alte pont Saint Michel (24:29): 
5000 fs. (Allard, vente Corot 1875: 1520 fs.) — 
29.JulesDupre, Hütten auf dem Lande (33:53): 
4600 fs. (Darras, Taxe 6000 fs.) — 35. Fantin 
Latour, Blumenvase (44:56): 7900 fs. (Ctesse 
de Miranda). — 45. Henner, Die Witwe (50:38): 
6000 fs. (Mile Coudray). — 53. Charles Jacque, 
Geflügelhof (40:66): 8600 fs. (Bonjean, Taxe 
10000 Tel — 67. E. van Marce, Weide am 
Teihrand (28:40): 12500 fs. (Taxe 10000). — 
91. Roybet, Porträt der Juana Romani (81:63): 
9800 fs. (Taxe 6000). — 109. Ziem, Die weißen 
Segel auf dem Gran Canale, Venedig (34:66): 
18000 fs. (G. Bernheim, Taxe 18000 fs.) — 
157 Nummern. Gesamtertrag: 321759 fs. 

Sammlung Thadée Nathanson. 13. Juni. 
(C. Pr. Baudoin, Exp. Bernheim.) 

Werke von Pierre Bonnard: 2. Bade- 
szene (35:27): 500 fs. — 3. Der Regenschirm 
(26:17): 550 fs. (Maus.) — 4. Frau mit grüner 
Cravatte (35:27): 400 fs. — 5. StraBenszene 
(35:27): 600 fs. — 6. Kleines Mädchen (37:12): 
320 fs. (Fénéon.) — Winterliche Straße (27:35): 
410 fs. (Fénéon). — Der Zirkus (26:35): 600 fs. 
(Bernheim jeune.) — 9. Straße in Eragny (37:27): 
600 fs. (Bernheim jeune). — 11. Kinder im 
Wasser (49:71): 2050 fs. (Mirbeau). — 12. Das 
Ballet (28:36): 1550 fs. — Die Lässige (97:106): 
1700 fs. — 15. Porträt Thadée N... (42:41): 
230 fs. — 16. Intérieur (52:34): 480 fs. — 17. Die 
Badenden (58:48): 1120 fs. — 18. Frau Striimpfe 
anziehend (79:58): 1600 fs. — 19. Mann und 
Frau (115:72): 2000 fs. (Bernheim jeune). — 
20. Dame mit blauer Kravatte (59:40): 480 fs. 
(Blot). — 

21. Cézanne: Auvers-sur-Oise. (46:55): 
6600 fs. (Cassirer, Berlin, Taxe 7000 fs., vente 
Chocquet 1899: 2620 fs.) — 23. Daumier, Die 
kleinen Badenden (27:22): 750 fs. — 24. Guys, 
Der gelbe Muff (24:16): 75 fs. — 26. Marquet, 
Im Luxembourg (46:55): 450 fs. (Druet). — 30. 
Roussel, Der Rausch der Dämmerung (48:69): 
820 fs. (Bernheim jeune). — 31. Roussel, 
Diana und Adonis (49:69): 480 fs. — 32. Roussel, 
Jugendbrunnen (40:57): 800 fs. (Blot.) — 34. 
Roussel, Pastorale (42:57): 670 fs. (Bern- 
heim jeune). — 36. Valloton, Porträt Thadée 
N... (67:48): 1050 fs. (Mirbeau). — 

Werke von Vuillard: 39. Die angelehnte 
Türe (27:22): 520 fs. — 41. In der Oper (27:22): 
250 fs. (Coolus). — 43. Der öffentliche Garten, 
dekoratives Panneau (212:162): 1020 fs. (Bern- 
heim jeune). — 45. Porträt Th. N... (52:39): 


1500 fs. (A. Gide). — 46. Der Maler (38:28): 
1650 fs. — 48. Am Piano (50:54): 500 fs. — 
50. Die blaue Dame (51:59): 1650 fs. — (Bern- 
heim). — 51. Das Album (65:206): 2000 fs. — 
52. Der Blumentopf (65:116): 1500 fs. (Hessel). 
— 53. Der Toilettentisch (65:119): 1350 fs. — 
54. Die Stickerei (165:76): 1950 fs. (Bernheim j.). 
— 55. Die gestreifte Blouse (65:68): 1750 fs. — 
59. Das Bett (36:50): 830 fs. (P. Goujon). — 
61. Orchester in einem Café: 620 fs. (J. Doucet) 
— 63. Die ersten Friichte, dekoratives Panneau 
(248: 432): 2700 fs. — 64. Das Fenster auf den 
Wald (250: 280): 2600 fs. 

65 Nummern. Gesamtertrag 59 905 fs. 

Versteigerung. Moderner Bilder. 16. Juni. 
(C. Pr. Lair-Dubreuil, Exp. Bernheim jeune.) 

8. Cazin, Die Lektüre (91:185): 8000 fs. 
(Bernheim j., Taxe 12000 fs.) — 12. Cottet, 
Venedig am Abend (54:70): 200 fs. — 14.Cour- 
bet, Der Wasserfall (73:95): 3900 fs. (Bern- 
heim j.). — 27. Gauguin, Mau Taporo (50:67): 
2005 fs. (Vollard). — 28. Gauguin, Parahi te 
marae (68:91): 1705 fs. (Vollard). — 29. Gauguin, 
Landschaft (54:64): 380 fs. (Druet). — 30. Gau- 
guin, poèmes barbares (65:48): 1500 fs. (Druet). 
31. Gauguin, te poi poi (68:90): 1255fs.(Vollard.) 
— 35. Guillaumin, Seineufer (60:73): 185 fs. 
(Hessel). — 49. Monticelli, Versammlung in 
einem Park (24:35): 610 fs. (Dr. Tripier). — 
52. Renoir, Landschaft (19:32): 405 fs. (Vollard). 
54. Renoir, Frauenkopf (41:32): 1120 fs. (Bern- 
heim j.) — 66. Sisley, Haus in St. Mammes 
(86:56): 2000 fs. (Bernheim j.) — 81. Besnard, 
Junges Mädchen, Aq. (38:26): 680 fs. (Bern- 
heim j) — 9%. Manet, GeiBelung Christi, 
Aq.: 25 fs. 

109 Nummern. Gesamtertrag 59937 fs. 

Sammlung Sthoukine. 19. Juni. (C. Pr. 
Boudin. Exp. Haro, Leman.) Hauptsächlich 
spanische Bilder: 70. Zurbaran, Bildnis eines 
spanisch. Studenten (193:102): 15 000 fs. (Mersch. 
15000 fs. Taxe, früher Velasquez zugeschrieben). 
— 64. Van Loo zugeschrieben, Die Schaukel 
(188:140: 19000 fs. (Hermel, Taxe 20 000 fs.). 

123 Nummern. Gesamtertrag 61 644 fs. 

R. M.-R. 


2 


LONDON 


Die Sammlung Roberts, Versteigerung bei 
Christies vom 21.— 23. Mai, war in der Haupt- 
sache ein rechtes Beispiel für den herrschen- 
den Geschmack und erzielte darum auch einen 
schönen Gewinn, fast 66000 #. Sie enthielt 
Bilder erster moderner Meister, sowohl Eng- 
lands wie Frankreihs und der Niederlande 

47 


720 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


und einiger alter englischer Meister, meist aber 
sozusagen ,typishe“ Werke dieser Künstler, 
d. h. solche, in denen diese ganz nach ihrem 
Schema resp. Manier arbeiten, Stücke, wie sie 
jeder echte moderne englische Kunstfreund und 
Sammler von Rechts wegen haben sollte. Nur in 
einer gewissen Willkür waren ein paar eigen- 
artige Werke mit darunter gemengt, die unter 
der schönen Schaar der salonfähigen sich fast 
etwas seltsam ausnahmen. Auffallend war die 
Überzahl der Landschaften; aber es waren meist 
Landschaften nach dem Herzen der GroBstädter, 
lieblihe stille Idyllen und Träumereien, mit 
Corot, dem „typischen“ Corot, als Gott und den 
modernen Niederländern als ministrierende Engel. 
In etwas allerdings hatte der verstorbene Samm- 
ler seinen eignen Kopf gehabt: im Kaufen 
zweifelhafter Bilder, namentlich aus älterer Zeit. 
Das interessanteste Stück der Sammlung war 
Constables: „Eröffnung der Waterloobrücke“, 
ein Sujet, das in mehreren Versionen vorliegt. 
Durch dieses hier geht eigentlich ein künstleri- 
scher RiB. Die riesige Brücke mit den gewaltig 
sich wölbenden Bogen hat Constable mit größter 
Sorgfalt an Ort und Stelle aufgenommen und 
zeichnerisch detailliert durchgeführt, so daß Rus- 
kin seine Freude daran gehabt hätte. Der Vor- 
dergrund aber ist in Constables lebendigster 
Methode behandelt und das Bild selbst voll 
interessanter Probleme. Es hätte sicher eine sehr 
hohe Summe verdient. Mr. Reid aus Glasgow 
aber erstand es für 1100 gs. Ein Paar feine 
kleine Constables „Brighton Beach“ und „View 
of a Farm“ brachten 530 resp. 320 gs. Auch von 
Bonington, der neben Constable auf die franzö- 
sishen Landschafter EinfluB ausübte und als 
Mittler zwischen den zwei Ländern bezeichnet 
werden kann, waren eine ganze Reihe von 
Werken da: ,A Coast Scene“ brachte 100 gs.; 
andere Stücke 90, 70 und 110 gs. Seltsam war 
es zu sehen, wie ein schöner Turner, eine 
majestätische Berglandschaft, die 1895 noch 600 gs. 
eingetragen, nun um 200 gs. in den Besitz der 
Messrs. Agnew iberging; und das trotz der 
fast wahl- und kritiklosen Liebe ja Schwärmerei 
für diesen Meister, in dem die Engländer den 
höchsten Ausdruck ihrer Landschaftskunst sehen. 
Dagegen erzielten einige Aquarelle Turners wie- 
der recht schönePreise: „Kirkley Lonsdale“ 800 gs.; 
„Lake of Geneva“ 660 gs.; „Sallenches“ 600 gs.; 
andere etwas geringere Summen. Turner ist 
eben für hier hauptsächlich Aquarellist und 
Aquarellmalerei bleibt hier die bevorzugte Kunst. 
— Die wenigen Werke altenglischer Meister, 
die die Sammlung beherbergte, fanden wenig 
Anklang. Gainsboroughs „Mrs. Dorothy Hodges“ 
in einem etwas stumpfen gelben Kleide, brachte 


es nur zu 1000 gs. (Agnew). Ein anderer Gains- 
borough „Hon. Campbell Skinner“, ein Kinder- 
porträt, stellte sich als von Francis Cote 
(1728—70) gemalt heraus und brachte nur 280 gs., 
genug für dieses süBlihe Werk. Eine stim- 
mungsvolle, weiche Landschaft Gainsboroughs: 
„A View in Suffolk“ kauften Agnews um 820 gs. 
Reynolds schlichte „Hon. Mrs. Brown“ trug nur 
300 gs. ein; Hoppners wenig erfreuliche „The 
Gipsy“ 550 gs. Romneys „schöne“ Lady Taylor, 
ein geschmackvolles Farbenarrangement mit Rot 
als Grundton, 400 qs. — Von den Meistern der 
viktorianischen Zeit bevorzugte Roberts beson- 
ders Millais. Wieder konnte man dessen Können 
und seine Grenzen erkennen. Seine Grenzen 
lagen mehr im Menschlichen, Allzumenschlichen, 
er wurde mehr und mehr zum Befriediger des 
Publikums und dessen Wünschen. So schuf er 
noch oft malerisci gelungene aber doch leere 
Bilder wie sein „The Gamblers Wife“, das von 
880 auf 2100 gs. stieg (Gooden &Fox). „White 
Cockade“, auch ein Genrestück — zogen nicht 
die Präraffeliten gegen das Genre einst zu Felde?! 
— brachte gar statt der früheren 400 gs. 1050 gs.! 
Dagegen sank eine feindurchempfundene Land- 
schaft „The Moon is up and yet it is not Night“ 
von 1050 auf 950gs. Diese Landschaft stammt 
aus Millais letzter und künstlerisch sonst un- 
fruchtbarster Periode; sie ist wie ein leiser, 
wehmütiger Erinnerungssang an vergangene, 
reichere Zeiten, und nur die sentimental wir- 
kenden Rehe, die der Landschaft ein ,lebendes* 
Interesse geben sollen, erinnern daran, daB 
auch hier der Gedanke an das kaufende Publi- 
kum nicht ganz gesciwiegen. Von Watts be- 
fanden sich zwei Stiicke in der Sammlung, eine 
ideale Landschaft, in der Watts etwas an Turner 
erinnert und wohl auch an diesen anknüpft: 
„Lodh Ness“, ein Stück, das aller Erdenschwere 
entrückt zu sein scheint; es trug 450 gs. ein; 
und seine sympathische Kinderstudie „Pretty 
Lucy Bond“ 550 gs. Mit größtem Eifer aber 
hatte Roberts Bilder des jetzigen Altmeisters 
Ochardson gekauft, der nun nur noch wohldurch- 
dachte und festhingesetzte Porträtköpfe zu den 
Ausstellungen schickt. Seine frühere Periode ist 
am meisten durch sein „Napoleon on Board the 
Bellerophon“ bekannt, für das vor 28 Jahren 
2000 £ gezahlt wurden. Diesmal stand neben 
einigen anderen Stücken sein „Hart Hit* zum 
Verkauf, eine jener weiträumigen Empiresalon- 
szenen, in denen Orchardson Meister ist. Das 
Werk, das einen im Kartenspiel „schwer ce- 
schlagenen“ Kavalier darstellt, ging für 3300 
gs. nach Amerika, das nun auch neue Werke 
an sich zu reißen beginnt. Das dramatische 
Motiv tat es offenbar den New Yorker Händ- 


Der Kunstsammler 721 


lern Scott, Fowles & Co. an, denn künstle- 
rish standen einige andre Stücke desselben 
Künstlers auf gleicher Stufe. „Music, when 
sweet voices die, vibrate in the memory“ und 
„A tender chord“ brachten aber nur 320 resp. 
410 gs, wovon etwas wohl noch gar auf die 
zartsinnigen Titel allein anzurechnen ist. Ein 
früheres Stück „Escaped“, zwei Bluthunde auf 
der Spur, kostete seinem Käufer 520 gs. Von 
anderen englischen Werken seien hier noch her- 
gesetzt: George Mason, „A Landscape in Der- 
byshire; Evening“, 440 gs.; Fred Walker, „The 
Plough*, 400gs. „Rain, Wind and Steam“ von 
D. Cox, 130 gs. „The Setting Sun“ von D. Cox, 
280gs. „A view over the downs“ von C.Fiel- 
ding, 130 gs. Borrowdale von P. de Wint, 90 gs. 
Von neueren englischen Meistern trug Swans 
Piping Boy“ 290 gs. ein. Das hätte eine feine, 
schlichte Freilichtaktstudie werden können: ein 
Junge auf einem Felsen im Meer, etwas dem 
Lenbachschen Hirtenknaben ähnliches; aber des 
lieben Publikums wegen wird lächerliches Genre 
in das einfache Naturstück eingeführt: Fische 
tanzen zum Flötenspiel des Jungen, und so gibts 
für das Bildchen eben fast 6000 Mk.! Die große 
Überraschung der französischen Abteilung der 
Robertsauktion war ein Charles Jacque. Sein 
„The Flock“ brachte es zu 2500 gs. Vor 6 Jahren 
noch brachte eines seiner Werke nur 920 gs. in 
London, sein „La Bergerie“ in Paris 1920 gs. 

Von den andern Barbizonmeistern steht 
Corot natürlich oben an. „The Edge of the 
Wood* brachte 2150 gs. (Agnew); „A Quiet 
Lake* 840 gs. (Wallis); ,A Landscape“ mit 
drei Bäuerinnen und einer Stadt und Fluß im 
Hintergrund 1400 gs. (Connell); „A Woody 
Landscape“ 200 gs. (Cremetti); „A Forest glade“ 
600 gs. (Agnew); „A Woody Stream“ 700 gs. 
(Wallis); „Sunshine and Vapour“ 400 gs, (Wallis); 
„ALandscape* mit Frauen unter Bäumen 310 gs- 
(Ogston). Einige dieser im Format kleinen Corots 
waren in der Tat voll jener rhythmischen Charme, 
die diesem Meister eigen. Daubignys kühle, 
stille Werke: „A Village“ und „A River Scene“ 
gingen für 630 und 105 gs. ab; Diaz: ,A Glade 
inaForest* für 130 gs.: Jules Dupres „A Pastoral 
Landscape“ für 105 gs. Harpignies, dessen Werke 
oft bei Christies erscheinen, war mit einem 
Sonnenuntergang „Evening“ vertreten, für das 
die Pariser Firma Arnold & Tripp 750 gs. zahlte. 
L'Hermitte erreichte gar die für ihn einen Rekord 
darstellende Summe von 950 gs. für seine pasto- 
rale Szene: „The Flock", auch ein Bild, wie man 
es hier gern sieht. Sein „Evening Meal“, das 
etwas stark in Sentiment getaucht ist, trug 800 gs. 
Statt früher 540 ein. Sein individuellstes Werk, 
das schlicht ein Stück Garten im Frühling dar- 


stellt, „Spring Time“, ein Pastell, brachte es nur 
mit einem anderen Pastell zusammen auf 315 gs. 
Von J. F. Millet war nur ein Stück, aber ein 
recht interessantes, „Seetangsammler“, da; es 
wurde für 390 gs. von Boussod erstanden. Troyon 
war trefflih vertreten sowohl als Tiermaler 
wie als Landschafter. Preise freilich wie in 
Amerika, wo im vorigen Jahre sein ,Retour a 
la Ferme“ € 13540 eintrug, werden hier nicht ge- 
zahlt. Sein ,Fisherman“, eine große, stimmungs- 
volle Landschaft, kostete Agnews 1050 gs. 
Boussod zahlte 1150 gs. für „A Landscape with 
Cattle, ein Bild nur 11 zu 15'/, inch. in Umfang, 
und Arnold & Tripp 460 gs. fir ,Sporting Dogs‘, 
ein seltsam anziehendes Werk, in dem ein paar 
weiße, in grellster Sonne sitzende und blinzelnde 
Sportshunde in eine echt venezianische Giorgione- 
landschaft verpflanzt sind. Die modernen Hollän- 
der, vor allem Israels und Mauve, waren wie 
in so vielen Verkäufen und auch Ausstellungen 
wieder stark vertreten, und zum Teil recht gut, 
namentlih der letztere. Sein kleines Bild 
nPloughing“ kaufte eine Amsterdamer Firma 
(Preyer) für 975 gs., für Mauve ein Rekordpreis 
in London; sein „Going to Church, Winter“ 
brachte 270 gs., „Landscape with a Woodman 
and Waggon“ 335 gs. Von Israels wurden 
5 bedeutende Bilder angeboten. „Age“, das 
Porträt eines alten Mannes, eine interessante 
Studie ohne besondere Tiefe, trug 1350 gs. ein. 
Sein Genrebild: „Sailing the Toy Boat“ gar 
1600 gs.; dagegen das schlichtere mit Seeluft 
erfüllte „Waiting“, in dem aber nichts interessan- 
tes geschieht, nur 720 gs. Ein anderes Genre- 
stück „Widower“ und „Washing Day“ kosteten 
1200 resp. 1100 gs. Das sind verhältnismäßig 
hohe Preise, aber Israels ist eben ein groBer 
Liebling des hiesigen Publikums, und die Händ- 
ler wissen das sehr wohl. Von andern Nieder- 
ländern brachte ein J. Maris „Ploughing, Eve- 
ning“ 590 gs. Desselben „Zuyder Sea“ 350 gs. 
Wie von den französischen Bildern eine Reihe 
ihren Weg nach Frankreich zurückfanden, so 
gingen auch von den Niederländern mehrere 
grade der feinsten Stücke nach Holland zurück. 
Eine Woche vorher hatten Messrs. Christie eine 
Sammlung alter Meister verkauft, die der verst. 
Zoeppritz zusammengebracht hatte. Ohne ersten 
Ranges zu sein, enthielt diese Sammlung, der 
sich für die Auktion auch noch Werke aus an- 
derem Besitz anschlossen, einige interessante 
Stücke, so daß es überaus erstaunlich war zu 
sehen, wie wenig grade diese Auktion Beachtung 
fand. Offenbar traute man vielen der Zu- 
weisungen nicht, obwohl mance der Bilder 
künstlerisch sehr gutes boten. Da war ein kleiner 
Rembrandt „A Philosopher Writing“, 5*/, zu 5 


722 


inch. groß, ein Bildchen, das in Smith’s Catalogue 
Raisonne als N. 185 beschrieben und 1790 von 
J. B. P. le Brun gestochen worden ist. Dur- 
lacher zahlten für das feine Stück 300 gs. Ein 
flotter Teniers „A Kitchen“ brachte 200 gs. (in 
1902 nur 52 gs.!) A. von Ostades „Interior of 
a Cabaret“ 320 gs. (1902 nur 210 gs.); ein 
Männerporträt von G. Terburg 200 gs.; eine 
als Überraschung kommende schöne Tafel des 
Roger van der Weyden „Madonna and Child 
Enthroned“ 9'/, zu 7 inch, stieg bis auf 600 gs. 
(Dowdeswell). Für eine FluBlandschaft A. van 
der Neers zahlten Lewis & Simmons 640 gs.; 
für ein Männerporträt T. de Keysers Colnaghi 
& Co. 110 gs. Claude Lorraine hat noch immer 
keinen rechten Markt hier, schon seit langem. 
Seine Landschaft mit Hirtenknaben und Ziegen 
brachte es daher nur auf 36 gs. Von den italieni- 
nischen Bildern brachte ein dem Garofalo zu- 
gewiesenes Bild: „A Sibyl revealing to Augustus 
the Mystery of the Incarnation“ 78 gs., während 
es vor 20 Jahren 130 gs. eingetragen hatte. 
Pinturichio, A. del Sarto, Tintoretto, Guardi 
und andere klangvolle Namen der italienischen 
Schule konnten ihren Trägern zu keinen irgend- 
wie hohen Preisen verhelfen. Neben einigen 
nicht erstklassigen Stücken der altenglischen 
Schule (Raeburn etc.) brachte dann der Tag noch 
den Verkauf einiger spanischer Stücke, die ein 
englischer Gesandter einst in Madrid zwischen 
1833—39 erworben hatte. Es handelte sich um 
einige Murillos, Velasquez und für London höchst 
selten vier Goyas. Für Murillos „St. Josef with 
the Infant Saviour“ wurden 300 gs. gezahlt. 
Die zwei dem Velasquez zugeschriebenen Stücke 
„A View in the Park of Pardo“ und ein Por- 
trät Torquemadas, obwohl beide in verschiedenen 
Werken über Velasquez erwähnt, wurden wohl 
nicht als eigenhändige Werke des Meisters ge- 
nommen, wenn ihnen auch mehrere Charakte- 
ristika von dessen Hand eigneten. So brachten 
sie denn auch nur 200 und 135 gs. Dagegen 
fanden die Goyas Gnade vor den Augen der 
Kauflustigen. Nur ein bedeutender war dar- 
unter: ein Porträt, Kopf und Büste des Peppo 
Illo, des berühmten Matadores, in schwarzem 
Kostüm mit rotem Mantel; das Haar nach hinten 
in einem Netz zusammengeflochten. Colnaghi 
& Co. zahlten für diesen besten Goya, der je in 
einen englischen Auktionssaal gelangt war, 520gs. 
Das ist der höchste Preis, der bisher auf einer 
Auktion für einen Goya hier bezahlt worden 
ist. Freilich sind nie erstklassige Werke des 
Spaniers hier angeboten worden. Eine Gruppe 
Goyas „D. José Mofiino, Conde de Florida- 
Blanca in rosa Kostiim auf einem Balkon sitzend 
und mit einem Architekten sprechend“ trug 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


200 gs. ein; es ist das eine kleinere Version 
des bekannten, 1783 gemalten, groBen Bildes, 
das jetzt der Marquesa de Pontejos gehört. 
Die zwei weiteren Stücke „The last Parting on 
the Scaffold“ und „The Capture of the Dili- 
gence“ brachten nur 68 resp. 60 gs. — Am 29. Mai 
standen u.a. zwei wohlbekannte und geschätzte 
Bilder Gainsboroughs bei Christies zum Ver- 
kauf, zwei Bilder, die mit dem Künstler noch 
jetzt intim verknüpft sind, denn sie stellen seine 
Frau und seine Tochter dar. Sie gehörten dem 
verstorbenen Sir Robert Loder. Das Bild seiner 
Tochter, wie ein Traumstüc auf die Leinwand 
gehaucht und nicht vollendet, hatte 1878 nur 
360 gs. gebracht. Diesmal begann man gleich 
mit 500 gs., und endlich eroberte Mr. Asher 
Wertheimer das bedeutende Werk um 4550 gs. 
Das stille Bild seiner Frau hatte 1878 im gleichen 
Verkauf 340 gs. eingetragen; auch diesmal wurde 
es von seinem Pendant nicht getrennt, Wert- 
heimer mußte 2650 gs. dafür geben. Derselbe 
Handler erstand am gleichen Tage ein ,Kinder- 
konzert“ von Jan Molenaer um 1270 gs. (1875: 
470 gs. unter dem Namen Le Nain). Lawrences 
»Heads of the Calmady Children“ aus der glei- 
chen Sammlung kostete, wiewohl nicht voll- 
endet, 560 gs., und Millais kleine Version seines 
„My First Sermon‘, ein betrübliches Publikums- 
stick, 100 gs. „Rustic Interior“ von A. van 
Ostade brachte 105 gs. — Vier Hoppner zuge- 
schriebene Porträts blieben in der Familie der 
Dargestellten, die sich bis zu 950 gs. fiir eines 
derselben hinauftreiben ließen. Von den Hand- 
zeichnungen des verstorbenen Sir Knowles wur- 
den dieRembrandtschen am besten aufgenommen. 
Es waren zum Teil nur erste flüchtige Ideen zu 
seinen Bildern, die der Meister rasch aufs Papier 
fixierte. Darunter erreichten: eine Landschaft, 
Bisterzeichnung, eine Ansicht in der Nähe Amster- 
dams # 165; eine Studie eines liegenden Löwen, 
Sepiazeichnung, € 135; Darstellung im Tempel, 
Bisterzeichnung, £ 70; Mann, ein Kamel führend, 
Federzeichnung, £ 70; Geburt, Skizze für dasgleich- 
namige Bild in der Londoner National Gallery, 
£ 105; Ein Engel, Zacharias erscheinend, Bister- 
zeichnung, und zwei andere Stücke £ 76; Christus 
vor Pilatus, Bisterzeidinung, € 30; eine Berg- 
landschaft, Bisterzeichnung, £ 54; eine stroh- 
gedeckte Scheune mit Wagen und Blick auf 
Brüke und Stadt, Sepiazeichnung, £ 60. Die 
meisten dieser Stücke gehörten einst den Samm- 
lungen Sir Joshua Reynolds, Benjamin Wests, 
Lawrences usw. an. Drei Rubensskizzen brach- 
ten es auf e 70; Ghirlandajos: Anbetung der 
Könige, Federzeichnung, auf # 160; eine Tem- 
perastudie auf Papier: „Eine Gruppe Figuren* 
von Filippo Lippi auf £ 52; eine Giorgione zu- 


Der Kunstsammler 


geschriebene Baumstudie, Bisterzeichnung, auf 
#52; ein Canaletto: venezianische Skizze, auf 
# 80; von Franzosen: eine Landschaft von 
Claude Lorraine, Bister- und Kreidezeichnung, 
im „Liber Veritatis“ enthalten, auf € 58; eine 
große Sepiazeichnung Fragonards: Eingang zu 
einem Park mit Bäumen und Figuren, auf die 
hohe Summe von # 660; eine andere Sepia- 
landschaft mit Bäumen und Schafen desselben 
Meisters auf e 200; eine Watteaustudie in 
schwarzer und roter Kreide: eine Dame, einen 
Fächer haltend, auf e 350. Von englischen 
Zeidinungen bradıte ein „Genfer See“ von 
Turner # 126; ein T. Girtin „Porte St. Denis“ 
£ 120. 15., und mehrere Whistler bis zu € 37. 
16 ein. Unter Sir J. Knowles Bildern befand 
sih ein lebensgroBes Porträt Tennysons von 
Millais aus dem Jahre 1881. Dieses stand nicht 
mit zum Verkauf. Es ist der Nation für den 
Preis von £ 3000 von den Erben zum Erwerb 
für die Tate Gallery angeboten worden, wenn 
man bis Ende Juni diese Summe zum Ankauf 
des Bildes zusammenbringt. Der National Art 
Collections Fund hat denn auch schon einen 
Appell an das kunstliebende Publikum losgelassen, 
ihm mit Gaben zu helfen, dieses Bild des na- 
tionalen Dichters für die Nation zu erwerben. 
Millais selbst hielt dieses Porträt für sein bestes 
und, „ohne unbescheiden zu sein, für des Dar- 
gestellten bestes“. Letzteres ist ein etwas ge- 
wagter Ausspruch angesichts des superben Por- 
trätkopfes Tennysons von G.F. Watts, der jetzt 
in der Franco Britischen Exhibition zu sehen 
ist, ein Bild, in dem Watts im Gegensatz zu 
seinem ,Dichter* Tennyson in der National 
Porträt Gallery diesen als den Menschen dar- 
gestellt hat, dem nichts Menschliches fremd ge- 
blieben war, der durch schwere Leiden und 
Ent- besser Verwicklungen hindurgegangen war, 
um leider Hofpoet zu werden, was ihn in den 
Augen der Menge hob, andern aber manche 
Shwächen seiner spätern Werke erklärt. Das 
Millaisporträt wird in dem Aufruf als „leben- 
dige Verkörperung des Charakters wie der Ge- 
Stalt des Porträtierten“ bezeichnet, „würdig des 
Malers wie des Dichters durch seine meister- 
id technische Durchführung wie durch die 
geradezu monumentale Symmetrie des Ent- 
wurfes*. 3000 Pfund seien nur ein bescheide- 
ner Preis für dieses Werk. Ob der Aufruf 
wadhe Ohren und offene Börsen finden wird, 
dürfte sich bald herausstellen. — Das inter- 
essanteste Bild der Knowlessammlung war eine 
reine Landschaft Reynolds, in der dieser auf 
Giorgiones Spuren wandelt und einmal, als 
große Seltenheit, den Menschen ganz ausschal- 
tet. Das schöne, wohlerhaltene Stück sollte, 


723 


so hieß es, für die National Gallery angekauft 
werden, was sehr gut gewesen wäre, da es 
Reynolds in einem etwas neuen Licht gezeigt 
hätte. Aber ob man nicht die £ 430.100, die 
Mr. Sulley dafür ausgab, überbieten wollte, 
oder aus welchem anderen Grunde, jedenfalls 
wurde nichts daraus. Die Geschichte des Bil- 
des im Auktionssaal ist seltsam: vor ca. 50 
Jahren, 1856, brachte es € 105; 1876: € 68.5.0 
und 1885 gar nur 8 gs! — Ein wuchtiges sym- 
bolishes Bild Watts, „Der Reiter auf dem 
weißen Pferde“, trug € 273 ein. Des Aka- 
demikers Leighton akademischstes und zugleich 
letztes Bild, der wahre Typus eines gestellten 
und schön arrangierten Modelles, „Clytia“, das 
eine förmliche Beleidigung für ein künstlerisches 
Auge ist, bradıte es doch noch immer auf 
# 178.10.0. Im vergangenen Jahr war seine 
„Phryne“ für £ 50 verkauft worden. Leighton 
hatte für beide Bilder natürlich viel mehr be- 
kommen. Die Akademy aber möchte immer 
noch bei ihm und seinesgleichen schwören, und 
ein Nachfolger Leightons, Sir E. J. Poynter, 
durfte sehen, wie sein „High Noon* aus dem 
Jahre 1889 110 gs. eintrug, ob auch in 50 Jahren 
noch? Unter den übrigen Bildern ragten noch 
hervor ein S. Ruysdael „Bleaching-ground Haar- 
lem“, den Messrs. Carfax um 920 gs. erstanden 
(1867 13 gs.!); ein sehr schöner und bekannter 
Claude Lorraine, der denn auch nicht verfehlte, 
einen hübschen Preis, 600 gs. zu erringen (dieses 
Bild „Fishermen and Angler“ hatte Knowles 
s. Z. 1876 um 66 gs. erstanden); sodann ein J. 
van der Capelle „Calm“, eine Flußmündungs- 
szene, die Colnaghi & Co. 1050 gs. kostete; das 
Bild hatte 1885 380gs. gebracht; ein ähnliches 
Stück später 950 gs. Einer der bekannten süB- 
lihen Mädchenköpfe von Greuze wurde mit 
110 gs. bezahlt; es muB auch solche Käufer 
geben. — Im Laufe des Monats fielen einige 
Bilder im Preise, unter ihnen wiederum Rossetti, 
dessen Macht über die Gemüter zu schwinden 
scheint. Seine ,Proserpina“, die noch im vorigen 
Jahre 440 gs. gebracht hatte, sank diesmal auf 
310 gs.; und das gleiche Los teilten Burne Jones 
„Angeli Laudantes“, die statt 120 gs. (im vorigen 
Jahre) nur 75 gs. eintrugen; für dieses larmo- 
yante Stück noch mehr als genug. Unbegreif- 
lih klingt es, daB ein Bild des oben schon 
einmal erwähnten Bonington „Dunstanborough 
Castle, Northumberland‘, das 1874 e 388.10.0 
gekostet hatte, jetzt um ganze 10gs. aus dem 
einen oder anderen zufälligen Grunde abging, 
wie sie hier immer und immer wieder sidı 
geltend machen. Einen weiteren Sturz erlebte 
der vor noch nicht so langer Zeit im Auktions- 
saal und nicht mit Unrecht geschätzte Orient- 


124 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


maler William Müller (1812—45), dessen Bilder 
malerisch gesehen und individuell hingesetzt 
sind. Sein „The Acropolis, Athens“ konnte es 
nur auf 130 gs., statt 760 vor 20 Jahren, bringen. 
— An bedeutenden Schwarz- weißauktionen 
fehlte es im vergangenen Monat. Eine leichte 
Sensation erregte nur ein farbiger Druck in der 
Schwarz-weißsammlung des erwähnten Sir 
J. Knowles, LR Smith „Nature“ nach Romneys 
gleicinamigem Bilde, auf dem Emma Hart, Nel- 
sons Emma, als „Nature“ dargestellt ist. Dieses 
Bild wurde z. Z. für fast £ 20000 ins Ausland 
verkauft! Der farbige Druck von J. R. Smith 
brachte diesmal 260 gs. (vor sechs Jahren kostete 
ein ähnliches Stück 130 gs.). Am 1. Juni gingen 
bei Christie eine ,Duchess of Devonshire“ nach 
Reynolds von V.Green um 160 gs. und „Sweet 
Blown Kiss“ nach Greuze von C. Turner um 
125 gs. ab. Von modernen Meistern errangen 
72 Blätter Axel Haigs schöne Preise, wie Haig 
jetzt hier überhaupt hochgeschätzt wird. Preise 
für seine Stücke stiegen bis zu 62 gs. (The Ves- 
per Bell). Freund. 
2 


AMSTERDAM 


Es war vorauszusehen, daB die Versteigerung 
der Handzeichnungensammlungen Jhr.A.Boreel, 
Jacobi, C. G. V. Schöffer, Du Bois u. t. 
bei Fred. Muller & Co. an den Abenden vom 
15. bis 18. Juni eine Menge Käufer anlocken 
würde. Die Reise der auswärtigen Sammler 
und Händler nach Amsterdam war um so lohnen- 
der, als an denselben Tagen noch die umfang- 
reiche Porzellan- und Fayencensammlung Boreel, 
sowie englische und französische Stiche aus 
dem XVIII. Jahrhundert unter den Hammer 
kamen. Am interessantesten war natürlich die 
Sitzung, in der die zahlreichen Handzeichnungen 
von Rembrandt ausgeboten wurden. Von 
denselben erzielte den höchsten Preis, 5300 fl., 
Nr. 487, eine 9><18,6 cm kleine, lavierte Feder- 
zeichnung, Ansicht der Amstel in der Nähe von 
Omval. Ein Zeichen, daß ebenso wie von den 
Radierungen auch unter den Handzeichnungen 
die Landschaften (es war die einzige auf der 
Auktion) gegenwärtig am begehrtesten sind. 
Diesem außerordentlih hohen Preise gegen- 
über gehen die nächstfolgenden beträchtlich 
zurück, ohne daB man gerade sagen könnte, 
sie seien niedrig. Nr. 484, eine mit klaren Feder- 
strichen hingesetzte und mit dem Pinsel lavierte 
Studie zweier Frauen, von denen die jüngere 
ein Wickelkind im Arm hält, kostete 1150 fl. 
Nr. 479, Elieser erhält von Rebekka am Brunnen 
zu trinken (Feder und Bisterlasur, 14,5><21,5 cm) 
brachte 1050 fl. Für die schöne Aktstudie eines 


jungen Mannes (Nr. 486, H. d. G. 2) wurden 
790 fl. bezahlt; für Nr. 491, vier männliche 
Studienköpfe (H. d. G. 1363) 750 fl. Es folgen 
dann mit 450 fl. der liegende Löwe, Nr. 485 
(H. d. G. 3), und mit 430 fl. Nr. 480, Esau ver- 
kauft sein Erstgeburtsrecht (H. d. G. 1312); leider 
ist das Blatt durch einen Fleck in der Mitte 
beschädigt. Weit niedriger waren die Preise 
der übrigen sieben Blätter, die Rembrandts 
Namen trugen. Bei manchen dürften auch wohl 
einige Zweifel an der Echtheit gerechtfertigt 
sein. Bei einigen wieder wundert man sich, 
daß sie so außerordentlih billig weggehen 
konnten. Nr. 490, der Herd: 220 fl.; Nr. 478, 
Abraham verabschiedet Hagar und Ismael: 
130 fl.; Nr. 481, Nathan macht dem David 
Vorwürfe: 105 fl.; Nr. 489, Brunnen vor einer 
Bauernhütte (H. d. G. 1313): 100 fl.; Nr. 483, 
die Töchter des Kekrops entdecken den jungen 
Erichthonios (schöne flotte Federzeichnung aus 
ziemlich später Zeit): 90 fl.; Nr. 482, Judas gibt 
die Silberlinge zurück: 80 fl. Nach dem Kata- 
log ist es die Skizze zu dem frühen Gemälde 
mit dieser Darstellung in der Sammlung des 
Barons von Schickler in Paris. Die Richtigkeit 
dieser Annahme scheint aber nicht über allen 
Zweifel erhaben. Endlich Nr. 488, der Turm 
»Swijgt Utrecht« in Amsterdam (ein echtes Blatt) 
nur 50 fl. Im ganzen wurden für diese 14 
Zeichnungen 10695 fl. bezahlt. Die neun Blätter, 
die der Schule Rembrandts zugeschrieben waren, 
brachten es nur auf zusammen 472fl. In meiner 
Vornotiz über die Auktion hatte ih auch auf 
die bedeutende Kollektion von Zeichnungen 
Jan van Goyens hingewiesen. Die Preise für 
die größeren Blätter (etwa 20x30 cm) bewegten 
sich zwischen 400 und 200 fl. So brachte 400 fi. 
Nr. 216, Hütte am Wasser, 340 fl. Nr. 220, 
Straße am FluB (die erstere Zeichnung 1651, die 
andere 1653 datiert). Beide sind (wie überhaupt 
die meisten der hier zitierten Nummern) im 
Katalog gut reproduziert. Die kleineren Blätter 
van Goyens wurden mit rund 200 bis herunter 
auf 11 fl. bezahlt. Immerhin ist der Gesamtpreis 
der 29 Zeichnungen, 3542 fl, nicht unansehnlich 
zu nennen. Von den übrigen Holländern des 
XVII. Jahrhunderts erzielten die héchsten Preise 
A. v.Ostade, Nr. 445, Bauernschenke (19,5><28) : 
800 fl. Eine Arbeit von seinem Schüler C. Dusart, 
Nr. 169, ein Bauernkonzert in einem Interieur 
darstellend (19><20): 500 fl. S. van Hoog- 
stratens schöne ausgeführte Zeichnung des 
ungläubigen Thomas (bezeichnet und 1641 datiert), 
Nr. 287, wurde für 560 fl. von Herrn Direktor 
E. W. Moes (wahrscheinlich für das Rijksprenten- 
kabinet) erworben. Willem vd Velde d A. 
Nr. 611, das IJ vor Amsterdam: 400 fi., Nr. 608: 


Der Kunstsammler 


725 


155 fl.; L. Backhuysen, Nr. 25: 220 fl., Nr. 26: 
180 fl.; A. v. Everdingen, Nr. 189: 155 fl.; 
C Huygens, Nr. 303: 145 fl., Nr. 304: 145 fl.; 
Ph. de Koninck, Nr. 328: 140fl.; I.v.Ostade, 
Nr. 455, der Tanz: 165 fl. (Ist er nicht vielleicht 
eher von Gerrit Lundens?). Roelant Rogh- 
man, Nr. 502: 150 fl.; S. de Vlieger, Nr. 643: 
205 fl.; A. Weenix, Nr. 659, vier Papageien: 
175 fl.; R. Zeeman, Nr. 675: 240 fl. Von den 
holländischen Meistern des XVIII. Jahrhunderts 
wurden am besten bezahlt: Nr. 577, C. Troost, 
shwere Trennung (Aquarell, 43><62), 590 fl.; 
Jacob Cats, Nr. 113, die Ruinen des Schlosses 
Teylingen (Aquarell), 365 fl.; Nr. 119, Stadt- 
ansicht, 350 fl.; A. Schouman, Nr. 540, Aquarell- 
kopie eines Gemäldes von W. v. d. Velde, 200 fl. 
und D. Langendijk, Nr. 342, 160 fl. Etwas 
höher als die Durchschnittspreise für die Hollander 
des XVII. Jahrhunderts waren die, die einige 
frihhollandische Zeicinungen erzielten. So eine 
Federzeihnung von Jac. Cornelisz van 
Oostsanen (Nr. 136): 530 fl., ein Blatt von 
C. Engelbrechtsen (Nr. 182): 300 fl., von L. 
van Leyden, Nr. 362, Saul und David (datiert 
1508): 330 fl. Vier runde Blatter mit Taten der 
BarmherzigkeitvonJan Swart van Groningen 
brachten 500 fl. — Unter den Zeichnungen der 
vlämischen Schule verdient besonderes Interesse 
Nr. 311, ein Aquarell von Jacob Jordaens, 
darstellend Bacchanten und Satyrn. Die Be- 
merkung des Kataloges, daß das Blatt alle 
Qualitäten eines vollendeten Gemäldes besitze, 
erklärt sich leicht daraus, daB es eine ziemlich 
genaue Vorstudie ist für das in der königl. Galerie 
in Kopenhagen befindliche große Bild von 1649, 
der OberfluB*). Der Preis betrug 810fl. Die andere 
Zeichnung von Jordaens, ein großer stehender 
Odise, Nr. 312, kostete 400 fl. Ein Studienblatt mit 
männlichen Köpfen von A. van Dyck brachte 
420 fl. — Endlich sind noch drei deutsche Meister 
zuerwähnen. Von Dürer eine monogrammierte 
und 1515 datierte Federzeichnung, die für eine 
Holzschnittillustration zu einem Gedicht von Hans 
Sais benutzt wurde und die in der Mitte eine 
auf einem Zweig sitzende Eule, gegen die von 
links und rechts je ein Vogel fliegt, darstellt. 
Ausführlich geschrieben hat darüber S. Scheike- 
vith in der Gazette des Beaux-Arts 1907, Bd 
S. 332. Preis 1225 fl. Eine Zeichnung von 
Hans Schäuffelein, Nr. 536, ein Papst, der 
von einem Bischof die Regeln eines neuen 
Ordens in Empfang nimmt: 1600 fl. Zwei Blätter 
von A.!Aldegrever ergaben 315 bezw. 250 fl. 

Diese Handzeichnungenauktion bildete ein 


u il eeneg Set 


*) Vergl. dariiber die Ausfiihrungen von Dr. Erasmus 
m vorliegenden Heft. 


würdiges Gegenstück zu der am 16. und 17. Juni 
vor- und nachmittags unter den Hammer ge- 
kommenen großartigen Sammlung von Porzellan, 
Fayencen, Möbeln, Uhren und Waffen des Jhr. 
Alfred Boreel. Der Anfang wurde mit der 
Versteigerung der Waffen, Nr. 291—302, ge- 
madit. Darauf folgten vier groBe 73 cm hohe 
Gartenvasen, Nr. 303 1875 fl, Nr. 304, ein Paar 
Louis XVI.-Kandelaber, kniende Satyrn, die je 
drei Blütenzweige halten, auf Marmorsockeln: 
4750 fl. Nach dieser fünf Nummern umfassenden 
Abteilung wurden drei Wanddekorationen in der 
Art des M. d'Hondecoeter ausgeboten und für 
1300 fl. zugeschlagen. Die groBe Standuhr mit 
Spielwerk (um 1750), Nr.268, brachte 4200 fl., 
eine andere, Louis XVI, Nr. 269, 750 fl. Erst 
nach Erledigung der Abteilungen Möbel und 
Bildhauerwerke wurde dann zur Versteigerung 
der Fayencen und des Porzellanes übergegangen 
und mit den Delfter Fabrikaten begonnen. 
Nr. 210, ein Kachepot mit blauem, biblischem 
Dekor: 630 fl.; Nr. 211, eine Statuette der Maria 
mit dem Jesuskind, datiert 1761 (Höhe 44,5 cm): 
540 fl., Nr. 213, Dame in Gelb (Höhe 29 cm): 635 fl. 
Das Gebot für Nr. 205, Garnitur von vier pracht- 
vollen, 50cm hohen polychromen Vasen stieg 
von 1500 bis auf 9600fl. Nicht viel niedriger, 
8700 fl., war der Preis für Nr. 206, ebenfalls eine 
Garnitur von fünf Vasen mit polychromem Dekor 
vonL. van Eenhoorn, 1791. — Tierstatuetten. 
Papageien erzielten durchschnittlich 420 bis 400 fl. 
Nr. 225, ein Paar stehende Hähne (Höhe 21 cm): 
650 fl.; Nr. 226, ein stehender Hahn (Höhe 21 cm): 
750 fl.; Nr. 227, zwei kleine Hähne (Höhe 14,5 cm): 
500 fl. Nr. 229, Eichhörnchen (Höhe 19 cm): 390 fl. 
Nr. 230, zwei Pferde: 420fl. und Nr. 231, eben- 
falls ein Paar Pferde: 650 fl. Nr. 232, zwei sit- 
zende Hunde (Höhe 20,5 cm): 400fl. Nr. 233, 
zwei Kühe: 445fl. Ein Paar Geißen 510fl. — 
Nr. 236 und 237, zwei Paar Kaffeekannen in 
Form von sitzenden Bauern und Bäuerinnen 
brachten 400fl. und 500fl.; Nr.240, ein Korb, 
580 fl.; Nr. 242, ein Paar Butterfässer mit einem 
ruhenden Schwan als Deckel, 410fl. Wand- 
teller: Nr.248, ein Paar (36,5><32,5 cm): 470 fl. 
Nr. 250, ein einzelner (39,5><34 cm): 400 fl. Nr.251, 
Teller mit gelbem Rand und Magdalena, Christus 
die Füße salbend, in Blau in der Mitte (Durch- 
messer 35,5): 1025 fl. Nr. 252, ein ähnliches 
gleichgroBes Stück: 975fl. Nr. 256, ein Paar 
mit Dekor aus Végeln und Blumen: (Durchmesser 
35,5) 1470 fl. 

China. Nr. 263, ein großer (Durchm. 56,5 cm) 
farbiger Teller, emailliert, sog. „famille rose“: 
4400 fl. Nr.264, Vasengarnitur aus fünf 78cm 
hohen Stücken in blauem, rotem und gelbem 
Dekor: 4500 fl. 


726 


‘Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Höchst. Nr. 158, acht türkische Musikanten 
(Höhe 19cm): 4775 fl. Nr. 159, Gruppe eines 
Hirten, der eine sitzende Hirtin liebkost (Höhe 
19cm): 1500fl. Nr.160 und 161, zwei Liebes- 
paare vor einer Laube (Höhe 28,5 bzw. 27,5 cm) 
zusammen: 8900 fl. Nr. 165, Tasse mit tiefer 
Untertasse: 390 fl. 

Ludwigsburg. Nr. 166, der verliebte Jager 
(Höhe 33cm): 1550 fl. Nr. 168, zwei Gruppen: 
der Schneider auf dem Ziegenbock und das 
Mädchen auf der Ziege (Höhe 23 und 20cm): 
2350 fl. Nr. 173, zwei Statuetten: ungarischer 
Offizier und tanzende Frau (Höhe 16 cm): 650 fl. 
Nr. 175, drei Gruppen Musikanten: 1350 fl. 

Frankenthal. Nr.176, Porträtfiguren vom 
Kurfürsten Karl Theodor v. d. Pfalz und seiner 
Gemahlin Elisabeth Augusta (Höhe 21,5 cm): 
1975 fl. Nr. 177 und 178, zwei Jägergruppen 
(Höhe 26,5 und 29 cm) zusammen: 3550 fl. Nr. 180, 
Neptun auf seinem von zwei Pferden gezogenen 
Wagen (20x30 cm): 2300 fl. 

Fürstenberg. Nr. 187, wütender Stier und 
Nr. 188, stehende Kuh: 1550 fl. 

Berlin. Nr. 190, Tee- und Kaffeeservice: 1400f1. 

Die Glanznummer dieses Versteigerungstages 
war das Haager Porzellanservice, bestehend 
aus 156 Stücken (Nr. 196), das für 20000fl. zu- 
geschlagen wurde. 

Das sächsische Porzellan kam am zweiten 
Versteigerungstage an die Reihe. Merkwürdiger- 
weise war die Kauflust hierfür im allgemeinen 
nicht mehr so groß, wenngleich audi manches 
Stück noch einen guten Preis erzielte. Das be- 
rühmte Affenkonzert von Kandler, Nr. 109—135, 
brachte 4750 fl. Für eine Figur der sieben Berg- 
leute (Nr. 136—142) wurden 200 bis 400 fl. be- 
zahlt. Nr. 51, verliebtes Paar: 800 fl. Nr. 54, 
musizierende Familie: 760 fl. Nr. 31 und 32, zwei 
Kannen in Form von Affen: 1050 fl. Die kleineren 
Tierfiguren erzielten Durchschnittspreise von 400 
bis 800 fl. Nr. 20, ein Paar Bulldoggen (Höhe 
26 cm): 2100 fl. 

Es sind nun noch einige Preise von der Ver- 
Steigerung der englischen und französischen 
Stiche des XVIII. Jahrhunderts am 18. Juni zu 
notieren. Nr. 723, Toilette der Venus von Janinet 
nach Boucher: 510fl. Die vollständige erste 
Serie der „Suite d’estampes pour servir à l'his- 
toire des moeurs et du costume des Francais 
dans le XVIII. siècle“ nach S. Freudeberg 
(Nr. 758, 12 Blatter): 2072 fl. Die zweite Serie 
davon nach J. M. Moreau le jeune (Nr. 805, 
ebenfalls 12 Blätter): 1010 fl. Von der Serie 
G. Morlands erzielte das Paar Nr. 806, The 
First of September: 730 fl., Nr. 808, „Rural Amuse- 
ment“ und „Rustic Employment“: 560 fl., Nr.811, 
„A Party Angling“ und „The Anglers Repast“: 


590 fl., Nr.812, „A Visit to the Boarding School“ 
und „A Visit to the child at nurse“: 1500f1, 
Nr. 816, „The Thatcher“: 550 fl., Nr. 817, „A Boy 
employed in burning the weeds“: 620fl. und 
Nr. 818, „The Horse feeder“ und „The Corn 


bin“: 860 fl. K. F. 
g 

KAMPEN Z— 

Die letzte Versteigerung der hinter uns 


liegenden Auktionssaison dürfte die in Kampen 
unter der Direktion von Fred. Muller & Co. am 
7. Juli stattgehabte der Sammlung der Douairiere 
Fr. Lemker-Müller gewesen sein. Diese 
Sammlung setzte sich in der Hauptsache aus hol- 
ländishen Gemälden zusammen, wozu nod 
Möbel, chinesisches und anderes Porzellan kamen. 
Die holländischen Großmeister waren zwar nicht 
vertreten, aber dafür zahlreiche Gemälde von 
weniger bekannten und selten vorkommenden 
Meistern des XVII. Jahrhunderts. So z. B. zwei 
voll bezeichnete und datierte Familienportäts 
von S. van Duyven, eine Marine von J. H. 
Goderis, eine Landschaft vonF.Knibbergen, 
Bildnisse von B.Vollenhove. Aber auch be- 
kanntere Namen waren vertreten, wie H. Aver- 
camp, C. Bega, J. Bellevois, G. v. d. Eed- 
hout, F. de Hulst, Cl. Molenaer, Egb. v.d. 
Poel, Pieter Potter, R. Savery, C. Troost 
und J. v. d. Velde. | 


VERMISCHTES 


Dresden. Die Gemäldegalerie hat Max Klingers 
„Quelle“ kürzlich für 27000 M. aus dem Besitz der Kunst- 
handlung Ernst Zaeslein-Berlin erworben, 

Kassel. Anfang Juni wurde in der Kgl. Gewerbehalle 
eine sehr wertvolle Sammlung antiker Fundstücke von 
SiidruBland (Nikolajeff) aus dem Besitz von A. Vogell 
in Karlsruhe versteigert. Eine kostbare Glas-Amphora 
von äußerster Seltenheit, etwa 2m hod, ging für 12000 M 
fort, ein ladiender Faun mit einem Schlauch bildete ihren 
AusguB. Eine Schale aus Millefioriglas brachte 1300 M: 
eine andre aus Serpentinstein 880 M. Ein VexiergefàB 
erzielte 450 M. (Die Parallele zwischen antiker und neu- 
zeitlicher Barockkunst greift auf mannigfaltige Geschmacks- 
gebiete hinüber!). Sehr bemerkenswert war ferner ein 
u Ring, der aus zwei den Radıen auftuenden 

öwenköpfen gebildet war (1320 M), und mehrere Perlen- 
und Halbedelsteinketten [500 M). 

London. Martin Colnaghi, eine der charakterischen 
Persönlichkeiten des englischen Kunsthandels ist 83 Jahre 
alt gestorben und der Londoner Kunstmarkt hat damit 
zugleich seinen Nestor und eine der sympathischsten und 
kenntnisreidisten Erscheinungen verloren. 

Das Antiquariatvon Jacques Rosenthal in München 
veröffentlicht soeben einen reichhaltigen Exlibris-Katalog 
(Nr. er der besonders durdi zahlreiche Abbildungen 
seltener Stücke ein hohes wissenscaftlicies Interesse 
erheischt und allen Exlibris-Sammlern nachdrüclidı emp- 
fohlen werden kann. Namentlic) aus dem XV. und XVI. 
Jahrhundert vereinigt dieser Katalog Stücke, die als Rari- 
täten ersten Ranges angesprochen werden dürfen und 
nicht verfehlen werden, in den interessierten Sammler- 
kreisen berechtigtes Aufsehen zu erregen. Da uns der 
Raum zu einer eingehenderen Besprechung an dieser 
Stelle mangelt, so mag wenigstens notiert sein, daß es 
sih im ganzen um 1053 Nummern handelt, von denen 34 
in Faksimiles reproduziert sind. 


Herausgeber: DR. GEORG BIERMANN 
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2 


=." 


D Begründet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs O 


I. Jahrg. Heft 9 1908 


Über den Geschmack des Holländischen Publikums 
im XVII. Jahrhundert mit Bezug auf die damalige 


Malerei’) 
Von W. Martin (Haag) 


„Die Unsicherheit in der Beurteilung von Kunstwerken ist heutzutage größer 
als je, und die Meinungsverschiedenheiten in Kunstfragen sind in Deutschland noch 
stärker als in anderen Ländern.“ 

Wenn man diese Außerung von Prof. Woermann °) liest und andere gleichartige 
Bemerkungen über die verschiedenen Geschmacksrichtungen unserer Zeit — die sich 
wie kaum zu entwirrende Fäden kreuzen — dann wagt man es kaum, eine 
Antwort auf die sich so oft aufdrängenden Fragen nach den Geschmacksrichtungen 
früherer Zeiten zu suchen. Im allgemeinen kann man ja allerdings leicht erfahren, ob 
ein Dichter beliebt war, ob ein Maler bei Lebzeiten zu hohen Ehren kam, ob der Stil 
eines Baumeisters oder Bildhauers allenthalben Gefallen fand. Aber ein tieferes Ein- 
gehen in die verschiedenen „Abschnitte“ der Geschichte des Geschmackes bringt sogleich 
allerlei Schwierigkeiten mit sich, zum Beispiel wenn es eine genauere Priifung der 
Geschmacksunterschiede zwischen den verschiedenen Stufen des „kunstsinnigen“ Publikums 
gilt. Namentlich aber ist in vielen Fällen äußerst schwer festzustellen, inwiefern der 
rein künstlerische Wert eines Kunstwerkes von einem Volke, von gewissen Kreisen 
oder von einer gewissen Person verstanden wurde. Inwiefern Mode und Unselb- 
ständigkeit des individuellen Geschmackes, finanzielle Momente und andere zufällige 
Umstände eine Rolle spielten, ist verhältnismäßig nur sehr selten zu erfahren. 

Auch bei der holländischen Malerei des XVII. Jahrhunderts, die doch wirklich 
volkstiimlich und mit dem Volke geradezu verwachsen war, ist die Behandlung dieser 


1) Dieser Aufsatz wurde in etwas anderer Form von dem Verfasser als Antrittsvorlesung 
als a. o. Professor der Kunstgeschichte an der Leidener Universität gehalten. [Eenige Opmerkingen 
over de waardeering onzer schilderkunst in: onze Gouden Eeuw. 's Gravenhage, Martinus 
Nijhoff, 1907.) In der obigen Gestalt wird er in erweiterter Form und zum ersten Male 
illustriert veröffentlicht. 

3) Karl Woermann. Was uns die Kunstgeschichte lehrt. Dresden, L. Ehlermann, 1894. 

48 


728 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Fragen mit vielen Schwierigkeiten verbunden, und namentlich stößt man immer wieder 
auf die Unmöglichkeit, festzustellen, inwiefern die ausschließlich malerischen Qualitäten 
der Bilder von dem damaligen Publikum verstanden wurden. 

Alle Fragen zu beantworten, ist nicht der Zweck dieser Arbeit: diese will nur 
die Fragen deutli zu scheiden versuchen und vorläufig nur einige beantworten. 
Nur ein eingehenderes Studium des hier in großen Zügen unterbreiteten Quellen- 
materials kann zu einer endgültigen Antwort führen, oder aber — was auch nicht 
unmöglih wäre — die Quellen erweisen sich als ungenügend, und es stellt sich 
heraus, daß gerade das, was man wissen möchte, nicht mehr herauszufinden ist. 


* È x 

Von dem umfangreichen Quellenmaterial zum Studium des „malerischen“ 
Geschmackes des holländischen Publikums im XVII. Jahrhundert nennen wir in erster 
Linie die aus jener Zeit erhaltenen Gemälde. Verschiedene davon, namentlich dekorative 
Bilder, befinden sich noch heute an Ort und Stelle, für die sie ursprünglich gemalt 
wurden. Tritt man in solh ein Interieur — zum Beispiel in ein Regentenzimmer, 
wo die Regentenbildnisse noch an den Wänden hängen und wo sich vielleicht auch 
noch Landschaften oder Stilleben, die zur ursprünglichen Möblierung des Zimmers 
gehörten, befinden —, dann erhält man den unmittelbarsten Eindruck von dem 
diese Dinge betreffenden Geschmack des damaligen „schilderconstliefdighen“ +) Publikums. 

Leider sind aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts Interieurs mit ursprüng- 
lich dazugehörigen Bildern kaum mehr erhalten. Ein einfaches Wohnzimmer mit weiß 
getünchten Wänden, an denen ganz oben verschiedene Landschaften von Jan varı 
Goyen hingen, existierte zwar noch vor dreißig Jahren in Holland, ist aber jetzt mit 
vielen anderen verschwunden. Ferner hat das wohlhabende Patriziertum des XVIII. Jahr- 
hunderts die meisten Zimmer aus der Zeit vor 1650 „gemütlicher“ und „geschmack- 
voller“ zu gestalten versucht, indem es durch Stuckdecken, Vergrößerung der Fenster, 
Velours-d'Utrecht-Tapeten und Louis-XIV.- bis XVI-Ausstattungen den Anblick verdarb 
und Innenräume schuf, die für die älteren, noch an Ort und Stelle gebliebenen 
Bilder eine wenig passende Umgebung bilden. 

Aus der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts gibt es mehr Beispiele, namentlich 
von ganz bemalten Innenräumen in Privathäusern, wie z. B. einige von Jan Weenix 
bemalte Zimmer in Amsterdam, die Bemalung des von dem holländischen Seehelden 
Cornelis Tromp gebauten Hauses „Trompenberg“ bei Hilversum usw. Auf die Bemalungen 
des Amsterdamer Rathauses (jetzt Kgl. Schloß) und des Huis ten Bosch im Haag (vgl. Abb. 1) 
brauche ich kaum hinzuweisen. Es genügt auch ein bloBer Hinweis auf die zahlreichen 
anderwärts noch an Ort und Stelle aufbewahrten Bilder aus jener Zeit in alten Rat- 
häusern und Gerichtssälen, wie z. B. die Gemälde von Ferdinand Bol und Lievens im 
Rathaus zu Leiden, welche mit ihrer Umgebung als gute Beispiele des damaligen 
„offiziellen“ Kunstgeschmackes gelten können. 

Außer diesen noch an ihrem ursprünglichen Bestimmungsorte befindlichen 


1) = Malerei liebenden. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 729 


Abb. 1. Ansicht eines Teiles der Bemalung des Oranjezaal im Huis ten Bosch im Haag. 
. Gemälde von CAESAR VAN EVERDINGEN (über und rechts von der Tür), JAN 
LIEVENS (oben links) und TH. VAN THULDEN (unten links und rechts) ->o 


730 | | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Gemälden gibt es in Museen und Sammlungen zahlreiche, deren Herkunft so genau 
bekannt ist, daß man sie sich leicht wieder an die Stelle versetzt denken kann, für 
welche sie gemalt wurden: von den Schützenstücken weiß man meist genau, aus 
welchem Doelen (= Schützenhof) sie stammen, und bei manchem Bildnis, bei mancher 
allegorischen Darstellung gibt der Museumskatalog die Herkunft an. ?) 

Verschiedene Bilder aus dem Besitze der holländischen Statthalter befinden sich 
in öffentlichen Sammlungen, und auch für die Kenntnis des Geschmackes einzelner 
Privatleute finden wir dort wie in Privatsammlungen allerlei bemerkenswerte 
Anhaltspunkte. So besitzt das Amsterdamer Rijksmuseum die Bemalung eines 
Zimmers aus dem Hause des Baumeisters Jacob van Campen, und es finden sich in 
demselben Museum sowie im Mauritshuis im Haag Gemälde (von Saenredam, Hanneman, 
D. Seghers usw.), die aus dem Hause des bekannten Dichters und Staatsmannes 
Constantijn Huygens stammen. 

Von größter Bedeutung sind ferner die alten Beschreibungen von Gebäuden 
und Häusern, in erster Linie die Inventare von Haushaltungen jener Zeit, welche uns 
einen Einblick in den malerishen Geschmack von Hunderten von Privatleuten aller 
Stände gewähren. Oft sind die Stellen, wo die Bilder hängen, in diesen Inventaren 
so genau angegeben, daß man sich das ganze Interieur mit den zahlreichen Bildern in 
den Zimmern, auf den Gängen, im Vorhause, auf den Treppen, ja oft sogar auf dem 
Boden, in der Küche und im Gartenhause wieder vor Augen zaubern kann. Zahl- 
reihe andere Archivalia, wie Kontrakte und ProzeBstücke, die sidi namentlich in den 
der Forschung jetzt allgemein zugänglidi gemachten Notariats-Archiven befinden, 
enthalten für unseren Zweck wichtige Bausteine, welche zwar zum großen Teil schon 
von Bredius u. a. in Zeitschriften?) publiziert sind, teilweise aber noch auf syste- 
matische Bearbeitung warten. 

Dann sind als Quellen wichtig die Kataloge von Bilder-Auktionen aus dem 
XVII. Jahrhundert, die Maler-Biographien und Gemälde-Beschreibungen in den hollän- 
dischen Städte-Beschreibungen von Orlers, Baalen, Ampzing usw., die Reisebeschrei- 
bungen von Ausländern, die in Holland reisten (Seigneur de Monconys°) usw.), 
Briefe, Alba amicorum und endlich Quellen wie das Maler-Register von Jan Sysmus *), 
die Notizen von Arend van Buchell*), die Autobiographie von Constantijn Huygens ‘) 
und die zahlreichen Gedichte von Berufsdichtern und Dilettanten, die in den Aus- 
gaben ihrer Werke und unter so manchem Kupferstich jener Zeit zu finden sind. 

Auffallend ist es, wie oberflächlich in diesen Quellen — insofern sie ästhetisch- 
kritische Betrachtungen enthalten — die Kritik zu Werke geht. Man macht 
Lobgedichte, meistens auf diejenigen Bilder, bei denen sich etwas denken oder 


1) Besonders typisch ist in dieser Hinsicht das Haarlemer Städtische Museum. 

2) Obreen's Archief, Oud Holland usw. 

3) Nederlandsche Kunstbode, 1880. S. 405. 

4) Oud Holland VII, 1. 

5) Oud Holland V, 149 und ,Diarium van A. v. Buchell, uitgegeven door Dr G. Brom en 
Dr L. A. van Langeraad. Amsterdam, Joh. Muller, 1907. 

6) Oud Holland IX, 106. 


W. Martin. Über den Geschmack des Hollandischen Publikums im XVII. Jhrh. 731 


Abb. 2. JAN STEEN. Der verschwenderische Haushalt 
Sammlung Ad. Schloß, Paris el 


philosophieren läßt, also auf allegorische, mythologische und historische Darstellungen 
und auf Bildnisse. Aber von wirklich kritischen Betrachtungen, die sich mit etwas 
anderem als mit der Darstellung und dem EES im Bilde beschäftigen, ist 
meistens keine Spur zu finden. 

Eine einigermaBen systematische Kritik existiert nicht. Hat man an einem 
bedeutenden Maler etwas zu rügen, dann gibt sich ein einziges Mal Jemand die 
Mühe, ihm zu Leibe zu gehen, am liebsten in metrischer Form, wie z. B. Andries 
Pels es tat, der bei Rembrandt, zwölf Jahre nach dessen Tod, den Realismus 
Tugte in seiner bekannten kritisch analysierenden Passage, aus deren Schluß wir 
folgende arroganten StoBseufzer in Erinnerung bringen: 


Maar och! hoe eed’ler geest, hoe meer zij zal verwild’ren, 
Zoo zij zich aan geen grond, en snoer van regels bindt, 
Maar alles uit zich self te weeten onderwindt! !) 


Aber dergleichen Außerungen gehören zu den Seltenheiten, und lobende Kritiken ohne 
didhterishen Schwung, oder gar rein sachliche sind noch viel seltener. Wenn ich 


1) „Aber ach, je edler ein Geist ist, desto mehr wird er verwildern, wenn er sich nicht 
zu binden weiß an einen Grundsatz und eine Reihe von Regeln, sondern sich einbildet, daß er 
alles aus sich selbst heraus wissen kann.“ 

Der ganze auf Rembrandt bezügliche Teil des Gedichtes bei Hofstede de Groot, Urkunden 
über Rembrandt, No 352. 


732 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


nicht irre, ist Huygens’ bekannte vergleichende Kritik zwischen Rembrandt und Lievens‘) 
fast das einzige Beispiel dieser Art. 

Denn nicht einmal in den Malerbiographien der holländischen Städtebeschreiber 
findet man sachverständige Kritik. Das Lob, das die Verfasser ihren malenden 
Mitbürgern spenden, sieht auf den ersten Blick zwar oft wie sachliche Kritik aus, 
aber gerade dasjenige, was man zuerst für eine Würdigung bestimmter Eigenschaften 
hält, entpuppt sidi bei näherer Betrachtung meistens nur als eine Art „epitheton 
ornans“, da es bei anderen Malern von ganz anderer Veranlagung ebenfalls 
benutzt wird. Einige Beispiele aus Orlers’ „Beschrijvinge der Stadt Leyden“ (1641) 
mögen diese Art der Kritik illustrieren. So sagt er von dem Leidener Bildnismaler 
Joris van Schooten, daß dieser „met vlijt ende naersticheijd“ (d. h. mit Fleiß und 
Ausdauer) „seine Zeit zum Malen gebraucht“, und von seinen kräftigen, jetzt im 
Leidener Städtischen Museum aufbewahrten Schützenbildern heißt es nicht anders als 
daß dieselben „met grooten vlijdt ende naersticheijdt“ gemalt sind. Für den Landschafter 
Pieter de Neyn findet Orlers auch nur dieselben Epitheta: „vlijdt ende naerstigheijdt“ 
und „groote vaerdigheid“ (d. h. Fertigkeit). 

Vergleihen wir die Charakteristiken, welche Orlers von Jan van Goyen 
und Rembrandt gibt, dann sehen wir dasselbe: van Goyen, der auch „met grooten 
naersticheijd“ arbeitet, heißt „einer der kunstreichsten Landschaftsmaler . . . welche in 
unserer gegenwärtigen Zeit berühmt und bekannt sind“; und Rembrandt nennt er 
„einen der gegenwärtig bekanntesten Maler unserer Zeit“. 


Man sieht, wie wenig hier von wahrer Kritik die Rede sein kann. Bei allen 
Malern erwähnt Orlers dann obendrein, daß ihre Arbeiten bei den Liebhabern inner- 
halb und außerhalb der Stadt sehr gesucht sind; aber umsonst sucht man bei ihm 
irgend eine schärfere charakterisierende Würdigung der künstlerischen Bedeutung des 
betreffenden Malers. 

Bieten also die letztgenannten Quellen nicht soviel Material, wie man wohl 
vermuten könnte, so sind dagegen sehr befriedigende Resultate aus dem Studium 
einer besonderen Art von Quellen zu erwarten, über welche ich in Kürze noch 
etwas anführen möchte. Ich meine jene Gemälde, Zeichnungen und Stiche, die 
Innenräume darstellen, in denen an der Wand Bilder hängen. Vor allem kann man 
da die Einrichtung der Privathäuser gut studieren und sie geben uns manche 
Illustration zu den in Inventaren genannten Bildervorräten in damaligen Privathäusern. 
Das häufige Vorkommen von Landschaften, die Vorliebe für bestimmte Darstellungen, 
der Platz, wo man am liebsten die Bilder aufhängte, die Art der Umrahmung, das 
Licht, in dem sich die Bilder befinden, und viele andere Details kann man aus solchen 
Darstellungen kennen lernen. 

Nur — und das mahnt zur Vorsicht — geben solche Darstellungen nicht immer 
bestimmte Innenräume wieder. Interieur-Maler wie der Delfter Vermeer, Pieter de 
Hood, Janssens, Metsu, Jan Steen, Boursse, Jan Miense Molenaer, Adriaen van 
Ostade, waren zwar Realisten, insofern als sie niemals ein Interieur malten, das nicht 


1) Oud Holland IX, 106. 


W. Martin. Über den Geschmack’ des Hollandischen Publikums im XVII. Jhrh. 733 


Abb. 3. ADRIAEN VAN DE VENNE. KirmeB auf dem Buitenhof im Haag 


genau den Typus von der Art darstellte, welche sie wiedergeben wollen, aber die 
Attribute entlegnen jene Maler sehr oft ihrer eigenen Umgebung, ihrer Werkstatt 
oder ihrem Hause. Also genau wie heute. 

Deshalb gilt es, bei der Beurteilung solcher gemalten Innenräume erst die 
„persönlichen“ Motive des Malers auszuschalten. Man muß z. B. beachten, daß 
Anthonie Palamedes wiederholt über oder neben den von ihm so oft abgebildeten 
charakteristischen Leinenschrank ein oder zwei Marinebilder mit einem Schiff im Sturm 
hängt, jedesmal dieselben wahrscheinlich in seinem Besitz befindlidi gewesenen Bilder. 
Auch auf den Bildern des Delfter Vermeer kehren als Wandschmuck immer Gemälde 
wieder, die er, laut dem Inventar seines Nachlasses, selbst besaß: eine Landschaft, ein 
Christus am Kreuz usw. | 

Teilweise muß man auch auf solchen gemalten Innenräumen die Gemälde an 
der Wand als Hinweise auf die Handlung deuten, die sich in dem Interieur abspielt. 
Am häufigsten geschieht das bei Jan Steen. So besitzt M" Neumann in London ein 
herrliches Bild dieses Meisters!) mit der Darstellung einer in übermäßigem Luxus 
lebenden Familie mit der Devise „so gewonne, soo verteert“.) Auf demselben sind 
am Kamin Skulpturen angebracht, die Reichtum, Armut und Fortuna darstellen, die 
letztere auf einem Würfel stehend, der auf einem geflügelten Ei ruht. Außerdem ist 


1) Hofstede de Groot, Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der hervorragendsten 
holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts. Band I, S. 218, Nr. 854. . 
2) D. h. „Wie gewonnen, so verzehrt* (zerronnen). 


734 . = Monatshefte für Kunstwissenschaft 


als Kaminbild ein Sturm mit untergehenden Schiffen gewählt, offenbar nur um die 
Tendenz des Ganzen zu verdeutlichen. Denn Jan Steen prophezeit jener Familie einen 
jähen Untergang und benutzt hier dieses Sinnbild, während er in anderen Fällen eine 
schriftliche Warnung hinschreibt wie z. B. auf der bekannten „Lockeren Gesellschaft“ 
(Nr. 1305 des Wiener Hofmuseums), auf das er die Worte schrieb: „in Weelde siet 
toe!“ (d. h. Sehet zu, seid vorsichtig in eurem Luxus).!) 

x à x 

Können wir nun aus obigen Quellen über den reinmalerischen Geschmack des 
damaligen Publikums Schlüsse ziehen? In vielen Fällen nicht. Es bleibt z. B. fraglich, 
ob die Haarlemer Schützen, die nicht weniger als fünf groBe Gruppenbilder bei Frans 
Hals bestellten, in ihm mehr gesehen haben als den Maler treffend ähnlicher Bildnisse, 

| die „zu leben scheinen“, wie man das damals auszudrücken pflegte. Oder arbeitete 
Hals vielleicht. billiger als andere Bildnismaler, und gönnte man ihm deshalb die 
Lieferung jener fünf Bilder? 

Ist es nicht möglich, daß die „Staalmeesters“ nur aus Mitleid ihre Bildnisse 
bei Rembrandt bestellt haben oder nur deshalb, weil er weniger Geld dafür verlangte 
als andere Maler? Oder gehörten diese Herren wirklich zu den Wenigen, die den 
großen Meister in seiner letzten Schaffenszeit wirklidı verstanden? 

Auf fast alle diese Fragen ‚müssen wir vorläufig — aus Mangel an Quellen — 
die Antwort schuldig bleiben. 

Aud ist es in sehr vielen Fällen unmöglih, zu erfahren, ob eine 
Sammlung in jener Zeit aus Kunstliebe oder aus Gewinnsucht entstanden ist. 
Denn es ist in dem handeltreibenden Holland des XVII. Jahrhunderts nicht leichter 
als heute, die Grenze zwischen Händlern und Sammlern zu ziehen. Mancher 
„Constbeminder“ (d. h. Kunstliebhaber), der zuerst den ideellen Typus eines 
solchen zu repräsentieren scheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein 
„Gentleman-dealer“. Ich nenne nur Maarten Kretzer, Herman Becker, Vredenburg, 
Gerards, Sylvius usw.) 

Durch alle diese Schwierigkeiten wird die Schärfe des Bildes, das sich mit 
dem obengenannten Material zusammenstellen läßt, nicht wenig getrübt. Versuchen 
wir jedoch, im Folgenden einige Schlüsse zu ziehen. 


* x 
* 


Die alten Holländer liebten im allgemeinen die Malerei_ihrer Zeit. Bilder 
sammeln und bewundern war ihnen ein Bediirfnis. Uberall, wo nur Bilder ausgestellt 


1) Jan Steen benutzt wiederholt untergehende Schiffe als Symbol des Ruins einer 
Familie. Z. B. als Kaminbild auf dem ,Verschwenderischen Haushalt“ der Sammlung A. SchloB 
in Paris (Hofstede de Groot, Beschr. u. krit. Verzeichn. Bd. I, S. 81, Nr. 110.) Vergleihe oben 
Abb. 2. Das Kaminbild ist leider nicht deutlich geworden. 

2) Vgl. Bredius in „Amsterdam in de 17e Eeuw“, S. 228; derselbe im „Amsterdamsch 
Jaarboekje*, 1891. Ferner: Martin, Leven en Werken van G. Dou, 1901, S. 84; und Floerke, 
Studien zur niederl. Kunst- und Kulturgeschichte, S. 163. 


W. Martin. Über den Geschmack des Hollandischen Publikums im XVII. Jhrh. 735 


Abb. 4. K. DU JARDIN. Regenten des Gefängnisses in Amsterdam 


| Rijksmuseum, Amsterdam O 


waren, wurden sie von Alt und Jung, von Arm und Reich betrachtet, in Kunstläden, in 
Kunstsammlungen und in den Schaubuden auf dem Markte. So erzählt z. B. der 
Dichter-Maler Adriaen van de Venne in seinem Biichlein „de Belacchende Werelt“ 1) 
von einem Jungen und einem Madchen, welche zusammen zu „de mooye schilderijen“ 
(d. h. den schönen Malereien) gehen, die im großen Saal auf dem Binnenhof?) im 
Haag zum Verkauf ausgestellt sind, und bildet die beiden (Abb. 3) vor einer Bude 
auf dem Markte ab, wo zwischen allerhand anderen Sachen auch Bilder ausgestellt sind. 

Jedermann in Holland, der reichste Patrizier wie der ärmste Bauer, besaß Bilder, 
und scion um 1640 waren die Häuser damit überfüllt. Ein reger Kunsthandel 
entstand: man handelte, wie der Franzose Sorbiere damals schrieb,°) mit Gemälden wie ` 
mit Tulpen. Dieser Handel war zwar teilweise auf Export berechnet, namentlich nach 
England und Frankreich; aber, so weit mir bekannt ist, spielte dabei doch auch die 
Kauflust der Holländer selber eine große Rolle, eben weil das Volk die im allgemeinen 
wohlfeilen Produkte der nationalen Malerei gerne zum Schmuck seiner Wohnräume 
besaß. Fremde, die in jenen Jahren Holland bereisten, sind entzückt von den 
herrlichen Kunstkabinetten, die man ihnen zeigt. Denn die Holländer zeigten ihre 
Bilder mit gewissem Stolz. „Is les estiment plus que les pierreries et les bijoux“, 
sagte Sorbiöre in dem oben zitierten Briefe, und ein holländischer Dichter beschreibt 
den Luxus, der getrieben wurde mit 


1) Adr. van de Venne's Tafereel van de Belacchende Werelt .. . 1635, S. 58. 

%) Derselbe Saal, in dem im vorigen Sommer die zweite Friedenskonferenz abge- 
halten wurde. | 
es 3) Lettres et Discours. Lettre IV à M. de Bautru. Manuskript in der Bibliothèque 
| Nationale in Paris, Nr. Z. 2184. | 


736 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Kamer, bed, fluwijnen, 
Tapijten, schilderij, gordijnen.') 

Alle Städebeschreibungen jener Zeit erwähnen mit sichtlihem Stolz die be- 
deutendsten Maler der betreffenden Stadt, und es gab kaum einen Bürger, der 
nicht wenigstens von den in seiner Vaterstadt arbeitenden Malern einige Gemälde 
besaß. Keine städtische Regierung oder Körperschaft lieB sich die Gelegenheit nehmen, 
wenigstens einen Maler — am liebsten einen von den Mitbürgern — für sich arbeiten 
zu lassen. 

So bleibt also kein Zweifel übrig, daß die alten Holländer viel auf die Malerei 
ihrer Zeitgenossen gaben, mehr als man heutzutage anzunehmen geneigt scheint, weil 
man immer die Armut, in der viele jener Künstler gelebt haben, als Beweis für die 
Nichtachtung ihrer Kunst anführt. 

Wie war nun der Geschmack, der in diesem großen Kreise von gemäldeliebenden 
Hollandern herrschte? — Schon gleich fällt es auf, daB ihn in Holland nicht, wie 
z. B. in Flandern, ein Maler beherrschte. Denn für das damalige Flandern kann man 
wohl den Geschmack in dem einen Worte: Rybens zusammenfassen. Rubens’ persön- 
licher Geschmack, so wie wir diesen aus seinen Kunstwerken, seinen Briefen und 
Sammlungen kennen, Rubens’ Geschmack, der obendrein die Qualitäten eines Miniaturisten 
wie Sammet-Brueghel oder den spontanen Realismus eines Adriaen Brouwer verstand: 
dieser Geschmack ist charakteristisch für das ganze Flandern der Zeit von Rubens und 
nodi lange nach ihm; er war dort der ästhetische Maßstab. 


Ganz anders verhält sich die Sache in Holland. Dort ist der Genius, der für die 
Entwickelung der holländischen Malerei gleichviel bedeutete wie Rubens für die der 
flandrischen, Rembrandt, nicht derjenige, dessen Geschmack dem malerischen Geschmack 
des damaligen Publikums als Maßstab galt oder etwa zur Ausbildung des allgemeinen 
Geschmackes beitrug. Rembrandts Kunst hat zwar die künstlerischen Bedürfnisse 
seiner Zeitgenossen in mancher Hinsicht befriedigt, aber sein Geschmack hatte nicht die 
gleiche Macht über sie, wie der des Rubens. Sein Einfluß auf den Geschmack des 
Publikums ist ein sehr partieller: daneben schätzte und liebte dies Publikum noch 
verschiedene ganz andere Kunstrichtungen, stellte sie oft sogar über Rembrandts Kunst. 


Das Publikum, das heißt die Holländer, die nicht selber bildende Künstler waren. 
Dieses Publikum ist aber, wenn ich nicht irre, in seinem Geschmacke als eine Einheit 
zu betrachten, Einige Ausnahmen ausgeschlossen, war die Art der Würdigung der 
damaligen Malerei in allen Kreisen Hollands dieselbe, das heißt sie bewegte sich 
in derselben Richtung, wenn auch selbstverständlich gebildetere Kreise feiner urteilten 
als das rohe Volk. Die besseren Kreise geben den Ton an, die anderen ahmen 
nach, machen zur Mode, was „de heeren“ (d. h. die Herren) schön finden. Die Ver- 
breitung der verschiedenen Gattungen der Malerei ist in allen damaligen Kreisen aber 
dieselbe: die Bauern besaßen ebensogut Bilder von Frans Hals, wie die Haarlemer 


1) Zimmer, Bett, Sammetstoffe, Tapeten, Bilder und Gardinen. Aus einem Gedichte von 
Six varı Chandelier, 1657; zitiert in dem lesenswerten Aufsatz über alt-holländische Sitten von 
G. Kalff, in „Amsterdam in de zeventiende Eeuw“, Bd. II, Huiselijk Leven, S. 43. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 737 


Abb. 5. JAN STEEN. Der Goldwäger und der Tod 
Kopenhagen, Kgl. Galerie oO 


Schiitzen oder der Rektor der Leidener Lateinschule, Screvelius?), und ein Seefahrer 
wie Cornelis Tromp liebte, wie das Inventar seines Nachlasses °) zeigt, die Kunst 
eines Flinck ebenso sehr, wie z. B. der Amsterdamer Magistrat, der ihm die Bemalung 


des Rathauses auftrug. | 
Im Folgenden wollen wir nun sehen, in welchem Maße die verschiedenen 


1) Jetzt in der Sammlung E. Warneck in Paris. 
2) Von mir herausgegeben in Oud Holland XIX, 1902. 


158 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Gattungen der hollandischen Malerei von den Zeitgenossen und Mitbiirgern der Maler 
gewiirdigt wurden. 

Da fällt uns dann zu allererst auf, wie sehr die große, uns aus der holländischen 
Literatur bekannte Vorliebe des XVII. Jahrhunderts fir Mythologie, Allegorie und 


= TI ie eh termes -m e — ne wm 


rômische | Geschichte aud in der. ‚Nalerei_hervartritt. Es ist jene Vorliebe für das 
„Manövrieren“ mit ‘allegorischen und mythologischen Gestalten und Symbolen, die 
schon im XVI. Jahrhundert so allgemein verbreitet war, daß sogar die einfältigsten 
Bürger die Art der Abbildung der am häufigsten vorkommenden Begriffe kannten: 
die Tugenden, die Leidenschaften, die fünf Sinne, die vier Jahreszeiten und den ganzen 
Apparat von Meeres- und Flußgöttern und -göttinnen, Waldnymphen, Städte-Symbolen 
und so weiter, die in den Umzügen der Rhetoriker und auf den Ehrenbögen bei fürst- 
lichen Festen dargestellt zu werden pflegten. 

Der Rhetoriker-Geschmack des XVI. Jahrhunderts war im Anfange des sieb- 
zehnten noch nicht ganz verschwunden, und der zunehmende Klassizismus, der über- 
triebene Drang zum klassischen Altertum, der auch die holländische Kultur so tief 
durchdrungen hatte, war Ursache, daß dieser Geschmack das ganze XVIL Jahrhundert 
hindurch in bestimmten Kreisen fortlebte, namentlich in literarisch gebildeten, von wo 
er sih auch wohl auf die weniger Gebildeten ausdehnte. 

In der holländischen bildenden Kunst sieht man das erstens in den Geschmacks- 
äußerungen der „offiziellen“ Holländer, d. h. des Holländers als offizielle Person oder 
bei offiziellen Gelegenheiten. In den Grabmälern, die man seinen Helden errichtete, 
in der Ausstattung der öffentlihen Gebäude, der Sitzungs- und Festsäle ist dieser 
Klassizismus auffallend. Gerne bedienen sich die alten Holländer dazu auch der Malerei, 
die ihre zahliosen Gedanken und Erwägungen in genau passenden Formeln bildlich 
wiederzugeben verstand. 

Über diesen allgemein bekannten Punkt brauchen wir kaum zu reden. Der 
bloße Hinweis auf die Bemalung des Huis ten Bosch im Haag (Abb. 1) und des 
Amsterdamer Rathauses genügt, und wenn man dann noch an die unzähligen morali- 
sierenden Gemälde in den Schöffenkammern denkt und an die allegorischen, mytho- 
logishen und historischen Darstellungen in den Rathäusern und anderen öffentlichen 
Gebäuden Hollands, die alle laut von dem Stolz der Holländer auf ihre Freiheit, ihren 
Handel, ihre Wissenschaft und Kunsttätigkeit reden, dann ist es nicht schwer, einen 
Eindruck von dem Charakter der damaligen offiziellen dekorativen Kunst zu bekommen. 

Sogar in den offiziellen Bildnisgruppen finden sich hier und dort mythologische 
Attribute: eine Justitia oder Minerva in einer Nische im Hintergrunde, oder allegorische 
Attribute zur Erklärung der Moral oder der Stimmung, die in der abgebildeten 
Gruppe vorherrschen. Ein typisches Beispiel dieser Art ist die hier abgebildete, von 
Karel du Jardin gemalte Gruppe von Regenten des Gefängnisses (Spinhuis) in Amsterdam 
aus dem Jahre 1669, wo in Nischen im Hintergrunde Frauengestalten als Symbole 
der verschiedenen Strafen dargestellt sind. Das Bild befindet sidı im Amsterdamer 
Rijksmuseum (Abb. 4). 

Diese „offizielle“ Kunst stand nicht — wie man das heutzutage öfters sieht — 
im Gegensatz zu dem individuellen Geschmack des Publikums. Nicht nur aus vielen 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 739 


Abb. 6. JAN STEEN. Gelehrter, die Zeit nicht beachtend, vom Tode überrascht 
Prag, Sammlung des Grafen Nostiz D 


Inventar-Beschreibungen geht das hervor, sondern auch die Bilder, die man auf 
gemalten und gravierten Darstellungen von Innenräumen abgebildet findet, bringen 
dafür zahlreidie Beweise, daß man in seiner Wohnung gerne Bilder mit einem Amor 
hatte, mit Allegorien auf Tod, Armut und Reichtum, und wie sehr man ferner Dar- 
stellungen aus der alten Geschichte als Wandschmuck liebte. So findet man u. a. auf 
der „Klavierspielerin“ des Delfter Vermeer in der Nationalgalerie zu London ein Bild 
mit einem Amor, und auf der ,Klavierspielerin“ von Slingelandt in der Dresdener 
Galerie (Nr. 1764) ein Kaminstück mit einer Allegorie auf den Tod. Bilder wie der ` 
prächtige „Geizhals und der Tod“ von Jan Steen im Museum in Kopenhagen (Abb. 5} 


740 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 7. BERNARDUS ZWAERDECROON zugeschrieben. Bilder zweier Kinder als 
Hirten o Haag, Kgl. Gemälde-Galerie 


und Jan Steens „Gelehrter vom Tode überrascht“ in der Sammlung Nostiz in Prag 
(Abb. 6), gehören zu jenen Bildern, die uns noch heute diese Geschmacksrichtung zeigen. 
Auch die zahlreichen Repliken, in denen Rembrandts Flora-Komposition vorkommt, 
beweisen, daß solch eine Darstellung dem Publikum außerordentlich gut gefiel. 


Wie allgemein das Publikum an Allegorien und allerlei Arten von Bildersprachen 
gewöhnt war, geht schon aus den damals so stark verbreiteten geschichtlichen und 
sinnbildlichen Kupferstichen und Spottbildern hervor, deren Deutung uns heutzutage 
oft ebensoviel Kopfzerbrechen kostet wie eine Höllendarstellung des Hieronymus. Bosch 
oder des Bauern-Brueghel. 

Eine zweite, sich eng an die erste Art des Kunstgeschmackes anschließende 
Vorliebe ist jene für arkadische Darstellungen. Auch diese geht paraliel mit dem 
herrschenden Geschmack in der gleichzeitigen Literatur und den damaligen Theater- 
stücken. Als „offizielle“ AuBerung dieser Geschmacksrichtung nenne ich das Geschenk, 
das die „Staten“ von Utrecht im Jahre 1627 der Amalia von Solms bei Gelegenheit 
ihrer Eheschliessung mit dem hollandischen Statthalter Friedrich Heinrich von Oranien 


W. Martin. Über den Geschmack des Hollandischen Publikums im XVII. Jhrh. 741 


Abb. 8. HENDRIK POT. Bildnis des Dichters Joost van den .Vondel in Hirten- 
kleidung D Rijksmuseum, Amsterdam 


anboten. Sie schenkten ihr einen Hirten und eine Hirtin, gemalt von Paulus Moreelse, 
offenbar ähnliche Darstellungen wie „Die schöne Hirtin“ Moreelses im Amsterdamer 
Rijksmuseum. 

Als Beweis dafür, daß man im allgemeinen das Arkadische auch in der Porträt- 
malerei liebte, sei hier auf die Gewohnheit hingewiesen, nicht nur Kinder, sondern 


742 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


sogar Erwachsene als Hirten darzustellen. Eine allerliebste Kindergruppe, von Zwaerde- 
croon gemalt: ein Junge und ein Madchen als Hirte und Hirtin, befindet sich im Maurits- 
huis im Haag (Abb. 7).!) Aber das merkwürdigste Beispiel ist wohl das Bildnis des 
berühmten holländischen Dichters Vondel mit bekränztem Haupte, mit dem Hirtenstabe 
in der rechten und einer Flöte in der linken Hand! Dieses von Hendrik Pot gemalte 
Bild wurde vor einigen Jahren vom Amsterdamer Rijksmuseum erworben (Abb. 8). 


Später im 17. Jahrhundert, als es zur Gewohnheit ward, ganze Zimmerwände 
zu bemalen, wählte man mit Vorliebe arkadische Geschichten, wie z. B. die des Pastor 
Fido von Guarini. Ein sehr schönes Beispiel dieser Art, früher in einem Hause in 
Dordrecht, für das es gemalt war, befindet sich jetzt auf dem Landsitz des früheren 
Ministers Cremer, Duin en Kruidberg zu Santpoort bei Haarlem. 

Wurden nun alle diese Arten allegorisher, mythologischer, historischer und 
arkadischer Malerei, die offenbar sehr beliebt war, wirklich allgemein als die hôchste 
Kunst gefeiert? Es scheint anfangs, als müsse man diese Frage bejahen. Denn auch 
auf den Abbildungen von Innenräumen sieht man, wie solchen Darstellungen oft die 


besten Plätze im Hause eingeräumt werden. Eine Andromeda hängt z. B. in dem 


| 


| 


großen Hausflur auf einem Bilde von Pieter de Hoodı (Sammlung Arenberg, Brüssel) 
(Abb. 9), eine große Allegorie shmückt den Kamin auf de Hoochs „Mutterfreude“ im 
Amsterdamer Rijksmuseum usw.°) Auch muß es auffallen, daß dergleichen Darstellungen 
in der damaligen Literatur so oft gelobt werden. 

‘Bei näherer Betrachtung sieht man jedoch in zahllosen Inventarbeschreibungen und 
auch auf sehr vielen ‚Abbildungen, daB . in demselben Hause außerdem auch Platz war 
für die _realistise-Malerei und für-die.einfachsten Landschaftsdarstellungen und Still- 
leben. Landschaften hängen auf fast allen obenerwähnten Darstellungen von Innen- 
räumen an der Wand, auf dem Berliner Bild von Metsu sogar an einer hervor- 
ragenden Stelle, in prächtigem Goldrahmen und mit einer Gardine zum Schutz davor. 
Auf Bildern von Dirck Hals sieht man oft ausschliesslic: Landschaften an den Wänden, 
und Stilleben kommen auch allenthalben, aber doch in geringerer Anzahl vor. 


Ein Gleiches sehen wir in der Literatur. Vondel mag schon die Historienbilder 
Flincks in seinen Gedichten loben?) oder die Venus, welche Dirck Bleecker für den 
Prinzen von Oranien gemalt hatte‘), aber gleichzeitig erwahnt er mit nicht weniger 
Lob die Bedeutung der Rheinlandschaften von Herman Saftleven.) Und der Dichter 
Constantijn Huygens, der doch so viel besser über Malerei zu urteilen imstande war 


1) Vgl. ferner u. a. das von Patas im Cabinet Poullain gestochene Bild von Carel de 
Moor: Ein Knabe als Jäger an einem Brunnen. | | 

2) Andere Beispiele, u. a. Kaminstücke allegorischen oder mythologischen Inhaltes, auf 
Bildern von: Eglon van der Neer, Dresden Nr. 436, Frans van Mieris I, München Nr. 417 und Wien 
Nr. 1382, S. v. Hoogstraten, Amsterdam Nr. 1256, Metsu, Familienbildnis, Berlin Nr. 792; usw. usw. 

3) De Werken van J. van den Vondel, uitgegeven door Mr. J. van Lennep. 1657—1660, 
Seite 129. Leiden, A. W. Sijthoff. 

4) A.a.0., Seite 105. Vgl. über Vondel und die Kunst auch den hochinteressanten Aufsatz 
»Vondel’s Leven“ von Prof. G. Kalff, Haarlem (1896), Seite 71. 

5) A. a. O., Seite 341. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 743 


Abb. 9. P. DE HOOCH. Hausflur mit einer Andromeda-Darstellung 


Brüssel, Herzog von Arenberg O 


als Vondel, lobt in seinen Gedichten!) Mierevelt und Ravestein sowie den Biumenmaler 
Daniel Seghers, von dem er, wie wir wissen, ein Bild besaß.’) 

Und war die Leidener Feinmaler-Schule mit Dou und Mieris an der Spitze nicht 
wahrend des ganzen 17. Jahrhunderts sehr beliebt, so stark sogar, daB die hollandischen 
„Staten“ im Jahre 1660 dem Könige Karl II. von England ein Bild von Dou schenkten?)? 

Bei näherem Zusehen kann man also die Behauptung nicht aufrecht erhalten, daß 
die obenerwahnten allegorischen und andere in Bildersprache redenden Darstellungen 
aussdilieBlich_als die höchste Kunst galten. Die Antwort auf die Frage, weshalb 
sie so beliebt waren, muß unserer Meinung nach folgende sein: Dieser Kunstzweig 
befriedigte nur denjenigen Teil der künstlerischen Neigungen, der nicht rein male- 
rischen Bedürfnissen entsprang. Viele Holländer fanden nur deshalb ein großes 
Behagen in dieser Funktion der Malerei, weil sie sich willig nach jedem -Gedanken 


1) Huygens, „Korenbloemen“. Uitgeg. door v. Vloten. 2e druk. Bd. I, S. 201, 203. 
Bd. V, S. 5, 53. 
?) Jetzt im Mauritshuis im Haag. 


3) Vgl. Martin, Leven en Werken van G. Dou, Leiden 1901, S. 62. e 


744 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


richtete. Aber daneben ehrten diese Leute gleichwohl die realistische Malerei und be- 
griffen, daß auch solche Bilder, bei denen sich nichts philosophieren läßt, echte Kunst- 
werke sein können. 


Wir müssen hier noch die große Verbreitung biblischer Darstellungen erwähnen. 
Diese kommen im kalvinistishen Holland natürlid — außer in Kirchen als Orgel- 
bemalung — nur vor im häuslichen Kreise oder in denjenigen religiösen Einrichtungen, 
welche die Malerei als Wandschmuck dulden konnten: in Waisenhäusern, Krankenhäusern, 
Armenhäusern usw. Diese ganze Kunst ist natürlidı vom größten Teil des Publikums nur 
gekauft worden um der Darstellung, nicht um der eventuellen rein malerischen Qualitäten 
willen. Die Genauigkeit, mit der vor allen Rembrandt und seine Schüler sich an den 
Bibeltext hielten, war zum großen Teil die Ursache des Erfolges jener Richtung, und 
die nach damaligen Begriffen erstaunliche Sachkenntnis und historische Treue, mit der 
z. B. Lastman die Geschichte von Paulus und Barnabas oder von Orestes und Pylades 
wiederzugeben wußte, gaben Anlaß zur größten Bewunderung, wie es die Gedichte von 
Vondel und Oudaen auf diese Bilder beweisen" 


Die hohen Preise, welche die Werke von Jan Pynas erzielten (bis dreihundert 
Gulden sogar), sind auch nur auf die Vorliebe für die von ihm gemalten Darstellungen, 
nicht auf die malerischen Qualitäten derselben zurückzuführen. 


Neben diesen hauptsächlih des erzählenden Inhaltes wegen ‚bevorzugten 
Gattungen war damals auch das gemalte Bildnis sehr beliebt, das Gruppenporträt wie 
das Einzelbildnis. Jeder Holländer besaß wenigstens sein eigenes Bildnis und das seiner 
„Huijsvrou“, beide im Sonntagsstaat, er nach rechts, sie nach links gewandt. In den 
meisten Fällen sind diese Bildnisse bis etwa 1650 sehr einfach, aber doch findet man 
auch dann schon oft allerlei Attribute mit gewisser Tendenz, die derselben Lust zum 

Philosophieren und Moralisieren entspringt, die wir oben besprachen. 


Als typisches Beispiel nenne ich das Bildnis des Arztes Dr. Tulp von Elias, jetzt 
in der Sammlung Six zu Amsterdam (Abb. 10), auf dem der Arzt abgebildet ist, 
wie er auf eine brennende Kerze als Symbol seiner Arbeitstatigkeit zeigt. Auf einer 
Kartusche unter dem Bilde wird die Sache erklärt: „aliis inserviendo consumor“: so wie 
die Kerze zum Nutzen anderer aufgebraucht wird, so geht es auch mir, Dr. Tulp. 


Ein andermal, auf einem Bildnis Thomas de Keysers, das 1906 bei Frederik 
Muller & Cie. in Amsterdam zu sehen war, zeigt der darauf dargestellte Herr auf 
einen Menschenschädel, unter dem die Worte stehen: „hoc tendimus omnes“. 


Geradezu amüsant ist in dieser Hinsicht ein dem Jan Victors zugeschriebenes 
Bild der Sammlung Nostitz in Prag (Nr. 229), auf dem ein biederer holländischer Bürger 
sih als Herkules am Scheidewege, mit einer Keule auf der Schulter hat abbilden 
lassen. Mit stolz abwehrender Gebärde wendet er sich vom Luxus ab und folgt der 
Tugend, welche die Gestalt und die Züge seiner Frau zeigt. 


1) Vgl. über den Paulus und Barnabas meinen Aufsatz im Bulletin, uitgegeven door den 
Nederl. oudheidkundigen Bond, Jhrg. III, S. 263. Ober den Orestes und Pylades vergleiche Freises 
Aufsatz im selben Bulletin, Neue Folge, Jhrg. I (1908), S. 38. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 745 


Abb. 10. N. ELIAS PICKENOY. Bildnis des Arztes Nicolaes Tulp 


Amsterdam, Sammlung Six D 


Ahnliches bezeugt der von Bredius publizierte!) Kontrakt zwischen dem Maler 
Jan Andre Lievens und dem Amsterdamer Gastwirt Gregorius van Keimt, der dem Maler 
den Auftrag gibt, ihn „als Scipio und seine Hausfrau als Pallas, und weiter die Ge- 
schichte ganz, wie es sich gehört, darzustellen“. 


1) Vgl. Amsterdam in de Zeventiende Eeuw, S. 229, Fußnote. 


146 = Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Ein weiteres Beispiel, welches mir Dr. Bredius eben mitteilt, als von ihm im 
Amsterdamer Notariats-Archiv gefunden, ist Folgendes. Um 1670 lieB sich der biedere 
Kolonialwarenhändler Gabriel Leliencamp malen. In dem Bilde war er dargestellt 
„mit seiner Liebsten“, als Engel Gabriel und Maria! 

Biblische Darstellungen wurden auch gerne zu Porträtzwecken benutzt. So be- 
sitzt Herr Marcellus Emants im Haag eine von J. Danckers 1646 gemalte Darstellung 
des ,Lasset die Kindlein zu mir kommen“, auf der Mitglieder der Familie Bosch mit- 
samt den Dienstboten abgebildet sind (Abb. 11). 

Aber diese moralisierenden Tendenzen sind glücklicherweise in der Bildnis- 
malerei des 17. Jahrhunderts nicht die Hauptsache, und die meisten Holländer waren, 
wenigstens in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zufrieden mit einem einfachen 
Bildnis oder einer Gruppe ohne Zutaten. 

Man verlangte vor allem Ahnlichkeit, eine Ähnlichkeit, die soviel als möglich 
den Eindruck machte, als ob der Dargestellte wirklich lebte. Deshalb sieht fast jedes 


FE Re e gtt, 


Bild jener Zeit den Betrachter an und gehören Profilbildnisse und Bildnisse mit ab- 
gewandten oder niedergeschlagenen Augen zu den größten Seltenheiten. Sogar die 
wenigen Profilbildnisse blicken meistens den Betrachter an, z. B. die beiden Gestalten 
links auf Rembrandts Anatomiebild von 1632. 

‚Ist dieser „Truc“, mit dem die Maler selber dem Willen ihres Publikums folgen, 
schon ein Beweis dafür, daß man im allgemeinen, wenigstens bei einem lebensgroßen 


Bildnis, vor allem die Illusion des Lebendig-vor-Augen-sehen des Dargestellten ver- 


langte, so geht das noch deutlicher hervor aus der Art und Weise, wie sich unsere 


alten Dichter über Bildnisse äußern. 
Vondel z. B. fängt ein Gedicht auf das von Flinck gemalte Bildnis des Kur- 
fürsten von Brandenburg folgendermaßen an’): 


Als Keurvorst Fredrick op den doek begon te leven, 
Te pralen met den staf van Keizer Ferdinand; 


und von dem Bildnis Flincks sagt er: 


Hier ziet men Flinck, gelijck hij leeft, 
Die 't leven aan zyn doecken geeft.”) 


Der Dichter Huygens singt von einem Bildnis: 
Nu leeft, mijn’ Olyverw! nu duert voor lange jaren.*) 


Aus den holländischen Gedichten bekommt man ferner den Eindruck, daß die 
Bildnisse für die Holländer in erster Linie eine „verschaduwing van 't leven“ waren °), 
die ihnen hauptsächlich als Erinnerung an die Verstorbenen teuer sind. Huygens läßt 
einen Maler sagen: 


1) Vondels Werken a. a. O. S. 315. Übersetzt lautet der erste Vers: „Als Kurfürst Fried- 
iih auf der Leinwand. zu leben anfing.“ 

*) A. a. O. S. 265. „Hier sieht man Flinck, wie er lebt, der seinen Bildern Leben verleiht.“ 

è) „Nun lebe, meine Ölfarbe! nun dauere lange Jahre.“ Korenbloemen a a. O. Band V, S. 20. 

4) „Schatten des Lebens ...“ Ausdruck von Huygens. 


W. Martin. Über den Geschmack des Hollandischen Publikums im XVII. Jhrh. 747 


Abb. 11. J. DANCKERS. „Lasset die Kindlein zu mir kommen“. Bildnisgruppe der Familie 
Bosch, 1646 O Haag, Sammlung Marcellus Emants 


Een Mensch en is maer eens, en yeder voor syn tijd 
Ich maeck er op den duer ... H 


und Vondel besingt die ,eedle kunst, die na den doot bewaert Den levendigen zwier“ 
der Verstorbenen.’) 

Das Lob eines Dichters wie Vondel kennt keine Grenzen, wenn er in einem 
Porträt die Details der äußerlichen Erscheinung der Dargestellten wiederfindet: 


Apelles druckt hier uit wat geest en verf vermogen, 
Een vroome rustigheit in 's Burgemeesters oogen.?) 


1) „Ein Mensch lebt nur einmal, und jeder zu seiner Zeit. Ich jedoch mache [Menschen], 
welche bleiben...“ A. a. O., Sneldicht, Boek V, no 119. Vogl. auch Sneldicht, Boek IV, no 142, 
„Dienstighe Schilderij.“ 

3) Das heißt: „Die edle Kunst, welche auch nach dem Tode [den Eindruck] bewahrt der 
Erscheinung, als ob sie lebte.“ Vondels Werken a. a. O., S. 94, op d’ Afbeeldingen van Andries 
de Graeff en Elizabeth Bickers van Swieten. 

3) „Apelles bringt hier zum Ausdruck alles, was Geist und Farbe [darzustellen] ver- 
mögen: eine fromme Ruhe in den Augen des Bürgermeisters.“ Vondels Werke a. a. O., S. 322, 
op d’ Afbeeldinge varı Cornelis varı Vlooswijck. 


748 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Aber das Verständnis für den innerlichen, rein künstlerischen, malerischen Inhalt 
eines Porträts, die Würdigung der Art und Weise, wie der Maler den Abgebildeten 
gesehen hat, fehlt bei Vondel ganz und gar, und nicht nur bei ihm, sondern bei fast 
allen großen holländischen Dichtern. Bekannt ist in dieser Hinsicht, seit Vosmaer darauf 
hingewiesen hat!), das Gedicht Vondels auf Rembrandts Bildnis des Predigers Anslo: 


Ay, Rembrandt mael Kornelis stem, 

Het zichtbre deel is 't minst van hem: 

't Onzichtbre kent men slechts door d'ooren. 
Wie Anslo zien wil, moet hem hooren.?) 


Doch genug der Beispiele! Wir zitierten sie nur, um zu zeigen, daß in der 
damaligen holländischen Literatur, soweit diese von Nicht-Malern geschrieben ist, keine 
Würdigung der künstlerlischen Eigenschaften der Bildnisse zu finden ist. 

Und doch ehrte man die Bildnismaler sehr. Sie befriedigten ja auch vollkommen 
das Publikum; man wundert sich daher nicht über das Lob, welches Ampzing und 
Screvelius dem Frans Hals?) spenden, und ebenso ist Rembrandts Popularität als Bildnis- 
maler sehr erklärlih . . . . bis er die Nachtwache gemalt hatte, die nicht zu dem 
paßte, was „man“ im allgemeinen in erster Linie von Bildnissen verlangte: Schein des 
Lebens und äußerliche Ähnlichkeit. 

Im allgemeinen. Denn es gab auch damals schon Kenner, die mehr von einem 
Porträt verlangten und die ohne Zweifel den Unterschied zwischen Rembrandt und 
Honthorst, zwischen Frans Hals und Janssens van Ceulen gesehen haben. 


* * 
* 


Nach dem, was wir von der Betrachtung der Bildnisse durch das Publikum er- 
fuhren, scheint der Schluß nicht gewagt zu sein, daß auch der Maßstab, nach dem man 
die Allegorien und Historienbilder zu messen pflegte, in erster Linie die „Natürlichkeit“ 
war. Man achtete sehr auf die Ausführung und liebte am meisten die Maler, welche 
die Sitten und Gewohnheiten, Kleider, Waffen, Opfergeräte usw. der „Ouden“, d. h. 
der Griechen, Römer usw., am besten studiert hatten. Die Figuren mußten vor dem 
Betrachter stehen, als lebten sie, und wenn obendrein durch Gebärde und Gesichts- 
ausdruck*) die Charakteristik der Handlung zum Greifen nahe liegt, ist der Maler des 
höchsten . Lobes würdig, das das Holland des XVII. Jahrhunderts geben kann: dem 
Apelles gleich, „Appelles gelijk“. | 

Das anekdotische Element liebte das Publikum im allgemeinen auch in den 
Bildern mit Geschichten aus dem Alltagsleben. Das Genre war sehr beliebt. Wenn 
es auch in Sitzungssälen und Festsälen seiner Art nach noch keinen Platz fand, so 


1) Vosmaer, Rembrandt, IIme édition 1877, p. 385. 

?) „Ach Rembrandt, male [doch] die Stimme des Cornelis, [denn] der sichtbare Teil ist 
an ihm der am wenigsten schöne. Den unsichtbaren kann man nur mit den Ohren kennen 
lernen. [Denn] wer Anslo sehen will, muB ihn hören.“ 

3) Bode, Studien z. Gesch. d. holl. Malerei, S. 40. 

1) Vgl. z.B. Huygens’ unbegrenztes Lob für Rembrandts nach unserem Geschmacke etwas 
allzu theatralischen Judas. [Oud Holland IX, S. 106.] 


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W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 749 


Abb. 12. M. D'HONDECOETER. Die Krähe, die sich mit Pfauenfedern geschmückt 
hatte, wird von anderen Tieren bestraft D Haag, Kgl. Gemälde-Galerie 


waren Genrebilder in den Wohnräumen umso verbreiteter. Die Inventarbeschreibungen 
erwähnen solche Bilder in jedem Hause von einiger Bedeutung, etwa zehn Stücke 
wenigstens. Auf den gemalten Innenräumen, von denen oben S. 732 und 739 die Rede 
war, hängen auch überall Genrebildchen an der Wand, und wenn man liest, was da- 
mals auf den Bildermärkten zu verkaufen war’), sieht man, daß auch der Handel in 
Genrebildern sehr rege war. 

Das Volk hatte am liebsten humoristische Darstellungen, „Kluchtstucken“, und 
amüsante Darstellungen aus dem täglichen Leben. Die Bilder von Adriaen Brouwer z.B. 
wurden verhältnismäßig sehr gut bezahlt. Wohlhabendere Bürger kauften gerne die 
Malereien von Feinmalern wie Dou und Mieris und die „deftigen“, d. h. distinguierten 
Interieurs von Terborch und Metsu. Aber auch sie waren offenbar nicht den roheren 
Darstellungen abgeneigt, welche das Volk so gerne kaufte. Denn was wir heute über 


1) Vgl. Bredius in „Het Amsterdamsch Jaarboekje“, 1891. — Floerke, Studien zur nieder!. 
Kunst- und Kulturgeschichte, München 1905. — Martin in „The Burlington Magazine“, Sept. 1907. 


750 - | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


die Sittsamkeit der alten Holländer!) wissen, macht es mehr als wahrscheinlich, daß 
ein Jeder — vielleicht die allersittsamsten unter den „allerdeftigsten“ ausgenommen — 
die ulkigen Darstellungen des Jan Steen, Adriaen Brouwer und so vieler anderer 
Maler gerne hatte. Zumal auch, weil das Publikum in den Genrebildern oft in erster 
Linie die moralishe Tendenz sah, namentlich in Jan Steens gemalten Philosophien 
über Trunkenheit und Immoralität, von denen noch verschiedene Beispiele, u. a. in 
Wien, in der Sammlung Schloß in Paris (Abb. 2) und in der Sammlung Neumann in 
London, erhalten sind. 


Sogar die Tierbilder wurden von den Malern oft in Genreform vorgetragen: 
Enten, von einem Hund verscheucht, die Fabel der Krähe, die sich mit Pfauenfedern 
schmückt (Abb. 12) usw. So konnten auch Leute ohne jeden Sinn für malerische 
Qualität solche Bilder genießen. 


Ja, selbst in den Stilleben konnten die Holländer damals vieles finden, wobei 
sih etwas „denken“ läßt. Ich erinnere nur an die namentlich in der Stadt Leiden, 
dem damaligen Hauptsitz der Theologie und der einzigen Universität Hollands, gemalten 
Stilleben, welche das „Vanitas vanitatum, omnia vanitas“ in einem Schädel, einer er- 
löschenden Kerze, einer Sand- oder Taschenuhr und dergleichen mehr symbolisch dar- 
zustellen versuchen, und welche obendrein noch eine Inschrift zeigen wie „Vanitas“, 
„Memento Mori“ usw. (Vgl. Abb. 13). Ferner sind hier zu erwähnen die zahlreichen 
Stilleben, die allerlei beschriebene und gedructe Blätter zeigen, z. B. einen Buchtitel 
oder eine Seite aus einem „vermaackelijcken“, d. h. amüsanten Buch; oder irgend ein 
Gedicht wie z. B. das Gedicht auf einem Stilleben von A. Leemans (A° 1665) im 
Amsterdamer Ryksmuseum (Nr. 1429), in dem das „Schuster bleibe bei deinem Leisten“ 
die Haupttendenz ist. 


Viele Stilleben waren weiter in ihrer logischen Zusammenstellung für den be- 
trachtenden Laien schon als bloße Erinnerung an irgend ein Handwerk beachtenswert: 
eine Jagdbeute, eine Sammlung von Fischnetzen und Fischen, Geräte für den Finken- 
fang oder die Falkenjagd und dergleichen mehr. Und wer .weiß, welche Blumen- 
sprache die alten Holländer aus manchem Blumenbild herauszulesen wuBten, an dem 
wir mit Recht oft rügen, daß in demselben sole Blumen blühend zusammengestellt 
sind, welche niemals zu derselben Zeit blühen. f 


Die Verbreitung der Stilleben, Blumen- und Vogelbilder war im XVII. Jahrhundert 
sehr groß. Als Beweis seien auch wieder die alten Inventarbeschreibungen und die 
gemalten und gravierten Darstellungen von Innenräumen angeführt. Überall findet 
man „ontbijtgens“ (d. h. Frühstückchen) von Heda, Pieter Claesz usw., und fast nirgends 
fehlt ein „blompotje“ (Blumentopf), ein Stilleben mit toten Vögeln von Elias Vonck 
oder Jan de Bondt oder ein „visstuckie“ (Fischstückchen) von van Beyeren, de Putter 
und ähnlichen. 


* 


1) Vgl. Eelco Verwijs' meisterhafte Einleitung zu Bredero’s ,Spaanschen Brabander“, 
Leeuwarden 1869. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländischen Publikums im XVII. Jhrh. 751 


Abb. 13. E. COLLYER. Vanitas 


Jetziger Besitzer unbekannt 


Absichtlich betonte ich überall im Obengesagten, wie man alle die genannten Gattungen 
von Gemälden gern haben konnte, ohne auch nur das geringste rein künstlerische Gefühl 
zu besitzen. Einfache Freude an der Natürlichkeit der Darstellung genügte schon. 

Aber wie paßt diese Auffassung zu den zahlreichen Stilleben jener Zeit, die 
kaum einen andern Genuß bereiten können als einen rein malerischen? Wie paßt sie 
zu einem Fischstilleben von van Beyeren, zu einem Stilleben mit Glas und Silbersachen 
von Willem Kalf? Mit anderen Worten: Wie kann man bei den alten Holländern 
die Liebe zu jenen Stilleben erklären, von denen man noch heutzutage so oft den 
Laien sagen hört: „ilh mag dieses Bild nicht; es sagt mir nichts!“ —? 


752 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Allerdings bildete auch hier, wie bei den Bildnissen, bei dem Liebhaber der 
Eindruck der Täuschung, als ob das Dargestellte in natura vor ihm stünde, einen 
Hauptbestandteil des Genusses, und bestimmt dachten die alten Hollander in solchen 
Fällen manchmal an die damals allgemein bekannte Legende von Zeuxis und Par- 
rhasius mit den Trauben und dem Vorhang. Aber genügt dies zur Erklärung der 
damaligen Gewohnheit, derartige Stilleben als Wandschmuck im Zimmer zu haben? 

Nein, es muß auch damals unter den Holländern ein großes Kontingent male- 
risch sehender und genießender Laien gegeben haben! 

Zu derselben Schlußfolgerung muß Jeder kommen, der der enormen Verbreitung 
der Landschaftsmalerei im XVII. Jahrhundert nachgeht. Unzählige Male findet man 
in Inventarbeschreibungen Landschaften erwähnt, findet man sie auf Darstellungen von 
Innenräumen abgebildet. Landschaften aller Art sind es: Ideallandschaften mit Nymphen 
und Faunen und arkadischen Darstellungen, realistische holländische Wiesenlandschaften 
und Flußbilder, Marinebilder aller Art, Veduten aus Italien, den Alpen, vom Rhein, 
aus Schweden und sogar aus Brasilien? 

Teilweise kaufte man solche Bilder natürlich aus Interesse für die Darstellung. Daß 
z. B. die Familie Trip, die so viele Beziehungen zu Schweden hatte, eine schwedische 
Landschaft von Allart van Everdingen besaß°), braucht uns nicht zu wundern, und das 
erklärt auch die Vorliebe für gut bezahlte Bilder des Berchem und Saftleven in den 
wohlhabenden Handelskreisen, weil ja doch die meisten jungen holländischen Kaufleute 
wenigstens in ihrer Jugend Italien und den Rhein besuchten. Und daß bei einer see- 
fahrenden Nation Marinebilder beliebt waren, kann weiter nicht wunder nehmen.?) 

Aber dies alles erklärt doch nicht die unnennbar große Produktion und den 
enormen Verkauf jener Gattung von Landschaften und Marinebildern, deren Reiz fast 
ausschließlich in ihrem malerischen Charakter liegt. 

Offenbar erweckte denn auch die Art und Weise, wie Hunderte von Landschaftern 
die Schönheit des holländischen Landes darzustellen wußten, bei ihren holländischen 
Zeitgenossen einen rein malerischen Genuß. Daß sie die Verherrlimung der Morgen- 
stunde auf den Bildern Paul Potters verstanden und die Frische auf den Bildern varı 
Goyens liebten (der sogar eine Ansicht vom Haag für den Haager Magistrat malte *)), 
beweisen überzeugend die unzähligen einfachen realistischen Landschaften, die man 
überall auf den Wochen- und Jahrmärkten kaufen konnte und die in den Häusern 
nirgends fehlten. Der malerische Zauber jener Bilder konnte den Holländern nicht ent- 
gehen: z.B. die feierliche Ruhe einer Meeresstille von Simon de Vlieger, dessen Gemälde 
so gut verkäuflich waren, daß er sogar den Kauf eines Hauses in Delft abschließen 
konnte unter der Bedingung, daß er es in Bildern von seiner Hand bezahlen sollte" 


1) Ich meine die brasilianischen Landschaften von Frans Post. 

?) Im Amsterdamer Ryksmuseum, Nr. 910. Früher im Hause der Familie Trip. 

5) Ein schönes Beispiel eines Marinebildes als Kaminstück, also an hervorragender Stelle, in 
einem Salon, bildet der „Besuch an die Wôchnerin“ von Metsu, früher in der Sammlung R. Kann in 
Paris. Jeglihe Tendenz (vgl. oben S. 733) ist hier ausgeschlossen. Vgl. auch das Marinebild auf 
dem Hausflur, auf einem Bilde von Metsu in der früheren Sammlung A. Beit in London. 

t) Jetzt im städtischen Museum im Haag. 

5) Oud Holland IX, S. 222. 


W. Martin. Über den Geschmack des Holländisden Publikums im XVII. Jhrh. 753 


Es müssen also im „Goldenen Zeitalter“ der holländischen Malerei neben den 
vielen Bürgern, welche Bilder um der Darstellung willen kauften, auch zahlreiche Hol- 
länder gelebt haben, welche die malerische Bedeutung jener großen Kunst zu würdigen 
und zu lieben wußten. 

Und das darf uns kaum wundern bei einem Volke, unter dessen Söhnen 
Hunderte und Aberhunderte selbst den Pinsel führten, von denen viele die Schöpfer 
jener gerade wegen ihrer malerischen Qualitäten so hochstehenden Kunst waren. 

Die von uns am besten gekannten literarischen Künstler aber, namentlich Vondel, 
beachteten meist nur die Darstellung. Und daher kommt es, daß Jeder, der die Sache 
nur oberflächlich betrachtet, den Eindruck bekommt, als sei das Amsterdamer Rathaus 
damals mehr bewundert worden als die Staalmeesters, und als hätte man Govert 
Flinck, bei dessen Tode man eine Medaille schlug, und dessen Werke Vondel in 
Versen lobte, höher gestellt als Rembrandt, der sang- und klanglos zu Grabe ge- 
tragen wurde. 

Aber wer die Sache näher untersucht, entdeckt neben dieser mehr oder weniger 
offiziellen Berühmtheit eines Flinck, Bol, Honthorst und anderen jene ganze Reihe 
von Privatleuten, die als Mäzene die Künstler protegierten, so Tulp z. B., der 
son in dem jungen Paul Potter dessen Genialität sah, oder Gerard Reynst, dessen 
Sammlung eine Auslese der besten Werke der auch nach unserem Gescimacke 
größten damaligen Maler enthielt. 

Und sehen wir dann nicht audı, wie sehr der Delfter Veneer und Carel Fabritius 
schon zeitlebens in ihrer Vaterstadt geehrt wurden, und wie zu dem erstgenanntem 
sogar ein Fremder!) den Weg zu finden wußte? 

Wirklich, man tut den alten Holländern unrecht, wenn man, irregeführt durch 
die zahlreichen Geschichten von der Armut jener alten Maler, ausschließlih Mangel 
an Würdigung und Geschmack der Zeitgenossen als Ursache für das Elend annimmt, 
in dem viele Maler wirklich gelebt haben. Das Publikum tat im Gegenteil für seine 
Maler, was es konnte, und jene elenden Zustände müssen zum grossen Teil der 
Überproduktion zugeschrieben werden. 

Viele verstanden die Bedeutung der holländischen Großmeister vollkommen und 
— um zu dem zurückzukehren, was wir anfangs über die Staalmeesters sagten — es 
ist durchaus nicht unmöglich, ja sogar wahrscheinlich, daß die Herren Staalmeesters nur 
allzu gut die Größe Rembrandts verstanden haben und ganz derselben Meinung waren 
wie Jeremias de Decker in seinem bekannten Lobsang auf Rembrandt”), wo er sagt: 

Dat braef penceel en hoeft om niemands bof te vragen; 

't Is door zich zelf vermaerd, 

En heeft zijns Meesters naem misschien zoo wijd gedragen, 
Als 't vrije Neerland vaert. 


1) Seigneur de Monconys. Vgl. Nederlandsche Kunstbode 1880. 

2) Übersetzt lautet der Vers: „Dieser tüchtige Pinsel! braucht nach niemandes Lob zu 
fragen; er ist von selber berühmt und hat den Namen seines Meisters vielleicht so weit getragen, 
wie das freie Niederland fährt“ (d. h. seine Schiffe fahren läßt). 


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Abb. 1. Verkündigung an Zadıarias 


Bern, Kunstmuseum O 


Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke 


Von Hermann Voss 


Im Berner Kunstmuseum befinden sich fiinf neuerdings mit dem Namen Hein- 
rich Bichler bezeichnete Altartafeln, die aus dem Vincenzmünster stammen sollen und 
die Legende Johannis des Täufers darstellen.) Mit einem der urkundlich erwähnten 
Altäre der Kirche sind sie nicht in Verbindung zu setzen; denn wenn auch 1472 ein 
Johannisaltar in das Münster gestiftet ward, so ist doch dies Datum weitaus zu früh, 
um mit dem künstlerischen Charakter der Tafeln des Berner Museums in Einklang 
gebracht werden zu können. Vielmehr weist die Kenntnis Schongauerischer Kunst, 
die aus dem Gewandstil an den Kompositionen der Bilder spricht (zumal bei der Taufe 
Christi) deutlich in die letzten Jahrzehnte, wahrscheinlich in die vorgerückten neunziger 
Jahre des 15. Jahrhunderts. 


1) Für freundlichst erteilte Auskünfte bin ich Herrn E. Davinet-Bern zu lebhaftem Danke 
verpflichtet. 


Herm. Voss. Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke 155 


Abb. 2. Namengebung Johannis 


Bern, Kunstmuseum O 


Die Folge gibt sich, so wie sie uns in Bern vor Augen steht, als unvollstandig 
leicht zu erkennen. Eine der Tafeln, mit den Heiligen Christophorus und Petrus, ge- 
hört dem Format wie dem Ikonographischen nach offenbar zu einem anderen Altare, 
obwohl das Muster des Goldgrundes das gleiche ist. Bleiben nur 4 Tafeln, von denen 
die Taufe Christi und die Predigt Johannis vor Herodes wegen des Goldgrundes 
als Innenflügel, die Verkündigung an Zacharias und der Namengebung als Außen- 
flügel zu deuten sind. In dieser Gestalt kann der Altar nicht vollständig sein: wichtige 
Episoden aus dem Leben des Täufers wie besonders die mit Vorliebe dargestellte Ent- 
hauptung fehlen und der Aufbau erscheint dürftig und mangelhaft. 

Wohin kamen die übrigen Tafeln? Anhaltspunkte zu ihrer Ermittelung fehlen. 
Ein glücklicher Zufall ließ mich einen der zugehörigen Teile vor zwei Jahren im Na- 
tionalmuseum zu Budapest finden. Es ist ein „Tanz der Salome“, der bis dahin als 
„ungarisch“ gegolten hatte und demgemäß im ungarischen Saal aufgehängt war. Die 
völlig übereingehenden Typen, Kostüme und Farben, dazu der Goldgrund mit dem 
genau entsprechenden Muster, endlich die Übereinstimmung des Formates ließen 
mich in ihr ein Fragment des Berner Altars erkennen. Meine Attribution ward 
von den Verfassern des damals gerade entstehenden Katalogs übernommen, jedoch 
nur in aller Kürze und ohne nähere Begründung und Spezifizierung der Zuweisung. 


756 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 3. Johannes in der Wüste 
Sonnenburg bei Cüstrin D 


Erst heute komme ich auf jenes Pester Bild zurück, da es mir inzwischen ge- 
lang, zwei der anderen verschollenen Darstellungen des Altars an sehr entlegener 
Stelle zu finden, nämlich im Johanniter-OrdensschloB zu Sonnenburg bei Cüstrin, wohin 
sie vor Jahren vom Fürsten zu Dohna-Schlobitten gestiftet worden sind. Beide 
Szenen gehören vielleicht zu den interessantesten des Zyklus, die eine, „Johannis in 
der Wüste“ um des eigenartigen Gegenstandes willen, die „Enthauptung“ als frühe 
Formulierung eines von den späteren Schweizern bevorzugten Vorwurfes. Auch bei 
diesen Bildern bestätigen die MaBe*) und (bei der Enthauptung) das Muster des Gold- 
grundes die Zugehörigkeit zum Berner Zyklus, abgesehen von der sofort zu bemerken- 
den Übereinstimmung der Typen, der Komposition und überhaupt des künstle- 
rischen Stiles. 

Ordnet man die zerstreuten Tafeln in der Reihenfolge der einzelnen Episoden, 
so ergibt sich ohne Schwierigkeiten der ursprüngliche Aufbau des Altars. 

Auf der Außenseite waren vier Szenen der Vorgeschichte und Jugend des 
Täufers vereinigt: die Verkündigung des Engels an Zacharias, sodann eine verlorene 


*) Die Abmessungen der Tafeln differieren leicht unter einander; Abb. 1, 3, 4 und 7 
messen in der Breite 1,27, in der Höhe c. 1,13; Abb. 2, 5 und 6 in der Breite 1,23, in der Höhe 
1,07. An der Pester Tafel fehlt der obere Rand; sie mißt in der Höhe nur 1,025. 


Herm. Voss. Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke 757 


Abb. 4. Taufe Christi O 


Bern, Kunstmuseum 


Darstellung (Rückseite des Pester Bildes), wahrschein die Heimsuchung, hier- 
auf die Namengebung und zuletzt Johannes in der Wiiste. Offnete man die Fligel 
so erblickte man zu Seiten des Schreines, den jedenfalls eine Holzschnitzerei ein- 
nahmen, die Taufe Christi, die Predigt Johannes vor Herodes, den Tanz der Salome 
und die Enthauptung des Täufers. 


Hier eine kurze Besprechung der geschilderten Episoden des Lebens Johannis. 


1. Die Verkündigung an Zacharias. (Abb. 1). Der kinderlose, betagte 
Priester ist zum Rauchopfer in den Tempel gegangen; draußen harrt die andächtige 
Menge. „Es erschien ihm aber der Engel des Herrn, und stand zur rechten Hand am 
Rauchaltar. Und als Zacharias ihn sahe, erschrak er, und es kam ihn eine Furcht an. 
Aber der Engel sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharia (ne timeas, Zacharia), denn 
dein Gebet ist erhöret, und dein Weib Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, dess’ 
Namen sollst du Johannes heißen.“ An diese Worte hat sich der Künstler streng ge- 
halten. Der besorgte Ausdruck im Antlitz des Priesters verrät den Schrecken, den 
eben die Worte des rechts am Räucheraltar stehenden Engels zu bannen suchen. 
Eigentümlich die primitive Einfachheit der Szene, wirksam unterstützt durch den kolo- 


158 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 5. Johannis Predigt von Herodis 


Bern, Kunstmuseum O 


ristischen Ausdruck und die einrahmende Architektur. Auf dem Boden eine weiße und 
eine rote Nelke, das Zeichen des Meisters. 


2. Die Heimsuchung. (?) (Verloren). 


3. Die Namengebung. (Abb. 2) „Und es begab sich am achten Tage, 
kamen sie zu beschneiden das Kindlein; und hießen ihn, nach seinem Vater, Zacharias. 
Aber seine Mutter antwortete, und sprach: Mit nichten, sondern er soll Johannes 
heißen. Und sie sprachen zu ihm: Ist doch niemand in deiner Freundschaft, der also 
heiße. Und sie winkte seinem Vater, wie er ihn wollte heißen lassen. Und er forderte 
ein Täflein, schrieb, und sprach: Er heißt Johannes. (Johannes est nomen). Und sie 
verwunderten sich alle.“ Wieder ist die Szene streng nach den Worten der Bibel 
und mit aller Einfachheit gegeben, für Zacharias ist der gleiche Typus festgehalten, 
der Ausdruck des vielleicht älter erscheinenden Gesichtes ist resigniert und etwas 
mürrisch (Zacharias verstummte nach jener früheren Szene). 


4. Johannes in der Wüste. (Abb. 3.) Durch den sehr gelungenen Versuch 
einer Landschaftsdarstellung besonders interessant. Ob der Meister frühe Stiche 
Albrecht Dürers kannte? Die Führung des Bodenkonturs, die Felsen mit den darauf 
wachsenden Pflanzen und Bäumen, die ganze Schiebung der Kulissen scheinen auf 


Herm. Voss. Der Johannesaltar des Meister mit der Nelke 759 


Abb. 6. Tanz der Salome U 
Budapest, Museum der Bildenden Kunst 


Blätter wie die Buße des h. Chrysostomus (B. 63) und den h. Hieronymus (B. 61) zu 
deuten. Der (vielleicht zu Unrecht) bekanntere Schüler des Meisters, Hans Fries von 
Freiburg, benutzte ebenfalls Dürersche Graphik, aber viel skrupelloser. — Johannes 
ist lesend dargestellt, während er im Hemd von Kamelshaaren durch die „Wüste“ ein- 
herschreitet. Drei Engel fliegen ihm zu Häupten. Der Ausdruck seines Gesichtes erinnert 
auffallend an den schreibenden Zacharias, besonders in der Partie um den Mund. 
Charakteristisch auch die stark gebildete, leicht überhängende Nasenspitze. 

5. Die Taufe Christi. (Abb. 4.) Die erste Darstellung bei geöffneten Flügeln. 
Als Komposition, wie schon Haendcke beobachtete, sich anlehnend an Schongauers 
Stih (B. 8). — Johannes in allem — Typ, Hände, Füße, Fell — übereingehend mit 
der vorigen Darstellung. An Christus auffallend die langen gelenklosen Hände, die 
auch sonst beim Nelkenmeister und seinem Schüler vorkommen. Der Engel ähnlich 
an Bildung wie die des „Johannes in der Wüste“. Auch hier im Landschaftlichen 
anziehende, intime Züge. 

6. Johannis Predigt vor Herodes. (Abb. 5.) Dem psychologischen Gehalte 
nach das hervorragendste Bild der Serie. Herodes dasitzend auf seinem Throne, halb 
gelangweilt, halb verlegen und verdrieBlich wegen des unbequemen Predigers, dem 
es mit seinem Non licet tibi habere uxorem fratris tuil heiliger Ernst ist: man sehe, 


wie die Finger des Königs nervös mit dem Zepter spielen, wie Pose und Blick von 
50 


760 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 7. Enthauptung des Täufers 
Sonnenburg bei Cüstrin D 


scheinbarem Gleichmut und geheuchelter Überlegenheit sprechen, wie auch Herodias in 
ähnlichen Beklemmungen dasitzt und halb beschämt, halb frech die Augenlider senkt. 
Dazu die übrigen in aufmerksamer Haltung, sichtlich getroffen von der inneren Kraft 
dieser Predigt, bei deutlicher Abstufung der Teilnahme und Ergriffenheit wie der 
ängstlichen Zurückhaltung. Wie wenig kommt gegen diese Konzentrierung des (dabei 
gedämpften) Ausdruckes Hans Fries mit seiner Darstellung des gleichen Gegenstandes 
auf (Basel, Kunstsammlung), wo zwar alles gefälliger, reicher wirkt, aber an inner- 
licher Wirkung weit zurücksteht. (Abb. 8.) 

7. Der Tanz der Salome. (Abb. 6.) Unterhaltsam durch die Darstellung: 
Salome als Mädchen von vielleicht 14 Jahren in Tanzpose hingewandt gegen Herodes, 
der mit sichtlihem Vergnügen an der Gewandtheit der Kleinen beide Hände erhebt. 
Typ und Kleidung des Vierkönigs ganz wie vorhin, ebenso bei Herodias. Etwas zer- 
streut angeordnet die tafelnden Personen, ebenso wie die Dinge, mit denen der 
Tisch gedeckt ist: Der Meister hat zwar Interesse für das Stilleben, aber keinen aus- 
gesprochenen Sinn dafür. Die amüsanteste Gruppe sind die beiden Musikanten, die 
sehr bei der Sache zu sein scheinen und in ihrer hübschen Kleidung und frischen Er- 
scheinung eine Renaissance-Note in das Bild bringen. | 

8. Die Enthauptung des Täufers. (Abb. 7.) Von sehr bedeutender Wucht 
in der Wiedergabe der grausigen Szene; auch in der Komposition monumental und 


Herm. Voss. Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke 761 


zwingend, zumal in der Zusammenführung von Figuren und architektonischer Um- 
gebung. Jede einzelne Figur ist beseelt; der Henker außerdem auch rein als Be- 
wegungsmotiv sehr wirksam. Von diesem Bilde ist entschieden abhängig Hans Friesens 
entsprechende Darstellung in der Baseler Kunstsammlung; Anordnung der Architektur 
und besonders der außerordentlich 


ähnlichen Gestalt der Salome mit |" | TA A 
der Schiissel unter dem Arme F rare CHL NUN] OAS py 
scheinen mir dafür zu sprechen. "dä dén, `, À wc Uy 4 


An Ausdruckskraft ist das ältere A 
Muster dem jüngeren Bild mehr 
denn je überlegen. 

Der Zusammenhang des 
-Nelkenmeisters mit Hans Fries, den 
man auch sonst bemerkt hat, ist 
fir die Datierung unserer Folge 
nicht belanglos. Es wäre dem be- 
rühmten Freiburger Meister nicht 
noch im Jahre 1514 eingefallen 
sih an Bilder anzulehnen, die 
ganz „all'antica“ gemalt waren. 
Mithin werden unsere Darstel- 
lungen schwerlich lange vor 1500 
entstanden sein. Vielleiht kann 
man sie auf stilistische Momente 
hin noch bestimmter datieren. Im 
Jahre 1495 entstanden die Wand- 
gemälde der Berner Predigerkirche 
mit dem Stammbaum Christi und 
des h. Dominicus, der Verkün- 
digung u. a.; in ihnen verrät der 
Meister ohne Zweifel noch einen 
altertümlicheren, gebundneren Stil 
denn in der Johanneslegende. Hin- 
gegen scheinen die von 1501 da- 


tierten Malereien der Vorhalle des 
Berner Münsters (von denen wohl Abb. 8. HANS FRIES: Johannis Predigt vor Herodis 


Basel, öffentl. Kunstsammlung 


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nur der mit der Nelke signierte 
Sündenfall eigenhändig ist) etwa der Stilhöhe unserer Bilder zu entsprechen; wir 
werden also mit der Datierung „um 1500“ ungefähr das Richtige treffen. 

Wie so späten Daten gegenüber die ganz ungegründete Identifizierung des 
Meisters mit einem 1466—1480 genannten Heinrich Bichler aufrechtzuerhalten sei, weiß 
ich nicht. Der Nelkenmeister ist, wie all seine ziemlich zahlreichen Werke beweisen, 
unter der entscheidenden Einwirkung Martin Schongauers aufgewadisen und war bis 


762 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


ins XVI. Jahrhundert hinein tätig. Jener H. Bichler, der, wie es nach den Urkunden 
scheint, mehr dekorative Aufträge erhalten hat und vielleicht ein untergeordneter 
Meister war, muB bereits in den sechziger Jahren ein fertiger Mann gewesen sein und 
würde sich nicht noch um 1500 so entschieden entwickelt haben wie unser Künstler. 
Eher noch könnte man ihn sich als Lehrer oder Vorgänger des Nelkenmeisters denken. 
Daß die schon von Haendcke zurückgewiesene Ansetzung der Johanneslegende in die 
siebziger Jahren sich nunmehr gänzlich verbiete, braucht kaum noch gesagt zu werden. 
Vielmehr ist das Altarwerk aktenmäßig überhaupt nicht zu identifizieren und stand 
wahrscheinlich nur kurze Zeit an geweihter Stätte, von der es die Stürme der Berner 
Reformation bald vertrieben. In mehrere Hände geraten, erhielten die einzelnen Teile 
des Werkes willkürlie Benennungen, deren Unrichtigkeit wir nicht erst noch zu er- 
weisen haben. — Durch die Rekonstruktion eines Hauptwerkes des besten Schweizer 
Malers im XV. Jahrhundert, vielleicht derjenigen Arbeit, die den Meister am viel- 
seitigsten und umfassendsten zeigt, ist zur Erkenntnis dieser nicht sehr bedeutenden, 
aber soliden Künstlerpersönlichkeit ein weiterer, nicht ganz unwesentlicher Schritt 
geschehen. 


Literatur. B. Haendcke, die Schweizerische Malerei im XVI. Jahrhundert, Aarau 1893. 
J. Zemp im Schweizerischen Kiinstlerlexikon I, S. 126 und im Text zu Tafel 37 und 38 der Berner 
Kunstdenkmäler. — J. Stammler im Text zu Tafel 5535—60 der Berner Kunstdenkmäler und den 
Bildwerken in der Hauptvorhalle des Münsters zu Bern, Bern 1897. — Kataloge der Museen zu 
Bern und Budapest. 


Ke, Gem A Ka ap 


Der ,, Triumph des Federigo Gonzaga“ von 


Lorenzo Costa 
Von Emil Schaeffer 


Als Michelagniolo in Bologna jene erzene Statue Julius’ IL schuf, der die 
Lebensfrist kürzer als ihrem Modell bemessen war, hatte er von seiten der einheimischen 
Künstler mancherlei Anfechtung zu erleiden. Sie mißgönnten dem Fremdling viel- 
leiht das Genie, gewiß jedoch die Gunst ihres neuen Stadtherren, des Papstes und 
Michelagniolo wiederum vergalt ihnen durch laugenscharfen Florentiner Spott, unter 
dem besonders die Häupter der Bolognesischen Zunftgenossen, Francesco Francia und 
Lorenzo Costa viel zu leiden hatten. „Va al bordello“ — höhnte er zu Francia — 
stu el Costa, che siete due solenissimi goffi nell’ arte ...‘! Mit dem nämlichen 
Worte ,goffo“ hatte er schon Perugino gebrandmarkt und seiner und ihrer Art nach 
mußte er diese drei mit demselben Hasse verfolgen, den Umbrer aus Citta di Penna, 
Francia und den Ferraresen Lorenzo Costa, der freilih in der Stadt des heiligen 
Petronius den künstlerischen Traditionen der Heimat abtrünnig geworden war. Mit 
der steifen Symmetrie des Aufbaues, mit ihren phlegmatisch-milden Heiligen und der 
weinerlichen Zuckersüße ihrer Madonnen, mit ihrem gänzlichen Mangel an Temperament 
und Bewegung in jedem Sinne des Wortes, mußten Costas große Altargemälde 
gerade Michelagniolos Augen eine Qual bedeuten. Die unleugbaren malerischen Fähig- 
keiten Costas ?) übersah der Plastiker; war ihm doch die Olmalerei eine Kunst für alte 
Weiber. Zu Costas Heil fand der Kritiker Michelagniolo jenseits des Apennins keine 
Anhänger; Isabella d’Este bezeichnete eine Madonna Costas ausdrücklich als die schönste 
ihrer Sammlung’), und als der große Mantegna gestorben war, übersiedelte, von 
Francesco Gonzaga zum Hofmaler ernannt, Lorenzo Costa im Jahre 1507 nach 
Mantua. Dort verherrlichte er, inspiriert von höfischen Gelehrten und dichtenden 
Höflingen, die ,GroBtaten“ seines Gebieters; aber der Nachen, auf dem Francesco 
Gonzaga in den Hafen der Unsterblichkeit einlaufen wollte, versank, Costas Werke, 


1) Vasari: Le vite etc. In Firenze M. D. L. vol II. S. 962. In der zweiten Ausgabe 
s. Vasari (ed Milanesi) VII. S. 170, lautet der Ausspruch Michelagniolos weniger scharf und Costas 
Name wird gar nicht genannt, nur der Francias. 

2) Noci Michelangelo Biondo „Della nobilissima pittura“ etc. Venezia 1549, p. 18 ff. sagt 
von Costa ...: ,Costui fu il megliore maestro fra pittori di colorire, overo di dar colori, che 
fusseno a quei tempi“ ... 

3) Im August 1509 wurde Francesco Gonzaga als Kriegsgefangener in Venedig interniert, 
wo er bis zum Juli 1510 verbleiben muBte. Um ihm gute Behandlung zu sichern, sandte seine 
Gattin Isabella d'Este an einfluBreiche Persönlichkeiten kostbare Geschenke; die Königin von Frank- 
reich erhielt eine Madonna Costas, worüber sie am 13. Januar 1510 an ihren Geschäftsträger in 
Venedig, d'Atri, schreibt: ,deliberamo di mardaline una (sc. Madonna) di man del Costa, che 
havevamo molto chara, chè non avemo la più bella...“ S. den Brief bei A. Luzio: Federigo 
Gonzaga, ostaggio alla corte di Giulio Il. im „Archivio della R. Società di Storia Patria* vol. IX. 
Roma 1886, p. 508 Anm. 2. 


764 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


die seinen Ruhm der fernsten Nachwelt künden sollten, gingen, als die kaiserliche 
Soldateska anno 1630 die Residenz der Gonzaga erstürmte und ausplünderte, fast 
sämtlich zugrunde. Nur ein Gemälde des Louvre, der „Musenhof der Isabella d’Este“, 
erinnerte — lange Zeit allein!) — an Costas Tätigkeit für das Haus Gonzaga. Ihm 
gesellt sih nun ein zweites im Schlosse zu Teplitz, das dort, beim Fürsten Clary- 
Aldringen, dem Enkel jenes Aldringen, der damals den Sturm auf Mantua 
befehligte, ein vergessenes und von wissenschaftliher Forschung unbehelligtes 
Dasein führt?) ` 

Adolfo Venturi hat in seinem reichhaltigen Werke über die Sammlung Crespi 
zu Mailand des Teplitzer Bildes mit knappen Worten zwar Erwähnung getan,?) seinen 
Inhalt jedoch falsch gedeutet. Denn nicht den „Triumph des Francesco Gonzaga und 
der Seinen nach der Schlacht bei Fornovo“ ‘) schilderte Costa in diesem Riesengemälde,*) 
sondern einen andern „trionfo“, den schon Vasari richtig erkannte, als er des Bildes 
in folgenden Sätzen gedachte: ,... nell’ altro [sc. quadro] che fu fatto a olio molti 
anni dopo il primo e che fu quasi delle ultime cose che dipignesse Lorenzo, é il 
marchese Federigo fatto uomo con un bastone in mano, come generale di Santa 
Chiesa sotto Leone X; ed intorno gli sono molti signori, ritratti dal Costa di naturale. .* °) 
Lorenzo Costa schuf dieses Gemälde anno 1522,°) dreizehn Jahre vor seinem 
Tode, aber da er seine künstlerische Tätigkeit im Jahre 1525!) abschloB, so durfte 
Vasari das Teplitzer Bild mit vollem Recht „eines der letzten Werke“ Costas 
heißen. Daß er darin zum soundsovielten Male den Sieger von Fornovo ver- 
herrlicht hatte, dies anzunehmen verbietet schon die Ikonographie; denn Francesco 
Gonzaga, den wir aus Mantegnas „Madonna della vittoria“ und Gianmarco Cavallis 
Bronze-Büste kennen, gleicht in keinem Zuge dem kaum zum Manne gereiften Jüngling, 


1) So wird das Bild bekanntlich allgemein genannt, obschon diese Bezeichnung nur ein 
Verlegenheitstitel ist. Das zweite Gemälde des Louvre aus Isabellas Besitz „Das Reich des 
Eros“ ist von Mantegna begonnen und von Costa nur vollendet worden. 

2) Se. Durchlaucht Fürst Clary-Aldringen hatte die Güte gehabt, eine Photographie 
seines Gemäldes dem Verfasser zur Verfügung zu stellen, wofür ihm hiermit ergebenst der 
schuldige Dank gesagt sei. 

3) Adolfo Venturi: „La Galleria Crespi. In Milano 1900, S. 72, wo auch eine kleine, sehr 
vershwommene und darum ungenügende Reproduktion des Bildes gegeben ist. 

4) Venturi nennt das Bild ,Trionfo di Francesco Gonzaga e de’ suoi per la vittoria di 
Fornovo“, wobei er wohl an ein heute nicht mehr nachweisbares Gemälde Costas dachte, das 
Vasari folgendermaßen beschreibt — — „In un altro quadro si vede il medesimo Marchese 
[Francesco] sopra un piedistallo, trionfante con un bastone in mano; e intorno gli sono molti 
signori e servitori suoi con stendardi in mano tutti lietissimi e pieni di giubbilo per la grandezza 
di lui: fra i quali tutti e un infinito numero di rittrati di naturale — —“ Vasari ed Milanesi, 
III. p. 134. 

5) Auf Leinwand. — H. 2,50 m. Br. 6,40. 

6) Vasari III. p. 135. Vorher geht die Beschreibung eines Opfers an Herkules, das Costa 
in Wasserfarben gemalt hatte. 

”) Das Teplitzer Bild hat die Signatur L. COSTA F. MDXXII. 

8) Das letzte datierte Bild Costas stammt aus dem Jahre 1525. Es stellt eine Madonna 
mit Heiligen dar und wurde von ihm für seine Grabkapelle in S. Andrea bestimmt. 


E. Schaeffer. Der „Triumph des Federigo Gonzaga“ von Lorenzo Costa 765 


(,fatto uomo“), auf dem weiBen Zelter, der in Haltung und Gangart bereits an van 
Dycks Reiterbildnis des Anton-Giulio Brignole-Sale gemahnt. Wohl aber ähnelt das 
Haupt des Federigo Gonzaga, wie wir es auf mantuanischen Gold- und Kupfer- 
münzen !) gewahren, in seiner Struktur so sehr dem Kopfe des jungen Feldherrn „con 
bastone in mano“, daß wir diesen unbedenklich mit Francescos Sohn Federigo identi- 
fizieren können.?) Francesco Gonzaga war überdies schon anno 1519 gestorben, und 
‘was in aller Welt hätte seinen Nachfolger bestimmen sollen, den Sieg am Taro, für 
dessen Glorifizierung der Vater doch bei Lebzeiten genugsam bemüht gewesen, nach 
genau siebenundzwanzig Jahren noch einmal zu verherrlichen, und das gerade in dem 
Augenblicke, wo ganz Italien vom Ruhme der Taten widerhallte, die er selber vor 
Pavia und Mailand im Kampfe wider die Franzosen vollbracht, wo Fama und 
Victoria, um im Stile der Zeit zu sprechen, den jugendlichen Generalkapitän der Kirche 
mit ihrem holdesten Lächeln beglückten? Er hätte kein Gonzaga sein müssen, wenn er 
nicht sofort daran gegangen wäre, die Erinnerung an seine erste Waffentat durch 
Costas Bild festhalten zu lassen. Als Thema dieses Gemäldes kam nur ein „trionfo 
all’ antica“ in Frage; denn es sollte eine Schmalwand in jenem Saale des Palazzo 
von S. Sebastiano einnehmen,?) deren Langseiten der Triumph Caesars von Mantegna 
schmücte; an das gewaltige Epos zum Preise des Vaters schloß sich in der gemalten 
Ruhmeschronik des Hauses Gonzaga ein Lobgedicht an den Sohn. Von einem Ver- 
gleich der beiden Werke miteinander kann billig abgesehen werden. Denn was hat 
die wunderbarste Übersichtlichkeit mit dem Chaos, das Wohlabgewogene mit dem 
Planlosen, die Einheitlichkeit des Stiles mit einer fast kindlich anmutenden Stil- 
vermischung gemeinsam? 

Costa teilt seinen Festzug in drei große Gruppen, die untereinander nur lose 
verknüpft sind: zuerst gewahren wir hoch zu Roß einige Führer, die, an der Weges- 
biegung einen Augenblick Halt machend, zu beraten scheinen; ihnen folgt, einander 
stoßend und zur Seite schiebend, die lärmende Masse der Berittenen, denen endlich, 
beutebeladen und Gefangene eskortierend, die Horden des Fußvolkes nachdrängen. 
Diese Dreiteilung des „trionfo“ ist eine äußerliche, denn sie betrifft nur die Komposition 
des Werkes; aber auch dessen innere Struktur formt sich gleichsam aus drei Schichten, 


1) S. Armand: Les Medailleurs italiens. Paris 1883, vol. II. p. 155; Mantoue Nr. 2. 
Kupfermünze. Rev. heil. Caterina und p. 156, Nr. 6. Goldmünze. Auf dem Revers ist Federigo 
reitend, den Marschallstab in der Hand, dargestellt. 

2) Es sei mir gestattet, der Vermutung Ausdruck zu geben, daB auch Tizians sog. „Giorgio 
Cornaro* der Sammlung Eduard Simon zu Berlin (abgebildet in „Tizian“, Klassiker der Kunst, 
Bd. HI. Stuttgart 1907, S. 62), ein Porträt des jugendlichen Federigo Gonzaga, etwa aus dem 
Jahre 1530 ist. 

3) Aus diesem „Palazzo S. Sebastiano“ oder „della Pisterla“, wie er auch genannt wurde, 
gelangte das Bild mit anderen Werken Costas später in die Residenz, die „reggia“; s. d’Arco: 
„Delle arti e degli artefici di Mantova“, Mantova 1857, vol. II. p. 159. Dort heißt es, in dem so 
wichtigen Inventar von 1627: „4. grandi (sc. quadri) quali erano al palazzo della Pisterla, dipintivi 
alcuni fatti del Marchese Francesco“ (da Lorenzo Costa Ferrarese). — L. 480. Hier scheint der 
Inhalt der Darstellung bereits vergessen oder der Schreiber des Inventares nahm sich nicht die 
Zeit, dies Gemälde in einen Gegensatz zu den drei anderen zu bringen. 


kä a dech 


LORENZO COSTA: Der Triumph des Federigo Gonzaga ? 


besteht aus Sedimenten der drei groBen Entwicklungsperioden innerhalb der italienischen 
Malerei. Da sind Motive, entnommen dem fast schon vergessenem SchatZe mittelalter- 
liher Symbolik, da ist quattrocentistishe Wirklichkeits-Schilderei und dann wieder 
gewahren wir jenes Streben nah dem Losgelöst-Sein vom Zwang des Individuellen, 
nach höherer nicht vom Modell bedingter Menschlichkeit, die das Cinquecento auf 
dem Umwege iiber die Antike zu erreichen hoffte. Aber diese heterogenen Elemente, 
aus denen Raffaels gewaltiger Künstlerwille eine neue Einheit schuf, gehen in der 
Retorte von Costas Geist keine Verbindung miteinander ein, sie lagern eines neben 
dem andern, und es bedarf keiner mühevollen Analyse, um aus den Ganzen die 
Teile herauszulösen. 

Für die Anlage des Bildes mochten Costas gelehrte Berater ihn auf Appians 
Beschreibung vom Triumphe des Scipio ') verwiesen haben, die wohl auch das Schema 


1) Appian: Röm. Gesch. VII. Buch: (Punica) cap. 66. 


für die Apotheose Julius’ II. vom Jahre 1513 und den römischen Karnevals-Festzug 
des Jahres 1520 abgab. Zudem standen ihm vortreffliche Berichte über diese beiden 
„trionfi all’ antica“ zur Verfügung, und so ist es nicht weiter befremdlich, wenn Costa 
mit denselben — eigentlich ja schon zum Klichee gewordenen Requisiten arbeitete wie 
die Regisseure dieser beiden berühmten Spektakel,') mit Zitherspielern und bekränzten 


1) Der „Apotheose“ Julius’ II. wohnte Federigo bei, der ja als „Geisel“ am Hofe des Papstes 
lebte; sie ist genau beschrieben in dem Briefe Stabellinis an Isabella -d’Este, den Costa gewiß 
kannte (abgedruckt bei Luzio, op. cit. p. 577ff. Da ist die Rede von „trombetti sonando e genti 


| gridando“, von Reitern „con le coperte loro di seta e di brocato — — con celate in capo all’ 
| anticha di cartoni dorati in varie forme con loro imprese di sopra“ — — dann kamen Jiinglinge 
‚a cavallo con rami di querza in mano e con ghirlande in capo“. — — Auch über den glänzenden 


. 
— 


Festzug vom Jahre 1520, den prunkvollsten, den Rom bis dahin gesehen, konnte sich Costa in 
Mantua durch den Brief Angelo Germanellos an Isabella d’Este v. 19. Februar 1520 unterrichten. 
Er ist abgedruckt bei Pastor: Geschichte der Päpste. Freiburg 1907. Bd. IV. 2. Abt. S. 7171. 


768 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Schalmeienbläsern, mit Jünglingen, deren Locken von hellem Eichenlaub durchflochten 
sind, mit prunkvoll aufgezäumten Rossen, auf deren Rücken edle Stoffe und kostbare 
Felle ruhen. Freilich, Costas heroisierte Soldaten, ihre Waffen, ihre Standarten — alles ist 
Theater-Antike und hätte vor den Archäologen-Augen Mantegnas so wenig Gnade gefunden 
wie die ganz im Sinne des Quattrocento gemalte Portraitgruppe um Federigo Gonzaga. 
Ihm durfte, als er seinen Triumph des Cäsar schuf, kein Gegenwartsgesicht die Ein- 
und Reinheit der antiken Vision zerstören. Sein Werk sollte den Sieger am Taro 
feiern; aber mochte sich Francesco Gonzaga immerhin ein anderer Cäsar dünken, 
Mantegna hütete sich vor der Geschmacklosigkeit, dem Römer, ,dess’ Name doch das 
Hôchste dieser Welt benennet“, die Züge eines kleinen Marchese zu geben — der 
starre Doktrinär taugte eben nicht zum Hofmaler. Lorenzo Costa war geschmeidiger. 
Wenn sein Brotgeber sich in der Maskerade eines Imperators wohl fühlte, warum 
sollte er ihn nicht als antiken Triumphator malen dürfen? ... 

Die Herren seines Gefolges, mit deren Namen ein Gonzaga den seinen fir die 
fernste Zukunft verkniipft wissen wollte, sind uns heute fremd; nur einen einzigen 
glauben wir zu erkennen, Baldassare Castiglione, dessen versonnenes Antlitz gleich 
hinter dem seines Gebieters emportaucht. Obschon er an den lombardischen Kämpfen 
keinen Anteil genommen, mochte Federigo hier gerade Castiglione nicht vermissen wollen; 
denn jenen Kommandostab, den seine Rechte so frohgemut schwingt, hat ihm das 
diplomatische Geschick dieses Vasallen verschafft, Castiglione verhalf ihm zur Erfüllung 
eines Jugendtraumes: Einstmals stülpte man den blendend schönen Knaben, der als 
Unterpfand für die Treue des Vaters am römischen Hofe erzogen wurde, die päpst- 
lihe Tiara aufs Haupt; er aber rief den lachenden Kavalieren zorngeröteten An- 
gesichtes zu: „Non voglio esser Papa, ma guerriero della Chiesa“ ...’) Bald nach 
seinem Regierungsantritt erneuerte Federigo bei Leo X. den Wunsc des Kindes; aber 
trotz der traditionellen Freundschaft zwischen den Häusern Medici und Gonzaga,*) trotz 
der herzlichen Intimität, die gerade zwischen dem Florentiner Papst und der mantuanischen 
Herrscherfamilie allezeit bestanden hatte,*) trug Leo Bedenken, das verantwortungs- 
reide Amt des Generalkapitäns der Kirche einem Neunzehnjährigen anzuvertrauen, 
der ihm überdies der Hinneigung zu Frankreich verdächtig schien. Zwar versicherte 
Federigo „er habe keinen sehnlicheren Wunsch als den, Seiner Heiligkeit zu dienen, 
und hege durchaus nicht sole Gedanken, wie gemeine Menschen versucht hätten, 
Sr. Heiligkeit einzureden“ *), und der Papst beantwortete solche Ergebenheitsbeteuerungen 
äußerst verbindlich, — aber Castiglione mußte doch im Vatikan fast zwei Jahre lang 
immer aufs neue zugunsten seines Herrn vorstellig werden, bis Leo endlich „zur 


1) Luzio, op. cit. Anm. 3..... . @ fu racordato il caso di Achille, fügt der Bericht- 
erstatter hinzu. 

2) S. Luzio: Isabella d'Este ne’ primordi del papato di Leone X. etc. Milano 1907. 
S. 3f. u. S. 4, Anm. A 

3) Leo war Pate bei Federigos jiingerem Bruder Ferrante Gonzaga (geb. 28. Januar 1507) 
gewesen und hatte bald nach seiner Wahl Federigo zum Conte di Poviglio ernannt. S. auch die 
in Anm. 2 zit. Studie Luzios, bes. S. 18. 
*) S. Martinati: Notizie storiio-biografihe intorno al conte Baldassare Castiglione. 
Firenze 1890, p. 35, p. 37f., p. 80 u. 81, wo die ob. zit. Briefstelle Federigos abgedruckt ist. 


E. Schaeffer. Der „Triumph des Federigo Gonzaga“ von Lorenzo Costa 769 


Freude nicht nur des pästlihen Hofes, sondern von ganz Rom“ !) das Ernennungs- 
dekret für Federigo unterzeichnete. 

Castiglione war jedoch nicht bloß als kluger Diplomat und, nach Karls V. Aus- 
spruch, als „vortrefflichster Kavalier der Welt“ geschätzt, sondern vor allen Dingen als 
Autor des „Cortegiano“ hochberühmt, jenes Buches, dem damals ein fast kanonisches 
Ansehen zukam. Darin heißt es, ein guter Fürst müsse in seiner Lebensführung 
zwischen Werktätigkeit und Gedankenarbeit die rechte Mitte halten.) Der junge 
Federigo mochte wohl gern im Bilde dargestellt sehen, daß er der Herrscher nach dem 
Herzen seines bedeutendsten Untertanen sei, und dies auszudrücken gab es Möglich- 
keiten genug: So konnten Rahel und Lea als die dantesken Personifikationen der „vita 
activa“ und „vita contemplativa“ dem Herrscher Mantuas die Lebenskrone aufs Haupt 
setzen ê), aber Costa folgte lieber einer geistlichen Autorität und verkörperte durch 
zwei Tiere, durch ein Lamm und eine Ziege‘), die Fürstentugenden seines Gebieters. 
Er räumte ihnen den ganzen mittleren Vordergrund ein, was wohl genugsam beweist, 
daß Schaf und Ziege hier mehr als eine dekorative Funktion zu erfüllen haben, nicht 
blo als Opfertiere anzusehen sind.) Aber nicht nur für die Eigenschaften des 
Siegers, auch für die des geschlagenen Feindes fand Lorenzo Costa ein Symbol. 
Denn jene prunkvoll gekleidete Frau, die, einen Affen im Arm haltend, als verhöhnte 
Gefangene heimgebracht wird, was bedeutet sie anderes, wenn nicht den eitlen Stolz 
der Franzosen, den Federigo gedemütigt hatte, ihre törichte Hoffart, die vor Pavia und 
Mailand zu Fall kam... .9) 


1) Brief Castigliones an Federigo Gonzaga aus Rom v. 6. Juli 1521 ... „non solamente 
tutta la corte, ma tutta questa città ha fatto dimonstrazione di haverne grandissima contentezza". 
S. Pastor, op. cit. Bd. IV. 2. Abt. S. 720. 

*) Castiglione: Il Cortegiano, ed. Baudi di Vesme. Firenze 1854. S. 261: „[La vita del 
buon principe deve adunque essere] ordinata di modo che partecipi dell’ attiva e della contem- 
plativa, quanto si conviene per beneficio dei popoli . . 

3) Purg. XXVII. Bekanntlich hat auch Michelangniolo am Juliusgrabe durch Rahel und 
Lea die vita activa und contemplativa personifiziert. 

1) S. Eckl: „Die symbolische Zoologie“ im „Organ für christliche Kunst“ vom Jahr 1868, 
(XIX. Jahrgang) Nr. 16, p. 186: „Das weibliche Lamm stellt zuweilen auch das tätige Leben dar, 
und wird dann der Ziege, dem Sinnbilde des theoretischen, kontemplativen Lebens, gleichgestellt“. 
Vergl. Rhabanus Maurus: De universo VIII. 7: „Agna vita activa in Levitico: ‚Agat poenitentiam 
et offerat agnam de grege sive capram‘, quae est contemplativae vitae figura . . .“ 

5) Der vornehme Platz, den Costa diesen beiden gewöhnlichen Haustieren gönnte, läßt sich 
auch nicht durch seine Vorliebe für Tiere erklären, denn die erstreckte sich nur auf exotische 
Tiere oder, nach der Traditon des Hauses Gonzaga, auf Pferde und Racehunde. Vergl. Braghirolli: 
‚Tiziano alla Corte dei Gonzaga di Mantova“. Mantova 1881, S. 23. 

6) Eine vollkommen zu der gemalten Figur passende literarische Belegstelle vermag ich 
allerdings nicht anzuführen. Die ,Iconologia* des Cav. Cesare Ripa, in Perugia, MDCCLVII, Bd. V, 
S. 75, enthält zwar folgende Anleitung zur Darstellung des „Sciagurastaggine“: „Una donna 
brutissima, mal vestita e scapigliata, e che i capelli sieno disordinatamente sparsi. Terra in 
braccio una Scimia“ ... Aber erstens ist Costas Frauengestalt mit absichtlicher Sorgfalt gekleidet 
und frisiert, dann lebte Cesare Ripa viel später als Costa und eine ältere Quelle für diese 
Allegorie läßt sich nicht nachweisen. Aber durch prunkvoll gekleidete Frauen ist zu allen Zeiten 
die Hoffart symbolisiert worden und in den alten Bestiarien wird der Affe mit seinem Nach- 


770 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Ob Costas Werk den Beifall des jugendlichen Markgrafen gefunden hat? Wir 
dürfen billig daran zweifeln. Der Sinn Federigos, der einen Giulio Romano nach 
Mantua berief, war auf das Glanzvoll-Bewegte, das Kolossalische, das Grandios- 
Dekorative gerichtet; was sollte ihm da die zage und zahme Kunst des Zweiundsechzig- 
jahrigen? Costas Zeit war vorbei. Achtzig Jahre, nachdem er dieses Bild gemalt, 
schuf wieder ein Hofmaler der Gonzaga einen „Triumph Cäsars“, ein junger Vläme, 
der Peter Paul Rubens hieß. Dem „trionfo“ des Mantegna entnahm er die ganze 
rechte Hälfte seines Gemaldes,’?) Lorenzo Costa konnte ihm keine Anregung mehr 
bieten und als abermals fünf Lustren später die herrlichsten Schätze der Mantuaner 
Residenz an Karl I. von England verschachert wurden, da ist in keinem der Briefe, die 
dieserhalb zwischen London, Venedig und Mantua hin- und hergingen, von Costas 
großen Historien die Rede. Den Bolognesen waren sie eine ,cosa miracolosa“ *) 
gewesen, aber Karl begehrte ihrer nicht, und man wagte es nicht einmal mehr, sie 
dem königlichen Kenner anzubieten — sic transit gloria... 


ahmungstrieb auf prätentiôse Menschen gedeutet, welche ihre Kräfte und Fähigkeiten über- 
schätzen“. S. Goldstaub-Wendriner: Ein tosco-venezianischer Bestiarius, Halle a. S. 1892, S. 152, 
Anm, Diese Erklärung für das Symbol des Affen gibt, was vielleicht hervorgehoben werden darf, 
ein lateinischer Traktat gerade der Universitätsbibliothek von Bologna (cod. Bonon. ms. 2231), 
s. S. 150. Auch bei der „Apotheose Julius’ II.“ wurde auf einen Wagen ein Obelisk gefahren, 
worauf u. a. ein Affe abgebildet war. S. Luzio, op. cit. S. 580. 

1) Das Bild befindet sich heute in der Londoner National-Gallery. 

2) Im Palazzo Bentivoglio zu Bologna hatte Costa den Untergang Trojas gemalt „cosa 
da tutti stimata in quel tempo mirocolosa“. Chronik des Ghirardacci, zit. v. Venturi in seinem 
Aufsatz: „Lorenzo: Costa“, im Archivio stor. dell’ arte I. S. 421. Anm. 1. 


URN 


- 


Abb. 1. Kreuzklosterkirche: Die Herrenjünger Siluanos und Rufinos (B 2 — D 2) 


Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters 
bei Jerusalem 
(Ein orientierender Überblick) 


Von Anton Baumstark 


In dem welligen Höhenland, das sidr 
westlich von Jerusalem ausdehnt, liegt am 
felsigen Ostabhang einer seiner Talmulden, 
von freundlichem Olivengrün umrahmt, das 
heute als Priesterseminar des griechisch- 
orthodoxen Patriarchats dienende uralte 
Kloster des HI. Kreuzes (Ayiov Zravooÿ; 
arab. Dér el-Musallabe). Eine in der griechi- 
scien Kirche zu ungemeinem Ansehen ge- 
langte Lokallegende läßt hier Lot drei ihm 
von Abraham übergebene Reiser von Fichte, 
Zeder und Zypresse pflanzen, die nach zwei 
Jahrtausenden das Holz des Kreuzes Christi 
geliefert hätten. Helena, der auf palästinen- 
sistem Boden die Gründung fast jedes später berühmt gewordenen Heiligtums zu- 
geschrieben wird, soll nach den einen auf der geweihten Stätte die erste Basilika 
errihtet haben. Nach anderen hätten Kloster und Kirche vielmehr den ersten christ- 
lien König des Kaukasusvolkes der Georgier oder Iberer, einen Zeitgenossen 
Konstantins und seiner Mutter, zum Stifter gehabt. Jedenfalls bildeten sie schon vor 
der Kreuzfahrerzeit das eigentliche iberische Nationalheiligtum in Palästina, und nach- 
dem sie nur sehr vorübergehend den Iberern entrissen worden waren, sind sie in deren 
Besitz vom Jahre 1305 bis zum Untergang der durch Rußland erdrückten selbständigen 
iberischen Kirche geblieben, ein Zeitraum, innerhalb dessen gegen Mitte des XVII. Jahr- 
hunderts der Ibererkönig Leontantian sie zum letzten Male restaurierte. Die kunst- 
geschichtlich auch durch umfängliche Reste eines interessanten MosaikfuBbodens be- 
merkenswerte Klosterkirche ist eine von Pfeilern getragene Kreuzkuppelbasilika, in 


Abb. 2. Kreuzklosterkirche: Blick durch das 
linke Seitenschiff O 


172 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


ihrem Grundbestand héchstwahrscheinlich des XI. Jahrhunderts. Zwei massige Pfeiler 
von quadratischer Grundform trennen beiderseits das von flachen Kreuzgewélbejochen 
bedeckte Mittelschiff von den schmalen Seitenschiffen, über denen Oberräume sich heute 
nur noch mit engen viereckigen Fenstern nach dem Kircheninnern öffnen, wo ursprüng- 
lich sich offene Arkaden befunden haben dürften. Ober der Vierung des Hauptschiffes 
und eines mit ihm gleich hohen und seitlich über die Nebenschiffe nicht ausladenden 
Querschiffes erhebt sich die einzige Kuppel. Das vollentwickelte dreigliedrige Bema 
von Altarraum zwischen Prothesis und Diakonikon schließt ostwärts den typisch klaren 
und einfachen Bau ab, dessen sämtliche Bogenführungen spitz zulaufen. 

Doch nicht er SE erhaltenen Gemälde- 
selbst ist es, auf welchen Ges scimuck der zahlreichen 
dieser Aufsatz die Auf- Klosterkirchen selbst 
merksamkeit der kunst- eine geradezu unver- 
‘wissenschaftlihen For- gleichliche Illustrierung. 
Schung nadidriicklichst Wie weit repräsentiert 
lenken möchte. Den nun aber der Athos 
klassischen Boden für wirklich die gesamte 
unsere Kenntnis "der Kirchenmalerei der by- 
spätbyzantinischen Kir- zantinischen Spätzeit? 
chenmalerei bildet: be- Haben in der gegen- 
kanntli das Kloster- ständlichen Auswahl, in 
land des „heiligen Ber- der Verteilung und im 
ges“ Athos. Eine lite- ikonographischen Ein- 
rarische Quelle, wie sie zeltypus der das Hei- 
gleichwertig dem Kunst- ligtum schmiickenden 
historiker nicht: häufig Wandbilder sim — 
zuGebote steht, das im als Erbinnen der Vor- 
Jahre 1458 redigierte zeit: das ist das Wich- 


„Malerbuch“ des Athos- zer | tigste — nicht ver- 
mönches Dionysios, er- Abb. 3. Kreuzklosterkirche: GrundriB  Sdiedene lokale Tra- 
fährt hier durch den ditionen geltend ge- 
macht, deren diejenige des Athos nur eine, wenngleih immerhin die uns weit- 
aus am besten bekannte, ist? — Auf solde Fragen, die Antwort zu gewinnen, 


dazu könnten die palästinensischen Griechenkirchen uns unschätzbare. Dienste leisten, 
wenn sie mit den Athosklöstern auch nur entfernt an Reichtum bildlihen Wand- 
schmuckes sih zu messen vermôchten. Allein abgesehen von der Hauptkirche und 
einigen Kapellenräumen im Felsenkloster des hl. Sabas?) ist die Kirche des Kreuzes- 
klosters beinahe die einzige im ganzen Lande, die nach dieser Richtung überhaupt 
noch etwas Nennenswertes aufzuweisen hat. Und auch hier sind wir leider weit da- 
von entfernt, noch die ganze Teppichpracht der byzantinischen Bilderbibel und Bilder- 


1) Vgl. meine diesbezüglichen Angaben Rëm, Quartalschr. f. christl. Altertumswissenschaft 
u. f. Kirchengesch. 1906, S. 160—162. 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 775 


legende über Wände und Pfeiler, Gewölbe und Bogengurte ausgebreitet zu sehen. Weitaus 
den größten Teil dieser Flächen, die einstmals das aufgeschlagene Buch der des Lesens Un- 
kundigen dargestellt haben, bedeckt heute nach Zerstörung ihres einstigen Schmuckes das 
trostlose Weißgrau armseliger Tünche. Um so wertvoller müssen uns aber nur die immerhin 
doch auch wieder keineswegs unbedeutenden Reste der alten Bilderfülle sein, welche diese 
Ode belebend unterbrechen. 
Ich habe sie dank dem liebens- 
würdigen Entgegenkommen 
des hochw. Herrn Vorstandes 
der „theologischen Schule“ 
unseres Klosters, des Archi- 
mandriten Chrysostomos A. 
Papadopulos, in den Früh- 
jahrmonaten 1905, soweit die 
hier und da allzu engen 
räumlichen Verhältnisse es 
überhaupt zuließen, sämtlich | oe e më ry ei 
photographiert. Nachdem ich ę —— MINA 4 NK: Chay 
bereits an anderer Stelle eine i | 
rein statistische Übersicht über 
das in ihnen Dargestellte ge- 
boten habe,!) möge es mir 
im folgenden gestattet sein, 
unter Mitteilung einiger mei- 
ner photographischen Auf- 
nahmen über den Bestand 
des Erhaltenen etwas ein- 
gehender und mit Rücksicht- 
nahme auf seine räumliche 
Verteilung an der Hand eines 
Planes?) zu orientieren, um 
scharf das Problem hervor- A 
heben zu können, um welches  ! =. 
es sich mir bei diesen Male- Abb. 4. Kreuzklosterkirhe: Türumrahmung. 

reien zu handeln scheint. 

Sofort die innere Umrahmung der einzigen aus dem Narthex in das eigentliche 
Kircheninnere führenden Türe weist einen beachtenswerten bildlihen Schmuck ‘auf. In 
einem Kreise erscheint dominierend über derselben, das Jesuskind auf dem Arme, das 
Brustbild der gekrönten Gottesmutter, deren rechte Hand etwas hält, das wir abend- 
ländisch Rosenkranz zu nennen hätten. Nun bedienen sich dieser an einer Schnur 


1) a. a. O. S. 162—165. 
2) Abb. A Nach Vogüé, Les églises de la Terre Sainte. Paris 1860. 


774 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


kreisförmig aufgereihten Serie von Kigelchen allerdings auch die griechisch-orthodoxen 
Priester zur Zählung ihrer beim Gottesdienst zu rezitierenden Kee ëlénoov-Rufe. Ja 
derartige nicht marianische „Rosenkränze“ werden in ihrer Hand wohl auch zum bloßen 
Spielzeug. Allein die Verbindung, in welche 
hier das fragliche Gebetsinstrument gerade 
mit der Gottesmutter tritt, weist in Verbin- 
dung mit der von ihr getragenen, orientali- 
scher Ikonographie aber im allgemeinen 
fremden Krone auf ein maßgebendes Mit- 
spielen abendländischer Einflüsse hin. Wäh- 
rend über demselben am Türsturz Engel 
schweben, gewahren wir sodann unter dem 
Muttergottesmedaillon durch die Abbreviatur 
eines Xeip x<voio>v (Die Hand des Herrn) 
erläutert, ein Symbol, das audi in der 
serbisch-syrischen Psalterillustration wieder- 
kehrt.') Eine hohl gehaltene Riesenhand 
umschließt eine Menge unbekleideter Dimi- 
nutivgestalten von Menschenwesen: die Hand 
Gottes, in welcher die Seelen der Gerechten 
ruhen, wie wir unzweifelhaft durch eine 
Darstellung der königlichen Gestalt Salomons 
belehrt werden, die seitlich an der mit b be- 
zeichneten Stelle eine geöffnete Schriftrolle 
mit den Worten des Buches der Weisheit (3. 1) 
trägt wryai dixaiwy Ev yergi x<voio>v („Die 
Seelen der Gerechten sind in der Hand des 
| Herrn“). Unverstàndlic ist mir dagegen 
| die gegenüber bei c angebrachte Darstellung 
eines bärtigen Mannes, der mit verbundenen 
Augen an den Stamm eines Kreuzes ge- 
fesselt scheint. 

Die Hauptmasse der übrigen erhaltenen 
Gemälde verteilt sich auf die vier das Lang- 
haus teilenden und die zwei Pfeiler zwischen 

Abb. 5. Kreuzklosterkirche: Martyrer, Hier- den Teilräumen des dreigliedrigen Bemas. 
archen und Mönche (G 2. 4) o Die dem Eingang zugewandten Pfeiler- 

seiten B1 und C1 weisen die Szene der 

Heimsuchung bezw. die Gruppe der Apostelfürsten Petrus und Paulus auf. Die zwei 
sih begrüßenden Frauen, von welchen die eine den Weltheiland, die andere dessen 


1) Strzygowski. Die Miniaturen des serbischen Psalters. Taf. XI. Abb. 25. Vgl. meine 
Bemerkungen. Byzantin. Ztschr. XVI. S. 654. Beispiele der nämlichen Darstellung in der russischen 
Kirchenmalerei hat soeben Millet in der Revue archéologique. 1908.1.S.183f. Anmk. 4zusammengestellt. 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 775 


Vorläufer unter dem Herzen trägt, und die Häupter des Apostelkollegiums bezeichnen 
treffend die Eingangspforte zu den beiden großen Hälften der neutestamentlichen 
Heilsgeschichte: dem Leben und Wirken des Erlösers selbst und der in den Schicksalen 
der Apostel anhebenden Geschichte seiner Kirche und ihrer Heiligen. Dem Mittelschiffe 
zu sind alsdann zunächst nicht weniger passend die Engel des Himmels und die Blut- 
zeugen Christi auf Erden, die triumphierende und die streitende Kirche, sich gegen- 
übergestellt Über einer fast mannshohen ornamentalen Sockelbemalung erheben sich 
an der Pfeilerwand B2 in reicher byzantinischer Heroldstracht, Szepter tragend, die 
Gestalten der Erzengel Michael und Gabriel, die zwischen sich das „hl. Keramion“, 
eine Kreisscheibe mit EHE _ | _ | henklige Amphora, 
dem Brustbild des den „Leidenskelch“ 
knabenhaft jugend- des Gethsemanege- 
lichen Emmanuel, betes oder das Ge- 
halten. Zu ihren fäB mit Essig und 
Häupten erläutert die Galle, zu. Die Pfeiler- 
Beischrift: ó duvòs seite C 2 entbehrt ei- 
tod Jeoù die wieder ner gleich hohen 
an den serbisch-syri- malerischen Andeu- 
schen Psalter’) er- tung eines Sockels. 
innernde Darstellung Fast ‘ihrer ganzen 
eines kleineren recht- Höhe nach in zwei 
eckigen Bildfeldes: gleichwertige Stock- 
dem auf einer Ma- werke geteilt, bietet 
tratze schlummern- sie in jedem der- 
den Jesusknaben tra- selben ein Paar von 
gen zwei Engel, die Martyrern in Tunika 
SymbolederPassion, und prunkvollem 

Kreuz und Lanze, das Mantel: Demetrios 
mit dem Schwamm r na und Nestor unten, 
gekrônte Hysoprohr Abb. 6, Kreuzklosterkirche: Kopf Salomons (D2) Georgios und Theo- 
und eine doppel- doros Tyron oben. 
Alle tragen diese gleichmäßig in der Rechten ein reichbehandeltes Stabkreuz, so 
daß bei dem Georgsbilde jede Bezugnahme auf den Drachenkampf fehlt. Zwei 
weitere Martyrer sind in derselben Tracht und Haltung dann auch noch an der rück- 
wärtigen Seite des nämlichen Pfeilers bei C3 gemalt: Arethas unten, Jakobos der 
Perser oben, je neben einem hl. Mönche. An dem folgenden die Kuppel stützenden 
Pfeilerpaar kommt endlich dem Mittelschiff und teilweise auch dem Querschiff und dem 
ersten Pfeilerpaare zu die Prophetenwelt zu ihrem Rechte. Die zur Vorlesung des 
Evangeliums dienende Holzkanzel verdeckt bei D2 großenteils die königlichen Pracht- 
figuren Davids und Salomons, über denen eine derjenigen von B2 genau entsprechende 
obere Bildfläche von der Szene des Abrahamsopfers mit Widder und Engel einge- 


1) Strzygowski, Taf. XXVI. Abb. 56. Vgl. meine Bemerkungen a. a. O. S. 653f. 
51 


716 i | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


i] UZIE 


A i 
CICMOCOCACTON 
\ (ur HOM 
| bi, 


des Elias (E 2) 


Abb. 7. Kreuzklosterkirche: Himmelfahrt 


O 


nommen wird. Sogar so gut als vollständig 
verdeckt sind durch den Patriarchenthron bei 
E2 zwei andere Propheten. Durch die sicht- 
bar gebliebene vordere Hälfte einer Namens- 
beischrift erfährt man nur noch, daß der eine 
der Dargestellten Elias war. Dessen Himmel- 
fahrt bildet darüber den Gegenstand eines 
etwas höher als die gegenüberstehende Abra- 
hamszene nach oben ragenden Historienbildes. 
Eine Prophetendarstellung füllt auch den von 
der Pfeilerseite D1 ausgehenden Bogengurt. 
Es ist Daniel in der Löwengrube in der be- 
kannten sich von der römischen scharf ab- 
hebenden orientalishen Auffassung: der 
Prophet ist mit reicher Hoftracht vollständig 
bekleidet und trägt auf dem Haupt das Rudiment 
einer phrygischen Mütze; ein Engel führt 
Habakuk durch die Luft zu ihm. Die Illustration 
je einer Psalmen- und einer Proverbienstelle 
in einem Sockelfelde ergänzt diese Propheten- 
bilder. Im unteren Teile von D1 ist es ein, 


abgesehen von seinem weißen Lendenschurze, nackter weißhaariger und einen 
schweren Holzprügel über dem Nacken tragender Greis, den die Kanzeltreppe über- 
schneidet: wohl der nach Ps. 48 (49) 13 bezw. 21 dem unvernünftigen Vieh gleich 
gewordene Mensch, da die erklärende Beischrift durch die Anfangsworte dieses Psalms 
gebildet wird: Axodoare raüra navr<a ra>EIVN, Evwrioaode nv Tes oi xaroıxoüvres 


tv olxovuévny, ot Te ynyeveis xui viol rendu Hour >w („Höret 
dies alle Völker; merket auf alle Bewohner des Weltrunds, 
Erdenkinder und Söhne der Menschen“). An entsprechender 
Stelle von E1 dienen die Worte Prov. 9.1: i) copia dxodé6u<o>ev 
adzi otxov („Die Weisheit erbaute sich ein Haus“) als Erklärung 
eines Bildes, das man voll erst versteht, wenn man die Fort- 
setzung der Bibelstelle in Betracht zieht: „und sie führte sieben 
Säulen als Stützen auf, schlachtete ihre Opfer, mischte im Misch- 
kruge ihren Wein und bereitete ihren Tisch zu“. In der Tat 
sieht man die Personifikation der göttlichen Weisheit vor einem 
gedeckten Tische sitzen, hinter welchem sich, eine Bogenarkade 
von sieben Säulen an seiner sichtbaren Längsseite aufweisend, 
ein tempelartiger Bau erhebt, während von der anderen Seite 
mehrere Diener herzutreten, deren einer mit weit ausgestreckter 
Hand einen Pokal hält. Abgeschlossen wird der ganze Kreis 
alttestamentlicher Darstellungen an der Pfeilerwand D4 durch 
die auf der Grenzscheide der beiden Testamente stehenden Ge- 


Abb. 8. Kreuzklosterkirche: 
Daniel in der Lö- 
wengrube (D1) O 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 777 


stalten des Täufers und seines im priester- 
lihen Ornat gegebenen Vaters Zacharias, 
über denen die Szene der Geburt des ersteren 
gemalt ist. 

Zwischen alles das schieben sich nun 
aber noch verschiedenartige weitere Elemente. 
Daß namentlich das monastische einen breiten 
Raum einnimmt, ist in einer Klosterkirche 
begreiflich genug. So finden wir denn an hl. 
Ménchen schon zur Linken des Eintretenden 
neben der Türe am Punkte a einen ungenannten, 
an der Pfeilerwand C3 übereinander Markellos, “È wie gär 
Abt der Akoimeten, und Theodoros Studites, «pv Se e 
sowie paarweise nebeneinander an dem aus Abb, 9. Kreuzklosterkirche: „Die Weisheit 
der Eingangswand hervorspringenden Mauer- hat ihr Haus erbaut“ (E) O 
pfeiler A einen Euthymios und Georgios, bei 
C4 Maximos den Bekenner und Johannes von Damaskus, bei E1 Sabas und den 
Gründer der meist vielmehr nach jenem genannten Lawra, Euthymios, bei E4 einen 
Lukas und Prochoros, bei D3 Athanasios vom Athos und Isidoros von Pelusion, 

und bei B3 den Altmeister des ägyptischen 

= RR DEI j Möndhtums, Pachomios, dargestellt, wie er von 

| himmlischer Hand das Mônchskleid empfängt: trotz 
des gemeinsamen Typus durchweg markante und 
kräftig individualisierte Erscheinungen. Etwas 
weniger zahlreich sind die abgebildeten hl. Bischöfe. 
Auf der Pfeilerwand Di steht über der Psalter- 
illustration neben einem als vornehmer Jüngling 
in reicher, weltlicher Kleidung, ein offenes Buch in 
Händen, gegebenen hl. Christophoros Kyrillos von 
Jerusalem. Seinen Namensvetter von Alexandreia 
gewahrt man gegeniiber neben Athanasios auf der 
yet | Pfeilerwand B4. Auf dem von dieser aufsteigen- 
P WAN den Bogengurt folgen sodann übereinander im 
2 | Gegensatz zu diesen Vollgestalten in Brustbildern 
ein hl. Mokios und hl. Theodotios, und in noch 
kleineren Brustbildern erscheinen oben an den 
Pfeilerwänden C4 und E1 sich gegenüber die 
Heiligenpaare Michaél von Synada und Niketas 
bezw. Basileios und Johannes Chrysostomos. Alle 
diese in Gesichtsziigen, Haar- und Barttracht héchst 
ae de eg ee | individuellen Hierarchen tragen gleichmaBig statt 
Abb. 10. Kreuzklosterkirdie: Hierardıen des aus der Dalmatika hervorgegangenen Sakkos 
(B 4) o noch die kreuzgemusterte Paenula, das sog. 


778 Monatshefte für Kunstwissenschaft : 


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‘Abb. 11, Kreuzklosterkirche: Pa- 


— rsoAvoravgıov') und ein noch sehr dem römisch-altchrist- 
T Foanet,/ PS lichen Pallium ähnliches Omophorion, also eine fiir den 
[ARC Ag Orient verhältnismäßig altertiimliche liturgische Kleidung. 
ISAAC 


Eine gleichfalls kreuzgemusterte Kalotte ist dagegen als 
Kopfbedeckung für Athanasios bezeichnend und dürfte 
Vertrautheit mit Sonderheiten des alexandrinischen Ritus 
verraten. Das weibliche Geschlecht vertreten in diesem 
Pantheon von Heiligengestalten nur. sehr bescheiden 
zwei die Pfeilerwand D 3 nach oben abschließende Brust- 
bilder der hl. Christina und Maria Magdalena. Wie sie 
blickt in ein Seitenschiff auch am Sockel von E3 ein 
von Pfeilen durchbohrter hl. Sebastianus, vor welchem 
ein Stifterporträt in knieender Stellung gegeben ist. 
Dagegen sind aus dem Mittelschiff noch zwei Brust- 
bilder zu erwähnen, welche die Zwickel neben dem 
die Pfeiler B und D verbindenden Bogen füllen. Sie 
stellen zwei der siebzig Jünger Christi, Siluanos und 
— Rufinos, dar, die in unserer Kirche schwerlich von jeher 


triarch Judas (F2) 0 die einzigen Vertreter dieser Heiligenklasse waren"? 

Nicht nur die entsprechenden übrigen Zwickelräume, 

sondern audi andere Flächen in den höheren Regionen des Mittelschiffes mögen so 
ursprünglich von Herrenjüngern und dann wohl auch von Aposteln belebt gewesen sein. 


Den in der Ausmalung keiner byzantinischen 
Kirche fehlenden Darstellungen aus dem Herrenleben 
waren wohl die teilweise mächtigen Wandflächen des 
Querschiffs gewidmet. Wenigstens hat sich am oberen 
Teile der hierher blickenden Pfeilerseite E4 ein Bild der 
Versuchung Christi erhalten, der selbst auf der Zinne 
des Berges steht, von welchem, ein affenähnlicher 
Unhold, Satan rücklings herabstürzt, und über dem 
Bogen, der zum südlichen Seitenraum des Bemas Einlaß 
gewährt, blickt von der Hochwand d eine Anbetung 
der Magier herab: zu der mit dem göttlichen Kinde 
halb im Profil thronenden Madonna, hinter der Joseph 
steht, treten die morgenländischen Gäste als Greis, 
Jüngling und Mann eilig und kaum erst mit einer 


1) Vgl. über das seit dem XI. Jahrhundert Boden ge- 
winnende liturgishe Kleidungsstück Braun, Die liturgische 
Gewandung im Okzident und Orient. Freiburg i. B. 1907. 
S. 237 f. 

2) Einen vollständigen Zyklus aller „Siebzig“ sieht 
das Malerbuch III, 29 ($ 385, Ausgabe von Konstantinides, 
Athen 1885, S. 188 ff.) vor. 


Abb. 12. Kreuzklosterkirche: Die 
Jakobsleiter (G 2) D. 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 779 


leisen Andeutung eines bevorstehenden Niederkniens heran, ein wesentlich noch durch- 
aus frühchristlihes Kompositionsshema. An Bogen und Gewölben des Querschiffs 
scheint. sich dagegen, von dem das Langhaus abschlieBenden Pfeilerpaare übergreifend, 
prinzipiell Alttestamentliches fortgesetzt zu haben, nur daß hier neben der Propheten- 
welt mehr die Patriarchengeschichte zur Geltung gekommen sein dürfte. Ein Prophet 
Sophonias ragt auf dem über D4 aufsteigenden Bogengurt in das Querschiff herein, 
und in dem dieses vom Mittel- 
raum des Bemas trennenden Bogen 
haben wir zur Linken über F2 
einen genau entsprechenden Patri- 
archen Judas, zur Rechten über G2 
den am Fuße der Engelsleiter schla- 
fenden Jakob vor uns. 

Flankiert war dieser Bogen 
ursprünglich in der oberen Hälfte 
der Pfeilerfronten F1 und G 1, wie 
es noch heute die Chorbogen des | 
Domes in Messina, der Capella (IN: 
Palatina und der Martorana in ME 
Palermo sind und wie es zu An- 
fang des XII. Jahrhunderts der Bo- 
gen gewesen zu sein scheint, der 
in Jerusalem die Rotunde der Auf- 
erstehungskirche von einer durch 
den Kaiser Konstantinos Mono- 
machos an sie angebauten Apsis 
trennte,!) durch die beiden Ge- 
stalten der Verkündigung. Doch 
ist nur mehr auf F1 vor einem 
Architekturhintergrund der Erz- 
engel erhalten, der, die Rechte : 
zum Redegestus erhoben und in Abb. 13. Kreuzklosterkirche: Romanos der Melode und 
der Linken eine offene Schriftrolle Petrus von Alexandreia (F 2e) D 
mit den Anfangsworten des von 
ihm der Jungfrau entbotenen Grußes haltend, eilig nach rechts schreitet.) Unter ihm 
blickt die Kirche hinab, ein Muster hieratisch strenger Ruhe, die als sole ausdrücklich 
von der Beischrift bezeichnete ,Hodegetria“ d. h. derjenige byzantinishe Madonnen- 
typus, der stehend mit der einen Hand auf das von der anderen getragene Kind, gleichsam 
den Weg weisend, hindeutet. Ihr entspricit auf G1 der stehende Christus als Panto- 
krator, der, die Rechte zur machtvollen Segensrede erhoben, mit der Linken ein 


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1) Nach dem Zeugnis der Palästinabeschreibung des russischen Higumenos Daniel (Aus- 
gabe von Noroff. Petersburg 1864. Übersetzug, S. 18 f.). 
*) Von mir abgebildet. Röm. Quartalschr. 1906. Taf. VIII, Abb. 1. 


780 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


geschlossenes Buch trägt. Die riesengroßen Bildnisse dessen, der so, wie er als Lehrer 
und Wohltäter der Menschen durchs Land wandelte, als Weltrichter wiederkommen 
wird, und seiner stets zu milder Fürsprache bei ihrem göttlichen Sohne bereiten Mutter, 
bilden für das Auge des gewöhnlichen Gläubigen den Abschluß der großen Bilder- 
predigt, welche für ihn die Ausmalung des Gotteshauses darstellt: zwei feste Pole, die 
seine ganze Aufmerksamkeit gebieterisch heischen. 

Wir betreten eine völlig neue Welt mit den Pfeilerseiten F2 und G2, die be- 
reits zu dem durch das Ikonostasion verschlossenen Hauptraum des Bemas gehören. 
Hier ist die geheimnisvolle Opferstätte, an der nur das Auge des Priesters die hehren 
Vorbilder seines eigenen Amtswirkens schauen soll. Zwei hl. Diakone halten gewisser- 
maBen auf der Schwelle des Allerheiligsten Wache: der fast 
völlig zerstörte Protomartyr Stephanus zur Rechten; in ge- 
schäftigem Eifer sein WeihrauchfaB zum Gebrauche rüstend, 
der große Melode Romanos, der Fürst altbyzantinischer Kirchen- 
dichtung im justinianischen Zeitalter, zur Linken. Über ihnen 
erscheinen wiederum zwei hl. Bischöfe, bei G2 der Apostel- 
schüler und Blutzeuge Polykarpos von Smyrna, bei F1 ein 
„Eleutherios“ d. h. wohl der gleichnamige Papst des II. Jahr- 
hunderts. Beide halten offene Schriftrollen, auf welchen 
man Stellen der eucharistischen Liturgie liest. Eine ganze 
Reihe gefeierter Hierarchen mit dieser Ausstattung fordert 
das Malerbuch vom Athos an den Wänden rings um den 
Altartish.!) Wenn nun neben Romanos in der Unterzone 
der nördlichen Seitenwand e fast vollständig noch ein dritter 
hl. Bischof, gleich jenen beiden anderen im Gegensatz zu den 
sämtlich en face gegebenen Einzelgestalten von Heiligen im 
Kirchenschiff in Profilstellung, erhalten ist, — der Martyr- 

Ode a bischof Petrus von Alexandreia nach seinem ikonographischen 

Polykarpus (G 2) Typus! — so unterliegt es kaum einem Zweifel, daB einst 

auch in der Kirche des palästinensischen Kreuzesklosters jener 

‘vom Athosm6nche formulierten Forderung entsprochen war und ein Fries auf ihren Schrift- 

rollen Stellen des liturgischen Textes zur Schau stellender hl. Bischöfe als unterste Zone 

seines malerischen Schmuckes den ganzen Hauptraum des Bemas umzog. Ja die Profil- 

stellung der Hierarchen scheint mir, auf ein bedeutungsvolles Zentrum hinweisend, noch 

zu der weiteren Vermutung zu berechtigen, daB den Mittelpunkt dieses Frieses im 

Halbrund der Apsis ehemals in irgendeiner Form das Sujet der „göttlichen Liturgie“ 
d. h. einer himmlischen Meßfeier durch den erhöhten Christus selbst gebildet hat. 

Es erübrigt noch den Blick zu den mächtig ansteigenden höheren Teilen der 
Wandflächen e und f zu erheben. Die erstere füllte über dem Hierarchenfries eine 
einzige Darstellung: ein Allerheiligenbild vom Typus des im Malerbuche?) mit der 


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1) IV, $ 533 (Ausgabe von Konstantinides, S. 251). 
2) II, 27 ($ 359, Ausgabe von Konstantinides, S. 180 ff.). 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 781 


Etikette: "Eni oot yatoee bezeichneten. Erhalten sind zum großen Teile die oberste 
Zone wo von Engelscharen umgeben, die Gottesmutter mit dem Jesuskinde thront, 
sowie der linke Rand von vier darunter gelegten Zonen, die aus Wolken ragend 
die Brustbilder verschiedener Heiligenchôre vorführten. Auf der gegenüberliegenden 
Wandfläche f sind abgesehen vom Hierarchenfriese übereinander noch drei inhaltlich 
selbständige Darstellungen zu unterscheiden. Die dürftigen Reste der untersten 
berechtigen zu der bestimmten Annahme daß vor dem 
Hintergrund einer Felsenlandschaft die Kreuzauffindung oder 
die Aufrichtung des gefundenen Kreuzholzes durch Kon- 
stantin und Helena gegeben war. Darüber war im Bilde 
die Lokallegende des Kreuzesklosters erzählt. Durch eine 
Beischrift unzweideutig erläutert, ist noch sehr gut der eben 
die „drei Hölzer“ aus der Hand Abrahams entgegennehmende 
Lot, d. h. die äußerste Gestalt rechts, erhalten. So gut als 
unversehrt ist dagegen wenigstens zur starken Hälfte die 
oberste Darstellung, eine Szene des legendarischen Marien- 
lebens: die künftige Gottesgebärerin wird, noch ein zartes 
Mädchen, der Zahl der Tempeljungfrauen eingereiht. Die 
hervorragende Bedeutung, welche diese sog. eoddia rie 
Veoréxov („der Eintritt der Gottesmutter“ nämlich in den 
Tempel) als Vorwurf der bildenden Kunst gewann, hängt 
wie das ihnen gewidmete eigene Kirchenfest im letzten 
Grunde aufs innigste mit der von Justinian auf dem Areal 
des alten Tempelplatzes errichteten glanzvollsten Marien- 
kirche des friihchristlich-byzantinischen Jerusalems zusammen, — 
deren Material heute in der Moschee al-Agsà verbaut ist. 
Wenn wir hier dem Gegenstand koordiniert mit der Ge- 
schichte des Hl. Kreuzes begegnen, welchem Kirche und 
Kloster geweiht sind, so weist dies wohl auf irgend welche 
engere Beziehungen zurück, in denen diese einmal mit 
dem justinianischen Muttergottesheiligtum gestanden haben 
müssen.!) Die gedrängte Synthese dessen was die Heiligen- 
bilder des Gemeinderaumes außen in breiter Ausführlichkeit 
entfalteten, sah von der einen, die den Bewohnern gerade dieses Klosters teuersten 
Züge heiliger Sage sahen von der anderen Seite auf den Altar herab. Leider gestattet 
nichts, zu erraten, was im Kreuzgewölbe oben und in der Halbkalotte der Apsis diesen 
bildlidien Schmuck des Opferraumes vervollständigte. War eine an diesem Punkte sicher 
stehende Sonderüberlieferung palästinensischer Kirchendekoration befolgt,*) so füllte die 


Abb. 15. Kreuzklosterkirche: 
Kreuzeslegenden (f) 


1) Dieses war, wie man aus dem Pratum Spirituale des Johannes Morchos ersieht, ein 
hervorragendes Zentrum monastischen Lebens. Man vgl. z. B. cap. 68 (Migne Patrologia Graeca 
LXXXVII, Sp. 2917). 

% Die ,Anastasis“ ist in der Hauptapsis gemalt in der Kreuzfahrerkirche zu Abü Ghösch 
und befand sich an entsprechender Stelle in der Apsis des Konstantinos Monomachos am Heiligen 


782 ` Monatshefte für Kunstwissenschaft 


letztere die monumental wirkende Komposition der „Anastasis“ d h. der Befreiung 
der Stammeltern durch die siegreich aus der Unterwelt emporsteigende Seele Christi 
in Gegenwart mindestens noch Johannes des Täufers, Davids und Salomons. 

Füge ich hinzu, daß an einer nicht mehr zu ermittelnden Stelle der Kirche früher 
auch eine Reihe als heidnischer Propheten des Erlösers gefaßter griechischer Philosophen 
dargestellt waren, deren prächtige Charakterköpfe, bei der Zerstörung dieses Gemäldes 
mit der sie tragenden Stuckschichte gerettet, jetzt in einem lichtlosen Nebenraume auf- 
bewahrt werden, so habe ich den Leser erschöpfend über den Bestand des Kreuzes- 
klosters an Wandmalereien unterrichtet. 

Diese Monumentenmasse, über deren stilistische Seite ich vorläufig ihn bitten 
muß, sih an der Hand der Abbildungen selbst ein Urteil zu bilden, ist nun ebenso 
genau als urkundlich datiert. Allerdings müßte ihre Datierung demjenigen eine peinliche 
Enttäuschung bereiten, der naiv genug wäre Denkmäler der christlich-orientalischen 
Kunst ausschließlidA oder auch nur vorzugsweise nach ihrem unmittelbaren Alter zu 
werten. Während nämlich neben dem Verkündigungsengel an der Pfeilerfront F 1 das 
Datum: our ont Adyovorm ı (10. August 1643) zu lesen ist, flankieren über der 
Eingangstüre das Marienmedaillon und die Gotteshand links ein iberischer, rechts der 
folgende, ohne Korrektur seiner Orthographie mitgeteilte griechisdie Text einer aus- 
führlihen auch die Künstler nennenden Datierungsinschrift: `" Ierogort äng x<ai> dva- 
xamiodı d Jeïos x<ai> névoentos vads tod tiuiov x<ai> iworrowod or<av>opod dia 
Eiödov x<ai> Bondeias tod Exlaunmgordrov abdynrrds Acovrravrıavod x<ai> da 
ovvdopouns xè x6rrov Tod navoowrdrov Zu iepouovayois x<ai>apxıuavdgirov xveiov 
Nixigögov x<al> did geroòs x<ai > érionifus twv tehectdtwv Ev iegouovaxois Movai 
x<ai> Toiyogiov Neoqélov x<ai>Teoacipov Mira ispodiaxbvov. Eres dnd Y<owro>d 
axud ui “Iavovagiw ca’ („Ausgemalt und erneuert wurde der göttliche und hoch- 
ehrwürdige Tempel des verehrungswerten und lebendigmachenden Kreuzes auf Kosten 
und mit Hilfe des erlauchten Selbstherrschers Leontantian und unter Mitwirkung des 
hochwürdigsten Mönches und Abtes Herrn Nikephoros durch Hand und Fertigkeit 
der allerletzten Mönche Moses und Gregorios Neophylos und Gerasimos Menas, eines 
Diakons. 11. Januar 1644 n. Chr.“). Unser Gemäldeschmuck geht zunächst also nur 
bis ins XVII. Jahrhundert zurück und wurde von der Ostseite des Querschiffs an in der 
vernältnismäßig sehr kurzen Zeit vom 10. August 1643 bis zum 11. Januar 1644 
vollendet. Ja unverkennbar sind einzelne Teile des Erhaltenen in ihrer gegenwärtigen 
Gestalt sogar noch jünger. Die Apostelfürsten, die Heimsuchung, die Versuchung und 
der Prophet Sophonias sind stilistisch moderner und in ihrer technischen Ausführung 
erheblich minderwertiger als das übrige. Beim Christus-Pantokrator sind die Spuren 
einer ganz unfähigen Übermalung deutli zu erkennen, die u. a. anscheinend das 
geschlossene Buch in seiner Linken an die Stelle eines geöffneten setzte. Anderwärts 
wieder — an den Pfeilerwänden B4, C3, D1 und D4 — verraten den Eingriff einer 
jüngeren Hand wenigstens die Beischriften die in klaren griechischen Druckmajuskeln 


Grabe und in der Geburtsbasilika in Bethlehem, deren Mosaiken auf Kosten des Kaisers Manuel 
Komnenos (1143—1180) neu ausgeführt wurden. 


Baumstark. Die Wandgemälde in der Kirche des Kreuzesklosters bei Jerusalem 783 


über ältere iberishe oder über schnörkelhafte stilisierte griechische Schriftzüge auf- 
gemalt sind, wie sie die Masse der Beischriften übereinstimmend mit den beiden 
Datierungen aufweisen. 

Umgekehrt behauptet aber nicht nur die mündliche Ortstradition, daß die in der 
Tat stilistisch und technisch besonders gute Magieranbetung älter sei als das Werk der 
monchischen Maler der Jahre 1643 und 1644. Wir dürfen vielmehr ganz allgemein 
annehmen, daß diese gegenständlich überhaupt nichts neues schufen, sondern daß schon 
ihr Werk, wie es ja auch die Inschrift vom 11. Januar .1644 in ihren ersten Worten 
klar andeutet, lediglich dasjenige einer allerdings stilistisch gewiß neue Werte erzeugen- 
den Restauration präexistenter Darstellungen desselben Inhalts war. Der römische Blut- 
zeuge Sebastianus hat im Orient niemals eine solche Verehrung genossen, daß ein 
echter Orientale daran hätte denken können, seinem Martyrium ein Votivbild zu 
widmen, das seinen frommen Stifter als Zeugen desselben einführt. Dieses Sujet kann 
in die Bilderwelt der Kreuzklosterkirdie nur im Zeitalter der Kreuzfahrerherrschaft 
gekommen sein, die sich durch ganz genau entsprechende Malereien auch an den 
Säulenschäften der Geburts-Basilika in Bethlehem verewigt hat!) | Und als Ganzes 
kann wieder ein Werk der Franken das, was die Moses, Gregorios und Gerasimos 
von Grund aus erneuerten, wegen des doch wesenhaft orientalischen Charakters nicht 
gewesen sein, den die Bilder in ihrer Gesamtheit gegenständlich und ikonographisch 
zeigen. So sehen wir ahnend von den heutigen, bestenfalles abgesehen von der 
Magieranbetung ein starkes Vierteljahrtausend alten Gemälderesten über mannigfache 
Erneuerung und Umgestaltung des ältesten Bilderschatzes hinweg, wenn wir dessen 
Entstehungszeit suchen, ahnend bis hart an das erste christliche Jahrtausend hinauf, 
und mögen sie näherhin in die Mitte des XI. Jahrhunderts verlegen, in welcher ein 
damals vorgenommener Neubau von Kloster und Kirche der letzteren auch ihren 
heutigen GrundriB gegeben haben dürfte. Den Nachhall vorfrinkischer Kirchenmalerei 
Palästinas, ein Stück der in ihrer Bedeutung uns immer klarer werdenden christlich- 
syrischen Kunsttradition haben wir im Dêr el-Musallabe zu erkennen, wo sich in den 
Trümmern seiner Wandgemälde Züge finden, die, ohne einer Abhängigkeit vom 
Abendlande verdächtig zu sein, vom Typus der auf dem Athos herrschenden 
abweichen. 

An diesem Punkte wird eine sorgfältige und ins Detail gehende Vergleichung 
des hier erstmals näher bekannt gemachten Materials mit den Vorschriften des Maler- 
buches und den wirklichen Fresken der Athosklöster einzusetzen haben. Ich kann eine 
sole im Augenblick und an dieser Stelle nicht durchführen. Wohl aber mag schon 
hier der Finger wenigstens im allgemeinen auf eine Reihe bedeutungsvoller Unter- 
schiede gelegt werden, welche sie ins klarste Licht stellen wird. Die räumliche Ver- 
teilung der verschiedenen Darstellungen in der palästinensischen Kirche ist eine andere 
als die auf dem „heiligen Berge“ kanonisch gewordene. Die Illustrationen der Bibel- 
stellen Ps. 48 (49) 13 (= 21), Prov. 9, 1f. und Weish. 3, 1 sind nach Maßgabe des 
Malerbuches dort unbekannt, und auch zu der Darstellung des schlafenden „Lammes 


1) Vgl. Rëm, Quartalschr. 1906, S. 158 f. 


BE TE abeng 


784 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Gottes“ findet sidi nur eine recht entfernte Parallele‘) Das die Gottesmutter ver- 
herrlihende Allerheiligenbild ist auf dem Athos der Kreuzklosterkirche gegenüber 
entwicklungsgeschichtlich jünger, weil ungleich weiter und reicher im Detail aus- 
gestaltet. Der Typus der nämlichen als Einzelfiguren eingeführten Heiligen ist hier 
und dort vielfach ein sehr verschiedener, der im Versuchungsbild wiedergegebene 
Moment ein anderer. In den Szenen des Abrahamsopfers, der Geburt des Täufers 
und der Magieranbetung fehlen vor den Toren Jerusalems Details, welche das Maler- 
buch fordert,?) während sich ein auf dem Athos unerhörtes hier in derjenigen der 
Himmelfahrt des Elias findet, ein höchst merkwürdiges zugleich: ein zweiter neben 
Elisäus stehender Zeuge der wundersamen Entrückung d. h. schwerlich etwas anderes 
als der nicht mehr verstandene Jordan, weldien seit einem römischen Katakomben- 
fresko in Santa Domitilla (Wilpert, Taf. 230, 2)*) die frühchristlihe Kunst mehrfach 
in diese Darstellung eingeführt hat. Man sieht: es besteht ein Gegensatz eigentlich 
auf der ganzen Linie, der den palästinensischen Fresken in unseren Augen einen fast 
unschätzbaren Wert verleihen sollte, und es muß als ein recht handgreiflidier Beleg 
dafür erscheinen, was die Kunstwissenschaft auf dem Boden der Terra Sancta nom 
alles nachzuholen hat, wenn sie bisher unbeachtet bleiben konnten. 


1) Das schlafende Jesuskind, das von der Muttergottes ehrfurchtsvoll betrachtet und von 
Engeln (ohne Passionswerkzeuge!) bewacht wird, soll nach IV, § 523 (Ausgabe von Konstantinides, 
S. 252) über der Kirchentüre dargestellt werden. Über die wirklichen Fresken dieser Art vgl. 
Strzygowski a. a. O. S. 44. 

3) Berg und Diener Abrahams an dessen FuB; der schreibende Zacharias; das Haus und 
das Gefolge der Magier. Vgl. II, 2; III, 34; II, 20 (§ 36; 427; 166; Ausgabe von Konstantinides, 
S. 64; 211; 112f.). 

#) Der von Wilpert, Textband S. 418, Anmk. 6, geäußerten Anschauung, daß gerade in 
dem zitierten Fresko von Santa Domitilla nicht der Jordan, sondern ein unbekannter beliebiger 
Zuschauer dargestellt sein wolle, vermag ich mich nicht anzuschließen. 


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Abb. 1. MASACCIO: Martyrium Petri und Enthauptung des Täufers 
Berlin, Kaiser Friedrih- Museum O 


Andrea di Giusto und das dritte Predellenstiick 
vom pisanischen Altarwerk des Masaccio 


Von Detlev Freiherrn von Hadeln 


Im Jahre 1880 erwarb die Berliner Gemäldegalerie vom Marchese Gino Capponi 
in Florenz zwei Teile der ehemaligen Predella eines Altarwerks, das Masaccio fir 
S. Maria del Carmine zu Pisa geliefert hatte. Neuere Urkundenforschung’) hat er- 
geben, daB dies von Vasari beschriebene Werk im Auftrage des Notars Giuliano di 
Colino degli Scarsi im Jahre 1426 hergestellt wurde, also in die letzte Schaffenszeit 
des 1428 gestorbenen Meisters gehört. 

Das eine der beiden Berliner Täfelchen zeigt die „Anbetung der Könige“; sie 
nahm nach Vasaris*) Angaben die Mitte der Predella ein. Eingeschlossen wurde die 
„Anbetung“ durch Darstellungen von Szenen aus der Legende des Heiligen Petrus, 
Johannes des Täufers, Julianus und Nikolaus, der Heiligen, die im Hauptbilde der 
thronenden Madonna zur Seite standen. So ist auf dem zweiten Berliner Stück das 
Martyrium Petri und die Enthauptung des Täufers dargestellt; beide Vorgänge durch 
einen vertikalen, goldenen Streifen von einander getrennt. 

Das dritte Predellenstück, das also Episoden aus dem Leben des Heiligen Julianus 
und Nikolaus enthalten mußte, war bis vor kurzem nicht nachweisbar. Ein merk- 
würdiger Zufall führte es heuer in die Nähe der beiden anderen Teile. — Die Freude 
über die Entdeckung war aber keine ganz reine: das dritte Stück ist nicht von Masaccio 
ausgeführt, es ist nur Werkstattsarbeit. — Dieser Qualitätsunterschied mag erklären, 
daß die drei Stücke seinerzeit nicht beieinander geblieben sind, daß nur die beiden 
vornehmeren Meisterarbeiten ihren Liebhaber gefunden haben, das bescheidenere Ge- 
hilfenwerk losgerissen in unbekannte Hände kam. 


1) L. Tanfani Centofanti, Donatello in Pisa, und Not. d’artisti tratte da documenti pisani, 
p. 177 s. — G. Poggi, Miscellanea d’Arte I. p. 182 ss. 
2 Vasari, ed. Mil. II. p. 292. 


786 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Damit in Anbetracht der geringeren Qualität des neu aufgefundenen Stückes 
keine Zweifel über seine Zugehörigkeit zu den beiden eigenhändigen Masaccio-Werken 
aufkomme, sei folgendes bemerkt: Die drei Predellenstücke haben das gleiche Pappel- 
holz als Malgrund, sie messen unterschiedslos 62 cm in der Breite, 22 cm in der 
Höhe. Die drei Stücke sind als eine koloristische Einheit komponiert. Die führende 
Farbe, Zinnober, ist in rhythmisch angeordneten Flecken über die drei Bilder verteilt. 
Der goldene vertikale Streifen, der das Petrusmartyrium von der Enthauptung des 
Täufers scheidet, trennt auch die Julianushistorie von der Nikolausdarstellung. SchlieB- 
lich entsprechen, wie schon gesagt, diese Legendenscenen Vasaris Angaben. Die Summe 
dieser Indizien erlaubt die Zugehörigkeitserklärung. 


Da die Julianuslegende nicht allgemein bekannt ist, mag eine kurze Wiedergabe 
am Platze sein. Die Legenda aurea’) weiß von fünf Juliani zu berichten. Von vier 
heiligen und als fünftem von „Julianus, non quidem sanctus sed sceleratissimus, scilicet 
Julianus apostata“. Der uns interessierende ist der von Jacobus a Voragine an vierter 
Stelle aufgeführte. Fatalistish ist seine Geschichte: Der Jüngling jagt einen Hirsch. 
Plötzlich wendet sih das Tier zum Jäger und spricht: „Du verfolgst mich, du, der 
Vater und Mutter morden wirst!“ Julianus erschrickt und, damit sich die Worte des 
Hirsches nicht erfüllen können, beschließt er, die Heimat heimlich zu verlassen. Er zieht 
in die- Ferne, findet Dienst bei einem Fürsten und zeigt sich so tüchtig, daß ihn der 
Fürst mit einer Gemahlin und einem Schlosse belohnt. — Das Fatum erfüllt sidı den- 
noch. Die Eltern hatten sich aufgemacht, den verschollenen Sohn zu suchen. Eines 
Abends, als Julianus zufällig abwesend ist, erreichen sie das Schloß. Seine Gattin 
empfängt die Schwiegereltern und räumt ihnen für die Nacht das Ehebett ein, um selbst 
mit einem bescheidenen Lager vorlieb zu nehmen. — Am anderen Morgen, die Gattin 
war gerade zur Messe gegangen, die Eltern schlafen noch, kehrt Julianus heim und 
erblickt das im Ehebett schlummernde Paar. Er zieht das Schwert, und im Glauben, 
die ungetreue Frau und den Ehebrecher zu strafen, tötet er Vater und Mutter. — Als 
Julianus dann das Haus verläßt, kommt ihm die von der Kirche heimkehrende Gattin 
entgegen. Der furchtbare Irrtum klärt sich auf. Die Worte des Hirsches sind erfüllt. 
— Julianus, von seiner Frau begleitet, verläßt das SchloB und widmet sich, um seine 
Schuld zu büßen, ganz der Wohltätigkeit. 


 Merkwürdigerweise ist der unheiligste Moment der Legende zur Darstellung auf 
unserem Predellenstück gewählt: der Elternmord. — Aber auch andere Italiener haben 
gerade diesen Augenblick als den wichtigsten gewählt.?) Er mag das auch sein, alles 
andere in dieser absonderlichen Historie ist jenem Momente als Vorbereitung oder als 
Folge untergeordnet. — Der Mordszene ist dann rechts im Hintergrund der Augenblick 
beigesellt, der dem Heiligen die schreckliche Aufklärung bringt. 

Die andere Hälfte des Predellenstückes enthält die bekannte Episode der 


1) Jacobi a Voragine Legenda aurea. Ed. Th. Graesse. p. 140 ss. 

2) Z. B. Venez. Holzschnitt des XV. Jahrhunderts. Ravenna. Bibl. Class. Abb. Ricci. Racc. 
art. di Ravenna. p. 115. — Trient besitzt in der Kathedrale einen Freskenzyklus von mehreren 
Szenen der Julianuslegende, oberital. XIV. Jahrh. 


Detlev v. Hadeln. Andrea di Giusto und das dritte Predellenstück 787 


Abb. 2. ANDREA DI GIUSTO: Szenen aus den Legenden des Hl. Julianus und des HI. Nikolaus 
Privatbesifz D 


Nikolauslegende: Der jugendliche Heilige beschenkt drei mitgiftlose Mädchen mit 
goldenen Kugeln. 

Die von Tanfani Centofanti (l. c.) veröffentlichten Dokumente setzen uns nun in 
den Stand, den Maler des dritten Predellenstückes namhaft zu machen. Es ist wohl 
siher Andrea di Giusto da Firenze, der laut Urkunde vom 24. Dezember 1426 (die- 
jenige vom 18. Dezember 1426 ist wohl auch auf ihn zu beziehen) Masaccio in Pisa 
bei der Herstellung des Altarbildes unterstützte und am genannten Tage eine Zahlung 
von 8 Lire 5 soldi erhielt. 

Andrea di Giusto muß längere Zeit unter Masaccio gearbeitet haben. Denn in 
der bekannten Denunzia dei beni di Tomaso di S. Giovanni detto Masaccio e di 
Giovanni suo fratello agli Uffiziali del Catasto vom Jahre 1427 heißt es: „Siamo 
debitori d’andre di'giusto il quale stette cho meco tomaso sopradetto, di suo salario 
fior. 6.7) Der Tag der Denunzia steht leider nicht fest. (Diejenigen Ghibertis, Tom- 
masos Finiguerra und Brunellescos wurden im Juli abgegeben.) Auch stand offenbar 
an jenem Tage Andrea di Giusto nicht mehr in Masaccios Diensten (il quale stette 
cho meco). Aber die Höhe der geschuldeten Lohnsumme weist — zumal Andrge”ja 
auch in Pisa Zahlung erhalten hatte — darauf hin, daB er nicht ganz kurze Zeit in 
Masaccios Atelier tätig gewesen ist. 

Sonst wissen wir wenig von Andrea di Giusto. Im Jahre 1436 malte er ein 
Altarbild für S. Lucia de’ Magnoli zum Preis von 60 Fiorini.2) Am 2. September 1450 
ist er gestorben.*) Sein Sohn Giusto di Andrea (geb. 1440) trat im Jahre 1458 in die 
Werkstatt des Neri di Bicci ein; später malte er mit Benozzo in S. Gimignano und 
Certaldo.') Mit welchen Gründen man Andrea di Giusto mit Andrea da Firenze, von 
dem ein 1437 datiertes Altarbild im Depôt der Uffizien (früher in Cortona) existiert, 
hat identifizieren können, weiß ich nicht.) | 


— 


1) Gaye, Carteggio I p. 116. 

1) Gaye, I p. 211. 

3) Milanesi bei Vas. III p. 55. 

4) Milanesi bei Vas. II p. 87 und III 54. Gaye L 212 f. 

5) Milanesi bei Vasari und ihm folgend Sirén, L'Arte VII 342 ff. 


788 |  Monatshefte für Kunstwissenschaft ` 


Mir scheint, daß wir bisher nichts kannten, was als Arbeit des Andrea di Giusto 
hätte angesehen werden dürfen. Poggi (l. c.) war nicht ganz abgeneigt, ihm den 
Paulus des Museo Civico zu 
Pisa zuzuschreiben. Doch da 
die Zugehörigkeit dieserFigur 
zum Carmine-Altarwerk hy- 
pothetisch war,!) hatte jene 
Attribution keinen festen Halt. 
Anders mit unserem Pre- 
dellenstück, das zweifellos zu 
Masaccios Altaraufsatz ge- 
hört, aber andererseits für 
den Meister nicht bedeutend 
genug ist, also mit gutem 
Recht Andrea di Giusto ge- 
geben werden darf, dessen 
Mitarbeiterschaft ja urkund- 
lich beglaubigt ist. 

Nachdem nun mit die- 
sem Stücke Andrea di Giusto 
eine greifbare Gestalt ge- 
worden ist, glaube idı, daß 
tatsächlich ihm auch der Pau- 
lus in Pisa zu geben ist. Er 
steht in ganz gleichem Ver- 
hältnis zu Masaccios Figuren 
(zu denen der Brancacci- 
kapelle), wie das geringere 
Predellenstück zu den beiden 
Meisterarbeiten.Damit wädhst 
die Wahrscheinlichkeit, daß 
der Paulus, wie sein qualitativ 
höher stehendes — d.h. von 
Masaccio selbst ausgeführtes 
— Gegenstück, der heilige 
Andreas beim Grafen Lanc- 
Abb. A ANDREA DI GIUSTO: HL Paulus koronski in Wien, Teile des 

D ARREO CINICO a Carmine-Altarwerkssind.(Bei- 
de: Höhe 51, Breite 30 cm.) 

Diese beiden Heiligen müßten, wie bereits Suida*) angenommen hat, mit zwei 
weiteren Kniestiicken in einer zweiten Reihe, über den vier eingangs genannten 


a Die Hypothese war bereits von Scimarsow, Masaccio-Studien II, p. 78, aufgestellt worden. 
2) Suida, L’Arte, 1906. p. 125. 


Detlev v. Hadeln. Andrea di Giusto und das dritte Predellenstiick 789 


Heiligen gestanden haben. Vasari nennt sie nicht namentlich. Er sagt nur: „E sopra, 
per finimento di detta tavola sono in più quadri molti Santi intorno a un Crucifisso.“ 
Vier Heilige sind ja nun nicht molti. Aber Vasari ist, wie bekannt, bei solchen An- 
gaben nicht von ängstlicher Vorsicht. — In der ersten Ausgabe?!) hatte er nur von der 
„tavola con infinito numero di figure piccole et grandi“ gesprochen, ohne eine der 
Figuren — nicht einmal die im Mittelstück thronende Madonna — zu nennen. Viel- 
leicht dachte er bei den „molti santi“ auch an jene Figürchen, wie sie häufig in die 
Pilaster der gotischen Polyptychen eingelassen sind. — Vier derartige „Figure piccole“, 
Masaccio gehörig und den beiden eigenhändigen Predellenteilen stilistisch so nahe- 
stehend, daß man sie bereits mit dem Pisaner Altar in Zusammenhang gebracht hat, 
besitzt ebenfalls das Kaiser-Friedrih-Museum. (Früher bei Charles Butler.) — Das 
Mittelstück der oberen Reihe, die Kreuzigung, hat Suida (l. c.) mit einem Bilde des 
Museo Nazionale zu Neapel zu identifizieren versucht (Höhe 85, Breite 63 cm). Ich 
habe das Bild vor Jahren gesehen, aber heute keine genügend klare Vorstellung von 
ihm, um eine Meinung abgeben zu können. — 

Nodi weniger kann ich das über die mir unbekannte Madonna, die Berenson 
(Rassegna d’Arte, 1908, Maggio) für das Mittelstück des Pisaner Altars hält. Der Ab- 
bildung nach hat es den Anschein, daß die Madonna Masaccio nahe steht. Auch 
die musizierenden Engel zu den Füßen der Madonna, die Vasari erwähnt, fehlen nicht. 
(Sie kommen in der florentinischen Malerei jener Zeit selten vor) Die Maße (Höhe 
117, Breite 74 cm) widersprechen nicht; sie haben aber auch nicht die Beweiskraft, 
die ihnen Berenson geben möchte. 

Hoffen wir, daß sich noch etwas von den Seitenfiguren der Madonna wieder- 
findet. Dann erst wird man mit Sicherheit über die Zusammengehörigkeit der ver- 
sprengten Stücke entscheiden können. — 


1) Firenze, 1550. I p. 285. 


oye 


Studien und Forschungen 


MICHELANGELOS 
~ GIGANTENSCHLACHT. 


Von Karl Borinski. 


K. Frey hat (zu Tafel 65 seiner Ausgabe der 
Handzeichnungen Michelangelos, 7./8. Lieferung) 
meinen methodischen Bedeutungsnaciweis der 
Tondo-Rötelskizze in den Uffizien durch einen 
bloBen Machtspruch ablehnen zu können ge- 
glaubt: Ich habe „die Rötelskizze falsch analy- 
siert und das sei der Hauptgrund gegen meine 
Deutung“. Da man es hier nun aber zunächst 
mit gar keiner subjektiven Deutung, sondern 
einer notwendigen Einreihung in einen ge- 
sicherten Zusammenhang von Motiven (den 
plastischen Kunstwerken des sommo artefice im 
Purgatorio) zu tun hat, so sei es uns erlaubt, 
hier auch das Selbstverständliche, bei kritischen 
Fachgenossen in der Beurteilung der Sachlage 
Vorauszusetzende zur Aussprache zu bringen. 

Zunächst die Form der Skizze: das Tondo! 
Was in aller Welt konnte den Zeichner be- 
wegen, seine Skizze durch die beiden parallelen 
Kreise einzurahmen, wenn nicht die Rücksicht 
auf die durch den Doppelkreisrahmen sofort 
kenntlichen Medaillons der sixtinischen Decke? 
Die Erhöhung der Schlange, auf die Frey mit 
dem kleinlauten Eingeständnis: „faute de mieux“ 
mit einem Male wieder zurückgreift, nachdem 
er früher die doci weit mehr dazu in Be- 
ziehung stehende Oxforder Rötelskizze schon 
von ihr abtrennen wollte? Gibt es Entgegen- 
gesetzteres als die Form des oben nach beiden 
Seiten breit ausladenden, unten zusammen- 
gedrängten Zwickelbildes, des auf den Kopf 
gestellten Dreiecks und diese strenge Kreisform ? 
Und dem Zeichner muB es doch darauf speziell 
angekommen sein, seine Komposition gerade 
dieser Form anzupassen, die in seinem gesamten 
Oeuvre nur im Hinblick auf die Medaillons zu 
begreifen bleibt. Auch ohne den gravierenden 
Doppelkreisrahmen! 


Aber „ziehen wir sie doch einmal jeder an- 
deren vor“, wie Frey will, „die nicht befriedi- 
gende Deutung der ehernen Schlange“ „bei 
diesem flüchtigen, aber geistreichen, einen Ge- 
dankenblitz gleichsam skizzierenden Entwurf“. 
Wir wollen sehen, ob wir nicht dann gerade 
»Willkfirlich mit den historischen, künstlerischen 
und persönlichen Faktoren schalten“, wie uns 
Frey jetzt vorwirft. DaB die Form der Skizze 


alsdann die reine Willkür darstellte, wird man 
zugegeben haben. Nun der Inhalt! Alles 
deutlich Erkennbare darin steht in Beziehung 
zu dem Vermummten oder Behelmten rechts oben, 
der sieghaft gebieterisch die beiden Arme ins 
Bild hineinstrekt. Er nun müßte nach Freys 
„nicht befriedigender* Deutung der Aufrichter 


der Schlange sein. Einen solchen kennt aber 


weder Michelangelos ausgeführtes Zwickelbild 
an der Decke, noch die doch mindestens in der 
unteren Partie zu ihm in Beziehung stehende 
(vergl. mein Buch S. 229) Oxforder Rôtelzeich- 
nung, noch irgend eine direkte Studie dafür. 
Wozu trägt der Aufrichter der Schlange — nadı 
der Bibel (4. Mos. 21, 9) Moses selbst — einen 
Helm und platzt (mit flatterndem Mantel? aus der 
Wolke?) so jäh in das Bild hinein, daB er alles 
andere vorhaben könnte, nur nicht die Fest- 
setzung eines Heilssymbols zur Friedung krank- 
haften Aufruhrs? Hier geht im Gegenteil aller 
Aufruhr auf ihn zurück. Nicht bloB der gerade 
unter ihm Hingestreckte, der so drastisch das 
„giacer ... grave alla terra“ des Danteschen 
Briareus in der Gigantenschlacht zum Ausdruck 
bringt: nein! auch seine Umgebung steht durch- 
wegs in Beziehung zu ihm. Und zwar in der 
denkbar gegensätzlidisten zum Heile der 
Schlangenerhöhung! Mindestens dreimal be- 
gegnet das Motiv des Die-Hand-vors-Gesicht- 
Haltens: bei der aus der Mitte in den Vorder- 
grund stürzenden Figur über dem Kopfe des 
Dahingestreckten, die das Gesidtt in beiden 
Händen begräbt (wie anscheinend auch die rechts 
am Rande aus dem Bilde hinausstürzende); bei 
dem aufrecht Stehenden über seinem ausge- 
streckten rechten Beine dicht unter dem vorgeb- 
lichen Aufrichter der Schlange (er scheint inten- 
tioniert in der ausgeführten Aktstudie — neben 
der Tondoskizze —, bei der auch schon das 
Motiv der Erhebung des rechten Armes [zur 
Deckung des Gesichts] vorbereitet scheint); end- 
lich bei dem Zurücktaumelnden vorn links! Also 
die Aufriitung des Heils bewährt sich hier 
gerade darin, daB alle sich, entsetzt und zurück- 
geschleudert, die Augen vor ihm zuhalten? Nur 
eine, eine einzige Figur sieht nach der vorgeb- 
lichen Aufrichtung der Schlange zurük. Es ist 
die hinter dem Zurücktaumelnden zu äußerst 
links am Rande. Aber gerade sie ist, statt da- 
durch beruhigt und geheilt zu werden, im Be- 
griff, mit vorgestreckten Armen aus dem Bilde 
hinaus zu flüchten! 


_ Studien und Forschungen 


191 


Nichts also deutet hier auf das Schlangen- 
wunder, alles aber auf blendende übermäch- 
tige Göttererscheinung. Daß der schieBende 
Gott, den ich über dem „vom himmlischen Ge- 
schoß Niedergestreckten“ (fitto dal telo celestial) 
in dem vorgeblichen ,Aufrichter der Schlange“ 
nachgewiesen zu haben glaube, nur die Ge- 
berde des Bogenspanners macht (ohne sicht- 
baren Bogen), hat die ausdrückliche Analogie 
des ,bersaglio“ für sich. In der Reihe der 
Medaillons sekundiert ihm der Saul auf Gilboa, 
der auch nur die Geberde des DegenstoBes 
macht. Der Künstler vermied offensichtlich, wenn 
irgend angängig, die die Komposition störend 
durchschneidenden Waffen bei den um so ener- 
gischer dargestellten Kampfbewegungen anzu- 
bringen. Oder er eliminierte und reduzierte sie 
so, wie z. B. in unserer Medaillonreihe die 
Waffen, mit denen die Söhne des Königs Sanherib 
ihren Vater angreifen. 

Noch auf etwas möchte ich nicht unterlassen 
hinzuweisen, worauf mich gerade erst die fast 
grob deutlihe Wiedergabe der Handzeichnung 
bei Frey gebracht hat. Der linke obere Rand 
der Tondoskizze ist durch allerlei Konturen aus- 
gefüllt, die als bloBes Wolkengeschiebe, wofür 
ih sie anfangs hielt, doch zu eigenwillig und 
vor allem in diesem nur das Notwendigste fest- 
haltenden zeichnerishen ,Gedankenblitz“ doch 
zu vordringlich erscheinen. Betrachtet man sie 
wiederholt und aufmerksam, so wird sich das 
Bild eines auf dem Kriegswagen von links in 
das Bild Hineinstürmenden (von hinten Ge- 
sehenen, anscheinend auch Behelmten) ergeben. 
Es wäre Mars, der hier seinem Bruder Apollo 
auf der anderen Seite sekundierte. Auf dem 
Kriegswagen wird ,Gradivus“ gerade von dem 
fir Dante so bedeutungsvollen Statius (Thebais 
Ill 220 ff.) dargestellt. Er kann in dieser Form 
der Bewaffnung (Timbreo, Pallade e Marte 
armati Purg. K., 28f.) wohl durch einen Inter- 
preten Dantes dem Künstler vorgeführt worden 
sein. 

Denn die Stelle in Dantes Purgatorio wird 
ausführlich kommentiert und das himmlische Ge- 
schoB (telo celestial) von Landino nach Ovid 
(Met. I, 144) auf Zeus’ Blitzstrahl gedeutet 
(passato dal folgore col quale Giove dal cielo 
l'havea percosso). Der das GeschoB nach unten 
entsendende Gott wäre danach nicht Apollo, 
sondern Zeus, das Attribut an seiner Rechten, 
das ich als zeichnerische Vorführung der los- 
schnellenden Hand zu erklären suchte, einfach 
das herkömmliche Blitzbündel, dem die linke 
Hand nach unten die Richtung vorschreibt. Also 
genau wie auf dem Malcolm-Blatt des Biit. 
Museums und dem zu Windsor vom Phaeton- 


Sturz, „quando fu Giove arcanamente giusto“. 
Da Zeus (Giove) zum Unterschied von „den 
Göttern“ für Dante-Michelangelo Gott an sich 
bedeutet, so wäre damit auch seine ausschließ- 
liche Hervorhebung in dem vorläufigen „Blitz- 
gedankenentwurf* hinlänglich erklärt. Auch die 
Vermummung des in der Donrerwolke geheim 
(arcanamente) richtenden Gottes durch eine Art 
Tarnhelm! 


o DIE PHOTOGRAPHIE 0 
ENTDECKERIN KUNSTWISSEN- 
0 SCHAFTLICHER WERTE o 


Drei Beispiele können zeigen wie mittelst 
der Photographie audi von ferne her Er- 
forshungen erfolgreich ausführbar und Auf- 
schlüsse zu erlangen sind, die sonst am Ort 
nur mit größter Aufmerksamkeit undbei günstigen 
Lichtverhältnissen möglich wären. 


Die erste Photographie eines der 
Igundi Michelangelos im Deckenge- 
mälde der Capella Sixtina kaufte ich in 
Rom 1890. Die jetzt von Braun & Co. in Dornach 
käuflihen Photographien sind unbrauchbar für 
Erforschungen der Technik des Gemäldes weil 
sie retouchiert sind. Auf eine Anfrage in Dornach, 
ob auch unberührte Platten kopiert wurden, 
schrieb die Firma daß sie die Beaderung der 
Risse habe fortmalen lassen! 

Mit Hilfe der Photographie läßt sich die Zahl 
der Tagewerke, die Michelangelo für die Decke 
brauchte, annähernd berechnen — auch der kluge 
Aufbau und die vortrefflihe Rücksichtnahme auf 
die schwierige Freskotechnik durch Feststellung 
der Linienführung für die Ansätze des nächsten 
Tagewerkes nachweisen. Man könnte sogar 
die Grenzen, gewissermaßen die Nähte des 
ganzen Teppiches der einzelnen Tagewerke 
bestimmen, eine Arbeit die ich beabsichtige. 
Steinmann bringt in seinem groBen Werke von 
der Sixtinischen Kapelle über die Tagewerke und 
ihre Grenzen bei einigen Figuren Abbildungen 
und Angaben — er dürfte durch den Restaurator 
Prof. Seitz auf diese Erscheinungen hingelenkt 
worden sein, indem er auf dem Gerüst aus 
nächster Nähe die Wände studieren und befühlen 
konnte. 

In unserem Bilde läuft die Linie des einge- 
putzten Tagewerkes für den Kopf entlang den 
Schlüsselbeinen (kluger organischer Sdinitt im 
Akt) dann um die Locken, hierauf senkrecht ab- 
weichend in die Höhe, sodann dicht über den 

52 


792 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Igundo über der Sibylla Delphica aus Michelangelos Deckenfresko in der 


Capella Sixtina 


O 


| Oo (Zu ,Die Photographie als Entdeckerin kunstwissenschaftliher Werte“.) 


Locken horizontal bis zum hellen Gurte der 
Architektenmalerei, hier senkrecht herab und 
etwa in der Höhe des Bicepsanfanges in einer 
flachen S-Linie hinauf zur Schulterhöhe. 


Die zweite Photographie ein Stück aus 
Raffaels „Schule von Athen“, offenbart uns, 
daß der Künstler in den noch feuchten Putz die 
Zeichnung durch den Karton oder eine Karton- 
pause mit einem spitzen harten Werkzeug ein- 
drückte. An anderen Gegenden, wo Caravaggio 
monochrom malte, fand ich im Jahre 1900 mit 
schwarzer Farbe oder.Kohlenstaub aufgepuderte 
Punkte derKonture der.durchstochenen Zeichnung 
— ein Verfahren, das heute noch jeder De- 
korationsmaler ausübt. : 


Das Seitenlicht bringt die kleinen einge- 
drückten Gräben in der Photographie vollendet 
zum Ausdruck. Daß diese nur zur Aufzeichnung 
dienten, beweist, daß sie nachher beim Malen 
teils wieder verlassen wurden und überflüssig 
stehen blieben. 


Die dritte Photographie von den Kopfe 
Julius II. aus dem Fresko von der „Messe von 
Bolsena“ verrät uns zwei Porträts von Julius 
in demselben Bilde. Das eine zeigt den kriege- 
rischen Papst bartlos und mit kurzem Haupthaar, 
das andere übermalte zeigt ihn langbärtig mit 
längeren Haupthaar. Man beachte die Risse um 


den Hinterkopf, um Hals, Kinn und Lippen. Das 
erste malte Raphael vermutlich kurz nach dem 
ersten Zug des Papstes gegen Perugia und 
Bologna 1506, das andere später. 

Steinmann sagt S.176: Jedenfalls hatte Michel- 
angelo im Dezember 1510 (vermutlich in Bologna), 
die Überraschung, den kaum vom heftigen Fieber 
genesenen Pontifex mit einem langen weißen 
Barte wiederzufinden. 

Im September 1510 war der Papst wieder in 
Bologna und griff Ferrara an. Sein Einzug in 
Rom war am 27. Juni 1511. 

S. 179 sagt Steinmann: „Julius II. ließ sich 
von Raphael in der Stanza della Segnatura 
(muB aber richtig heißen: d’Eliodoro) malen“. 

Raphael scheint ihn ohne Bart nicht fertig 
gehabt zu haben, als der Papt plötzlih den 
Krieg beschloB und abreiste. Nach dem Kriege 
hat er die Sitzungen wieder aufgenommen und 
sich in seiner neuen Haartracht fertig malen 
lassen. 

Herm. Grimm („Leben Michelangelos“) sagt 
S. 395 „Am Vorabend des Fronleicinamfestes 
1511 war der Papst in Rom wieder ange- 
kommen usw. und weiter „Damals malte Raphael 
die Messe von Bolsena usw“. Max Seeliger. 


S 


. Studien und Forschungen 


ia 
H A 203 


Die beiden vorderen Figuren aus der Hörergruppe zur Rechten von Plato und Aristoteles 


aus Raffaels „Schule von Athen“ D O 
O (Zu „Die Photographie als Entdeckerin kunstwissenschafllidier Werte".) 


Digitized by Google 


194 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Kopf Julius IJ. aus dem Fresko Raffaels „Die Messe von Bolsena“ 
(Zu „Die Photographie als Entdeckerin kunstwissenschaftliher Werte“.) o 


Studien und Forschungen 795 


Weise zu beantworten, daB er einen 
gewissen stilistishen Zusammenhang 
einiger donatellesker Werkein Florenz, 
Padua usw. nachweist und dafür mit 
der Methode des Ausschlusses unseren 
Künstler festlegt. Führt eine umsichtige 
und von so viel Beachtung und Er- 
fahrung getragene Stilkritik, wie sie 
Fabriczy besitzt, auch oft zum gewünsch- 
ten Ziel, so liegt doch im Wesen des 
Beweises durch Ausschluß eine zu große 
Gefahr und Unsicherheit, als daB wir 
uns ihm mit Vertrauen hingeben dürften. 
So ist es auch in diesem Falle sehr 
wohl möglich, daß die von v. Fabriczy 
stilistisch zusammengebrachten Werke 
tatsächlich einem und demselben Dona- 
telloschüler gehören, der aber keines- 
wegs Anton Michellino zu sein braucht. 
Ich glaube auf festerem Boden zu wan- 
deln, wenn ich davon ausgehe, daB sich 
am Neapler Triumphbogen unverkenn- 
bar donatelleske Arbeit findet, die unter 
sich übereinstimmt und für die urkund- 
lich nur zwei Donatelloschüler in Betracht 
kommen können: Andreas von Aquila 
und Anton Michellino von Pisa. Es ist 
einleuchtend, daß mit dem Nachweis der 
Hauptarbeiten des Einen mit dem Reste 
auch die des Anderen bestimmt sind. 
Nun wird aber als Schüler Donatellos in 
Padua von Beiden nur Anton Michellino 
erwähnt. Ist daher eine stilkritische. 
Übereinstimmung zwischen donatelles- 
ken Arbeiten am Triumphbogen inNeapel 


ea ioni tr Zi _ e oa Ma n eg Z——— — 


Abb. 1. NEAPEL, Wappenhalter vom Triumphbogen 
Alfons I. 


ANTON MICHELLINO VON PISA. 
Von Wilhelm Rolfs. 


Unter den italienischen Meistern zweiten 
Ranges, die als Schüler und Werkstattgenossen 
der großen Quattroceutisten wichtig sind, treten 
allmählich einige deutlicher aus dem Dunkel her- 
vor, in dem sie vor dem blendenden Licht jener 
bisher verborgen waren. Einer der Schüler 
Donatellos, der urkundlich mit ihm in Padua ar- 
beitete, von AlfonsI zur Arbeit an dem Neapler 
Triumphbogen berufen wurde und von Filarete 
neben Isaias von Pisa erwähnt wird, war An- 
ton Michellino von Pisa'). Die Frage ist 
hier: Was hat er an den erwähnten Stätten ge- PAK E a S ` SU 
schaffen? SR 1 Seis, 27 TNA 

Von Fabriczy?) sucht diese Frage in der = a © 


| 4 Rolfs, Franz L . Berlin. 1907. S. 201ff. geet | ein 
) Repertorium f. Kstwscht. 1906 3 ff. Abb. 2. PADUA, Santo. Johannesadler 


*) Repertorium f. Kstwschft. 1906. S. 380 


796 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


mit anderen in Padua überzeugend nachweisbar, 
so ist dem Schlusse nicht zu entgehen, daß der in 
Frage kommende Meister niemand anders als 
Anton Michellino sein kann. Damit wäre 
wiederum ein Teil der Arbeiten am Triumph- 
bogen festgelegt. Stimmen aber weiter diese 
stilkritisch mit den von v. Fabriczy zusammen- 
gestellten überein, so wäre damit schon ein 
den Umständen noach stattlihes Lebenswerk 
dieses Meisters beieinander. Tun sie es nicht, 


so muß eben der Meister der v. Fabriczyschen 


Abb. 3. NEAPEL, Triumphbogen Alfons I. Zwickelfüllung 


des oberen Bogens 


Arbeiten ein anderer Donatelloschiler als Anton 
Michellino sein. 

Was an donatellesker Art am Neapler Bogen 
vorhanden ist, habe ich in der genannten Ar- 
beit über Franz Laurana zusammengestellt und 
soll hier nicht wiederholt werden. Dagegen 
muß ich hier stärker betonen, als es dort ge- 
schieht, erstens, daß auch die großen Greifen 
mit dem Wappen des Königs Alfons über dem 
unteren Bogen (Abb. 1) durchaus donatel- 
leske Eigenart und zwar eine von der Metall- 
technik auf Stein übertragene kräftige und saubere 
Mache aufweisen, und daß zweitens zwischen 
diesen Wappentieren mit ihren Füllhörnern und 
dem schwebenden Engel mit dem Füllhorn 


tragenden Putten darunter im oberen Bogen 
(Abb. 3) die engste stilistishe Verwandtschaft 
besteht'). Anstatt weiterer Ausführungen ver- 
weise ich hier auf eine aufmerksame Prüfung 
der Abbildungen. 

Mit diesen prächtigen Greifen, insbesondere 

mit ihrer kräftigen Art und dem herrlich stili- 
sierten Gefieder der Schwingen stimmt auf ein 
Haar das Evangelistenzeichen des Johannes in 
Padua, der markige Adler, dessen Modellierung 
freilich durch den ErzguB noch vortrefflicher 
wirkt als der Marmor der Greifen 
(Abb. 2); mit dem Neapler Putten die 
Paduaner Tafel des die Harfe spie- 
lenden Engels, dem sich dort der 
die Pansflöte spieiende anschließt. 
Urkundlih erhält nun unser Michel- 
lino in Padua zwei Engelstafeln und 
eins der Evangelistenzeichen: es kann 
wohl keinem Zweifel unterliegen, daß 
wir im Johannesadler und den ge- 
nannten zwei Tafeln diese beurkun- 
deten Werke haben. 

Damit wäre also unseres Meisters 
Werk in Padua wie in Neapel fest- 
gelegt. Beiläufig ergibt sich aus dem 
Umstande, daß die am unteren Bogen 
befindlichen Greifen ganz ebenso wie 
der linke Engel des oberen Bogen- 
feldes dem Anton Michellino gehören, 
daß die gesammte Ausschmückung der 
Stirnseite des Bogens in die letzten 
beiden Lebensjahre des Königs etwa 
von 1456—1458 fällt; denn erst am 
31. Januar 1458 erscheint ,Anthoni de’ 
Pisa“ zusammen mit der bekannten 
Schar Peter von Mailand, Isaias von 

‘ Pisa, Dominik Gajini, Paul von Rom 
und Franz Laurana zum ersten Male 
in den königlichen Recinungsbichern. 
Sicherlich aber müssen diese umfang- 

reichen Arbeiten schon einige Jahre früher in 

Angriff genommen sein. 

Wohin er von Neapel ging, steht dahin; v. 


‘Fabriczy meint nach Siena, wo er die Gottes- 


mutter im Rund über der Quersdhifftir des 
Domes und ein Flachbild mit Gottesmutter im 
Saracinihause angefertigt habe. Bringt man 
nun diese und die ihm zugeschriebenen Arbeiten 
mit den von uns gefundenen zusammen, so ist es 
nicht ganz leicht, sie von derselben Hand zu halten. 
Immerhin möchte ich die Frage offen lassen, b 
eine genaue Untersuchung des gesammten Ma- 
terials an Ort und Stelle eine sichere Entschei- 
dung möglich macht. - 


Es kommen nod ein Paar Stücke in Betracht, die 


1 
wir hier wegen ihrer geringen Wichtigkeit übergehen. 


Studien und Forschungen 797 


SPANISCHE RELIEFGEMALDE. 


Man weiß, daB Spanien das Land der Estofado- 
skulpturen ist, jener Holz und Steinstatuen, deren 
reihe und lebhafte Bemalung beim Beschauer 
den Eindruck vollkommenster Lebenswahrheit 
hervorrufen soll. Neben diesen Skulpturen fin- 
den sich vielfach bemalte Reliefs, die — gleich 
verwandten Werken der Antike — im Hinter- 
grund in reine Malerei fibergehen. Zu dieser 
Kunstgattung, bei der das Hauptgewicht auf 
der Plastik liegt, gesellt sich als Gegenstück eine 
andere, bei der das Verhältnis von Malerei und 
Plastik gerade umgekehrt ist; ihre Eigenart be- 
steht darin, daB auf dem weiBgrundierten Holz- 
grund nicht nur die Konturen, sondern die ge- 
samte Innenzeichnung von Figuren und Orna- 
menten zunächst mit schwarzer Farbe in breiten 
Pinselstrichen angegeben wurde. Danach führte 
man die Figuren und Ornamente in schwachem 
Relief — nur wenige Millimeter hoch — in Gips 
aus, gab von neuem die Innenzeichnung mit 
schwarzer Farbe an und bemalte sie schließlich. 

Von Kunstwerken dieser Art, die man wohl 
am besten als „Reliefgemälde“ bezeichnet, be- 
finden sich zwei noch aus dem 12. Jahrhundert 
stammende Exemplare in Museum zu Barce- 
Jona. Das eine rührt aus der Kirche von Pla- 
nes her und ist leidlich erhalten. (h. 0.90, br. 1.20). 
Nur dadurch, daß an mehreren Stellen der Gips 
abgesprungen ist, besitzt man überhaupt dieMög- 
lichkeit, die eigenartige Herstellung des „Gemäl- 
des* erkennen und näher studieren zu können. 

Im Mittelfeld sitzt Christus, bartlos, wie man 
aus der Zeichnung sieht; die Rechte segnend 
erhoben, die Linke auf ein Buch gestützt, das die 
Aufschrift ego sum lux mundi trägt. Am Rand 


der Mandorla liest man PPE (?) MAIESTAS DIS 
EST ET SVMA POTESTAS NVLIA PICTVRA 
CONCLVS SIVE FIGVRA. In den Ecken dieses 
Feldes die vier Evangelistensymbole. Die übrigen 
acht kleinen Felder enthalten stehende Figuren 
von Heiligen, mit Krummstab in der Rechten 
und Buch in derLinken. Der Rahmen, wie die 
einzeinen, die Felder einsäumenden Leisten, sind 
reich mit linearen Ornamenten geschmückt. Die 


li = ——— " 


Christus mit acht Heiligen. Romanisches Reliefgemälde 
O Barcelona. Museum O 


Gestalten sind schlank, die Innenzeichnung der 
Gewänder eine trockene Nachahmung byzan- 
tinischer Vorbilder. Unter den tieftonigen Far- 
ben überwiegen braunrot und dunkelgrün. 

Die andere Tafel des Museums ist sehr 
schlecht erhalten. Dargestellt ist Maria als 
Gottesmutter in der Mitte und in den acht übıi- 
gen Feldern männliche und weibliche Heilige. 

A. L. Mayer. 


VON NEUEN ERWERBUNGEN DES 
BERLINER 
KUPFERSTICHKABINETTS. 


Auf drei Blatter unter den jüngsten Ankäufen 
für das Berliner Kupferstichkabinett möchte ich 
mit einigen Worten hinweisen. Zumeist auf 
eine Radierung von Rembrandt, eine der wich- 
tigsten Erwerbungen der kurzen Ara Lehrs. 
Das ist ein besonders schöner Abdruck des 
heiligen Hieronymus in bergiger Landschaft, 
Bartsch Nr. 104, im seltenen ersten Zustand der 
Platte. In der Kunst Rembrandts findet sich der 
Hieronymus häufig, auf Bildern und Zeichnungen, 
von den Radierungen zeigen sechs den gelehrten 
Heiligen (B. 100—105, 106 ist nicht von Rem- 
brandt). Von diesen sind drei (100, 101, 102) 
in den 1630er Jahren entstanden, zwei (103 und 
105) in den vierziger Jahren. Die Radierung 
B. 104 ist nicht datiert, aber nach allgemeinem 
und richtigem Urteil in die 1650er Jahre zu ver- 
weisen, sie gehört also der Zeit der letzten 
Reife des Künstlers an. 

Das Blatt führt seit alters den Titel: der 
heilige Hieronymus in Dürers Geschmack. Wann 
der ungeschickte Name aufkam, kann ich nicht 
nachweisen.') Ein besserer Name wäre gewesen: 
in venetianishem Geschmack. Wenn Rembrandt 
bei dieser Arbeit von fremder Kunst geleitet 
wurde, dann sicher nicht von deutscher, son- 
dern von italienischer. F. Seymour Haden hat 
sogar die Behauptung aufgestellt, der land- 
schaftlihe Grund, also der wesentlichste Teil 
der Komposition, sei von Rembrandt nach einer 
Zeichnung Tizians aus dem Besitz von Dr. 
Wellesley kopiert worden, 7 Auf der Zeichnung 
fehle aber der Löwe, auch zeige sie an Stelle 
des Heiligen eine liegende Venus. Diese Mit- 
teilung ist seitdem in alle späteren Kataloge 
ungeprüft übernommen worden. Über den Ver- 
bleib der Zeichnung ehemals bei Dr. Wellesley 
habe ich nichts erkunden können. Wenn, ohne 
die Zeichnung gesehen zu haben, ein Rückschluß 
von der Radierung auf sie gestattet ist, dann 
handelt es sich um eine Zeichnung, die 1877 
wohl Tizian heißen konnte, jetzt aber wahr- 
scheinlih Campagnola heißen würde, Ob aber 


1) Vielleicht erst durch Bartsch (1797), der in der Be- 
schreibung des Blattes sagt: La composition approche 
beaucoup de la manière d'Albert Durer. 

2) The etched Work of Rembrandt. 
pag. 45. 


London 1877, 


Tizian oder nur Campagnola, das wiirde dem 
Vorgang, daß Rembrandt eine italienische Zeich- 
nung kopiert habe, nichts von seiner Wichtigkeit 
nehmen. Ich habe aber starke Zweifel, daß 
Seymour Haden die Abhängigkeit der Radierung 
von der Zeichnung richtig festgesetzt hat. Es 
wird sicht wohl nur um eine allgemeine Über- 
einstimmung handeln, die auch für andere Zeich- 
nungen gilt, z. B. für die Titian genannten 
Zeichnungen in den Uffizien (Alinari, Raccolta 
di Disegni 284), im Louvre (Chennevieres IV, 
Le Titien 8), in Chatsworth (Strong 39), für die 
Zeihnung von Campagnola in Chatsworth 
(Strong 59). Ob Rembrandt in den fünfziger 
Jahren bei Kompositionen, in denen die handeln- 
den Figuren komponierten Landschaften hero- 
ischen Charakters nebensäclic eingefügt er- 
scheinen, von italienischen Vorbildern bestimmt 
war, soll hier nicht erörtert werden. Für 
die Landschaft des Hieronymus braucht eine 
spezielle Vorlage nicht angenommen zu werden, 
sie ist nicht fremdartiger oder italienischer als 
andere Hintergründe derselben Periode, z.B. auf 
den Bildern: Ruhe auf der Flucht 1647 in Dublin 
Bode 342, Susanna im Bade überrascht 1647 in 
Berlin Bode 322, die Landschaft um 1650 in 
Kassel Bode 343, Landschaft mit dem Tobias 
um 1650 in Glasgow Bode 344, Abschied der 
Hagar um 1650 Newnham Paddox Bode 334, 
auf den Radierungen: Rückkehr von Ägypten 
1654 B. 60, Christus am Ölberg 1657 B. 75, der 
heilige Franziscus 1657 B. 107. 

Middleton’) findet den Heiligen und den 
Löwen um soviel besser als die Landschaft, daß 
er nur diese für die eigene Arbeit Rembrandts 
hält, die in eine fremde Platte nach Tilgung 
einer anderen figürlichen Staffage hineinradiert 
sei. Das wäre also derselbe Fall, wie bei der 
Flucht nach Ägypten, in die Rembrandt die Piatte 
des Herkules Seghers mit einem Tobias geändert 
hat. Denselben Vorgang, die Überarbeitung 
einer Segherschen Platte durdı Rembrandt, habe 
ih noch für ein weiteres Blatt glaubhaft zu 
machen versucht, für die Landschaft mit den drei 
Bäumen. Meine Bemerkung ist aber völlig 
ignoriert worden, sie wurde weder bekämpft 
noch angenommen. Von ihrer Richtigkeit bin 
ih auch heute noch überzeugt. 

Middletons Behauptung wurde von allen 
späteren abgelehnt. Das beste Beweisstück gegen 


') Catalogue of the etcied work of Rembrandt, S. 228. 


Rundschau 


Middleton nennt aber keiner. Es existiert nämlich 
(in der Hamburger Kunsthalle) die genaue eigen- 
händige Studie Rembrandts zur Radierung, natür- 
lih im Gegensinn, auf der bereits der Heilige 
und der Löwe, der Baum, die Landschaft mit 
Turm und Brücke erscheinen. Die Zeichnung ist, 
obwohl längst publiziert (Lippmann III, 133, 
Hofstede de Groot 345), wenig bekannt geworden. 
Nur Neumann erwähnt sie beiläufig (Rembrandt 
445). Mit der Hamburger Zeichnung ist nun 
zweifellos erwiesen, daß schon in diesem Ent- 
wurf die ganze Komposition der künftigen 
Radierung, Figuren und Landschaft, festgelegt 
war, also auch von Rembrandt selbst radiert 
sein muß. Übrigens irrt Middleton, wenn er 
zwischen Figuren und Landschaft einen Qualitäts- 
unterschied zu erkennen glaubt. In den späten 
Abdrücken des zweiten Zustandes, bei denen 
die Grate der kalten Arbeiten geschwunden sind, 
ist die einheitliche Gleichmäßigkeit aller geätzten 
Linien deutlich zu erkennen. 

Auf der Rückseite unseres Blattes haben 
frühere Sammler ihre Besitzzeichen angebracht, 
die es ermöglichen, die Schicksale des Exemplars 
in den letzten 69 Jahren zu erzählen. Das Blatt 
gelangte 1842 in den Besitz des eifrigen Pariser 
Sammlers F.Debois. Diese Sammlung wurde in 
Paris 1844 und 1845 versteigert. Der Hieronymus 
kam im April 1845 unter den Hammer und 
brachte 905 Frcs.!) Wer es erworben hat, ist 
mir nicht bekannt. Das Blatt kam damals oder 
später in die Sammlung des Herzogs von 
Buccleugh, 1887 in London versteigert.?) Der 
Londoner Kunsthändler Thibaudeau erstand es 
für £ 124. Von ihm erwarb es Dr. August 
Straeter in Aachen, der es aber zu einem nicht be- 
kannten Zeitpunkt an Dr. Kallmann in Berlin 
weitergab. Als die Sammlung Straeter nach dem 
Tode des Besitzers 1898 in Stuttgart bei H. G. 
Gutekunst zur Auktion kam, war unser Blatt 
niht mehr in der Sammlung, überhaupt kein 
erster Zustand des Hieronymus, nur ein zweiter, 
der für 1330 Mark vom Berliner Kabinett er- 
worben wurde. Der Entschluß Straeters, sich 
des früheren Abdruckes bald nach der Erwerbung 
wieder zu begeben, wird nadı Kenntnis dieses 
Exemplars des zweiten Zustandes einigermaßen 
erklärlich. Denn es ist ein vorzüglicher Abdruck 
mit viel Grat, er steht dem ersten Zustand in 
der Tat sehr nahe. Das unterscheidende äußere 
Merkmal zwischen dem ersten und dem zweiten 


') Auktionskatalog III. Teil, S. 21 Nr. 963. Ich verdanke 
die Mitteilung Herrn Dr. Max Geisberg in Dresden. 

* Die Angabe des Auktionskataloges bei Nr. 1856, 
daß das Blatt aus der Sammlung Hawkins stamme, ist 
faish, bei Hawkins (Auktion London 1850) kam nur der 
zweite Zustand des Hieronymus vor, ausdriicklichh als 
soiher bezeichnet, der erste nicht. 


799 


Zustand besteht in einer Anderung an den 
Brückenpfosten, die für die künstlerishe Wir- 
kung bedeutungslos ist. Sie ist vom Künstler 
als zeicinerische Verbesserung hinzugefügt wor- 
den und muß als solche auch anerkannt werden. 
So kann man sich wohl denken, daB Straeter, 
durch die glanzenden Eigenschaften eines zweiten 
Zustandes verleitet, den kaum erworbenen ersten 
Zustand wieder abstieß. Doch er hat falsch ge- 
wählt, und für das Berliner Kupferstichkabinett 
wurde glücklicherweise anders entschieden. Selbst 
ein so vorzügliher Druck wie der ehemals 
Straetershe wird vom ersten Zustand doch in 
der Eigenschaft übertroffen, die die wesentlichste 
Wirkung in Rembrandts späteren Radierungen 
ausmadit, das ist die Arbeit mit der kalten 
Nadel. Diese Arbeit druckt, natürlich mit be- 
absichtigtem Effekt, breit und saftig nur in den 
ersten Abdrücken von der Kupferplatte. Viele 
der feineren Grate gingen offenbar schon nach 
wenigen Drucken verloren. Gerade die Ver- 
gleihung der beiden ehemals Straeterschen 
Blätter, die jetzt in der Berliner Sammlung 
möglich ist, ergibt, wie viel mehr an feiner 
Gratarbeit der erste Zustand vor dem zweiten 
aufweist. Damit gibt auch der erste Zustand 
mit dem viel reicheren Druck ein wesentlich 
besseres Bild der vom Künstler gewoliten 
Wirkung. 

Mit der Sammlung Kallmann wurde der 
Hieronymus 1906 bei C. G. Boerner in Leipzig 
versteigert und für 7100 Mark für das Berliner 
Kupferstichkabinett erworben. Aus äußeren 
Gründen konnte das Blatt erst kürzlich der 
Sammlung einverleibt werden. 

Auch für die Steigerung der Preise, die für 
Rembrandts Radierungen gezahlt wurden, ist 
die Geschichte unseres Blattes interessant. Es 
wurden nach deutschem Geld berechnet für das- 
selbe Exemplar des Hieronymus bezahlt 


1845 724 Mark 
1887 2480 Mark 
1906 7100 Mark 


Es wurde also nach 42 Jahren mehr als das 
Dreifache des ersten Preises gezahlt und nach 
weiteren 19 Jahren wiederum beinahe das Drei- 
fache. 1906 wurde das Zehnfache des Preises 
bezahlt, den dasselbe Blatt vor 61 Jahren ge- 
kostet hatte. 

Das zweite Blatt, das unter den neuen Er- 
werbungen der Erwähnung wert erscheint, ist 
eine unbeschriebene und bis jezt nur in dem 
einen Exemplar bekannte Eisenradierung von 
Daniel Hopfer. Das Blatt kam im November 
1907 in Wien zur Versteigerung (Kupferstich- 
sammlung aus dem Besitz des Fürsten Metter- 


800 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


nich, Gillofer & Rauschburg und Wawra, Nr. 491, 
eine verkleinerte Abbildung im Katalog). Es ist 
ein Bildnis Christi, im Profil nach rechts ge- 
wendet, eine Wiederholung des wahrhaftigen 
Bildnisses Christi, der vera icon, die auf einen 
geschnittenen Smaragd zurückgeht, der einst den 
ostrémischen Kaisern gehörte, dann in den Be- 
sitz des Großtürken gelangte und vom Sultan 
Bajazid II. dem Papst Innocenz VIII. geschenkt 
wurde.') Daß Nachbildungen im Abendland schon 
bekannt waren, bevor die Camee nadı Rom 
kam, beweist das kleine Bild des Jan van Eyck 
in der Berliner Galerie, das ebenfalls die vera 
icon wiedergibt. Ihre Kopien wurden vom Ende 
des XV. Jahrhunderts häufig. Daniel Hopfer hat 
auch hier gewiß nach fremder Vorlage gearbeitet, 
nach welcher, kann ich nicht sagen, jedenfalls 
aber nicht nach den beiden deutschen Holz- 
schnitten des XVI. Jahrhunderts, die die vera 
icon zeigen, von einem unbekannten Meister 
vom Jahre 1507°) und von Burgkmair. Ich ver- 
mute, daB Hopfer hier ein italienisches Urbild 
kopiert hat. Da Eduard Eyssen nachgewiesen 
hat,*) daß Daniel Hopfer nach Mantegna, Mon- 
tagna, Rafael und Marcanton gearbeitet, ist die 
Mutmaßung unbedenklich. Aber das bestimmte 
Vorbild kann ich nicht nennen. 

Das dritte Blatt ist ein Kupferstich des nieder- 
ländischen Meisters, der seine kleinen Blättchen 
mit S, SF oder auch (und das in den meisten 
Fällen) gar nicht bezeichnet. Bartsch kannte nur 
ein Dutzend Stiche dieses Meisters, darunter 
Kopien nach Lucas van Leyden, Passavant 
brachte das Verzeichnis der Werke des Meisters S 
und seiner Schule auf 289 Nummern. Das Werk 
ist aber umfangreicher, denn in jeder Sammlung 
finden sich noch unbeschriebene Blätter, so daB 
im ganzen wohl 400 Stiche aus dem Atelier des 
Meisters hervorgegangen sind. Bei dem kleinen 
Umfang der Stiche, der keineswegs sehr sorg- 
fältigen Ausführung überragt die Summe nicht 
die Arbeitsmöglichkeit eines einzelnen. Passa- 
vants Erweiterung des S auf ihn und seine 
Schule möchte ich ablehnen, ich erkenne zu ge- 
ringe Unterschiede zwischen den bezeichneten 
und unbezeichneten, zwischen den früheren und 
späteren Blättern. Der Meister S ist sicher kein 
hoch zu rühmender Künstler, aber gewiß eine 
interessante Erscheinung. Er hat ein doppeltes 
Gebiet. Einmal ist er Ornamentstecher, er sticht 
Entwürfe namentlich von Monstranzen zum Ge- 
brauch der Goldsmiede. Daß er selbst Gold- 
schmied gewesen sei, wird daraus, wie bei allen 
Ornamentstechern, gefolgert. Die zweite Gruppe 


1) Bode, Zeitschrift für christliche Kunst, I 347. 
d Kaemmerer, Hubert und Jan van Eyck, 97, 
3) Ed. Eyssen, Daniel Hopfer, 3, 9, 41, 43. 


seiner Arbeiten umfaßt kleine Blättchen mit 
religiösen Darstellungen, bestimmt die teueren 
Miniaturen in den Gebetbichern zu ersetzen. 
Das Berliner Kupferstichkabinett besitzt ein 
interessantes Exemplar eines solcien geschrie- 
benen Gebetbuches mit 48 Stichen des Meisters S. 
Die Stiche sind nicht eingeklebt, sondern auf 
Bogen gedruckt, die Raum für die Schrift lassen. 
Die Abdrücke waren also von vornherein für 
die Verwendung zum Buche bestimmt. Nach 
dem Dialekt der Inschriften auf Stichen des S, 
und nach dem Brüsseler Wahrzeichen, dem 
Manneken Pis, das einmal (Passavant 266) als 
Brunnenfigur benutzt ist, wird der Meister nach 
Brüssel gewiesen. Mit Brüsseler Bildern und 
Skulpturen geht sein Stil gut zusammen. 
Kaemmerer?) stellt ihn in die Nähe des Meisters 
vom Tode der Maria. Andere haben ihn mit 
Bernaert van Orley in Verbindung bringen 
wollen. Durdi das neue Berliner Blatt wird nun 
erwiesen, das der Meister S schon einige Jahre 
vor dem Beginn der erweislichen Tätigkeit jener 
beiden Maler arbeitete. Bisher war nur ein 
siheres Datum vom Meister S bekannt: die 
Blätter einer Apostelfolge (Passavant 200) sind 
1519 und 1520 datiert. Man hätte aber merken 
können, daß das ein späteres Datum im Leben 
des Meisters sein müsse. Denn die meisten der 
Vorlagen für Goldschmiede sind im gotischen 
Stil entworfen, einigewenige zeigenRenaissance- 
formen. Der Stecher hat also den Wandel im 
Stil miterlebt, muB also schon lange vor 1520 
gearbeitet haben. Der jüngst erworbene Stich 
des Berliner Kabinetts — der Entwurf zu einer 
gotischen Pax oder einem ähnlichen Altargerät, 
Maria als Schmerzensmutter in der Mitte, um- 
geben von 6 kleinen Runden, mit Szenen aus 
dem Leben Christi — trägt unten am FuB der 
Kußtafel in sehr kleinen Zahlen die Jahreszahl 
1507. Das Blatt, unbeschrieben und unbekannt, 
ist zwar nicht bezeichnet, aber zweifellos eine 
Arbeit des Meisters S. Es gibt uns ein sehr 
viel früheres Datum für die Tätigkeit dieses 
Brüsseler Stechers, als bis jetzt bekannt war. 
Sein Stil war ausgebildet, bevor die Tätigkeit 
des Meisters vom Tode der Maria und des 
Bernaert van Orley anfing. Lucas van Leyden, 
den er kopiert hat, bestimmt ihn technish und 
künstlerish. Auch Kupferstiche Dürers konnte 
er gekannt haben. Der Schulzusammenhang mit 
den beiden erwähnten Malern ist deutlich, eine 
direkte Abhängigkeit ist nicht zu konstruieren. 
Der Meister S wächst nur auf demselben Boden 
wie der Bernaert van Orley, er wächst aber 


früher als dieser. Jaro Springer. 


!) Jahrbuch der pr. Kunsts. XI, 160. 


Rundschau 


ZU KARL SPITZWEG 


(Ged&échtnisausstellung im Münchner 
Kunstverein) 


EineSonderausstellung, umfangreich und viel- 
seitig wie diese, lehrreich für den Forscher und 
Biographen, menschlich -liebenswürdig anre- 
gungsvoll wirkend auf die Allgemeinheit, ver- 
dient abgesehen noch von dem Neuen, das sie 
uns geboten hat, shon deshalb besprochen zu 
werden, auch wenn ihre Schätze nicht sofort 
wieder in die verschiedenen Sammlungen zu- 
rükkehren würden, die sie in dankenswerter 
Weise zur Verfügung stellten. Als Karl Spitz- 
wegs hundertster Geburtstag im vergangenen 
Winter seinen Freunden und den Bürgern seiner 
Vaterstadt München, deren langsam, aber un- 
aufhaltsam entschwindende Eigenart der Meister 
selbst so heiter und glücklich besaß, vernehm- 
lim in die Ohren gerufen hatte, daB es Zeit 
sei, dem Vielgefeierten der Berliner Jahrhundert- 
ausstellung doch auch in München mit einer 
Ehrung in großem Stil zu huldigen, waren 
zwei nicht sogleich abzuweisende Bedenken da, 
die schon mit einem gebieterischen Nein die 
geplante Veranstaltung verhindern wollten. 
Man hatte entschieden mit der Möglichkeit zu 
rechnen, daß den idealen Absichten recht 
materielle untergeshoben und aus diesem 
Grunde eine Reihe von Galerien und Privaten 
sih ablehnend verhalten würden. Diese Be- 
fürhtung hat sich nun wohl bewahrheitet, er- 
freulicherweise aber dank verschiedenen MaB- 
regeln, wie der Anonymität der meisten Be- 
sitzer im Katalog, vermochte sie der schönen 
Darbietung im ganzen nicht zu schaden. Bei 
der Reichhaltigkeit des zur Verfügung stehen- 
den Materials, für das Herr Eugen Spitzweg, 
des Meisters Neffe, mit vorzüglicher Kenntnis 
die nötigen Angaben machte, ließ sich auch das 
Fehlen bedeutender Werke aus der besten Zeit 
des Künstlers (wie im Rudolphinum in Prag u. a.) 
verschmerzen. Das zweite, wichtigere Bedenken 
war, ob nicht doch bei der Vorführung von 
etwa 250 Bildern kleinen Formats die unver- 
meidlihe Einförmigkeit zur Langeweile führen 
würde. Denn bei allem Können, bei aller Frische 
und Urspriinglichkeit desHumors, bei aller Leucht- 
kraft und Buntheit in diesen Bildern vermiBt 
unsere Zeit eben doch in ihnen die dramatische 
kraftvolle Note, die unser Temperament nicht 
mehr entbehren kann. Wie wir von den Fliegen- 
den zum Simplicissimus übergingen und erstere 
nur als gähnenerregendeW artezimmerlektürebe- 
trachten, haben wir von der Genremalerei bieder- 
maierliher Stillvergnügtheit uns abgekehrt. 


801 


Leider sagt unserer ruchlosen Wedekindlichkeit 
die truglose Redekindlichkeit der erzählenden 
Malerei dann nichts, wenn sie anspruchsvoll 
alleinherrschend auftreten will. Es ist das Kri- 
terium der echten Künstlerschaft des Altmeisters 
Spitzweg, daß er es trotzdem fertig bringt, er 
ganz allein, mit einem Vierteltausend von Bildern, 
Aquarellen und Skizzen den Beschauer zu packen 
und ihn zurückzuversetzen in die friedlichen 
Zeiten der Romantik, der Bürgergradheit, der 
heitern Welt der Originale. Die unabsicht- 
liche Naivetät seiner Kunst trägt auch in der 
Gegenwart ihren Sieg davon, sie ist in ihrer 
Seltenheit und Wahrheit, auch wenn sie sich 
gegenständlih streng im Rahmen einer Zeit 
hält, dennoch nicht an die Grenzen dieser oder 
irgend einer Zeit gebunden. Das lernen wir 
von Spitzweg. Und darum werten wir sein 
Werk so hoch, weit höher als das irgend eines 
seiner Genossen. 

Wenige Wochen bevor für Spitzweg der 
Münchner Kunstverein eröffnet wurde, veran- 
staltete auch der Kunstverein in Frankfurt 
eine sehr sorgfältig ausgesuchte, aus etwa 
CO Bildern bestehende Gedächtnisausstellung. 
Hier konnte, weit mehr noc als in München, 
die Entwicklung des Meisters von den ersten 
Anfängen an betrachtet und verfolgt werden. 
Spitzweg war Apothekerlehrling, bevor er sich, 
fast dreißig Jahre alt, der Kunst zuwandte, in 
der er bisher fleissig dilettiert hatte. Und er 
kam in die Mitte der Vierziger, als er nach 
eifrigem Kopieren in der Shönbornschen Galerie 
in Pommersfelden, nach einer wohlbedachten 
Reise nach Paris und England, bis jetzt lernend 
und aufnehmend, sich zu der Höhe emporhob, 
welche die Selbständigkeit seines Naturells als 
Mensch und als Künstler ihm zu erreichen er- 
laubte. Spitzweg war, wenn in künstlerischem 
Sinn der Begriff des Autodidakten überhaupt 
eine Unterscheidung gestattet, ein solcher weit 
mehr als irgend ein anderer Maler. Seine ersten 
Bilder sind unbeholfen, nüchtern, flah — ja 
man könnte sogar von Talentlosigkeit sprechen, 
wenn nicht unwesentliche Kleinigkeiten schon 
den künftigen Meister weisen würden. Da hing 
in Frankfurt ein groBes Farbenstück, Engländer 
römische Ruinen betrachtend, ein wertloses Ge- 
schmier, wenn nicht der Morgenhimmel über 
dem karrierten Mantel des Lords das Zusammen- 
spiel lichter blauer und rosafarbener Töne 
zeigte, die allen Bildern Spitzwegs eigentümlich 
sind. Auch ein kleines Selbstporträt befand 
sich in Frankfurt, der Künstler mit der Staffelei 
im Freien malend, dann eine Felsstaffage mit 
einem Ausblick auf ein Wolkenmeer in der Tiefe, 
das in seiner linearen Abstufung vom Lichten 


802 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


zum Dunkeln an den bekannten Friedrich der 
Nationalgalerie erinnerte, endlich eine Pro- 
zessionsszene aus einer italienischen Stadt, wohl 
aus der Reisezeit stammend, die der junge Spitz- 
weg in Italien zubrachte. Das Gemeinsame an 
all diesen frühen Bildern ist die Angstliche Auf- 
merksamkeit auf schwierige Probleme der Be- 
leuchtung, die auch den jungen Kobell einst 
interessiert hatten (die Aquarelle in der Münchner 
Retrospektiven 1906). Leider ist von all diesen 
Bildern, die zeitli dem armen Poeten der 
Münchner Pinakothek vom Jahre 1837, dem ersten 
öffentlich ausgestellten Bilde Spitzwegs, noch 
vorangehen oder ihm gleich stehen, in München 
nichts zu sehen gewesen. Dafür war hier aus 
der nächsten Periode des Künstlers, die wir 
vom armen Poeten bis zur Fahrt ins Ausland 
ansetzen möchten, ein seltsames Stück geboten: 
Heimkehr vom Wrack, zwei Lappländer, die 
mit großen Flaschen in den Händen über eine 
eisstarrende Fläche wandern, dunkeln Wolken 
entgegen. Auch die Waldhütte in den Bergen 
und die phantasievollen ägyptischen Ruinen, 
die zwischen den vielen kleinen Genrebildchen 
befremdend herausleuchteten, stammen aus dieser 
Werdezeit, in welcher der Verkehr mit den 
dunkelfarbenen Schülern Rahls, der also mit 
Spitzweg und Schleich in äußerlicher Verbindung 
steht wie mit Feuerbach, insofern günstig ab- 
färbte, als er zu den großen Vorbildern der 
Holländer wies. In Pommersfelden, wo Spitz- 
weg arbeitete, hat er das Frauenbad in 
Dieppe von Isabey gesehen, das nunmehr 
verschollen ist, und das auch Schleich (im 
Besitz von Prof. Meder in München) und 
Langko (kürzlid auf einer Münchner Ver- 
steigerung) gleichzeitig kopiert haben.!) So gibt 


!) Den Hinweis auf die Kopie von Langko verdanke 
ih Herrn Dr. Goldschmidt in München. Daß Spitzweg 
das Bild von Isabey in der Tat in Pommersfelden beim 
Grafen Schönborn kopierte, bestätigt mir Herr Eugen 
Spitzweg ausdrücklich auf Grund der von seinem Onkel 
geführten Liste. Es müßte also nur mehr festgestellt 
werden, wohin das Original von Isabey bei der Schön- 
bornschen Versteigerung in Paris gelangte. Die Wiener 
Tradition, das Original sei in Schönbrunn, ist vielleicht 
eine Verwedisiung mit Schönborn. Auch der neue 
Katalog der Nationalgalerie schreibt „angeblih“ nad 
sabed Die Frage dürfte nach obigen Nachweisen aber 
jetzt leicht zu lösen sein. 


BBS 


sich ganz einfach die Verbindung von Rembrandt 
zu den Franzosen, die für Spitzweg technisch 
so wichtig wurde. Er kam glücklicherweise 
zu einer Zeit nach Paris, als Diaz, mit Spitzweg 
gleichaltrig, noch auf die Einheitlichkeit der Far- 
benwirkung sah und sih noch nicht in einer 
gespreizten Manier verlor, die bei Monticelli 
dann jede ruhige Farbenkoordinierung ausschloB. 
Schade, daß Spitzweg nicht wie Papa Wald- 
müller oder Feuerbach über die Anregungen 
berichtet hat, die er von der französischen Kunst 
empfing. Wir sehen uns darum genötigt, ihnen 
auf Grund der nach der Rückkehr aus Paris 
gemalten Bilder nicht die groBe Bedeutung zu- 
zuweisen, die sie sicherlidh besessen haben. 
Sehr bezeicinend, wieder sind es Effekte der 
Lichtbehandlung, die unmittelbar von Diaz auf 
Spitzweg übergehen, dann eine leichteStilisierung 
der Baumgruppen vor dem intensiv blau leuch- 
tenden Ausschnitt des Himmels im Hintergrunde, 
die der Deutsche dem Franzosen dankt. Auch 
von den Studien und Bildern von Decamps 


.muB Spitzweg einen starken Eindruck mitge- 


nommen haben. Bei seiner Vorliebe für den 
Orient, dessen Leben er, ohne jemals dort ge- 
wesen zu sein, auf Grund eifriger Lektüre eines 
Reisebuches wahrheitsgetreu aus freier Phan- 
tasie darstellt, konnten die an Ort und Stelle 
ausgeführten Werke von Decamps seinem 
empfänglihen Geiste keinesfalls gleichgiltig 
bleiben, wenn er auch gewiß Fromentins Technik 
der des Decamps vorzog. 

Die übrigen Bilder Spitzwegs, die in Frank- 
furt zusammengebracht waren, sprachen laut 


für die genaue Befolgung eines bestimmten 


Schemas in der Komposition, das sih unauf- 
fallig auf allen seinen StraBenbildern wiederholt. 
Dafür gab die Münchner Ausstellung gute Ge- 
legenheit, schon auf Grund der gezeigten vor- 
züglihen Kopien von Spitzwegs Hand (Rem- 
brandt!) diejenigen Meister zu erkennen, die 
dem Künstler boten, was ihm gestattete, den 
reihen Schatz seines Talentes aufs vorteil- 
hafteste anzulegen und ihn mit seinem ernsten 
FleiBe und seiner strengen Sorgfalt glücklich zu 


nützen. Uhde-Bernays. 


eere fasaa 


Rundschau | 803 


Bode contra Voll 


Erfreulidierweise hat nun Wilhelm Bode selbst in der Scherlschen „Internationalen 
Wochenschrift vom 12. August in einem längeren Artikel unter der Überschrift „Der General- 
direktor der Berliner und der Münchener Kunstsammlungen“ zu dem Vollschen Artikel in den 
„Süddeutschen Monatsheften“ und damit zugleich gegen die in der bayrischen Kammer und in 
einigen Organen der süddeutschen Presse erhobenen Vorwürfe Stellung genommen. Bodes 
Aufsatz kann als eine unzweideutige Widerlegung Volls und damit zugleich jener versteckten und 
offenen Angriffe, auf die wir bereits im vorigen Heft an dieser Stelle hingewiesen haben, 
angesprochen werden. Der Berliner Generaldirektor hat den Angriff nicht nur glänzend pariert, 
er hat auch seine Gegner empfindlich aufs Haupt geschlagen. Unsere Stellungnahme in diesen 
Fragen findet durch den Aufsatz Bodes vollauf seine Bestätigung. So schreibt der Berliner 
Generaldirektor u. a.: 

„Voll macht mir, nach einigen abfälligen Bemerkungen über meine Tätigkeit als 
Kunstschriftsteller, die größten Komplimente über die Erfolge, die ich als Generaldirektor 
der Berliner Museen gehabt habe. Er folgert daraus, daß auch die bayrischen Museen dringend 
eines Generaldirektors bedürften, um aus der Rückständigkeit ihrer Verwaltung und zunächst von 
dem heimlichen Einfluß, den ich darauf übe, befreit zu werden. Weshalb Voll meine Einwirkung 
auf die preußischen Museen als die allersegensreichste bezeichnet und eine solche auf die 
bayrischen Kunstsammlungen für äußerst unheilvoll ansieht, ist nur dem verständlich, der annimmt, 
man könne nur einem Herrn dienen: wenn ich den Berliner Museen zu nützen bestrebt sei, 
könne ich anderen Sammlungen, zumal den bayrischen, nur schaden. Ich gestehe, daß ich nach 
dieser Auffassung der bayrischen Lokalpatrioten ein sehr schlechter Direktor der Berliner Samm- 
lungen gewesen bin! Von jeher ist es mein Bestreben gewesen, Kunstsammlungen zu fördern, 
wo und wie ich konnte, und dadurch zugleich das Interesse für Kunst, namentlich für alte Kunst, 
möglichst zu fördern, vor allem bei uns in Deutschland. In diesem Bestreben habe ich gelegentlich 
auch den bayrischen Kunstsammlungen durch Rat und Tat zu nützen gesucht; nicht nur dem 
Germanischen Museum, in dessen. Vorstand ich seit fast zwei Jahrzehnten bin, sondern auch den 
Münchener Museen, und zwar mehr als Herr Minister von Wehner zu wissen scheint. Vor 
Jahren habe ich für die alte Pinakothek die heilige Familie von Luca Signorelli aus der Galerie 
Ginori in Florenz nicht nur empfohlen, sondern erworben. Auf das vor ein paar Jahren für die 
Pinakothek gekaufte Porträt von Frans Hals habe ich die Direktion zuerst aufmerksam gemacht. 
Den Giov. Bellini der Sammlung R. Kann habe ich auf ausdrücklichen Wunsch des Geheimrats 
v. Reber nicht für die Berliner Galerie vorgeschlagen, sondern direkt der Pinakothek zur Ansicht 
senden lassen; die gegenteilige Behauptung Volls ist unrichtig. Die sechs Triumphe des 
Petrarca von Francesco Mantegna habe ich mit Herrn v. Reber bei einem Kunsthändler in 
Florenz, wo wir zu einer Sitzung anwesend waren, gesehen und sie ihm (namentlich wegen der 
Darstellungen) für die damals geplante Universitätsgalerie in Erlangen, nicht für die Pinakothek, 
empfohlen. Auch mit Rücksicht auf den von vielen Seiten in München gehegten Wunsch, die in 
den Münchner Sammlungen fast fehlende italienische Plastik durch Erwerbungen guter Stücke 
auszubauen, habe ich verschiedene gerade käufliche Skulpturen in Vorschlag gebracht, namentlich 
ein trefflihes Relief der Anbetung des Kindes von Benedetto da Majano, über das aber infolge 
der Schwerfälligkeit der Münchener Ankaufsinstanzen nicht rasch genug entschieden werden 
konnte. DaB ich vor dem Tonrelief der Beweinung Christi als einer Fälschung gewarnt habe, 
rechne ich mir nicht hoch an, da seine moderne Entstehung für jeden, der mit dem italienischen 
Kunsthandel näher vertraut ist, unschwer zu erkennen war. Ich habe aber damals und wieder- 
holt darauf hingewiesen, daß mir eine Aufstellung vereinzelter italienischer Bildwerke zwischen 
den Gemälden der Alten Pinakothek nicht günstig erscheine, daß mir dafür vielmehr das Lenbach- 
Haus, wenn es zu einer Erwerbung desselben durch den Staat oder die Stadt kommen sollte, als 
der geeignete Platz erscheine, da dasselbe im Renaissancecharakter gehalten und ausgestattet sei 


804 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


und schon eine Anzahl interessanter italienischer Kunstwerke und Dekorationsstücke enthalte. 
Ich hoffe sehr, daB man diesen Gedanken in München, bloß weil er von mir kommt, nicht von 
vornherein ablehnen wird, denn es ließe sich hier in der Tat auch jetzt noch und zwar mit nicht 
übertriebenen Mitteln ein eigenartiges italienisches Renaissancemuseum ausbilden. Idı habe audı 
von jeher mit verschiedenen meiner Kollegen in München in Beziehung gestanden, namentlich 
über wissenschaftlihe Fragen. Wegen dieses Verbrechens hat man jetzt in der bayrischen 
Kammer einen der tüchtigsten Beamten an den Münchener Sammlungen, den Direktor des Münz- 
kabinetts Dr. Habich, den ich zu der Verwertung seiner hervorragenden Forschung auf dem 
Gebiete der deutschen Medaillen aufgemuntert und verholfen habe, als preußischen Spion hin- 
gestellt! DaB man aber im bayrischen Ministerium daran denken soll, diesen Mann an die Spitze 
des National-Museums zu stellen, dessen Umordnung gerade jetzt unter der Leitung von 
Professor Hager so gute Fortschritte macht, habe ich erst durch den Herrn Abgeordneten Müller, 
der jene häßliche Verdächtigung ausspradh, erfahren ..... 


„Was Voll über meine Tätigkeit als Generaldirektor der Berliner Museen sagt, klingt 
freilich ganz anders und müßte mich doppelt stolz machen, da es von einem Manne gesagt wird, 
der mit mir, wie er sich ausdrückt, „aufs grimmigste verfehdet ist“. Aber gilt das Urteil nicht 
vielmehr der Institution der Generaldirektion? Würde es ebenso lauten, wenn Voll erst sein 
Ziel erreicht hat und als Kollege über den bayrischen Museen thront? Und ist es überhaupt 
berechtigt? Bin ich doch Generaldirektor erst im dritten Jahre; wenn mir also Voll auBer- 
ordentliche Erfolge in der Ausgestaltung unserer Sammlungen zuschreibt, so kann ich mir diese 
kaum als Generaldirektor anrechnen, und noch weniger kann Voll daraus die Notwendigkeit einer 
Generalverwaltung für die bayrischen Museen ableiten. Der „Generaldirektor“, den die Berliner 
Museen seit ihrer Begründung besitzen, hat sich auch keineswegs immer und so glänzend 
bewährt, wie Herr Voll annimmt; ich brauche nur an die Zeit der Herren v. Olfers und Graf 
Usedom zu erinnern. Gerade weil der Generaldirektor damals versagte, sind den Berliner 
Sammlungen manche hervorragende Kunstwerke entgangen... .. 


„Was ich für unsere Museen zu erreichen vermodite, habe ich als Direktor der mir 
unterstellten Sammlungen erreicht, oft ohne den Generaldirektor und gelegentlich selbst gegen 
denselben. Meine Bestrebungen nach dieser Richtung in der verhältnismäßig kurzen Zeit, 
seit mir die Generaldirektion übertragen ist, sind nur die Fortsetzung von dem, was ich früher 
schon erstrebt und begonnen habe; so die Bildung eines besonderen Museums deutscher Kunst, 
die Schöpfung von selbständigen Sammlungen der islamischen Kunst und der ostasiatischen 
Kunst usw. Ja, als Generaldirektor wird mir eine nützliche Tätigkeit für unsere Museen eher 
erschwert durch die Eifersucht der meisten Provinzial- uud Lokalsammlungen auf den gesamten 
Kunstbesitz der Provinzen und allerlei sonstige Schwierigkeiten und Anfeindungen. Herr Professor 
Voll darf daraus also keineswegs die Vorzüge einer Generaldirektion der Museen in Berlin 
deduzieren und daraufhin eine solche auch für München verlangen. Auch liegen die Verhältnisse 
in Berlin wesentlich anders als in München. Bei uns sind die Sammlungen, die der General- 
verwaltung unterstehen, zahlreiher und zum Teil umfangreicher als in München, zudem sind sie 
bei uns sämtlich Staatssammlungen, während sie in München zu einem Hauptteil Krongut sind 
und daher besondere Schwierigkeiten in der Verwaltung machen. Auch beweisen gerade die 
Erfolge, welche die Generaldirektion der Museen in Berlin im letzten Menschenalter aufzuweisen 
hat, und welche Professor Voll mir vindiziert, während sie dem Generaldirektor Schoene und der 
Förderung höherer Instanzen zu danken sind, daß eine selbständige Generaldirektion auch in 
Berlin keineswegs eine Notwendigkeit ist; war doch Generaldirektor Schoene zugleich vortragender 
Rat für Kunstangelegenheiten im Kultusministerium. In München ist aber eine Oberleitung der 
Kunstsammlungen von dieser Stelle aus noch wesentlich leichter. Nicht ein Generaldirektor 
mangelt den Münchener Museen, sondern es kommt vor allem auf die Direktoren an, wie in 
München Furtwänglers kurze aber glänzende Wirksamkeit beweist. Nach der Auffassung, die in 
den Debatten der bayrischen Kammer von allen Seiten ausgesprochen ist, müßte es im Interesse 
der Berliner Museen und seines Generaldirektors liegen, wenn schwächliche oder ungeeignete 


Rundschau 805 


Leute an die Spitze der großen bayrischen Kunstsammlungen berufen würden, und wenn, in der 
Art wie es durch Herrn Voll und die Abgeordneten geschehen ist, vor wirklich berufenen Kräften 
als preußischen Spionen und meinen Geheimagenten gewarnt wird. Ich gestehe, daß ich der 
entgegengesetzten Ansicht bin: je tüchtigere Beamte und Gelehrte an die Spitze der Münchener 
und der übrigen deutschen Kunstsammlungen berufen werden, je mehr für die Mehrung und 
Verbesserung derselben gesorgt wird, um so besser wird es zugleich um die Berliner Sammlungen 
stehen. Eine gesunde Konkurrenz, die sehr wohl in freundschaftlichen Bahnen bleiben kann und 
soll, und die sogar vielfach ein Zusammengehen ermöglicht, ist das, was wir alle wünschen und 
anstreben müssen.“ ; 

Wir konnten leider hier nur einen Teil der Bodeshen Ausführungen wiedergeben. 
Der Artikel enthält aber auch sonst noch so viel Bedeutsames, speziell was Bode ūber seine 
eigene Arbeit im Dienst der Berliner Museen und des öffentlichen Kunstinteresses sagt, daß ihn 
jeder Kunsthistoriker mit Aufmerksamkeit studieren sollte. Ob Voll damit die Sache fiir erledigt 


halt? Wir werden es abwarten miissen. 


FRANKFURT a. M. 


Die Verwaltung des Städelschen Kanstinstitats 
verdffentlicht nach längerer Pause einen Bericht 
über die Tätigkeit der Galerie von 1894—1907, 
der an Kürze und Ubersichtlichkeit im Hervor- 
heben des wirklich Wichtigen als ein Muster 
gelten darf. Den größten Teil dieses Zeit- 
raumes nimmt die Tätigkeit Weizsäckers als 
Direktor ein; unter ihm gelangte der -— von 
Thode begonnene — kritische Katalog der Ge- 
mälde zur Vollendung. Sein Nachfolger war 
Ludwig Justi (1904—1905), der Rembrandts 
groBe „Blendung Simsons“ erwarb und der 
Sammlung im wesentlichen ihre jetzige Ordnung 
gab: die Einrichtung der anmutigen Kabinette 
im obersten Geschoß (mit den Nazarenern und 
ihren Zeitgenossen) ist die am meisten in die 
Augen fallende Neuerung darunter. 1906 über- 
nahm Swarzenski die Leitung der Galerie; 
sein Werk ist namentli die Neuordnung des 
Kupferstichkabinetts mit Einfügung einer Anzahl 
spanischer Wände für wechselnde Ausstellungen 
im Erdgeschoß; von größeren Kunstwerken 
wurde der Torgauer Altar Cranachs d. A. und 
die Ruhenden Nymphen Palma Vecchios erwor- 
ben. Von größerer Bedeutung aber war die 
nun endlich geglückte Verbindung mit einer 
— erst zu gründenden — Städtischen Samm- 
lung, freilih rechtli nur eine Personalunion 
in der Gestalt des Direktors, da die Städelsche 
Stiftung niemals mit einer andern Sammlung 
verschmolzen werden darf. 

Eine wesentliche Bereicherung erfuhr die 
Galerie durch die (rund eine Million betragende) 
Stiftung von Karl Schaub, die 1906 in Kraft 
trat. Das Gesamteinkommen des Instituts be- 
trug für das Jahr 1907 ungefähr 88000 M., wo- 


von für die Sammlung selber allerdings nur 
12000 M. zur Verfügung standen. 

Demnach hatte schon bei den großen Er- 
werbungen unter Justi und Swarzenski außer 
kunstsinnigen Freunden des Instituts die Stadt 
Frankfurt erhebliche Zuschüsse zu den Ankaufs- 
summen geleistet. In weit nachdrücklicherer 
Weise und mit bedeutenden Mitteln trat der 
1899 (auf Anregung von Sonnemann) begründete 
Stadelsche Museumsverein nach dem Muster 
ähnlicher Vereine (wie des Kaiser-Friedrich- 
Museumsvereins in Berlin) den unzureichenden 
Mitteln der Stiftung zur Seite. Nidit nur trug 
er wesentlich zu den Kosten jener beiden be- 
deutendsten Erwerbungen und der von Leibls 
„Ungleichem Paar“ bei, sondern es kamen audı 
in den acht Jahren seines Bestehens nicht weni- 
ger als 37 Gemälde durch ihn in den Besitz 
der Sammlung, teils als Geschenke einzelner Mit- 
glieder, teils als „Leihgaben“ des Vereins selber, 
der über ein Jahresbudget von ca. 20000 M. 
verfügt; darunter so bedeutende Bilder wie 
Trübners Zeitunglesender Mohr, Liebermanns 
Hof des Waisenhauses in Amsterdam, Fränkische 
Landschaft von Toni Stadler, Regenlandschaft 
von Stäbli, ein groBer Chintreuil u. a. 


3 


STUTTGART 


Museum der bildenden Künste. Erwerbungen 
im ersten Halbjahr 1908: Dannecker, Sappho. 
Hodler, Genfersee, Selbstbildnis. Piglhein, 
Studie zum Berliner Moritur in Deo. Pleuer, 
Bahnhof. Pieter Quast, Baderstube. Sam- 
berger, Bildnis. Schmid-Reutte, Ruhende 
Flüchtige. Sérusier, Landschaft. Truebner, 


806 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Kürassierpferd. — Im Museum fand eine Aus- 
stellung der Sammlung Rosenstein mit guten 
Arbeiten von Metsu, Hetsch, Steinkopf, Pleuer 
und Reiniger und einer Replik der Dresdener Dido 
des Pier Francesco Mola, sowie der Sammlung 
Walcher statt, die den bekannten Brackensteiner 
Altar, eine mittelmäßige Ulmer Arbeit gegen 
1500, sowie eine Madonna mit Stiftern von 
Jakob Corneliszen enthält. 


Staatssammlung vaterländischer Altertümer. 
Erwerbungen im ersten Halbjahr 1908: Skulp- 
turen: Madonna, Ende XV. Jhdt., aus Lichtel. 
Andreasgruppe, Ende XV. Jhdt., aus Weilder- 
stadt. Kruzifixus und Christus am Ölberg, um 
1500, aus Untersielmingen. Stehender Bischof, 
Ende XV. Jhdt., aus Kiebingen, vorziigliches 
Werk. Sitzende Madonna, um 1400, angeblich 
aus Weilderstadt. Weibliche Heilige, um 1420, 
angeblich aus Rottenburg. Stehende Madonna, 
Barbara und Stephanus, aus Gunningen, von 
1470. — Malerei: Jakob Ziberlein, Geburt 
Christi, bez. 1585. — Krippe, aus Ravensburg. 


Das Landesgewerbemuseum versendet den 
Bericht über seine Tätigkeit im Jahre 1907. Im 
Landesgewerbemuseum fand im Juni und Juli 
die von Professor Pazaurek veranstaltete 
Studentenkunstausstellungstatt. Sie 
brachte in ihrer retrospektiven Abteilung vor- 
ziiglime Stücke der Goldschmiede- und Textil- 
kunst aus dem XV.—XVII. Jahrhundert, sowie 
Stammbiicher aus der gleichen Zeit. 


Die Stadt Biberach ist durch Legate der 
Kiinstler Braith und Mali in die Lage gesetzt, 
ihr Museum, das bisher nur einige vorzügliche 
Skulpturen aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts, 
sowie Gemälde der Ulmer Schule aus dem Ende 
des XV. und vier Augsburger Bilder aus der 
Veitslegende um 1520 enthielt, in groBem Stile 
umzubauen. Es wird nach seiner im Winter 
erfolgenden Eröffnung den gesamten Nachlaß 
der beiden Künstler, etwa 1000 Gemälde, zahl- 
reiche Skizzenbücher und eine beträchtliche Zahl 
älterer Kunstgegenstände zur Schau stellen. 


Julius Baum. 
9 


BUDAPEST 


(Museum der Bildenden Künste) 
Das Kupferstichkabinett des Budapester Kunst- 
museums ist eines der am besten eingerich- 
teten derartigen Institute. Seine Ausstellungen 
und der ihm angeschlossene Arbeitsraum sind 
dem Publikum seit der Eröffnung der alten 


und modernen Galerie (1906) zugänglich. Es 
ist dadurch die Möglichkeit geboten, daß das 
allgemeine Interesse sich der methodisch arbeiten- 
den Kunstwissensdaft zuwende. Die unter 
solchen Umständen entstehende öffentliche Kon- 
trolle ist berufen, dem in der ungarischen 
Kunstliteratur zurzeit nicht nur herrschenden, 
sondern auch allerseits unterstützten Dilettan- 
tismus Einhalt zu tun. 

Für die Vervollständigung der graphischen 
Sammlung, deren Grundstoc die alte Ester- 
häzysche Kupferstichisammlung bildet, wird von 
Jahr zu Jahr planmäßig gesorgt. — Die folgende 
Liste soll die Namen der ausländischen euro- 
päischen Künstler angeben, von denen im laufen- 
den Jahre Kunstblätter erworben worden sind: 
A. Abraham-Jäger, M. Adler, F. Barth, M. 
Bernigeroth (Chr. Gottl. Hohenthal und T. B. 
Richternach Mänyoki), Bühler, J. Ellbogen, G.Erler, 
O. Friedrich, Haueisen, T. Hoernes, L. H. Jung- 
nickel, W. Klemm, M. v. Lerch, M. Liebenwein, 
L. Michalek, K. Müller, Miinch, O. Mulacz, 
R. Oerley, C. Paczka, v. Ravenstein, Roder- 
mondt, L. Roesch, O. Roux, G. Ph. Rugendas, 
Ruppert, A. Schinnagel, Schmoller v. Eisenwerth, 
H. Schroedter, M. Spitz, L. Steiner, K. Thiel- 
mann, Triibner, H. Volkert, H. v. Volkmann, 
A. Lepere, Ch. Merion, J. F. Millet (La grande 
bergere), Picasso, J. V. Raffaélli, A. Rassen- 
fosse, T. F. Simon, F. de Goya (Margarita de 
Austria, Baco, Dofia Isabel de Bourbon, Felipe Ill. 
und IV.), M. Bone, F. Burridge, J. Finnie, Cr. 
Gordon, Ch. Holroyd, P. Robertson, A. W. Seaby, 
J. Mc. N. Whistler (Limehouse). 

Axel Gallén, der im letzten Winter und 
Friihjahr im Budapester Kupferstichkabinett 473 
graphishe Werke — zumeist Handzeicinungen 
— ausgestellt hat, beschenkte das Museum mit 
sechs Blättern (Radierungen und Steinzeich- 
nungen). Acht andere Handzeichnungen und 
Aquarelle wurden von ihm angekauft. 

Die ersten großen staatlihen Erwerbungen 
für die graphishe Sammlung des Museums 
waren: im Jahre 1900 eine Dürer- und 1904 
eine Rembrandtkollektion. Beide sind von dem 
begeisterten und sachverständigen Sammler Prof. 
Dr. Julius Elischer gekauft worden. Die erstere 
enthält in 114 Blättern das komplette Kupfer- 
stidiwerk Dürers. In der letzteren, die aus 
245 Radierungen Rembrandts besteht, befinden 
sih auch einige der schönsten Blätter des 


Meisters. Dr. Zoltän v. Takäcs. 


8 


Rundschau 


807 


ROM 


Die jüngsten Ausgrabungen auf der summa 
sacra via sind sehr wichtig für die Topographie 
des alten Rom. Das in Angriff genommene 
Terrain erstreckt sich von der Porta Mugonia 
bis zur Basilika des Constantin. Hauptzweck 
der Grabungen ist, die älteren, besonders repu- 
blikanishen, Schichten zu finden. Unter der 
Plattform des hadrianischen Tempels der Venus 
und Roma fand man, wie es den Anschein hat, 
Reste der domus aurea Neronis, die mit einer 
geradezu phantastischen Pracht geschmückt war. 
Alle möglichen farbigen Marmorarten und Glas- 
schmuck sind zur Verkleidung benutzt worden. 
Unter dem einem jeden Besucher des Forums 
durch seine prächtige Regelmäßigkeit der Fugen 
auffallenden augusteischen Lavapflaster beim 
Porticus der Basilika des Constantin fand man 
Reste einer viel älteren Pflasterung und in 
einem Tuffkanal Fragmente von Lampen und 
86 Glaspasten mit interessanten mannigfaltigen 
Darstellungen (Mars und Venus, Eros, Hermes, 
die Wölfin mit den Zwillingen usw.). Auch bei 
der Basilika Aemilia am Beginn der via Cavour 
hat man wieder zu graben begonnen. Die Ver- 
shüttung beträgt dort acht Meter und an 
40000 Kubikmeter Erde sind schon weggeschafft 
worden. An diese Stelle will man den Eingang 
zum Forum verlegen und dort das herrliche 
groBe Hochrenaissanceportal, welches durch Jahr- 
hunderte den Palatineingang am Campo Vaccino 
bildete, wieder aufstellen. Es lagert nun seit 
mehr als dreißig Jahren in den städtischen 
Magazinen. 

In dem in der Nähe von Viterbo liegenden 
Ferentum sind auf Veranlassung der Viterbeser 
Gesellschaft für Ferentum systematische Aus- 
grabungen begonnen worden. Schon vor un- 
gefähr vier Jahren haben zufällige Funde einige 
schöne Musenstatuen, die jetzt im Garten des 
Florentiner archaeologischen Museums aufgestellt 
sind, zutage gebracht. Die nun zu erhoffenden 
Funde sollen im städtishen Museum von Vi- 
terbo aufbewahrt werden. 

Die vom Unterrichtsministerium eingesetzte 
Kommission, welche über die zu besetzenden 
Direktorstellen zu beraten hat, beschloB Ende 
Juli für das Museum in Cagliari Professor Tara- 
melli, für das in Tarent Professor Luagliati, für 
das in S. Martino in Neapel Professor Spinazzola 
in Vorschlag zu bringen. Diese Herren sind 
schon seit Jahren mit der Leitung der be- 
treffenden Museen beauftragt gewesen, so daB 
die Vorschläge der Kommission aus dem Pro- 
visorium nur ein Definitivum machen. Auch für 
die Nationalmuseen in Rom und Neapel waren 


Konkurse ausgeschrieben gewesen, doch hat die 
Kommission niemanden in Vorschlag gebracht 
und die interimistische Leitung des römischen 
Nationalmuseums Professor Paribeni anvertraut. 
Zum Leiter der Ausgrabungen in Rom und der 
römischen Provinz (doch wohl mit Ausschluß 
des Forums und Palatins, welche G. Boni unter- 
stehen) ist Professor A. Pasqui ernannt worden. 

Seit mehreren Jahren werden in Teano, dem 
alten Teanum Sidicinum, in der Nähe von Capua 
vom Baron Francesco Zarone auf verschiedenen 
Stellen seiner Besitzungen Ausgrabungen vor- 
genommen. Man bradıte eine groBe Zahl 
Gräber, welche der oskischen Epoche der einst 
großen Stadt angehören, ans Tageslicht, und 
letzthin fand man Reste der römischen Stadt, 
und zwar einer Thermenanlage wie ein be- 
trächtliches Stück der antiken gepflasterten Straße. 
Eine Reihe von zum Teile sehr fragmentierten 
Skulpturen, unter denen ein Eros mit erhaltenem 
Kopfe durch die Güte der Arbeit hervorragt, 
wurden gefunden. Der zur Überwachung und 
Berichterstattung entsandte Vertreter der Re- 
gierung Professor Gabrici vom Neapler Museum 
hält die Skulpturen für Arbeiten des Il. Jahr- 
hunderts n. Chr. Man will im Herbste die 
Grabungen auf breiter Basis wieder aufnehmen. 


Ludwig Pollak. 
9 


LONDON 


Die Lange der sogenannten groBen Londoner 
Season macht sich natürlich auch auf dem Ge- 
biete der Kunst bemerkbar. So kommt es, daB 
eine ganze Reihe von Ausstellungen bis in den 
August hinein Besucher an sich zu ziehen ver- 
suchen. — Die Britishe archéologische 
Schule in Agypten stellte wie gewöhnlich um 
diese Zeit die Ergebnisse ihrer Ausgrabungen. 
diesmal aus Memphis und Athribis, aus; sie 
umfaBten Sticke aus der Zeit der vierten 
Dynastie (4700 v. Ch.) bis zu der Periode kop- 
tisher Kunstübung (500 n. Ch.). Viele der 
älteren Stücke erweisen Memphis als Ägyptens 
größtes Handelszentrum und Treffpunkt der 
verschiedensten Rassen. Stücke mongolischen, 
ja tibetanischen Charakters finden sich unter den 
Ausstellungsgegenständen, und einige indische 
Spuren auf griechischen Skulpturen beweisen 
das Vorhandensein einer indischen Kolonie in 
Memphis. Das Problem nun ist nach Professor 
Flinders Petrie, ob diese Kolonie schon vor 
260 v. Ch. bestand, dem Jahre, in dem Asoka 
die große buddhistische Mission zu den Königen 
des Westens entsandte. — In den Dowdes- 
well Galleries, New Bond Street, gab es 

53 


808 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


altitalienische, -französische und -nie- 
derländische Bilder zu sehen. Ein frühes Bild 
des französischen Meisters, bekannt unter dem 
Namen „Maitre de Moulins“, „Verkündigung“, 
ist offenbar vor seiner Reise nach Italien in 
Begleitung Ludwigs XII. um 1494 gemalt. Das 
Bild verrät unzweifelhaft die Hand desselben 
Meisters, dem die Verkündigung im Louvre zu- 
geschrieben wird, nämlich jenes Maitre de 
Moulins. Es ist von auBerordentlicher, reiner 
Schönheit, Von einem Zeitgenossen dieses 
Meisters, vielleiht von Bourdichon, dürfte das 
feine kleine Porträt Isabellas, Schwester des 
Kaisers Karl V., stammen. Von italienischen 
Bildern seien erwähnt eine. frühe sienesische 
»Kreuzigung* von großer Innerlichkeit, acht 
Passionsszenen von Francesco di Giorgio da 
Rimini, köstlih in der Farbe, und eine schön 
komponierte Gruppe „Die Auffindung des wahren 
Kreuzes“, die dem Girolamo Romanino zuge- 
schrieben wird. Auch ein äußerst lebendiger 
Guardi „Riva Schiavoni“ ist ausgestellt. Von 
den übrigen Werken seien noch erwähnt „Ein 
Alchimist“ von Adrian van Ostade, zwei außer- 
gewöhnlich sorgsame Jan Steen, drei Teniers, 
„Schlittschuhläufer* von Salomon Ruysdael und 
eine Mondsceinszene von A. van der Neer. — 
In der Galerie des Mr. Lennie Davis, 26A, 
Albemarle Street, gab es eine interessante Flo- 
rentiner Statue aus dem späten XVI. Jahr- 
hundert zu sehen. Es ist ein erst kürzlich auf- 
gefundenes Werk, das die Aufschrift trägt „Johes 
Baudinus-Florentinus F 1598“. Ein bekanntes 
Werk dieses Bildhauers ist die „Architektur“ an 
Michelangelos Grabe in Santa Croce. In der- 
selben Galerie konnte man auc ein franzö- 
sisches Fresko des späten XIII. Jahrhunderts, 
die Legende des heiligen Martin darstellend, 
sehen, ein sehr farbenreiches Stük. — Eine 
Ausstellung berühmter Shwarz-weiß- 
Künstler alter und neuer Zeit hatte Mr. 
Robert Dunthorne in 5 Vigo Street arrangiert. 
Da sah man Rembrandts „Drei Bäume“, eine 
Landschaft mit Schafherde und eine Landschaft 
mit Turmruine. Von neueren Meistern waren 
trefflich vertreten: Meryon (Le Petit Pont, 
L'Abside de Notre Dame etc.), Whistler 
(Battersea Bridge etc.), Alphonse Legros, D. J. 
Cameron u. a. — Alte englische Meister, sowie 
Mezzotintos nach ihren Werken, das Eigentum 
des verstorbenen Mr. Edward Hughes, waren 
in Messrs. Robinson & Grundys Galerie, 89 
Mount Street, zu sehen, darunter sehr seltene 
Stücke, wie z. B. „Die Bettler“ von C. Turner 
nach William Owen. — Die Ex Libris Society 
führte in ihrer diesjährigen Ausstellung die Ent- 
wicklung des Buchtitelblattes der europäischen 


Länder, namentlidı Frankreichs von der Mitte 
des XV. Jahrhunderts bis zur Gegenwart vor. 

Von Ausstellungen moderner Kunst 
braucht nicht viel dieRede zu sein. Messrs. Agnew 
stellten uns den französischen Maler schöner 
Frauen, Francois Flameng, vor und errangen 
mit ihm einen gesellschaftlihen Erfolg. — Mo- 
derne Radierer, Frank Brangwyn, Alfred East, 
Sir Charles Holroyd, W. Strang etc., alle mit 
dem Problem des Lichtes beschäftigt, waren in 
der Galerie der Fine Art Society, New Bond 
Street, zu sehen. Ein echter Ire, Nathaniel Hone, 
ein Neuling, aber bereits Mitglied der Royal 
Hibernian Academy, gibt mit Bildern voll kelti- 
scher Melancholie der irischen Abteilung der 
Franco-Britishen Ausstellung ein besonderes 
Interesse. — Die an Zahl fast unendliche Aus- 
stellung der Allied Artists’ Association in der 
riesenhaften Albert Hall, die eigentlich für mu- 
sikalische Aufführungen bestimmt ist, hat man 
über sich ergehen lassen müssen. Ohne Jury 
wurde hier jeder, der den Pinsel führen zu 
können glaubte, zugelassen. — Da war es wohl 
an der Zeit, daB aus allen Ländern die Kunst- 
lehrer in London zusammenströmten und auf 
ihreminternationalenKunstkongreB haupt- 
sächlich über den Kunstunterricht der Jugend ver- 
handelten. Auf die verschiedenen zum Teil sehr 
interessanten Vorträge hier einzugehen würde 
zu weit führen. Für Interessenten werden spe- 
zielle Publikationen die Ergebnisse des Kon- 
gresses, sowie der mit ihm verknüpften Kunst- 
unterrichtsausstellung zusammenstellen. Mit der 
einen Resolution, daß Zeichnen und Kunst- 
erziehung einen der Hauptgegenstände für alle 
Kinder von mehr als acht Jahren bilden sollte, 
hat sich der Kongreß ungefähr auf den gleichen 
Boden wie seinerzeit der deutsche Kunsttag ge- 
stellt. Eine andere Resolution, auf die hier nodi 
hingewiesen sei, empfiehlt auf das angelegent- 
lichste, daß Vorstände von Schulen und beson- 
ders Kunstschulen mit Museumsvorständen in 
Fühlung treten sollten, um die Kunstsammlungen 
nad: Möglichkeit für den Unterricht für Schüler 
wie Lehrer auszunützen. 

Die National Gallery, über deren Ver- 
waltung in den letzten Nummern des Burlington 
Magazine einiges Interessante bezüglich der 
Rechte des Direktors und der sogen. Trustees 
(Verwaltungsrat) zu lesen war, hat kürzlich eine 
außerordentlich bedeutsame Erbschaft angetreten. 
Der Ende juni d. J. verstorbene Kunsthändler 
Martin Colnaghi hat ihr folgende wichtige Bilder 
hinterlassen: „Madonna mit Kind und Heiligen“ 
von Lorenzo Lotto; „The Bohemians von 
Philipp Wouvermans; eine Landscaft von 
Gainsborough und „Dämmerung“ von A. van 


Rundschau 


809 


der Neer. Wichtiger aber noch ist das bedeu- 
tende Vermögen, das nach dem Tode seiner 
Frau an die Galerie fallen wird und das ca. 
£ 80000 beträgt. Die Zinsen aus dieser Summe 
sollen zum Ankauf von Bildern für die Galerie 
durh die obengenannten Trustees verwandt 
und die so erworbenen Bilder als Martin Col- 
naghi-Stiftung bezeichnet werden. Auf diese 
Weise steigt der Ankaufsfond der National 
Gallery um ca. £ 2500 im Jahre, die aber auch 
mehrere Jahre lang aufgesammelt werden können. 
Dieser Zuschuß ist bei den heutigen Zeitläuften 
auf das innigste zu begrüßen. Auch einige an- 
dere Werke, meistens englischer Herkunft, sind 
jüngst in die Galerie aufgenommen worden, 
darunter ein dem Hyacinthe Rigaud zugeschrie- 
benes Porträt und vier Turner, einer von ihnen 
ein Ölgemälde „Landschaft mit Kühen“. 

Auch die Scottish National Gallery in 
Edinburg hat in den letzten Wochen eine Reihe 
neuer Werke erworben, die bereits in ihren 
Sälen aufgehängt sind. Der Galeriedirektor hat 
mit diesen Neuerungen eine sehr glückliche Hand 
gezeigt. Eines der Bilder ist ein kleines Still- 
leben von Chardin, das im vorigen Jahre auf 
der Chardin-Ausstellung in Paris zu sehen ge- 
wesen war. Ein zweites ist der feine Claude 
„Der Fischer und Angler“, der in diesem Früh- 
jahr bei Christie um 600 gns. versteigert worden 
ist. Von dem ältesten schottischen Porträtisten 
George Jameson hat man erfreulicherweise das 
vorzügliche Porträt der Lady Mary Erskine, 
Countess Marischal für die Galerie ankaufen 
können. Über diesen Meister, sowie über die 
ältere schottische Malerei überhaupt, die auf der 
Edinburger Ausstellung so zahlreich und so treff- 
lich vertreten ist, wird Mr. Caw in einem der 
nächsten Hefte dieser Zeitschrift ausführlich 
handeln. — Aus Schottland sind im übrigen die 
folgenden zwei Personalien zu berichten: Mr. 
Longden ist zum Kurator der Aberdeen Art 
Gallery und Mr. F. Morley Fletcher, bisher 
Inspektor der Kunstschulen des südlichen Eng- 
land, zum Direktor des Edinburger College 
of Art ernannt worden. Fletcher, der selber 
Maler ist, hat u. a. auch in München und Dres- 
den ausgestellt. — In dem kürzlich erschienenen 
Jahresbericht des Britischen Museums liest 
man, daß für die Handzeichnungssammlung eine 
Kollektion von Skizzen und Studien Tinto- 
rettos erworben worden ist. In der assyri- 
scien Abteilung ist die Bronzestatue eines 
elamitischen Königs aus der Zeit 2000 v. Ch. 
hinzugekommen. — Der erste Band des Kata- 
loges gestochener britischer Porträts im 
Besitze des Britischen Museums, die Buchstaben 
A bis C behandelnd, ist soeben erschienen. Der 


Gesamtkatalog, den der Assistent Mr. Freeman 
O'Donoghue ediert, soll im ganzen sechs Bände 
umfassen und 50000 Blätter beschreiben. 

Kürzlich ist der ehemalige Schüler G.F.Watts’, 
Spenser Stanhope, in Florenz, 80 Jahre alt, 
gestorben. Seine späteren Werke waren fast 
alle in Temperatechnik ausgeführt, die er als 
einer der ersten seinerzeit wieder in Aufnahme 
gebracht hatte. 

In London versuchte ein englischer Roeren 
das puritanishe Gewissen der Nation aufzu- 
stacheln. An dem neuen Gebäude der British 
Medical Association nämlich hat der Bildhauer 
Epstein einige Skulpturen angebracht, von denen 
mehrere nackte Figuren darstellen. Obwohl 
nun diese Figuren sich an den strengen Stil der 
Agineten anlehnen, wurde doch das Scham- 
gefühl einiger Briten gréblich verletzt, und erst 
nachdem Sir Charles Holroyd, der Direktor der 
National Gallery, seine Meinung dahin abce- 
geben hatte, daß die Figuren voller Würde und 
mit größter Achtung vor der Natur entworfen 
seien, beschloB die Association, die Werke an 
dem Gebäude stehen zu lassen. Herr Roeren 
wird ob solcher Nachricht wohl Tränen ver- 
gießen: „Auch du, Brutus!“ 

Soeben wird bekannt, daß die Trustees der 
National Gallery eine große Familiengruppe 
Franz Hals um # 25000 angekauft haben, 
die vollkommen erhalten ist und zu den be- 
deutendsten Werken des Künstlers gehören soll. 
Sie wird später im Rembrandtsaal zur Auf- 
stellung gelangen. Näheres über den Kauf im 
nächsten Hefte. F. 


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PARIS 


Wir haben bei früherer Gelegenheit von der 
Neuordnung des Saales der modernen franzö- 
sischen Schule im Louvre berichtet, durch die 
eine Reihe Werke von Delacroix und auch die 
vor kurzem ins Louvre eingezogene Olympia 
von Manet trefflich zur Geltung gebracht wor- 
den sind. An diese überaus glücklichen Umän- 
derungen mußte sich eine Neuaufstellung der 
Säle der Sammlung Tomy-Thierry anschließen. 
Diese letztere ist nunmehr auch zum Abschluß 
gelangt. Dadurch, daß eine Reihe großer Stücke 
in den groBen Saal im ersten Stock verbracht 
worden sind, wurde der nötige Platz gewonnen, 
den kleinen Corots, Diaz, Rousseau und den 
übrigen Werken der Schule von 1830 zu um so 
besserer Wirkung zu verhelfen. Dem alten 
Bestande wurden überdies eine Reihe wert- 
voller Schenkungen zugesellt, so die von Ma- 


810 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


dame H Cuvelier vermachten drei Corots, dar- 
unter eine lesende Magdalena, und eine „näh- 
ende Frau“ von Millet. Diesen neuen Werken 
reihen sich an: ein Porträt des Musikers Stephen 
Heller von Ricard, dem bekannten französischen 
Porträtisten, der zu Lenbad in Beziehungen 
gestanden war; eine Porträtskizze Chopins von 
Delacroix; die Mauern von Aigues-Mortes von 
Decamps. Durch diese Neuaufstellungen ist 
vieles gebessert worden, und doc scheint die 
Malerei des neunzehnten Jahrhunderts neben 
der alten Kunst immer noch ein wenig stief- 
mitterlich behandelt. 

Die wichtigste Bereicherung die das Louvre 
inzwischen erfahren hat sind wohl die kürzlich 
angekommenen Ausgrabungsfunde von Susa, 
die den Ertrag einer dreijährigen Arbeit des 
Herrn du Morgan darstellen. Nach den ersten 
Entdeckungen in der uralten Metropole durch 
Herrn und Frau Dieulafoy schienen weitere 
Nachforschungen unerläßlich und Herr du Mor- 
gan ist nunmehr bis auf den Grund der ältesten 
Ansiedelungen hinabgestiegen. Durch zweifel- 
lose Datierungen läßt läßt sich der Ursprung 
der ältesten Niederlassung auf fünf Jahrtau- 
sende vor der christlichen Zeitrechnung fest- 
legen. Eine Reihe Alabasterwaffen und Geräte, 
darunter Spielzeuge und bemaltes Tongeschirr 
geben ein deutliches Bild von der Kultur der 
ältesten Niederlassung, eine Reihe Statuen und 
Reliefs berichten von der Zivilisation und der 
Kunst der Zeit um 3800 v. Chr. 

Die Gemäldesammlungen des Louvre wurden 
um einen Christ mit der Dornenkrone von 
Murillo vermehrt; ein Geschenk von Sir John 
Tollemacher Sinclair, der es als Ausdruck seiner 
Freude über die Entente Cordiale dem Louvre 
überwiesen hat. Das Bild stammt aus der be- 
rühmten Sammlung Beresford Hope. Die Ab- 
teilung der Ostasiatishen Kunst erhielt eine 
reihe Sammlung chinesischen Porzellans von 
dem Architekten Albert Tissandier, die eine 
glückliche Ergänzung der Sammlung Grandidier 
sein wird. 

Im Luxembourg herrscht augenblicklich eine 
Stimmung wie in einer Wohnung vor dem Um- 
zuge. Es verlautet, daß mit dem Umbau des 
Seminars von St. Sulpice bald begonnen wer- 
den soll, der große Hof inmitten des viereckigen 
Gebäudes soll durch ein Glasdac in einen un- 
geheuren Lichthof für die Sculptur verwandelt 
werden. Im jetzigen Museum sieht es für den 
Augenblick nicht allzu anheimelnd aus, da eine 
Reihe wichtiger Werke auf die franko-britan- 
nische Ausstellung nach London gegangen sind. 
Die Familie Meurice hat dem Museum ein 
etwas trockenes aber kraftvolles Porträt der 


Madame Meurice von Bracquemond zukommen 
lassen, während sie zugleih ein Porträt der 
Madame Granger von Granger an das Louvre 
gehen ließ. 

Die Sammlungen der Stadt Paris im Petit- 
Palais haben sich vor zwei Jahren ein En- 
semble moderner Handzeicinungen von den 
namhafteren Künstlern schenken lassen, dieser 
Sammlung tritt nunmehr eine reihe Auswahl 
moderner Gravuren an die Seite, unter denen 
das vollständige Werk Charles Jacques beson- 
ders wichtig ist. 

Das Cluny erfreut sich zweier neuer Ver- 
mächtnisse: eine Sammlung italienisher Fay- 
encen des XIV. Jahrhunderts von seiten des 
Herrn Balet und eine Reihe Elfenbein- und 
Bronzeskulpturen des XIII. Jahrhunderts kamen 
hinzu. Erworben wurde neben weniger Bedeu- 
tendem ein dornengekrönter Leichnam Christi, ein 
Werk der Schule von Toulouse (XV. Jahrhdt.) 

Die Freunde der siiBlich-akademischen Grazie 
Alexandre Cabanels haben nunmehr die Ge- 
legenheit das Werk dieses Meisters in der von 
der Familie Cabanel gestifteten Salle Cabanel 
in der Universitat zu Montpellier zu studieren, 
wo Reproduktionen fast des gesamten Werkes 
vereinigt sind. 

Das Schloß Malmaison, das allmählich ein 
„Musée Napoléon“ wird, hat von Madame 
Lachaume einen Neptun, eine Kolossalstatue 
von Pierre Puget zum Geschenk erhalten. Ein 
groBer Verehrer dieses südfranzösishen Bild- 
hauers ist in Philippe Auquier dahinge- 
schieden, der am 18. Juli im Alter von 45 Jahren 
in Marseille verstarb, wo er, als Conservator 
des Museums, unermüdlich an dem Ausbau der 
Sammlung von Werken Pugets gearbeitet hatte, 
Wir hatten vor kurzem über dieselbe ausführ- 
berichtet. 

Die Anlage einer solchen Spezialsammlung 
ist die schönste Ehrung, die ein Land oder ein 
Museum einem großen Künstler darbringen 
kann, schöner und fruchtbringender als das An- 
bringen von Marmortafeln und offiziellen Lob- 
reden, die den Fehler haben dreißig Jahre zu 
spät zu kommen. Honore Daumier, auch 
ein Sohn Marseilles, hat es bisher nur zu diesen 
Ehrungen gebracht: vor Kurzem wurde in Val- 
mondois in dem bescheidenen Häuschen, in dem 
ihm Corots Freundschaft eine stille Zuflucht für 
seinen Lebensabend geschaffen hatte, eine Ge- 
denktafel angebracht und Herr Dujardin-Beau- 
metz hielt eine sehr schöne Rede. Zu seinen 
Lebzeiten blieb Daumier der Künstler, der zwar 
in einem „niederen Genre“ treffliches geleistet, 
um seine Malerei kümmerte sich die offizielle 
Welt nicht, wenigen Amateuren und dem shönen 


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D ——- 


Rundschau 


811 


Werk von Erich Klossowski war es vorbehalten, 
diesen zu erkennen, zu lieben und zu ver- 
stehen! 

Ein anderer Akt der Pietät ist in der Grün- 
dung eines ‘kleinen Balzac-Museums zu be- 
richten: das kleine Häuschen in der rue Ray- 
nouard zu Passy, in dem Balzac ein Jahrzehnt 
gehaust hatte, wird allmählich zu einem Balzac- 
Museum ausgestaltet werden. Büsten Balzacs 
von David d’ Angers und Rodin bilden die 
Hauptstücke dieser Sammlung. 

Die Sitzungen der Académie des In- 
scriptions et belles Lettres haben eine 
Reihe interessanter Mitteilungen gebracht. Es 
war bereits bekannt, daß Beziehungen zwischen 
den berühmten Miniaturen der Belles Heures 
du Duc de Berry und der Kunst Pisanellos be- 
stehen. Da die Belles Heures vor 1416 ent- 
standen sind, Pisanello aber nach einer jüngst 
gemachten Entdeckung, nicht wie man annahm 
um 1380, sondern erst 1397 geboren ist, so 
konnte Salomon Reinach mit Sicherheit schließen, 
daß das französishe Werk den italienischen 
Künstler beeinflußt hat. 

Hervorhebenswert sind die Resultate der 
unter der Ägide der Akademie auf dem Meeres- 
grunde bei Tunis unternommenen Forschungen 
nach antiken Bildwerken deren erste Spuren 
von Shwammfisdern bemerkt worden waren. 
Man hat unter anderm einen Eros Androgynos 
zutage gefördert. Es liegt voraussichtlich eine 
freie Kopie eines Werkes des Praxiteles vor, 
das von Callistratos beschrieben worden ist. 
Ferner wurde ein Hermes in asiatischer Haar- 
und Barttracit mit der Signatur Dionysos ent- 
deckt. 

Herr Heuzey sprach am 24. Juli über zwei 
chalddische Kupferwaffen, die von dem Major 
Cros in einem Grabe gefunden wurden und eine 
seltsame Verwandtschaft mit den auf den Sculp- 
turen der , Geierstele“ dargestellten Waffen haben. 

Von privaten Vereinigungen, die sih mit 
Kunst beschäftigen, tritt neuerdings die neuge- 
gründete Gesellschaft der Freunde von Ver- 
sailles in den Vordergrund, die bereits über 
ein Kapital von 25000 Franken verfügt, mit 
dem sie dem Conservator Beihilfe leisten wird, 
um den arg verwahrlosten Park mit seinen 
schönen, jetzt stark übermoosten und verwitter- 
ten Statuen wieder einigermaßen in Stand zu 
setzen. Diese Gesellschaft scheint im übrigen 
Schule zu machen, denn fast zu gleicher Zeit 
wird die Gründung einer Gesellschaft der 
Freunde von Paris gemeldet, welche die Er- 
haltung schöner Straßenbilder und alter Bau- 
denkmäler erstreben will und hauptsächlich die 
Errichtung von „modernen“ das Stadtbild schän- 


denden Neubauten verhindern will. Wir haben 
in einer der vorigen Chroniken einige der 
ärgsten Schandflecke dieser Art erwähnt. Auch 
dem Mont Saint Michel scheint jetzt in der 
neugegründeten Gesellschaft der Freunde des 
Mont Saint Michel ein Retter zu erstehen. 
Hoffentlich erreicht sie, daB der heilige Michael, 
dessen ungeheurer Fuß, der Sage nach, dem 
Mont Dol eine tiefe Narbe eingeprägt hat, nun 
bei seinem nächsten Riesenschritt übers Meer 
auf dem Mont Saint Michel alle Museen, Hotels 
und Dependancen zertritt. Dann wird wohl 
auch die Regierung den alten schönen Mont 
endlich bis auf den letzten Kiesel als histori- 
sches Monument klassieren. 

Wie die Vorfälle in Baux en Provence 
beweisen, schützt leider auch die Klassierung 
nicht immer gegen den Vandalismus. Obwohl 
die „Mauern und Häuser“ dieses malerischen 
Städtchens insgesamt seit 1862 klassiert waren, 
haben gewinnsüchtige Baumeister begonnen, die 
alten Häuser als Steinbrüche zu benutzen. Eine 
daraufhin sofort angeordnete Enquete hat so- 
fort diese MiBbräuche und Ungesetzlichkeiten 
abgestellt. Gebäude für Gebäude sollen nun- 
mehr einzeln klassiert werden. So wird das 
provenzalische Carcassonne wohl dauernd ge- 
schützt werden. 

Interessante Ausgrabungen haben in 
Vienne (Isère) stattgefunden. Im Hofe des Thea- 
ters von Vienne hat man unter Leitung des 
Herrn Bizot, des Konservators des Vienner 
Museums, eine römische Kaiserbüste entdeckt. 
Es scheint sich um eine Büste Neros zu handeln. 
Sie ist lebensgroß, und nur wenig beschädigt. 
Das Haupt ist mit einer doppelten Perlenkrone 
geschmückt, über den Panzer ist das von gol- 
dener Spange zusammengehaltene Paludamen- 
tum, der Feldherrenmantel, geworfen. | 

Unverständlich ist es, daB es der Justiz noch 
nicht gelungen ist, den frehen Einbreder- 
banden das Handwerk zu legen die jetzt fast 
täglich im Zentrum Frankreichs, besonders in 
den Departements Correze und Allier, eine 
Kirche ausplündern. Neuerdings wurden wie- 
derum die Beraubungen der Kirchen von Bort 
und Anbaine gemeldet, bei denen ein kostbarer 
Reliquienschrein mit Emailshmud von Limoges 
und andere Kostbarkeiten den Banditen zum 
Opfer fielen. 

Der Ausstellungsbetrieb ruht in Paris 
während der Sommermonate fast vollständig. 
Der alle zwei Jahre stattfindende Salon du 
Mobilier hat den Reigen der Ausstellungs- 
saison 1908’9 eröffnet. Der Salon d’Automne, 
dessen Deutsche Ausstellung leider definitiv ge- 
scheitert scheint, wird die Früchte der sommer- 


812 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


lichen Arbeit zutage fördern. Daneben wird eine 
„Retrospektive“ Grecos und Monticellis, sowie 
eine finnländische Sektion versprochen. 

Rudolf Meyer-Riefstahl. 


8 
SPANIEN 


Wie in anderen Ländern besteht auch in 
Spanien der Wunsch, die Kunstdenkmäler in 
möglichst gutem Zustand zu erhalten. Leider 
ist aber die Summe, die die Regierung für diesen 
Zweck auswirft, viel zu gering, so daß die 
Restaurierungsarbeiten nur sehr langsam vor- 
wärtsschreiten können, ja manchmal sogar nach 
kurzer Frist wieder eingestellt werden müssen; 
dazu greift der Staat gewöhnlich erst dann ein, 
wenn eine Katastrophe unmittelbar bevorsteht 
oder ein Bauwerk schon teilweise eingestürzt 
ist. Ein trauriges Beispiel für diese Zustände 
bieten vor allem die „Renovierungsarbeiten“ in 
Toledo. Nachdem vor zwei Jahren der eine 
Kreuzgang im Exhospital von Santa Cruz zum 
Teil eingestürzt ist, wird langsam an seiner 
Wiederherstellung gearbeitet. Inzwischen läuft 
die Fassade, bekanntlih ein Prachtstiick des 
plateresken Stils, Gefahr einzustürzen. Die Ar- 
beiten im Claustro von S. Juan de los Reyes 
gehen glücklich ihrem Ende entgegen; dafür ist 
jedoch die Decke im angrenzenden Museum zum 
Teil eingestürzt. Die Sammlungen werden daher 
für längere Zeit unsichtbar bleiben, falls man 
sich nicht entschließt, wenigstens die Plastiken 
im Kreuzgang des Claustro aufzustellen. Sehr 
gefährdet ist auch die ursprüngliche Fassade 
der Moschee Bib al Mardom (Cristo de la 
Luz), da die vorgebaute, unbedeutende spätere 
Fassade sehr baufällig geworden ist. Man hat 
sich nun endlich entschlossen, diese niederzureiBen 
und die maurische Fassade somit freizulegen. 
Inder Sinagoge del Transito herrschen nach 
wie vor dieselben skandalösen Zustände. 1880 
hatte man mit Renovierungsarbeiten begonnen, 
die jedoch 3 Jahre später bereits wieder ein- 
gestellt wurden und bis auf den heutigen Tag 
nicht wieder aufgenommen sind. Das große 
Gerüst aber, das jeden Genuß dieses einzig- 
artigen Bauwerkes unmöglidı macht, hat man 
ruhig stehen lassen! 


In Granada hat die kleine, jedoch keines- 
wegs unbedeutende Gemäldesammlung noch 
immer keine würdige Unterkunft gefunden. Seit 
Jahren stehen die Bilder wie in einem Magazin 
im sogenannten Museo de Bellas Artes am Boden, 
und es ist leider keine Aussicht vorhanden, daf 
sie in den nächsten Jahren eine bessere Auf- 
stellung finden. 


Die Arbeiten an der Alhambra!) schreiten 
langsam vorwärts. Zur Zeit wird der Eingangs- 
turm die „Puerta de la Justicia“, restauriert, die 
sih stark gesenkt hatte; ferner wird in der 
„Torre de las damas“ gearbeitet, wo höchst 
interessante maurische Wandmalereien vor we- 
nigen Monaten aufgedeckt worden sind. Da die 
Deckenmalereien in der „Sala de Justicia‘ von 
christlichen, in Italien geschulten Künstlern aus- 
geführt worden sind, haben wir hier die einzigen 
uns erhaltenen, figürlidien Malereien maurischer 
Künstler vor uns. Sie gehören dem XIV. Jahr- 
hundert an und stammen von Künstlern, die 
mehr mit Arbeiten dekorativer Natur als mit 
der Darstellung von Menschen und Tieren ver- 
traut sind. Man darf sie wohl den Meistern 
zuschreiben, die in mehreren Sälen der Alhambra 
den unteren Teil der Wände mit dekorativen 
Malereien geshmüct haben. Es sind zum min- 
desten zwei Künstler, die an den Längswänden 
eines kleinen Zimmers in mehreren Streifen 
Löwenjagden, eine sehr gelungene Hirschjagd, 
Bogenscützen, Auszug einer großen Reiterschar 
mit Standarten an der Spitze und Lastkamelen 
usw. dargestellt haben. Die Ornament- und In- 
schriftstreifen, sowie die Muster der Pferde- 
sdabraken und Fahnen sind besonders fein 
ausgeführt. Die Figuren sind klein, ca. 6—9 cm 
groß. Die Hauptfarben sind rotbraun, blau, rot, 
hellgrün, schwarz und gold. Leider sind die 
Malereien in sehr schlechtem Zustand auf uns 
gekommen. A.L. Mayer. 


3 


DER WORZBURGER KREUZGANG 
BEI DER NEUMUNSTERKIRCHE 


Man darf dem Deutschen Museum in Berlin 
schon heute zu der Erwerbung dieses fiir die 
Entwicklung der deutschen Kunst sowohl wie 
fir die dekorative Wirkung so hervorragenden 
Stückes gratulieren, das jetzt plôtzlih, wo Bode 
der Kauf gelungen ist, mit romantischem 
Schimmer umkleidet, den Stoff fir nutzlose 
Zeitungsdebatten abgibt, nahdem der Würz- 
burger Magistrat jahrelang Zeit gehabt hatte, 
Sich sowohl um dieses Denkmal wie auch 
noch um so vieles andere zu kümmern. Das 
ist das Komische an der Sache. Die Pose des 
betrogenen Liebhabers, der sich zur rechten 
Stunde nicht hat erklären können, wirkt immer 
ergötzlih. Trotzdem aber wird die Miene des 
Beleidigten objektive Leute nicht aus der Fassung 
bringen und so sehr wir sonst die Bestrebungen 


!) Vergl. hierzu die Beiträge von E. Kühnel in 
Heft 3 u. 5 „Alhambraprobleme I u. Il“. 


Rundschau 


815 


von Heimatbund und Denkmalschutz anerkennen, 
in diesem Falle kann sich unsere deutsche Kunst 
dazu beglückwünschen, daß wieder einmal durch 
die Initiative Bodes das Augenmerk auf ein 
kunsthistorish bedeutendes Werk gelenkt ist, 
das im deutschen Museum einen Ehrenplatz 
erhalten soll. 

Würzburg, das noch immer vier Museen be- 
sitzt, über deren Qualität und Notwendigkeit nichts 
erwähnt zu werden braucht, statt ein einheit- 
lihes Museum für Unterfranken zu schaffen, 
hätte lieber rechtzeitig dafür sorgen sollen, daB 
nicht ein Stück nach dem anderen aus dem 
heimatlihen Besitz in den Handel kam und 
seine Kunstwerke von Tag zu Tage aus- 
wanderten. Aber nichts ist in der Beziehung 
seit Jahren geschehen und erst jetzt wird künst- 
lih mit Hilfe des alten Walthers von der 
Vogelweide — man kann über diesen „Schwindel“ 
nur lächeln — eine Affäre konstruiert, deren Lärm 
ernste um die Erhaltung deutscher Kunstdenk- 
male bemühte Kreise nicht wird aus der Fassung 
bringen können. Im Gegenteil, wir möchten 
wünschen, daB durch solche Ereignisse noch 
recht oft saumselige Behörden an ihre Pflicht 
gemahnt werden, daB das deutsche Museum 
häufiger Gelegenheit hätte, in solcher Weise als 
Scützerin deutscher Kunstdenkmäler aufzu- 
treten. Die Partei der Antisemiten und All- 
deutschen, von der die PreBfehde offenbar ein- 
geleitet wurde, sollte sich bei Zeiten an die 
eigene Nase fassen und sich nicht wie in diesem 
Falle gar zu offenkundig der Lächerlichkeit des 
verschmähten Liebhabers preisgeben. Übrigens 
hat die Generaldirektion dem Würzburger Ma- 
gistrat sehr hdflici einen ZementabguB des 
romanischen Kreuzganges angeboten. G.B. 


8 
KLEINE NACHRICHTEN 


Barmen. Die Galerie des Kunstvereins erhielt an 
Geschenken von August Frhr. von der Heydt, Elberfeld, 
die beiden Bronzen „Die Badende“ und ,Salome* von 
Max Klinger, von Herrn Hugo Toelle das Gemälde 
-Pfauen im Schnee“ von Rudolf Shramm-Zittau und 
vom Verein der Kunstfreunde in Barmen ein „Stilleben“ 
(Apfel und Weintrauben) von Charles Sud. Ferner 
wurde vom Verein selbst mit Unterstützung von Herrn 
Hugo Toelle auf einer Sonder-Ausstellung von Oskar 
Zwintscher dessen neues Gemälde „Melodie“, zur Zeit 
auf der Dresdener Kunstausstellung, erwoıben. 


Basel. Die schweizerishen Museumsdirektoren 
haben sih zu einem Verbande zusammengetan zwecks 
Wahrung und Förderung der künstlerischen Inter- 
essen der Museen und einheitlicher Regelung beruflicher 
Fragen. Für die nächsten drei Jahre wurde Basel zum 
Vorort gewählt. Der Verband wünscht u. a. eine stän- 
dige Vertretung der eidgenössischen Kunstkommission 
und das Vorsclagsredt bei der Verteilung der vom 
unes angekauften Kunstwerke an die sdiweizeriscien 

useen. 


Berlin. Hier wurde ein Verein zur Wieder- 
belebung des Interesses für alte Kunst ins 


Leben gerufen, für den verantwortlich der Maler Otto 
Blankenstein zeichnet. Die Nachricht erweckt Neugierde, 
trotz der Skepsis, mit der wir vorläufig davon Kenntnis 
nehmen. 


Brügge. Ende Juli wurde eine Gemäldeausstellung 
eröffnet, die ausschließlich Ansichten von Prugne enthält. 
Dieselbe ist auf Veranlassung des Baron Kervyn de 
Lettenhove veranstaltet worden, der sih audi im vorigen 
Jahre um die Ausstellung des „Goldenen VlieBes“ verdient 
gemacht hat. Der Katalog erwähnt 73 Künstler und ver- 
zeichnet ungefähr 200 Nummern. Es befinden sich darunter 
Werke der Brügger Maler Rommelaere, Geo de Sloovere, 
Flori van Acer, Norbert Boulen, Karel de Schepper, Jef 
van de Fackere, Cesar Geerinck, Rousseau, Albert Gau- 
thier u. a. Außerdem umfaßt die Ausstellung noch Bilder 
von Frantz Charlet, Albert Bartsoen, Omer Coppens, 
Herman Courtens, Victor Gilsoul, Josef Horenbant, Fer- 
nand Khnopff, Paul Leduc und Josef Middelcer. Deutsch- 
land ist durh Westendorp und Ch. Liesegang aus Düssel- 
dorf vertreten, England durch Brangwyn, Holland durch 
Groodt, van Loggen und Frau Adriani. Die Ausstellung, 
die ungefähr 200 Nummern umfaßt. ist in der Maler- 
akademie in der Rue St. Cathérine untergebracht, in der 
Se des ,Minnewater® und des berühmten Beginen- : 
ofes. 

Karlsruhe. Prof. Dr. R. Freiherr v. Lichtenberg ist 
aus dem Verband dieser Hochschule ausgeschieden, weil 
er zum Zweck archäologischer Forschungen seinen Wohn- 
sitz dauernd nach Athen verlegt hat. 


Kassel. Die Königl. Gemäldegalerie hat einige inter- 
essante Neuerwerbungen zu verzeichnen. Es sind vier 
Landschaftsbilder von Constable, Millet, Troyon und Dau- 
bigny. Auch zwei schöne Werke alter Meister wurden 
jüngst in Frankfurt a. M. für Kassel erworben: eine Land- 
schaft mit Soldaten als Staffage, die dem Wouvermann 
zugeschrieben wird, und eine Dünenlandschaft von Jacob 
varı Ruisdael. 


Wien. Wie berichtet wird, wurde im Besitz 
des kais. Rates Klauber ein Bild gefunden, das nach 
Angabe von Fachieuten eine Jugendarbeit Murillos ist. 
Eine Bestätigung durch Spezialkenner bleibt abzuwarten. 
Das Bild stellt einen Lautensciäger dar und ist 1848 in einer 
Versteigerung bei R. Lepke-Berlin erworben worden. 
Bei einer Reinigung ist jüngst das Signum Murillos auf 
der Mütze des Spielers zum Vorschein gekommen. 


Wien. Böcklins Triptychon „Venus genetrix" 
ist soeben für den verhältnismäßig niedrigen Preis von 
80000 Kronen von der Wiener Galerie angekauft 
worden. Das 1895 datierte Werk befand sich bis jetzt 
in der Sammlung des Geh. Rats Professors Neißer 
zu Breslau und reiht sich den beiden schon im Unteren 
Belvedere, einst dem Sommersitz Prinz Eugens, befind- 
lichen Werken des Meisters an: der Studie nach dem 
Kopf Lenbachs aus der Zeit des ersten römischen Aufent- 
halts und der Meeresidylle von 1887. 


Florenz, Im Jahre 1911 soll aus Anlaß der Halb- 
jahrhundertfeier des Königreiches Italien eine umfangreiche 
orträtausstellung stattfinden, über die bereits die ersten 
Besdilüsse gefasst sind. Herr Ugo Ojetti hat sidi dazu in 
einem besonderen Bericht geäußert. In richtiger Erkenntnis 
der Tatsache, daß man von den Darbietungen des Quattro- 
cento und Cinquecento wird absehen müssen, denn keine 
Galerie wird sich auf Monate hinaus von ihren Schätzen 
trennen wollen, soll die Ausstellung mit dem Ende des 
Cinquecento beginnen und bis zum Jahre 1861 einen Über- 
blik gewähren. Größtenteils wird es sich dabei um die 
in königlichen und privaten Villen, in Bruderschaften und 
Stadthäusern zerstreuten Kunstwerke handeln. Auch was 
Ojetti über die Bedeutung der Ausstellung speziell für 
die anthropologische Physiologie sagt, dürfte ungeteilten 
Beifall finden. 


Foligno. In der kleinen Kirche zu Foligno, in welcher 
der Legende nach der Apostel Petrus eine Messe zele- 
brierte, wurden, wie italienische Blätter melden, bei 
Restaurationsarbeiten Fresken von hohem Werte auf- 
gefunden. Die Werke, die Heilige darstellen, werden der 
umbrischien Schule des Pietro Mezzastris oder dem Meister 
selbst zugeschrieben. Die Fresken haben je eine Länge 
von 2 m und eine Breite von 1,5 ın. Besonders gut er- 
halten sollen die Farben sein. Bisher wurden fünf Fres- 
ken aufgedeckt, unter denen „eine Kreuzigung Christi“ die 
schönste sein soll. Die Arbeiten dauern fort, da man 
hofft, noch weitere Gemälde zu finden. 


SW; 


O 


Berichtigung. 


In Heft 7/8 auf Seite 691 hat Max Rooses 
das von Gustav Gliick herausgegebene Werk 
„Niederländische Gemälde aus der Samm- 
lang ALEXANDER TRITSCH in WIEN“ ein- 


gehend gewürdigt. Durch ein Versehen ist 
der wohlbekannte Name des Besitzers der 
Sammlung durchgehend in Fritzsch verkehrt 
worden, was wir hiermit berichtigen wollen. 


Die Red. 


KarlBorinski.DieRätselMichelangelos. 
Michelangelo und Dante. München und 
Leipzig 1908 bei Georg Müller. 


Mit einem nicht gewöhnlichen Aufwande von 
Gelehrsamieit behandelt hier ein Literarhistoriker 
kunsthistorishe Probleme. Die brennendsten 
Fragen der groBenLebens- und Schaffenstragödie 
Michelangelos werden vor uns aufgerollt. Ein 
Buch desselben Verfassers über „poetische Vision 
und Imagination“, welches schon vor mehr als 
zehn Jahren erschien und gleichfalls schon das 
Verhältnis Michelangelos zu Dante behandelte, 
blieb m. W. von den Kunsthistorikern völlig 
unbeachtet. Das neue Budh Borinskis wird jeder 
benutzen müssen, der sich in die unergründlichen 
Probleme der Kunst Buonarottis versenkt. 

Wie umfassend und bedeutsam der Inhalt ist, 
den Borinski den Lesern seines Buches verspricht, 
sagt schon die Übersicht: Michelangelo als Literat, 
der Platonismus im Rinascimento; die Antike 
und Polizian; Leon Battista Alberti; die Grab- 
denkmäler; die Decke und das Altargemälde der 
Sixtina. Es würde einen zweiten Band füllen, 
wollte man im einzelnen Stellung nehmen zu 
den Fragen, die Borinski aufwirft und zu der 
Art, wie er sie zu lösen versucht. Dafür scheint 
der Zeitpunkt auch heute noch nicht gekommen. 
Bücher, welche dauernden Wert besitzen, machen 
ihren Weg überhaupt viel unabhängiger von 
der augenblicklichen Kritik als man gewöhnlich 
annimmt. Ihr Wert oder Unwert wird von der 
Nachwelt viel leidenschaftsloser erörtert und viel 
sicherer eingeschätzt werden als von den Zeit- 
genossen. So scheint auch diesem Buche gegen- 
über einige Zurückhaltung geboten, denn wie es 
wirken wird, ist heute schwer zu sagen. Und 
wenn es jetzt vor allem unsere Kritik heraus- 


TS) LITERATUR e Sr) 


fordert, so erzwingt es doch auch unsere Ach- 
tung vor dem unerschitterlicien Ernst, mit dem 
der Verfasser sein Thema, einseitig allerdings, 
aber stets zum Nachdenken anregend, behandelt 
hat. Das Buch erscheint vor allem ein klassi- 
sches Beispiel dafiir, welch eine Fille von Ge- 
danken die Werke des Genius auszulösen ver- 
mögen, wie unablässig sie zum Nachdenken 
zwingen und wie verführerisc der Glanz ist, 
der sie umstrahlt. 


Seit J. E. Taylor im Jahre 1852 sein Buch 
„Michael Angelo considered as a philosophic 
poet“ herausgab, ist der Einfluß der durch Marsilio 
Ficino vermittelten platonischen Philosophie auf 
die Dichtungen Michelangelos vielfach erörtert 
worden. Noch unlängst wurde diese Frage 
wieder in einer tiefeindringenderen Studie von 
dem Professor der Turiner Universität, Arturo 
Farinelli, erörtert. Aber gegen ein tieferes 
Sichversenken in die Schriften des berühmten 
Meisters der platonischen Akademie spricht noch 
immer der Umstand, daß Michelangelo kein 
Latein verstand. Und selbst die Briefe Marsilios 
erschienen wenigstens nach der mir vorliegen- 
den Ausgabe erst i. J. 1546 in der italienischen 
Übersetzung des Felice Figliucci. Und wenn 
man dann nach allen Auseinandersetzungen über 
Dante und Petrarca, Marsilio Ficino und Polizian, 
Lorenzo de Medici und Pico della Mirandola 
wieder zu den Dichtungen Michelangelos greift 
mit ihrer urwüchsigen Kraft des Gedankens, mit 
ihrer Eigenart im Ausdruck und ihrer Wahrheit 
in der Empfindung, dann meint man doc, daB 
die Quellen, aus denen der Genius geschöpft hat, 
ewig geheimnisvoll und unerschdpflich bleiben 
müssen. Der Dichter Michelangelo erscheint 
so unermeBlich reich an eigenem Besitz, daB man 
kaum den Finger auf das zu legen wagt, was 
er bewußt oder unbewußt anderen entlehnt hat. 
Jedenfalls lassen Borinskis Darlegungen erkennen, 
daB die Analyse des Dichters noch unendlich viel 
schwieriger ist als die des bildenden Künstlers. 


„Mehr nod als Polizian und der ganze Kreis 
Lorenzos muB der noch geistig in ihm lebende, 
im Andenken aber um so lebendigere Leon 
Baptista Alberti des jungen Buonarroti Bildungs- 
gang angeregt haben.“ Mit diesen Worter führt 
uns Borinski auf eine wenig betretene, wenn 
nicht völlig neue Spur, der weiter nachzugehen 
sich verlohnen dürfte. Wir haben hier eine jener 
aussichtsreichen Perspektiven, dievorallemandern 
den Wert des feinsinnigen Buches bestimmen. 


Literatur 


Wie weit die Kunstgeschichte sich des Ver- 
fassers Deutungen der Werke des Malers und 
Bildhauers Michelangelo zu eigen machen wird, 
kann erst die Zeit uns lehren. Ich glaube zu- 
nächst, das sie mehr Widerspruch als Zustimmung 
finden werden. Die Auffassung des Moses 
allerdings „quel vecchio la cui barba il petto 
inonda“ als der „kontemplative Gesetzes- 
mann“ wie sie Borinski mit Redıt gegen- 
über dem zornigen Zertrümmerer der Gesetzes- 
tafeln vertritt, ist keineswegs bis dahin nur von 
Gabriel Thomas geäußert worden. Ich selbst 
habe schon vor zehn Jahren im „Testament des 
Moses“ eine ganz ähnliche Interpretation ver- 
treten, und ebenso hat sich auch Robert Vischer 
Schon längst im „Museum“ gegen den „aktiven 
Grimm“ ausgesprochen. Da auch Mackowsky 
in seiner soeben erschienenen Midelangelo-Bio- 
graphie gegen die Auffassung des zornigen 
Moses wohlbegründeten Einspruc erhebt, so 
darf man hoffen, daß die seit Lübke unzählig 
oft wiederholte MiBdeutung endlich aus den 
Handbiichern verschwinden wird. 

Aus Christoforo Landinis Gesprächen von 
Camaldoli will Borinski vor allem die geistige 
Herkunft der Medici-Grabmäler ableiten. Ich 
glaube, daB er die Bedeutung gerade dieses 
Buches für Michelangelos Ideenkreise keineswegs 
überschätzt hat, und daß wir dem Verfasser für 
die Vermittlung dieses äußerst merkwürdigen 
Literaturproduktes besonders dankbar sein 
müssen. Aber auch hier fühlen wir schmerzlich 
die Grenzen des Erkennenkönnens, und den 
Ariadnefaden durch dieses Labyrinth werden 
wir wohl trotz aller Aufklärung im einzelnen 
noch lange, ja vielleicht für immer vergeblich 
suchen. Nur gegen eine Deutung Borinskis muB 
ih Einspruch erheben: gegen seine Erklärung 
der Flußgötter als der vier Unterweltsströme. 
Als ich, um meine — ich darf wohl sagen nidits 
weniger als originelle, sondern äußerst einfache — 
Deutung auf Tiber und Arno für beide Grab- 
mäler zu begründen, auf das Zeugnis eines Zeit- 
genossen hinwies, in dem es heißt: Die hodh- 
herzigen Könige des Tiber und des Ärno werden 
die großen Grabmäler vergebens erwarten 

E i magnanimi re del Tebro e d'Arno 

I gran sepolcri aspettaranno indarno — 
da ließ ich mir allerdings nicht träumen, daß 
diese Verse auch noch ganz anders inter- 
pretiert werden könnten. „Das heißt doch zu- 
nächst nicht mehr“, schreibt Borinski, „als daB 
die Fürsten des Kirchenstaates und Toskanas, 
nämlich Julius II. und die Mediceer, vergebens 
auf die Vollendung ihrer Denkmäler warten 
werden.“ Call me what instrument you will, 
though you can fret me, you cannot play upon 


815 


mel Es ist mir unmöglich, diese Art der Inter- 
pretation ernstli zu diskutieren. Neue posi- 
tive Belege dafür, daB die „fiumi“ nichts anderes 
vorstellen sollten, als eben Tiber und Arno, habe 
ih unlängst im Juliheft der „Deutschen Rund- 
schau“ beizubringen versucht. 

Zu Borinskis Sixtina-Interpretationen werden 
sich andere vielleicht kompetenter äußern, weil sie 
seinen Darlegungen objektiver gegenüberstehen 
als ich selbst. So freudig man es begrüßen muB, 
wenn ein gründlicher Danteforscher über das 
großartige Thema „Dante und Michelangelo“ neue 
und wertvolle Aufschlüsse vorbringt, so schmerz- 
lim war es mir im einzelnen, Deutungen, die 
mir gesichert schienen, durch Borinski wieder in 
Frage gestellt zu sehen. Das gilt u. a. von der 
Erklärung jener Medaillons, die ich auf die Ge- 
schichte Davids bezog und womit ich allgemeine 
Zustimmung fand. Ich glaube, daß auch andere 
über die neuen Erklärungsversuche des Ver- 
fassers einigermaßen erstaunt sein werden. Und 
Giacomo Boni würde Borinskis Beitrag zu 
seiner bekannten ikonographischen Studie über 
Kaiser Trajan und die „Vedovella“ schwerlich 
akzeptiert haben. 

In der äußeren Technik läßt Borinskis Buch 
zu wünschen übrig. Sämtliche Quellenangaben 
und Belegstellen, die so gewissenhaft aufgeführt 
sind, finden sich im Text eingeschaltet und nicht, 
wie es sonst üblich, in Anmerkungen unter- 
gebracht, So wird die Übersichtlichkeit unend- 
lih erschwert und die Geduld des Lesers bei 
einer ohnehin nichts weniger als leichten Lektüre 
unnötig auf die Probe gestellt. Dieser Umstand 
ist um so mehr zu beklagen als man dem ernsten 
und nachdenklichen Buche recht viele Leser wün- 
schen möchte. Dap der Verfasser den Anspruch 
erheben darf, auch weitere Kreise über des 
Meisters Kunst und Wesen zu belehren, glaube 
ich schon mit einigen Sätzen belegen zu können, 
die sich auf einer der letzten Seiten seines Buches 
finden: „Diese abgründige Menschenseele, die 
ihr Genius bestimmte, in den sinnlichsten Schrift- 
zügen sich der Welt mitzuteilen, mußte wohl 
aus sich selber ein Geheimnis machen, um sic 
das Recht und die Möglichkeit zu wahren, nur 
sich selber geben zu dürfen: das was ihres 
Reiches und nicht von dieser Welt ist. Wie 
wäre es sonst möglich geworden, daß sich hier 
durch eine doppelt so lange Wirkenszeit als dem 
Menschen durchschnittlich gesetzt ist, in irdischen 
Gestaltungen ein Schauen kundtut, unberührt 
und frei von all dem Kleinlichen, was das durch- 
schnittliche Leben dem Geiste abzwingt: erhoben 
über das Niedrige, fremd dem Gemeinen, in 
menschlichen Bildern eine andere, eine jenseitige 
Welt.“ 


816 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Wer so in die Wesenstiefen Michelangelos ein- 
gedrungen ist, der darf seine Stimme erheben, um 
audi andere zu belehren. Mag man ihm im ein- 
zeinen zustimmen oder nicht, jedenfalls sind hier 
die Rätsel eines großen Mannes und einer hohen 
Kunst in jene Weiten eines allumfassenden Blickes 
gerückt, in denen sie allein geschaut und ahnend 
nadıempfunden werden können. 


Ernst Steinmann. 


Karl Frey. Michelagniolo Buonarroti. 
Sein Leben und seine Werke. Band I. Michel- 
agniolos Jugendjahre. Berlin 1907, Verlag von 
Karl Curtius. 49. XXXVII und 345 Seiten. Preis 
geb. mit Anhang 23 M. 


Diese Biographie ist der Ertrag eines ihrem 
Helden gewidmeten tätigen Lebens. Wer sie 
jedoch mit der Befürchtung in die Hand nimmt, 
hier die disjecta membra eines lediglich ana- 
tomischen Forschungsinteresses zu finden, wird 
sich angenehm enttäuscht sehen. Das gerade in 
dieserRichtungüberbescheidene Motto von Baum- 
bach ist weder dem Titelhelden noch seinem 
Biographen angemessen. Alles, was nur ent- 
fernt daran gemahnte, ist säuberlih in ein 
stattliches Beiheft!) gepackt. Ja, so ausschlieBend 
hat sich im Autor der Darsteller gegen den 
Forscher erwiesen, daB der kundigere Leser 
sih zunächst verwundern wird, wie beiläufig 
und damit glimpflim manche kritische Fragen 
(der Echtheit vielumstrittener Jugendwerke z.B.) 
im Hauptbande zur Geltung kommen. Die Bei- 
gaben erweisen sich dann freilim um so aus- 
giebiger und positiver bzw. negativer! Nr. 12 
unter ihnen: „Donatello und Michelagniolo, eine 
Parallele“ hätte u. E., trotz den speziell per- 
sönlihen Auseinandersetzungen mit Frieda 
Schottmüller und von Geymüller, einen Platz 
im Rahmen der Darstellung verdient. So be- 
deutsam und sympatliisch erscheinen uns die 
darin vorgetragenen prinzipiellen Forderungen 
an die Kunstgeschicite, die keine bloße , Augen- 
kultur“ voraussetze und ebensowenig wie jede 
andere Geschidite ihren Endzweck materialistisch 
in leerer ,Deskription“ zu sehen habe. 

Auch die sehr notwendige Auseinander- 
setzung mit den Quellenbiographien ist aus der 
Darstellung heraus in: die allgemeine Vorrede 
eds Werkes verwiesen. Es wäre zu wünschen, 
daß sie dadurch an Auffälligkeit gewännen. 


) M. B. Quellen u. Forschungen zu seiner Geschichte 
und Kunst. 


Wer je Gelegenheit hatte, die kontagiöse Ver- 
breitung der biographischen Urteile des Paolo 
Giovio in der Renaissanceliteratur zu kontrol- 
lieren, muB den verhängnisvollen Einfluß dieses 
streberischen Prälaten auf die Biographie des 
ihm wesensfremden Künstlers (s. XXV) möglichst 
stark unterstrihen wünschen. Der Anonymus 
Magliabecchianus erhält seinen Zoll wegen sei- 
nes Schlaglichts auf das Verhältnis zu Lionardo.. 
Die beiden Fassungen (1551 u. 1573) der Vita 
des Vasari werden in ihrer sachlichen Ungleich- 
wertigkeit im Hinblick auf die dazwischen (1553) 
erschienene Arbeit Condivis einander gegen- 
übergestellt. Diese nun aber als kachierte , Auto- 
biographie“ (s. XXIX) von seinem Helden selbst 
herrührend. (gar „diktiert!“, S. 157) anzusehen, 
verbietet doch der Verfasser gleich durch starke 
Einschränkungen und Verklausulierungen einer 
solchen Rangerhöhung des unschätzbaren Schüler- 
werkes. Mit seiner Autorisierung also darf man 
Einspruch erheben gegen direkte Substituierun- 
gen des Namens des Meisters bei Berichten des 
biographishen Schülers: „Michelagniolo Con- 
divi“! So besonders S. 50: „Mit keiner Silbe 
erwähnt nämlich Michelagniolo (!) den Na- 
men Bertoldos, übergeht geschickt dessen Unter- 
weisung und EinfluB und schreibt ungeniert 
alles Verdienst sich selbst zu.“ 

Was bedarf es auch autobiographischer Sur- 
rogate bei einem Genius, „dessen Werke, die 
Dichtungen inbegriffen,“ sehr richtig durchwegs 
„als Selbstbekenntnisse* angekündigt werden 
(S. XD? Ihre Rätselnatur ist ja nur die ihres 
Schöpfers selbst, dem „unbefangene Hingabe an 
seine Umgebung fern lag* (S. XV). Das „Un- 
nahbare, AbstoBende, Geheimnisvolle“ ist so 
wenig von ihm als von seinen Werken abzu- 
trennen. Ja, sie bringen es in so vollendeter 
Form zum Ausdruck, daß jenes mystische 
„höchste Glück der Erdenkinder“ in ihnen un- 
verhüllt greifbar zutage getreten scheint. 

Von einem Goethishen Wort (an Zelter) 
darf sich der Biograph mit erworbenem Rechte 
geleitet bekennen: „Natur- und Kunstwerke 
lernt man nicht kennen, wenn sie fertig sind; 
man muB sie im Entstehen aufhascıen, um sie 
zu begreifen“. Nirgends erscheint dies schwerer 
als bei dieser Künstlernatur, die gleich der 
großen Mutter „geheimnisvoll am lichten Tag 
sich ihres Schleiers nicht berauben“ lassen mag. 
Schon sein Geburtshaus, das Domizil des Po- 
destä von Caprese, das die Zentenarfeier von 
1875 mit den üblichen Marmortafeln signalisiert 
hat, scheint sih nach den Ergebnissen des 
Buches von Chinali (Arezzo 1904) und neueren 
Ausgrabungen wieder in das groBe Dunkel zu- 
rückzuziehen . .. „und niemals wird die Mög- 


Literatur 


817 


lichkeit geboten sein, pietäts- und stimmungs- 
volle Wallfahrten zur Wiege Michelagniolos in 
Caprese zu veranstalten, wie dies bei Raffael 
mit Giovanni Santis Haus in der Contrada del 
Monte zu Urbino der Fall zu sein pflegt“ 
(Quell. u. Forschg. S. 2). Vasaris Angabe der 
Via Ghibellina in Florenz ist nur ein (in der 
Vita di Jacopo Sansovino stehen gebliebenes) 
Zeugnis seiner schludrigen Arbeitsweise. Besser 
steht es mit dem Geburtsdatum (bei Condivi: 
6. März 1475, 4 Stunden vor Tag, Montag = 
Vasari: 8 Uhr Sonntag). Die Nativität von der 
Hand des GroBvaters Ludovico existiert zwar 
auch in der Kopie nicht mehr, die sich Michel- 
agniolo — eine andere Schreibung des Namens 
perhorresziert Frey — 1548 von seinem Neffen 
nah Rom schicken läßt. Aber immerhin eine 
Abschrift aus dem XVII. Jahrhundert (im Ardı. 
Buon. vgl. Qu. u. F. Nr. Il). Die einzige Ur- 
kunde, auf die sich des Kiinstlers Stolz auf 
seine Abstammung von den Grafen von Canossa 
tatsächlich stützen konnte, nämlich das, diese 
Ansprüche entgegenkommend anerkennende, 
Schreiben des Grafen Alessandro „al mio molto 
amato et parente hon. Messer M.A.B.“ vom 
8. Oktober 1520 wird nach dem Original im 
Britischen Museum diplomatisch getreu mitge- 
teilt (Qu. u. F. S. 6). Die Irrtümer und SchluB- 
folgerungen Grimms in dieser Sache werden 
zurückgewiesen. Die Buonarroti-Simoni werden 
dokumentarisch zurückverfolgt (sicher bis 1196) 
nach Wappen fursprünglih nur zwei goldene 
schräge Balken auf blauem Schilde ohne den 
Rechen darüber), Namen und Namenswandel 
(der ursprüngliche Geschlechtsname war Simoni 
allein! Michelagniolo unterzeichnete ihn selber 
nie, obwohl er den Neffen verbescheidet (Mil. 
p. 214), daß er ihn unter allen Umständen sei- 
nem Namen hinzufügen würde!), Abstammung 
und Geschlechtstafel, Amtern und Steuern (Qu. 
u. F. Nr. IV). Der große Künstler führte seinen 
Namen wohl zur Erinnerung an seinen GroB- 
onkel Michele (+ 1471). Er habe sich selber, 
bis auf eine (bestätigende?) Ausnahme (an sei- 
nen Bruder Buonarroto am 10. März 1498. Mil. 
p. 59) stets Michelagniolo geschrieben. Die 
Formen Michelangelo (aus lat. Michael angelus) 
und Michelagnolo waren schon zu Lebzeiten des 
Künstlers daneben im Gebrauch (Qu. u. F. S. 8). 

Bei der ungeheuren Steigerung des Ansehens, 
das gerade dieser stolze Künstler seinem Be- 
rufe zu verschaffen gewußt hat, kommt auch 
sein Familienstolz für seine Biographie stark in 
Betracht, Gleichwohl war auch dieser nur ein 
Ausfluß seines gewaltigen Subjekts. Seine wirk- 
lihen Ahnen waren schon geraume Zeit vor 
jenem sagenhaften messer Simone da Canossa 


in Florenz ansässig und von gut bürger- 
licher Herkunft: „meist Kaufleute, kleine Ban- 
kiers, Inhaber von Wedhselstuben, die nicht ent- 
fernt die Bedeutung der großen und berühmten 
Bankfirmen von Florenz zu erreichen vermoch- 
ten“ (S. 13). Da aber seit der Mitte des XIII. Jahr- 
hunderts der Popolo den alten Geburtsadel mit 
Erfolg aus dem Stadtregimente verdrängte, so 
haben sie sich — offenbar mit besonderer Vor- 
liebe und Tatkraft — an diesem beteiligt und 
wiederholt der höchsten Behörde, dem Priorat 
(wie auch vor seiner Verbannung des Künstlers 
Hausdichter Dante) angehört. 

Tatsächlid ist selten ein Genie so gegen 
alle Herkunfts- und Vererbungstheorien in die 
Welt getreten, wie gerade dieser darauf Wert 
legende Künstler. Zu der melancholischhen Welt- 
einsamkeit seines Lebens ist von Anbeginn der 
Grund gelegt in den kleinlichen, gedrücten Ver- 
hältnissen seines stiefmütterlihen Vaterhauses 
— er verlor die eigene, durch nichts bemerkens- 
werte Mutter im sechsten Jahre —, unter einem 
eingebildeten Hohlkopf von Vater, der ihm seine 
Künstlerschaft mit Stockschlägen auszutreiben 
versuchte und an dem er doch so hing, wie es 
jenes schöne Abschiedsgedicht auf den Neunzig- 
jährigen überliefert; unter „der Unselbständig- 
keit und Unproduktivität der übrigen Angehö- 
rigen“. 

Nichts als die Sorgen seiner Existenz hat 
ihm diese Familie gegeben, deren bloBe Er- 
haltung auf ihm lastete, und die seine noble 
Gesinnung wie seinen Familienstolz nach Kräf- 
ten ausbeutete. „Von Kind auf war er ge- 
zwungen, das, was seine Seele bewegte, soviel 
als möglich selbst vor den nächsten Angehöri- 
gen zu versdilieBen* (vgl. S. 124). DaB der 
Biograph sich dabei gemüßigt fühlt, die „terri- 
bilità“ der Natur seines Helden gegen die An- 
nahme „einer von Grund aus perversen Cha- 
rakteranlage und eines gestörten Nervensystems“ 
zu verteidigen, kommt auf Rechnung der Zeit, 
in der er schreibt. 

„Nidts wäre unhistorischer, als Michel- 
agniolo wie eine plötzlihe ‚Offenbarung‘ an 
die Welt, als ein voraussetzungsloses Phänomen 
zu begreifen“ (S. 79). Dieser axiomatischen 
Maxime hätte der Biograph doch audi für die 
allgemeine Bildung des Künstlers etwas Gel- 
tung einräumen sollen. Sie gerade soll reines 
Selbstprodukt des Künstlers sein. (Bei einer 
Reihe als voraussetzungslose „Erlebnisse“ hin- 
gestellter Gedichte, u. a. dem Sonett auf die 
bekränzte Blonde, den Stanzen auf das Leben 
in den Bergen habe ich inzwischen die literari- 
schen Beziehungen nachgewiesen.) 
sich heraus soll er zu der bewunderungswür- 


Rein aus ` 


818 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


digen Höhe der Weltkenntnis gelangt sein, „die 
ihn zuletzt auch in geistiger Beziehung den 
führenden Persönlichkeiten der Zeit gleich-, ja 
überordnete“ (S. 25). Ohne eine Ahnung von 
Platonismus soll er über den von Platonismus 
strotzenden Dantekommentar des Akademikers 
Laudino haben absprechen können und dürfen. 
Wo es dod naheliegt, gerade nach den An- 
lässen zur Ausbildung und Methodisierung sei- 
nes natürlihen Hangs zur Grübelei zu suchen! 
Die in unserem heutigen Sinne im damaligen 
Italien überflüssige Frage „Verstand M. A. La- 
tein?“ wird im Beiheft (V) noch einer geson- 
derten „Widerlegung“ gewürdigt, die auf eine 
Bestätigung hinauslauft. Daß Thode mit 
seiner Übersetzung von „in grammatica“ mit 
„lateinisch“ recht hat, wird gegen Frey jeder 
bekräftigen, der diesen Sprachgebrauch aus 
Dante kennt. Nichts anderes, als die Kenntnis 
der Grammatik, hat sich der Unterredner bei 
Giannotti abgesprochen; indem er dabei Fragen 
der Dantekommentare erörtert, in denen es von 
Latein wimmelt. Wie anders hätte der alte 
Mann sich vornehmen können, noch lateinische 
Grammatik zu treiben? Wie von sich rühmen 
dürfen, daB er stets die Unterhaltung mit Ge- 
lehrten bevorzugt habe (die damals nicht bloß 
ein „lateinisches Französisch“ und Deutsch, son- 
dern auch ein solches Italienisch sprachen; man 
denke gerade an L. B. Alberti!)? Er der von 
sich sagen konnte, daB es in Florenz (der Stadt 
der Platoniker) keinen Gelehrten gegeben habe, 
der nicht sein Freund gewesen sei? Was be- 
deutet dagegen die, gewiß aus höheren Be- 
weggründen als der leicht abzuhelfenden Igno- 
ranz, erklärbare Tatsache, daB der Bewunderer 
des heimischen Dichters die lateinische Adresse 
um die Überführung der Gebeine Dantes auch 
in heimischer Mundart unterschrieb ? 

Um so sorgsamer und vorurteilsfreier erfolgt 
die historishe Analyse der künstlerischen 
Bildung Michelagniolos. Hierbei wird gleich die 
hohe materielle Einschätzung der Schule des 
Domenico Ghirlandajo auffallen; zumal sie mit 
der — gleichfalls der Selbstbeurteilung Michel- 
agniolos zuwiderlaufenden — These Hand in 
Hand geht, daß Michelagniolos Begabung von 
Haus aus eine „eminent malerische“ gewesen 
sei (daher auch bei dem Plastiker das Anheben 
von Reliefs und Frontstellungen, wie der Pietà!). 
Von seiner Freskomalerei, die er bei Ghirlan- 
dajo gleich aus dem Grunde gelernt habe, sei 
auch „seine nachhaltigste Wirkung ausgeströmt“. 
Möge der Kenner auseinanderhalten, was an 
diesen (für die Echtheit der jetzt Freys Samm- 
lung eröffnenden fraglihen Federzeichnungen 
sehr positiven) Ausführungen im materiellen 


Sinne wahr und im idealen falsch sein dürfte. 
Seite 84 heißt es dagegen: ,Auch mit Reliefs 
hat er sich verhältnismäßig in geringem Um- 
fang und fast allein in der Jugendperiode be- 
faBt. Alsdann bildet er die Gestalten zumeist 
wie selbständig und losgelöst vom gemeinsamen 
Grunde. Ma... erstrebte und erreichte von 
Anfang an volle ,kubishe Wahrheit‘.“ Vor- 
her (S. 26) wird aber gesagt: „Erst nadı 
mehreren Versuchen und unter dem 
wadisenden Einfluß der Antike lernte 
Ma. volle kubishe Wahrheit erzielen.“ 

Es ist anlaBlich des „dekorativen Charakters“ 
der Skulptur Donatellos, daB sidı der Biograph 
auf diese nötige Korrektur seiner kühnen Aus- 
sprüche besinnt. Im Gegensatz zu dem „leeren 
Bonmot“ (Bode) Raffael Borghinis wird das 
beiderseitige Verhältnis der beiden „wahlver- 
wandten Heroen“ als ein durchausgegensätzliches 
dargetan. Die Beziehung des Moses auf Dona- 
tellos Johannes Evangelista im Dom (jetzt 
nicht mehr „im Chore“!) wird „himmelweit“ 
abgewiesen (S. 80). „Erobert Donatello die 
sichtbare Welt, so erobert und gestaltet Ma 
die unsichtbare, freilich nicht minder wirkliche 
und existente“ (S. 82). Verrocchio, der „tus- 
kishe Lysipp“ und (in Bologna) Jacopos della 
Quercia Reliefs an S. Petronio sind seine eigent- 
lihen Vorgänger und Anreger. Speziell im 
Giovannino ist ,der junge Meister dem Vor- 
gänger relativ am nächsten gekommen“ (S. 88). 
Der pädagogische EinfluB Bertoldos wird sehr 
hoch veranschlagt, die Nachwirkung auch seiner 
Kompositionen (Reiterschlacht) bis in die GroB- 
werke angenommen (Karton der Badenden, 
Juliusgrab, Sixtina). Auch Ma's Verhältnis zur 
Antike profitierte von ihrer frühen Vermittelung 
durch die Schule im Garten von S. Marco. Es 
blieb dadurch bewahrt von den Naditeilen, die 
die „zweite Phase“ des antiken Einflusses durch 
die Ausgrabungen und großen Funde auf die 
spätere Zeit des ,pedantisch-antiquarishen Be- 
triebs, der äußerlihen Nachahmung und tech- 
niscien Virtuositàt“ ausübte. „Seine antikische 
Art ist die der Frühzeit gewesen“, freilich ohne 
die ,frohgemute Sicherheit und romantische 
Stimmung“ des Quattrocentisten, eines Ghiberti. 
„Ihn reizen an der Antike weniger ihre Anmut 
und Harmonie, als ihre Kraft und Erhabenheit, 
ferner die vollendete Naturauffassung und Tech- 
nik, der vollkommen befreite Stil der 
Plastik“. Diesen habe er, mit dem ihm eigenen 
Ungestiim und der eisernen Konsequenz seines 
Wesens, sich zu eigen gemacht als des besten 
Ausdrucksmittels fiir die Gestaltenwelt seiner 
Phantasie (S. 94f.). Er habe daher auch nie 
im eigentlichen Sinne aus der Antike ,entlehnt*, 


Literatur 


819 


sondern alles derartige in seinem eigentümlich- 
sten Geiste umgeschaffen. Mit zunehmender 
Routine und den neuen Anforderungen, die ein 
neuer Inhalt an den Bildner stellte, habe er sich 
so schlieBlichh um so weiter von der Antike ent- 
fernt, „so zwar daB die Schöpfungen jener und 
die Ma's zuletzt als Gegenpole erscheinen.“ 

Besonders interessiert in diesem Zusammen- 
hang der Abschnitt über Ma’s anatomische und 
Modellpraxis. Er hat den männlichen Akt immer- 
dar bevorzugt, selbst bei Frauendarstellungen, 
und das „männliche Modell im Hinblick auf den 
Zweck effeminiert“ (prägnantes Beispiel die 
Zeichnung zur lybischen Sibylle). Es wird mit 
Recht zur Erwägung gestellt, „inwieweit diese 
Gewöhnung, nach nackten Jünglingen und 
Männern zu zeichnen und zu modellieren, Ma's 
Psyche wie Formenanschauung überhaupt be- 
einflußt hat“ (S. 141). Mit Henke wird „die 
lastende Schwere derKörpermasse“, „die Mannig- 
faltigkeit und Kompliziertheit in den Biegungen 
und Bewegungen“, wie sie bei Lebenden nur 
seiten, kurz und mit Willensanspannung möglich 
sind, endlich „die kontrastreicheFormbehandlung“ 
auf den Einfluß der Leiche „in ihrer gleichsam 
willenlosen Bewegbarkeit“ zurückgeführt. So 
konnten in seiner Seele „riesenhafte Leiber in 
unerhört kühnen Stellungen und Bewegungen 
entstehen, deren Existenz jenseits des Wirk- 
lihen liegt“ (S. 143). Gleichwohl erscheinen 
sie dank seinem Wissen und seiner Meister- 
schaft als natürlihe. Bisweilen werden aber 
den in Spannung befindlichen Gliedmaßen gegen- 
über andere Körperteile eher vernächlässigt. 
So entstehe „der Eindruck, als seien Ma’s Men- 
Scien eher anatomische Präparate, denen die 
Haut wieder nachträglich übergezogen sei“ 
(S. 144). 

Es ist der, nur ihrer an sie gesetzten Lebens- 
arbeit mögliche, Vorzug dieser Biographie, daß 
sie die Entwicklungsgeschidite von Ma's Genius 
mit sorgsamster Berücksichtigung und kritischer 
Erwägung aller historisch-biographischen Details 
ausstatten kann. So erfahren bei der Aufnahme 
ihres Helden in den Mediceerkreis die Lage und 
Einrichtung des Gartens von S. Marco, der 
Bau und die Anlage des Palastes in der Via 
larga (jetzt Via Cavour!) weitestgehende Spezial- 
untersuchungen, die im Beiheft mit Dokumenten 
aller Art belegt werden. Leider stehen ihre Er- 
gebnisse, wie der Verf. bei seiner Rekon- 
struktion des Innern der Mediceerwohnungen 
selbst eingesteht, hinsichtlich ihrer Sicherheit 
nicht eben im Verhältnis zu der darauf ver- 
wendeten Mühe. Nicht alle Dokumente sind für 
weitere Kreise so interessant, wie der Auszug 
(Qu. u. F. VII A. a. 1.) aus dem Zibaldone des 


Giannozzo Salviati, eines Typus aus der Floren- 
tiner lustigen Gesellschaft jener Zeit, wie sie 
in den Compagnacci der Savonarola-Zeit in die 
Beleuchtung der Weltgeschichte rücken. Dies 
Merkbuch eines damaligen Durchschnittsmenschen 
wird nur mitgeteilt (und dabei nach Kräften schlecht 
gemacht), um seine Angabe, der Mediceerpalast 
sei im Jahre 1444 erbaut, zu diskreditieren. 
Wertvoller ist die Untersuchung über Lorenzos 
Scrittojo (VIII A. c.), wobei dieser Zeitbegriff für 
eine Kunst- und Raritätensammlung im Gegen- 
satz zu Burckhardt (Der Sammler 472f.) nicht 
als Möbel, sondern als Raum angesprochen 
wird. Die z. T. neuen oder rektifizierten Mit- 
teilungen Medizeischer Aufzeichnungen über 
ihr künstlerisches und literarisches Mäcenaten- 
tum stehen nur noch in weiter Beziehung zum 
Thema des Werkes. Allein was wäre erklär- 
licher, als daB dem Biographen die Familie zum 
Gegenstande besonderer Forschung wird, die 
seinem Helden den Eingang in die große Welt 
des Geistes und der Kunst, wie providentiell, ver- 
schaffthat. DenHerabziehungen gegenüber, diedie 
demokratische Ara überhaupt und die des risor- 
gimento in Italien speziell mit diesem Ideal des 
Mäcen der Neuzeit vorgenommen hat (Villari!) 
erscheint eine solche Ehrenrettung sehr am Platz. 
Sogar für den vielgeschmähten Verantworter 
der mediceischen Katastrophe (von 1494) in der 
Geschichte, Piero „il Fiero“, den ältesten Sohn 
Lorenzos, tritt Frey aufs wärmste ein, teilweise 
schon mit Autorität des zeitgenössischen floren- 
tiner Historikers Nardi, eines Freundes Ma's. 
Einige ihn betreffende Briefe werden (Qu. und 
F. X.) mitgeteilt, darunter ein anscheinend un- 
edierter, in „herrlicher wie gestochener Schritt, 
charakteristisch für Pieros Wesen und Passionen“, 
der ihn als leidenschaftlihen Pferdefreund er- 
weist. Andere sprechen zugleich für seine Be- 
schäftigung mit humanistischhen Studien und 
Kunstinteressen, jedoch in der Korrespondenz mit 
seinem ängstlich über seine Ausbildung wachen- 
den Vater. Er steht zu sehr in dessen Schatten, 
um nicht verdunkelt zu werden, selbst wenn er 
sidi weiser betragen hätte, als er es, auf eigenen 
Füßen, „in seiner ehrlichen, offenen und zu- 
fahrenden Art“ (S. 221) getan hat. Der Auf- 
trag der Schneestatue, durch den er sich gerade 
in Ma's Leben eingeführt und nicht eben rühm- 
lich verewigt hat, wäre unter Lorenzo unmög- 
lich gewesen. 

Um so schlechter kommt, wie sich denken 
läßt, der politishe Antipode der Mediceer, 
Savonarola weg. Auch die nicht vertriebene 
Mediceische Linie, mit der Ma. in Verbindung 
blieb (Fälschung des Cupido), wird neben ihren 
anderen Beziehungen (221 ff.) als zu seiner er- 


820 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


klärten Gegenpartei gehörig vorgeführt. In dem 
‘ Bestreben, seinen Helden von dem Verdacht 
zu reinigen, ein aktiver politischer Parteigänger 
des Mönches, ein Piagnone, gewesen zu sein, 
schießt der Biograph gelegentlich über sein 
Ziel hinaus. Der rätselhafte Brief aus Rom an 
den „klugen“ Bruder Buonarroto über den 
politischen Möndh, den „Seraphiker“ und „stinken- 
den Ketzer“ etc. wird auch hier — trotz des 
großen Exkurses (Qu. und F. XVII) — leider 
nicht aufgeklärt; ebensowenig das damalige 
Schicksal des Dominikaners unter Ma’s Brüdern 
Leonardo, dem man im Viterbo „seine Kutte 
genommen“ hat. Hettners Deutung, jener Brief 
enthielte eine verstellte Warnung an Savona- 
rola bezw. seine Freunde (Ital. Stud. S. 151), 
bot immerhin eine Handhabe für seine Auf- 
fassung, für die ein Ersatz in der Annahme 
eines leeren „Sarkasmus“ — gerade bei Ma in 
diesem Falle! — nicht geboten wird. Der Pro- 
test gegen die Geschichtsfalschung, die die gegen- 
wärtige Inanspruchnahme des Florentiner Hei- 
ligen der Askese und der guten Werke für 
„alldeutsches Luthertum“ involviert (vgl. Qu. und 
F. S. 112), wird vom Ref. geteilt und ist von 
seiner Seite gleichfalls zum Ausdruck gebracht 
worden. 

Mehr Ertrag für die Aufhellung der vielen 
Dunkelheiten der Ma’schen Biographie bieten 
die Kapitel über die Flucht nach Venedig und 
Bologna (Arbeit an der Arca), Ma’s anatomische 
Studien (S. 129—149), bei denen dem Prior v. S. 
Spirito (dem Empfänger des Holzkruzifixes) eine 
grundlegende Rolle zugewiesen wird, über den 
unausgeführten Traktat über plastische Anatomie, 
den der Verf. gern in der Anatomie des Ma 
intim befreundeten Professors und päpstlichen 
Leibarztes Realdo Colombo wiederfinden möchte 
(S. 147), endlich über die Übersiedlung nach Rom. 
Hier wird sogar der auffallende Versuch gemacht, 
eine dunkle Gestalt im Leben des Kiinstlers, den 
Vertrauensmann des Kardinals Riario in der An- 
gelegenheit der gefälschten Antike, mit einer um 
so heller strahlenden zu identifizieren (S. 286f.), 
mit Jacopo Gallo, dem Besteller des Bacchus und 
Bogenspanners („Cupido“ in London), dem Ver- 
mittler des Auftrags der Pietà. Bei einem sonst 
hyperkritischen Autor, wie Frey, berührt diese 
kühne Zusammenlegung zweier in der Condivi- 
schen „Autobiographie“ so scharf geschiedenen 
Persönlichkeiten!) etwas romanhaft. Der Auto- 


) Ich will nicht verschweigen, daß Frey selbst am 
Schluß der Anm. zu S. 287 auf diesen Umstand hinweist, 
um ihm nidit nachzuahmen, der in der neuen Liefe- 
rung seines Corpus der Handzeidinungen mein eigenes 
Argument für die Niditausführung des Medaillons mit 
der Gigantenschlacht an der sixtinischen Decke (den Gegen- 
satz gegen die biblishe Umgebung) mir souverän ent- 


biograph gerade, den Frey hinter Condivi sieht, 
würde nicht verfehlt haben, einen für sein Leben 
so grundwidhtigen Faktor schon bei seinem ersten 
Auftauchen darin ausdrücklich zu nennen, mag 
man ihm sonst noch so schlechtes und diplo- 
matisches Gedächtnis nachsagen. Die Erzählung 
von dem Probestück der Zeichnung der (eigenen?) 
Hand bei dieser Gelegenheit (Frühjahr 1496) 
wird nicht bezweifelt, die sich daran heftende 
Tradition aber der Erhaltung dieser Handstudie 
(Crosaz - Mariette- Caylus-Bottari) abgewiesen. 
Sowohl die Zeichnung bei Bottari, als das viel- 
leicht daraus abzuleitende „manirierte Mad- 
werk“ der Londoner Terrakotta-Hand (Stein- 
manns ‘la mano di Michelangelo’ in der Fest- 
schrift für Fr. Schneider) wird mit Wickhoff auf 
den Michelangelesken Zeichner der Bologneser 
Schule Bart. Passerotti zurückgeführt (S. 244f.). 
Die gleiche kritishe Abweisung wird den 
übrigen Versuchen zuteil, früheste AuBerungen 
des Ma'schen Schaffens tatsächlich nachzuweisen. 
Bei der allerfrühesten, demFaunskopf, dessen 
Zahnlücke dem naiven Eifer des Knaben zuerst 
das Wohlwollen Lorenzos v. Medici eintrug, 
„schließt die raffinierte Technik“ der dafür im 
Florentiner Bargello ausgegebenen Fauns- 
maske ,Ma's Autorschaft eo ipso aus“ (Qu. u. 
F. XV. 1). Gegen Bodes Versuch, die Masken 
am ,Bacdus und Ampelos“ zum Anlaß fir 
die Erfindung der ganzen Geschichte zu machen, 
wird diese, von Bayersdorfer Ma zugewiesene, 
ihm von Wölfflin wieder aberkannte, Ergänzung 
eines antiken Torso in die zweite Hälfte des 
XVI. Jahrhunderts verlegt: mit Wölfflin „in die 
Umgebung“ Jacopos Sansovino. Daher ,auch 
die michelangniolesken Eigenheiten, die an der 
Gruppe unverkennbar sind.“ (Qu. u. F. XV 4). 
Den mit jenem Probestük der Hand eng 
verbundenen „schlafenden Cupido“ wollte 
Symonds in Mantua, K. Lange dann sicher in 
Turin aufgefunden haben (mit bezug auf den 
schlafenden Amor der sog. ,Bersaglieri“-Zeich- 
nung). Nur die zweite Hypothese lohnt es nodı 
zurückzuweisen (Qu. u. F. XIX 1). Die Häufung 
und ungeschicte Verteilung der Attribute an der 
Turiner Statue, die „grobe und knäulige“ Tech- 
nik, die „zu sklavische* Nachahmung der Antike, 
das Fehlen der fir Ma ,besonders bei liegen- 


gegenhält. Die Praxis vollends möchte ich mir nicht zu 
eigen machen, auf meinen Erklärungsversuc, warum dies 
echt Michelangeloske Sujet überhaupt nidıt ausgeführt 
wurde (Hinweis auf das jüngste Gericht, in dem später 
der gefällte Briareus jenes Medaillons Aufnahme gefunden 
hat) mir die Schulnote auszustellen, ich wisse nicht, daß 
das „jüngste Gericht“ damals noch nicht geplant war. 
Welches die „Tendenz“ meines Buches sei, weiß ich selber 
nicht; tröste mich daher leicht darüber, dap Frey sie bei 
sidi als „verfehlt“ bezeidinet. Daß meine tatsädılidıen 
Aufstellungen ridıtig sind, weiß ich, und die Kunstgeschichte 
wird es bestätigen. 


Literatur 821 


den Figuren so charakteristischen starken Quer- 
falte über dem Bauche“ lassen den Verf. seine 
Wallfahrt zu dem Werke in Turin als einen 
„Metzgergang“ bezeichnen. Vollends keine Gnade 
finden das Liphartsche Relief von Apollo und 
Marsyas nach dem von Ghiberti beschriebenen 
antiken Karneol (dessen Geschichte untersucht 
wird), vielleicht schon nach einer Plakette danach: 
‚vergröbert“ und ,verballhornt* — „wie kam 
der Knabe zu dem Karneol?“ — (Qu. u. F. XV 2); 
auch nicht der von Bode filr Berlin erworbene, 
von Hildebrandt glossierte, jedoch schon durch 
sein wertvolles Abbozzo- Material dem Bio- 
graphen verdächtige: ,zimperlichhe* Apollo mit 
der Geige (Qu. u. F. XV 3; vgl. das Argument 
der abweichenden Art der Bohrlöcher im Haupt- 
bande S. 107 u. Anm. f.). An der Arca di S. Do- 
menico wird — im geraden Gegensatz zu den 
Angaben des gleichzeitigen Custoden Fra Ludo- 
vico da Prelormo — der heilige Petronius 
als „durchaus selbständige“ Leistung Ma zuge- 
sprodien. Beim heiligen Proculus aber „ist 
nur am Kittel seine Hand zu bemerken“ (Qu. u. 
F. XVII 2, S. 131). 

Für die Vorzüge des knienden, leuchter- 
tragenden Engels an der Arca vor dem viel- 
bewunderten Pendant Nicolas wird dagegen 
(S. 214ff.), ebenso wie für die Edıtheit des 
des Giovannino (S. 224—237) mit besonderer 
Wärme eingetreten. Diese Partien, wie die über 
die unbestrittenen GroBwerke der Jugend Aas 
heben sich nicht bloB deshalb, weil sie die etwas 
stark in Ansprudi genommene Kritik etwas 
ausruhen lassen, wohltuend aus dem Buche 
heraus. Ihre feinfühlenden Beschreibungen, tief 
eindringenden Analysen, reichen entwicklungs- 
geschichtlichen Aufschliisse werden vielen Lesern 
die Augen über manches Öffnen, was sie ihm 
mehr danken werden als alle Unechtsbeweise. 
So ist gleich der Werdegang des Johannesideals 
vom Täufer, Propheten und Vorläufer Christi 
über den Asketen und Visionär zum quatro- 
centistisch laicisierten, kindlichen Giovannino 
(S. 226ff.) ein Muster prägnanter Vorführung 
einer weiten Entwicklungsreihe. Doch muß der 
Ref. gestehen, daB er bisher so naiv war, das 
geschwänzte Ding in der Hand des (es nach der 
Mundstellung verzehren wollenden!) Giovan- 
nino für seineSpeise (neben dem Honig), näm- 
lih eine Heuschrecke zu nehmen. Durch die 
Hand in der Frontansicht verhüllt, wirkt sie 
völlig als solche. Der Bildhauer hat gewiB nicht 
nötig, so etwas kleinlidı auszuführen. Hand- 
groBe Heuschrecken gibt es. Nun erklärt es aber 
der peinlihe Biograph als TrinkgefäB, als ein 
Hörnchen, „wie es wohl nom heute bei den 
Hirten der Campagna oder der ausgedehnten 


apulischen Weiden (so klein??) im Gebrauch ist.“ 
Da der Herkules Strozzi nicht erhalten ist, so 
wirkt der Giovannino „als erstes erhaltenes 
Spezimen einer Freifigur“, der schon Justi die 
gleich glücklihe Wirkung in allen Prospekten 
nachrühmt. Die ,Grazilität“ und die berufene 
schraubenförmige Drehung sollte kein Anlaß sein, 
das Werk einem späteren Nachahmer zuzuweisen. 
„Schon die Formenbehandlung gerade reizvoll 
durch eine gewisse Schüchternheit“, eine Folge 
der Neuheit der Aufgabe, sollte davon abhalten 
(S. 236). 

Die Kentaurenschlacht hat unter den Früh- 
werken, durch des Meisters eigene hohe Be- 
wertung, von jeher im Vordergrunde des Inter- 
esses gestanden. Die ungemeine Selbständigkeit, 
auch der Antike gegenüber, der er vielleicht 
gerade dadurch so nahe gekommen, vor allem 
aber gegenüber den illusionistischen Darstellungs- 
mitteln des Ghibertishen und Donatelloschen 
Reliefstils wird mit Nachdruck hervorgehoben 
(S. 105). Das Hildebrandtsche „Gesetz“ (der un- 
sichtbaren vorderen Grenzfläche) wird angesichts 
dieser ungleich über den Rand hinaus quellenden 
Figuren“, als „eineForderung moderner Ästheten“ 
zurückgewiesen. Daß des Verf.s Verwerfung 
der schon von Wickhoff für das Sujet heran- 
gezogenen Stelle im XII. B. der Metamorphosen 
des Ovid nicht Stich halt, habe ich inzwischen 
dargetan. 

Bei weitem weniger gewürdigt wird meist die 
„Madonna an der Treppe“. Der Verf. verdient 
daher besonderen Dank für seine liebevolle Ein- 
führung in die geheimnisvolle Versunkenheit, 
die erhabene Einfalt dieser Antizipation der 
tiefen Ma’schen Kunst. „Scharfe Beobachtung 
des Lebens und unausgesetzte Verinnerlichung 
des Geschehenen“ konnten allein zu einem, bei 
manchen Mängeln in Komposition und Klarheit 
der Details (die die Frühzeit dafür sichern) so 
erstaunlicı reifen Resultat führen. Auch hier 
trefflihe Orientierung über den Umschwung, 
den in der allzu genrehaft gewordenen Behand- 
lung dieses Grundthemas der italienischen Kunst 
dieses Werk bezeichnet! Aufschlußreiche Moti- 
vierung der auffallenden und doch so konse- 
quenten Formbehandlung (des Kindeskörpers 
in Korrelation mit der Haltung der Mutter 
bis ins einzelne)! In dem Treiben der Putten 
im Hintergrunde wird mit Recht eine Ankün- 
digung der betr. Motive am Sixtinischen Ge- 
wölbe gesehen (S. 110). Auch der Sinn dieses 
Hintergrundes mit der eigentümlichen Brücken- 
treppe und der verschleierten Mauer, an deren 
Eingang die Jungfrau sitzt, würde dem Verf. nir- 
gends unklar erscheinen, wenn er die theologische 
Bedeutung dabei in Anschlag bringen wollte. 


822 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Der gleiche (antik-dhristliche) Gegensinn, der 
‘Kentaurenschlacht’ und ‘Madonna an der Treppe’ 
verbindet, besteht zwischen Bacchus und 
‘Pietà’. GewiB noch in tieferem Bezuge, als ihn 
der Biograph zur Geltung bringt! insofern eine 
einheitliche Auffassung die Kentaurenschlacht, 
als ein Paradigma der Folgen der Wistheit, 
und den standunfähigen Bacchus im Geiste des 
Marsilio Ficino und seines Kreises verbindet. 
Selbst bei Condivi (cap. 15. 9) haben sich An- 
deutungen nach dieser Richtung erhalten. Es ist 
daher überflüssig, sich wie Shelley vor diesem 
persönlichen Frevel an der Majestät des Dionysos 
klassisch zu ereitern. Der Fortschritt in der 
Freiheit der Behandlung, „der Auflockerung der 
Masse“ wird dem Giovannino gegenüber her- 
vorgehoben. So stellen einige verwandte Stand- 
motive und die Formengebung im einzelnen 
den Bacchus in eine Reihe fortschreitender Ent- 
wickelung von gewissen Kämpfern derKentauren- 
schlacht bis zum David. Die „weibliche Fülle“ 
(carnositä bei Vasari), die Ma dem Gotte nach 
antikem Vorbild verliehen, sei nicht Fettheit 
(Wölfflin), „sondern eher das Gegenteil davon“: 
Fleischigkeit und Rundung. An ein bestimmtes 
antikes Vorbild sei nicht zu denken; was man 
in dieser Hinsicht gefabelt (Francisco de Hol- 
landa, Boissard), sei Übertragung der Geschichte 
vom Mantuaner Cupido auf den Bacchus (S. 259f.) 
Die von Friedrich dem Großen mit groBen Kosten 
angekaufte, heute nicht mehr naciweisbare, 
Statuette eines sitzenden Bacchus mit Tiger und 
Satyr war schwerlich eine Originalarbeit Ma's. 

Den Höhepunkt in Ma’s Jugendentwicklung, 
zugleich nach Condivi die Eröffnung seines Welt- 
ruhms, bezeichnet die Pieta. Hier unter dem 
Eindruck von Wölfflins Analyse, auf die Frey 
selber verweist, erneut zu interessieren, ist nur 
auf dem Grunde des Unendlihen möglich, in 
das ein solches Werk gleichsam den Blick er- 
schließt. Dies unbeschreiblite Bild des mit 
keinem zu vergleichenden Leides ward der erste 
„unmittelbare Ausfluß inneren Lebens“ des zur 
technischen Meisterschaft gelangten Schmerzens- 
mannes unter den Künstlern. Fast möchte man 
sih der kunsthistorischen Hinweise erwehren: 
auf den Ausdruck des gehaltenen Affektes bei 
Jac. della Quercia, auf die Handbewegung Christi 
in Lionardos Abendmahl, ja selbst auf das eigene 
Jugendwerk, die Madonna an der Treppe, deren 
starre Andeutung jetzt dem vollen Ausdruck im 
„schönsten und natürlichsten Wohllaut gewichen 
ist“. Das Werk wie sein Vorwurf steht zu sehr 
auf sich allein. Jene „wundervoll zarte, zögernde, 
spontane Geste“ der linken Hand als Frage zu 
deuten (S. 301), heißt schon sie in Konnex mit 
der Außenwelt setzen, heißt sie zur rhetorischen 


entweihen. Hier ist die Seele, „die nichts mehr 
auf Erden hat“. Über den theologischen Sinn 
(der allzu jugendlich erscheinenden Gottesmutter) 
redet ja hier der Künstler selbst (bei Condivi). 
Treffend wird auch auf die „Scheu“ der andern 
Hand hingewiesen, „den heiligen Körper zu be- 
rühren und also hat sie einen Zipfel ihres Ge- 
wandes dazwischen genommen“. Die wunder- 
volle, zierlihe Behandlung dieses Gewandes, 
wie die des „vollkommen toten“ Leichnams dient 
zugleih dem Erweise der schon im Eingang 
aufgestellten These von der ,reliefmäBigen Auf- 
fassung“. Das hindert aber nicht, hierbei (gegen 
Justi) dem Urteil entgegenzutreten, daB die 
„Seitenansicht den Anblick fast verzerrter Frag- 
mente gewähren“ (S. 305). Die Frontstellung 
wird nicht aus dem Hildebrandtschen Prinzip, 
sondern dem Thema, „der liturgischen Bedeutung 
der Gruppe“ am Standorte, abgeleitet. Über 
die Aufstellung (im Oratorium Santa Petronilla 
bei Alt-St. Peter), Kontrakt, Marmorbeschaffung 
im Auftrage des französischen Kardinals werden 
zum Text der bez. Veröffentlichungen durch 
Milanesi spezialisierte Auskünfte gegeben, zwei 
vermutlich zugehörige Briefe neu mitgeteilt 
(Qu. u. F. XX). 

Den Abschluß bilden der Petersburger ,kau- 
ernde Knabe“ (dort sog. ,Karyatide*) und 
der Londoner sog. Cupido. Den ersteren unter 
die Jugendwerke versetzt zu sehen (1497! wo 
ihn der Biograph einreihen zu können glaubt! 
S.319), wird wohl einmütigem Widerspruch be- 
gegnen. Dies virtuose „Experiment stärkster 
Biegung“ (Justi) wird von Wölfflin „das Aller- 
hödhste in der Art“ genannt: „es ist der reine 
Würfel, aber mit höchst intensiver Anregung 
zum plastisch Vorstellen begabt“ (Kl. K. S. 176). 
So etwas ist schwerlich ein Problem für einen 
Zweiundzwanzigjährigen! Springer wollte einen 
Sklaven des Juliusgrabes darin erkennen. Knapp 
giebt ihm den Schleifer in der Tribuna zum An- 
reger, wonach er später als dessen Fundjahr 1538 
anzusetzen wäre. Den Bezug zum Dornaus- 
zieher hat schon Wölfflin geltend gemacht. Frey 
deutet auch sein Motiv ähnlih (S. 315). Ein 
anderer Grund für die Einreihung in die Jugend- 
werke als die „streng symmetriscie Komposition“ 
(S. 318) wird nicht angeführt. Kurz darauf (S. 320) 
gilt seine „konzentrierte Aktion“ schon als 
chronologisches Zeugnis für den (dadurch eben 
wieder aus der Jugendreihe herausstrebenden) 
Londoner Bogenspanner. 

Diese leider arg mitgenommene, schlecht 
(,unrichtig* und „nazarenerhaft“ d. i. weichlich 
S. 321) ergänzte Figur wird mit Fug — gegen 
Wickhoff und Springer — als solcher erklärt. 
Michaelis hat ihre Identität angezweifelt, da 


Literatur 


Aldrovandi die in Frage kommende Statue Ma's 
in der Casa Gallo als Apollo beschreibt. Con- 
divi spriht von einem Cupido für Gallo, ohne 
ihn näher zu beschreiben. Tut man nicht 
besser, darin einen Irrtum und (mit Wickhoff) 
in diesem überenergischen, höchst unerotischen 
Jünglinge mit „Köcher und Pfeil“ wirklid den 
Apollo Aldrovandis zu sehen? statt mit Frey 
(S. 326f.) drei Statuen für mdglich zu halten? 
In der Londoner findet er ein Motiv aus dem 
Psychemärchen des Apulejus, den „auf Befehl 
seiner göttlidhen Mutter die Strafe an Psyche 
vollziehenden* Cupido, der „von erhöhtem 
Standort“ auf sie anlegt! Aber ehe man lite- 
rarische Quellen heranzieht, sollte man doch erst 
prüfen, was sie enthalten! Bei Apulejus (Metam. 
IV, cap. 30 sq. p. 75. Eyssenhardt) führt Venus 
ihren Sohn ausdrückli in die Stadt Psyches 
und stellt ihn vor sie hin (perducit ad illam 
civitatem et Psychem coram ostendit). Auch 
verfällt Psyche ihrer Strafe, der Liebe zu ihm, 
nicht durch einen PfeilschuB des Gottes, sondern 
bekanntlich dadurch, daB sie sich, von ihm zuerst 
geliebt, bei ihrem Übertreten seines Gebotes 
selber mit einem seiner Pfeile ritzt (depromit 
unam de pharetra sagittarum et puncto pollicis 
extremam aciem... pupugit... Sic ignara 
Psyche sponte in Amoris incidit amorem! I. c. 
p.91 sq. V, cap. 23.) Diese Art Motive hat Ma, 
statt sie Raffael vorwegzunehmen (S. 328), wohl 
mit BewuBtsein ihm und seinen Giulio Romano 
überlassen. Leider fordert so gerade der SchluB- 
satz des Werkes („Idh meine, diese Deutung 
wird dem geistigen Gehalt wie dem körperlichen 
Motive der Londoner Figur durchaus gerecht“) 
die strikte Negation heraus. Der nadı unten 
shieBende Apollo läßt sich dagegen nahe- 
liegend in Ma’s bezeugtem Motivenvorrat nach- 
weisen (Vgl. des Ref. Rätsel des Ma. S. 254). 
Aber auch allgemein: als Treffer der Nio- 
biden, als Entsender der Pestpfeile in das 
Griechenlager vor Troja! Könnte nicht auch 
ein Mißverstand oder Übersetzungsfehler von 
Odyssee 11, 318 ff. vorliegen, daß Apollo den 
Otos und Ephialtes im Ephebenalter ge- 
troffen habe? 

Den David, das nachweislich erste Spezimen 
„konzentrierter Aktion“ in Ma’s schöpferischem 
Bildungsgange, findet man hier noch nicht. Eine 
SluBanmerkung erklärt, daB das Schlußkapitel 
(bis zum Eintritte in den Dienst Giulios II.) „mit 
Rücksicht auf den Umfang dieses Bandes“ dem 
zweiten vorbehalten worden ist. Möge der Verf. 
esnicht als „verfehlte Tendenz“ empfinden, wenn 
ih den Wuusch ausspreche, daß dieser recht 
bald erscheine. 

Karl Borinski. 


823 


Giorgio Bernardini. Sebastiano del 
Piombo. Istituto italiano d'arti grafiche. 
Bergamo 1908. 


Über der Geschichte der venezianischen Malerei 
in dem Anbeginn ihrer klassischen Periode hat 
ein eigener Unstern gewaltet. Wohin man sich 
wendet, trifft man den gleichen Mangel an 
sicheren Nachrichten. Die Archive, von sorg- 
fältigen Gelehrten wiederholt durchforscht, in 
vieler Rücksicht so ausgiebig, haben für die 
Hauptfragen so gut wie völlig versagt. Das 
Geburtsjahr Giorgiones, Tizians, Sebastianos, 
Palmas ist uns nach wie vor unbekannt; es fehit 
an jedem Dokument über die Jugendwerke dieser 
Meister, es fehlt z. T. an gesicherten Werken. 
Sebastiano Lucianis Persönlichkeit ist für uns 
bis zu seinem Eintritt in den Kreis der römi- 
scien Künstler problematish. Wir haben das 
eine gesicherte Bild auf dem Hochaltar von San 
Giovanni Grisostomo in Venedig, offenbar Höhe- 
punkt und Abschluß seiner ersten Periode und 
müssen mit Hülfe der analytischen Methode 
versuchen, von hier aus rückwärts Werke, die 
denselben Stil im Keime zeigen, ausfindig zu 
machen. Für Sebastianos spätere Jahre, wo 
er unter den EinfluB Michelangelos gerät und 
durch die Verbindung venezianischher Malweise 
mit der grandiosen Formbehandlung des Floren~ 
tiners einen völlig eigenen Stil schafft, fehlt es 
ebensowenig an gesicherten Werken, wie an 
Dokumenten über Leben, Laufbahn, Beziehungen. 
Wir besitzen ooch heute eine verhältnismäßig 
groBe Zahl eigenhändiger Briefe Sebastianos, 
eine wahre Fundgrube für das Kunstleben Roms 
in dieser Periode. 


Nahezu gleichzeitig erscheinen zwei Mono- 
graphien über den Meister, nachdem seit Crowe 
und Cavalcaselle niemand es versucht hatte, 
seine Laufbahn darzulegen. Diejenige, welche 
wir hier vorlegen, zeigt deutlich, wie sehr sich 
dank günstiger Umstände das Material ver- 
mehrt hat, seit jenes monumentale Werk über 
die Geschichte der italienischen Malerei erschienen 
ist; zugleich aber audı, daB trotz so vieler Kräfte, 
die seither an der Arbeit gewesen sind, die 
Probleme noch fast auf demselben Punkt ge- 
blieben sind. 


Die schwierigste und wichtigste Frage. — 
Sebastianos Jugendentwicklung — wird durch 
Bernardini kaum gefördert, geschweige denn 
gelöst. Wer gelesen hat, was er uns sagt, hat 
die Wahl, ob er diese oder jene Attribution 
akzeptieren will oder nicht; es fehlt an zwingen- 
dem Nachweis. Gehört das Bild der Grab- 
legung bei Lady Layard mit der verdächtigen 
Aufschrift, ganz im Stile der Cima-Schule ge- 

54 


824 


malt, dem Sebastiano oder nicht? Sind sein 
Werk die Orgelflügel in San Bartolomeo, die 
nach Moschinis Zeugnis ganz von G. B. Mingardi 
überarbeitet wurden? Wie ist es mit dem Bild 
von „Thomas’ Unglauben“ in Treviso und der 
»Heimsuchung* in der venezianischen Akademie? 
Lauter offene Fragen, in denen vielleicht eine 
subtile Formanalyse uns weiter bringen könnte. 
Der Verfasser bietet diese nicht. 

Mit dem Beginn der Ubersiedelung nach 
Rom, die wir doch wohl ohne Schwierigkeit mit 
Agostino Chigis Besuch in Venedig im Sommer 
des Jahres 1511 in Verbindung bringen dürfen, 
werden die Dinge klarer. Bernardini bespricht 
eingehend die Werke, die er in Rom schafft; 
er gebietet hier über ein Material, das noch 
niemandem so zu Gebot stand. In der Dar- 
stellung schlieBt er sich an Vasari an, der, mit 
Sebastiano wohl bekannt, ein sehr glaubwürdiger 
Zeuge für die Umstände seiner späteren Lauf- 
bahn ist. Seine Ausdrucksweise ist einfach und 
hält sich von der Phrase frei. 

Obwohl die Sammlung von Künstlermono- 
graphien, von der dieses Buch einen Teil aus- 
macht, wohl dem Verfasser räumliche Beschrän- 
kung auferlegte, hätte man doch hier und da 
größere Exaktheit in der Bezeichnuug der Quellen, 
die er benutzt, gewünscht (,i critici osservano, 
un critico nota“ usw.), ebenso auch das bio- 
graphische Detail ein wenig genauer. Ein Bei- 
spiel. Die Periode vom Sacco di Roma bis 
zur Rückkehr Sebastianos nach Venedig er- 
ledigt Bernardini (S. 50) mit wenigen Zeilen: 
„Sebastiano ging in die Heimat . . . und blieb 
dort von circa 1528 bis in die ersten Monate 
1529. Aus einem Brief der Isabella d’Este von 
1529 (März) erfahren wir, daB Sebastiano nach 
Rom zurückzukehren beabsichtigte; und durch 
einen Brief ihres Gatten, des Marchese, im Mai 
des gleichen Jahres seine Ankunft daselbst.“ Das 
ist weder präzis, noch genügend über diese 
wichtigen Jahre; denn wir wissen mehr darüber. 

Im Mai 1527, schrieb Sebastiano von Rom 
aus an Aretino (Lettere scritte a Pietro Aretino, 
ed. Landoni, Bologna 1873, I, S. 12 u. 13): im 
August 1527 war er in Venedig (Lettere di P. 
Aretino, Paris 1609, I, S. 13b). 

Dann erscheint er im März 1528 am Hofe 
Clemens VII. in Orvieto und beabsichtigt dort 
zu malen, wie wir aus einem Brief des Kar- 
dinals Ercole Gonzaga an Isabella d’Este wissen 
(Luzio, im Emporium Juni 1900, S. 431). In 
Venedig war er wieder im Juni 1528, wie uns 
Ludwig mitgeteilt hat, dem wir auch sonst 
einige wichtige Notizen über die Familie Luciani 
verdanken (Jahrbuch d. preuß. Kunstsammlungen 
Bd. XXIV, 1903, Beiheft S. 110). Der Brief der 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Isabella d'Este vom 2. März 1529 steht bei 
Gaye Il, S. 178 und das Billet ihres Sohnes 
(nicht Gatten), des Marchese Federigo, ebendort. 

Es ist oft mühselig, immer zeitraubend, viele 
solche biographischen Details zusammenzutragen; 
daher darf man billig verlangen, daB die letzte 
Biographie eines Meisters sie lückenlos und unter 
Nachweis der Quellen beibringt. 

In der sehr kurzen Bibliographie vermisse ich 
außer Ludwigs oben angeführten Aufsatz Frey's 
Ausgabe derBriefe an Michelangelo, die mancher- 
lei für Sebastiano Bedeutsames enthält und zur 
Korrektur von Milanesis Ausgabe der Briefe 
Sebastianos wichtig ist, sowie E. Schäffers Aufsatz 
über das Porträt der Giulia Gonzaga (Zeitschr. 
f. bild. Kunst N. F. XVII, 1907, S. 29). 

Dafür entschädigt uns der Verfasser durch 
die zahlreichen und seltenen Abbildungen, die 
er zum ersten Mal mitteilt: so das Porträt des 
Kardinals del Monte, früher in der Galerie Fesch, 
das der Zufall nach Montreal verschlagen hat, 
das Madonnenbild in der Kathedrale von Burgos, 
den hl. Bernhard des Vatikans, den Hieronymus 
aus der Sammlung Johnson in Philadelphia usw. 
Um dieses Materiales willen bedeutet Bernardinis 
Monographie eine wertvolle Bereicherung unserer 
Kenntnisse von Sebastiano del Piombo. 

Georg Gronau. 


2 


Julius von Schlosser. Die Kunst und 
Wunderkammern der Spätrenaissance. 
Leipzig, Klinkhardt & Biermann, 1908. (Mono- 
graphien des Kunstgewerbes. Neue Folge XI.) 


Schlosser hat es verstanden, in diesem Buche 
ein dem heutigen Gebildeten ziemlich fern lie- 
gendes Thema uns nahe zu bringen und beweist 
damit aufs neue, daB es eigentlich auch in der 
Wissenschaft so gut wie in der Kunst vielmehr 
auf die Behandlung des Stoffes ankomme als 
auf den Stoff selber, Wer fragt heute noch 
nach den wunderlichen Schatzkammern, in denen 
dilettierende Fürsten oder reiche Polyhistoren 
der Renaissancezeit aufspeicherten, was ihnen 
in Natur und Kunst als merkwürdig, selten und 
kostbar vorkam? Sie sind längst aufgelöst, 
vershwunden gleich dem Geiste, der sie ins 
Leben rief. Wo noc Reste von ihnen — freilich 
in moderner Umgestaltung — bestehen, wie z.B. 
im mathematisch-physikalischen Salon in Dres- 
den, werden sie vom Publikum wenig beachtet. 

Schlosser aber web uns sofort zu fesseln, 
indem er seine Kunstkammern in den Mittel- 
punkt einer zusammenfassenden Betrachtung des 
ganzen Museumswesens rückt. In einem ein- 
leitenden Kapitel seines vortrefflih aufgebauten 


Literatur 


825 


Essays schildert er kurz die Entstehung der 
öffentlihen Kunst- und Raritätensammlung im 
Bezirke der Kultstätte, — wie im antiken Tempel 
und in der mittelalterlichen Kathedrale die Keime 
des Museums zu suchen seien. Dann wird in 
dem ausführlicheren Hauptteile an einer Reihe 
von Beispielen der Charakter und die Zusammen- 
setzung der Kunst- und Wunderkammern er- 
örtert. Daß der Verfasser dabei weiter ausholt, 
als der Titel seines Buches es vermuten läßt, 
indem er eingehend auch eines großen Sammlers 
des späten Mittelalters, des Herzogs Jean von 
Berry, gedenkt, wird man ihm nur danken. Be- 
sonders ausführlich ist die Ambraser Sammlung 
des Erzherzogs Ferdinand von Tirol behandelt, 
die ruhmwürdigste und bestgeordnete ihrer 
Art. Die eingehende Schilderung ihres ursprüng- 
lien Bestandes und ihrer Aufbewahrungsart, 
die durch Abbildungen mancher der erhaltenen 
Hauptstücke illustriert wird, rechtfertigt es, daß 
der Verfasser über die meisten der anderen 
fürstlichen und privaten Kunstkammern mit kurzen 
Bemerkungen hinweggeht. In einem Schluß- 
kapitel leitet eine kurze Schilderung der weiteren 
Entwicklung des Sammelwesens den Leser bis 
zu den modernen Museen. Natürlicherweise ist 
die Darstellung am lebhaftesten und gedanken- 
reichsten in den allgemein gehaltenen ersten 
und letzten Teilen des Buches, doch bekundet 
sih durdigehends die vielseitig gebildete, reif 
und billig urteilende Persônlihkeit des Ver- 


fassers. G. Pauli. 
g 


Manuel d'art musulman. Paris, Picard 
1907. I. L’Architecture par H. Saladin. XIV, 
596 S. mit 420 Abbild. II. Les arts plastiques 
et industriels par Gaston Migeon. LXXXIII, 
474 S. mit 376 Abbild. 


Wir leben im Zeitalter der Enzyklopädien. 
Das mag für die Mehrzahl der Wissenschaften 
ein Segen sein, für die Gebiete nämlich mit 
hundertjährigem Stammbaum, deren Bearbeiter 
Gefahr liefen, sich derart im Speziellen zu ver- 
zetteln, daß ihnen der Blick auf das Ganze ver- 
loren ging, wie in der Religionswissenschaft, 
Philologie u. dgl. Der Kunstwissenschaft kommt 
das enzyklopädische Aufarbeiten etwas zu früh. 
In ihr gibt es noch nicht viel Höhen und Tiefen, 
wir haben uns, wenige Gebiete ausgenommen, 
noch kaum von der in breiter Masse daliegen- 
den Oberfläche entfernt. Ich habe nicht den 
Eindruck, daß uns die verschiedenen „Kunst- 
geschichten“, die in letzter Zeit erschienen sind, 
wissenschaftlich genutzt haben, auch das Unter- 
nehmen von Michel nicht, höchstens in einzelnen 


Teilen Venturi. Wir haben eben noch zu wenig 
monographish und am einzelnen Kunstwerk 
systematisch gearbeitet. Kaum daß man ange- 
fangen hat, naheliegende Gebiete genauer vor- 
zunehmen und der Wunsch erwacht ist, durch 
Jahresberichte über diese Einzelforschungen über- 
sichtlich orientiert zu werden. Da hat es nun 
etwas Überraschendes, wenn eine französische 
Firma, Alphonse Picard et Fils, die Herausgabe 
von Handbücern für die einzelnen Kunstkreise 
ankündigt. Man beachte die Seitenzahl der 
beiden vorliegenden Bände über islamische Kunst 
und wird zugeben, daß es sidi um ein wirkliches 
Aufarbeiten des gesamten Materials handeln 
kann. Bisher ist erschienen von Enlart das 
Manuel d'archéologie francaise depuis les temps 
merovingiens jusqu’ à la Renaissance in zwei 
Bänden und es sind angekündigt ein Manuel 
d'archéologie préhistorique, celtique et gallo- 
romaine in drei Bänden von Déchelette, Art 
byzantin von Diehl, Art chrétien primitif von 
Pératé und Archéologie du moyen-âge als Er- 
gänzung zu dem obengenannten Werk, eben- 
falls von Enlart. Ich kann den Geist des ganzen 
Unternehmens vorläufig nur nach den mir vor- 
liegenden Bänden über islamische Kunst be- 
urteilen. 

Was besitzen wir denn für dieses Gebiet an 
Handbüchern? Kurz gesagt. nichts. Denn was 
Gayet zusammengeschrieben hat, ist kaum der 
Erwähnung wert, und Franz-Paschas verdienst- 
volle Arbeit beschränkt sich im wesentlichen 
auf die Vorführung der Bautechnik von Kairo. 
Es ist daher eine beachtenswerte Tat der Herren 
Saladin und Migeon, wenn sie versuchen, Rechen- 
schaft über das Gesamtgebiet der muhamme- 
danischen Kunst in ihren einzelnen lokalen Ge- 
bieten bezw. nach technischen Gruppen zu geben. 
Der Architekt Saladin kennt aus eigener lang- 
jähriger Tätigkeit die Kunst Nordafrikas genau; 
wir besitzen u.a. von ihm die Monographie über 
die groBe Moschee von Kairuan. Und Migeon 
ist Konservator der einschlägigen Abteilung des 
Louvre und hat sich bei der Exposition des arts 
musulmans in Paris 1903 groBe Verdienste er- 
worben. Wir haben es also mit Männern zu 
tun, die berufen waren, sich an die Arbeit zu 
machen. Beide haben es nicht leicht genommen 
und vor allem eine Vorbedingung erfüllt: da sie 
selbst philologisch wenig oder gar nicht aus- 
gerüstet waren, haben sie den stets hilfsbereiten 
besten Kenner arabischer Epigraphik, Max 
vanBercem, zu ihrem Mitarbeiter genommen 
So sind ihre Mitteilungen auch von dieser Seite 
zumeist auf einen sicheren, einwandfreien Boden 
gestellt. 

Man wird schon aus der Art, wie ich die 


826 


beiden Bände hier einführe, ersehen, daß ich 
viel von ihnen halte. Ich selbst arbeite seit 
18 Jahren über islamische Kunst, weiß, welches 
ungeheuere Material da kaum noch gesichtet 
vorliegt und habe daher nur zögernd den An- 
trag angenommen, die dritte Auflage von Franz- 
Paschas „Islamische Baukunst“ neu zu bearbeiten. 
Ih habe also vielleiht etwas Einblick in die 
Art, wie die Herren ihr Material gewonnen und 
gesichtet haben und es jetzt vorführen. Ich kann 
nur sagen, es ist die erste halbwegs verläßliche 
Darbietung dieser Art: ein wirklides Manuel, 
das niemand, der dem Fach als Sammler oder 
Forscher nahetreten will, entbehren kann. Ich 
sehe freilich in beiden Bänden viele Lücken und 
Schwächen, entbehre daran zu sehr die ent- 
wicklungsgeschichtliche Auffassung; aber ich bin 
mehr als zufrieden und aufrichtig dankbar für 
das, was in unsere Hände gelegt ist. Vor allem 
wird jedem Benutzer dieser Bände wertvoll 
sein, daß den einzelnen Abschnitten am Schlusse 
regelmäßig eine ausgiebige Bibliographie an- 
gehängt ist. 

Saladin führt im ersten Bande die Architektur 
nach einer Einleitung über die Anfänge in fünf 
„Schulen“ vor. Ich werde nicht so früh wie er 
mit der lokalen Aufteilung beginnen. Freilich 
Ostasien und Indien, sowie die ottomanische 
Gruppe scheiden für die Anfänge aus; aber das 
Syro-Agyptische, die nordafrikanisch-spanisch- 
sizilische Gruppe und Persien müssen doch mehr 
als geschlossene Einheit behandelt werden, man 
sieht sonst nicht, wie die islamische Kunst 
wird. Die richtige Einteilung dürfte m. E. sein, 
zunächst die Kunst der Omajaden, d. h. die 
erste Auseinandersetzung des Islam mit der 
christlich-hellenistischen Kunst in Syrien, zu be- 
handeln — Saladin beachtet Mschatta zu wenig 
und kennt Amra nicht — und dann die Kunst 
der Abassiden in der Zeit ihrer Blüte, d. h. das 
Heranwachsen der eigentlihen Moslim-Kunst 
aus der persisch-sassanidischen vorzunehmen. 
Es muß endlich einmal aufhören, die Amr- 
Moschee in Kairo an die Spitze zu stellen. Doch 
ich komme in eine Polemik und in Einzelheiten, 
für die ich besser auf meine eigene Neubearbei- 
tung verweise. S. hat das Material sorgfältig 
zusammengetragen und bietet eine Fülle von 
Abbildungen, für die ihm die Klichees Gervais- 
Courtellement besonders zustatten gekommen 
sind. Es ist nur zu bedauern, daß Wort und 
Bild oft weit auseinandergerissen wurden. Das 
sollten die Kunsthistoriker unter allen Umständen 
meiden. 

Wenn wir den älteren Bearbeitern der 
islamishen Kunst und Franz-Pascha die Aus- 
wertung der ägyptishen Denkmäler, Fer- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


gusson Indien und Sarre den persisch-seld- 
schukkischen Kreis verdanken, so fällt Saladin das 
Verdienst zu, zuerst ausführlich und zusammen- 
fassend Tunis und Älgier herangezogen zu haben 
— ich sehe natürlich von der Monographie über 
Tlemcen der Brüder Marcais ab. Es folgt dann 
ausführlich die persische, ottomanische und in- 
dische Gruppe. 

Der zweite Band von Migeon bringt zunächst 
eine allgemeine historischeEinleitung über islami- 
sche Zivilisation und stellt dann an die Spitze 
der einzeln nach Material und Technik gebildeten 
Gruppen die Miniaturenmalerei, wobei er die 
älteste rein ornamentale Strömung, für die Moritz 
treffliche Belege veröffentlicht hat, etwas bei- 
seite und nur die figürlichen Darstellungen gelten 
läßt. Hier ist nun zunächst Blochet sein Führer, 
die Anregung gehe von „Byzanz“ aus. Der 
arabischen stellt er eine persische Schule gegen- 
über, die sich in eine mongolische, eine Timu- 
riden- und eine Sefewiden-Zeit gliedert. Ich 
kann nicht stark genug betonen, daß diese land- 
schaftlih hochentwickelte Figurenmalerei chine- 
sischen Ursprunges ist. Ich glaube, ihre Be- 
deutung für die Rekonstruktion der ältesten 
ostasiatishen Kunst nach der großen vom 
Hellenismus angeregten Blüte ist noch gar nicht 
erkannt, hier eröffnet sich dem Kunsthistoriker 
ein ungeheueres Arbeitsgebiet. — M. geht dann 
über auf die Skulptur. Er hätte an die Spitze 
die altarabischen Grabsteine mit ihren Palmetten- 
ornamenten stellen und die eigenartigen Holz- 
türen und Möbel der Tulunidenfriedhöfe in Kairo 
anschließen müssen. Dann wäre das Organische 
der frühen Entwicklung etwas zutage ge- 
kommen. So machen die einschlägigen Kapitel 
den Eindruck einer bunten, allerdings dankens- 
wert reichen Materialsammlung. Das Mosaik 
hätte besser in anderem Zusammhang als ein- 
gesprengt zwischen Stein und Erz behandelt 
werden können. Solche Ungereimtheiten sind 
die Folge des starren, bei den Kunstgewerbe- 
Forschern üblichen Systems. 

Sehr tüchtig und überraschend vollständig 
sind jene Abschnitte, bei denen es in erster 
Linie auf die Bestände in europäischen Samm- 
lungen ankommt, längerer Aufenthalt und selb- 
ständige Arbeit im Orient also überflüssig er- 
scheint. Elfenbein, Goldschmiedekunst, Münzen 
undvor allem die inkrustierten Bronzen sind treff- 
lih zusammengestellt und überall die neuesten 
Arbeiten benutzt. Öfter lieBen sich naturgemäß 
Nachtrige und Meinungen anderer Art vor- 
bringen, besonders auch zu den Kapiteln Keramik, 
Glasemail, Kristall, Stoffe und Teppiche — aber 
das Verdienst Migeons bliebe damit jedenfalls 
ungeschmälert. Er hat mit voller Hingabe und 


Literatur 


827 


Ausdauer gearbeitet und ein für den Forscher 
wie für den Sammler unentbehrliches Handbuch 
geschaffen. Josef Strzygowski. 


3 


Karl Voll. Führer durch die alte Pina- 
kothek. München 1908. Verlag der Süddeut- 
schen Monatshefte. 


Otto Grautoff. Die Gemäldesamm- 
lungen Münchens. Leipzig 1907. Klinkhardt 
& Biermann. 


Es ist eine schwierige und undankbare Auf- 
gabe, Galerieführer zu schreiben. Schwierig, 
weil es beinahe unmöglich ist, den krausen und 
so verschieden gearteten Fragestellungen des 
Publikums zu begegnen und gleichzeitig der 
Forderung nach solider wissenschaftlicher Be- 
lehrung nachzukommen. Undankbar, weil jeder, 
der seine speziellen Fragestellungen unbeant- 
wortet findet, das Buch als Ganzes verurteilen 
zu dirfen glaubt. Unter diesen Voraussetzungen 
sind die beiden hier angezeigten Führer durch 
Münchens Galerien doppelt zu würdigen. Es 
sind zwei sehr erfreuliche Bücher, von berufener 
Hand geschrieben, die manchen Wunsch nach 
Belehrung erfüllen. Sie machen zudem einander 
keine Konkurrenz, stehen vielmehr in einem 
Ergänzungsverhältnis, von dem das Publikum 
reichlich profitieren kann. 

Ein Vergleich ist nicht am Platz. Dazu sind 
die äußeren Voraussetzungen und die innere 
Bestimmung der beiden Bücher zu verschieden. 
Voll darf in breitem Rahmen sich auf die Alte 
Pinakothek beschränken, Grautoff muß bei viel 
knapperem Raume gleich alle fünf Münchener 
Gemäldesammlungen durcheilen. Schon dieser 
Umstand verbietet jede Gegenüberstellung. 

Das Vollsche Buch wendet sih weniger an 
das große, bildungslüsterne Museumspublikum, 
als vielmehr an den ernsten Kunstfreund, den 
es drängt, aus den Vorhöfen schöngeistiger 
Liebhaberei in das Allerheiligste sicherer, wohl- 
fundierter Sachkenntnis einzudringen. Für ihn 
kommt Volls Führung sehr gelegen. Denn hier 
wird er von berufenster Seite aufgeklärt. Voll 
ist in der Alten Pinakothek zu Hause, und er 
macht die Honneurs seines Hauses mit der 
Grindlichkeit und Feinfühligkeit eines Mannes, 
der mit seiner Umgebung verwachsen ist. Da- 
bei ist seine Liebe keineswegs identisch mit 
Kritiklosigkeit. Gerade die ernste, sachliche 
Kritik macht den Wert des Buches aus. Mit 
breitem, nachdrücklichem Ernst trägt er das in 
langen Jahren wohlerwogene Für und Wider 
seiner Urteile vor, und in den meisten Fällen 


wird man sich der Überzeugungskraft seiner 
Motivierungen gerne beugen. Trotz strenger 
Beschränkung auf das vorliegende Material ge- 
rät die Arbeit nieyauf das Niveau eines Katalog- 
kommentars; im Gegenteil, soweit der lücken- 
hafte Bestand der Galerie es zuläßt, ist eine 
zusammenhängende kunsthistorische Darstellung 
mit klarer Herausarbeitung der Entwicklungs- 
linien gesucht und erreicht. 

Erfreulich ist, daB uns Voll hier und da über den 
Erhaltungszustand, über Übermalung der Bil- 
der etc. orientiert; für eine Neuauflage des Buches 
wäre zu wünschen, daB dies noch konsequenter 
geschähe, was ja bei der breiten Anlage des 
Buches sich leicht ermöglichen lieBe. Die äußere 
Orientierung würde zudem für den, der mit 
dem Bestand der Pinakothek nicht so vertraut 
ist, durch Beifügung von Bild- und Katalog- 
nummern bei den besprochenen Werken sehr 
erleichtert werden. Die bloße Angabe des 
Saales oder des Kabinetts genügt wohl nicht. 
Die Auswahl, die Voll trifft, befremdet manch- 
mal. Hier und da findet man ein interessantes 
und populäres Werk vollständig übergangen. 
So geht es doch — um nur ein Beispiel zu 
nennen — nicht an, daß ein Werk wie das 
jedem Pinakothekbesucher vertraute und vielen 
teure Selbstbildnis Rembrandts unerwähnt bleibt. 
Das Bild ist in seiner Authentizität gewiß pro- 
blematisch, aber da es nun einmal in erschüttern- 
der Auffassung die Züge des alten Rembrandt 
zeigt und zudem ein Stück guter Malerei ist, 
an dem sich ein Manet begeistern konnte, so 
durfte es nicht ganz unterschlagen werden. 
Warum fehlt ferner jeder Hinweis auf das Ru- 
ben sche Arundelbild? — 

Den Bedürfnissen des großen Publikums, das 
mehr angeregt als belehrt werden will, kommt 
Grautoffs Führer mehr entgegen als das sach- 
lich strenge Vollshe Buch. Die immense Stoff- 
menge, die Grautoff auf der Wanderung durch 
fünf Galerien erledigen mußte, konnte nur durch 
eine mehr impressionistische Darstellung nach 
allgemeinen Gesichtspunkten bewältigt werden. 
Und in dieser Art der Darstellung liegt gerade 
Grautoffs Stärke. Er hat mehr die lebhafte 
Geste des Conférenciers als die nachdrückliche 
Bedächtigkeit des Pädagogen. Er hat vor allem 
ein stark ausgeprägtes Gefühl für große Per- 
spektiven, und das befähigt ihn, manche Einzel- 
heit in neue, überraschende Beleuchtung zu 
setzen. Die Art seiner Veranlagung bedingt 
eine gewisse Distanz vom Stoff, die hier bei 
einer allgemeinen Führung sehr am Platz ist. 
Eine spezielle Färbung erhält seine Darstellung 
durch den Umstand, daß hinter all seinen Argu- 
mentationen sichtbar oder unsichtbar das eine 


828 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


groBe Problem steht, in dem sein ganzes Kunst- 
interesse kulminiert: das Problem der modernen 
Malerei. Das gibt seinen Ausführungen eine 
eigene interessante Note, die fir die Erziehung 
des von starren historischen Rubriken allzu ab- 
hängigen großen Publikums sehr angebracht 
ist. Die fleißige und geistreihe Arbeit kann 
also weiten Kreisen nachdrüklih empfohlen 


werden. W. Worringer. 


8 


August Griesebach. Das deutsche Rat- 
haus der Renaissance. Berlin. Edmund 
Meyer. 1907. 


Der Verfasser bietet zweierlei, zunächst die 
Beschreibung einer großen Anzahl von Rat- 
häusern der Renaissance — es sind nahezu 
siebzig — mit Literaturangaben und Abbil- 
dungen, sodann den Versuch einer Entwicklungs- 
geschichte des Renaissance-Rathauses, soweit sie 
Kunstgeschichte ist. 

Die Beschreibungen sind knapp und klar und 
enthalten manchen wertvollen Hinweis. Aber 
es läßt sich nicht leugnen, daß der ganze erste 
Teil mit dem zweiten nicht so recht zusammen- 
gewachsen ist. Gewiß, auch der erste Teil ist 
willkommen. Aber ich glaube, wenn der Ver- 
fasser die Zahl der Beispiele beschränkt, mehr 
charakterisiert als beschrieben und diesen ganzen 
Stoff in den zweiten Teil eingearbeitet hätte, 
wäre sein Buch anschaulicher und lesbarer ge- 
worden. Offenbar leitete ihn das durchaus 
richtige Bestreben, für seine Betrachtungen zu- 
nächst eine möglichst breite Basis zu gewinnen. 
Der Leser aber findet aus dem vielen ihm als 
gleichwertig gebotenen Material nicht sofort 
das für die folgenden Ausführungen wesentliche 
heraus und kommt so überhaupt nicht dazu, 
den Wert des ersten Teils für die Beweisführung 
des zweiten zu erkennen. Ich wiederhole: auch 
so sind diese Beschreibungen willkommen. Man 
kann aus ihnen die Darlegungen des zweiten 
Teils in manchem Punkte noch ergänzen. 

Dieser zweite Teil schildert die Entwicklung 
erst der Fassade, dann des Grundrisses etwa 
von 1520 bis 1620. Es werden drei Abschnitte 
unterschieden: zunächst ein deutliches Streben 
nach Symmetrie in der Komposition, nach Regel- 
mäßigkeit in der Anlage des Grundrisses. Ganz 
besonders Süddeutschland hat schöne Beispiele 
für diesen Typus aufzuweisen. Eine Freitreppe 
zerlegt die Fassade in zwei Hälften; im Gegen- 
satz zur Gotik wird dabei die Horizontale be- 
tont, die Symmetrie der beiden Hälften. Im 
Norden dient eine Reihe breiter Dacherker viel- 
fach derselben Absicht, ein breitgelagertes Ganzes 


zu schaffen. Insbesondere läßt die Gliederung 
der Giebel den neuen Geist erkennen. 

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts 
siegt der malerische Sinn vollkommen. Die 
Rathäuser dieser Zeit stellen einen zweiten 
Typus dar. Bezeichnend ist schon, daß man 
häufig nicht auf den Anblick von vorn, sondern 
auf die Betrachtung über eine Ecke her Rüc- 
sit nimmt: man sucht die Überschneidung. 
Eine freie Gruppierung der Baumassen, ein 
aufgelöster, lebendiger Umriß, reiche Teilung 
der Flächen: das ist es, was man will. Im 
Innern entspricht dieser Tendenz zum Male- 
rischen die unregelmäßige Aufteilung des Grund- 
risses, die Freude an vielgestaltigen Innnen- 
räumen mit ungleichen Seiten und ungleicher 
Lichtzufuhr. Der Verfasser urteilt: Der Privat- 
hausbau hat für einige Zeit das Rathaus in 
seinen Bann gezogen. 

Allein man besinnt sich rasch wieder auf den 
repräsentativen Charakter des Sitzes der städti- 
schen Selbstverwaltung. Ein dritter Abschnitt 
(ca. 1600— 1620) zeigt wiederum einen strengeren 
Stil. Die Fassade ist wieder für die Betrachtung 
von vorn gedacht, regelmäßig und symmetrisch 
komponiert. Und diesem Charakter entspricht 
auch die Regelmäßigkeit und Symmetrie des 
Grundrisses. Selbst die Treppe wird jetzt in 
die Komposition des Innern aufgenommen und 
ein wirksamer Faktor im Ganzen des klaren 
Organismus. Große, streng komponierte, über- 
sichtliche Säle, für die die zweite Periode keinen 
rechten Sinn gehabt hatte, stellen sich wieder ein. 

Gerade für diesen dritten und letzten Ab- 
schnitt der Entwicklung zeigt sich nun aber auch 
deutlich ein Auseinandergehen von Norden und 
Süden (Obersachsen und Schlesien bilden da- 
neben ein drittes selbständiges, übrigens wenig 
erfreuliches Gebiet). Der Verfasser charakteri- 
siert den Unterschied zwischen nord- und süd- 
deutscher Renaissance recht gut an den Bei- 
spielen der Rathäuser von Bremen und Nürn- 
berg. Dort herrscht das Bestreben, das Ganze 
in recht viele, möglichst verschieden behandelte 
Flächen zu zerlegen, aufzulösen, weniger starkes, 
gliederndes Relief, als reich ausgebreitete Klein- 
kunst zu bieten, den Eindruck der Bewegung, 
ein Flimmern im Licht zu erzielen. „Man könnte 
sich das Bremer Rathaus auch am Rande spie- 
gelnden Wassers denken.“ In Nürnberg da- 
gegen zeigt sich deutlich das Bemühen um tek- 
tonishe Wirkung. Die geschichteten Massen 
sind klar gegliedert, die Schönheit der Verhält- 
nisse soll empfunden werden, der Stein soll als 
Stein sprechen. Und es sind in Süddeutschland 
nicht nur die Architekturpuristen im italienischen 
Sinne, audı die nordischer empfindenden Naturen 


Literatur 


komponieren strenger: ein System teilender Glie- 
der bringt jene Ruhe und jenes Gleichgewicht, 
die Festigkeit und den monumentalen Charakter 
in das Ganze, die die norddeutsche Renaissance 
zu gunsten des malerischen Scheins opfert. 

Eine Betrachtung der Giebelarchitektur macht 
diesen Gegensatz noch einmal im einzelnen klar. 

Der Verfasser ist ein Mann von Geschmack. 
Manche feine Bemerkung zeugt davon. Auch 
äußerlich wirkt sein Buch erfreulich. In diesem 
Sinne ist auch anzuerkennen, daß er für die 
Darstellung der Beispiele durchweg die Feder- 
zeichnung wählte. Zu bedauern bleibt nur, daß 
manche dieser Zeichnungen zu wenig geben. 
Aber da der Verfasser die sonst veröffentlichten 
Abbildungen nennt, wiegt auch dieser Mangel 
nicht schwer. Die Abbildungen sollen nur eben 
an die Bauwerke erinnern. 

Die Geschichte des Renaissancerathauses gibt 
noch nicht alle wesentlichen Züge einer Geschichte 
der deutschen Renaissance. Es wäre sehr er- 
freulih, wenn Griesebach seine Studien auf 
diesem Gebiet erweitern und vertiefen wollte. 
Der Stoff ist gewiß außerordentlich groß, aber 
auch dankbar. In seiner Verarbeitung im Sinne 
wirklicher Kunstgeschichte sind wir über Lübkes 
erste Darstellung noch nicht weit hinausgekommen. 


Rudolf Kautzsdh. 
g 


R. Kautzs. Die Kunstdenkmäler in 
Wimpfen a. N. 1155. 8 mit 8 Taf. u. 34 Abb. 
Wimpfen 1907. Mk. 1.—. 


Unter den malerischen, kunstreichen schwä- 
bishen Städten steht Wimpfen mit obenan. 
Von den vielfach in tiefem Schutt versunkenen 
Resten römischer Kultur bis zu der eigenartigen 
bürgerlihen Kunstblüte in der Spätgotik und 
Renaissance sind hier fast alle Epochen und 
Gattungen in guten, teilweise in hervorragenden 
Beispielen vertreten. Man brauct nur an den 
Kaiserpalast, die Ritterstiftskirche, die köstlichen 
Bürgerhäuser zu erinnern. Wir besitzen darüber 
schon seit Jahren das eingehende, etwas sehr 
wortreiche Inventar von Schäfer (Darmstadt 1898). 
Aber der kleine Führer von Kautzsch, nach dem 
Vorwort etwas hastig, in wenig Wochen für 
den Besuch des Tages für Denkmalpflege ge- 
schrieben, zeigt doch, daß wir inzwischen auf 
dem Wege der Kunstbetrachtung und Kunst- 
wertung ein gutes Stück vorwärts gekommen 
sind. Wie hier das Auge des Laien auf alle 
Schönheiten, Eigenheiten, verborgenen Reize, 
Kontraste, Stilmerkmale und Gedankenkreise 
gelenkt wird, das ist für derartige kurzgefaßte 
Stadtführer einfach mustergültig. Bergner. 


829 


B. Zuckerkandl. Zeitkunst Wien 1901 
bis 1907. Mit einem Geleitwort von L.Hevesi 
und der Reproduktion einer Zeichnung von Gustav 
Klimt. Verlegt bei Hugo Heller & Co. Wien 
und Leipzig 1908. 


GewiB in keiner deutschen Stadt geht die 
Entwicklung der modernen Kunst unter solch 
widersprudisvollen Erscheinungen vor sich als 
in Wien. Es sind gleihsam zwei Willenszentren 
hier und zweierlei kreisende Bewegungen, die 
ihr möglichstes tun, sich gegenseitig lahmzu- 
legen. Dies hat sich in seiner Intensität und 
Breite erst allmählich enthüllt. Als vor etwa 
zehn Jahren in Wien die Sezession gegründet 
wurde, war die Situation noch verhältnismäßig 
einfach. Zwar gabs im Lager der Zurückge- 
bliebenen ein schallendes Spottgelächter; aber 
die neuschöpferishe Jugend ging in solch 
siegreichem Sturmtempo vor und in sol schöner 
begeisterter Geschlossenheit. daß sie sehr bald 
Herrin der Situation zu sein schien. Diese 
Hoffnung war verfrüht Die Alten waren 
bloB verblüfft gewesen und darum anfangs 
saumselig. Alsbald aber rafften sie sich auf 
— zwar nicht zu Taten, aber doch zum Spielen 
der so gefiirchteten Hofrats-Maschinerie, deren 
Ziel ein doppeites war: allmähliche Diskredi- 
tierung aller moderner Bestrebungen, denen das 
ganze MiBtrauen der in lokalen Traditionen be- 
festigen Wiener Art gegenübergestellt wurde; 
und zweitens Aufstellung neuer Sonderbiinde 
Hineintragen von Zersplitterung in die Führer- 
reihen der Moderne. Man kann nur sagen, daB 
die Maschinerie prompt und exakt gearbeitet hat 
und daB es gelungen ist, die Bestrebungen der 
einer wahren Zeitkunst dienenden Talente tun- 
lichst zu isolieren. Diese Talente an sich waren 
zwar nicht auszurotten; auch konnte man ihnen 
die Ruhmeswege nach dem Auslande nicht ver- 
legen; aber in dem die Stadt erfüllenden Ge- 
triebe ließen sie sich so ziemlich kaltstellen. 
Erst als sie in der ,Kunstschau“ dieses Som- 
mers ihr Dasein kräftigst wieder kundtaten, 
kam es weiteren Kreisen erneut zum Bewußtsein, 
daß der bequeme Schlendrian nicht allgemein 
ist, daß es, unerhörterweise, in Wiener Kunst- 
kreisen immer noch Leute gibt, die etwas 
„wollen“ und die sogar Talent und Arbeitskraft 
einsetzen, um es zu erreichen. 

In diesem merkwürdigen Zeitpunkt ist, als 
ein Dokument der verwickelten geschichtlichen 
Lage, das Buch der Hofrätin Zuckerkandl er- 
schienen, das so ganz unhofrätlich in seinem 
Zuschnitt und Inhalt ist. Das Bud ist ein 
Kampfbuch; dies muB man vor allem konsta- 
tieren. Als solches ist es durch und durch sub- 


830 


jektiv und selbst der prinzipielle Freund der 
hier verfochtenen künstlerischen Haltung geht 
der erfrishenden Anregung nicht verlustig, von 
Zeit zu Zeit seinen Widerspruch zu äußern. 
Man liest dieses Buch und fühlt sich dabei un- 
aufhörlich aktiv; und das macht den Reiz des 
Buches aus. Ich spreche ihm jedoch noch einen 
höheren Wert zu. Ich glaube, daß es auch wirklich 
etwas bedeutet. Ohne es direkt zu seinem 
Programm zu machen, halt es die gewitter- 
hafte Stimmung der letzten Wiener Kunst- 
entwicklungsjahre in starken Wiederscheinen fest. 
Frau Bertha Zuckerkandi, eine sehr tempera- 
mentvolle Dame, ist gleichsam die verkörperte 
Ungeduld. Vielleicht heftiger noch als die Künstler, 
die ja in ihrem eigenen Schaffen sich beruhigen, 
leidet sie unter der Ungunst und Langsamkeit der 
Zeiten. Am liebsten möchte sie dem Zeitrad 
von rückwärts in die Speichen fallen und es 
antreiben, schneller zu rollen. Dies ist wohl 
dieser klugen Frau einzige Unklugheit. Sonst 
darf man ihr vor allem ein überraschendes Er- 
kenntnisvermögen nachsagen, ein Erkenntnis- 
vermögen für das Gute und Entwicklungsfähige 
der neuen Kunst, sowie für die Aufgaben, die 
unsere Zeit dieser Kunst zu stellen vermag. 
Ihr lebhalter spürender Geist geht allen sich 
bietenden Anregungen nach, erwägt rasch alle 
Möglichkeiten, zieht Grenzen und Perspektiven 
und findet interessante Ankniipfungen. Sie 
diskutiert aufs eifrigste alle einschlägigen Pro- 
bleme, von der Ästhetik der Straße bis zu 
der Formensprache eines neuen Affenhauses, 
von den Prinzipien des Unterrichts bis zur 
Grundlegung einer neuen Volkskunst. In alle- 
dem ist sie durch und durch Wienerin, mag sie 
auch zufällig in der Fronde stehen und neun 
Zehnteln ihrer Landsleute ein Dorn im Auge 
sein. Doch die „Kunsthofrätin“ ist keine Pfahl- 
bürgerin; sie hat den Blick auf Europa gerichtet. 
Und wie sie in Klimt nicht bloß den Wiener 


sondern auch den Europäer sieht, so sucht sie 


bei Franzosen wie Gauguin und Carrière, bei 
Deutschen wie Schultze-Naumburg und Muthe- 
sius und selbst bei den exotischen Talenten Jung- 
Polens überall das herauszufinden, was von 
universeller Bedeutung ist und eben hierdurch 
wert, als Fermend, in die künstlerishe Bewe- 
gung ihrer Vaterstadt eingeführt zu werden. 
So verdient das Buch in der Tat seinen Namen. 
Es ist überall „Zeitkunst“, die hier abgehandelt 
wird: freilich nicht solche für die Zeit sondern 
aus der Zeit, und als solche voller Sehnsucht für 
alle Zeiten. 


Wien. Franz Servaes. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


KLEINE ANZEIGEN 


Die Frau und die Kunst. Unter diesem Titel hat 
Karl Scheffler vor kurzem im Verlag von Julius 
Bard, Berlin ein sehr feines, gedankenreiches Biichlein 
erscheinen lassen, das sich mit einem vieldiskutierten und 
in der Gegenwart besonders aktuellen Problem beschäftigt. 
Die gedankenstarke Logik Schefflers stellt das Werk in 
die Reihe der besten kunsttheoretischen Schriften, die 
uns überhaupt beschieden sind. Bemerkenswert ist vor 
allem die vielseitige Behandlung des Themas, das sith 
nicht nur mit der bildenden Kunst allein beschäftigt, 
sondern die Frage nadı dem Verhältnis der Frau zur 
Kunst von allen Seiten aufgreift, bemerkenswert nicht 
weniger der Schluß, zu dem Scheffler im Verlauf seiner 
Erörterungen kommt, daß es der Frau von Natur aus 
versagt list, künstlerisch produktiv zu sein wie es in der 
starken Einseitigkeit der männlichen Begabung begründet 
liegt. Daß trotzdem Scheffler der Frau eine hohe Auf- 
gabe auf dem Gebiete der Kunst zuweist, die nicht zuletzt 
aus der von Natur aus genialischen Veranlagung der 
Frau resumiert, soll wenigstens angedeutet sein. B. 


Von dem Jahrbuch der Bremischen Sammlungen 
(Verlag von Franz Leuwer in Bremen) ist soeben der 
zweite Halbband erschienen. Der Zweck des Jahrbuches 
besteht darin, durch wissenschaftliche Beiträge das Interesse 
für die Sammlungen und Institute Bremens zu fördern. 
Das gilt in erster Linie für die Kunsthalle, das Gewerbe-, 
das historische und ethnographishe Museum der Stadt. 
dann aber ebenso für Staatsarchiv und Stadtbibliothek. 
Unter den Beiträgen, die in erster Linie den Kunst- 
historiker interessieren, seien die folgenden genannt: 
E. Waldmann: Die gotishen Skulpturen am Bremer 
Rathaus. Derselbe: Die Bildnisse an Smidts. 
Gustav Pauli: Die dekorativen Skulpturen der Re- 
naissance am Bremer Rathause und ihre Vorbilder. 
W. von Bippen: Die Abbildungen der Schlacht bei 
Drakenburg. Außerdem enthält der Band eingehende Be- 
rite sowohl über die neuen Erwerbungen der Kunst- 
halle (G. Pauli) wie über die Erwerbungen der kunst- 
en Sammlungen (K. Schaefer). Die Redaktion 

es Jahrbuches liegt in den bewährten Händen von 
Gustav Pauli. 


Das Geheimnis der Medici-Gräber. In einem 
Epilog unter dem Titel „Das Geheimnis des Meisters“ 
(Deutsche Rundschau Juli-Heft), zu dem viel diskutierten Buch 
„das Geheimnis der Medici-Gräber Michelangelos“ bringt 
Steinmann zu dem unerschöpflichen Problem einige neue, 
höchst merkwürdige Beiträge. Er berichtigt sich vielfach 
im einzelnen und gibt vor allem die au meist ange- 
foditene Deutung der , Mascheroni“ in der Medici-Kapelle 
auf. Er scheint auch auf das Karnevalslied nidıt mehr 
das Gewicht zu legen, das ihm nach seiner Meinung 
früher als einzige Quelle, aus welcher Michelangelo ge- 
schöpft, zukam. m übrigen aber hält er an seiner 
Deutung der Allegorien fest, ja er sucht diese Deutung 
durch den Hinweis zu stützen; daß Michelangelo die An- 
bringung der vier Jahreszeiten auch fiir das Grabmal 
Pauls Ill. vorgeschlagen hatte. Überhaupt sind die Be- 
ziehungen zu diesem großartigsten Grabmal der Spät- 
renaissance, die St. hier zuerst aufgedeckt hat, äußerst 
beachtenswert. Wir erfahren, daß auch hier Flußgötter 
geplant waren, Flußgötter rein lokaler Bedeutung, wie 
sie St. auch an den Medici-Gräbern vertritt. Borinskis 
Behauptung, die RER Flußgötter an den Medici- 
garen stellten die Unterweltsflüsse dar, dürften nach 

t. Darlegungen ebenso abzulehnen sein, wie Sauers 
Deutung auf die Flüsse des Paradieses. Geradezu über- 
zeugend weist St. vor allem aus den Schaustellungen auf 
dem Capitol i. J. 1513 nach, daß Michelangelo nur an 
Tiber und Arno gedacht hrben kann, die er eben zwei- 
mal ee Grabmal anbringen wollte. 

Auch über die Persönlichkeiten der Dargestellten er- 
fahren wir mancherlei Neues. Man möchte auch hier 
St. zustimmen, der den Herzog von Nemours weit per- 
sönlicher aufgefaßt findet als den Herzog von Urbino. 
Die Belege für seine Ausführungen verheißt St. an anderer 
Stelle. Man vermißt sie ungern. Denn dieser fesselnde 
Dialog ist nichts weniger als eine Plauderei im gewöhn- 
lichen Sinne, sondern ein Produkt des Nachdenkens und 
Forschens, das zum Problem der Medici-Gräber dankens- 
werte Beiträge bietet. a 


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Notions générales, XXXVI—400 pp., 94 grav. 
6 fr. Tome II. Les catacombes romaines, 
VIN—592 pp., 140 grav. 8 tr. Tome Ill. Les 
basiliques et les autres églises archéologiques 
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Alte 
Malerei 


834 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Ozzola, Dr. Leandro: Vita e opere di Salvator 
Rosa, pittore, poeta, incisore, con poesie e 
documenti inediti. Con 41 illustr. in 21 tavole. 
(XIV, 257 S.) 08. 20.— 


Pietro di Domenico. A painting by. (Bull. 
Metropol. Mus. of Art, 6.) 


Rothes, Doz. Dr. Walt.: Anfänge u. Entwick- 
lungsgänge der alt-umbrischen Malerschulen, 
insbesondere ihre Beziehungen zur frühsiene- 
sischen Kunst. Ein Beitrag zur Geschichte der 
umbr. Malerei. Mit 46 Abb. auf 25 Lichtdr.- 
Taf. (IX, 86S.) 08. 10.—. Zur Kunstgesch. 
ee Auslandes. Lex. 8°. Straßburg, J. H. E. 

eitz. 


San Donà, A. Wandmalereien italienischer 
Meister in der Kgl. Burg am Hradschin? (Eine 
kunsthistorische Frage a. d. Tatigk. Domenico 
Pozzis in Prag 1560—1570] (Deutsche Arb., 8.) 


Schmidt, J. v. Die Dresdener Correggiomag- 
dalena — eine Kopie von Albani? (Repert. f. 
Kunstw. 3.) 


Schubring, P. Das Blutbad von Otranto in 
der Malerei des Quattrocento. (Monatsh. fir 
Kunstw. 7/8.) 


— Neue Forschungen zu Leonardos Abendmahl. 
(Ber. kunstgesch. Gesellsch. 3.) 


Simonson, G. Francesco Guardi. 
f. Kunstw. 7/8.) 


Sirén, O. Studien, kunstwissenschaftl. Hersg. 
in Verbindg. m. d. Monatsheften für Kunst- 
wissensch. gr. 8. Leipzig, Klinkhardt & Bier- 
‘mann. 1. Bd. Sirén, Osvald: Giottino u. seine 
Stellung in der gleichzeitigen florentinischen 
Malerei. (VIII, 108S. m. 26 Taf.) 08. 9.—; 
geb. 10.—. 


Suida, W. Studien zur Trecentomalerei VI. 
(Repert. f. Kunstw. 3.) 


(Monatsh. 


Sb. Niederlande. 
Pays-Bas. — Low-Countries. 


Beets, N. De aan Jan van Scorel toege- 
schreven Warmenhuizer gewelfschilderingen. 
(Bull. Nederland. oudheidkund. Bond, 2. 


Destrée, J. Een schilderij in tempera toege- 
schreven aan Hugo van der Goes. (Onze K. 7.) 


Freise, K. Lastmans „Opferstreit zwischen 
Orest und Pylades“. (Bull. Nederland. oud- 
heidkund. Bond, 1. 


Kronig, k Ein Porträt v. Jan Mostaert (Ztsch. 
f. bild. Kunst, 10.) 


Mankowsky, H. Das jüngste Gericht in der 
Marienkirche zu Danzig (Kunstfreund, 7.) 


Martin, W. Een schilderij van Willem van 
Haecht in het Mauritshuis. (Bull. Nederland. 
oudheidkund. Bond, 1.) 


Mulder, A. De gewelfschilderingen in i de kerk 
der Ned. Herv. gemeente te Epe. (Bull. Neder- 
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kerk der Ned. Herv. gemeente te Noordbroek. 
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(Repert. f. Kunstw., 3.) 


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Jan Olis. (Ztschr. f. bild. Kunst, 9.) 


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altar des XVI. Jahrhunderts in Berliner Privat- 
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(Repert. f. Kunstw., 3.) 


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Kunst, 4.) 

Schweitzer. Die Probleme der mittelalterlich. 
Kunst, erläutert an der französisch. Skulptur. 
(Ber. Kunstgesch. Gesellsch., 8.) 


Waldmann, E. Studien zur deutschen Kunst- 
geschichte. Lex. 8°. Straßburg. J. H. E. Heitz. 
96. Heft. Waldmann, E.: Die gothisch. Skulp- 
turen am Rathaus zu Bremen und der Zu- 
sammenhang mit kölnischer Kunst. Mit 29 
Taf. (IX, 59 S.) 08. 7.—; geb. 8.50. 


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Ztg. 30. V. 

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Al 
Plz 


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Oud-Holland, 2.) 


Hausschatz deutscher Kunst der Vergangen- 
heit. Hersg. vom Jugendschriften-Ausschuß des 
allgemeinen Lehrervereins Düsseldorf. Berlin, 
Fisher & Franke. 9. Aus den Kupferstichen 
Daniel Chodowieckis. Mit einer Einleitg. v. 
Severin Rüttgers. (42 Bl. u. S. m. 13 S. Text.) 
8°. Subskr.-Pr. —.80; Einzelpr. 1.20. 


Katalog der Ausstellung zur Feier des 
200jährigen Jubiläums d. russischen 
ze 1708—1908. Moskau, 1708. 8°. 

Koegler, H. Der Hortulus animae, illustriert 
von Hans Holbein d. J. (Zeitschr. f. bildende 


Kunst, 9.) 
Lehrs, M. Führer durch die Ausstellung des 
königl. Kupferstichkabinetts. Deutsche und 


niederländische Holzschnitte des XV. Jahrh. 
(Königl. Museen zu Berlin.) (22 S. m. 12 Taf.) 
8. Berlin, G. Reimer 08. 


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Olschki, L. Un Offizio della Madonna di due 
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Schreiber, W. M. Bouchots Ansichten über 
die unge d. Holzschneidekunst, III. (Ztsch. 
f. christl. K., 4.) 


Schweizerishe Glasscheiben 
(Anz. für schweiz. Altertums- 


8. Altes Kunstgewerbe. 
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Bode, W. Die kleinen Bronzegeräte der ita- 
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Bredt, F. Altbergische Innenkunst. (Rhein- 
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palazzo Canossa (Madonna Verona, 2). 


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südrussischen Funden. 


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the Franks Collection (Connoissenr, Jul.). 


J. R.: En bokbindare i Lund för 100 ar sedan 
[Johan Berggren]. (Allm. Svenska boktryckare- 
föreningens Meddelanden, April.) Mit 5 Abb. 


Kisa, A. Hiersemanns Handbiich. gr.8°. Leipzig, 
K. W. Hiersemann. III. Bd. Kisa, Ant.: Das 
Glas im Altertume. Unter Mitwirkg. v. Ernst 
Bassermann-Jordan. Mit einem Beitrag über 
Funde antiker Glaser in Skandinavien v. Osk. 
Almgren. Illustr. durch 19 Taf., 6 in Farben- 
druck, 6 in Autotypie, 7 Formentafeln und 395 
Abbildungen im Texte. 3 Teile. (XXI, 979S.) 
'08. 42.—; geb. in Leinwand 45.—. 

Lockwood, L. English Furniture of the 
eighteenth century. (Bull. Metropol. Mus. of 
Art, 6.) | 

Macfall, H. The Years of Walnut. 
noisseur, Jul.). 

Milne Rae, O. Old Dieppe Ivories (Connoisseur, 
Jul.). 

Reiners, H. Das Chorgestühl aus der Pfarr- 
kirche zu Wassenberg. (Ztschr. f. christl. K. 4.) 

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in an American Collection (Burlingt. Mag. Jul.) 


Hendley, T. Indian Jewellery. Bengal. (Journ. 
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Hommel, F. Die babylonischen Siegelzylinder 
in unserer Kunststadt München. (Beil. Münch. 
N. Nachr. 8, VII.) 


ange Kunst auf Sumatra. (Frkf. Ztg. 
. IV.) 


Münsterberg, Osk.: Japans Kunst. (III, 104 S., 
m. 161 oe augen u. 8farb. Taf.) Lex. 8°, 
Braunschweig, G. Westermann ’08. Geb. in 
Leinwand 4.50. 


Publications of the Princeton University ar- 
chaeological expedition to Syria in 1904 — 1905. 
Leyden, Late E. J. Brill. Fol. 8°. [315x259]. 
Division Il. Butler, Howard Crosby: Ancient 
architecture in Syria. — Division III. Littmann, 
Enno: Greek and latin inscriptions in Syria. — 
Section A. Southern Syria. Part. 1. Ammo- 
nitis. (VIII, 62, IV, 20 biz., m. afb. in d. tekst, 

O pltn., en 2 krtn.). f 8.75. — Division II. 
Butler, Howard Crosby: Ancient architecture 
in Syria. — Division II. Prentice, William 
Kelly: Greek and latin inscriptions in Syria. — 
Section B Northern Syria. Part. 1. The ‘Ala 
and Kasr Ibn Wardän. (VIII, 45 biz., m. afb. 
in d. tekst, 8 pltn., en 2 krtn.). f 6.25. 


Roloff, E. Die ägyptische Kultur zur Zeit der 
ersten Pyramidenerbauer. (Hochland, Jul.) 


Thiersch, H. Die neueren Ausgrabungen in 
Palästina [Forts.] (Jahrb. d Archäol. Instit. 1.) 


Tonnet, M. Het werk der Commissie in Ned.- 
Indié voor oudheidkundig onderzoek op Java 
en Madoera. (Bull. Nederland. oudheidkund. 
Bond, 1 u. 2. 


e 


II. Neuere Kunst. 
L'art moderne. — Modern art. 


1. Städtebau und Gartenkunst. 


L'architecture des villes et (horticulture. 
Building of towns and horticulture. 


Bode. Der ehemalige deutsche Friedhof der 
Stadt Hanau. (Zentralbl. d. Bauverwitg., 63.) 

Bruck, R. Der Plan Louis XV. und Constants 
Projekt für die Madeleine-Kirche zu Paris. 
(Zeitschr. f. Gesch. d. Architekt., 9.) 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Brüstlein. Architektur an GroBstadtstraBen. 
(Berlin. Architekturw,, 5.) 

Goecke; Th. Die Gartenkunst im Städtebau. 
(SchluB.] (Gartenk., 7.) 

Hallman, P. Bebauungsplan für einen Teil 
von Enskede bei Stockholm. (Städtebau, 8.) 

Hasak, M. Die St. Bonifaziuskirche in der 
Yorkstraße in Berlin und die Aufteilung ihres 
Baugeländes. (Zentralbl. d. Bauverwltg., 63.) 

Heinicke, A. Alte Friedhofskunst in Freiberg 
[Sachsen]. (K. u. Handw., 9 

Hocheder, C. Altes Torhaus und moderner 
Baublock. (Städtebau, 8.) 

Högg, E, Bremische Städtebaufragen. (Städte- 
bau, 8 

Kampffmeyer, H. Die Gartenstadtbewegung 
in ihrer kulturellen Bedeutung. (Rheinlande, 7.) 

Kampffmeyer, H. Die Gartenstadt Hellerau. 
(Kunstwart, 20.) 

Kampffmeyer, H. Was erstrebt die Garten- 
stadt-Bewegung? (Deutsch. Landhaus, 14.) 
Lundbärg, Fr. Arkitektur studier i Skottland: 

Edinburgh. (Svenska Dagbl. Nr. 187.) 
Weber, P. Der Einfluß der Reformation auf 
das Stadtbild Jenas. (Jena, 1907.) 
Westman, C.. Gamla svenska städer. 

tektur och dekor. Konst, H. 7.) 
Zahn, F. Wettbewerb Schillerpark Berlin. 
(Gartenk., 7.) 
Zobel, O. Garten-Terrakotten der Großherz. 
keramischen Manufaktur Darmstadt. (Deutsche 
K. u. Dekor., 10.) 


(Arki- 


2. Neuere Baukunst. 
Architecture moderne. — Modern architecture. 


Auswahl von schwedischer Architektur der 
Gegenwart. Von schwedischen Architekten 
hrsg. zur internat. Architekturausstellung in 
Wien 1908. 4°. (30x<21.) V, 95 S. Stockholm, 
Aktiebolaget Ljus. Kr. 10.—. 


Bachmann, P. Das Architektur-Modell. (Innen- 
Dekor. Aug.) 


Berlepsh-Oblendäs. Die Bauten der Aus- 
stellung „München 1908“. 


Flach, A. Schwedische Baukunst. 
Rundsch., 28, VII.) | 


Hoffmann, Ludw. Neubauten der Stadt Berlin. 
Gesamtansichten und Einzelheiten nach den 
mit Maßen versehenen Original-Zeichnungen 
der Fassaden u. der Innenräume, sowie Natur- 
aufnahmen der bemerkenswertesten Teile der 
seit dem Jahre 1897 in Berlin errichteten städt. 
Bauten. Mit beschreib. Text. 7. Bd. Irren- 
haus in Buch. (50 Tafeln mit III, X S. illustr. 
Text.) 53,5>41,3 cm. Berlin, E. Wasmuth 08. 
In Mappe 50.—. 


Lorentzen,V. Intdryk fra Architektkongressen 
i Wien. (Architekten Nr. 38.) . 


(Taal. 


Bibliographie 


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Sheurembrandt, Herm. Architektur- Kon- 
kurrenzen. Ill. Bd. (Mit Abb.) 30,5x22,5 cm. 
Berlin, E. Wasmuth. Jedes Heft Einzelpr. 1.80; 
Subskr.-Pr. 1.25. 6. A. Volksbficherei in Eger. 
B. Theater in AuBig a. E. (36 S.) 08. 


Zetzsche, C. Bauausstellung in Stuttgart 1908. 
(Architekt. Rundsch., 11.) . 


3. Neuere: Malerei. 
Peinture moderne. — Modern Painting. 


Alcantara, F. Tomas Martin. (Alhambra, 247.) 

Baum, J. Daumier. (Frühling, 26.) 

da O. Dante Gabriel Rosetti. (Nationalztg., 
. V.) . | 


Francesco Jacovacci. (Frankf. Ztg., 30, V1.) 

Holmes, C. The passage of the ravine by 
Gericault (Burlingt. Mag. Jul.) 

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Landgraf, W. Franz Xaver Winterhalter, der 
einstige Hofmaler Europas. (Daheim, 20, VI.) 

Meszleny, R. Fantin-Latour. (Müveszet, 3.) 

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N(ordensvan), G(eor)g. Carl Lassons studier 
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Thiis, J. Eugéne Delacroix. (Mit 11 Abbild., 
darunter 2 Zeichn. aus dänisch. Privatbesitz. 
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Vauxulles, L. L'oeuvre de Gaston la Touche. 

` (Arts, 79.) 

Vincent van Gogh. (Frankfurt, Ztg., 19, VI.) 

Zuckerkandl, B. Zeitkunst. Wien 1901—1907. 
Mit einem Geleitwort von L. Hevesi. (XI, 
ci e 8°. Wien, H Heller & Co. 08. 4.—; 
geb. 6.—. 


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Allemagne. Germany. 


Bone, K. Eduard von Gebhardt und seine 
Gemälde in der Friedenskirche zu Düsseldorf. 
(Christl. K. 9.) 


Donath, A. Lesser Ury. (Leipz. Tagebl. 23, VII.) 


Donop, L. v. Acht Landschaften von Joh. 
Christian Reinhart aus Palazzo Massimi in 
Rom. (mt, Berichte, 10.) 

Donop, Dr. Lionel v.: Der Landschaftsmaler 
Carl Bechen, Mit Benutzung v. Aufzeichnung. 
Thdr. Fontanes. Mit 16 Kunstbeilagen. (88S.) 
gr.8°. Berlin, Fischer & Franke 08. Kart.5.—. 

a C. Fritz von Uhde. (Münch. Allg. Ztg. 

» V.) 


Had, O. Lovis Corinth. (Tägl. Rundsch. 21, VII.) 


837 


Hardenberg, K. Graf. Emilie Mediz-Pelikan + 
und Carl Mediz. (Deutsch. K. u. Dekor. 10.) 

Klein, R. Kunst der Gegenwart. 1. Jahrgang 
37,5x29 cm. Berlin, Verlagsanstalt f. Literatur 
u. Kunst. 1. Bd. Klein, Rud.: Lovis Corinth. 
Mit 2 Vierfarbentaf., 2 Mattkunstdruckbildern, 
42 Tondruckbildern, 1 Grav. u. 29 Handzeichn. 
(60 S.) (08.) 5.—. 

Klein, R. Die Nazarener. (Magazin, 7/8.) 

Kraeger, Prof. Dr. H: Peter Janssen zum Ge- 
dächtnis 1844—1908. Rede. (12 S.) gr. 8°. 
Düsseldorf. J. Baedeker (08). 1.—. 

Meyer, Frz.: Friedrih v. Nerly. Eine bio- 
graphisch-kunsthistor. Studie. [Aus Mitteilung. 
d. Ver. f. d. Gesch. u. Altertumskde. v. Erfurt.) 
(100 S. m. 14 Taf.) 8°. Erfurt, K. Villaret 08. 
bar 1.50. 


Muther, R. Fritz von Uhde. (Morgen, 21.) 


Popp, Jos.: Adalbert v. Keller. (Aus: „Die 
Kunst uns. Sie, S. 137—168 m. Abbildung. 
u. 12 (4 farbig. Taf.) 36,5><27 cm. Mündhen, 
F. Hanfstaengl (08). 

Rosenhagen, H Eugen Bracht (Nord u. Süd, 
Jun.). 

Rosenhagen, H. Fritz v. Uhde. (Daheim 16, V.) 


Rumpf, F. Lovis Corinth zu seinem fünfzigsten 
Geburtstage. (Kunst f. Alle, 21 


Schäfer, W. August Deußer. (Rheinlande, 7.) 


Schäfer, W. Eduard von Gebhardt. (Rhein- 
lande, 7 


a W. Jung-Düsseldorf. (Ztschr. f. bild. 
„ 10.) 


Schmidt, P. F. Zu Wilhelm Leibl (Monatsh. 
f. Kunstw., 7/8). 


Seidlitz, W.v. Neue Künstler [Adolf Schinnerer] 
(Ztschr. f. bild. K., 10). 


Stahl, F. Walter Leistikow. 
29, VIL) 


y 


(Berlin. Tagebl. 


4. Neuere Plastik. 


Plastique moderne. — Modern Plastic. 


Brunius, A. Nationalmonumentet. 
Dagbl. Nr. 170.) 

— Nationalmonumentet. Skall det bli nationellt 
äfven till sin konstnär liga art? (Dagens 
Nyheter, Stockholm, 23./6.) 

Dircks, R. Mr. Gilbert Bayes. (Art Journ. Jul.) 

-h-r.: I Professor Lundbergs atelier Stockholms 
Dagbl. 18. 6. 

Levy, L.: Hos Stephan Sinding i Paris. 
litiken, Kopenhagen, Nr. 192.) 


(Svenska 


(Po- 


.Maffii, M. Domenico Trentacoste (vita d'arte, 6). 


Mazzoni, G. AlessandroLazzerini(vita d'arte, 5). 


Nissen og Lpt, J.: Gunnar Utsonds Billed- 
huggerverk „Helhesten“. Mit Abb. (Aften- 
posten, Kristiania, Nr. 341.) | 


838 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


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Nyheter, Stockholm, 28./6.) 


Pantini, R. Leonardo Bistolfi e il monumento 
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Ruhemann, A. Jef Lambeaux +. Kunstchron. 29.) 


Seidlitz, W. v. Neue Künstler [Josef Héffler] 
Ztschr. D bild. K., 10). 


Vitry, P. La Sculpture aux Salons (Art et 
décor. 7). 


5. Neuere Graphik. 
Art graphique moderne. Modern graphic arts. 


Clifford, E. The Edge of the Wood. (Art 

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Cohen-Gosschalk, J. 
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Vincent van Gogh. 
(Ztschr. f. bild. K., 9 


a. , F. Bühnensilhouetten. (Ztschr. f. 
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Loelér, J. Stichelornament. (Werkkunst, 20.) 


Marx, R. Peintres-graveurs contemporains. — 
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Meddel., Mai.) 


Verneuil, P. Arthur Jacquin, Graveur sur bois. 
(Art et decor. 7). 


6. Neueres Kunstgewerbe. 
Art industriel moderne. Modern industrial Art. 


Bangagli-Petrucci, F. L'officina Franci e 
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Breuer, R. Der deutsche Werkbund. (Tag. 
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Bruning, A. Wiener Porzellan. (Kunst u. 


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Dienstl, M. Znaczenie Wuyspisinskiegs dla 
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Fischer, K. Die GroBherzogliche Majolika- 
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Frauberger, H. Düsseldorfer Kunsthandwerk. 
(Ztschr. f. bild. K. 10). 


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H(annover), E.: Udstillingen af Elevarbejder 
fra Kunstindustrimuseets Haandvarkerskole og 
Fagskolen for Bo ed enue aes: (Tidsskrift f. 
Industri, 6.) Mit 

H. E.: Johan Rohdes Udstilling i Kunstindustri- 
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Deutschland. (V, S. m. 81 Taf.) gr. 8°. 
Leipzig, Klinkhardt à & Biermann 08 7.—; 
geb. 9.—. 

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Udstillingen af moderne dansk Kunsthaand- 
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2 


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C a $ 
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Hevesi, L. Kunstschau Wien 1908. (Zeitschr. 
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Schmalzigaug, J. Kunst von Heden. (Onze 
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Schumann, P. Die Dresdener Kunstausstellung 
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Tourneux, M. L’Exposition des Cent Pastels. 
(Gaz. d. Beaux-Arts, Juli.) 


Ubell, H Die Kaiser- Jubiläums - Ausstellung 
d.öberösterreichischen Landesmuseums. (Wien. 
Ztg., 27, VI 

Udstilling af äldre engelsk Kunst i Ny Carls- 
berg Glyptotek 1908. Köbenhavn 1908. Det 
Kgl. Akademi for de skönne Kunster. (47S. 8°.) 


Valladar, F. A. La Exposiciön del Centro 
Artistico y Literario. (Alhambra, 247.) 


Vetterlein. Hessische Landes-Ausstellung für 
freie und angewandte Kunst. Darmstadt 1908. 
(Deutsche K. u. Dekor., 10.) 


Vischer, E. Ausstellung für christliche Kunst 
in Aachen 1907. II. (Christl. K., 9.) 


W-g.,K. Konsten à den franco-britiske ut- 
ställningen i London. (Göteborgs Handels- 
tidning, 157.) 


2. Denkmalspflege. 


Conservations des monuments. 
Culture of monuments. 


Bentz. Über Restaurierungsfähigkeit an Ge- 
mälden. (Museumskunde, 3.) 

Berichte über die Tätigkeit der Prov.-Kom- 
mission für die Denkmalpflege in der Rhein- 
provinz und der Prov.-Museen zu Bonn und 
Trier. XII. 1907. (IV, 90 S. m. Abbildgn. u. 
Den) Lex.-8°. Düsseldorf (L. Schwann). 

. 2.50. i 


Erhaltung öÖffentliher Baudenkmäler, Die. 
(Denkmalpfl., 9.) 


Godfrey, W. The Committee for the Surrey 


of the Memorials of Greater London. (Archit. 
Rev, Jul.) 

Heitz, P. Ma ,prétendue découverte“ d’une 
vue du Chäteau de Hohkoenigsburg du XVle 
siècle. (Chron. d. arts, 24.) 


Helfert. Schutz der Kunst- und Geschichts- 
denkmale im kirchlichen Besitze. (Mitt. d. 
Zentralkomm., 5.) 


Kampffmeyer, H Anmerkungen zur Denk- 
malspflege. (Gartenk., 7.) 

Lusini, V. Arte d'ieri ed arte d’oggi a propo- 
sito de recenti lavori nel Duomo. (Rassegna 
d’arte senese, 2.) 


Ostwald, W. Die Lebensbedingungen der 
Kunstwerke. (Frankfurt. Ztg., 12, VII.) 


Sordini, G. A proposito del restauro della 
trifora nella facciata di S. Gregorio in Spoleto. 
(Boll. d'Arte, 6.) 


Valladar, F. A. Las Comissiones de Monu- 
mentos. (Alhambra, 243.) 


Valladar, F. A. La ,Casa de Carbon“. (Al- 
hambra, 246.) 


3. Kunststätten. 
Topographie d’art. — Art topography. 


Biermann, G. Stätten der Kultur. Eine Sammlg. 
künstler. ausgestatteter Städte-Monographien. 
Hrsg. von Dr. Georg Biermann. 8°. Leipzig, 
Klinkhardt & Biermann. Jeder Band geb. in 
Leinw. 3.—; in Ldr. 5.—. 5. Kroker, Ernst: 
Leipzig. Buchschmuck u. (7) Orig.-Lithogr. v. 
Bruno Héroux. (IV, 144 S.) 08. 6. Grisebach, 
Aug.: Danzig. Mit Zeichnungen von Paul 
Renner. (VIII, 89 S. m. Abbildgn. u. 20 Taf.) 
08. 9. Grautoff, Otto: Lübeck. Bucischmuck 
von Fidus. (VIII, 164 S. m. 18 Taf.) 08. 


Burckhardt, D. Baseler Kunst im XVIII. Jahr- 
hundert. (Basel. Nachr., 28, VI, 5, VII.) 


Engelmann, R. Der lateranische Palast. (Voss. 


Ztg., 21, VI.) 
Gote, W. Basel. (Velhagen & Klasings Mo- 
natsh., 11.) 


Gurlitt, C. Aus Konstantinopel, VI. 
Presse, 28, VII.) 


Hahr, A. Ur en schlesisk adelsmans daglok i 
Sverige pa 1590-talet. (Ord och Bild, 4.) 


Hartshorne, A. Holdenby, Northamptonshire; 
its manors, church and house. (Archaeol. 
Journ., 2.) 

Heldwein, J. Aus Kirche und Kloster Andechs. 
(Altbayer. Monatsschr., 1—2.) 

Kohut, A. Der St. Elisabethdom zu Kaschau. 
(Kunstfreund, 7.) 

Palmer, A. The town of Holt in County 
Denbigh: its castle, church, Franchise, and 
Demesne. (Archaeol. Cambrensis, 3.) 

55 


(N. Fr. 


840 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Schmidt, Dr. Ernst Osw. Die St. Annenkirche 
zu Annabrrg. Ein Führer durch ihre Ge- 
schichte und ihre Kunstdenkmäler. Im Auf- 
trage des Kirchenvorstandes verfaßt. (XII, 
200 S. mit 43 Abbildgn. und 24 Lichtdr.-Taf.) 
Lex.-8°. Leipzig, B. G. Teubner 08. Geb. in 
Leinw. 15.—. 


Schmidt, W. Zur Augsburgishen Kunstge- 
schichte. (Repert. f. Kunstw., 3 


Scoop, H. Venedig im XVIII. Jahrhundert. 
(Bern. Rundsch., 21.) 


Servieres, G. La Nécropole des Rois de 
Danemark: Roskilde. (Chron. d’arts, 27.) 


Valladar, F. Notas para investigaciones en 
la Alhambra. (Alhambra, 246.) 


Weingartner, J. Schwaz als Kunststätte. 
(Kunstfreund, 7.) 


4. Sammlungen. 
Cabinets, Collektions of art. 


Bericht über die Tätigkeit des Staedelschen 
Kunstinstituts 1894—1907. (42 S.) Lex. 8°. 
ae a./M., Staedelsches Kunstinstitut 08, 

ar 1.—. 

Bode. Neue Erwerbungen an Kleinbronzen f. 

d. Kaiser-Friedrih-Mus. (mt, Berichte, 10.) 


Brunner, K. Bericht über die Neuaufstellung 
der Königlichen Samminng f. deutsche Volks- 
kunde in Berlin. (Ztschr. f. Volksk., 3.) 


Cox, R. La Collection de Mr. Alfred Lescure. 
(Arts, 79.) 

Frandi, A. Di alcune recenti acquisti della 
Pinacoteca di belle arti di Siena. (Rassegna 
d'arte senese, 1.) 


Granberg, O. Konung Oscar Il's konstsam- 
linger. (Svenska Dagbl., Stockholm, Nr. 157.) 


Katalog der Sammlung Franz Greb +, Mün- 
chen. Keramik, Gold- und Silberarbeiten, 
Arbeiten in Eisen, Bronze, Zinn, etc., Skulp- 
turen in Holz u. Stein, Möbel. Waffen, Jagd- 
utensilien, Geweihe, Pfeifen, Textilien, Olge- 
mälde etc. des XIV— XIX. Jahrh. Auktion in 
Münden in der Galerie Helbing, Wagmüller- 
straße 15. Dienstag, den 30. VI. 1908 u. fol- 
gende Tage, vormittags 10 Uhr u. nachmittags 
3 Uhr. (IV. 100 S. m. Abbildgn., 33 Taf. u. 
1 Bildnis.) 36><28cm. München, H Helbing 
(08). 6.—; Ausg. B. (100 S. m. Abbildg. und 
6 Taf.) 2.—. 

Kirby Grant, J. Mr. John G. Johnson's Col- 
lection of Pictures in Philadelphia. Part Il. 
(Connoisseur, Jul.) 

Macfall, H. The Loan Collection of Old Fur- 
niture at the Franco-British Exhibition (Con- 
noisseur, Aug.) 

Martin, W. ’s Rijks oankoop uit de Six-col- 
lectie. (Bull. Nederland. oudheidk. Bond. 1.) 

Museum, das. Carolino-Augusteum in Salz- 

burg 1833—1908. (51 S. m. 21 Taf.) 8°. Salz- 
burg, (E. Höllrigl) (08). 2.60. 


Museums, The. Art in France. 


(Burlingt. 
Mag. Jul.) 

National Gallery, The Affairs of the. (Bur- 
lingt. Mag. Jul.) 

Overvoorde, J. Aanwinsten van liet Stede- 
lijk Museum „De hakenhal“ te heiden. (Bull. 
Nederland. oudheidkund. Bond, 1.) 

Seler. Neuere Erwerbungen d. Amerikanischen 
Abteilung. (Amtl. Berichte, 10.) 

Traumann, E. Das neue pfalzishe Museum 
in Heidelberg. (Frankfurt. Ztg., 10. VII.) 

Weber, P. Das städtische Museum für Orts- 
geschichte in Jena. (Beil. Münch. N. Nachr., 26.) 

Weinitz, F. Die Schwarzwäldersammlung des 
Herrn Oskar Spiegelhalder auf der Billinger 
Ausstellung 1907. (Ztschr. f. Volksk., 3.) 

Willoughb H L. The Marquess Camden's Col- 
lection at Bayham Abbay (Connoisseur, Aug) 

Woermann, K. Karl Voll, Führer durch die 
Alte Pinakothek. (Süddeutsch. Monatsh. Aug.) 


5. Bildnis und Kostüm. 


Portrait et costame. — Portrait and costume. 


Benedetti, A. Per l'abbigliamento mulebre 
i corredo die Elisabetta Gonzaga Monte- 
eltro] (vita d’arte, 5.) 

Benkard, E. Ein Porträt Raffaels von der 
Hand des Sebastiano del Piombo. (Monatsh. 
f. Kunstw. 7/8.) 

Calzini, E. Raffaello e Maddalena Doni. (Vita 
d’arte. 7.) 

Cust, L. A recent addition on the National 
Portrait Gallery [Margaret Beaufort, Countes 
of Richmond and Derby.) (Burlingt. Mag. Jul.) 

Doering, O. Die frihmittelalterliche Portrat- 
vn in Deutschland. (Propyläen, München, 
17, VI. 

Frizzoni, G. Autoritratti di Girolamo Roma- 
nino. (Boll. d’Arte, 6.) 

Gabriel. Das mimische Gebahren der „Staal- 
meester“. (Rhein. Westfäl. Ztg., 8. VII.) 

Gamba, C. Nuovi autoritratti agli Uffizi. (Boll. 
d’Arte, 6.) 

Gilow, H. Das Homburgbild im Kronprinz- 
lichen Palais in Berlin und Kleists Prinz von 
Homburg (Westermanns Monatsh., 9.) 

Granberg, O. Descartes porträtt pa Stock- 
holms observatorium och i Louvre. M. 3 Abb. 
(Ord och bild 1908, H 3., S. 155—172.) 

— Porträttsamlingen paTrolleLjungby. (Svenska 
Dagbl., Nr. 178/179.) Mit 2 Abb. 

Hergsell, G. Die Panzerung der deuschen 
Ritter im Mittelalter. (Deutsch. Geschichtsbl., 9.) 

Mayer, A. Ein spanisches Portr. Michelangelos. 
(Monatsh. f. Kunstw., 7/8.) 

Moes, E. Svenska Porträtt i offentliga Sam- 
lingar. Utgifna under medverkan of Person- 


Bibliographie 841 


historiska Samfunde. I. N. Sjöberg, Drott- 
ningholm. II.N.Sjéberg, Gripsholm. Vasatiden. 
Stockholm, Hasse W. Tullberg, [1908]. 52; 
XIV und 69 S. 4° mit je 50 Taf. 


Schwarz, F. Verzeichnis der in der Stadtbib- 
liothek Danzig vorhandenen Portr. Danziger 
Persönlichkeiten. (Ztschr. d. WestpreuB. Ge- 
schichtsver., 50.) 


Sjöberg, N. Svenska portratt i offentliga sam- 
lingar. I. Drottningholm. II. Gripsholm. Vasa- 
tiden. Stockholm, Tullberg. (52 u. 69 S. Fol. 
mit je 50 Taf.) Kr. 30. Utgifna under med- 
verkan af Personhistoriska Samfundet. 


Steinmann, E. Zur Inonographie Michelan- 
angelos. (Monatsh. f. Kunstw., 7/8.) 


Toussaint, E. Vom Frauenkleide. 


(Kunst- 
wart, 20.) 


6. Ikonographie, Legende, Mythologie. 


Fahrenkrog, L. Der Typ Jesus. (Nord uud 
Süd, Jul.) 

Mayeur, P. Le symbolisme d’un tympan de 
porte à San Isidro de Léon. (Rev. Art chrét. 4.) 


Müller, H. Das Martyrium Polycarpi. (Röm. 
Quartalsschr., 1.) 


Sanorer, G. La vie de Jésus-Christ racontée 
par les imagiers du moyen äge sur les portes 
d'églises (Rev. Art chrét., 4.) 

Seemann, Dr. O. Mythologie en kunst der 
Grieken en Romeinen. Tweede bewerking 
door dr. A. Halberstadt. 's-Gravenhage, M. 
Hols. 8°. [22x15]. (VIII, 347 blz., m. afb. 
in d. tekst en 12 pltn.) f. 2.50; geb. f. 2.90. 
Sökeland,H. Dunkelfarbige Marienbld. 
(Ztschr. d. Ver. f. Volksk., 3.) 


Spielmann, M. The „Shakespeare Marriage 
Picture“. Port I. (Connoisseur, Jul.) 


7. Heraldik. 
Heraldique. — Heraldic. 


Arnswaldt, W. v. Aufschriften und Wappen 
der Särge in der Krypta der Stiftskirche zu 
Fischbeck. (Deutsch. Herold, 5.) 


CloB, G Was soll der Heraldiker von his- 
torisher Waffenkunde wissen? (Deutscher 
Herold, 7.) 


Durassoff, W. Gerbownik wserossijskaho 
Dworjanstwa. (Wappenbuc des russischen 
Adels.) Petersburg 1907. F° 329 S. Rb. 55.— 


Fahey, J. The Crests of the Chieftains of Hy 
Fiachrach Aidhre. (Journ. of. R. Soc. Antiqu. 
Ireland, 1.) 


Kekulé von Stradonitz, H. Die Wappen- 
kunde an den Museen als Hilfsmittel kunst- 
geschichtliher Forschung. (Museumkunde, 3.) 

Keller, Alfr. v. Leitfad. d. Heraldik. (2. Aufl.) 
(12 S. u. BI. 13—74 m. z. TI. farb. Abbildgn.) 
kl. 8°. Berlin, F. Stahn (08.) Kart. bar 10.—. 


Sabel, G. Die kürzlich freigelegten Malereien 
im SchloB zu Forchheim in heraldischer Be- 
leuchtung und Folgerung für das Stadtwappen. 
(Deutsch. Herold, 7.) 

Siebmacier’s Wappenbuch. 526. u. 528. Lfg. 
Nürnb., Bauer & R. Je 6.—. 

Tavenor-Perry, J. The Arms on Rahere's 
Tomb in St. Bartholomew the Great, London. 
(Antiquary, 4.) 

Valerani, F. Stemmi ed emblemi sulle monete 
del Monferrato. (Rivist. ital. numismat. 1--2.) 

Wanitek (Umschlag: Vanicek), Karl. Die Heral- 
dik Österreich-Ungarns. Chronologisch dar- 
gestellt u. erläutert. (1 farb. Taf.) 44—56 cm, 
Mit Text. (15S. m. 1 Taf.) gr. 8°. Prag (08.) 
(Wien, L. W. Seidel & Sohn.) Bar 3.—. 


8. Münzen und Medaillen. 
Numismatique. — Numismatics. 
Bahrfeldt, E. Die Stettiner Manze zur Zeit 
Friedrichs des Großen. (Berlin, Münzbl. 80.) 
Bordeaux, P. Documents monétaires concer- 
nant les quatre départements réunis de la rive 
gauche du Rhin de 1799 a 1813. (Rev. belge 
de Numismat. 3) 

Charvet, E. Médailles et jetons de la ville 
de Lyon. (Gaz. numismat. 3—4.) 

Chevreux, P. Le sculpteur-medailleur Hubert 
Ponxarme. [Biographie und Katalog seines 
œuvres] (Gaz. numismat. 3—4.) 

Elek, A. Les sculpteurs hongrois de medailles, 
les vieux et les jeunes. (Muves zet, 3.) 

Gilleman, Ch. et A. v. Werveke. Numis- 
matique gantoise. (Rev. belge et Numismat. 3.) 

Hoecke, G. Der Münzenfund von Elmenhorst. 
(Berlin. Münzbl. 78-79.) 

Horn, U. Beiträge zur Mecklenburgischen Me- 
daillenkunde. (Berlin. Münzbl. 78—79.) 

Horn, U.u.C. Beiträge zur Mecklenburgischen 
Medaillenkunde [Schluß] (Berlin. Münzbl. 80). 


L.v.L. Neue Medaillen. (Berlin. Münzbl. 78— 79.) 


L. v. L. Neue Münzen und Medaillen. (Berlin. 
Münzbl. 80.) 


Liebig, A. Die Medaillen und Plaketten des 
Medailleurs August Schabel. (Berlin. Münzbl, 
18—79.) 


Recueil des monnaies de l'Italie méridionale 
depuis le Vile siècle jusqu'au XIXe (Musée, 6). 

Rotunno, A. Il centenario d'un illustre incisore 
[Andrea Cariello] (Vita d'arte, 7). 


Svoronos, N. Les premières monnaies. (Rev. 
belge d. Numismat. 3.) 


9. Künstlerworte. 
Déclarations d’artistes. — Words of artists. 


Beardsley, Aubrey: Briefe, Kalendernotizen 
u.die vier Zeichnungen zu E. A. Poe. Einbd.- 


842 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Zeichnung v. Walt. Tiemann.) (V, 186 S. m. 
1 Fksm.) gr. 8°. München, H. v. Weber 08. 
Alexander-Ausg., geb. bar 14.—; Luxusausg. 
25.—. 

Bernard, E. Erinnerungen an Paul Cézanne. 
(Kunst u. Kiinstler, 10). 


Bötticher, G. Eine Erinnerung an Schnorr von 
Karolsfeld. (Dresdner Anz. 5, VII.) 


Erinnerungen an den russischen Schlachten- 
maler Wereschtschagin. (Leipz. Tagebl. 5, VII.) 


Federici, V. Autografi d'artisti dei secoli 
XV—XVII. (Archiv. R. Soc. Romana, 3—4.) 


Herkomer (Hubert von, Sir)—My School and 
My Gospel. Illus. Ryl. 8vo. 10'/,><6°/,, pp. 
234, 21 s. net. Constable, Mar. 08. 

Kohut, A. Michel Angelo als Dichter. (Kunst- 
freund, 6.) 


Loumyer, G.: Un traité de peinture du moyen- 
age: L'Anonymus Bernensis. Publié d’apres 
le ms. de la bibliotheque de Berne avec une 
introduction et des notes. (44S.) gr.8°. Bern, 
G. Grunau 08. 


Mayer, G. Erinnerungen an Jef Lambeaux. 
(Frankfurt. Ztg. 21, VI.) 


Max Liebermann und Gerhart Hauptmann 
fiber Walter Leistikow. (Hamburg. Nachr. 
1, VIIL) 


Schubring, P. Albrecht Dürers schriftlicher 
NachlaB. (N. PreuB. Ztg. 24, VI.) 


Trübner, Wilh.: Personalien u. Prinzipien. (V, 
211 S.) 8°. Berlin, B. Cassirer (08). 3.—; 
geb. 4.—. 


Whistler, M.N. Künstler und Kritiker. (Kunst 
u. Künstler, 9.) 


Zucker, Charakterköpfe, deutsche. Denkmäler 
deutscher Persönlichkeiten aus ihren Schriften. 
Hrsg.v.Wilh. Capelle. 8°. Leipzig, B.G.Teubner. 
II. Bd. Zucker, Markus: Albrecht Dürer in seinen 
Briefen. Mit 20 Abbildgn. im Text u. auf 12 
Taf. (IV, 128 S.) 08. Geb. in Leinw. 2.—. 


10. Technik. 


Technique. — Technic. 


Brunius, A.: En svensk kunstupfinnings öde 
[Bildhauer Hugo Elmqvists BronzeguBmethode 
à cire perdue] (Svenska Dagbl. Nr. 162.) 

H. Elmqvist [Erwiderung hierauf] (Ebenda 
Nr. 169). 

Church, A. Sammlung maltedinischer Schriften. 
Hrsg. v. Ernst Berger. 8°. Mündıen, G. D 
W. Callwey. IN. Bd. Church, Prof. A. K.: 
Farben u. Malerei. Nach der 3. Aufl. v. „The 
chemistry of paints and painting“ übers. u. 
bearb. v. M. u. W. Ostwald. (XI, 376 S.) 
08. 5.—. 

Kiesling, E. Wesen und Technik der Malerei. 
8°. Hiersemann, Leipzig. 

Martindale, H. The Technique of Samuel 
Cousins, R. A. (Connoisseur, Jul.) 


Schtchawinsky, W. Le matériel du tableau 
ancien. (Staryje Gody, Mai.) 


Six, J. De techniek van Vermeer in ,een meyd 
die melk uytgiet. (Bull. Nederland, oudheid- 
kund. Bond, 1.) 


Wild, C. F. L. de, de techniek van Vermeer 
in „een meyd die melk uytgiet*. ‘Bull. Neder- 
land. oudheidkunst. Bond, 2.) 


11. Kultur. — Kunstunterricht. 
Enseignement des arts. — Culture Instruction 
of art. 


Bröcer, Paul: Hamburg in Not! Ein eiliger 
Hilferuf und ein Vorschlag zur Rettung der 
vaterländ. Baukultur. (30 S.) 8°. Hamburg, 
Eggers & Bröcker 08. 


Ehmig, Reg.-Baumstr. Senat.: Von der Kunst 
des Sehens. Eine Marktplatzstudie. Vortrag. 
(44 S. m. Abbildgn.) gr. 8°. Rostock, G. B. 
Leopold 08. 1.—. 


Haendcke, B. Vergleichende Betrachtung von 
Kunstwerk. (Velhagen & Klasings Monatsh. 10.) 


Haendcke. Vortragsstoffe f. Volks u. Familien- 
abende. Hrsg. v. Pfr. Herm. Barth u. Dr. Karl 
Schirmer. I. Reihe. gr. 8°. Leipzig, F. Engel- 
mann. 28. Heft. Haendcke, Prof. Dr. Berth.: 
Die Kunst u. die natürliche Umwelt. (31 S.) 08 
(Umschlag: 07.) — 50.—; Subskr.-Pr. bar —.40. 


Heymel, A. Die Verbindung für historische 
Kunst. (Süddeutsch. Monatsh. Jul.) 


Hillig, H. Stilbewegung und wirtschaftliche 
Klagen. (Werkblatt, 14.) 


Kipzianowa, Z. Chudoshestwenuoje obraso- 
wanje w schkole. (D. künstler. Bildung in d. 
Schule u. ihre neuen Methoden. Petersburg 
1908. 8°. 35 S. 

Lasch, G. Kunstgeschichte und Kunstverständ- 
nis. (Christl. Kunstbl. Jul.) 


Muther, R. Der Wiener Festzug. (Morgen 26.) 


Otto, K. DerStil des Bestellers. (Innen-Dekor. 
Aug.) 

Poulsen, Fr. Hojrenæssancen. (Grundrids ved 
folkelig Universitetsundervisning Nr.138.) Udg. 
af Universitetsudvaloet. 16 S. 8%. Kopen- 
hagen, Erslev in Komm. 20 Öre. 


Poulsen, Fr., en Vandring gennem Pompejis 
Ruiner. (Grundrids ved folkelig Universitets- 
undervisning Nr. 143.) 14S. 8°. Kopenhagen, 
Erslev in Komm. 20 Ore. 


Raad, J. de: Het nieuwe teekenonderwijs in 
de practijk. Methodische teekeningen, ter 
toeliditing van de gidsen van het 2e en 3e 
schooljaar van N. F. Perk. Bevattende 107 
zwarte en gekleurde teekeningen. Meppel, 
H ten Brink. Br. 8°. [16°><26]. 48 blz.) 
Gecart. f. 1.75. 

Scheffers, O. III. Internationaler Kongreß zur 
Förderung des Zeichen- und Kunst-Unterrichtes 
und seine Anwendung auf das Gewerbe, Lon- 
don 1908. (Deutsch. K. u. Dekor. 10.) 


Bibliographie 


Schwindrazheim, Osk.:Kunst-Wanderbücher. 
Eine Anleitg. zu Kunststudien im Spazieren- 
gehen. 4. Bdchn. Wandern u. Skizzieren. 
Mit zahlreichen eigenen Skizzen des Verf. u. 
16 leeren Seiten f. Bemerkungen u. Skizzen. 
1—5. Taus. (95S.) 8°. Hamburg, Gutenberg- 
Verlag Dr. E. Schultze 08. 1.60; geb. 2.40. 

Voll, Karl: Vergleichende Gemäldestudien. Mit 
50 Bildertaf. 2. Aufl. (202S.) Lex. 8°. München, 
G. Miller 08. 7.50. 

Willms. Zur Wiederbelebung niedersächsischer 
Volkskunst. (Niedersachsen, 1. VII.) 


12. Kulturgeschichte. 
Histoire de la civilisation. 
History of civilisation. 


Bertog, M. Das Lebensbild einer Porträt- 
malerin des XVIII. Jahrhunderts. (Kunst- 
freund, 7.) . - | 

Goetz, W. Die Geschichte von Florenz. (Beil. 
Münch. N. Nachr., 4, VII.) 

Hasak, M. Karl der Große ist doch auf einer 
Art goldenem Thron beerdigt worden. (Ztschr. 

. f. christl. K., 4.) 

Holt, J. v. William Blake, Socialism and the 

. artist. (Mask. 3—4.) 

Hymans, H. De la part de quelques sources 
artistiques anciennes dans une invention mo- 
derne. (Bull. Acad. R. Archéol. Belg., 1.) 

Lionardo und das Flugproblem. (Frankfurt. 
Ztg., 31, VII.) 

Pascal. Die Frauen der Biedermeierzeit. (Berl. 
Lok.-Anz., 22, VII.) 

R. F. Ludwig Pastor. Geschichte der Päpste 
. seit dem Ausgang des Mittelalters. (Repert. 
f. Kunstw., 3.) 
Schubring, P. Dante und Giotto in Padua. 

(Hilfe, 21, VI.) 

Spitzenpfeil, Lor. Rhard. Zum Bauprojekt 
des Petriturmes in Kulmbach. Eine kultur- 
historische Skizze. Mit einem Vorwort von 
Prof. Dr. Paul Johs. Rée u. einem literarischen 
Anhang. (42 S.) 8°. Kulmbadı, R. Rehm. 
08. nn —.50. 

Steinmann, E. Das Geheimnis des Meisters. 
Ein Epilog. {[Medicigräber.] (D. Rundsch., Jul.) 


13. Kunstlehre. 
Theorie de l’art. — Aesthetics. 


Hock, St. Der Impressionismus. 
Hamann.) (N. Fr. Presse, 3, V.) 

Mayer, v. Die erotischen Wurzeln der Kunst. 
(Zeitschr. f. Sexualwissensch. Jun.) 

Müller-Freienfels, R. Zur Theorie der 
ästhetischen Elementarerscheinungen. III. Die 
Elementarformen d. bildenden Kunst. (Viertel- 
jahrsschr. f. Philos. u. Soziol., 2.) 


[Bespr. von 


843 


Müller-Kaboth, K. Vom naiven und senti- 
mentalen Künstler. (Sozialist. Monatsh., 13.) 


Mutermilch, M. Zasady estetyki w zarysie 
popularnym. (Populärer AbriB d. Grundlagen 
d. Ästhetik.) Warschau 1908. 16°. 134 S. 


Reichel, A. Zur antithetischen Gruppe. (Mem- 
non, 1—2.) 

Révesz, B. Zur Psychologie der Kunst unserer 
Tage. (Polit. anthropol. Revue, 2 


Samssonoff, N. W. Übersicht der allgemeinen 
Asthetik. (Krititscheskoje Obosrenje, VIII.) 


Schaufenbühl, Fr. Versuch einer künstlerisch- 
anatomischen Definition über die Laokoon- 
gruppe und Michelangelo. (XVI, 226 S. mit 
1 Lichtdr.-Taf.) Lex.-8°. Straßburg, J. H.E. 
Heitz 08. bar 10.—. 


Schneider, O. Renaissance und Barock in der 
bildenden Kunst und in der Musik. (Rhein. 
Westfäl. Ztg., 25, VI.) 


Tuker, M. Italian Realism and Art. (Fortnightly 
Rev., Mai.) 

Ulitz, E. Kritishe Vorbemerkungen zu einer 
ästhetischen Farbenlehre. (Zeitschr. f. Asthet. 
u. allg. Kunstw., 3.) 


Vignola, der kleine, zur Belehrung f. Künstler 
und Handwerker; enthaltend die fünf Säulen- 
ordnungen und deren Anwendung. Aus dem 
Französischen übersetzt. 6. Aufl. (32 S. mit 
32 lithogr. Taf.) kl. 8° Leipzig, EH Meyer 
08. Kart. 2.—. 


West, R. Die Übertreibung der Ästhetik. (N. 
Preuß. Ztg., 7, VII.) 


14. Sammelschriften. 
Recueils. 


Einzelforschungen über Kunst und Alter- 
tumsgegenstände zu Frankfurt a.M. Im Auf- 

- trage der Kommission für Kunst- und Alter- 
tumsgegenstände herausg. vom städt. histor. 
Museum. (IX, 179 S. m. Abbildgn. u. 3 Taf.) 

. 34,5><26 cm. Frankfurt a. M. J. Baer & Co. 
08. 12.— 

Friedlander. 
August Schmarsow gewidmet. 
Kunstw., 3.) 

Gurlitt. Beschreibende Darstellung der älteren 
Bau- und Kunstdenkmäler des Kônigreidis 
Sachsen. Unter Mitwirkung des kgl. sächs. 
Altertumsvereins hrsg. von dem kgl. sädıs. 


Kunstwissenschaftliche Beiträge 
(Repert. f. 


Ministerium des Innern. Lex.-8°. Dresden, 
C. C. Meinhold & Söhne. 31. Heft. Gurlitt, 
Cornelius: Amtshauptmannsdiaft Bautzen. 


[I. Teil.] (II, 192 S. m. Abb. u. 3 Taf.) 08. 8.—. 


Jahrbuch fir Altertumskunde. Hrsg. von der 
k. k. Zentral-Kommission fiir Erforsdiung und 
Erhaltung der Kunst- und histor. Denkmale 
unter der Leitung ihres Präsidenten Sr. Exz. 
i Alex. Freih. v. Helfert durch Prof. Wilh. 

ubitschek. 2. Bd. (1. Heft. 48 S. m. Abb.) 
32><24 cm. Wien, A. Schroll & Co. 08. 10.—. 


844 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Jahrbuch, Münchner, der bildenden Kunst. 
Unter Mitwirkung der Vorstände der staatl. 
Kunstsammlungen hrsg. v. Ludw. v. Buerkel. 
1. Halbbd. 1908. (V, 70 S. m. Abbildgn. und 
11 Taf.) Lex.-8°, München, G. D. W. Call- 
wey. 7.50. 

Plasschaert, Alb. Studies en gegevens over 
schilderkunst. 1907. Zeist, Meindert Boogaerdt 
jun. 8°. [21°x15°.) (VIII, 111 blz.) f 1.75. 


Raspe. Karl Mühlke. Von nordischer Volks- 
kunst. (Rep. f. Kunstw., 3.) 


Staél von Holsttein, Lage. En finsk bok 
om italiensk renässans. [Rec. von „T. och 
W. Söderhjelm, Italiensk renässans“.] (Ord 
och bild 1908, H. 2.) 


15. Kunstwissenschaft. 


Biermann, G. „Bode“. (Monatsh. f. Kunst- 
wissensch., 7/8.) 

Borgese, G. La National Galerie. ([Berlin.] 
(Vita d’arte, 7.) 

Burckhardts. Aus dem Leben Jakob. (Tägl. 
Rundsch., 24. V.) 

Ergebnisse des VII. Internationalen Kunst- 
historischen Kongresses in Darmstadt. (Kunst- 
chron., 29. 

Liebert, A. Eine neue Michelangelo-Biogra- 


phie. [Zugleich ein Beitrag zur Methode der 
Kunstwissenschaft.] (Beilage der Minch. N. 


Nachr., 23.) 

Ostendorf. Carl Schäfers wissenschaftliches 
Werk. (Ztschr. f. Gesch. d. Architekt., 9.) 
Roosval, J. Hans Hildebrand och den svenska 

medeltids konsten. (Ord och Bild, 4.) 

Schmidkunz, H Museen f. christliche Kunst. 
(Christl. Kunstbl. Jul.) 

Schröder, A. Bibliographie zur Geschichte und 

us d. Regierungsbez. Schwaben 

und Neuburg über die Jahre 1906 und 1907. 
[Schluß.] (Augsbg. Postztg., 31. VII.) 

Voll, K. Ein Kapitel praktischer bayerischer 
Museumspolitik. (Beilage der Münch. Neust. 
Nachr., 7. VII.) 

— Die bayerischen Kunstsammlungen. (Süddtsch. 
Monatssh. Jul.) 


Wellenkampf, F. Some notes of the art 
museum as an exhibitor. (Museumskunde, 3.) 
Wôlfflin. Galeriekataloge. Erfahrungen und 
Vorschläge. (Berl. Kunstgesch. Gesellsch., 3.) 


16. Kunstnachrichten. 
Echo des arts. — Art news. 


Bolsunowski, K. Nachricht über den 1899 in 
der Petschersky Lawra zu Kiew gefundenen 
Schatz. (Wiadomösci Numizmatyczno-Ar- 
cheologiczne Nr. 70—71.) 

Bombe, W. Florentiner Brief. 
Ztg., 2. Juni.) 

Bulletti, E. Sul colle della Capriola [Siena 
Dintorni.) Appunti storico-artistici. (Rassegna 
d'arte senese, 3—4.) 

Donnet, F. Le propriétés du couvent de Val- 
Duchesse à Anvers. (Bull. Ac. R. Archéol. 
Belg., 1.) 

Galletti, P. La quadreria della Granduchessa 
un: [Inventar von 1693.) (Arte e Storia, 

—10.) 

Gronau, G. Gefalschte Künstlerdokumente. 
(Monatsh. f. Kunstw., 7/8.) 

Haager Kunstschätze u. ihre Preise. [Frankf. 
Ztg., 9. VII.) 

Jones, E. The prices paid for the Sévres 
Porcelain at Windsor Castle. (Burlington 
Mag. Jul.) 

Londoner Brief. (Kunstchron., 29) 

Major, E. Das Fàscishe Museum und die 
Fäschischen Inventare. (Öffentl. Kunstsammlg. 
Basel. LX. Jahres-Bericht. Neue Folge, IV.) 

Mauceri, E. Documenti artistici siracusani. 
(Archiv. storico, 1.) 

Meurs, P. van. Inventaris der goederen, nr.ge- 
laten door Gillis Pardelaert, Rentmeester van 
de Beierlanden. (Oud. Holland, 2.) 

Simeoni, L. Il Giornale del pittore veronese 
Paolo Farinati [Forts.] (Madonna verona, 2.) 

Theseion als Museum, Das. (Deutsche Warte, 
4. VII.) 


(Nordd. Allg. 


GE eg 


\ 
ORGAN FOR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT 
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER. 


BEMERKUNGEN UBER 
EINIGE MARKEN DES MEISSNER 
PORZELLANS 


Ober die Fabrikmarken des MeiBner Porzel- 
lans ist vieles bekannt, was über seine Her- 
kunft, die Zeit seines Entstehens mancherlei 
AufschluB gibt. Es ist dies fast alles von 
Berling in seinem Werke ,Das MeiBner Por- 
zellan und seine Geschichte“ zusammengefaßt 
worden. Dennoch sind immer noch einige Rätsel 
geblieben, für die ich jedoch glaube, im folgenden 
Erklärungen geben zu können, die teils auf der 
Verwertung schon bekannter Tatsachen, teils 
aber auf einigen neuen Dokumenten beruhen, 
die Herr Dr. Friedrich Haacke, Privatdozent in 
Berlin und Verfasser einer umfangreichen dem- 
nächst erscheinenden Biographie König August 
des Starken bei ihrer Bearbeitung gefunden und 
mir freundlichst zur Verfügung gestellt hat. Es 
sind dies persönliche Aufzeichnungen und Notizen 
des Königs die dieser sidi wohl während der 
Vorträge seiner Minister gemacht hat, die die 
verschiedensten Fragen behandeln. 


1. Shwertermarke über Glasur. 


Diese Marke, die bekanntlic die die ge- 
wöhnliche Meißner Fabrikmarke ausmachenden 
Kursciwerter nicht in dem für gewöhnlich üb- 
lien, unter Glasur aufgetragenen Kobaltblau 
zeigt, vielmehr in einem lichten Blau über Glasur, 
findet sich fast ausschlieBlich auf Meißner Por- 
zellanen der frühen „Heroldzeit“, die man aus 
mancherlei Gründen in die Zeit von um 1725 
bis 1730 setzen muB, hierbei in erster Linie auf 
solchen jener Gruppe von Porzellanen, die in 
so überaus geschickter Weise jene frühen, in 
hellen, lichten Farben strahlenden Porzellane 
Japans nachahmen, die nachweislich seit dem 
Ende des 17. Jahrhunderts als die frühesten 
vielfarbigen Porzellane Ostasiens nadı Europa 
gelangt sind, für die der König August der 
Starke damals gleichfalls nachweislich eine ganz 
besondere Vorliebe besessen hat, die diese 
Nachbildung wohl bewirkt hat. 


Für diese Marke ist sowohl von Berling (a. 
a. O. S.156) wie auch von Lüders (in seinem 
Aufsatz über das Porzellan der Berliner Manu- 
faktur auf der Ausstellung von Kunstwerken 
aus dem Zeitalter Friedrihs des Großen im 
Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen, 
XIV. Bd. 1893, S.229) die Erklärung abgegeben 
worden: man hätte, als man in Meißen all- 
gemein anfing, das Porzellan mit der Schwerter- 
marke unter Glasur zu versehen (d.h. als die 
im Jahre 1719 gegründete Wiener Porzellan- 
manufaktur Porzellane auf den Markt brachte, 
die mit den MeiBnern zu verwechseln waren), 
die damals bereits fertigen, demnach also auch 
schon glasierten Stücke, da man die Marke bei 
ihnen nicht mehr unter Glasur anbringen konnte, 
nun mit einer solchen über Glasur versehen. 
Diese Annahme hat zweifelsohne viel für sich, 
und es ist kein Grund vorhanden, zu bezweifeln, 
daB auf diese Weise die Marke über Glasur 
auf viele Porzellane gekommen ist. Aber es 
fällt doch auf, daB diese Marke sich so beson- 
ders häufig, ja in durchaus überwiegender Weise 
auf Porzellanen jener oben bezeichneten Gruppe 
findet, die auch unter den Farben ihrer Dekoration 
in hervorragender Weise dasselbe Blau zeigt, 
in dem ihre Marken ausgeführt sind. Es er- 
scheint undenkbar, daB für diesen Typus, der 
noch dazu damals gegenüber den früheren als 
ein Fortschritt zu gelten hatte, der schon vor- 
handeneVorrat an Porzellanen verwandt worden 
sei, es erscheint um so undenkbarer, da diese 
Gruppe die japanischen Porzellane nicht bloB 
im Dekor, sondern auch fast immer in der Form 
genau nacdigemacht hat. Die Gefäße müssen 
also demnach damals für diese besondere Be- 
malung eigens angefertigt worden sein und so 
kann die obige Erklärung für die Anbringung 
dieser Marke durchaus nicht die allein richtige 
sein. 

Nun aber ist durch Berling bereits eine Tat- 
sache berichtet worden, die, von ihm freilich 
noch nicht für diese Zwecke verwandt, dennoch 
eine ausreichende Erklärung für diese Marke 
zu geben vermag. Er weiß nämlich zu berichten 
(a. a. O. S. 118), daB im Jahre 1725 der alte 
Arbeiter Böttgers David Köhler, dem, als einem 


846 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


der tüchtigsten Leute an der Manufaktur, zuerst 
die Unterglasurmalerei in Kobaltblau gelungen 
war, starb, man in Meißen „längere Zeit in dieser 
Farbe nichts hat schafien können, da Köhler aus 
Mißgunst seinem Nachfolger Höltzel über die 
Zusammensetzung dieser Farbe völlig im Un- 
klaren gelassen hatte“. Erst mit Hilfe von 
Herold, dem scion damaligen künstlerischen Leiter 
der Fabrik, den Köhler auf seinem Totenbette 
noch kurz vorher über diese Farbe unterrichtet 
hätte, sei dann die Farbe wieder gelungen, aber 
auf einem kostbaren und sehr mühsamen Wege, 
um dann allerdings wieder von neuem so 
schlecht auszufallen, daß man damit bemalte 
Gefäße nicht mehr verkaufen konnte, ja bis in 
die dreißiger Jahre hinein scheint man diese 
Farbe nicht ganz wieder beherrschen gelernt zu 
haben. 

Was aber folgt aus diesen Angaben? Es 
hat in den Jahren 1725 und 1726 eine Zeit ge- 
geben, in der man in Meißen mit Kobaltblau 
unter Glasur nicht malen, es hat weiter eine 
ganze Reihe von Jahren gegeben, wo man mit 
ihm nur schlecht malen konnte. Diese Tatsachen 
aber genügen völlig, die Schwertermarke über 
Glasur zu erklären. Denn, wenn man da- 
mals, wie schon vorher, auf Befehl des Königs 
die Schwertermarke auf allen Meißner Porzel- 
lanen in Kobaltblau unter Glasur anzubringen 
hatte, diese Farbe aber damals gar nicht besaß, 
dann mußte man die Marke wohl oder übel in 
einer Farbe über Glasur daraufmalen, wobei die 
Anwendung einer blauen natürlich die nächst- 
liegende war. Damit aber war die blaue 
Schwertermarke über Glasur vorhanden! 

Hiermit stimmt völlig überein, daB Stücke 
mit dieser Marke im Dekor auch fast nie das 
Unterglasurblau zeigen, indes auf so vielen 
Stücken vorher, die schon die Schwertermarke 
in Unterglasurblau gezeigt hatten, von dieser 
Farbe bereits ein sehr wirkungsvoller Gebrauch 
gemacht worden war, ja es gewinnt geradezu 
den Anschein, als sei jener neue japanische 
Dekor, den die mit Überglasurmarken versehenen 
Stücke fast immer zeigen, damals nur deshalb 
aufgekommen, weil eben das Unterglasurklau 
ausging oder nicht mehr brauchbar ausfiel. Da- 
gegen spricht aber durchaus nicht, daß verhält- 
nismäßig viele Stücke dieser Art diese Marke 
zeigen. Denn wir wissen einerseits gar nicht, 
wann Herold die kobaltblaue Farbe soweit wie- 
der beherrscien gelernt hat, daß man sie auf 
allen Stücken wieder anzubringen wagen konnte, 
wir wissen andrerseits ebenso wenig, wie lange 
Köhler, der vorher allein diese Farbe herstellen 
konnte, krank darnieder lag, bevor er starb. 
Es können Jahre darüber vergangen sein. 


2. Chinesische Marken (Merkurstab). 


Bekanntlich tragen viele Meißner Porzellane, 
die dem ersten Jahrzehnt nach Böttgers Tode 
angehören, chinesisch aussehende Marken, da- 
für aber, selbst zu einer Zeit, da sie bereits 
eingeführt war, die Schwertermarke in der 
Regel nicht. Diese Marken sind entweder mehr 
oder weniger getreue Kopien der bekannten 
Kaiserdatierungs- oder auch der rein symboli- 
schen Marken des chinesischen Porzellans. Auch 
gehört zu ihnen die am häufigsten vorkom- 
mende Marke des sogenannten „Merkurstabs“ 
die freilich bisher auf chinesischen Porzel- 
lanen selber noch nicht aufgefunden wor- 
den sein dürfte. Diese Marken gelangten 
z. T. wohl auf die Meißner Porzellane, 
weil man damals das ostasiatische Porzellan 
überhaupt sehr stark kopierte, ja sogar oft 
völlig getreu nachbildete, z. T. jedoch wohl aus 
einem ganz anderen Grunde. Wir wissen aus 
dem, was Berling u. a. S. 38 über die stark 
anrüchigen Beziehungen des französischen Händ- 
lers Lemaire zur Meißner Manufaktur und nament- 
lich ihrem damaligen Leiter, dem Premierminister 
Graf Karl Heinrich von Hoym, sowie nicht minder 
aus dem, was er in gleicher Beziehung über 
den türkischen Kaufmann Manasses Athanas, der 
das Meißner Porzellan nach der Türkei verhan- 
delte, gesagt hat, daß beide damals seltsamer- 
weise mit allen Mitteln bestrebt waren, die 
Meißner Porzellane ohne die Schwertermarke 
von Meißen zu bekommen, statt derer aber chine- 
sishe Marken oder das Porzellan überhaupt 
ganz unbemalt zu erhalten, was ihnen jedoch 
damals abgeschlagen worden ist. Dafür sollen 
freilih mehrfach Stücke ganz ohne Marke 
abgegeben worden sein. Der türkische Kauf- 
mann aber hat sih noch im Jahre 1730 
geweigert, Porzellan mit der Schwerter- oder 
irgend einer andern Marke anzunehmen; ein 
Jahr darauf ward ihm jedoch die „Merkurstab"- 
marke zugebilligt, die freilih schon früher 
gelegentlich dem Meißner Porzellan beigegeben 
worden sein muB. 

Was war der Grund für diese merkwürdige 
Weigerung, was der Grund für die Ablehnung 
einer Marke, die doch sonst gerade als Emp- 
fehlungszeichen auf das in Meißen fabrizierte 
Porzellan gesetzt ward? Der Grund hierfür 
war, wie wieder aus einer der obengenannten 
Aufzeichnungen des Königs hervorgeht, der, 
daß diese Meißner Porzellane damals als ost- 
asiatische verkauft wurden. Es heißt dort in 
einigen Notizen, die der König sich betreffs der 
im Jahre 1731 vorgenommenen Untersuchung 
der Lemaire-Hoymschen Sache gemacht hat: 


Der Kunstsammler 


847 


Les armes aux marques se mestens mes 
deunes telles fasson quon les peus effasse et 
les vendres allieur pour des orrientos, ce pro- 
fies pourres estre pour la manifacture que pour 
un marcheus estrenges. Mit anderen Worten, 
man verkaufte das MeiBner Porzellan damals, 
d.h. noch über 20 Jahre nach seiner Erfindung 
vielfa als chinesisch-japanisches, weil dies 
für den Verkäufer vorteilhafter war. Vorteil- 
hafter konnte dies aber nur dann sein, wenn 
das ostasiatishe damals noch dem Meißner 
vorgezogen ward. Dies aber konnte damals 
nur geschehen, wenn entweder das Publikum da- 
mals das ostasiatische höher schätzte als das 
Meißner Porzellan, oder wenn es durch die 
Macht der Gewohnheit damals noch mehr nach 
jenem als nach diesem verlangte. Auf alle 
Fälle aber darf man jetzt annehmen, daB die 
ostasiatishen Marken vielfad und zwar auf 
Wunsch der Händler auf das Meißner Porzellan 
gesetzt worden sind, damit es zunächst als chine- 
sisches oder japanisches verkauft ward. 
(Schluß folgt.) 

Ernst Zimmermann. 


| 2 
OBER ITALIENISCHE KORBFLECHT- 


ARBEITEN DER RENAISSANCE. 


Der hohe künstlerische Wert und die Vor- 
bildlichkeit der japanischen Korbflechtarbeiten ist 
unbestritten und allgemein bekannt. Fast un- 
bekannt aber sind die Korbflechtarbeiten der 


Aus Weidenzweigen geflochtene Schale mit 
Eglomisebild in der Mitte O 
D 


Italienische Renaissance 
Kaiser Franz Josof Museum, Troppau O 


italienischen Renaissance, obwohl der künst- 
lerische Reiz derselben nicht minder hoch ein- 
zuschätzen ist. Der Hauptgrund des Unbekannt- 
seins ist die groBe Seltenheit solcher Arbeiten. 
Ich gebe deshalb hier in Abbildung eine flache 
aus dünnen Weidenzweigen zierlich geflochtene 
Schale, deren Mittelstück aus gedrehtem NuB- 
baumholz eine runde Eglomisémalerei auf Sil- 
berfolie birgt, darstellend die Halbfigur eines 
jugendlichen Heiligen. Die Schale (36 cm im 
Durchmesser, 6,5 cm hoch) ist Eigentum des 
Kaiser Franz Josef-Museums zu Troppau, wohin 
sie als Geschenk seines Protektors, des regie- 
renden Fürsten Johann II. von und zu Liechten- 
stein gelangte. Übrigens erwarb das Kunstge- 
werbemuseum zu Frankfurt a. M. laut seines 
Jahresberichtes für 1907 kürzlich gleichfalls eine 
ähnliche Arbeit, einen geflochtenen Korb mit 
Eglomisebild im Innern. 


E. W. Braun (Troppau.) 


3 


LONDON 


Die letzten zwei Monate der zweifelsohne 
bedeutsamen Auktionssaison, fiber die noch zu 
berichten ist, brachten mehrere wichtige Ver- 
steigerungen, vor allem die der groBen Bilder- 
kollektion des verstorbenen Mr. Stephen Hol- 
land, eines der groBen Industriefürsten des 
modernen England. In seiner Sammlung konnte 
man die Vorliebe für die Landschaft deutlich 
erkennen. Auch er war typisch für den eng- 
lischen Sammler unserer Zeit, insofern er neben 
Turner vor allem auch die Barbizon-Meister zu 
erwerben liebte. Gut beraten, wie er meist war, 
brachte er vielfach außerordentlich schöne, ja 
erstrangige Stücke zusammen; und zwar zahlte 
er verhältnismäßig kleine Preise. So kam es, 
daB das Ergebnis der Auktion seinen lachenden 
Erben zum hohen Gewinn wurde. Für die 432 
Werke seiner Sammlung wurden nämlich im 
ganzen # 138118 eingenommen, die höchste 
Summe, die jemals auf einer Londoner Auktion 
für moderne Bilder bezahlt worden ist. Der 
große Moment der Auktion war der Verkauf 
von Turners Olbild ,Mortlake Terrace“ aus dem 
Jahre 1826, das 1895 £ 5460 gebracht hatte. Die 
amerikanische Firma Roland Knoedler, New-York, 
erstand das Bild um 12600 Gns., während der 
höchste bisher für einen Turner auf einer Lon- 
doner Auktion bezahlte Preis 8200 Gns. betragen 
hatte. Aber Turner ist in diesem Jahre über- 
haupt in London mehr als je Trumpf gewesen. 
Zwei kleine Sticke von ihm, „Der Sturm“, nur 
12x21 inch groß, aus dem Jahre 1840, und 


848 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


„Der Morgen nach dem Sturm“ kosteten Messrs. 
Colnaghi & Co 5500 Gns. resp. 7700 Gns. Von 
einer Anzahl seiner Aquarelle brachte „Heidel- 
berg“, das 1872 2650 Gns. gekostet hatte, nun- 
mehr 4200 Gns. (Messrs. Agnew), ein neuer 
Rekord für ein Turner-Aquarell. Sechs seiner 
Aquarelle, um es kurz zu machen, erreichten 
diesmal 10030 Gns. gegenüber 5055 Gns. bei 
früheren Gelegenheiten. Nach Amerika wanderte 
auch der eine bedeutende Constable, den die 
Sammlung umschloB: eine Version der „Salis- 
bury Cathedral“, die Knoedler 7800 Gns. kostete, 
nur 700 Gns. weniger als das Constablemaximum 
auf einer Londoner Auktion (8500 Gns. für 
„Stratford Mill on the Stoure* in 1895). — Fol- 
gende wichtige Preise aus derselben Auktion 
mögen hier noch verzeichnet stehen: Gains- 
borough „The Harvest Waggon“, in dem die 
verschiedenen Einflüsse, die auf Gainsborough 
eine Wirkung ausübten, deutlich sichtbar sind, 
700 Gns.: John Linnell sen. „Carrying Wheat“ 
1900 Gns.; Millais „Caller Herrin“ 1800 Gns.; 
Orchardsons kleine Version seines bekannten 
Bildes „Napoleon auf dem Bellerophon* 1600 
Gns.; zwei Orientsticke des J. F. Lewis 1250 
und 1000 Gns.; eine größere Anzahl venetiani- 
scher Ansichten des Architekturmalers J. Holland 
bis zu 1150 Gns.; Landseers „Otter and Salmon“ 
360 Gns. (1300 Gns. in 1890); Lord Leightons 
„Corinna of Tanagra* wurde erfreulicherweise 
für nur 220 Gns. losgeschlagen; Peter Nasmyths, 
des alten schottischen Landschafters „View near 
Godstone“ 800 Gns.; John Petties „Treason“ 
520 Gns.; von englischen Aquarellen einige Peter 
de Wint bis zu 640 Gns.; David Cox „Lancaster: 
Peace & War“ 900 Gns.; Copley Fielding „Ben 
More, Isle of Mull“ 590 Gns.; Fred Walker, von 
dessen Triumph im Auktionssale vor einigen 
Monaten hier die Rede war: „Marlow Ferry“, 
nur 113/,><18 inch groß, 2700 Gns., noch 420 
Gns. mehr als sein kürzlicher Rekord; seine 
„Street, Cookham“ 1600 Gns. (860 Gns. in 1886); 
sein ,Fishmonger’s Shop“ ebenfalls 1600 Gns.; 
J. Holland „A view on the Grand Canal, Venice“ 
585 Gns.; J. F. Lewis „Scene in Cairo“ 600 Gns. 
Von dem frühen Landschafter Bonington, der 
einen nicht unwesentlichen EinfluB auf die 
Barbizon-Meister ausgeübt hat, waren nur zwei 
kleine Skizzen zum Verkauf ausgestellt: „Quai 
du Louvre“, 1828 gemalt, 220 Gns., und „A Coast 
Scene“ 200 Gns. (105 Gns. in 1875). — Von den 
Barbizon-Meistern seiber, um die sich ein eifriger 
Wettkampf erhob, fielen sehr hohe Preise auf 
Corots „Flußscene“, 3000 Gns. (Messrs. Gooden 
& Fox), auf desselben ,L'Etang“ 2600 Gns.; auf 
Daubignys „On the Oise, Morning* gar 3500 Gns. 
(Messrs. Gooden & Fox), die höchste fhr einen 


Barbizon - Meister gezahlte Summe auf einer 
englischen Auktion; auf desselben „On the Oise, 
Evening“ 2900 Gns.; auf Diaz „The Bathers“ 
2950 Gns.; auf Troyons „The Ferry“ 3100 Gns. 
(Messrs. Agnew); auf sein „In the Woods at 
Meudon above Sèvres 480 Gns. (Cremetti); auf 
L'Hermittes „The Gleaners, Evening“, gemalt 
1890, die Rekordsumme von 2500 Gns. (Connell); 
auf ein anderes Bild desselben Meisters 1250 Gns.; 
auf H Harpignies „Matinée d’Automme“ 1600 
Gns. (früher 750 Gns.); auf C. H. Jacques 
» Watering the Flock“ 1250 Gns. (Messrs. Gooden 
& Fox); auf Meissoniers Aquarell „Off Guard“ 
510 Gns.; auf E. van Marckes ,Returning from 
the Pasture“ 1150 Gns. 

Von alten Meistern befand sich eigentlich. 
nur ein Hobbema in der Sammlung. Dieses 
wertvolle Bild, „Ein Markttag“, fiel bezeich- 
nenderweise von 700 Gns. im Jahre 1878 auf 
260 Gns. (Messrs. Tooth). — Dagegen errangen 
die neueren Holländer, diese erklärten Lieblinge 
der englishen Sammler, auf einer früheren 
Auktion bei Christie von neuem hohe Preise. 
Anton Mauves „Returning from Work*, 22'/, 
x 40 inch groß, kaufte Mr. Tooth für € 1627.10. 
Für Mauves Aquarell „The Homeward Journey“ 
wurden # 126 bezahlt; für W. Maris „Cow at 
a Stream“ # 220.15; für A. Neuhuys „The Torn 
Page“ £ 215.5. Am selben Tage, 19. Juli, trug 
eine Corot-Landschaft „Nymphen zu der Musik 
eines Hirten tanzend“ # 577.10 und Troyons 
„Le Marché du Printemps“ £ 787.10 ein. Be- 
deutende englische Bilder auf dieser Auktion 
waren: 6 Turnersche Aquarelle, von denen „The 
Castle of Chillon“ den höchsten Preis, £ 451.10, 
eintrug; P. de Wints „Grouse Shooting on the 
Moors“ brachte # 120.15; David Cox, „Wind, 
Rain und Steam“ e 220.10; Copley Fieldings 
„Bolton Abbey“ £ 336 (in 1902 1200 Gns.); Sam 
Boughs „Wermyss Bay“ erreichte £ 304.10. Der 
höchste Preis für einige Blumenstiicke Fantin 
Latours am gleichen Tage betrug # 152.5 fir 
seine „Chrysanthemums“. 

Dann gab es im Juli noch eine sehr be- 
deutende Auktion bei Christie, in der eine ganze 
Anzahl älterer und ausländischer Bilder des 
Mr. Arthur Sanderson, eines der bekanntesten 
Sammler in Schottland, unter den Hammer kam. 
Die köstlihe Wedgewoodporzellansammlung 
desselben Sammlers war im vorigen Jahre für 
£ 20000 verkauft worden. Obwohl nun einige 
Hauptstücke seiner Gemäldesammlung, so Hals’ 
„Michael De Waal“ und Hobbemas „Auf dem 
Wege nach Scheveningen: im Auktionssaale 
fehlten, so enthielt dieselbe doch noch eine 
Reihe hochbedeutender Bilder, die wohl nicht 
alle den ihnen gebührenden Preis einbrachten. 


Der Kunstsammler 


Das Glanzstück war Raeburns Meisterporträt der 
„Mrs. Mackenzie of Drumtochty*, das Messrs. 
Agnew für 4000 Gns. erstanden; dies war das 
Porträt, das im vergangenen Frühjahr einen so 
großen Beifall in Berlin gefunden hatte. Ein zwei- 
tes Damenporträt Raeburns, „Mrs. Hay of Spot“, 
brachte 3200 Gns., das Porträt of „Mr. Hay of 
Spot“ 650 Gns. Von weiteren englischen resp. 
schottischen Meistern der Sammlung seien hier 
noch erwähnt: „Group of Peasants“ von Mor- 
land, 1750 Gns. (Messrs. Colnaghi & Co.); 
„General James Wolfe“ von Gainsborough, 
1800 Gns. (Messrs. Agnew); desselben Meisters 
»Watering Horses at a Trough* 420 Gns. und 
ein „Still Life on a Table“ 110 Gns.; „Porträt 
of a Lady“ by Sir Joshua Reynolds, 2000 Gns.; 
desselben „The Laughing Girl“ 480 Gns. (in 1879 
1300 Gns.); „Porträt von Mrs. Charnock“ von 
Romney 1900 Gns.; „Maecenas Villa“ von 
R. Wilson 100 Gns.; Cromes „Gibraltar Watering 
Place, near Norwich“ 100 Gns; J. S. Cotmans 
„Homeward Bound“ 780 Gns.; David Wilkies 
„Ihe Bride at her Toilet“ 990 Gns.; drei Turners 
bis zu 180 Gns.; John Phillip „The Gypsy’s 
Toilet", das 1897 1785 Gns. brachte, fiel auf 
520 Gns., ein unbegreiflicher Fall für diesen 
großzügigen Schotten. Des schottischen Orient- 
malers Arthur Melville glänzendes Aquarell 
„Interior of a Turkish Bath“ brachte 170 Gns.; 
ein Aquarell Millais „Sir Isumbras at the Ford“ 
125 Gns.; desselben Ölgemälde ,Cuckoo“ fiel 
von 1550 Gns. auf 820 Gns. Constables erste 
Skizze zu seiner „Valley Farm“ trug 620 Gns. 
ein. — Von ausländischen Meistern der Samm- 
lung seien erwähnt: Rembrandt „Männerporträt“ 
2000 Gns. (Marlow), in 1890 1500 Gns.; Velasquez 
„Peasants at a Repast“ nur 1000 Gns. (Mr. 
Langton Douglas); ein Velasquez zugeschriebenes 
Damenporträt 1650 Gns. (Agnew) und das ihm 
ebenfalls zugewiesene „Portrait of Queen Ma- 
riana of Austria“ 550 Gns.; ein dem Vandyck 
zugeschriebenes Porträt des „Kardinals Dome- 
nico Rivarola* 780 Gns.; ein Männerporträt der 
Holbeinschule 320 Gns.; ein Männerporträt von 
N. Maes 290 Gns. — Am gleichen Tage wurde 
nodi eine Reihe anderer Bilder verkauft, dar- 
unter eine „Kanalszene“ von Canaletto 110 Gns.; 
eine Flußszene von Ruysdael 480 Gns.; ein 
Damenporträt von William Becchey 880 Gns. 
Raeburns „Bildnis eines Jungen mit einem Korb 
Kirschen“ 600 Gns., nachdem es 1902 1200 Gns. 
gebracht hatte, eine der Unbegreiflichkeiten in 
den Auktionssälen. 

Während der Berichtsperiode fand nur ein 
wichtigerer Verkauf von Handzeichnungen und 
zwar bei Sotheby, statt, die zum Teil dem Duc 
de Cassano Serra gehört hatten: Masaccio 


849 


„Madonna mit Kind“ e 33; Michel Angelo 
„Madonna mit der Leiche Christi“ £ 12.10; drei 
Rafaelzeicinungen e 25.10; drei von Tiepolo 
£ 20.10 und sechs von Claude # 30. 

Von Stidien und anderen Schwarz-WeißB- 
Blättern wurde während der Zeit wenig an- 
geboten. Wie gewöhnlich gab es hohe Preise 
für Stücke der altenglischen Schule, so z. B. für 
das Mezzotinto von James Walker nach Rom- 
neys „Ms. Musters“ £ 325.10 bei Christies am 
15. Juli. Am selben Tage verkauften Messrs. 
Sotheby einige Dürer- und Rembrandtblätter, 
darunter „Die Melancholie“ # 25; eine voll- 
ständige Passion £ 46; Szene in Amsterdam 
£ 29, und „Drei Bäume“ £ 50. — Eine Woche 
spät wurden in demselben Auktionslokal u. a. 
mehrere Mezzotintos von David Lucas nach 
Constables Landschaften versteigert. Siebrachten: 
„Ihe Rainbow, Salisbury Cathedral“ #28; „The 
Young Waltonians“ £52; „The Cornfield“ #10. 

Aus der großen Zahl wertvoller Bücher und 
Manuskripte, die wiederum bei Sotheby ver- 
steigert wurden, sei einzig eine illuminierte 
Handschrift erwähnt, die die Lebensläufe und 
Porträts der berühmtesten Mitglieder der regie- 
renden Guelfenfamilie Fornarii von Genua von 
Otto Fornarius anno 1105 bis zu der Wieder- 
einsetzung der Familie nach ihrer Vertreibung 
durch die Ghibellinen im Jahre 1334 enthält; sie 
brachte € 155. — Auf die verschiedenen Ver- 
käufe chinesischen Porzellans usw. hier einzu- 
gehen, würde zu weit führen. Nur ein Stück, 
eine französische Terracottabüste, 1791 von 
Marin geformt, 14'/, inch hoch, muB des auBer- 
ordentlichen Pıeises wegen doch erwähnt werden. 
Sie trug nämlich am 3. Juli bei Christie 2600 Gns. 
ein, bei einem früheren Verkauf dagegen nur 
420 Gns. Die Büste stellt eine Dame mit Häub- 
chen, Perlenhalsband und Shawl um die Schul- 
tern dar. 

Dann kam das Ende dieser ereignisreichen 
Saison, die erst so still eingesetzt hatte: man 
verkaufte bei Christie u. a. vier alte Gobelins, 
die £ 1732.10 eintrugen. Trotz der sogenannten 
schlechten Zeiten und der Geldknappheit wurden 
während der Saison öfters ganz erstaunliche 
Preise erzielt uud zwei Sammlungen ersten 
Ranges versteigert. Es müssen wohl also 
wieder bessere Zeiten eingezogen sein, selbst 
in Amerika, wo die Knoedler'sche Firma ohne 
speziellen Auftrag, wie sie bekannt gab, 12600 
Gns. für einen Turner anzulegen für geraten 
hielt. F; 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


VERMISCHTES 


Die Van Dycks der Galerie Cattaneo. Die An- 
geklagten in dem Prozeß wegen Ausfuhr der Van Dyck- 
schen Bilder sind kürzlich freigesprochen worden. Die 
Voß. Ztg. bemerkt dazu: Auch dieser neue Prozeß, in 
dem namentlich der Käufer, Conte Trotti aus Ferrara, der 
seit Jahren ein Palais am Place Vendöme in Paris als 
Bilderladen besitzt, angeklagt war, hat den regelmäßigen 
Verlauf mit den üblidıen, fast humoristischen Zwisdien- 
fällen gehabt. Die Angeklagten wissen von nichts; ihre 
Advokaten behaupten, daß unbekannte amerikanische 
Milliardäre die Bilder in ihrer Jacht von Genua ausgeführt 
haben müßten, wenn sie nicht überhaupt noch in Italien 
sich befänden! Und gerade wenige Wochen vorher hat 
der Conte Trotti drei dieser Bilder, darunter das Haupt- 
werk in Paris an den bekannten Bildersammler Widener 
in Philadelphia verkauft, der seine Erwerbung schon in 
der englischen Kunstzeitschrift „The Burlington Magazine“ 
hat veröffentlichen lassen. Widener hat für die Dame mit 
einem Mohr mit Sonnenschirm hinter sich und für zwei 
kleinere Kinderbilder die Kleinigkeit von 2 Millionen M. 
gezahlt und noch 52 Bilder aus seinem Besitz mit in 
den Kauf gegeben. Das macht also im ganzen etwa 
3 Millionen M., wobei auf das große Gemälde der Dame 
mit dem Mohren allein etwa 2'. Millionen M. kommen! 
Ein männliches Porträt von van Duck, das in dem gleidien 
Heft des, Burlington Magazine“ veröffentlicht wird, stammt 
zwar gleichfalls aus der Galerie Cattaneo, ist aber scion 
vor mehreren Jahren mit ein paar anderen Bildnissen des 
A. van Dyck verkauft worden und befindet sich jetzt im 
Besitz von Mr. Frick in Pittsburg. Zwei weitere Bild- 
nisse der Sammlung, Brustbilder von Mann und Frau, 
Sind um 500000 M. schon im Laufe des Winters in den 
Besitz der Londoner National Gallery übergegangen. Alle 
dee Preise sind weit iber den absoluten Wert der Ge- 
mälde. 


Gestohlenes Bild. Aus der Gräflih Harrachschen 
Gemäldegalerie in Wien ist ein wertvolles Bild von van 
Dyck, betitelt: „Kopf eines Kindes“, gestohlen worden. 

Das entwendete Bild, ein Ölgemälde auf Leinwand, 
das mit den Spannleisten aus dem Rahmen genommen 
wurde, stellt den nach links gewendeten Kopf eines paus- 
bäckigen Kindes dar, dessen Locken auf die Stirn und auf 
die Schultern herabfallen. Das Kleid, bis zur Brust sicht- 
bar, hat einen viereckigen Ausschnitt um Halse. Auf der 
Leinwand des Bildes befindet sich die Signatur „W. S. 
22". Das Bild ist 32 cm breit und 46 cm hodi. 


Amsterdam. Kürzlich ist ein vor langer Zeit in das 
Ausland gewanderter Rembrandt hierher zurückgekehrt, 
und zwar handelt es sih um das Bild der Mutter des 
Künstlers, das sich bisher in der Galerie Sanderson in 
Sdiottland befand und auch auf der Rembrandtausstellung 


im Jahre 1898 zu sehen war. Die Kunstfirma Preyer im 
Haag hat das Bild erworben, und man bemüht sich schon 
jetzt, um einer abermaligen Auswanderung vorzubeugen. 


Eine Kunstbörse. In Amerika soll unter den Au- 
spizien des berühmten Mäzens und Milliardärs Pierpont 
Morgans an die Gründung einer „Internationalen Kunst- 
börse“ geschritten werden. Morgan hatte schon bei 
seinem letztenjAufenthalt in London seinen Lieblingsplan 
englischen Kunstfreunden entwickelt und mit seiner Idee 
begeisterten Anklang gefunden. Diese besteht darin, 
zwischen den verschiedenen großen Museen Europas und 
Amerikas ein Austauschsystem ins Leben zu rufen, durch 
welches Institute, die Werke einer gewissen Schule im 
Überfluß besitzen, solche für Werke einer anderen Schule 
auszutauschen vermögen. Morgan ist der Ansicht, daß 
jedes Museum durch die Kunstbörse die Möglidikeit haben 
werde, seine Sammlungen weit mehr zu vervollkommnen, 
als es jetzt die verworrenen Zustände auf dem Inter- 
nationalen Kunstmarkte zulassen. Auch die offiziellen 
Kreise in Amerika befassen sich bereits mit dem Projekte, 
wie aus einer Mitteilung des Metropolitan-Kunst- Museums 
hervorgeht. Der berühmte amerikanische Maler Everett 
Skinn und andere Künstler jenseits des Großen Teiches 
versprechen sih namentlich für die Kunst in Amerika 
von der Internationalen Kunstbörse viel Gutes, da sie 
auch dazu beitragen dürfte, Maler und Bildhauer der Ver- 
einigten Staaten in Europa bekannt zu machen. 


3 


NEUE KATALOGE 


Martin Breslauer, Berlin, Unter den Linden 16. Kata- 
log Ill. Dokumente frühen deutschen Lebens. 
Erste Reihe. Das deutsche Lied geistlih und weltlich 
bis zum 18. Jahrhundert. Der Kaialog behandelt eine 
umfangreiche Sammlung alter Drucke und Handschriften, 
die unter dem erwähnten Titel ein getreues Abbild deut- 
scher Sitte, besonders im 15. und 16. Jahrhundert, geben soll. 

Diese Veröffentlihung wird in ungefähr zehn Teilen 
erscheinen. Sie baut sich auf einer Sammlung auf, die 
von Dr. Karl Biltz begründet wurde. 


v. Zahn & Jaensch, Dresden, Waisenhausstr. 10. 
Katalog 211. Bücher, Holzschnitt- und Kupterwerke des 
15.— 18. Jahrhunderts. 


Oskar Rauthe, Friedenau-Berlin, Cranadıstr. 7. Ka- 
talog 6. Deutsche Literatur, Erstausgaben und Selten- 
eiten. 


K.W. Hiersemann, Leipzig, Königstraße 3. Kat. 340 
(Geschichte der Kunst, Galeriewerke, Kataloge, Publi- 
kationen usw.). 


AUKTIONSKALENDER 


Ok'ober ` München. H.Helbing. Sml. Grauer- 
Troppau. MeiBner, Ludwigsburger, 
Wiener Porzellan. 


Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. 

8. Lempertz. Sml. Dr. Kann, Wien u. a. 

i Radierung. alt. Meister, Kupferstidie, 

| Lithographien u. Sdiwarzkunstblätt. 

Mitte | Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. 

_ Lempertz, Bibliothek enth. Biicher 
, aus allen Wissenschaften. 


Oktober | Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. 
Ende Lempertz, Sml. hervorrag. Kunst- 
gegenstände, Möbel etc. 


Novemb. | Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. 


Anfang ' J.empertz, Bedeutende Smig. von 
| Gemälden alter u. neuer Meister. 
Mitte Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. 


Lempertz, Bibliothek N. N. Bacher 
aus allen Wissenschaften. 


Redaktionen der Monatshefte für Kunstwissenschaft: 


Zentralredaktion: Leipzig, Liebigstraße 2. 
Zweigredaktionen: Für Berlin: Dr. Paul Ferd. Schmidt, Zehlendorf bei Berlin, Charlottenburgerstraße 20. 
Für München: i. V. Dr. W. Worringer, München, Georgenstraße 99. 
Für Wien: Dr. Wilhelm Suida, Mödling bei Wien, Kaiser Jubiläumsstraße 16. 
Für London: Frank E. Washburn Freund, Harrow on Hill bei London, Lyon Road. 
Für Paris: Dr. Rudolf Meyer-Riefstahl, 45, rue d’Ulm, Paris Ve. 


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Zu dem Aufsatz „Zur Kenntnis Joh. Gg. EDLINGERS und seiner Zeit“, 


JOH. GEORG EDLINGER. 


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Ümexkun SI WISSENSCHAFT" jd 


Herausgeber: DR. GEORG BIERMANN 
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2 


DU Begriindet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sas U) 


L Jahrg. | Heft 10 1908 


Zu Michelagniolos SchaffensprozeB 


Von Adolf Gottshewski. 


Durch die Auffindung des großen Modell-Torsos der Akademie zu Florenz 
wurde eine wichtige prinzipielle Frage zu erneuter Diskussion gestellt: die Frage nach dem 
Schaffensprozesse des Genies in der bildenden Kunst. Michelagniolos Gesamtleistung 
ist so groß, so neu, so tief, daß es darüber, ob er ein Genie war, noch nie einen Streit 
gegeben hat: er ist das klassische Beispiel für Betrachtung über den schöpferischen 
Menschen geworden. Man sollte nun meinen, daß die Kunstgeschichte in einem Falle, 
wo sie dem philosophierenden Gedankenleben einen Dienst erweisen könnte, in beson- 
ders hohem Maße kühle Sachlichkeit und strenge Arbeits- und Denkethik anwenden 
wurde. Wie es aber überhaupt beobachtet werden kann, daß gerade in solchen 
Punkten, von welchen Fäden ins allgemeine Denken und Fühlen des Menschen hin- 
überführen, es schwerer ist als irgendwo, die. Einzeltatsache vom alten Interpretations- 
beiwerk loszulösen, so finden wir auch die Kernpunkte des Problems von Michel- 
agniolos Schaffen immer wieder durch gefühlsmäßige persönliche Liebhabervorstellungen 
gegen den Blick der Erkenntnis umhürdet. 

Durch jenen meinen Fund erhielt die alte Meinung, daß Michelagniolo ohne 
große Modelle seine Figuren aus dem Marmor schlug einen Stoß: er machte Modelle 
wie jeder Sterbliche, sicherte sich seine Arbeit durch die Ausführung im korrigierbaren 
Thon. Aus dem im Wähnen titanischen Schöpfermutes in unaufhaltbarem Triebe einem 
ungefügen Steine zu Leibe gehenden und aus ihm die Formen seiner Intuition mit 
gewaltigen Schlägen befreienden Stürmer, wird ein Künstler, bei dem der Flut der 
Ideen das aussondernde Denken und diesem das kühl überlegte Arbeiten folgte, ein 
Mann, der das Ganze seines großen Werkes überschaute, das Einzelne überlegte, die 
Bedingungen des Gelingens erwog und technische Erleichterung benutzte. 

Wenn nicht ein romantischer Nebel den Blick auf die Tatsachen aus Michel- 
agniolos Leben gefärbt hätte, so müßte die Art, wie er seine Riesenunternehmungen 
als Organisator und Geschäftsmann großen Stils angefaßt hat, das heißt denkend, 
ordnend, rechnend und berechnend, über seine Natur Aufklärung gegeben haben; als 
umfassende Kalkulationen, in welche Wegebauten, Transporte, ein Heer von Arbeitern 


854 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


und Meistern eingestellt werden, erscheinen seine Plane. Als Beginn jedes seiner 
Unternehmen ist ein vom Marmorbrechen bis zum Aufbauen durdcidachtes Programm 
in seinem Kopfe fertig. Die Quadraturarbeiten, der Rahmen, der einen nach Form 
und Proportionen feststehenden Inhalt voraussetzt, werden schon in Momenten aus- 
geführt, wo selbst den zunächst Beteiligten die ersten ideelihen Anfänge nodi im 
Vagen zu schweben scheinen, Blöcke für Figuren werden abozziert, was ein detailliertes 
Formvorstellen jeder einzelnen des ganzen Statuen-Heeres und völlige Klarheit über 
dessen architektonische Bedingtheit erfordert, zu einem Zeitpunkt, in welchem über 
Ziel und Absicht des Meisters für die AuBenstehenden noch Dunkel gebreitet ist. Er 
überdenkt alles und will alles selber machen, in jedem praktischen Falle fühlt er sich 
praktischer als im Spezial-Gewerbe ergraute Männer. Daß er dann nicht durch- 
zuhalten vermochte, das ist das tragische Phänomen, dessen Untersuchung von Fall 
zu Fall uns oft auf äußerliche Umstände, oft aber auch auf menschliche, allzu mensch. 
liche Regungen in seinem Innern führen wird. 

In welcher Weise ihm als Erfinder und Zeichner sein Genius die Idee zuträgt 
und sie ihn für die Ausführung zubereiten läßt können wir nur erlauschen. Die 
sixtinische Decke offenbart uns den Meister als systematischen Formenabwandler, 
welcher in einer Kette von, man möchte sagen, mathematischen Variationen alle Mög- 
lichkeiten der Bewegungen im gegebenen Raume erschöpft; sie hat etwas von der 
strengen, kühlen, unentrinnbaren Folgerichtigkeit einer Bach’schen Fuge. Seiner 
Intuition wohnt die Kraft einer Weiterzeugung von serienmäßig verwandten und 
- dabei individuell unterschiedenen flächig vollkommen zu lösenden Bewegungen inne. 
Dasselbe Phänomen zeigt sich an den plastischen Serien-Erfindungen des ersten Planes 
zum Julius-Grabmal, im kleineren Maßstabe bei den Medici-Gräbern. Die Mannigfaltig- 
keit in der Gleichartigkeit, die schwerste und das bewuBteste Künstlertum voraus- 
setzende Aufgabe, immer wieder zu verkörpern, daran erprobte er seine Kraft. 

Seine Erfindung bewegte sich überhaupt in einer gewissen konstanten Kette. 
Von der Sixtinischen Decke führen Fäden zu den Medici-Gräbern, diese sind mit den 
Ideen der Fassade von S. Lorenzo verknüpft usw. Die Konzeption der Madonna von 
S. Lorenzo fällt viele Jahre vor die Ausführung, in eine Zeit, als von den Grabmälern 
nodi keine Rede war. Nachhaltiges Denken, keine Sprünge, konstantes Entwickeln, 
nicht Herumtasten charakterisieren den Erfinder Michelagniolo. 

Seine Durcharbeitung der einzelnen Figur in der Zeichnung ist wiederum ein 
methodischer Prozeß. Man hat den Eindruck, einen Naturforscher am Werke zu sehen, 
wie er den ganzen Habitus, Anatomie dann und Physiologie des menschlichen Körpers 
zu beherrschen strebt. Die Feststellungen Otto Hettners gestatten es uns, Michelagniolos 
Zeichnungen, diese feinsten und unmittelbarsten Zeugnisse seines Formdenkens, intensiver 
als bisher für die Erkenntnis des Meisters auszuschöpfen. Ist es immer als ein 
Wunder erschienen, daß Michelagniolo die gewaltige Leistung der sixtinischen Decke 
in einem Zeitraum von weniger als vier Jahren vollendet hat, so muß die genaue 
Einsicht, in die von ihm geübte exakteste Studienarbeit sie ins entfernteste Bereich 
des Unausdenkbaren verlegen. Das komplizierte Vorgehen, welches er im Verantwort- 
lichkeitsgefühl seines Genies sich auferlegte, begann mit einer raschen Fixierung einer 


A. Gottsdtewski. Zu Michelagniolos Schaffensprozeß 855 


Idee, die natiirlidi schon im innerlichen Auslese-ProzeB als beste Lösung empfunden 
ward. Durcharbeiten des Motivs als Ganzes mit Hilfe von Modellen auch in Fällen, 
die uns die Benutzung des Modells auszuschließen scheinen, war die zweite Etappe; 
eine Reihe von Studien wiederum nach dem Modell zu vollem Erfassen der Details 
versetzen ihn in den Besitz des vollen Reichtums der Formen. Eine Zusammenarbeit 
alles Gewonnenen zu einer Gesamtzeichnung schließen die Vorarbeiten ab. So Figur 
für Figur zu studieren, für einen unabsehbaren Zug von Gestalten sich solche ein- 
gehende Arbeit auferlegen, das heißt heroische Zähigkeit, nicht Draufgänger- 
tum. Der Mann, der das vermag, den hat sein Genie zu einem wie eine Maschine 
unaufhaltsam, unerbittlich weiterarbeitenden Organismus umgeschaffen. 

Nach der Versicherung Vasaris hat ihm aber nicht einmal dieses weitum- 
fassende Studium in der Zeichnung genüge getan. Er habe die Figuren, die er 
malen wollte, zuerst modelliert und das plastische Werk alsdann gezeichnet. 
Vasari spricht in der „Introduzione alla pittura“ (ed Milanesi Vol. I. pag. 177) von 
den Verkürzungen. „Hierin hat es nie einen Zeichner oder Maler gegeben, der es 
besser gemacht als unser Michelangelo Buonarroti; und es hat es auch niemand besser 
machen können, zumal er in göttlicher Weise plastische Figuren geschaffen hat. Zu 
jenem Zweck [der Darstellung der Verkürzung] hat er in Thon oder Wachs Modelle 
angefertigt und nach diesen, welche besser als lebende Menschen stille halten, Umrisse, 
Lichter und Schatten gewonnen.“ 

Von soldıtem Vollkommenheitshunger geben uns auch folgende Worte Vasaris 
eine ergreifende Vorstellung: „Kurz bevor er starb, verbrannte er eine große Zahl von 
Zeichnungen, Skizzen und Kartons seiner Hand, damit niemand gewahr werde die 
Mühe, welche es ihm kostete, und die Wege, auf welchen er seine Scöpf- 
ungen seinem Genius abrang.“ 

Solche Worte hätten zu denken geben sollen. Aber der jüngste Biograph 
Michelagniolos Hans Madkowsky!), schreibt. „Selten hat Michelagniolo die Zeichnung 
als Studium zu einem jeweils in Angriff genommenen Werk benutzt.“ „War die 
Lösung eines Problems gefunden, so genügten wenige Striche, sie festzuhalten. Wäh- 
rend der Arbeit gab er sih dann wohl noch über ein Detail, eine Handhaltung, 
eine Muskelverschiebung Rechenschaft.“ Diese Vorstellung von einem leichthin dilettierenden 
Michelagniolo wird von den Zeichnungen selbst aufs gründlichste widerlegt. 

Sehen wir Michelagniolo seine Unternehmen als Ganzes berecinend und klar 
überlegt anfassen, wenn auch die Zeit ihn oft von seiner Route abbringt, sehen wir 
seine Erfindung in einer gewissen methodischen Reihenarbeit sich entfalten, sehen wir 
sein zeicinerisches Studium von wissenschaftlihem Forschertrieb erfüllt auf langsamem 
mühevollen Wege der höchsten Wahrhaftigkeit zustreben, so sollte uns Verwundern 
fassen, wenn wir sagen hören, daß den Meister bei der Ausführung seiner Marmor- 
werke sein göttliches Schöpfergewissen verlassen habe und daß er ohne eine bis ins 
letzte Detail alle plastischen Formen erfassende Vorarbeit an den Block selber 
herangetreten sei: die Auffindung eines großen eigenhändigen Modells Michelagniolos 


1) Hans Mackowsky, Michelagniolo. Berlin 1908. S. 262f. 


856 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


hätte als Schlußstück der Einsicht in das Ringen um die Vollkommenheit aufgenommen 
werden müssen. Wo aber jenes Eindringen in sein Schaffen fehlte, da war das 
Flußgott-Modell eine irrationale Größe, die die alte gewohnte Gleichung störte. Es 
störte audi die Gleichung, welche Hans Mackowsky sic für seine Michelagniolo- 
Biographie angesetzt hatte. Darum schied er den Störenfried schleunigst aus. 

Er behauptet: „Als Michelagniolo Gehilfen für die Figurenarbeit an den Medici- 
Gräbern einstellte (Mackowsky gibt als Zeitpunkt vorher das Jahr 1533 an), gab er 
ihnen als Vorbilder genaue kleine Thon- oder Wachsmodelle. Damit er freie Hand 
zur Korrektur hatte, ließ er darnach zunächst ein Zwischenmodell in Thon und Scheer- 
wolle anfertigen. Das ursprüngliche kleine Modell, also das Original-Modell, hat sich 
Cosimo für sein Studio in Bronze gießen lassen, um es zu erhalten. Das Zwischen- 
modell, das Montorsoli aufgebaut haben mag oder sonst einer der Gehilfen kam in 
die Akademie“ (S. 381.) Der kleine Bronzeguß aus dem Studio Cosimos ist derjenige, 
den ici im Museo. Nazionale entdeckt habe. 

Das was Mackowsky zu seiner Stellungnahme treibt sagt er selbst: „Unmöglid 
sih Michelagniolo jemals, wenn er zu Meißel und Hammer greift, innerlih an ein 
durchgeführtes Modell gebunden zu denken“ (S. 381.) Er hat seine feste Meinung 
darüber, wie Michelagniolo verfahren ist: ,Nach der flüchtigen Skizze folgte das aus- 
geführte Studium, dann meist ein kleines Modell und darauf ging es (ohne Zwischen- 
modell) an das Behauen des Marmors“. In dieser Anschauung, ist für ein großes 
Modell kein Raum. Eigenhändige Aufzeidinungen Michelagniolos selber widerspredien 
ihr aber und es ist schade, daß Mackowsky diese nicht kennt. | 

Das große Thonmodell ist das Original und der kleine ebenfalls von mir 
entdeckte Bronzeguß ist die Kopie. Den von mir dafür beigebrachten stilistischen und 
dokumentarishen Belegen im „Mündhner Jahrbuch“ (Bd. I. S. 49—64) will ich neue 
hinzufügen und diese werden wohl, wie ich hoffe, Mackowsky von seinem alten Vor- 
urteil abbringen. 

Es ist also Mackowsky undenkbar, daß Michelagniolo bei der Ausführung seiner 
grandiosen bildhauerischen Aufgaben, welche Vermögen verschlangen, die das Gelingen 
der einzelnen Statue sicherstellenden Hilfsmittel anwandte, welche allein ihm die Voll- 
endung des Ganzen gewährleisten konnten. ,Unmdglich sich Michelagniolo jemals, 
wenn er zu Meiel und Hammer greift, innerlich an ein durchgeführtes Modell gebun- 
den zu denken.“ Wenn Mackowsky sich die durch das Material sidi ergebenden 
Bedingtheiten des bildhauerischen Arbeitens ordentlich klar gemacht hätte, würde er 
einen solen Satz nicht haben schreiben können. Die Statuen für die Medici-Gräber 
sollten einer großen Gesamtkomposition einbezogen werden, sie nıußten also schon 
im Detail genau feststehen, wenn zu ihrer Ausführung in Marmor geschritten wurde. 
Die Kostbarkeit der großen Marmorblöcke machte es zur dringensten Notwendigkeit, 
das Mißlingen der aus ihnen herauszuarbeitenden Gestalten auszuschließen. Wir wissen, 
daB Michelagniolo in den ersten Jahren der Arbeit an den Medici-Gräbern alles selber 
machen und keine Gehilfen um sich dulden wollte: um dies als Bildhauer rein physisch 
zu vermögen, mußte er alle handwerklichen Arbeiten von sich abwälzen und nur die 
eigentlich künstlerische Leistung sich vorbehalten. Allen hier angeführten Momenten 


A. Gottschewski. Zu Michelagniolos Schaffensprozeß 857 


genügte die Anfertigung großer Modelle: sie ermöglichten es, die Details der einzelnen 
Figur zum Ganzen der Gesamtkomposition zu stimmen, den groBen Marmorblock durch 
Punktieren vor dem Verhauen zu bewahren, sie gestatteten die eigene Arbeit des 
Meisters auf die Ausarbeitung der Figur in korrigierbarem und jedem Druck der Er- 
findungskraft und der Hand nachgebendem Thon und auf die feinere Bearbeitung der 
vom Steinmetzen abbozzierten Figur im Marmor zu beschränken. 

Diese allgemeine Argumentation aus den innerlimen Notwendigkeiten der 
groBen bildhauerischen Arbeit erübrigt sich natürlih, wenn das große Original- 
Modell zu einem der „Flüsse“ in Rechnung gestellt wird. Um seine Anschauung 
über den SchaffensprozeB der Meister aufrecht erhalten zu können, muß darum 
Mackowsky das neue Faktum des großen Thon-Modells in Frage stellen: Es sei eben 
nicht eigenhändig vom Meister, sondern auf Grund eines kleinen Modells des Meisters 
von Gehilfen ausgeführt. Beweisführung: die Qualität. Unter ungebührlicher Hervor- 
hebung der von mir selber ausgesprochenen Schwächen des großen Torso (von 
denen ich die eine, das geringe Volumen der Brust nicht mehr als sole ansehe, seit- 
dem ich von hohem und nahem Standpunkt festgestellt habe, daß beim Crepuscolo 
dieselbe Brustform vorhanden ist), und unter Beiseitelassung der Großartigkeiten 
wird er als mattes und sciwaches Werk erklärt und statt dessen der kleine Broncetorso 
zu einem Meisterwerk erhoben. Sehr einfach. Nun ist es aber Mackowsky nicht 
aufgefallen, daß alles, war er als Schwéche des großen Ton-Torso anführt, 
ganz genau so audi beim kleinen Broncetorso vorkommt, namentlich 
wiederholt sich die Brust in genau den gleichen Formen. Sein Qualitätsurteil 
ist so völlig unbegreiflid, daß es den Anschein hat, als ob Mackowsky es sich nur 
auf Grund der Photographien, die beim großen Torso die reihe Fülle der Formen 
nicht voll wiedergeben, und nicht vor den Originalen selbst gebildet hat. So lange ich 
nicht die GewiBheit vom Gegenteil habe, könnte ich mir eigentlich eine Polemik gegen 
Mackowsky schenken. Aber ich schreibe ja nicht nur für ihn. 

Aus den Schilderungen von Michelagniolos Zeitgenossen vernehmen wir etwas 
von seinem Suchen nach dem sichersten Wege, seine Ideen aus dem Reiche des 
Geistes in die Materie des Marmors zu überführen. Vasari gibt zwei Verfahren an, 
welche Michelagniolo befolgt hat, um seine Marmorstatuen zu vollenden. Das erste, 
im Leben des Meisters selbst geschilderte ist dasjenige, weldhes durch Hildebrands 
Büchlein jetzt die Übung einer ganzen Schule und aller Welt bekannt ist. Der Ver- 
gleich einer durch das Sinken des Wasserspiegels allmählich sichtbar werdenden Statue 
macht ihn klar. Von einer Hauptansicht geht der Bildhauer aus, zeichnet sie wie für 
ein Relief auf den Block und geht allmählich in die Tiefe, bis die volle Rundung 
erreicht ist. Dies schichtweise Abschälen des überflüssigen Materials, welches wir seiner 
Herkunft und seiner Verwandtschaft wegen Relief-Verfahren nennen möchten, ver- 
hindert, daß dem Bildhauer die Tiefe zu fehlen komme. Daß dies Verfahren für das 
Heraushauen von Statuen aus dem Marmor ohne das Vorhandensein großer Modelle 
von Michelagniolo geübt sei, sagt Vasari nicht. An einer zweiten Stelle aber, wo er 
es fast mit denselben Worten und zwar in der Beschreibung des ganzen bild- 
hauerischen Prozesses schildert (Introduzione della scultura ed. Milanesi, Vol. I, 


858 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


pag. 154), spricht er es klar und deutlich aus, daß der Weg zu diesem Marmor- 
verfahren über das Modell führe. Er schildert zuerst, wie man kleine und große 
Modelle aus Wachs und Ton fertigt und fährt dann fort mit der Beschreibung des 
Punktierverfahrens, der Übertragung des Modells in den Marmor. Die Worte des 
Übergangs „Volendo ringrandirlo a proporzione nel marmo“ könnten nun von jeman- 
dem, der die Praxis des Marmors nicht genau kennt, vielleicht dahin mißverstanden 
werden, als ob kleine Modelle dem MeBverfahren zugrunde gelegt werden 
könnten; das ist aber nicht möglich, kleine Fehler oder Ungenauigkeiten würden in 
der Vergrößerung der Maße ins Ungeheuerlihe wachsen. Es ist auch aus dem Lauf 
der ganzen Darstellung bei Vasari, worin nach Anfertigung der kleinen Modelle als 
nächste Operation angegeben wird: „si ordina di fare un altro modello che abbia ad 
essere grande quanto quella stessa figura che si cerca di fare di marmo“, 
ersichtlich, daß dies ,ingrandire“ eine Flüchtigkeit ist oder aber die Übertragung großer 
Modelle in noch größere Dimensionen ins Auge faBt für Giganten, Kolosse.!) Lesen wir 
die ganze Stelle im Zusammenhang; sie gibt erst als Ganzes die Klarheit, welche aus 
der Fassung in der Lebensbeschreibung selber nicht zu finden ist: „Will man die 
Figur im Marmor vergrößern, so muß am Blocke selber, aus welchem die Figur ge- 
hauen werden soll, ein Winkelmaß angebracht werden, derart, daß der eine gerade 
Schenkel wagerecht zu Füßen der Figur verläuft und der andere in die Höhe geht 
und immer völlig im rechten Winkel zum horizontalen Schenkel verbleibt und ebenso 
der obere Schenkel; und ein anderes aus Holz oder aus anderem Material hergestelltes 
Winkelmaß derselben Art sei am Modell angebracht; mit dessen Hilfe nimmt man 
die Maße der Figur des Modells, wieviel die Beine herausragen und ebenso die Arme: 
und so treibt man die Figur in den Block herein mit diesen Maßen, sie vom Modell 
auf den Marmor übertragend, derart, daß man, den Marmor und das Modell nach 
Verhältnis ausmessend, vom Stein mit dem Meißel (das Material) wegnimmt und die 
Figur allmählich ausgemessen aus dem Block herauskommt, in derselben Weise, wie 
man aus einem Wasserbecken in einer ebenen Sdhnittflache eine Wachsfigur heraus- 
heben würde; zuerst käme der Leib, der Kopf und die Kniee, und wie sie allmählich 
beim Heraufheben frei wird, sähe man dann die Rundung der Figur bis über die 
Mitte hinaus und zuletzt die Rundung der anderen Körperseite.“ 

Dies Verfahren des flächigen Ablösens des Steins, der beste Modus, welcien 
nad dem Passus im Leben Michelagniolos der Meister wenn nicht erfunden, so doch 
in vorbildliher Weise ausgeübt hat, setzt also ein großes Modell voraus. Sein Vor- 
zug ist, den Bildhauer vor dem Verhauen des Blockes sicherzustellen. Nach einer 
anderen Aussage Vasaris hat Michelagniolo aber auch ein anderes, gefahrvolleres Ver- 
fahren beherrscht. In der Vorrede zum ganzen Werke, deren Spitzfindigkeiten über 
den Rang der Künste nicht zur Lektüre reizen (ed. Milanesi I. pag. 95), rühmt Vasari 
es als Vorzug der Bildhauerei, „daß dem Bildhauer nicht nur eine normal entwickelte 


1) Vergleiche audi Maclehose-Brown, Vasari on technique. London 1907. pag. 1%: „To 
enlarge the figure proportionately in the marble.“ Vasari has said, that the model is to be the 
full size of the marble so that there would be no question of enlargement but only of accurately 
copying the form of the model in the new material.“ 


A. Gottshewski. Zu Michelagniolos Schaffensprozeß 859 


Urteilskraft, sondern eine alles umfassende und blitzschnelle notwendig sei, derart, daß 
er schon im Marmorblocke selbst die ganze Figur völlig fertig erblickt, die er heraus- 
zuhauen vorhat, und infolgedessen ohne Modell viele Partien bis zur letzten 
Vollendung bringen kann, bevor er sie miteinander zusammengebracht und als 
Ganzes ausgeglichen hat, so wie es in göttliher Weise Michelagniolo gemacht hat.“ 
Diese Aussage ist ganz beiläufig und überdies ist sie keine persénlichie Bezeugung 
Vasaris selber, sondern er legt sie den Bildhauern in den Mund, welche für den Vor- 
rang ihrer Kunst vor der Malerei eintreten. Die Werke des Meisters zeigen aber nicht 
die Spuren jenes Verfahrens, weldies ganze Partien völlig isoliert zur Ausführung 
bringt. Wenn er aber wirklich einmal die Arbeit ohne Modell in Angriff genommen 
hat (die Stelle bei Vasari ist dafür kein Beweis), so bezeugt uns eine andere Aussage, 
diejenige des Benvenuto Cellini, daß er eben die Arbeit ohne Modell als unzweck- 
maBig aufgegeben hat. 

Sie war mir bei der Publikation des Modell-Torso noch nicht bekannt, ich habe 
aber über sie in breiterem Zusammenhange in der Sitzung des Kunsthistorischen 
Instituts zu Florenz vom 1. März 1908 gesprochen. (Siehe Heft 3 dieser Zeitschrift, 
S. 205f.). Die Stelle lautet: „ma conosciuto non si essere satisfatto di gran lunga al 
suo buono ingegno con i piccoli modelli, sempre da poi si & messo con grandissima 
ubbidienza a fare i modelli grandi quanto gli hanno a uscire del marmo a punto: 
e questo l'abbiamo visto con gli occhi nostri nella sagrestia di San Lorenzo.“ (Trattato 
dell’ oreficesia. Firenze 1857. S. 197 ff.) In der Übersetzung: „Als er aber erkannte, 
daB er mit den kleinen Modellen nicht von ferne seiner grossen Idee nahe kam, hat 
er später stets mit größter Bescheidenheit sih daran gemacht, große Modelle zu 
fertigen von genau denselben Maßen, wie das Werk aus dem Marmor herauskommen 
sollte: und solches haben wir mit unseren eigenen Augen in der Sakristei von S. Lo- 
renzo gesehen.“ 

In der Original-Ausgabe der „Due trattati, uno intorno alle otto principali 
arti dell’ oreficeria, l’altro in materia dell’ arte della Scultura — Composte da M. Ben- 
venuto Cellini, In Fiorenza 1568“ — lautet die Stelle etwas anders: „e nel Buonarroti 
si vidde che havendo egli esperimentato tutta due i detti modi, cioè di fare le statue 
secondo i modelli piccoli e grandi, alla fine accorto della diferenza usò il secondo 
modo il che m’ occorse à me di vedere in Fiorenza mentre egli lavorava nella Sagristia 
di santo Lorenzo.“ Also weil in seinem Suchen nach dem besten Verfahren Michel- 
agniolo die Arbeit nach kleinem Modell unbefriedigt gelassen hat, entscheidet er sich 
für die Arbeit nach großen Modellen. Man sollte glauben, diese Stelle könne nicht 
mißverstanden werden, und für jeden Vorurteilslosen wird sie als wichtiges Glied in 
die Beweiskette dafiir einzureihen sein, daB Michelagniolo gerade fiir die Figuren von San 
Lorenzo große Modelle gefertigt und darnach seine Figuren in Marmor ausgeführt 
habe. Für Mackowsky, der sie auch heranzieht, ist sie aber nur „scheinbar zwingend“. 
Um die Stelle (er zitiert diejenige aus der Ausgabe von 1857) abtun zu können, gibt 
er zunächst in einem Punkte eine falsche Übersetzung, in dem er schreibt: „Und ferner 
— da poi —! Was hat denn Michelangiolo — da poi — d. i. nach den Medici- 
Gräbern, an Plastik noch viel gearbeitet.“ (S. 380.) Da poi heißt aber gar nicht 


860 | - Monatshefte für Kunstwissenschaft 


„nach den Medici-Gräbern“, sondern überhaupt „später“, und gerade in San Lorenzo 
hat Cellini Beispiele von Michelangiolos „späterem“ Verfahren, dem Verfahren von 
„da poi“, wo er große Modelle fertigte, gesehen. Die Zeit der Medici-Gräber ist in 
dem ,da poi“ mit inbegriffen. Wer eine Biographie Michelagniolos schreibt, sollte 
einem solchen „Mißverstehen“ zeitgenössischer Aussagen nicht ausgesetzt sein. Hätte 
Mackowsky noch die Original-Ausgabe Cellinis zur Hand genommen, so hätte er durch 
die Kenntnisnahme der dortigen ganz einfach ausgedrückten Aussage seinen Irrtum 
korrigieren können. 

„Mit unseren eigenen Augen haben wir solches in der Sakristei von San 
Lorenzo gesehen.“ Cellini war Bildhauer und wußte, was er sah. Wenn er mit 
eigenen Augen sah, daß Michelagniolo große Modelle fertigte, so wußte er, was er 
tat, wenn er die Stelle niederschrieb. Sie ist also für uns eine besonders wertvolle 
und zuverlässige Aussage in einer Frage des technischen bildhauerisdien Verfahrens. 
Mackowsky aber erklärt: „Ganz recht, einen anderen Anhalt konnte Cellini nicht 
haben als seine eigenen Augen, denn niemand drang mit des Meisters Willen in die 
Geheimnisse seiner Ärbeit ein.“ (S. 380.) Mit einer solchen Redensart ist für Mackowsky 
die Aussage Cellinis erledigt!! — Man fragt sich staunend, wie Zeugnisse von Zeit- 
genosen anders basiert sein sollen, wenn die auf dem eigenen Augenschein fuBende 
Aussage des Bildhauers Cellini über das technische Verfahren des Bildhauers Michel- 
agniolo für uns völlig belanglos sein soll. Warum plötzlicdı die Verachtung des Augen- 
scheins bei Cellini in einer rein tatsächlichen Frage, nahdem Mackowsky seine eigenen 
Augen (vielleiht auch nur diejenigen eines anderen) im Falle seiner Qualitätsurteile 
zu Richtern letzter Instanz eingesetzt hat? 

Und dazu läßt sich die Zeugenaussage Cellinis durch ein Selbstgeständnis 
Michelagniolos nochmals beweisen. Die eigenen Aussagen Michelagniolos, nicht solche, 
die er später aus der Erinnerung machte, sondern täglidie Notizen, werden vielleicht 
vor Mackowskys Augen Gnade finden. In den Ricordi (enthalten in Le Lettere 
di M. B. ed. Milanesi), deren Studium dem Biographen Michelagniolos von Nutzen 
gewesen wäre, finden wir über die Ausgaben und einiges andere, was sich auf die 
Arbeit an den Medici-Grabern bezieht, für einige Zeit fortlaufende Aufzeichnungen 
Michelagniolos. Aus diesen Notizen ist zu ersehen, daß Michelagniolo sofort 
in den ersten Stadien der Arbeit große Modelle für die Figuren der 
Sakristei von S. Lorenzo gefertigt hat, und zwar in derselben Technik 
und mit denselben Materialien, in welchem der Torso der Akademie aus- 
geführt ist, und dadurch wird Mackowskys ohne die Spur eines Beweises aus- 
gesprochene Behauptung, daß große Modelle und zwar von Gehilfen auf Grund 
kleiner genauer Originalmodelle des Meisters erst dann gefertigt wurden, seitdem in 
umfassendem Maße Gehilfenarbeit in Anspruch genommen werden mußte (nach 
Mackowsky etwa seit 1532/33), jeder Kern von Berechtigung entzogen. 

In diesem Zusammenhang ist noch eine andere irrtiimliche Darstellung Mackowskys 
zu beleuchten. 

Es handelt sih um die Beziehung Michelagniolos zum Kardinal Giulio Medici, 
dem späteren Papst Clemens VII., in der Angelegenheit der Medici-Gräber. „Hin und 


A. Gottschewski. Zu Michelagniolos Schaffensprozeß 861 


her gingen die Schererein (schreibt Mackowsky). Der Kardinal wollte große 
Modelle sehen, das umfangreiche Werk organisiert wissen durch Mitarbeiter, einen 
ausgearbeiteten Plan in Händen haben. Michelagniolo, der seine Werke fertig im 
Kopfe trug, empfand jede Vorschrift als eine persönliche Kränkung und war gewohnt, 
daB man ihm mit unbedingtem Vertrauen, auch in Geldsachen, entgegenkam. Daß 
aber die Mittel im Augenblick nicht zur Hand waren, wollte der Kardinal nicht ein- 
gestehen, und so schüttelte er nach Art der Großen den drängenden Künstler ab: 
Fu detto che io non avevo el capo a servire il Cardinale — es hieß, ich verstünde es 
nicht, dem Kardinal zu Willen zu sein.“ 

Von der Behauptung, daß der Kardinal Medici die Anfertigung großer Modelle 
gefordert und Michelagniolo diese Forderung als persönliche Kränkung abgelehnt hatte, 
ist kein Wort wahr. Mackowsky hätte den Brief des Meisters an Fattucci (Lettere . 
ed. Milanesi, pag. 421f.), in welchem Michelagniolo eine Darstellung der bisherigen 
Verhandlungen mit dem Kardinale über die Medici-Gräber zur Information seines 
Sadiverwalters gibt, und welciem Mackowsky das obige Zitat entnimmt, nur im 
Originale drei ganze Zeilen über das Zitat hinaus zu lesen brauchen (die eigenen 
Briefe Michelagniolos sollte ein Michelagniolo-Biograph eigentlich vollständig gelesen 
haben), um dort die eigene Aussage Michelagniolos darüber zu finden, daß große 
Modelle nicht eine Forderung des Kardinals, sondern ein Angebot Michel- 
agniolos selber waren. Unmittelbar nadı den von Mackowsky zitierten Worten 
fährt Michelagniolo fort: „Di poi riappicando el Cardinale, gli offeri’ di fare e modelli 
di legniame grandi apunto come anno a essere le sepulture, e farvi dentro tutte le 
figure di terra e di cimatura, della grandezza, e finite apunto come anno a essere; e 
mostrai che questo sarebbe un breve modo, e una poca spesa a farle: che fu quando 
volemo comperare l'orto dei Caccini. Non fu niente, come sapete.“ Im Deutschen: 
»Als der Cardinal dann wieder ankniipfte, bot ich ihm an, Modelle aus Holz von 
genau der Größe, wie die Grabmäler werden sollen, anzufertigen und 
daran alle Figuren aus Erde und Scheerwolle zu machen von der Größe 
und vollendet (finite heißt bei den Bildhauern — siehe auch Vasari — bis zur 
völligen feinen Ausführung bringen) genau so, wie sie werden sollen; und ich 
legte dar, daß deren Herstellung kurze Zeit und nur geringe Mittel in Anspruch nehmen 
würde: das war damals, als wir den Garten der Caccini kaufen wollten. Wie ihr 
wißt, wurde nichts daraus.“ 

Michelagniolo erbot sich also, in der natürlihen Größe Holzmodelle des ge- 
samten Aufbaus der Grabmäler und daran die Modelle aller Figuren in natür- 
liher Größe und völlig ausgeführt herzustellen. Der Kardinal aber ging nicht 
auf diesen Vorschlag ein. 

Am 19. November 1523 besteigt Kardinal Giulio als Clemens VII. den päpst- 
lichen Stuhl, und schon am 12. Dezember (vielleicht auch ein paar Tage früher) ist 
Michelagniolo in Rom. Es ist klar, daß die Frage der Medici-Gräber ihn zu direkter 
Verhandlung mit dem Papst dorthin geführt hat. „In questo mezzo credo havete fatto 
col papa qualche buona conventione,“ schreibt Piero Gondi am 12. Dezember an ihn 
nach Rom. (Frey, Briefe an M. B., S. 197f.) Man scheint zu festen Abmachungen 


862 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


gekommen zu sein, denn Michelagniolo kann sie in einen Kontrakt formulieren, welchen 
Fattucci von ihm am 30. Dezember in Rom erhält (Frey, a. a. O., S. 201). Der Wille 
des Papstes, alles aufzuwenden, um ein schnelles Vorwärtsschreiten der Arbeit zu 
sichern, ist aus allen Briefen dieser Zeit ersichtlich. Anfang Januar 1524 geht dann 
die Arbeit in der Sakristei wirklich flott los, und als erstes Beginnen sehen wir sofort 
große Modelle von der Art, wie sie Michelagniolo früher vorgeschlagen hatte, in 
Angriff nehmen. Also 1524 am Anfang der Arbeit, in der ersten Schaffensfreude, 
nicht als Michelagniolo mißmutig 1533 zu einem AbschluB zu kommen sucht, werden 
große Modelle gefertigt. 

Über diese Tatsache selbst und über den ganzen Verlauf der Modellanfertigung 
geben uns die Notizen aus den Ricordi (enthalten in Le Lettere ed. Milanesi, pag. 583) 
eingehende Nachrichten. Schon am 12. Januar 1524 trägt Michelagniolo ein: „Ricordo 
come oggi questo di dodici di gennaio mille cingecento ventitre (1524, Florentiner 
Stil) cominciö Bastiano legniaiuolo a lavorar meco in su modegli delle sepolture di 
San Lorenzo.“ 

Michelagniolo hatte in drei Raten 50 Golddukaten gleich 350 Lire erhalten’) 
und schließt Anfang April die Rechnung über deren Verwendung ab (Ricordi, pag. 589). 
Zuerst führt er auf: 

Per conto d’ un modello di legniame delle sepulture della Sagrestia 
di San Lorenzo ce io à a fare per papa Clemente: 

Für Holz werden Lire 109. 7. 4. verrechnet, und zwar wurden zwei Linden- 
stämme für Lire 22. 14 und einer fiir Lire 10. 15 gekauft, 80 laufende Ellen Pappel- 
holz für ca. 28 Lire und nicht ersichtlihe Maße von Pappelholzbrettern für weitere 
Lire 46 ca, so daß wir auf eine Anschaffung von 3 Lindenholzstammen (wahrschein- 
lich fiir die zu ornamentierenden Teile bestimmt) und etwa 220 laufende Pappelholz- 
bretter (für die glatten Partien) kommen. Diese Riesenbretter-Masse bezeugt, daß es 
sich um Modelle von natürlicher Größe handelte. An Arbeitsiöhnen werde Lire 123.11 
bezahlt?), darunter für Holzsägen Lire 3. 7, für Arbeitslohn an Bastiano, der 30 Soldi 
pro Tag erhält, Lire 73.10; die übrigen Tischler erhalten geringeren Lohn. Im ganzen 
haben die Tischler 95 Arbeitstage an dem Modell gearbeitet.) Auch diese 
Arbeitsmasse bezeugt, daß es sich um ein Modell in natürlicher Größe handelt. 

Bisher sahen wir das Programm der Modellausführung, welches Michelagniolo 
seinerzeit dem Kardinal angeboten hatte, nur in bezug auf die Architektur des Grab- 


1) Über eine der Zahlungen haben wir einen Beleg (Lettere, pag. 435), den Brief an 
Giovanni Spina: „Giovanni. — L’apportatore di questa sara Stefano miniatore, al quale darete 
ducate quindici per conto de’ modegli ch’io fo per papa Clemente, come per l'altra vi 
disse. Adi sei di febbraio mille cingecento ventitre. Riciievute detto di. Vostro Michelagniolo 
scultore di Firenze.“ 

2) Bei Milanesi, Ricordi pag. 590, werden Lire 113.11 angeführt. Das ist entweder ein 
Schreibfehler Michelagniolos oder ein Druckfehler; die Addition ergibt Lire 123.11, ebenso ist der 
Posten Lire 238.18.8 nur durch Einsetzung von Lire 123.11 resultierend. 

8) Es ist ganz ausgeschlossen, daB diese Arbeitstage und diese Materialien etwa für die 
-Wölbung der Decke verwendet wurden; erstens ist ihre Verwendung für das Grabmals-Modell 
direkt ausgesagt, und zweitens findet für die Wölbung eine eigene, getrennte Abrechnung statt. 


A. Gottschewski. Zu Michelagniolos SchaffensprozeB 863 


mals erfüllt. Er hatte aber seinerzeit auch Modelle der Figuren ins Auge gefaßt und 
vorgeschlagen „alle Figuren aus Erde und Scheerwolle zu machen von der Größe und 
völlig vollendet, genau so wie sie werden sollen.“ 


Daß von solchen Modellen bei den Verhandlungen von Mitte Dezember 1523 
wieder die Rede gewesen war, zeigt uns eine Stelle in einem Brief des Fattucci vom 
18. Januar 1524. Er schreibt: „Togliete de garzoni assai e fate loro buon salari, 
acioche siate servito presto et bene in queste figure di terra per cavarne presto le 
mane“ (Frey a. o. O. S. 207.) Wir werden sehen, daB Michelagniolo, als es soweit 
war, die Modelle der Figuren in Angriff zu nehmen, diesen guten Rat nicht befolgt 
hat, sondern sie allein und nur mit Hilfe eines Handlangers und eines Tischlers aus- 
führte. Vorläufig aber ist die ganze Arbeit noch nicht soweit gediehen. Erst als 
Fattucci am 5. März 1524 an Michelagniolo dringend schreibt: ,avisate, quando 
cominciate al lavorare le figure di terra; et qualche volta lo diate vedere Figiovanni, 
perche scrive al papa, o allo Spina, ilquale scrive a messer Jacopo, acio l'abbia assa- 
pere il papa“, erst zu dieser Zeit ist der Moment gekommen, wo Michelagniolo an 
die Modelle geht. Die Mahnung Fattuccis hat vielleich unmittelbar den Anstoß dazu 
gegeben, denn am 8. Marz bucht Michelagniolo den ersten Posten fir die Beschaf- 
fung der Thonerde. Das Konto, worunter jener Posten sich findet, tragt die Aufschrift: 
nApresso quello s'è speso per fare e modelli delle figure.“ Es werden mehr als 
sedis Wagenladungen Thonerde angefahren und 870 Pfund (etwa 3 Doppelzentner) 
weiße Erde beschafft. Irgendwelche Arbeitslbhne werden auf diesem Konto ooch nicht 
verrechnet; für die Figuren-Modelle sind in der Periode, für welche abgeredinet wird, 
(8. März bis 1. April) im ganzen Lire 15. 6. 8. aufgewendet worden. Daß sedıs 
Wagenladungen Thonerde und die drei Doppelzentner weiße Erde zur Anfertigung 
von Modellen zu Figuren nur dann benötigt werden, wenn große Modelle gefertigt 
werden sollen, wird Mackosky zugeben. 


Seit Anfang April geht es nun an die Ausführung der Figuren-Modelle und 
zwar werden die Modelle ausgeführt in der Technik, in welcher der Fluß- 
gott-Modell-Torso ausgeführt ist. Damit dies aus den folgenden Rechnungsver- 
merken klar werde, sei eine kurze Angabe über jene Technik, welche uns von Vasari 
(Vol. I. Introduzione p. 153f.) beschrieben ist, verstattet. Das Gerippe der Figur wird 
aus Holz aufgebaut und in Holz schon den Gliedern die gewollte Bewegung gegeben. 
Dies Gestell wird mit Werg (stoppa, capecchio) bekleidet und dieses mit Bindfaden 
(spago, wie wir sehen werden, verwendete Michelagniolo auch Draht = filo di ferro zu 
diesem Zwecke) umsdiniirt. Auf dem so gewonnenen Kern wird die eigentliche Model- 
liermasse aufgetragen, bestehend aus Ton, welcher mit Kleister, Leim und Scheerwolle 
(Cimatura) gemischt ist. (Kleister erscheint nicht in der Veredhnung, Leim (colla) wird 
in der Verechnung für das Holzmodel erwähnt). Statt des weißen Anstrichs den Vasari 
für die Modelle empfiehlt, damit sie wie Marmor aussehen (Leben des Quercia) scheint 
Michelagniolo weiße Erde zu einer obersten Schicht verwendet zu haben. 


Nehmen wir nun die Notizen wie sie zeitlicı aufeinander folgen (siehe Ricordi 
in Le Lettere d. M. ed. Milanesi, pag. 592f.) 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


a di 4 d'aprile 1524 

Item a Stefano per libre 78 di cimatura 

E adi 7 di detto a Giovanni di Lionardo lanciaio per 
libre tredici e otto oncie di filo di ferro per i modegli 


delle figure di San Lorenzo, a soldi sette la libra 
E detto di rende a Stefano soldi quaranta per cento libre 


di capecdiio per detti modelli 
E a di dodici die detto (aprile) a un manovale, che 


m'ajutò in su detti modegli, donai crazie cinque 

E detto di un carlino per aguti da bastieri per detti 
modegli 

E a di tredici di detto (aprile) a Baccio di Puccione che 
m'ajuta fare e modegli di terra per le figure di 
detta opera, per dua giornate 

E detto di tredici quatrini in spago 

E a di tredici di maggio 1524 per cimatura per le 
figure delle sepulture della Sagristia, quattrini 
trenta uno con la portatura 

E detto di, tredici quattrini in spago per detto conto 
E a di venti di detto per cimatura per e’ detti mo- 
degli, che mi comperò Antonio Mini, che fu libre cento 
cinque-Parte n'ebbe a uno quatrino la libra, e parte sei 
danari. Montò tutta con la portatura soldi cinquanta e 
un quattrino 

E detto di in filo di ferro, cioé in quatro libre, e un 
oncia di filo di ferro, soldi venti sei e dua quattrini 


E detto di in cento cinquanta libre di capedio 
per e’ modegli delle figure di detta opera, el quale mi 
comperö Antonio da Macia nostro lavoratore, e nella 
gabella, che fu tredici quattrini: e ‘l capechio uno qua- 
trino la libra 

E a di venti uno di detto, détti soldi dieci a Baccio di 
Puccione per una mezza giornata che m'ajutò inporre 
una figura di capecchio per farla di terra, di 
cimatura, per sopradetto conto 

E detto di in dua gomitoli di spago pel detto conto, 
dieci quattrini 

E a di sei di gugnio 1524 soldi dieci a Baccio di 
Puccione per una mezza giornata m'ajuto a rivestire 
di capecchio una figura de 'modegli di San Lorenzo 


E a detto di sei di gugnio sette quattrini a un fachino 
che portò capechio da casa mia a San Lorenzo 


Lire —. 
Lire 4. 
Lire 2. 
Lire —. 
Lire —. 
Lire 2. 
Lire —. 
Lire —. 
Lire —. 
Lire 2. 
Lire 1. 
Lire 2. 
Lire — 
Lire — 
Lire —. 


18. 8. 
15. — 
8. 4 
10. — 
4. A 
10. 4. 
4. 4. 
10. A 
6. 8. 
14. A 
40, — 
3. A 
10. —. 


A. Gottschewski. - Zu Michelagniolos SchaffensprozeB 865 


E detto di, sedici soldi in filo di fero, portò Baccio di 
Puccione 
E detto di, quattro soldi in dua gomitoli di spago 

Es wird also das zur Ausfiihrung von Modellen zu den Figuren in der Art 
des FluBgott-Modells notwendige Material, wie aus den obigen Rechnungsvermerken 
ersichtlich ist, beschafft; zu den sechs Wagenladungen Tonerde kommen ca. 190 Pfund 
„cimatura“, 250 Pfund und eine nicht bezeichnete Menge von ,capecchio“, eine Menge 
Draht und Bindfaden hinzu: bei allem wird ausdrücklich gesagt, daß es für „e modegli 
delle figure di San Lorenzo“ bestimmt ist. Daß diese Materialmassen nidit für 
kleine Figuren bestimmt waren, wird Mackowsky einsehen. 

Und diese großen Modelle hat Michelagniolo selber eigenhändig ausgeführt: 
Viermal wiederholt sich seine Bemerkung, daß ihm ein Handlanger und ein Tischler 
bei den Modellen geholfen haben. Am 12. April 1524 half ihm ein Handlanger 
einen halben Tag (nadı der Höhe der Bezahlung kann es nicht mehr sein), gleichzeitig 
mit dem Tischler Baccio die Puccione, der am 13. April für zwei Tage bezahlt wird: 
„die m'aiuta fare e modegli di terra per le figure di detta opera.“ Am 21. Mai hilft 
Baccio wiederum, am 6. Juni gleichfalls: „m’aiutö inporre una figura di cape- 
dio“, .... ,m' ajutö a rivestire di capechio una figura de’ modegli.“ Also keine 
Gehilfen werden zur Anfertigung dieser Modelle herangezogen, sondern Michel- 
agniolo fertigt sie selber und läßt sich helfen von einem Handlanger und 
und einem Tischler. Und diese Modelle dienen auch sofort als Vorlagen für 
die Ausführung in Marmor, wie uns eine Notiz vom 13. August 1524 lehrt, welche 
lautet: „E a di tredici a Baccio di Puccione legniaiulo soldi 8 per una mezza gior- 
nata aiuto a Bernadino di Pier Basso fare un telaio da cör misure per una figura 
che e mi bazza.“ 

Daß diese Stelle beweist, was ich oben sagte, daß eben die von uns verfolgten 
Modelle als Vorlagen für die Ausführung in Marmor dienten, wird allerdings nur 
denjenigen ohne weiteres klar werden, welche in Bildhauer- und Marmistenateliers das 
Entstehen und völlige Fertigarbeiten einer Marmorstatue verfolgt haben, und namentlich 
das Übertragen eines Tonmodells in Marmor kennen gelernt haben. Man wendet 
heute zwar ein anderes Verfahren an als zur Zeit Michelagniolos, aber jene Vertraut- 
heit mit den Kunstgriffen von heute wird doch Verständnis schaffen für diejenigen 
von damals. Wer aber nicht Bescheid weiß im technischen Verfahren, der mag die 
oben zitierte Stelle Vasaris über die Übertragung des Modells in Marmor nochmals 
nachlesen, vielleicht wird auch ihm dann die Übersetzung der Stelle genügen: „Am 
13. (August 1524) dem Tischler Baccio di Puccione 8 Soldi für einen halben Arbeits- 
tag, an welchem er Bernardino di Pier Basso half ein Rahmengestell anzufertigen, um 
die Maße zu nehmen!) für eine Figur, welche er mir abozziert.“ 


1) Uber die Form „cör“ gibt kein Lexikon Auskunft. Meine Meinung, daB es sich um 
eine Zusammenziehung des Infinitivs von ,cogliere“ handelt wurde mir von Herrn Cav. Bruschi 
dem Direktor der Biblioteca Marucelliana freundlichst bestätigt: „Quanto al verbo côr ritengo 
certamente che equivolga a cogliere cioe a prendere. Se pure nel codice non fosse 
scritto tor per torre-togliere, ma che varrebbe lo stesso, prendere misure“. 


866 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Durch den glücklichen Umstand, daß Michelagniolo für ein Jahr seiner Tätigkeit 
an den Medici-Gräbern uns fast tägliche Notizen hinterlassen hat, sind wir in der Lage, 
seinem Schaffensprozesse in diesem Falle einmal bis ins einzelne nachzugehen. 
Jene Notizen sind bisher nicht in ihrer vollen Tragweite erschlossen worden und 
konnten es erst werden nadı der Auffindung eines der Modelle, deren Entstehung wir 
verfolgt haben: des FluBgott-Modell-Torsos der Akademie. Die Fruchtbarkeit jenes 
Fundes ist also auch in Hinsicht auf die dokumentarische Exegese ansehnlih. Wir 
besitzen ein für sich als eigenhändige Arbeit Michelagniolos erwiesenes Werk, wir 
haben eingehende, keine Zweifel belassende Nachrichten über die Entstehungsweise 
gleichartiger Werke, die zum selben Kompositionskreise gehörten, und können uns ein 
Urteil über Michelagniolos Schaffensprozeß bei diesem Gesamtwerke bilden. 

Michelagniolo hat für die Gestalten der Medici-Gräber eigenhändig 
große Modelle gefertigt, genau solche, wie das FluBgott-Modell der Aka- 
demie. Sie dienten ihm dazu, die roheste Steinarbeit, die Abbozzierung, 
sid von den Steinmetzen abnehmen zu lassen. Die Anschauung, daß Michel- 
agniolo unter Außerachtlassung der von der handwerklichen Technik gebotenen Er- 
leichterungen seine Figuren nach kleinen, undetallierten Wachsmodellen und nach Zeich- 
nungen in dilettantischer Selbstgenügsamkeit direkt in den Stein schlug, einem tita- 
nischen Größenwahn ergeben, der dann auch oft genug zum Verhauen des Blockes 
führte, ist also eine Legende. Dem Bilde eines überall in bewußter Künstlerschaft leiden- 
schaftlih um die höchste Vollkommenheit ringenden Schöpfers fügt sich ein, daß auch 
die Ausführung seiner Statuen in Marmor Arbeit, unverdrossene Arbeit und metho- 
dishes Vorgehen unter Ersinnung des praktischen Verfahrens als Charakteristikum 
darstellt. Mackowsky wird sich wohl oder übel an die Vorstellung gewöhnen müssen, 
daß Michelagniolo, wenn er zu Meißel und Hammer griff, nicht nur an ein durch- 
geführtes Modell sich band, sondern auch bei der Arbeit aus dem Stein alles, was er 
nicht selber machen mußte, von handwerklichen Kräften ausführen ließ, im rechten 
Bewußtsein dessen, daß er der Welt schuldig war, seine Kraft für die seines Genies 
würdige Arbeit zu verbrauchen. 

Das Genie sich unüberlegt, sprunghaft vorzustellen, momentanen Eingebungen 
mehr folgend als konsequenten Arbeitsplänen, im Schaffensfuror darauflosstürmend, 
zerstörend dabei ebenso oft als schaffend, so sich das Genie vorzustellen, ist roman- 
tisches Erbstück. Es ist die Anschauung des jungen Kunstmalers im Sammetrock, der 
vor lauter Genie sich von der Arbeit entbunden fühlt. Seitdem wir aber wissen, daß 
gerade diejenigen Motive Beethovens, welche uns als das reife Geschenk einer huld- 
vollen Göttin ihm aus der Feder geflossen zu sein scheinen, durch viele Jahre hindurch 
mit schrittweisem Durchfühlen Umschmelzung auf Umschmelzung erfahren haben, bis 
ihnen ihre schlichte Schönheit ward, seitdem wir verfolgen können, wie Goethes größte 
Werke als ganzes wie im einzelnen immer wieder Inhalt, Absicht, Gedanken und 
Form änderten, ehe sie wurden, wie sie sind, seitdem wir jene Madonnenschöpfungen 
Raffaels, welcie den Romantikern in wunderbarer visionärer Eingebung entstanden zu 
sein schienen, als Kette eines zielbewußten, modifizierenden Formdenkens erkennen, 
zu welchen für ungezählte Entwürfe und Studien seine Gehilfen Modell gestanden 


A. Gottschewski. Zu Michelagniolos SchaffensprozeB 867 


haben, seit solchen Einsichten in das Wesen großer Schöpfer haben wir kein Recht 
mehr darauf, uns bei jener Täuschung im Falle Michelangiolos Genüge sein zu lassen, 
sE coloro che gliele attribuivano a fantasticheria e a stranezza hanno il torto.“ 

Selbstdisziplin, kinstlerishe und technische Konsequenz, Arbeit und wieder 
Arbeit, das ist das Wesen, welches wir bei allen großen Künstlern sehen und das 
auh Michelangiolo die Höhen der Kunst erreichen ließ. 

Und mir scheint es, mehr als im Marmor die Zeit und die Energie mit dem 
Abbozzieren des Blockes zu vergeuden, mag es dem ruhelosen Schöpferwillen Michel- 
agniolos zugesagt haben, im nadigiebigen Ton wie ein Gott Gestalt auf Gestalt er- 
stehen zu lassen, von der Sprödigkeit der Materie unbehindert mit formender Hand 
zu schaffen und zu beleben. 


F 


97 


Zur Kenntnis Johann Georg Edlingers und seiner Zeit 
Von August Goldschmidt (München). | 


Im ersten Bande des Münchener Jahrbuches der bildenden Kunst hatte ich ver- 
sucht, durch einen kleinen Aufsatz, der im wesentlichen das über Edlinger bekannte 
Material erschöpfte, dem bisher zu wenig gewürdigten Münchener Meister zu der ihm 
gebührenden kunstgeschichtlihen Stellung zu verhelfen. Gehörte er doch um die 
Wende des vorigen Jahrhunderts zu den wenigen deutschen Porträtmalern, die sid 
nicht vom damaligen Geschmacke ihrer zum Akademismus neigenden Zeitgenossen, 
sondern von ihrem ureigensten künstlerischen Empfinden leiten ließen. Wir dürfen 
uns hier auf das Urteil eines Mitlebenden berufen, das sich in Meusels Miszellen, 
Bd. XIII, vorfindet: „Er malt in einem warmen, vortrefflichen Kolorit, und weiß dabey 
die Abweisung seiner linden Schatten in ein so richtiges Verhältnis zu setzen, daß 
das Hauptliht ungemeine Wirkung tut.“ In den Zusätzen zu Füßlis Künstlerlexikon 
heißt es dann weiter: „Der Mann aber, dem die natürliche Gabe einer persönlichen 
Empfehlung fehlte, blieb bei aller seiner erlangten Geschicklichkeit so lange im Finstern, 
bis der düsseldorfische Galerieinspektor Herr Graa nach München kam und in Edlinger 
den verdienten Künstler fand, den er dem Hof und der Stadt von derjenigen guten 
Seite bekannt machte, die er trotz seiner Neider schon lange verdiente. Der Kurfürst 
von Pfalz-Bayern war darauf begierig, den Mann malen zu sehen, und seine Gemahlin, 
die Kurfürstin, entschlossen sich dazu; er mußte diese Dame in ganzer Stellung, sitzend, 
in Gegenwart des Kurfürsten malen (1781), welches ihm so wohl glückte, daß ihm 
dieser große Beschützer der Künste beim ersten Fortgehen sagte: Er kann mehr, als 
er selbst glaubt.“ — Aus dieser kleinen Anekdote ersehen wir übrigens auch mit 
Interesse, daß der sonst als unnahbar bekannte Kurfürst Karl Theodor es nicht ver- 
schmähte, den Künstler in seiner Werkstatt aufzusuchen, eine Gepflogenheit, die im 
Hause der Wittelsbacher nachgerade zu einer schönen, feststehenden Tradition ge- 
worden ist. Dieses Bild der Kurfürstin Elisabeth Auguste, etwas in konventionell 
höfischer Form gehalten, befindet sich jetzt im Schreibzimmer der sog. Kurfürsten- 
gemädier der Kgl. Residenz (München) mit prächtig geschnitztem Rokokorahmen in die 
Wand eingelassen. Während das Kolorit der Kleidung, der Draperien, der Kron- 
insignen usf. noch vielfach an seinen Vorgänger, den Hofmaler „de Marées“, einen 
trefflichen Meister des Rokoko, erinnern, lassen bereits die Modellierung des Gesichts 
mit den breit gemalten und für scharfe Kontraste berechneten Schattenpartien die 
aufkeimende Eigenart des Meisters wie seinen nicht schmeichelnden Realismus erkennen. 
— Dank besonderen Entgegenkommens seitens des Kgl. Oberhofmeisterstabs gelang es 
mir, dieses schöne Werk, das lange als verschollen galt und nur durch einen schlechten 
Stich von J. A. Zimmermann bekannt war, an dieser Stelle zu publizieren. 

In einem gewissen Gegensatze zu der oben gerühmten Bescheidenheit des 
Meisters scheint allerdings folgende Notiz zu stehen, die uns das Meuselshe Museum 
(Bd. XVIII, pg. 459—460) mitteilt: „Jetzt (1791) hält sich hier (in Mannheim) Herr 


A. Goldschmidt. Zur Kenntnis Johann Georg Edlingers und seiner Zeit 869 


JOH. GEORG EDLINGER. Porträt eines jungen Mädchens 
O Bes.: Herr v. Back. Szegedin 


Ettlinger auf, ein Kiinstler, mit dem das Frauenzimmer weniger als mit H. Klotz (dem 
landläufigen akademischen Porträtisten) zufrieden ist, obschon er sich verschiedene Mal 
in das hiesige Frag- und Anzeigsblatt also hat setzen lassen: ‚Es wird jedermann zu 
wissen gethan, daß der berühmte Herr Ettlinger, Hofmahler seiner Churfürstl. Durch- 
laucht von der Pfalz, von Minchen hier angekommen. Er wünscht sich hier im 
Porträtmalen bekannt zu machen; an Gleichheit und Kunst soll nichts auszusetzen seyn. 
Er wohnt bey Herrn Landenberger, Hofbuchbinder neben dem Pfälzerhof dem Paraden- 


platz gegenüber.‘“ — Übrigens hatte derselbe mit dieser servilen Ankündigung wenig 
Arbeit erhalten, bemerkt das Füßlische Künstlerlexikon zu dieser etwas naiv an- 
mutenden Reklame. — Es sind mir bis jetzt auch keine Werke Edlingers in der 


Mannheimer Galerie noch im dort altansässigen Privatbesitze bekannt geworden. 


870 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Um die bereits früher aufgestellte Liste von Besitzern Edlingerscher Bilder mög- 
list zu vervollständigen, seien noch folgende kurz mitgeteilt; Das K. K. Ferdinandeum 
in Innsbruck mit zwei prächtig erhaltenen Werkchen kleinen Formates, wohl Mann 
und Frau darstellend, das germanische Nationalmuseum in Nürnberg und das groß- 
herzogl. Landesmuseum im Darmstadt. Letzteres besitzt in dem Porträt des Grafen 
von Hainhausen ein vorziigliches frühes Werk des Meisters, und nicht von Pompeo 
Battoni, wie man seither annahm. Ferner in München: In der Kgl. Residenz (was id 
einer freundlichen Mitteilung des Herrn Konservator Dr. Habich verdanke) noch das 
Porträt der Maria Anna, Gemahlin des Kurfürsten Max Joseph, nach einer Bezeichnung um 
1785 gemalt. Außerdem im Privatbesitz: Ein großes Familienbild, neuerdings von Herrn 
S. Röhrer erworben, zwei Porträts bei Herrn Maler Clemens, ein besonders schöner 
Studienkopf bei Herrn Prof. Grützner, zwei Familienbildnisse bei Herrn Prof. Neu- 
meyer und ein edles Damenporträt im Besitze des Verfassers. Im Münchner Kunst- 
handel tauchten von unserem Meister folgende Werke auf: Ein großes, kühn gemaltes 
Gruppenbild bei Herrn Hofantiquar J. Böhler, ein Männerporträt (vorm. Sammlung 
Flüggen) bei Herrn Helbing und zwei prächtige Studienköpfe, alter Mann und alte 
Frau (vorm. Sammlung Greb), die in dem nämlidien Kunstauktionshause um den 
äußerst geringen Preis von 410 Mark ihren Besitzer wechselten. — In Hamburg fand 
ich in der bekannten Sammlung der Frau Konsul Weber ein trefflihes Bildnis des 
Domherrn Müller. — Zum Sdlusse möchte ich nodi das Porträt eines jungen Mäd- 
chens im Privatbesitze des Herrn v. Back in Szegedin wegen seiner vorziiglichen 
Qualitäten ooch ganz besonders erwähnen. Die malerisch breite Durchführung dieses 
Werkes, das dabei als Ganzes weich und harmonisch wirkt, verbunden mit vertiefter 
Innerlichkeit der Auffassung, bewogen mich, es an dieser Stelle zu reproduzieren. 
Angesichts des geschmackvollen Arrangements begreift man, wie es möglich war, in 
England Werke unseres Edlinger unter dem Namen berühmter englischer Meister 
jahrelang in den Handel zu bringen. Befindet sih doch, wie mir Dr. Buchheit freund- 
licherweise mitteilte, im Museum von Dijon ein Bild Edlingers, das jetzt noch als 
„école anglaise“ bezeichnet wird. 


Evolution du portrait en France apres la Revolution 


Par Prosper Dorbec (Paris) 


L’art du portrait, a la suite de la Revolution, ne pouvait manquer de se trouver 
renouvelé. Au jour des temps nouveaux, l'individu est apparu au peintre avec des 
traits plus distincts et plus indépendants. i 

N’etait-il pas jusque-là demeuré comme effacé sous les apparences communes 
a sa classe sociale? Dans la figuration du portrait il se trouvait toujours soumis 
a un certain formalisme d’attitude, voire d'expression, en rapport avec sa qualité. 
La main, par exemple, qu'elle tint épée, plume ou pinceau, visait avant tout a un 
caractère général d'élégance ou de fermeté qui répondit au rôle social du sujet; le 
costume, dans son opulence professionnelle, ou sa coquette recherche, ou dans l’eloquence 
de son désordre, ne laissait qu’une part difficile au libre pli individuel. L'enquête 
morale avait peine a se poursuivre au dela du masque du visage. 

Mais déjà, à l'époque de Louis XVI, les différences d'aspect entre la classe 
noble et la bourgeoise s'étant sensiblement atténuées, les saines et fortes mœurs de 
la moyenne société pénétrant dans les intérieurs familiaux de l'aristocratie, la pompe 
dans le portrait avait fait place à cette nette détermination de «confort» qui autorise, 
provoque même plus d'aisance d'attitude, plus de naturel. A l'homme, decharge 
d'apparat, étaient mieux associés les objets qui aident à le définir; un peu du sentiment 
de Chardin venait pour ainsi dire envelopper sa figuration, dont les formes, sous le 
vêtement, gagnaient comme les accessoires en vérité matérielle et prenaient même, 
sous le ferme pinceau d'un David, d'un Duplessis ou d'une Labille-Guyard, comme 
un aspect de relief et de massivité Quant aux femmes, prenez au Louvre telles 
images de Mme Victoire par Heinsius, de Mme Pécoul par son gendre David, 
comparez-les aux effigies du même sexe de l'époque de Louis XV.: qu'était devenue 
la fine et hautaine réserve de celles-ci? Bourgeoise et aristocrate n'ont plus rien 
qui les distingue. Si le naturel chez la femme réside plutôt dans la libre expression 
de sa sensibilité, ce qui, autrefois, ne se livrait qu'à demi, dans un demi sourire, sans 
un mouvement du corps ni le moindre geste qui sortissent de l'attitude conforme au 
rang, sépanche ouvertement en un étalage soit de bonhomie accueillante, soit de 
félicité conjugale, soit de tendresse maternelle. Et, comme une telle franchise apportée 
à l'expression morale entraîne à une égale franchise dans l'interprétation matérielle, c'est 
encore là, comme pour les figures d'hommes, le droit désormais acquis au peintre 
d'insister sur la physiologie du modèle et d'introduire dans son portrait la vigueur 
d’accent du réalisme. 

Greuze en cela avait été d'un grand exemple; il avait même provoqué dans 
le genre comme une école parallèle à celle des continuateurs idéalistes des Nattier et 
des Drouais. Tout portrait chez lui s’attachait autant à la vie organique du sujet qu'à 


1) Cette étude fait suite aux articles que j'ai consacrés dans la Revue de l'art ancien 
et moderne (t. XXI, p.p. 42—52 et 133—148) au «Portrait pendant la Revolution» et dans la 
Gazette des Beaux-arts (3e Période t. XXXVII, p. 306) à «David portraitiste». 


872 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


sa vie morale; son pinceau, chargé et actif, se plaisait aussi bien à poursuivre sur un 
visage ces fletrissures et ces rugosites qu'étale une peau fatiguée, que cette qualité de 
consistance translucide qui caractérise une jeune carnation; C'étaient vraiment des 
tissus palpitant, respirant sous la lumière, qu'il exposait devant les yeux, c'était, au 
voisinage des cheveux, l’epiderme qui s'enfonce et se fond dans la tiède et roussätre 
em e moiteur. Les delicatesses de la vie de 

| l'âme étaient sacrifiées aux dehors ex- 

pressifs du tempérament. Sous l'influence 
de cette méthode, Boze avait accentué 
à ce point la lourdeur colorée de la 
face de Louis XVI en sa maturité, qu'au 
fort du dechainement révolutionnaire, 
son interprétation offrait un prototype 
aux plus haineuses caricatures du roi. 
On peut voir au Louvre, dans la salle 
consacrée aux peintres français du 
XVIIIe siècle, telle étude sur le vif par 
Greuze (n° 373) d’un inconnu au visage 
äpre et défait offrant presque les tons 
terreux, les appesantissements tourmentés 
du pinceau dont le même Boze allait 
user pour rendre en sa fièvre et sa bile 
le masque de Marat.’) La méthode, en 
effet, au cours de la Revolution, se 
trouve pleinement convenir ä ces natures. 
que l'ardeur des luttes entre partis pro- 
jetait au dehors d'elles-mêmes et que, 
même réservées, concentrées, elle finissait 
toujours par forcer et par livrer à l'obser- 


vateur dans toute leur crudité. 


* * 
x 


Portrait présumé de Jérôme Bonaparte : 
par GERARD u Aux nouveaux modeles que leur 


proposa la société reconstituee les pein- 
tres se trouvèrent apporter une méthode nouvelle d'interprétation. Ils semblent bien 
retardataires ces conseils adressés d'Italie à Gérard, en 1798, par un vieil ami de Carle 
Vanloo: «de faire en sorte que ses contours soient formés par des lignes un peu 
convexes et jamais par des lignes droites». Les lignes arrondies, incorrectes des 
prédécesseurs se resserraient, en effet, en un parallélisme rigide, l'attitude des figures 
avait perdu en souplesse ce que leur construction gagnait en sürete et en solidité. 
Joint à cela que l'adoption du costume à coupe anglaise et de la culotte collante 
incitait dans le portrait à une inspection plus poussée encore de la structure, à une 


1) Musée Carnavalet. 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France aprés la Revolution 873 


h, e 2 
Pa Lina 4 rant iv 7 


Pauline Borghèse par Mme BENOIT 
O Musée de Versailles 


tension exagérée du dessin. — La même lettre reprochait au peintre de l'Amour et 
Psyché «son coloris en général un peu trop gris»; c'était la tendance commune du 
coloris de se modérer, pour qu’a la belle correction du dessin et à la finesse du 
dégradé revint tout le merite de la séduction. Aussi, malgré la sécheresse de 
portraits peints, par exemple, par Girodet, ne peut-on que se rendre a leur fermete 
de construction, 4 la force de resserrement de leur plastique. D’une figure comme 
celle de son Mameluck de 1804 on disait qu'il n'en resterait que le torse, on y 
reconnaitrait un vieillard de tempérament replet, élevé dans la mollesse des mœurs 
orientales; le député nègre Belley, au musée de Versailles, comme aussi le Chateaubriand 
court, trapu, à tête énorme, du musée de St-Malo, mettent très en évidence cette 
particularité de préoccupation. 

ll est, d’ailleurs, un côté de l'observation pittoresque où l'excès de sobriété 


874 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


semblait un peu se détendre et laisser place a quelque fantaisie, c'est dans la recherche 
des effets d'éclairage. On allait même jusqu'à tenter dans ce domaine de curieuses 
investigations. Relevons, par exemple, en un portrait di à un élève de Girodet') 
cette pose originale d'une jeune femme qui, assise sur le rebord de sa croisée, le dos 
tourné au dehors, interceptait ainsi le jour dont les ondes affluaient autour d'elle. 
Ces jeux de lumière frisante dédommagent de l'exclusion des franchises du modelé, 
alors taxées de maniérisme. Bien plus: fréquemment le souci se manifeste d’alleger 
l'ambiance autour du modèle, d'y donner l'impression d'une libre aération. On ne 
reculera pas devant le péril d'enlever la figure sur la pleine clarté de la campagne; 
au Louvre, voyez, de David, son fringant beau-frère Seriziat assis, jambes croisées, 
sur un tertre: n'y a-t-il pas là, non la découverte sans doute — la silhouette encore 
n'épouse le franc jour — mais comme le pressentiment, le désir du plein air? 
Justement, voici ce désir exprimé en toutes lettres dans un compte-rendu du salon de 
1801, à propos d'un portrait du général Moreau par Gérard: <J'aurais aimé, y est-il écrit, 
que ce tableau eût été éclairé par le plein air plutôt que par un jour d'atelier de 45° 
Mais cet effet difficile n'a pas encore été tenté en peinture: H Et, des 1804, n'est-ce 
par lui cette fois que voici bel et bien réalisé par un disciple même de David, le 
jeune Jean Dominique Ingres, dans un tableau également visible au Louvre, le 
charmant portrait de Melle Rivière? Notez que la manie de transporter sur la toile 
les froideurs d'aspect d’une statuaire d'ailleurs mal comprise n'a peut-être pas été 
étrangère a cette préoccupation nouvelle d'éclairage: quel jour, en effet, mieux qu'une 
lumière égale et limpide, pouvait mettre en valeur ce lisse et ce brillant de marbre 
qu'on aimait à prêter aux figures, cette pureté de dégradés et de contours poursuivie 
par l’abstraite esthétique du temps!) 

Ce fut donc presque à cette époque, comme ce devait l'être tout à fait à la 
nôtre, la fenêtre grande ouverte de l'atelier sur le dehors. Il ne manquait que de 
savoir s'affranchir d'une tyrannie de faux principes. Par malheur, en dépit de David 
lui-même, chez qui le portraitiste donnait de marquants exemples de renoncement 
à l'antique, beaucoup de peintres obliterent jusqu'aux traits des contemporains pour 
les rapprocher des modèles latins, leur rectifient la ligne du front et du nez, leur 
élargissent l’arcade du sourcil. Sous le lent polissage de leur pinceau le visage de 
l'homme lui-même s'affadit, s'effémine; l'instrument glisse sur les accidents les plus 
significatifs du masque; ce qu'on s'efforce de donner c'est une généralisation ennoblie 
de la physionomie. Mais la visée convient à bien peu de figures, dont la plupart ne 


— 


1) Mme Villers. 

*) Chaussard. Bulletin universel des lettres, des scinces et des arts. 

3) Le même problème ne laissait pas d’ailleurs de préoccuper aussi Girodet qui, en 1812, 
s’attirait pour deux portraits de femmes cet éloge significatif: «On s'arrête devant ces tableaux 
dont les figures sont représentées au grand jour, c'est à dire sur le fond bleu le plus clair, et 
qui n'en ont pas moins de relief. On ne sait ce qu'il faut le plus admirer de la pureté du dessin 
ou de l'extrême habilité avec laquelle M. Girodet donne une saillie aussi prononcée à ses figures 
sans le secours des masses d'ombres que la plupart des autres peintres auraient employées». 
Le Rouge et le Noir (relation sur la Salon de 1812). 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France apres la Revolution 875 


«qa A i Tat dë 
KS Ss ah Sé 


~ var At 


Melle Riviere par INGRES (Salon de 1806) 
O Musée du Louvre 


laissent rien saisir au trait qui veut ainsi les idéaliser. La uniquement où le modéle, 
comme David le disait de Bonaparte, «évoque le camée tout fait», le procédé pouvait 
amener une effigie dégagée et nette, de belle et expressive synthese. De si ambitieux 
principes, pour trouver leur emploi, en portraits comme en histoire réclamaient des heros. 


x * 
* 


Il se trouva que, sous le premier Empire, les qualités requises en art étaient 


propres a apporter quelque renouvellement méme dans ces effigies conventionnelles, 
et d’ordinaire assez ingrates, qui appartiennent au genre officiel. On sait que, dans 


876 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


ces représentations d’apparat, le modele est plutöt envisagé par le dehors que sondé 
en lui-même, l'expression de son visage forcée dans le sens de sa fonction, l'intérêt 
historique plutôt qu’ individuel, qu'enfin l'équilibre entre de somptueux accessoires, les 
savantes dispositions de draperies qui conviennent a cet ordre de tableaux en font 
des ceuvres de facade, de caractere pour ainsi dire architectural. Les principes alors 
en cours eurent ceci de particulièrement efficace, qu'ils y vinrent resserrer et raffermir 
l'effet. Ils commandaient d’adjoindre à la solidité de charpente corporelle un rythme 
dans les plis du vêtement qui. procedät directement des formes recouvertes; c'était, 
au préjudice, il est vrai, de la verve et de l'éclat, rompre avec l'usage de ces étoffes 
enflées, volantes, indépendantes, par lesquelles s’entouraient de tant de pompe et de 
prestige les figures royales, mais en revanche, c'était aboutir à des images 
de l'empereur fortement déduites en toutes leurs parties, où nul accent ne venait que 
de l’auguste modèle même et, dans la solennité de son costume, nul éloquent mouve- 
ment de ligne que de sa corpulence, sa pose, sa gesticulation. 


Comparons les moyens qu'imaginerent David et Ingres pour réaliser de la 
souveraineté impériale l'image la plus imposante et en même temps la mieux 
caractérisée. 


Et d'abord ils ne se trouvaient pas en face de ce masque long, émacié, aux 
saillantes pommettes, fiévreux, ravagé presque, qui marque à ses débuts la période 
ascendante de la vie du héros. La bouche notamment revenait de cette déformation 
qui, dans les premiers portraits, par exemple la miniature de Guérin, l’allongeait, la 
desséchait et, aux commissures, la tordait suivant le gout réaliste de l'époque révo- 
lutionnaire; elle se fixait de plus en plus dans sa régulière et fine sinuosité de ligne. 
Les pommettes d'ailleurs s'étaient résorbées dans la courbe plus arrondie des joues. 
Lex yeux n'avaient plus cette expression farouche qui jusque-là avait fait presque oublier 
qu'ils étaient d'un bleu tendre et doux. De ce désordre en longues mèches tombantes 
qui caractérisait la mince silhouette du triomphateur de Vendémiaire, les légendaires 
cheveux plats, apres avoir semblé, dans les figurations du premier Consul, vouloir 
dissimuler le dépouillement progressif des tempes (voir les Robert Lefevre), s'étaient 
délibérément massés en cette autre légendaire mèche médiane qui reporta sur le front 
le rayonnement des sévères prunelles du général républicain. 


Il appartenait au principal propagateur de l'idéal romain de fournir la meilleure 
image d'une autorité édifiée d'après cet idéal. Une telle image’) donne véritablement 
la physionomie du droit à ce qui pouvait être encore par d'autres taxé d’usurpation. 
Quel héros ne fallait-il pas seulement, mais quel artiste pour que pit prendre ainsi 
les apparences d'une vocation divine une autocratie née des désordres de la veille! 
Cette figure, jusque la concentrée, assombrie dans le désir de l'action, durcie dans 
l'atmosphère poudreuse des combats, d'après laquelle l'instinct réaliste du peintre, 
renchérissant témérairement cette fois sur le fait réel, avait commencé, en vue du 
tableau du Sacre, à esquisser une physionomie de soudard aussi prompt à porter la 


1) Tableau reproduit en lithographie par Soulange-Tessier. 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France après la Révolution 877 


M. Ravrio, fabricant de bronzes, par RIESENER 
D Musée de Louvre 


main à la garde de son épée qu’à s'emparer et à se ceindre soi-même de la couronne ') 
— la voici amenée a une plénitude presque sereine, à une majesté de traits quasi 
olympienne qu’ombre le seul souci du peuple et où le sentiment de l'entière puissance 
assure la stabilité des lignes; effigie énergiquement campee, d’equilibre, d’unite absolus, 
où le déroulement ample du drapé s'associe à la haute expression du visage et qui 
satisfait à la façon d'une architecture qu'on sent impérissable par la force et la justesse 
de ses proportions. _ | 
Mais David, la encore, s’assurait un pied dans le reel, maintenait son röle 
expressif à la vitalité physique, laissait transparaître quelque chose de l'homme d'hier 
sous la majesté sacro-sainte de l'Imperator. Ce Napoléon trônant*) qu'Ingres 


1) Dessin conservé au Louvre. 
H Reproduit au trait dans le recueil de Magimel. 


878 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


peignit en 1806 pour une des salles du Corps législatif n'a, au contraire, plus rien 
d’humain, sa corpulence disparait sous la surcharge des velours et des satins, son 
visage a la couleur inexistante de la spiritualité; c'est une figure hiératique emprisonnée 
dans les linéaments d'un vitrail. Assis sur un trône éblouissant d’orfövrerie, dont le 
cintre, autour de son front et de son regard charges de pensées, s’arrondit en large 
auréole, les bras, qui s’appuient sur le sceptre et la main de justice, ecartant et 
déployant d’amples draperies, il prend place au rang de ces figurations de lointaine 
légende dont les traits s'immobilisent dans un synthétisme immuable.!) 

Contraste à noter entre ces effigies et celles que provoqueront les réoccupants 
prochains du trône: tandis que les premières s'attachent, par le geste comme par 
la pose, à exprimer l'autorité conquise, que chez Joséphine elle-même, par exemple, 
représentée dans les jardins de la Malmaison, la rêverie déjà toute romantique en 
laquelle l'induit la sauvage solitude évoquée par Prudhon ne saurait se passer de 
l'apparat de la pourpre et d'une ampleur d'attitude où se déploye la majesté du rang, 
les secondes, au contraire, aimeront à affecter un air de simplicité bourgeoise propre 
à rassurer le peuple, la direction du regard su fera moins altière, plus condescendante, 
comme par opposition aux images impériales où le sens en va plutôt de bas en 
haut, ou, tout ou moins, demeure distant, planant, dominateur. 

L'intérêt de ces hautaines figurations césariennes, c'est surtout le caractère 
d'improvisation de leur cérémonial, c'est cette solution qu'on y voit apportée du jour 
au lendemain à la question des formes représentatives dans une cour constituée de 
toutes pièces. Il semble que tant de chamarrures et de broderies, sur ces attitudes de 
mannequins, aient été tirées pour quelque drame a grand spectacle d'un magasin de 
décors et de costumes, il vous revient, en les considérant, ces menus incidents du dé- 
filé à la cérémonie du Sacre, l'Empereur, du bout de son sceptre, donnant sur 
l'épaule de son oncle le cardinal Fesh pour lui faire prêter l'oreille à des pre- 
scriptions. . . . Relevons toutefois encore à l'actif de l'époque, sous l'effet de la hantise 
des antiquités impériales, une bien curieuse particularité de mise en scène dans un 
portrait, médiocre d'ailleurs en soi, de Joséphine par Guyon-Lethiers (au musée de 
Versailles): l'ardent coloris du fond et le monumental trône de bois massif y concourent 
à l'effet le plus inattendu; le peintre du Supplice des deux fils de Brutus semble, 
en la circonstance, avoir conçu son œuvre sous l'influence d'une lecture de Suétone 
comme le pourra faire, à trente ans de là, Thomas Couture, car c'est déjà d'un ro- 
mantisme hanté de basse latinité et de singularités décadentes. Et pareille interprétation 
eüt-elle été apres tout si inappropriée à la mince et étrange figure de la princesse 


1) Ces deux images ont ceci de commun entre elles qu'elles ne tirent que d'elles-mêmes 
leur intérêt expressif, qu'elles restent indépendantes du dehors, isolées qu'elles sont dans leur 
méditation souveraine. Les autres peintres, pour donner à leur interprétation l'apparence de la 
vie, ont eu besoin de sous-entendre un spectacle extérieur vers lequel était censé se diriger le 
pas ou tout au moins l'attention de leur modèle. C'est de cette manière que Gérard aux châteaux de 
Versailles et de Fontainebleau) réunit dans le même signification de volonté agissante le visage 
décidé et la jambe se portant en avant. Quant à Robert Lefèvre (à Versailles), c'est ici qu’ap- 
paraît l'inaptitude aux hautes synthèses de ce talent issu des grâces aisées de l’ancien régime. 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France apres la Revolution 879 


Portrait de M. de Nanteuil-Lanorville par PAGNEST 
O Musée du Louvre 


Borghèse qui se voit dans la même salle peinte par Robert Lefèvre et par Me Benoit? 
Quelles extraordinaires prunelles elle coule dans le portrait, de lignes presque sy- 
metriques, où cette dernière l'a en quelque sorte immobilisee, — de son pinceau lui 
martelant les chairs a la façon de son maitre David quand il voulait exprimer l'éclat 
de la jeunesse! Le caprice perpétuel de cette nature d'enfant ne faisait-il pas d'elle, 
sous le cercle étincelant d'une couronne et dans la gaine étroite d'une robe à taille 
haute, un étre raffiné digne de présider a une cour byzantine? 

Un masque comme celui de Napoléon domine les plus emphatiques oripeaux 
de même qu'il élève à sa dignité les plus modestes accoutrements. Mais que dire 
de la plupart des représentations d’apparat de ses frères et de ses beaux-freres, — 
que Gérard, dans leurs culottes de satin, leur bas de soie, et sous leurs coiffures à 
panache, les découpe en minces silhouettes, ou qu'un Kinson, par exemple, s'il les 
dresse, démesurément les allonge, comme il les casse s'il les assied! Pour sauver 


880 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


l'intérêt de ces pompeuses mises en scene, ce n'est pas trop que les colorations de 
Gros, et encore y demeurent-elles impuissantes si elles ne s'adjoignent, comme dans 
le Murat ou le Jeröme, roi de Westphalie, la belle fougue débridée ou con- 
tenue de la figuration équestre. 


Il n'y a, à l'époque, de vraie noblesse que dans la force guerrière. La fermeté 
de l'allure alliée à l'expression de l'intrépidité remplace le port du grand seigneur 
d'autrefois. Et même ne peut-on pas avancer qu'en France, le portrait militaire, depuis 
les énergiques et littérales effigies dessinées par les Clouet et les Dumonstiers, n'a 
guère réapparu dans tout son caractère qu'à partir de la Révolution? Dans l'intervalle, 
l'image d'un chef d'armée, d'un grand Condé comme d'un de Saxe, malgré la cuirasse, 
les cuissards, malgré toute la virilité de décision accusée sur les traits, respire à peine 
la vie des camps et à l'œil n'en dit guère plus qu'une panoplie à une muraille. Le 
héros a été travesti en une sorte de dieu Mars. Le conventionnel, les attributs en sur- 
charge restreignant l'aération du tableau, pesant de tout leur poids sur le cadre, font 
de ces figurations les moins captivantes de l'ancien régime. De plus, le courtisan y 
transparaît trop sous le clinquant de l'armure; en société en effet, quelque considé- 
ration que lui attirat la gloire des combats, il fallait au conquerant depouiller le soldat 
et remettre en avant le prestige de la race. — A dater des campagnes de la Re- 
publique, le guerrier ne saurait plus guère se parer d'une autre noblesse que de celle 
dont la revêtu l'action de la bataille; aussi ne quitte-t-il jamais le costume; l'éperon 
et le sabre résonnent sur les parquets. On croirait en entendre le bruit quand on 
pénètre dans la salle du Louvre où le général Fournier-Sarlovèze par Gros, le médecin 
militaire Larrey par Girodet, le général d'artillerie De Salle par Pagnest, M. Dieudonné 
par Géricault, et l'extraordinaire carabinier du même, mêlent aux élégances de Joséphine 
et de Christine Boyer, de Mmes Récamier et S' Jean d'Angely, comme une odeur äcre 
de poudre. Notez que ce n'est pas de la toile de Gros qu'il s'en dégage le plus, 
malgré toutes les fumées qu'on y voit s'élever dans les fonds. Ses portraits militaires, 
en effet, dans l'éclat de leur frais coloris, dans leur éloquence d'air et d'attitude, 
manquent un peu d'âpreté réaliste, et toujours témoignent de l'apprèt pour la parade; 
ses héros préférés, à lui, l'ancien brillant Inspecteur aux revues à l'armée d'Italie, ce 
sont les plus beaux sous le neuf scintillement des boutons et des dcrures. Voyez de 
quelle facon, au contraire, sur des visages comme celui de Larrey, de De Salle, la 
patine de la vie des camps s'allie chez le premier à la dignité, chez le second à 
l'intellectualité de l'expression. Chefs, ils ont la peau pénétrée des mêmes morsures 
de l'air vif, du soleil ardent, de la poussière et de la fumée, que le carabinier de 
Géricault. Cette concentration de vérité réaliste sur ces deux physionomies ajoute 
même à leur prestige. Elle continue la vigueur d’accent par laquelle le portrait pen- 
dant la Révolution accusait leur tempérament aux farouches champions de la Liberté 
et suppléait ainsi à l'autorité de la race par la puissance de l'individualisme. 


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Du trône impérial à la bourgeoisie la transition, pour ainsi dire, n'existe point, et 
tout ce qui n'est pas militaire est bourgeois. On sait comment déjà, du temps de 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France après la Revolution 881 


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Portrait de Mme Riviere par INGRES (Salon de 1806) 


D Musée de Louvre 


Louis XVI, les allures de la cour s'étaient rapprochées de celles de la classe moyenne 
et la dignité des nobles dans leurs portraits avait abandonne de sa roideur; mainte- 
nant ce seraient les facons de la bourgoisie qui, a mesure quelle participe davantage 
aux honneurs officiels, se raidiraient. Quel agrément, sous l'ancien régime, les images 
aristocratiques n'offraient-elles pas par le naturel de leur fine distinction! le peintre 
n'avait alors qu'à s'inspirer de ses modèles. Sous l'Empire, il lui faut le plus souvent 
rectifier, fondre, comme le fait Gérard, sous une banale apparence d’homme du monde 
ce que peut offrir de rugueux certains originaux — à moins d'adopter le franc parti 
de David dans son portrait de Francois de Nantes en costume de baron de l'Empire, 
c'est à dire de suppléer au défaut de la noblesse de race par une sorte de grossisse- 
ment imposant de l’invidualite. 

C'est, en effet, par des enquêtes positives, disons même appesanties, sur les 


882 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


individus qu'à cette époque l'art du portrait prend se revanche et sait atteindre à une 
vraie puissance d’accent. C'est David linstigateur de cette extraordinaire curiosité pour 
l'absolue vérité iconographique, le même qui a déterminé les grandes lignes de l'ap- 
parat impérial, mais qui, avant d’edifier l'image dun César, avait modelé en toute 
sincérité, et avec une franchise parfois téméraire, la trop courte série modestement 
inaugurée sous Louis XVI par ses proches. Dans ces enquêtes se mesure la portée 
physiognomonique dont est capable l’insistante mais clairvoyante honnêteté de la nouvelle 
école. La rigueur de principes apportée au dessin a fait ressortir tout le profit qu'il 
peut y avoir pour le portrait si en aucune de ses parties rien n'est relâché de l'ob- 
servation la plus sévère ni soustrait à un enchainement des plus absolus; surtout, 
depuis que l'accoutrement, ayant rejeté la perruque uniforme à marteaux et poudree, 
et désormais restreint aux étoffes unies et ajustées, par là chez chacun montre mieux 
à découvert les particularités de forme et de maintien. Qu'il s'agisse d'exposer un 
individu de pied en cap et dans son entière évidence, de le camper en une attitude 
révélatrice, c'est alors qu'il est bon que le trait vienne faire prédominer son langage 
précis, préétablir le rapport de toutes choses, assurer une unité parfaite de construction 
aussi bien que de signification. Chez Ingres le procédé réalisera de si typiques en- 
sembles que plusieurs de ses portraits, ceux principalement pour lesquels il a adopte 
le ton plus familier de la mine de plomb, sembleront presque transmettre à nôtre 
souvenir des «créations» d'acteurs comiques; une figure comme M. Leblanc, de la col- 
lection Bonnat, pareil, pour prendre un nom fameux dans le théâtre du temps, à 
quelque Baptiste aine qu'on verrait droit campé devant la rampe, révèle en son auteur 
un sens de la plus fine comédie: l'agencement du costume, depuis la chaussure jus- 
qu'au chapeau, le large collet relevé qui sert de fond à la malice du regard, cette 
main sur la hanche, cette autre, écartant l'ample manteau romain, qui répond si juste 
au caractère de la physionomie et a le geste de dire: me voilà, que vous semble du 
personnage? — où trouver, dans une transcription d'être vivant, un plus naturel dé- 
coulement de toutes choses? , . Et, assis dans la compagnie des siens, M. Forestier, 
le magistrat lettré dissertateur, surpris, une pincée de tabac à la main, à l'énoncé 
de quelque aphorisme bien senti, sans doute une citation d’Horace (le livre peut-être 
qu'il tient sous son bras), et le geste comme en suspens sous l'œil du dessinateur, ou 
le regard derechef a la poursuite d'une autre chose à dire, et ainsi jetant le mot qui 
porte devant la mere retranchée dans ses réflexions, devant le parent habituellement 
là pour faire réplique à la loquacité du père, devant la jeune fille, «ornement du 
foyer», debout au centre comme la plante qui a grandi dans cette «paisible et 
honnête atmosphère»! ... C'est bien là ce que doit réaliser dans ses moments de dé- 
tente un art qui, au fond, ne s'en accorde guère, et ne saurait se dérider que par 
l'effet même d'une gravité d'observation qui achemine à la caricature. (Rendez-vous 
compte aussi de la curieuse définition des types dans le tableau de Heim sur la Distri- 
bution des récompenses au Salon de 1824). A considérer où aboutit parfois ce 
tenace dépouillement de l'individualité, on se demande si en même temps le rigorisme 
davidien n'a pas aux Henri Monnier, aux Daumier, forgé leur instrument, qu’ Ingres 
ensuite leur aurait aiguisé! 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France aprés la Revolution 883 


Mais, avant de voir ce rigorisme porté par un rénovateur comme le peintre de 
M. Bertin à son maximum de signification, jetons un coup d'œil sur ce que déjà il 
réussissait à tirer de portraitistes comme Riesener et Pagnest, asservis à la convention. 

De Riesener le portrait de M. Ravrio fabricant de bronzes, au musée du 
Louvre, attesterait a lui seul tout le sens de l'individualité qui s'acquérait à regarder 
David caractériser sur la toile un être vivant, quel art surtout de saisir le modèle à la 
fois dans le volume et le 
libre mouvement de sa cor- 
pulence! De tous les disciples 
du maitre celui-là, dans le 
portrait, est le plus étroite- 
ment attaché a sa methode; 
il ne s'est guère hasardé à 
d'autres moyens que ceux 
qu'il gardait de sa formation 
dans le célèbre atelier; s'il 
a une tendance personnelle, 
c'est à les alourdir, sans 
pour cela maintenir toujours 
aux dessous leur riche pléni- 
tude, à les vulgariser en 
quelque sorte, sans conserver 
non plus à la matérialité sa 
belle force d'accent.!) Ici 
cependant, sous ces teintes 
conventionnelles et maus- 
sades, sous cet excès, en 
vérité, d'indifférence pour les 
seductions de la couleur, au 
dessous de ces pesanteurs de 
facture, que de justesse 


i i i lle Zéli INGRE 
d'observation! la parfaite Mme Aymon (dite A Di e See? par S (1806) 


réalisation que voila du 

négociant d'art alliant la vivacité loquace de l'esprit et le discernement de l'homme de 
goût! Le critique du Salon au Journal de l’Empire en 1812 soulignait chez 
Riesener le «rapport presque toujours bien saisi des habitudes du corps, de l’âge 
et de la physionomie»; en effet, comme ce visage replet, aux yeux bleus non sans 


1) Du moins apparait-il de la sorte à Carnavalet dans son image de l'actrice Dugazon 
âgée, à Versailles dans une série de demi-figures exécutées pour la plupart au temps de la Restau- 
ration (retenu qu’il fut de 1816 a 1824 en Russie, dans la société moscovite). Cet aspect souvent 
un peu commun de sa facture lui pourrait faire attribuer certains tableaux non signes, et ayant 
quelque prétention à la solidité davidienne, tels qu'un portrait de Danton au musée Carnavalet, 


celui de Mme Tallien au musée de Douai. m 


884 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


malice, à la bouche lippue mais nullement grossière, s'offre bien en complément a 
ce corps opulent mais actif, alerte, rempli d’entrain dans sa rondeur! 


La soumission à la réalité du modèle se faisait avec le jeune Pagnest') plus 
absolue encore. Elle ne tournait pas pour cela a la froide mesquinerie, elle respirait, 
au contraire, comme l'avidité, la passion du vrai. C’etaient moins, en effet, les de- 
fectuosites exterieures qui intéressaient ces consciencieux artistes que le dedans physio- 
logique; si l'on ne voit pas aux physionomies de leurs portraits affleurer l'âme en 
reflet léger, on la sent sourdement s'agiter sous l'opaque enveloppe matérielle; elle y 
est unifiée avec le tempérament. Charles Blanc?) a relaté les conditions presque tor- 
turantes que le peintre avait imposées et a lui-méme et 4 son modele pour retracer 
dans sa rigoureuse exactitude la personnalité de M. de Nanteuil-Lanorville (On sait 
quelle cause de tourment était aussi pour Ingres l'exécution d'un portrait!) Son in- 
lassable poursuite du serré dans le rendu avait amené Pagnest a une maniere toute 
personnelle d’analyser le sujet, laquelle consistait 4 le déchiffrer en quelque sorte mor- 
ceau par morceau. «Si le spectateur est placé au point de vue et qu'il ne considere que 
le résultat, reconnaissait un critique en face du portrait de M. de Nanteuil, il s'écrie que 
c'est une merveille; s’il s'approche pour se rendre compte des moyens, il voit que l'artiste 
emploie le plus pénible. Le peintre, en effet, ne procède que par méplats; il exprime 
toutes les surfaces par une suite de facettes qui ressemblent à un travail fait à coups 
de marteau. La nature, même vue de près, n'offre pas cet aspect d'un polyédre...» 
La toile en question est trop haut placée pour que nous puissions la juger par nos 
propres yeux, et peut-être d'ailleurs la patine du temps a-t-elle atténué, nivelé sous un 
chaleureux émail cet aspect de martélement; mais le portrait du general de Salle, en 
cimaise encore, il y a quelque temps, permettait d'apprécier la manière du peintre et 
de constater malgré tout une réelle vigueur dans cette minutie. De près, le modelé 
du visage et des mains révélait une juxtaposition à l'infini de petites touches dorées 
correspondant à autant de saillies minuscules de la forme auxquelles s’accrochait la 
lumière, mais ce n'était pas la lumière en soi qui se subdivisait de la sorte, c'était la 
forme elle-même; il y avait non préoccupation du dehors mais inquiétude excessive 
du dedans, curiosité méticuleuse de dessinateur poursuivant sous l'épiderme jusqu'aux 
moindres révélations de l'intime structure. 

Pagnest mourut a vingt-neuf ans; voila donc un eleve de David de qui la par- 
ticularité de talent, en ayant eu le temps de se révéler des les jeunes années, montre 
bien, a l'encontre de l'opinion commune, que la prétendue domination de l'éducateur 
n'était pas si comprimante. Si on en voulait une autre preuve, on la trouverait en- 
core au Louvre, en mettant en comparaison avec le tableau de Riesener quelque ceuvre 
d'un autre disciple, l'effigie, par exemple, du jeune fils du baron Larrey ou celle des 
demoiselles Mollien par Rouget: les deux artistes ont bien la solidité d’exécution qui se 
gagnait à cultiver le peintre du Marat, mais n'y a t-il pas dans les deux toiles de 
Rouget une recherche tout de méme de distinction de facture qui les differencie sen- 


?) Il mourut en 1819, à l’âge de vingt neuf ans. 
3) Histoire des peintres de toutes les écoles. Ecole francaise, T. III. Appendice. 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France après la Révolution 885 


Portrait de M. Rivière, maitre des requêtes, par INGRES (Salon 
de 1806) Musée de Louvre 


siblement de la peinture de Riesener, quelque chose qui, par exemple, dans l'image des 
deux jeunes sœurs, par la polissure du modelé et le raffinement des extrémités rappelle, 
mais plus nourrie et plus pleine, la manière de Gérard, quelque chose aussi, dans la 
suavité argentée des chairs, dans le doux rayonnement du sourire, qui aurait été em- 
pruntée au charme de Prudhon? 

Pour faire éclater dans toute la force de leur vertu les solides principes en 
vigueur, il restait encore à les dépouiller de ce que, par la coloration, ils trainaient 
encore de banal et d’impur. Ce fut l'œuvre du génie opiniâtre d'Ingres, qui en même 
temps ne craignit pas de les pousser à leurs plus extrêmes limites. 

Le parti pris réaliste de certaines effigies davidiennes, celle d'un marquise 
d’Orvilliers, par exemple, reproduite en toute la matérialité de sa belle corpulence, 
n'était pas pour intimider le prochain peintre de M™ Rivière; certes, il eût détourné 


886 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


les yeux devant la laideur de Mme Morel de Tangry et de ses filles, mais dans la 
plupart de ses images de femmes, surtout si l'original y prêtait peu, il ne devait guère 
non plus se mettre en peine de spiritualité. Seulement, après le franc goût populaire, 
voisin du naturalisme flamand, dont son maitre avait fait montre, il apportait le raffine- 
ment d'un esprit à la fois plus ardent et plus tendu, plein de défiance pour la libre 
expansion des formes telle que l'avait pratiquée l'art septentrional, plein de dévotion 
pour les exemples de force contenue donnés dans les premiers temps de la Renaissance 
italienne. Du professeur au disciple, en somme, un troisième artiste s'était interposé, 
Gérard, mais le Gérard de la belle époque, antérieur à la trop grande vogue qui fut 
préjudiciable à son talent. 


L'ancien camarade d’Ingres chez le peintre des Sabines n'avait pas, en effet, 
adopté la réaliste massivité de facture de leur éducateur commun; même dans les plus 
intimes de ses représentations, celle de l'Orfèvre Auguste au milieu de sa fa- 
mille, par exemple, il ne se départait point d'une élégante réserve. Chez lui la 
beauté, même voluptueusement assoupie, ainsi qu'elle apparait dans l'effigie de 
Mme Récamier, n'offrait rien de cette sorte d'exhalaison sensuelle où le pinceau vo- 
lontiers physiologiste de David s'était attaché à baigner les carnations du même mo- 
dele, dans la fameuse ébauche du Louvre. Ces divergences de l'élève d'avec le maitre, 
cet abätardissement, si l'on veut, de l'art robuste de l'éducateur, n'en comportaient pas 
moins une distinction, une intelligence de la mode et de tout ce que nous baptisons 
du nom de «modernisme», qui ne furent peut-être pas sans intéresser, à ses débuts 
dans le portrait, Ingres plus jeune que Gérard de dix ans. On sait par le vie Dela- 
borde le grand cas que le peintre de la Source faisait du tableau de l'Amour et 
Psyché. Telle figuration familiale par son condisciple comme Melle de Vindé au 
piano à côté de Mme de Vindé, ne s'offrit-elle pas à sa pensée quand il dessina 
la petite scène d'intérieur d'après ses amis les Forestier? La pose alanguie de M™ de 
Rivière, au Louvre, ne doit-elle rien au souvenir de MMe Récamier par Gérard? 

Mais de l'un a l'autre il y eut vite tout l'intervalle que laisse par derrière soi 
un régénérateur. 

Où la différence entre leurs vocations se marqua bien, ce fut, lors de l'appa- 
rition dans l'atelier de David de ceux qu'on appelait les «penseurs» ou «primitifs», 
a l'inégale portée qu'ils attachèrent aux théories «préraphaélites» de ce jeune parti. 
L'auteur de l'Amour et Psyche ne leur accorda qu'un sacrifice très passager; au 
contraire, Ingres fut de ceux qui y persévérérent, dans la mesure du moins où il 
estima qu'elles se justifiaient. La part considérable qu'il prit au salon de 1806!) fut même 
comme une occasion pour le public de juger de ces théories dans leur application à la 
realite du portrait; outre sa propre figuration, du genre de celle que conserve le musée 
de Chantilly, et le Napoleon trônant dont nous avons parlé, le jeune peintre avait 
envoyé les trois effigies, réunies aujourd'hui au Louvre, de M. Mme et Melle Rivière. 


1) Au Salon de 1802 il avait envoyé un portrait de femme; la Revue du Salon de 
l'an X est seule à en avoir fait mention, et encore dans les termes suivants: «Lecteurs, faites- 
nous gräce de celui-ci, nous ne savons que dire.» 


Prosper Dorbec Evolution du portrait en france apres la Revolution 887 


C'était là comme son bilan de portraitiste avant le séjour de Rome, où il venait à 
peine de partir quand commença l'exposition. Ces toiles provoquerent un dechaine- 


_ ment de critiques comme il n’en nait jamais, 
du reste, qu'à propos de talents voués à un 
grand avenir. (C'était la rupture hardiment 
proclamée avec ce que conservaient de 
vétuste et de poncif les procédés de peindre 
alors accrédités; fi méme de ces recettes 
ressassées et usées de clair-obscur qui feraient 
croire que l'art suprême de peindre consiste 
à donner au regard la sensation de tourner 
autour des formes! des teintes clarifiées au 
besoin, un coloris d'apparence inconsistant 
jusqu'à la sécheresse, allégé d'ombres jusqu'à 
en perdre tout semblant d'enveloppe at- 
mosphérique; enfin le visage humain défini 
par un trait presque schématique, d'un 
rigorisme digne d’Holbein.') 

C'est du moins la première impression 
quand apparaît Mme Rivière. Mais, à mesure 
que l'œil observe le tableau, cette sécheresse 
s'atténue, puis arrive a se faire oublier 
ou plutôt même admettre pour certaines 


La femme du peintre Granger par lui même 
O Musée du Louvre 


nuances de modele, d'une infinie delicatesse, qu'un clair-obscur eüt peut-étre absorbees. 
Par exemple, si sur le front les boucles d’ebene se decoupent avec un désinteressement 


1) De ce que dans la majeure partie de ces toiles il avait été fait un emploi prédominant de 
tons blancs, la «critique en vaudevilles» (Arlequin au Muséum) en avait tiré matière à couplets: 


Ingres a le faire blanc; 
Qui, chez lui tout est blanc. 

Il vient de peindre l'Empereur en blanc; 
On croit voir un fantéme blanc, 
Car il a le visage blanc, 

Le reste du corps est tout blanc, 
Son tröne est blanc; 

De loin ce tableau parait si blanc 
Qu’on le prend pour le Mt Blanc. 


Puis, fidèle au blanc, 
Ingres s’est peint en blanc. 
La son portrait ressort d’un fond blanc, 

Son habit est gris blanc, 

Il tient un crayon blanc, 
Puis il efface quelque trait blanc 
Avec un certain mouchoir blanc. 
Mais ce n'est pas là le plus blanc: 


Voyez-vous cette femme en blanc (Mme Riviére) 
Sur un carreau bleu qu'on croit blanc, 
Tant l'œil n’apercoit que du blanc? 

Son front est blanc, 

Son nez est blanc, 

Son col est blanc, 

Son corps est blanc, 

Son voile est blanc, 

Son schall est blanc, 

Bref, tout son vétement est blanc. 


888 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


excessif de la ressemblance materielle, a cöte, quelle vérité de tiédeur moite aux 
tempes, et, dans ce teint olivätre, sur ces flancs mobiles des narines, par tout le mas- 
que du visage, quelle curiosite, se poussant jusqu’au realisme, de ce tempérament de 
femme en son mol abandon! Car il ne s’agit guère ici d'analyse d'âme; plutôt: 
quelle admirable plénitude de contour étend sur les coussins bleutés le bras gauche à 
découvert! et cette sorte d'engourdissement fiévreux en lequel semble, jusque par ses 
prunelles dont le regard somnole, se complaire le visage halé du modèle, comme on 
le devine se propageant sous les étoffes par tous les anneaux déroulés de ce corps 
alanguil Ouelques autres femmes peintes par Ingres en ses plus ardentes années nous 
sont de même bien moins révélées dans leur intimité de pensée que dans leur naturel 
physiologique: songez à la belle Zélie (Mme Aymon, 1806), à Mme de Sénonnes 
(vers 1810), lesquelles participent à cette existence d'âme végétale que Paul de Saint 
Victor attribuera à l'image de la Source, tant elles ne paraissent vivre que par la 
respiration de leur pulpe charneHe, par l'haleine de leur bouche, entr'ouverte à la façon 
d'un calice floral; ni l’une ni l’autre cependant n'expriment la sensualité de Mme Rivière. 
Encore qu'une telle indolence d'attitude ne fût pas inédite en France dans l'art du 
portrait, principalement depuis que, sous Louis XVI, Greuze en avait mis le sensualisme 
à la mode, jamais, malgré l'emploi des teintes plus nourries, malgré l'appel aux ombres 
évanescentes, on n'en avait rendu à ce point de hardiesse — et de ce ton sévère qui 
aggrave encore — la volptueuse animalité. 

En poursuivant, au risque de la sécheresse, ce «modele dans le clair» dont, a 
deux ou trois ans de là, sa Venus Anadyomène allait réaliser la plus sereine 
application, Ingres répondait a cette sorte d’aspiration vers le plein air qui se mani- 
festait alors dans les ateliers, Nous avons indiqué combien, a ce point de vue, 
apparaît typique le portrait de Melle Riviere; profilant sa marche au dessus d'un 
paysage de frais azur, prise dans le frôlement d'une jolie clarté matinale, elle fait 
deja penser ä quelque representation moderne de promeneuse au bord de la mer, de 
promeneuse de Van Rysselberghe.!) 


1) Le Journal de l’Empire parait avoir été le seul à faire mention spéciale de ce 
tableau (no 275 au livret) «devant lequel, trouve-t-il, on ne s'arrête pas assez et où les défauts 
de Ja manière adoptée par l’auteur sont beaucoup moins sensibles». 

Il y eut certainement un artiste pour qui les quaiités inédites de ce portrait ne passèrent 
pas inaperçues: Jean Perrin Granger. C'est lui qui, en 1800, avait primé Ingres au concours 
pour le prix de Rome; il avait adopté les mêmes principes rétrogrades, subissant les mêmes 
blames de la critique, soutenant en un mot le rôle d'un vrai compagnon d'armes. Ingres à 
Rome, en 1811, avait reproduit à la mine de plomb ses traits ainsi que ceux de sa femme. Un 
de ses tableaux d'histoire les plus remarqués avait été son Berger Cyparisse du Salon de 1817; 
le Cyparisse était presque une transposition de la sculpture de Chaudet, et l’Apollon entre les 
bras duquel il expirait avait aussi le défaut de trop rappeler la statue du Belvédère, mais les 
deux froides figures s’enlevaient sur une magnifique prairie où, sous un ciel transparent et des 
nuages aériens, l'air et la lumière circulaient avec liberté dans tout l’espace (Miel, S. de 1817). 
Des éloges étaient adressés principalement au portraitiste, encore qu'on lui reprochat sa prédilection, 
à l'instar d'Ingres, pour les «gothiques» (Journal de l'Empire, 9. fevrier 1813 — Débats, 11. No- 
vembre 1814). Un portrait de jeune fille, conservé au musé de Versailles dans une des salles 
consacrées à la famille impériale, signé de son monogramme et daté de 1808, offre certaines simi- 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France apres la Revolution 889 


Le peintre Granet par INGRES 
D Musée d’Aix 


Pour M. Riviere, maitre des requötes, dont le portrait est d’une si supréme 
distinction, la rigueur du système s'était quelque peu atténuée. Au lieu de cette 


litudes d'exécution avec celui de Melle Rivière et tranche véritablement par la facture sur toutes 
les effigies environnantes. Il s'agit là de Charlotte Bonaparte, fille de Lucien et de sa première 
femme, cette même Christine Boyer dont l’el&giaque figuration posthume par Gros rafraichit de 
ses tons transparents la grande salle du Louvre réservée aux toiles de la Révolution et du Ier Em- 
pire. Du stylet qu'elle tient à la main elle a gravé sur une colonne la lettre anglaise L [Lucien], 
qui embrasse les premières syllabes des noms de sa mère [Christ...] et de sa belle-mère [Alex ...], 
Alexandrine Jouberthou. Elle est à peine âgée de quinze ans, figurée là sans doute à l'occasion 
de la tentative qui avait été faite par l'Empereur de l’unir au prince des Asturies. Comme les 
portraits peints par Granger, dont la vogue ne se prolongea guère au dela du règne de Louis XVIII, 
sont assez rares à rencontrer, celui-là est à ajouter à cette image ambrée de la femme de l'ar- 
tiste qui, sous sa coiffure en turban, dans son dessin bien arrêté et sa chaleureuse gamme vé- 
nitienne -- d’Ingres par là rappelant la «belle Zelie» — a pris place depuis peu parmi les col- 
jections du Louvre (don de Mme Paul Meurice, qui a gratifié en même temps le musée Carnavalet 
d'un ferme portrait, tout de noble expression, du peintre par lui-même). 


890 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


sorte d'émail où se solidifie le subtil modelé de la femme, c'est avec bien du fon- 
dant et du savoureux que le mari allonge son fin sourire. L'homme qui est assis 
la est un délicat — comme M. Ravrio, un manieur, un dégustateur de belles choses; 
les menus objets étalés sur le tapis de la table — livres et estampes — ne l'indi- 
queraient pas, que cela se devinerait rien qu’a son visage, et a la main qui y fait 
echo sur le bras du fauteuil. Ces objets rayonnent de l'éclat doux et léger, sont 
touchés du pinceau délicat qu'il fallait pour que tout fût en concordance avec lex- 
pression de raffinement que dégage la physionomie; c'est même un petit coin du 
tableau où se peut constater en passant, en dépit de la facture très rétrograde du reste, 
la persistance des brillantes tonalité s qui venaient-d'étre au goùt du siecle précédent. 

Quand Ingres, lauréat du prix de Rome depuis 1801, put enfin, après cinq ans, 
obtenir du gouvernement son envoi a la villa Médicis, son goût exclusif pour l'archaïsme 
ne tint pas longtemps devant la plénitude de maitrise de la Renaissance. Au musée 
de Rouen il y apparaît bien au portrait de Mme Aymon, la surnommee la «belle 
Zélie», un des premiers qu'il ait peints la-bas, et déjà plus, chaleureux, plus nourri, 
plus fondant; au Louvre, la transformation est pleinement manifeste avec les deux 
figures, datées de 1811, de M. M. Cordier et Bochet. Celle de M. Cordier — pareille- 
ment le Granet du musée d'Aix — rappelle l'énergique ampleur de certaines images 
réelles par le Sanzio, comme les Suisses agenouillés de sa Messe de Bolséne; la 
dernière constitue même, dans l'œuvre d'Ingres, un de ces morceaux devant lesquels il 
est impossible de ne pas lui reconnaitre des qualités de coloriste volontairement discretes. 
Le vétement brun, les gants verdatres, sont d'une association délicate que rejoignent, 
par dela les blancs crémeux du linge et du gilet et le tiede modelé du visage, les 
chaleureuses tonalités des cheveux chatains. Il y a là une certaine union de morbidesse 
et d'harmonie étouffée qui est dans le goüt des plus raffinés coloristes. Il est a con- 
stater, à ce propos, combien chez Ingres l'éloignement pour ces procédés trop matériels 
et trop apparents du pinceau qu'il jugeait indigues de l'art, ne l'empêche pas de traduire 
avec fidélité la carnation propre à chacun, mais avec cette mesure qui la maintient 
dans son juste rôle et laisse à la forme et aux contours leur valeur de signification. 
Il y apporte une diversité de rendu qui manquait certainement à la plupart des autres 
portraits dus à l'école de David, dans lesquels presque toujours le même modelé se 
trouvait appliqué aux figures. 

On est étonné d'ailleurs, si l'on passe en revue tous ces portraits, et surtout si 
on les compare, de leur appropriation en toutes choses à chaque caractère. Ce qu'il 
y a d'un peu sec, vif et, pour ainsi dire, extérieur dans le coloris de M. Cordier con- 
vient à cette figure brune, décidée, à cette main énergique, a cette allure d'homme 
d'action; comme le moëlleux, au contraire, la tiédeur, l’intériorité, en quelque sorte, 
de l’autre peinture, se concilient en tous points avec le lymphatisme frileux, au 
doux regard bleu, de M. Bochet. — A côté d'un naturel paisible comme celui-ci, quelle 
vitale ardeur encore ne voila-t-il pas soit librement manifestée dans la figure du pro- 
vençal Granet (musée d'Aix), soit concentrée, à l'âge des promesses, dans celle de notre 
artiste (musée de Chantilly)! Jugez comme, dans ces deux tableaux, les mises en scène 
aussi ont été choisies pour la plus claire évidence du tempérament: si Granet, à Rome, 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France apres la Revolution 891 
+ Sege 


Mme de Sénonnes par INGRES 
O Musée de Nantes 


sen va se profilant, son carton a dessins sous le bras, sur une terrasse, au dessus 
d'un vaste horizon de toitures, c'est qu'avec sa méridionale franchise, il fallait qu'il fût 
évoqué, non à l'intérieur d'une de ces chapelles ombreuses où en quelques rayons il 
concentrait la lumière pour en mieux analyser les effets, mais à l'air libre de cette 
ville des arts à lui familière en ses moindres recoins, et comme s'il y était rencontré 
poursuivant, nourrissant dans sa téte quelque nouveau motif 4 peindre; — si le second 
s'est présenté lui-même confine dans la solitude de l'atelier, c'est qu'en s’observant dans 
la glace, il a senti qu'à la ténacité empreinte sur ses traits, en même temps qu'à sa 
pleine clairvoyance déjà des principes à faire triompher, convenait, dans le demi-jour 
le plus retiré, le plus austère tête à tête avec le labeur. — Opposez de même les deux 
célèbres figures de Mmes Devauçay et de Sénonnes, peintes durant ce premier séjour 
en Italie. Les bras de la premiere qui reposent mais sans alanguissement, sa poitrine 


892 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


sans soutien, indifférente à tout artifice, l'absence de tout vain colifichet, laissent se 
porter au front et au regard la concentration de l'être; le tableau, malgré sa date 
(1809), semble se soumettre encore à une austérité archaique dont s'accommode fort bien 
d'ailleurs l'intellectualité d'expression du modèle. — Avec M™e de Sénonnes, Ingres s'est 
vu en présence d'une nature plus essentiellement féminine. Remarquez qu'il a, cette fois, 
précisé tout un coin d'intérieur, et ainsi étendu au delà de la figure l'intérêt du por- 
trait; le reflet pensif qu’ébauche dans la glace la nuque inclinée du modéle accentue 
le retirement de cet angle de pièce. C'est qu'il s'agit là d'une de ces plantes de serre 
qui ne s’epanouissent que dans la tiédeur des appartements. Par le jeu subtil des 
ombres — l'ombre du col en la collerette, l'ombre où la joue estompe son pur ovale, 
celle où se dégrade le merveilleux galbe frontal — cette nature, de sensibilité à fleur 
d'épiderme, apparaît comme baignant dans sa propre essence. Rien, en ce modèle 
féminin, n’est étranger au domaine de la femme; c'est une figure de femme dans une 
émanation de choses féminines: tiédeur de chairs olivâtres, allongement voluptueux de 
lignes, exquise futilité de joyaux, de rubans, de dentelles, yeux qui n'expriment rien 
que la suavité naturelle à l'être, mains d'inaction, en ce monde n'ayant rien qu'à 
s'orner de bijoux, quelque chose enfin de cette indolence des orientales dont les 
attitudes déroulées plaisaient à l'instinct musical de ce peintre d’Odalisques. Ainsi 
retirée, en son coin d'appartement, dans un vague qui semble sans pensée, M™ de 
Sénonnes fait songer à ces Femmes d'Alger dans leur intérieur, le plus «rare 
bouquet de couleurs», comme les qualifiait Baudelaire, que le libre tempérament devait 
opposer au tempérament discipliné. L'artiste, en même temps, est entré plus au vif 
de la «modernité» qu'en aucun de ses portraits de femmes antérieurs, et l'enquête 
physiologique, si elle est plus délicate et d'un goût plus rare qu'elle ne le fut encore, 
n'y a pas introduit une moindre saveur de réalisme que dans celui de M™* Riviere. 
Mais Raphaël est venu là faire prédominer la haute leçon de sa plastique. 

Une telle probité de facture, un sens a ce point épuré, un si exemplaire carac- 
tere d'art sur une simple effigie d'obscure bourgeoise montrent bien à sa perfection 
tout ce que, dans ses efforts à élever au style la figure d'un portrait, rêvait d'atteindre 
la sévère conscience d'un peintre du 1°" Empire. 

Avez-vous bien noté que pourtant rien n'a été exprimé la que la plus 
concrète et visible réalité’ Un primitif ne se fat pas moins mis en peine de compli- 
cation expressive. 

Il n'y a que pour Prudhon que l'énigme de l’äme semble alors se poser. La 
vie intérieure est accessible par des voies trop indirectes. Quant au Vinci, si Gérard, 
Girodet, Ingres même lui ont pour plus d'un jeune visage emprunté l'infini dégradé 
de ses sourires, Prudhon est le seul qui se soit soucié de pénétrer aux profondeurs 
melodiques du maitre toscan. Jamais les portraitistes de l'époque impériale ne quittent 
leur pondération et leur trop raisonneuse sagesse. Ainsi, il est une pose où ils pré- 
sentent volontiers la beauté, c'est celle de la détente et de l’abandon; mais ils ne 
s'attachent ou au déroulement de lignes plastiques qu'une telle attitude procure, ils n'y 
cherchent pas une attitude d'âme. De même, le goût en vient-il d'Outre-Mandie? on 
se plait alors en France a offrir les modeles dans le cadre de la nature, mais combien 


Prosper Dorbec. Evolution du portrait en France apres la Revolution 895 


les formes nettes dont elle les environne ne demeurent-elles pas étrangères à eux, 
dénuées d’accent, simple décor où l'être figuré se présente sans echo! — Et comment 
nos artistes d’alors, si soucieux d’exactitude et de précision, pourraient-ils d’autre facon 
l'entendre? L'individu, par cela même qu'il cède au concert des choses, ne diminue- 
t-il pas d'autant son relief? 

Aussi, de leur temps, à une sensibilité du lendemain comme celle de Prudhon 
qui, interrogeant l'âme de ses modèles, fait souvent répondre la sentimentalité rêveuse 
et déjà toute romantique de la sienne, les voit-on opposer un esprit fermement, lucide- 
ment classique, la méfiance, au détriment de toute spontanéité, de ce qui ne provient 
que de l'impression, l'absolue pratique en art de l'impersonnalité de l'artisan. Ils font 
usage d'une langue asservie à la tradition, méthodique, sans couleur, mais sans mollesse 
et qui sent même son vigoureux cru; si elle est dépourvue d’allegement poétique, elle 
le rachète par une prosodie concise et frappée de forte façon. Et renouvelée, re- 
trempée par Ingres aux pures sources, elle arrive alors, comme dans le portrait de 
M. Rivière, à la saveur la plus délectable. 


F 


Bürger-Thore ’) 


Von Hermann Uhde-Bernays 


Die stolze Gemeinsamkeit, welche bei der Beurteilung von Fragen des künst- 
lerischen Fortschritts in Frankreich von jeher den Künstler mit dem Kritiker verband, 
der dann wiederum als ein willkommener Herold vor einem verständnisvoll vor- 
gebildeten und anregungsfähigen Publikum zu Worte kam, konnte die Kunstkritik bei 
den Franzosen zu einer ebenbürtigen Stellung erheben, die ihr bei anderen schwer- 
blütigen Völkern vielleiht nur durch das Fehlen der notwendigen Voraussetzungen 
einer ästhetisch-natürlihen, auf Selbständigkeit hinarbeitenden und, man darf wohl 
sagen, dem Gebildeten selbstverständlichen Erziehung zu erreichen verwehrt war. Und 
so war diese Erziehung in der Gleichmäßigkeit ihrer Verbreitung die Grundlage einer 
Kultur, die trotz ihres Sdiwergewichts nach der rein literarischen Seite hin von unserer 
heutigen angeblichen allgemeinen Bildung sehr weit entfernt ist. Während bei uns einstens 
Lessing und Winckelmann als exakte Theoretiker das Konkret-Künstlerisch-Persönliche 
hinter dem Abstrakt-Wissenschaftlich-Allgemeinen zurücktreten ließen, gab Diderot, 
ohne den Reiz einer eleganten Wissenschaftlichkeit abzuweisen, in seinen Salons die 
ersten subjektiven Urteile über Kunstwerke, die unmittelbar von der Leinwand zum 
Auge und zum Verstehen des Publikums überleiteten. Der kritische bon sens, bei 
Voltaire nach der negierenden Seite am stärksten ausgebildet, erfaßte glücklich die 
Verbindung der Begriffe, die der Franzose mit esprit und charme bezeichnet, die Paten 
der schriftstellerischen Betätigung, für die uns der Name Essay geläufig ist. Fast alles 
Bedeutende, was französische Kritiker von Diderot bis zu Taine über bildende Kunst 
zu sagen hatten, umkleideten sie mit diesem schillernden, gefährlichen Zaubermantel. 
Selbst in ihren großen Werken konnten sie, wie so manche ihrer gelehrten Landsleute, der 
verführenden Lockung, ihn anzulegen nur ungern widerstehen, und die schmeichelnde 
Diktion der französischen Stilistik tat das ihrige dazu, um in unseren Augen sogleich 
den oftmals berechtigten Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit zu begründen. Sobald es 
sic dabei handelte, die Qualitäten eines Kunstwerks weniger mit der Wertung des Kunst- 
historikers als mit der Kenntnis des technisch sicheren Kunstfreundes auszulegen, versagte 
nun mehrfach jenes mitempfindende Einverständnis zwischen Kritiker und Künstler. Seit- 
dem über bildende Kunst geschrieben wird, hat Übereifer nicht selten weit mehr gefunden, 
als der Künstler selbst wünschte, und hier liegt der Grund, warum allenthalben die meisten 
Künstler die Kritik gering einschätzen. In Deutschland hat leider die Gegenwart, vor 
allem bei der Tagespresse, eine kunstkritische Betrachtungsweise groß werden lassen, 
deren Einseitigkeit und Unwissenheit freilidi kaum Schaden anrichtet, deren grob- 
spuriges Auftreten aber doch zu ernster Abwehr mahnt. Darum können diejenigen, 
die dem Niedergang der künstlerischen Kritik in Deutschland bekümmert zusehen, nichts 


1) W. Bürgers Kunstkritik. Deutsche Bearbeitung von A. Sdimarsow und B. Klemm. 
L Neue Bestrebungen der Kunst. — Landschaftsmalerei. Leipzig 1908. Verlag von Klinkhardt 
und Biermann. 


H Uhde-Bernays. Bürger-Thoré 895: 


sehnliher wünschen, als daß durch klassische Beispiele der Glaube an das Vor- 
handensein echter kritisch und künstlerisch gleichzeitig begabter Persönlichkeiten gestärkt 
werde, daß diese Muster aber auch anregend und aneifernd unserem Urteil höhere 
Gesetze geben möchten. Schmarsow und Klemm haben nun aus den Studien Théophile 
Thorés oder W. Bürgers (wie er sich pseudonym nannte) nach kunstgeschichtlichen 
Gesichtspunkten eine verständnisvolle Auswahl getroffen und zunächst in einem kleinen. 
Bande, dem noch zwei weitere folgen werden, den Aufsatz über die neuen Bestrebungen 
der Kunst mit einer Reihe von Randbemerkungen vereinigt, die der fortschrittlichste. 
und scharfsichtigste Beurteiler der gleichzeitigen bildenden Kunst zu den Salons von: 
1844—1847 und von 1861--1868 gemacht hat. Durch die Übersetzung hat die 
Prägnanz, die dem Original eigen ist, kaum verloren, und die schwierige Erreichbarkeit 
der französischen Gesamtausgabe gibt auch einen äußerlichen Grund für das Erscheinen 
einer deutschen Ausgabe ab. Das Gesamtwerk darf auf beifällige Zustimmung der 
Fachgenossen, die sich mit der Geschichte der französischen Malerei in jener bedeut- 
samen Übergangszeit beschäftigen, ebenso rechnen wie auf eine ausgiebige Benutzung 
in der Hand Belehrung wünschender Kunstfreunde, vor allem solcher, die bei einem. 
längerem Aufenthalt in Paris ernstlidi in den Gehalt und den Stil der neuen: 
französischen Kunst einzudringen die Absicht haben. Denn die vorhin erwähnte 
Knappheit der Ausführungen Bürgers gibt seinen Schriften einen persönlich-eigenen. 
Charakter, der die Bezeichnung als Nachschlagebuch im besten und im vornehmsten 
Sinne, wie bestimmte Stellen in Jakob Burckhardts Cicerone es gleichfalls sind. 
rechtfertigt. Bürger-Thore steht in der Art seiner Kritik auch in Frankreich isoliert 
da. Nur Künstler selbst haben sich gelegentlich so geäußert wie er, der Engländer 
Stevenson, bei uns Max Liebermann. Waren Diderot, der Weltklug-Unnahbare, 
oder Stendhal, der Biegsam-Überschwengliche, in dem oben angeführten Sinn mehr 
literarish beobachtend veranlagt als künstlerisch mitempfindend, Bürger läßt bei der 
entschiedenen Wahrung der eigenen persönlichen Anschauung dem Künstler selbst. 
das erste und letzte Wort, indem er, einem Ausspruch Feuerbachs entsprechend, 
ein Bild, das ihm nach einer. Stunde nichts gesagt hat, anderen Tages wieder 
aufsuchen geht. Das erkennen wir nicht etwa bei der Behandlung des vielgeliebten 
und doch zu hoch eingeschätzten Théodore Rousseau, dessen Anleitung Bürger die 
Steigerung seines Verständnisses für die Malerei dankte, sondern am deutlichsten 
bei den Urteilen über Corot, dessen aufsteigendes Meistertum der Kritiker mit einer 
wachsenden Zustimmung betrachtet, bei Troyon, dem erst zuletzt unbedingtes Vertrauen 
geschenkt wird, oder Daubigny. Erst nach und nach mildern sich die auszusprechenden 
Vorwürfe. Begabt mit einer heiligen, dichterisch begeistert sidi äußernden Liebe zur 
Natur, in deren tiefe Brust ihm wirklich wie in den Busen eines Freundes zu schauen 
vergönnt ist, vermag der Kritiker Bürger mit dem Auge des Malers zu sehen, 
das sich vollsaugt mit flüssigem Licht, das dieses nämliche Licht auf der Leinwand 
wiederzufinden bestrebt ist. Ihm erscheint das ganze Weltall eingetaucht in Licht und 
Schatten, in die Luft, und man denkt bei seiner empfindungsvollen Apostrophe, die 
das ideale Dogma seiner kritishen Wünsche enthält, an die mystischen Sätze, die 
Segantini niedergeschrieben hat. In dieser Stimmung, voller Natürlichkeit und Natur- 


896 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


lust, betritt Bürger die Salons, und indem er sich abwendet von theatralischen Ver- 
besserungen der Natur (Calame), begrüßt er die Meister, die „den farbigen Abglanz des 
Lebens“ ihm vor die weitgeöffneten Augen stellen, Rousseau, Dupre, Diaz, mit besonderer 
Wärme den bescheidenen, heute noch wenig beachteten Chintreuil, den jugendlichen Claude 
Monet. Die Sicherheit, die ihm inne war, können wir ihm nach einem halben Jahrhundert 
nur bewundernd bestätigen. Die von ihm gefeierten Namen sind ooch heute hodh- 
gepriesen, und die Gedanken, die ihm aufstiegen z. B. über den unvergänglichen Ruhm 
des Delacroix, haben sich in der Folgezeit verwirklicht. Ja, die seltsame Ahnungskraft 
dieses Mannes ließe sidi noch eigenartiger auslegen, wenn wir die folgende Stelle 
auf Gauguin beziehen wollen: „Wenn ich einen Maler zum Sohn hätte, würde ic 
ihn recht weit wegschicken, ins Neuland, damit er sich die Natur und die Menschheit 
mit eigenen Augen ansähe.“ — Immer wieder erhebt sich mit Rousseauscher Gleidh- 
mäßigkeit der Ruf nach der Natur, und in dem Aufsatz über die neuen Bestrebungen 
in der Kunst, der gleichzeitig den bewunderten Holländern Dank sagt, gipfelt die 
Auseinandersetzung in einem emphatisch herausgeholten: „Liebe Künstler, wendet Euch 
zur Natur .... das Suchen nach einem Typus in der Kunst ist absurd. Die Kunst 
ist unaufhörlih und unbestimmt wandelbar und vervollkommnungsfähig wie alle 
AuBerungen des Menschen .. “ Merkwürdig, daB gerade in dem Jahrzehnt, in dem 
der große französische Kritiker die Herrschaft des Schemas in der bildenden Kunst 
absetzte, mit ähnlichen Worten der Reformator des musikalischen Denkens in Deutsc- 
land seinen Forderungen Gehör schaffen wollte, daß Richard Wagner in seinen 
Schriften gegen die Macht des Typischen in der musikalischen Kunst energisch und 
siegreich auftrat Was aber in Deutschland nur als eines Einzigen vielumstrittene 
Überzeugung sich verkündete, war in Frankreich doch schon der verhaltene Wunsch 
eines großen Kreises, dem Bürger-Thore wunderlicher Weise nicht angehörte, der 
Getreuen um Eugene Delacroix. Und für die Abkehr von dem klassischen Kothurn 
im Drama (das Bürger-Thore im erwähnten Aufsatz einbezieht, der seine Thesen auf 
„Kunst“ im weitesten Sinne anwendet) hatte Victor Hugo schon 1827 in der partei- 
lichen Vorrede gehandelt, die er seiner Tragödie Cromwell vorauszuschicken für gut 


befand: „la nature donc! La nature est la vérité! ... La nature et l'art sont deux 
choses, sans quoi l'une ou l'autre n’existerait pas ... le drame est un miroir où se 
réfléchit la nature ... Toute époque a ses idées propres, il faut qu'elle ait aussi 


les mots propres à ces idées . . . .“ 

Bürger-Thoré verbindet also mit seiner treuen Liebe für die Schönheit der 
Natur, die nur dem glücklichen Idealisten verliehen ist, den Blick für das Echte und 
Bleibende des künstlerischen Wesens. Die anregenden Bemerkungen, die er macht, 
trägt er mit einer ruhigen Klarheit und einer selbstverständlichen Bescheidenheit vor, 
die mit der Naivetät des wirklich hervorragenden Mannes Widerspruc für unbegreiflich 
halt. Mehrfach, wie bei Dürer und Kant, wie in Goethes Farbenlehre, kehrt das 
stolze „ganz einfach“ wieder, das dennoch einen ganz versteckten, unbestimmten 
.Zweifel an das Mitgehen des Lesers birgt. Bürger ist sicherli kein Essayist wie die 
übrigen seiner Landsleute, die sich als Kritiker mit ihm messen dürfen. Er schreibt 
eher Randglossen und momentane Apercus, gibt kurze Notizen, die nur für das 


H. Uhde-Bernays. Bürger-Thore 897 


Abendfeuilleton bestimmt scheinen, und doch in ihrer Richtigkeit die Zeiten überdauern, 
umreißt scharfe Silhouetten, die den nächsten Morgen nicht schauen sollen und die 
trotzdem ein Leben haben über menschliche Grenzen hinaus. Der Begriff des Feuilletons 
in dem herabwürdigenden Sinne, den wir ihm geben, fehlt der vornehmen Sachlichkeit 
seines Stils durchaus, der weder mit der Geistreichelei oder Phrasen sich behängt, 
nodi mit den Wünschen des Publikums liebäugelt oder auf überraschende Schluß- 
effekte hinarbeitet. Dem deutschen Leser wird eine Seite des Kritikers Bürger vielleicht 
seltsam oder gemacht erscheinen, die aber bei seiner angeborenen Feindschaft gegen 
Klassizität unbedingt zu seiner Persönlichkeit gehört, die häufigen Angriffe gegen 
Rom und Italien: „Es ist nicht gut, nach Rom zu gehen . . . Delacroix würde, wenn 
er nach Italien gegangen wäre, als Narr gestorben sein . . .“ Wie viel Wahrheit 
stecht doch in diesen Worten! Es gehörte ein großer Mut dazu, gegenüber der 
selbstgefalligen Heuchelei, die schon damals mit der schwärmerischen Anbetung Italiens 
Pose stand, offen eine gegenteilige Meinung zu bekennen. Wird denn nicht heute 
gerade in Rom noch der Mann, der, statt andächtig und gedankenlos nachzuplappern, 
wie der Pierre Froment Zolas den grauenvollen Verfall in der Gegenwart und die 
Unwahrheit und Niichternheit des Gesamteindrucks im Vergleich mit der Vorstellung 
in der Phantasie beklagt, in Grund und Boden verdammt! Diese Wahrheitsliebe 
Biirger-Thorés gibt seiner Persönlichkeit als Kritiker eine menschlich-sympathische Stellung. 
Man kann seiner schriftstellerischen Eigenart kein größeres Lob zollen als mit der 
Behauptung, daß er die Vorwürfe gegenstandslos macht, die Merimee, allerdings 
direkt auf Stendhal deutend, im Jahre 1850 über die französische Art Kritik zu üben 
ausgesprochen hat: „Il (Stendhal) apprecie les maitres avec les idees francaises, 
c'est-à-dire en point de vue littéraire .... c’est encore la façon de juger en France 
ou l'on n'a ni le sentiment de la forme ni un goût inne pour la couleur . . .“ 


Über Kelsterbacher Porzellanfiguren 


Von Edmund Wilhelm Braun-Troppau 


Die Begründung der hessischen Fabrik zu Kelsterbach!) erfolgte durch das land- 
gräflihe Privileg von 1758 an den Hofjäger Wilhelm Cron und dessen Schwager, den 
Porzellanfabrikanten Joh. Christian Frede, dem im Verein mit seinem zweiten Schwager 
Kaspar Maintz im Jahre 1760 ein neues Privilegium erteilt wurde. Man fabrizierte 
nebeneinander Porzellan und Fayence. 1769 wurde nach Drach die Porzellanfabrikation 
eingestellt und erst 1789 durch Lay wieder aufgenommen. Bisher kannte die Literatur 
nur wenige Kelsterbacher Porzellane. Drach führt einige wenige an und auf der 
Auktion Habich in Kassel wurde eine unbemalte Figur an das Germanische National- 
museum in Nürnberg verkauft. 

Und doch gibt es eine Reihe von wirklich guten Kelsterbacher Porzellanfiguren 
und Gruppen, die allerdings, von wenigen einzelnen Ausnahmen abgesehen, nur an zwei 
Stellen vereint zu studieren sind, in dem großherzoglich badischen Schlößchen Favorite 
bei Rastatt und in der Porzellansammlung des Großherzogs von Hessen zu Darmstadt. 
l Für die Porzellanfiguren, was die Modellierung derselben betrifft, kommt wohl 
nur die erste Periode der Fabrik (1758—1769) in Betracht, obwohl natūrlih auch in 
der zweiten Epoche aus den alten Formen ausgeformt worden sein kann. Nach Drach 
gab es in dieser Zeit die Bossier Vogelmann, Freybott,Christian Fernauh und Antonius 
Seefried. Letzterer wird 1769 genannt als der ,unvergleichliche“. Er hat 55 Formen 
geliefert, Vogelmann „e reliqui deren 75 und Freybott nur eine. Wir müssen also 
annehmen, daß Freybott hauptsächlich damit beschäftigt war, die ausgeformten Stücke 
zu bossieren und mit der Änfertigung neuer Modelle fast nichts zu tun hatte. Fernauhs 
Tätigkeit wird auch als geringwertig geschildert. Das jetzt vorhandene Material von 
Kelsterbacher Plastik ist also aufzuteilen unter Seefried, Vogelmann & reliqui.“ 

Die Vorbilder, nach denen modelliert wurde oder die zur Anregung dienten, 
waren, wie aus dem Inventar von 1769 hervorgeht, Kupferstiche, sowie eine „sächsische 
Schäfergruppe aus dem Kabinett,“ „eine Frankenthaler staffierte Chinesische“ und 
„eine hübsche dito aus dem fürstlichen Kabinett“, die wohl als Muster geliehen worden 
waren. 

Das bereits erwähnte Inventarium von 1769 berichtet von einer recht regen 
plastischen Tätigkeit. Gegen dreißig Figuren in Gruppen und allerhand „Galanterien“ 
wie man in Meißen die Tabatieren, Stockgriffe etc. nannte, erscheinen aufgezählt. Direkt 
kopiert nach einem Frankenthaler Modell ist eine Biskuitgruppe in dem Zähringer- 
museum zu Karlsruhe, darstellend zwei Jäger, nach der Jagd sich ausruhend und trin- 
kend, begleitet von einem Mohr, der knieend dem einen der Kavaliere die Stiefel aus- 


1) A. v. Drach. Die Porzellan- und Fayencefabrik zu Kelsterbadı am Main. Bayr. Ge- 
werbezeitung 1891, S. 481 ff. Dieser Aufsatz ergänzt die beiden früheren Aufsätze desselben Ver- 
fassers in der Deutschen Töpferzeitung und im Kunstgewerbeblatt II, S. 30 ff. Die Akten der 
Fabrik im GroBh. Hof- und Staatsarchiv zu Darmstadt. 


E. W. Braun. Uber Kelsterbacher Porzellanfiguren 899 


zieht. Eingepresst ist die Marke HD unter 
der Krone, eingeritzt ein Formerzeichen G. 
Das Frankenthaler Vorbild zu dieser Kelster- 
bacher Gruppe besitzt z. B. Dr. Adolf List 
in Magdeburg. 

Nach einem MeiBener Modell ist der 
prächtige deutsche Hanswurst modelliert 
(Abb. 1), an einen Baumstamm vorgebeugt 
angelehnt, und den Hut gesenkt haltend, 
als ob er .einen Gegenstand auffangen 
wollte. Es haben sidı meines Wissens 
drei Exemplare dieser Figur erhalten, in 
der Darmstädter Sammlung (Abb.), im 
Hamburger Kunstgewerbemuseum, und in 
der Franks-Kollektion des Bethuel Green- 
Museums zu London. (Franks Catalogue 213.). 
In London und Darmstadt ist er bemalt, 
in Hamburg unbemalt. Die Marke ist 
wiederum das gekrönte HD, aber blau 
unter Glasur. 

Eine dritte Marke, gleichfalls blau 


Abb. 1. Bemalte Kelsterbacher Porzellanfigur 
eines Hanswurstes D 
Großherzogl. Porzellansammlung Darmstadt 


unter der Glasur und gekrönt, aber in 
Form eines verschlungenen Monogramms, 
wobei die Buchstaben HD nicht in Antiqua, 
sondern in Schreibschrift gemalt sind, zeigt 
die Figur des „Cupido auf Bock“, wie 
ihn das Inventar von 1769 für den Preis 
von 3 fl. anführt Ein Exemplar besitzt 
die Darmstädter Sammlung, ein zweites 
(Abb. 2) war bei Frau Dr. Spitzner in 
Dresden, der Witwe des bekannten Por- 
zellansammlers. Beide sind bemalt. Genau 
zu datieren ist auch die Gruppe eines 
Türken, der ein Pferd am Zaume führt. 
Sie ist in der Großh. Hessishen Sammlung 
(Abb. 3). Der Kabinettskassierer Pfaff, der 
Leiter der Kelsterbacher Fabrik während 


Abb. 2. Bemalte Kelsterbacher, Porzellanfigur 


Se „Cupido auf Bock“ O , i i 
Sammlung Dr. Spitzner, Dresden ihrer ersten Periode, schreibt an den 
59 


900 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 3. Unbemalte Kelsterbacher Porzellanfigur: Türke mit Pferd 


O Großherzogl. Porzellansammlung, Darmstadt 


Staatsminister!): „Noch in denen kurtzletzten Lebens-Tagen unseres Hochsel. Herrn 
(Landgraf Ludwig VIII, + 17. Oktober 1768) hatte ich die hohe Gnade, einen Engel- 
länder unterthänigst zu übergeben, der von einem Türcken an der Hand geführt wird. 
Der Türcke ist 6 Zoll hoch und das Pferd proportionirt mit seinem Führer; es 
geht in stoltzem Schritt, ohngesattelt zwar, doch gezäumt und gegürtet, mit auf- 
geschlaifften Zügeln, und zierlich eingeflochtenen Mähnen. Ein Stück Arbeit, woran 
sich die Beschaffenheit meiner Masse und Glasur sowohl, als der Griffel des Künstlers 
gar eigentlich erkennen lässet. Wollte Gott! ih könnte es so hinwünschen, oder es 


1) Bayr. Gewerbeztg., 1891. S. 493. 


E. W. Braun. Uber Kelsterbacher Porzellanfiguren 901 


Abb. 4. Unbemalte Kelsterbacher Porzellan- Abb. 5. Kelsterbacher Porzellanfigur einer 
figur der Diana O die Laute spielenden Dame D 
GroBherzogl. Porzellansammlung Darmstadt O German, Museum, Niirnberg 


ware dem Verbrechen (= Zerbrechen) so wenig ausgesetzt, als dieses mein Schreiben! 
So aber ist zu befürchten, die Last des Körpers des Pferdes werde die beyde feine 
Schenkel, worauf es alleine befestigt ist, bey dem geringsten Stoss in den Fahren 
abprellen. Nur vorsichtig getragen, könnte es übergebracht werden“. 


Mag dasLob des damaligen Direktors auch etwas übertrieben sein, jedenfalls haben 
wir aber eine respektable Leistung vor uns, die den Modelleur als einen mit Material 
und Technik vertrauten Mann erweist. Weniger rühmlich steht es mit der Originalität 
des Bildhauers, der von einem Meißener Modell stark beeinflußt worden ist. Aber es 
ist ja ein auBerordentlih großer Prozentsatz der deutschen Porzellanfiguren nach frem- 
den Vorbildern, zumeist Stichen, modelliert worden. 


Gleichfalls erwähnt ist im Inventar von 1769 die Figur einer Diana (Abb. 4) 
der Darmstädter Sammlung. Am Sockel hat sie Jagdhunde und ein Wildschwein, 
der rechte Arm mit dem Szepter in der Hand stützt sich auf eine Fürstenkrone, 


902 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


die eine Kartusche mit dem Spiegelmonogram L des 
1768 verstorbenen Landgrafen Ludwig bekrönt. Somit 
ist diese Figur auch vor 1768 modelliert worden. 

Haben die bisher aufgezählten Figuren wenig 
verwandten Zusammenhang, sondern mehr vereinzelte 
Arbeiten, so gibt es anderseits eine ganze Anzahl von 
Figuren und Gruppen, deren Zusammengehörigkeit 
evident ist und deren Modelle ein und derselbe 
Modelleur geschaffen hat. 

Es gibt bekanntlih eine ganze Serie von 
Nymphenburger Figu- 
ren aus dem vornehmen 
gesellschaftlichenLeben, 
die künstlerisch zu dem 
Besten gehören, was 
die deutsche Porzellan- 
plastik des XVII. Jahr- 
hunderts geschaffen hat. 
Man hat die frühen 
dem Modelleur Auliczck 
zugesdirieben, bis Otto 
von Falke im Fiihrer 
des Kölner Kunstgewer- 
bemuseums auf Bastelli 
als den mutmaßlichen 
Abb. 6. Kelsterbacher Porzellan- Autor hinwies. 

figur eines Kos o Der hohe künst- 

Großhzgl. Porzellansammig. lerishe Reiz und die 

= Darmstadt hinreiBende Lebendig- 
keit dieser Nymphenburger Figuren machte schon kurz 
nach ihrer Entstehung großen Eindruck. In Kelsterbach 
kopierte man eine Reihe der Nymphenburger Modelle 
dieser Art und auch in Frankenthal wurde die beim 
Fußbade von einem Herrn überwachte Dame’) kopiert. 
Diese Frankenthaler Kopie trägt die blaue Löwenmarke 
unter der Glasur (also um 1760) und ist bemalt. Sie 
gehörte 1906 dem Kunsthändler Salomon in Dresden. 
Übrigens bietet sie auch einen terminus ad quem für 


') Bemalt bei Dr. Darmstädter Berlin (Berl. Kat. app 7. Kelsterbacher Porzellan- 
Nr. 979.) Zwei Exemplare bei Hirth (Nr. 230/1; abgeb. 
ebenda.) Die Frankenthaler Kopie, die um 2 cm größer ist Flasche und Tasse Db 
als das Vorbild trägt auf dem Brunnenpostament statt des Großhzgl. Porzellansammig. 
Amors zwei Tauben. oO Darmstadt 


figur einer Dame mit 


E. W. Braun. Uber Kelsterbacher Porzellanfiguren 903 


die Entstehungszeit des Modells in Nymphenburg, denn da dieses bereits um 1760 in 
Frankenthal kopiert wurde, dirfen wir die letzten Jahre des fiinften Jahrzehntes als 
Entstehungszeit in Neudeck annehmen. Schon aus zeitlihen Gründen muß übrigens 
Auliczck als Modelleur für die große zusammengehörige Gruppe von den obenerwähnten 


Typen abgelehnt werden, denn er war damals, als 
diese entstanden, noch in Rom und trat erst 1762 in 
die Fabrik ein. Und die Modelle, um die es sich 
handelt, sind vor diesem Zeitpunkt entstanden. Die 
Frankenthaler Kopie ist nun, trotzdem sie das ganze 
Sujet des Vorbildes sklavisch kopiert, immerhin eine 
Arbeit, die als Frankenthaler Produkt zu erkennen ist. 
Die Proportionen der Gestalten, einige Details usw. sind 
verändert, kurz eine gewisse Individualität hat diese 
Kopie. Der Modelleur aber, der die Kelsterbacher 
Modelle so sklavisch genau nach den Nymphenburgern 
geschaffen, hat, so muß man schließen, entweder gar 
keine Individualität oder — eine große, d. h. er ist 
dann identisch mit dem Nymphenburger. Letztere An- 
nahme ist allerdings so gut wie ausgeschlossen, wenn 
man eine genaue stilistische Durchvergleichung der 
Nymphenburger und Kelsterbacher Stücke vornimmt. 
Wir kommen darauf zurück. Die Akten der Nymphen- 
burger Fabrik, die noch Nagler benutzt hat, sind an- 
geblich zum Teil jetzt unauffindbar, archivalische Studien 
über die Nymphenburger Fabrik hat man systematisch 
noch nicht gemacht. Was ich an einschlägigen Akten 
in München durchgesehen habe, ist lückenhaft und 
enthält nichts von Belang zu unserer Frage. Die Mög- 
lichkeit ist aber vorhanden, daß die Nymphenburger 
Akten uns einmal mitteilen, Antonius Seefried, der 
„unvergleidilihe Bossierer“ zu Kelsterbah war in 
Nymphenburg, in der nächsten Umgebung und beein- 
flut vom Schöpfer der prächtigen hocheingeschätzten 
Modelle, als den wir in diesem Falle wieder den Italiener 
Bastelli, Auliczcks Vorläufer anzusehen haben. Übrigens 
sollte man die von Nagler!) gegebene Mitteilung auch 


Abb.8. Kelsterbacher Porzellan- 
figur einer Frau mit 


Gemüse a 
Großhzgl. Porzellansammlg. 
D Darmstadt 


einmal nachprüfen, daß zuerst in der bayrischen Hof-Fabrik kein Modellmeister angestellt 
wurde, sondern daß der Graf von Haimhausen vom kursächsischen Hofmodellmeister 
Andreas Gärtner „einem der größten Baumeister seiner Zeit“, mehrere Modelle anfertigen 


ließ, „um nach dem neuesten Geschmack zu arbeiten“. 


Otto von Falke, der zuerst auf Bastelli hingewiesen hat, war es auch, der 


1) Bayerische Annalen 1834. S. 833. 


904 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


den stilistischen Einklang der Nymphenburger und Kelsterbacher Modelle betont hat.') 
Vergleicht man sorgfältig die Kelsterbacher Modelle mit ihren Vorbildern, den Nymphen- 
burgern, so entsteht eine künstlerische Divergenz. Temperamentsunterschiede werden klar, 
der sprühende Geist, die lebensvolle Kraft der letzteren sind bedeutend modifiziert, näm- 
lich abgeshwächit. Die Bewegungen sind etwas lahmer, gebundener, auch die Pro- 
portionen sind verschiedene, sie sind gedrungener, breiter. Somit charakterisiert sich der 
Modelleur von Kelsterbach, wohl Seefried, als ein geschickter Nachempfinder eines anderen 
großen Kunst, der aber Kraft genug 
besitzt, in der einmals angenommenen 
Weise, in die er sich hineingelebt hat, 
selbständig zu schaffen. Denn neben 
Kopien nach Nymphenburger Vorbildern 
gibt es von ihm Modelle, die er selbst 
ganz frei erfunden oder nach Stichen, 
Zeichnungen usw. modelliert, also aus 
der zweidimensionalen Fläche in die 
Rundplastik transponiert hat. Die reiz- 
volle Nymphenburger Gruppe des bereits 
besprochenen von einem Herrn beim 
Waschen belauschten Mädchens findet 
sih in Kelsterbacher Kopie im Darm- 
städter Schloß und in Favorite, ebendort 
sind auch in zwei Figuren die Kopien 
nach der Nymphenburger Gruppe, eine 
junge Dame, die auf einem Hackbrett 
spielend, ihren schlafenden Geliebten auf- 
weckt. Die hübsche, Laute spielende, 
sitzende Dame des Germanischen Mu- 
seums (Abb. 5), die aus der Sammlung 

Abb. 9. Kelsterbacher Porzellanfigur einer Dame, Habich stammt und als ,Zitterspiehlerin“ 

die vor einer Schlange zuriickschreckt : : ; i 

O Großherzogl. Porzellansammlung Darmstadt in den Akten verzeichnet wird, ist 
gleichfalls eineKopie nach einer Nymphen- 

burger Figur, von der ein Exemplar im Kölner Kunstgewerbemuseum steht. Bisher 
noch nicht nachgewiesen sind etwaige Nymphenburger Vorbilder also wohl Original- 
arbeiten des Kelsterbacher Modelleurs für zwei Figuren, eines stehenden, das Gewehr 
ladenden Jägers und mit seinem, ein Rebhuhn apportierenden Hunde und einer stehenden 
Jägerin mit Gewehr im linken Arm, die einen zu ihr aufspringenden Hund streichelt 
(beide Favorite), ferner die Gruppe des Kölner Museums, die Falke a. a. O. abbildet 
und die eine stehende junge Dame mit sitzendem Amor bei einem Blumenkorb zeigt, 
endlich die hier abgebildeten Einzelfiguren aus dem Darmstädter Schlosse, ein Koc, ein 


1) XV. Jahresbericht f. d. Jahr 1905 d. Kölnischen Kunstgewerbevereins und Kunstgewerbe- 
museums. S. 14f. 


E. W. Braun. Uber Kelsterbacher Porzellanfiguren 905 


Rebhuhn in der herabhängenden Linken (Abb. 6), eine Dame mit Hut, Flasche in der 
Rechten und Teller in der Rechten (Abb. 7) und die Frau mit Gemiise im linken Arm 
(Abb. 8), endlich die vor einem Korb mit Früchten, aus der eine Schlange plötzlich auf- 
taucht, ras zurückfahrende Dame (Abb. 9); allerdings ist letztere Figur in deutlicher 
Anlehung an die amüsante, heute noch in der Fabrik modellierte Nymphenburger Figur 
modelliert, der ein aufspringender Hund einen Teil des Kleides von der Rückseite des 
Oberschenkels gerissen hat. In Darmstadt stehen auch einige Soldatenfiguren. 

Charakteristisch für alle diese Figuren ist ihre glänzende, schimmernde weiße 
Glasur — sie sind alle unbemalt — der stets offene Mund, die hohen geschwungenen 
Augenbrauen und die Marke, ein eingepreßtes Monogramm HD unter der Krone. Die 
verschiedenen eingeritzten Zeichen der Modelleure, Bossierer oder Former, namlich 
S, C, G, 1 E, werden sich später wohl auch in ihrer Bedeutung eruieren lassen, wenn 
man die Akten und die Denkmäler der Fabrik einmal genauer und regelmäßig zu- 
sammenstellt. Die letztgenannte 1 E findet sich auf einer unbemalten kleinen Frauen- 
büste in Favorite mit golden und purpurn gehöhtem Rocaillesockel; diese bietet übrigens 
eine neue Fabrikmarke, das Monogramm HD ohne Krone und in Purpurfarbe. Die 
Kelsterbacher Markenfrage bedarf noch der Klärung. Für die erste Periode stehen 
alle die angeführten Typen fest. Die unterglasurblaue HD-Marke unter der Krone 
wurde aber auch noch in der zweiten Periode angewendet, wie eine Deckelterrine in 
ausgesprochenen Louis XVI.-Formen (Museum Sevres) beweist. 

Daß nun alle diese nach Nymphenburg modellierten Figuren und Gruppen gleich- 
falls in die erste Zeit der Fabrik fallen, beweist der Umstand, daß die zahlreichen 
weißen Dosendeckel der Darmstädter Sammlung von verschiedener Form, teils glatt, 
teils mit Reliefrocaillen und mit Ozierdekor, endlich mit den Porträt des Landgrafen 
Ludwig VIII, dieselbe eingepreßte Marke und glänzende Glasur zeigen. Sie sind für 
den Landgrafen, der 1768 starb, angefertigt worden. 


Gy 


Studien und Forschungen 


DAS NOVELLENBILD IN DER CASA 
O BUONARROTI O 


Die Inanspruchnahme des merkwürdigen Halb- 
figurenbildes in der Casa Buonarroti für ein 
Porträt Raffaels mit seiner Geliebten wird wohl 
nicht weniger Zweifel erregt haben als seine 
Zuweisung an Sebastiano del Piombo.') Der 
Münchner ausgezeichnete Bilderkenner, Maler 
Siegmund Landsinger, erklärt das Bild, besonders 
im Hinblick auf das weit vorzüglidiere Exem- 
plar im Buckingham Palace, für Tizianisch, und 
weist für die weibliche Halbfigur als passendere 
Vergleichung statt auf die Frauen des Altar- 
blatts in S. Giovanni Crisostomo in Venedig 
auf die Herodias in der Galleria Doria in Rom. 
Diese gilt jetzt allgemein als Tizian, während 
Crowe und Cavalcaselle (VI, 189 d. deutsch. Ausg.) 
sie ebenso dem „Giorgione“ (für Pordenone) 
zuschrieben wie das Bild im Buckingham Palast 
und in der Casa Buonarroti. 

Was mich speziell von jeher an dem Bilde 
interessierte, ist sein Motiv. Dies wird ja auch 
nach der neuesten Deutung als „Raffael und 
seine Geliebte“ für novellistisch angesprochen. 
Als „Novelle“ erinnere ich mich auch das Bild 
früher in Reisehandbüchern bezeichnet gefunden 
zu haben. Bayersdorfer hat, nach Herrn Land- 
singer, das Bild auch „Giorgione“ zugeschrieben 
und erklärt, es illustriere eine Novelle. Er fuBte 
hierbei völlig auf Crowe und Cavalcaselle, die 
Herr Benkard hätte nachschlagen sollen. Diese 
Autoren wissen den Novellisten zu bezeichnen. 
Sie sagen (a. a. O. S.190): „Vermutlich hat der 
Maler seinen Gegenstand den Novellen des 
Bandello entnommen, aber sich die Freiheit der 
Darstellung gewahrt und bei der Ausführung 
die wirklihe Natur derart zu Rate gezogen, 
daB er seinen Figuren bildnisartige Pragnanz 
gab.“ 

Es gibt nun aber gleich zwei verschiedene 
novellistische Situationen bei Bandello, die auf 
das Bild passen. Die eine verdanke ich Herrn 
Landsinger, der beim Aufschlagen des Crowe 
und Cavalcaselle zugegen war und gleichfalls 
den Bandello durchzusehen beschloB. Es ist 
II, No. 41, von Adalbert Keller im Italienischen 
Novellenschatz IV No. 87 übersetzt unter dem 
Titel „Die Errettung aus dem Grabe“. Diese 
Novelle hat den Vorzug venezianisch zu sein 


1) Vgl. Monatshefte 78. S. 654 b. ff. 


und, nach ihrer Einleitung, einen wirklichen 
Vorfall, wie er nur in der lautlosen Lagunen- 
stadt möglich ist, zu erzählen. Auf Venedig 
aber führt der von L. Curt und H. Cook im 
Burlington Magazine (Mai 1906) herbeigezogene 
Kupferstich mit dem Monogramm Zoan Andreas, 
den die Monatshefte in Heft 7/8 S.655 brachten. 

Es handelt sich in dieser Novelle um einen 
Jüngling Gerardo, der. ein gleichfalls noch sehr 
jugendliches Mädchen aus der Nachbarschaft — 
höchst unnötiger Weise und nur durch beider 
blöde Unreife erklärlih — heimlich, nur unter 
dem Kirchensegen ihrer beiderseitigen Amme 
zur Frau nimmt. Unmittelbar darauf wird er 
von seinem Vater in Handelsgeschäften über 
See geschickt, das Mädchen von ihrem Vater 
zu einer anderen Ehe genötigt, der sie sich — 
wieder ganz blöde, ohne etwas zu verraten — 
dadurch zu entziehen beschließt, daß sie (durch 
Anhalten des Atems) freiwillig in den Tod geht. 
Gerardo kehrt gerade zurück, als das Todten- 
amt seiner heimlich Vermählten gehalten wird. 
Außer sich beschließt er, sie ooch einmal zu 
sehen und an ihrer Seite zu sterben. Zu diesem 
Zwecke verbündet er sich mit dem ihm er- 
gebenen Bootsmann seiner Handelsbarke, der 
ihm behülflich ist, nächtliher Weile ihr Grab- 
gewölbe auf dem Castello zu erbrechen. Dabei 
entdecken sie, daB noch Wärme in dem Leichnam 
ist, Gerardo fühlt nach dem Herzen der in seinen 
Armen Liegenden und erkennt, daß es noch und 
bald immer stärker pocht. 

In der Tat fühlt auf beiden Darstellungen, 
sowohl des Gemäldes, als des Kupferstichs in 
der Ambrosiana, der Liebhaber nach dem Herzen 
der in seinen Armen Liegenden, die noch dazu 
auf dem Kupferstich durch den halb geöffneten 
Mund und die in die Höhe gezogenen unteren 
Augenlider deutlich als Todte charakterisiert ist. 
Auch in anderer Beziehung paßt gerade diese 
nachweislich aus Venedig stammende Darstellung 
auf die venezianische Novelle, da sowohl der 
bartlose Jüngling, als sein noch kaum entwickeltes 
Mädchen sichtlich noch ganz jugendliche Ge- 
schöpfe sind. 

Nicht so auf den Gemälden. Hier haben wir 
es mit reifen, höchst charaktervoll aufgefaßten 
Gestalten zu tun. Der Liebende fühlt hier nicht 
momentan nach dem Herzen der Geliebten. 
Sondern er hält sie, die ohnmächtig an seine 
Schulter gesunken nur zu schlafen scheint, mit 
einer eigentümlichen starren Ruhe des zusammen- 


Studien und Forschungen 907 


gepreBten Mundes und der abgewendeten Augen, 
die wie sein fahles Gesicht etwas Geisterhaftes 
hat. Er halt sie mit beiden Armen, als hielte 
er sie schon lange und gedenke, sie niemals 
aus seinen Armen zu lassen. Die abgewendeten 
Augen gelten einem Dritten, der hier hinzutritt 
und mit wehmitiger Rührung auf ihn hin- 
blickt, seine Augen gerade zu suchen scheint. 
Alles dies paßt ebensowenig auf den ledig- 
lich accidentiellen Bootsmann der venezianischen 
Novelle, der daher auf dem venezianischen 
Kupferstih auch einfach weggelassen ist, als 
der feine Kopf und die elegante Kleidung. Diese 
kennzeichnet in geradezu reicher Form (die 
schweren seidenen Armel, die Agraffe an der 
Mütze!) audı den Liebenden, der ebenso 
unmöglich als ein von einer Handelsreise Zurück- 
gekehrter gelten kann, wie seine Geliebte in 
ihrem offenen Seidenkleide als aus dem Grabe 
herauf Geholte. Auf die „geschmackvolle Tracht 
dieser roten und smaragdgrünen Seidenstoffe 
und die feine Wäsche“ bei diesen hächst vor- 
nehmen Erscheinungen“ weisen Crowe und 
Cavalcaselle (a. a. O. S. 189) als besonders auf- 
fallend hin. Nun beachte man aber als auf- 
fallendstes Indicium und zugleich Gegenbeweis 
gegen die Venezianische Novelle, daB auf allen 
Abbildungen (auch des Buckingham-Bildes) der 
Liebende in seinem feinen Hemde gerade über 
der Herzgegend einen offenen RiB zeigt, wie 
von einem Messer, einem Dolche, herrührend. 
Für all diese Umstände bietet nun aber die 
andere novellistische Situation bei Bandello, die 
ich als zugrundeliegend vertreten möchte, völligen 
Aufschluß. Sie bildet den Abschluß einer seiner 
berühmtesten Novellen, schon insofern sie eine 
auch in Frankreich sehr beliebte Geschichte er- 
zählt. Es ist IV, No.5, die Keller im IV. Bande 
No. 92 unter dem Titel „Die Kastellanin von 
Vergy“ übersetzt hat. Sie findet sich zuerst in 
einem altfranzösischen Fabliau (Méons Fabliaux 
IV, 296). Fast wörtlidı überein mit Bandello 
stimmt die Erzählung der Königin von Navarra 
(Nouvelle LXX) mit der Inhaltsüberschrift: L'in- 
continence furieuse d’une duchesse fut cause 
de sa mort et de celle de deux parfaits amants. 
Man berücksichtige, daß Bandello, zur französi- 
schen Partei in Mailand gerechnet, in den Fran- 
zosenkriegen von 1520—25 von dort flüchtete, 
und sich nach Frankreich wandte, wo er die 
Gunst des Hofes in dem Grade erlangte, daß 
er zum Bischof von Agen emporstieg. Bandello 
richtet diese Novelle besonders an die Mark- 
gräfin von Gonzaga, Antonia Bauzia, um einen 
Wunsch ihres Sohnes Pirro zu befriedigen. In 
der Zueignung teilt er mit, er habe sie bei der 
Vermählung ihrer Tochter Camilla mit dem Mark- 


e 


grafen von Tripalola zu Casale bei Cremona 
von einem burgundischen Edelmann, Edimondo 
Orflec, gehört. 


Die SchloBherrin von Vergy') ist die Nichte 
des Herzogs von Burgund und die heimlich 
Vermählte seines vertrauten Freundes und Rat- 
gebers Carlo Vaudrai.?2) Auf diesen, der sich am 
Hofe durch seine erotische Unzugänglichkeit auf- 
fällig macht, wirft die Herzogin ihr Auge und 
da sie schlechterdings nichts bei ihm ausrichtet, 
spielt sie ihm gegenüber die Rolle der Frau 
Potiphar zu Ende. Der Herzog läßt sich zwar 
anfangs durch Carlos Verbleiben am Hofe, die 
einfache Versicherung seiner Unschuld und sein 
Erbieten, diese gegen jeden Verläumder mit der 
Waffe zu erweisen, von den unwahrscheinlichen 
und keine Probe haltenden Verdächtigungen nicht 
einnehmen. Als seine Frau ihm aber eine Szene 
nach der anderen macht, beginnt er Anstoß zu 
nehmen an Carlos ,Verhältnislosigkeit“. Er 
besteht darauf, daB er ihm seine Geliebte nenne, 
da er sonst doch annehmen müsse, daß Carlo 
seiner Frau nachstelle. Die dankbare Ergeben- 
heit gegen den Herzog bestimmt endlich Carlo 
gegen einen Diskretionsschwur auf sein Degen- 
kreuz dazu, „was ihm sonst alle Foltern der 
Welt nicht abgenötigt hätten.“ Zur Bekräftigung 
seiner Aussage nimmt er den neugierigen Herzog 
zu einer seiner nächtlichen Zusammenkünfte mit 
dessen schöner Nichte bis in den Garten. Das 
Bellen eines Hündchen kündigt hierbei das 
Kommen der Schönen an. Die Herzogin wird 
durch die gesteigerte Gunst, die Carlo seitdem 
beim Herzog genießt, in die höchste Wut ver- 
setzt, zumal der Herzog von nun an jedes Ein- 
gehen auf das Thema und jede Auskunft ver- 
weigert. Als sie sich aber dem Kinderlosen 
gegenüber schwanger stellt und droht sich und 
damit seinen Erben umzubringen, eröffnet er 
ihr endlich das Geheimnis unter Androhung des 
Todes, falls sie es verrate. Die Herzogin kann 
natürlich nicht umhin, bei der nächsten Damen- 
cour an der beglücten Rivalin ihr Mütchen zu 
kühlen durch Anspielungen auf „verborgene 
Lieben“ und „bellende Hündchen“. Die Frau 
von Vergy bewahrt zwar soweit ihre Fassung, 
um fast lachend der Herzogin zu erwidern: „sie 
verstehe sich nicht auf die Sprache den Tiere“. 
Sie zieht sich aber alsbald in ihr Gemadi zurück, 
das ihr neben den herzoglichen im Palast ein- 
geräumt war. Und hier bricht sie nach jammer- 
vollen Klagen und Anklagen gegen der Ver- 
rater ihrer Liebe zusammen in einer Ohnmacht, 
aus der sie nur erwacht, als Carlo, vom Herzog 


1) Ital. La Dama del Verziero. 
*) Ital. Valdreo. 


908 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


bewogen, ihr nachgeht, um in seinen Armen 
nach einem jammervollen Blick auf sein Gesicht 
mit einem tiefen Seufzer ihren Geist aufzugeben. 
Eine Zofe, die hinter einem Vorhang die Klagen 
der Dame gehört hat, berichtet Carlo davon, 
der alsbald den Zusammenhang errät und mit 
furchtbaren Selbstanklagen sich selber richtet. 
„Er nahm den Dolch den er an der Seite führte, 
brachte sich eine tödtlihe Wunde in der 
Brust bei und nahm dann sogleidı den 
Leichnam seiner Geliebten wieder in die 
Arme.“ Auf das Hülfegescrei der Zofe kommt 
der Herzog nach und versucht umsonst, das 
Paar zu trennen, um wenigstens Carlos Leben 
durch Stillung seiner Wunde zu retten. Allein 
dieser weist ihn ab mit einem Hinweis auf 
„diese Wirkung ihrer Zungen“. Er verharrt 
todtwund in seiner Stellung, seine Frau im Arm, 
bis er über ihr zusammenbricht. Den Doldı hat 
der Herzog aus Carlo’s Brust gezogen und 
tötet mit dem noch blutenden die Herzogin, die 
im Saale lustig tanzt. Er übergibt seinem Bruder 
die Herrschaft und beschließt sein Leben im 
Kloster. 

Die Königin von Navarra faBt die Situation 
besonders scharf und bildnismäßig zusammen: 
„Le duc oyant le cri et doutant le mal de ceux 
qu'il aimoit, entra le premier dedans la garde- 
robe; et voyant ce piteux couple, s'essaya de 
le separer pour sauver, s’il lui efit été possible, 
le gentilhomme. Mais il tenoit s'amie si ferme- 
ment, qu’il ne fut possible de lui öter, jusqu’ a 
ce qu'il fût trépassé. Toutefois, entendant le 
duc qui parloit a lui: ,Hélas! et qui est cause 
de ceci?“ avec un regard furieux lui répondit: 
„Ma langue et la vôtre, Monsieur.“ Dieser 
Blik auf den wehmütig fragenden Dritten 
bereitet sich sichtlich auf unserem Gemälde vor. 

Wir iiberlassen es den Lesern, fiir welches 
der beiden Motive aus Bandello sie sich ent- 
scheiden wollen. Meine Meinung ist, daB der 
Kupferstich des Venezianers die venezianische 
Novelle behandelt, unser Gemälde dagegen die 
burgundische. Sie würden darnach gar nichts 
mit einander zu tun haben und dem Kunst- 
historiker die Lehre geben, die dem Literar- 
historiker so leicht nachgewiesen wird, daß ganz 
verschiedene Motive in äußerlich ähnlichem Aus- 
drucke zusammentreffen können und dann den 
Grund für Beziehung zu- oder Herleitung von 
einander abgeben müssen. Wie Raffael vollends 
dazu kommt, in eine so tragische Situation, wie 
die beider Novellen, hineinbezogen zu werden, 
bliebe bei den Bildern, als ihren Illustrationen, 
völlig unfindlim und bedürfte nun erst der Er- 
klärung. Wir pflichten C. und C.’s Meinung 
von der „bildnisartigen Prägnanz“ der Figuren 


des Malers nach wirklichen Modellen zwar durch- 
aus bei, suchen sie aber weniger in Künstler- 
als in Hofkreisen, vielleicht der Gonzaga, bei 
deren Festlichkeiten ja der (französische?) Vor- 
trag der Novelle bezeugt ist. 

Als literarhistorisch bezeugte termini a quo 
für die Novellen Bandellos und der Schwester 
Franz I. haben die Jahre 1554, bezw. 1558 (edition 
des Heptameron von Pierre Boisteau, unvoll- 
ständig) und 1559 (éd. von Claude Gruget) zu 
gelten. Die burgundische Novelle steht natürlich 
auch in des französischen Geschäftsliteraten 
Francois de Belle-Forest Histoires tragiques 
extraites des œuvres italiennes du Bandel, die 
er im AnschluB an den genannten Pierre Boisteau 
seit 1560 herausgab, im V. Bande No. 84. Ober die, 
für die Wirkung der Novelle bedeutsame Hodı- 
zeit läßt sich natürlich aus den allgemein histori- 
schen Werken über das Haus Gonzaga nichts 
erfahren. Doch gibt Antonia Possevino („Gon- 
zaga“ Mantuae 1617) sehr genaue genealogische 
Tafeln. Darnach war Antonia Balza (de Balzeo), 
die Tochter des Pyrrhus, Herzogs von Andria 
(Sabionetta!) und Schwester der Königin von 
Neapel, Gemahlin des Giovanni Francesco (1445 
bis 1496), zweiten Sohnes des Lodovico III. 
und der Barbara von Brandenburg. Sie heiratete 
1479. Da jene Hochzeiterin Camilla zu den 
älteren ihrer vielen Kinder gehört, so kann man 
ihre Geburt noch in die Mitte der achtziger Jahre 
des XV. Jhrh., ihre Hochzeit in das glänzende erste 
Jahrzehnt des XVI. Jahrh. setzen. Von den 
beiden Söhnen, die Bandello in seiner Zueignung 
der Novelle nennt, heiratete der ältere Federigo 
eine Orsini (Giovanna), der jüngere Pirro eine 
Bentivogli (Camilla). Der Enthusiast für unsere 
Novelle führt also in seinen Beziehungen auf 
Bologna. Für Deutsche ist es immerhin interessant, 
daß es sich um die Schwiegertochter und Enkel- 
kinder einer brandenburgischen Prinzessin 
handelt. 

Der Camilla Bentivogli-Gonzaga hat Ban- 
dello die 42. Nov. des I. Teiles gewidmet, war 
auch der Erzieher von ihrer und Pirro's Tochter 
Lucrezia, der er Nr. II, 21 von Tarquinius und 
Lucrezia widmete. Auch an unser Bild hat sich 
ja die Bezeichnung „Lucrezia Romana“ geheftet 
(vgl. Monatshefte S. 654b.)! Vielleicht ergibt 
die Durchsicht der Rime des Bandello (gedruckt 
Torino 1816) und seiner Canti XI delle lodi 
della Sign. Lucrezia Gonzaga di Gazuolo del 
vero amore col tempio di pudicizia (Agen 1545, 
8°) tatsächlich die persönlichen Anhaltepunkte 
für die edlen Charakterköpfe unseres Bildes und 
damit den gesuchten Beitrag zur Portraitkunde 
jenes Zeilalters großgearteter Menschen. 

In unserem Zusammenhange muß es doppelt 


Studien und Forschungen 909 


interessieren, daB Bandellos Gönner Pirro Gon- 
zaga auch der Besteller der Novelle (I.8) von 
der Giulia aus Gazzuolo ist, die dem Freunde 
der Renaissance-Medaillen als „Diva Julia As- 
tala“, „Exemplum villicum fort(itudinis) et 
pud (icitiae“) von einer schönen, unbezeichneten 
Denkmünze (des Gonzagaschen Hofkünstlers 
Talpa? s. v. Fabriczy Fig. 22. S. 24f) bekannt 
ist. Gazzuolo war der Herschaftssitz Pirros und 
ward sein Familientitel; im Cremonesischen, wohl 
nahe der Station Gazzo der Bahn nadı Mantua 
und dem Oglio gelegen, in den sich ja die ge- 
schindete Julia stürzt. Bandello überliefert das 
in der Zuschrift an den Kardinal Pirro, des 
ersteren Neffen und wohl Patenkind: Questa 
istorietta — essendo io venuto a far riverenza 
al mio valoroso signor Pirro Gonzaga vostro 
zio e ragionandosi de i vari casi che avvengano 
— commando esso signor Pirro al mio 
compar da bene m. Gian Matteo Olivo mezzo 
cantore che narrasse. Im Eingang dieser 
Zuschrift wird nun erklärt, daß „unsre Zeiten 
keineswegs jenen antiken nachstünden, welche 
die Schriftsteller so loben und empfehlen, daß 
wenn wir sie durch Malerei und Bild- 
nerei illustrieren wollten, wenn unsere 
Maler und Bildhauer nicht unter so ge- 
feierten Aufgaben bleiben, sie ihnen min- 
destens gleichwertig dastehen werden.“ (...che 
se vorremo per la pittura e scultura discorrere, 
se i nostri pittori e scultori non sono da esser 
a quei tanto celebrati preposti, gli resteranno 
al meno uguali.) 

Gewährt das einen hüschen Einblick in die 
Anregung jener Medaille, so vermag es wohl 
auch die zu unserem Bilde zu beleuchten, das 
vielleiht bei einer der vielen novellistischen 
Unterhaltungen auf Gazzuolo oder in Mantua bei 
Isabella d'Este „al suo amenissimo palazzo“!), 
von denen Bandello zu erzählen weiß, als 
lebendes Bild gestellt wurde. Besteht Ahnlich- 
keit (in Auge, Nase und Kinn) zwischen dem 
Helden unseres Bildes und Pirros Vater Giovanni 
Francesco, dem Gemahl der Bauzia auf der 
Medaille von Bonacolsi, ,l'Antico“? Wer in 
Nr.9 der Monatshefte (S. 766f.) im Triumph 
des Federigo Gonzaga von Lor. Costa den Kopf 
dieses Vetters unseres Gonzaga betrachtet, wird 
gleichfalls (nicht blos in der Barttracht) Ähnlich- 
keit mit unserem Kopfe finden. 

Noch eine andere, ganz dunkle Medaille des 
Gonzaga-Kreises, im äußeren Arrangement 
denen der Bauzia und ihres Gemahls ganz gleich 


_') Nov. I. 30 .. „in sala ove sono dipinti i divini tri- 
onfi di Guilio Cesare imperadore di mano d'Andrea Man- 
one con tanti altri bellissimi quadri di pittura eczellen- 
ıssima”. 


und von Fabriczy denn auch dem l'Antico zu- 
gesprochen, die „Magdalena MantuanaNov.(ella?) 
CCCCCIII* (1504?) könnte durch unseren Novel-. 
listen beleuchtet werden. War die Dargestellte 
eine Curtisane, wie man nach ihrer Physiog- 


nomie und dem Revers — einem feindlichen 
Schwane auf einem Köcher mit der Unterschrift 
„non sana“! — zu schließen geneigt ist, so ruft 


sie Nov. II 31 in Erinnerung. Da verliebt sich 
ein junger Mensch so heftig in eine Curtisane 
(in Venedig), daß er sich, von ihr zum Narren 
gehalten, vergiftet. Sollte diese Medaille, deren 
Revers wie eine dunkle Folie zu dem der As- 
stalla (einem Phönix über den Flammen) wirkt, 
auch in dieser Absicht (von der Bauzia ?, die sich 
für die arme, kleine Heldin von Gazzuolo nach 
Bandellos Versicherung mitterlich interessiert 
hatte,) bestellt worden sein? In jedem Falle 
verdient ihr und ihres Sohnes Pirro novellis- 
tischer Kreis bei Bandello die Aufmerksamkeit 
auch der Kunsthistoriker. 

Karl Borinski. 


8 


AUS KONRAT WITZ'S KREIS. 
Von Rosa Schapire. 


Seitdem Daniel Burckhardt!) Konrat Witz’s 
Oeuvre fixiert hat, hat sih unsere Kenntnis 
dieses eigenartigen Meisters bedeutend vertieft. 
Burckhardt) selbst hat auf Grund archivalischer 
Studien den Beweis erbracht, daß Witz nicht, 
wie er ursprünglich annahm, mit dem Geschlecht 
der Witzmanns aus Rottweil in Zusammenhang 
stehe, sondern der Sohn des Konstanzer Meisters 
Hans Witzinger sei, der als Hance de Constance 
zwischen 1424—25 in den Diensten des Herzogs 
von Burgund gestanden und in künstlerischer 
Mission nach Paris und Brügge geschickt wor- 
den war. Um dieselbe Zeit war auch Jan varı 
Eyck als „peintre und varlet de chambre“ an 
den Hof des kunstliebenden Herzogs nach Brügge 
berufen worden, und zwanglos ergibt sich durch 
das Zusammenstellen dieser Tatsachen der nie- 
derländishe Einschlag in Konrat Witz's Früh- 
werken. Audi sein Oeuvre hat manche Be- 
reicherung erfahren. Sein großes Basler Altar- 
werk konnte durch vier neue Tafeln in schweizer?) 
und österreichischem') Privatbesitz ergänzt wer- 


1) Daniel Burckhardt: Malerei. Festschrift zum 400. Jah- 
restage des ewigen Bundes zwischen Basel und den Eid- 
genossen. Basel 1901. 

2) Daniel Burckhardt: Studien zur Geschichte der alt- 
oberrheiniscien Malerei. Jahrb. d. Königl. Preuß. Kunst- 
sammign. XXVII. 1906. S. 3 

i vgl. Daniel Burckhardt: ebenda. 

‘) Robert Stiassny: zu Konrat Witz. Jahrbuch d. Kön. 
Preuß. Kunstsign. XXVII. 1906. S. 285ff. 


910 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


den, und neuerdings hat das Kaiser-Friedrich- 
Museum die schöne Kreuzigung') erworben, die 
dem Neapler Kirchenbild nahe steht. 

Burckhardt hat den Meister von 1445, der in 
Donaueschingen und Basel vertreten ist, in Zu- 
Sammenhang mit Witz gebracht; nachstehend 
soll der Versuch gemacht werden, den Kreis der 
Witz nahestehenden Meister zu erweitern. 

Auf der Leihausstellung altniederländischer 
Meister in der Guildhall zu London (Sommer 1906) 
war ein eigenartiges kleines Bild ,Johannes auf 
Patmos“*) zusehen. Es fiel infolge seines aus- 
gesprochen deutschen Charakters aus dem Rah- 
men der Ausstellung heraus®). Das Bild — auf 
Holz gemalt, Höhe 42,5, Breite 43,7 cm — be- 
findet sich seit etwa 30 Jahren im Besitze von 
Mr. W. B. Chamberlin, Brighton; näheres über 
seine Herkunft ließ sich leider nicht ermitteln. 
In der genannten Ausstellung war es zum ersten 
Mal öffentlich ausgestellt. Bis auf einen Sprung, 
der durch den untersten Teil der Tafel geht und 
auch auf der Reproduktion ersichtlich ist, ist 
das Bild gut erhalten und von jeglicher „Re- 
staurierung“ verschont geblieben. Im Luftton 
und im Heiligenschein einige Kratzer; am Felsen 
links ist an einzelnen Stellen etwas von der fein 
und flüssig aufgetragenen Farbe abgesprungen. 

Der Meister des Johannes auf Patmos steht 
Witz’s Art näher als der Meister von 1445. 
Witz's großzügige Behandlung der Landschaft, 
sein Hervorheben des Wesentlichen bei Preis- 
gabe des Details fehlt dem letzteren, dem Burck- 
hardt „die höchsteingehende Behandlung der 
landschaftlichen Elemente“ nachrihmt. Wie Witz 
ist auch der Meister des Johannes auf Patmos 
summarisch in der Behandlung des Landschaft- 
lichen, ihm fehlt die Routine, mit der der Donau- 
eschinger seine hübschesten Wirkungen erzielt, 
aber er ist frischer, unmittelbarer als jener und 
chargiert nicht mit überflüssigem, zierlichem 
Detail. 

Zahlreiche Anklänge an Witz's Baseler und 
Genfer Altar sind beim Johannes auf Patmos zu 
finden. Johannes’ Typus steht dem Genfer Altar 
näher. Die schweren Augenlider, die lange, scharf 
eingesattelte, sih an der Spitze verdickende 
Nase, die hohe Stirn, das kleine Untergesicht, 


1) Friedländer: Gemäldegalerie. Ein neuerworbenes 
Bild von Konrat Witz. Amtl. Ber. aus d. Königl. Kunst- 
Sammı an. XXIX. Jahrg. No. 4, S. 86 ff. 

? Ich verdanke Herrn Geh. Rat von Tschudi einen Hin- 
weis auf dieses Bild. Es sei mir gestattet, ihm auch an 
dieser Stelle meinen verbindlichen Dank für die empfangene 
Anregung zu sagen. 

3) vgl. Friedländers Bericht „Die Leihausstellung in 
der Guildhall zu London. Sommer 1906. Hauptsächlich 
niederländischer Bilder des XV. und XVI. Jahrhunderts.“ 
Repertorium für Kunstwissenschaft 1906. XXIX, S. 176. 
Friedlander charakterisiert den Johannes auf Patmos; 
„Süddeutsch um 1460". 


das lange Ohr erinnern an Petrus und den Engel 
auf der Befreiung Petri (Genf). Ein derb realis- 
tisches Gesicht, dem nichts mehr von jenem 
fast Karrikierenden eignet, das in einzelnen 
Köpfen des Basler Altars anklingt. Ein großer 
schwerer, schwarz geränderter Heiligenschein 
faBt den Kopf des Evangelisten ein und kommt 
in gleicher Weise, wenn man unter Witz's ver- 
schiedenartigen Heiligenscheinen Umschau hält, 
bei Petrus und Christus auf dem Genfer Altar 
vor.') Die auffallende Bewegung, mit der Jo- 
hannes’ Rechte den Federkiel führt — Zeige- und 
Mittelfinger gestreckt, Ring- und kleiner Finger 
im Mittelgliede gebogen — findet sich auf dem 
Basler Altar: mit gleichem Gestus begrüßt David 
die drei Helden, die ihm den Trunk bringen. 
Der kurze Daumen an Johannes linker Hund ist 
auch Witz eigentümli und kommt mehrfach 
bei ihm vor.*) 

Der Gewandfall auf dem Basler und Genfer 
Altar wie auch bei Witz’s Straßburger Catherina 
und Magdalena und der schönen Madonnen- 
zeichnung im Berliner Kupferstich-Kabinett ist 
viel reicher als bei Johannes. Aber audı hier 
umgibt der Mantel den Körper wie ein Kranz, 
und die Art, wie die Falten unter Verzicht auf 
kleinliches Detail unter eine große Linie zu- 
sammengefaBt werden, entspricht Witz's groB- 
zügiger Behandlung. Auch die Schriftrolle des 
Evangelisten hat nicht mehr den leicht beweg- 
lichen, zierlihen, gotischen Schwung, sondern 
die schwerere, voller ausklingende Art der 
späteren Zeit. Ihr liegt das gleiche, stilistische 
Gefühl zugrunde, das sich im Fall des Gewan- 
des ausspricht. — Johannes trägt einen hellroten 
Mantel über einem Kleide von gleicher Farbe, 
nur in den Falten leuchtet ein tieferer Ton. Die 
Farbe des Mantels ist etwas eingeschlagen und 
hatte wohl einen wärmeren Glanz. Das mit 


1) Schon der Heiligenschein spricht dafür, daß das 
Bild nicht niederländisch ist. Der Nimbus spielt in der 
niederländischen Schule, verglichen mit der gleidizeitigen 
deutschen und italienischen eine auffallend geringe Rolle. 
Die Niederländer kennen einen flimmernden Heiligenschein, 
der den Kopf wie eine Strahlenglorie umgibt — so Gott- 
vater, Johannes und Maria auf dem Genter Altar — oder 
einen zarten Reifen, der wie ein Haudı über den Köpfen 
der Heiligen schwebt und den besonders Memling mit 
Vorliebe bringt. Nur bei Rogier van der Weyden kommt 
bisweilen ein schwerer, doppelt geränderter Heiligenschein 
vor und Petrus’ Christus faßt den flimmernden Strahlen- 
nimbus mit einem doppelten Rande ein (Eligius: Köln, 
Sig. Oppenheim). Ausnahmen bestätigen auch hier die 
Regel, und jener materielle, mit Edelsteinen und geriefelten 
Mustern versehene Heiligenschein, den die Frankfurter 
Maria des Meisters von Flémalle trägt, dürfte vielleicht 
ein Beweis mehr für die deutschen Züge in der Kunst 
dieses eienanigen Meisters sein, die in letzter Zeit 
mehrfach betont wurden. 

*) Basler Altar: Abisai vor David kniend. — Ahas- 
verus’ Linke, die den Apfel hält. — Cäsars geöffnete rechte 
Hand. — Genfer Altar: Altester König auf der Anbetung 
des Kindes. — Petrus vom Engel herausgeführt auf der 
Befreiung Petri. 


Studien und Forschungen 911 


Oberdeutsch um 1460. Johannes auf Patmos 
D Sig. Chamberlin Brighton 


reichen Schließen versehene Buch, auf dem der 
Adler sitzt, ist von einem hellen, etwas gelb- 
liheren Rot. Die Farbenskala des Bildes ist 
nicht groß, aber die Dinge stehen weich neben- 
einander, und der Nuancenreichtum ist von 
großer Schönheit. Feine Übergänge führen aus 


dem matten, grau-grünen Rasen in das intensive 


Grün der Baumgruppen im Mittelgrunde, in das 
grünliche Bergwasser mit den weißen Schaum- 
kronen und den bräunlichen Ton der Felsen. Und 
darüber steht ein erglühendes Abendrot am 
Himmel. 

Die Felsengruppe rechts ist entwickelter und 
organischer als die des Basler Christophorus 
und hat Anklänge an den Donaueschinger Meister. 
Man kann beim folgerichtigen Aufbau dieser 
Landschaft wie bei Witz’s wunderbarem Fisch- 
zug an die Wiedergabe von etwas in der Natur 
Gesehenem denken, wenn sich auch bei den 
weniger charakteristischen Formen das Urbild 
der Landschaft kaum wird bestimmen lassen. 
Die Behandlung des Wassers, mehr nodi die 
des Ufers steht dem Basler Christophorus und 
dem Genfer Fischzug nahe. Hier wie dort in 


# 


unmittelbarer Nähe des Wassers hodistieliges 
Schilf, das mit sicherem Blick für den Habitus 
der Pflanze aufgefaBt ist. 

Witz baut seine Landschaften nach ganz 
anderem Prinzip auf als Jan van Eyck. Dort das 
was Schnaase „eine novellenartige Staffierung* 
nennt, die viel richtig Beobachtetes im einzelnen 
bringt und ein liebevolles sich Hineinsehen in 
die Farbenpracht jeder Blume, aber die Land- 
schaft wirkt nicht wie etwas Gesehenes, sondern 
wie aus einzelnen Teilen Zusammengetragenes, 
und es ist mit Recht auf die heterogenen Ele- 
mente aufmerksam gemacht worden!) — Por- 
tugal, Italien und Flandern — aus denen sie zu- 
sammengesetzt ist. Witz dagegen verzichtet auf 
das Einzelne zugunsten des Gesamteindruckes. 
Sein Wiesengrund, sein Ufer ist kahl, verglichen 
mit der Blütenpracit des Genter Altars, oder 
den Maiglöckchen, Lilien, Veilhen und Stern- 
blumen, die in den Gärten duften, in die Stephan 
Lochner oder Jahrzehnte früher jener Unbekannte 
in Frankfurt Maria und ihren Hofstaat setzen. 


') Felix Rosen: Die Natur in der Kunst 1903. 


912 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Aber dafür hat seine Landschaft den Vorzug 
des Einheitlihen. Der „horror vacui“ beherrscht 
die Landschaftsauffassung des XV. Jahrhunderts. 
Anstatt den Raum zu gestalten, füllen ihn die 
Künstler mit reizendem Beiwerk. Anders Witz. 
Er faßt die Landschaft in wenige große, archi- 
tektonische Linien zusammen. Nur das Wesent- 
liche darf im Bilde leben. Er konstruiert seine 
Landschaften nicht, sondern verabreicht den 
Natureindruck zum Bilde, indem er unterordnet, 
ausscheidet und das Wesentliche heraushebt. 
Seine Landschaften, besonders die des Genfer 
Fischzuges, wirken trotz des ziemlich hoch liegen- 
den Augenpunktes frei und groß, und jene Zick- 
zacklinien und vorgeschobenen Hügelketten — 
das Inventar, mit dem das gesamte XV. Jahr- 
hundert arbeitet — die ebenso viel Verlegen- 
heitspausen sind, fehlen ganz, weil er „gegen 
die ungeheuren Gegenstände die Freiheit des 
Wirkens“!) nicht verloren hat. Sein Schwer- 
punkt als Landschafter liegt, abgesehen von der 
Raumgestaltung, in der Wiedergabe des Wassers, 
und es ist wohl mehr als Zufall und mehr als 
nur durch die Natur des Stoffes geboten, daß in 
zweien seiner Bilder das Wasser eine so große 
Rolle spielt. Und wie ist es beobachtet! Ahn- 
lies findet man erst wieder bei den Land- 
schaftszeichnungen des jungen Dürer. Seinen 
Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolgern in 
Deutschland so gut wie in den Niederlanden ist 
er darin weit überlegen. Lucas Moser, der 
Meister des Hausbuches (Christophorusdarstel- 
lungen L. 31 und 32), Rogier van der Weyden’), 
der Meister der Perle von Brabant?) — sie 
scheitern alle, wenn sie mehr geben wollen, als 
eine glatte Wasserfläche, in der sich die Dinge 
widerspiegeln. Sie lösen die Wasserfläche in 
zeichnerisch gesehene Linien auf, in konstruierte, 
schematische Wellentäler und Hügel. Witz allein 
geht als Maler an seine Aufgabe heran. Er hat 
die kleinen Wellen beobachtet, mit denen sich 
der See am Ufer bricht, die großen Kreise, die 
das Schiff zieht (Genf) und die Ringe, die Christo- 
phorus beschreibt, wenn er mit seiner Last auf 
der Schulter dem jenseitigen Ufer zustrebt. Der 
Meister des Johannes auf Patmos erreicht ihn 
‚nicht, schließt sich ihm aber in selbständiger 
Beobachtung an, so in der Wiedergabe der 
kleinen weißen Schaumkronen, mit denen der 
Wind die Wellen kräuselt. (Sie wirken in der 
Wiedergabe viel schematischer als im Original.) 


1) Goethe (und Meyer): „Künstlerishe Behandlung 
landwirtschaftliher Gegenstände“. 1831. 

*) Mittelstück des Berliner Johannesaltärchens und 
Hintergrund von Lucas die Madonna malend. München. 
Letzteres freilih nur Werkstatt. 

Mündıen: Christophorus. Dort Dirk Bouts zu- 
geschrieben. Vgl. Karl Voll: Die altniederländ. Malerei 
von Jan van Eyck bis Memling.“ 1906. 


Die Hintergründe von Witz’s Landschaften 
sind belebt; hier tiefe Einsamkeit. Ist das nur 
Zufall? Oder wollte der Meister die Stille fühl- 
bar machen, in der Johannes seine Visionen 
werden? Eitles Menschentum mit seinem auf 
den Alltag gerichteten Streben hat hier keinen 
Platz. Noch ist die Landschaft nicht „Seelen- 
zustand“, vielleicht aber sind im Fehlen der 
Staffage schon die Vorboten gegeben. Das 
XVI. Jahrhundert ist weitergegangen. Auf dem 
Holzschnitt des Johannes auf Patmos (B VII 484), 
der Hans von Kulmbac mit so wenig stich- 
haltigen Gründen zugeschrieben wurde!), be- 
mächtigt sidi der Sturm, der in der Seele des 
Evangelisten tobt, der ganzen Natur. Krachend 
splittern dürre Zweige von der Eiche, unter der 
Johannes sitzt, der Wind verfängt sich in seinen 
Haaren und bläht seinen Mantel zum Segel auf. 


Hier wird nur ein inneres Schauen dargestellt 
und der Versuch nicht gemacht ‚Johannes‘ Vision 
zu gestalten. Sie gehört jedoch zum typischen 
Bestand dieser Scene. Auch traut man diesem 
Johannes, mit dem etwas plaziden Gesichtsaus- 
druck, die glühenden, in Feuer und Blut ge- 
tauchten Offenbarungen der Apokalypse nicht 
recht zu. Witz versagt leicht in der Darstellung 
des Affektes, und was dem Meister nicht ge- 
geben war, vermochte der Schüler noch weniger 
aus eigener Kraft zu erreichen. Die fehlende 
Vision kann aber auch durch seinen aufs Ganze 
gerichteten Sinn bedingt sein: jeder, der vor das 
Bild trat, wußte um Johannes’ Offenbarung — 
wozu vor das Auge des Beschauers bannen, 
was in seiner Phantasie lebendig war? 


In Witz’s wunderbarem Fischzug sinken die 
Gestalten fast zur Staffage herab. Das ist hier 
anders. Johannes ist von überzeugender plasti- 
scher Kraft. Es ergibt sich wie auf Witz's StraB- 
burger Bild die seltsame Diskrepanz zwischen 
dem Raum, der unter Aufgebot der reichsten 
Mittel vertieft ist und der fast statuarisch wir- 
kenden Gestalt, die nicht in die Tiefe geht. Der 
nach der Tiefe ausgebaute Raum ist für Witz 
das eine — Frei- oder Innenraum bedeuten 
prinzipiell keinen Unterschied — und die fast 
plastish herausgearbeitete Figur das andere, 
eine Verbindung zwischen beiden ist von ihm 
so wenig wie vom Meister des Johannes auf 
Patmos versucht. Beide sind aber darin nicht 
Jan van Eyck zu vergleichen, bei dem, ohne 
daß seine Gestalten sich plastisch vordrängen, 
das gleiche MiBverhältnis zwischen Figur und 
Raum herrscht, sondern dem Meister von 
Flémalle, 


*) Campbell Dodgson: ,A woodcut wrongly ascribed 
to Hans von Kulmbadı.“ Burlington Magazine 1905. S.44 ff. 


Studien und Forschungen 


913 


Vor dem 5. August 1447 ist Witz gestorben. 
Der Johannes auf Patmos dürfte etwa ein Jahr- 
zehnt nach seinem Tode entstanden sein. Die 
kleinen pilzartigen Baumcien kommen vor dieser 
Zeit in Deutschland nicht vor.') Der enge Zu- 
sammenhang zwischen diesem Bilde und den 
Werken des Basler Meisters ist nur ein Beweis 
mehr für den Einfluß, den Konrat Witz auf 
seine Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolger 
ausgeübt hat. 


S 


ZU BOTTICELLIS PRIMAVERA. 
Von Wilhelm Uhde. 
Eine umfangreiche Literatur hat festzustellen 


versucht, was die einzelnen Figuren auf Botti- 
cellis Bilde „Primavera“ zu bedeuten haben. 


So sieht Warburg in der einzelnen Mittelfigur 


Venus in königlihem Schmuck in ihrem Reiche. 
Die Blumen streuende Figur ist die Frühlings- 
göttin, ein idealisiertes Bild der Simonetta 
Cattaneo, der früh gestorbenen Geliebten des 
Giuliano de’ Medici, deren Andenken in dem 
Bilde überhaupt festgehalten werden sollte. Die 
erotische Verfolgungsszene neben ihr stellt Flora 
‘dar, die durch die Liebe des Westwinds zur 
Blumenspendenden wird. Auf der anderen Seite 
der Venus sind die drei Grazien, neben ihnen 
Hermes, der die Wolken scheucht. Oberhalb 
der Venus befindet sich Amor, der seinen Pfeil 
schießt. 

Venturi hält die Mittelfigur (die Warburg als 

Venus anspricht) für Simonetta Cattaneo und 
den Jüngling für Giuliano de’ Medici. 
. Bayersdorfer stimmt bezüglich der Mittelfigur 
mit Warburg überein, auch bezüglich des Ändern. 
Nur nennt er Warburgs Frühlingsgöttin Flora 
und Warburgs Flora eine Erdnymphe. 

Emil Jacobsen ist der Meinung, daB die von 
Bayersdorfer Erdnymphe, von Warburg Flora 
genannte Figur die Simonetta Cattaneo als Seele 
sei, die vom Hermes Psychopompos (die fern- 
stehende Jünglingsgestalt ganz links), der die 
Züge des Giuliano de’ Medici trägt, in das Ely- 
sium geleitet ist. Die Rosen streuende Figur 
nennt er Flora. Die Mittelfigur soll wiederum 
Simonetta sein und zwar nach ihrer Aufer- 
stehung im Elysium. Im Übrigen die drei 
‘Grazien und Amor. 

Diese Erklärungen gehen im wesentlichen 
auf die Behauptung Warburgs zurück, Polizian 
sei der „gelehrte Ratgeber“ Botticellis gewesen 
und dieser habe in seinen Bildern „Geburt der 


2) Herr Dr. von Schubert-Soldern hat mich auf diesen 
‚Umstand freundlichst aufmerksam gemacht. 


Venus“ und „Primavera“ nur Illustrationen zu 
Polizians Gedicht „Giostra“ geliefert. 

Aber Botticelli war mehr als ein Illustrator, 
ein Fabrikant metergroBer Bilderbogen und die 
Figuren seiner „Primavera“ bedeuten mehr als 
langweilig aufgereihte Plagiate aus Polizian, 
Ovid und Horaz. Wären sie nichts weiter als 
lebende Bilder nach Dichterwerken, blieben das 
tiefe Leben, das aus dem Bilde zu uns spricht, 
die Beziehungen der einzelnen Personen und 
Gruppen zueinander, die wir ahnen, unerklärt. 
Keine der aus gelehrten Quellen geschöpften 
gedanklidien Kompositionen vermag der hier 
vorliegenden künstlerischen, die an sich groB- 
artig und zwingend wirkt, genug zu tun. 

Es mag ohne weiteres zugegeben werden, 
daB zwischen Polizians „Giostra“ und Botticellis 
„Primavera“ gewisse Beziehungen bestehen und 
daß der Maler dieser oder jener Figur die Züge 
einer Simonetta oder eines Giuliano geben wollte. 
Aber dieses sind Fragen zweiten und dritten 
Ranges. Die großartige Komposition dieses 
Meisterwerkes wächst über eine Sammlung per- 
sônlidier Anspielungen hinaus zur Gestaltung 
eines allgemeinen menschlichen Problems; hat 
nicht den Charakter einer Anmerkung, sondern 
den eines gewaltigen Textes. Versuchen wir 
ihn zu lesen. 

Den Schwerpunkt der Komposition bildet die 
weibliche Mittelfigur. Ihre Bedeutung wird durch 
die isolierte Stellung, die Unterbrechung der 
Baumreihen und den besonderen Hintergrund 
akzentuiert. Sie hat das Aussehen einer jungen 
Frau, die sidi im Zustande vorgesdirittener 
Schwangerschaft befindet. Der gesegnete Leib 
ist stark und fein durch den oberen Rand des 
niederfallenden, mit der linken Hand ein wenig 
aufgerafften Gewandes betont. Sinnend hält 
sie die Rechte empor, sinnend neigt sie das 
Haupt als lausche sie einer Offenbarung. 

Über der Gestalt dieser jungen Mutter schwebt 
Amor. Sein Pfeil geht auf die Gruppe dreier 
jugendlicher Mädchen, die einen Reigen tanzen 
und hat die Richtung auf die mittlere unter 
ihnen, deren Oberkörper im Gegensatz zu den 
beiden andern durch den niederfallenden Zipfel 
des Gewandes entblòBt wird. Während die 
beiden andern den Tanz mit lebhaften Be- 
wegungen der Körper und mit empor sich 
streckenden Armen führen, wobei auch die 
Köpfe und die Augen ein reges Interesse am 
Tanze verraten, haben die Bewegungen der 
Dritten, auf die der Pfeil geht, in bezug auf die 
Beschäftigung etwas Gleichgültiges, so als nähme 
sie gedankenlos an ihr teil. Die Haltung ist 
gerade und der Blick geht aus der Gruppe heraus 
in die Richtung des Jünglings, der neben den 


914 


Tanzenden steht. Damit ist eine Verbindung 
zwiscien Amor, der einen Tanzenden und dem 
Jüngling hergestellt. Dieser streckt mit ruhiger 
Bewegung die mit einem Stabe bewaffnete 
Rechte in die Zweige des Baumes, um sich einen 
der Apfel herunterzuschlagen oder einen Zweig 
Lorbeer — er trägt Schwert und Helm eines 
Kriegers — aus dem Geäste zu brechen. 
Während die Darstellung auf dieser Seite der 
Komposition etwas Ruhiges, fast Zuständliches 
hat, ist das Tempo auf der rechten Seite des 
Bildes lebhafter. Die Bäume biegen sich, der 


Schritt der rosenstreuenden Gestalt ist fest und 
energisch, das Entfliehen des jugendlichen Mäd- 
chens aus den Händen des beflügelten Jünglings 


BOTTICELLI, Das Mysterium des Weibes 


voll Kraft und Leben. Die Darstellung ist fol- 
gende: eine mit leichtem und durdisichtigem 
Gewande bekleidete weibliche Gestalt, deren 
Haar in jugendlicher Wildheit und Unordnung 
auf den mädchenhaften Busen fällt, sucht mit 
vorgestrektem Oberkörper und nad vorn 
hastenden Armen uas den Händen eines ge- 
flügelten Jünglings (von grüner Farbe) zu ent- 
weichen. Ihre Augen sind weit geöffnet mit 
einer Mischung von Angst und Staunen auf 
das Gesicht des Jünglings gerichtet. Aus ihrem 
Munde entsprieBt ein blühender Zweig. Seitlich 
vor ihr her schreitet eine weibliche Gestalt, die 
ihr Rosen auf den Weg zu streuen im Begriffe 
ist. Nadı dieser einfachen und voraussetzungs- 
losen, von Urkunden und Dokumentierungen 
unabhängigen Darstellung der Vorgänge und 
Personen ergibt sich die Deutung der Kompo- 
sition von selbst: auf dem rechten zuletzt be- 
sprochenen Teile des Bildes sehen wir die Jung- 
frau, die nichts von Liebe weiB. Der symboli- 
sche Blütenzweig, der ihrem Munde entsproBt, 
das in Unschuld getragene durchsichtige Gewand, 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


das von keiner Eitelkeit geschürzte wild flatternde 
Haar zeigen das junge Mädchen, dem der Sturm 
und Atem des Dämons der Leidenschaft unbe- 
kannt sind. Mit scheuem und erstauntem Auge 
blikt sie ihm ins Gesidit und entflieht in 
Reinheit und Unschuld seinen Armen. Sie 
steht im Frühling des Lebens. Der schreitet 
neben ihr her und streut ihr seine Rosen auf 
den Weg. 

Auf der linken Seite des Bildes sehen wir 
sie wieder in der mittleren der drei tanzenden 
Gestalten als die zur Blüte gekommene Jungfrau. 
Im Spiele mit den Freundinnen gehen ihr die 
sonnigen Tage dahin. Da trifft sie der Pfeil 
des Liebesgottes; die Freude am Tanze versiegt 

und ihr Auge blickt sehnsuchtsvoll zum 
jungen Krieger, dessen Hand verlangend 
nach Ruhm und Genuß greift. 

Das Leben ist ein Garten der Liebe 
und Fruchtbarkeit. Unten auf dem Bilde 
sehen wir farbige Blumen, die weit 
ihre Kelche öffnen; oben in den Bäumen 
hängen schwer die Früchte. Ein wunder- 
bares Symbol, das der Komposition zu 
vollendeter Einheit hilft. 

Von diesen Blumen auf zu den 
Früchten ragend, gleich weit entfernt 
vom jungen Mädchen und der heran- 
gereiften liebenden Jungfrau und so 
ganz im Mittelpunkte der Komposition, 
steht das Weib; nachdem es die Liebe 
genossen hat, ohne Mann, ohne Ge- 
spielin; es neigt sinnend das Haupt, 

‘hebt erwartungsvoll die Hand und 
fühlt voll Ehrfurcht, daß in ihm ein großer 
heiliger Akt der Natur sich vollzieht, daß, wenn 
seine eigenen Freuden und Leiden vergehen, 
sein gesegneter SchoB künftiges Leben birgt. 

Anstatt „Primavera“, eine Bezeichnung, die 
nicht von Botticelli stammt, sondern späteren 
Ursprungs ist, anstatt „Reich der Venus“ oder 
„Simonetta im Elysium“ sollte man das Bild 
besser bezeichnen als „Das Mysterium des 
Weibes“. 


8 


ZU PALLADIOS VIERHUNDERT- 
JAHRIGEM GEBURTSTAG 


Alier Wahrscheinlichkeit nach fällt in das 
Jahr 1908 die vierhundertjährige Wiederkehr 
des Geburtstages Palladios. Leider steht unsere 
Kenntnis des Geburtsjahres des Vicentiner Theo- 
retikers und größten Baumeisters Venetianischer 
Kunst nicht auf absolut sicherer Basis. Der 


Studien und Forschungen 


eifrige Biograph Palladios Tomaso Temanza !) 
hat nach seinem eigenen Bericht im XVIII. Jahr- 
hundert im Hause des Giuseppe Smith ein Ge- 
mälde des Bernardo Licinio gesehen, das laut 
Inschrift den 1518 geborenen Meister im 23. Jahre 
darstellt:B.Licinii opus Andreas Paladio Annorum 
XXIII MDXLI. Das Gemälde soll dann in den 
Besitz des Königs von England gekommen sein. 
Dodi ist es heute in den königlichen Galerien 
nirgends nachweisbar. Auffallend ist zunächst 
schon die reiche Kleidung, die der kaum 23 Jährige 
auf dem Bilde trägt: „Rappresenta il giovine 
architetto in rica giornea listata di vai -con 
sotto un farsetto cremesi, nelle mani squadra e 
compasso, vivace negli occhi ed onestamente 
dignitoso.?) Zu solhem Prunk war zunächst 
no gar keine Veranlassung, denn das erste 
wirklich nachweisbare Werk Palladios ist erst 
wenige Monate bevor das Bild gemalt wurde, 
entstanden und läßt in seiner Anlage und Auf- 
bau durchaus noch nicht erkennen, daB der 
Architekt zu GrdBerem berufen war, denn der 
junge Meister schließt sich in der Anlage des 
Aufbaues im allgemeinen ganz an die herkömm- 
lichen Formen der villa rustica an’) Aus diesem 
Grunde ist auch nicht anzunehmen, daß irgend 
welche epochemachenden Werke vor diesem 
entstanden sind um so weniger als wir wissen, 
daB Palladio zunächst eine ganze Reihe von 
Jahren als Steinmetz gearbeitet hat. — Nun hat 
im Jahre 1880 Lambertico nachgewiesen, daB 
Palladio 1524 als Lehrling bei Girolamo und 
Giovanni Pironi in die Maurer- und Steinmetz- 


1) Tomaso Temanza, Vita di Andrea Palladio, Vicentino, 
Vinetia 1778. 


e 2! Siehe noch Magrini, Andrea Palladio, Padua 1846. 


à Scamozzi, le fabriche ed i disegni di Andres Palladio. 
Vicenza 1796, ll. S. 27. Ober die wirkliche Ausführung 
act Villen oder gar den heutigen Zustand kann man aus 

den übrigens nicht immer verlässigen Angaben Scamozzis 
sich keine Vorstellung madıen. Auf Grund neuer Auf- 
nahmen der Villen Palladios gedenke ich hierüber dem- 
nächst an anderer Stelle zu berichten. 


915 


gilde eingeschrieben wurde und sich zunädhst 
der Bildhauerei gewidmet hat.!) Er kann also 
nicht 1518 geboren worden sein, sondern Palladio 


muß, wenn man das üblidıe sechzehnte Lebens- 


jahr als Zeit des Eintritts in die Lehre annimmt, 
1508 demnach genau 10 Jahre früher als nach 
Angabe des Temanza zur Weit gekommen sein. 

Die irrtümlihe Nachricht Temanzas würde 
sich dann leicht erklären lassen. Entweder ist 
in der Inschrift selbst oder bei der Wiedergabe 
derselben vielleicit infolge der Nachdunklung 
des Bildes ein X vor der Jahreszahl mit der 
Altersangabe übersehen worden. Nun hat 
neuerdings ein junger italienischer Forscher 
Zorzi eine urkundliche Notiz gefunden, in der 
der älteste Sohn Palladios am 23. Juni 1555 bei 
der Steinmetzgilde als Meister eingeschrieben 
wird. Daraus ergibt sich gleichfalls, daß Palladio 
nicht 1518 geboren sein kann. Durch die Nadh- 
richt eines durchaus verlässigen Schriftstellers 
undZeitgenossen Palladios Paolo Gualdo, 
der die Aufzeichnungen seines Vaters Giuseppe 
1521—72 benutzt hat und demgemäB mehr als 
alle anderen übrigen Biographen, so weit sie nicht 
auf Gualdo selbst fuBen, Glauben verdient, wird 
nun das Ergebnis dieser neueren Forschungen 
durchaus bestätigt. Er schreibt über Palladios 
Geburtsdatum: In Vicenza l’anno del Signore 
1508 alli 30 del mese di novembre giorno di 
S. Andrea apostolo e per questo gli fu posto 
nome Andrea. Schon die genaue Angabe des 
Geburtstages spricht hier fiir die exakte Orien- 
tierung.3) Man hat also am 30. November den 
Vierhundertjährigen Geburtstag Palladios zu 


feiern. Fritz Burger. 


1) Im Akt des Bartolomeo Carpo, 19. Febr. 1538 und 
Akt des Bernardin Massaria 25. Februar 1540. Lamber- 
tino, Archivio storico italiano 1880. 

*) Er ist nach einem von Magrini publ. Brief Palladios 
an die Vicentiner Deputierten vom 6. Januar 1572, aus 
Venedig datiert, in diesem Jahre gestorben. 


3) Siehe P. Gualda. Vita di Andrea Palladio, 1616. 


CSSS 


An unsere Leser 


Es haben sich einige Änderungen in un- 
seren redaktionellen Verhältnissen ergeben, 
insofern nämlich, als die Münchener Re- 
daktion von jetzt an Dr. W. WORRINGER 
führen wird, unser geschätzter Mitarbeiter 
Dr. UHDE-BERNAYS dagegen die redaktio- 
nelle Vertretung der Monatshefte in ROM 
übernimmt. Durch die Berufung von Dr. 


PAUL FERD. SCHMIDT als Nachfolger 
Hagelstanges nach Magdeburg ist auch die 
Neubesefzung des BERLINER Redaktions- 


postens notwendig geworden. Dr. HERM. 
VOSS hat sich liebenswürdiger Weise bereit 
erklärt, die Berliner Redaktion zu übernehmen. 

Wir geben diese Veränderungen um so 
lieber bekannt, als durch sie auch für die 
Zukunft die gesunde Vorwärtsentwicklung 
unserer Zeitschrift garantiert wird. 


BERLIN 


Eine zugleich erfreuliche und bedeutungsvolle 
Nachricht kommt aus der Reichshauptstadt: 
S. M. der Deutsche Kaiser hat das Protektorat 
über den Deufschen Verein für Kunstwissen- 
schaft übernommen. Erst diese Tatsache ge- 
währleistet die Erfüllung des großzügigen Pro- 
gramms, das seiner Zeit in Frankfurt auf der 
konstituierenden Versammlung des Vereins auf- 
gestellt wurde. Nun dürfen wir doppelt zu- 
versichtlich hoffen, daB auch der Reichtag die 
Sache des Vereins zu der seinigen machen 
werde und daB über kurz oder lang alle Mittel 
in Bereitschaft sind, um die Arbeit für unsere 
deutsche Kunst mit vollen Kräften angreifen 
zu können. Das Protektorat des deutschen 
Kaisers begrüßen wir zunächst als einen weiteren 
wichtigen Schritt in der Verwirklichung der 
genialen Idee von Althoff und Bode. 


2 


FRANKFURT a. M. 


Die Funde der Ausgrabungen, die Carl Maria 
Kaufmann 1905—1907 in Karm-abu-Mina in 
Oberägypten mit Unterstützung der Stadt Frank- 


furt unternommen, sind nun in Frankfurt an- 
gekommen und bieten der Abteilung altchrist- 
liher Kunst der städtischen Kunstsammlungen 
einen wertvollen und reichhaltigen Grundstock. 
Es ist hier nicht des Ortes, im allgemeinen 
über die für die altchristliche Forschung offen- 
bar sehr wertvollen Resultate der Ausgrabung 
zu referieren, zumal aus der Feder Kaufmanns 
ein ausführliches Werk uns in Aussicht gestellt 
ist; so soll denn nur kurz erwähnt sein, daB es 
dem Forscher gelungen ist, eine ganze alt- 
christliche Kultstätte nad ihrer sakralen und 
profanen Seite hin wiedererstehen zu lassen. 
Karm-abu-Mina, ein schon sehr alter Zentral- 
punkt der Karawanen von Alexandrien nach 
der Kyrenaica hin, gelangte im IV. und V. nach- 
christlichen Jahrhundert zu seiner höchsten Blüte 
durch den dortigen Menaskult, die Verherrlichung 
eines sonst nicht sehr bekannten alexandrinischen 
Märtyrers (+ 296). Durch Kaufmanns energische 
Ausgrabungen haben wir die Anschauung eines 
„altchristlichen Lourdes“ gewonnen. Denn nichts 
mehr oder minder ist zutage gefördert, als eine 
Wunderwallfahrtsstätte größten Stiles. In dieser 
Richtung scheint neben der BloBlegung von vier 
Basiliken und zwei Baptisterien verschiedenster 
Typen am reizvollsten die ganze Bäder- und 
Thermenanlage, die zur Heilung der Kranken 
vermittels des heiligen Wassers des Menas in 
Karm-abu-Mina diente. 


Was die einzelnen Funde anlangt, so 
zerfallen sie in verschiedene Gruppen. Am 
interessantesten für die städtische Sammlung 
muten zirka 50 Kapitelle, zahlreiche andere 
architektonische Bruchteile, wie Gesimsstücke, 
Säulenbasen usw., an. Unter den Kapitellen 
findet sich das spätkorinthische Akanthuskapitell 
am häufigsten, aber auch jonische und Würfel- 
kapitelle syrischer Art bieten genügend Mate- 
rial, um Strzygowskis Thesen wieder einmal 
zu diskutieren. AuBer diesen Fragmenten weist 
der Fund eine große Anzahl von Gegenständen 
auf, die in direktem Bezug stehen zu der ehr- 
würdigen Kultstätte und ihrem ausgedehnten 
Wallfahrtsbetrieb. An erster Stelle sind zu er- 
wähnen die Produkte der in Karm-abu-Mina 
in hoher Blüte stehenden Tonindustrie, als 
Ampullen zum Versand des Menaswassers, 
Ampeln aus der Menasgruft und Eulogien des 
einheimischen Kultes. Es muB der Spezial- 
forschung überlassen bleiben, im einzelnen den 
Wert und die Bedeutung des reichen Materials 


Rundschau 


917 


ans Licht zu ziehen; für den, der den Dingen 
ferner steht, hat es schon Reiz genug, durdı 
Carl Maria Kaufmanns Ausgrabungen unmittel- 
bar in das Leben und Treiben eines Zentral- 
punktes altchristlichen Kultes sich versetzt fühlen 
zu dürfen. E. A. B. 


MONCHEN 


Wie voraus zu sehen war, hat Karl Voll 
auf die auch hier ausführlich wiedergegebenen 
Bemerkungen Bodes in der „Int. Revue“ repli- 
ziert und zwar in zwei Artikeln der Münchener 
Neuesten Nachrichten (Nr. 416 und 417). Diese 
Aufsätze haben keine innere Überzeugungskraft, 
da sie nur erneut den einseitig-partikularistischen 
Standpunkt Volls erkennen lassen. Im Einzelnen 
stehen die Ausführungen mit den Tatsachen oft 
sogar direkt in Widerspruch, was der Direktor 
der alten Pinakothek an Hand der Akten sehr 
bald beweisen dürfte. Auch in ihren versteckten 
Ausfällen und Verdächtigungen dritter Personen 
wirken die Vollschen Artikel wenig erfreulich. 
Es verlohnt darum heute noch nicht, zu den- 
selben im Einzelnen Stellung zu nehmen, bevor 
nicht die Richtigstellung der Vollschen Behaup- 
tungen an Hand der Akten erfolgt ist. Sobald 
dies geschehen, werden wir nicht versäumen 
erneut über diesen Fall, der sidı aller Wahrschein- 
lichkeit nach sehr bald zu einem Fall „Voll“ 


— nicht mehr „Bode* — auswachsen wird, 
unsere Meinung zu äußern. B. 
2 

BUDAPEST 


Das Museum der Bildenden Künste ist um 
ein Jugendwerk des Velazquez reicher ge- 
worden. Der Staat erwarb das Gemälde vom 
Herrn Langton Douglas, in dessen Besitz es aus 
der Kollektion Sanderson (Edinburg) gelangte. 
Man sieht auf dem Bilde drei Figuren bei einem 
Tische. Links sitzt ein Greis in mattem hell- 
grünem Rock. Ihm gegenüber ein bartloser 
junger Mann, mit schwarzen Haaren und Augen, 
in lichtbraunen Rock gekleidet. Ein blondes 
Mädchen, in der Mitte, schenkt aus einem 
groBen Steinkruge roten Wein in das Glas 
ein, das sie in der Linken hält. Der Alte 
strekt die Rechte nach demselben aus und 
legt die linke Hand auf die Brust. Er schaut 
zerstreut auf den jungen Gesellen und scheint 
sidı zu rechtfertigen. Letzterer hat den Mund 
halb geöffnet, runzelt die Stirn in die Höhe 


und gibt — auf die Ellenbogen gestützt — 
mit dem rechten Daumen einen bedeutungs- 
vollen Wink. Auf der weißen Tischdecke Brot, 
Rettig, Orange, ein Glas Wein und messingnes 
Salzgefäß. In dem Teller gebackener Fisch und 
eine halbe Zitrone. 

Der Hintergrund des Bildes ist tiefbraun und 
auch die modellierenden Töne sind schwer, warm 
und undurchsichtig. Die beleuchteten und be- 
schatteten Flächen kontrastieren stark mitein- 
ander. Das Licht fällt von links herein. Es 
trifft den jungen Mann voll ins Gesicht. 

Alles das ist in energischer strenger Zeich- 
nung vorgetragen. Die Konturen sind an man- 
chen Stellen, besonders in den Händen sehr 
hart. Auch am Kopfe des Greises sind die Ein- 
zelformen scharf getrennt. Die Innenzeichnung 
läßt jedoch an Präzisität nichts zu vermissen. 
Das Haupt des jungen Mannes zeigt sorgfältig 
abgerundete Formen. Der in Verkürzung ge- 
sehene Kopf des Mädchens ist dagegen in Breite 
und Verschwommenheit der Zeichnung ein vir- 
tuoses Stück. 

Das Werk entstand um 1618—1620. Es 
bildet eine Gruppe mit den Gemälden in Apsley 
House (der Wasserverkäufer von Sevilla, zwei 
junge Männer bei der Mahlzeit), Berlin (Musi- 
kanten, früher ebenfalls bei Langton Douglas) 
und Petersburg (das Frühstück). Die Verwandt- 
schaft mit dem letzteren ist besonders auf- 
fallend. Für die Figuren der Männer hat der 
Meister hier wie dort dieselben Modelle be- 
nutzt. Über die Echtheit des Bildes kann kein 
Zweifel bestehen. Die Stileigentümlichkeiten 
des Meisters sprechen durchaus überzeugend 


dafür. Dr. Zoltan v. Takacs. 


8 


LONDON 


Das wichtigste Ereignis des sonst so stillen 
Monats war der bereits kurz gemeldete Ankauf 
des großen Gruppenbildes von Franz Hals für 
die National Gallery um '/, Million Mark. Es 
war bekannt geworden, daB Lord Talbot de 
Malahide bei Dublin seinen großen, nur wenigen 
bekannten Hals verkaufen wollte, und daß natür- 
lich die Gefahr bestand, ihn auf Nimmerwieder- 
sehen übers Meer nach Westen oder anders- 
wohin verschwinden zu sehen. Denn nod be- 
sitzt England ja kein Kunstausführungsverbot, 
wie sehr auch immer wieder danach gerufen 
und die Frage da und dort erörtert wird. Die 
Trustees der Gallery nun waren rasch bei der 
Hand, als sie davon hörten, vielleiht um den 


918 


erhobenen Vorwurf zu widerlegen, daB ihr 
Kaufbestimmungsrecht schnelle Käufe unmöglich 
mache. Man brachte den Finanzminister Lyod 
George noch rasch vor seiner Deutschlandreise 
dazu, sich das Bild anzusehen und wußte ihm 
wohl dessen Qualitäten recht deutlich zu machen, 
so daB dieser Säckelmeister des englischen 
Reiches sich bereit erklärte von seiten der Re- 
gierung die Hälfte des verlangten Preises zu 
zahlen, freilich zum guten Teil als VorschuB, 
denn mehr als £ 5000 pro Jahr mag die Regie- 
rung für Bilderkäufe nicht bewilligen. Mithin 
wird der Gallery nun bis 1912 kein Zuschuß 
von dieser Seite mehr zur Verfügung stehen. 
Um die andere Hälfte der Riesensumme aufzu- 
bringen, wird der National Art Collections Fund 
nun wohl wieder die Trommel rühren wie bei 
der Velasquez'schen Venus. Die Times meint, 
daß Lord Talbot ein vorzügliches Geschäft bei 
dem Verkauf gemacht habe, andererseits aber 
verlautet, daB ihm von ausländischer Seite ein 
noch höheres Angebot gemacht worden sei. Die 
National Gallery besaB bisher nur zwei Porträts 
des Meisters, und sein weitbekannter „Lachen- 
der Kavalier“ hängt in der andern Öffentlichen 
Sammlung Londons, der Wallace Collection. 
Es ist also sehr zu begrüßen, daB Hals nun 
durch eines seiner groBen Gruppenbilder hier 
vertreten ist, selbst wenn man zu viel da- 
für ausgegeben haben sollte. Das Bild ist in 
Kennerkreisen sehr wenig bekannt gewesen, 
und Werke über Hals führen es nicht an. Es 
stellt eine Familie dar: Mann, Frau und mehrere 
Kinder und eine Kinderfrau, die im Freien vor 
einigen Bäumen zu einer Gruppe vereinigt sind. 
Links dehnt sich freies Hügelland nach hinten 
zu. In der Komposition zeigt das Bild Spuren 
hastiger Arbeit. Zwar sind Versuche vorhan- 
den die verschiedenen Gruppen durch Über- 
gänge einheitlit zu verbinden, jedoch bleibt 
einem der Eindruck eines zufälligen und dom 
vom Maler gewollten Hinstellens, der mit der 
auBerordentlihen Lebendigkeit und prächtigen 
Charakteristik der einzelnen Personen peinlich 
kontrastiert. Dazu kommt, daB dem Bilde ein 
gewisses Gleichgewicht fehlt. Die Figuren ziehen 
sih ziemlich flach von rechts nach links hin, 
um plötzlich abzubrechen und ein Stück Land- 
schaft mit groBer Tiefe freizulassen, in der ein 
paar Kühe weiden. Die Farbengebung ist der 
seiner späteren Schaffensperiode entsprechend, 
eine Harmonie in Schwarz, Grau, Rot- nnd 
Dunkelbraun. Das Schwarz, Hals’ charakteris- 
tishes Schwarz, dominiert. Das Bild ist im 
Saal X der Gallery unter Nummer 2285 zwischen 
die zwei Hals’schen Porträts gehängt worden. 
Leider spiegeln sich die gegenüber hängenden 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Bilder derart in der Glasscheibe, die man wie 
vor jedes andere Bild so auch vor dieses als 
Schutz gegen die Londoner Luft befestigt hat 
daB es schwer ist, das Bild in seiner Gesamt- 
heit aufznnehmen, zumal auch das Licht nicht 
günstig auf das Bild als Ganzes fällt. Das Bild 
hängt jetzt flach an der Wand, ob ein Vor- 
neigen da nicht etwas Abhilfe schaffen würde? 
Einige Preise für Halsbilder, die der Verfasser 
der meist interessanten Kunstplaudereien „Art and 
Artists“ in der Morning Post vom 28. August 
zusammenstellt, dürften hier vielleicht inter- 
essieren: 1772: Porträt des „Pieter varı der 
Morsch* (jetzt Eigentum des I.ord Northbrook) 
25 Schillinge; 1786: Porträt des „Johannes 
Acronius“ (jetzt in Berlin) 5 Schillinge; 1800 
Porträt des Willem varı Heythuysen (jetzt in 
der Liechtenstein-Galerie) 85 Schillinge. Dann 
aber 1865: der Lachende Kavalier (jetzt Wallace 
Collection) £ 2040; 1889: Porträt des Pieter 
van de Broeke d'Anvers £ 4420; 1899 bei 
Christies ein Männerporträt in Schwarz £ 3510 
und ein Frauenporträt in Schwarz £ 2100; 1906: 
Porträts De Heer Bodolphe und Me Vrouw 
Bodolphe (wie es heißt) je € 10000 (Pierpont 
Morgan); 1907: „A Youth with a Mandolin‘ 
£ 3650; und „Man in Brown Dress Playing a 
Flute“ € 1500 gs. (Sir James Linton). 

Neben dem Hals schen Gruppenbild sind 
noch zwei kleine Harpignies, eine Skizze „Fluß- 
szene“ und ein Aquarell ,Jlex Trees, Ville 
franche“ als Geschenk der Miss Evelyn Mc. 
Ghee zu der kleinen Anzahl moderner franzô- 
sister Werke in der National Gallery hinzuge- 
kommen. Und ihre englische Abteilung ist um 
ein vornehmes Porträt William Pitts vermehrt 
worden, das dem Romney zugeschrieben wird. 
Es war von dem verstorbenen Mr. Pringle der 
Gallery nach dem Tode seiner Gattin vermacht 
worden. Diese hat es aber jetzt schon der 
Gallery überwiesen. 

Eine köstliche Gabe ward dem Fitzwilliam 
Museum inCambridge zu teil. Ein Anonymus 
schenkte ihm 14 altenglishe Werke von der 
Hand Jervas (1675—1739), Joseph Highmore. 
(1692—1780), Hogarth, Reynolds, Gainsborough, 
Romney, Benjamin West und anderer Porträ- 
tisten der groBen Periode. Die zwei Gainsbo- 
roughs gehören dessen früher Zeit an. Neben 
dieser Gabe hat derselbe Anonymus dem Mu- 
seum einige Bilder zur permanenten Ausstellung 
überlassen, darunter einige Rosettis: „Veronica 
Veronese“ (gemalt 1872); „A Christmas Carol“; 
nBonifazio's Mistress“; „Dr. Johnson at the 
Mitre“ und ,The Merciless Lady“, so daB Ros- 
setti, der in der Tate Gallery in London sehr un- 
vollkommen vertreten ist, nun hier besser 


Rundschau 


919 


kennen gelernt werden kann. Auch von Burne 
Jones befinden sich einige Bilder unter der Zahl 
der geliehenen, so die Studie zu seinem „King 
Cophetua“. Auch Millais ist vertreten (Flowing 
to the River). Von alten Meistern enthält das 
Bilderlehen ein Tondo von Botticelli „Jungfrau 


mit Christusknaben und Johannes“; ein Tripty- 


chon der viämischen Schule: Heilige Dreieinig- 
keit, Anbetung, Darstellung im Tempel; und 
Heilige Familien von der Hand Andrea del Sar- 
tos und Albertinellis. — Von mehreren dieser 
Bilder, namentlich den Rossettis, weiß man, daB 
sie bis vor kurzem Mr. Fairfax Murray gehör- 
ten, der, ein ehemaliger Freund Dante Gabrieles, 
die ausgedehnteste Sammlung von dessen Wer- 
ken besitzt. 


Von einer neuen „Restauration“ einer alten 
Abteikirche, der Hexham Abbey, ist zu melden. 
Das Werk hat # 30000 verschlungen, und das 
Resultat ist in Kennerkreisen bloBe Empörung, 
der der Biograph William Morris, Mr. Aymer 
Vallance, Ausdruck verleiht. Die Kirche soll 
jetzt mehr einem jener mit Recht so süßen 
groBen Hochzeitskuchen gleichen, die den eng- 
lishen Konditorgehilfen Gelegenheit zur Aus- 
bildung ihres künstlerischen Geschmackes ge- 
währen, die aber leider nur zu oft von Architekten 
und Bildhauern als klassische Muster verwandt 
werden. In diesem Falle hielt es der ausfüh- 
rende Architekt für geraten bekannt zu geben, 
daB er seinen Plan den Wünschen des Probstes 
und seines Gemeinderates angepaßt habe. 


Der alte, aber immer noch für Forscher und 
Sammler überaus wertvolle „Catalogue Rai- 
sonné“ von Smith, der vor dem Erscheinen des 
Hofstede de Groot schen „Catalogue of Dutsch 
Painters“ bis zu €40 bezahlt wurde (ursprüng- 
lich zu £ 12.10 publiziert) der jetzt aber wieder 
etwas billiger zu haben ist, wird nun von Messrs. 
Sands & Co. als Neudruck herausgegeben wer- 
den und zwar in neun Bänden zusammen mit 
dem Supplement vom Jahre 1842. Der Neu- 
druck soll der ursprünglichen Ausgabe in allem 
gleichen und keine Textänderungen enthalten, 
dagegen aber 40 Photogravüren. Nur 1250 
Exemplare werden hergestellt. — In diesem 
Catalogue Raisonne findet sih u. a. auch ein 
in mancher Beziehung außerordentlich inter- 
essanter Jan Steen unter dem Titel „The Dan- 
cing Dog“ verzeichnet, in dem sich der Maler 
selber mit seiner Familie abgebildet hat. Dieses 
wertvolle Stück wird eines der Hauptwerke 
sein, mit denen Messrs. Agnew in einiger Zeit 
ihre Berliner Filiale eröffnen werden. F: 


2 


HOLLAND 


In Rotterdam ist im Museum Boijmans 
gegenwärtig die kleine, aber höchst interessante 
Gemäldesammlung von Dr. Hofstede de Groot 
(der sich zur Zeit in Amerika befindet) aus- 
gestellt. Ich werde über sie in einem der nächsten 
Hefte ausführlicher berichten und dann auch einige 
Abbildungen geben. Jetzt seien nur die Namen 
der Künstier aufgezählt, von denen Dr. Hofstede 
de Groot Gemälde besitzt: Carel Fabritius, 
Hercules Segers, Rembrandt, Pieter de 
Hood, Jan van Goyen, J. van Ruisdael, 
Jacobus Vrel, Gerrit Dou, Jan Steen, 
Michiel Sweerts, N. de Giselaer, Rubens 
und Jan Fyt. 

Buch das Mauritshuis im Haag wird von 
den nächsten Tagen an einige fremde Gäste — in 
ihrer eigentlichen Heimat zeigen. Herr Staatsrat 
P. Delaroff in St. Petersburg war so liebens- 
würdig, aus seiner reichen Sammlung der Haager 
Galerie einige bedeutende Gemälde zur leih- 
weisen Ausstellung zu überlassen. Erstens den 
durch die de Groot'sche Publikation in der Ab- 
bildung bereits bekannten „Krieger“ von Carel 
Fabritius, der von den vier erhaltenen Bild- 
nissen des Meisters ohne Frage gleich hinter 
das groBe Rotterdamer Porträt eines jungen 
Mannes zu setzen ist. Es ist ja kein besonders 
umfangreiches Werk, aber es besitzt solch’ hohe 
koloristishe Qualitäten, daB einem davor die 
Augen ordentlich leuchten. Dieses Inkarnat findet 
man nirgends wieder bei den holländischen Bild- 
nissen, nirgends diese Wärme und Frische zu- 
gleich und diese heitere Ungezwungenheit des Aus- 
druckes. Ja man darf ruhig so weit gehen, sich 
einzugestehen, daBes einen mehr als manches Por- 
trät von Rembrandt packt. (Des Kuriosums wegen 
sei mitgeteilt, daß Herr Delaroff das Bild seiner- 
zeit als modern[!] für 40 Rubel in Moskau er- 
worben hat.) Andererseits befestigen sich einem 
vor diesem Bilde — und noch besonders jetzt, 
wo man Gelegenheit hat, des Fabritius’ ganzes 
Porträtoeuvre kurz nacheinander zu sehen — 
fast zur GewiBheit die Zweifel an der richtigen 
Zuschreibung des frageweise Carel Fabritius ge- 
nannten großen Gemäldes mit der Enthauptung 
Johannes des Täufers im Rijksmuseum: das kann 
unmöglich von derselben Hand gemalt sein, die 
jenes Kriegerbildnis schuf. Sollte es nicht dodı 
vielleicht von G.Flinck sein, auf dessen nicht weit 
davon hängendem Bilde der Segnung Jakobs die 
Rebekka ganz ähnliche Züge hat, wie die eine 
Alte mit dem schwarzen Kopftuch links? Gegen 
Fabritius sprechen Ton, Malweise und Typen. 
Ich sagte eben, daß dieses Fabritius’sche Gemälde 
mehr als mancher Rembrandt packe; gewiß, mehr 


920 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


als schwächere Arbeiten, die auch im Lebens- 
werke der Größten nicht fehlen. Tritt man nun 
aber vor das zweite Bild aus der Sammlung 
Delaroff, vor das Bildnis eines Juden von Rem- 
brandt, so sieht man unverzüglich ein, wie 
verfehlt alle vergleichenden Abschétzungen 
zwischen Werken verschiedener groBer Meister 
sind. Ein wirklich kunstempfindender Mensch 
darf eigentlich auch nicht danach fragen, ob diesem 
großen Künstler vor jenem eine höhere Rang- 
stufe eingeräumt werden soll. Darauf kommt 
es ja nicht an, sondern darauf, daB man jedem 
Meister nach seiner persönlichen Kunst gerecht 
wird und ihm in sein Reich ganz zu folgen 
sucht. Dieses Judenbildnis nun ist bis tief hin- 
ein erfüllt von Rembrandts Geist, von Rem- 
brandtischer Seelenpoesie. Der Dargestellte sitzt 
auf einem schwarz gepolsterten Stuhl, trägt 
braunrote Weste und darüber einen dunkel- 
braunen pelzgefütterten Rock. Die nur zum Teil 
sichtbaren Hände sind gekreuzt und ruhen im 
Schoß. Den etwas nach links gewandten 
schmalen Kopf umrahmt ein schwarzer Bart; 
die Augen, die im Schatten der schwarzen barett- 
artigen Filzmütze liegen, sind sinnend gerade- 
ausgerichtet. Das Licht fällt von links oben 
auf die Figur. Bode setzt dies Gemälde 1657 
an; aus welchen Gründen Rosenberg dieser 
Datierung nicht folgt, sondern es um 1645 ent- 
standen sein läßt, wie die von ihm daneben ab- 
gebildeten und scheinbar denselben Juden dar- 
stellenden kleinen Studien im Louvre (Repliken 
in Cassel und Boston), im Bridgewater House, 
in Chappenham bei Algernon W. Neeld und in 
Panshanger beim Earl Cowper, ist nicht recht be- 
greiflih. Etwa wegen der Ähnlichkeit im Typus? 
Es gehört sicherlich nicht in die Zeit um 1645, 
sondern in die spätere und zeigt — um im 
Mauritshuis selber ein Bild zum Vergleich heran- 
zuziehen — einen ganz ähnlichen, nur noch 
etwas kühleren grünlichgrauen Gesamtton wie 
die beiden Neger. Nächst diesen zwei Perlen 
sind noch vier andere Bilder der Sammlung 
Delaroff ausgestellt. Eine feingestimmte, stark- 
tonige und doch farbig wirkende Ansicht von 
Dordrecht von Jan van Goyen (datiert 1650 
— die letzte Ziffer ist unsicher). Sodann ein 
fast quadratisches Bild (47,7><50,2), das in einem 
scheunenartigen Raum eine junge Frau in grau- 
grünlichem Kleid und Schürze, weißem Kopftuch 
und rotem Gürtel darstellt, die eine in voller 
Seitenansicht nach rechts stehende braunweiß 
geflekte Kuh melkt. Eine zweite Kuh kommt 
links mehr zurück durch eine Tür aus einem 
andern dunklen Raum herein. Sucht man nach 
dem Maler des Bildes, so steht man zuerst ratlos 
da. Unter allen bekannten Tiermalern findet 


sih keiner, von dem es herrühren könnte. 
Eine Bezeichnung fehlt auch, und man ist aus- 
schließlich auf die Technik und den Ton als 
Kriterien angewiesen. Frappieren muß bei der 
Kuh der eigenartige Glanz des Felles. Es huscht 
ein Hauch darüber hin, wie über ein Stück 
Seidensammet, etwa an einem Stuhl oder einer 
Tischdecke auf Bildern von Terborch. Der eigene 
kühle, grünlicı silbergraue Ton läßt aber auch 
an diesen Meister denken; und sieht man schlieB- 
li im Einzelnen die saubere Malerei an, so 
befestigt sich einem die Annahme, daß Terborch 
wirklich das Bild gemalt haben müsse. Nicht 
um direkt beweisen zu wollen, sondern nur um 
anzudeuten, daB der Name Terbordı keineswegs 
aus der Luft gegriffen ist, führe ich an, daB 
zwei bedeutende, Kenner ganz unabhängig 
von einander, das Bild als Terborch bestimmt 
haben. Dann ist noch ein signiertes Bildchen 
von N. Knupfer zu sehen, ein Faun, der sich 
einer im Walde liegenden nackten Schönen etwas 
zudringlich nähert. Sehr hübsch im Kolorit und 
etwas an Rubens erinnernd. Das sechste der 
Delaroff’schen Gemälde ist eine große Bärenjagd 
von Abraham Hondius, voll bewegten Lebens 
und mit zahlreichen scharf beobachteten und gut 
wiedergegebenen Einzelheiten. 

Bis Anfang Oktober war — ungefähr vier- 
zehn Tage lang — ein bis vor kurzem un- 
erkannt gebliebenes Gemälde von Frans Hals 
aus dem Besitze des Fürsten von Bentheim im 
Mauritshuis ausgestellt. Das Gemälde zeigt einen 
aus vollem Halse lachenden Fischerknaben in 
Halbfigur vor landschaftlihem Hintergrund und 
blauem Himmel mit weißen Wolken. Es steht, 
was die Zeichnung und Pinselführung betrifft, 
dem sogenannten „Strandlooper varı Haarlem“ 
im Museum in Antwerpen am nächsten, dürfte 
aber wegen seines blonden Kolorits früher als 
dies, von Bode um 1640 datierte Stück gemalt 
sein, etwa im Anfang der dreißiger Jahre. Da- 
zu paßt auch die bei der Reinigung gefundene 
Bezeichnung, die auf dem an einer Schnur von 
der rechten Schulter herabhängenden Krug an- 
gebracht ist und aus zusammengezogenem FHF 
besteht; die gleiche Form weisen noch das 1627 
datierte Schützenstü mit dem Festmahl der 
Offiziere der Adriaensdoelen in Haarlem, sowie 
die kleinen Brustbilder von Scriverius und seiner 
Gemalin vom Jahre 1626 (früher Sammlung Se- 
cretan) auf. Anzumerken ist, daß die Strich- 
führung der Buchstaben des Monogrammes auf 
dem wiedergefundenen Bild etwas unsicher ist. Die 
Entdeckung dieses neuen Frans Hals, der solange 
als unbekannter Meister in der Galerie des 
Fürsten von Bentheim auf Schloß Burgsteinfurt in 
Westfalen hing, erfolgte so: Ein Restaurator, 


Rundschau 921 


der sich anderer Bilder wegen auf dem Schloß 
befand, lenkte als erster die Aufmerksamkeit 
auf das ihm auffallend gut erscheinende Gemälde 
und gab die Veranlassung zu einer genauen 
Untersuchung. Das Bild wurde nach Nymwegen 
gesandt, und durch einen dortigen Herrn bekam 
Dr. Hofstede de Groot Kenntnis von ihm. Dr. 
de Groot erkannte in dem großen Unbekannten 
nun sogleich Frans Hals. Das auf Leinwand 
gemalte, ca. 65><55cm messende Gemälde war 
sehr gut erhalten, an den Seiten etwas umge- 
schlagen und bedurfte nur einer Reinigung, die 
von dem Haager Restaurator de Wild ausgeführt 
wurde. 

Die „Lakenhal“ inLeiden, deren Gemälde- 
sammlung unter Dr.Overvoordes rührigerLeitung 
nach Möglichkeit das Niveau eines gewöhnlichen 
Provinzialmuseums zu übersteigen beginnt, wird 
in den kommenden zwei Jahren durchaus würdig 
neben den andern Galerien Hollands ihren Platz 
behaupten können. Denn der oben genannte 
Petersburger Sammier wird hier seine übrigen 
holländischen Gemälde — ungefähr 150 an Zahl — 
voraussichtlich schon im Laufe des Monats No- 
vember leihweise ausstellen. Ein wissenschaft- 
lier Katalog der Sammlung wird dann auch 
erscheinen. 

Im Rijksmuseum in Amsterdam ist in- 
zwischen ein Teil der neuen Erwerbungen, von 
denen ich im Juli-Augustheft sprach, der damals 
aber noch im Depot war, im Saal der Schützen- 
stücke aufgestellt worden. Am freudigsten ist 
jedenfalls die Erwerbung der beiden Tafeln von 
A. de Gelder zu begrüßen, der im Rijksmuseum 
bisher nur ungenügend und einseitig vertreten 
war. — Im Rijksprentenkabinet hat die 
Ausstellung der deutschen Kleinmeister eine 
andere, mehr historisch gefärbte abgelöst, die 
dafür aber aktuell ist. Sie gibt in zeitgenössischen 
Abbildungen eine Übersicht über die Geschichte 
des „Dammes“ in Amsterdam, der in nicht mehr 
ferner Zeit einer Neugestaltung entgegensieht. 
Ein vom Magistrat der Stadt Amsterdam zur 
Erlangung von Plänen für die Bebauung des an 
der Ostseite durch die Enteignung einiger Grund- 
stiicke freiwerdenden Terrains veranstaltetes 
Preisausschreiben hatte kürzlich seinen Abschluß 
gefunden, und damit war die , Dammfrage* wieder 
in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses 
gestellt. In der von Direktor E. W. Moes ge- 
troffenen Auswahl wechseln in bunter Reihen- 
folge blutige Kampfszenen mit friedlichen Er- 
eignissen ab, Darstellungen von Hinrichtungen 
oder Verbrennungen mit solchen freudiger Fest- 
lichkeiten usw. Wir sehen u.a. auch den Brand 
des alten Rathauses am 7. Juli 1652, das Ruinen- 
feld, verfolgen dann den Wiederaufbau des 


neuen, des heutigen königlichen Palais durch 
Jacob van Campen, den selber uns eine schöne 
Zeihnung von Jan Lievens vorführt. Es 
würde zu weit führen, alle 105 Blätter, die den 
Zeitraum von 1535—1863 umspannen, hier 
einzeln durchzugehen. L&Bt man sie an sich 
vorüberziehen, so durchlebt man nicht nur die 
an wechselvollen Ereignissen reiche Geschichte 
des Dammes, sondern zugleich ein gut Teil hol- 
ländischer Geschichte überhaupt. Und wandert 
man nachher über jenen so oft gemalten und 
gezeichneten großen Platz im Herzen Amster- 
dams, so wird man noch intensiver fühlen, auf 
was für historisch geweihtem Boden man sidh 
eigentlich befindet. Es sei übrigens gesagt, dab 
eine ganze Reihe von Blättern sehr wohl audı 
künstlerischen Wert besitzt, obschon der Haupt- 
akzent auf dem historischen Inhalt dieser ,Illu- 
strationen vom Tage“ liegt. Man darf nur ja 
keinen Vergleich zwischen dieser alten Art, his- 
torishe Ereignisse der Nachwelt im Bilde zu 
überliefern, und der unserigen in den modernen 
illustrierten Zeitschriften ziehen. Denn der fiele, 
was das Künstlerische betrifft, ganz entschieden 
zugunsten der Alten aus. 

Von der Nieuwe Zijds Kapelle, deren 
Abbruch bekanntlih doch beschlossen wurde, 
ragen nur noch trümmerhafte Mauerreste in die 
Höhe. Das Bauwerk wurde ooch einmal in 
einem ausführlichen Artikel von A. W. WeiB- 
man in „Elseviers’ Geillustreerd Maandschrift“ 
gewürdigt. Die dem Aufsatz beigegebenen Ab- 
bildungen veranschaulihen auch gut das Innere, 
die shöne Raumwirkung, auf welcher der Haupt- 
wert des alten Gebäudes in künstlerischer Hin- 
sicht beruhte. Bei den Abbruchsarbeiten sind 
auch einige Funde gemacht worden. So stieß 
man hinter der an der Kalverstraat gelegenen 
Tür auf eine zweite kleinere, die mit Reliefs 
verziert war, welche sich auf das Hostien- 
wunder bezogen. Und hinter dieser zweiten 
fand man noc eine dritte mit einer Nische, die 
ursprünglich wohl durch Skulpturen geschmückt 
war. Außerdem kam an einer anderen Stelle 
ein sehr altes skulptiertes zweiteiliges gotisches 
Tor zum Vorschein, das aber später zugemauert 
worden war. Es ist natürlich, daB im Anti- 
quitätenhandel nun auch schon Nieuwezijds- 
kapellenraritäten zu haben sind. Vor derartigen 
Angeboten warnt deshalb der die Abbruchs- 
arbeiten leitende Architekt alle Sammler mit dem 
Hinweis darauf, daß auf keinen Fall etwa zu 
findende Kunstgegenstände an Händler verkauft 
würden. 

Stehen wir hier am Grabe eines altehrwiirdigen 
Amsterdamer Baudenkmales, so kann von einem 
anderen, dessen Wiederherstellung sicherlich ein 


922 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


weit größerer Kreis mit lebhaftem Interesse ver- 
folgt, bessere Kunde gegeben werden: von dem 
in der Jodenbreestraat gelegenen Rembrandt- 
haus. Die Fassade desselben ist nach einer 
gründlichen Ausbesserung jetzt vor drohendem 
Verfall geschützt worden. Und mit ihren Plänen 
für die innere Einrichtung, sowie für die zukünftige 
Benutzung der Räume machte uns die Verwaltung 
der Stiftung „Het Rembrandthuis“, in deren 
Händen die Sorge für das Rembrandthaus liegt, 
in einem an alle Kunstausübende oder Kunst- 
freunde versandten Rundschreiben nunmehr auch 
bekannt. Es soll in dem Rembrandthaus eine 
Stätte geschaffen werden, wo Rembrandt selbst 
durch seine Kunst zum Besucher spricht, eine 
Stätte, wo man die Radierkunst des Meisters, 
wie sonst eigentlich nirgendwo, ungestört und 
wirklich rein genießen können soll. Dazu sollen 
seine besten Radierungen möglichst schön aus- 
gestellt werden in den Räumen, die durch die 
Ausstattung mit echtem, alten Mobiliar — ja 
nicht durch Imitationen! — nach Möglichkeit den 
Charakter tragen sollen, den sie einst zu Rem- 
brandts Zeiten hatten. Es sollen hier dann ferner 
Dokumente, Bücher und andere aufRembrandt und 
seine Kunst bezugnehmende Dinge gesammelt 
werden. Das Rundschreiben schließt mit der 
Bitte um Zuwendungen dieser Art. Solche Ab- 
sichten verdienen gewiB die Sympathien aller 
Verehrer Rembrandts. Die Zukunft wird lehren, 
bis zu welchem Grade sich das Gewollte mit dem 
Erreichbaren in Einklang bringen läßt. Man wird 
wohl auch sehr vorsicitig sein müssen in der 
Auswahl der hier aufzubewahrenden Sachen. 
Denn keinesfalls darf diese geweihte Stätte eine 
Amsterdamer „Sehenswürdigkeit“ werden, wo 
sich die Haufen der Reisenden drängen — und doch 
langweilen. Die Dinge liegen indessen in guten 
Händen, und es ist keine Ursache vorhanden, 
an Bestrebungen, die das Beste zu erreichen 
wünschen, jetzt schon zu mäkeln. Von der 
wirklich nicht leicht zu lösenden Aufgabe werden 
die betreffenden Herren so wie so nicht viel 
Dank ernten. Es ist nun einmal nicht anders. 

Sehr interessante, bis jetzt noch nicht ver- 
öffentlichte Dokumente über das bewegte Leben 
des von Sandrart und Huygens als Stilleben- 
maler so hochgeschätzten Johannes Simonsz 
Torrentius — von dessen Werken aber kein 
einziges auf uns gekommen ist — teilte Herr Dr. 
A. Bredius in der Sitzung der königl. Akademie 
der Wissenschaften am 12. September mit. Torren- 
tius (geboren 1589) wurde Ende des Jahres 1627 
wegen Gotteslästerung und aussciweifenden 
Lebenswandels von dem Haarlemer Rat gefangen 
genommen und, da er die ihm zur Last gelegten 
Vergehen nicht eingestehen wollte, gefoltert und 


zum Feuertode verurteilt (eine ausführliche Be- 
schreibung der Folterung, wie sie vom Scharf- 
richter selbst gegeben wurde, hat Dr. Bredius 
auch aufgefunden). Die Todesstrafe wurde aber 
schlieBlit in 20 jährige Zuchthaushaft umge- 
wandelt. Und nach langen vergeblicien Be- 
mühungen um Freisprechung wurde der Maler 
endlich am 11. Juli 1630 vom Statthalter be- 
gnadigt. Dann begab er sich nach England, wo 
er sidı aber auch bald miBliebig machte. Er 
starb 1644 in Amsterdam und wurde in der 
Nieuwe Kerk begraben. Dies ist ganz roh der 
UmriB des Lebensbildes, das Dr. Bredius auf 
Grund des von ihm wieder ans Licht gezogenen 
reihen Urkundenmaterials entwarf. Ausführlich 
wird er es wohl bald in Oud Holland publizieren. 

Endlich habe ich nodi kurz von einigen bis- 
her unbekannt gebliebenen alten holländischen 
Gemälden aus der Sammlung des Pastors G. W. 
van Heukelum in Jutfaas zu berichten, die kurze 
Zeit in Utrecht im Atelier eines dortigen Malers 
ausgestellt waren. Die bedeutendsten Stücke 
waren zwei Gemälde von Jan Asselijn und 
dreivonBarentFabritius. Die beiden ersteren 
schmücten ursprünglich die Türflügel der aus 
der jetzt abgebrochenen Nieuwezijdskapelle stam- 
menden Orgel der reformierten Kirche in Jut- 
faas. Sie stellen dar David vor Saul spielend, 
der nach ihm mit einem Speer wirft, und den 
Triumph Davids nach Überwindung des Goliath. 
Die Gemälde von Barent Fabritius gehörten ur- 
springlich einer reformierten Leidener Kirche. 
In altertümliher Weise werden auf ihnen in 
verschiedenen Abteilungen nebeneinander die 
einzelnen Hauptszenen der dargestelltenbiblischen 
Geschichten vorgeführt, auf der einen Tafel das 
Gleichnis vom Reichen und Armen, auf der andern 
die Geschichte des verlorenen Sohnes und auf 
der dritten das Gleichnis vom Pharisäer und 
Zöllner. 

Die Ausstellungen, die sich mit neuerer Kunst 
befassen und die über den Rahmen des hier 
gewöhnlich Gebotenen nicht heraustreten, kann 
ih übergehen. Nur eine nicht. Die im Kunst- 
salon von van Gogh in Amsterdam, welche dort 
noch bis zum 24. Oktober zu besichtigen ist. 
Sie gibt nämlidı in rund 80 Werken eine sehr 
gute Übersicht über das Schaffen und die Ent- 
wicklung Vincent van Goghs. Auf einem 
Gemälde sieht man diesen auch selber bei der 
Arbeit vor der Staffelei. Wird dies herbe, tiefe 
Selbstbildnis eines der bedeutendsten modernen 
Künstler Hollands jetzt wohl ein niederländisches 
Museum ankaufen? Oder wird das erst viel 
später einmal geschehen? Kirt Preise: 


2 


Rundschau SE 


923 


BELGIEN 


Unter den Neuerwerbungen des Brüsseler 
Museums sind zu erwähnen: Lucas van Valken- 
burg, Christus heilt zwei Besessene; eine Reihe 
von Skizzen nadı einem Affen, die David 
Teniers II zugeschrieben wird, ein Interieur des 
Lütticher Malers Henri de France und eine kraft- 
volle Skizze, „Die Wut der Spanier“, von Henry 
Leys. 

In der belgischen Kammer ist ein interessan- 
tes Projekt aufgetaucht: an das Brüsseler Kupfer- 
Stidikabinett eine Chalcographie anzugliedern, 
die sich mit der Herstellung und dem Verkaufe 
künstlerisch hochstehender graphischer Blätter 
zu beschäftigen hätte. Ähnliche Einrichtungen 
bestehen in Madrid und Paris und sind leider 
vom Publikum nur wenig gekannt, dem hier 
die Möglichkeit gegeben ist, die besten gra- 
phischen Blätter fast um nichts zu kaufen, da 
diese Institute lediglich zum Selbstkostenpreise 
verkaufen. 

In Amsterdam verstarb der Maler Piet Ver- 
haert, Professor an der Akademie, der im Jahre 
1887 an der modernen Bewegung und der Grün- 
dung des Cercle des XX. teilgenommen hatte, 
sih bald aber einer zahmeren Kunstrichtung 
zuwandte. Auch in Deutschland ist er durch 
seine Porträts und historischen Gemälde be- 
kannt geworden. ne 


2 


KLEINE NACHRICHTEN 


Athen. Zu dem Fund jener vielzitierten Venus- 
statuette aus Terrakotta, durch die das Rätsel der Venus 
von Milo gelöst erschien, da sie angeblich das genaue 
Ebenbild der Melierin, jedoch mit wohl erhaltenen Armen 
war, hat der Direktor des Athenischen Nationalmuseums, 
Staïs jetzt Stellung genommen, indem er die in sein 
Wee genden. Statuette in den „Ephemeris An- 
häologiki“ veröffentlidt. Daraus wird dem Kenner also 
gleich klar, daß es mit unserer schönen Hoffnung, ein 
authentisches Bild von der unbeschädigten Göttin von Melos 
zu gewinnen, nichts ist. Es zeigen sich hier in Stellung 
und Haltung der beiden Bildwerke so schwerwiegende 
Differenzen, daß von einer Identizität keine Rede sein 
kann. Unsere liebe Frau von Milo wird also das Ge- 
heimnis ihrer shönen Arme auch fernerhin bewahren. 


Berlin. Das im Septemberheft dieser Zeitschrift 
ublizierte Predellenstük Andreas di Giusto ist aus 
rivatbesitz nunmehr als Geschenk in das Kaiser-Friedrich- 

Museum gelangt und wird dort neben den zugehörigen 
punches von der Hand Masaccios zur Aufstellung ge- 
angen. 


Berlin. Im Kaiser Friedrih-Museum ist ein 
schon im XVII. Jahrhdt. gefeiertes Bild des Pieter 
Lastmann, das durch seine Beziehungen zu Rem- 
brandt von besonderer Bedeutung ist, neu aufgestellt. 
Das Gemälde, das der Direktion des Kaiser Friedrich- 
Museums auf ihren Wunsch von dem Besitser, Exzellenz 
von Delaroff in St, Petersburg auf zwei Jahre leihweise 
überlassen wurde, um einen unmittelbaren Vergleich mit 
der Rembrandt-Susanna zu ermöglichen, stellt Susarına 
mit den beiden Alten in üppiger Parklandschaft dar und 
ist besonders in den Gewändern von hohem koloristischen 
Reiz. Rembrandt, der das Bild anscheinend auf der 
Auktion des Nadilasses von Lastmanns Werken kennen 
gelernt hat, kopierte es damals in en... rojen aorcl- 


zeichnung, die jetzt das Berliner Kupferstichkabinett be- 
sitzt. us dieser Komposition ist dann nach Ansicht 
Valentiners das Berliner Susannabild Rembrandts von 
1647 hervorgegangen. 


Bregenz. Das Vorarlberger Landesmuseum 
hat eine Ausstellung von Bildern Angelika Kaufmanns 
veranstaltet, die zum größten Teil dem Privatbesitz ent- 
stammten. Die Ausstellung war eine der interessantesten 
ihrer Art, da aus Osterreich, Deutschland, Italien und Eng- 
land selten gesehene Stücke zusammengetragen waren, 
ne Entwicklungsetappen der Malerin anschaulidı be- 
cuchteten. 


Lemberg. Das seit langem geplante Sobieski'sche 
National-Museum wurde Anfangs September in dem von 
der Stadt erworbenen ehemaligen Sobieski-Haus auf dem 
Marktplatz eröffnet. Das Museum soll einen kultur- 
historischen Charakter tragen und speziell die Kultur und 
Geschichte Lembergs sowie der östlichen Provinzen des 
ehemaligen Polens berücksichtigen, Vorderhand nimmt 
das Museum acht Säle im ersten und zweiten Stock ein, 
und die ausgestellten Sammlungen präsentieren sich recht 
reichhaltig.‘ Besondere Aufmerksamkeit verdienen die 
zahlreichen Porträte, beginnend mit dem XVI. youenuadert 
alte Städteansichten, Stiche und Drucke, kunstgewerbliche 
Arbeiten verschiedener Herkunft usw. P. E. 


Kalisch, Russ. Polen. In der ehrwürdigen, um 1220 
erbauten St. Nikolaus Kirche zu Kalisch befand sich seit 
langem ein sehr schönes flämisches Altarbild, eine ganz 
im Rubens schen Stile genes »Kreuzabnahme“, welche 
nach der Kirchenchronlk im XVII. Jahrhundert von Ant- 
werpen hierher gebracht wurde und zwar als Stiftun 
des Bromberger Starosten und Verwalters des Münzhofs 
daselbst, Piotr Zeronski. Nach Reinigung des stark be- 
SNE und übermalten Gemäldes soli dasselbe, wie 
Prof. G. Anycielski in einer Sitzung der Krakauer Aka- 
demie der Wissenschaften ausführte, sich unbedingt als 
Rubens'sches Originalwerk erwiesen haben, das wohl 
zwischen 1618—20 entstanden sein dürfte. P. E. 


Krakau. Prof. Graf Georg Mycielski hat im Gebäude 
der Gesellschaft der Kunstfreunde eine Ausstellung von 
Gemälden alter Meister aus Privatbesitz zusammen- 
gebracht, in welcher Künstler des XVII., XVIII. und der 
ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts vertreten waren. 
Unter anderem waren erke von Gerard van Harp, 
Tobias van Nymegen Adr. Boeldemakr, H. Roos, Per 
Krafft, Pitschmann, Bacciarelli ausgestellt, sowie ein großes 
allegorisches Bild von Fr. H. Fiiger, die Glorifikation des 
Marschalls Malachowski darstellend. Von polnischen 
Malern des XVIII. Jahrhunderts wurden besonders einige 
Bildnisse von Kazimierz Woyniakowski und Zygmunt 
Sidorowicz beachtet. P. E. 


St. Moritz. Der Gedanke, die besten Werke Segan- 
tinis zu sammeln und in der Gegend, wo der größte 
Maler des modernen Italiens sich künstlerisch entwickelte 
und den weitaus größten Teil seines Lebens verbrachte, 
ein Segantini-Museum zu gründen, scheint jetzt 
seiner Verwirklichung entgegenzugehen. Die Gemeinde 
St. Moritz hat sich der Idee angenommen und den Bau 
des Museums beschlossen. Das Innere soll mit der von 
Troubetzkoy modellierten Broncebüste Segantinis ge- 
schmiickt werden. Ein besonderer Saal wird der Segan- 
tinischen Bibliothek vorbehalten sein, in welcher alle in 
den verschiedenen Ländern veröffentlichten Werke, Photo- 
graphien, Radierungen usw. des Künstlers enthalten sein 
sollen. 


Rom. Der Direktor der vatikanischen Galerien Prof. 
Ludwig Seitz ist hier in der Nacht des 10. September 
an Herzschlag gestorben. Seitz, obwohl in Rom geboren 
(1844), entstammte einer bekannten bayrischen Maler- 
familie, und hat sich als Maler einen guten Namen ge- 
macht. Man darf ihn den letzten Nazarener nennen. 
Seine Hauptwerke finden sih im Dom zu Freiburg und 
im Dom zu Treviso. in Rom malte Seitz im Vatikan und 
war zuletzt mit der Aushmückung der deutschen Kapelle 
in San Laurentius Des allge Der Künstler genoß das 
besondere Vertrauen Leos XIII., der ihn zum VerdruB 
der italienischen Künstler zum Direktor der vatikanischen 
Galerie machte. Als solcher hat Seitz sich ein ganz be- 
sonderes Verdienst erworben, indem er es nach langen 
Kämpfen durchsetzte, daß der vatikanischen Gemälde- 
sammlung neue, geeignete Räume angewiesen wurden. 
Der Tod des verdienstvollen Mannes bedeutet für das 
deutsch-rGmische Kunstleben einen schweren Verlust. 


CAE 


AGO NU 


F. R. Martin A History of Oriental 
Carpets before 1800. Reproduced and printed 
by the Printing Office of the Imperial-Royal 
Austrian Court and State in Vienna. Agent for 
the Sale Bernard Quaritch. London. 1908. 

Der Prachtpublikation der groBen Wiener 
Teppichausstellung 1891 hat deren Herausgeber 
Ritter v. Scala, im Laufe des letzten Jahres 
eine ähnliche Publikation folgen lassen, die in 
mindestens gleih vorzügliher Weise eine 
kleinere Zahl trefflicher alter Teppiche gewisser- 
maBen als Nachtrag zu dem ersten großen 
Werke darbietet. Wenige Monate nach der 
Vollendung dieser Publikation ist bereits wieder 
ein neues Prachtwerk erschienen, F. R. Martins 
„History of oriental carpets“, etwa in gleichem 
Format mit Farbentafeln derselben ausgezeich- 
neten Anstalt, der K. K. Österreich. Staats- 
druckerei, die die Tafeln für jene Werke 
anfertigte. In diesen Farbentafeln erweist 
sih die neue Publikation als eine Ergän- 
zung durch hervorragende Stücke, die seit- 
her erst bekannt geworden sind, meist gerade 
durch das Verdienst des Verfassers, der sie in 
seiner Heimat Schweden, in Dänemark oder 
im Orient auffand. Aber weit bedeutender als 
die Tafeln ist der Text dieses neuen Werkes, 
der 159 groBe Folioseiten umfaßt, die mit 
391 Abbildungen versehen sind. Das zum Lesen 
sehr unbequeme Format, das gleiche wie die 
Tafeln, möge keinen für orientalische Kunst 
Interessierten abschrecken, diesen Text nicht nur 
zu durchblättern, sondern zu lesen und zu 
studieren. Martin, der als Mitglied der schwe- 
dischen Gesandtschaft in Konstantinopel, Vorder- 
asien gründlich kennen gelernt hat, hat wirklich 
— wie es der Titel sagt — den ernsten Versuch 
gemacht, eine Geschichte der altorientalischen 
Teppiche zu schreiben, und dieser Versuc ist 
ihm in hohem MaBe gelungen. 

Als ich vor etwa 18 Jahren in ein paar Auf- 
sätzen im Jahrbuch der K. Pr. Kunstsammlungen 
das gleihe Thema behandelte, konnte ich dies 
nur als eine Studie zur Geschichte der vorder- 
asiatischen Knüpfteppiche bezeichnen, da ich die 
Gruppierung der zahlreichen und sehr mannig- 
faltigen orientalischen Teppiche, für die damals 
weder nach dem Alter noch nach dem Ort der Ent- 
stehung irgend begründete Bestimmungen vor- 
lagen, zunächst und vor allem aus dem Gesichts- 
punkte des Vorkommens ähnlicher Muster auf 
älteren Gemälden und in Miniaturen machen 


DRA] LITERATUR es 


EIA 
L © Cw), (6) 


konnte. Auf diesen Studien basiert im wesent- 
lihen auch noch das später von mir veröffent- 
lite Handbuch der „Vorderasiatischen Knüpf- 
teppiche älterer Zeit“. Martin steckt sich ein weite- 
res Ziel und zieht zur Erreichung desselben alle 
Hilfsmittel heran. Aus dem reichen, aber sehr 
zerstreuten Vorrat der altasiatishen Kunst- 
denkmäler aller Art sucht er das Vergleichs- 
material zu gewinnen, um die zeitliche Ent- 
wicklung der Teppichweberei im Osten festzu- 
legen und um zugleich die erhaltenen Teppiche 
auf die Länder, in denen diese Kunst zu den 
verschiedenen Zeiten geblüht hat, übersichtlich 
zu verteilen. Dies ist ihm, wie mir scheint, im 
wesentlichen geglückt. Besonders verdienstlich 
ist sein Versuch der Lokalisierung der ver- 
schiedenen Teppichgattungen. Er begnügt sich 
nicht damit, zwischen persischen, kleinasiatischen, 
spanischen u. a. Arten zu scheiden, sondern 
sucht für die wichtigsten Gattungen ihre Ent- 
stehung in bestimmten Zentren von Persien 
oder Kleinasien nachzuweisen. Er verweist die 
groBen wollenen Tierteppiche in die Nordwest- 
ecke von Persien, die im Handel als Ispahan- 
teppiche bezeichnete Art nach Herat, die shönen 
groBen Blumenteppiche mit den Vasen und stili- 
sierten Lilien nach Südpersien, nach Kirman, 
und die altertümlihen großen Teppiche mit 
derb stilisierten, meist chinesischen Tieren nach 
Armenien oder dem oberen Mesopotamien. In 
ähnlicher Weise sucht er für Kleinasien, wohin 
ih schon die Teppihe mit mathematischen 
Mustern verwiesen hatte, noch strenger zu lo- 
kalisieren: zu den schon durch die Händler meist 
richtig bestimmten Teppichzentren in Uschak, 
Bergama und Giordes fügt er Konia u. a. Plätze 
hinzu. Ausfihrlici bespricht er die maurisch- 
spanischen, skandinavischen, indishen und 
türkischen Teppiche, und schließt mit einer 
kurzen Charakteristik der Techniken. 

Für eine nach ihrer Technik eigentümliche 
Gattung, die in Angorawolle (z. T. auf seidener 
Kette) geknüpften Teppiche hatte ich (Dr. Sarre, 
den der Verf. deswegen angreift, war mir darin 
nur gefolgt) die Herkunft aus Syrien, namentlich 
auch Damaskus nachzuweisen gesucht; nicht nur 
wegen der Verwandtschaft des Dekors in Zeich- 
nung und Farbenstimmung mit dem der 


audi heute noch allgemein als Damaskusware . 


geltenden Fayencen des XVI. und XVII. Jahrhun- 
derts, sondern vor allem, weil in den alten vene- 
zianishenInventaren gerade Damaskus-Teppiche 


ri u S 


Literatur 


als Decken der Tische und Truhen aufgeführt 
werden und, weil solde Teppiche aus Angorawolle 
sich früher noch in großer Zahl, freilich regel- 
mäßig völlig abgetreten, in Venedig fanden und 
sogar als Tish- und Baldachindecken gewebt 
vorkommen. Damaskus war aber damals gerade 
ein Mittelpunkt für den Handel Venedigs nach 
dem Orient, und die venezianischen Inventare 
verzeichnen zahlreiche Gegenstände des orien- 
talischen KunstfleiBes, welche von Damaskus 
bezogen wurden.') Martin hat seinerseits einen 
Vorschlag für die Frage, woher diese in An- 
gorawolle gefertigten Teppiche stammen; er 
schreibt sie einer, freilich bisher nicht nachweis- 
baren, kaiserlichen Teppichfabrik in Kleinasien, 
unfern der Hauptstadt zu, die nur für den Hof 
gearbeitet habe. Dies erscheint mir schon des- 
halb unwahrscheinlich, weil Italien, insbesondere 
Venedig voll war von solchen Teppichen, die 
schon bei der feindlichen Stellung der Türken 
gegen Venedig im XVI. und XVII. Jahrhundert 
nicht als Geschenke des Sultans dahin gelangt 
sein können. Der Umstand, daß verschiedene, 
unter sih z. T. sehr abweichende Muster in 
Angorawolle hergestellt wurden, und daß diese 
Wolle damals wohl nur in der Nähe von An- 
gora gewonnen wurde, spricht freilich dafür, 
daß diese Teppiche, die bereits im Ausgang 
des XV. und noch bis in die zweite Hälfte des 
XVII. Jahrhunderts angefertigt wurden, im mitt- 
leren Kleinasien geknüpft worden sind. 

In der Datierung der verschiedenen Teppich- 
gattungen ist Martin nicht immer ebenso glück- 
lidh wie in ihrer Lokalisierung; er hat mehrfach 
die Neigung sie gar zu früh anzusetzen, während 
er sie ausnahmsweise auch einmal zu spät datiert, 
wie z. B. den prächtigen Gartenteppich bei Dr. 
Figdor in Wien. Bei den spanischen Teppichen 
Zz. B. läßt sich schon aus der Form der Renaissance- 
pilaster als Bordüren mit Sicherheit schließen, 
daB sie nicht schon 1500 oder früher, sondern 
erst im zweiten Viertel des XVI. Jahrhunderts 
entstanden sind. Am stärksten vergreift er sich 
m. E. bei der Datierung der großen Teppiche 
mit Tieren, die er der Zeit der Timuriden und 
selbst noci der Mongolen zuschreibt. Nach dem 
Muster der Bordüren, wie nach der Zeichnung 
und Stilisierung der Pflanzen und Tiere und dem 
steten Vorkommen chinesischer Elemente, die 
sich fast ebenso in den frühesten Seidenteppichen 
der Safiden finden, vermag ich diese Teppiche 
nicht über die zweite Hälfte des XV. Jahr- 


1) Die Urkunden die sich auf Teppiche beziehen, gebe 
id, soweit sie mir zur Verfügung stehen, am Schlusse 
dieser Besprechung, um dadurch zugleich auf das z. Z. 
unbenutzte reihe Quellenmaterial des verstorbenen Dr. 
Ludwig, das jetzt im Kunsthistorischen Institut zu Florenz 
aufbewahrt wird, hinzuweisen. 


925 


hunderts zurückzudatieren; die meisten scheinen 
mir sogar erst im Anfange des XVI. Jahrhunderts 
entstanden zu sein. Bei den groß und derb 
stilisierten Teppichen, die Martin als armenische 
bezeichnet, unterscheidet er die späten Nach- 
bildungen (Fig. 295) zu wenig von den wirk- 
lich alten, wie dem sogen. Graf’schen Tierteppich. 
Letztere mögen bis gegen das Jahr 1400 hinauf 
gehen, während in dem konservativen Berg- 
lande diese Muster noch bis ins XVIII. Jahr- 
hundert fast treu wiederholt wurden. Der 
gerade vom Verf. wiedergegebene Teppich mit 
der wertvollen armenischen Datierung 1684 
(Fig. 296) gibt den besten Beweis dafür. Den ver- 
wandten, von Martin um 1500 datierten Teppich 
(Fig. 304) halte ich nicht für älter als diesen. 
Wohl nur aus Versehen sind zwei späte Uschak- 
Teppiche (Fig. 283 und 293), zwischen diese 
primitiven Teppiche geraten und um 1550 und 
1450 datiert worden. 

Von den früher sogen. Polenteppichen sucht 
Martin mit Glück nachzuweisen, daß sie vom 
Schah eigens für Geschenke an die europäischen 
Höfe angefertigt worden seien, seit der Zeit 
des Schah Abbas I. bis in die zweite Hälfte des 
XVII. Jahrhunderts. Wir erfahren durch den 
Verf., daB die reiche Zahl solcher Teppiche, die 
heute noch am Hofe in Kopenhagen erhalten 
ist, durch eine Gesandtschaft des Schah an den 
Herzog von Holstein-Gottorp 1639 dahin kam, als 
Erwiderung der Geschenke, die dieser seinerseits 
durch eine Gesandtschaft an den persischen 
Hof geschickt hatte. DaB diese Teppiche nicht 
etwa polnisch sind, wie man eine Zeitlang 
annahm, sondern echt persisch und das Beste, 
was in Persien im XVII. Jahrhundert gemacht 
wurde, hatte ich vor nahezu zwanzig Jahren 
bereits gesagt und später eingehender be- 
gründet. Der Verf. verschweigt dies und kündet 
sogar seinen Beweis dafür ausdrücklich als etwas 
ganz neues an. Es ist leider überhaupt eine 
Schwäche des Verf., daß er das Verdienst anderer 
Autoren ungern anerkennt oder sie gar nur er- 
wähnt, um ihnen angebliche oder wirkliche Fehler 
nachzuweisen. Ici selbst kann mich nicht dar- 
über beschweren, da ja Martin ganze Seiten 
meines Handbuches unter ausdrücklicher Nam- 
haftmachung abdruckt, namentlich soweit ich 
den Nachweis über das Vorkommen der Teppich- 
gattungen in alten Gemälden gegeben habe. 
Aber die Art, wie der Verf. mehrfach gegen 
Friedrich Sarre polemisiert, wie er ihn namentlich 
in einer Anmerkung wegen Benutzung vonPhoto- 
graphien, die nur für ihn selbst in Konia aufge- 
nommen sein sollen, und wie er wegen dieses an- 
geblichen Vertrauensbruchs einen Kollegen, den 
deutschen Konsul Dr. Loytved zur Rede stellt, 


926 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


diese Art erinnert nur zu sehr an die üble 
Streitsucht der Gelehrten alter Zeit. Loytved hat 
sich durch seine Publikation der alten Bauten 
Konias als Forscher der islamischen Kunst und 
Epigraphik vorzüglich legitimiert, und hat in 
Konia als Gastfreund manchem Gelehrten, dar- 
unter auch gerade Herrn Martin, den Aufent- 
halt angenehm und belehrend gemacht. Aber 
auch abgesehen davon wäre der angebliche MiB- 
braudi der Photographien kein solches Vergehen 
‚gewesen, um überhaupt davon zu reden. Wenn 
der Verf. nun gar Dr. Sarre fast nur erwähnt, 
um ihm etwas anzuhängen oder anzudichten, 
wenn er mit keinem Worte auf die sich mit 
Martins Resultaten vielfach deckende Übersicht 
über die Entwicklung der alten orientalischen 
Teppichindustrie in dem im v. J. erschienen 
Wiener Werke Rücksicht nimmt, so möchten 
wir ihn auf Sarre’s eigenes Verhalten in seinen 
zahlreichen Arbeiten hinweisen, die alle ebenso 
sachlih und bescheiden, in ihrer Art so reiflich 
begründet, so in sich abgeschlossen sind, daß 
sie maßgebend und vorbildlich in der Forschung 
über vorderasiatishe Kunst dastehen. Diese 
knappe, vorsicitige Art von Sarres Forschung 
hätte gerade Martin sich zum Vorbilde nehmen 
sollen; jedenfalls hat er durch Sarres Arbeiten 
ebensoviel gelernt wie wir alle, und er hätte 
deshalb Veranlassung gehabt nur mit der größten 
Hocdadhtung von ihm zu sprechen. Doch das 
ist mehr eine Schwäche des Verf. als seines 
Buches, das wir daher trotzdem aufs wärmste 
empfehlen, und dem wir eine deutsche Über- 
setzung ohne die Tafeln und im handlichen 
Quartformat wünschen möchten. 


Auszüge betr. orientalishe Teppiche 
aus venezianishen NachlaBinventaren. 


26. I. 1478. Quondam Ser Andreas Benedictus 
(großer Seidenfabrikant in V.). 
„in una cassa cum le arme ed altre picture: 
un tapedo grande in do pezzi 
sie tapedi 
quatro tapedi tristi.“ 


3. I. 1511. Doma Andriana rel. . 
dano. 
„do tapedi damaschini novi 
un tapedo da tavola grando 
9 tapedi tra grandi e pizoli de più sorte vechij.“ 


. Pauli Lore- 


15. I. 1511. Doma Marina rel... Aloysij Gre- 
gorio. | 
„uno tapedo da tavola grando cimescasacho 


ala morese 

do tapedi picoli cimescasachi 

tapedi 5 turcheschi et rodioti de più sorte 
usadi et vedhij.“ 


31.1.1511. Dome Francescina . . nob. domi Vin- 
centij Gabriel. 
„do tapedi sopra i quali dise dover haver 
duci 8 
quatro tapedi damaschini 
quatro tapedi rodioti et turchescdii.“ 


9. II. 1511. Doma Clara . . . Philippi Trivisani. 
»4 tapedi vechij et 1 carpeta vechia de tapedo.“ 


2. V. 1511. Doma Helisabet Cavorlina qm Ser 
Gregorii. 
„In un altra cassa depenta tapedi 8 damas- 
chini et uno tapedo daschago grosso 
in un altra cassa depenta do tapedi vechi.“ 


4. V. 1511. Doma Lucretia relicta domi Bernar- 
di Busebi. 
„Una cassa ... con un tapedo vechio da do 
quadri 


do tapedi, uno novo da tre rode et uno vechio.“ 


7. V. 1511. Doma Lucretia ... Aloysii Gregorio 
wl tapedo da tavola usado 
14 tapedi de più sorte tra vechij et strazadi 
7 tapedi turcheschi usadi.“ 


4. VII. 1511. Dom. Delplunella . . . Maripietro. 
„15 tapedi usadi de più sorte.“ 


13. VIII. 1511. Dom. Maria relicta.de Gregoriis. 
„do tapedi grandi vechi da terra 
tapedi 6 usadi turcheschi tra grandi e mezani 
e uno tapedo damaschino vechio da descho 
tapedi 6 damaschini da cassa e uno grosso 
che fono No 7.“ 


4, XII. 1511. Viri nob. Dom. Hieronymus et 
Stephanus Contareno. 
„Una carpeta barbarescha longa braza 5, larga 
braza 3 
Un altra carpeta longa braza 4'/, e larga 3!/, 
Un altra longa braza . . . de carnola 
7 tapedi usadi turcheschi de più sorte 
10 tapedi de più sorte usadi 
Un altra de . . .“ 


18. XII. 1511. Doma Margarita rel. Ser Victoris 

Trono. 

„una schiavina (?), un tapedo vechio, 
fra altri tapedi, 5 carcari (?).“ 


22. IV. 1512. Clara Marcello rel ... Aloysii 
Trivisani. | 
„2 tapedi de terra da camera in 4 pezi 
1 tapedo barbaresho damasdhin finnissimo 
da cassa 
6 tapedi damaschini da capo usadi.“ 


Schon diese fast alle nur aus einem Jahre 
stammenden Inventare beweisen, welche auBer- 
ordentliche Menae orientalischer Teppiche da- 
mals in den Häusern der virer sai und reihen 


Literatur 


927 


Venezianer sich befanden. Die Benennungen in 
bezug auf Benutzung wie auf Herkunft der 
Teppiche sind durchaus gleichmäßige, sie geben 
uns aber trotzdem mancherlei Rätsel auf, die 
nur der in der Zeit- und Kulturgeschichte Ve- 
nedigs während der Renaissance völlig Be- 
wanderte lösen kann. Welcher Unterschied 
wurde zwischen ,tapedi“ und „carpete“ ge- 
macht? Welche Herkunft bezeichnen die Aus- 
drücke tapedi damaschini, turcheschi, barbareschi, 
cimescasachi usf. Dr. Ludwig, der gerade mit 
der Ausarbeitung dieses Teiles seiner sehr um- 
fangreichen Ausbeute aus den Inventaren Ve- 
nedigs beschäftigt war, als ihn der Tod viel zu 
früh abrief, hat für diese Arbeit nicht einmal 
Notizen hinterlassen; hoffentli wird aber bald 
ein Kenner der orientalischen Kunst diesen Schatz 
zu heben suchen. W. Bode. 


8 


Johannes Sievers. Pieter Aertsen. Ein 
Beitrag zur Geschichte der niederländischen 
Kunst im XVI. Jahrhundert. Hiersemann. Leip- 
zig 1908. | 


Die Arbeit des Herrn Sievers über den be- 
rühmten ,Lange Pier“ ist eine sehr fleiBige 
und interessante und bringt manches neue. Das 
Beste am Buch sind die vortrefflichen und zahl- 
reichen Illustrationen, welche einen ausgezeichne- 
ten Überblick über die Arbeiten des Amsterdamer 
Künstlers gestatten. Es ist Herrn Sievers ge- 
lungen, manches unbekannte Werk ans Tages- 
licht zu fördern, so das merkwürdige Stilleben 
in Upsala, wohl eins der ersten niederländischen 
Bilder welches ein richtiges Stilleben darstellt, 
und das Fragment einer Anbetung der Hirten 
auf SchloB Nieuwebruck, das vielleicht ein Bruch- 
stück der berühmten Altartafel der Oudekerk in 
Amsterdam ist, wie Verfasser eingehender zu 
beweisen versucht, die Kreuztragung aus der 
Kirche zu Balen a. Nethe usw. 


Viele Bilder Aertsens wurden zum ersten 
Male hier abgebildet oder näher gewürdigt. 

Die älteren und neueren Quellen werden in 
der Biographie benutzt und erwähnt; es wäre 
vielleicht nicht unpassend gewesen, van Manders 
Biographie vollständig in möglichst treuer Über- 
setzung dabei drucken zu lassen. 


AuBer den knappen biographischen Notizen 
besteht das Buch fast nur aus einem Catalogue 
raisonné der Werke Aertsens, einer Liste der 
ihm falschlich zugeschriebenen Werke und einem 
Nachwort, worin der Verfasser die künstlerische 
Bedeutung Aertsens zu schildern versucht. 


Dieser „Schluß“ ist m. E der schwädhste Teil 
des Buches. Er betrachtet ihn als Neuerer im 
Stilleben, als Bauernmaler in erster Linie, „der 
sich, nicht-als erster in der Reihe, der Zahl 
der Meister einfügt, die, mit Lucas van Leyden 
an der Spitze ..... allmählich Züge aus dem 
ailtäglihen Leben immer mehr in den Vorder- 
grund der Darstellung rückten“. Das ist doch 
wohl etwas wenig für Lange Pier! Er ist doch 
wohl einer derjenigen, weicher eine der hervor- 
ragendsten Stellen einnimmt bei der Erschaffung 
der Bauerninterieurs — er ist, neben Brueghel, 
der große Mann, der direkt zu Brouwer, 
Teniers und Ostade führt. Man denke nur 
an die Interieurs im Rijks-Museum und in der 
Sammlung Meyer varı den Bergh, letzteres 
schon ein direktes Vorbild für die frühen Ar- 
beiten Brouwers. Auch mit dem völligen 
Fehlen der Arbeiten von Zeitgenossen macht 
Herr Sievers es sich etwas leicht. Da hätte ein 
eingehenderes Studium von Handzeichnungen, 
von einigen doch noch in Stichen vorhandenen 
Arbeiten dieser Meister gewiß noch zu Resul- 
taten geführt. 

Audh ein Vergleich mit gleichzeitigen Werken 
Pieter Brueghels wäre lohnend gewesen. 

Was Verfasser über die Entlehnungen an 
italienischen Bildern (Raffael, Bassano) sagt, 
kommt mir sehr richtig vor. Auch ich glaube 
kaum, daß Aertsen in Italien war. Dafür ist 
seine Ärbeit zu holländisch geblieben. 

Wenn man das Buch von Sievers durch- 
blättert, kommt es einem fast sonderbar vor, 
wie merkwürdig manche Kompositionen Aert- 
sens an Jordaens erinnern. Bei beiden die 
geringe Luftperspektive, das Überfüllte, die- 
selben Arrangements bei den Anbetungen der 
Hirten usw. Wie viel höher steht aber Aert- 
sen hier doch schon als die meisten Maler an 
dem Ende des XVI. Jahrhunderts, die also nach 
ihm kamen; wie viel ursprünglicher ist er, und 
wie bricht überall der lebendige Zug nach dem 
Reellen durch! Er ist doch der groBe Genre- 
maler des XVI. Jahrhunderts, dem nur 
Pieter Brueghel zur Seite gestellt werden 
kann. 

Sehr richtig sagt Sievers am Schluß: „An 
die Stelle gezierter, antiker Göttinnen hat er 
die Küchenmagd gesetzt und ihr einen impo- 
nierenden Zug von gesunder Kraft und Rührig- 
keit gegeben.“ | - 

Noch eine Kleinigkeit. Das Bild des K. K. 
Hofmuseums in Wien, welches die alten Hol- 
länder „een borstentastertje“ nannten, ist doch 
wohl von Aertsen selbst, m. E. eine seiner 
geringeren Arbeiten. Mehrfach kommen in 
alten Inventaren (um 1650) „borstentastert- 


928 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


jes van Lange Pier“ vor. Das Amsterdamer 
Bild von Pieter Pietersz, dem Sohne, ist 
ganz anders — man vergleiche nur (auf der 
Tafel 32) auf den Bildern Köpfe und Hände! 
Es wäre auch schön gewesen, wenn Sievers 
uns über die Söhne etwas mehr berichtet hätte, 
aber da wäre allerdings das Werk vielleicht zu 
umfangreich geworden. Die Bilderbeschreibungen 
hätten neben den outen Abbildungen etwas 
knapper sein können; dagegen wäre etwas 
mehr über Beuckelaer und andere Nachahmer 
und Nachfolger bestimmt erwünscht gewesen. 


A. Bredius. 
9 


A.Hautp. Palast-Architektur von Ober- 
italien und Toscana vom XIII.—XVIII. Jahr- 
hundert. I. Verona. Berlin, Ernst Wasmuth, 
A.-G. 1908. 2°. 


Mit dieser Lieferung beginnt eine Fortsetzung 
der Raschdorffschen Publikationen fiber die Re- 
naissancepaläste von Toscana, Genua und Ve- 
nedig. Durfte man schon bei dem letzten Bande 
— Venedig — fragen, ob die Veröffentlichung in 
dieser Form modernen baukänstlerischen und 
kunstwissenschaftlichen Bedürfnissen entspreche, 
so ist dies noch mehr bei der jetzt beginnenden 
Folge der Fall. Als vor dreißig Jahren die 
Herausgabe des Reinhardt-Raschdorffschen Un- 
ternehmens begann, durfte sie allseitig mit Freu- 
den begrüßt werden. Heute stehen wir aber 
doch auf einem zu entwickelten Standpunkt, um 
jenes Schema noch befriedigt weiter genießen 
zu können. Die moderne Architektur mußte, 
durch Semper angeleitet, über die italienische 
Renaissance zu neuem Schaffen geführt werden, 
aber heute dient nicht mehr der italienische 
Palast als Eselsbrücke für den Architekten zum 
Aufpicken der verschiedenen Motivchen, das 
kann höchstens noch für den Hochschüler in den 
ersten Semestern der Fall sein. Heute verlangt 
der Architekt und — leider nur noch zu wenig — 
der Kunsthistoriker bei einem architektonischen 
Monumentalwerk nicht nur ein paar gestochene 
Details, die schließlich in älteren Monographien 
fast ebenso genau und zahlreicher zu finden 
sind, und Lichtdrucke, die bei den engen italie- 
nischen Gassen nur zu oft ein ganz falsches 
Bild von der Monumentalwirkung geben, son- 
dern eine entwicklungsgeschichtliche Darstellung. 
DaB der neue Herausgeber, bezw. Fortsetzer der 
Raschdorffschen Publikation, Albrecht Haupt ist, 
erscheint fast wie eine Ironie, denn gerade er 
gehört zu den wenigen Architekten, die sich 
auch als Kunsthistoriker einen sehr geachteten 


Namen gemacht haben. Der Inhalt der Lieferung 
enthält keinen Text und in den Tafeln neben 
dem Palazzo del consiglio und den widitigeren 
Wohnbauten Sanmichelis noch einige Barock- 
paläste von nicht übermäßiger Wichtigkeit. Auf 
dem etwas hypertrophischen Titel steht „Palast- 
Architektur.... vom XII.—XVIII. Jahrhundert“. 
Wenn irgendwo dieses unerfüllte Versprechen 
auch nur teilweise und leicht erfüllbar gewesen 
wäre, so wäre dies in Verona der Fall gewesen, 
das noch fast ganz ungehobene Schätze für 
den mittelalterlihen italienischen Palastbau 
bietet. Die Lichtdrucke sind gut, soweit dies 
nach der oben erwähnten Einschränkung mög- 
lich ist, die Stich(?)blätter können sich mit den 
vornehmeren Publikationen des vorigen Jahr- 
hunderts von Letarouilly, Geymüller-Stegmann, 
sogar den früheren „Raschdorffs“ nicht im ent- 
ferntesten messen, weii der Architekturstich eben 
bereits fast ganz ausgestorben ist. Wenn nicht 
der Herausgeber, soweit das ihm möglidı sein 
wird, das wissenschaftliche Interesse gegenüber 
dem des Verlegers durchzusetzen versteht, so 
dürfte die gesamte Publikation mehr im Interesse 
des letzteren, als der Allgemeinheit stehen. 


Hans Stegmann-Nürnberg. 
2 


Hans Wolfgang Singer. Die Klein- 
meister. Mit114 Abbildungen. Bielefeld und 
Leipzig. Velhagen & Klasing, 1908. [Künstler- 
Monographien, herausgegeben von H. Knack- 
fuB XCII) 


H. W. Singer ist einer der fleiBigsten und 
fruchtbarsten Kunsthistoriker. Durch die Schnel- 
ligkeit in der Produktion wurde die Güte seiner 
Bücher oft beeinträchtigt. Weil manche Arbeit 
als unfertige Frühgeburt zur Welt kam, mußten 
die Rezensenten häufig tadeln. Manchmal waren 
sogar harte Worte nötig. Da ist es erfreulich, 
diesmal loben zu können. Nicht unbedingt frei- 
lim. So gut wie Singers treffliche Arbeit über 
Le Blon ist dieses neue Buch nicht. Es ist aber 
auch kein rein wissenschaftliches Werk, sondern 
eines, das sich wie alle Bande dieser Folge an 
ein größeres Publikum wendet. Das einfache 
Thema gab auch geringen Anlaß, auf Abwege 
zu irren. Denn was die Kleinmeister bedeuten, 
ist in simpler Erzählung zu sagen. Inwiefern 
sie eine Gruppe bilden, in welcher Besonderheit 
sidh die einzelnen Meister zu erkennen geben, 
wie sie sich in Stil und Auffassung unter- 
scheiden, das hat Singer gut geschildert. Die 
Illustrationen sind mit Bedacht gewählt, so daB 


Literatur 


sie eine ganz ausreichende Vorstellung von den 
Künstlern geben. 
Thema nach einer Seite begrenzt, nach der 
andern erweitert. Erweitert, indem er Meister, 
die gewöhnlich nicht zu den Kleinmeistern ge- 
zählt werden, wie Hirschvogel, Lautensack, Lord 
und Jenichen noch in den Kreis seiner Erörterung 
hineinzieht. Begrenzt, indem er nur eine Seite 
ihrer künstlerischen Betätigung heleuchtet, die 
Kupferstiche. Sie sind aber beinahe alle auch 
Maler und Zeichner für den Holzschnitt gewesen. 
Gegen Begrenzung und Erweiterung läßt sich 
nichts einwenden, das Buch hat dadurch einen 
hübsch abgerundeten Inhalt bekommen. Zu 
offenen wissenschaftlichen Fragen Stellung zu 
nehmen, fand sich beim Schreiben dieses Buches 
kaum Gelegenheit. Wenn ich es recht übersehe, 
nur in einem Fall. Und da hat sich Singer frei- 
lich auf die falsche Seite gestellt. Friedländers 
schöner Nachweis, daß der Meister I. B. mit 
Pencz identisch sei, wird von Singer bekämpft. 
Sonst haben die unterrichteten Fachgenossen 
Friedlander beigestimmt. Singers Gegengründe 
lieBen sich, wozu aber hier nicht der Ort ist, 
leicht widerlegen. Natürlidı wird durch diese 
und ooch einige andere Meinungen, denen nicht 
beigepflichtet werden kann (ich will sie nicht 
erst erwähnen), Wert und Brauchbarkeit des 
Buches kaum gemindert. Denn den Lesern, für 
die es bestimmt ist, geschieht geringer Schaden, 
wenn sie, durch Singer bewogen, den I.B. und 
Pencz für zwei verschiedene Künstler halten. 


Jaro Springer. 


2 


Neue keramische Literatur. 1. Adolf 
Brüning. Porzellan. Mit 166 Abb. Hand- 
bücher der Kgl. Museen zu Berlin. Band XIII. 
1907. 2. Karl Fried. Gutmann. Die Kunst- 
töpferei des XVIII. Jahrh. im Großherzogtum 
Baden. Karlsruhe. Verlag der G. Braunschen 
Hofbuchdrucerei. Mit 5 Tafeln in Lichtdruck usw. 
1906. 3. Emil Heuser. Die Pfalz-Zweibrückner 
Porzellanmanufaktur. Mit Abb. im Text, 
6 Tafeln usw. Neustadt a. d. H. Ludwig Witter, 
Kommission, 1907. 4. Emil Heuser. Pfalzisches 
Porzellan des XVIII. Jahr. im Zusammenhang 
mit der Entwicklung der europ. Porzellanfabri- 
kation. Mit 3 Tafeln. S. A. aus den Mit- 
teilungen des Hist. Vereins der Pfalz. Speier. 
1907. 


Das längst erwartete Handbuch Adolf Brü- 
nings, der mit dem mustergiltigen Katalog der 


Singer hat das behandeite. 


929 


Porzellanausstellung im Berliner Kunstgewerbe- 
museum schon seine Meisterschaft auf diesem 
Gebiete bewiesen hat, ist das beste bisher vor- 
liegende Handbuch der Porzellankunst, das wie 
kein anderes imstande ist, eine klare, fiber- 
aus lichtvolle und orientierende Einsicht zu ge- 
währen. Die neueste Literatur ist überall in 
die Darstellung einverwoben, die außerdem 
eine Fülle neuer wertvoller eigener Forschungs- 
resultate auf diesem noch so häufig rätselvollen 
Gebiete enthält. Gerne liest man wieder die 
feine Analyse der Heroldschen Chinoiserien, die 
scion im Berliner Katalog so ansprach, die 
Schilderung der Kunst des Frankenthaler Mo- 
delleurs Link. Wertvoll ist das Kapitel über 
Berlin, das wir als das erste zusammenfassende 
über die gesamte Tätigkeit dieser Fabrik be- 
zeichnen müssen. Als erster hat Brüning so- 
dann die frühere plastische Kunst von Höchst 
vor Melchior, berücksichtigt. Gut und richtig be- 
obachtet ist der Hinweis auf die Verwandtschaft 
einiger zusammengehöriger Fulder Figuren mit 
Frankenthaler Modellen; allerdings braucht nicht 
unbedingt darum auf denselben Modelleur ‘ge- 
geschlossen zu werden, der in beiden Fabriken 
gearbeitet hat. Es handelt sich hier wohl nur 
um eine starke Beeinflussung des Fulders durch 
den Frankenthaler. 

Die Vermutung Brünings, daß die holländi- 
schen Steinzeuge von Ary de Milde u. a. un- 
abhängig von Böttcher und direkt nach chine- 
sishen Vorbildern entstanden seien, braucht 
nicht so bedingt hingestellt zu werden. Sie 
sind vielmehr ganz bestimmt von Böttcher 
unabhängig, da sie zeitli den Böttcherschen 
Erzeugnissen vorangehen. Den archivalischen 
Beweis hat ja der leider verstorbene Haager 
Sammler van der Burgh erbracht (Oud Holland 
XIX, 1901, S. 99 ff.); aus demselben geht hervor, 
daB die „potjes van Delfsche roode aarde“ 
bereits im letzten Viertel des XVII. Jahrhunderts 
erscheinen. 

Den Hauptbestandteil des Gutmannschen 
Buches bilden die Kapitel fiber die Fayence- 
fabriken zu Durlad und Mosbach sowie die 
Porzellanfabrik zu Baden-Baden. Seit vielen 
Jahren sammelte Gutmann besonders die Dur- 
lacher Fayencen und hat auch schon einmal 
etwas über dieselben geschrieben. Im Karlsruher 
Kunstgewerbemuseum und dem zu Hamburg 
stehen zahlreiche Stücke und Brinkmann hat 
auf Grund archivalischer Studien bereits im 
Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftl. An- 
stalten XIII. 1896. S. A. S. 22 f. eine vortreffliche 
Würdigung der hübschen kulturgeschichtlich so 
wertvollen volkstümlihen Fayencen gegeben. 
Unterdessen hat man eine größere Anzahl von 


930 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Aktenfaszikeln aufgefunden, die Gutmann mit 
verarbeitet hat. So kommt eine vielleicht etwas 
zu breite, alle Details registrierende Darstel- 
lung zustande, die Geschichte der Fabrik vom 
Anfang bis zum Erlöschen schildernd. Der 
Passus über die Erzeugnisse der Fabrik bringt 
gleichfalls viel Neues, aber die Vermutung Gut- 
manns, daß in der ersten Epoche unter den 
„Porcellain“-Waren etwas Anderes als Fayence 
zu verstehen sei, ist ganz haltlos. Echtes Por- 
zellan machte man sicher nicht, das gibt auch 
G. zu, aber ebensowenig fabrizierte man auch 
eine dem Steingut ähnliche Komposition; das 
Steingut wurde erst um 1770 auf dem Kontinent 
gebrannt. Eine der frühesten bezeichneten 
Durladier Fayencen besitzt das Kunstgewerbe- 
museum zu Karlsruhe, 1755 von Cyriacus Löwer 
gemalt, einen geborenen Kasselaner. Dabei hat 
G. übersehen, daß Löwer bereits 1748 als Blau- 
maler in der Höchster Fabrik vorkommt. Nicht 
ohne Wert ist die Nachricht, daB Löwers erste 
Frau aus Göppingen stammt und somit wahr- 
scheinlich sei, daB Löwer dort war. Stieda be- 
richtet übrigens, was G. unbekannt ist, daB 1750 
zu Göppingen ein Porzellanmaler aus dem 
Hessen-Kasselschen, der in Wrisbergholzen seine 
Kunst erlernt hatte, ein gewisser Cyriacus Loubert 
auftauchte, welcher sein Gutachten über das dor- 
tige Werk abgab. Vielleicht sind beide identisch, 

Die Porzellanfabrik zu Baden-Baden scheint 
wirklich diesen Namen verdient zu haben. Unter 
Zacharias Pfalzer (1771—78) scheint in der Tat 
Porzellan gemacht worden zu sein. Man bezog 
Passauer Erde und verfertigte u. a. Figuren, 
Fingerhüte, Dosen u.a. „Galanterien“, die wohl 
nur in Porzellan zu denken sind. Außerdem 
fand G. echte Porzellane mit goldenem Hack- 
oder Beilmesser und dem badischen vom Kurhut 
bekrönten Wappen als Marken. G. hat sich 
leider mit dem von französischen und englischen 
Keramikern seit Jahrzehnten mit Bestimmtheit 
der Fabrik zu Baden-Baden zugeschriebenen 
Porzellanen mit zwei Beilen oder zwei Beil- 
messern als Marken gar nicht auseinander- 
gesetzt. Chaffers z. B. berichtet von vier alle- 
gorischen Figuren der Künste aus den Samm- 
lungen Staniforth und Bohn. Die Akten der 
Fabrik im Karlsruher Generallandesarchiv, die 
ich durchsah, berichten ferner, daß Herr von 
Berckheim eine Reihe von Figuren kaufte. Es 
hätte sich verlohnt, dana zu suchen. Viel- 
leicht sind sie noch im Berckheimschen Schlosse 
zu Weinheim zu finden. Im Jahre 1750 schon 
hatten sich zwei „ausländische Porzellanmacher“ 
Jeremias Pitsch von Rothenburg und dessen 
Schwiegersohn Caspar Günther beim Mark- 
grafen gemeldet und um die Erlaubnis zur An- 


lage einer ,Porcellain-Fabrik“ in Baden-Baden 
angesucht. G. teilt diese Tatsache mit. Leider 
aber teilt er nicht mit, daB diese beiden Männer 
zu den typischen keramischen Vaganten des 
XVIII. Jahrhunderts gehörten. Pitsch war nach- 
einander z. T. in leitender Stellung in den 
Fabriken zu Ansbach, Öttingen, Fulda und 
Höchst. Günther kommt auch in Hödhst vor. 

Am wertvollsten ist für uns das letzte Kapitel 
über die Fayencefabrik zu Mosbach, einen Abieger 
der Frankenthaler Fabrik, die eine Zeitlang so- 
gar mit derselben Marke, dem Monogramm 
Carl Theodors ihre Erzeugnisse markierte. Nach 
den erhaltenen Fayencen zu schließen, hat sich 
die Fabrik mit ihren Erzeugnissen selten über 
das rein handwerksmäBige Niveau erhoben. 
G. hat es übrigens leider unterlassen, die auf 
denselben Akten beruhenden Aufsätze von Stieda 
zu erwähnen, die zwei Jahre vor dem Erscheinen 
seines Buches in der Zeitschrift für die Gesch. 
des Oberrheins gedrukt wurden. Die übrigen 
von G. behandelten Fabriken haben mit der 
Kunstgeschichte nichts zu tun. Zweifellos ist 
das Buch ein Stück ehrlicher und genauer Arbeit, 
die unsere Kenntnisse bedeutend vermehrt, aber 
eine gewisse Ungeduld darf man dem Leser nicht 
verübeln, der gezwungen ist, diese Kenntnisse 
mühsam aus einem Wuste unnötiger Details 
herauszukramen. 

Emil Heusers Buch über die Pfalz-Zwei- 
brückener Porzellanfabrik ist ein wirklich wert- 
voller Beitrag zur Geschichte des deutschen Por- 
zellans. Die Zweibrückener Fabrik, über die wir 
zerstreute Nachrichten schon lange haben, hatschon 
manchen zu Nachforschungen gereizt. Sticda be- 
sprach das wenige Bekannte in seiner „Keramik in 
Bayern“. Ich selbst habe in meiner Besprechung 
des Stiedaschen Buches in der Beilage zur Ällgem. 
Zeitung ein paar neue Notizen hinzu getragen 
und als Erster die Vermutung ausgesprochen, daß, 
falls man in Zweibrücen wirklich Porzellan 
gemacht hat, eine Reihe von Porzellanen mit 
dem Monogramm P. Z. dieser Pfalz - Zwei- 
brückenschen Fabrik zugeschrieben werden könn- 
ten. Heuser hat den Beweis erbracht, daB dies 
tatsächlich der Fall ist. Er hat auch die ihm 
bekannt gewordenen seltenen Porzellane — 
55 an der Zahl — mit dem Monogramm P. Z. 
zusammengestellt. Nachzutragen wäre ein hüb- 
sches Stück des Germanischen Museums, ein Be- 
hälter für Essig und Öl in Schifform, ein Modell, 
das auch in Straßburger Fayence und Höchster 
Porzellan bekannt ist. Merkwürdig wenig Figu- 
rales aber scheint die Fabrik geschaffen zu 
haben. Die Vermutung Heusers, daB alle im 
Besitze des Oberdirektors Stahl aufgeführten 
Porzellane von Zweibrückener Provenienz seien, 


nce ge en re 


Literatur 931 


halte ich in dieser Form für unrichtig. Einige 
davon wie der „alte Mann“ sind es wohl gewesen, 
andere aber wie die Bockreiter, die Melk- 
gruppen usw. kommen in den übrigen Listen 
und Inventaren nicht vor. Dem Buche Heusers 
sind als wertvolle Beigaben eine Markentafel 
und zwei Tafeln mit Abbildungen von Zwei- 
brückener Porzellanen angefügt. 

Einen kurzen Auszug aus dem Bude, ver- 
bunden mit einerknappen aber gut orientierenden 
Geschichte der FrankenthalerFabrik bietet Heusers 
Aufsatz über Pfälzisches Porzellan. Wertvoll 
ist der Nachweis einer abgebildeten Teebiichse 
mit blauem aufgedruckten Dekor; das Geheimnis 
des Verfahrens hatte, wie aktenmäßig festge- 
stellt ist, P. Berthevin 1770 der Fabrik verkauft. 


E. W. Braun. 
g 


Fridericianisches Barock. 80 Naturauf- 
nahmen in Lichtdruck nebst 6 Seiten einleiten- 
dem Text. Herausg. von O. Kloeppel. Baum- 
gärtner, Leipzig. (M. 30.—). 


Im Gefolge der modernen Architekturbewe- 
gung mehren sich Publikationen deutscher Bau- 
kunst des 18. und namentlich von der Wende 
zum 19. Jahrhundert. Sie sind zunächst an den 
Architekten gerichtet und wollen seinem Streben 
nach „Sachlichkeit“ förderlich und dienstbar sein. 
(„Sachlichkeit“ lautet das Feldgeschrei, womit 
heute für viele, die an künstlerischen Ideen 
Mangel leiden, alles gesagt ist.) Dem Kunst- 
historiker sind sie eine willkommene Erweite- 
rung seines Abbildungsmaterials, zumal es sich 
vielfach um abseitsgelegene und bisher wenig 
beachtete Denkmäler handelt. Unter den von 
Kloeppel herausgegebenen Aufnahmen sind die 
von Bürgerhäusern Frankfurts a. O. am 
wenigsten bekannt. Sie gehören der 2. Hälfte 
des XVIII. Jahrh. an. Von den italienischen Palast- 
fassaden in Potsdam, vor denen die Kolossal- 
säulen und Pilaster wie Riesengrenadiere aufge- 
pflanzt sind, unterscheiden sie sich vorteilhaft durch 
ihr einfach gefälliges, anständig proportioniertes 
Kleid. Kloeppel vermutet schlesischen Einfluß. 
Im übrigen enthalten die Tafeln gut ausge- 
führte Ansichten von Schlössern, Kirchen und 
Privathäusern in Berlin, Potsdam, Oranien- 
burg, Köpenick u. a. von der Zeit des Großen 
Kurfürsten bis ums Jahr 1800. Der Titel „Friderici- 
anisches Barock“ deckt sich kaum mit dem Inhalt, 
und die Begründung des Herausgebers, Frie- 
dridi I. und Friedrich der Große seien „die 
Hauptträger dieser Kunst“ gewesen, klingt doch 
etwas sehr äuBerlih. „Preußischer Barock und 


Klassizismus“, damit wäre das Thema schon 
eher bezeichnet. Denn — trotz der nahen 
künstlerischen Beziehungen zwischen den euro- 
päischen Ländern, trotz der Heranziehung frem- 
der Meister — ein preußischer Zug, eine stramme, 
soldatische, ein wenig trockne und unelegante, 
aber gediegene Haltung trennt die Bauten, die 
unter der Aegide der Hohenzollern entstanden, 
durchaus von ihren Zeitgenossen im übrigen 
Deutschland. Charakteristischerweise gibt das 
Rokoko nur ein verhältnismäßig kurzes Gast- 
spiel (unter Knobelsdorff. Um so fester und 
dauernder verbindet man sich der puritanischen 
Strenge des holländischen Klassizismus, der die 
wesentliche Richtung bis ins XIX. Jahrhundert 
hinein bestimmt. Es wäre eine dankbare Auf- 
gabe, das Besondere der brandenburg-preu- 
Bischen Architektur seit dem Groben Kurfürsten 
einmal herauszuheben und zu deuten. Die An- 
regung, die hierzu vor Jahren Lichtwark in 
seinem vortrefflichen Essay über Potsdam ge- 
geben hat, ist bis jetzt, soviel ich weiß, nicht 
benützt worden. Sollen Publikationen wie die 
vorliegende nicht nur in den Architekturbureaus 
als Eselsbrücken dienen (denn welcher wahr- 
haftige Architekt schöpft seine Bildung aus 
Photographien!), sollen sie auch dem Historiker 
dauernd wertvoll bleiben, dann ist zu wünschen, 
daB künftig auch die Grundrisse der wich- 
tigeren Gebäude mit aufgenommen werden. 


August Grisebad. 


2 


Selwyn Brinton, Mantua. Mit 85 Abbil- 
dungen. Leipzig, E. A. Seemann 1907. (Be- 
rühmte Kunststätten Nr. 37.) 


Für die allmählich auf eine recht stattliche 
Anzahl angewachsene Bandchenfolge der „Be- 
rühmten Kunststätten“ hat sich so etwas wie 
ein einheitlicher Stil nicht recht herausbilden 
wollen. Neben umfangreichen und gründlichen 
Arbeiten, die aber zum Teil wohl über das Be- 
dürfnis des Publikums, auf das die Sammlung 
ursprünglich berechnet war, beträchtlich hinaus- 
gehen, stehen feuilletonistische Kompilationen, 
neben Darstellungen von selbständigem wissen- 
schaftlichen Wert solche, die gerade der Kunst 
gegenüber, die hier doch die Hauptsache sein 
sollte, einen durch Kenntnisse und Urteil unge- 
trübten Dilettantismus vertreten. Das Bändchen 
über Mantua gehört im Großen und Ganzen zu 
dieser letztgenannten Kategorie. Es ist nach 
dem Manuskript des bekannten englischen Kul- 
turhistorikers Selwyn Brinton von Joh. Kurz- 

61 


932 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


welly ins Deutsche übersetzt worden; der Über- 
setzer hat seine Aufgabe mit Geschick erledigt, 
er hätte aber gut daran getan, auch als Bear- 
beiter aufzutreten und den Rotstift tüchtig zu 
handhaben. Denn der Verf. stellt durch seine 
mit behaglicher Breite dahinplätschernde, im 
Chronikenstil gehaltene Darstellung namentlich 
der älteren Geschichte Mantuas Anforderungen, 
denen die Geduld deutscher Leser zumeist 
nicht gewachsen sein dürfte. Besonders lästig 
wirken die zahlreichen, oft wörtlihen Wieder- 
holungen (z. B. S. 8 u. 14, S. 66 u. 78, S. 94 u. 
138 usf.) An sich wäre ja ein Kulturhistoriker 
ganz geeignet, die so wenig bodenständige 
Mantuaner Kunst einem größeren Kreise ver- 
ständlih zu machen. Denn ihre bedeutendsten 
Erscheinungen, die Werke wie die Künstler, 
sind auswärtiger Import und können im man- 
tuanishen Milieu nur durch den Zusammen- 
hang mit der gleichzeitigen Kultur- und Lokal- 
geschichte zu richtiger Wirkung gebracht wer- 
den. Andererseits aber müßte doch der Verf. 
auch imstande sein, die hier auftretenden künst- 
lerischen Problemlösungen (ich erinnere nur an 
Mantegnas Deckenmalerei, an den Bau von 
S. Andrea und S. Benedetto, an die römische 
Kunst des Palazzo del Te) ihrem Ursprung und 
ihrer Bedeutung nach zu erläutern, sonst bleibt 
alles ein totes Katalogisieren. Das ist nun 
leider hier sehr fühlbar der Fall; der Verf. 
zitiert meist die Meinungen — oft sogar die 
Beschreibungen — anderer, wo er aus eigner 
Anschauung der Kunstwerke urteilen sollte. 
Dabei ist ihm die neuere kunstgeschichtliche 
Literatur offenbar nur mangelhaft bekannt; 
anders läßt sich z.B. die ebenso naive wie über- 
flüssige Hypothese bezüglich des „schlummernden 
Cupido“ im Museo Greco-Romano (S. 176) nicht 
verstehen. 

Wer also Belehrung über Mantua als Kunst- 
stätte sucht, wird in dem Bande nicht viel Brauch- 
bares finden; dagegen bietet er immerhin eine 
sorgfältige und mit manchem neuen Material 
gearbeitete Geschichte der Stadt und des Fürsten- 


geschlechts der Gonzaga. Max Semrau. 


8 


Donop, Prof. Dr. Lionel von. Der Land- 
schaftsmaler Carl Blechen. Mit Benutzung 
von Aufzeichnungen Theodor Fontanes. Berlin. 
Verlag von Fischer und Franke. 1908. 8°. 


In der notwendigen, gründlihen und be- 
geisterungsfreudigen Kenntnis unserer großen 
Schriftsteller stehen wir Deutschen weit hinter 


den anderen Nationen zurük. Das ist eine 
betriibende Tatsache, die man sich fiiglich 
schämen sollte wieder einmal öffentlich an den 
Pranger zu stellen. Daß da menschlich im Ge- 
spräh gesündigt wird ist lange nicht so 
schlimm als daß neuerdings größere, wissenschaft- 
lime Arbeiten anfangen unbegreiflihe Zuge- 
ständnisse zu machen, unerhörte Zumutungen 
zu stellen. Eine bedenkliche Leichtfertigkeit, 
mit der bei der Zitierung verfahren wird, (wofür 
selbst das Goethe-Jahrbuch ein Beispiel schlimm- 
ster Art liefert), reicht brüderlich einer eigen- 
artigen Verwertung von Aussprüchen bedeuten- 
der Männer die Hand, die unverändert dem 
Text eingefügt oder geschickt umgemodelt werden 
um für die eigene Geistesarmut der modernen 
Verfasser einzutreten, während sie doch nichts 
anderes darstellen als eine grobe Täuschung 
der Leser, deren Unkenntnis unbefangen vor- 
ausgesetzt wird. Man könnte über dieses 
Scimocksystem mit geborgten Brillanten ruhig 
hinwegsehen und es „zum Übrigen“ im deutschen 
Vaterland legen, wenn nicht anscheinende Teil- 
nahmslosigkeit von der Gegenseite gerne als 
Zustimmung ausgelegt werden würde. Es ist 
also höchste Zeit wieder einmal gehörig Protest 
zu erheben, und zwar diesmal gegen eine erst 
kürzlich geschehene Verunglimpfung Goethes, 
der allerdings mit seinen vielen Bänden ge- 
schéftigen Kompilatoren zu gefälliger Auswahl 
genug Material vorlegt. In der oben ange- 
zeigten Monographie über den vorzüglichen 
Landschafter Carl Blechen, den uns die Jahr- 
hundertausstellung von neuem nahe brachte, er- 
fahren wir über die Anfänge der italienischen 
Reise des Künstlers folgende Einzelheiten (S. 39): 
„In Roveredo, wo man die ersten italienischen 
Laute hörte, traf Blechen am 11. September ein. 
Er rühmt die schöne Aussicht in Torbole bei 
Riva und bedauert, keinen Freund zur Seite zu 
haben. Nach eingehender Besichtigung der Stadt 
Verona begab er sich über Vicenza und Padua 
nach dem märchenhaften Venedig, wo er fast 
volle vier Wochen sich aufhielt. Blechen notiert: 
‚Am 4. Oktober sah ich im Theater St. Lukas 
ein Stück in Masken. Am 6. Oktober war das 
Hochamt, dem der Doge alljährlich beiwohnt; mit 
ihm waren 50 Nobili in langen, dunkelroten 
Schleppkleidern. An demselben Tage hörte 
ich den famosen Gesang der Schiffer, die ich mir 
für den Abend bestellt hatte; sie singen Strophen 
aus Ariost und Tasso nach ihrer eigenen Melo- 
die. Am 9. Oktober fuhr ih noch einmal nach 
dem Lido ans Meer und habe der Wirtschaft 
der Seeschnecken, Patellen und Taschenkrebse 
mit groBem Interesse zugesehen. Was ist doch 
ein Lebendiges für ein köstliches Ding! — 


Literatur 


933 


qq meme 


Am 24. Oktober verlieB ich Venedig und verlieB es 
gern, weil es mich immer mit wachsender Sehn- 
sucht nah Rom zog.‘ Ferrara, Bologna und 
Florenz streifte Blechen mit flüchtigem Blick, 
‚denn die Begierde, nach Rom zu kommen, war 
so groß und wuchs so sehr, daß nirgends ein 
Bleiben mehr war‘.“ 

Wenn wir uns schon beifällig daran er- 
freuen, daß Blechen den gleichen Weg einge- 
schlagen hat, den 42 Jahre vor ihm Goethe 
wandelte, wird unser Erstaunen geweckt über 
die goethesche Prägnanz, mit welcher der Kott- 
buser Landschaftsmaler seine Eindrücke formu- 
liert. Wir greifen zum Vergleich nach Goethes 
italienischer Reise, die in der Ausgabe letzter 
Hand bereit liegt, und schlagen den 11. Sep- 
tember 1786 auf: 

„Roveredo, den 11. September 1786. Abends. 

Hier bin ich nun in Roveredo, wo die Sprache 
sich abschneidet; oben herein schwankt es nom 
immer vom Deutschen zum Italienischen .. .“ 
und fahren aufmerksam fort: 

„Torbole, den 12. September 1786. Nadı Tische. 

Wie sehr wünschte ich meine Freunde einen 
Augenblick neben mich, daß sie sich der Aus- 
sicht freuen könnten, die vor mir liegt! . . .“ 


» Venedig, den 4. Oktober. 


Gestern war ich in der Komödie, Theater 
St. Lucas, die mir viel Freude gemacht hat: ich 
sah ein extemporiertes Stück in Masken, mit 
Naturell, Energie und Bravour aufgeführt... .“ 


„Venedig, den 6. Oktober. 


. . . Heute früh war ich bei dem Hochamte, 
welchem der Doge jährlidi an diesem Tage, 
wegen ‘eines alten Siegs über die Türken, in 
der Kirche der heiligen Justina beiwohnen muB... 

Etwa fünfzig Nobili, in langen, 
dunkelroten Schleppkleidern, waren mit 
ihm, meist schöne Manner... 

Auf heute Abend hatte ich mir den famosen 
Gesang der Schiffer bestellt, die den Tasso und 
Ariost auf ihre eigenen Melodien singen . . .“ 


„Venedig, den 9. Oktober. 


.. + IM wende midi mit meiner Erzählung 
nochmals ans Meer: dort habe ich die Wirt- 
schaft der Seeschnecken, Partellen und Taschen- 
krebse gesehen und midi herzlich darüber ge- 
freut. Was ist doc ein Lebendiges für 
ein késtliches, herrlihes Ding!.. .“ 


„Bologna, den 20. Oktober. In der Nacht. 


. « + + Ich fühle mich unwiderstehlich vorwärts 
gezogen; nur mit Mühe sammele ich mich an 


dem Gegenwärtigen. Und es scheint, der Himmel 
erhört mich. Es meldet sich ein Vetturin gerade 
nadh Rom: und so werde ich morgen unaufhalt- 
sam dorthin abgehen . . .“ 


„Rom, den 1. November 1786. 


. .. Die Begierde, dieses Land zu sehen, 
war überreif: da sie befriedigt ist, werden mir 
Freunde und Vaterland erst recht wieder aus 
dem Grunde lieb und die Rückkehr wünschens- 
wert... 

Ueber das Tiroler Gebirg bin ich gleichsam 
weggeflogen. Verona, Vicenza, Padua, Venedig 
habe ich gut, Ferrara, Cento, Bologna flüchtig 
und Florenz kaum gesehen.. .“ 

Wir haben zunächst keine weiteren Beweise 
nötig, um die Übereinstimmung, die wir mit 
steigender Verwunderung und Verdrossenheit 
empfinden, festzustellen. Völlig rätselhaft er- 
scheint das Vorgehen des Verfassers der Mono- 
graphie über Blechen! Hat von Donop über- 
haupt nicht gemerkt, daß es sich hier, bei den 
angeblichen Tagebuchnotizen Blechens, um Ab- 
schriften aus Goethe handelt? Wir werden 
weiter unten ein berühmtes Wort Goethes an- 
führen, das von Donop ebenfalls für Blechen in 
Anspruch genommen hat. Oder hat von Donop, 
obwohl er Blechens Aufzeichnungen als Ab- 
schriften erkannte, trotzdem geglaubt, Blechen 
habe etwa auf seiner italienischen Reise selbst 
dem Datum nach Goethes Spuren verfolgt und 
seine Beobachtungen denkfaul mit goetheschen 
Worten aus dem im Köfferchen mitgeführten 
Exemplar des Goetheschen Tagebuches herüber- 
gezogen?! Auch diese Rettung versagt sich 
von Donop leider. Denn eine Zeichnung von 
Blechen in der Nationalgalerie „Der Pfarrhof 
von St. Lorenz in Nürnberg“ (von Donop selbst 
S. 39 angeführt! !) trägt das Datum des 13. Ok- 
tobers. Da Blechen Nürnberg am 13. Oktober 
auf der Hinreise nach Italien besuchte, kann er 
bei den damaligen Verkehrsverhältnissen schwer- 
lich bereits am 4. Oktober in Venedig gewesen 
sein. 

Endlich hätte von Donop an den „Nobili mit 
den roten Schleppkleidern“ mindestens histori- 
schen Anstoß nehmen müssen! Blechen reiste 
doch ein Menschenalter nach dem Frieden von 
Campo Formio. Die Kirche S. Giustina war 
bereits 1810 geschlossen worden! 

Weniger zum eigenen Vergniigen, als um 
von Donops Arbeitsweise noch mit weiteren 
Beispielen zu charakterisieren, schlieBen wir die 
folgende Vergleichsstelle an: 

Auf Seite 40 der v. Donopschen Schrift heiBt 
es von Blechen: „Dem Gefühl, in der ewigen 


934 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


D 


Roma festen FuB gefaBt zu haben und das Land 
seiner Sehnsucht nun endlich durchwandern zu 
können, lieh er am 1. November die Worte: 
‚Nun bin ic hier und ruhig. Und wie es 
scheint, ist auch mein ganzes Leben be- 
ruhigt. Dann fängt ein neues Leben an, wenn 
man das mit Augen sieht, was man teilweise 
schon auswendig kann.“ Goethe hatte am 
1. November 1786 niedergeschrieben: „Nun bin 
ich hier und ruhig, und wie es scheint, auf mein 
ganzes Leben beruhigt. Denn es geht, man 
darf wohl sagen, ein neues Leben an, wenn 
man das Ganze mit Augen sieht, das man teil- 
weise in- und auswendig kennt.“ 

Weiter Seite 58 (v. Donop), unten: Er brachte 
seine Ausbeute (gemeint ist die Ausbeute von 
der italienischen Reise) mit dem Wunsche heim, 
daB sie ihm selbst und anderen durchs Leben 
hin zur Leitung und Förderung dienen mödhıte.“ 
Goethe hatte gleichfalls am 1. November 1786 
geschrieben, ihm sei die Rückkehr aus Rom 
„desto wünschenswerter“, da er „mit Sicher- 
heit* empfinde, daß er „so viele Schätze nicht 
zu eigenem Besitz und Privatgebrauch mit- 
bringe“, sondern daß sie ihm „und anderen 
durdis ganze Leben zur Leitung und Fördernis 
dienen sollen“. 

Man darf sich begnügen mit dieser Gegen- 
überstellung. Weitere Worte zu verlieren ist 
wohl unnötig. Daß von Donop im übrigen bei 
seiner Monographie die Vorarbeit von Liitwark 
und Mackowsky ergiebig benutzt hat ohne 
weiteres zu erklären, als daß sie Blechens 
„Lebenslauf und kfinstlerishen Entwicklungs- 
gang eingehend verfolgt haben“, erscheint 
weniger verwunderlich. DaB er hingegen Kerns 
Bericht in der Sitzung der Berliner Kunst- 
geschichtlichen Gesellschaft vom 10. Januar 1908, 
wo eine Reihe wichtiger Mitteilungen über 
Blechen erstmals bekannt gegeben wurden — 
der Bericht ist gedruckt und sein Inhalt auch 
in den „Monatsheften“ erwähnt worden — voll- 
ständig ignoriert, trotzdem aber mehrfach 
(Donop S. 20, 86, 87) benötigt, entspricht 
wohl kaum den Geflogenheiten der wissen- 
schaftlichen Methode. 

Von dieser weiß von Donop allerdings recht 
wenig, Das glauben die vorstehenden Aus- 
führungen bewiesen zu haben. Er hat einen neuen 
Beitrag für den Lichtenbergschen Spruch gegeben, 
daß Bücher aus Büchern geschrieben werden. 
Dem Donopschen Buche wäre auch (schon seiner 
unglaublichen stilistishen Abfassung wegen) 
nicht die Ehre zuteil geworden, hier ausführlich 
besprochen zu werden, wenn wir seine Arbeits- 
weise nicht als warnendes Beispiel hätten fest- 
nageln wollen. Wir Kunsthistoriker werden 


nur allzuhäufig von den Vertretern des streng 
Wissenscaftlihen als Dilettanten, als Minder- 
berechtigte angesehen. Darum erscheint es als 
Pflicht, nur mit der größten Gewissenhaftigkeit 
die Arbeiten auszuführen, die unserem Gebiete 
zugewiesen sind. Erst dann können wir die 
Achtung und Gleichberechtigung, die unserer 
Wissenschaft gebührt, beanspruchen. Bücher 
wie Donops Monographie über Blechen be- 
wirken das Gegenteil. Ja, sie führen, wie ein 
ernstes Wort von Michael Bernays sagt, leider 
dazu, daß die Geringschätzung, die allein dem 
Einzelnen gebührt, auf das Studium selber 


übertragen wird. Uhde-Bernays 


2 


Albert von Hofmann. Die Grundlagen 
bewuBter Stilempfindung. BeiW.Spemann, 
Berlin und Stuttgart. 


Eine reich gegliederte Reihenfolge schön- 
geistiger Betrachtungen: 1. der Stil, 2. der Be- 
griff des Malerischen. Über 300 Oktavseiten. 
Es handelt sich hier um eine „Anleitung zum 
stilreinen Empfinden, um die nüchtern praktische 
Schule eines bewußten Schönheitsgefühls.“ — 
Die Grundlage des 1. Teils bildet das heikle Wort 
„Stil“. Hier wird es als Folgerichtigkeit gefaßt, 
Zweck und Material als ihre Grundlagen: Die 
soliden Prinzipien aller angewandten Kunst. 
In unbefangener und sicherer Weise — A. v. Hof- 
mann ist der kenntnisreiche Verfasser mehrerer 
historischer Reisebegleiter durch Deutschland — 
wird der Leser über den reinen , Stil“ in Bau, 
Wohnung, Gerät und Kleidung orientiert. Dem 
Historischen ist durchweg eine besondere Auf- 
merksamkeit zugewandt; der Autor ist der 
Überzeugung, daß heutzutage im Kunstgewerbe 
„tatsächlich noch nichts Rechtes geleistet“ wird. 
Und dennoch, einer oder der andere hätte viel- 
leicht gerne noch ausführlicheres über die Folge- 
richtigkeit in unseren heutigen Mietswohnungen 
und ihrer Einrichtung erfahren; vielleiht auch 
über die Folgerichtigkeit der heutigen Kleidung. 
— Unter Stilisieren versteht der Autor sehr 
charakteristisch: etwas richtig darstellen, oder 
aber etwas in historischer Form, in „Kunstform“ 
darstellen. Hierzu gehört, wie wir bald er- 
fahren, nicht nur Kenntnis der historischen Form, 
sondern auch die des historischen Geistes; „es 
gehören freischaffende Fähigkeiten dazu, die 
unser heutiger Begriff „künstlerisch“ nicht decken 
kann“. — Der SchluBabschnitt, der die Folge- 
richtigkeit in Schule und Kirche, in Staat und 
Recht behandelt, wird leider vorenthalten. 


Literatur 


Der 2. Teil enthält „eine Anleitung wie 
Malerisches richtig bewertet werden soll.“ Das 
vieldeutige Wort ,malerisch“ ist hier in der 
Bedeutung ,sinnfällig“ genommen, was eine 
sehr fruchtbare Wendung vorstellt. Der ebenso 
besonnene wie umsichtige Führer zeigt der 
Reihe nach alle nur denkbaren sinnfälligen Schön- 
heiten auf, die sich dem Aufmerksamen bieten 
können. Den Schlußteil wollte der Autor dies- 
mal nicht zurückbehalten, er behandelt das 
»Malerische“ in den Künsten. 

Diese beiden Bücher dürften manchen neuen 
Gedanken anregen: Es ist hier vom guten 
Geschmack die Rede. Was ist eigentlich guter 
Geshmak? Etwa: eine ausgesprochene Be- 
vorzugung bestimmter sinnlicher Qualitäten. Gut. 
Wie lernte ich solche Auswahl? Durch eigenes 
Wagen. Häufiger durch bewußte oder unwill- 
kürliche Anlehnung an gewählte Vorbilder. Wer 
lehrte mich aber gerade diese Vorbilder? Wohl 
das starke Beispiel meiner Umgebung, mein 
Ehrgeiz, auch hierin den Allerbesten gleidh- 
zukommen. — War das nun nicht mehr als die 
bloße Sucht, für geschmackvoll zu gelten, mehr 
als die seichte Befriedigung über den Eindruck, 
den ich so auf andere bewirkte? War's nicht 
zu allererst ein eigentümlich feines Gefühl der 
Genugtuung ganz bei mir selbst, als ich empfand: 
da habe ich nun das Richtige getroffen? (Wenn 
ich endlich gar fühlte, daß ich unabhängig von 
fremden Einflüssen die glückliche Wahl treffen 
könnte?) War da die heillose Spannung des 
Alltags — für den Moment wenigstens — durch 
eine Art Einfühlung, Einbli&k — geringfügig oder 
nicht — war sie da nicht jedesmal gar merk- 
: würdig durchleuchtet und gehoben? R, Czapek. 


2 


Arthur W. Unger, Wie ein Bud ent- 
steht. Leipzig, B. G. Teubner, 1908. Mit 7 Tafeln 
u. 26 Abb. im Text. (Aus Natur und Geistes- 
welt 175. Bändchen.) Preis geb. 1,25 Mk. 


Allen denjenigen, die ein Interesse daran 
haben, zu erfahren, wie heutigentags ein Buch 
entsteht, wie das Papier gemacht wird, wie das 
Buch gesetzt, gedruckt und gebunden wird und 
wie die verschiedenen Arten der Abbildungen 
hergestellt werden, kann dieses Büchlein nur 
auf das angelegentliciste empfohlen werden. 
Der Verfasser, Professor an der K.K. Graphischen 


Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, schildert 


alle die verschiedenen technischen Prozesse mit 
ebenso grosser Sadıkenntniss wie Anschaulich- 
keit. Das Buch gibt in seiner eigenen Druck- 


935 


anordnung und Ausstattung außerordentlich 
lehrreiche praktische Beispiele von allem, was 
im Text erklärt wird. Zum Beispiel ist eine 
Anzahl von Seiten in verschiedenen Schriftarten 
und Satzanordnungen (enger, weiter, durch- 
schossener Satz usw.) gedruckt, wir sehen an 
2 Textseiten, wie verschmierter und zu blasser 
Druck aussieht, die verschiedenen Bogen des 
Buches sind auf verschiedenartigen Papieren 
gedruckt, so daß wir in praxi die Arten der 
heute für verschiedene Zwecke gebrauchten 
Druckpapiere kennen lernen. Wir finden eine 
Übersicht über die Typengrössen, ein Korrektur- 
schema und ein Zurichteschema. Die Abbildungen 
und Tafeln führen die Setzerwerkzeuge und die 
Druckmasdiinen vor und sind zugleich Beispiele 
für alle Reproduktionsarten, die im Text knapp 
und leidit faBlich erklärt werden. Kurzum zur 
Orientierung für den Laien kann es kein besseres 
und anschaulicheres Handbiichlein geben. 

Wer sich eingehender unterrichten will, der 
sei zugleich auf desselben Verfassers ausge- 
zeichnetes umfangreicheres Werk: „Die Her- 
stellung von Büchern, Illustrationen, Akzidenzen 
usw.“ (Halle, Wilh. Knapp, 1906) hingewiesen. 


J. Loubier. 
2 


KLEINE ANZEIGEN 


Die Raccolta Vinciana hat soeben ihr 
viertes Jahresheft herausgegeben. Bekanntlich 
wurde dies in seiner Art einzigartige Unter- 
nehmen i. J. 1905 von dem vor allem um die 
Kunstdenkmäler Mailands hoch verdienten 
Senator Luca Beltrami ins Leben gerufen. Die 
Raccolta Vinciana ist dem Archivio storico del 
Comune di Milano im Castello Sforzesco ange- 
gliedert. Sie verfolgt den Zweck, sämtliche 
Publikationen über Lionardo da Vinci zu sam- 
meln und in einem besonderen Raume allen 
Lionardo-Forschern zugänglich zu machen. Ein 
jährlich erscheinendes Heftchen gibt Aufschlüsse 
über neue Erwerbungen der Raccolta, über 
Neuerscheinungen der Lionardo-Forschung, über 


‘ die Mitgliederzahl usw. Neben diesem vor- 


wiegend bibliographischen Inhalt bringt das 
Bollettino aber audı selbständige Forschungen 
geringeren Umfanges. So brachte schon das 
zweite Heft ausfihrlicie Regesten zum Leben 
Lionardos, die für jeden Lionardo-Forscher un- 
entbehrlich geworden sind. 

Die Raccolta Vinciana, die von ihren Mit- 
gliedern nicht einmal einen Beitrag erhebt, son- 
dern eigentlich nichts weiter verlangt als Inter- 
esse an der Sache, das sich bei Gelegenheit 


936 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


durch Zuwendungen an die Bibliothek betätigen 
kann, zählt heute schon mehr als 150 Mitglie- 
der. Sie setzen sich bunt genug aus allen 
Nationen zusammen. Es sind aber nicht nur 
Privatpersonen, sondern auch Akademier, Fakul- 
täten, Redaktionen und wissenschaftlihe Ge- 
sellschaften dem Unternehmen beigetreten. 

Man kann nur wünschen, daß Luca Beltra- 
mis erfolgreiche Initiative vorbildliih wirken 
möchte. Ja man wundert sich eigentlich, daß 
das Unternehmen der „Raccolta Vinciana“ nicht 
schon längst in weitesten Kreisen bekannt ge- 
worden ist und auch außerhalb Italiens Nadh- 
ahmung gefunden hat. Tatsächlich ist Lionardo 
bis heute nodi der einzige unter den großen 
Meistern, für dessen Studium eine Spezialbiblio- 
thek zu allgemeiner Benutzung offen steht. 
LieBen sich ähnliche Studienquellen nicht auch 
für Raffael und Michelangelo, für Dürer und 
Grünewald, für Rembrandt und Rubens er- 
sdilieBen? Gerade heutzutage, wo audi die 
Kunstwissenschaft schon über zahllose Organe 
in allen Sprachen verfügt, wo es nicht selten 
unmöglich ist bestimmte Arbeiten in bestimmten 
Zeitschriften sich zu eigen zu machen, würden 
Zentralstellen, wie sie Luca Beltrami für Lio- 
nardo da Vinci geschaffen hat, dem Forsdier 
die Arbeit oft unendlich erleichtern. 


Ernst Steinmann. 


8 


Der Bayerische Verein der Kunstfreunde 
(Museumverein) in München bietet in einem 
Verzeichnis seinen Mitgliedern und Freunden 
und allen denen, die es werden wollen, in Wort 
und Bild seine Erwerbungen an Werken alter 
Kunst, die durch Schenkung oder durch Ankauf 
dem Vereine seit dessen Gründung im Sommer 
1905 bis zum Beginn des Jahres 1908 zugeführt 
und in den Sammlungen des Bayer. Staates auf- 
gestellt werden konnten. — Was der junge, 
rührige Verein in der kurzen Zeit seines Be- 


stehens trotz der in München nicht allzureichlich 
für Kunstzwecke fließenden Privatmittel schon 
erreicht hat, ist sehr beträchtlich und erfreulich. 
Die ägyptische Kunst ist durch Shenkungen des 
Prinzen Rupprecht und des Freiherrn v. Bissing 
vertreten. Die Kalksteingruppe eines Ehepaaret 
aus dem alten Reiche ist zwar im Stil nichs 
hervorragend und von gedehnten Proportionen, 
vermag aber doch bei ihrer guten Erhaltung 
eine empfindliche Lücke in der Glyptothek aus- 
zufüllen. Imposant ist die Granitstatue der 
Göttin Sechmet aus der Kunst des neuen Reiches. 
Eine andere Schenkung des Frhrn. v. Bissing 
wird noch Furtwänglers Rat verdankt: es ist eine 
entzückende korinthische Terrakottastatuette der 
Aphrodite, die sih das Busenband anlegt. Dr. 
M. Berolzheimer schenkte ein wenngleic 
etwas verwaschenes, aber immer noch sehr reiz- 
volles attisches Grabrelief der Zeit um 400 vor 
Chr., sowie ein Gemälde von Michael Osten- 
dorfer, das SchweiBtuch der Veronika, Prof. 
Pringsheim einen Marmorkopf der Kapitolinischen 
Venus, Frhr. v. Cramer-Kiett, der erste Vor- 
stand des Vereins, ein Bildnis des Lord Mulgrave 
von Sir Thomas Lawrence, der Verleger Otto 
Bassermann in Stuttgart ein von Wilhelm Busch 
gemaltes Bildnis eines Malers, das kiinstlerisch 
weit über jenen Gemälden steht, die kürzlich 
auf den Kollektivausstellungen von Busdis 
Nachlaß in München zu sehen waren. — Aus 
Mitteln des Vereins konnte bisher erworben 
werden eine Narkissos-Statue nach Polyklet, 
eine tüchtige römische Kopie, die Furtwängler 
aus englishem Besitze dem Vereine zuführte, 
ferner das Brudhstück einer Anbetung des Kindes 
von Luca della Robbia, zwei lieblihe schwe-: 
bende Engel mit gefalteten Hinden. — Audi 
seit Erscheinen des Verzeichnisses im Februar 
dieses Jahres ist der Bayerische Museumsverein 
nicht müBig geblieben, denn er kaufte inzwischen 
ein altbabylonisches Alabasterköpfchen der Zeit 
um 3000 vor Chr. und eine schöne Taufe des 
äthiopischen Kämmerers von Pieter Lastmann, 
dat. 1620, aus altem schwedischem Privatbesitze. 


BIBLIOGRAPHIE 


]. Alte Kunst. 


Art ancien. — Ancient art. 


I. Prähistorie. 
Art préhistorique. — Prehistoric art. 


Bally, E. Höhlenfunde im sog. Käslod bei 
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2. Antike. 
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Amelung, Walth. Die Skulpturen des vati- 
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Mitwirkg. des kaiserl. deutschen archäolog. 
Instituts (röm. Abteilg.) beschrieben. 2 Bd. 
Belvedere. Sala degli animali. Galleria delle 
statue. Sala de’ busti. Gabinetto delle mas- 
chere. Loggia scoperta. (IV, 768 S. mit 83 
Taf. 33><28 cm.) gr. 8°. Berlin, (G. Reimer) 
08. Geh. u. kart. 30.— 


Conway, M. The ideal of egyptian art. 
(North. Americ. Rev., 2.) 
Cultrera, G. Il rilievo paesistico rinvenuto 


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friedens. Ara pacs Augustae. (56 S. mit 
3 Abbildgn. u. 2 Taf.) gr. 8°. Leipzig, Veit 
& Co. 08. 2.80. 


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Noack, Ferd. Ovalhaus und Palast in Kreta. 
Ein Beitrag zur Friihgeschichte des Hauses. 
(VI, 70 S. mit 7 Abbildgn. und 1 Taf.) gr. 8". 
Leipzig, B. G. Teubner, 08. 2.40, geb. 3.20 


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Sitzungsbericht der königl. bayerischen Aka- 
demie der Wissenschaften. Philosophisch- 
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München, (G. Franz’ Verl) 7. Abhandlung 
Wolters, Paul: Der Westgiebel des olym- 
pishen Zeustempels. (20 S. mit 1 Taf.) 08. 

Triger, R. Note sur l'amphitéâtre galloromain 
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(Polit. 


3. Alte Baukunst. 


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Alte Bau- 
kunst 


938 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Brutails, J. 
tecture réligieuse girondine. (Rev. hist de Bor- 
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Egger, H. Der Palazzo di Venezia im 18. 
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(3. partie] Notes et croquis d'archéologie pit- 
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Kirkman, S. Winchelsea Church, Sussex 
(Antiquary, 8.) 

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(Architekten, Meddelelser fra Akademisk 
Arkitektforening, Nr. 43.) 

L'architettura lombarda nei paesi d'oltr’ 
Alpe (Civolta Cattolica, 3.) 

Luchini, L. Bartolomeo Gadio architelto mili- 
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Metais. L’eglise abbatiale de Notre-Dame de 
Josaphat, d'après des fouilles réantes. (Bull. 
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Meydenbauer, A. Entstehen und Vergehen 
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Notes d'architecture. Les divers styles, 
par le commandant C. L. Argouléme, Coque- 
mard. In-16, p, 109. 

Orpen, D Novum Castrum McKynegan, 
Newcastle, Co. Wicklow (Journ. R. Soc. of 
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Valladar, Fd. De la Alhambra [torre de las 
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— EI patio de la Mezquita (Alhambra, 248.) 


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Brinzinger. Die Kirche in Rottenmünster bei 


Rottweil a. N. und deren Erbauer. (Archiv 
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(Ztschr. f. 


A quelle école appartient l’archi- | 


Graus, J. Von Freisings deutsccher Kolonisation 
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(Ztschr. f. christi. K. 6.) 

Harter, J. Das Rathaus zu Steyr (Christl. 
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in 


4. Alte Malerei. 


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(Espana moderna, 


(Mu- 


4a. Deutschland. 
Allemagne. Germany. 
Endres, J. Eine Verkündigung in der ehe- 


maligen Abteikirche von Karthaus-Prül. (Ztschr. 
f. christl. K., 5.) 


Alte — 
A aierei 


= i Am © 


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(Nieder- 


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Hadeln, D. v. Andrea di Giusto und das 
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(Nuova Anto- 


(Arte e 


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Tenneroni, A. I Manoscritti della Libreria 
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4c. Niederlande. 
Pays-Bas. — Netherlands. 


Biermann, Georg. Frans Hals und Haarlem. 
(Velh. & Klasings Monatshefte, Nr. 12.) 


— Holländische Genremaler. (Daheim, Nr. 47.) 


Erasmus, K. Eine Studie vom Gemälde „Der 
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Frimmel, Th. v. Eine Landschaft von Her- 
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Loga, V.v. Antonis Mor als Hofmaler Karls V. 
und Philipps II. (Jahrb. d. Allerhéchst. Kaiser- 
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5. Alte Plastik. 
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Fabriczy, C. v. Paul Schubring. Die Plastik 
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Haupt, R. Betrachtungen über germanische 
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Rundsch., 12.) 

Heins, A. Coups d'œil et coups de plume, 
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4e partie. (Bull. Acad. R. Archéol. Belgique, 3.) 

Hertkens, Ob.-Pfr. J. Die mittelalterlichen 
Sakraments-Häuschen. Eine kunsthist. Studie. 


Mit 62 Abb. auf 23 Lichtdr.-Taf. 40><28 cm. 


Alte 
Plastik 


640 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Nebst Texl. (41 S.) 385X28 cm. Frank- 
furt a/M. P. Kreuzer. 08. In Mappe 18.—. 

Laenen, J. A propos d’un petit monument 
découvert récemment à l'eglise Sainte-Cathe- 
rine à Malines. (Bull. Acad. R. Archeol. Bel- 
gique, 2.) 

P. V. Une statuette du Musée de Cluny attri- 
buée à Conrad Meyt. (Bull. d. Mus. d.France, 4.) 

Rolfs,W. Anton Michellino von Pisa. (Monatsh. 
f. Kunstw., 9.) 

Roosval, Johnny. Bidrag til kännedomen 
om Bernt Notke. (Kult och Konst 1908, H. 1.) 

Schottmüller, F. Francesco Laurana. (Beil. 
Minch. N. Nachr., 53.) 

Vitry, P. Quelques bustes francais à l'expo- 
sition des cent pastels. (Rev. art ancien et 
mod., Jul.) 


5a. Deutschland. 
(Allemagne. — Germany.) 


Eitner. Alte Grabdenkmäler in Lauban in 
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Friedländer. Hans Börger. Grabdenkmäler 
im Maingebiet. (Repert. f. Kunstw., 4.) 

GraBl, P. Der Hochaltar in der Pfarrkirche zu 
Rottenbuch. (Christl. Kunst, 10.) 

Giimbel, A. Hanns Scholler, ein deutscher 
Bildschnitzer am böhmischen Hofe [1490— 1517). 
(Repert. f. Kunstw., 4.) 

Pauli, G. Die dekorativen Skulpturen der Re- 
naissance am Bremer Rathause und ihre Vor- 
bilder. (Jahrb. d. bremisch. Sammig., Jul.) 

Ritter, Fr. Die Irmensäule im Dom zu Hildes- 
heim. (12 S. m. 1 Taf.) 8°. Hildesheim, H. 
Helmke (08). —.23. 

Schönermark, G. Ein bisher unbekanntes 
Flachbild des älteren Cranach. Denkmalpfl., 10.) 

Scherer, Chr. Schwäbische Elfenbeinschnitzer 
und ihre Werke. (Mitt. Württemberg. Kunst- 
gewerbever., 3.) 

Waldmann, E. Die gotischen Skulpturen am 
ye Rathaus. (Jahrb. d. bremisch. Sammlg., 

ul.) 


6. Alte Graphik und Glasmalerei. 


Art graphique ancien et peinture sur verre. — 
Ancient Graphic Arts and glass-painting. 


Boehn, M. v. Francisco de Goya. Katalog 
seines graphischen Werkes von Julius Hofmann. 
(Repert. f. Kunstw. 4.) 


C. F. Stockholmstecknare pà 1820—1840 = talen 
[bes. Hjalm. Mörner, A. U. Scdhützercrantz, 
Ferd. Tollin]. (Svenska Dagbladet Nr. 221.) 

GoyasLithographien u. seltene Radierungen. 
Hrsg. vonValerian v. Loga. (Repert. f.Kunstw.9.) 

Guibert, J. Les dessins de Rembrandt à la 
Bibliotheque Nationale. (Musée, 7.) 


Hind, A. Giulio Campagnola. (Burlington Ma- 
gar. Sept.) 

Jacquin, A. L'exposition Rembrandt à la 
Bibliothèque Nationale. (Art. décoratif, 118.) 
Linde, M. de. Haandskrifter og gamle Böger. 
En själden Udstilling. (i. det Kgl. Bibliotek.) 

(Illustr. Tidende, Nr. 43.) 

Loga, V. v. Kaiser Maximilians I. Gebetbuc. 
(Tag, 28. VIII.) 

Meder, J. Der Regensburger Meister I Z 1520. 
(Mitt. Gesellsch. f. vervielf. Kunst, 3.) 

Reinhart, E. Gottfried Stadler, Glasmaler. 
(Anz. f. schweiz. Altertumsk. 1.) 

Schreiber, W. L., u. Paul Heitz. Die deut- 
schen ,Accipies“ u. Magister cum discipulis. 
Straßburg, J. H. E. Heitz. ca. 10.—.) 

Schrey, R. Dürers Holzschnitt. Der heilige 
Hieronymus im Zimmer. ID 246.] (Mitt. der 
Ges. f. vervielf. Kunst, 3.) 


Springer, J. Von neuen Erwerbungen des 
Berliner Kupferstichkabinettes. (Monatsch. f. 
Kunstw. 9 


Schulz, Konservat. Dr. Fritz Traugott. Ein- 
blattdrucke des 15. Jahrh. Hrsg. v. Paul Heitz. 
36,5x28 cm. Straßburg, J. H. E. Heitz. Die 
Schrotblätter des german. Nationalmuseums 
zu Nürnberg. Mit e Vorwort von Dr. Gust. 
v. Bezold. Mit 31 Taf. in Lichtdr. (VI, 31 S.) 
1908. Kart. nn 50.—.) 


Tietze-Conrat,E. Melchior Kusels Bilderbibel. 
(Mitt. d. Ges. f. vervielfält. K., 3.) 


7. Altes Kunstgewerbe. 
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Calzini, E. Il coro della cathedrale di Ascoli 
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Carocci, G. La Campana di S. Marco di Firenze. 
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Frimmel, Th. Bruchstück eines Gobelins aus 
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f. Gemäldek., 7.) 

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Hoemann, R. (Die Einfacheit in der Garten- 
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Pietzner, H. Mein Standpunkt zu Bauers 
Schillerpark-Entwurf. (Gartenkunst, 9) 

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Trondhjems bebyggelse. (Teknisk Uge- 
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Widmer, K. Die Zukunft des Gartens. 

schau, 18.) 


(Um- 


2. Neuere Baukunst. 
Architecture moderne. — Modern architecture 


Architekt, der. Wiener Monatshefte f. Bau- 
wesen und dekorative Kunst. Red.: Archit. 
Prof. Ferd. v. Feldegg und Otto Schöntal. 
Verantwortlich: Archit. Prof. Ferd. Fellner v. 
Feldegg. 14. Jahrg. 34x26,5 cm. Wien, A. 
Schroll & Co. 8. Suppl.-Heft. Schönthal, 
Otto: Osterreiishe Konkurrenzen. (32 S. m. 
Abbildgn.) 08. 3.50. 

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v. Entwiirfen m. Benutzg. der v. Schiilern d. 
herzogl. Baugewerkschule in Holdminden unter 
Leitg. des Hrsg. angefertigten Blatter. (60 Taf. 
mit VII S. Text) gr. 8”. Dresden, G. Kuht- 
mann 08. 3.—; geb. in Leinw. 3.60. 


Hoelzel, A. Die Pfulinger Hallen (Rhein- 
lande, 9.) 

Jansen, H. Gedanken über Architekturausstel- 
lungen spez. d Berliner 1908. (Baumeister, 11.) 

— L. The Bavarian National Museum at 
Munich and its architekt, Gabriel von Seidl. 
(Studio, Jul.) 

Neumeister, Prof. A. Deutsche Konkurrenzen. 
XXIII. Bd. (Mit Abbildgn.) 32,3x23,5 cm. Ein- 
zelpr. des Heftes 1.80. Subskr.-Pr. mit Bei- 
blatt: Konkurrenz-Nachrichten 1.25. 1. Heft. 
Nr. 265. Rathaus f. Döbeln. — Museum f. 
Wiesbaden. (55 S. u. Konkurrenz-Nachrichten.) 
(S. 1103—1107 u. III S.) 08. 


Recent designsin domestic arditecture 
(Studio, Jul.) 


Neuere 
Malerei 


942 


Römer, der, und die neuen Rathausbauten in 
Frankfurt am Main. Mit 37 Abbildgn. und 
2 Grundrissen. (VII, 104 Seite.) 8°. Frank- 
furt a./M., (Gebr. Knauer) 08. 


Scheurembrandt, Archit. Herm. Architektur- 
Konkurrenzen. III. Bd. (Mit Abbildgn.) 30,5 
mal 22,5 cm. Berlin, E. Wasmuth. Jedes Heft, 
Einzelpr. 1.80; Subskr.-Pr. bar 1.25, 7 Krema- 
torium in Freiburg i. Br. (32 S.) 08. 


— Architektur-Konkurrenzen. II]. Bd. (Mit Ab- 
bildgn.) 30,5x22 cm. Berlin, E. Wasmuth. 
Jedes Heft, Einzelpr. 1.80; Subskr.-Pr. bar 1.25 
8. Rathaus f. Niederschönhausen bei Berlin. 
(32 S.) 08. 


Scliepmann, H. 
Rundsch., 11. VIII.) 


Schmidt, P. Das Haus der Grofstadt (Form, 3.) 


Swales, F. Architecture in the United States. 
(Architect. Rev. Aug.) 


Universität, die neue, zu Jena. Erbaut von 
Theodor Fischer. Mit Einführung von Max 
Osborn. (16 S. mit 1 Bildnis und 16 Taf.) 8°. 
Jena, E. Diedrichs 08. 


Wettbewerbe u.Neubauten, schweizer Con- 
cours et constructions suisses. Hrsg. v. den 
Architekten R. Ruder u. A. v. Senger. I. Bd. 
Lex. 8°. Zürich, (A. Miiller’s Verl.) Jede Nr. 
1.80; f. den Bd. v. 12 Nr. 16.— — 1. Univer- 
sitätsbauten, die, in Zürich. (1. Heft.] (40 S. 
mit Abbildgn.) 08. — 2. Dasselbe. 2. Heft. 
(30 S. m. Abbildgn.) 08. — 3. Wettbewerb f. 
Entwürfe zur einheitlichen architektonischen 
Gestaltung der Hochbauten am neuen Bahn- 
hofsplatz in St. Gallen. 1. Heft. (40 S. mit 
Abbildgn.) 08. — Dasselbe. 2. Heft. (31 S. m. 
Abbildgn.) 08. 


Jos. M. Olbrih+. (Tägl. 


3. Neuere Malerei. 
Peinture moderne. — Modern Painting. 


Ancher, Michael. Holger Dracımanns Maleri- 
Udstillingen i Skagen. (Politiken, Kopenhagen, 
Nr. 201.) 

Carter, A. John Lavery, R. S. A. (Art Journ. 
Aug.) 

Gräuer, G. George Frederick Watts. (Hannov. 
Cournier, 5. VIII.) 


Nordensvan, Georg. Gunnar Hallströms 
skizzer till malninger iriksdagshuset. (Dagens 
Nyheter, Stockholm, 11./ 6. 08.) 


Prezzolini, G. La teoria e l’arte di Berron. 
(Vita d’arte, 8.) 


Rothe, D. Paul Andreévitch Fedotov (Rev. art 
ancin et mod., Jnl.) 


õa. Deutschland. 
Allemagne. — Germany. 


Boerschel, E. Scheffel als Maler. 


(Daheim, 
8. VIII.) 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Donop, L. v. Der Landschafter Johann Christ. 
Reinhart. (Tag, 11. VIII.) 


Fuchs, G Heinz Heim. (Rheinlande, 9.) 


Holland, H Zur Erinnerung an den Historien- 
maler Julius Frank. (Christ. Kunst, 10.) 


Kern, G. Walter Leistikow (Kunst f. Alle, 25.) 

Muschner, G. Ernst Liebermann. — München. 
(Deutsche Kunst u. Dekor., 12.) 

Niemeyer, W. Emil Rudolf Weiss. (Form, 6.) 

Ostini, F. v. Carl Marr. (Velhagen und 
Klasings Monatsh.) 

Riehl, B. Zum Gedächtnis deutscher Kunst 
vor fünfzig Jahren. (Beil. München. Neueste 
Nachr., 46, 47.) 

Rovilla, F. Fritz v. Uhde (Vaterland, 12, VII) 

Schmidt, P. Dekorative Tendenzen in der 
Berliner Sezession. (Werkkunst, 21.) 

Schur, G. Walter Leistikow. (Berlin. Architek- 
turwelt, 6.) 

Steinle, A. v. Edward v. Steinles kirchliche 
Wandmalereien. (Hochland, Sept.) 


Uhde-Bernays, H. Zu Karl Spitzweg. (Mo- 
natsh. f. Kunstw., 9 


3b. Frankreich. 
France. 


Benedite, L. Alfred-Philippe Röll. 
decor. 9.) 


— Artistes contemporains. — J.J. Henner. (Gaz. 
d. Beaux-Arts, Aug.) 

The French School in the National Gallery. 
(Burlington Magaz., Sept.) 


Guiffrey, J. Le pape officiant a Saint-Pierre 
de Rome, aquarelle d’Ingres. (Bull. d. Mus. 
d. France, 4.) 


Jamot, P. Carpeaux peintre et graveur. (Gaz. 
d. Beaux-Arts, Sept. 


Klingsor, F. GastonPrunier. (Art et décor. 9.) 


Meyer-Riefstahl, R. Zu Honoré Daumiers 
hundertstem Geburtstage. (Beil. Miinchen, N. 
Nachr., 42.) 


Ritter, W. Hermann Urban. (Gaz. d. Beaux- 
Arts, Sept.) 


4. Neuere Graphik. 
Art graphique moderne. Modern graphic arts. 


Zu den 
(Kunst- 


(Art et 


Avenarius. Eine neue Sprache? 
Zeichnungen Katharine Schäffners. 
wart, 22. 


Brising, Harald. Franska förvärh [lithogra- 
fier af Daumier, Gavarni, Rops, Isabey etc.) 
till Nationalmuseum. (Svenska Dagbladet, 
Stockholm, Nr. 196.) Mit 4 Abb. 


Brunius, Aug. „Carl G. Laurin, Skämtbilder“ 
(recens). (Svenska Dagbiadet Nr. 215.) 


Neuere 
Malcrei 


Bibliographie 


Dacier, E. Les Salons de 1908. La gravure. 
(Rev. art ancien et mod., Jul.) 

Caffin, Ch. Edwin A. Abbey as Illustrator. 
(Printing Art, 6.) 

Kuzmany, K. Jüngere österreichische Gra- 
phiker. II. Holzschnitt. (Graphische Künste, 3.) 

Marx, R. Un album de M. Malo Renault. (Gaz. 
d. Beau-Arts, Sept.) 

M. S. L’eau-forte américaine au Salon de la 
Société des Artistes français. (Gaz. d. Beaux- 
Arts, Aug.) 

Occhini, P. Edgar Chahine. (Vita d'arte, 8.) 

Rutter, F. The recent etchings of d. Y. Ca- 
meron. (Studio, Jul.) 

Verneuil, M. Jessie M. King. 
cor. 9.) 

Zur Westen, W. v. Zur Kunstgeschichte des 
Notentitels und der Dekoration musikalischer 
Druckwerke II. (Ztschr. f. Bücherfreunde, 4.) 


(Art et de- 


5. Neueres Kunstgewerbe. 
Art industriel moderne. Modern industrial Art. 


Bauer, Adolf. Svensk Kunstindustri i Nu- 
tiden. (Tidsskrift for Industri, Nr. 7.) 

Belville, E. Les art appliqués et les Salons. 
(Art decoratif, 118.) 

Blum, R. Le Bijou au Musee Galliera. 
et decor., 9.) 

Dokumente des modernen Kunstgewerbes. 
Hrsg. unter Mitwirkg. v. Dir. Lichtwark, v. 
Dr. Heinr. Pudor. Serie A. Keramik u. Glas- 


(Art 


industrie. 9. Heft. (S. 1—38 m. Abbildgn.) 
41,5><30 cm. Leipzig-Stötteritz, Moderner 
Kunstverlag Dr. Trenkler & Co. (08) 3.—; 


Subskr.-Pr. f. 4 Hefte bar 11.—. 

— dasselbe. SerieB. Metall- u. Goldschmiede- 
arbeiten. 5. Heft. (S. 1-40 mit Abbildung.) 
41,5><30 cm. Ebd. (08) 3.—; Subskr.«Pr. f. 
4 Hefte bar 11.—. 


— dasselbe. Serie C. Innenarchitektur u. Möbel. 


5. Heft. (S.1—40 m. Abbildgn.) 41,5><30 cm. 
Ebd. (08) 3.—: Subkr.-Pr. f. 4 Hefte bar 
11.—. 


H. H. Keramik und Glaskunst auf der Groben 
Berliner. Kunstaussteilung und Sezession 1908, 
(Keram. Monatsh., 8.) 

Michel, W. Die Ausstellung München 1908. 
Wohnungskunst und Kunstgewerbe. (Dekorat. 
Kunst, 1.) 

Niemeyer, 
(Form, 4.) 

Paris, P. Céramique populaire d’Espagne. 
(Rev. art ancien et mod., Jul.) 

Pézard, M. Les bijoux populaires, Le cœur 
vendéen. (Art décoratif, 118.) 
Service, J. British Pottery, III. 

Aug.) 


W. Die bürgerlihe Wohnung. 


(Art Journ., 


945 


6. Kirchliche Kunst. 


L'art ecclésiastique. — Ecclesiastical art. 


Doering, O. Kirchliche Kunst [Schluß]. (Allg. 
Rundsch., 22, VIII.) 

Felder. E. Ist eine moderne religidse Kunst 
möglih? (Blaubuch, 33.) 

Franck. Gottesdienst, Kunst und „Kirchen“. 
(Monatschr. f. Gottesdienst u. kirchl. K., 8—9.) 

Roch, D. Die kirchliche Kunst in Sachsen. 
(Christl. Kunstbl., Aug.) 

Schmidt, P. Religion und Kunst. 
Tagebl., 4, 1X.) 

Zukunft derchristlidien Kunst, Die. (Köln. 
Volksztg., 30, VIII.) 


(Leipzig. 


2 


III. Allgemeiner Teil. 


Partie generale. — General part. 


I. Ausstellungen. 
Exhibitions. 


Ahnfelt, Astrid. Internationell konstutställ- 
ning i Faönza. [Aus Faénzas Kultur- u. Kunst- 
gewerbegeschichte.] (SvenskaDagbladet Nr.199.] 

Bauausstellung Stuttgart 1908. Stuttgart, J. 
Hoffmann. ca. 2.—. 

Biermann, Georg. Die Münchner Sezession 
1908. Illustr. Zig. vom 6. August. 

Eine Sinkelausstellung. (Köln. Volksztg., 
15, VIIL) 

Frantz, H. The Salon of the Société Natio- 
nale des Beaux Arts [Forts]. (Studio, Jul.) 

Heathcote-Statham, H. Art at the Franco- 
British Exhibition. (Nineteenth Century, Aug.) 

H. F. The Salon of the Societe des artistes 
francais. (Studio, Jul.) 

Hepp, P. Exposition de paysages par Claude 
Monet et Renoir. (Chronique d'arts, 22.) 

Katalog, offizieller, der internationalen Kunst- 
ausstellung des Vereins bildender Künstler 
Münchens (E. V.) „Sezession* 1908 im kgl. 
Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz vom 
15. Mai bis Ende Oktbr. 1908. 2. Aufl. ausg. 
am 25. Mai. (64 S. m. 2 Grundrissen u. 80S. 
Abbildgn.) kl. 8°. München, F. Bruckmann, 1908. 
Kart. nn 2.60. 

Kodi, D. Das Ausstellungsjahr 1908. 
Kunstbl., Aug.) 

Kuzmany, K. Die Jubiläumsausstellung im 
Wiener Künstlerhaus. (Kunst f. Alle, 20). 
Langenberger, S. Ausstellung München 1908 

(Zentralbl. d. Bauverwaltg., 73.) 


La Peinture aux Salons. (Art decoratif.) 


(Christl. 


944 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Lemoisne, P. Exposition de cent pastels. 
Les pastels. (Arts, 12.) 

Peter Janssen, Düsseldorf. Gedächtnis-Aus- 
Stellung. Kunstsalon Keller & Reiner. Berlin W, 
Potsdamerstr. 122. September 1908. 


Poéte, M. Paris au temps des Romantiques. 
(Chron. d’arts, 29.) 


Ritter, W. Exposition de la ,Kunstsdiau“ a 
Vienne et exposition de Salzbourg. (Chron. 
d. arts, 28.) 


Schliepmann,H. Die Ausstellung f. Grabstein- 
kunst beim Kgl. Kunstgewerbemuseum zu 
Berlin. (Berl. Architekturwelt, 6.) 


Schmidkunz, H. Große Kunstausstellung Dres- 
den 1908. (Christl. Kunst, 11.) 


Schulze,O. Hessische Landesausstellung Darm- 
stadt. (Deutsche K. u. Dekor., 12 


Schumann, P. Die Große Kunstausstellung 
Dresden 1908. (Kunst f. Alle, 23.) 


Schur, E Münchner Ausstellung 1908. (Rhein- 
lande, 9.) 

Tourneux, M. L’exposition theatrale au Musée 
des arts decoratifs. (Gaz. d. Beaux-Arts, Sept.) 


Ubell, H Kaiserjubiläumsausstellung v. Meister- 
dette alter Malerei in Linz, (Frankf. Ztg. 
» IX.) 
Uhde-Bernays. Die Sommerausstellung der 
Münchner Sezession. (Deutsche Tagesztg.) 
Valladar, F. d. La exposiciön del centro ar- 
tistico y literario. (Alhambra, 248.) 

Vitry, P. Exposition de cent pastels et de 
bustes du XVIII. siecle. Les sculptures. (Arts,82.) 

W olf, G. Die Miinchner Jahresausstellung im 
Glaspalast. (Kunst f. Alle, 29.) 

Wolf, G. J. Die internationale Kunstausstellung 
der Münchner Sezession. (Kunst f. Alle, 22.) 

Wolter,F. Die internationale Kunstausstellung 
der Sezession München 1908. (Christl.Kunst,11.) 

Wood, J. The New English Art Club’s Ex- 
hibition. (Studio, Jul.) 

Zieler, G. Die Klinger-Ausstellung. (Berliner 
Tagebl. 15. VIII.) 


2. Denkmalspflege. 


Conservation des monuments.— Conservation of 
monuments. 


Denkmalspflege in Braunschweig. Berichte 
über die Tätigkeit des Ausschusses f. Denk- 
malpflege im Herzogtum Braunschweig 1903 
bis 1907. [Aus: „Braunschw. Magazin“.] Nr.1. 
(S. 73—106 m. Abbild.) Lex.-8. Wolfenbüttel, 
J. ZwiBler ('08). 1.—. 

Deutsch, O. Der achte Tag fiir Denkmals- 
pflege in Mannheim. (Osterr.-Ungar. Rev. 3.) 

Flugschrift des Dürerbundes zur ästhetischen 
Kultur. gr. 8. München, G. D. W. Callwey. 
Nr. 39. Schultze-Naumburg, Paul. Aufgaben d. 


Heimatschutzes. Vortrag. (8 S. mit 16 S. Abb.) 
(08) —.30. Nr. 40. Zemp, Joh. Das Restau- 
rieren. (9S. mit 8 S. Abbild.) ('08.) —.20. 

Frizzoni, H La „restauration“ de la „Cene“ 
de Leonard de Vinci. (Chron. d. arts, 28.) 

Godfrey, W. The Committee for the Survey 

of the Memorials of Greater London. (Ardi- 
tect. Rev., Aug.). 

Heppe, H. Die Wiederherstellung der ehe- 
maligen bischöflichen Münze in Vic a. d. Seille 
in Lothringen. (Denkmalpflege, 11.) 

H G. P. Ein apulisches Hohenstaufenscloß. 
[Gioja del Colle.] (Frankf. Ztg. 4, VIII.) 

Jauer, B. Die Kirche von GroBen- Linden. 
(Frankf. Ztg. 21. VIII.) 

Koch, D. Der Ausbau des Petriturmes in Kulm- 
bach. (Christl. Kunstbl., Aug.) 

Köster, A. „Per le antichità e le belle arti‘. 
Glossen zu dem neuen italienischen Gesetz. 
(Berlin. Tagebl. 24. VIII.) 

La ricostruzione del Campanile di Venezia 
e della loggetta delSansovino. (Bollett.d'arte,7.) 

Lombardische Kunstdenkmäler. (Berliner 
Tagebl. 29. VIII.) 

Mankowski, H. Natur- und Kunstdenkmäler. 
(Kunstfreund, 8.) 

Mielke, R. Heimatschutz und Landesversché- 
nerung. (Gartenkunst, 9.) 

Mitteilungen des rheinischen Vereins f. Denk- 
malpflege u. Heimatschutz. Hrsg. vom Vorstand. 
Red.: Amtsricht. Dr. F.W. Bredt. 2.Jahrg. 2. Heft. 
(S. 45—118 m. Abbild. u. 9 [3 farb.) Taf.) Lex. 8. 
Diisseldorf (L. Schwann.) 

Radinger, K. v. Denkmalschutz in Tirol. 1.Die 
Wiederherstellung der Schwarer Pfarrkirche. 
2. Die Zerstörung der Burg Kropfsberg. 3. Der 
Altar von Panzendorf. (Denkmalpflege, 11.) 

Reconstruction du chäteau de Hohkoenigs- 
burg, Apropos de. (Chron. d. arts, 22.) 

Rusch, R. Konservieren, Restaurieren, Neo- 
purismus, Neovandalismus. (Kunstfreund, 8.) 

Wilczek, Graf. Meine Ansichten über Kon- 
servierung und Restaurierung alter Kunstwerke. 
(23 S. m. 4 Taf.) 8°. Wien, R. Lechners Sort. 08. 


3. Kunsttopographie. 
Topographie d'art. --Art topography. 


Blume, Herm. Althildesheimer Baudenkmäler. 
Kultur- u. kunsthistor. Einzelbilder. (III. 88° S. 
m. Abbildgn.) 8°. Hildesheim, H. Olms. (08.) 

Ghellink-Vaernewyck, de. Rapport sur 
le Congrès archéologique de France. Avallon- 
Auxerre. (Annal. Acad. R. Archéol. Belgique, 
1-2.) 

Grautoff, O. Lübecker Kunst. (Zukunft, 18.VII.) 

Hildebrandt, H. Schloß Prunn. (Beil. Mündı. 
N. Nadir. 35.) 


Bibliographie 


Kunstdenkmäler, die, des Königr. Bayern. 
Hrsg. im Auftrage des kgl. bayer. Staatsminis- 
teriums des Innern f. Kirchen- u. Schul-An- 
gelegenheiten. 2. Bd. Reg.-Bez. Oberpfalz 
u. Regensburg. Hrsg. v. Geo. Hager. Lex. 8°. 
München, R. Oldenburg. XII. Hofmann, Frdr. 
Herm., u. Fel. Mader, Bez.-Amt Beilngries. I. 
Amtsgericht Beilngries. Mit 12 Taf., 137 Ab- 
bildgn. im Text u. 1 Karte. (VI, 175 S.) 08. 
Geb. in Leinw. 8.—. XI. ist noch nicht er- 
schienen. 


Loos, J. Schloß Wiesenburg und Belzig (Mitt. 
f. Gesch. Berlins, 8) 


Ludorff, A. Die Bau- u. Kunstdenkmäler des 
Kreises Meschede. Paderborn, F. Schöningh. 
ca. 4.-- 


Paris, P. Promenades archéologiques en Es- 
pagne. IV. Carmona et les villes des Alcores. 
(Bull. Hispan. Bordeaux, 3.) 


Rentsch, Eug. Münchener 
‘ Ein Buch für Kunstfreunde. 
Seyfried & Co. Geb. ca. 1.80. 


Roll, L. Dachau. (Propyläen, 10. VIII.) 


Roosval, Johnny, Köln. Fragment ur re- 
seanteckningar fran julen 1907. [Hpts. über 
den Kölner Dom]. (Kult och konst 1907, H. 1.) 


Stätten der Kultur. Eine Sammlg. künstlerisch 
ausgestatteter Städte-Monographien. Hrsg. 
v. Dr. Geo. Biermann.) 8°. Leipzig, Klinkhardt 

. & Biermann. Jeder Bd., geb. in Leinw. 3.—, 
in Ldr. 5.—. 10. Lux. Jos. Aug. Alt-Holland. 
Mit e. Schlußkapitel: Die Kunst v. Alt-Holld., 
v. Geo. Biermann. (V, 120S. m. Abbildg.) (08.) 

Steilen, D. Einbeck. (Niedersachsen, 1. Sept.) 

Uhde-Bernays, Herm. Rothenburg on the 
Tauber. Illustrated by M. Ressel. (III, 111 S.) 
8°. Leipzig, Klinkhardt & Biermann (08). Geb. 
in Leinw. 4.—, 

Weber, Lyz.-Prof. Dr. G. A. Die Albertus- 
kapelle in Regensburg. 2., verb. und verm. 
Aufl. (26 S. m. 4 Abbildgn.) gr. 8°. Regensburg, 
J. Habbel, 08. 


Wichmann, F. Dachau. (Bayr. Kurier, 9. VIII.) 


Kunstdenkmale. 
München, C. A. 


4. Sammlungen. 
Cabinets. — Collections of art. 


Berlepsch-Valendäs, H. v. Ein Museum 
für bâäuerlite Kunst. (K. und Kunsthandw. 

. 6—7.) 

Britishe Museum. 
Ztg., 23. VII.) 

Brunnemann, A. Das Fürstenmuseum im 
„Sächsishen Hause“. (Leipziger Tageblatt, 
17. VII.) 

Frimmel, Th. v. Die Gemäldesammlung in 
Wisowitz. (Blätt. f. Gemäldek., 7.) 

Grube, H Die Schackgalerie in München. 
(Hamburg. Nachr., 6. IX.) 


Ein Blick ins. (Köln. 


945 


Kataloge des bayerischen National-Museums 
in München. München (Prinz-Regentenstr. 3.) 


Bayer. Nationalmuseum. IX. Bd. Schinnerer, 
Jos. Katalog der Glasgemälde des bayerischen 
National-Museums. (VII, 96 S. m. 40 Taf.) 08. 
Kart. bar +20.—. 


Klapheck, R. Vom, „Horster Museum“. (Rhein. 
westfäl. Ztg., 15. VII) 


Los Museos de Cordoba. (Alhambra, 250.) 


Nordensvan, Georg. Nya konstverk i Stock- 
holms Nationalmuseum. (Dagens Nyheter, 
Stockh., 22.;6. 08.) 


Osborn, M. Das Märkiscke Museum in Berlin. 
(Ztschr. f. bild. Kunst, 11.) 


Pauli, G. Die neuen Erwerbungen f. die Ge- 
mäldegalerie der Kunsthalle, (Jahrb. d. bre- 
mischen Sammlg, Jul.) 


Schaefer, K. Die Erwerbungen der Kunstge- 
werblichen Sammlungen im Jahre 1907. (Jahrb. 
d. bremisch. Sammig., Jul.) 


Schweizerisches Landesmuseum in Zürich. 
Sediszehnter Jahresbericht 1907, Zürich 1908. 


Sieveking, L Aus der Miinch. Vasensamm- 
lung. (Beil. Münch. N. Nachr., 37.) 


Sillib, R. Die can Sammlg. im neuen 
Heim. (Tag, 30. VIII.) 

Svoronos, bir. J. N. Athener Nationalmuse- 
um. Phototypische Wiedergabe seiner Schätze. 
Mit erläut. Text. Deutsche Ausg., besorgt v. 
Dr. W. Barth. 9. u. 10. Heft, (Ta, LXXXI 
bis C. m. illustr. Text S. 239—285.) 35><26 cm. 
Athen, Bek & Barth 08. 14.80. 

Trenkwald, H. v. Führer durch das Kunst- 
gewerbemuseum in Frankfurt am Main. 1908. 
—.50. Frankfurt. 

— W. V. The Hoentscel Collection. (Bull. Me- 
tropolitan Mus. of Art, 8.) 


5. Bildnis und Kostüm. 


Portrait et costume. — Portrait and costume. 


Bulle, H. Das Bildnis des Sokrates. (Beil. 
Miinch. N. Nachr. 29.) 


Clouzot, H. Les portraits de Rabelais. (Gaz. 
d. Beaux Arts, Aug.) 


Dodgson, C. Das Holzschnittporträt v. Nico- 
laus Borborius. (Mitt. Ges. für vervielfält. 
Kunst, 3.) 


Frimmel, Th. v. Zu den Metternich-Bildern 
im Wiener Hofmuseum. (Blatt. für Gemälde- 
. kunst, 7.) 


Koester, A. Hairdressing among the ancient 
. Greecs. (Burlington Magaz., Sept.) 


Schmid, A. Der Rosenkranz und seine christ- 
lichen und unchristlihen Brüder. (Ztschr. für 

christl. K., 6.) 

Upmark, Gustaf. Gustaf Wasas portratt af 
ar 1542, ett arbete af Jacob Binck. no 
historisk Tidskrift, Stockholm, 1908, H. 1.) 


946 


Waldmann, E. Die Bildnisse Johann Smidts. 
(Jahrb. f. bremisch. Sammig., Jul.) 


6. Ikonographie. 


Atz, K. Der Thron Salomos in ältester Form. 
(Ztschr. f. christl. K., 5.) 


Babelon, E. L’iconographie et ses origines 
dans les types monetaires grecs. (Rev. numis- 
mat., 2.) 


Bieńkowski, P. R. v. Die Darstellungen der 
Gallier in der hellenistishen Kunst. Hrsg. vom 
österreich. archäolog. Institut in Wien. (VIII, 
151 S. m. 175 Abbildgn. u. 9 Taf.) 33><27 cm. 
Wien, A. Holder. 08. Kart. 34.—. 


Bippen, W. v. Die Abbildungen der Schlacht 
bei Drakenburg. (Jahrb. d. bremisch. Sammig., 
ul.) 


Birt, Th. Nachtràgliches zur Buchrolle in der 
Kunst. (Archäol. Jahrb., 2.) 


Buß, G. See- und Marinemalerei. 
Allg. Ztg., 20, VIII.) 


Doehlemann, K. Das Motiv der Verkiindigung 
Mariae im Wandel der Zeiten.) Christl. Kunst, 
11.) 


Enlart, C. La volupté et la mort a propos 
d'une figurine d'ivoire. (Bull. Soc. Nat. Anti- 
quaires de France, 7.) 

Hopfen, O. Toskana und die Landschaft. (Beil. 
Mind. N. Nachr., 58, 59, 60.) 

Lauer, Ph. Observations sur l'origine et ru- 
sage du nimbe rectangulaire. (Bull. Soc. Nat. 
Antiquaires de France, 7.) 

Müller, J. Der regelmäßige Garten und die 
Malerei. (Gartenkunst, 9.) 


(Nordd. 


7. Münzen und Medaillen. 


Numismatique. — Namismatics. 


Babelon, E. Les Salons de 1908. La gravure 
en medailles et sur pierres fines. (Rev. art 
ancien et mod., Jul.) 


Chmielecki, K. Drei unbekannte Münzfunde 
aus der Hacksilberzeit. (Berlin. Münzbl., 81.) 


Dieudonne, A. Les dernieres monnaies pseudo- 
autonomes d’Antioche et de Nicomédie sous 
l'empire romain. (Bull. Soc. Nat. Antiquaires 
de France, 7.) 

F. E. The plaquettes and medals of Henry 
Nocq. (Studio, Jul.) 

Friedensburg. Der Fund von Lubnice. (Ztschr. 
f. Numismatik, 4.) 

Hoecke, G. Der Münzenfund von Elmenhorst. 
(Berlin. Miinzbl., 81.) | 

L. v. L. Neue Münzen und Medaillen. (Berlin. 
Miinzbl., 81.) 

Mollat, G. Les papes d'Avignon et leur hôtel 
des monnaies de Sorgnes. (Rev. numis- 
mat., 2.) 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Weinmeister. Münzgescichte der Grafschaft 
Holstein-Schauenburg (Ztschr. f. Numismatik, 4.) 


8. Künstlergeschichte. 
Histoire des artistes. — History of artists. 
Breen, J. Rembrandts Verwandten in Oost- 
Indié. (Oud-Holland, 3.) 


Duhem, P. Leonard de vinci et les origines de 
la géologie. (Bull. ital. Bordeaux, 3.) 


Deutsch, O. Rosalba Cariera in Wien. (Zeit, 
17, VII.) 
Eckertz, E. Nietzsche und Klinger. (Köln. 


Ztg., 19, VIII.) 
Erinnerungen an einen berühmten Maler 
[Ingres]. (Voss. Ztg., 21, VIII.) 
Landsberger, F. Wilhelm Tischbein in Rom. 
(Hamburg. Nachr., 25, VII.) 


Oulmont, Ch. Carmontelle d’apres deux do- 
cuments inédits. (Gaz. d. Beaux-Arts, Sept.) 


Przibram, L. v. Erinnerungen an Bôdlin. 
(Deutsche Rev., Sept.) 

Segantini, G. Giovanni Segantinis religiöses 
Empfinden im Leben und in der Kunst. (Morgen, 
33, 34.) 

Weber, G. War Dürer zweimal in Italien? 
(Kunstfreund, 6.) 


Wie Velazquez den Santiago-Orden erhielt. 
(Nordd. Allg. Ztg., 14, VII.) 


Wörndle, H. v. Eduard von Steinle, seine 
Lebens- und Künstlerbahn. (Hochland, Sept.) 


9. Künstlerworte. 
Declarations d’artistes. — Words of artists. 


Alfabet, Aandens. Kunstneren [Aphorismen 
in- u. ausländischer Dichter und Schriftsteller). 
(Nationaltidende, Kopenhagen, Tilläg. 2. u. 
9. Aug.) 

Donath, Adolphe. Moderne dansk Maler- 
kunst bedömt af tyske Kunstnere. En En- 
quéte. (Politiken, Kopenhagen, Nr. 202.) 


Dürer's, Albr. Unterweisung der Messung. Um 
einiges gekürzt u. dem neueren Sprachgebrauch 
angepaßt v. A. Peltzer. München, Süddeutsche 
Monatshefte. Subskr.-Pr. bis 1. VIII. 08, geb. 
40 


Jessen, J. Hubert von Herkomers erstes Buch, 
(Berlin. Tagebl., 27, VII.) 

Jules Breton über das Schöne in der Kunst. 
(Kunst f. Alle, 24.) 

Liebermann, M. Walter Leistikow +. (Kunst- 
chron., 30.) 

Raffaölli, LE Les Promenades d'un Artiste 
au Musée du Louvre. Paris. 08. 

Se E. Van Goghs Briefe. (Kurst f. Alle, 


Bibliographie 


947 


Tosi, C. Una lettera inedita di Baccio Ban- 
dinelli. (Arte e Storia, 15—16.) 

Wolf, G. J. Aus der Werkstatt eines Kiinstlers 
[Marees). (Kunst f. Alle, 20.) 


10. Kunstlehre. ` 
Theorie de l’art. — Aesthetics. 


Ammann, Fr. 
(Tag, 11, VIII.) 

Bauer, M. Anfänge der Kunst bei Natur- 
völkern der Gegenwart. (Berlin. Tagebl., 16, 
VIII.) 

Biermann, Georg. Die Frau und die Kunst. 
(Leipz. Tagebl., Nr. 225.) 

— Die Kunst des Porträts. 
Nr. 210.) 

Bosselt, R. Zweckmäßigkeit und Schönheit. 
(Form, 5.) 

Cornelius, Hans. Elementargesetze der bil- 
denden Kunst. Grundlagen e. prakt. Asthetik. 
(VIII, 197 S. mit 240 Abbildgn. u. 13 Taf.). 
Lex. 8°. Leipzig, B. G. Teubner. 08. 7.—; 
geb. in Leinw. 8.—. 

Dobsky, A. Kunst und Gemüt. (Thürmer, 11.) 

Francois, Kurt v. Asthetik. 1. TI: Asthe- 
tishe Psychologie. I. Der Funktionzweck u. 
die allgemeine Form der ästhet. Auffassungs- 


Die Bemalung der Plastik. 


(Leipz. Tagebl. 


weise. (103 S.) gr. 8°. GroB-Lichterfelde, 
Kahlenberg & Günther. 08. 2.—; Bütten- 
Ausg. bar 5.—. 


Hamann, R. Asthetik der Landschaft. (Rhein- 
lande, 9.) 

Lange, Konr. Schön u. praktisch. Eine Ein- 
führg. in die Ästhetik der angewandten Künste. 
Esslingen, P. Neff. ca. 2.—. 

Michel, W. Vom Monumentalen. 
K. u. Dekor., 12.) 

Moormann, C. Über die Ausdrucksfähigkeit 
der Architektur. (Preuß. Jahrb., 3.) 

Oehring,K. Baukonstruktion und Stil. (Grenz- 
boten, 20, VIII.) 

Sdioeler, H.v. Die Kunst und ihre Strömungen 
(Preuß. Jahrb., 2.) 

Velde, v. d. Die Linie. (Neue Rundsch., 7.) 

W Olfflin, H Alois Riegl. Die Entstehung der 
Barockkunst in Rom. Akadem. Vorlesung. 
Aus seinen hinterlass. Papieren herausg. v. 
Arthur Burda und Max Dvorak. (Repert. f. 
Kunstw., 4.) 


(Deutsche 


II. Sammelschriften. 
Recueils. — Collective works. 
Cardon, G. Les Beaux Arts. Paris A. Pi- 
card. 1908. 


Form. Eine Wochenschrift für Baukunst und 
Kunstgewerbe. Herausgeber: Emil Weißen- 
turm, Düsseldorf. 


Friedländer. Allgemeines Lexikon der bil- 
denden Künstler von der Antike bis zur 
Gegenwart. Herausg. v. Dr. Ulrich Thieme 
und Dr. Felix Becker. (Repert. f. Kunstw., 4.) 


Fuchs, Ed. Geschichte der erotishen Kunst. 
Berlin, A. Hofmann & Co. ca. 30.—. 


Jahrbuch der bremischen Sammlungen. 1. Jahrg. 
2. Halbbd. (84 S. m. Abbildgn. u. 22 Taf.) 
Lex. 8°. Bremen, F. Leuwer. 08. 3.—. 


Lexikon, allgemeines, der bildenden Künstler 
von der Antike bis zur Gegenwart. Unter 
Mitwirkg. v. 320 Fachgelehrten des In- und 
Auslandes hrsg. v. DD. Ulr. Thieme u. Fel. 
Becker. 2. Bd. (600 S.) Lex. 8°. Leipzig, 
W. Engelmann. 08. 32.—; geb. in Halbfrz. 
n. 35.—. 

Pionier, der. Monatsblätter f. christi. Kunst. 
1. Jahrg. 12 Nrn. München, Gesellschaft f. 
christl. Kunst. ca. 3.—. 


Schubert, Otto. Geschichte des Barock in 
Spanien. Esslingen, J. F. Schreiber. ca. 25.—. 


12. Hilfswissenschaften. 


Sciences auxiliaires. — Auxiliary scienties. 


Eibner, A. Zur Entwicklung der Technik der 
Ölmalerei vom Mittelalter bis in die Neuzeit. 
(Beil. Minch. N. Nachr., 37, 38.) 


Ellenberger, W., H. Baum, Prof. DD., und 
Maler Herm. Dittrich. Handbuch der Ana- 
tomie der Tiere f. Künstler. III. Bd. Ana- 
tomie des Löwen. 2. Lfg. (10 Lichtdr.-Taf. 
m. Erklärgn. 27 S. 24,5><31,5 cm. Leipzig, 
Dieterih. 08. Subskr.-Pr. 10.—; Einzelpr. 
12.—. (1 u. 2 in Leinw.-Mappe: 20.—.) 


Linke, Prof. Laborator.-Leit. Doz. Dr. Frdr. 
Die Malerfarben, Mal- u. Bindemittel u. ihre 
Verwendung in der Maltechnik. Zur Belehrg. 
üb. die hemisch-tedhn. Grundlagen der Malerei 
f. Kunstschulen, Kunst u. Dekorationsmaler. 
2. Aufl. (XII, 122 S.) Lex. 8°. EBlingen, P. 
Neff. 08. 3.50; geb. 4.—. 


Pazaurek, G. Das Photographieren von alten 
Gläsern. (Museumskunde, 3 


Posse, Otto. Die Siegel des Adels der Wet- 
tiner Lande bis zum J. 1500. Im Auftrage der 
königl. sächs. Staatsregierung hrsg. Ill. Bd. 
Buchstaben D bis Hen. (IX, 141 S. m. 1 Karte 
u. 53 Tafeln.) 32,5><24,5 cm. Dresden, W. 
Baensh. 08. Subskr.-Pr. bar 15.—; vom 
1. X. 08 an 25.—. 

Rome, P. L’Anatomie de la forme vivante. 
(Art décor., 116.) 

Seeliger, M. Die Photographie Entdeckerin 
kunstwissenschaftlimer Werte. (Monatsh. f. 
Kunstw., 9.) i 

Templeton, H. S. Anleitung zur Ölmalerei. 
Aus dem Engl. v. O. StraBner. 2. Aufl. (VII, 
51 S.) ‘8° EBlingen, P. Neff. 08. 1.20. 

62 


948 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


13. Kultur. Kunstunterricht. 
Enseignement des arts. — Cultare. Art 
insfraction. 


Beiträge zur Zeichenunterrichtsreform. Hrsg. 
vom Verein württemb. Zeichenlehrer. Nr. 3. 
(43 S. m. Abbild. u. 21 z. T. farb. Taf.) Lex.&. 
Stuttgart, Verlag „Kunst u. Jugend“. 08. 4.50. 

Berlepsch-Valendas, E. v. Die Bedeutung 
der Gartenstädte für den materiellen und den 
Gesundheits-Haushalt der Nation. (Natur und 
Kunst, 10.) 


Bernoulli,R. Biedermeiermode. (Werkkunst,27.) 

Biermann, Georg. Wirtshaus-Kultur. (Leipz. 
Tagebl.) 

Bode, W. Der Kampf gegen die Kunstmuseen. 
(Woche, 36 

Brandes, O. Der Londoner KunstkongreB. 
(Berlin. Tagebl., 19, VIII.) 

Biedenkapp, G. Kunst und Volkswirtschaft. 
(Moderne Kunst, 24.) 

Dernburg, F. Walter von der Vogelweide in 
Berlin. (Berl. Tagebl. 6, IX.) 


Dritter internationaler KunstkongreB in 
London. (Hamburg. Nachr. 14 u. 15, VIII.) 


Education in art. Complaint against the 
British government. (London, Morning Post, 
4, VIII.) | 

— Utilisation of Museums. (London, Morning 
Post, 7, VIII.) 

Kuhlmann, Prof. Fritz. Bausteine zu neuen 
Wegen des Zeichenunterrichts. Lex. 8°. Dres- 
den, A. Müller-Fröbelhaus. VII. Das lebende 
Tier im Zeichenunterriht. Mit zahlreichen 
Schülerarbeiten aus dem Realgymnasium zu 
Altona. Dazu 2 Blätter Künstlerzeichnungen 
vV. zu Prof. Rich. Friese. (40S.) (08.) 
bar 2.—. 


Kunsterziehung, deutshe. (Buchausstattung 
von Prof. Pet. Behrens.) (III, 62S. m. 16 Taf.) 
gr. 8°. Leipzig, B. G. Teubner, 08. kart. 2.—. 


Möller, A. Kunst und Schule. (Österr. Rund- 
schau, 5.) 


Museums. (Burlington Magaz. Sept.) 

Niemeyer,W. Gegenwartund Aufgabe. (Form,1.) 
— Moderne Bewegung und Baukunst. (Form, 2.) 
Nitze, Ph. Ästhetische Baupolizei. (Tag, 29.VIII.) 


Rosenhagen, H. Münchens Erneuerung als 
Kunststadt. III. (Tag, 7. VIII.) 

Staatskuratelundkirchlihe Kunst. (Augs- 
burg. Postztg. 25. VIII.) 

The training of teachers. Drawing and the 
army. (London Morning Post, 6. VIII.) 

Weckbecher, W. v. Kaiser Franz Josef I. als 
Förderer der graphischen Künste. (Graphische 
Künste, 3.) 


Wieder, L. Noch etwas zur Wiederbelebung 


niedersächs. Volkskst. (Niedersachsen, 15. VIII.) 


14. Kulturgeschichte. 


Histoire de la civilisation. — History of 
civilisation. 


Bidiringer, F. Eine Hohenstauffenfeste in 
Unteritalien [Lacera]. (Beil. Münchner N.Nachr. 
Nr. 52) ` 


Bonnefon, P. Charles Perrault commis de 
Colbert et l'administration des arts sous 
Louis XIV. (Gaz. d. Beaux-Arts, Sept.) 

Bonnet, J. Basler Spaziergang. (Frankf. Ztg. 
24. VIII.) 


Clough, G. Quattrocento book collecting. I. 
(Burlington Magaz. Sept.) 


Der Palazzo Zuccari-Hertz in Rom. (Köln. 
Ztg., 6.IX.) [Geschichte und Bewohner des Pa- 
lastes.] 


Escherich, M. Mathias Grünewald. Ein Beitrag 
zur Symbolik des Lichtes. (Dtsch.Rundsch.,12.) 

Haarlem, die Franz Hals-Stadt. (Pariser 
Ztg. 22. VIII.) 

Hallman, Mila. Mälare och urmakare, flickor 
och lösdrifvare. Historier fran gamla Stockholm. 
(Sthlm, 1907.) Fréléen & Co. 217 S. Kr. 2.75. 
darin: ,Trofémälaren Olaf Hoffmann“, und 
„Nägot om tapetmälare“. 

HeB, Wilh. Johann Georg NeBtfell. Ein Bei- 
trag zur Geschichte des Kunsthandwerkes und 
der physikal. Technik des 18. Jahrhdts. in den 
ehemal. Hochstiftern Würzburg u. Bamberg. 
Straßburg, J. H. E. Heitz. ca. 8.—. 

Martin, W. Über den Geschmack des hollän- 
dishen Publikums im XVII. Jahrhundert mit 
Bezug auf die damalige Malerei. (Monatsh. f. 
Kunstw., 9.) 


Pochhammer, P. Michelangelo und Dante. 
(Berlin. Tagebl., 3. IX.) 


15. Kunstwissenschaft. 


Alfred von Reumont. (VoB. Ztg. 15. VIII.) 


Art Guides and Accuracy. (London Morning 
Post, 20. VIII.) 


Blomme, A. Notice biographique sur Henri 
van NeuB. (Bull. Acad. R. Archéol. Belgique, 3.) 

Bode contra Voll. (Monatsh. f. Kunstw., 9.) 

Bode, W. Der Generaldirektor der Berliner 
und der Münchner Kunstsammlungen. (Inter- 
nat. Wochenschr., 39.) 

Brising, Harald. Museifrägan. [Vorschlag zu 
einem Neubau des historishen Museums des 
Staats oder zu einem großen schwedischen 
oye (Svenska Dagbladet, Nr. 219 
u. 


de Ghellink Vaernewyck. Rapport sur le 
Congres archéologique de France. Avallon- 
Auxerre. LXXIVe Session, 11—19 juin 1907. 
(Ann. Acad. R. Archéol. Belgique, 1—2.) 


France, K. Die Aufgaben und Ziele des Ger- 


manischen Museums der Harvard-Universität. ° 


(Internat. Wochenschr., 33.) 


Bibliographie 


949 


_——————.—rrrrr.,.;! L 


Maudad, C. d. La section d'histoire de l'art 
au Congrès des historiens à Berlin. (Chron. 
d. arts, 29.) 

Professor Carottis Theory. (London Mor- 
ning Post, 23. VII.) 


Seemann, A. Der Erwerb von Kunstwerken 
für Bayern. (Kunstchron., 31.) 


Tschudi geht nach Kassel?! (Rhein.-Westf. 
Ztg., 20. VII.) 


Vallentin, F. Franz Mertens. (Voss.Ztg. 6, 1X.) 


Waetzoldt, W. Kunstmuseum und Stilaus- 
stellung. (Frankfurt. Ztg., 6. VIII.) 


16. Kunstnachrichten. 
Echo des arts. — Art news. 


Crum Watson, W. Portuguese architecture. 
Bespr. v. A. Haupt. (Göthng. gel. Anz., 8.) 
— E. Z. Neues aus Milet. (Hamburger Korre- 

spond., 7. IX.) 


Fabriczy, C. v. Italienishe Architektur und 
Skulptur. Jahresübersicht 1906. (Repert. für 
Kunstw., 4.) 


Gerola, G. Un nuovo libro sull ’arte dei Bas- 
sani. (Boll. Mus. Civico di Bassano, 1—2.) 
Haendce, B. Aus Rembrandts Heimat. (Tag, 

6. VIII.) 


Hegi, F. Ziircherische Fenster- und Wappen- 
schenkungen aus den Jahren 1563 und 1564. 
(Anz. f. schwetz Altertumsk., 1) 


Im Lande d Teniers. (Berl. Lok. Anz., 25.VIII‘) 


Inventario del Duomo di Cesena nel secolo 
XV. (Rassegna bibliogr. arte ital., 5—6.) 


Kunstgeschichtliches a. Weissenhorn (Christl. 
Kunst, 10.) 


Meurs, P. v. Kunst inde archiven van Vianen. 
(Oud-Holland, 3.) 


Nordensvan, Georg. Konstliteratur (Rec. 
von „V. Wanscher, Raffael og Michelangelo, 
Köbenhavn 1908“.] (Dagens Nyheter, Stock- 
holm, 17./7. 08.) 

Sauer. Neuere Kunstgeschichtlicie Literatur. 
(Literar. Rundsch., 1. VIII.) 

Schmitz, H. Kunst und Archäologie in Italien. 
(Nordd. Allg. Ztg., 5 IX.) 

Schubring, P. Zwei Publikationen über Mat- 
thias Grunewald. — Das Gebetbudı Kaiser 
Maximilians (Preuß. Jahrb., 2) ` 

Thieben, E. Mailänder Kunstbrief. 
Ztg., 3. IX.) 

Tua, P. Regesto degli Archivi Bassanesi. 
Dal 1211 alla dominazione Veneta. (Boll. Mus. 
Civico di Bassano, 1—2.) 

Valladar, F. d., Notas para investigaciones 
en la Alhambra II. (Alhambra, 247.) 

Villepelet, F. Le mobilier d'un bourgeois de 
Périgueux en 1428. [Dokument.] (Bull Archéol. 

.) 


(Voss. 


Paris, 2 


17. Verschiedenes. 
Miscellanées. — Miscellanious. 


A. H — g. Kunstschwindel. Ein Beitrag zur 
Geschichte d. internationalen Gemäldehandels. 
(Berl. Tagebl., 26. VII.) 

Alexander, A. Les faux Monets (Figaro, 
18. VII) 

Baum, J. Über das Kunstsammeln. (Frankfurt. 
Ztg., 26. VIII.) 

— F. P. Kunsthändlertricks in Italien. 
Tagespost, 5. VII.) 

Mauclair, C. Die Kunsthdl. u. ihre Machen- 
schaften. (Màrz, 10.) 


Segebarth, L. Über Mosaik. (Tübg. Chr.,3.VII.) 

Théotès, O. Les grandes mystifications artis- 
tiques. — Terres cuites fausses. (Musée, 7.) 

Winer, O. Das Elfenbein in d. Kunst. (Dtsch. 
Landhaus, 16.) 


(Graz. 


18. Reproduktionen. 


Reproductions. — Reproductions. 


Angelico, Fra. Meisterbilder, Leipzig, W. 
Weider. ca. —.80. 

Ausstellung älterer englischer Kunst in der 
kal. Akademie der Künste zu Berlin 1908. 
Photograph. Gesellschaft. In Mappe ca. 140.—. 

— die, München 1908. 30 Ansichten. München, 
C. Andelfinger & Co. ca. —.50. 

Botticelli. Meisterbilder. Leipzig, W. Weicher. 
ca. —.80. 


Bronzino. 60 Meisterbilder. Leipzig. W. 
Weider. ca. —.80. 
Busch, Wilh. Handzeichnungen aus d. Nach- 


laß. Steglitz-Berlin, Neue photograph. Gesell- 
schaft. In Mappe ca. 10.—. 


Correggio. 60 Meisterbilder. 
Weider. ca. —.80. 


Denkmäler griechischer u. römischer Skulptur. 
In histor. Anordnung. Unter Leitg. v. + Hein. 
Brunn hrsg. von Friedrich Bruckmann, Nach 
Brunn's Tode fortgeführt u. m. erläut. Texten 
versehen von Paul Arndt. Unveranderliche 
Phototyp. nach Orig.-Aufnahmen. 121. Lfg. 
(5 Tafeln mit 33 S. illustr. Text 46,5><30 cm.) 
64,5><48 cm. München, F. Bruckmann 08, bar 
nn 20.—. 


Leipzig, W 


Dürer. Meisterbilder. Leipzig, W. Weicher, 
ca. —.80 

Goya. Meisterbilder. Leipzig, W. Weicher, 
ca. —.80. 


Handzeidinungen alter Meister im Städel- 
scien Kunstinstitut. Hrsg. von der Direktion. 
Orig.-getreue Lichtdr. der Hofkunstanstalt. 
Albert Frisch. (In 10 Lfgn.) 1. Lfg. (10 z. 
TI. farb.) 54x39 cm. Frankfurt a./M., Städel- 
sches Kunstinstitut 08. 


950 


Katz, Archit. Rih. Werke klassischer Kunst. 
Zum Studium der bild. Künste der Griechen 
u. Römer hrsg. 200 Tafeln mit ca. 1000 Ab- 
bildgn. in Farben-, Stein- und Lichtdr. samt 
Text. (I. Bd.) (70 Taf. m. 22 S. Text m. Ab- 
bildgn. u. 4 Taf.) 34x25 cm. Stuttgart, C. 
Ebner. Geb. in Leinw. 25.—. 


Leidinger, Geo. Die Einzel-Metallschnitte 
(Schrotblätter) des 15. Jahrh. in der kgl. Hof- 


und Staatsbibliothek München. Straßburg, 
J. H. E. Heitz, ca. 40.—. 
Michelangelo. Meisterbilder. Leipzig, W. 


Weicher, ca. —.80. 

Molsdorf, Wilh. Formschnitte des 15. Jahrh. 
aus d. Sammlung Schreiber. Straßburg, J. H. 
E. Heitz, ca. 35.—. 


Perugino. Meisterbilder. Leipzig, W. Wei- 
cher, ca. —.80. 

Ru Meisterbilder. Leipzig, W. Weider 
ca. —. 


San Gallos, Giuliano. Skizzenbuch, aus der 


Monatshefte für‘ Kunstwissenschaft 


Barberini-Bibliothek. Mit e. Einleitg. v. Hül- 


sen. Leipzig, O. Harrassowitz. ca. 300.—. 
Seelengärtlein, Hortulus animae. Cod. bibl. 
pal. Vindob. 2706. Photomechanischhe Nach- 


bildgn. der k. k. Hof. und Staatsdruckerei in 
Wien. Hrsg. unter der Leitg. u. m. kunstge- 
schichtl. Erläuterungen von Frdr. Dörnhöffer. 
5. Lfg. (92 S m. farb. Abbildgn.) 39><37 cm. 
Frankfurt a./M., J. Baer & Co. 08. 

Tintoretto. Meisterbilder. Leipzig, W. Wei- 
cher, ca —.80. 

Wattau. 60 Meisterbilder. 
cher, ca. —.80 

Weichers Kunstbiicher. 16°. Leipzig, W. Wei- 


Leipzig, W. Wei- 


cher. Jede Nr. —.80. Liebhaberausg., geb. 
in Kdr. 2.—. 16. Sarto, Anprea del. Meis- 
terbilder. Eine Ausw. v. 60 Reproduktionen 


nach Orig.-Aufnahmen. (66 S.) 08. 

Weyden, Roger van der. The masterpieces 
The Hague, M. Hols. Kl. 16% [14°X10°. 
(VII, 32 blz. f.—.35. 


ORGAN FÜR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT 
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER. 


BEMERKUNGEN ÜBER 
EINIGE MARKEN DES MEISSNER 
PORZELLANS 


(Fortsetzung) 
3. Marke: 


Diese Marke findet sich angegeben in Graesse: 
Guide de l’amateur, fehlt dagegen merkwürdiger- 
weise auf der Markentafel des oben angeführten 
Werkes von Berling. Grund dafür ist wohl, 
daß sie äußerst selten ist, so selten, daß sie einem 
oft jahrelang nicht begegnet. Dennoch hat es 
diese Marke auf frühem Meißner Porzellan 
gegeben. Mir sind zwei Beispiele desselben 
bekannt. Sie findet sich einmal in der Dresdener 
Porzellansammlung auf einer größeren blau- 
grundierten Vase mit ausgesparten Medaillons, 
die nadı dem Urteil aller Kenner, die sie ge- 
sehen, für unbedingt echt erklärt worden ist, 
deren Medaillons aber freilich mit den Email- 
malereien, für die sie bestimmt waren, nicht 
ausgefüllt waren, was aber später ein Fälscher 
nur desto eifriger besorgt hat. Sie befand sich 
weiter unter einer mit ostasiatischem Dekor be- 
malten Stangenvase der ehemaligen Sammlung 
D. Klemm, die im vergangenen Herbst in Berlin 
versteigert worden ist. An sich freilich wirkt 
diese als Friedrich August aufzulösende Marke 
etwas befremdlich in anbetracht der bekannten 


Marke . Augustus Rex, da ein frei- 


williger Verzicht auf die Angabe des Königs- 
titels bei Fürsten, die so wie der König August 
der Starke und sein Nachfolger nach der Königs- 
krone Polens gestrebt haben, an sich nicht sehr 
wahrscheinlich scheint. Doch für die Anwendung 
einer solchen Marke spricht zunächst eine jener 
oben erwähnten neu aufgefundenen handschrift- 
lihen Niederschriften des Königs, die eine An- 
weisung betreffs der Anbringung seiner Namen- 
schiffer auf dem Porzellan seiner Fabrik gibt. Es 
heißt da (Kgl. Sächs. Hauptstaatsarchiv Loc. 355, 
Vol. II, fol. 73): um das rese servies zu formieren, 
so kan man den servise die benestigten sticken 


nehmen und in meine abwesen dieselben wieder 
dazu magen lassen. 

Aus A wird FA mit der cron gemagt, oder 
cron alleines über das A gesetzt. 

1. — servies mit den wappen. 


2. — servies mit A oben. 
3. — servies mit A unten. 


4. servies mit TE 


die cron. IN 


Darnach ist damals eine Marke oder wenig- 
stens eine Signatur, die nur die Anfangsbuc- 
buchstaben des Namens des Königs enthielt, 
vom Könige selber angegeben worden. Sicher- 
lich sollte sie einem Service beigegeben werden, 
das er ausscilieBli in Dresden lediglich in 
seiner Eigenschaft als sächsischer Kurfürst be- 
nutzen wollte. Ob aber freilich diese Anordnung 
damals ausgeführt worden ist, erscheint, da 
Service oder Teile desselben mit dieser Marke 
bisher ooch nicht zum Vorschein gekommen 
sind, zu mindest zweifelhaft. 

Doch in diesem Falle hat es für diese Marke 
in dieser Zeit noch eine andere Anwendungs- 
möglichkeit gegeben. Es darf nicht übersehen 
werden, daß, als König August der Starke am 
1.Februar 1733 starb, sein Nachfolger, der Kur- 
first Friedrich August II, über 8 Monate lang 
gar kein König gewesen ist, da er erst am 5. Ok- 
tober dieses Jahres zum König von Polen er- 
wählt, am 17. Januar 1734 sogar erst dazu 
gekrönt ward. Er durfte demnach weit über 
ein halbes Jahr diese Marke AR gar nicht führen. 
— So mußte er, wenn er überhaupt sich eines 


5. — rese servies mit und 


952 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Aus der Versteigerung bei R. LEPKE-Berlin am 3. November 
Kat. Nr. 116 
XVI. Jahrhdt., wahrscheinlich südfranzösisch 


Majolikaschüssel. 


Namenzuges bedienen wollte, zur Chiffre R zu- 
rückkehren. Kann also darum diese Marke nicht 
aus dieser kurzen Übergangszeit stammen? 
Gerade die Seltenheit ihres Vorkommens spricht 
dafür. Auch gehören die beiden oben genannten 
Stücke durchaus dieser Zeit an, und so dürfte 
sich wohl alles zusammenfinden, um diese An- 


nahme zu einer recht wahrscheinlihen zu machen. 
Ernst Zimmermann. 


B 


BEVORSTEHENDE AUKTIONEN. 
DEUTSCHLAND 

Aachen. Bei Anton Creutzer (vorm. M. 
Lempertz) kommt am 8. Oktober die Sammlung 
Dr. Kann u. a. unter den Hammer. Dieselbe 
hat in der Hauptsache graphischen Charakter. 
Der Katalog verzeichnet an die 900 Nummern. 
Darunter seien an erster Stelle genannt Radie- 
rungen von Rembrandt, Holbein, Ostade, Potter, 
Berchem, Chodowiecki, Roos, Waterloo usw.; 
ferner Lithographien von Quaglio, Vernet, Strix- 
ner. Interesse wird bei den Sammlern auch 
eine beaditenswerte Abteilung Städteansichten 
und Porträts finden. 


Berlin. Die Firma Lepke verspricht für die 
Tage vom 3.—7. November eine interessante 
Versteigerung alter Majoliken, Fayencen und 
Porzellane ausder SammlungHermann Emden- 
Hamburg. Aus den 94 groBen, dem umfang- 
reihen Kataloge mitgegebenen Tafeln mit Ab- 
blidungen der hervorragendsten Stücke ersieht 
man, daB hier eine bedeutende Privatsamm- 
lung keramischen Charakters auf den Markt 
kommt (siehe unsre Abbildung). Glänzend ver- 
treten sind italienische Majoliken. Von den be- 
rühmten Botegen der Blütezeit: Faönza, Urbino, 
Siena, Gubbio, Venedig, fehlt keine. Das deutsche 
Steinzeug des 16. und 17. Jahrhunderts reiht sich 
ebenbürtig mit den Erzeugnissen der bekannten 
Fabrikorte an (Nassau, Raeren, Kreußen). Sehr 
umfangreich repräsentiert sih die Abteilung 
Porzellan, die nicht weniger als 31 datierte 
Manufakturen aufweist. Die Meißener Stücke 
gipfeln in den reizenden Volks- und Gesellschafts- 
gruppen Meister Kaendlers. Die große Gruppe: 
„Frauen mit GuBkanne und Bechen: muB be- 
sonders notiert werden. Auch die kleineren 
süddeutschen Manufakturen, Frankenthal, Höchst, 
Ludwigsburg, paradieren mit einigen köstlichen 


Der Kunstsammler 


953 


Typen von ausgesprochenem Charakter. Aus 
Berlin bestechen vornehme, sorgfältig bemalte 
Service und Tassen, die mit Meißen konkurieren 
können. Sèvres und Wien schließen sich mit 
Stillebenstüken und großen Krinolingruppen 
(Anton Grassi) gewichtig an. In der Abteilung 
Glas und Kristall interessiert besonders eine 
arabische Glasampel mit farbigem Schmelz aus 
dem 14. Jahrhundert, die zu den Seltenheiten 
gehört. Die Illustrationstafeln des Katalogs sind 
der Übersiditstabelle entsprechend geordnet, so 
daß ein rasches Orientieren über die einzelnen 
Abteilungen ermöglicht ist. Über die Resultate 
der Versteigerung werden wir ausführlich be- 
richten. D— 


Frankfurt a. M. Die zum NadilaB des ver- 
storbenen Gustav Schiller gehörende Samm- 
lung von Aquarellen und Handzeichnungen von 
Künstlern des XV. bis XIX. Jahrhunderts wird 
am 20. Oktober im großen Hôrsaale der Poly- 
technischen Gesellschaft durch die Kunsthandlung 
F. A. C. Prestel zur Versteigerung gelangen. 
Die Kollektion, deren Bestände zum Teil her- 
vorragenden alten Sammlungen entstammen 
(Graf Festetics, Lord Hamdon, Richardson, Lely, 
Mitschell, Macgowan, Habich, Weigel u. a.) bietet 
vortrefflicie Blätter älterer Meister, unter denen 
die ersten Niederländer und eine Reihe guter 
Italiener zu bemerken sind. Der größere Teil 
der Sammlung gilt den deutschen Zeichnern 
des 19. Jahrhunderts. Genelli, Overbeck, Preller, 
Feuerbach, Knaus, Richter, Schwind, Steinle, 
Spitzweg, Menzel, Leibl, Thoma, Trübner sind 
die führenden Namen des 384 Nummern um- 
fassenden Katalogs. Die Entwicklungslinie der 
deutschen Zeichenkunst scheint in derSchillerschen 
Sammlung besonders gut zum Ausdruck ge- 
bradit. D- 


Köln. Goethe-Versteigerung. Die be- 
kannte Goethe-Sammlung, der „Weimarer Mu- 
senhof“, des zu Köln verstorbenen H. Lempertz 
sen., die seinerzeit bei der Ausstellung in Mar- 
zellengymnasium (1891) und auf der Düssel- 
dorfer Goethe-Ausstellung bei den Goethe- 
Forschern lebhaft interessierte, gelangt in den 
Tagen vom 12. bis 14. Oktober durch die 
Kölner Kunst-Auktionsfirma J. M. Heberle 
(H. Lempertz’s Söhne) zur Versteigerung. Der 
Katalog (übrigens aus dem Jahre 1899) führt 
den Titel: Johann Wolfgang von Goethe 
im Mittelpunkt seiner Zeit“ und gibt 
neben ausführlichen Beschreibungen audi gute 
Abbildungen einzelner Stücke. Den Kunstsammler 
dürften inmitten der Fülle der Autographen, 
die sic auf Goethe selbst wie auf den 


Kreis der Freunde und Personen, mit denen 
er in Berührung stand, beziehen, besonders 
jene gezeichneten und .getuschten Biättchen 
interessieren, die von Goethes eigener Hand 
herrühren. Diese landschaftlichen Vignetten, die 
der junge Goethe angeblich unter Oesers Leitung 
in Sepia tuschte, sind als Anfängerleistungen 
charakteristisch. Höhere Beachtung noch dürften 
ein paar seltene Blätter finden, die Goethe 
1762 in Leipzig nach Thieleschen Landschaften 
radiert hat. Es sind Raritäten ersten Ranges, 
die ältere wird bereits 1837 von Nagler im 
Künstlerlexikon als „selten“ und in künstler- 
ischer Beziehung als nicht unbedeutend erwähnt. 
In der umfangreichen Gruppe der Goethebild- 
nisse ragen die hüschen Schattenrisse und der 
praditvolle Stich von Lips — wohl das bedeu- 
denste aller Goethebildnisse — hervor. 

D —. 


Leipzig. Die FirmaC.G. Borner inLeipzig 
halt in den Tagen vom 10. bis 14. November 
zwei bemerkenswerte Versteigerungen ab. Vom 
10. bis 12. November kommt die Kupferstich- 
Sammlung des zu Hamburg-Horn verstor- 
benen Herrn H. W. Schultze zum Verkauf. 
Schultze sammelte von Anfang der Wer Jahre 
bis zu seinem vor einigen Jahren erfolgten 
Tode fast ausschlieBlidı feine Blätter der alten 
Meister. Er hat eine nicht umfängliche aber 
gewählte Sammlung zusammengebradt, die 
eine ganze Reihe auBergewôhnlider Blatter 
von Dürer, Rembrandt, sowie ausgewählte 
Stücke der großen Meister des XVI. und XVII. 
Jahrhunderts, Leyden, Berghem, Ostade, 
Claude-Lorrain, der deutschen Klein- 
meister und vieler anderer namhafter Meister 
der Zeit enthält. Nach dem Tode des Sammlers 
setzte dessen Frau die Sammlung fort. Ihr 
Interesse galt hauptsichlich den amfisanten 
Blättern des XVIII. nnd XIX. Jahrhunderts, von 
denen sie in wenigen Jahren eine hübsche 
Sammlung zusammenbradite; auch die alte 
Meister-Sammlung wurde hie und da ooch um 
ein wertvolles Stück vermehrt. Nach dem Tode 
der Witwe kommt nunmehr die Sammlung zum 
Verkauf. 

Am 13. und 14. November schließt sich die 
Versteigerung einer Sammlung von Reforma- 
tionsdruken, Holzschnittbüdern, Ma- 
nuskripten und Einzelminiaturen an. Die 
letzteren bilden eine wertvolle und interessante 
Folge von reich figurierten Blättern. Es be- 
finden sich darunter eine Anzahl wohlerhaltener 
früher Blätter des XII. und XIII. Jahrhunderts gute 
italienishe Arbeiten des XIV. und XV. Jahr- 
hunderts und kostbare- vlämische und deutsche 


954 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Stite des XV. Jahrhunderts. Fast sämtliche 
Stücke sind gut erhalten. Zu erwähnen ist eine 
originelle Miniatur-Malerei der Hoch-Renais- 
sance im Stil Raffaels, ein schönes Stück von 
hoher künstlerischer Bedeutung. Die wertvollsten 
Objekte dieser Abteilung sind wohl die drei 
Miniaturen niederländischer (vielleicht franzö- 
sisdier) Herkunft, die durch ihre ungewöhnlich 
reiche Ausführung weit über dem Durchschnitt 
stehen. 

Unter den Manuskripten sei ein Neumen- 
Manuskript des XIII. Jahrhunderts her- 
vorgehoben, ferner ein Psaltarium, das vom 
Jahre 1488 datiert ist und dessen reicher Minia- 
turenshmuk ihm einen erhöhten Wert ver- 
leiht. Auch das kostbare Familien und Stamm- 
buch der Freymann Randeck in stattlichem 
Folio-Band, das in künstlerischer Ausführung 
76 Kostümportraits und nidit weniger als 1300 
Wappen der Familie Freymann und verwandter 
Familien enthält, dürfte dieSammler interessieren, 
denn das kostbare Stück, zu dem ein umfanglicher 
Text gehört, wurde von Titan von Hefner, dem 
nur in München eine geringe Kopie davon be- 
kannt war, dem Fugger'schen Ehrenspiegel 
gleichgestellt. Ein Brandenburgisches 
Stammbud von 1589 mit 24 wertvollen 
Kostfimbildern, schließt sich an. Von Interesse 
ist ferner die Abbildung des Leichenbegäng- 
nisses der im Jahre 1606 verstorbenen 
Herzogin Sybilla Elisabeth von Sachsen, 
eine 11 Meter lange Rolle, auf der 225 Kos- 
tümfiguren bis Ins kleinste Detail ausgeführt 
sind. 

Die zweite und dritte Abteilung des Kata- 
loges bringt u. a. die an Holschnittwerken und 
Reformationsdrucken reihe Sammlung eines 
kürzlich verstorbenen Leipziger Patriziers, da- 
runter prachtvolle Exemplare bekannter Holz- 
schnitte, Inkunabeln wie Schatzbehalter, 
Schedel'sche Chronik, Neunte deutsche 
Bibel usw. Unter den Reformationsdrucken 
finden wir früheste Lutherdrucke, darunter seine 
früheste Publikation, der Tractatulus von 
1517, die Schriften an den christlichen 
Adel, wider Hans Worst und andere. Von 
Hans Sachs zählen wir 10 Nummern. Eras- 
mus, Melandithon, Hutten, Zwingli u. a. 
sind reichhaltig vertreten. d —. 


München. Am 19. Oktober d. Jhs. gelangt 
in München in der GalerieHelbing die Samm- 
lung Emil Grauer, Troppau, welche hervor- 
ragende Porzellane der bedeutendsten Manu- 
fakturen des 18. Jahrhunderts enthält, zur Auktion. 
Die Kollektion ist besonders bekannt geworden 
durch die Ausstellung von europäischem Porzellan, 


welche das Kaiser Franz Josef Museum in Troppau 
1906 veranstaltete. An Zahl überwiegen die 
Meißner Porzellane, unter denen Stücke mit 
buntfarbigen Chinoiserien, effektvollen Watteau- 
malereien und mit Farben der „famille rose“ in 
vorzüglicheu Qualitäten zu finden sind. Daneben 
nehmen interessante Plastiken der Frühzeit, wert- 
volle Modelle Kändlers, beliebte Typen der ita- 
lienishen Komödie und seltene Komödienfiguren 
aus der Marcolinizeit einen breiten Raum ein. 
Nymphenburg ist durch zwei seltene Service 
mit hebräischen Sprüchen, Höchst durch früheste 
Arbeiten aus der Zeit vor Melchior und mit 
solchen um Melchior vertreten. Aus der ersten 
Periode Frankenthals stammt eine vornehme 
sitzende Dame, eine der besten Schöpfungen 
der deutschen Porzellanplastik überhaupt. Hieran 
reiht sich die Gruppe der Ludwigsburger 
Fabrikate, die das Gros der Sammlung Kaulla 
bildeten und weitesten Kreisen durch die im 
Herbst 1905 im Kgl. Residenzschlosse zu Stutt- 
gart veranstaltete Ausstellung von Erzeugnissen 
der ehemaligen württembergischen Manufaktur 
bekannt sind. Ein kräftiger Adonis mit Eber, 
dem Bildhauer Pierre Lejeune zugeschrieben, 
Figuren mit dem Charakter der weichen, feinen, 
gefühlvollen Übergangskunst Bayers, dazu eine 
große Schüssel mit dem Decor der „famille rose“ 
mögen als Beispiel genannt sein. Wenige aber 
ganz hervorragende Stücke welst die Fabrik 
Wien auf, darunter ein Meisterwerk ihres 
Modelleurs Josef Grassi. Von den auberdeutschen 
Manufakturen sind zu erwähnen wegen ihrer 
Seltenheit zehn Teller der Fabrik Nove bei 
Venedig; wegen der feinen Bemalung und der 
Pracht des Decors die wertvollen Sèvresge- 
schirre und die Chantillyvasen. Eine reiz- 
volle Abteilung bilden die, verschiedenen Fabriken 
angehörenden Porzellangaianterien, unter denen 
Flakons, französische Stockgriffe, prachtvolle 
Nymphenburger Pfeifenköpfe und Dosen und 
vor allem die Kollektion von 74 einzelnen Lud- 
wigsburger Porzellanblumen hervorragen. Mit 
den kleineren deutschen Marken: Berlin, Fürsten- 
berg, Ansbadı, vervollständigen die Pariser 
Kleinfabriken und das China- und Japanporzellan 
den Inhalt der sowohl numerisch (210 Nummern) 
wie qualitativ hervorragenden Sammlung. 
* * 


x 

Die Galerie Helbing kündet ferner zwei 
Versteigerungen an, von denen die erste am 
26. Obtober etwa 500 Kupferstiche, Radie- 
rungen, Holzschnitte, Schwarzkunstblätter und 
Farbstihe des XV.— XIX. Jahrhunderts unter 
den Hammer bringt. Neben einer großen An- 
zahl auch farbiger Stadteansichten und einer 
Gruppe historisch interessanter Porträtstiche 


Der Kunstsammler 


CAPO DI MONTE. Tanzender Herr und Dame. Sammlung Emil Grauer, Troppau 
D Auktion in der Galerie Helbing, München am 19. Oktober 1908 


zählt der Katalog Künstlernamen aller Länder 
auf. Bei der bekannten Qualität der Helbing- 
scien Versteigerungen darf man hoffen, daß 
sich den Sammlern hier manches schöne und 
seltenere Stick aus dem Opus älterer Stecher 
und Radierer bieten wird. Die Auktion am 
27. Oktober gilt dem graphischen Werk mo- 
derner Meister. Im Katalog begegnen wir Namen 
von bestem Klang wie Manet, Millet, Rops, 
Truchet, Whistler, Mundi, Legrand, Knopff, 
die das Ausland vertreten. Unter den Deut- 
scien paradieren Klinger und Greiner, Lieber- 
mann und Leistikow, Orlik und Schmutzer, von 
alteren vor allem Stauffer-Bern und Leibl. 
Eine besondere Gruppe japanischer Original- 
Farbenhoizschnitte schließt die intessante Ver- 
kaufsliste ab. D —. 
2 


HOLLAND 


Wir stehen wieder am Beginn einer neuen 
Versteigerungssaison. Was wird sie bringen, 


fragen die Sammler ebenso wie die Kunst- 
historiker, denn es ist nicht zu leugnen, daB 
der Gelehrte, der auch auf dem Kunstmarkte 
zu Hause ist, sei es auch nur passiv als Be- 
obaditer, dort manche Anregung, manche Er- 
fahrung und manche neuen Kenntnisse sammeln 
kann. Die großen Amsterdamer Versteigerungs- 
firmen sind eifrig mit den Vorbereitungen zu 
ihren Herbst- und Winterauktionen beschäftigt, 
über die ich heute eine, wenn audinur kurze, mehr 
programmartige Übersiht geben möchte. Als 
erste erscheint die Firma C. F. Roos & Co. 
auf dem Plane mit schönen modernen Gemälden 
und Aquarellen aus den Sammlungen C. A. M. 
von Vliet (+), Haag, L. P. Reders (+), Amster- 
dam u. A., die ‘am 29. und 30. September im 
„Militiezaal“ in Amsterdam versteigert werden 
(beim Erscheinen dieses Heftes also bereits ver- 
steigert sind). Von den 374 Nummern des 
Kataloges nenne ich die wichtigsten Künstler- 
namen, die alle der holländischen Schule an- 
gehören: Th. de Bock (2 Gemälde, 6 Zeich- 


956 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Abb. 1. JAN STEEN: Der Satyr bei dem Bauer, der kalt und warm 


blast 


O 


O Kunsth&ndler J. GOUDSTIKKER, Amsterdam 


nungen), Bosboom, Isaak Israels (5 Werke), 
Josef Israels (3 Gemälde, 1 Zeichnung), B. C. 
Koekkoek (5 Werke), Jacob Maris, William 
Maris, Albert Neuhuys, Poggenbeek, 
Willem Roelofs, Henriette Romer, Ver- 
boeckhoven (4 Werke), J. H. Weissen- 
bruch (3 Werke) usf. 

Baid danach, vom 6. bis 9. Oktober, bringt 
J. Shulman in „de Brakke Grond“ die Samm- 
lung des verstorbenen Herrn Allardin aus Til- 
burg, bestehend aus alten Delfter Fayencen, 
cdhinesishem und japanischem Porzellan, alten 
Möbeln, Silberwerk, alt-indischen, -japanischen 
und -persishen Kunstgegenständen, sowie Ge- 
mälden zur Versteigerung; im ganzen nicht 
weniger als 1909 Nummern. — Am 27. Oktober 
werden Frederik Muller & Co. dem Publikum 
Gelegenheit geben, auch erste Gemälde moder- 
ner Meister zu erwerben, darunter ein groBes 
Werk von Jozef Israels, Bilder von Jacque 
und von van Marcke, von L. Apol, Bos- 
boom, Gabriel, Willem Maris, Koekkoek 
und anderen. Neben dieser Sammlung von 
Ölgemälden wird eine Kollektion moderner 
Aquarelle zur Versteigerung gelangen. 

Für den November sieht dieselbe Firma 


die Auktion der Sammlung der Frau Prof. 
NeiBer, Breslau vor, bestehend aus japa- 
nisdiem, chinesishem und indischem Porzellan, 
sowie aus indischen Bildhauerwerken und alten 
Bronzen. Ferner persishe und indische Tep- 
pihe und eine schöne Kollektion Batiks und 
Goldwirkereien. Der Name NeiBer, der auch in 
Verbindung mit der modernen deutschen Kunst 
guten Klang hat, (ich erinnere an die Wand- 
malereien der Villa NeiBer von Erler und 
an das kürzlich von der modernen Galerie in 
Wien erworbene Triptydıon von Böclin „Venus 
genitrix“), gibt die Gewähr, daß wir es hier mit 
Sachen zu tun haben, die feiner, künstlerischer 
Sinn und Geschmack zusammengebracht haben. 
An diese Versteigerung werden einige nieder- 
landische und indische Nachlassenschaften an- 
geschiossen, unter denen sidı auch alte Delfter 
Fayencen befinden. In demselben Monat soll 
bei Fred. Muller eine Sammlung alter hol- 
ländisher Gemälde versteigert werden. — 
Ebenfalls alte Gemälde hollandischer und 
vlämiscer Meister, sowie eine reiche Kol- 
lektion Antiquitäten werden C. F. Roos & Co. 
Anfang November zur Auktion bringen; Mün- 
zen und Medaillen (Sammlungen Colonel J. Ort, 


Der Kunstsammler 


_ Abb. 2. JACOB VAN RUISDAEL: Skandi- 
navische Landschaft O 
Kunsthändier J. Goudstikker, Amsterdam 


Dr. Ramos in Pilar de Alagoas [Brasilen] und 
A. Westcott in Eastingwold {England}) die Firma 
J. Schulman. 

Unter der Direktion von J. Schulman wird 
im Haag im Saale des ,Kunstkring“ am 30. No- 
vember, 1. und 2. Dezember die Antiquitäten- 
und Porzellansammlung Dr. P. Bleeker (+) 
unter den Hammer gebracht werden. Müller 
& Co. kündigen fir den Dezember zwei Bücher- 
auktionen, eine Handschriftenversteigerung und 
eine von Ornamentstichen, sowie von Büchern 
über Ornamente und Gartenbau an. Für ein 
späteres Datum die Versteigerung der Münzen- 
und Medaillensammlung N. F. Reyst (Leiden). 

R. W. P. de Vries in Amsterdam end- 
lih geben für die von ihnen vorbereiteten 
Auktionen noch keine bestimmten Raten an. 
Sie werden in der Saison 1908/1999 versteigern 
erstens den zweiten Teil der Sammlung A. J. 
Nijland, bestehend aus zirka 25000 Porträts be- 
rühmter Niederländer und solcher Personen, die 
in Beziehung zu Holland standen; zweitens die 
Sammlung D. C. Meijer jr. (+), Stiche, Zeich- 
nungen und Porträts, die auf Amsterdam Be- 
zug haben, ferner eine Kollektion Lutheriana u. a. 
Die dritte Auktion bringt den Kunstatlas des 
Herrn Ernesto Pagnoni (Mailand) unter den 
Hammer; und schlieBlih werden noch ver- 


957 


schiedene Bibliotheken durch R. W. P. de Vries 
in diesem Winter versteigert werden. 

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daB von 
dem Kunsthändler J. Goudstikker in Amster- 
dam (Kalverstraat 49) der beste Teil der be- 
kannten Sammlung Gustav Ritter Hoschek 
von Mühlheim (+) in Prag vor kurzem er- 
worben wurde und — bis auf die an das Mu- 


‘ seum der bildenden Künste in Budapest schon 


weitergegebenen Stücke — noch zum Verkaufe 
steht. Die durchweg guten Bilder überragt ein 
ganz bedeutendes Werk von Jan Steen „Der 
Satyr bei dem Bauer, der kalt und warm bläst“ 
(1,02x 1,16 m, H. d. G. Nr. 80). Ich nutze die Ge- 
legenheit, dieses auch kcmpositionell abgerun- 
dete Gemälde des immer mehr geschätzten 
Meisters hier abzubilden, da es in dem im vo- 
rigen Jahre erschienenen ausführlicheu Katalog der 
Galerie Hosdiek von Prof. Dr. W. Martin nicht 
reproduziert worden ist (Abb. 1). Sonst findet 
der Liebhaber noch Werke von G. Dou, J. van 
Goyen, M. d Hondecoeter, P. Moreelse, 
Paulus Potter (der jetzt im Handel bekant- 
lich nur noch sehr selten vorkommt), P. Pourbus 
d. A., Jacob van Ruisdael (Abb. 2), D. Teniers 
d. J, Johannes Verspronck (eigenhändige 
Wiederholung des 1641 gemalten Porträts der 
Anna van Schoonhoven Gerardsdochter im 
Louvre; es ist voll bezeichnet und 1645 datiert) 


Abb. 3. JOHANNES VERSPRONCK: Bildnis 
der van Schoonhoven Gerardsdochter 


Kunsthindler J. Goudstikker, Amsterdam 
\ 


x 


\ 


958 


(Abb. 3), Ph. Wouwermans (den von Moy- 
reau gestochenen „Auszug zur Falkenjagd“, 
Smith Nr. 352; früher in der Sammlung Schubart). 
Jan Wijnants u. a. 

Zu der im vorigen Heft unter „Vermischtes“ 
mitgeteilten Notiz aus Amsterdam, daB das 
Bildnis der Mutter des Künstlers von Rem- 
brandt aus der Sammlung Artur Sanderson in 
Edinburg wieder nach Holland in seine eigent- 
liche Heimat zurückgelangt ist, sei bemerkt, daß 
es während des Monats August das Hauptstück 
einer von A. Preyer im Haag veranstalteten 
kleinen Ausstellung verkäufliher alter hollän- 
discher Gemälde bildete. K. F. 


2 


NEUE KATALOGE 


Goethe im Mittelpunkte seiner Zeit. Auktions- 
katalog zu der am 12.—14. Oktober bei J. M. Heberle 
(H. Lemperiz Söhne) in Köln stattfindenden Versteigerun 
der Autographensammlung „Der Weimarer Musenhof 
des verstorbenen H. Lempertz. 1425 Nummern. Durch 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


die Reichhaltigkeit des aufgeführten Materials für die 
Goetheforschung ein wertvolles Nadıschlagebudh. 


Amsier A Ruthardt, Berlin, Behrenstraße 29a. 
Katalog der Ausstellun Thomas Rowlandson. 
Originalaquarelle und Kupferstiche in Farben. 


Catalogo delle Riproduzioni fotografiche d’arte 
dello stabilimento on ne, Mailand. Piazza 
Durini 7. Gibt hauptsächlich Originalaufnahmen der ober- 
italienischen Galerien. Poldi—Pezzoli, Brera, Borromeo, 
Frizzoni, Ambrosiana, Castello Sforzesco, Morelli, (Ber- 
gamo), Monza. 


Edmund Meyer, Berlin W. 35, Potsdamerstr. 27b. 
Antiquariats-Katalog No. 8. Porträts und Städteansidhten. 
1266 Nummern. 


F. A. C. Prestel, Frankfurt a. M., Roßmarkt 5. 
Auktionskatalog zur Versteigerung der Sammlung Gustav 
Schiller (20. Oktober), dese e und Handzeichnungen von 
Kiinstlern des XV. bis XIX. Jahrhunderts. 384 Nr. 


Das Münchener Antiquariat Jacques Rosenthal ver- 
sendet einen interessanten Katalog von Stammbüdern 
des 16.—18. Jahrhunderts. Die vielen Holzschnitte, Em- 
bleme, Miniaturmalereien und Aquarelle dieser Er- 
e ee machen den Gegenstand auch kunst- 
historisch interessant und beaditenswert. Der hübsch 
ausgestattete und illustrierte Katalog ist durch die genannte 
Firma zum Preise von M. 2,— zu beziehen. (Cat. 41.) 


2 


AUKTIONSKALENDER 


Oktober Amsterdam. C.F.Roos&Co. Mo- 

Anfang derne Gemälde und Aquarelle meist 
hollandischer Meister. 

6. u. 7. | Frankfurt a. M. R. Bangel. Japan 
u. China-Samml. des ehem. kaiserl. 
deutschen Generalkonsuls in Japan, 
Dr. Schmidt-Leda. 

6.—9. | Amsterdam. J. Schulman in de 


Brakke-Grond-Sammlung Allardin 
(t), Tilburg. Alt Delfter Fayencen, 
chin., japan. Porzellan; antike Möbel, 
Silber, alte indische, japanische u. 
persische Kunst, Gemälde. 


7. Aachen. Ant. Creutzer. Sml. Dr. 
Kann-Wien. Radier. alt. Meister, 
Kupferstiche, Lithographien, Schab- 
kunstblatter. 


8.—10. | Berlin. Max Perl. Seltenheiten aus 
Literatur und Kunst. 
12.—14. | Köln. J M. Heberle (H. Lempertz 
Söhne). Goethe-Smig. H. Lempertz. 
| Bildnisse, Autogr., Ansichten. 
13.—15. | Frankfurt a M. R. Bangel. Ge- 


mälde, Kunstsachen aus verschied. 
Besitz. 


19. München. H. Helbing. Samm. 
Grauer-Troppau. Porzellane, dabei 
Meißen, Ludwigsburg, Wien, Berlin, 
Frankenthal, Höchst, Sevres, Chan- 
tilly, Worcester usw., dhinesische 

; und japanische Porzellane. 


| 
| D 
| Handzeidinungen. 


20. Frankfurt a. M. F.A. C. Prestel. 
Sammiung G. Schiller: Aquarelle, 


15.—17. | Hachen. Ant. Creutzer. Bücher 


aus allen Wissenschaften. 


Frankfurt a. M. R. Bangel. Anti- 
quitäten-Saml. d. Firma Dav. Bam- 
berger-Frankfurt. 


26. München. H. Helbing. Kupfer- 
stiche, Radier., Holzschnitte, Litho- 
gra hien, Schwarzkunstblätter und 

arbstiche d. 15.—18. Jahrh. 


Aachen. Ant. Creutzer. Samm- 
lung hervorrag. Kunstgegenstände, 
Möbel usw. 


27. | Amsterdam. Fred. Muller & Co. 
Gemälde und Aquarelle moderner 
Meister. 

27. | München. H. Helbing. Orig.-Ra- 
dierungen u. Lithographien sowie 
Handzeichnungen moderner Meister, 
japan. Farbholzschn. 


20. u. 21. 


26. u. 27. 


Mitte | Berlin. Rud. Lepke. Antiquitäten 
aus altadeligem itz. 

27. | Berlin. Rud. Lepke. Gemalde 
alter Meister. (Auflös. einer Berliner 
Kunsthandiung.) 

Ende | Wien. Gilhofer & Ranscburg. 


Beethoven- und Richard Wagner- 
| Briefe. 


Der Kunstsammler 


959 


AUKTIONSKALENDER 


Nov. | Amsterdam. C. F. Roos & Co. 


Anfang Alte holl. u. vlämische Gemälde u. 
| Antiquitäten, Gold, Silber, dn. ` 
|  sächs. u. a. Porzellan. Alt Delfter | 
| Fayencen, antike Möbel usw. 

2. | Amsterdam. Fred. Muller & Co. 


| Sammlung Frau Prof. NeiBer, Bres- 
lau. Japan., chines. und indisches 
Porzellan. Indische Bildhauerwerke. 
Bronzen. Batiks. Persische und in- 
dishe Teppiche. — Chines. Por- 
zellan und alt Delfer Fayencen. 
Altes Silber, Diamanten, Perlen, 
Möbel, Spitzen. Gemalte Wand- ` 
behänge. — Altholländ. Gemälde. 


| Berlin. Rud. Lepke. Sammlung 
H. Emden-Hamburg. 


Leipzig. C. G. Boerner. Kupfer- 
stichhsml. H. W. Schultze-Hamburg, 
dabei vorzüglidie Abdrücke Dürer, 
Rembrandt, Ostade, Cl. Lorrain | 
Schongauer, Berghem usw. . | 


' Amsterdam. J.Schulmann. Münzen 
_ und Medaillen. Sammlungen Egb. 
Smilder, Utrecht, Kolonel J. Ort, 
Haag (Römische Münzen), Pr.Ramos, | 
Pilar de Alagoas (Brasilien), über- 
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Diesem Heft liegt ein Prospekt der Firma OESTERHELD & CO., 
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Zentralredaktion: Leipzig, Liebigstraße 2. 


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Für Berlin: Dr. Herm. Voss, Berlin, Kaiser Friedrici- Museum. 


Für München: Dr. W. Worringer, Miincien, GeorgenstraBe 99. 
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Für London: Frank E. Washburn Freund, The Cottage : Harrow on Hill bei London, Lyon Road. 


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65 


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Abb. 1. Grabmal des CECCHINO BRACCI in S. Maria in Aracoeli O 
D Nadı einer Originalaufnahme 


D Begründet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlihen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sas U 


I. Jahrg. Heft 11 1908 


Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. 


Von Ernst Steinmann. 
II. 
Das Grabmal des Cecchino Bracci in Aracoeli. 


Im Jubiläumsjahre 1500 starb in Rom Serafino dell’ Aquila, der volkstümlichste 
unter den römischen Improvisatoren. Er hatte seine vielbewegte und niemals über 
ein bescheidenes Mittelmaß sich erhebende Laufbahn als Hofdichter des Ascanio Sforza 
begonnen und im Dienst des Cesare Borgia beschlossen.) Der Tod erst schenkte ihm 
die höchsten Ehren, die ihm das Leben versagt hatte. Mit unerhörtem Gepränge 
wurde der Volksdichter in S. Maria del popolo beigesetzt. Ganz Italien trauerte 
an seiner Bahre, und als Giovanni Philotheo Achillini die Dichter der Halbinsel 
zur Totenklage aufrief, erhoben Berufene und Unberufene ihre Stimme. Nicht nur 
unzählige Dichterlinge niederer Gattung sondern auch berühmte Männer setzten die 
Feder an: Bernardo Accolti genannt „l'unico Aretino“, Bernardo da Bibbiena, Tebaldeo 
da Ferrara, Cristoforo Romano der Bildhauer, Giuliano de’ Medici, der Herzog von 
Nemours. Und alle diese Dichtungen und Epigramme, nicht nur in der lingua volgare 
sondern auch im klassischen Latein und im gelehrten Griechisch abgefaBt, gab Caligula 
Bazaliero am 4. Juli 1504 in Bologna heraus. Der Erfolg war glanzend. Diese 
»Collettanee Grece, Latine Vulgari per diversi Autori moderni nella morte dell’ ardente 


Serafino Aquilano“ — eine für den modernen Menschen fast völlig ungenieBbare 
Lectüre — haben in den Jahren 1504—1557 nicht weniger als siebzehn Auflagen 
erlebt. 7) 


Der Name des „ardente Serafino Aquilano“, an dessen Bahre einst der Genius 
Italiens die Fackel gesenkt hatte, ist längst verdienter Vergessenheit anheimgefallen, 


1) Alessandro D’Ancona, Studi sulla letteratura Italiana de’ primi secoli. Ancona 


1884. p. 151 ff. 

2) Ich habe die in der Münchener Staatsbibliothek bewahrte Erstausgabe benutzt. Der 
vollständige Titel des seltsamen Buches lautet: Collettanee Grece Latine e Vulgari per diversi 
Autori moderni nella morte dell’ ardente Serafino Aquilano Per Giovanne Philotheo Achillini 


Bolognese, Bologna per Caligula Bazaliero il 4 di luglio 1504. 


964 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


und selbst den Grabstein, welchen Niemand anders als Agostino Chigi dem Dichter 
errichten ließ, wurden wir heute in S. Maria del popolo vergebens suchen. Aber die 
merkwürdige Tatsache, daß ein mittelmäßiger Dichter und ein ebenso mittelmäßiger 
Mensch bei seinem Tode eine wahre Hochflut dichterischer Ergüsse heraufbeschwor, ist 
äußerst charakteristisch für die starken literarischen Neigungen im Italien des Cinque- 
cento. Und wer kennt nicht jene merkwürdige Sammlung lateinischer Preisgedichte 
auf Andrea Sansovinos Madonna in Sant’ Agostino, die unter dem Namen „Coryciana“ 
i. J. 1524 in Rom erschien?') Wer weiß nicht, daß selbst der Tod des Lieblings- 
hündleins der Isabella d’Este von den Dichtern am Hofe von Mantua in Elegien und 
Epigrammen besungen worden ist? 


Angesichts solcher Begebenheiten muB es weniger befremdlich erscheinen, daß 
der große Michelangelo Buonarroti auf den Tod des Cecchino Bracci, eines jungen 
Florentiner Landsmannes, nicht weniger als fünfzig Epigramme gedichtet hat. 


„Oyme, messer Donato mio. Il nostro Cecchino e morto.“ So beginnt der 
verzweifelte Brief, in welchem Luigi del Riccio dem Freunde Donato Gianotti nad 
Vicenza den vorzeitigen Tod des heißgeliebten Neffen und Alumnus berichtet: „Ganz 
Rom beweint ihn. Messer Michelangelo macht mir die Zeichnung für ein würdiges 
Grabmal in Marmor, und Ihr werdet mir den Gefallen tun, das Epitaph zu verfassen 
und es mir mit einem Trostbrief senden, "7 


Im jugendlichen Alter von 15 Jahren war Cecchino Bracci am 8. Januar 1544 
gestorben. Sein Vater, ein erbitterter Gegner der Medici-Dynastie lebte seit 1534 
als Verbannter in Rom, nachdem seine Güter konfisziert waren. Die Erziehung des 
auffallend schönen und begabten Knaben hatte sein Oheim Luigi del Riccio über- 
nommen und dabei, wie es scheint, sein ganzes Herz an den Neffen verloren.*) Aud 
Michelangelo muß dem jungen Bracci oft im Hause des Freundes begegnet sein und 
ihn liebgewommen haben. Häufig läßt er ihn grüßen und schon am 16. Mai 1542 
tritt Cecchino als Zeuge in einem der vielen Juliusdenkmal-Kontrakte auf" Besonders 
bezeichnend aber für die Bewunderung, die auch Michelangelo dem Liebling seines 
Freundes zollte, ist die Art wie er seiner in einem Brief Erwähnung tut, den Milanesi 
vermutungsweise ins Jahr 1542 angesetzt hat. ,Noch eine andere Gnade erbitte ich 
von Euch. Befreit mich von einem gewissen Zweifel, der mich seit heute Nacht nicht 


1) Vgl. P. Schönfeld, Andrea Sansovino und seine Schule. Stuttgart 1881. p. 24. Aus- 
führlich handelt über diese merkwürdige Gedichtsammlung, die sich mit den Namen Bembo, Sado- 
leto, Vida, Giovio, Castiglione schmücken. konnte, Achille Monti in Arti e lettere ed. Francesco e 
Benvenuto Gasparoni. Roma 1865. II, 315ff. Weitere Literaturangaben finden sich bei Pastor, 
Geschichte der Päpste IV, 1, p. 429 Anm. 4. 

*) Opere politiche e letterarie di Donato Giannotti ed. Polidori. Firenze 1850. II, 382. 
Vgl. J. A. Symonds, The life of Michelangelo Buonarroti 2 ed., London 1893, II, 152 ff., und Frey, 
Die Dichtungen des Michelagniolo Buonarroti, p. 322 Reg. 102. 

3) Frey, Dichtungen, p. 355 ff. Ebendort hat Frey auch Schefflers phantastischen Behaup- 
tungen gegenüber das Verhältnis des jungen Bracci zu Riccio und Michelangelo eingehend 
erörtert und auf Grund nüchterner Quellenforschung in das richtige Licht gerückt. 

4) Milanesi, Lettere 740 und 741. 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. II 965 


verlassen hat. Ich grüßte unseren Abgott im Traum und mir schien, daß er lachte 
und mir drohte. Und da ich nicht weiß, an welches von beiden Dingen ich mich 
halten soll, so bitte ich Euch, sucht es von ihm zu erfahren. Und Sonntag wenn wir 
uns wiedersehen, werdet Ihr mir Bericht erstatten.“ !) 

Man kann sich also nicht wundern, wenn bei dem Hingang des Jünglings 
Riccio und Michelangelo mit einander als die nächsten Leidtragenden angesprochen 
wurden.?) Aber nicht nur Buonarroti allein hat den jähen Tod hoffnungsvoller 
Jugend dichterisch zu verklären gesucht. Ein weithin schallender Chor von Klageliedern 
scheint sih auch an diesem Grabe erhoben zu haben, und wenigstens einige Stimmen 
sind durch die Jahrhunderte zu uns hindurchgedrungen. Donato Gianotti, der Verfasser 
der Geschichte der Republik Venedig und der berühmten Dante-Dialoge, richtete drei 
Trostgedichte an den verwaisten Riccio; Giovanni Aldobrandini verfaßte ein lateinisches 
Epigramm; Carlo Gondi aus Ancona und Fra Paolo del Rosso dichteten Sonnette. 
Ja, auch Anton Francesco Grazzini, berühmt unter dem Beinamen „il Lasca“ bestieg 
den Pegasus und lieB den uralten Tiber aus seinen klaren Fluten emporsteigen und 
wehklagend Hirten und Nymphen auffordern, das Grab des toten Jiinglings mit Blattern 
und mit Blumen zu bestreuen.*) 

Niemand aber hat am Grabe Cecchinos so viel Weihrauch geopfert wie der 
greise Buonarroti. Er schien von Anfang an geneigt, sich bei dieser Gelegenheit vor 
allem als Dichter nicht aber als Künstler zu betätigen. Das düstere Geheimnis des 
Todes hat auf Michelangelos Phantasie stets einen unwiderstehlichen Zauber aus- 
geübt, und der Todesgedanke, der ihn nie verließ, trug wohl am letzten Ende die 
Schuld, daß der große Künstler seines Lebens niemals recht von Herzen froh geworden 
ist. Seine Dichtungen an den toten Bracci legen keineswegs besondere Ergriffenheit 
an den Tag. Aber seine Gedanken schienen anfangs wie gebannt in den Kreis dieses 
Erlebnisses, und indem sich seine Seele ganz in die herben Gegensätze von Tod 
und Jugend, von Schönheit und Vergänglichkeit versenkte, schien der Dahingegangene 
selbst zu ihm zu reden, bald klagend und bald tröstend in unerschöpflichen Gleichnissen. 
Erinnerungen an die Medicigräber von San Lorenzo wurden lebendig, aber während 
der Künstler dort den abgrundtiefen Ernst seiner Lebensanschauung in die herrlichsten 


1) Milanesi, a. a. O. 474. 
2) So heißt es in den Versen des Carlo Gondi: 
Morte commossa da si gran beltade 
Per gelosia del Riccio, e per far guerra 
Al Buonarroti..... 
Opere di Donato Giannotti II, 385. 
3) Frey, Dichtungen p. 267 n. CLXXVII 1—12, hat diese Dichtungen zusammengestellt. 
Vgl. auch Donato Giannotti, Opere Il, 387: 
Delle chiare onde sue l’antico Tebro 
Fuori usci fino al petto, e’ nverso il sole 
Disse piangendo, poi queste parole etc. 
Es ist im Hinblik auf die Flußgötter an Michelangelos Medici-Gräbern interessant zu 
beobachten, daß auch in der zeitgenössischen Literatur der Tiber auftritt, wie er die Toten beklagt. 
Vgl. auch ebendort p. 386 (Frey, a. a. O. p. 271) das Gedicht des Fra Paolo del Rosso. 


966 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Bildungen des schweigenden Marmors versenkte, versuchte er sich hier mit ungleich 
geringerem Erfolg als Dichter. Und doc schlägt er auch in diesen Epigrammen 
zuweilen eine Note an, die eigenste Empfindung wiederspiegelt und unsere Mit- 
empfindung weckt: 

Was stehst du hier mein Schicksal zu beklagen 

Weil mich der Welt entriß ein früher Tod. 

Ich sage dir beweine deren Not, 

Die noch des Lebens schwere Lasten tragen.’) 


Anfangs hatte Michelangelo, wie es scheint, nur 15 Epigramme versprochen, 
und man sollte glauben, seine Anteilnahme hätte sich in ihnen erschopft.?) Als aber 
Luigi del Riccio nicht müde wurde durch kleine Geschenke der Freundschaft den 
Pegasus des grimmigen Alten anzufeuern, da dichtete er weiter. Und nun wurden 
diese Epigramme, die nur noch der Verstand zusammenreimte als das Herz schon 
längst nichts mehr empfand, zu Fangbällen spielender Gedanken, die zwischen den 
Freunden hin und her flogen. So würden sie als Produkte irgend eines Dichters 
wahrscheinlich längst der Vergessenheit anheimgefallen sein. Als AuBerungen Michel- 
angelos aber liefern sie höchst wertvolle Beiträge zur Psychologie dieser unergründlichen 
Natur. Seltsam drängen sich die Trivialitäten des täglichen Lebens zwischen den 
düsteren Ernst dieser Dichtungen ein, die wieder des Meisters unbegrenzte Fähigkeit 
bezeugen, persönliche Lebenserfahrungen in den Gesichtskreis allgemein menschlicher 
Betrachtung zu rücken. 

So sehr Luigi del Riccio als echtes Kind seiner Zeit an diesem dichterischen 
Spiel seine Freude fand,*) so wenig dachte er doch daran, sich mit dieser Anteil- 
nahme Buonarrotis an seinem Schmerz zu begnügen. Als welterfahrener Geschäfts- 
mann und Vertrauensperson in der Bank des Filippo Strozzi in Rom hatte sich Riccio 
dem unpraktischen Künstler in der Führung seiner geschäftlichen Angelegenheiten vor 
allem in der schwierigen Behandlung der Juliusdenkmal-Angelegenheit unentbehrlich 
zu machen gewußt.) Außerdem gehörte er zu den wenigen, die des argwöhnischen 
Mannes „Fantasia“ kannten und zu behandeln wußten, zu den Bevorzugten, von denen 
der stolze Sonderling selbst Wohltaten und Geschenke gerne annahm. Als Michelangelo 
wenige Monate nach Cecchinos Tode lebensgefährlici erkrankte, wurde er von Riccio 
im Palast der Strozzi mit größter Aufopferung gepflegt,’) und unermüdlich war der 


1) Frey, Dichtungen p. 62. LXXII, 2. Robert Tornow, Die Gedichte des Michelangelo 
Buonarroti (p. 149), gibt eine noch wortgetreuere Übersetzung, als ich sie gebe. 

2) Frey, Dichtungen p. 68. LXXIII, 18: Ora è finita la promessa de quindici polizini usw. 

>) „Ma a uoler, ch’ i' ne facci mille“ schreibt Michelangelo und bezeugt damit, wie 
unersättlich Riccio war. Frey, Dichtungen 74. LXXIII, 36. 

‘) Vgl. über Riccio und sein Verhältnis zu Michelangelo die wertvollen Nachrichten, 
welche Frey, Dichtungen p. 328 u. 329 Reg. 92 beibringt. Vgl. auch Thode, Michelangelo und 
das Ende der Renaissance I, 175 ff. 

5) Frey, Dichtungen p. 361 und 362. Uber diesen Palast des Filippo Strozzi in Rom schreibt 
Vasari im Leben des Jacopo Sansovino (VII, 497): ed in Banchi un palazzo che é dalla casa de’ 


Gaddi, il quale fu poi compero da Filippo Strozzi, che certo è comodo e bellissimo e con molti 
ornamenti. 


a = ee P 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. II 967 


Abb. 2. CECCHINO BRACCI Nach einer Originalaufnahme 


968 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


treue Freund seitdem beflissen, die armliche Küche am „Macell de’ Poveri“ mit den 
erlesensten Leckerbissen zu versorgen. Wie hätte er sich nicht ohne weiteres berechtigt 
fühlen sollen, des Freundes Rat und Hülfe in Anspruch zu nehmen, als nun der Plan 
dem jungen Bracci ein Denkmal zu errichten verwirklicht werden sollte? 


Schon vier Tage nach Cecchinos Tode konnte Riccio an Donato Gianotti 
schreiben, daß Michelangelo ihm die Zeichnung für ein marmornes Grabdenkmal ent- 
werfe.') Ja, er hat sich vielleicht vorübergehend sogar mit der allzu kühnen Hoffnung 
getragen, Michelangelo würde sich entschließen, eigenhändig Cecchinos Bild in Mar- 
mor auszuhauen. Wenigstens klingt ein Sonett des Meisters, in dem er zum Schluß 
mit spitzfindiger Wendung erklärt, nur Riccios, nicht aber Cecchinos Bildnis in Stein 
verewigen zu können, wie die rücksichtsvolle, aber bestimmte Ablehnung einer Bitte.) 
Daß aber Michelangelo entschlossen war, dem vielerprobten Freunde das gegebene 
Versprechen zu halten, daß Cecchinos Grabmal tatsächlich nach seinen Zeichnungen und 
unter seiner Aufsicht ausgeführt worden ist, bezeugen auch noch andere Dokumente. Im 
Sommer 1544 sandte Riccio eine Zeichnung an Michelangelo zurück, die, wie es 
scheint, als ein Entwurf für die Büste Cecchinos gedacht war. „Und Ihr sagtet mir, 
eine Zeichnung zu machen, weil diese Euch nicht gefiel. Eilt Euch aber nicht und 
sendet mir jene, wenn Ihr sie gefunden habt.“*) Michelangelo antwortete auf diese 
Zuschrift mit einem Epigramm, ohne jedoch eine Zeichnung zu senden: „Idh sende 
Euch die Melonen mit dem Zettelchen zurück, aber noch nicht die Zeichnung; aber ich 
werde sie auf jeden Fall machen, so gut wie ich nur irgend zeichnen kann.“*) 
Weiter vernehmen wir nichts über die Entstehungsgeschichte des Bracci-Monuments. 
Jedenfalls war es noch nicht vollendet, als Riccio im Frühjahr 1544 in Geschäften nach 
Lyon reisen mußte. Er legte die Angelegenheit in Michelangelos Hände, und dieser 
führte sie auch noch im Laufe des Jahres zum erwünschten Abschluß. „Urbino hat 
mit Messer Aurelio gesprochen“, heißt es in einem undatierten Briefe Michelangelos 
an Riccio’), „und wird noch einmal mit ihm sprechen. Und wie er mir sagt, werdet 
Ihr für des Grabmal Cecchinos den Platz haben, den Ihr Euch gewünscht habt. Und 
besagtes Grabmal ist nahezu vollendet und wird eine schöne Sache werden.“ Im 
Dezember desselben Jahres finden wir Luigi del Riccio wieder in Rom. Aber von 
einer Krankheit, die ihn in Lyon überfallen hatte, scheint er nie wieder ganz genesen 


1) Vgl. oben p. 964, Anm. 2. 

2) Frey, Dichtungen p. 67 n. LXXIII, 15. Von einem Gemälde Cecchinos, das sich jetzt 
vielleicht noch einmal bestimmen lassen wird, ist auch in einem Epigramm Michelangelos die 
Rede. Es behandelt den Gedanken, daß das Bild des Jünglings in die Heimat zurückkehren darf, 
aus welcher er selbst verbannt wurde: D’ entrar dipinto, ou’ io non pote’ vivo. Frey, Dichtungen 
p. 70. LXXIII, 24. Vogl. ferner die Briefe bei Milanesi p. 484, 495, 498. Das Porträt eines Bracci 
(Florentiner Quattrocento) mit dem Familienwappen und der Bezeichnung „Braccius* bewahrt 
die Münchener Pinakothek. 

3) Le rime di Michelangelo Buonarroti ed. Cesare Guasti. Firenze 1865. p. 13. Frey, 
Dichtungen p. 354 n. 28. 

4) Frey, Dichtungen p. 71. LXXIII, 28. 

5) Milanesi, Lettere p.517 n. CDLVII. Messer Aurelio wird noch einmal in einem anderen 
Briefe Michelangelos an Riccio erwähnt. Milanesi, Lettere p. 513. 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. II 969 


zu sein. Schon im Spätherbst 1546 folgte der Oheim seinem angebeteten Neffen in 
den Tod, und Michelangelo fühlte sich jetzt so hilflos und verwaist, daß er der Ver- 
zweiflung!) nahe war: che non sa che si fare se non disperarsi. 


Im Juliusdenkmal und in der Medicikapelle sieht man gewöhnlich allein Michel- 
angelos Betätigung als Bildner von Grabdenkmälern. Aber damit ist sein Wirken nach 
dieser Richtung hin doch noch keineswegs erschöpft, und man würde zu gefährlichen 
Trugschlüssen gelangen, wollte man die erhaltenen Denkmalsentwürfe des Meisters nur 
auf diese gewaltigen Denkmäler verteilen. Zeichnungen Michelangelos benutzte Alfonso 
Lombardi zu seinen niemals verwirklichten Entwürfen für die Grabmäler Leos X. und 
Clemens VII. Eine Zeichnung für ein Grabmal begehrte auch der Cardinal Cibo.?) 
Auch Alessandro Farnese wollte, daß das Denkmal seines Oheims unter den Auspizien 
des einzigen Meisters in St. Peter errichtet würde.‘) Seine Entwürfe benutzten Vasari 
und Ammanati für die Grabkapelle der del Monte in S. Pietro in Montorio.5) Und 
als Pius IV. im Jahre 1560 das Andenken seines Bruders Gian Giacomo de’ Medici im 
Mailänder Dom verewigen wollte, da scheint wiederum Leone Leoni nach den Entwürfen 
Buonarrotis gearbeitetet zu haben.) Aber bei diesen großen Unternehmungen späterer 
Jahre mußte sich der Meister naturgemäß auf allgemeine Angaben und Zeichnungen 
beschränken, welche dann die verantwortlichen Bildhauer mehr oder weniger nach 
eigenem Ermessen umgestalteten. 

Das bescheidenere Denkmal des Cecchino de’ Bracci aber dürfte Michelangelo 
nicht nur entworfen, sondern auch in seiner Ausführung im einzelnen überwacht haben. 
Es scheint, daß niemand anders als Urbino mit dieser Arbeit betraut worden et" 
Urbino war schon früher von seinem Meister an den Marmorarbeiten am Julius- 
denkmal beschäftigt? worden. Er stand auch seit Jahren mit Luigi del Riccio in per- 
sônlicher Beziehung?) Wenn er nun in Michelangelos Schreiben nach Lyon als der- 
jenige bezeichnet wird, der die Platzfrage in Aracoeli zu regeln hatte, so liegt die 


1) Frey, Dichtungen p. 529. Reg. 92. 

*) Vasari ed. Milanesi VI, 162. Eine dem Dosio zugeschriebene Zeicinung fiir das 
Grabmal Clemens VII. wird in den Uffizien aufbewahrt. 

3) Daelli, Carte Michelangiolesche inedite p. 29. Vgl. auch K. Frey, Die Handzeidinungen 
des Michelagniolo Buonarroti Tafel 73 (Text): „Am 29. X. 1525 dankt der Kanonikus Bart. 
Barbazza in Bologna Michelagniolo für Einsendung der „pianta et il perfilo de la seulptura 
seines Vaters“. Beiläufig möchte ich bemerken, daß ich die herrliche Zeichnung der Casa Buonarroti 
auf Taf. 73, die Frey m. W. hier zuerst reproduziert eher auf das Tabernakel des Giacomo del 
Duca im Museum zu Neapel beziehen möchte als auf einen Reliquienschrein Clemens VII. 

4) Delle lettere familiari del Commendatore Annibal Caro. Vol. II. Padova Comino 1725. 
p. 3 ff. und Vasari VII, 545. 

5) Vasari VII, 226. 

©) Vasari VII, 593. Allerdings dürfte hier nach Luca Beltrami die Anteilnahme des greisen 
Buonarroti auf ein Minimum einzuschränken sein. Vgl. II monumento funerario di G. Giacomo 
Medici nel Duomo di Milano in der Rassegna d’Arte IV (1904) p. 7. 

7) Vgl. Frey, Dichtungen p. 357 und Thode, Michelangelo I, 440. Reg. an. 1544. 

8) So wandte sich Michelangelo an Riccio, als es galt, zwischen Urbino und einem 
maestro Giovanni einen erbitterten Streit wahrscheinlich beim Ausbau des Juliusdenkmals in 
S. Pietro in vincoli zu schlichten. Vgl. Milanesi, Lettere p. 484 n. CDXXXII. 


970 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Vermutung nahe, daß eben Urbino es gewesen ist, den Michelangelo im Einverständ- 
nis mit Riccio zur Ausführung seines Entwurfes erkoren hatte. 

Wenige Monate noch vor seinem Tode hat Riccio die Freude gehabt, das 
Denkmal in Aracoeli vollendet zu sehen. Vasari, der es mit keinem Worte erwähnt, 
trägt wohl die Schuld daran, daß sämtliche Biographen dies Werk Buonarrotis entweder 
überhaupt nicht nennen, oder Cecchino Braccis nur gedenken im Zusammenhange mit 
den Sonetten und Epigrammen, die Michelangelo auf seinen Tod verfasste. Niemand 
hat das merkwürdige Grabmal in Aracoeli gekannt, obwohl es der unbarmherzigen 
Säuberung der Kirche und der Zerstörung zahlreicher Monumente durch Pius IV. und 
Gregor XIII. entging!) und noch heute unverrückt den Platz behauptet, den Riccio 
selbst ausgesucht hatte. 

Dagegen ist in den Inschriftensammlungen Roms die Existenz des Bracci-Denk- 
mals Jahrhunderte lang bezeugt worden. Schon i. J. 1592 verdffentlichte Lorenz 
Schrader die Grabschrift Cecchinos in seinen vier Büchern der Monumente Italiens?). 
Dann brachte sie Casimiro in seinen Memorie istoriche di Aracoeli’); dann druckte sie 
Vannucci ab aus dem Sepoltuario Fiorentino des Stefano Rosselli‘); und endlich gab 
sie natürli auch Forcella in seinen „Iscrizioni delle chiese e d'altri edificii di 
Roma“) Bei Casimiro können wir auch schon den Platz erraten, wo das Denkmal zu 
suchen ist. Er berichtet ausführlicı, daß der Raum zwischen den Kapellen von S. Pas- 
quale und S. Diego, der heute als Seiteneingang in die Kirche vom Capitol her dient, 
ursprünglich eine Seitenkapelle war, die Ceccolo de Felicibus i. J. 1476 der Madonna 
weihte.®) Dort hat Casimiro links vom Seiteneingang an der Wand die Grabschrift 
kopiert und ebendort, Andrea Sansovinos Denkmal des Pietro da Vincenza gerade 
gegenüber, mußte sie auch Forcella finden. Von ihm ist die ganze Grabschrift, treuer 
als irgendwo anders, genau nach der Örtlichkeit kopiert worden. Die Marmorbüste 
in der Mitte wird ausdrücklich erwähnt. Links daneben liest man unter dem Wappen 
der Bracci den Namen des Toten mit Angaben von Lebensalter und Todestag. Rechts 
gegenüber gleichfalls unter dem Wappen der Bracci nennt sich Luigi del Riccio als 
Stifter des Denkmals. Und hier liest man endlich auch das Epigramm des Carlo 
Gondi’), welches in der Tat durch seine Kürze und Prägnanz den Vorzug vor allen 
übrigen verdient hat: 

Invida fata puer mihi te rapuere sed ipse 
Do tumulum et lachrymas quae dare debueras. 

Das wiedergefundene Wandgrab des Cecchino Bracci ist ganz in Carrarischem 

Marmor ausgeführt, der aber im Laufe der Jahrhunderte fast den grauen kalten Ton der 


1) Casimiro, Memorie istoriche della chiesa e convento di Araceli. 2 ed. Roma 1736. 
p. 52 u. 53. 

2) L. Schrader, Monumentorum Italiae, quae hoc nostro saeculo et a Christianis posita 
sunt libri quatuor. Helmaestadii 1592. p. 147. 

3) A. a. O. p. 157 (III). 

4) Opere di Donato Giannotti I. L und II, 385. 

5) I, 167 u, 632. 

A a. O. p. 155. 

*) Vgl. Frey, Dichtungen p. 270 n. 8. 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur in Rom. II 971 


Abb. A Kohlenzeicinung MICHELANGELOS in der Casa Buonarroti 


O Nach einer Originalaufnahme von Alinari Florenz 


„pietra serena“ angenommen hat. (Abb. 1.) Die von auffallend schlanken Pilastern flankierte 
und von einer reichgegliederten Attica überdeckte Wandnische ruht auf ganz ähnlichen, 
von Voluten gebildeten Konsolen wie die Doppelsäulen im Vestibül der Bibliothek 
von San Lorenzo.’) Unten hat das Denkmal durch eine sich nach unten verjüngende 
und von zwei Mascheroni eingefaBte Tafel seinen AbschluB erhalten. Oben auf das 
Gesims sind Kandelaber aufgesetzt, die Michelangelo überhaupt als Schmuck für 
Grabmäler bevorzugt hat. 


1) Ganz &hnlicie Konsolen sind schon im Quattrocento am Grabmal des Onofrio Strozzi 
in S. Trinità zu Florenz verwandt worden. 


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972 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Der Sarkophag füllt die ganze Breite der Nische aus. Er ruht auf ballauster- 
artig gebildeten Stützen und ist durch zwei am Rande nach innen sich rollende Voluten 
abgedeckt.') Beide Voluten bilden in der Mitte einen Einschnitt und über diesem sieht 
man in einer fast viereckigen Nische unter stark vorspringendem Segmentgiebel die 
Büste des Verstorbenen. Besonders auffallend und höchst charakteristisch für Michel- 
angelos spätere Kunst ist das Fehlen der Flächen-Ornamentik selbst an den Pilastern. 

Hätte der Marmor nicht völlig seinen schimmernden Glanz verloren und hätte 
das Grabmal in freier architektonischer Umgebung, nicht aber in einem engen Seiten- 
eingang Platz gefunden, es würde uns heute als ein Werk, das doch nach Michel- 
angelos Zeicinungen und unter seiner unmittelbaren Leitung ausgeführt wurde, weniger 
enttäuschen. Dazu kommt eine zwar gewissenhafte, aber nichts weniger als geniale 
Technik in der Marmorbearbeitung. Formlich erdrückend wirkt überdies das weitaus- 
ladende Gesims mit dem Segmentbogen über der winzigen Nische mit der Büste des 
Verstorbenen. Allerdings wird der Aufbau des Ganzen im Entwurf Michelangelos 
ganz anders gewirkt haben. Man braucht sich nur die Pilaster kräftiger, Konsolen 
und Segmentbogen aber flacher vorzustellen, und man erhält viel glücklichere Pro- 
portionen. 

Audi die Büste Cecchinos läßt Michelangelos Geist und Technik vollständig 
vermissen. (Abb. 2.) Allerdings erscheint sie zwischen dem hohen Sarkophag und der 
schwerlastenden Nischenbekrönung noch unbedeutender als sie tatsachlich ist. Ganz 
im Gegensatz zu Buonarrotis idealisierender Richtung spürt man hier vor allem das 
Bestreben, den Verstorbenen möglichst porträtähnlich wieder zu geben. Die kurz- 
geschorenen Haare über der hohen Stirn, die leicht aufgeworfenen Lippen, die stark 
vorspringende, etwas gebogene Nase, das waren besonders charakterisische Züge dieses 
Knabenkopfes, und sie sind in der Büste mit naturalistisher Treue wiedergegeben 
worden. Aber wie starr und leblos blicken diese Augen, deren Schönheit Michelangelo 
in zahllosen Epigrammen gepriesen hat! Wie kalt uud oberflächlich ist die Technik 
der Marmorbearbeitung! Dieses Porträt erhebt sich nicht über das Niveau unzähliger 
Grabstatuen, mit denen sich die Kirchen Roms um die Mitte des Cinquecento füllten, 
und die doch eigentlich ein erstes Wiederaufleben der Römischen Porträtplastik seit den 
Tagen der Antike bedeuten. 

Aber trotz aller Enttäuschungen, die uns das Bracci-Denkmal bereitet, ist es 
ein äußerst wichtiges Dokument für die letzte Entwicklungsphase der Grabskulptur 
Michelangelos. Es ist das letzte Grabdenkmal in Rom, das streng nadh seinen 
Zeichnungen ausgeführt worden ist, eine der wenigen letzten Bildhauerarbeiten über- 
haupt, an welchen der übermäßig angestrengte Architekt des Kapitolsplatzes und der 
Peterskirche noch persönlich Anteil genommen hat. Wie eng sich dieses Grabmal im 
Stil und Aufbau an die Medicigräber anschließt, braucht kaum nodı hervorgehoben 
zu werden. Aber gerade hier an denselben Baugliedern einer ganz ähnlichen Wand- 


1) Ganz ähnlich gebildet ist der Sarkophag am Denkmal des Giov. Batt. Galletti in 
S. Maria sopra Minerva. Das wenig deachtete Denkmal, das mit einem wundervollen ganz 
Michelangiolesken Madonnentondo geschmückt ist, entstand wenig später als das Bracci- 
Monument unter Julius UL in Rom. 


Steinmann. Studien zur Renaissanceskulptur In Rom. II 973 


architektur Entwicklung und Verfall der Renaissance zu verfolgen, ist unendlich lehr- 
reich. Allerdings auch unendlich betriibend. Wie schmerzlich vermissen wir im Bracci- 
Monument die edlen Proportionen, den Wohllaut der Linienführung, die Harmonie im 
einzelnen und im ganzen, welche die Marmorarchitektur der Medici-Denkmäler 
auszeichnet. 

Eine Zeichnung zum Bracci-Monument, die nach Casimiro!) einst in der 
Sammlung des Kardinals Albani bewahrt wurde und sich heute in Windsor-Castle 
befinden miBte, ist nicht mehr aufzufinden.*) Wohl aber bewahrt die Casa Buonarroti 
zwei Zeichnungen Michelangelos, die mit Sicherheit als Entwürfe für das Denkmal des 
jungen Florentiners angesprochen werden können. Beide sind bereits im Zusammen- 
hang mit den Medici-Denkmälern reproduziert worden,*) ja, das eine Blatt — ein 
flüchtig in schwarzer Kreide ausgeführter Entwurf — wurde sogar als Studie für eins 
der niemals zur Ausführung gelangten Papstgrabmäler von San Lorenzo bezeichnet. 
Wie im ausgeführten Denkmal in Aracoeli so ist auch hier die Mittelnische von einem 
Segmentbogen überdeckt. Davor steht der Sarkophag mit einem schwerlastenden 
Giebeldach bedeckt, dem Michelangelo dann später in der Ausführung die gefälligere 
Form nach innen sich aufrollender Voluten gegeben hat. Die balausterartigen Sarko- 
phagträger dagegen mit dem eigentümlichen Streifenornament sind in Aracoeli fast 
genau nach der Zeichnung der Casa Buonarroti ausgeführt worden. 

Viel merkwürdiger aber noch ist das andere Blatt durch seine Beziehungen zu den 
Schöpfungen des Meisters, die wenig früher oder wenig später entstanden sind als das 
Bracci-Monument. (Abb. 3.) Man sieht hier in schwarzer Kreide ausgeführt eine Skizze 
für einen der Seligen im Jüngsten Gericht,*) weiter einen flüchtigen Entwurf für die 
Treppenanlage vor dem Senatorenpalast des Kapitols und endlich über- und neben- 
einander auf demselben Papier Studien für das Wandgrab Cecchinos und seinen 
Sarkophag. Neben zwei Entwürfen nur für den Sarkophag läßt eine dieser Skizzen 
auch eine der frühesten Konzeptionen für das ganze Monument aber ohne seine 


) A. a. O. p. 158. In der Sammlung Albani, in der noch heute zahllose Architektur- 
zeidinungen bewahrt werden, sah Casimiro auch eine Zeichnung für das Denkmal d'Albret in 
Aracoeli. Vgl. a. a. O. 390 n. VII. 

2) Mein Freund Sir Herbert Thompson hat sich in Windsor Castle der nicht geringen 
Mühe unterzogen, die in Frage kommenden, mit Architekturzeichnungen gefüllten Bände der 
Albani-Sammlung durchzusehen, soweit es an einem Tage möglich war. Er ging auch den aus- 
führlichen Katolog der Sammlung durch, aber ohne Erfolg. Da ausserdem, wie mir Sir Herbert 
Thompson schreibt, ein Band dieser Zeichnungen fehlt und voraussichtlich niemals nach England 
gelangte, so ist es nicht ausgeschlossen, daß die Zeichnung, die Casimiro sah, sich in diesem 
Bande befand. Mr. Th. Ashby, Direktor der English Archaeological school in Rom, der seit 
Jahren den Albani-Zeicinungen besondere Studien widmet, hat mir versprochen, bei seinem 
nächsten Besuch in Windsor die Nachforschungen fortzusetzen. 

| *) Fritz Burger, Geschichte des Florentinishen Grabmals. Straßburg 1904. p. 361. 
Tav. XXXV, 2. 

4) Steinmann, Sixtinische Kapelle II p. 602 n. 70. Ich selbst habe dort den Entwurf für 
das Grabmal Bracci fälschlih als eine Studie für die Medicigräber bezeichnet, während 
Burger vorsichtiger diese Zeichnung nur als Entwurf für ein Grabmal ansprach. A. a. O. 
Taf. XXXIII, 2. 


974 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


architektonische Einfassung erkennen. Trotz mancherlei Veränderungen im einzelnen 
liegen die Hauptmomente schon in dieser Zeichnung fest: der auf Trägern ruhende 
Sarkophag mit dem weit ausladenden, volutenartigen Deckel und darüber in einer 
Nische die Büste des Verstorbenen. Es scheint, daß diese Skizze, die sich in Michel- 
angelos Hinterlassenschaft vorgefunden haben muß und stets im Besitz der Buonarroti 
blieb, noch nach Jahrzehnten den gedankenarmen Epigonen als Vorlage für Buonarrotis 
Grabdenkmal in Santa Croce gedient hat. 

Wir sahen schon aus dem Briefwechsel Riccios mit Michelangelo, daß Entwürfe 
für das Bracci-Monument den Meister mehrfach beschäftigt haben. Das Versprechen 
etwas ganz besonderes zu bieten — für das schöne Messer, um seinen eigenen Ausdruc 
zu gebrauchen, auch eine würdige Scheide zu schaffen — mußte den äußerst kritischen 
Künstler ohnehin zwingen das Problem eines Wandgrabes von mäßigen Dimensionen 
immer wieder auf neue Lösungen hin anzugreifen. So dürften die beiden Skizzen der 
Casa Buonarroti keineswegs die einzigen Blätter sein, die sich im erhaltenen Hand- 
zeichnungen-Schatze des Meisters auf das Bracci-Denkmal beziehen. Aber nachdem 
dieses lange verloren geglaubte Monument völlig unversehrt an seinem alten Platze 
wieder aufgefunden worden ist, darf es einer späteren Forschung vorbehalten bleiben, 
die Gruppe von Entwürfen zusammenzustellen, die Michelangelo diesem Denkmal 
einer Freundschaft gewidmet hat. 


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Rembrandts Plattenzustande 


von Fritz Hoeber, Frankfurt a. M. 


Nur da kann sich ein Problem vorfinden, 
wo ein Zwiespalt herrscht. Bei von vorn- 
herein bestehender Einheit der Elemente drängt 
weder das wissenschaftlidie noch auch das 
kiinstlerische Wollen auf eine Lösung hin: die 
erstrebte Harmonie ist nur in einer vorher 
chaotish im Kampfe miteinander liegenden 
Disharmonie teleologisch begründet. 


Professor Theodor Lipps in München hat in einem der Einleitungskapitel 
seiner ,Raumästhetik“ den heute leider nicht mehr scharf genug festgehaltenen Gegen- 
satz von Kunst und Technik dahin definiert, daß er das technische Erzeugnis aus 
dem zweckmäßigen Zusammenhange der materiellen Masse entstehen läßt, das Kunst- 
werk aber aus dem sich sinnvollen Zusammenfügen der Formen nach Maßgabe ihres 
ästhetischen Charakters oder ihrer für die ästhetische Betrachtung bestehenden Ver- 
haltungsweise. Somit ist dem technischen Erzeugnis die Realität im physischen Sinne 
allein gegeben, während das Dasein des Kunstwerks nur ideal besteht und sein Inhalt 
eine von aller natürlichen Konkretheit losgelöste, in sich geschlossene, ideale, d. h. eine 
nur im Gedanken zu schaffende und nur im Gedanken zu genießende Welt ist. 

Indem nun trotz diesem a priori gegebenen Dualismus tatsächliche Beziehungen 
zwischen technishem Erzeugnis einerseits und Kunstwerk andererseits existieren, Be- 
ziehungen, die, wie gesagt, von der modernen Kunstschriftstellerei in den Mittelpunkt 
des Interesses gerückt und sogar häufig genug überschätzt worden sind, eröffnet sich 
die Frage, welcher Art diese Verknüpfungsfäden sind, wann und ob sie regel- 
mäßig entstehen und aus welchen inneren Ursachen diese ihre Entstehung zu er- 
klären ist. 

Die Teile, aus denen ein Kunstwerk sich zusammensetzt, sind der physischen 
Wirklichkeit entlehnt und zu „Formen“ idealisiert. Diesen „wirklichen“ Vorbildern 
eignet als wirklichen natürlich der ganze Komplex der physischen Eigenschaften, die 
mechanische Schwere, die materielle Festigkeit und die materielle Tragfähigkeit. Da- 
durch nun, daß diese Vorbilder dem idealen, gedankenlich bestimmten Organismus des 
Kunstwerks einverleibt werden, erhalten auch ihre Eigenschaften an Stelle ihres 
physischen nur einen idealen Werth, so daß sich bloß noch von einer ästhetischen 
Mechanik, der Empfindung eines gedachten Kräftespiels, die das Kunstwerk im Be- 
trachtenden auszulösen hat, reden läßt. So ist denn, um diesen Satz durch ein 
architektonisches Beispiel zu veranschaulichen, das „sidh Niederserfken“ eines Daches 
natürlich kein in der greifbaren Wirklichkeit sich abspielender Vorgang: es wäre um 
die Sicherheit der Bewohner des Hauses schlecht bestellt, wenn ihr Dach sich wirklich 
niedersenke. Das sich Niedersenken geschieht lediglich in der Phantasie des Schöpfers 
und des Betrachters des Bauwerks, obwohl diese ideale Empfindung nur dann ganz 
vollwertig erlebt wird, wenn ihr einmal die analoge Empfindung in der realen 
Wirklichkeit vorausgegangen ist. 


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F. Hoeber. Rembrandts Plattenzustände 977 


So ist also die materielle Wirk- 
lichkeit zugleich der Ausgangspunkt und 
die Anregung für die ideale Gestaltung 
im Kunstwerk, der Stoff, aus dem der 
Künstler sich seine neue Welt formt, 
der Maler aus den Farben .und Hellig- 
keiten, der Bildhauer aus den dreidimen- 
sionalen Körpern und den ihnen an- 
haftenden Eigenschaften, der Architekt 
aus dem in der Natur waltenden statischen 
Kräftespiel. Die Mechanik von Material 
und Technik wird in die Gefühlswelt der 
Kunstformen übersetzt und gibt so die 
reale Anregung zur idealen Erfindung. 


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3. Der Waldsaum. B. 222. 1652 
1. Zustand O 


Aber nicht nur das Verhältnis der Gleichheit von materiellem und formalem Ge- 
schehen kann eine Anregung zum künstlerischen Schaffen werden, auch das Verhältnis der 


Abb. 4. Der Waldsaum. B. 222. 1652 
2. Zustand (Guter Druck.) O 


Ungleichheit, die mechanisch-ideale 
Disharmonie. Das Ringen von Stoff 
und gestaltender Kraft hat schon oft 
genug den Ausgangspunkt künstlerischer 
Erfindung abgegeben; und wer darauf- 
hin die Geschichte des Barocks studiert, 
wird viele Beispiele für die künstlerische 
Ausnutzung dieses Zwiespalts nennen 
können: läßt doch gerade der romanti- 
sche Barock den Formgedanken sich erst 
allmählich aus der widerstrebenden Ma- 
terie zu der Harmonie durcharbeiten, 
die die klassische Kunst von vornherein 


als zwischen Form und Stoff bestehend annimmt. — Auf diese und ähnliche Weise 
lassen sich die Beziehungen zwischen Kunst und Materie und Technik beschreiben. 


Es ist ersichtlich, daß nur bei der 
Analyse einer idealistischen, aller 
Erdensciwere entriickten Kunst 
dieses doch sehr charakteristische 
Verhältnis vernachlässigt werden 
darf. Handelt es sich aber um eine 
jener mit dem Stoff heiß ringenden 
kraftvollen künstlerischen Erschei- 
nungen, wie sie der größte Roman- 
tiker: Rembrandt, repräsentiert, so 


ist die Darstellung des Verhältnisses A 


von Form und Materie gewiB auch 


rt 


bb. 5. Der Waldsaum. B. 22. 1652 no 


2. Zustand (Schlechter Druck mit SE 


978 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 6. Die sog. große Judenbraut. B. 340. 1640 


1. Zustand 


rein ästhetisch von allerhöchster Wichtigkeit. 
Für das künstlerische Verständnis von 
Rembrandts radiertem Werk ist somit ein 
Eingehen auf das stofflidie Werden der 
Radierungen oder die Aufeinanderfolge 
der einzelnen Plattenzustände uner- 
läBlich. 

Unter Plattenzustand versteht man 
den Grad der Vollendung einer zum Ab- 
druck bestimmten gestochenen oder radier- 
ten Kupferplatte, den sie bei einem jewei- 
ligen Abzug oder besser bei einer Reihe 
jeweiliger Abzüge besitzt. Da die zart- 
geätzte und an sich ziemlich weiche Kupfer- 
platte nur eine recht geringe Anzahl guter 
Drucke liefert, wovon deren Wert und 
Seltenheit die natürliie Folge ist, und da 
sie sich durch das Druckverfahren in Bälde 
gleichsam abstumpft, muß für weitere Ab- 
ziige die Platte nachgestochen oder, wie 
der technishe Ausdruck sagt, mit dem 
Grabstichel überarbeitet werden: die ver- 


blaßten Striche werden oft recht derb verstärkt, die Schatten neu angelegt, die in 
der Zeichnung markierten Pointen wieder hervorgehoben usw., so daB häufig bei einem 
solchen Nachstich nichts mehr von der Linienführung des ersten Plattenzustandes übrig 
bleibt. Aber auch dieser Nachstich nutzt sich ab, und so muß denn immer wieder, 
sobald eine größere Neuauflage der Radierung verlangt wird, die Platte aufgestochen 


werden, wenn man nicht, 
wie dies die Technik der 
Neuzeit erfunden, von vorn- 
herein eine „Verstählung“, 
eine Überziehung der ganzen 
Kupferplatte mit einer feinen 
Stahlshiht auf galvano- 
plastishem Wege, vorzieht, 
durch die das zarte Kupfer 
widerstandsfähiger wird. 
Mit dieser verstählten Platte 
lassen sich natürlich nur viel 
härtere und haBlichere Ab- 
züge herstellen als auf dem 
Wege des reinen weichen 
Kupferdrucks; doch bleibt 


Abb. 7. Die sog. grode Judenbraut Abb. 8. Die sog. große Judenbraut 
340. 1635. 3. Zustand B. 340. 1633. 4. Zustand 


F. Hoeber. Rembrandts Plattenzustande 979 


Abb. 9. Selbstbildnis mit dem Federbusch 
B. 2. 1634. 1. Zustand O 


einem bei einer Massenauflage, wie z. B. bei 


Abb. 10. Selbstbildnis mit dem Federbusch 
B. 23. 1634. 2. Zustand D 


der bekannten Volksausgabe der 


Klingerschen Radierungen, kein anderer Weg übrig. 

Soweit hätten die Plattenzustände Iediglih ein teciniscies Interesse: Die 
Qualitätspriorität beansprucht in diesem Sinne natürli nur der erste (Ur-)Zustand, 
zumal die rein manuelle grobe Aufarbeitung sicher nicht vom Meister selbst, sondern 
von irgend einem Schüler seiner Werkstatt übernommen wird. Die künstlerische 


Bedeutung des Plattenzustandes beginnt erst 
da, wo bewußte künstlerische Änderungen bei 
der Drucklegung der Neuauflage vom Meister 
selbst!) vorgenommen werden, wie dieses so 
von Rembrandt geschah, als er am Anfange der 
fünfziger Jahre die stark plastisch gezeichneten 
Platten seiner Jugendperiode, der dreißiger Jahre 
des XVII. Jahrhunderts, in seinem nunmehr ent- 
schieden malerisch-flächenhaften Altersstil über- 
ging und umschuf. Bei solchen von des Künstlers 
eigener Hand herrührenden Plattenzuständen 
läßt sich das Vorzüglichste nicht durch die ein- 
fache Identifizierung von technisch Erstem gleich 
künstlerisch Erstem feststellen, sondern ein jedes- 


1) Dieses Postulat für die Beurteilung der 
Plattenzustände stellte der ehemalige Direktor des 
Berliner Kupferstichkabinetts, Friedrich Lippmann, 
in einem Vortrag auf, den er in der kunstgeschicht- 
lichen Gesellschaft in Berlin hielt (1891. Sitz.-Bericht V). 


Abb. 11. Selbstbildnis mit dem Federbusch 
B. 2. 1634. 3. Zustand D 


980 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


mal muß nach der Wirkungs- 
Endabsicht des Künstlers gefragt 
werden, die dann den natürlichen 
Ausschlag in der Qualitätsreihenfolge 
der verschiedenen Zustände zu geben 
hat: Woldemar von Seidlitz hat 
in seinem grundlegenden Buche über 
Rembrandts Radierungen*) eine An- 
zahl von Blättern genannt, bei denen 
dies der Fall ist. SchlieBlich gibt 
es selbstverständlicherweise auch 
Blätter mit sachlichen Veränderungen 
im späteren Zustand, bei denen 
diese keine Verbesserungen, sondern 
Verschlechterungen bedeuten: Man 
führt diese Abänderungen zumeist 
auf Schülerhände zurück, von denen 
ja Rembrandt eine ganze Schar als 
ausführende Geister bei sich be- 
schäftigte, und von denen die Kunst- 
geschichte erzählt, daß sie getrennt 
in einzelnen Kämmerlein arbeiten 
mußten, um den gegenseitigen Ein- 
fluB zu unterbinden. 

Außer dem Zustandswert eines graphischen Blattes ist für den auf Qualitäten 
sehenden Kunstfreund auch noch der Abzugswert von großer Wichtigkeit. Es ist er- 
sichtlich, daB z. B. ein letzter, ganz dünner und verblaßter Abzug des ersten Zustands 
von weit geringerer Deutlichkeit, Schärfe und daher 
auch Eigenschaft sein muß als ein früher und gut 
druckender Abzug des zweiten, neu aufgearbeiteten, 
gesetzt, daß die Aufarbeitung dieses zweiten Zustands 
nichts an Sorgfältigkeit und diskreter Behandlung in der 
Technik zu wünschen übrig läßt. Darum können auch, 
um mit dem Bostoner Ausstellungskatalog Rem- 
brandtscher Radierungen zu reden, Liebhaber, welche 
lediglih dem berühmten Außern des ersten Platten- 
zustandes nachlaufen, anstatt das Blatt doch haupt- 
sächlich und vor allem auf seine Qualität als Abzug 
zu prüfen, nur als Seltenheitsjäger und nicht als ein- 
sichtsvolle Beurteiler von Kunstwerken gelten. — 


Abb. 12. Der kleine Coppenol. B. 282. ca. 1653 
1. Zustand D 


*) W. v. Seidlitz, Kritisches Verzeichnis der Radierungen art, 13. Der kleine Coppenol. B. 282. 
Rembrandts. Leipzig 1895. ca. 1653. 5. Zustand o 


F. Hoeber. Rembrandts Plattenzustände 981 


Die Rembrandtschen Platten- 
zustande sind sozusagen quanti- 
tative und qualitative Überarbei- 
tungen. Wenn sie nicht reine 
Grabstichelaufarbeitungen sind, 
werden sie mit der kalten Nadel 
akzentuiert oder noch einmal, 
was das technisch Heikelste ist, 
geätzt, d. h. radiert.8) Zum Ver- 
standnis aller dieser einzeln oder 
miteinander kombiniert stets unter 
bestimmten Wirkungsabsichten im 
graphischen Oeuvre Rembrandts 
verwandten, verschiedenen steche- 
rischen Verfahren sei ein kurzer 
Exkurs technischer Erklärung ge- | " | 
stattet: Den drei künsterishen Abb. 14. rarer us B. 78. > 
Abschnitten des Radierers Rem- 
brandt entsprechen ungefähr die drei sidı bei ihm vorfindenden Techniken: der 
junge Rembrandt der dreißiger Jahre ist wesentlich Radierer, in den vierziger Jahren 
tritt hierzu die Grabstichelarbeit, und der gealterte Rembrandt nach 1650 bedient 
sich ausschließlich der kalten Nadel, die schon seit der zweiten Hälfte des Ill. Jahr- 
zehnts des XVI. Jahrhunderts eine häufige Verwendung zur Pointierung und Unter- 
streihung der Kern- und Brennpunkte in der malerischen Komposition gefunden. 

Der an sich leicht hinzeichnenden und im Beiwerk keineswegs sparsamen Bild- 
absicht des jungen Rembrandt 
der dreißiger Jahre mußte die 
wie mit dem Bleistift mühelos 
sich in den Atzgrund hinskizzie- 
rende Radierung besonders ent- 
sprechen; denn hier bedarf es 
nicht der schwerwuchtenden ma- 
nuellen Eingravierung der Linien- 
furchen in das blanke Kupfer, da 
ja erst die gleichmäßig ätzende 
Säure diese Vertiefung an den 


8) Sole Überätzungen der 
Platten sind sehr gefährlich: Selbst 
Rembrandt ist dies nicht immer ge- 
glückt, wie die Überätzungen späterer 
Zustände mehrerer reiner Kaltnadel- 


Abb. 15. Die drei Kreuze. B. 78. 1653 arbeiten lehren, so des heiligen Fran- 
4, Zustand O ziskus von 1657 (B. 107). 


982 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Stellen bewirkt, welche die schnell dahinfahrende Radiernadel in dem aus Harz 
und Wachs zubereiteten, für Säuren undurchlässigen, diinnaufgetragenen Atzgrund 
aufgedeckt hat. Auf diese Weise sind alle jene beliebten und populären Blätter 
entstanden, die uns in der Sorgsamkeit der Ausführung und in all ihrer kleinmeisterlich 
minutiösen Andacht für das Detail an deutsche Romantik, an Ludwig Richter erinnern, 
wie z. B. der Rattengiftverkäufer von 1632 (Bartsch 121), der barmherzige Samariter 
von 1633 (B. 90) (der Vordergrund hier mit dem Grabstichel) und die VerstoBung der 
Hagar von 1637 (B. 30). 

In bezug auf die manuelle Leichtigkeit und Geschwindigkeit ganz anders ge- 
artet, in bezug auf das Aussehen der Wirkung aber ähnlich ist die Technik mit dem 
Grabstichel: Dieses rein zum Gravieren benutzte Instrument ist das älteste im Kupfer- 
stecherhandwerk; es hat als Handhabe einen tellerförmigen Griff, der in die innere 
Handfläche sich einschmiegt. Der ziemlich schwerfällige Grabstichel zieht lauter parallele 
gleichmäßige Furchen, seien es nun Geraden, seien es Kurven, in das freie, von keinerlei 
Atzgrund bedeckte Kupfer, indem er, gleichsam seinen eigenen Weg gehend und von 
der führenden Hand nur noch wenig Direktionen empfangend, sich über die Platte 
forttreibt — das anschauliche Bild stammt von Richard Hamann — wie der Pflug 
über den Acker. Diese durch den Druck der Hand entstandenen Kanäle des Kupfer- 
stichs, die später genau so wie die durch das chemische Verfahren der Atzung ent- 
standenen Furchen der Radierung die Druckerschwärze aufnehmen und an das beim 
Druck darübergepreßte Papier abgeben, eignen sich in vorzüglicher Weise zur Charakte- 
risierung größerer Tonflächen. In diesem Sinne wurde der Grabstichel von dem auf 
tonige Effekte ausgehenden Rembrandt der vierziger Jahre benutzt: das schönste Bei- 
spiel hierfür ist das Selbstbildnis von 1648 am Tische zeichnend (B. 22), wo die 
sorgfältige Grabstichelarbeit es in der Wirkung aufnimmt mit den feinsten Helldunkel- 
gemälden des Meisters. Gerade hier ist der für den Grabstichel typischen Gefahr einer 
zu großen Ausgeglättetheit aufs glücklichste aus dem Wege gegangen; eine Gefahr, 
die freilich Rembrandt, vor allem in seiner Jugendperiode, nicht immer überstanden: 
das Eccehomo (in Hochformat) aus dem Jahre 1635 (B. 117), die große Kreuz- 
abnahme von 1633 (B. 81) und der schon genannte barmherzige Samariter sind 
die hauptsächlichsten Blätter, wo die plastische Ausarbeitung eine tüftelige und deshalb 
kalt wirkende Glätte erzeugt hat. Man denkt deshalb mit Recht bei diesen mühseligen 
Kaltnadelarbeiten an die Ausführung durch Schülerhand, wahrscheinlich an Vliet, der 
nach der Skizze des Meisters in leider allzu kleinlicher Weise gearbeitet hat. Doch ist 
es nicht angängig, die Tätigkeit solcher Schüler in der Weise auf das Gesamtwerk 
Rembrandts auszudehnen, wie das Hans Wolfgang Singer!) in seinem viel zu 
hastig gearbeiteten und deshalb in der Korrektur des Katalogs oft ganz unverständ- 
lichen Buche wagt. — 

Die Entwicklung des Rembrandtschen Kunstempfindens bewegt sich vom Plastischen 
zum Malerischen, zu der künstlerischen Analyse eines Flacheneindrucks auf seine Licht- 


1) Rembrandt, des Meisters Radierungen in 402 Abbildungen. Herausgegeben von Hans 
Wolfgang Singer. (Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben.) Stuttgart und Leipzig. 1906. 


F. Hoeber. Rembrandts Plattenzustände | 983 


und Schatten- und auf seine Farbenbestandteile hin: Richard Hamann hat diesen 
Weg im vierten Kapitel seines liebevoll durchempfundenen Werks über Rembrandts 
Radierungen ausführlich geschildert.) Diese durchaus modern anmutende Malerischkeit 
der Behandlung, diese größte Freiheit und geniale Breite des Vortrags charakterisiert 
nun auch den Altersstil im graphischen Werk Rembrandts: ihr Mittel ist die aus- 
schlieBliche Kaltnadeltechnik. Die kalte Nadel ist ein feines spitziges Instrument, 
das scharfe Linien in das blanke Kupfer derart einritzt, daß außer der Grube noch auf 
beiden Seiten kleine Hügel des ausgehobenen Metalls entstehen. Diese Hügel bilden 
in den frühen und guten Abziigen schummerige Verschwommenheiten, die man den 
„Grat“ nennt, so daß eine solche mit der kalten Nadel geritzte Linie im Abzug aus- 
sieht wie ein mit einem ganz weichen Bleistift gezeichneter Strih. Der Art der 
skizzierenden Bleistiftzeichnung ähnelt nun auch das stete An- und Abschwellen der 
Kaltnadellinie, da weder ein innerer noch ein äußerer Zwang zur Gleichmäßigkeit der 
Nadelführung vorliegt, weshalb es gerade hier darauf ankommt, den Druck und das 
flüchtige Darüberhinwegfahren, Betonung und Unbetontheit, sinnreich zu verteilen. Nach 
diesem akzentuierenden Prinzip findet sich die Anwendung der kalten Nadel ja schon 
früher im radierten Werk Rembrandts: so hat schon das bekannte Blatt des Todes der 
Maria aus dem Jahre 1639 (B. 99) alle seine Pointen mit Hilfe nachdrücklich ein- 
setzender, kurzer Kaltnadelstricie erhalten. Aber die spezifiscie Empfindung fir die 
Schönheit dieser ribbeligen, bald haarfeinen, bald klecksig breiten Linienzüge hat erst 
der alte Rembrandt zu spüren bekommen: besonders die so herrlich großräumigen und 
weitluftigen Landschaften der fünfziger Jahre, bei denen ein Strich abbreviaturartig so 
viel ausdrückt, daß, wie ein Kunstschriftsteller einmal sagt, man den millimetergroßen 
Zwischenraum zweier Horizontalen als eine meilenweite Ebene so konkret empfindet, 
als ob man sie selbst zu Fuß durchmessen hätte. Bei diesen so schnell wie eine 
Zeichnung improvisierten Kaltnadelarbeiten °) ist nichts mehr von der niedlichen Modellie- 
rung der Frühwerke zu sehen: die von Licht und Luft bewirkte Körperlichkeit drückt 
sih nur in lauter geraden Strichen aus, selbstverständlich bei den Landschaften, aber 
auch bei den figirlicien Darstellungen. 

Die damalige Zeit kennt eine Reihe von mit der kalten Nadel ausgeführten 
Nacistichen, wie die Darstellung im Tempel in Hochformat von ca. 1654 (B.50), die 
Anbetung der Hirten bei Laternenschein von ca. 1652 (B.46), die Flucht nach Ägypten 
von 1651 (B. 53), die Kreuzabnahme bei Fackelschein von 1654 (B. 83) und die Grab- 
legung von ca. 1654 (B. 86), bei denen, vlelleicht in bewußter Nachahmung der Effekte 
der damals von Ludwig von Siegen erfundenen Schabkunst, ein sammetartiger 
Gesamtton angestrebt ist, der die Folie abgibt für eine starke (künstliche) Beleuchtungs- 
quelle im Zentrum der Komposition. Hier kann man also die ganze Kraft der male- 
rischen Kaltnadelwirkung empfinden, wie sie die Stofflichkeit des Dargestellten inter- 
pretiert, und wie sie in eine warme Licht- und Luftschicht die ganze Bildlichkeit einhüllt. 


!) Rembrandts Radierungen von Richard Hamann. Berlin 1906. Zum richtigen Sehenlernen 
der Rembrandtschen graphischen Kunst sehr zu empfehlen. 

?) Hamann zieht auch tatsächlich zur richtigen Beurteilung dieser Kaltnadelarbeiten Hand- 
zeichnungen mit der Feder vergleichsweise heran: siehe S. 296 a. a. O. 


984 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Diese Landschaften und diese Figurenbilder der fünfziger Jahre werden von, der 
Gegenwart mit Recht als das Größte im graphischen Werk Rembrandts empfunden: 
Diese im modernen Sinne impressionistischen Kaltnadelarbeiten zeigen die vollständige 
Herrschaft über alle technische Außerlichkeit, die völligste Harmonie, die sich aus einer 
vorher chaotisch im Kampfe miteinander liegenden Disharmonie entwickelt hat, um auf 
unser Motto zurückzugreifen. 


* * 
x 


Als Beschluß dieses Versuchs seien noch einige kurze Anmerkungen zu etlichen 
Kardinalbeispielen Rembrandtscher Plattenzustände beigegeben: Probedrucke sind die 
Verkündigung an die Hirten 
von 1634 (B. 44), die groBe 
Kreuzabnahme von 1633 
(B. 81), der Waldsaum von 
1652 (B. 222) und die so- 
genannte große Judenbraut 
von 1635 (B.340). Bei der 
Verkündigung an die Hirten 
(Abb. 1 u.2) scheint im ersten 
Zustand, obwohlernicht voll- 
endet ist, ein anderes Licht- 
verhältnis geplant gewesen 
zu sein: der Strahlenhof um 
die himmlischen Heerscharen 
ist viel größer als in den 
ausgeführten Drucken; da- 
her sind auch die erschreck- 
ten Hirten mit ihrer Herde 
Abb. 16. Christus dem Volke dargestellt in Querformat. B. 76 in ein weit stärkeres Licht- 

1655. 1. Zustand o bad getaucht. — Der erste 

Zustand der großen Kreuz- 

abnahme war Rembrandt beim Atzen mißlungen. Die folgenden Zustände, die natürlich 
von einer neuen Platte herrühren, werden jetzt allgemein als Arbeit eines Schülers, 
Vliet, gedeutet; nur die Zeichnung ist von Rembrandt. Die tüftelig ausgearbeitete 
Platte ist im wesentlichen radiert, einzig im Vordergrund rechts mit dem Grabstichel 
übergangen. — Der erste Zustand der durchgängigen Kaltnadelarbeit „Der Waldsaum“ 
(Abb. 3, 4, 5) ist nach Seidlitz ein Probedruck von der angelegten und nur in einem kleinen 
Teil der Mitte durchgeführten Platte; die zwei Abdrücke des zweiten (vollendeten) Zustan- 
des können uns dartun, wie wichtig gerade die Berücksichtigung des Abzugswerts neben 
der des Zustandswerts bei der Einschätzung von graphischen Blättern ist: sicherlich macht 
sich bei einem Kaltnadelwerk ein Zuviel oder Zuwenig an Druckerschwarze (d. h. hier 
Grat) am peinlichsten bemerkbar. — Bei dem ersten in den unteren Partien noch voll- 
ständig unfertigen radierten Probedruck der großen Judenbraut (Abb. 6, 7, 8) wollen 


F. Hoeber. 


Rembrandts Plattenzustande 985 


wir nur auf die weiche körperhaft 
empfundene Behandlung des reichen 
Haars aufmerksam machen. Die 
späteren Zustände bringen nom 
Schattierungen und Details unter 
Zuhilfenahme des Grabstichels und 
der kalten Nadel. 

Die Plattenzustände des ge- 
mäldeartig radierten Blattes des 
großen Coppenols') von ca. 1658 
(B. 283) zeigen uns zuerst einen 
im ganz hellen Hintergrund noch 
unvollendeten Probedruck; dieser 
Hintergrund wird dann mit einem 
gerafften Vorhang ausgefüllt, und 
am Ende der Zustandsreihe wird 
die Platte so weit beschnitten, daß 


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Abb. 17. Christus dem Volke dargestellt, in Querformat 
B. 76. 1655. 5. Zustand O 


nur noch der runde Kopf übrig bleibt, ein Verfahren, das auch das wichtigste in der Ent- 
wicklung der Plattenzustände bei dem Selbstportrait B. 23 ist. (Abb. 9, 10,11.) Bei dem 
kleinen Coppenol von ca. 1653 (B. 282) beziehen sich die Veränderungen vor allem auf 
Details des Hintergrunds, auf die RichtmaBe, den Zirkel und das dunkel ausgefiillte 
Rund an der Wand, an dessen Stelle später ein Triptychon erscheint. (Abb. 12 u. 13.) 

Die beiden Zustände des heiligen Franziskus von 1657 (B. 107) sind starke 
Gegensätze nicht nur technisch im état de cliché, hier die Kaltnadel den Wirkungs- 
auschlag gebend, dort die Atzung, sondern auch in der landschaftlichen Stimmung, im 
état d'âme, wie die Meister von Barbizon sagten: hier die vollkommene Weltabge- 


Abb. 18. Christus dem Volke dargestellt, in Querformat 


B. 76. 1653. 6. Zustand 


schiedenheit und dort das Herein- 
lugen des Lebens in die stille Ein- 
siedelei. Bei dem ersten Zustand 
fehlt noch die ganze Landschaft 
mit der Burg rechts; auch der Zaun 
hinter dem Eremiten ist noch nicht 
vorhanden. 

Die berühmtesten Platten- 
veränderungen Rembrandts sind die 
drei Kreuze (B. 78) von 1653 und 
Christus dem Volke vorgestellt 
(B. 76) von 1655, beides der Zeit 
entsprechend ihrem wesentlichen 
Charakter nach Kaltnadelarbeiten. 
Die beiden wichtigsten Platten- 


1) Schreibmeister in Amster- 
dam, geboren 1598. 


986 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


zustände der drei Kreuze, der 1. und der 4. (Abb. 14 u. 15), stellen, wie Blanc meint, 
zwei sich gegensätzliche Szenen des Passionsdramas dar: die friedlichen Worte des ver- 
scheidenden Erlösers: Es ist vollbracht! und den Aufruhr der Elemente nach dem Tode 
Christi, den das Evangelium mit den Worten zu erzählen beginnt: Und der Vorhang 
im Tempel zerriB. Der erste Zustand ist viel heller gehalten als der vierte, dessen 
gleichmäßige fast regnerische dunkle Stimmung durch die parallelen Linien des Grab- 
stichels unterstützt wird. Eine große Lichtgarbe beleuchtet zuerst von oben herab die 
drei Kreuze. Eine nur im Umriß hingezeichnete Gruppe um Maria befindet sich rechts, 
eine Reiterschwadron mit dem Hauptmann darunter links; davor im Vordergrund eine 
dunkle Schaar von Hohepriestern; in der Mitte zwei turbangeschmückte Männer, die 
von Golgatha wegeilen. Die prinzipiellsten Veränderungen des vierten Zustandes ge- 
schahen nun durch die Streichung der linken Vordergrundsgruppe und der einen der 
laufenden Mittelgrundsfiguren und dadurch, daß der böse Schächer, der im ersten Zu- 
stand sich noch im Licht befand, auch vom Dunkel überflutet wird, daB ebenso die 
Gruppe der Leidtragenden durchschattiert wird und daß endlich die ganze Kavalkade 
auf zwei Pferde, ein sich bäumendes und ein ruhig in Profilansicht stehendes, reduziert 
wird, wobei dann der Hauptmann, dessen Kopf einer Medaille des quattrocentistischen 
Medailleurs Pisanello (auf Giov. Franc. Gonzaga) nachgebildet ist, gerade umgekehrt wie 
auf dem ersten Zustand zu stehen kommt. Der Temperamentsunterschied der beiden 
Plattenzustände liegt, wie berührt, in der feinen und friedlichen Ausarbeitung 
einerseits, in der wilden, wuchtigen und mächtig groß hingestrihenen Kampfstimmung 
andererseits. 

Christus dem Volke vorgestellt in Querformat (Abb, 16, 17,18) ist vorzüglich durch 
die Korrektur interessant, die die Platte im fünften Zustand erlitt: die genrehaften Vorder- 
grundfiguren vor dem erhöhten Tribunal, das auf das Vorbild eines Stiches von Lucas 
von Leiden (B. 71) zurückgeht, werden ausgeschliffen, um, wie Blanc meint, die Auf- 
merksamkeit nicht von der Hauptperson der vor unseren Augen sich abspielenden 
Tragödie, dem Eccehomo, abzulenken. Der sechste Zustand fügt dann noch die zwei 
quaderumsäumten Bogenöffnungen, mit der Halbfigur eines Flußgottes dazwischen, hinzu. — 

Wir haben mit diesem letzten Blatt unsere technisch-ästhetishe Rembrandt- 
Studie beschlossen. Wir haben den Meister kennen gelernt, wie er mit seinem be- 
stimmten und in stetiger Entwicklung begriffenen Kunstwollen den Stoff und auch die 
Technik dirigiert hat in dem Bewußtsein dafür, daß dieses innere Gefühl immer die 
absolute Superiorität über alle materielle und technische Außerlichkeiten haben muß. 
Ohne Zwiespalt geht es gewiß nicht immer ab; aber im Zwiespalt, im Dunkeln, im 
Kampfvollen ist ja alle Harmonie gleichsam teleologisch begründet. „Ohne das Schwer- 
verständliche, Rätselhafte ist“, wie Wilhelm Bode sagt, „die Persönlichkeit Rembrandts 
nicht zu denken; der Reiz zu neuem Studium und der ewig wachsende Genuß seiner 
Werke liegt darin mit beschlossen.“ 


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Abb. 1. MATTHAUS STOMER, Anbetung der Hirten 


Neapel, Museo Nazionale O 


Charakterköpfe des Seicento 


Von Hermann Voss 
II 
Eine Studie zur sizilishen Malerei 


Zu den am meisten vernachlässigten Gebieten der neueren Kunstgeschichte gehört 
das Seicento in Sizilien. Selbst ein überragender Meister wie Pietro Novelli ist außer- 
halb seiner Heimat wenig geschätzt und gekannt, z. T. wohl aus dem einfachen Grunde, 
weil man auf dem Kontinent kaum Gelegenheit hat, mit seiner Kunst vertraut zu wer- 
den. Über dem, was die sizilianische Malerei sonst im XVII. Jahrhundert geschaffen 
hat, ruht ein Halbdunkel, aus dem in verschwommenen Umrissen die Gestalten von 
wenigen bekannten Künstlern, wie Scilla, Rodriguez, Barbalunga u. a. hervorschauen. 
Kein mitteilsamer Künstlerbiograph erhellt uns, wie in Neapel de Dominicis, das trübe 
Dunkel; spärlich rinnen die Quellen, aus denen Namen und Schicksal der Sizilianer 
Secentisten zu ersehen wären'). 


1) Hauptquellenwerke sind für Messina Filippo Hackerts Memorie de’ pittori Messinesi 
(sehr unzuverlässig) und die anonymen Memorie de’ pitt. Mess. e degli Esteri von 1821. Ferner: 
Guida per la Citta di Messina scritta dall’ Autore delle M. d. P. M. 1826. Vgl. auch Giuseppe La 
Farina, Messina e i suoi monumenti 1840. Mit sizilischer Malerei, Skulptur und Architektur im 


988 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Wien, Galerie Liechtenstein D 


Und doch findet, wer die Reihe barocker Bilder und Fresken in Sizilien ab- 
schreitet, nicht wenig Arbeiten, die ihn mit besonderen Augen anblicken, und die ihm 
von individuell gearteten Künstlern zu erzählen wissen. Dazu hat der Historiker noch 
einen anderen Grund sih mit diesen Meistern zu beschäftigen, denn die vom italie- 
nischen Kontinent schärfer, als man vielfach glaubt, geschiedene Insel war von vorn- 
herein dazu prädestiniert, verschiedene Einflüsse in sich aufzunehmen, unter ihnen mit 
an erster Stelle solche nichtitalienischer, zumal nordischer Kunst. So ist für den 
Größten selber, Novelli, kein anderer als van Dyck das entscheidende Vorbild gewesen, 
der um 1624 sich einige Zeit in Palermo aufgehalten und dort verschiedene Werke 
gemalt hat. Es gibt Werke aus Novellis früherer Zeit, die direkt aus dem Schatze 
van Dyckscher Erfindung schöpfen, einzelne Figuren von ihm entlehnen; und das 
Malerische ist dem Monrealesen überhaupt erst vor den Gemälden des Vlamen aufge- 
gangen, in denen sich der nordische Sinn für Farben- und Tonwerte ihm als etwas 
im Süden kaum Bekanntes offenbarte. 

Mit dem Einflusse des van Dyck verbanden sich andere, z. T. nachhaltigere 
Einwirkungen, die sporadisch von verschiedenen Gegenden des Kontinents herüber- 
drangen. Barbalunga pflanzte Keime römischer Malerei (zumal Domenichinos) in den 
Boden Siziliens, andere knüpften an die Kunst des italienischen Nordens an; zu dem 


Barockzeitalter beschäftigte sich neuerdings Enrico Mauceri (Aufsätze der Arte) wie Virgilio Sacca 


in „Michelangelo da Caravaggio pittore“ Messina 1906. Beiden Herren bin ich für freundliche 
Auskünfte zu lebhaftem Danke verpflichtet. 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II | 989 


| 


Abb. 3 MATTHAUS STOMER, Heilige Familie 


Neapel, Museo Nazionale O 


benachbarten und sympathisierenden Neapel entwickelten sich standige, enge Bezieh- 
ungen. Von Neapel aus war es denn auch, daß einer der größten seiner Zeit, Michel- 
angelo Merisio da Caravaggio, nach der Insel hinüberfloh, um sich vor seinen einfluß- 
reihen Widersachern in Sicherheit zu bringen. Caravaggios Bedeutung für die Malerei 
Siziliens entsprach der künstlerischen Potenz des Mannes; sie wäre vielleicht noch ein- 
schneidender gewesen, wäre nicht der Meister mit ebensolcher Eile, wie er gekommen 
war, wieder von der Insel geschieden. Seine Werke in Messina, Siracusa und Palermo 
blieben jedoch als stumme, keineswegs bedeutungslose Zeugen seines Wirkens und 
Schaffens zurück. 

Eine große Menge von Künstlern des Kontinents arbeitete zeitweilig für Sizilien 
oder war hier vorübergehend tätig. Nicht nur die Italiener, sondern auch die Aus- 
länder naturalisierten sich schnell, sodaß, was einheimisch und was zugewandert ist, 
sich nicht immer voneinander trennen läßt. Zumal an holländischen und flandrischen 
Namen sind die Memorie reich; die Casembrot, Jan van Houbraken u. a. hat man sich 
sicherlich als fast restlos naturalisierte Sizilianer zu denken, die nur ein dünner Faden 
mit der heimischen Kunsttradition verknüpfte. 

Häufig genug sind die Fälle, in denen überlieferte Namen sich nicht mehr 
bestimmt mit einem CEuvre verbinden lassen oder umgekehrt; in anderen Fällen gelingt 
es wohl, ein oder zwei Bilder zu finden, an denen traditionell ein Künstlername hängt 
— aber das übrige Werk des Meisters muß erst mühsam aus anonymen oder falsch 


990 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Neapel, Museo Nazionale O 


attribuierten Gemälden zusammengestellt werden, die z. T. aus entlegenen und 
unbeachteten Galerien heranzuholen sind. 

Es ist dies im besonderen der Fall eines Meisters, der gänzlich vergessen 
worden ist, und den wir heute mit einem relativ reihen CEuvre wieder rehabilitieren 
möchten. 

II. Matthäus Stomer. 


Wenn man den Namen dieses Malers bei Nagler sucht, so stößt man sogleich 
auf eine Namenkonfusion, die anzeigt, welches Dunkel um die Person des Mannes 
herrscht. Nagler kennt drei Künstler dieses Namens, nämlich Joh. Baptist (bei Guarienti 
Giovanni, bei Dominicis Matteo oder Bartolommeo), angeblich in Neapel tätig, Matthäus, 
Schlachtenmaler zu Verona und nochmals Matthäus, „vielleicht“ Vater des Obigen, 
gegen 1640 in Messina tätig. Von diesen drei ,Stomer“ oder „Stom“ (auch Stoms 
und Stohom) genannten Malern scheidet der mittlere als ganz abseits stehend und 
betrichtlih später aus. Dagegen ergibt sich bald, daß die beiden anderen nicht Vater 
und Sohn, sondern eine einzige Person sein müssen und von Nagler nur getrennt 
worden sind, da er aus verschiedenen, sich in Kleinigkeiten widersprechenden Quellen 
geschöpft hat. 

Von dem erstgenannten Stomer weiß er nämlich zu berichten, daß er in Neapel 
gelebt und historische und biblische Darstellungen gemalt habe. Er zitiert fünf Passions- 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II 991 


Abb. 5. MATTHAUS STOMER, EEE ER mu 


Neapel, Museo Nazionale 


darstellungen, die als Nachtstücke aufgefaßt waren. Wir werden sehen, daß diese 
ziemlich auffällige Notiz gerade auf den dritten, sizilischen Stomer zutrifft, und daß 
das Museo Nazionale zu Neapel noch heute Passions- und biblische Darstellungen mit 
nächtliher Beleuchtung von ihm hat, in denen er an den in Italien sehr geschätzten 
»Gherardo dalle notti* anknipft. Da er, nach Abr. Casembrots Memorie zu schließen, 
erst etwa in den dreißiger Jahren zu Messina tätig war, so wird wahrscheinlich, daß 
er vorher in Neapel sich aufhielt, nachdem er um 1615 etwa in Rom unter Honthorst 
studiert hatte. 

Was wir sonst über ihn wissen, ist dürftig. Nagler zitiert die Signatur eines 
seiner Bilder in S. Cecilia zu Messina (nicht mehr vorhanden), durch die er als Vlame 
gesichert wird; im übrigen müssen uns seine Werke über den Mann und seine künst- 
lerische Stellung aufklären. Wenige Gemälde sind es, aus denen wir uns zunächst 
einen Begriff von seinem Stile zu schaffen haben. Im Museum zu Palermo ist von 
ihm ein S. Gaetano, dem eine Madonna erscheint. Das ist ein Bild vollkommen 
honthorstschen Charakters, mit der typischen Beieuchtungsart jenes Meisters, mit einem 
ganz verwandten, nur mehr rotbraunen Ton, dazu in den Typen ganz ähnlich wie 
der Vorgänger, so bei dem kerzentragenden Knaben, dem wie bei Honthorst an- 
gestrahlten Heiligen, der anmutigen, etwas leeren Madonna. Schöner und geradezu 
ein Meisterwerk ist die Geißelung Christi, die in der Madonna del Rosario aufbewahrt 
wird, leider in ungünstigem Lichte zwischen den Fenstern, wo sie doch neben dem 


992 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 6. MATTHAUS STOMER, Christus in Emaus 


Neapel, Museo Nazionale O 


Altarbilde van Dycks, den Bildern und Fresken Novellis und den Stucchi des Serpotta 
keineswegs zurückbleibt Was am stärksten wirkt, ist die wie in sich gekauerte Figur 
des Heilandes, die seelisch tiefer ist als solche Gestalten sonst bei Honthorst zu sein 
pflegen (cfr. etwa das Bild in den Cappuccini zu Rom). Man bemerkt, daB der 
Kiinstler weniger phlegmatisch ist als sein hollandischer Lehrer; ein gewisser heftiger 
Zug, zumal als Ausdruck des Sich-Verwunderns, ist in seinen Typen häufig — immerhin 
verleugnet sich die honthorstshe Schulung auch hier in der Technik wie im Hell- 
dunkel keinen Augenblick. 


Bis ins Kleinste nun entspricht diesen beiden traditionell „Stomer“ genannten 
Gemälden eine Reihe hervorragender Bilder im Museo Nazionale zu Neapel, die unter 
der fälschlihen Bezeichnung „Christoph Storer“ bekannt und in den Führern erwähnt 
sind. Die Zuweisung an Storer beruht offensichtlich auf einer Namenverwechslung; 
Storer, dem allerdings das Glück zuteil wurde in Sandrarts Teutscher Akademie 
genannt zu werden, ist ein ziemlich schwacher Manierist aus den Kreise der Procaccini, 
der in Süddeutschland und Mailand tätig gewesen ist, und dessen Werke mit dem 
gesamten Kreise, den wir hier behandeln, ganz außer Fühlung stehen. Die Beziehung 
der Neapler Bilderserie zu Gerard varı Honthorst steht bereits bei Betrachtung der 
„Geburt Christi‘ außer Zweifel. Gemälde wie die bekannten beiden Präsepienbilder 
der Uffizien oder (und zwar noch in engerem Sinne) das von uns in Abb. 2 gebrachte 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II 993 


Abb. 7. MATTHAUS STOMER, Befreiung Petri 
Neapel, Museo Nazionale D 


der Sammlung Lichtenstein in Wien nähern sich in Beleuchtungsart, Typen, Komposition, 
Farbe der Neapler Geburt ganz außerordentlich. 

Allein es besteht doch ein bedeutender Abstand zwischen den beiden Meistern, 
der sich schon bei Betrachtung der Photographien deutlich fühlbar macht: der Faltenwurf 
Stomers ist gegliederter, seine Zeicinuny schärfer, auch härter, oftmals detaillierter, das 
Helldunkel hat teils etwas sehr Unvermitteltes, Springendes, teils eine gewisse Trockenheit. 
Bei Kenntnis der Originale ergibt sich noch als ein Hauptunterschied das trübere, fast 
rotbraune Kolorit des Stomer, das stumpfere Töne bevorzugt und manche seiner 
Bilder in einen gewissen matten Ton einhüllt — anstelle der lebhaften Lokalfarben 
bei Honthorst besitzt Stomer nur ein gedämpftes Rot und ein stumpfes Blau. Nicht 
zu vergessen auch die trockenere, nicht honthorstartig glatte oder fette Technik. 

Über den Ausdruck der — bei Anschluß an Honthorst auch hier — durchaus 
selbständigen Typen ist zu sagen, daß ihnen durchgehends eine gewisse Spannung, 
ein oftmals heftiges Staunen eigentümlich ist, worin sich eine feinere psychologische 
Unterscheidungsgabe äußert als in den gleichmäßigen, mehr äußerlich bewegten Köpfen 
Honthorsts; es stimmt hierzu, daß die Gesten lebendiger und ausdrucksvoller gefaßt 
sind: möglich, daß in diesen Eigentümlichkeiten sich nicht bloß die intime Fühlung mit 
der südländischen Mimik und Gebärdensprache, sondern auch das eigene lebhafte 
flandrische Temperament des Künstlers ausspricht. 

An die Geburt Christi schließt sich die Heilige Familie besonders eng an. Das 


Schema (mit dem herzueilenden Giovannino) ist der italienischen Kunst seit dem 
` 65 


994 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 8 MATTHAUS STOMER, Christus und Nikodemus 


Darmstadt, Museum O 


Quattrocento geläufig, auch sonst ist der Charakter der Formen nnd die Komposition 
wesentlich italienisch — eigenartig und nordisch gemahnend nur die Einführung der Kerzen- 
beleuchtung. Die überaus starke Artikulation des Körpers Jesu fällt jedem ebenso 
auf wie das schön erfundene, lässige Zurücklehnen der Madonna und ihre fast van 
Dyckisch gebildete und elegant gelagerte Hand. 

Im Verfolg der weiteren Darstellungen des Neapler Zyklus drängt sich eine gewisse 
Gleichférmigkeit des Ausdruckes nicht angenehm auf; doch sind unter den Köpfen 
einige von sehr lebendiger und dramatischer Wirkung, die über Honthorsts Fähigkeiten 
weit hinausgreifen und sich unmittelbar mit den durchgefiihiten, innerlich beseelten 
Physiognomien des Caravaggio vergleichen. Die durchgehends festgehaltene Fassung 
der Szenen im halbfigurigen Breitbild (venezianischer Herkunft) überrascht besonders 
im letzten Bilde der Folge, der Befreiung Petii, wo die Beschränkung auf halbe 
Gestalten ebensowohl den natiirlidien Forderungen der Szene wie denen der Tradition 
widerspricht. 

Zusammen mit den Neapler Gemälden ist ein „Gespräch Christi mit Nikodemus“ 
in Darmstadt zu nennen, das der Katalog sowie Woltmann-Wörmanns Geschichte der 
Malerei dem Honthorst zuweisen, während es von anderer Seite mit einem Gemälde 
in München in Beziehung gesetzt wurde, über das noch zu reden sein wird. Der 
richtige Autorname ergibt sich bei einem Vergleiche mit den Neapler Bildern, zumal 
dem Emaus sehr leicht; nicht bloß Typen und sonstige künstlerische Indizien stimmen 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II 995 


Abb. 9. MATTHAUS STOMER. Pilatus wäscht sich die Hände 


Paris, Louvre O 


mit jener Serie überein, sondern das Bild gliedert sich nach Inhalt, Proportionen') und 
Komposition ganz ungezwungen in die Folge ein, der es vielleicht ursprünglich 
zugehört haben mag. 

Genau wie das Gemälde in Darmstadt verhält sich zu der Neapler Folge ein 
schöner ,Gherardo dalle Notti“ des Louvre, der Pilatus darstellt, wie er sich die Hände 
wäscht. Die Zusammengehörigkeit mit jenen Gemälden wird diesmal schon durch die 
Maße evident, die genau mit jenen des „Brodwunders“ übereinstimmen (1,53><2,05). 
Das Bild weicht insofern von dem gewohnten Schema ab, als es außer der Haupt- 
szene im Vordergrund eine andere im Mittelgrund bringt: die Kreuztragung; allein — 
ganz abgesehen von dem charakteristischen rotbraunen Kolorit -— Zeichnung der Typen, 
Gewänder, Hände sind so völlig stomerish, daß die Zuweisung an den Meister 
unabweisbar erscheint. Im besonderen wolle man den Kopf des Pilatus nach Beleuchtung 
und Ausdruck mit dem des befreiten Petrus, den rechts hinter dem Vorhang hervor- 
blikenden Mann mit jenem hinter dem Christus des „Emaus“ vergleichen. 


1) Nadi freundlicher Mitteilung des Herrn Aldo de Rinaldis, der diese Serie für mich 
genau hat nachinessen lassen, weichen die einzelnen Bilder beträchtlidi von einander ab. Die 
Maße sind: Abb. 1: 1,225x1,82, Abb. 3: 1,55><2,08, Abb. 4: 1,53><2,05, Abb. 5: 1,535><2,09, 
Abb. 6: 1,575><2,02, Abb. 7: 1,27><1,82. In den Verwaltungsräumen des Museums befindet sich 
noch „eine Anbetung des Kindes“, im Formate 1,26><1,84, offenbar ebenfalls zugehörig. — Das 
Darmstädter Bild miBt 1,24><1,71. 


996 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


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Abb. 10. MATTHAUS STOMER, Gefangennahme Simsons 


Turin, Pinacoteca Reale O 


Mehrere der Darstellungen in Museo Nazionale leiten hinüber zu einer 
„Gefangennahme Simsons“ einem Bilde von sehr großen Verhältnissen in der Turiner 
Galerie (2,12><2,72), das wieder dem Honthorst zugewiesen ist, und das wir nach 
einem wenigstens materiell getreuen Stiche des Galeriewerkes reproduzieren. Kolo- 
ristisch vertritt es wiederum eine von Honthorst abweichende Nuance: die Farbe ist 
sehr gleichmäßig, bräunlich-rötlih; nur ein wenig keineswegs ausgesprochenes Blau 
tritt gelegentlich hervor. Daß ein Werk des gleichen Meisters wie in Neapel vorliegt, 
bedarf gegenüber den Abbildungen keiner langen Begründung. Man beachte nur 
Typen und Ausdruck der Figuren, sowie die Handbewegung Simsons, die ganz wie 
die des befreiten Petrus anmutet, ferner Haltung und Kopf des herzueilenden Knaben, 
die vollkommen denen des Mannes rechts auf der „Gefangennahme“ entsprechen, 
endlich auch die zurücklehnende Pose Simsons selber (cfr. die Madonna der h. Familie) 
und Einzelzüge wie die Verwendung eines Vorhangs als Hintergrundes (wieder wie 
auf der h. Familie). 

Die Handlung, die auch hier beim Lichte einer Fackel vor sich geht, macht von 
neuem deutlich, daß dem Künstler wichtige Anregungen von seiten des „holländischen 
Caravaggio“ gekommen sind; auch der liebt es, solche effektvolle Staatsaktionen zu 
geben, bei denen eine Reihe von Charakteren auf engem Raum vereinigt sind und 
beim grellen Lichte einer Kerze oder Fackel in verschieden gefärbten Gesichtsausdrucke 
wirksam gegen einander stoßen. Stomer ist freilich gewaltsamer als der meist 
beschauliche Lehrer; die bei diesem fast nie mangelnde humoristische Note (cfr. den 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II 997 


Abb. 11. MATTHAUS STOMER, Ceres und der höhnende Raabe 
München, Alte Pinakothek 


Dresdner Zahnarzt) ist hier durchaus abwesend. Das eigentliche Genre scheint Stomer 
überhaupt nicht zu liegen. 


Dem Turiner Gemälde steht eine mythologische Darstellung der Münchener 
Pinakothek in manchem Betracht sehr nahe. Der Gegenstand ist, wie Ceres auf der 
Suche nach ihrer Tochter Proserpina bei einer Alten einkehrt und, hastig sich mit dem 
gebotenem Trank erquickend, dabei von einem Knaben verhöhnt wird. Vergleicht man 
das Münchener Bild mit dem Simson in Turin, so wird ein bestimmtes Kompositions- 
schema des Meisters klar erkennbar, das sich dem Reliefstile stark nähert, insofern es 
sih nicht der gesamten Tiefe des Raumes bedient, sondern die Figuren in eine 
Ebene stellt, parallel zum Bildrande und mit einer gewissen Bevorzugung der Profil- 
ansicht. So sind sich auf dem Münchner Gemälde der spottende Knabe und die müd 
niedersitzende Ceres fast in Profilhaltung einander gegenüber gestellt; die von hinten 
sich vorbeugende Alte sorgt mit der Faceansicht ihres Gesichtes für eine engere 
Verbindung zwischen den beiden Hauptgestalten. Ahnlich ist die Komposition des 
Simsonbildes, die bei sehr großen Verhältnissen sogar an Schematismus streift, zumal 
auch die Akzessorien (der Vorhang, das Bett, der Hund) die Richtung parallel zum 
Bildrand aufnehmen und betonen. Selbst in den Neapler Halbfigurenbildern sowie 
besonders in den Darmstädter Gemälden verraten sich die gleihen Tendenzen. 


998 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Einen vollstandigen Katalog der Werke zu geben, die Stomer zuzuweisen sind, 
liegt nicht in unserer Absicht, umsomehr da man sich bei der Begriindung der Attri- 
butionen sehr häufig selber zu wiederholen haben würde. Hingegen wird eine kurze 
Aufstellung der Gemälde die sich in Sizilien befinden und in denen man den Stil 
des Künstlers ohne weiteres erkennen kann, wohl willkommen sein. 


Palermo. Museum. S. Gaetano, dem die Madonna erscheint. 
Madonna del Rosario. Geißelung Christi. 


Catania. In dem sehr vernachlässigten Museo dei Benedettini befindet sich 
ein schlecht erhaltener „Tod des Seneka“, der offenbar Stomer zuzuweisen ist. 
Seneka (fast ganz nackt) sitzend, mit ausgestreckter Linken gestikulierend; ein Jüngling 
seine Worte niederschreibend. Beleuchtung durch eine Fackel, wie bei dem Turiner 
Gemälde, an das gerade dies Bild stark erinnert. 


Ebenda als „Gherardo dalle Notti“eine Verspottung Christi. Christus, in rotem 
Mantel, blickt mit gefesselten Händen dumpf vor sich hin. Links ein paar sehr harm- 
lose Niederländer (obschon es sizilische Modelle sind) herzudrängend, darunter der 
gewohnte Knabe mit dem Lichte in der Hand. 


Messina. Im Museum wieder eine antike Heldengeschichte, Mucius Scaevola 
die Hand ins Feuer legend.!) Offenbar war für den Maler weniger der Heldenmut 
des Römers als die Leuchtkraft der Flamme der Ausgangspunkt. Interessant das 
Physiognomische bei dem links sitzenden Porsenna, der bewundernd dem Scaevola 
zuschaut. Rechts wieder die beobachtenden Zuschauer, diesmal als Krieger verkleidet. 
Als Nebenvorgang die Episode, wie ein Verwundeter eben fortgetragen wird. 


Überblickt man die ganze Reihe von Bildern, deren Taufe auf einen Namen, 
und zwar den des Stomer, wie ich glaube, gleich einleuchten wird, so ersieht man 
schon aus dem Überwiegen des Dramatischen, Erzählenden wie der Bevorzung biblischer 
oder antiker Gegenstände, daß der Gesichtskreis dieses Honthorstschülers denn doch 
ein wesentlich anderer ist als der seines Lehrers, dessen Kunst ihm allerdings in vieler 
Hinsicht als Ausgangspunkt der eigenen Produktion gedient hat. Unter der Einwirkung 
südliher Malerei und — wohl mehr noch — südlicher Menschen streift er mit 
Bewußtsein das Genrehafte und Anekdotische seines Vorgängers ab; wie er auBerlich 
genommen die Historien- und religiöse Malerei bevorzugt, so wird der Mensch selber 
in seiner plastischen Erscheinung für ihn von größerer Wichtigkeit, der Ausdruck geht 
über zu stärkerer Intensität und sogar zu einem gewissen düsteren Ernst, zu dem die 
Beschränkung des Akzessorischen und des farbigen Charakters trefflich stimmt. Audi 
wo sich Stomer im Idyllischen oder Genrehaften versucht, wie in den (wahrscheinlich 
frühen) Darstellungen der Jugend Christi zu Neapel, weicht er doch von Honthorsts 
weicherer Art schon fühlbar ab. Später bevorzugt er dann sichtlich die dramatischen 
Szenen und wählt dementsprechend das ganzfigurige Bild, gelegentich — wie in der 
Turiner Gefangennahme Simsons — bei Wahl größter Dimensionen. 


1) Bei V. Saccà, a. a. O. pag. 52 erwähnt und mit Recht dem Ger. van Honthorst 
abgesprochen. Ohne eine neue Attribuierung. 


H. Voss. Charakterköpfe des Seicento II 999 


Mit seiner wachsenden Assimilation an die italienische Umgebung ist Stomer 
ein noch deutlicheres Beispiel des Zuges zur nationalen Selbstentäußerung, von dem 
die Geschichte der nordischen Künstler in Italien so viel zu erzählen weiß, als Honthorst, 
bei dem schon das Bevorzugen des rein Genrehaften den Holländer verriet. Gleich- 
wohl ist aud Stomer im Grunde Niederländer geblieben, so sehr ihn der längere 
Aufenthalt im Süden an die neue Umgebung gefesselt hat. 

Es ist interessant zu wissen, daß das Verhältnis des Künstlers zu seiner zweiten 
Heimat doch kein ausschließlich rezeptives gewesen ist: sein rückwirkender Einfluß auf 
die sizilische Kunst ist so weit gegangen ihm einen — so scheint es wenigstens — 
einheimischen Künstler von Talent als Schüler zuzuführen, dessen wenige anonyme 
Arbeiten ich in kurzem in diesen Blättern zusammenstellen werde. 


La collezione Doria Pamphily 


di Art. Jahn Rusconi (Rom) 


Le collezioni private d'Italia comprendono una tale ricchezza di opere d'arte, 
che, se fossero unite insieme, formerebbero una raccolta degna delle più famose gallerie 
d'Europa. Le raccolte romane, in questa bella serie, sono certamente tra le più 
notevoli e le più ricche. 

Non occorre ricordare le celebri gallerie dei Doria, dei Colonna, dei Barberini 
e dei Rospigliosi: esse sono largamente aperte al pubblico, e ognuno può visitarle. 
Ma, accanto a queste collezioni aperte a tutti, ve ne sono altre appartenenti alle 
stesse famiglie, e che non sono meno ricche e meno interessanti, e che tuttavia ben 
poche persone hanno veduto. Vale la pena di parlarne e di renderle note. Le 
opere che le compongono non sono mai uscite degli appartamenti privati di queste 
famiglie storiche, e sono ignote alla maggior parte del pubblico. Parliamone, oggi 
che si trovano ancora riunite nella loro cornice naturale, già che, contrariamente alle 
collezioni esposte, esse possono da un giorno all’ altro andar disperse. 
| Si sa infatti che i proprietari delle gallerie Doria, Barberini, Rospigliosi e 
Colonna non sono liberi di disporre a loro beneplacito ne dell’ insieme ne di parte 
di queste storiche raccolte. Fino al 1902 queste gallerie erano sotto l'autorità del- 
l'editto Pacca, e, praticamente, lo sono ancora. Il papa Pio VII, sempre amoroso della 
bellezza e della fama artistica di Roma, completando una legge redatta nel 1802 
del cardinal Doria Pamphily, pubblicò nel 1820 il famoso editto Pacca, contro 
l'esportazione delle opere d'arte, e fece fare l'inventario di tutte quelle che erano 
conservate nel suo stato. L'editto stabiliva che ogni opera d'arte appartenente ad 
una congregazione od a privati non potesse essere venduta nè potesse uscire dagli 
stati pontifici senza un’ autorizzazione del governo. Era una legge molto poco liberale 
certamente, ma molto patriottica ed assai utile. Del resto non era questa la prima 
legge del genere in Italia. Fin dal 1775 Carlo III, re di Napoli e delle Due Sicilie 
aveva pubblicato una legge quasi identica, e poco dopo, la repubblica cisalpina, quella 
di Venezia, i governi di Milano e di Parma seguirono il suo esempio. A Roma, del 
resto, la conservazione delle collezioni storiche si collegava da parecchi secoli al diritto 
di primogenitura: le raccolte restavano indivisibili e appartenevano al primogenito della 
famiglia. Cosi ben prima dell’ editto Pacca, a salvaguardia di questo diritto, ogni 
famiglia romana dovette presentare al camerlengo della chiesa, insieme con l'inventario 
delle altre proprietà, anche quello delle sue collezioni di opere d'arte. È per tal 
motivo che noi possediamo ancora l'inventario della galleria Barberini presentato nel- 
1678 dal cardinal Francesco Barberini e nel 1703 dal cardinal Carlo Barberini: quello 
della galleria Doria Pamphily presentato nel 1819 da don Luigi Doria Pamphily 
Aldobrandini, il quale confermava il giuramento fatto nel 1709 da don Camillo 
Pamphily Aldobrandini, di conservare il privilegio della primogenitura istituito da 
Innocenzo X, e gli inventari della galleria Colonna e di tutte le altre collezioni. 


J. Rusconi. La collezione Doria Pamphily 1001 


LORENZO LOTTO SEBASTIANO DEL PIOMBO 


D 


Ritratto O Ritratto di Andrea Doria 


Costituito il regno d'Italia, il governo resto trent’ anni senza regolare la questione della 
proprietä artistica, e si limitö a riconoscere come valide le varie leggi regionali che 
erano fino allora in vigore. Finalmente nel 1902, per mettere un termine a questo 
stato di cose che dava origine ad una grande confusione, si decise a proporre una 
legge che fu approvata dal Parlamento. Questa aboliva tutti le precedenti e lasciava 
ai proprietari delle opere d’arte ogni liberta di venderle, riservando allo stato un 
diritto di prelezione. Nel caso che lo stato non volesse o non potesse acquistare 
questa o quell’opera, il proprietario potrebbe disporne liberamente; soltanto egli 
dovrebbe pagare una tassa proporzionata al prezzo della vendita. Questa legge, 
tuttavia, lungamente aitesa, appena pubblicata fu oggetto di cosi aspre critiche e 
sollevò tali e tante proteste che il governo dovette ritardarne l'esecuzione. 

Cosi le antiche leggi regionali, e per Roma l'editto Pacca, sono virtualmente 
rimasti in vita. Gli enti morali, le chiese, le congregazioni non possono vendere nè 
cedere le opere d'arte che posseggono, e i privati ritornano sotto le leggi anteriori. 
Ma se le opere d'arte catalogate negli antichi inventari rimangono inalienabili, quelle 
conservate negli appartamenti privati che non fanno parte delle gallerie storiche, 
vi sfuggono. Conformandosi alle prescrizioni di Pio VII, i Doria, i Colonna e le altre 
famiglie presentarono i loro antichi inventari, senza credersi obbligati d’inscrivere tra 


1002 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


BRONZINO o VELASQUEZ 
Ritratto di Giannetto Doria O Ritratto 


le opere fidecommissarie quelle che erano entrate in seguito nei loro palazzi, o che 
non avevano mai fatto parte del patrimonio compreso nel diritto di primogenitura. 
Così queste opere rimangono fuori del controllo dello stato, e se i loro proprietari 
volessero un giorno disperderle, lo stato non potrebbe in alcun modo protestare e 
reclamare. Di queste raccolte private, strettamente private, parleremo in queste colonne: 
esse contengono dei capolavori che è interessante far conoscere. 


* * 
Lë 


La collezione di quadri conservata negli appartamenti del principe Doria 
Pamphily è senza dubbio la più ricca e la più importante di Roma, come la sua 
galleria, dopo il passaggio allo stato della galleria Borghese, è certamente la regina 
delle gallerie private. 

Il cardinal Giovanni Battista Pamphily, eletto papa il 29 settembre 1644 col 
nome di Innocenzo X, fu il fondatore della grandezza della sua casa. Ma è a sua 
cognata, la famosa donna Olimpia, nata Maldachini di Viterbo, che la sua famiglia 
deve tutto ciò che egli fece per essa. La collezione di quadri è dovuta in gran parte 
al desiderio di grandezza e di splendore della cognata del Papa. Questa raccolta — 
come le altre raccolte dell’ epoca — non è stata riunita per amore dell’ arte e della 
bellezza, ma per obbedire alla moda del tempo, ed essa proviene in gran parte dal 
l'ammiraglio Andrea Doria, il quale possedeva a Genova una ricchissima raccolta di 
quadri. La maggior parte dei quadri conservati negli appartamenti privati sono stati 


J. Rusconi. La collezione Doria Pamphily 1003 


raccolti in quel tempo: essi sono 
forse i capolavori di tutta la col- 
lezione, compresa anche tutta 
quella esposta al pubblico. Ad 
eccezione dei quadri famosi del 
Velasquez di Raffaello e di Tiziano, 
la galleria. Doria non ha molte 
opere che possano venir parago- 
nate ai quadri della raccolta 
privata. 

L'Ammiraglio Andrea Doria 
ha fornito a Sebastiano del Piombo 
il soggetto per uno dei suoi più 
belli e più profondi ritratti. Si può 
anzi dire che in nessun altro FILIPPO LIPPI o L'Annunciazione 
l'artista ha rivelato cosi completa- 
mente la sua grandezza. Il seguace del Giorgione resta fedele alle antiche tradizioni 
dei suoi maestri, allora quando l’arte veneziana non era ancora corrotta dalle iron If 
mal comprese di Michelangelo. Vi è tuttavia, in questo ritratto qualche cosa che 
non è più veneziano, ma è l'effetto di una modificazione lenta, si direbbe quasi 
naturale e necessaria: questo quadro rappresenta magnificamente un momento di quella 
evoluzione, la quale, attraverso tante belle opere, guidava il maestro della Fornarina 
degli Uffizi, alla Flagellazione di S. Pietro in Montorio. Il quadro é dipinto assai 
semplicemente, con toni grigi, senza il colorito sfavillante dei veneziani, ma assai 
prossimo alla loro arte di ritrattisti. Sebastiano de Piombo ha rappresentato un’ ima- 
gine viva e vera: egli ha espresso, con una originalità forse unica, la grandezza di 
uno spirito potente e d’ un forte carattere. 

Un altro bellissimo ritratto ci parla ancora della scuola veneziana. È un ritratto 

“ maschile di Loren- 

zo Lotto. Il Lotto, 
che nei suoi primi 
anni è tanto affine 
al suo maestro Gio- 
vanni Bellini, qual- 
che anno più tardi 
ha preso dal Gior- 
gione il suo colore 
vibrante e qualche 
cosa del suo senti- 
mento. Il quadro 
della collezione Do- 


FRANCESCO PESELLINO O ria si deve attri- 
Scena della vita di Papa Silvestro buire alla sua migli- 


1004 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


FRANCESCO PESELLINO O 

Scene della vita di Papa Silvestro 
ore età. Come in quasi tutti i ritratti del Lotto, una tristezza desolata arde in questo 
della collez. Doria, che ha un' affinità assai grande con quello della galleria nazionale 
Borghese. In questo, come in quello, la figura del personaggio ritratto è poco simpatica : 
il suo aspetto è piuttosto volgare e i suoi tratti sono senza bellezza, ma il maestro 
ha saputo dargli un fascino penetrante. La mano sinistra è appoggiata sul cuore 
come per comprimervi la pena interna, e tutta la figura esprime una sofferenza tenera 
ed appassionata. Egli è ancora giovane, ma intorno alla pietra sulla quale sono incisi 
i suoi 37 anni, l'edera si arrampica e forma una stretta corona che già si rinserra, e 
li accanto, in un bassorilievo, un amorino tiene in equilibrio una bilancia, posando 
i piedi sui piatti, e impedendo loro di pendere da una parte o dall’ altra. L'amore e 
il dolore sono fissati per sempre nel cuore, cui indica il dito teso della mano destra: 
nella piega delle labbra, nello sguardo stanco si legge una rassegnazione senza speranza. 


Questo ritratto era indicato, nell’ inventario della collezione, come il ritratto di 
un giudice: non si sa per quale motivo, e non osiamo supporre, tanto l'ipotesi è 
ridicola, che sia stato a motivo della bilancia. Sembra invece più probabile che si 
possa riconoscervi un ritratto del maestro stesso: certo in nessun altro quadro 
Lorenzo Lotto ha espresso con una tale vivezza la sua anima, tutta la sua anima. 
Quella malinconia amorosa, fatta di ricordi e del rimpianto di tutte le cose perdute, 
di tutte le cose che non si sono avute, piange e si lamenta in questo ritratto, con 
una voce che turba e commuove. 


La scuola veneta, della sua età più matura, prossima alla decadenza, ci presenta 
un altro mirabile ritratto, che attesta la forza di questa scuola, pur nella piena deca- 
denza dell’ arte in Italia. È il Tintoretto che ci riassume questa volta tutta l'energia 
e la giovinezza della scuola derivata da Tiziano; ed è al Tiziano che bisogna avvici- 
nare questo semplice e potente ritratto, della grandezza e della ricchezza propria 
agli ultimi tempi del maestro. Si può dire che tutta la scuola veneta è in que- 
stopera magnifica, poichè tutti gli artisti anteriori sembrano aver concorso alla rap- 


J. Rusconi. La collezione Doria Pamphily 1005 


B. PARENZANO O 
S. Luigi che fa l’elemosina 


presentazione di questo tipo, che ha degli uni la finezza paziente, degli altri la rude 
ed energica espressione, e dei migliori il colorito elegantemente veneziano. 


Il Bronzino, questo strano imitatore di Michelangelo, i ritratti del quale sono 
di una eleganza cosi ferma e di una così nobile potenza, è rappresentato da un 
ritratto di Giannetto Doria. H famoso ‘ritratto di Stefano Colonna, già nella galleria 
Sciarra, ed ora nella galleria Nazionale Corsini, era già caratteristico della grandezza 
del suo stile. Ma in questo della raccolta Doria alla forza dell’ espressione egli aggiunge 
quella distinzione squisita che fa di lui uno dei ritrattisti più moderni e più 
seducenti del XVI secolo. La mano destra di questo giovane è incomparabile: essa 
si appoggia all’ anca con una grazia leggera: le dita un pò piegate hanno la deli- 
catezza raffinata d'una mano di donna: e tuttavia questa è la mano di un guerriero. 
Gli è che il Bronzino amava la grazia unita alla forza, e nessuno ha saputo esprimerla 
meglio di lui. La bocca serrata, un pò sdegnosa, gli occhi incerti e vaghi ci definiscono 
un carattere di una grazia indecisa e leggera. 

Questo ritratto può essere considerato come uno dei migliori di tutta la scuola 
fiorentina. Esso ricorda imperiosamente il preteso ritratto del Valentino, un tempo 
in una galleria privata di Roma ed ora nella collezione Rotschild, che è stato a lungo 
attribuito a Raffaello. Il ritratto della raccolta Doria mi sembra prezioso per la 
giusta attribuzione del famoso Valentino. Le qualità caratteristiche del Bronzino si 
esprimono ugualmente bene nelle due tele: si potrebbe anzi dire che l'una è una 
imitazione dell’ altra. Gli è che tutte e due si richiamano a motivi cari all’ artista, 
quali li vediamo nelle sue pitture di Londra e di Firenze. 


1006 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


B. PARENZANO O 
Tentazione di S. Antonio 


Il ritratto della collezione Doria è meno celebre di quello dell’ antica galleria 
Sciarra, poichè non ha mai avuto la fortuna di un battesimo cosi nobile ma nel 
l'opera del maestro, non è meno significativo. 

Al Velasquez, il pittore incomparabile del grande ritratto di Innocenzo X, ap- 
partiene senza dubbio un altro quadro della raccolta privata, attribuito lungamente a 
van Dyck. È un piccolo ritratto di giovane, che sembra uno studio per un’ opera 
maggiore. È forse uno studio per il ritratto d'uno dei figli di Filippo IV.? Non si 
sa. In ogni modo l'opera è tutta nello spirito del maestro. Il colorito brillante si 
accorda mirabilmente all’ espressione giovane e ardita del fanciullo, i tratti del quale 
recano la marca d'una razza forte e audace. I suoi occhi sopratutto e la sua bocca 
esprimono una fierezza energica: essi sembrano annunciare in questo volto ancora 
infantile, una personalità che lascierà traccia di sè nella storia del XVII secolo, un 
eroe futuro o un conquistatore. 

La scuola fiorentina è rappresentata in questa collezione da un bel quadro di 
Filippo Lippi. 

Le opere di questo delicato discepolo di Masaccio sono abbastanza rare a 
Roma: non se ne possono citare che due: un capolavoro di lui quasi ignorato, al 
museo del Laterano, e un’ interessante pittura nella collezione della signorina Hertz. 
L'Annunciazione della collezione Doria è una piccola composizione nella quale il 
maestro ha messo tutta la sua arte. La Vergine, sorpresa, ascolta con emozione la 
parola dell’ angelo, il quale è giunto a lei non col consueto bastone, ma con un ramo 
di giglio fiorito. Il pittore ha saputo ringiovanire la tradizione, e trasformare un 


J. Rusconi. La collezione Doria Pamphily 1007 


soggetto antico in un motivo di grazia e 
di bellezza. Si direbbe che un raggio di 
sole illumini il cielo. 

Due opere di grande importanza 
per la storia dell’ arte italiana, si ricol- 
legano a Fra Filippo, due opere del 
Pesellino il suo misterioso allievo. Le 
pitture del Pesellino sono rare e poco 
conosciute: in tutto, in Italia e all’ estero, 
mon se ne conoscono più di una dozzina. 
Ma è un maestro dei più interessanti 
poichè vediamo in lui l'arte di Filippo 
Lippi trasformata da Masaccio. Gli affreschi 
del Carmine a Firenze, che, secondo il 
Cellini, sono stati scuola di tutti i grandi 
artisti devono aver agito potentemente sullo 
spirito del giovane allievo del Lippi. Ritro- 
viamo in lui qualche cosa della grandezza 
di Masaccio nell’ ampiezza delle figure 
e nell’ ordinamento della composizione. 
Il Lippi, quantunque allievo di Masaccio, 
si riattacca a Beato Angelico, il Pesellino, 


quantunque allievo del Lippi, si accosta di più a Masaccio. 


HANS MEMLING 


Il senso della vita nella 


composizione, la grazia nell’ esecuzione del dettaglio, la verità del carattere, animano 
queste semplici scene della vita di San Silvestro, e ne fanno dei quadri pieni d'anima 


e di grandezza. 


Come nel Pesellino vediamo l’arte di Masaccio ravvivarsi e modernizzarsi, cosi 
in due piccoli quadri di Bernardo Parenzano vediamo Tarte del Mantegna interpretata 


e trasformata con un sentimento da maestro. 


SCUOLA UMBRA O 


Il gusto dell’ antichità, l'espressione 


della forza e del carat- 
tere risplendono anche 
in queste piccole scene 
insignificanti della vita 
di S. Luigi e di S. An- 
tonio Abbate. Sono due 
saggi abbastanza esatti 
della maniera del Pa- 
renzano, grazie ai quali 
possiamo meglio com- 
prendere l'influsso con- 
siderabile che il maestro 
di Padova ha esercitato 
sull’ arte del suo tempo. 


1008 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Alla scuola del Nord si riattacca anche un Gesü fra i dottori, nel quale 
ritroviamo tutte le caratteristiche del Mazzolino e di Dosso, una piccola composizione 
che ha il colorito brillante cosi speciale e il gusto di alcuni dettagli dell’ uno, 
dell’ altro la profondita delle figure e la ricerca dell’ espressione. E un quadro del 
più grande interesse, poiché noi vi vediamo le visioni di due artisti confuse in 
una sola. 

E cosi piena di grazia e di spirito, questa scuola di Ferrara nella quale si 
uniscono l'arte di Raffaello e quella dei Veneziani! Molte pitture di questa scuola 
portano oggi in quasi tutte le gallerie, i nomi più illustri. Mazzolino e Dosso Dossi 
ne sono certamente i maestri più importanti, e le loro opere, disperse in tutta l'Europa, 
mostrano bene la grazia forte e suggestiva della scuola. È questa la sola volta che 
noi troviamo riunite in uno stesso quadro le qualità dei due più eminenti pittori della 
scuola ferrarese. 

La scuola Olandese, che conta già nella galleria pubblica dei quadri cosi 
mirabili, è rappresentata, nella collezione privata, da una Lamentazione attribuita al 
Memling, e assai verosimilmente degna del grandissimo maestro. È questa un’ opera 
squisita, dalla quale emana un’ emozione d'una dolcezza imcomparabile e d'una in- _ 
vincibile tristezza; la sepoltura del Cristo non penetrò mai lo spettatore con una 
angoscia così dolorosa. | 

Questo piccolo quadro riassume, lui solo, tutti i meriti delle scuole del Nord 
alle quali i più semplici mezzi bastano per elevarsi alla più grande intensità d'es- 
pressione. Il colore vi ha insieme la profondità e lo splendore, i fondi sono resi con 
una perfezione minuziosa che ricorda i maestri più famosi del XV. secolo. 

Ma se queste sono le opere più significative della preziosa raccolta, altre non 
meno degne di attenzione figurano e risplendono nelle belle sale dello storico e 
sontuoso palazzo romano. Sono tra queste un bel ritratto d'uomo del Vien, quattro 
Muse di scuola umbra, di una deliziosa poesia, una Deposizione del Vasari, un 
Caino che uccide Abele di Salvator Rosa, un grande quadro del Ribera, Agar 
che abbandona Ismaele, e alcuni paesaggi assai prossimi al Poussin e degni di 
venir paragonati al famoso Mulino della Galleria. 


F 


Zur Florentiner Trecentomalerei 
Von Wilhelm Suida 


Der Titel von Sirens eben erschienenem , Giottino“-Buche!) scheint eine klare de- 
finitive Beantwortung so mancher Fragen der Trecentomalerei zu versprechen. Nachdem 
in den letzten Jahren für den Meister der Sylvesterkapelle in S. Croce der von Ghiberti 
überlieferte Name Maso wieder zu Ehren gebracht worden war, kehrt Sirén ostentativ zu 
Vasaris „Giottino“ zurück. Jedermann wird nun erwarten, daß Siren sehr triftige Gründe 
hierfür hat. Das mag wohl sein, in seinem Buche hat er sie aber verschwiegen. Prüfen 
wir, worauf er sich stützt. Vasari als Trecentoautorität gegen Ghiberti auszuspielen, ist 
ein absonderlicher Gedanke; Vasari, der den historischen Giotto di Maestro Stefano, den 
Sirén eben rekonstruieren möchte, nicht einmal kennt! — Sirén zitiert die älteren 
Schriftsteller, welche Maso oder Giottino erwähnen, ausführlicher, als ich es in meinem 
früheren Aufsatze über diesen Gegenstand (Repertorium XXVII 1905) getan hatte, er 
übersieht aber eine von mir schon betonte Tatsache, daB Billi, der zuerst einen „Giottino“ 
nennt, diesem die Sylvesterkapelle nicht zuschreibt, wohl aber der Verfasser des cod. 
Magliabecchiano XVII, 17 eine in Ognissanti noch erhaltene Verkündigung als Werk 
des „Giottino pittore di Stefano discepolo di Giotto“ (der volle Name erscheint hier 
zum ersten Male) angibt. Diese Tatsache wird von Siren mit keiner Silbe berührt; ob 
absichtlid als nicht in den Kram passend oder aus Versehen, weiß ich nicht. Wenn 
Sirén gegen Ghibertis Glaubwürdigkeit polemisieren will, sollte er doch Tatsachen 
bringen, nicht einen Fall wählen (Seite 7), in dem es gar nicht zu entscheiden ist, ob 
nicht Ghiberti doch Recht hat. 

Auf Seite 52 wird Sirén dann endlich sehr offenherzig: er sagt, „hauptsächlich 
aus Stilistischen Gründen“ verlege er die von ihm zusammengestellten Werke in die 
Zeit 1350—1370 und „diese Zeitbestimmung des CEuvres“ seines Künstlers habe ihn 
veranlaßt, „ihn eher Giottino als Maso zu nennen“. Hier haben wir den circulus 
vitiosus. Ich gestehe, daß für mich nach wie vor gar kein Grund vorliegt, den 
von Ghiberti überlieferten Namen Maso aufzugeben. 

Masos Œuvre sucht Sirén zu bereichern. Das Fresko der Capella di S. Giorgio 
in S. Chiara zu Assisi habe ich schon für Maso erklart,*) was Sirén entgangen zu sein 
scheint. Zwei vorzügliche kleine Tafelbilder, das Dominikuswunder im Museo Cristiano 
des Vatikan und ein jugendlicher Johannes Evangelista in gotishem DreipaB in der 
Universitätssammlung von Würzburg sind von Thode dem Meister mit vollem Rechte 
zugeschrieben worden, Siren hat sie beide gar nicht erwähnt. Mit ebensolchem Recht 
hat aber Thode die Kreuzigung der Palestra, des alten Kapitelsaals in S. Francesco 
zu Assisi dem Künstler nicht zugeschrieben, was Siren irrigerweise tut. Ein drittes 


1) Oswald Siren, Giottino und seine Stellung in der gleichzeitigen floren- 
tinischen Malerei. Kunstwissenschaftlihe Studien, Band'I. Klinkhardt & Biermann, Leipzig. 
2) Repertorium 1905, XXVII, pag. 488. D 


1010 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


autentiscies Werk Masos läßt Sirén unberücksichtigt, die Glasfenster der Capella Bardi 
in S. Croce, auf welche schon von mir und Venturi hingewiesen worden war. Ein 
sehr ruiniertes Fresko in dem Atelier des Bildhauers Romanelli neben S. Spirito in 
Florenz möchte Siren seinem Künstler geben. Ich kenne das Werk lange, glaube aber, 
daß Siren hier irrt. Allerdings rühren von demselben Autor die schönen Fresko- 
fragmente im ersten Klosterhof von S. Maria Novella her, aber auch diese sind nicht 
von Maso. Mir scheint der Autor identisch mit demjenigen, der die Vertreibung des 
Herzogs von Athen in Via Ghibellina malte. Mehr möchte ich vorläufig darüber nicht 
sagen, da ich meine Hypothese über den wahren Autor noch einmal überprüfen will. 
Sehr zweifelhaft scheinen mir auch die meisten der von Sirén neu eingeführten Tafel- 
bilder: am meisten hat jedenfalls die Kreuzigung bei Mr. Roger Fry für sich, ein Haus- 
altarchen der Sammlung Sterbini in Rom darf man schon nach der Reproduktion ebenso 
ruhig ablehnen, als Sirén nach derselben allein es zuschrieb, ein fünfteiliges Altarbild 
der Sammlung Corsi wiirde ich eher dem Andrea Bonaiuti geben, von dem Madonnen- 
altarchen in Highnam Court sagt Sirén selbst, daB man den Kiinstler auf den ersten 
Blick darin nicht erkenne, die Freskenreste der Capella Davanzati in S. Trinita halte 
id für Arbeiten des Antonio Veneziano, kann aber begreifen, daß Sirén hier an Maso 
dachte, weil auch ich es anfangs getan hatte. 

Als Maso nahestehend nennt Sirén den Altar in S. Spirito, von dessen Kiinstler 
ih mehrere Arbeiten nachweisen konnte,!) und ein Altarbild im Chiostro verde, das 
von einem recht schwachen Trecentisten stammt, den ich leicht in einem Fresko der 
Madonna im Bargello wiedererkannte. 

Eine Bereicherung von Masos Œuvre ist also Sirén meines Erachtens nicht 
gelungen. Wohl aber finden sich feinsinnige Bemerkungen und Stilanalysen, die 
deshalb umso freudiger konstatiert werden sollen, als sie dazu beitragen, das so lange 
hemmende Vorurteil, es gebe keine wesentlicien Unterschiede, keine Entwiddung im 
florentinischen Trecento, zu zerstören. Sehr berechtigt ist jedenfalls auch die Betonung 
des großen Einflusses der Sienesen, besonders des Ambrogio Lorenzetti, auf die 
Florentiner. Hat nicht hier schon Ghiberti ganz richtig ein Hauptmoment der heimischen 
Kunstentwicklung hervorgehoben? Ich habe auch in früheren Arbeiten schon wiederholt 
die gleiche Beobachtung betont. Wenn nun allerdings Sirén eine sienesisch beeinfluBte 
malerische Richtung innerhalb der florentinishen Kunst den Malerplastikern, welche 
Giottos Tradition in national florentinischem Sinne festhalten und weiterentwickeln sollen, 
gegenüberstellt, so kann ich da nicht beistimmen. Jede gewaltsame Einteilung und 
Gruppierung ist gefährlich, und ich gestehe gerne, daß ich in meinen „Florentiner 
Malern“ vielleicht auch etwas weit in dieser Richtung gegangen bin. Je tiefer man in 
das Wesen der einzelnen Persönlichkeiten eindringt, je klarer man ihre Individualität 
herausschält, umso weniger wird man mehrere Indvidualiläten wieder unter dem 
Schlagwort einer „Gruppe“ oder Richtung subsummieren wollen. Die Einteilungs- 
prinzipien sind bei Sirén und mir verschiedene: ich suchte die Entwicklung des Raum- 
sinnes zu konstatieren, er setzt das eigentlich malerische Prinzip dem plastischen gegen- 


1) Rivista d’Arte 1906. 


W. Suida. Zur Florentiner Trecentomalerei 1011 


Aus dem Kreise ORCAGNAS, Geburt Mariae 
O University Galleries, Oxford 


uber. Als Maler findet er von vornherein die Sienesen den Florentinern überlegen, 
dem sienesischen Einflusse schreibt er den Durchbruch malerischer Prinzipien in der 
Arnostadt zu. Gewiß liegt hier ein richtiger Gedanke zugrunde, aber klare Definitionen 
der verwendeten Begriffe vermisse ich. Weil der Gegensatz zwischen den beiden 
Richtungen von Sirén etwas äußerlich gefaßt wird, muß er den Tatsachen und den 
künstlerischen Erscheinungen Gewalt antun, um sie als Exempel für sein System ver- 
wenden zu können. Als Repräsentanten der sienesisch beeinflußten Richtung nennt er 
Giovanni da Milano, Andrea Bonaiuti, Agnolo Gaddi, Antonio Veneziano und Maso, 
den er als den florentinischesten dieser Gruppe bezeichnet. „Weich abgerundete 
Formenbehandlung und damit zusammenhängenden Mangel an plastischer Modellierung“ 
findet er bei all diesen Künstlern. Das heißt denn doch einem Prinzip zuliebe die 
Tatsachen bei Maso und Giovanni da Milano auf den Kopf stellen! Diese beiden 
sind als Maler gewiß hochbegabt, aber ihre Empfindung für die plastische Durchbildung 
ist darum nicht geringer als bei den Künstlern, welche Siren als florentinisch nationale 
„Malerplastiker“ ihnen gegenüberstellt: Taddeo Gaddi, die drei Söhne des Cione, 
Andrea Orcagna, Nardo und Jacopo, und endli als auch von den Sienesen nicht 
unbeeinflußt Spinello Aretino. 

Unmôgli kann Siren behaupten wollen, seine „Malerplastiker“ seien nicht auch 
von Siena beeinflußt. Gleich der erste, der „Erbe Giottos“ Taddeo Gaddi! Woher 
hat er die Freiheit im Kompositionellen, im Landschaftlihen? Er entfernt sich von 
Giotto außerordentlich weit. Aber er ist als „Maler“ im eigentlichen Sinne wenig 
begabt, ebensowenig jedenfalls als strenger Plastiker oder Formbildner. Er paßt also, 
streng genommen, in Siréns Schema überhaupt nicht herein. Für Orcagna ist dasselbe 
jedenfalls erfunden worden, da das, was Sirén von der ganzen Gruppe der „Maler- 
plastiker“ sagt, eigentlich nur auf ihn paßt. Dasselbe auf den Bruder Nardo aus- 
zudehnen, halte ich für sehr verfehlt. Was ich über den Unterschied der beiden Brüder 
in meinen „Florentiner Malern“ sagte, brauche ich wohl kaum zu wiederholen. Sirén 


1012 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


kann ja dem auch nicht widersprechen, wenn er die Fresken der Marienlegende im 
kleinen Klosterhof von S. Maria Novella mit mir für Arbeiten Nardos hält. Indem er 
aber Werke eines Schülers Orcagnas, die ihm für diesen selbst zu gering erscheinen, 
dem Nardo zuschiebt, trübt er dessen klare künstlerische Erscheinung. Hätte er sich in 
diese vertieft, so wäre es ihm unmöglich gewesen, Nardo als „Malerplastiker“ den 
Sienesen gegenüberzustellen, da gerade sein sehr entwickelter Figurenstil von Siena 
unbedingt stark beeinflußt ist. Für irrig halte ih es audı, wenn Siren von neuen 
Teile der Fresken der Strozzikapelle dem Andrea zuschreibt. Höchst bequem ist jedenfalls 
der langlebige Jacopo di Cione als Vollender begonnener Arbeiten seiner Brüder. Wenn 
aber Siren ihm außer vielen Bildern, die schon früher als dem Orcagnakreise zugehörig 
erkannt worden waren, noch mehreres zuschreibt, das nur durch den schönen Teppidi 
mit dem Vogelmuster mit den andern Bildern verbunden wird, so führt ihn da eine 
AuBerlichkeit wohl zu gewagten Schlüssen, wenn auch die von mir zuerst geäußerte 
Vermutung, dieser Teppich könne ein Inventarstück der Werkstatt gewesen sein, nicht 
grundlos sein mag. Ein schönes Predellenstück aus Orcagnas Kreise nehme ich Ge- 
legenheit, den Freunden des Trecento hier mitzuteilen (Abb.). 

Und nun noch einen Blick auf Siréns sogenannte sienesisch malerische Richtung! 
Giovanni da Milano soll aus der norditalienischen Kunst hervorgegangen sein. Ich 
wäre Sirén sehr verbunden, wenn er mir dort die Wurzeln von Giovannis Stil zeigen 
wollte. Seine Raumkunst wird mit keiner Silbe erwähnt. Soll das, was man auf 
Seite 54 und 55 liest, eine Charakteristik eines Künstlers wie Giovanni sein? Ic 
erwähne das deshalb besonders, weil sich Siren hier offenbar in bewußten Gegensatz 
zu meinen Ausführungen setzt. Ob man Andrea Bonaiuti interessanter findet als 
Giovanni da Milano, das ist natürlich Geschmacksache. Auf das Altarbild in der 
Sakristei der S. Maria del Carmine als Arbeit Andreas hat mich schon vor Jahren 
Thode hingewiesen. Ich zweifle aber, daß Siren von Andrea eine sehr deutliche Vor- 
stellung hat, wenn er ihn ohne weiteres für den Autor der Deckenbilder der Spani- 
schen Kapelle hält. Diese sind doch von den Wandbildern sehr verschieden. Von dem 
gleichen Künstler stammen jedenfalls die Freskenreste der Kapelle Davanzati in 
S. Trinita, die Sirén seinem Giottino zuschreibt. Mir scheint Cavalcaselle mit dem 
Hinweis auf Antonio Veneziano noch immer der Wahrheit am nächsten gekommen zu sein. 

Meine Opposition wendet sich schon gegen Sirens Einteilungsprinzip, da ich 
glaube, daß mit Hilfe desselben allerdings gewisse graduelle Unterschiede konstatiert 
werden können, eine Scheidung der Künstler in zwei Gruppen aber unmöglich ist. 
Mit Vergnügen sei aber als Verdienst der Arbeit Siréns die Einführung mancher bisher 
in der Literatur nicht erwähnter interessanter Trecentowerke, sowie eine Anzahl fein- 
sinniger Stilanalysen hervorgehoben. So wird Siréns Buch nicht verfehlen, anregend 
und fördernd zu wirken, mußte auch in obigem gegen viele seiner Hypothesen und 
Attributionen Einspradie erhoben werden. Dr. G. Poggi hat einige wichtige, auf des 
Jacopo di Cione Tätigkeit bezugnehmende Dokumente beigesteuert, welche im Anhange 
mitgeteilt werden. Der Verlagsbuchhandlung wird für Ausstattung und gute Ab- 
bildungen gewiß die Anerkennung nicht vorenthalten werden können. 


Studien und Forschungen 


ZU DEN ALTARWERKEN PALMA 
VECCHIOS IN SERINALTA. 


Ridolfi!) erzählt, daB Palma zwei Altar- 
werke für die Pfarrkirche seines Heimatsortes 
Serinalta geschaffen habe. Eine Darstellung des 
„Tempelganges Marie“ für den Hochaltar und 
eine „Auferstehung Christi“. Neuere Schriftsteller 
sprechen nur. von einem Altarwerke Palmas 
in Serinalta, so Crove und Cavalcaselle, Morelli 
und andere. — 

Ein Besudh Serinaltas hat ergeben, daß Palma 
tatsächlidı zwei vielgliederige Altarwerke für 
die Kirche seiner Heimat lieferte. Beide sind 
erhalten, wenn audi nicht in ihrer ursprüng- 
lichen Zusammensetzung. — In der Sakristei 
hängen, leider sehr hoch angebracht, acht ein- 
zelne Tafeln. Der „Tempelgang Mariae“, Jo- 
hannes der Evangelist und Franziskus, sämtlich 
oben rund, von gleicher Höhe, der „Tempel- 
gang“ etwas breiter, als die beiden Heiligen- 
figuren. Ferner Philippus und Jakobus, eben- 
falls ganze Figuren, auf gleichfalls oben rund 
abschließenden, aber weniger hohen, als den 
vorgenannten, Tafeln. SchlieBlim drei Halb- 
figuren: Josef, und etwas kleiner Apollonia und 
Dominikus. — In der Kirche, auf dem dritten 
Altar links, eine neunte Tafel: Der auferstan- 
dene Christus. 

Dies Stück ist scheuBlich zugerichtet. Man 
hat die oben runde Tafel ringsum angestückt, 
um ein großes Altarbild zu gewinnen. Ehemals 
waren unten nur zwei Köpfe von Wächtern 
sichtbar. Hier wurde ein plumper Sarkophag hin- 
zugefügt. Seitli und oben sind breite Streifen 
von Himmelblau angesetzt. Um die Verbin- 
dung mit Palmas Bild herzustellen, wurde der 
ursprüngliche Himmel vollständig übermalt. Der 
Körper Christi und die Köpfe der Wächter zeigen 
zahlreiche Spuren ungeschickter Restauration. 
Das Ganze ist in einen Rahmen ordinärsten 
Rokokos gesteckt. 

Es scheint mir nun nad Ridolfis Angaben 
und den Dimensionen der Tafeln zweifellos, daß 
wir in diesen neun Stücken die Teile zweier 
Polyptychen Palmas besitzen. Auf dem Hodh- 
altare stand der ,Tempelgang“ flankiert von 
den gleich hohen, aber etwas schmäleren Figuren 
des Johannes und Franziskus. Über diese sind 


*) C. Ridolfi, Le Maraviglie dell’ Arte, Ed. II, Bd. I. 
p. 180f. 


die Halbfiguren der Apollonia und des Dominikus 
zu plazieren, über den ,Tempelgang“ die des 
Josef. Auf diese Weise kommt eine Anordnung 
etwa wie bei dem Barbara-Altar in St. Maria 
Formosa’) und einem anderen Werke Palmas 
in Peghera zustande. 

Undenkbar, daß der , Auferstandene Christus“ 
eingerahmt durch Philippus und Jakobus in der 
zweiten Reihe gestanden habe, die drei Halb- 
figuren darüber in einer dritten. Ein solcher 
Aufbau würde in seiner turmartigen Höhe das 
groBe Altarwerk der Muranesen in S. Zac- 
caria noch weit übertroffen haben. Ferner 
möchte sici der H. Josef als Cimasa über dem 
Auferstandenen doch etwas sonderbar ausneh- 
men. Eher denkbar ist er über dem „Tempel- 
gang“; wenn auch dieser Ehrenplatz in der 
Regel von einer Pietà oder der Halbfigur des 
segnenden Gott-Vaters eingenommen wird. — 
Der Auferstandene und die beiden genannten 
Helligenfiguren gehören also offenbar nicht zu 
dem Hochaltarwerk. Mit ihnen ist das von 
Ridolfi erw&hnte Auferstehungsbild zu rekon- 
struieren. 

Soweit der hohe Aufstellungsort und die 
Erhaltung der Bilder eine Prüfung zuläßt, glaube 
ich versichern zu können, daß das kleinere 
Altarwerk früher entstanden ist, als das große 
für den Hochaltar. Der Auferstandene gibt aller- 
dings für diese Annahme heute keinen Anhalt 
mehr, wohl aber die Heiligenfiguren, Philippus 
und Jakobus, die besser erhalten und, wodurch 
der Vergleich erleichtert, neben den Stücken des 
Tempelgang-Polyptychons hängen. Es sprechen 
also auch stilistische Unterschiede dafür, daB in 
Serinalta die Teile zweier Altarwerke Palmas 
enthalten sind. Hadeln: 


2 


DIE QAL'A DER BENI HAMMAD 
IN ALGERIEN.:) 


Die Hauptstadt des von Ibn Hammad be- 
gründeten Berberreiches, das im Jahre 408 d. FI. 


1) Der Rahmen des Barbara-Altars allerdings aus 
späterer Zeit. Die Anordnung kann aber keine wesent- 
lich andere gewesen sein. 

H Literatur: Blanchet, La Kalaa des Beni Hammad 
(Recueil des notices et mémoires de la Société archéo- 
ogane de EE 1898). id., id. (Comptes-rendus de 

des Inscr. et B.-Lettres vom 3. Sept. 1 — 
Robert, La Kalaa et Tihamamine Je o. Recueil etc. 1903). 
Saladin, Note sur la K. des B. H. (Bulletin archéolog 
1904). id., Deuxième note etc. (ibd. 1905). G. Marcais 


1014 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Coum‘aa der großen Moschee 


(1017 n. Chr.) allgemeine Anerkennung erlangte, 
lag, durch die Vorberge des Kabylischen Hodh- 
landes im Rücken gedeckt, über der großen 
Hodnaebene und beherrschte somit die ganze 
mittelalgerische Steppe. Um die Mitte des XI. 
Jahrhunderts stand die Qal‘a in hoher Blüte und 
konnte vermöge ihrer politischen und kommer- 
ziellen Bedeutung als der wichtigste Ort in 
Nordafrika angesehen werden. Der „Rex Ca- 
lamensis“ war auch im christlichen Abendlande 
gefürchtet; seine Herrschaft reichte eine zeitlang 
von Fös bis Tunis und tief in die Wüste hinein. 
Aber die Glanzperiode der Hammaditenstadt 
war nur kurz: als nach dem Sturze der Fati- 
miden in Tunis die hilalische Invasion zum 
zweiten Male das ganze Maghreb mit arabischen 
Elementen übersdiwemmte, wurde sie so un- 
sicher, daß schon im Jahre 1090 der König el- 
Mancour den Regierungssitz nach der von seinem 
Vorgänger en-Nacer an der Stelle des alten 
Saldae gegründeten Hafenstadt en-Naceria (Bou- 
gie) verlegte. Die alte Residenz, die durch das 
Gebirge vom Küstenlande abgeschnitten blieb, 
sank dann sehr schnell herab und wurde 1152 
von den Muwahiden („Almohaden“) vollständig 
zerstört. Der größte Teil der Bevölkerung soll 
in den StraBenkämpfen umgekommen sein; die 
Zahl der Leiden wird auf 18000 angegeben. 
Seitdem liegt die Qal‘a völlig veròdet, einige 


L’art en Algerie 1906 (passim), de Beylié, Rapport etc. 

(Journal Officiel vom 23. Mai 1908). Der General de Beylié 

Oaa 8t eine umfassende Publikation der Ruinen der 
al'a. 


Hirten vom Stamme der Quléd Derrädj haben 
si im Umkreise der Ruinen, die heute zur 
Gemeinde der M'aâdid gehören, angesiedelt. 
Man erreicht sie zu Pferde von der Bahnstation 
Bordj bou Arréridj entweder über Bordj Gh'dir 
und durch das unwirtlime Felsgelände, oder 
durch die Steppe über Oulöd Aghla (an der 
Karawanenstraße nach M'sila-Bou S‘aâda). 

So kurz die Geschidite dieser alten Berber- 
burg war, so scheint sie doch im XI. Jahrhundert 
kulturell sehr hervorgetreten zu sein. El-Bekri, 
der Verfasser einer Beschreibung Nordafrikas, 
lernte sie als ein intellektuelles Zentrum kennen, 
das von allen Seiten Gelehrte und Künstler an- 
zog, und auch Edrisi, der bekannte Geograph, 
gedenkt ihrer mit Ausdrücken der Bewunderung. 
Ihre Schulen und Moscheen waren weitberühmt; 
stattlihe Karawansereien und gewaltige Ge- 
treidemagazine zeugten von einem lebhaften 
Handelsverkehr. Fünf Paläste werden besonders 
hervorgehoben wegen ihrer Pracht und Aus- 
dehnung: das Residenzschloß, Qacr el-‘Aroucein, 
Qacr es-Selam, Qacr en-Nedjma und Qacr el- 
Menär'). Auch eine christliche Kirche wird ver- 
schiedentlidı erwähnt. 

Die Trümmer der Qal‘a waren bis vor einem 
Jahrzehnt so gut wie vergessen, und die kurzen 


!) Ein von den Hammaditen abstammender Dichter 
preist in einem CC Meet de Wunder seiner Heimat: 
„Werde ich die Arkaden von el-Menär wiedersehen, die 
sit auf üppige Blumenbeete Öffnen, und seine hohen 
Kuppeln, die am Horizont auftauchen wie die glück- 
verheißenden Sterne vom Zeichen des Wassermanns?“ 
(Nach der Übersetzung von G. Marcais). 


Eingangsbau vom Residenzpalast 


Studien und Forschungen 


1015 


Ausgrabungen, die seitdem von einigen Archäo- 
logen unternommen wurden, haben bislang nur 
wenige Reste zutage gefördert. Gleichwohl läßt 
sih von einer systematischen Freilegung der 
interessantesten Stellen ein sehr befriedigendes 
Resultat erhoffen?). 

Die Ausdehnung der Stadt, die sich über 
einem nach der Hodnaebene zu offenen Talkessel 
am Abhange hinaufzog, war in der Blütezeit 
sehr bedeutend. Die Umfassungsmauer war in 
großen Blöcken aufgeführt und zum Teil direkt 
an den Fels gelehnt. Von den drei Toren, die 
bisher verzeichnet wurden, ragte das eine, Bäb 
el-‘Akouâs, durch Bastionen verstärkt, steil über 
dem tieferen Gelände auf. Über den Ouéd Frädj 
(früher Djer&oua) führten drei Brücken, von 
denen eine noch zu konstatieren ist; nadı Robert 
war sie 12 m lang und 6 m breit. 

Von allen Ruinen treten die der Haupt- 
moschee bisher am deutlichsten hervor. Sie 
war in dreizehn Querschiffe (zu sieben Längs- 
reihen) geteilt und auf starken, gemauerten 
Fundamenten errichtet. Von den Säulen, die 
teils rund, teils polygon aus einem sehr re- 
sistenten Stein gehauen waren, steht nur nodi 
eine in situ; andere liegen am Boden; kein 
einziges Kapitäl ist erhalten. An der Rückseite 
erkennt man die Gebetsnische, neben der sich 
sonderbarerweise zwei Eingänge befinden; viel- 
leicht hat man sich diese außergewöhnliche 
Durchbrechung der Mihräbwand durch einen 
dahinterliegenden, noch nicht festzustellenden 
Sakristeiraum zu erklären. Die Klausur (Mak- 
sura) war verhältnismäßig grob, Nach Nord- 
westen schloß, ähnlidı wie in Cordoba, eln 
weiter Vorhof an, dessen äußere Langwand 
von dem Turm durchbrocien war, der nodi 
heute 24m hoch und zweifellos das bemerkens- 
werteste Denkmal der Qal‘a ist. Er zählt drei 
Stockwerke, die in der dem Gotteshause zu- 
gekehrten Fassade durch eine Tür und drei 
groBe Fensteröffnungen bezeichnet werden. Ganz 
oben gewahrt man noch eine Blendarkade von 
zwei in einen Rundbogen gefaßten Spitzbögen; 
über der Tür ist ein eigenartiges Ornamentstück 
eingemauert. Die Seitenflächen sind mit Paaren 
nischenförmiger Halbrundvertiefungen dekoriert, 
einem Motiv, das in Nordafrika und Ändalusien 
sonst nicht vorgekommen zu sein scheint und 
vermutlich aus Mesopotamien stammt. Diese 
„Kannelüren“ waren mit Stuck und musivischem 


3) Herrn F. Grousset, der im Auftrage des Generals 
de Beylié vor kurzem die Ausgrabungen wieder aufge- 
nommen hat und mir durch seine liebenswiirdige Gast- 
freundschaft und kundige Fiihrung eine eingehende Be- 
sidtigung der Qal‘a E möchte ich auch an dieser 
Stelle meinen herzlimen Dank aussprechen. 


Werk bekleidet; die beiden unteren schlossen 
in einer (links recht gut erhaltenen) Muschel ab; 
in den oberen bemerkt man Reste von glasiertem 
Ton. Das Innere des Turmes wird ganz von 
einer breiten, bequemen Treppe ausgefüllt, die 
durch wenige Mauerluken ihr Licht erhält. Sie 
erinnert in ihrer Anlage an die Giralda in Sevilla. 
Der Gang ist mit Tonnengewölben, in den 
Wendungen mit unregelmäßigen Kreuzgewölben 
eingedeckt. Die Krönung fehlt. Vor diesem 
Minaret (Coum‘aa) ist im Hofe rechts ein großer 
Zisternenbrunnen, wie er sich bei allen Moscheen 
findet, zu erkennen. 

Die Djäm‘a lag einigermaßen erhöht in- 
mitten des belebtesten Stadtteiles, hinter ihr 
stieg das Terrain weiter an zu dem Resi- 
denzsmloB, dessen GrundriB durch die 
letzten Arbeiten ebenfalls ziemlich klar ge- 
worden ist. Der Eingang war von Osten her, 
wo eine einfache Fassade, wiederum mit Ein- 
buditungen, die jede noch von eckigen Ein- 
kerbungen begleitet sind, bestand. Die Vor- 
räume waren, wie bei den meisten muhammeda- 
nischen Palästen, unsymmetrisch angelegt. Aus 
ihnen gelangte man in einen länglichen Saal 
(vielleicht Gerichtshalle, Mechouär?), der zu den 
offiziellen Empfangsräumen fiberleitete. Diese 
gruppierten sidi um einen großen Hof mit recht- 
eckigem Wasserbassin, das, wie von den ara- 
bischen Schriftstellern gemeldet wird, zur Ver- 
anstaltung nautischer Feste, Regatten u. dgl. 
gedient hat. Es war von Portiken umgeben. 
Nach Norden — also nicht in gerader Linie mit 
dem Eingang, sondern im rechten Winkel dazu — 
stieg man durch eine Flucht komplizierter Korri- 
dore zu den inneren Gemächern mit dem Härem, 
die ebenfalls einen Teidı zum Mittelpunkt hatten. 
Sie sind noch auszugraben; doch erkennt man 
bereits die Disposition einer Badeanlage, von 
der einige Säle und Hypokauste nach römischem 
Muster aufgedeckt wurden. Die ganze Anord- 
nung des Palastes zeigt die größte Ahnlichkeit 
mit der Alhambra, wo die Aufeinanderfolge 
fast genau dieselbe war. Vermutlic lassen sich 
aber aus dem Orient noch mehr Parallelen an- 
führen. Die Wasserversorgung der Bassins ge- 
schah durch kunstvoll angelegte Kondukte, von 
denen eine groBe Anzahl zum Vorschein ge- 
kommen ist, und durch ausgedehnte Zisternen, 
die ebenfalls allerorten auftauchen. Die Wasser- 
leitungen nahmen ho oben im Gebirge ihren 
Ursprung, führten über die Befestigungen und 


‘ Lustschlösser hinab zum Residenzpalast und ver- 


teilten sih von da durch die ganze Stadt. 
Stellenweise sind sie direkt in den Fels ge- 
hauen; die unterirdischen Partien weisen eine 
solide Stuckmauerung auf. Die AuBenmauer 


1016 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


des Palastes scheint einen sehr unregelm&Bigen 
Verlauf gehabt zu haben. 

Etwa eine halbe Stunde von den soeben 
besprochenen Ruinen entfernt thront steil über 
dem Flusse und die ganze Stadt beherrschend 
(ähnlich wie ehedem Dâr al-‘Arousa in Granada) 
das alte Qacr el-Menär, das seinen Namen 
einem gewaltigen Leuchtturm verdankt, dessen 
Feuer durch die ganze Steppe hin bemerkt und 
somit audı von den Karawanen zur Orientierung 
benutzt werden konnte. Vermutlich gab er seine 
Signale an kleinere Stationen nach dem Meere 
und der Wüste zu weiter. (Die Feuer- und 
Rauchzeichen waren seit der römischen Zeit in 
Nordafrika zur Verständigung entfernter Posten 
allgemein üblich und sind es ja bis auf den 
heutigen Tag in Marokko geblieben). Der Burg- 
charakter dieses Schlosses wird durch einen 
ringsum laufenden inneren Wehrgang scharf 
betont. AmEingang finden sich dieselben halb- 
runden Vertiefungen, von eckigen Einschnitten 
flankiert, wie beim Königspalast. Unter einem 
säulengeschmückten Kuppelsaal, dessen vier 
Wände hohe, rundbogig geschlossene Nischen 
aufweisen, befinden sich unterirdische Gewölbe 
die nicht zu den Oberräumen gehörten, sondern 
nur von außen zugänglich waren. Vermutlich 
handelt es sich um Gefängnisse. Im übrigen ist 
das Innere des Gebäudes noch problematisch. 
Die Turmfassade nach der FluBseite zu, nur von 
den gegenüberliegenden Höhen bequem zu be- 
sichtigen, war durch kantige Rillen vielgegliedert 
und muB einen imposanten Eindruck gemacht 
haben; die ganze Baumasse steigt unvermittelt 
aus dem Fels empor. Die Eingeborenen be- 
riditen noch von weiteren Villen, Forts u. dgl., 
die auf den kahlen Bergen ringsum zerstreut 
gelegen und einige Spuren zurückgelassen hätten; 
es würde sidı wohl lohnen, die ganze Umgegend 
daraufhin systematisch abzusuchen. Blanchet 
fand auch einen Friedhof mit zahlreichen Gräbern 
und geringen Skulpturresten fatimidischen Stiles. 

Die AuBendekoration aller Bauten sowie die 
Wandverkleidung sind vollständig verschwunden. 
Hie und da findet man einige Stuckfragmente 
und glasierte Ziegel, die schon eine sehr voll- 
endete Technik verraten. Mehrere Scherben von 
TongefäBen zeigen geometrisches und vege- 
tabilisches Ornament von sehr exakter Zeichnung 
und einen äußerst gefälligen Farbenschmelz. 
Ferner kommen bereits Stalaktiten vor, wenn 
auch vorläufig noch in einer im Vergleic zu 
Andalusien primitiven Form. Die spärlichen 
Inschriftenreste, die zum Vorschein gekommen 
sind, tragen kufisierenden Charakter und stehen 
somit nicht sowohl der archaischen als der (be- 
sonders aus der Alhambra bekannten) stilisierten 


Ornamentalschrift nahe.!) Das Baumaterial war 
zum Teil fremder Provenienz. Ibn Hammäd 
ließ die Orte M'sila und Hamza zerstören, um 
seine Hauptstadt anzulegen. Vermutlich wurden 
auch römische Ruinen, denen man neuerdings 
begegnet ist, ausgebeutet. Andererseits unter- 
liegt es keinem Zweifel, daB bei der Verlegung 
der Residenz nadı Bougie alles wertvolle Ma- 
terial mitgenommen wurde. 

Die kunsthistorishe Bedeutung der Qala 
beruht darin, daB ihre Denkmäler die ersten 
unzweideutigen Zeugen syrisch-mesopotamischen 
Einflusses in Algerien sind und somit das er- 
wünschte Bindeglied zwischen @airouän und 
Tlemsenbilden.Vorher hatte dieKunsttätigkeit der 
muhammedanischen Berber — ebenso wie die der 
römischen und christlichen — eine ausgesprochen 
autochthone Tendenz. Die originellen Formen, 
die sie im IX. und X. Jahrhundert hervorbradite, 
lassen sich vorläufig an drei Beispielen konsta- 
tieren: an der Tür der Grabmoschee von Sidi 
‘Oqba, an den Trümmern einer Moschee und 
eines Palastes innerhalb der byzantinischen Zi- 
tadelle von Tobna (beide Orte in der Region 
der Zibanoasen), und besonders an den noch 
wenig studierten Ruinen von Cedrata bei Ouargla 
in der Sahara. 

Über die mannigfachen Beziehungen der Qal'a 
zum Orient, die sie auch den sizilischen Bauten 
nahe bringen, werden wir jedenfalls durch Beylié, 
der mit jenem Gebiet vorzüglich vertraut ist, 
sehr interessante Aufschlüsse erhalten. 


Ernst Kühnel. 


S 


EIN WIEDERAUFGEFUNDENES GE- 
MALDE VON VANDYCK IM MUSEO 
NAZIONALE ZU PALERMO. 
Nebst 2 Abbildungen. 


Als ich im Frühjahr 1907 zum ersten Male 
Palermo besuchte, fand ich in der Gemälde- 
galerie des dortigen Museums ein Bild, „die 
Beweinung Christi“ darstellend, mit der Be- 
zeichnung: „Copia di Luca Giordano dopo Jor- 
daens“, welches mir auf den ersten Blick, als 
eine Arbeit Vandycks erschien und zwar als 
eine Variante des, den gleichen Gegenstand be- 
handelnden Bildes in der münchner Pinakothek, 
unter Hinzufügung der dort fehlenden heil. 
Magdalena und Weglassung der beflügelten 
Engelsköpfe. 


!) Die Museen von Algier und Constantine haben 
interessante Proben von Funden aus der Oal'a erhalten. 


Studien und Forschungen 1017 


Abb. 1. A. VANDYCK: Pietà o 


Museo Nazionale zu Palermo 


Abb. 2. A. VANDYCK: Die Bewelnung Christi 
D Königl. Pinakothek München 


1018 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Als ici hierauf dem derzeitigen Direktor des 
Museums Prof. Salinas, sowohl, wie auch dessen 
Vize-Inspektor Dr. C. Matranga, meine Wahr- 
nehmung mitteilte, wurde diese vorerst von 
den Herren ungläubig aufgenommen, jedoch 
fand ich bald darauf Gelegenheit, ihnen die 
Photographie des münchner Bildes, von welchem 
beide offenbar keine Kenntnis hatten, vorzu- 
zeigen und sie bekehrten sich angesichts dieses 
Beweises sehr rasch zu meiner Annahme. Herr 
Dr. Matranga, welcher von dem interessanten 
Funde, als Erster, zu berichten die Absicht kund 
gab, erhielt von mir noh das im Museum 
fehlende Vergleichs-Material zugesandt und in- 
dem er sich erbötig machte, die über den früh- 
eren Verbleib des Bildes nötigen Forschungen 
anzustellen, teilte er nun seine Ergebnisse in 
einem in der Zeitschrift „Bollettino d’ Arte’, 
herausgegeben vom Ministero della P. Istruzione 
in Rom (Januar-Heft d. J.) erschienenen Aufsatze, 
betitelt: „Dipinti die Antonio di Vandyck e della 
sua scuola, nel Museo Nazionale di Palermo“ 
mit. 

Demnadh befand sich das Gemälde bis zum 
Jahre 1870 im berühmten Benediktiner-Kloster 
Sarı Martino bei Palermo und wurde nadı Auf- 
hebung desselben, nebst vielen anderen hervor- 
ragenden Kunstwerken, ins Museum überführt. 
Weiter erfahren wir, daB ein P. D. Michelangelo 
Celesia, Erzbischof von Palermo und Cardinal, 
die s. Zt. in benanntem Kloster befindlichen 
Bilder in einem 1836 herausgegebenen Kataloge 
eingehend bespricht und darin auf Seite 11 von 
dem in Rede stehenden Werke sagt: „dasselbe 
hing, nebst einem Selbstporträte Vandycks mit 
Barett auf dem Kopfe und der Palette in der 
Hand, im Wohnraum des Abtes und ist mit 
groBer Wahrscheinlichhkeit auf unserem 
Boden entstanden“, (also während des 
Aufenthaltes Vandycks in Palermo). Herr 
Dr. Matranga erwähnt nebenbei, daß dieses 
letztere Bild, bei der Übersiedlung nach Palermo 
verschwunden und es ihm bislang nicht ge- 
lungen ist, dasselbe in den Magazinen des 
Museums wieder aufzufinden, (Es bleibt also 
Hoch etwas zu entdecken!) — Der Kardinal be- 
schließt seine Besprechung mit den Worten: 

„Ed egli (die Pietä) é appunto per 
cosifatti pregi, che vien’ debitamente 
ammirato questo nobilissimo lavoro, 
come uno dei capi d'opera, che abbia 
espressi il pennello di quel genio Fiam- 
mingo.“ (Vandyck). Es scheint demnach von 
jeher das Bild als ein eigenhandiges und Haupt- 
werk des Kiinstlers angesehen worden zu sein. — 

Ein, jetzt verstorbener, Professor Meli, der 
Verfasser des Kataloges der Galerie des Muse- 


ums, hat diese Notiz des Kardinals fiber das 
Gemälde nicht gekannt, oder ignoriert und ver- 
sahı dasselbe mit jener, jedem Kunstverstän- 
digen unbegreiflihen Bezeichnung „Copia di 
Luca Giordano dopo Jordaens“, unter welcher 
es seit Jahren in der Galerie hängt. 

Indem nun Herr D. Matranga von der, offen- 
bar auf einer alten Überlieferung beruhenden 
Mitteilung des Kardinals, Kenntnis gibt, er- 
wähnt er ganz nebenbei, daB auch ich das Bild 
dem Vandyck zuschreibe, ohne jedodı, wie 
loyalerweise zu erwarten gewesen wäre, midı 
als denjenigen zu nennen, der seine Aufmerk- 
samkeit zuerst auf desselbe lenkte, und das 
wieder entdeckte Werk sowohl nadı seinen 
ästhetishen wie auch technischen Qualitäten 
analysierend, kommt er zu dem Schlusse. daß 
es nicht als eine Originalarbeit Vandycks, son- 
dern blos als ein Werk seiner Schule anzusehen 
sei. — 

Die Gründe, die Herr Dr. Matranga veran- 
lassen, sein, dem meinigen so entgegengesetztes, 
Urteil abzugeben, erscheinen mir nun um so 
weniger stichhaltig, als derselbe vor allem, wie 
er mir persönlich zu seinem großen Bedauern 
mitteilte, weder die Galerien Italiens alle, noch 
auch diejenigen des übrigen Europa mit ihren 
Hauptwerken Vandycks, gesehen hat, ja die 
meisten Bilder des Künstlers, so z. B. auch das 
eben angeführte Münchner, selbst aus Repro- 
duktionen gar nicht kannte. — 

Ih gewann audi nicht den Eindruck, wäh- 
rend meines Zusammensein mit genanntem 
Herrn, daß er sich bislang sehr viel und ein- 
gehend mit der Technik der alten Meister 
befaßt hätte und wenn ich nach sorgfältiger 
Untersuchung des in Rede stehenden Bildes, 
dasselbe als eine Originalarbeit Vandycks zu 
erkennen glaube, so halte ih mich zu einem 
derartigen Urteile um so mehr berechtigt, als 
ich, im Gegensatze zu Herrn Dr. Matranga, nidıt 
nur alle bedeutenden Galerien Italiens, sowie 
derjenigen von Wien, Berlin, Paris, London, 
Brüssel, Antwerpen etc, in denen sich Werke 
von diesem Künstler vorfinden, kenne, sondern 
auch mehrfach Gelegenheit hatte, durdı Kopieren 
solcher, (so z. B. auch des vergleichsweise an- 
geführten Münchner Bildes) die Technik Van- 
dycks genau kennen zu lernen und Erfahrungen 
zu sammeln die sidı eben aus Büchern nicht 
holen lassen. — 

Es kann, meiner Ansicht nach, bei dem auf- 
gefundenen Bilde schon deshalb von „Schüler- 
arbeit“ nicht die Rede sein, weil, wie jeder Un- 
befangene beim Vergleiche zugestehen wird, in 
diesem die ganze Tragik des Gegenstandes 
wesentlich bedeutsamer zur Geltung kommt, 


Studien und 


als in dem mündhner Werke und niemals wird 
der Meister, solch wichtige und so sehr zu Guns- 
ten der Widerholung gemachte Anderungen, 
seinen Schülern überlassen haben. 

All diesen Erwägungen nadı, habe idı keine 
Veranlassung durch das Urteil Dr. Matrangas 
von meiner Ansicht abzugehen, daB nur Van- 
dyck selbst das schöne Werk geschaffen habe 
und zwar um so weniger, als audı bekannte 
Forsdier, wie Direktor Dr. Franz v. Reber 
Direktor des Rooses, Prof. Dr. Carl Voll, Dr. G. 
Habich und andere, denen idı allerdings vorerst 
nur die wenig gelungene Photographie des 
Bildes zeigen konnte, durchaus geneigt sind, 
dieselbe zu teilen. 

Es sei zum Schluße noch nebenbei bemerkt, 
daB ich s. Zt. auf eine Anfrage an Direktor 
Salinas, ob sich im Museum nicht auch alte Hand- 
zeichnungen vorfinden, für welches Gebiet ich 
als Sammler von jeher besonderes Interesse 
hatte, einen dicken Klebeband vorgelegt erhielt, 
bei dessen Durchsicht ich, nebst vielem Unbe- 
deutenden, immerhin eine Anzahl echter Zeidı- 
nungen von Clovio, dem Michelangeloschüler, 
von Bandinelli, Luca Cambiaso etc. besonders 
aber mehrere hervorragende Blätter eines alt- 
deutschen Meisters, der dem Altdorfer sehr 
nahe steht, bestimmen konnte; es wäre dem- 
nach für einen Forscher jedenfalls ersprieBlich, 
der Sache weiter nachzugehen. 


Sigmund Landsinger. 
9 


NEUENTDECKTE MOSAIKEN IN 
SALONIK 
Von Josef Strzygowski 


Im Einvernehmen mit Prof. Th. Uspenskij, 
dem Direktor des kais. russiscien archäologischen 
Instituts in Konstantinopel, möchte ich hier Nach- 
riht geben von der Auffindung einer Reihe 
frühchristliher Mosaiken, die um so wertvoller 
ist, als der Gegenstand der Darstellung nicht 
dem gewohnten Typenkreise des Alten oder 
Neuen Testamentes angehört, auch keine dog- 
matische Tendenz hat, sondern ein scharfes 
Streifliht auf den in den hellenistisch-orienta- 
lischen Gebieten des Christentams seit dem 
IV. Jahrdt. zu ausschlaggebender Bedeutung ge- 
langenden Märtyrerwelt wirft. In gewissem 
Sinne könnten vielleicht die Mosaiken an den 
Mittelsciffwänden von S. Apollinare nuovo in 
Ravenna als derselben Gruppe angehörig be- 
zeichnet werden, doch kommt gerade in einer 


Forschungen 1019 


Gegenüberstellung mit ihnen die Eigenart des 
neu entdeckten Cyclus zu seiner vollen Geltung. 
Dort ziehen an der Nordwand 22 heilige Frauen 
auf die Gottesmutter, an der Südwand unter 
Vorantritt der Magier und des Kirchenheiligen 
Martinus 25 Märtyrer auf Christus zu. An den 
Wänden darüber sind weitere 32 Heilige dar- 
gestellt. Es ist als sollte die ganze über- 
wältigende Fülle der Stützen, auf denen das 
Heil der Kirche und des einzelnen Christen 
beruht, dem Auge des Gläubigen vorgeführt 
werden. Anders in den neu entdeckten Mosaiken. 
Hier ist es ein einziger Märtyrer, der gefeiert 
wird; vielleicht tritt noch ein zweiter seinem 
Wesen nadı verwandter Märtyrer und das ältere 
Vorbild des Ortsheiligen an seine Seite. Was 
wir vor uns haben, das ist der Geist der Wal- 
fahrtskirche, der sich typisch bis in unsere Tage 
erhalten hat. 

Anfang 1908 wurden in der Moschee Kassimije 
in Salonik, der bekannten Demetrioskirche, tür- 
kischerseits Ausbesserungsarbeiten vorgenom- 
men, die den arg verwahrlosten Bau als Moschee 
wieder gebrauchsfahig machen sollten. Beim 
Abnehmen der Tiinche und des Stuckes kamen 
Mosaiken zum Vorschein. Der kais. russische 
Generalkonsul, der davon Kunde erhielt, be- 
nachrichtigte das russische archäologische Institut 
in Konstantinopel, dessen Direktor sofort nach 
Salonik eilte und sich die nötigen Permessi vom 
Wali verschaffte. Seinem energischen Eingreifen 
haben wir zu verdanken, daB die bereits auf- 
gedeckten Mosaiken nicht wieder zugetiincht 
wurden, und ebenso wie die nachher im Bei- 
sein Uspenskijs entdeckten Bilder bis auf den 
heutigen Tag jedermann zugänglich blieben. 

Die Demetriuskirche ist eine fünfschiffige Ba- 
silika mit Emporen. Ihre auffallende Eigenart 
liegt darin, daß sie — übrigens wie die Arkadius- 
basilika am Grabe des hl. Menas — Querschiffe 
mit umlaufenden Säulenarkaden aufweist. In 
Abb. 1!) sieht man ganz rechts den Pfeiler mit 
dem die Stützenreihe des Mittelschiffes endigt. 
Die Ecke mit den vorspringenden Gesimsen ist 
noch sehr deutlich erkennbar; zugleich stellt sich 
die weiBgetünchte Mauer die das Querschiff 
heute in drei Bogen übereinander vom Mittel- 
schiffe abtrennt — rechts am Rande von Abb. 1 — 
als eine offenbar jüngere Restauration dar. 
Urspriinglich war der Pfeiler, hinter dem man links 
die Säulen des Querschiffes sieht, freistehend. 
Man beachte wie an ihm die über den Kapitellen 
durchgeführte Marmorinkrustation mit einer tür- 
artigen Füllung endet. Darunter ist der Pfeiler 
weiß getüncht. Hier nun fand man einander 


1) Nach Milet’s Aufnahme, Hautes études C 684. 


1020 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 1. 
Mittelschiffes 


an den beiden Pfeiler nach dem Mittelschiff 
gegenüber die beiden wichtigsten Mosaiken, 
links eine inschriftlich als Deisis bezeichnete 
Darstellung, in der Maria einen heiligen Oranten 
in Soldatenkleidung dem im Halbkreise darüber 
erscheinenden Christus empfiehlt. Da der Heilige 
bärtig ist, möchte man ihn für Theodor halten; 
keinesfalls kann es Demetrius selbst sein. Diesen 
sieht man vielmehr in dem Mosaik gegenüber. 
Ich bilde es Fig.2 mit Erlaubnis des Professors 
Uspenskij ab, dessen Aufnahme ich benutze. 
Demetrius in der weißen, von der Legende be- 
zeugten Chlamys steht in der Mitte. Er um- 
faBt mit jedem Arm eine bärtige Gestalt: links 
einen Bischof, rechts einen Mann in der Tracht 
und mit den Insignien eines Konsuls. Da die 
Inschrift unter dem Mosaik sagt, es seien hier 
die Stifter zu sehen, so möchte man den für 
die Erbauung der ersten Demetriuskirche be- 
zeugten Präfekten Leontius vom Jahre 412/3 
dargestellt annehmen. Es ist nun in einem jetzt 
eben schwebenden Streite von geradezu aus- 
schlaggebender Bedeutung, daB die beiden Ge- 
stalten nicht wie Demetrius den Kreisnimbus, 
sondern jene Umrahmung des Kopfes zeigen, 
die wir gern mit dem Namen des quadratischen 
Nimbus bezeidinen. Man sieht hier einmal 
deutlich, was dieses Merkmal ursprünglich be- 
deutete: es ist tatsächlich der gleiche architekto- 
nishe Aufsatz, wie man ihn auf ägyptischen 
Grabstellen und Mumienhüllen hinter dem Kopfe 


SALONIK, Demetrioskirche: Ostende der Nordarkade des 


O 


des Verstorbenen dargestellt sieht, wie das schon 
Wladimir de Grüneisen behauptet hatte.!) In 
unserem Mosaik liegt zugleich die Bestätigung 
dieses ägyptischen Ursprunges, denn die Köpfe, 
denen der „quadratische Nimbus“ als Hinter- 
grund dient, sind völlig ausgesprochen Typen 
der ägyptischen, besser gesagt der koptischen 
Kunst. Man vergleiche dafür die Malereien von 
Bawit oder das Tafelbild eines Bischofs Abraham 
im Berliner Museum, soweit der in unserem 
Mosaik dargestellte Bischof in Betracht kommt. 
Noch eklatanter läßt sich die ägyptische Art für 
den Kopf des Präfekten rechts nadıweisen. 
Die beiden Pfeiler am Querschiffanfange der 
Demetrioskirche zeigen auch nach der Seite der 
auf sie zulaufenden Säulen Mosaiken: Sergios als 
Orant bezw. Demetrios (?) als Schützer zweier klein 
zu seinen Füßen dargestellten Stifter. Die Haupt- 
masse der neu gefundenen Mosaiken aber be- 
deckt die Oberwand jener Seitenschiffarkaden, 
die man in Abb. 1 zwischen den Säulen links 
von dem zuerst besprochenen Pfeiler sieht. Es 
sei ausdrüclidı hervorgehoben, daß nur die 
Arkade der Nordseite diesen Schmuck zeigt, der 
übrigens gerade an der Stelle, die Abb. 1 vor- 
führt, d. h. über den ersten östlichen vier 
Arkadenbogen zerstört ist. Erst dann beginnt 
der interessante Zyklus, der im ganzen sieben 
Bogenzwickel umfaßt, während die Darstellung 


1) Archivio storico della R. Società rom. di storia 
patria XXIX, 229 f. 


Studien und Forschungen 


1021 


TEE 


des letzten vor der Eingangswand wieder fast 
zerstört bzw. in der Darstellung unkenntlich ist. 

Vorzüglich erhalten sind die Mosaiken über 
jenen Bogen, die man durch die fünf hohen 
Mittelschiffarkaden sieht, die von den vier mitt- 
leren Säulen zwischen zwei Pfeilern — die 
Demetriusbasilika ist bekanntlidı bereits im 
Stützenwechsel erbaut — gebildet werden. Ich 
beschreibe von Ost nadı West. Zuerst Deme- 
trios als Orant vor einer Nischenarchitektur, wie 
sie am besten (mit ähnlichen Medaillons neben 
dem mittleren Bogen oben) schon in den Pla- 
netenbildern des Filocaluskalenders vom Jahre 
354 vorliegt.') Drei kleine Figuren stehen ohne 
Rücksicht auf Größen- und Raumverhältnisse 
unter den seitlichen Architekturen. Dieses Bild 
ist für sich durch das typische Mosaikornament 
— die Folge von einem Paar Perlen mit einem 
Oval — umrahmt. Es folgt nach links eine 
Darstellung, die den Zwickel samt den beiden 
angrenzenden Bogen umfaßt, aber leider in der 
rechten Hälfte stark zerstört ist. Man sieht in 
der Mitte einen Zug Frauen unter Vorantritt 
des hl. Demetrius von einem Grabe her nadı 
rechts ziehen. Links hinter dem Grabe er- 
scheinen zwei Medaillons, von denen das einer 
heiligen Frau schon zur folgenden, leider sehr 
zerstörtenGruppe gehören dürfte, worin Maria (?) 
stehend zwischen kleinen Gestalten erscheint. 
Es folgt der in der Mitte der ganzen Arkaden- 
reihe liegende Bogen, auf dem über einer Schrift- 
tafel 


+ EMI XPONSN AEONTOC HBRNTA 
BAEIEIC KAYOENTA TO IIPIN TON 
NAON AHMHTPIOY. | 


drei Medaillons erscheinen: In der Mitte der 
hl. Demetrius, zu seinen Seiten zwei |Bischöfe, 
die den hier ausdriicklich als Demetriuskirche 
bezeugten, einst niedergebrannten Tempel zur 
Zeit Leos (des Thauriers 717—741 ?) neu auf- 
richteten.! 

Es folgt dann die nach rechts hin schreitende 
Mutter Gottes (?), begleitet von zwei Engeln. 
Sie erhebt die Hände nach rechts und ist um- 
geben von zwei kleineren Gestalten. Hinter 
diesen sieht man einen Tempel mit Ampel, dar- 
auf das Brustbild Johannes d. T. (?). Man 
möchte glauben, daß er schon zur folgenden 
Szene gehört, die nadı Art des Kindermordes 
gruppiert ist. Links eine thronende Gestalt und 
eine Frau mit einem Kinde. Darüber eine die 
Hände aus einem Rund vorstreckende Figur, 
die leider zerstört ist. Daneben eine nach der 
Johannesbüste hinter einen Sarkophag flüchtende 
heilige Frau (Elisabeth?). Mit dieser Szene 


1) Vergleiche meine Ausgabe, Tafel VIII f. 


endet der die Mitteljoche umschlieBende Bild- 
rahmen, und es beginnt eine neue Serie von 
Darstellungen. 

Man sieht zunächst Maria in strenger Vorder- 
ansiht mit dem Kind im Schoße thronend 
zwischen Engeln mit Stäben. Der Typus er- 
innert sehr an das bekannte Mosaik an der 
Längswand von S. Apollinare nuovo und das 
Gemälde der Comodilla-Katakombe in Rom. 
Auf der linken Seite steht klein der unbärtige 
Demetrios, der eine huldigende Figur heranführt, 
rechts ein bärtiger Orant in Kriegerkleidung, 


Abb. 2. Der hl. Demetrios und die Stifter 
seiner Kirche in Thessalonika o 


wie ich annehme dieselbe Figur, die an dem 
Mittelschiffpfeiler links beschrieben wurde, wahr- 
scheinlidi also der hl. Theodor. Zu beiden 
Seiten erscheinen Medaillons, rechts drei, einen 
bärtigen Heiligen und die hi. Pelagia und Ma- 
trona darstellend, links ein hl. Mann und eine 
hl. Frau. Das letzte noch halbwegs erhaltene 
Mosaik zeigt wieder wie das zuerst an dieser 
Arkadenwand beschriebene den hl. Demetrios 
als Oranten vor einer Architektur; neben ihm 
rechts einen demütig mit bedeckten Händen Ge- 
bücten und das Medaillon eines Greises. 

Von besonderem Interesse ist ein letztes an 
der Westwand über dem Eingangstor freigeleg- 
tes Mosaik, das wieder den hl. Demetrios als 
Oranten darstellt. Ihm naht, etwa in der Art wie 
in S. Vitale in Ravenna Abraham seinen Sohn 


1022 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


zum Altar führt, eine Frau, die mit bedeckten 
Händen ein Kind vor sich herschiebt. Während 
Demetrios vor einem Tempelchen steht, erscheint 
hinter diesen Figuren eine anmutige Landschaft 
mit Felsen und Bäumen, davor rechts ein hoher 
Pfeiler mit einer Vase. Sonderbar ist, daB die 
Landschaft zwischen diesen architektonischen 
Motiven als Bildausschnitt erscheint. 

Die Demetriuskirche in Salonik liegt bis jetzt 
lediglich in den veralteten Aufnahmen von Texier 
and Popplewell Pullan vom Jahre 1864 vor.!) 
Ich habe mich vor Jahren mit Adolf Struck um 
eine Neuaufnahme bemüht, die jedoch, da wir 
mit unzulänglichen Mitteln arbeiten mußten, 


1) Byzantine Architekture, p. 123 f. 


bisher nicht erscheinen konnte. Es hatte eine 
Zeitlang den Anschein, daB die auf Grund der 
Demetrioslegenden aufgeworfene Datierungs- 
frage die Forschung in Flu bringen würde.) 
Buch das war nicht der Fall. Es fehlt ein mit 
zulänglichen Mitteln arbeitendes Zentrum für 
Dinge, deren Bedeutung für die Kunstwissen- 
schaft leider noch immer unterschätzt wird. 
Hoffen wir, daß das russische archäologische 
Institut in Konstantinopel, angeregt durch seinen 
wertvollen Fund, die Neubearbeitung der De- 
metrioskirdie in die Hand nimmt. Vorlaufig 
wird eine würdige Veröffentlichung der Mosaiken 
vorbereitet. 


1) Laurent, Byz. Zeitschrift IV (18%), S. 420 f. 


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À" et A 


DER PRAESUMTIVE LEITER DER 
NATIONALGALERIE 


Vor einigen Tagen hat sich die Berliner Nat. 
Ztg. veranlaßt gesehen, eine Nachricht in die 
Öffentlichkeit hinauszutragen, die eingeweihten 
Kreisen keineswegs überraschend kam, da man 
sic in Berlin unter den Kunsthistorikern schon 
seit Wochen erzählte, Anton von Werner 
sei zum Direktor der Nationalgalerie, d. h. zum 
Nachfolger H. von Tschudis ausersehen. 

Viele, die zuerst von dem Gerüchte hörten, 
haben ungläubig den Kopf geschüttelt, andere 
trösteten sidi mit dem Gedanken, daß selbst 
der höchste Wille auf die Dauer zwingenden 
Vernunftsgründen und den Wünschen der mit 
den Verhältnissen besonders vertrauten Männer 
nicht widerstehen könne. An der Tatsache aber, 
daB man an höchster Stelle die Ernennung Anton 
von Werners zum Direktor der Nationalgalerie 
nicht nur wünscht, sondern wahrscheinlich bereits 
beschlossen und dekretiert hat, kann kaum noch 
ein Zweifel sein. 

Es läßt sich nicht leugnen, daß einer solchen 
Ernennung nicht nur die Männer der Kunst- 
wissenschaft, die vor allem mit den musealen 
Lebensfragen der Gegenwart vertraut sind, 
sondern auch weite Kreise der Gebildeten starke 
Bedenken entgegen setzen, ob mit Recht oder 
Unrecht, darüber kann erst die Zukunft ent- 
scheiden. Die kiinstlerische Richtung, die der 
protegierte Historienmaler Anton von Werner 
vertritt, braucht zunächst gar kein Beweis dafür 
zu sein, daß mit dem neuen Leiter zugleich auch 
eine Umgestaltung der Nationalgalerie etwa in 
dem Sinne wie sie vor der Aera von Tschudis 
bestand, erfolgen müßte. Im Gegenteil, es ist 
nicht einmal ausgeschlossen, daß sich Anton von 
Werner, dem durdi seine Vergangenheit eine 
reiche praktishe Erfahrung zur Seite steht, 
als ein ausgezeichneter Verwaltungsbeamter 
erweisen könnte, ja daß er, der heute die 
Sonnenhöhe des Lebens bereits überschritten, 
auch der seiner eigenen Kunst entgegengesetzten 
Richtung konzilianter gegenüberstehen und viel- 
leicht sogar im Sinne der eigentlichen Gründungs- 
akte der Nationalgalerie manche Einseitigkeit 
seines Vorgängers wieder gut machen könnte. 
Denn darüber soll kein Zweifel sein, daß die 
Nationalgalerie vor allem der deutschen Kunst 
gehört, daB Herr v. Tschudi mit seiner stark 
einseitig betonten Vorliebe für die modernen 


[RUNDSCHAU 


Franzosen bei Vielen gerechten Widerspruch 
erwecken mußte, da diese Vorliebe auf Kosten 
anerkannter deutscher Künstler, die heute leider 
noch immer nicht in der Berliner Sammlung 
vertreten sind, nach Betätigung gesucht hat. 
Diese Tatsache einmal sine ira et studio fest- 
zustellen, erscheint um so notwendiger, als wie 
es scheint, gerade der Fall „v. Tschudi“ vor 
Monaten in der Presse sehr einseitig behandelt 
worden ist und die wirklichen Gründe, die den 
Rücktritt des vornehmlich um die Neuordnung 
der Nationalgalerie hochverdienten Gelehrten 
bestimmt haben, bis heute überhaupt in der 
Öffentlichkeit noch nicht unzweideutig festge- 
stellt wurden. 

Ob Anton von Werner die Erwartungen er- 
füllen kann, die jeder Kunstfreund an das Schick- 
Sal der Nationalgalerie kniipft, ist vor der Hand 
jedenfalls stark problematisch, ausgeschlossen 
ist es keineswegs. Gelingt es ihm, dem Maler, 
als Galeriedirektor seine eigene künstlerische 
Persönlichkeit zu verleugnen und audi dem 
seiner eigenen Richtung diametral entgegen- 
gesetzten deutschen Kunstschaffen das MaB von 
künstlerishem Verständnis und Wertschätzung 
entgegenzubringen, das man von ihm in seiner 
Eigenschaft als Museumsleiter zu fordern be- 
rechtigt ist, dann werden die Hoffnungen kaum 
enttäuscht, dann kann sogar diese heute noch 
als eine krasse Reaktion anmutende Berufung 
für die Zukunft der deutschen Kunst ungemein 
segensreich sein. 

Diese Hoffnungen schon jetzt zu begraben, 
erscheint zunächst noch durchaus ungerechtfertigt, 
so sehr man auch in allen interessierten Kreisen 
lieber einen Kunsthistoriker von Fach als Direktor 
gesehen haben würde als gerade Anton von 
Werner, den Historienmaler und Akademie- 
direktor, der als solcher allerdings mehrfach Be- 
weise einer starken Einseitigkeit gegeben hat. 

Und dann — untersteht nicht auch die National- 
galerie der Generaldirektion ‘der Berliner Museen 
und damit der starken Persönlichkeit Wilhelm 
Bodes? Ob die Meldung der „Nat. Ztg.*, daß 
Bode und A. von Werner früher „wiederholt 
heftige SträuBe miteinander ausgefochten haben“ 
wirklich den Tatsachen entspricht, entzieht sich 
vorerst unserer Beurteilung, dagegen glauben 
wir wohl zu wissen, daß neuerdings der Kaiser 
Wilhelm Bode ein starkes Vertrauen entgegen- 
bringt und daß Bodes kunstpolitische Begabung 
ausgeprägt genug ist, das Allerschlimmste mit 


1024 


dem Einsetzen seiner Persönlichkeit zu verhüten. 
Audi die Meldung der schon zitierten Quelle, 
daß man sich mit der Absicht trage, „die National- 
galerie, die schon zu Althoffs Zeiten der General- 
direktion halb und halb entzogen und demKultus- 
ministerium unterstellt wurde, nun gänzlich von 
der Verwaltung der übrigen Museen zu trennen 
und in unmittelbare Abhängigkeit vom Minister 
zu setzen“, erscheint uns vorläufig durchaus 
unglaubwürdig; im Gegenteil, eher dürfen wir 
hoffen, daß es dem Berliner Generaldirektor 
sehr bald gelingen wird, auch mit Anton von 
Werner den notwendigen modus vivendi her- 
zustellen und jene Basis gemeinsamer Arbeit, 
die auch die Zukunft der Nationalgalerie einer 
glücklichen Entwicklung entgegenführen soll. 
So viel aber ist gewiß, daß in letzter Zeit 
kaum eine andere kunstpolitishe Frage die 
Geister so in Atem gehalten hat, wie die nach 
dem Schicksal der Nationalgalerie. Sollte wirk- 
lih — was wir heute nicht glauben — mit der 
Aera Anton von Werners eine verhängnisvolle 
Reaktion beginnen, so wird die Stimme der 
Gebildeten jedenfalls stark genug sein, auch 
diesmal dem äußersten Verhängnis bei Zeiten 
den Riegel vorzuschieben. B. 


2 


DER GENERALDIREKTOR DER 
MONCHNER SAMMLUNGEN. 


Zu diesem von uns bereits mehrfach er- 
örterten Thema ist kürzlich in Nr. 96 der Bei- 
lage der ,M. N. N.“ ein sehr bemerkenswerter 
Beitrag unter dem Titel ,Zur Verwaltung 
der bayrishen Kunstsammlungen“ von 
Professor Frhrn. von Bissing erschienen, 
der durch seine Objektivität wohltuend berührt 
und eine Reihe treffender Bemerkungen enthält, 
die sich im groBen und ganzen mit dem von 
uns vertretenen Standpunkt in dieser Frage 
decken und die Anschauungen Volls in vielen 
Punkten widerlegen. Vor allen Dingen ist es 
erfreulich, daß endlich ein Münchner Gelehr- 
ter, der persönlich außerhalb der ganzen Streit- 
frage steht, unzweideutig seine Stellungnahme 
dokumentiert, die von den rein partikularistischen 
Tendenzen Volls meilenweit entfernt ist. 

Wir begrüßen die ausführlichen Erklärungen 
v. Bissings, auf deren Wiedergabe wir leider 
an dieser Stelle verzichten müssen, vor allem 
audi deshalb, weil wir hoffen dürfen, daß sie 
nicht ungehört an den Stellen vorbeigehen, die 
über das Schiksal der Münchner Kunstsamm- 
lungen in erster Linie zu entscheiden haben. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Wir benutzen zugleich die Gelegenheit, um 
zu erklären, daß uns die alte Streitfrage ledig- 
lich der Prinzipien wegen interessiert, die durch 
sie aufgerollt worden sind, die sich allerdings 
in den persönlichen Anschauungen Bodes und 
Volls diametral gegenüberstehen. Es besteht 
nach Ansicht der besten Kenner kein Zweifel 
mehr, daß die bayrischen Museen nur eine ge- 
sunde Entwicklung haben können, wenn man 
sich entschließen wird, den durch Bode gegebe- 
nen Direktiven endlich auch in München zu 
folgen, anstatt auf einem kleinlichen partikula- 
ristischen Standpunkt zu beharren, der für die 
Zukunft der bayrischen Sammlungen verhäng- 
nisvoll werden muß. Es kann nicht darauf an- 
kommen, von welcher Geburt der Leiter einer 
Sammlung ist, sondern lediglich, welche Qua- 
lität derselbe mitbringt. Die Beispiele, die 
nach der Seite hin Freiherr v. Bissing zusammen- 
stellt, sind lehrreich genug und beweisen schia- 
gend, wie gerade Berlin es verstanden hat, in 
den Dienst seiner Museen stets solche Kräfte 
zu stellen, bei deren Berufung nur die 
wissenschaftliche Qualität, nicht aber die Landes- 
angehörigkeit ausschlaggebend war. Sehr ridh- 
tig bemerkt der Verfasser, daß Inzucht in solchen 
Dingen nichts tauge, daB man in Berlin nie 
ängstlich gewesen ist, sich von außerhalb die 
nötigen Kräfte zu holen, wie das die Berufungen 
von Tschudi, Zahn, Luschan, H. Ranke und Justi 
bewiesen haben, und daB ja auch der von Voll 
so hoch gepriesere Furtwängler keia Bayer, 
sondern ein geborener Badenser gewesen ist. Ein 
schwerwiegendes Argument gegen den Vollschen 
Satz „bayrische Beamte für unsere bayrischen 
Museen.“ B. 


BERLIN 


Die Gemäldegalerie erwarb in den letzten 
Monaten zwei widitige Werke der holländischen 
Kleinmalerei: einen prachtvollen, gegen eine 
weiße Wolke gesetzten, trabenden schwarzen 
Stier des Paulus Potter und einen angelnden 
Knaben von Slingeland. Während das erstere 
Gemälde trotz seiner kleinen Verhältnisse zu 
dem Monumentalsten gehört, was sich in diesem 
Genre — und bei exaktester Durchführung — 
denken läßt, ist der reizende Slingeland eine 
rechte Feinmalerei, interessant nicht bloß als 
Ergänzung der nach dieser Richtung ziemlich 
armen Sammlung, sondern auch als eine Art 
Gegenstück zu Metsus fischendem Jungen: bei 
diesem das geduldige Lauern im Sitzen, bei 


Rundschau 


1025 


Slingeland die naive Freude über den gelungenen 
Fang. 

Die Sammlung der späteren Italiener wurde 
in glüclichster Weise bereichert durch eine 
schöne Landschaft des Salvator Rosa, aus 
englishem Privatbesitz, wo bekanntlidı die 
besten Stücke des im 18. Jahrhundert hoch ge- 
schätzten Meisters stecken — Hans Posse, der 
an gleicher Stelle, wo Bode die oben erwähnten 
Bilder bespricht, über die Landschaft berichtet, 
denkt dabei an den bedeutenden „Eremiten“ 
der Brera und verweist auf den EinfluB von 
Tizians verbranntem „Petrus Martyr“. 


Leihweise Aufstellung fand durch das Ent- 
gegenkommen des Besitzers ein künstlerisch wie 
historish gleich interessantes Gemälde von 
Pieter Lastman, eine Susanna im Bade, 
deren Komposition Rembrandt in einer Skizze 
festgehalten und (nach Valentiners Vermutung) 
zum Ausgangspunkt gleichartiger eigener Dar- 
stellungen genommen hat. In der Tat begreift 
sich Rembrandts Schätzung leicht; Kraft und 
Wohlklang des Kolorits sind ebenso auBer- 
ordentlich, wie die Komposition mit Verstand 
italienischen (carraccesken) Vorbildern nachge- 
bildet ist. Unmotiviert und halbverstanden bleibt 
nur der Gewandwurf. 


In lebhaftester Entfaltung ist seit langem die 
Abteilung der christlichen Bilderwerke begriffen. 
Im Oktoberheft der für solche Publikationen 
vorbildlichen „Amtlichen Berichte“ bespricht Bode 
an Hand vortrefflier Abbildungen mehrere 
altdeutsche Skulpturen, zumeist bayerischer Her- 
kunft. Unter den Statuen älteren Stils (An- 
fang des XV. Jahrhunderts) erregt ein kniender 
Engel aus Stein Interesse, weiter drei stehende 
Madonnen, davon zwei aus Terracotta und 
eine aus Stein, letztere eine frühe niederbayer- 
ische Arbeit, während eine der beiden ersteren 
— vorgeriickteren Stiles — schwäbischen Cha- 
rakter trägt. Aus späterer Zeit (um 1500) 
stammt eine Holzgruppe der Pietà, ein beson- 
ders im Gewandwurf ausgezeichnetes Werk der 
oberbayerischen Schule. Den reichen und an- 
mutigen Stil der oberdeutschen „Frührenaissance“ 
(um 1515) vertreten zwei bemalte weibliche Hei- 
lige in flachem Relief, die sich mit anderen, ver- 
wandten und doch wieder unterschiedenen Ar- 
beiten der Sammlung glücklich gruppieren. 


Gegen diesen Reichtum an nordischen Neu- 
erwerbungen tritt die italienishe Sammlung 
naturgemäß zurück, doch gelang es durch An- 
kauf einiger hervorragender Plaketten ein paar 
der wenigen noch bestehenden Lücken zu füllen: 
u. a. wurde eine Puttendarstellung (Weinlese?) 
aus Donatellos Richtung, ein verrocchiesker 


David und ein Hieronymus von Ulocrino ge- 
kauft und von Bode besprochen. 


In das Münzkabinett gelangten ein paar wich- 
tige Stücke, darunter die (nadı Menadier) älteste 
bekannte deutsche Medaille, mit Johann von 
Kleve als Reiter (von 1449) und eine Medaille 
des XVI. Jahrhunderts mit Graf Reinhard von 
Solms. 


€ 


Die Nationalgalerie erwarb durch Vermittlung 
Ludwig Pollaks eine Serie von Reinhartschen 
Landschaften in temperaartiger Technik (aus Pal. 
Massimi in Rom stammend), durch deren Aufstel- 
lung in Berlin die Kenntnis und das Studium 
der Anfänge deutscher Malerei im XIX. Jahr- 
hundert neuerlich wesentlich erleichtert wird. 


Über die Erwerbungen des Kupferstichkabi- 
netfs wurde hier vor kurzem von sachkundigster 
Seite berichtet; nachzutragen ist nur der Auf- 
satz von Bock über die Ausstellung älterer 
deutscher Holzschnitte, die bei dem notorischen 
Reichtum der Sammlung besonders an ganz 
frühen Blättern von großer wissenschaftlicher 
Bedeutung werden mußte. 


Das Kunstgewerbemuseum ergänzte seinen 
Bestand nach verschiedener Richtung hin: zu 
den sonst ansehnlich vertretenen Limogeswerken 
des XIII. Jahrhunderts kam ein Evangelien- 
buchdeckel hinzu, der aus dem Trierer Kloster 
St. Maximin stammt und eine besonders in 
München und Darmstadt reich vorhandene Gruppe 
bei uns einführt. Charakteristisch ist für diese 
Arbeiten — nach Falke — eine üppige Anwen- 
dung fein gravierten Arabeskenwerkes, während 
sich die Figuren in farbigem Grubenschmelz gegen 
den goldenen Grund abheben — es scheint, daß 
byzantinishe Werke indirekt (wohl auf dem 
Wege über Spanien) zu Vorbildern gedient 
haben. 

Ein 1524 oder 1534 datierter Hochzeits- 
teppich aus der Sammlung Hefner-Alteneck in 
München ist der Züricher Schule (im Landes- 
museum am besten vertreten) zuzuweisen; Wahl 
der Ornamentik (ein spätes, zäh festgehaltenes 
Gotisch) wie der Technik (Stickerei auf schwarzem 
Tuch) weisen hierauf und betonen deutlich den 
Zusammenhang mit dem Kunstgewerbe der 
Alpen. 

Unter den neuerworbenen Möbeln steht ein 
westfälischer Stollenschrank (nach 1550) an 
erster Stelle; von den noch späteren Gegen- 
ständen ist zunächst bemerkenswert eine silberne 
Weinkanne englischen Stiles von 1739, die das 
Meisterzeihen des Frederick Kandler trägt. 
Entgegen der in Deutschland üblidıen altbe- 

67 


1026 


währten Treibtechnik ist die Kandlersche Kanne 
(wie ihr Kölner Gegenstiick) nach französischem 
Vorbild gegossen und ziseliert; der Stil ist ein 
vorgerückterer, als man ihn im gleichzeitigen 
deutschen Kunstgewerbe antrifft. 

Der erst neuerdings den ,GroB‘meistern des 
Porzellans — Bastelli, Linck, W. Beyer, Mel- 
chior — zugesellte Wiener Anton Grassi, der 
stärkste Beförderer des Klassizismus im jose- 
finishen Wien, wird in die Sammlung einge- 
führt durch eine reizende Gruppe, „der Hand- 
kuß“, die aus Biskuitmasse von warm gelblichem 
Ton geformt und offenbar freihändig sorgsam 
überarbeitet worden ist. 


Unter den Schätzen der Manuskripte in der 
Kel. Bibliothek fand Dr. Ignaz Beth einen bis 
dato unbeachteten, von 1487 datierten Kodex 
der Herpingeschidhte, illustriert mit der Feder 
von einem unbekannten Künstler, der nach Stil 
der Zeichnungen und nach der Mundart der 
Erzählung Schwabe gewesen sein muß und viel- 
leicht, wie Beth in dem letzten Hefte des „Jahr- 
buchs der k. preußishen Kunstsammlungen“ 
ausführt, mit dem Meister des Handbuch in 
Zusammenhang gestanden ist. H. V. 


Der deutsche Verein für Kunstwissenschaft, 
von dessen Wirksamkeit wir eben die ersten 
Beweise erhielten, hat durch den Tod seines 
Ehrenvorsitzenden W irk1. Geh. Rat Dr. Fried- 
rich Althoff einen herben Verlust erfahren. 
Die den Mitgliedern zugesandte, von Bode 
unterzeichnete Todesanzeige nennt ihn aus- 
driicklih als den, „dem der Verein die An- 
regung zur Begründung und seine Konstituie- 
rung verdankt“. 

Im übrigen darf man es freudig begrüßen, 
daß die vorbereitende wissenschaftliche Tätig- 
keit des Vereins so weit gediehen ist, daß er 
uns bereits ein Programm der „Denkmäler 
deutscher Kunst“ zu unterbreiten in der Lage war. 


g 


BUDAPEST 


Museum der bildenden Künste. Im April des 
Jahres 1907 starb in Prag der verdiente Kunst- 
freund Gustav Ritter Hoschek von Mühlheim. 
Seine im größten Teile aus holländischen Bildern 
des XVII. Jahrhunderts bestehende Galerie mußte 
verkauft werden. Die Direktion des Budapester 
Museums benutzte eine günstige Gelegenheit 
zur Bereicherung der Galerie alter Meister, in- 
dem sie aus der vornehmen Prager Kollektion 
17, durch Dr. G. v. Terey und J. C. Beer aus- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


gewählte Gemälde erwarb. Der Katalog, der 
erst nach dem Tode Hoscheks erschien, wurde 
von Dr. W. Martin verfaßt. Wir teilen im 
Folgenden die nunmehr Bestandteile der unga- 
rischen Kunstsammlung bildenden Gemälde nadı 
seiner Numerierung mit. 

3. Hans Baldung Grien. Madonna. Stehende 
Figur, weinend. Auf Eichenholz gemalt. Nach 
Terey aus des Künstlers bester Periode, etwa 
1512—1517. 

17. Annibale Carracci. Christus und die 
Samaritanerin. Leinwand. Frühere Besitzer: 
Oddi in Perugia (1649), Herzog Philipp von 
Orléans, Hibbert (England). Besprochen in Dr. 
Th. von Frimmels Blättern für Gemäldekunde, 
1904, Heft 1, S. 7. 

18. Don Juan Carrefiode Miranda. Knaben- 
bildnis, vermutlich Karl II. von Spanien. Lein- 
wand. 

25. Benjamin Gerritsz. Cuyp. Wirtshaus- 
szene. Bezeichnet. Eichenholz. 

30. Isaack varı Duynen. Stilleben mit See- 
tieren. Bezeichnet. 1673. Leinwand. 

35. Gerbrand varı den Eeckhout. Darstellung 
im Tempel. Bezeichnet. 1671. Eichenholz. 

37. Flandrischer Meister unter dem Einflusse 
des Jan Fyt. Stilleben. Eichenholz. 

38. Govert Flink. Das Opfer Manoahs. 
Eichenholz. 

45. Jan van Goyen. Nächtliche Feuersbrunst. 
Früher in der Sammlung Schubart, München. 
Eichenholz. 


51. Dirck Hals. Lustige Gesellschaft. Lein- 


wand. 
67. Willem Kalf. Stilleben. Bezeidhnet. 
Leinwand. 


13. Jean Baptiste varı Loo. Die Metamor- 


phose der Daphne. Leinwand. 


74. Französisher Meister um 1540. Nach 
Durand-Greville: Corneille de Lyon. Bildnis 
einer vornehmen Dame in reichgeschmictem 
Kleide. Eichenholz. 


104. Petrus Paulus Rubens. Kopf eines 
bärtigen Alten. Nach M. Rooses eigenhändige 
Arbeit des Künstlers, um 1611—1612 nach der 
Rückkehr aus Italien gemalt. Derselbe Mann 
im Gefolge des einen Königs auf Rubens’ An- 
betung der Könige in der Johanneskire zu 
Mecheln. Eichenholz. 


105. Jakob Isaacksz. van Ruysdael. Wild- 
bach. Bezeichnet. Früher in der Sammlung 
Dr. A. H. H. van der Burgh im Haag. S.Frim- 
mels Blätter für Gemäldekunde II. Heft 5. 
Eichenholz. 


Rundschau 


1027 


109. Jakob Salomonsz. van Ruysdael. Land- 
schaft mit groBen Bäumen, Kühen und Schafen. 
Bezeichnet. 1668. Eichenholz. 

129. Johannes Cornelisz. Verspronck. Bildnis 
eines Herrn. Halbfigur. Bezeichnet. 1641. Lein- 


wand. Dr. Zoltän v. Takäcs. 


2 


PARIS 


Die „Gazette des Beaux Arts“ hat eine ebenso 
sprechende wie traurige Statistik über die Zu- 
nahme der Diebstähle von Kunstwerken in den 
französischen Kirchen aufgestellt, die erweist, 
daß die Trennung von Kirche und Staat für die 
Erhaltung der Kunstdenkmale geradezu ver- 
hängnisvolle Folgen gehabt hat. In der zwei- 
ten Hälfte von 1904 fand ein Diebstahl statt; 
1905 waren es 6; 1906 steigt die Zahl auf 13; 
1907 auf 34; innerhalb der ersten 7 Monate von 
1908 wird mit 47 Diebstählen ein unerreichter 
Rekord aufgestellt. Die Regierung hat endlich 
eingesehen, daß energischhe Maßregeln rasch 
ergriffen werden müssen, wenn nidit unwieder- 
bringlicher Schaden angerichtet werden soll, und 
so ist, verhältnismäßig schnell, ein Dekret des 
Präsidenten der Republik herausgekommen, das 
einen ganzen neuen Beamtenkörper für diesen 
Überwachungsdienst schafft. An der Spitze 
dieses dem Unterstaatssekretariat der Künste 
unterstehenden Dienstes stehen 3 Generalinspek- 
toren und 6 Inspektoren. Dieselben haben die 
Geschäftsführung der in jedem Departement zu 
ernennenden Konservatoren zu überwachen. Zu 
Konservatoren sollen im Departement ansässige 
Personen ernannt werden, „die eine anerkannte 
Kompetenz auf dem Gebiete der Kunst, der 
Ardidologie und der Geschichte besitzen“. Es 
handelt sich bei den letzteren Stellungen um 
Ehrenämter, da die den Konservatoren gezahl- 
ten Entschädigungen ganz unbedeutend sind. 
Während man dem Nutzen eines Inspektoren- 
korps, das jährlich ca. 40000 fs. allein an Ge- 
hältern kosten wird, etwas skeptisch gegenüber- 
steht, ist der Gedanke, in der Person dieser 
Konservatoren, das kunstliebende Publikum mit- 
arbeiten zu lassen, ausgezeichnet. Damit würde 
dann endlich auch die Arbeit der verschiedenen 
Vereine, wie sie sich jetzt fiir den Mont St. 
Michel und andere Kunststätten gebildet haben, 
einen offiziellen und direkten EinfluB bekommen 
können. Aus allen diesen Gründen ist der Er- 
laB dieses Dekretes mit Freuden zu begrüßen. 


Das Louvre hat inzwischen wieder zwei 
wichtige Vermächtnisse bekommen. Der be- 


kannte Sammler Charles Drouet vermachte dem 
Louvre ein. wichtiges Werk von Murillo, „Der 
Gefangene“. Ferner 5 Landschaften von John 
Constable, die das Museum sich unter den Be- 
ständen der Sammlung Drouet aussuchen darf, 
sechs in derselben Weise auszuwählende Turner 
und zwei Venezianer Bilder (Dogenpalast und 
Piazetta) von Bonington. Dieses Vermächtnis 
ist um so erwünschter, als die Engländer bis- 
her im Louvre recht schwach vertreten waren. 
Wenn neben den zweifelhaften Turner, den der 
verstorbene Groult dem Louvre schenkte, nun 
auch einige gute kommen, so ist das recht er- 
freulich. — Über diese eben angedeutete Affäre 
hat man in den Zeitungen großen Lärm ge- 
schlagen, als ob die Konservatoren des Louvre 
starker Unkenntnis oder sträflichen Leichtsinnes 
sih schuldig gemacht hätten, als sie neben 
zwei guten altenglischen Porträts einen zweifel- 
haften Turner annahmen. So wie die Dinge 
lagen, konnten sie unmöglih das Geschenk 
eines Mannes zurückweisen, der eventuell das 
Louvre zum Erben seiner großen Kunstschatze 
eingesetzt hätte. Dies erhoffte Vermächtnis ist 
nun allerdings nicht gekommen, es ist dies nicht 
der einzige Streich, den der bizarre Groult 
seinen Zeitgenossen gespielt hat. 

Nicht alle Sammler sind so bescheiden, wie 
der kürzlich verstorbene Charles Seguin, der 
dem Louvre in seinem Testamente erlaubte, 
aus seinen Sammlungen Kunstwerke bis zum 
Werte von einer Million auszuwählen. Wenn 
die Stücke seiner Sammlung nidıt wertvoll ge- 
nug erfunden würden, sollte ein entsprechender 
Geldbetrag dem Louvre zugute kommen. Seguin 
kaufte niemals auf Versteigerungen und war 
deshalb in der Welt der Sammler so gut wie 
unbekannt. Auch von dem Umfang seiner 
Sammlungen war niemand unterrichtet und groB 
war die Überraschung der Direktoren des Louvre, 
als sie eine hervorragende Sammlung von Elfen- 
beinarbeiten des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts 
sowie eine Sammlung von Porzellan, besonders 
Vasen (Meißen und Sevres), vorfanden, die für 
das Louvre eine höchst wertvolle Ergänzung 
seiner Bestände bedeutet. 


Ə 


LONDON 


Das Hauptereignis des vergangenen noch 
sehr stillen Monats war die Einsetzung einer 
königlichen Kommission zum Schutze alter Kunst- ` 
denkmäler in England, die man seinerzeit all- 
gemein gewünscht hatte, als eine ähnliche Kom- 
mission für Schottland ins Leben gerufen wurde. 


1028 


Die Kommission soll zunächst ein Inventarium 
aller Monumente herstellen, die für die Kultur 
die Zivilisation und Lebensbedingungen des 
englischen Volkes von den frühesten Zeiten bis 
zum Jahre 1700 charakteristisch und deshalb 
der Erhaltung wert sind. Vielleicht bedeutet 
das einen ersten Schritt zur Erhaltung der gro- 
Ben englischen Kathedralen auf Kosten des 
Staates. Höchste Zeit wäre es, denn mit frei- 
willigen Gaben allein kann man auf die Dauer 
diesen Stolz der englischen Kunst nicht erhalten. 
Von den £ 87000, die man für die Winchester 
Kathedrale vor einiger Zeit verlangte, fehlen 
z. B. immer noch fast £ 30000, kommen sie 
nicht ein, so müssen die zur Sicherung dieses her- 
vorragenden, mit der Geschichte des englischen 
Volkes so eng verknüpften Baues notwendigen 
Reparaturen eingestellt werden. Und diese 
Kathedrale ist keineswegs das einzige große 
Bauwerk, das in Gefahr schwebt. 

Ein Nachkomme des Malers William Dyce 
hat der National Gallery in London des letzteren 
Bild „Christabel“ als Erbe hinterlassen. Dyce 
war der Künstler, auf den gelegentlich der Aus- 
malung des Parlamentes Cornelius die englischen 
Autoritäten als auf den bestgeeigneten englischen 
Meister aufmerksam machte. — Die Dubliner 
Municipal Gallery erhielt von Lord Iveagh drei 
Bilder zum Geschenk, einen Watts, einen Millais 
und einen James Holland. — In der Tate Gallery 
hat ein Nachkomme Turners eine ganze Reihe 
Andenken an diesen Meister zu einer Ausstel- 
lung vereinigt, die in dieser Galerie nun längere 
Jahre hindurch zu sehen sein wird. 

Zwei interessante Kunstpublikationen werden 
angekündigt: eine neue Ausgabe der „New Hi- 
story of Painting in Italy“ von Crowe u. Caval- 
casalle, von Eduard Hutton mit Anmerkungen 
und ca. 300 Reproduktionen herausgegeben; und 
das Leben James Macneill Whistlers von Mr. 
und Mrs. Joseph Pennell. 

Die Kunstsalons beginnen sich jetzt wieder 
langsam zu Öffnen. In Leicesters Galleries sieht 
man zartsichtige Fantasien zu Shakespeares 
»Sommernachtstraum“ von Arthur Raekham, dem 
beliebten Illustrator, und derbsichtige, farben- 
sichere Orientstudien von Graham Petrie. In 
der Galerie der „Fine arts Society“ kann man 
von der Hand Mortimer Menpes eine Reihe 
Whistlerbildnisse in schwarz und weiß, Aus- 
drucsstudien sehen. In der Baillie Gallery, die 
sich jetzt in der Brutonstr. 13 etabliert hat, ist 
u. a. eine „Idylle“ von Monticelli ausgestellt. 
Ein junger Maler, I. D. Jergusson, hält hier eine 
Sonderausstellung ab, die ein eigenartiges Ringen 
um Natur und dekorative Werte verrät. 

Altenglische Meister haben wie bisher Messrs. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Shepherd Bros. in ihrer Winterausstellung zu- 
sammengebracht. U. a. sieht man hier ein frühes 
Porträt von Gainsborough aus seiner Ipswicher 
Zeit, eine zartschöne Landschaft desselben 
Meisters und eine Studie zu seiner „Musidora“ 
in der National Gallery, die vor 20 Jahren bei 
Christie um 210 Schilling aus der Sammlung des 
Earl of Thanet verkauft worden war. Das in 
den Maßen um vieles größere Bild der Galerie 
war im Jahre 1859 um 58 Schilling erstanden 
worden. Andere noch mit wertvollen Stücken 
vertretene Meister sind: Richard Wilson, James 
Ward, Peter de Wint, David Cox, John Linnell, 
John Crowe, Mark Anthony und der Phantast 
John Bell Scott. Von einem Wateauschiiler, 
Pierre Antoine Quillard, findet sich ein seltenes 
Stüc, ein Tanz im Hofe eines Gasthauses. — 
Das bedeutendste Stück der Ausstellung ist wohl 
ein Frauenporträt Raeburns, „Mrs. Adams“, ein 
Werk, das des Meisters groBe Fähigkeit momen- 
taner Erfassung und typischer Monumentalität 
glänzend verkörpert. Auf die an anderer Stelle 
wiedergegebene Reproduktion dieses Bildes sei 
hier noch besonders aufmerksam gemacht, 


Eine auserlesene schwarz-weiß Ausstellung 
alter wie neuer Meister bietet R. Gutekunst. 
Es sind alles delikate, charakteristische und da- 
bei trefflici erhaltene Stücke von Rembrandt, 
Dürer, R. Nanteuil, I. J. Millet, Whistler, A. Zorn 
und D. Y. Cameron. F. 


2 


HOLLAND 


Zwei neue Urkunden über Rembrandt 
hat Herr Dr. A. Bredius letzthin aus dem Amster- 
damer Notariatsarchiv ans Licht gezogen. Die 
eine ist ein von Rembrandt und Saskia am 
17. November 1635 vor dem Notar Sybrant 
Cornelissen aufgesetztes und von beiden unter- 
zeichnetes mutuales Testament, in welchem auch 
der Mutter Rembrandts 2000 Gulden ausgesetzt 
werden. Da der Originaltext bereits publiziert 
ist, so verweise ich dahin: Oud-Holland, Heft 4 
des laufenden, 26. Jahrganges, Seite 220 u. 221. — 
Die zweite Urkunde stammt aus dem Jahre 1671 
und wirft einiges Licht auf Rembrandts letztes 
Lebensjahr 1669, über das wir nur sehr spär- 
lich unterrichtet sind: Am 12. Mai 1671 gaben 
die Maler Allart van Everdingen und sein Sohn 
Cornelis eine Erklärung ab, in welcher der erstere 
erzählt, daB er einige Monate vor Rembrandts 
Tod von Dirck van Kattenburgh einen von Rem- 
brandt gemalten „Simeon“ kaufen wollte, der 
noch nicht ganz vollendet war. Der junge Ever- 
dingen hat das Bild bei Rembrandt oft auf der 


Rundschau 


„schilderscamer“ gesehen. Und Rembrandt hat 
ihm mehrmals erzählt, daB das Gemälde dem 
van Kattenburgh gehöre, und daB dieser ihm 
auch Kupferplatten gegeben habe, um eine Passion 
zu radieren. Rembrandt arbeitete also in seinen 
letzten Lebensjahren für diesen ebenso in Aktien 
der Ost- und Westindishen Kompagnie, wie 
in Häusern und manchmal auch in Gemälden spe- 
kulierenden Dirck van Kattenburgh. — 

In Haarlem wurde neuerdings wieder die 
Museumsfrage erörtert. Seit ungefähr zwei Jahren 
besitzt die Stadt das alte am „Groot Heiligland“ 
gelegene reformierte Weeshuis, das eigens zur 
Einrichtung in ein städtisches Museum, vor allem 
zur sicheren Unterbringung der Haarlemer Stadt- 
schätze, der Schützenbilder von Franz Hals er- 
worben wurde. Bei den Verhandlungen über 
die Art und Weise, wie die Umwandlung der 
alten Gebäude in ein Museum vor sich gehen 
solle, ist es unter den mit der Sache betrauten 
Herren zu Meinungsverschiedenheiten gekom- 
men. Eine Partei will das Gebäude ganz frei- 
legen, das heißt, ein paar kleine Häuser in der 
Nähe des auf das „Groot Heiligland“ führenden 
Tores abgebrochen wissen. Die andere Partei 
dagegen möchte diese typischen alten Häuschen 
mit Bänken davor, wie man sie beinahe nirgends 
mehr findet, erhalten und womöglich dem 
ganzen Komplex das alte Aussehen von einst 
(1608) wiedergeben. Die Gemälde von Frans 
Hals sollen in einem 10x8 m großen, neu zu 
erbauenden Saal in vier Kabinetten mit Seiten- 
licht aufgestellt werden. Durch probeweises 
Aufstellen hat man sich davon überzeugt, daß 
diese Beleuchtung weit besser wirkt als Ober- 
liht (bei den allermeisten Ölgemälden). 
Hoffentlich einigt man sich bald über die oben 
angedeutete wichtige Frage, damit die „Halsen“, 
wie man hier sagt, recht bald in jenem neuen 
Haarlemer städtischen Museum feuersicher auf- 
bewahrt und besser beleuchtet sind. 

Sammlungen moderner holländischer 
Gemälde wurden in letzter Zeit zweimal nach 
dem Ausland gesandt. Die eine, die rund 
60 Gemälde (dazu zwei Skulpturen) umfaßt, 
wurde von der Amsterdamer Vereinigung „Sint 
Lucas“ zusammengebradit und zuerst im Mün- 
chener Künstlerhause gezeigt. Sie ist nachher 
nach Darmstadt gekommen und soll noch in 
Köln, Düsseldorf und Hamburg ausgestellt wer- 
den. Die zweite, unter dem Protektorate der 
ungarischen Regierung vereinigte Kollektion ist 
jetzt an ihrem Bestimmungsort in Budapest 
wohl angekommen. Die Ungarn haben gute 
Gelegenheit, im Vergleich mit den im Museum 
der bildenden Künste aufbewahrten reichen 
Schätzen alter Holländer die Werke der neueren 


1029 


zu studieren und vor allem zu genießen. In 
der Sammlung spiegelt sich die in gewissem 
Sinne nun auch schon historisch gewordene 
neuere holländische Kunst in großen Umrissen 
gut wieder. Die Hauptmeister, deren Namen 
ich in den Auktionsberichten schon des öfteren 
aufzuzählen Gelegenheit hatte, sind hier fast 
alle oft mit mehreren charakteristischen Werken 
vertreten. 

Die schon lange vorher angekündigte Aus- 
stellung französischer Kunst im „Kunst- 
kring* im Haag brachte eine große Ent- 
täuschung. Ohne eigentlichen Plan waren 92 
Gemälde in dem an sich nicht sehr stimmungs- 
vollen Saal aufgehängt. Natürlich fehlten die 
berühmten Franzosen nicht ganz, und wenn ich 
die Namen der vertreten gewesenen aufzähle, : 
so scheinen sie mein absprechendes Urteil zu- 
nächst Lügen zu strafen: Rosa Bonheur, Corot, 
Daubigny, Daumier, Dupre, Fantin Latour, Har- 
pignies, Henner, Pissaro, Renoir, Sisley, Tou- 
louse Lautrec, Troyon, Ziem. Aber es waren 
alles keine Arbeiten von besonderer Bedeu- 
tung. 

Und wenn manche dieser Bilder an sich auch 
ansprechend waren, so wurde ihre Wirkung in 
solhem Milieu doch zu stark beeinträchtigt. 
So waren z.B. sieben Albert Duprats zu sehen, 
dazwischen hing ein „Manet (attribué a)“, fer- 
ner gleich fünf ganz dilettantische Arbeiten von 
einem gewissen Boggs und zahlreiche andere 
Geschmaclosigkeiten. Im Haag, der mit den 
Franzosen im Mesdag-Museum aufwarten kann, 
war eine derartige Vorführung durchaus über- 
flüssig. 

Im Mauritshuis sind inzwischen die von 
mir im vorigen Heft beschriebenen Gemälde 
aus dem Besitze des Herrn Delaroff ausgestellt 
worden. (Bis auf den Abraham Hondius, für 
den noch Raum geschafft werden muB.) AuBer- 
dem aber noch ein kleines, bezeichnetes Bild 
von I. Koedijck, das ursprünglich nach Leiden 
kommen sollte. Es stellt einen kleinen Jungen 
dar, der in einem Zimmer auf einem Stuhl kniet 
und mit der rechten Hand auf einen Teller mit 
Nüssen greift, der auf einem großen, die linke 
Hälfte des Gemäldes einnehmenden Tisch steht. 
Dieser ist mit einer blaugrauen Decke bedeckt. 
Es befinden sich darauf ferner noch eine Zinn- 
kanne, eine Violine, ein liegendes Glas und 
eine Pfeife, die alle mit äußerster Akkuratesse 
gemalt sind. Nichts destoweniger macht das in 
hellgraubraunen Tönen gehaltene Bild als Gan- 
zes doch einen etwas äußerlihen Eindruck und 
verrät den Dilettanten. Besonders fühlbar wer- 
den diese Eigenschaften durch die Nahe des 
Stallinterieurs von Terborch, das links daneben 


1030 Monatshefte für Kunstwissenschaft 
hängt. Zu diesem seltsamen Bild, in dessen halb so lange warten, bis ich sie selbst gesehen 


Zuschreibung an Terborch der eine oder an- 
dere vielleiht doch noch Zweifel oder Be- 
denken setzen möchte, habe ich noch mitzuteilen, 
daB sich noch ein zweites Stallinterieur von 
ziemlich gleichen Abmessungen (45 x 53) nadh- 
weisen läßt: der Pferdestall in der Sammlung 
des Grafen Wachtmeister in Wanas in Schwe- 
den. (O. Grauberg hatte es in seinem bekann- 
ten Buch „Les Collections privees de la Suede“ 
auch noch als Werk eines Unbekannten unter 
Nr. 36 beschrieben) Dies Gemälde ist im 
Gegensinn im „Cabinet Poullain“ gestochen und 
signiert. Das Delaroff’sche Bild ist aber auch 
bezeichnet. Herr Dr. Erasmus hat das links, 
ganz am Rande auf einem Holzklotz angebrachte 
Monogramm aus G T B gefunden. Die Stil- 
kritik hatte also in der Zuweisung des Ge- 
mäldes an Terbor das Richtige getroffen. — 
"Außerdem ist im Mauritshuis an einer Wand 
in einem der oberen Kabinette neuerdings eine 
Anzahl kleinerer Portràtbilder von Meistern 
aus der „Verfallszeit* der holländischen Kunst 
aufgehängt worden. Es ist die von der Fa- 
milie Lingendonk im Haag der Galerie ver- 
machte Kollektion von 16 Gemälden, die im 
kurzen deutschen Katalog von 1907 schon mit 
verzeichnet ist, deren Aufstellung aber erst 
jetzt erfolgte. Sie besteht aus zwei voll be- 
zeichneten Porträts von N. Maes, guten, dha- 
rakteristischen Werken seiner späten Zeit, zwei 
Bildnissen (männlich und weiblich) von C.Net- 
scher, das weibliche bezeichnet und 1677 da- 
tiert, zweien von G. Schalcken, zweien von 
J. van Haensbergen (das eine signiert I. V. H. 
f. 1690), zwei ovalen Porträts von Philip van 
Dyk; einer Kopie nach Netscher; die übrigen 
Bilder sind von unbekannten Meistern aus der- 
-selben Periode. 

Das Museum Boymans in Rotterdam 
hat schon wieder zwei neue Schenkungen zu 
verzeichnen, die seinem Direktor, Herrn F. 
Schmidt-Degener, auf einer Reise nach Brüssel 
und Paris für die von ihm verwaltete Galerie 
gemacht wurden. Die eine von Herrn M. van 
Gelder in Uccle-Brüssel: ein großes Stilleben 
von Willem Kalf aus seiner Spätzeit; die an- 
dere, ein Gemälde von den Brüdern Le Nain, 
von Herrn Adolf Schloß in Paris. Beide Bilder 
sollen Anfang November ausgestellt werden. 
Mit einer genaueren Beschreibung will ich des- 


habe. 

Kurz zu erwähnen ist schlieBlih noch, daß 
der schon lange fehlende Katalog der Gemälde- 
sammlung im städtischen Museum „De Laken- 
hal“ in Leiden, aus der Feder von Direktor Mr. 
Dr. J. C. Overvoorde erschienen ist. Er ver- 
zeichnet auf 92 Seiten Oktav 363 Gemälde und 
Zeichnungen und gibt wie üblich knappe Be- 
schreibungen, GròBenmaBe, Material und Her- 
kunft der einzelnen Stücke an. In der illustrier- 
ten Ausgabe (Preis 80 cts.) werden 26 Gemälde 
abgebildet. Leider sind manche Netzdrucke 
sehr unscharf, wie z. B. der von Nr. 307, Jan 
Steen, Laban sucht die von Rahel gestohlenen 
Gôtzenbilder. Den Umschlag des sauberen 
Büchleins ziert eine Abbildung der „Lakenhal“. 


Kurt Freise. 


KLEINE NACHRICHTEN 


München, Die Galerie Heinemann hat ihre dies- 
jährigeWinterausstellung mit einer interessanten Kollektiv- 
ausstellung des Münchener Landsmafters Ridhard Kaiser 
mit nahezu 60 Werken audı älteren Datums eröffnet. 


Mailand. Die vielbesprochenen Restaurierungsarbeiten 
an Lionardos Abendmahl in Sta. Maria delle Grazie, 
mit denen Prof. Luighi Cavenaghi seit einer Reihe 
von Monaten beschäftigt war sind einstweilen zum Ab- 
schluß gelangt. Die vom Ministerium bestellte Kommission 
hat ihr Gutachten über die Restaurierung abgegeben, dem 
Publikum ist das Werk wieder zugänglidı gemacht. Es 
verlautet, daß das Fresco durch Cavenaghis Arbeit wesent- 
lih gewonnen habe. Der Staub, der die spärlichen Farb- 
reste bedeckte, ist verschwunden, desgleicien der Schimmel 
der sich auf den von früheren Restauratoren angewandten 
Klebestoffen angesetzt hatte. Auch diese letzteren wurden 
so weit es möglich war beseitigt. Der mit äußerster 
Behutsamkeit durchgeführte Reinigungsprozeß soll die 
koloristische Erscheinung, audı bei Stellen die vorher ganz 
vet oder versdileiert waren, wesentlich gehoben 

aben. 


Rom. Dem Andrea di Nino (Andrea Pisano) wurde 
in seiner Vaterstadt Pontedera ein Denkmal erriditet. 
Der Florentiner Bildhauer Eugenio Mancini ist der Schopfer 
des schönen und würdigen Monuments. 


Rom. Es verlautet, daß Corrado Ricci, der 
Generaldirektor der italienischen Kunstaltertümer Schritte 
getan hat, um einen Katalog aller antiken und mittel- 
alterlidien Kunstdenkmiler in ganz Italien herstellen zu 
lassen. Derselbe soll reich illustriert werden und so ge- 
wissermaBen eine General-Inventarisation der Kunst- 
denkmäler des ganzen Landes darstellen — ein Ziel, aufs 
innigste zu wünsdıen! 


London. Die beriihmte Bibliothek des Lord 
Amsterhof Hackney, die ebenso reich an Manu- 
skripten und Papyri wie an wertvollen Drucken ist, wird 
teilweise im Dezember 1908, teilweise im März 1909 hier 
zur Versteigerung gelangen. 


AG 


Max Deri, Das Rollwerk in der deut- 
schen Ornamentik des XVI. und XVII. Jahr- 
hunderts. Berlin. Schuster und Bufleb 1906. 


Die Arbeit untersucht nicht im einzelnen, wie 
sich das Renaissanceornament in den verschie- 
denen deutschen Kunstkreisen entwickelt hat, 
gibt keine erschöpfende Darstellung aller Arten 
und Abarten, keine ausführlihe Chronologie. 
Was der Verfasser bietet, ist eher eine Art 
Physiologie und Psychologie des Rollwerks. 

Das spätgotische Pflanzenornament um 1450 
ist durchaus irrational. Ohne Mittelachse, ohne 
irgendwie sichtbare Regelmäßigkeit, ohne Geo- 
metrisierung der Teile, ohne eine andere Ge- 
setzlimikeit des Baues als die des inneren or- 
ganishen Wachstums sprechen die Formen un- 
mittelbar zum Gefühl, wie sonst die der Natur. 

Dieses Ornament durfte sich nicht ausleben. 
Störend tritt ein neues Ideal dazwischen, das 
Ideal der italienischen Renaissancedekoration. 
Diese italienishe Renaissancedekoration ist 
durchaus rational, sie hat tektonischen Charakter. 
Sie betont die Achsen, sie hält sich streng an 
die Forderungen der Symmetrie und des Gleich- 
gewichts, sie gibt Gliederung, Schönheit der Ver- 
haltnisse. Darnac wird das deutsche Ornament 
rationalisiert. Seine irgendwohin — auch in die 


. Tiefe, wo es sein kann — kontinuierlich flutende 


Bewegung weidit der symmetrischen Kompo- 
sition in der Fläche. ZusammenschluB um eine 
Mitte oder eine mittlere Adıse, Gleichgewicht. 
Beschränkung auf eine Raumschicht von mäßiger 
Dicke (also Aufhören des unbegrenzten Aus- 
schweifens in die Tiefe): alle diese Eigentüm- 
lichkeiten dienen demselben Ziel: das Ornament 
begreifbar zu machen. Es wird rationalisiert. 
Und der Verfasser bringt diese neue Tendenz 
in Zusammenhang mit dem Sieg des Humanis- 
mus in Deutschland, nicht in dem rein äußerlichen 
Sinne, daß die Humanisten und ihre Freunde 
die Künstler zur Aufnahme der neuen Formen 
allmählich bestimmt hätten, sondern in dem 
tieferen, daß der humanistische Rationalismus, 
die neue Bildung des Intellekts in breiteren 
Kreisen Schule machte und so allmählich ein 
Wohlgefallen an der italienischen Art heran- 
erzogenhat. Sotritt an die Stelle der deutschen 
Spätgotik auch im Ornament die Renaissance. 

Ich muß hier eine Bemerkung einschalten. 
Der Verfasser wendet sich auf Seite 21 ff. aus- 
führlidi gegen Schmarsows Renaissancebegriff. 


GRO) LITERATUR K 


Es ist natürlich sein gutes Recht, „Renaissance“ 
nur den „rationalisierten“ Stil im italienischen 
Sinne zu nennen. Aber seine Ausführungen 
gegen Schmarsow treffen die Sache nicht. Wir 
gehen davon aus, daß zwischen strenger Gotik 
und „Spätgotik“ ein Gegensatz besteht, der sich 
nur unter der Annahme eines völligen Wandels 
der Empfindung begreifen läßt. Was Deri von 
der spätgotischen Halle sagt (S. 22 Anm.) kann 
nie und nimmer von einer Kathedrale des XIII. 
Jahrhunderts gesagt werden. Andererseits be- 
merken wir, daß eben der Wandel der Empfin- 
dung, den wir in Deutschland beobachten, auch 
in Italien der ausschlaggebende Faktor in der 
Entwickelung zur „Renaissance“ ist: der Sieg 
des Malerischen. Masaccio unterscheidet sich 
ebenso von Giotto, wie Jan van Eyck von 
irgend einem Gotiker des XIV. Jahrhunderts. 
Masaccio und Jan van Eyck sind aber einig in 
dem Bestreben, ein „Bild“ zu gestalten, die 
Forderungen des Auges nicht länger den For- 
derungen des Ausdrucks zu opfern. Und dabei 
sind wiederum Masaccios Gekreuzigter zwischen 
den Stiftern und das Arnolfinibild des Jan 
varı Eyck genau so verschieden, wie eine Ba- 
silika des Brunellesco und eine deutsche spät- 
gotische Halle. Also, die Frage ist nicht: sind 
deutsche und italienishe Kunst im XV. Jahr- 
hundert einander so ähnlich, daß wir jene eben- 
falls Renaissancekunst nennen dürfen? Sondern: 
ist nicht die deutsche Spätgotik ebenso und im 
gleichen Sinne verschieden von der Hodigotik, 
wie es die italienische Renaissance von der 
italienischen Gotik ist? Das behaupten wir; 
denn wir finden in Italien dieselbe Wandlung 
des Grundempfindens wie im Norden: die Mimik 
räumt der Malerei das Feld. Bevor man über 
vorurteilfreie Beobachtung Betrachtungen an- 
stellt, muß man den Gegner in seinem eigenen 
Lager aufsuchen. Ich bin überzeugt, wenn der 
Verfasser sich einmal ernstlich mit dem Gegen- 
satz zwischen Hochgotik und Spätgotik befaßt 
hat, wird er seine Anschauungen ebenso er- 
freulich modifizieren, wie er uns in der Bewer- 
tung der Spätgotik an sich erfreulich nahe kommt. 

Aber weiter. Der Humanismus in Deutsch- 
land hatte kein langes Leben. An seine Stelle 
tritt die Reformation, und damit siegt das volks- 
tümliche Empfinden, das Gefühl überhaupt über 
den Rationalismus. Denselben Sieg des rein 
Gefühlsmäßigen über das Rationale beobachten 
wir in der Entwickelung des Ornaments. 


1032 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Freilih kann man nicht an das Ornament 
der Spätgotik wieder anknüpfen. Die Ent- 
wickelung geht vielmehr weiter, also vom ra- 
tionalisierten Ornament aus. 

Die Renaissancedekoration kannte neben- 
einander den fest begrenzten Rahmen und den 
eingeschnittenen und gerollten Rand. Jetzt ver- 
schmolz man beides: man hielt die innere Be- 
grenzungslinie im Rahmen fest, hob aber die 
äußere auf, indem man in den Rahmen von 
außen Einschnitte machte und einzelne Teile sich 
einrollen ließ. So sprengte man ihn ab, machte 
man ihn selbständig. Er wird zur Hauptsache, 
zum körperlichen Gebilde. Und nun macht man 
ihn irrational. 

Zweierlei freilich bleibt ihm als Erbe der 
Renaissance. Sein Stoff ist nicht naturalistisch, 
kein organischer. Eher könnte man ihn tek- 
tonisch nennen. Und zweitens: er hält die Sym- 
metrie der Gesamtanlage fest. Aber im ein- 
zelnen wird er frei. Er verläuft nach außen 
willkürlich, er hat mit dem verflossenen gotischen 
Ornament den „laufenden Aufmerksamkeitspunkt“ 
gemein. Die Dicke des Materials wird betont. 

Im weiteren Verlauf geht man auf kompli- 
ziertere Bildungen aus. Ein zweiter Rahmen 
wird hinter den ersten gestellt, die Ränder des 
vorderen werden durcilocht und ausgeschnitten 
so daß der hintere ihn durchdringen, durch- 
wachsen kann. Alle Teile werden höchst lebendig 
bewegt. 

Dieses so bereicherte Rollwerk nimmt nun 
noch zum Zweck der Flächenfüllung die Elemente 
der Groteske auf. Die Ranke, das Gerüst der 
Groteske, wird dabei durch Rollwerkbildungen 
ersetzt, alle sonstigen Bestandteile werden ihnen 
eingegliedert. 

Die Höhezeit dieser Ornamentik fällt etwa in 
die Jahre 1560—1580. Dann flaut die Bewegung 
ab. Flachere, dünnere, spielendere Formen, 
eckige Brechungen treten an die Stelle des stark 
gerollten oder energisch geschwungenen Orna- 
ments. Damit wird die Aufnahme eines neuen 
Elements, des Beschlagwerks, vorbereitet. 

Ein zweiter Anstoß kam von der Maureske. 
Die Maureske war unterdessen ebenfalls in den 
Herrschaftsbereih des Rollwerks einbezogen 
worden. Insbesondere lieB sich die Bandmaureske 
sehr wohl mit Rollwerk- und Groteskenelementen 
zu stark bewegten Flächenfüllungen verschmelzen. 
In dem Grade, in dem jetzt das Bandwerk die 
Vorherrschaft erlangte, nähert sih auch von 
dieser Seite die Ornamentik dem Beschlagwerk. 
Endlich wird der in den Niederlanden schon 
seit geraumer Zeit ausgebildete Beschlag selber 
übernommen. Das Bandwerk der Maureske geht 
entweder in ihm auf oder wird zu Systemen 


von dünn ansetzenden, dann breit anwachsenden 
und endlidı spiralisch eingerollten „Keulen- 
sciwiingen* weiter entwickelt. 


So finden wir um die Wende des XVI. Jahr- 
hunderts drei Formgruppen: DasRahmenrollwerk, 
den Beschlag, die Keulenschwung-Flächenfüllung. 

Bis dahin war das Material ideell gebildet. 

Nun zeigt sich eine ausgesprochene Neigung, 
das Material zu organisieren, plastisch lebendig 
zu machen. So entsteht das Knorpelwerk in 
den jenen drei Formgruppen entsprechenden 
drei Hauptgattungen des Rahmenknorpelwerks, 
des Beschlagknorpelwerks und der sogenannten 
Schweifgroteske. Der Verfasser erklärt das 
Knorpelwerk als Linien- und Flächensymbol 
und führt die üblichen ungünstigen Urteile über 
diese Art Ornament auf die Neigung zurück, in 
den Knorpelbildungen Abbilder von Tatsächlicdı- 
keiten zu sehen. Er findet demgegenüber im 
Knorpelwerk ganz allgemein nur den Nieder- 
schlag eines bestimmten Empfindens, das er audı 
zu analysieren sucht (S. 83). 
~ Hier, wie überhaupt dem Bestreben des Ver- 
fassers gegenüber, die einzelnen Phasen der 
Entwickelung seines Ornaments mit bestimmten 
kulturgeschichtlici bedingten Zuständen der Er- 
zeuger in Einklang zu bringen, wird man viel- 
leicht bedenklich werden. GewiB ist das Red 
zu solchen Betrachtungen nicht zu bestreiten. 
Aber ganz sicher ist auch gerade hier energisch 
vor raschen Kombinationen zu warnen: es wird 
uns schwerlich jemals vollständig gelingen, die 
Empfindung einer längst vergangenen Zeit in 
uns wieder aufleben zu lassen. 

Der Verfasser besitzt eine ungewöhnliche 
Fähigkeit, den besonderen Charakter eines Orna- 
ments nachzuempfinden. Und er analysiert glück- 
lim und anschaulich. Es ist aufrichtig und leb- 
haft zu wünschen, daB er seiner Physiologie des 
Rollwerks eine Geschichte des Roliwerks folgen 


lassen möchte. Rudolf Kautzsd. 


9 


Die Kirchenbauten der deutschen Jesu- 
iten. Ein Beitrag zur Kultur- und Kunstge- 
schichte des XVII. und XVIII. Jahrhunderts von 
Joseph Braun S. J. Erster Teil: Die Kirchen 
der ungeteilten rheinischen und der niederrhei- 
nischen Ordensprovinz. Mit 13 Tafeln und 22 
Abbildungen im Text. Freiburg 1908, Herdersche 
Verlagshandlung. M. 4.80. 


AnBrauns im vorigen Jahre erschienenen „Bel- 
gische Jesuitenkirchen“ reiht sich heuer der erste 


Literatur 


1033 


Teil einesInventars der entsprechenden deutschen 
Bauten. Er umfaBt die Werke in der 1563 (von 
der 1556 errichteten niederdeutschen Provinz) 
abgetrennten rheinischen Provinz bis zum Jahre 
1626, und aus späterer Zeit die Bauten der 
1626 durch abermalige Gebietsteilung entstan- 
denen niederrheinischen Provinz. Es sind die 
Kirchen in Köln (S. Achatius) 1582, Münster 
1591—97, Speier 1599—1600, Würzburg 1606—18, 
Koblenz 1607—17, Molsheim 1614—17, Köln 
(Maria Himmelfahrt) 1616—27, Aachen 1617—27, 
Aschaffenburg 1619—21, Düsseldorf 1622—29, 
Hildesheim 1655, Münstereifel 1659—70, Koesfeld 
1673—94, Paderborn 1681—97, Osnabrück 1682 
bis 85, Bonn 1686—94, Siegen 1702—23, Meppen 
1743—45, Hadamar 1753—55, Jülih 1752—72 
und Büren 1754—70. 

Die Arbeit ist gründlich und zuverlässig. Sie 
bringt zunächst die aktenmäBige Baugeschichte 
(mit Veröffentlichung zahlreicher alter Risse) und 
Beschreibung der einzelnen Kirchen, wobei zahl- 
reiche wertvolle Funde zutage gefördert werden. 
So, um nur auf das Wichtigste hinzuweisen, 
die Namen der Architekten der Münsterer, Kölner 
und Bonner Kirche, Johann Rosskott, Christoph 
Wamser und Jakob de Candrea. Weitere Ein- 
zelheiten, wie die interessanten Pläne zur Kölner 
Marienkirche, müssen hier übergangen werden. 
Nur der mit Rücksicht auf die stilistische Ver- 
schiedenheit des Schlosses und der Kirche er- 
folgten Ablehnung Georg Ridingers als des 
Meisters der Aschaffenburger Dreifaltigkeits- 
kirche möchte Referent seine an anderer Stelle 
(Beil. z. Allg. Zeitg. 29. September 1906) ver- 
tretene Ansicht entgegenhalten, daB Ridingers 
Stilgefühl nicht stark und einheitlich genug ent- 
wickelt war, um diese Ablehnung unbedingt 
notwendig erscheinen zu lassen. 

Nicht minder wertvoll als die Beibringung 
des historishen und beschreibenden Materials 
in den Abschnitten über die einzelnen Kirchen 
sind die zusammenfassenden Einleitungs- und 
Schlußkapitel. Hier wird, etwas spät — in den 
Kunstgeschiditen ist es scion vor Jahrzehnten 
geschehen —, doch mit einer bisher nicht er- 
reichten Vollständigkeit des Materiales mit dem 
Begriffe des , Jesuitenstiles“ aufgeräumt. „Für Er- 
teilung oder Verweigerung der Approbation war 
lediglih die Zweckmäßigkeit des Planes maß- 
gebend; vom Stil ist nie und nirgends die Rede; 
insbesondere wird niemals empfohlen, die Kir- 
chen im Barock zu errichten. Die Stilfrage über- 
lieB der General ganz und gar den Petenten, 
denen es unbenommen blieb, sich für den Stil 
zu entscheiden, welchen sie... . für den passend- 
sten erachteten.“ In der Tat zeigen von den 
im vorliegenden Buche behandelten Kirchen 


zwei Drittel noch gotische Architektur, und zwar 
bis in den Anfang des XVIII. Jahrhunderts hinein. 
Aus dem Beginne des XVII. Jahrhunders besitzt 
der rheinishe Kreis nur zwei Barockkirchen, 
Aschaffenburg und Düsseldorf, und erst um die 
Mitte des XVIII. Jahrhunderts ist hier mit der 
Gotik völlig gebrochen. Nicht die Zusammen- 
stellung der Jesuitenkirchen bildet die Grund- 
lage zur analytischen Konstruktion eines archi- 
tektonischen Systems in der Art jenes der Hirsauer 
und Zisterzienser, sondern die Vereinigung der 
einschiffigen Kirchen mitSeitenkapellen, 
diedem Typus von Vignolas Gesü folgen. 
Dies aber ist, wie nachgewiesen, weder bei 
allen Jesuitenkirchen, noch ist es ausschließlich 
bei Jesuitenkirchen der Fall. 

Neben dem Hauptthema werden in Exkursen 
wichtige Einzelfragen, wie die Entwicklung der 
rheinishen Knorpelornamentik, behandelt. Den 
Fortsetzungen des gut illustrierten Buches, in 
denen der Verfasser zu vielerörterten lokal- 
kunstgeschichtlichen Problemen Stellung nehmen 
muß, darf man mit Erwartung entgegensehen. 


Julius Baum. 


2 


Karl Voll, Vergleichende Gemäldestudien. 
Zweite Auflage. München und Leipzig. Georg 
Miller 1908. 

Heinrich Wölfflin, Die Kunst Albrecht 
Diirers. Zweite vermehrte Auflage. Mün- 
chen. F. Bruckmann, A.-G., 1908. 


Der wissenschaftlihe und inhaltlihe Wert 
der beiden Bücher ist bei ihrem ersten Er- 
scheinen so ausgiebig und eingehend gewürdigt 
worden, daB er heute schon sozusagen außer 
Diskussion steht. Darum dürfen wir uns bei 
Gelegenheit der zweiten Auflage darauf be- 
schränken, die Frage nach dem methodologischen 
Wert der beiden Publikationen aufzuwerfen. 
Zu einem Vergleich in dieser Hinsicht reizt ins- 
besondere die Tatsache, daß beide kunsthistorisch 
so bedeutsamen Erscheinungen ausgesprochene 
Dokumente zweier Schulrichtungen sind, die im 
heutigen kunsthistorishen Leben Deutschlands 
eine groBe Rolle spielen. 

Das Vollshe Buch hat bewußt pädagogische 
Absicht und darf als ausgesprochener an Schul- 
beispielen erläuterter Traktat von der Methode 
gelten. Es hat den löblihen Zweck, dem un- 
siher gewordenen Laien feste gebrauchsfähige 
Handhaben zu geben, die ihm eine zuverlässige 
Orientierung im Reiche des Kunstgeschaffenen 
ermöglichen. Voll ist ein temperamentvoller 
Philologe, der mit warmer Sinnlichkeit an der 


1034 


Wirklichkeit hängt und auch der Kunst ohne 
jede metaphysische Voreingenommenheit als 
Realist entgegentritt. Ihn quälen keine ästhe- 
tischen Skrupel noch Zweifel, und die letzte 
Berufungsinstanz seiner Urteile ist sein in guter 
praktischer Schulung erzogenes künstlerisches 
Gefühl. Dieses Gefühl läßt sich bei ihm nicht 
mit ästhetischen Prinzipien kontrollieren und 
rechtfertigen, es sitzt ihm vielmehr als lebendiger 
Instinkt in den Fingerspitzen und deckt sich mit 
seinem unbeirrbaren Gefühl für das Menschlich- 
Echte, Gesunde, Gediegene, in ehrlicher Arbeit 
Geschaffene. Der intime Umgang mit dem Ma- 
terial, den er als langjähriger Konservator der 
alten Pinakothek pflegte, hat natirli diese 
resolute Tendenz seiner Natur sehr bestärkt. 
So wurde ihm die Eigenhändigkeit zum höchsten 
Kriterium für die künstlerische Güte eines Werkes 
und Sonderung von Kopie und Original zum 
eigentlichen Ziel seiner Forschertätigkeit. Und 
aus dieser Praxis heraus erwuchs ihm auch seine 
Methode, die ihn zum überaus zuverlässigen 
Kunstkenner und Sachverständigen und zum 
‚gegebenen Berater und Anleiter unseres kunst- 
historischen, für den Museumsdienst bestimmten 
Nachwuchses machte. Er versteht es wie kein 
anderer, mit der Materie sachlich vertraut zu 
machen, und darin besteht auch der unbestrittene 
Erfolg seiner Lehrtätigkeit. 

Doch die Gemäldestudien wenden sich an 
weitere Kreise; sie wollen nicht nur den Kunst- 
historiker und künftigen Museumsbeamten, 
sondern auch das künstlerisch interessierte 
Puklikum erziehen, wollen den unsicher gewor- 
denen Laien wieder in ein unmittelbares Ver- 
hältnis zur Kunst bringen, ihm eine feste Unter- 
lage für sein irrlichterierendes Urteil geben. Ich 
kann meine Zweifel nicht unterdrücken, ob Voll 
zu diesem Zwecke den richtigen Weg gewählt, 
ob seine Mittel diesem Zweck entsprechen. Mir 
scheint vielmehr, daß seinen kunstpädagogischen 
Absichten der Irrtum zugrunde liegt, daß Kunst- 
kennerschaft mit Kunstverständnis identisch sei. 
Es gibt künstlerische Werte, die von der Frage 
nach der Eigenhändigkeit gar nicht berührt 
werden, die an jeder Kopie demonstriert werden 
können und auf die es meines Erachtens für die 
erste Kunsterziehung gerade ankommt. Es liegt 
hier eine Überschätzung des Persönlichen vor, 
für die wir die historisch-philologische Abkunft 
unserer Disziplin verantwortlich machen müssen. 
Damit daß der Laie befähigt wird, die Minder- 
wertigkeit des unter dem Namen Leonardo 
gehenden Medusenkopfes der Uffizien zu kon- 
statieren, ist für seine Kunstkennerschaft einiges, 
für sein Kunstverständnis wenig getan. Und ich 
meine, wir sollen den Laien mehr zum Kunst- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


verständnis erziehen als zur Kunstkenner- 
schaft, ihn mehr für die Kunst als für die 


. Bilder vorbereiten. Die Schulung nach Vollscher 


Methode sollte als unentbehrliches Schlußglied 
am Ende der Laienerziehung, nicht an ihrem 
Anfang stehen. Sie ist im kunsthistorisdien 
Seminar sehr am Platz, nicht aber in Gymnasien 
und Mittelschulen, wie Voll will. Hier muß es 
weniger darauf ankommen, den Laien gleich 
mit den Intima des Materials vertraut zu machen, 
als vielmehr sein noch unentwickeltes Kunst- 
gefühl nach elementar- ästhetishen Prinzipien 
zu kultivieren, es an Paradigmen für die Praxis 
vorzubereiten, ihm sozusagen grammatikalische 
Grundlagen zu geben. Voll nennt das in seiner 
übertriebenen und etwas unzeitgemäßen Angst 
vor Theorien und Abstraktionen Steine statt 
Brot geben. Aber er wird mich nidıt über- 
zeugen, daß die praktische Berlitzmethode für 
ernsthafte Kunsterziehung am Platz ist. Das 
sind prinzipielle Aussetzungen, die nicht das 
überaus brauchbare und gründliche Buch treffen, 
das dem Fachmann reihe Gewinnmöglidhkeit 
garantiert, sondern einzig seine Bestimmung als 
Laienbibel. | 

Das Problem der Laienerziehung nach ele- 
mentar-ästhetischen Grundsätzen ist theoretisch 
noch nicht gelöst, und bei der Verwirrung, die 
in unserer wissenschaftlihen Ästhetik herrscht, 
ist vorläufig nicht viel Aussicht vorhanden, dab 
diese Disziplin sich mit der kunsthistorischen 
Praxis verbrüdern wird. Dagegen scheint mir, 
daß praktisch der Lösung des Problems die 
Wege gewiesen sind durch Wölfflins glänzende 
Leistungen. Womit nicht gesagt werden soll, 
daß ein Werk wie das Dürerbuc eine leidite 
Lektüre für Laien und junge Kunstschwärmer 
sei. Aber der Genuß wahrer Kunst setzt nun 
einmal einen reifen Menschen voraus und ver- 
langt von ihm innige Hingabe und eine große 
ernste Arbeitsleistung des Geistes und der Seele. 
Wenn also hier von Laien geredet wird, ist 
immer nur an den innerlich berufenen Laien 
gedacht, Nur an ihn wendet sich die Wölfflin- 
sche Pädagogik. Und mit dieser Einschränkung 
sollte meines Erachtens jedes kunsterzieherische 
Bestreben rechnen. Denn gerade die äußerliche 
unwahre „Bildung“, die sih auswahllos aud 


der Kunst bemäcdhtigt hat, steht einer eigent- 


lichen künstlerischen Kultur am meisten im Wege. 

Der große erzieherishe Wert der Wölfflin- 
schen Art liegt in dem Umstand, daß hinter 
jedem Satz seiner Arbeiten eine klare fest- 
konstituierte ästhetische Weltanschauung steht. 
Nur das gibt dem Laien jenes Sicherheitsgefihl 
wieder, das ihm im Durcheinander der künstle- 
rischen Afterkultur, an der unsere Zeit leidet, 


Literatur 


verloren gegangen ist, Ohne in die wirren 
Probleme theoretischer Asthetik verstrickt zu 
werden, muB er das Gefühl haben, daß jede 
Anschauung, jede Wertung, die ihm vermittelt 
wird, fest verankert sei in einer klaren und or- 
ganischen ästhetischen Bildung. Nur auf diesen 
Umstand darf sich die autoritative Überlegen- 
heit des Kunstpädagogen stützen, nur sie recht- 
fertigt die Hingabe und das Vertrauen des 
Lernenden. Denn ohne diesen soliden Hinter- 
grund läuft jede Argumentation Gefahr, zur 
Sophistik zu werden. 

Wolfflins Methode ist nicht direkt aus un- 
mittelbarem praktischen Umgang mit dem Ma- 
terial erwachsen, sondern mehr aus ästhetischen 
Gewissenskämpfen, aus den Forderungen seiner 
reinlichkeitsbediirftigen Natur, sich strenge 
Rechenschaft zu geben über sein künstlerisches 
Erleben, aus dem Drange, das Instinktartige 
seines Geschmacsurteils zu bewußter Einsicht 
emporzuläutern. Daß es dabei an strenger Er- 
ziehung am Stoff nicht gefehlt hat, das beweist 
gerade sein Dürerbuch. Hier hat er sih dem 
großen unübersehbaren Stoff — ohne sich selbst 
je zu verlieren — in einer Weise hingegeben, 
die als das schönste Resultat seiner strengen 
Selbsterziehung erscheint. In dieser Beziehung 
stellt das Dürerbuch auch einen Fortschritt dar 
über die bei aller GroBartigkeit theoretisch noch 
etwas befangene Interpretation der klassischen 
Kunst. 

Voll und Wölfflin erscheinen als Gegensätze. 
Neben Voll, dem modernen Realisten mit in- 
duktiver Methode, wirkt Wölfflin wie ein nach- 
geborener Humanist. Aber diese Polarität liegt 
nur in den Ausgangspunkten. Die große zentri- 
petale Gesinnung, die beide treibt, macht es 
wahrscheinlich, daB sie sich im Laufe ihrer 
inneren Entwicklung ooch einmal begegnen 
werden. Das Gegensatz-Verhältnis wird sich 
immer mehr zu einem Ergänzungsverhältnis 
umgestalten, und die deutsche Kunstgeschichte 
wird den größten Gewinn davon haben. 


Wilhelm Worringer. 


8 


Sir Walter Armstrong. Joshua Reynolds. 
Aus dem Englischen übertragen von E. von 
Kraatz. Mit 52 ganzseit. Illustrationen. München. 
Vereinigte Kunstanstalten (1908). 

Die Übersetzung von E. von Kraatz bringt 
unserer Kunstliteratur eine sehr erwünschte Be- 
reicherung, indem sie das ausgezeichnete Buch 
Armstrongs der Gesamtheit der deutschen Leser, 
die sich leider mit dem Original nicht alle ab- 


drucks ist. 


1035 


finden können, zugänglich macht. Die großen 
Vorzüge dieser und der anderen großen Mono- 
graphie Armstrongs über Gainsborough beruhen 
in der Überlegenheit, mit der der Stoff gemeistert 
und gruppiert ist und in der lebendigen Frische 
der Darstellung. Bei einer solchen Fülle der 
künstlerishen Dokumente, wie sie namentlich 
bei Reynolds zur Verfügung stehen, bei der 
Popularität seiner Hauptwerke und dem Ver- 
ständnis, das wir ihnen eben jetzt wieder 
entgegenbringen, kann es sich nicht darum 
handeln, sich in stilkritishe Betrachtungen zu 
verlieren, wie sie gegenüber einer älteren histo- 
rishen Kunst am Platze wären. Vielmehr 
erwarten wir hier ein farbenreiches Bild des 
Meisters inmitten seiner Umgebung zu sehen. 
Und dieses versteht Armstrong — darin selbst 
ein trefflicher Porträtist — zu geben. Besonders 
sympathisch sind uns dabei zwei britische Tugen- 
den: die Aufrichtigkeit des Urteils, die sich von 
aller Verhimmelung des Helden fern hält und 
ein trockner männlicher Humor. Reynolds wird, 
wie es nahe liegt, auch in diesem Buche, häufig 
in Parallele zu Gainsborough gesetzt, obwohl 
er kaum dabei gewinnen kann. Armstrong gibt 
es gelassen zu, daß er der Verstandesmensch, 
der schwer ergründliche vorsichtige Egoist, der 
Musterknabe unter den großen Meistern ge- 
wesen sei, für die Akademie der geborene 
Präsident und doch dem Schüler ein schlechter 
Lehrer. — 

Die Übersetzung liest sich gut, wenn gleich 
sie nicht ganz frei von Flüchtigkeiten des Aus- 


G. Pauli. 
Q 


Georg Fuchs, Deutsche Form. Betrach- 
tungen zur Deutschen Jahrhundert- Ausstellung. 
München, Georg Müller. 


Unter dem sehr anspruchsvollen Titel „Deutsche 
Form“ gibt Georg Fuchs einen Rückblick über 
die Deutsche Jahrhundert- Ausstellung und die 
Münchner Retrospektive von 1906. Die Definition 
dessen, was er unter „deutscher Form“ versteht, 
bleibt er schuldig. Ein gelegentliches Erwähnen 
„romanischer Dome, der Gotik, Grünewald, Hol- 
bein und Dürer, des deutschen Barock, des 
deutschen Rokoko, des deutschen Empire“ tuts 
nicht, ebenso wenig wie das fortwährende An- 
führen dieser Worte in gesperrten Lettern. 

Zwei Möglichkeiten ergeben sich für den 
Schilderer einer Epoche: er kann eine Stil- oder 
eine Künstlergeschichte schreiben, die Gesetze 
untersuchen, die für Werden und Art einer be- 
stimmten Periode gelten, oder sich an die 


1036 


Schaffenden halten, die einer zeitlich begrenzten 
Periode durch ihre Werte einen bestimmten 
Stempel aufgedriickt haben. Fuchs ist keinen 
dieser Wege konsequent gegangen; in seinem 
sehr schlecht aufgebauten Buche stellt er bald 
das eine, bald das andere Prinzip in den Vorder- 
grund und sagt Trivialitäten, indem er sich den 
Anschein gibt, neue Wahrheiten zu künden. Mit 
bescheidenem Stolze erwähnt er, er sei kein 
gelehrter Mann. Es bedurfte wahrlich dieser 
Versicherung nicht, der Leser kommt sehr bald 
hinter das Geheimnis! Und was soll man zu 
einem Buche über „Deutsche Form“ sagen, das 
ausklingt in eine Verherrlichung „des verbannten 
Carl Peters..... des imposantesten Taten- 
menschen, der aus der jüngeren Generation 
unserer Rasse bis heute hervorging“? 


Das merkwürdigste ist, daB sich zwischen 
bombastischen Einleitungs- und Schlußkapiteln 
ein brauchbares Mittelstück befindet, in dem 
der Verfasser den Vergessenen nachgeht, deren 
Werke die Münchner Retrospektive gezeigt hat. 


Rosa Schapire. 


Franz Xaver Kraus. Geschichte der christ- 
lichen Kunst. Zweiter Band, zweite Abteilung, 
zweite Hälfte. Fortgesetzt und herausgegeben 
von Joseph Sauer. Freiburg i. Br. Herder. 1908. 


Mit der Geschichte der christlichen Kunst 
während der italienischen Hochrenaissance ist 
das Werk nun vollendet. An diesem SchluB- 
bande, der fast 600 Seiten umfaßt, hat Kraus 
nur noch in den Anfängen gearbeitet. Die Ka- 
pitel über Fra Bartolommeo und Leonardo sind 
zum großen, die über die Sixtinadecke und über 
Raffael zum geringeren Teile sein Werk. Ihre 
Überarbeitung und der Abschluß des gedanken- 
reichen Buches lag in den Händen des Freibur- 
ger Universitätsprofessors Joseph Sauer. 


Man wird den besonderen Vorzug digses 
Werkes nicht in den künstlerishen Würdigun- 
gen suchen. Andere große und schwierige Auf- 
gaben harrten der Bewältigung, nämlich eine 
zusammenfassende Darstellung der geschicht- 
lichen Grundlagen und vor allem ein Eingehen 
auf die schwierigen das Inhaltliche der Schòp- 
fungen betreffenden Probleme, soweit sie in 
den Rahmen der christlichen Kunst fallen. Es 
kann kein Zweifel sein, daB nicht der Vertreter 
der Kunstwissenschaft, sondern in erster Linie 
der Theologe und Historiker zur Lösung dieser 
Aufgaben berufen ist. Nicht minder wird man 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


in Abrede stellen können, daB unter den weni- 
gen in Betracht Kommenden keiner hierfür ge- 
eigneter war, als der nicht nur auf seinen Spe- 
zialgebieten, sondern auch auf den weiten Fel- 
dern der Literatur und Kunst gleichmäßig be- 
wanderte feinsinnige Humanist, dem sein Schüler 
erfolgreich nachstrebt. 

Keine geringe Leistung ist schon die Ver- 
arbeitung und Kritik der riesigen Literatur, die 
in einzelnen Fällen, wie bei der Erklärung der 
Camera della Segnatura eine sehr entschiedene 
Stellungnahme der Verfasser herausforderte. 
Der Hauptwert des Buches beruht indes nicht 
auf der Kritik der bisherigen Forschungen, son- 
dern auf der überwältigenden Fülle neuer Er- 
klärungen, die eben nur den griindlichsten 
Kennern des religiösen Geistes, insbesondere 
der ihn dokumentierenden theologischen und 
philosophischen Schriften der Renaissance mög- 
lih waren. Es sind einerseits Beiträge zur 
Ikonographie, wie die Bemerkungen über die 
Darstellungen der Sibyllen (S. 355) und Pla- 
neten (S. 466), anderseits und besonders aber 
ausführliche inhaltlihe Deutungen der Haupt- 
werke der Zeit. So wird, um einige beliebige 
Beispiele herauszugreifen (S. 343), in der unte- 
ren Reihe der Sixtinafresken der vollkommene 
historisch-typologische Zusammenhang der Sze- 
nen des Alten und Neuen Testamentes festge- 
stellt, zur Erklärung der Disputa und Schule 
von Athen (S. 386-418) eine Menge neuen 
Materiales beigebracht, nicht minder zu vielen 
übrigen der Stanzenbilder (Borgobrand, S. 444), 
endlich (S. 447—456) eine enge typologische Be- 
ziehung zwischen dem Petrus- und Pauluszyklus 
der Teppiche Raffaels nachgewiesen. In gleicher 
Weise erfahren die Werke der anderen Großen, 
zumal Michelangelos, tiefgründige Erklärungen, 
die durch ausreichende Abbildungen unterstützt 
werden. 

Die moderne Kunstwissenschaft muB für eine 
so umsichtige Bestellung dieses Feldes, das sie 
in anbetracht der Unzulänglichkeit ihrer Mittel 
und der Wichtigkeit speziellerer Aufgaben mehr 
und mehr brach liegen lassen muß, dankbar 
sein. Der Leser wird, wenn er auch manches 
aus dem Standpunkte der Verfasser sidı er- 
gebende Urteil über nicht spezifisch religiöse 
Künstler (wie Correggio und Giulio Romano) 
sich nicht zu eigen macht, aus dem Buche doch 
reiche Belehrung und Anregung schöpfen. 


Julius Baum. 


Literatur 1037 


Marc Rosenberg, Geschichte der Gold- 
sdimiedekunst auf technischer Grund- 
lage. Abteilung: Niello. Druck und Kom- 
missionsverlag der L. C. Wittich’schen Hofbuch- 
druckerei. Darmstadt. 1907. Fol. 36 S. 


Auf dem bisher noch so sehr vernachléssig- 
ten Gebiete der wissenschaftlicien Erforschung 
des alten Kunstgewerbes und seiner Geschichte 
wird stets, soweit die eindringlihe Denkmäler- 
kunde in Betracht kommt, die Goldschmiedekunst 
ganz besondere Schwierigkeiten bieten, da sich 
hier zu der weiten Zerstreutheit des Materials 
noch die Schwerzugänglichkeit desselben insbe- 
sondere für alle auf die Technik gerichteten 
Fragen und Untersuchungen gesellt. Um so 
höher müssen wir es Marc Rosenberg anrech- 
nen, daB er unbeirrt durch alle sich ihm ent- 
gegentürmenden Schwierigkeiten mit zäher Aus- 
dauer sein hohes Ziel verfolgt, die Forschung 
über Goldschmiedekunst immer fester, immer 
zuverlässiger zu fundieren und nac allen 
Richtungen auszubauen. In der mir zur Be- 
sprechung vorliegenden neuesten seiner Ver- 
offentlimungen, der hoffentlic: weitere Abtei- 
lungen bald folgen werden. packt er nun den 
Stier bei den Hörnern, indem er mit allen 
Mitteln seines reichen Wissens der Technik zu- 
nächst des Niello zu Leive geht, auf ihr die 
Geschichte des Kunstzweiges aufzubauen sucht. 

Neuland freilich hat Rosenberg damit keines- 
wegs betreten. Gerade das Interesse an den 
Niellen d. h. den mit einer wesentlich aus 
Schwefelsilber — „Plachmal“ nannte es die alte 
Scheidekunst und Alchemie — bestehenden 
Masse ausgeriebenen Gravierungen auf Edel- 
metallgeräten und den Abdriicken von solchen 
Gravierungen vor dem Einreiben der schwarzen 
Masse ist infolge der Annahme, daB die Kupfer- 
stecherkunst eben aus diesen Fertigkeiten und 
Geflogenheiten des Goldschmieds ihren Ursprung 
genommen habe, schon in der Frühzeit der 
Kunstgeschichte lebendig gewesen, hat bereits 
vor mehr als hundert Jahren zahlreiche gelehrte 
Federn in Bewegung gesetzt. Allein bereits 
Fiorillo klagt auch über die „Unbekanntschaft 
der Schriftsteller mit den technischen Ausdrücken“, 
die alle Kunstsachen mit einander verwechsle, 
„woraus so viele Widersprüche und ungereimte 
Dinge in die Kunstgeschichte geflossen sind“, 
und man kann leider nicht sagen, daB in puncto 
des Niello die folgenden Generationen von Kunst- 
historikern sih von dem Fehler der Ungründ- 
lichkeit und Unklarheit frei gehalten hätten. So 
hatte sich, den ganzen Weg iberwuchernd, ein 
dichtes Dornengestrüpp angesetzt, das heute 
vielleicht nur unserem besten Kenner, eben dem 


Verfasser der vorliegenden Schrift, mit scharfen 
Blike zu durchdringen, mit starker Hand aus- 
zuroden môüglid war. Notwendig mußte unter 
diesen Umständen der darstellende Charakter 
des Buches fast in allen Teilen hinter Form und 
Art der Untersuchung, die die Lektüre zu keiner 
leichten machen, zurücktreten; und wenn trotz 
aller Trefflichkeit der Beweisführung, trotz aller 
Gründlichkeit und Vorsicht in der Widerlegung 
bis dahin gültiger Meinungen gleichwohl hier 
und da Bedenken und Zweifel bestehen bleiben, 
so liegt das durchaus in der Natur des schwie- 
rigen und an Problemen reichen Stoffes. 

Daß schon den alten Ägyptern die Niello- 
technik bekannt war, wissen wir aus Plinius 
Hist. nat. XXX, 46, aber erst im Jahre 1900 hat sich 
zweifelloses Niello, „vielleicht aber eher Shwe- 
felkupfer als Schwefelsilber“, an der Axt und 
dem Dolche des Königs Ahmose von der XVIII. 
Dynastie nachweisen lassen (v. Bissing, „Ein 
Thebanischer Grabfund“). Rosenberg fügt diesen 
Werken noch die beiden Falken- oder wohl 
richtiger Sperberköpfe hinzu, die er bereits in 
seiner Schrift „Ägyptische Einlage in Gold und 
Silber“ (Frankfurt, Keller) S. 11 abgebildet und 
besprochen hatte. Damals hatte er die dunklen 
metallischen Einlagen in das Gold dieser Sper- 
berköpfe noch als Stahl ansprechen zu müssen 
geglaubt. Heute kann er sie mit Wahrschein- 
lichkeit („anscheinend“) als Niello bezeichnen. 
Nur ist das Niello dieser frühen Denkmäler 
nicht von dem dünnen Auftrag etwa des Hildes- 
heimer Silberfundes oder mittelalterlich-abend- 
ländischer Werke, sondern eine massigere Einlage, 
wie sie sich bis tief in die byzantinische Zeit hin- 
ein verfolgen läßt. Aus dieser wird namentlich 
eine bronzene Staurotheke, „vielleicht 11. Jahr- 
hundert“, eingehender gewürdigt und in einem 
vortrefflihen Farbendruck wiedergegeben. Die 
römische Kunst nimmt insofern eine Art 
Zwischenstellung zwischen der altägyptischen 
Technik und der neuen Art mit dem dünnen 
Auftrag ein, als sich in ihrem Kreise Arbeiten 
beider Richtungen finden. Für jene ältere Art 
ist der bekannte, 1893 in der Nähe von Brescia 
gefundene Goldring, den Rosenberg in sehr 
dankenswerter Weise wiederum in einem Far- 
bendruck und in dreifacher Vergrößerung ab- 
bildet, für die neuere u. a. das Ortband eines 
Schwertes aus dem in Köln aufgedeckten Grabe 
eines römischen Auxiliars (Fig. 3, 4 und 5 bei 
Rosenberg) besonders charakteristisch und lehr- 
reich. Bei der Besprechung mehrerer weiterer 
Werke beider Richtungen, bei der der Ver- 
fasser verschiedentlich wiederum durch vorzüg- 
tihe Abbildungen unterstützt wird, merkt er 
als eines der Resultate seiner Untersuchungen 


1038 


u. a. an, daB der Nielloauftrag bei den byzan- 
tinischen Silberarbeiten (im Gegensatz zu Gold 
und Bronze, für die wir den starken und brei- 
ten Auftrag des Niello kennen gelernt haben) 
immer sehr dünn ist. Bei der Frage der Da- 
tierung des Kreuzes des Erzpriesters im Dom- 
schatz zu Monza (Fig. 11—13. bei Rosenberg) 
wäre vielleicht ein Eingehen auf die von O. v. 
Falke (Falke und Frauberger, Schmelzarbeiten S.3.) 
angeführten verwandten Werke am Platze ge- 
wesen. Eine genauere zeitlihe Fixierung als 
die nach Didron, Annales archéologiques XXVI. 
137 durch das Vorkommen des Kolobion ge- 
gebene, nämlich 7.—9. Jahrhundert, scheint mir 
auch durch Rosenbergs Ausführungen (S. 8f.) 
nicht erreicht. 

Die Blütezeit des deutschen Niello ist das 
12. Jahrhundet, die Zeit der Tragaltäre, die 
Zeit des Theophilus, des Verfassers der Sche- 
dula diversarum artium, den Albert Ilg mit dem 
Verfertiger des berühmten Tragaltars im Dom- 
schatze zu Paderborn, Rogkerus, einem Mönch 
des Klosters Helmershausen, identifizieren wollte. 
Den eigentlichen und von ihm versprochenen 
Beweis für seine Behauptung ist Ilg uns schul- 
dig geblieben, und Rosenberg weist in eingeh- 
ender und scharfsinniger Untersuchung nach, 
daB die Gründe, die bisher für die Identifizie- 
rung ins Feld geführt worden sind, auf Stich- 
haltigkeit keinen Ansprudı machen können. 
Immerhin bleibt m. E. die Möglichkeit der Iden- 
tizität bestellen und hätte bei Aufrollung der 
ganzen Frage auch auf das Verhältnis namentlich 
des Tragaltars für das Benediktinerstift Abding- 
hof (vgl. Falke-Frauberger a. a. O. S. 14ff.) 
einerseits zu Rogkerus, andererseits zu Theo- 
philus, der die daran vorkommende seltene Tech- 
nik der ausgeschnittenen Arbeit im 71. Kapitel 
seiner „Schedula“ erläutert, eingegangen wer- 
den müssen. Doch hat der Verfasser die Be- 
handlung dieses Punktes möglicherweise einer 
anderen Abteilung seiner „Geschichte der Gold- 
scimiedekunst auf technischer Grundlage“ vor- 
behalten 

An die Untersuchung über den Paderborner 
Tragaltar (Fig. 16—18) schließt sich die Be- 
sprechung des Reliquienkästchens in St. Victor 
(Fig. 19), sowie des Kreuzes von St. Trudpert 
(Fig. 20—25), dem Rosenberg schon vor Jahren 
eine meisterhafte Monographie gewidmet hat, 
und der Schale aus der Sammlung Basilewsky 
in der Eremitage zu St. Petersbnrg (Fig. 26), 
zu deren hauptsächlichster figürlicher Darstel- 
lung eine weitgehende ikonographische Ent- 
sprechung am durchbrocienen FuB des Alpais- 
Ciboriums im Louvre (Fig. 27) nachgewiesen 
wird. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Für den Orient ist in dieser Zeit das Niello 
literarish bezeugt. Abgebildet finden wir bei 
Rosenberg in natürlicher Größe und in Ver- 
grôBerung ein auf der Insel Gotland gefundenes, 
jetzt im Museum zu Stockholm aufbewahrtes 
Armband, auf dessen Bronzekern nielliertes 
Silber, in das Goldteile eingebettet sind, dick 
aufgelegt ist. Es soll jener islamitischen Ge- 
schmaks- und Einflußsphäre angehören, die 
Sich nach Montelius aus Arabien über Rußland 
nach dem skandinavischen Norden erstreckte. 
Mir scheint jedoch ein zwingender Grund, eben 
dieses Stück jener Sphäre zuzuteilen, aus Dekor 
und Technik desselben kaum abgeleitet werden 
zu können. Die Kenntnis des Niellierens mag ja 
aus Rußland, das, wie Rosenberg feststellt, be- 
reits im 12. Jahrhundert bedeutende Leistungen 
in dieser Kunst zu verzeichnen hatte, nadı Got- 
land gelangt sind. 

Rußland ist auch aller Wahrscheinlichkeit 
nach mit jenem ,Ruscia* in der Vorrede des 
Theophilus gemeint, das er unter Hinweis auf 
die dortige Kunst des Niellierens, mit Griechen- 
land d. h. dem griechischen Orient und Arabien 
den drei großen westlichen Kunstländern, Italien, 
Frankreich und Deutschland gegenüberstellt, das 
aber lig in seiner Ausgabe der „Schedula“ in 
„Tuscia“ geändert hat und das man seither mit 
ihm als Toscana hat verstehen wollen. Dieser 
Nachweis, aufgebaut wesentlich auf jener Fest- 
stellung und der Tatsache, daß _ italienische 
Niellen erst etwa aus dem 14. Jahrhundert be- 
kannt sind, bildet einen der Glanzpunkte der 
ganzen Abhandlung Rosenbergs. Das Ergeb- 
nis: Ruscia = Rußland darf als gesichert betradi- 
tet werden. 

Eingeschoben in diese Untersuchung ist die 
Erörterung der Frage nach dem Ursprung des 
Kupferstichs und nach den italienischen Niellen 
und Abdrücken von zur Niellierung bestimmten 
Platten aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Audi 
hier geht der Verfasser unbeirrt um alles, was 
bisher darüber zusammengeschrieben worden 
ist, überall auf die Quellen zurück, die er auf 
ihre Lauterkeit prüft und neben denen er nur 
die Denkmäler selbst reden läßt. Er kommt zu 
der Überzeugung, daß nicht „Abdrücke von 
Silberplatten, die unmittelbar nach ihrer Gravie- 
rung abgedruckt und dann nielliert worden 
sind,“ zur Erfindung des Kupferstichs geführt 
haben, sondern daB dieser unmittelbar „aus der 
Erfindung eines Handwerkszeuges hervorge- 
gangen ist, das die Goldschmiede nicht voll 
ausnutzen konnten“, nämlidı des Stichels zur 
Herstellung von Gravierungen, die bei den 
Goldschmieden die Meißelarbeit mit ihren brei- 
teren Linien rasch in den Hintergrund drängten. 


Literatur : 1039 


Mag nun aber auc diese Reihenfolge der Er- 
scheinungen, diese Art der Herkunft des Kupfer- 
stichs mehr den Tatsachen entsprechen als der 
bisher angenommene Gang der Dinge, so wird 
doch die Annahme, daB die Goldschmiede sich 
von ihren Gravierungen Abdriicke zurückzube- 
halten pflegten, die dann wohl in der Regel 
von einem Schwefelabdruck oder von einem 
Abdruck aus feinem gebrannten Ton als Me- 
dium genommen wurden, weil sie ja sonst die 
Darstellung oder das Ornament samt etwaiger 
Schrift im Gegensinne zur Anschauung gebracht 
haben wiirden, stets groBe Wahrscheinlichkeit 
für sich behalten. Die Zahl solcher Abdrücke 
war allerdings zweifellos verschwindend gering, 
und nur ganz wenige sind aus dem 15. und 
16. Jahrhundert auf uns gekommen, aber doch 
etwas mehr als Rosenberg bei der Behandlung 
der Finiguerra-Frage in den Kreis seiner Be- 
trachtung zieht. So wäre wohl — abgesehen 
von der von Duchesne und von Dutuit (vgl. 
Rosenberg S. 25) aufgezählten Blättern — 
zu dem zweiten Abdruck jener Pax mit der 
Krönung Mariae in Museo Nazionale zu Florenz, 
die früher dem Maso Finiguerra zugeschrieben 
wurde, neuerdings aber unter Vorbehalt für 
Matteo Dei in Anspruch genommen wird, in 
der Bibliothek des Arsenals zu Paris (vgl. 
Bucher, Gesch. der tedınischen Künste II, 11), 
zu den Abdrücken von einem andern „noto- 
rischen Werke“ des Matteo Dei, wie Bucher 
sagt, der Bekehrung des heiligen Paulus in 
Florenz, die sich in Paris und in England be- 
finden sollen, und zu dem Abdruck einer an- 
geblich von Finiguerra herrührenden, dem Stile 
nach aber der Krönung Mariae von Dei aufs 
nächste verwandten Pax mit der Madonna in 
trono in der Albertina (abgebildet bei Lehnert, 
Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes IV. Ab- 
teilung S. 502) Stellung zu nehmen gewesen. 
In mehr aphoristisher Weise werden so- 
dann noch die Bologneser Pazifikalien, die man 
dem Francesco Francia zuzuschreiben pflegt, 
besprodien. Wegen der darauf angebrachten 
Wappen sieht Rosenberg in ihnen nicht sowohl 
Paces, „wie sie bei der Messe nach dem Agnus 
Dei vor der Kommunion von den Zelebranten 
geküßt und zum Kusse weitergereicht wurden“, 
sondern vielmehr private ,maiestati“ für den 
zur Gültigkeit der Ehe bei der kirchlichen Feier 
notwendigen KuB der Brautleute, und gibt sie 
in ausgezeichneten Abbildungen durdı die er 
allein schon der weiteren Forschung über diese 
Stücke einen ganz wesentlichen Dienst leistet, 
wieder (Fig. 33—35). Das Wappen links oben 
auf der zweiten, in Farbendruck reproduzierten 
Pax (Fig. 35) ist übrigens nach Canetoli, Blasone 


bolognese dasjenige der Familie Arriguzzi, und 
es bliebe also zur genaueren Datierung dieses 


Werkes nur noch übrig, an der Hand bolog- 
nesischer Genealogien festzustellen, wann ein 
Mitglied der Familie Arriguzzi sich mit einer 
Dame aus dem Hause Bentivoglio vermählt hat. 

Endlich) werden auch auf die deutschen 
Nielloarbeiten des ausgehenden Mittelalters und 
der Renaissance noch bedeutsame Streiflichter 
geworfen, der prächtige von Praunsche Poxal 
mit dem Ulmer Beschauzeichen und einer apfel- 
förmigen Meistermarke, den das Germanische 
Museum verwahrt, in Originalgröße abgebildet 
(Fig. 38). 

Wie die Kritik die Pflicht hat, den Finger 
auf die noch nicht zu völliger Klarheit ent- 
wickelten Punkte zu legen und Mängel der 
Untersuchung oder Beweisführung aufzuzei- 
gen, so hat sie auch das Recht, sich gesicher- 
ter Resultate riickhaltslos zu freuen. Und mit 
Dankbarkeit und hoher Anerkennung sei hier 
nochmals des reichen Nutzens gedacht, den die 
jüngste Veröffentlihung Marc Rosenbergs der 
Wissenschaft gebracht hat oder noc bringen 
wird, der nidıt zum geringsten auch in dem 
mustergültigen Abbildungsmaterial beschlossen 
liegt und uns der Fortsetzung des Werkes mit 
berechtigter Spannung entgegensehen läßt. 


Theodor Hampe. 


2 


Miinchner Jahrbuch der bildenden Kunst. 
Unter Mitwirkung der Vorstände der staatlichen 
Sammlungen herausgegeben von Ludwig v. 
Buerkel. 1908. I. Halbband. Georg D. W. Call- 
wey, Mündhen. 


Der neue Halbband bestätigt den ange- 
nehmen Eindruck der vorangegangenen Bände 
und liefert ein weiteres Zeugnis für die ge- 
schikte und zielbewußte Redaktion, der sich 
diese Zeitschrift erfreut. Man konstatiert mit 
Freude, daß dieses junge Unternehmen trotz 
der kurzen Zeit seines Bestehens schon einen 
festen Stil gefunden hat, der ihm in der Reihe 
der verschiedenen Jahrbücher unseres Fachs eine 
ganz besondere und zwar sehr sympatische 
Physiognomie gibt. Jede Einseitigkeit, jedes 
Spezialistentum ist vermieden, Kunstkenner- 
schaft und Kunstfreude kommen gleichermaßen 
zur Geltung. Die Weitherzigkeit des Programms, 
das wissenschaftlich und stilistisch gleich hohe 
Niveau der Texte, die ausgezeichneten Repro- 
duktionen machen die Münchner Jahrbücher 
zu einer Kunstzeitschrift vornehmen Stils, die 


1040 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


den Fachmann und den Kunstliebhaber gleicher- 
weise befriedigt. Die verschiedenen kinstlerisch 
interessierten Keise, die hinter dieser Zeitschrift 
stehen, können sich zu dieser ausgezeichneten 
Repräsentation ihrer Interessen nur beglück- 
wünschen. 

Unter den Beiträgen des jüngsten Bandes 
erregt die Publikation des wundervollen Aphro- 
ditenkopfes, der als Leihgabe des Münchner 
Museumsvereins kürzlih in der Glyptothek 
Aufstellung gefunden hat, besonderes Interesse. 
Schon weil dieser Kopf eine Art Vermächtnis 
Furtwänglers ist, der kurz vor seinem Tode den 
AnstoB zu dieser wertvollen Erwerbung gab. 
Sieveking versucht in einleuchtender Begrün- 
dung eine kunsthistorische Fixierung des Werkes. 
Es handelt sih nach ihm um eine römische 
Arbeit der flavischen Zeit, die einen berühmten 
Aphroditenkopf aus der 2. Hälfte des 4. Jahr- 
hunderts wiederholt, von dem wir bisher nur 
eine flaue und stark retouchierte Variante aus 
der neuattischen Schule besaßen, nämlich die 
capitolinishe Venus. Ohne den Kopf einem 
bestimmten Künstler zuzuweisen, gibt Sieveking 
einen interessanten Hinweis, indem er auf das 
evidente Verwandtschaftverhältnis aufmerksam 
macht, in dem diese Aphrodite zum Typus des 
Apoll von Belvedere steht. 

Moritz Dreger liefert eine Serie von Bei- 
trigen zur Kenntnis alter Stoffe und Stickereien. 
Er beginnt mit einer Untersuchung fiber die 
Entwicklung der Hohlgewebe, deren Erfindung 
er entgegen der bisherigen Annahme bis zum 
Mittelalter zurückdatiert. 

Von den Schätzen der Tucherschen Samm- 
lung und ihrer jetzigen in künstlerisch-dekora- 
tiver Beziehung musterhaften Aufstellung im 
Wiener Hause des Baron Tucher gibt Franz 
Wickhoff einen durch sehr willkommene Repro- 
duktionen unterstützten Bericht. 

Zur vielbesprochenen Frage der Münchner 
Cäsarenbilder nimmt Gronau noch einmal das 
Wort. Durd eine scharfe kritische Beleuchtung 
des von Wielandt aufgerichteten dokumenta- 
rischen Beweisgebäudes kommt er zu dem Er- 
gebnis, daB der Irrtum der Beweisführung schon 
an ihrem keineswegs einwandfreien Ausgangs- 
punkt beginnt. 

Eine besondere Freude bereitet der folgende 
Aufsatz mit seinen reizvollen Abbildungen. Es 
handelt sich um einen kürzlich in Staufen wie- 
derentdeckten Olberg des Freiburger Barock- 
künstlers Christian Wenzinger, der sich jetzt in 
der städtischen Skulpturensammlung in Frank- 
furt a. M. befindet. Der Eindruck, den diese 
halblebensgroßen Terrakotten in den Abbildun- 
gen machen, ist geradezu verblüffend. Die nie- 


mals übertriebene Charme dieser Figuren ist 
hinreiBend und läßt an den besten Bernini 
denken. Besonders der schlafende Johannes 
scheint von überaus glücklicher Erfindung. Man 
ist G. Münzel, der den gut interpretierenden 
Text zu dieser Publikation geschrieben hat, 
sehr dankbar für die Vermittlung solch delikater 
Genüsse. 

Die generöse Stiftung, die die Nichte Men- 
zels aus dem Nachlaß des Meisters an die neue 
Pinakothek und die Graphische Sammlung ge- 
macht hat, findet in einem Aufsatz Rebers eine 
eingehende, von Dankbarkeit getragene Würdi- 
gung. — Zum SchluB weist der Herausgeber 
des Jahrbuchs auf den Schwazer Holzschnitzer 
Ludwig Penz hin, dessen starke, durch keine 
Akademie verdorbene Bauernkunst er mit weni- 
gen aber treffenden Worten charakterisiert. 
Die beigefügten Reproduktionen nadı Werken 
des Meisters geben dem Hinweis Buerkels einen 
kräftigen Nachdruck. 

Im Anhang des Jahrbuches findet sich eine 
ausführliche Orientierung über die Tätigkeit der 
verschiedenen staatlichen Sammlungen und der 
beiden kunsthistorischen Vereine, deren Organ 
die Jahrbücher sind. Einen besonders günstigen 
Eindruck erweckt der Bericht, den der neue 
Vorstand des Nationalmuseums über die Neu- 
ordnung dieses Institutes macht. 


W. Worringer. 


2 


Berthold Haendcke. Deutsche Kunst im 
täglichen Leben bis zum Schlusse des 18. Jahr- 
hunderts. (Aus Natur und Geisteswelt. 198. Bdch.) 
Leipzig, B. G. Teubner. 1908. 


Eine kurzgefaBte und mit einigen Abbildungen 
versehene Übersicht über das Kunstgewerbe und 
die Wohn-Architektur seit der Karolingerzeit, 
sofern sie sich in Deutschland abspielen, also ein 
Leitfaden der Gescimacksgeschichte; erwachsen 
aus Vorlesungen fiir Studierende aller Fakul- 
täten. Man kann nicht sagen, daB das Stith- 
wort „Kunst im täglichen Leben“ vom Verlag 
geschickt gewählt ist; man bekommt von Archi- 
tektur und vom Kunstgewerbe bei dem ge- 
ringen Umfang der Teubnerschen Bändchen 
recht scimal zugerichtete Bissen, es wäre besser 
gewesen, die beiden gar nicht zusammen- 
gehörigen Gebiete auf zwei Abhandlungen zu 
verteilen, deren eine die Geschichte der Wohn- 
baukunst (samt den Möbeln), die andere die 
des eigentlihen Kunstgewerbes enthielt. Der 
Standpunkt aus der Ecke der „Häuslidhkeit” her- 


Literatur 


1041 


aus wäre dann von selbst in sich zusammen- 
gefallen; denn bedeutet ein Kunstgewerbe fürs 
Haus, wenn das Haus von der Bauernhütte bis 
zum KönigsschloB gemeint ist, etwas anderes 
als das gesamte Kunstgewerbe? Ich wüßte 
kaum ein Gebiet zu nennen, das Haendcke hier 
nicht gestreift hätte, Bauern- und Bürger- und 
Fürstenbaukunst einbegriffen. Daß er alles eben 
nur streifen und vielfach zu einer bloßen Auf- 
zählung jeweils beliebter Gebrauchsgegenstande 
greifen mußte, ist seine Schuld gerade nicht. 


Paul Ferd. Schmidt. 


2 


Paul Mebes. Um 1800, Architektur und 
Handwerk im letzten Jahrhundert ihrer traditio- 
nellen Entwicklung. F. Bruckmann, A.-G., 
München 1908. Band II. Palais und städtische 
Bürgerhäuser, Land- und Herrenhäuser, Garten- 
häuser, Tore, Brücken, Innenräume und Haus- 
gerät. 

In noch höherem Maße als der erste Band 
der Mebesschen Publikation (Monatshefte 1908, 
S. 569) wird der soeben erschienene zweite 
Band für die Architektur unserer Zeit und für 
das Kunsthandwerk von Nutzen sein. Es ist 
noch mehr Gewicht darauf gelegt, möglichst 
einfache Beispiele der bürgerlichen Baukunst 
des XVIII. Jahrhunderts zu bringen, und zwar 
in der Mehrzahl sind es Beispiele aus dem 
letzten Drittel des XVIII. Jahrhunderts, aus der 
Zeit des sogenannten Zopf und Klassizismus. 
Die reichste Ausbeute haben solche Städte ge- 
geben, die damals in Blüte standen: Krefeld, 
Düsseldorf, Barmen-Elberfeld, Kassel, Braun- 
schweig, Weimar, Dessau, Berlin, Hamburg, in 
Süddeutschland Mannheim und Karlsruhe. 

Eine wirkliche Ergänzung zum ersten Bande 
wird dieser zweite Band aber dadurch, daß er 
eine groBe Menge von Innendekorationen 
und Möbeln enthält. Hervorgehoben seien die 
großen Dielen und Treppenhäuser aus Lübeck, 
die Bibliotheks-, Wohn- und Gartenzimmer aus 
thüringischen Schlössern (Weimar, Gotha, Arn- 
stadt); Möbel finden sich aller Art, besonders 
norddeutsche und rheinische: Sofas, Kommoden, 
Spiegel, Stühle, Standuhren, Gartenmobiliar, 
Kachel- und Eisenòfen. Den größten Wert, 
auch für die kunstgeschichtliche Forschung, er- 
hält dieser Teil dadurch, daB er fast ausschlieB- 
lidi schwer zugänglihes oder unzugängliches 
Material aus Schlössern und Privatwohnungen 
darbietet. 

Für das Handwerk muB die Auswahl ein 
wahrer Segen sein. Nur mustergültige, auf der 


Höhe ihrer Zeit stehende Schöpfungen werden 
vor Augen gebracht; das unkünstlerische senti- 
mentale Element dieser Stilarten (des Zopf, 
Empire und Biedermeier) kommt dem Betrachter 
gar nicht zum Bewußtsein. Und das ist darum 
so wichtig, weil die moderne Môbeltisdilerei 
häufig gerade das Spielerische, Alberne jener 
Epoche für das Nacheifernswerte hält, indem sie 
sih damit von historischen theatralischen In- 
stinkten der Besteller abhängig macht. Ja, sie 
fördert diese noch und verbreitet dadurch eine 
SpieBermode, die auf stimmungmachende 
Asthetenkreise beschränkt bleiben sollte, unserer 
Zeit aber nicht würdig ist. 

Hermann Schmitz. 


2 


Dr. ing. H. Göbel, Das süddeutsdie 
Bürgerhaus. Eine Darstellung seiner Ent- 
wicklung in geschichtlicher, architektonischer und 
kultureller Hinsicht an der Hand von Quellen-: 
forschungen und maßstäblihen Aufnahmen. 
IX. u. 411 S. 4° mit 311 Abb. Atlas in Fol. mit 
30 Taf. Dresden, G. Kühtmann, 1908. M. 48. 


Dem Studium des bürgerlichen Bauwesens, 
vor allem des gewöhnlichen Stadthauses wird 
das nächste Jahrzehnt gewidmet sein, wie die 
beiden vergangenen dem Bauernhaus zugute 
gekommen sind und während sich die deutsche 
Architektenschaft zur Aufnahme kleiner Bürger- 
häuser anschickt, legt uns ein Pionier der For- 
schung auf diesem fast unbeaditeten Neuland 
eine Vorfrucht der erhofften reichen Ernte vor. 
Allerdings bildet den realen Hintergrund der 
weitschichtigen Ausführungen nur ein engbe- 
grenztes Gebiet, die vier an der Bergstraße ge- 
legenen Städte Ladenburg, Weinheim, 
Heppenheim und Bensheim. Und es ist 
immerhin gewagt, die Beobachtungen über das 
unter gleichen Kulturbedingungen entstandene 
Bürgerhaus dieser wenigen Nachbarstädte zu 
verallgemeinern und daraus Typen abzuleiten, 
die denn doch in etwas mechanischer Weise 
gewonnen werden. Göbel wehrt sich gegen 
die Anschauung, daß das fränkische Bauernhaus 
dem Stadthause zur Grundlage gedient habe. 
Die Wurzel ist ihm vielmehr das Kleinbürger- 
haus, die „Bude“, zunächst ein Einraum, der 
Werkstatt, Küche, Wohn- und Schlafzimmer zu- 
gleich war. Hieraus entwickelt er durch einfache 
Längs- und Quer-, Drei- und Vierteilung die 
reicheren Grundrisse mit mittlerem, kreuz- 
formigem oder seitlihem Gange, im ganzen 
7 Typen. Aber diese Konstruktion ist unhistorisch 

68 


1042 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


und doktrinär. Zunächst ist doch für das Acker- 
bürgerstädtchen das Bauernhaus der natürlich 
gegebene Ausgangspunkt, welcher durch An- 
passung an die Bedürfnisse des Handwerks- 
und  Handelsbetriebs die Varianten und 
Reduktionen des reinen Stadthauses leicht er- 
gibt. Dann aber scheint mir die Entwicklungs- 
geschichte des Einraums ein Spiel mit Worten. 
Denn alle angezogenen Beispiele sind GeschoB- 
bauten. Die Aufteilung des Einraums hat sich 
also lange vorher durch Überbau im Etagenhaus 
vollzogen. Das Problem läßt sich also auch 
nicht mit Beispielen des 16. und 17. Jahrhunderts 
lösen. Es muß in karolingischer und frühroma- 
nischer Zeit aufgesucht werden und ist doch 
viel verwickelter als man glaubt. Dem Verfasser 
scheinen freilich die einschlägigen Studien un- 
bekannt. Er schreibt S. 19: „Leider sind von 
bürgerlicien Bauten aus dem: Mittelalter mit 
erkennbarer ursprünglicher Grundrißanlage so 
gut wie gar keine Beispiele vorhanden: es 
dürften höchstens zu erwähnen sein das sog. 
„Propugnakulum“ in der Dietrichsgasse zu Trier, 
ferner das „Graue Haus“ zu Winkel am Rhein 
und einige aus dem 13. Jahrhundert stammende 
turmartige Häuser in Regensburg.“ Aus welchem 
veralteten Schmöker mag das aufgelesen sein? — 
Im 18. Jahrhundert wird das Bürgerhaus im 
Grund- und AufriB von dem Streben nach Sym- 
metrie beherrscht und der EinfluB von Theo- 
retikern wie Sturm, Goldmann, Penther, Cancrin 
macht sich sehr fühlbar. In allen Städten haben 
aber die nächsten Zweckbestimmungen denHand- 
werks-, Kaufmanns- und Gasthäusern, Brauereien, 
Schmieden, Apotheken, Adelshöfen usw. ihre Be- 
sonderheiten aufgeprägt. 

Im zweiten Hauptteil behandelt der Verfasser 
die architektonischen und konstruktiven Einzel- 
heiten, aber fast ohne Beziehung auf seine Bei- 
spielsammlung, so daß vieles Detail sowohl der 
Textabbildungen wie der Tafeln unerklärt bleibt. 
So fehlt z. B. jedes Wort über die Entwicklung 
des Fachwerks. Im 3. Teil werden meist aus 
alten Bauordnungen die Zustände und Einflüsse 
des Verkehrs, der Feuersicherheit, der Gesund- 
heitspflege und des Hausrechts besprochen. Hier 
ist ein braudıbares Material aufgehäuft. Im 
ganzen läßt aber die literarische Form des Buches 
viel zu wünschen übrig. Lesefriidite und Ex- 
zerpte von ungleihem Wert aus veralteten 
Quellen, Sachurteile und Behauptungen voll von 
Schiefheiten und Irrtümern, mangelnde Fühlung 
mit dem heutigen Stand der Hausforschung 
machen es dem Leser schwer, den guten Kern 
herauszuschälen. Viele Bilder sind ohne Unter- 
schrift, auch ganz ohne Quellenbezeichnung, so 
auch der Bauanschlag S. 254—272. Unverzeih- 


lich ist das Fehlen eines Registers. Kurz, etwas 
mehr Aufwand guten Tons und Geschmacks 
hätte die an sich mühsame Arbeit viel frucht- 


barer gemacht. H. Bergner. 


2 


Alois Riegl, Die Entstehung der Barockkunst 
in Rom. Wien 1908. Antoll Schroll & Co. 


Wenn gegenwärtig nach langer Vernachlässi- 
gung die Studien der Barockkunst jenseits und 
dieseits der Alpen mit anerkennenswertem Eifer 
aufgenommen worden sind, so hat an dieser 
glücklichen und nötigen Erweiterung der kunst- 
geschichtlichen Interessen Alois Riegl ein ganz 
besonderes Verdienst gehabt. Denn von allen 
denen, die den Bann der alten Verachtung der 
barocken Kunst gebrodien haben, hat Riegl mit 
den glänzenden Vorlesungen, die er seit 1894 
an der Wiener Universität über die barocke 
Kunst Italiens gehalten hat, die erfolgreichsten 
Anregungen gegeben. Wie alles, was sein 
rastloser Geist ergriff, hat er auch dieses Gebiet 
kunstgeschichtlicher Forschung mit Einsicht und 
Großzügigkeit behandelt. Freilich haften dem 
vorliegenden Buche die Mängel einer posthumen 
Veröffentlihung an, die nach „flüchtig hinge- 
worfenen“ Kollegienheften veranstaltet werden 
mußte. Wie die geistreichen Vorlesungen Cou- 
rajods über verschiedene Gebiete der franzö- 
sischen Kunst, sind diese Vorlesungen mehr an- 
deutend als ausführend, unausgeglichen in ihrer 
Ökonomie und nicht so folgerichtig in der Ent- 
wicklung wie die Eingangskapitel erwarten 
lassen. Die strenge Kritik der neueren litera- 
rischen Versuche in der Deutung und Schilderung 
der geschichtlichen Entwicklung der Barockkunst 
mit dem Ergebnis, daB es allenthalben an der 
rechten Erfassung des Problems gefehlt habe 
und daß die zeitgenössischen Quellen nur un- 
zureichend beachtet worden seien, so daß ein 
Genie wie Bernini trotz Fraschettis Monographie 
nicht zu seinem vollen Rechte komme — all 
das spannt unsere Aufmerksamkeit und läßt eine 
abschließende Darstellung der römischen Barock- 
kunst erwarten. Wenn diese Anforderung nicht 
erfüllt wird, so liegt das in der Natur dieser 
Vorträge, die in skizzenhafter Form und ohne 
die belebenden Ausführungen des Vortragenden 
vor uns liegen. Es ist eben ein Konzept, hier 
ausführlich, dort knapp, bald geistreich rekapi- 
tulierend, bald neue Ausblicke bietend, immer 
interessant und zu weiterem Nadıdenken 
zwingend. Um diesen Preis fruchtbarer An- 
regungen nehmen wir auch die gelehrten Um- 
ständlidikeiten der nach Präzision ringenden 


Literatur 


Sprache in den Kauf, die inder Wahl des Aus- 
drucks gewiß mehr präziös als präzis geworden 
ist. Die Pietät der Herausgeber Arthur Bürda 
und Max Doräk hat an diese Seltsamkeiten 
des Meisters nicht getastet. So nehmen wir 
den Torso als das, was er ist, als ein geist- 
reiches Buch, das die Entwicklung des römischen 
Barockstils in weitem Umfange zeigt, das im 
einzelnen vortreffliche Charakteristiken gibt, das 
manche Werke besser bestimmt als bisher, 
manche Wandlungen in neuem Lichte zeigt und 
zu fruchtbaren Folgerungen führt, deren Er- 
klärung mehr in aphoristishen Bemerkungen 
denn in zusammenfassender Begründung ver- 


sucht wird. Richard Graul. 


Franz Landsberger. Wilhelm Tischbein. 
Ein Künstlerleben des XVIII. Jahrhunderts. 
Leipzig 1908, Verlag von Klinkhardt und Bier- 
mann. Brosch. M. 5, geb. M. 6. 


Die hier vorliegende fleiBige und gewissen- 
hafte Arbeit ist aus einer Breslauer Doktor-Dis- 
sertation hervorgegangen, die in ihrer offi- 
ziellen Form nur vier Abschnitte veröffentlicht 
hat. Das Thema gehört der Reihe jener an, 
mit deren einem sich Muther selbst vor vielen 
Jahren in die Wissenschaft eingeführt hat. Anton 
Graff, dessen Gemälde noch vor zehn Jahren 
sehr niedrig im Handel standen, ist inzwischen 
eine gefeierte GròBe geworden und er wird 
noch mehr in der Achtung steigen wenn die 
Mehrzahl der Porträts bekannt wird, die 
jetzt noch unbekannt und vergessen sind. An- 
ton Graffs Ruhm wird Wilhelm Tischbein nie 
erreichen, denn dazu war er viel zu wenig ein 
Künstler, der wie jener über eine so hohe tech- 
nische Meisterschaft und eine so ausgesprochene 
Individualität verfügte. Freilich ist ja dieser 
Tischbein — wegen seiner nahen Beziehungen zu 
Goethe und zum Unterschied der vielen Namens- 
vettern der „Goethe-Tischbein“ oder der Neapoli- 
tanische Tischbein gewöhnlidı genannt — bis- 
her auch nur sehr wenig bekannt gewesen, 
trotzdem er eine umfangreiche Selbstbiographie 
hinterlassen hat, die 1861 Schiller herausge- 
geben, und trotzdem Friedrich von Alten (1872) 
Mitteilungen aus seinem Leben und Briefwechsel 
verôffentlicht hat. Fragte man nach seinen 
Werken so wußten die meisten in der Regel 
nur das groBe Bildnis Goethes in der römischen 
Campagna (Frankfurt, Städelsches Institut) zu 
nennen. Schon dieses Bildnis, das künstlerisch- 
ste aller gemalten Bildnisse des Dichters, frei- 


1043 


lid auch das bedeutendste, was Tischbein in 
seinem langen Leben geschaffen hat, hat ihm 
zu einer gewissen Stellung in der Kunstge- 
schichte verholfen. Auch die übrigen Bezieh- 
ungen zu dem Dichter, in späten Jahren, als 
Tischbein längst aus Italien zurückgekehrt und 
sich in Eutin niedergelassen hatte, bedeuten in 
dem großen Kapitel, das sich um Goethes Per- 
sönlichkeit gruppiert hat, einen Abschnitt, der 
reich an interessanten Einzelheiten ist, so sehr 
man sich auch hüten muB, den Künstler um 
seiner Beziehungen zu Goethe willen auf ein 
Postament zu stellen, auf das er nicht gehört. 
Um einer solchen Tendenz willen hat der Verf. 
seine Arbeit nicht geschrieben. Im Gegenteil, 
der Gefahr, daB ein Biograph das schöne 
Redit habe in gewisser Hinsicht ein Enthusiast 
zu sein, ist er nach keiner Seite hin erlegen. 
Mäßige, klare Objektivität und nichterne Prü- 
fung der Tatsachen spricht aus jeder Seite des 
Buches. Mit anerkennenswerter Gründlich- 
keit ist das weit verstreute Material — nicht 
nur das bildliche, das tief versteckt ist, sondern 
auch das literarische — gesammelt und gesichtet 
und — worauf idı mit besonderem Nachdruck 
hinweisen möchte — zu einer geschmackvollen, 
lesbaren und lehrreichen Darstellung verarbeitet 
worden. Nach dieser Seite fällt das Buch voll- 
ständig aus der Reihe der landesüblichen Dok- 
torarbeiten heraus. Wilhelm Tischbein hat so- 
mit seine Biographie gefunden, die nadı jeder 
Richtung hin seiner persönlichen und künst- 
lerischen Bedeutung gerecht wird. Dankbar muB 
man auch für den Katalog der Werke sein, der 
im Anfang mitgeteilt ist. Einzelne Nachtrage 
lieBen sich hierzu wohl noch machen, und ich 
bin überzeugt, daß ein Forscher, der sich die 
Mühe geben würde Neapel und nähere Um- 
gebung nach Tischbeins abzusuchen, noch man- 
cherlei Bemerkenswertes finden würde. Zu 
einzelnen Nachträgen und Berichtigungen gibt 
mir sonst die Arbeit Landsbergers keinen Anlaß. 
Die von ihm auf S. 96 ausgesprochene Vermu- 
tung, daß das im Goethe-Nationalmuseum in 
Weimar aufbewahrte Brustbild der Herzogin 
Luise von Weimar, dessen Künstler man bisher 
vergebens gesucht hat, von dem Leipziger Frie- 
drich August Tischbein (dem Nachfolger Oesers) 
herstamme, kann ich auf Grund meiner Forsch- 
ungen durchaus bestätigen. — Die Ausstattung 
des Buches ist vortrefflich, die beigegebenen 
Tafeln sind ausgezeidinet ausgeführt. Alles in 
Allem: eine sehr erfreuliche Erscheinung, mit 
der sich der junge Forscher die Sporen seiner 
Wissenschaft erworben hat. Julius Vogel. 


3 


1044 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Osterreichiscie Kunsttopographie. Bei- 
heft zum I. Bd.: Schloß Grafenegg. Wien 1908. 
Anton Schroll & Co. 

In einem Beihefte zum 1.Bande der kürzlich 
in diesen Blättern angezeigten österreichischen 
Kunsttopographie (Kreis Krems) ist das SchloB 
Grafenegg mit seinen Sammlungen von Max 
Doräk behandelt worden. Von dem Renais- 
sanceschloB des Grafen Verdenberg, wie es eine 
Radierung von G. M. Vischer aus dem Jahre 
1672 zeigt, hat der Neubau im neugotischen Stil, 
den Graf Breuner mit dem Schlosse in den 
vierziger Jahren des XIX. Jahrhunderts begann, 
nur die allgemeine Anordnung bestehen lassen. 
Nur ein Teil der von dem Architekten Ernst 
geplanten Anlage wurde ausgeführt (bis 1875); 
Im Innern wurden alle Künste moderner 
Rückgriffskunst zu malerischen Effekten aufge- 
boten. Zu dem ererbten Bestande alter Ein- 
richtungsstücke kamen eine Menge neuer Er- 
werbungen von Altertiimern und modernen 
Bildern. Unter diesen Kunstschätzen aller Art 
befindet sich viel sehr bemerkenswertes, das in 
dem Hefte mit Sorgfalt beschrieben und bestimmt 
worden ist. Camillo List, Frau Dr. Tietze-Conrat, 
Dörnhöffer und Walcher von Moltheim haben 
den Herausgeber in der Katalogisierung der kunst- 
gewerblichen Dinge unterstützt. Namentlich die 
Waffensammlung birgt Seltenheiten und unter 
den Bildern sind nicht nur mehrere deutsche des 
XV. Jahrhunderts und andere des XVII. Jahr- 
hunderts wichtig, sondern auch viele der modernen 
Wiener Schule beachtenswert. Die Illustration 
ist reichlich, auch die Marken der Plattner sind 
gegeben, bei Goldschmiedewerken ist wenigstens, 
wo es anging, auf Rosenberg verwiesen. 

Richard Graul. 


KLEINE ANZEIGEN 


Von Ernst Steinmanns vortreffliher Darstellung 
von „Rom in der Renaissance“ (Seemanns „Berühmte 
Kunststätten, Bd. 3) ist kürzlih die dritte Auflage er- 
schienen. Das Buch hat in vielen Punkten durch Beriick- 
sihtigung der neuesten Forschungen eine Erweiterung 
und Neubearbeitung erfahren, verspricht auch illustrativ 
manches Neue. Im übrigen erübrigt es sich, auf ein 
Budi, von dem bereits in wenigen Jahren 10000 Exemplare 
verkauft worden sind, das damit zugleich auch seinen 
wissenschaftlichen Wert erwiesen hat, ausfiihrlicher hin- 
zuweisen. —n. 


In der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt“ (Ver- 
lag von B. G. Teubner in Leipzig) erscheint soeben das 
230. Bändchen. Es betitelt sidı „Das Theater, Schau- 
spielhaus und Schauspielkunst vom griechischen 
Altertum bis auf die Gegenwart. Der Verfasser Dr. 
Christian Gaehde schildert in knappen Zügen den 
Entwicklungsgang des Theaterwesens von seinen ersten 
Anfängen bis zur Gegenwart, erfreulidierweise geht er 
hierbei der Entwicklung des Theaterbaues von den Zeiten 
des Griedientums an aufmerksam nadı und widmet ins- 
besondere dem Theater der Renaissance ausführlichere 
Darstellung. Das Bändchen darf als eine verdienstvolle 
Vorarbeit zu der bisher nodı nicht geschriebenen, um- 
fassenden Darstellung der Theatergeschichte aller Kultur- 
völker bezeidinet werden. d-: 


Der Deutsche Camera-Almanadh, ein Jahrbuch für 
die Photographie unserer Zeit, herausgegeben von Fritz 
Loescher (Verlag von Gustav Schmidt, Berlin) versendet 
seinen vierten Band. Das sehr sorgfältig ausgestattete 
Buch mit einer Fülle von Abbildungen, die den Schaffens- 
bereidi des modernen, nach künstlerischen Zielen streben- 
den Photographen verdeutlichen, dürfte jenen Kunst- 
historikern, die zugleich Amateurphotographen sind eine 
willkommene Gabe sein, dies umso mehr als audı der 
Text des Almanadıs einige interessante Beiträge von Joseph 
Aug. Lux (Dresden) über Photographische Kultur und 
Theoder Scholz (Wien) über die Frau im Verhältnis zur 
Kunst enthält, die Anspruch auf Beachtung haben. d- 


BIBLIOGRAPHIE 


L Alte Kunst. 
Art ancien. — Ancient art. 


1. Antike. 
(Antiquité. — Antiquity.) 


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Mit 14 Taf. u. 14 Fig. im Texte. (VIII, 234 S.) 
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Czekierski, J. Kazimierz Dolny. (D. untere 
Kazimierz a. d. Weichsel.) Bearbeitet u. m. 
Zeichnungen versehen v. Krakau, 1908, 4°. 
43 S. 


1046 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Ein Architekt des österreichischen Mai- 
land. [Giuseppe Piermarini]. (Zeit, 20, IX.) 
Fiocca, L. L’Arte in Sicilia. — Finestre e porte 

mediocvali (Rassegna d'arte, 8.) 


Gömez-Moreno, M. Santa Marta de Tera. 
(Bol.-Soc. Espanola d. Excurs., 2.) 


Lorenzen, Vilh., gammel dansk Bygnings- 
kultur. (Meddelelser fra Foreningen til gamle 
Bygningers Bevaring I.) 68 S. 8° (24'/,><16"/,). 
Köbenhavn 1908, Prior, in Komm. Kr. 1.25. 

Maitre, L. Le martyrium de St.-Savinien de 
Sens et la confession de St. Germain d'Auxerre. 
(Rev. d. Art chret, 5.) 

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Altertumsk. 

Renaissance and modern churches of Paris. 
VIII. St. Eustache. (Builder, 3917.) 

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Didcese Sandomierz. (Kronika Djeccezji San- 
domierskij, Juli u. Aug.) 

Roulin, D. Les églises de l'abbaye de Silos. 
Rev. Art chret, 5.) 

S-e V-g. Gotländska Kyrkor. (Varia, Göte- 
borg, Septb.) Mit Abb. aus Kirchen von Visby, 
Dalhem u. a. 


3a. Deutschland. 
(Allemagne. — Germany.) 


Baur, J. Sainte-Marguerite d’Epfig. 
(Notes d'art et d’ardheol, 6.) 

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den Metzer Stadtmauern. (Jahrb. Gesellsch. 
f. lothring. Gesch. u. Altertumsk., 19.) 

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Rottweil a. N. und deren Erbauer. (Ardı. f. 
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{Alsace.] 


Hahr, A. Studien zur deutschen Kunstgeschichte. 
Lex. 8°. StraBburg, J. H. E. Heitz. 97. Heft. 
Die Architektenfamilie Pahr, e. f. die Renais- 
sancekunst Schlesiens, Mecklenburgs u. Schwe- 
dens bedeutende Künstlerfamilie Mit 46 Ab- 
bildgn. im Text. (IX, 132S.) ’08. 7.—. 


Jahnel, K. Einige Bemerkungen zur Geschichte 
der Marienkirche in Aussig. (Mitt. ver. f. Gesch. 
d. deutsch. in Böhmen, 1 

Mühlke, K. Die Gebiete der verschiedenen 
deutschen Hausformen. (Zentralbl. d. Bau- 
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Lübeck und ihr Ziegelshmuck. (Denkmalpflege, 
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Grigioni, C. 


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(Jahrb. f. lothring. Gesch. u. Altertumsk., 19.) 

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9--11. Lfg. Karlsr., Gutsc. Je M. 1.—. 


3b. Italien. 
(Italie. — Italy.) 


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Geymüller, Heinr. v. Friedrich Il. v. Hohen- 
staufen und die Anfänge der Architektur der 
Renaissance in Italien. München, F. Bruck- 
mann. ca. 1.50 

— Raffaels Pallazzo Pandolfini in Florenz und 
Raffaelis Stellung zur Hochrenaissance in Tos- 
cana. München, F. Bruckmann. In Mappe 
ca. 75.—. 

— E. d. Disegno originale d’una pianta per 
santa Maria del Fiore. (Arte. 4.) 

I costruttori del Tempio Mala- 
testrano (Rossagn. bibl. ital., 7—8.) 

Lipparini, G. Monumenti di basilicata. Il 
convento die Sant’ Angelo {Montescaglioso] 
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Maunucci, G. Il Palazzo Piccolomini di Pi- 
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4. Alte Malerei. 
Peinture ancienne. — Ancient art of painting. 


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borg, Septb.) Reiter und Pferde-Gemälde, jetzt 
zu Gripsholm, v. D. Kl. Ehrenstrahl.) 


Dayot, A. Jean Marc Nattier d. J. (Illustr. 
Ztg., 1. X.) 

Doin, J. A propos de l „Homme au verre 
de vin“. (Chron. d. arts, 30.) 

Fourcaud, L. d. Le pastel et les pastellistes 
francais au XVIII. siècle II. (Rev. art. anc. et 
mod. Aug.) 

Frimmel, Th. v. Das Pantheonbild des Hubert 
Robert in der Darmstädter Galerie. (Bl. für 
Gemäldek., 8.) 

— Ein Eigenbildnis des Nicolas de Largillière. 
(BI. f. Gemäldek., 8.) 

Grautoff, O. Jean Baptiste Chardin. (K. und 
Künstler, 12.) 

Justi, C. Diego Veläzquez y su siglo (Espana 
moderna, 238.) 

Loga, V. Jahrbuch d. kunsthistorischen Samm- 
lung. des allerhöchsten Kaiserhauses. Red. H. 
Zimmermann. 27. Bd. 40><29 cm. Wien, F. 
Tempsky. — Leipzig, G. Freytag. 3. Heft. 


= dll ven em 


Alte 
Malerei 


Alte 
Malerei 


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maler Karls V. u. Philipps IL Mit 10 Tafeln 
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(Kunst- 


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Solario, detto lo Zingaro, nelle Marcke. 
(Rassegn. bibl. arte ital., 7—8.) 

Hadeln, O.v. Bilder Romaninos und Bacchiaccas 
und ihre Beziehungen zu Dürer. (Preuß. 
Jahrb., 9 

Kupffer, Elisar v. (Elisarion): Der Maler der 
Schönheit Giovan Antonio — il Sodoma. Eine 
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Malaguzzi Valeri, F. Un nuovo quadro di 
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Pezzoli. (Rassegna d’arte, 9.) 
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Misciattelli. Un affresco inedito senese del 
sec. XIV. (Vita d'arte, 9.) 


Rossi, A. Nuovi acquisti della Galleria Cor- 
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(Boll. d'arte, 8.) 

Sinigaglia, G. La ,Natività del Signor finta 
di notte“ di Lorenzo Lotto. (Boll. d'arte, 8.) 

Toesca, P. Vetri italiani a oro con graffiti 
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4c. Niederlande. 
(Pays-Bas. Netherlands.) 


Beets, N. Dirick Jacobz. Vellert peintre d'An- 
vers. Ill. Premiers dessins. (Art Flamand et 
holl.. 9 

Benoit, F. Lambert d’Amsterdam. [Lambert 
Zustris.] (Rev. art anc. et mod., Sept.) 


Benoit, F. Bartholomeus van der Helst, peintre 
de nu mythologique. (Rev. art anc. et mod., 
Aug 


Alte 
Malerei 


1048 


Bock, F. Rembrandt und die holländische Ma- 
lerei. IV. Die Landschaftsmalerei. (Bielefeld. 
Generalanz., 2, X.) 


Bock, F. Rembrandt und die holländische Ma- 
lerei. V. Die Sittenbildmaler. (Generalanz. 
Bielefeld., 7, X.) 

Ceuleneer, A. d. La mise au tombeau de 
Hugo van der Goes. (Rev. d. Art chrét., 5.) 

Friedlander, M. Bernaert von Orley. I. Or- 
leys Anfänge und die Brüsseler Kunst. (Preuß. 
Jahrb., 4.) 

Maeterlinck, L. Le triptyque mutilé de 
Zierickzee. (Rev. art anc. et mod., Sept.) 
Saintenoy, P. L’église Saint-Jacques de Com- 
postelle et le décor architectural de l'Annon- 
ciation de Jean van Eyck. (Annal. Acad. R. 

-Archéol. de Belgique, 3.) 

Sdubring, P. Jacob von Ruisdael. 
Sid, Sept.) 

Veth, J. Rubens in Antwerpen und Brüssel. 
(K. u. Kiinstler, 11.) 
Veth, Jan. Rembrandt. 
mann. Kart. ca. 3.—. 


(Nord u. 


Leipzig, E. A. See- 


5. Alte Plastik. 
Sculpture ancienne. Ancient Plastic Art. 


Bertaux, E. Le Mausolée de Charles le 
Noble à Pampelune et l’art franco-flamand 
en Navarre (Gaz. d. Beaux-Arts, Aug.) 

Boinet, A. Le tombeau du cardinal François 
de Rochefoucauld (Rev. archéol. Jul.-Aug.) 

— C. F. Stockholmsbilder: Aftäckningen af 
Gustaf Ill: s staty. (Svenska Dagbladet 
Nr. 242.) Mit Abbild. u. 2 Zeichnungen nach 
Sergel. 

Chabeuf, H. Autour de Claus Sluter (Rev. d. 
Art. chret., 5.) 

Ein vorromanisches Relief in Rüssingen 
[Pfalz]. (München. N. Nachr., 8. X.) 

Fett, Harry. Billethuggerkunst i Norge under 
Sverre-Ätten. Kristiania 1908. [Doctor-Dis- 
sertation]. 

Laban, Ferd. Die Reiterdenkmäler Berlins u. 


Wiens. Mit e. Abbildg. des Fernkornschen 
Prinzen Eugen. (10 S.) 35,5x24,5 cm. Berlin, 
G. Grote, 08. 


— Die Reiterdenkmäler Berlin und Wiens. (Tag, 


Mundt, Alb. Die Erztaufen Norddeutschlands. 
Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen 
ErzguBes. Leipzig, Klinkhardt & Biermann. 
ca. 9.—. 

Ven, P. van den. Les funerailles de Frere 
Jehan Fiefves [1426], bas-relief votif de l'école 
de Tournai. (Bull. Mus. Rogaux, 6 

Trzcinski, F. Ozdoby architektoniezne w 
gnieznienskim kosciele Sw. Jona. (D. archi- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


tektonischen Verziehrungen in der Johannes- 
kirche zu Gnesen) Posen, 1908 mit 9 Abbil- 
dungen M. 1.—. 

Vöge, W. Die Madonna d. Sammlung Oppen- 
heim. (Preus, Jahrb. 4.) 


— Z. Figurale Holzplastik. (Kunstfreund, 5.) 


5a. Italien. 
Italie. — Italy. 
Aru, C. Gli scultori della Versilia. (Boll. 
d’ arte, 8 


— C.J. H. A statue by Giovanni dell Opera 
(Burglingt. Mag. Anz.) 

Florentine sculpture. (Times, 1. X.) 

Girola, G. Un antico gruppo statuario veronese. 
(Boll. d arte, 8 

Giordani, P. La rappresentazione del ,geni- 
etto“ in Desiderio da Settignano. (Rassegna 
d’ arte, 9.) 

Giovannoni, G. Opere dei Vassalletti mar- 
morari romani. (Arte, 4 


Meyer, Alf. Ghold. Donatello. Mit Porträt 
und 440 Abbildgn. nach Skulpturen. 2. Aufl. 
(132 S.) 08. In Leinw. kart. 3.—. (Neue Aufl.) 
Lex. 8°. Ebd. Künstler-Monographien. Hrsg. 
v. H. Knackfuss, Bielefeld. 


Pollak, Frd. Lorenzo Bernini. 
Hoffmann. ca. 4.—. 

Ravenscroft, W. The Comacines (Anti- 
quary, 9.) 

Rousseau, H. Section d’ art monumental. Le 
Gattamelata et le Colleoni. (Bull. Mus. Roy., 8.) 

Santambrogio, O. Un’ anconetta mormorea 
coll’ effige di Sant’ Ambrogio. (Rassegna 
d arte, 8.) 

Venturi, A. Per lo studio del problematico, 
maestro della Cappella Pellegrini. (Arte, 4.) 


Stuttgart, J. 


6. Alte Graphik und Glasmalerei. 


Art graphique ancien et peinfure sur verre. — 
Ancient Graphic Arts and glass-painting. 


Beth, J. Federzeicinungen der Herpin-Hand- 
schrift in der K. Bibliothek in Berlin. (Preuß. 
Jahrb., 4.) 


Dodgson, C. Eine Holzschnittfolge Matthias 
Gerungs. (PreuB. Jahrb., 9.) 


Ein Glasgemälde Holbeins des Alteren 
in Augsburg. Frankfurt. Ztg., 267.) 


Fry, R. English illuminated manuscripts at the 
Rogen fine Arts Club. (Burlingt. Mag. 
ug.) 
Hagelstange, A. Zwei unbeschriebene Holz- 
sdinitte aus der Bibliothek des Magdeburger 
Domgymnasiums. (PreuB. Jahrb. 4.) 


Koegler, H. Basler Biichermalerei bis zum 
Jahre 1550. I. (Ztschr. f. Bücherfr., 6.) 


Alte 
Plastik 


Bibliographie 


1049 


Menzies, W. Edward Fischer and His Work. 
(Connoisseur, Oct.) 

Schnütgen. Zwei kölnische Hinterglasmalereien 
der Spatgotik. (Ztschr. f. christl. K., 7.) 

Vandelli, G. Un codice sin qui ignorato della 
divina Commedia. (Bibliofilia, 12.) 


7. Altes Kunstgewerbe. 
Art industriel ancien. — Ancient industrial art. 


Bode, W. Die Anfänge der Majollkakunst in 
Florenz unter dem Einflusse der hispanomo- 
resken Majoliken. (Preuß. Jahrb., 9.) 

Braun, E. Über Kelsterbacher Porzellanfiguren. 
(Monatsh. f. Kunstw., 

Braun, E. Die Vorbilder einiger „türkischer“ 
Darstellungen im deutschen Kunstgewerbe des 
XVIII. Jahrhunderts. (Preuß. Jahrb., 9.) 

Braun, E. Nürnberger Reliquiar aus dem Be- 
ginne des XVI. Jahrhunderts. (Ztschr. f. christ. 

» 1.) 

Bushell, S. und Jones, E. Ming bowl with 
silvergilt mounts of the Tudor period. (Bur- 
lingt., Mag., Aug.) 

Creutz, M. Rheinische Goldschmiedeschulen des 
X. und XI. Jahrhunderts. Il. Prüm, Trier und 
Echternach. (Ztschr. f. christl. K., 1.) 

Destrée, J. Arcatures provenant d'une an- 
cienne porte. Travail tournaisien, XIVe siècle. 
(Bull. Mus. Roy., 9 

— La tonte des moutons, tapisserie française 
du début du XVIe siùle. (Bull. Mus. Roy., 9.) 

Havord, H. La Porcelaine hollandaise I. (Rev. 
art anc. et mod. Aug.) 

ION H. Old Bronce Mirrors. (Connoisseur, 

ct.) 

Heitland, L. Old Meissen Porcelain: its His- 
tory and Decoration. (Connoisseur, Oct.) 
Hess, Lyz.-Prof. Dr. Wilh. Johann Georg Nesst- 
fell. Ein Beitrag zur Geschichte des Kunst- 
handwerkes und der physikal. Technik des 
XVIII. Jahrh. in den ehemal. Hochstiftern Würz- 
burg u. Bamberg. Mit 14 Abb. im Texte u. 
13 Lichtdr.-Taf. (XVI, 106 S.) '08. 8.—. 98. Heft. 
Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Lex 8°. 

Straßburg, Heitz. 

Macfall, H. The Years of Walnut. Stuart Wal- 
nut. [1660-1688] (Connoisseur, Oct.) 

— The Loan Collection of Old Furniture at the 
Franco-British, Exhibition. (Connoisseur, Aug.) 

Mankowski, H. Alt-Danziger Möbel. (Kunst- 
freund, 9.) 

Macquoid, P. u. Macfall, H. The Age of 
Mahogany: being the Third Volume of „A 

| History of English Furniture“. (Connoisseur, 
Sept.) 

Morris, A. Straw Marquetry: its Genealogy 
and Systems. (Connoisseur, Sept.) 


Notes on Mr. Francis M. Baer's Collection 
of Dresden, Harlequin Figures. (Connoisseur, 
Aug.) 

Quintero, P. Sillas de Coro Españoles. (Bd. 
Soc. Espaüola d. Excurs., 2 

Sauvaget, A. La Ceramique ancienne depuis 
le XVe siècle jusqu'a la fin du XVIIIe siècle. 
Paris 08. 8°. 

Stengel, W. Anmerkungen zur Hirschvogel- 
frage. (Anz. German. Nationalmus., 2.) 

— Deutsche Keramik im Germanischen Museum. 
(Anz. Germ. Nationalmus., 2.) 


Stone, J. St. Ives (Cornwall) Civic Plate. (An- 
tiquary, 9.) 

Westendorp, K. Die künstlerischen Buchein- 
bände der Metzer Bibliothek vom XIV. bis 
XVIII. Jahrhundert. (Jahrb. f. lothring. Gesch. 
u. Altertumsk., 19.) 


8. Orient, Japan. 
L’Orient. La Japon. — Orient. Japan. 


Cohn, William. Stilanalysen als Einführung 
in die Ma Malerei. (170 S. m. 18 Licht- 
dr.-Taf.) gr. 8°. Berlin, Oesterheld & Co. ’08. 
6.50; geb. bar 8.—. 

Grühnt, L. Der Raum des Tempels nach Estori 
hap-Parchi. (Ztschr. deutsch. Palästinaver. 4.) 

H. E. W. Japanische Kunst in Hamburg. (Ham- 
burg. Nachr., IX.) 

La Nave, H Le Temple d’Angkor-Vat. 
sée, 8 

Nocq, H. L'obélisque de Ramses. (Art décor. 
Sept.) 

Sarre, F. 
ler, 11 


Vorgeschichtlihe Altertümer Ägyptens. 
Sonderausstellung d. Königl. Museen zu Ber- 
lin. 1908. Eine Einführung. 


Zur Einführung in die Papyrusausstel- 
lung der Königl. Museen in Berlin 1908. 


(Mu- 


Indische Miniaturen. (K. u. Künst- 


2 


II. Neuere Kunst. 
L’art moderne. — Modern art. 


1. Städtebau und Gartenkunst. 


L’architecture des villes ef (horticulture. 
Building of towns and architectural gardening. 


Bartschat, J. Das Problem des Grunewaldes. 
(SchluB.]) (Städtebau, 10.) 

FaBbender, E. Uber den Städtebau u. seine 
gesetzliche Regelung. (Städtebau, 10.) 

Geiger, F. Architektonische Gartengestaltg. Il. 
(Raumkunst, 17.) 


1050 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Goecke, Th. Die Fortführung der östlichen 
Stadterweiterung v Mannheim. (Städteb., 10.) 


Grunert, O. Das Bauwesen d. großen Städte. 


Heide Naturalismus der Kunst. (Garten- 
kunst, 10. 


Hoemann, R. Die Einfachheit in der Garten- 
kunst. (Gartenkunst, 10.) 


Kunst und Kultur. Hrsg. von Prof. Dr. W. 
v. Oettingen, kl. 8°. Stuttgart, Strecker & 
Schröder. 1. Bd. Endell, Aug.: Die Schönheit 
der großen Stadt. Mit 3 Tafeln (88 S.) 08. 
Kart. 1.60. 


Lux, J. Die Gartenkunst und die Landschafts- 
gärtnerei. (Gartenkunst, 10.) 


Mallows, C. Architectural gardening. (Studio, 
August.) 


Migge, L. Der Hamburger Stadtpark, Läuger 
und Einiges. (Raumkunst, 17.) 


Schubert, W. Monumentalbauten u. Garten- 
plätze. (Raumkunst, 17.) 


2. Neuere Baukunst. 
Architecture moderne. — Modern architecture. 


Baumann, Povl. Det ng Berlin. I. A. Messel. 
(Architekten Nr. 47 u. 48.) Mit Abb. 


Entwürfe, vorbildliche, f. Vorortbauten. Er- 
gebnis des Preisausschreibens des Kreises 
Niederbarnim. 4 Lfgn. 69x51 cm. Berlin, 
Baedeker & Moeller 08. bar 18.— Einzpr. 20.—. 
1. Bauklasse B. (13 Taf. m. 1 Bi. Text.) 5.—. 
— 2. Bauklasse C. (7 Taf.) 3.—. — 3. Bau- 
klasse D. (10 Taf.) 5.—. — 4. Bauklasse I. 
(19 Taf.) 7.—. 

Muthesius, H. Die Architektur auf den Aus- 
stellungen in Darmstadt. München und Wien. 
(K. u. Künstler, 12.) 

Nyhoff, C. K. P. C. de Barel. 
et holl., 9.) 

Pudor, H. J.M. Olbrich (Kunstgewerbebl., 12.) 

Rimmele, F. Prof. Theod. Fishers Werke in 
Schwaben. 6. (Zentralbl. d. Bauverwitg. 79.) 

— Sch. Hans Schulte in Berlin. (Zentralbl. d. 
Bauverwaltg., 79.) 

Strengell, Gustaf. Joseph Olbrich. (In me- 
moriam.) (Svenska Dagbl. Nr. 231.) 


Wagner, O. Josef Olbrich. (Architekt, Okt.) 


(Art Flamand 


3. Neuere Malerei. 
Peinture moderne. — Modern Painting. 
Ahimann, Haus. Gudmund Hentze. (Varden, 
Kopenhagen. VI. 16.) 


Carocci. G. Giovanni Fattori. (Arte e Storia, 
17—18.) 


Cippico, A. George Sauter. (Vita d’arte, 9.) 


Denis. M. L’ Exposition des Elèves d' Ingres. 
(Notes d'art et d'archéol., 6.) 


Dorbec, P. Evolution du portrait en France 
apres la Revolution. (Monatsh. f. Kunstw. 10.) 

— G.B. Rich. Halls porträtutställning. (Svenska 
Dagbl. Nr. 244.) En svensk konstnärs utstall- 
ning [Rich. Hall. (Hvar 8. Dag, Göteborg, 
Nr. 50.) 

Gensel, W. Puvis de Chavannes. (Hochland, 
Okt.) 

Hungarian art at the Earl's Court Exhibition 
(Studio, Aug.) 

Lys Baldry, A. Modern miniature painting. 
(Studio, Aug.) 

Mayer, A. Homer Martin. American land- 
scape painter. (Studio, Sept.) 

Pissarro, L. Rossetti, London: T. C. und 
E. C. Jack. Übersetzt von Alice Fliegel. 
Prof. Vilh. Rosenstand 70 Aar. (Illustreret Ti- 

dende, Nr. 43.) 

Rome, O. Un peintre humoriste russe: Paul 
Andréevith Fédotow [fin]. (Rev. art anc. et 
mod., Aug.) 

Scheffler. K. Corots Landschaften. 
Künstler, 11.) 

Schur, E. Honoré Daumier (1808—1879). (Nord. 
u. Süd, 10.) 

The story of American painting. (Morning 
Post, 10. IX.) 

Washburn Freund, F. Schottische Malerei. 
(Berlin. Tagebl., 14. IX.) 


(Kunst u. 


3a. Deutschland. 
Allemagne — Germany. 


Biermann, Georg. Wilhelm Trübner. (Leipz. 


Tagebl., Nr. 261.) 


| — Fritz OBwald. (Ein Münchner Maler.) (Leipz. 


Tagebl., Nr. 277.) 


Doering, O. Neue Gemälde für den Deut- 
schen Reichstag [von Angelo Jank]. (Allg. 
Rundsch., 1, X.) 


Felder, E. Ferdinand Georg Waldmiiller. (Nord 
u. Süd, Sept.) 


Ferdinands, C. Hans von Volkmann. (Rhein- 
lande, 10.) 


Frimmel, Th.v. Zu Friedrich Gauermann. (BL f. 
Gemäldek., 8.) 


Goldschmidt, Ernst. Walter Leistikow. (Poli- 
tiken, Kopenhagen, Nr. 241.) 


Lamprecht, K. Die Entwicklung des Koloris- 
mus in der deutschen Tafelmalerei des 19. Jahr- 
hunderts. (Rhein.-Westfäl. Ztg., 20. IX.) 


Lutz, Fr. Feuerstein in Padua. (Kunstfreund, 5.) 
Ostini, F. v. Fritz Erler. (Kunst f. Alle, 1.) 
ge Se | ie Karl Spitzweg. (Tägl. Rundsch., 


RoeBler, Arth. Ferdinand Georg Waklmüller. 
Wien, C. Graeser & Co. ca. 5.—. 


Neuen 
Maier! 


u -a Ee [L'E i 


Bibliographie 


RoeBler, Arth. Rudolf von Alt. 
manns Monatsh., Okt.) 

Rosenhagen, H. Walter Leistikow +. (Nord 
u. Süd, 10.) 

Rusch, R. Theodor von Hörmann. 
freund, 5.) 

Ubell, H. Bei Feuerbach in der Schack-Galerie. 
(Wien. Ztg., 6. X.) 

Uhde-Bernays. Ferdinand Georg Waldmüller. 
(Mannheim. Generalanz., 5. X.) 


(Wester- 


(Kunst- 


4. Neuere Plastik. 


Sculpture moderne. — Modern Plastic Art. 


Brunius, Aug. Kärleksuddens konstverk. [Chr. 
Erikssons's ,kärlekspar“.] (Svenska Dagbl. 
Nr. 224.) 

Friedrich Tieck. 

Guillemot, M.. Troubetzkoy sculpteur. 
decor., Sept.) 

Holsöe, Poul. Gefion-Fontänen i Köpenhamn. 
(Arkitektur och dekorativ Konst, August.) 

Kleczynski, J. Moderne Sculptur. (Sfinks, Juli.) 

Moser, H. Ein Tiroler Künstler im Auslande. 
[Peter Valentin.) (Kunstfreund, 8.) 

Rambosson, Y. La sculpture aux Salons. 
(Art decoratif, 118.) 

Stöckhardt, E. Die Plastiker der S. M. Imma- 
colata zu Genua u. ihre Meisterwerke. (Christl. 
Kunst, 10.) 

West, W. The sculpture of Bertram Mackennal. 
(Studio, Sept.) 


(Deutsche Rundsch., 11.) 
(Art 


5. Neuere Graphik. 
Art graphique moderne. Modern graphic arts. 


Bertels, Kurt. Honoré Daumier als Lithograph. 
München, R. Pieper & Co. Geb. ca. 5.—. 

Biermann, Georg. Der Zeichner Auguste Ro- 
din. (Leipz. Tagebl., Nr. 257.) 

— Ferdinand Schmutzer. (Leipz. Tagebl., Nr. 256.) 

Dacier, E. (Graveurs contemporains: Emile 
Lequeux. (Rev. art anc. et mod., Aug.) 

Lebégue, L. Exlibris allemands modernes. (Art 
decor., Sept.) 

Pica, V. Edgar Chahine. 
Kunst 12.). 

Plehn, A. Clara Siewert als Zeichnerin. (Ztschr. 
f. bild. K., 12.) 

Singer, H. The ug of Dr. Otto Gampert, 
of Munich. (Studio, Sept.) 

Some drawings by J. W. Waterhouse, R.A. 
(Studio, Sept.) 

Wertheim, O. Künstlerische Schriftformen. 
(Zeitschrift fiir Asthetik u. allg. Kunstwissen- 
schaft 4.) 


(Ztschr. f. bildende 


1051 


6. Neueres Kunstgewerbe. 


Art industriel moderne. Modern industrial Art. 

Clemmensen, A. Thorwald Bindesbohl. Mit 
Portr. u. Abb. (Architekten, Nr. 49.) 

Danilowicz, C.A. L’Art populaire scandinave. 
(Art decor., Sept.) 


Frantz, H. Enamels and pottery at the Paris 
Salons. (Studio, Aug.) 

Fürst, W. u. Scheffler, K. Dialog über deut- 
sches Kunstgewerbe. (K. u. Künstler, 12.) 
Hafner. Die neue Monstranz in Treffelhausen. 

(Arch. f. christl. K., 9.) ° 
Madsen, Karl. Thorvald Bindesböll. 
tiken, Kopenhagen, Nr. 235.) 


Testard, M. Les broderies de Marcelle Cros. 
(Art décor., Sept.) 

Thorvald Bindesböll +. (Aftenposten, Kopen- 
hagen, 29./VIII.) 

Vom modernen Kunstgewerbe. [J. Lux, 
D. neue Kunstgewerbe in Deutschland) (Köln. 
Ztg., 27. IX.) 


Whitley, W. The National Competition of 
Schools of art, 1908. (Studio, Sept.) 


(Poli- 


7. Kirchliche Kunst. 


L'art ecclésiastique. — Ecclesiastical art. 


Bernhardi, K. v. Über Kirchenrestauration 
und Neubauten. (N. Preuß. Ztg., 19, IX.) 


Brathe. Zweckmäßigkeit als Kirchbauprinzip. 
(Monatsschr. f. Gottesdienst u. Kirch), K., 10.) 


Cloquet, L. Retour à la tradition liturgique. 
(Rev. d Art dét, 5.) 


Fromm. Die Oberkasseler Kirche. (Monatsschr. 
f. Gottesdienst u. kirdil. K., 10.) 


Kev. Religiöse Motive auf der Kunstausstellung. 
(Staatsbürger-Ztg., 22. IX.) 


Konkurrenzen der deutschen Gesellschaft f. 
christlihhe Kunst. Lex. 8%. München, Gesell- 
schaft f. christl Kunst. I. (IV, 36 S. m. Ab- 
bildgn.) (08) 1.50. II. (87 S. m. Abbildgn.) 
(08.) 2.50. 


Pfundheller. Die religiöse Kunst auf der 
Großen Berliner Kunstausstellung. (Monatsschr. 
f. Gottesdienst u. kirchl. K., 10.) 


8 
UL Allgemeiner Teil. 
Partie generale. — General part. 


I. Ausstellungen. 
Exhibitions. 


A. B. Die Württembergische Bau-Ausstellung 
Stuttgart 1908. (Kunstgewerbebl., 12.) 


1052 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Art Exhibitions. The Black Frame Sketch 
oi" West Country Art. (Morning Post, 28. 

Ausstellung von Bildnissen aus der Zeit 
Kaiser Maximilians I. Königliches Kupferstich- 
kabinett im Neuen Museum. Berlin 1908. 

Ausstellung von deutschen und niederländi- 
schen Holzschnitten des XV. Jahrhunderts. 
Königl. Kupferstichkabinett im Neuen Museum. 
Berlin 19 

Baldry, A. The Franco-British Exhibition. 
(Art Journ., Oct.) 

Czarnik, Br. D. Rembrandt-Ausstellung in 
Leyden 1906. (Przewodnik nankowy i literacki 

908, V.) 

Deubner, L. The Munich Exhibition 1908. 
(Studio, Aug.) 

Elias, J. GroBe Berliner Kunstausstellung 1908. 
(K. u. Künstler, 11.) 

Frimmel, Th. v. Die Malerei in der Wiener 
Rundschau. (Bl. f. Gemäldek. 8.) 

Heilmeyer, Alex. Die Münchener Kunstaus- 
stellungen 1908. [Aus: „Die Kunst uns. Zeit“.] 
(S. 169—208 m. Abbildgn. u. 12 Taf.) 36,5><27 cm. 
München, F. Hanfstaengl '08. 8.—. 

Katalog d. Ausstellung alter flamischer, hol- 
landischer, deutscher, französischer u. pol- 
nischer Meister zu Krakau 1908. Herausge- 
a v. Prof. G. Mycielski. Krakau 1908. 8°. 
TS. 


Konstindustriutställningen i St. Peters- 
burg; den svenska afdelningen. (Svenska Dag- 
bl. Nr. 232.) 

L. G. Die Ausstellung in München 1908. [Forts.] 
(Kunst u. Handw. 11.) 

Lutèce. L. d. Septième Exposition de la So- 
ciété de Saint-Jean. (Notes d'art etd’ardıeol.,6.) 

Lux, J. Kunstshau. Wien 1908. (Deutsch. K. 
u. Dekor., 1.) 

Ostini, Fritz v. Die Ausstellung München 1908. 
[Aus: „Die Kunst uns. Zeit“.] (S. 209—232 m 
Abbildgn. u. 6 Taf.) 36,5><27 cm. München, 
F. Hanfstaengl (08). 4.—. 

Ostrowski, K. Die Ausstellungen d. Pariser 
Salons. (Biblisteka Warschawska, Aug.) 

Popowski, St. Die Ausstellungen d. ver- 
flossenen Saison. (Sprinks, Juli.) 

Reichel, A. Die Prinzhofer Ausstellung in St. 
Veit a. d. Glan. (Graz. Tagebl., 12. VIII.) 
Rosenhagen, H. Die Ausstellung belgischer 

Kunst. (Tag, 7. X.) 

Schölermann, W. The Hessian National Ex- 
hibition at Darmstadt. (Studio, Aug.) 
Servaes, F. Der Wiener Hagenbund. 

hagen u. Klas, Monatsh.) 

Vatielli, F. Una mostra bibliografica nella Biblio- 


teca del Liceo Musicale di Bologna. (Biblio- 
filia, 5—6.) 


(Vel- 


2. Denkmalspflege. 


Conservation des monuments.— Conservation of 
monuments. 


Atz, K. Die Kunsttätigkeit des Jahres 1907 süd- 
li vom Brenner. (Kunstfreund, 5.) 

Bredt, F. Zum Rathausneubau in Barmen. 
(Denkmalpflege, 12.) 

Dvořák, M. Restaurierungsfragen I. Die Prager 
Königsburg. (Kunstgesch. Jahrb., 1.) 

Ebinghaus, K. Etwas über Neubauten, die 
sich historischen Baugruppen anzugliedern 
haben. (Rheinlande, 10.) 

Geymiller, Ev Il Hohkoenigsburg e le vit- 
time d'un errore deplorevole e ridicole. Arte 
e Storia, 17—18.) 

Heppe, H. Die bischòflite Münze in Vic a. 
d. S. und ihre Wiederherstellung. (Jahrb. Ge- 
sellsch. f. lothring. Gesch. u. Altertumsk., 19.) 


J. 30) Le Vandalisme à Paris. (Chron. d. arts, 
30. 


Lambert, A. Der Kampf um das alte Histo- 
use Museum in Bern. (Frankfurt. Ztg. 1. 
) 


Mielke, R. Heimatschutz und Landesverschö- 
nerung. (Gartenkunst, 10.) 

Moretti, G. La conservazione dei monumenti 
della Lombardia dal 1 luglio al 31 dicembre 
1906. Relaz. d. Affic. Region. c. collaboraz.d 
Dott. Ugo Nebbia. Milano 08. 

Rusch, R. Uber Restaurierungen des Kirchen- 
innern und der hl. Geräte. (Kunstfreund, 5.) 

The preservation of ancient buildings. 

‘ (Burlingt., Mag., Aug.) 

Tietze-Conrat, E. Die Restaurierung der hl. 
Dreifaltigkeitskirhe in Wien. (Kunstgesdi. 
Jahrb., 1.) 

Wiener Kapellen. (Wien. Ztg., 29. IX.) 

Zesiger, A. Das Erkerhaus an der Kramgasse. 
(BI. f. Bern. Gesch. Kunst usw., 1—2.) 


3. Kunsttopographie. 
Topographie d’art. -- Art topography. 
Benedetti, M. d. Opere d'arte negli Ospedali 


die Roma. (Rassegna d'arte, 9.) 
Bergner, Heinr. Naumburg u. Merseburg als 
. Kunststatten. Leipzig, E. A. Seemann. ca. 3.—. 
Dehio, Geo. Handbuch der süddeutschen Kunst- 
denkmäler. Berlin, E. Wasmuth. Geb. ca. 6.25. 
Delpy, Egb. Köln als Stätte der Kultur. Leip- 
zig, Klinkhardt & Biermann. Kart. ca. 3.—. 


Fang, Arthur. Skibby kirke og vore gamle 
Kalkmalerier. Illustr. Tidende, 49.) 


Fattori, O. Spigolature storico-artistiche del 
Montefeltro [Schluß]. (Rassegna d'arte, 8.) 


Bibliographie 


1053 


Giolli, R. Appunti d’arte novarese: Il Battis- 
tero di Novara. (Rassegna d’arte, 9.) 


Giovannoni,G. Reliquie d’arte disperse della 
vecchia Roma. (N. Antologia, Aug.) 

Goetz, Walt. Assisi als Kunststätte. Leipzig, 
E. A. Seemann. ca. 3.—. 


Harder, A. Neue Kunst in Stockholm. (Magde- 
burg. Ztg., 29. IX.) 


Keller, A. Le Chateau de Dampierre et les 
ruines de Port-Royal. (Notes d'art et d’ar- 
déol. 7—8.) 

Krattner,K. Karlstein und anderes! (Deutsche 
Arbeit, 12.) 

Kunstdenkmäler, die, des Königr. Bayern. 
Hrsg. im Auftrage des kgl. bayer. Staatsmini- 
steriums des Innern f. Kirchen- u. Schul-An- 
gelegenheiten. 2. Bd. Reg.-Bez. Oberpfalz u. 
Regensburg. Hrsg. v. Geo. Hager. Lex. 8°. 
München. R. Oldenbourg. — 13. Heft. Hof- 
mann, Frdr. Herm., u. Fel. Mader: Bez.-Amt 
Beilngries. II. Amtsgericht Riedenburg. Mit 
5 Taf., 153 Abbildgn. im Text u. 1 Karte. (VI, 
171 S.) '08. Geb. in Leinw. 8.—. — 14. Heft. 
Mader, Fel.: Bez.-Amt Tirschenreuth. Mit 15 
Taf., 104 Abbildgn. im Text u. 1 Karte. (VI, 
160 S.) '08. Geb. in Leinw. 8.—. 


Kühnel, Ernst. Granada als Stätte der Kul- 
tur. Leipzig, Klinkhardt & Biermann. Kart. 
ca. 3.—. 


L. H. Das Inventar der österreichischen Kunst. 
Kunsttopographie d. Bezirks Krems.] (Wien. 
remdenbl., 20. IX.) . 


Neumann, Wilh. Riga u. Reval als Kunst- 
stätten. Leipzig, E. A. Seemann. ca. 3.—. 

N. N. Excursiones artisticas. (Murcia, Toledo, 
Zoragoza etc.) (Bol. Soc. Española d. Ex- 
curs., 2 

Osborn, Max. Berlin als Kunststätte. Leipzig, 
E. A. Seemann. ca. 4.—. 

Petersen, E. Athen als Kunststätte. Leipzig, 
E. A. Seemann. ca. 4.—. 

Pernthaler, A. Der Kreuzgang am Dome zu 
Brixen als Biblia pauperum. (Kunstfreund, 9.) 

Schikowski, J. Holländishe und belgische 
Städtebilder. (Leipzig. Volksztg., A X.) 

Sdımitz, Hein. Soest als Kunststätte. Leipzig, 
E. A. Seemann. ca. 3.—. 

Schomburg, D. Die ehemalige Propstei Bucken. 
[Kreis Hoya.) (Niedersachsen, 1. X.) 

Väzquez, P. Monumentos artisticos de Viz- 
caya. (Bol. Soc. Espaüola d. Excurs. 2.) 

Willoughby, L. The Treasures of Avington. 
The Seat of Sir John Shelley, Bart. (Con- 
noisseur, Oct.) 

— The City of Hereford. (Connoisseur, Sept.) 

Wolterton Hall. Norfolk, The seat of the 
Earl of Orford. (Country Life, Oct.) 

Wunder. Geschichte der kirchlichen Kunst im 
oberen Filstal. (Arch. f. christl. K., 9.) 


4. Sammlungen. 
Cabinets — Collections of art. 


Andersen, B. Die Antiken Sammlung des 
Vatikan. (Kunstfreund, 9.) 


Arntzen, Johanna. Das Essener Museum. 
Ein Rundgang durch die ortshistor. und die 
Kunstabtlg. aus „Ess. Volksztg.“] (55 S.) 8°. 
Essen Fredebeul & Koenen. 08. —.25. 


Brinkmann, ]. Neuordnungen im hambur- 
gishen Museum für Kunst und Gewerbe. 
(Hamburg. Nachr., 9. X.) 


Brunelli, E. Opera d’arte nel Palazzo Ma- 
rullo di Castellaci a Ragusa inferiore. (Arte, 4.) 


Die Gemäldesammlung in Litzschena. 
(Leipzig. N. Nachr. 30. IX.) 


Déring, O. Ein Museum dachauischer Malerei. 
(Kunstchron. 33.) 


Frimmel, Th. v. Zur Geschichte der Gräflich 
Friesshen Gemäldesammlung. (Bl. für Ge- 
mäldek., 8 


Führer durch die Kunst- und historischen 
Sammlungen des großherzogl. Landesmus. 
in Darmstadt. 1908. 1.50 M. 


Guida illustrata del Museo Nationale di 
Napoli. approvata dal Ministero della pub- 
blica istruzione, compilata da D. Bassi, E. 
Gabrici, L. Mariani, O. Marruchi. G. Patroni, 
G. de Petra, A. Sogliano, per cura di A. Ruesch. 
Napoli 1908, Richter & Co. Fiir alle iibrigen 
Lander: A. Buchholz München, Klein Oktav. 
509 S., 129 Abbildungen. Preis 20 M. 

Holmes, C. Rembrandt and van Dyck in the 
Widener and Frick Collections. (Burlington. 
Mag. Aug.) 

Jahresbericht des Kunstvereins in Hamburg 
für 1097. 

Kirby Grant, J. Mr. John G. Johnson’s Col- 
lections of Pictures in Philadelphia. Part. IIl, 
(Connoisseur, Sept.) 

Kunstverein in Barmen. Jahresbericht 1907. 

Macoir, G. Au Musée de la Porte de Hal. 
Une collection de décorations et de medailles 
(Bull. Mus. Rog., 7.) 

Madsen, Karl. Fortegnelse over Malerisam- 
lingen paa Nivaagaard. Köbenhavn 1908. 
[kritischer Katalog, mit Abb.) 

Mayer, M. Neues aus dem Antiquarium der 
Königlichen Museen. (National. Ztg.. 27. IX.) 

Migeon, G. La Collection de M. Gustave 
Dreyfus. (Arts, 80.) 

Modigliani, E. Recent Acqusitions by the 
Italian Galleries. (Connoisseur, Sept.) 

Patricolo, A. Guida del Palazzo Ducale di 
Mantova, etc. a cura del Comitato del Pa- 
lazzo Ducale. Mantova 08. 

Rutowski, Tad. W sprawie galerji miejskiy. 
(In Sachen der Städtischen Gallerie.) Lembg., 
1908. 8°. 100 S. K. 2.— 


1054 


Stuttgart, Kgl. Landesgewerbe-Museum 
Bericht über das Jahr 1907. Stuttgart 1908. 
The Jubileeofthe Oxford Museum. 
(Times, 5. X.) 

Unser Museum der bildenden Künste. 
(Breslau. Ztg., 27. IX.) 

Vauxelles, L. La collection de M. P. Galli- 
mard. (Arts, 81.) 

Willoughby, L. 
Collection at Bayham Abbey Port II. 
noisseur, Aug.) 

— W. W. Das Schicksal d. Graf'sdien Samm- 
lung. (Beil. Münch. N. Nachr., 75.) 


The Marquess Camden's 
(Con- 


— — Die Filialgalerie im Schwörhaus. (Ulm. 
Tagebl., 26. IX.) 
Zimmermann, Max Gg. Niederländische 


Bilder der Sammlg. Hölsdier-Stumpf (Berlin.) 
Leipzig, Klinkhardt & Biermann. ca. 14.— 


5. Bildnis und Kostiim. 


Portrait et costume. — Portrait and costume. 


Kemmerid, Max. Die friihmittelalterliche 
Porträtplastik in Deutschland. Leipzig, Klink- 
hardt & Biermann. ca. 8.50. 


— Die Porträts deutscher Kaiser und Könige 
bis auf Rudolf von Habsburg. Sonder-Ab- 
druk aus dem Neuen Archiv d. Gesellsch. f. 
ältere deutsche Geschichtskunde, Hannover u. 
Leipzig. 

— Porträtshmuck in deutschen Handschriften 
d. frühen Mittelalters. (Zeitschr. f. Büdherf. 6.) 

Lennep, J. v. Porträts in the Kann Collection. 
(Burlingt. Mag., Aug.) 

Mayer, M. Antike Porträts. (N. Preuß. Kreuz. 
Ztg., 4, X.) 

Miniature of Prince Charles Edward 
Stuart. (Connoisseur, Oct.) 

Moreau-Melaton, E. Le Porträt a la cour 
des Valois. Crayons francais du XVI. siecle 
conserves au Musée Condé à Chantilly. Paris, 
E. Lévy. 400 fr. 

Prinet, M Portrait d'une comtesse de 
Brienne {miniature du XVI. siecle, (Bibliogr. 
mod. 6.) | 

Rosenberg, A. Gesch. des Kostüms. I. Bd. 
7. Lfg. Berl., Wasmuth. 6.—, gr. Ausg. 10.—. 

Smith, C. A bronze bust of Commodus. (Bur- 
lingt. Mag., Aug.) 

Spielmann, M. The Winstanley Porträts of 
Shakespeare, (Connoisseur, Oct.) 


6. Ikonographie 
und Legende. 
Frova, A. La morte e l'oltretomba nell’ arte 
etrusca. Milano. 08. 


lidefors-Herwegen, P. Die Darstellung 
Jesu im Tempel i. d. Pfarrkirche z. Sdiwarz- 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


rheindorf. 
rhein, 86.) 

Keller, O. Zur Geschichte d. Katze im Alter- 
tum. (Mitt. Deutsch. Archäol. Instit., 1.) 

Nägele, A. Eine geistlihe Apotheke in Bild 
und Wort. (Arch. f. christl. K., 9.) 

Richer, J. Le geste du discobole dans l'art 
antique et dans le sport moderne. (Rev. art 
anc. et mod., Sept.) 


Sdienkl, H. Birt, Th. Die Buchrolle in der 
antiken Kunst. (Allg. Literaturbl., 18) . 


Schmid, A. Die Seitenwunde Christi. (Ztschr. 
f. christ}. K., 7.) 


Smitz, C. L’iconographie de la cathédrale de 
Bois-le-Duc. (Rev. d. Art chrét., 5.) 


Spielmann, M. The „Shakespeare Mariage 
Picture“ Part II. (Connoisseur, Aug.) 


The legend of the Holy Fina, Virgin of 
Santo Gimignano. Now first translated from 
the trecento Italian of Fra Giovanni di Coppo 
with introduction and notes, by M. Mans- 
field. Chatto and Windus. The New Me- 
diaeval Library. 


Vassalli, F. La nascita di Venere. 
d’ arte, 9.) 


(Annal. Hist. Ver. fir den Nieder- 


(Vita 


7. Münzen und Medaillen. 
Numismatique. — Numismatics. 


Babelon, E. La Donation Armand-Valton au 
Cabinet des medailles. I. (Rev. art anc. et 
mod., Sept.) 


Coins worth collecting. (Connoisseur, Aug.) 


Curtius, C. Der Münzfund von Cronsforde 
bei Lübeck. (Berl. Miinzbl., 82.) 


Dannenberg, H. Der Hacksilberfund von 
Mgowo. (Berl. Miinzbl., 82) 


Forres, R. Der Goldstalerfund von Tayac- 
Libourne, ein Dokument des Cimbern- und 
Tigurinerzuges von 113—105 v. Chr. (Jabrb. 
f. lothring. Gesch. u. Altertumsk., 19.) 


Hill, G. The medallist Lysippus. (Burlingt. 
Mag., Aug.) 

Lange, Chr. Drei schleswig-holsteinsche Ine- 
dita. (Berl. Münzbl., 85.) 


— v. L. Neue Münzen. (Berl. Münzbl., 82.) 


Nelson, Ph. The Irish Siege-Money of Charles I 
and II. (1642—1649.] (Connoisseur, Sept.) 


Quintard, L. Medaille commémorative de la 
fondation du couvent des Celestins a Metz. 
(Jahrb. für lothring. Geschichte und Altertums- 
kunde, 19.) 


Rzepinski, St. Monety i renkopisy gabinetu 
archeologicznego c. k. gimnazjum w Nowym 
Saczu. (Die Münzen und Handschriften des 
archeologischen Kabinets im k. k. Gymnasium 
zu Nowy Sacz, Galizien) Nowy Sacz. 1908. 
8°, 74 S. Kr. 1.50. 


Bibliographie 


1055 


8. Künstlergeschichte. 


Histoire des artistes. — History of artists. 


Bernard, E. Erinnerungen an Paul Cézanne, 
(K. u. Künstler, 11—12.) 


Burger, F. Zu Palladios vierhundertjährigem 
Geburtstag. (Monatsh. f. Kunstw., 10.) 


Ernst, C. Goyas Quinta. (Berl. Tagebl., 9. X.) 

Fabriczy, C. v. Die Bildhauerfamilie Ferrucci 
aus Fiesole. (Beiheft Preuß. Jahrb., 29.) 

— Niccollo dall’ Arca. (Beih. PreuB. Jahrb., 29.) 

Gottschewski, A. Zu Michelangelos Schaffens- 
prozeB. (Monatsh. f. Kunstw. 10.) 

Kesser, H. Holbein in Luzern. (Rheinlde., 10.) 

Marchal. Discours aux funérailles de Jef Lam- 
beaux. (Bull. Acad. R. de Belgique, 7.) 

Mayer, A. Murillos Arbeiten für die Sevil- 
laner Kathedrale. (Beiheft Preuß. Jahrb., 29.) 

Möller, Niels. Michelangelos Amore. (Nordisk, 
Tidskrift, utg. af Letterstedtska föreningen, 
1908, H. 4.) 


Professor Ludwig Seitz. (Köln. Volks- 
zeitg., 15. IX. 


Sydow, E. v. Albrecht Dürer als Schriftsteller. 
(N. Preuß. Ztg., 11. IX.) 

Winkler, G. Lenbach als Kopist und Kunst- 
berater des Grafen Schack. (K. f. Alle, 1.) 
Zum Gedächtnis von Ludwig Seitz. (Köln. 

Volksztg., 21. IX.) 


9. Kunstlehre. 
Theorie de l’art. — Aesthetics. 


Biermann, Georg. Die Kunst des Porträts. 
(Hamb. Fremdenblatt, Nr. 234.) 


Dessoir, M. Die ästhetise Betrachtung und 
die bildende Kunst. (Deutsche Literaturztg., 
37, 38.) 

Elementargesetze der bildenden Kunst. 
Grundlagen einer praktischen Asthetik von 
Professor Dr. Hans Cornelius in München. 
Mit 240 Abbildungen im Text und 13 Tafeln. 


Lex. 8°. Geh. M. 7.—, geb. M. 8.—. Verlag 
von B. G. Teubner in Leipzig. 

Fontaine, A. L’esthétique janseniste. (Rev. 
art anc. et mod., Aug.) 

Führer zur Kunst. Hrsg. v. Dr. Herm. Popp. 
8°. EBlingen, P. Neff. Jedes Bdchn. 1.—. 
16. 17. Lange, Prof. Dr. Konr.: Schön u. 


praktisch. Eine Einführg. in die Ästhetik der 
angewandten Künste. (117 S.) 08. 


Guerci, C. Liberalismo e collettivismo in arte. 
(N. Antologia, 16. VIII.) 


Gutherz, G. Vom Zweck in künstlerischen 
Dingen. (Morgen, 9, X.) 

Hasak, M. Der neue Stil. (Ztschr. f. christl. K., 7.) 

Oettingen,W.v. Natura artis magistra. (Tag, 
11. IX.) 


Rusch, R. Uber alte und neue Stilformen. 
(Kunstfreund, 5.) 


Schmarsow, A. Das Wesen der Malerei als 
Kunst. [in Hinblick auf R. Czapek, Grund- 
probleme der Malerei.) (Beil. Münch. N. Nachr., 
84 u. 85.) 


Utitz,E. Der neue Stil. (Deutsch. K. u. Dekor., 1.) 


Worringer, W. Von Transzendenz und Imma- 
nenz in der Kunst. (Ztschr. f. Ästhetik u. 
allg. Kunstwissensch., 4.) 


10. Hilfswissenschaften. 


Sciences auxiliaires. — Auxiliary scienties. 


Gritzner. Die Malereien im Schloß zu Fordi- 
heim. (Deutsch. Herold, 9.) 


Gumowski, M. Dzialalnosc naukowa Fran- 
ciszka Piekosinskiego. (Die wissenschaftliche 
Tätigkeit d. Heraldikers Prof. Fr. Piekosinski.) 
Lemberg 1908. 8°. 104 S. 


KieBkalt, E. Die Grabdenkmale des Marktes 
Oberkotzau in Oberfranken. (Vierteljahrsschr. 
f Wappen- usw. -Kunde, 3.) 


Millar, A. The Making of Carpets. — IV. 
(Art Journ., Oct.) 


Semkowicz, WI. D. Historiker Dlugosz als 
Heraldiker. (Miesiencznik Heraldyczny 1908 1.) 


Siebmadier’s, jJ., großes u. allgemein. Wappen- 
buch in e. neuen vollständig geordneten u. reich 
verm. Aufl., m. herald. u. historisch-genealog. 
Erläuterungn. Lex.8°. Nürnberg, Bauer & Raspe. 
VI. Bds. 13. Abt. Mülverstedt, Geh. Archivr. 
G. A. v.: Ausgestorbener Adel der Fürstentümer 
Schwarzburg, zugleich Entwurf e. Lexikons des 
früheren Schwarzburgisdien Adels. (IV, 52 S. 
m. farb. Titelbl. u. 28 Taf.) 08. 15.—; kart. 16.—. 


— dasselbe. 528—530. Lfg. Ebd. 
Sternberg, R. Magelsens Modellierton. (Kunst- 
freund, 9.) 


Vasari on technique. Translated by Louisa 
S. Maclehose. Edited by G. Baldwin Brown. 
London. 08. 15.—. 


11. Kultur. Kunstunterricht. 
Enseignement des arts. — Culture. Art 
instruction. 


Der Kaiser und die Kunst. (Berlin. Tagebl., 
1.X 


Diederich,Frz. Meisterbilder-Vergleichmappen. 
Ratschläge zum Genießen der Kunstwart- 
Meisterbilder. Mündien, G. D. W. Callwey. 
ca. —.50. 


Falk, E. Was niitzen uns die Museen? (Rhein.- 
Westfäl. Ztg., 7. X.) 

Fred, W. Was unser Staat für die Kunst tut. 
(Österr. Rundsch., Okt.) 


1056 Monatshefte fir 


Friz L Kunst auf einem Lehrer-Ferienkurs. 
Ein Beitrag zu „Kunst und Schule“. (Christl. 
Kunstbl., Sept.) 


Hellwag, F. Studentenkunst-Preisausschreiben 
und Ausstellung, (Kunstgewerbl., 12.) 


International Art Congress. Art teaching 
in relation to industrial design. (Builder, 3419.) 


Roch, D. Kunst für die Jugend. (Christl. 
Kunstbl., Sept.) 


Konsthògskolan. Nya stadgar utfärdade af 
k. m. t. (Svenska Dagbladet, Nr. 229.) 


Kunststudienreisen akademism gebilde- 
ter Lehrer. (Nationalztg., 9. X.) 
Lux. Der ArchitektenkongreB 1908. 

Warte, 14.) 


Mauclair, C. La Peinture du Peuple. (Rev. 
bleue, 11.) 

Mayreder, Prof. dipl. Arch. Karl. Baugesetz 
u. Baukunst. Ein Vergleich der Bauordngn. v. 
Berlin, London, Paris, Rom u. Wien. Vortrag, 
geh. am VIII. internationalen Architekten-Kon- 
greB in Wien am 19. V. 1908. [Aus: ,SchluB- 
bericht des Kongresses“.] (22 S.) Lex. 8". 
Wien, (Lehmann & Wentzel) 08. bar 1.—. 


Roos, Anna Maria. Barnet som konstnär. 
(Ord och Bild, 7.) Mit Abb. 


Rybowski, M. D. Zeichenunterricht in d. Volks- 
schule. (Rodzina i Szkola, 1908, Nr. 11 u. 12.) 


Schwindrazheim, Osk. Von alter zu neuer 
Heimatkunst. Hamburg-GroBborstel, Guten- 
berg-Verlag Dr. E. Schultze. ca. 2.— 


T.H. Des Antrages Roth erster Teil. (Ham- 
burg. Nachr., 9, IX.) [Ausstattung d. öffent- 
lien Anlagen mit monumentalen Kunst- 
werken.] 


— Des Antrages Roth zweiter Teil. 
Nachr., 20. 1X.) 


Ulaszyn, H. Kazimierz Moklowskis Werk: 
„D. Volkskunst in Polen“. Krakau 1908. 20 S. 


Vorwerk, Gewerbesch.- Oberlehr. Dir. Stell- 
vertr. W. C. M. Das perspektivische Skizzieren 
nach drei Liniengesetzen. Fir Volks-, Real-, 
Gymnasial-, Fortbildungs- Fach- u. Kunst- 
gewerbeschulen, sowie zum schnelleren Selbst- 
studium ohne irgendwelche Vorstudien. (16 S. 
m. Abbildgn.) gr. 8°. Hamburg, Boysen & 
Maasdi. 08. —.70. 

Wagner. Zur Wiederbelebung der nieder- 
sächsischen Volkskunst. (Niedersachsen, 15. IX.) 
[Zur Frage des Wandschmuckes in Bauern- 
häusern.] 


12. Kulturgeschichte. 
Histoire de la civilisation. — History of 
civilisation. 


Aleandri, V. Il Palazzo in Roma, la fami- 
glia e il vitratto di Giambattista Caccialupi 
Sanseverinate giureconsulto del secolo XV. 
Arte e Storia, 17—18.) 


(Hohe 


(Hamburg. 


Kunstwissenschaft 


Biermann, G. Das Deutsche in der Veroneser 
Kunst. (Leipz. Tagebl., 8 


Borinski, K. Das Novellenbild in der Casa 
Buonarroti. (Monatsh. f. Kunstw., 10.) 


Burckhardt, J. Griech. Kulturgesch. 4. Aufl. 
i A 10. Lfg. Stuttgart, W. Spe- 


Doren, Alfr. Das Florentiner Zunftwesen vom 
14. bis zum 16. Jahrh. Stuttgart, J. G. Cotta 
Nacht ca. 16.—. 


Ehrengedicht auf den Neubau der Kirche 
von Unterseen 1674. (Bl. f. Bern. Gesch., 
Kunst usw., 1—2.) 


Fuchs, Eduard. Illustrierte Sittengeschichte 
vom Mittelalter bis zur Gegenwart. (In 20 
Lfgn.) 1. Lfg. (1. Bd. Renaissance. S. 1—24 
m. 5 [3 farb.) Taf.) Lex. 8°. München, A. 
Langen (08). 1.—. 

Galletti, P. Ricordi di Constantinopoli, Tre 
secoli addietro. (Arte e Storia, 17—18.) 


Gomulicki, W. Opowiadania o starej Warsza- 
wie. (Erzählungen aus d. alten Warschau.) 
T. I. Warschau 1908. 8°. 165 S. 


Gregorovius, Ferd. Geschichte der Stadt 
Rom im Mittelalter. Vom V.bis zum XVI. Jahrh. 
8. Bd. 4. verb. Aufl. Anastat. Neudr. (VIII, 
800 S.) gr. 8°. Stuttgart, J. G. Cotta Nachi. 
08. 13.50; geb. in Leinw. 15.—. 


Hildebrandt, H. Jaques Coeur und sein Schloß 
zu Bourges. (Beil. Minch. N. Nadir., 70.) 


Pauli, G. Die Kunst an deutschen Fürsten- 
höfen. (Südd. Monatsh., 10.) 


. Schhirrmann, Wilh. Chronik der Stadt Sciweid- 


nitz. (In 4 Lfgn.) 1. Lfg. (S. 1—64 m. 2 
[1 farb.] Plänen. gr. 8°. Schweidnitz, G. Brie- 
ger (08). 

Schoeler, v. Rheinsberg. (Mitt. f. Gesch. Ber- 
lins, 9.) 

Schmeizel, Mart. Jenaische Stadt- u. Uni- 
versitäts-Chronik. Hrsg. v. Dr. Ernst Devrient. 
Nebst e. Stadtplan vom J. 1758. (VIII, 213 S.) 
8°. Jena, B. Vopelius 08. 4.—. 

Schweichardt, Frdr. Der neue Stil. Kultur- 
historische Studie. u S.) kl. 80. Leipzig, 
rong f. Literatur, Kunst u. Musik. 08. 2.—; 
geb. n. 3.—. 

Str. „Jätten“ pa Glimmingehus. Ett bidrag till 
tolkningen af bilden. (Svenska Dagbl., Nr. 224.) 

Uhde, W. Zu Botticellis Primavera. (Monatsh. 
f. Kunstw., 10.) 


13. Kunstwissenschaft. 


A. P. Burckhardts Cicerone nnd Kultur der Re- 
naissance. (Grenzboten, 8. X.) 

Bericht über die Jahresversammlung des österr. 
archäologischen Institutes 1908. (Mitt. d. Zen- 
tral-Kommiss,, 

Das kunsthistorische Institut in Florenz. 
(Beil. Minch. N. Nachr., 64 


Bibliographie 


1057 


Der Begründer des Louvre-Museums. 
[Graf d'Angiviller.) (Nordd. Allg. Ztg. 26. IX.) 

Diskussioneni museifrägan. (Svenska Dag- 
bladet. Nr. 229.) 

Dresdner kunstgeshidtlidhe Forsdun- 
gen. (Dresdn. Anz., 20. IX.) 

Guglia. Jakob Burckhardt und Goethe. (Chron- 
d. Wien. Goethevereins, 5—6.) 

H. C. Hempel. [Direktor d Kunsthalle.) (Düssel- 
dorf. Generalanz., 1. X.) 

Hoesik, F. D. italienischen Briefe v. Juljan 
Klaczks. (Przeglond Polski 1908, Juli.) 

Königliche Bibliothek zu Berlin. Syste- 
matisches Verzeichnis der laufenden Zeit- 
schriften. Sonderheft 7 Geographie und Ge- 
schichte, 1908. 

La nuova legge sulle Antichità e Belle 
Arti. (Bibliofilia, 12.) 

La Raccolta vinciana al IV Congresso Inter- 
nazionale di scienze storiche in Berlino. Ar- 
chivio Storico Civico Milano. 4°. Fascicolo, 
1908. 

Legge Capestro. (Antiquario, 5.) 

Lehner. Das Verhältnis der Provinzial- und 
Territorialmusen vaterländisher Altertümer 
untereinander, im römisch-germanischen Zen- 
tralmuseum in Mainz und in den königlichen 
Museen in Berlin. (Korrespond. Bl. d. Gesamt- 
ver., 8./9.) 

Montelius, Oscar. 
Dagbl. Nr, 225.) 

Romdahl, Axel, L. 
Dagbl. Nr. 228.) 

G--g. Museimännens ärsmöte. 
Dagbladet Nr. 228, 229, 230.) 

Neilson Clift, J. The British Archaeological 
Association Congress at Carlisle. (Antiquary, 9.) 

San ütgen. Ludwig Seitz +. (Ztschr. f. christl. 

aa 7.) 

Sirén, Osv. Museifragan. (Svenska Dagbladet 
Nr. 227.) 

Statsmann, K. Uber das zeichnerische Auf- 
nehmen im Dienst der Denkmalpflege. (Denk- 
malpfl., 12.) 

Tourneux, M. Salons et expositions d'art a 
Paris 1801—1900; essai bibliographique [suite]. 
(Bibliogr. mod., 6.) 

Uhde-Bernays, H. Bürger-Thore. (Monatsh. 
f. Kunstw., 10.) 

Vorwald, H. Neues über den Rembrandt- 
deutschen. (Hochland., Okt.) 

Weisbach, W. KunstgenuB und Kunstwissen- 
schaft. [Zur Museumsreform.] (Preuß. Jalirb., 1.) 


Wulff, O. Die Kunstgeschichte auf dem Inter- 
nationalen Kongreß fiir historishe Wissen- 
schaften. [Berlin 1908.) (Kunstchron., 32.) 


Zum neunten Tag fiir Denkmalpflege am 
24. u. 25. Sept. in Lübeck. (Denkmalpflege, 12.) 


I museifragan. (Svenska 
I museifragan. (Svenska 


(Svenska 


14. Kunstnachrichten. 
Echo des arts. — Art news. 


Altertumsforschungenin Amerika. [Guate- 
mala.] (Nordd. Allg. Ztg., 1. X.) 

Bode, W. Martin. A History of Oriental Car- 
pets before 1800. (Monatsh. f. Kunstw., 10.) 


— Un ritratto del Memling al Louvre. (Rassegna 
d'arte, 9.) 

BombeW. Römischer Brief. (Nordd. Allg. Ztg., 
8. X.) 

— Römischer Brief. [Neues aus der Galerie Borg- 
hese. — Entdeckung eines römischen Sarko- 
phages. — Die Sammlung Rocchi.] (Magde- 
bnrg. Ztg., 8. X.) 

Cantarelli,L. Scoperte archeologiche in Italia 
e nelle antiche provincie romane. (Bull. Comm. 
Archeol. d. Roma, 1—2.) 

Capart, J. Une importante donation d’anti- 
quités égyptiennes. (Bull. Mus. Roy., 6, 8, 9.) 


E. Th. Mailänder Kunstbrief. (Voss. Ztg. 8. X.) 


Fed, H. Die neuesten Ausgrabungen anf dem 
Forum Romanum. (Kunstchron., 32.) 


Giolli, R. Appunti d’arte Novarese, Per un 
libro recente su l'Ossola. (Arte e Storia, 17 


Gnoli, U. L'arte Italiana in alcune gallerie 
francesi di provincia: note di viaggio. Parte I: 
Amiens — Arras — Douai — Abbeville — Lille. 
(Rassegna d'arte, 9.) 


Hermanin,F. Ròmischer Brief. (Kunstchron., 33.) 


Lechner, A. Kleider, Kleinodien und Hausrat 
des XVI. Jahrhunderts. [Urkunden.] (BI. f. 
Bern. Gesch. Kunst etc, 1— 2.) 


Loé, A. d. Nos recherches et nos fouilles du- 
rant le deuxieme semestre de 1906 [suite]. 
(Bull. Mus. Roy., 6.) 

Mac Lean, A. Das Ausgrabungsfeld Roms im 
Jahre 1911 und die orchéologische Straße. 
(Schwab. Merkur, 11. X.) 


Meier-Gräfe, J. Ein Künstlerbuc. 
Klossowski: Daumier.] (Zukunft, 3. X.) 


Neue Antikenfunde im Tunis. (Mind. N. 
Nachr., 29. 1X,) 


Perrot, G. Un inventaire des materiaux de 
l'archéologie classique. (Journ. d. savants, 9.) 


Reusch. Funde aus Saarburg i. L. (Jahrb. f. 
lothring. Gesch. u. Altertumsk., 19.) 


Sauer. 1. Die altchristlimen Skulpturen im 
Museum d. deutsch. Stiftung am Campo Santo 
in Rom. Von Dr. J. Wittig. 2. La Basilica ed 
il Reliquiario di Samagher presso Pola. Par. 
A. Gnirs. 


Scatassa, E. Documenti. Nota della gioie 
mandate in dono dal re di Spagna al duca 
di Urbino e di vari oggetti spettanti alla du- 
chessa. (Rassegn. bibl. arte ital., 7—8.) 

Schleinitz,O.v. Londoner Brief. (Kunstchr., 31.) 


69 


[Erich 


1058 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Schmidt, K. E. Pariser Brief. Kunstchron., 33.) 


Schmitz, H. Kunst und Archäologie in Italien. 
(Heidelberg. Tagebl., 17. IX.) 

St. A. Aus dem alten Hellas. [Dörpfelds Aus- 
grabungen auf Leukas. Von der Venus von 
Milo. (Wien. Fremdenbl. 22. 1X.) 


St. Petersburger Brief. (Kunstchron., 31.) 


Tomassetti, G. Scoperte Vaticane. (Bull. 
Comm. Archeol. d. Roma, 1—3.) 


Uhde-Bernays. Donop, d. Landschaftsmaler 
Carl Blechen. (Monatsh. f. Kunstw., 10.) 


15. Reproduktionen. 
Reproductions. — Reproductions. 


Ausstellung München 1908. 30 Ansichten. 
(32 S.) 12x16 cm. München, C. Andelfinger 
& Co. (08.) 


Braun, H. Deutsche Städtebilder. 
J. Weber. ca. 2.—. 


Galerien, d. Europas. N.F. 9—-14. Heft. Lpsg. 
E. A. Seemann. Je 2.—. 


Grabmalskunst. 4. Folge. Eine Sammlg. v. 
Meisterwerken, erschaffen zum Gedächtnis der 
Toten v. Künstlern unserer Tage. Hrsg. v. 
Karl Rich. Henker. (40 Tafeln IV S. Text.) 
56x25,5 cm. Berlin, O. Baumgärtel. (08). In 
Mappe 24.—. 


Handzeichnungen alter Meister a. d Alber- 
tina. 12. Bd. 9. Lfg. Wien, F. Schenk. 3.— 
— sdiweizerishe Mstr. d. XV—XVIII. Jahrh. 
Im Auftrage der Kunstkommision unter Mit- 
wirkg. v. verschiedenen Fachgenossen hrsg. 
v. Conservat. Dr. Paul Ganz. Ill. Serie A u. 
4. Lfg. (Schluß.) (50 Taf. m. 7 BI. Text sowie 


Leipzig, J. 


28 Bl. Erläutergn. in Lex. 8°.) 39,5><32 cm. 
Basel, Helbing & Lichtenhahn (08). Subskr.- 
Pr. je 8.—; Einzelpr. je 10.—. 

Hrdlicka, V., Vr. Lhota, Fr. Vahala, Archit.: 
Klein- und Luxusmöbel. Entwürfe. (30 Farb- 
drucke m. III S. Text.) 41x31 cm. Wien, A. 
Schroll & C. (08). In Mappe 15.—. 

Kessler, Harry Graf. Impressionisten, die 
Begründer d. mod. Malerei in ihren Haupt- 
werken. München, F. Bruckmann. In Mappe 
ca. 360,—. 

Malerei, deut., d. 19. Jahrh. 9—12. Heft. Lpzg., 
E. A. Seemann. Je 2.—. 

Meister der Farbe. 5. Jahrgang. 7—9. Heft. 
Lpzg., E. A. Seemann. Je 2.—. 

Michelagniolo Buonarroti. Handzeichngn. 
6—10. Lfg. Berl., J. Bard. Je nn 16.— 


das. 11. Jahrg. Lfg. Stuttg., Speman. 

el. 

Reber, F. v, Album d. Miinchener Pinakothek. 
Leipzig, E. A. Seemann. ca. 15.—. 


Schmidt, Otto u. Ernst Schneider. Der Künst- 
leract. 12. Lieferung. Berlin, J. Singer & Co. 
Je ca. 1.50. 

Schnorr v. Carolsfeld, Jul. Das Buch der 
Bücher in Bildern. 250 Darstellgn., erfunden 
u. gezeichnet. (VIII, 120 S.) 32,5x21,5 cm. 
Leipzig, G. Wigand (08). bar 1.80. 


— Die Bibel in Bildern. 179 Darstellgn. m. be- 
gleitenden Bibeltext. (IV, 182 S.) 31,5x23 cm. 
Zwickau, J. Herrmann. 08. Geb. in Leiwand 
bar 4.50; in Ldr. m. Goldsdin. 10.—; Vorzugs- 
pr. bis 31. X. 1908. 4.—; bezw. 9.50. 

Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkab. 
der k. Museen zu Berlin. 24. Lfg. Berlin, 
G. Grote. 15.—. 


SIR 


ORGAN FUR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT 
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER. 


ZUM MEISSNER 
SULKOWSKISERVICE 
Von Edmund Wilhelm Braun. 


Das Sulkowskiservice') Kaendlers, das in 
den Jahren 1735—1738 in der Meißner Manu- 
faktur entstand, ist literarisch bekannter als im 
Original. Seit ungefähr 20 Jahren durch den 
Kunsthandel in alle Winde zerstreut, wie Berling 
meldet, ist von seinen Bestandteilen nur Weniges 
abgebildet. Julius Lessing?) hat zuerst nadı- 
gewiesen, daB für die große Terrine des Ser- 
vices eine Silberterrine des Augsburger Gold- 
schmiedes Johannes Biller?) von 1718 in der 
Dresdner Silberkanne als Vorbild gedient hat. 
Vor dem Schwanenservice entstanden, ist es noch 
ganz im Stile der kräftigen deutschen Barock- 
kunst aus dem ersten Viertel des XVIII. Jahr- 
hunderts gehalten, in deutlicher Abhängigkeit 
von den wenigen sicher nachgewiesenen Edel- 
metallvorbildern. 

Als Bestandteile des Services werden u. a. 
nach Berling urkundlich „Saladiers, Salzfässer, 
Terrinen und Leuchter“ erwähnt. Charakteristisch 
für das Service, abgesehen von dem Allianz- 
wappen des polnisch-sächsishen Kabinetts- 
ministers Alexander Joseph von Sulkowski und 
seiner Gattin Franziska Katharina Baronin von 
Stein, ist ein derbes Reliefmuster des Randes, 
das ein Strohgeflecht zu imitieren scheint, der 
Vorläufer des später so beliebten Oziermusters. 
Brüning hat das Vorbild dieses Randmusters in 
Chinaporzellanen wahrscheinlich gemacht. Ferner 
ist das Service sofort erkenntlich an den breiten 
kräftig modellierten Barockformen, gesciwunge- 
nen Volutenfüßen mit Mascarons, die noch ganz 
im Louis XIV. Stil sind, energisch modellierten 
lächelnden Frauenköpfchen, fein geschwungenen 
Henkeln und Kartuschen, sowie Artischoken als 
Deckelgriffe. Der malerishe Schmuck besteht 
außer dem Allianzwappen in buntem spärlichem 
Imaridekor, nämlich kleinen Streublumen und 


1) Berling, D. Meißner Porzellan S. 78ff. A. Brüning, 
Porzellan, S. 76f. 

2) Kunstgewerbeblatt 1888. S. 43ff. Abb. ebenda. 

3) abg. Luthmer. Gold und Silber, S. 244. 


Reisigbündeln, die teilweise die auffallend 
häufigen Glasurfehler mit verdecken müssen. 
Die Kanten sind zum Teil vergoldet. Man hat 
damals in Meißen außer dem Sulkowskiservice 
ähnliche Stücke modelliert. Das beweisen die 
Terrine des Reichenberger Nordböhmischen Ge- 


Abb. 1. 


Kaffeekanne aus dem Meißner Sul- 
kowskiservice 1735—38 O 
C] Fürst Sulkowski-Bielitz 


werbemuseums !) und eine dieser in der Form 
nahe verwandte Terrine des Berliner Kunst- 
gewerbemuseums. `) 

Als das Sulkowskiservice in den achtziger 
Jahren, angeblich total, verkauft wurde, kam 
mandierlei in deutsche Museen. Abgebildet ist 


') abg. Pazaurek. D. Keramik im Nordb. Gewerbe- 
museum 1905. S. 33. 
*) abg. Brüning, a. a. O. S. 69. 


1060 


davon die bereits erwähnte Terrine nach Biller,!) 
der prächtige figurale Stehleuchter,?) beide im 
Berliner Kunstgewerbemuseum, eine Sauciere im 
Hamburger Kunstgewerbemuseum °) und eine 
runde Schüssel im Reichenberger Museum.*) 


Abb. 2. Essig- od. Ölflasche aus dem Meißner 
Sulkowskiservice 1735 —38 D 
D Fiirst Sulkowski-Bielitz 


Als ich im Jahre 1906 zu der im Kaiser Franz 
Joseph Museum in Troppau (Sdiles. Landes- 
museum) veranstalteten Ausstellung von euro- 


1) Lessing a. a, O. Brüning, a. a. O. S. 73. 
?) Brüning a. a. O. S. 72. 

1) ab. Brinkmann, Hamburger Führer, S. 391. 
‘) abg. Pazaurek a. a. O. S. 35. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


päishem Porzellan die Vorbereitungen traf, 
führte mich auch mein Weg in das fürstlich 
Sulkowskische Schloß zu Bielitz in Osterreich- 
Schlesien, wo ich zu meiner groBen Überraschung 
und Freude noch eine ziemlihe Anzahl von 


Abb. 3. Zuckerstreuer aus dem Meißner Sul- 


kowskiservice 1735—38 O 
O Fürst Sulkowski-Bielitz 


Bestandteilen ‘des Sulkowskiservices vorfand, 
von denen auch einige ausgewählte zur Aus- 
stellung') überlassen wurden. Heute ist Alles 
glücklicherweise FideikommiBbesitz und sind die 


1) Vgl. meinen Katalog d. Ausstellung No. 39-62 
und meinen Aufsatz in „Kunst und Kunsthandwerk” 1906. 


Der Kunstsammler 


1061 


Abb. 4. Schale aus dem MeiBner Sulkowski- 
service 1735—38 O 
O First Sulkowski-Bielitz 


Hauptstücke mit Erlaubnis der Vormundschaft 
des Fürsten als Depots im Kaiser Franz Josef 
Museum ausgestellt. 

Im Folgenden bilde ich diese für die Meißner 
Gesdhirrplastik wichtigen Stücke ab; die Ab- 


bildungen sind für Museen und Sammler gewiß’ 


von Wert. 


Abb. 5. Deckelterrinhen aus dem Meißner 
Sulkowskiservice 1735—38 O 
O Fürst Sulkowski-Bielitz 


Es sind eine Kaffeekanne (Abb. 1) mit Deckel 
und dem fiir das Service charakteristischen Henkel 
und einem Frauenmascaron unter dem Ausguß 
(Höhe 21,5 cm). Dazu gehören niedrige Henkel- 
tassen mit Untertassen, die nicht abgebildet 
sind. Nicht abgebildet sind ferner die großen 
runden Schüsseln (vgl. das Exemplar in Reichen- 
berg, Durchm. 42 cm), ferner runde tiefe Schüsseln 
(D. 48,7 cm), runde Suppen- und Speiseteller 
(D. 23 cm), groBe ovale achteckige Schüsseln 


Abb.6. Leudhter aus dem Meißner Sulkowski- 
service 1735—38 E 
O Fiirst Sulkowski-Bielitz 


(D. 48,7><41 cm) mit abwechselnd ausgebuchteten 
und eingezogenen Seiten und ein Aufsatz mit 
runden abwechselnd ausladendem und einge- 
zogenem Rand sowie einem Fuß, der mit ver- 
goldeter gravierter Bronze montiert ist (D. 27 cm, 
H. 9 cm). Abb. 2 veranschaulicht eine Deckel- 
flasche (H. 29 cm), für Öl oder Essig, Abb. 3 
einen Zuckerstreuer (H. 23,5 cm) mit abschraub- 
barem Deckel. Als Vorbild diente offenbar ein 
silberner Zuckerstreuer, wie sie schon von den 
Fayenciers zu Rouen nachgeahmt worden waren. 


1062 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Die kleine kräftige Schale auf Volutenfüßen und 
2 Frauenköpfchen (Abb. 4) (H. 11 cm), diente 
entweder als Salzfaß, wie sie für das Service 
urkundlich verbürgt sind oder als Pomme 
de Sinebecher, wie sie das Schwanenservice ent- 
hielt. Eine kleine Deckelterrine zeigt Abb. 5 
(Höhe 14 cm, Durchmesser 15x12 cm). Einer 
der Leuchter, von denen einer (Abb. 6) (H. 23,6cm) 
hier im Bilde erscheint, ist das einzige Stück mit 
der Sciwertermarke mit Punkt, also offenbar 
eine spätere Nachbildung und Ausformung. Alle 
übrigen Stücke haben die einfache Schwerter- 
marke. Malerzeichen jeder Art fehlen voll- 
kommen. Nur der Aufsatz trägt die einge- 
preßte Formensignatur: >< 


8 


DER DEUTSCHE KUNSTMARKT 
1. BEVORSTEHENDE AUKTIONEN 


Berlin. In den Tagen vom 24.—28. Nov. findet 
beiAmsler und Ruthardt eine große Herbst- 
auktion statt, bei der es sich auch diesmal wieder 


Kat. No. 1546 der Kupferstichauktion LXXX 
bei Amsler & Ruthardt, Berlin W. 64 


um die Spezialität der Firma, um graphische 
Blätter von besonderem Range aus alter und 
neuer Zeit handeln wird. Der etwa 1700 Nummern 
aufzählende Katalog gibt in seiner ersten Hälfte 
Einblick in eine reichhaltige Sammlung von 


Kupferstichen, Radierungen, Holzschnitten, Litho- 
graphien und Schabkunstblättern vom XV. bis 
zur Mitte des XIX. Jahrhunderts. Hier verdient 
speziell auf das reihe Werk von Wenzel 
Hollar hingewiesen zu werden, das etwa 
200 Abzüge von bester Erhaltung, darunter eine 
Anzahl seltener früher Drucke, vereinigt. Aus 
der Zahl der übrigen Namen nennen wir Dürer, 
Holbein, Cranach, Pencz, Rembrandt, Ostade, 


Kat. No. 1427 der Kupferstichauktion LXXX 
bei Amsler & Ruthardt, Berlin W. 64 


Potter, Rubens, van Dyck, Velasquez, Goya, 
Hogarth, Chodowiecki. Der zweite Teil des 
Katalogs zählt graphisdie Arbeiten und Hand- 
zeidinungen moderner Meister auf, die in 
fast ausschließlih vom Künstler handschriftlich 
bezeichneten frühen Abdrücken vorliegen. Der 
Nachdruck liegt auch diesmal wieder auf Ra- 
dierungen Klingers, daneben verdienen seltene 
Blätter von Greiner, Herkomer, Menzel, Stauffer- 
Bern, Whistler, Legros, Strang, Haden, Anders 
Zorn u. a. hervorgehoben zu werden, die der 
Auktion, über deren Resultate wir berichten 
werden, von vornherein das Interesse der Samm- 
ler von moderner Graphik sichern. d- 


Die „Gesellschaff für Kunst und Literatur‘ 
versendet Kataloge für eine auf den 11.—12. No- 
vember angesagte Versteigerung einer Samm- 
lung J... in Rom. Die Stärke dieser Kollektion 
sind spätere Italiener; außer einigen interessanten 
anonymen Stücken, die fälschlicı dem Bernardo 
Strozzi, Ribera u. a. zugewiesen werden, findet 
man drei gute Werke des Salvator Rosa, einen 
Guercino, zwei interessante Stilleben von Bonzi. 
Unter den früheren Gemälden verdient eine 


Der Kunstsammler 


1063 


kleine Madonna aus Raffaels Kreis Aufmerk- 
samkeit, zumal sie mit einer bekannten Zeich- 
nung des Meisters im Louvre in engstem Zu- 
sammenhang steht. Außerdem gelangen eine 
gute alte Replik von Rembrandts verschollener 
„Taufe des Kämmerers“ und einige veneziani- 
sche Gemälde (unter unrichtigen Namen) zur 
Versteigerung. H. V. 


In Rudolf Lepke’s Kunstauktions - Haus 
findet am 17. November die Versteigerung einer 
interessanten Sammlung alter Meister aus dem 
Besitz von Sir Charles Turner statt, über 
die ein mit Lichtdrucktafeln reich geschmückter 
Katalog erschienen ist. 

Wie das Vorwort betont, hat der verstor- 
bene Sammler das meiste in London selbst er- 
worben und dabei vornehmlich auf Qualität 
gesehen, wobei es ihm weniger darauf ankam, 
berühmte Stücke zu erwerben. als vielmehr gut 
erhaltene Schöpfungen angesehener Maler aller 
Zeiten und aller Schulen zusammenzubringen. 
Die Vielseitigkeit seiner Sammlung verdient 
daher zunächst anerkannt zu werden. Trotz- 
dem steht in ihrem Mittelpunkte die holländische 
Malerei des XVII. Jahrhunderts, und das beweist 
hinlänglih, wie sehr der Sammier rein male- 
rishe Qualitäten zu bewerten gewußt hat. 
Unter den Italienern des Quattrocento begegnen 
wir Bildern des Lorenzo Costa und einer 
dem Carlo Crivelli zugeschriebenen Heiligen- 
figur. Unter den Spaniern und den späten 
Italienern sind Tiepolo und Belotto vor anderen 
zu nennen, denen sich nicht weniger wertvoll 
Fragonard, Leprince und Hogarth anreihen. 
Auch von den „großen Engländern“ besitzt die 
Galerie charakteristische Stücke. Kunstgeschicht- 
lich dirften vor allem aber die friihen Nieder- 
lander interessieren, darunter ein dem Meister 
der Ursula-Legende zugeschriebenes Werk und 
ein Triptychon, im Katalog als „Herri met de 
Bles“ bezeichnet. Der Hauptnachdruck liegt in- 
des auf den Holländern des XVII. Jahrhunderts, 
unter denen selbst Rembrandt im Katalog figu- 
riert. Diese Bilder verleihen der Kollektion 
ihren eigentlichen Wert. Ebenso ausgezeichnet 
wie die Landschaftsmalerei, darunter allein Jan 
van Goyen mit sechs Werken, ist auch die 
Genremalerei mit gut erhaltenen Arbeiten von 
Steen, Ostade, Dusart, Mieris u. a. repräsen- 
tiert, so daß man den Ergebnissen dieser 
Auktion immerhin mit Spannung entgegen- 
sehen darf. B. 


Bonn. Die Sammlung der Frau Paul Kemp 
wird hier am 10.—13. Nov. durch das Antiquariat 
Math. Lempertz, Bonn, zur Versteigerung 


gebracit. Es handelt sich vorzugsweise um 
Objekte kunstgewerblichen Charakters, unter 
denen, nach den Illustrationsbeilagen des Kata- 
loges zu urteilen, die Möbelstücke (meist Re- 
naissancearbeiten) besonderer Aufmerksamkeit 
begegnen dürften. Indes auch unter der Fülle 
der Arbeiten in Email, Glas, Porzellan, Steingut, 
Fayence, Majolika, sowie unter den Gold-, Silber-, 
Bronze- und Textilarbeiten, scheint manches be- 
achtenswerte, fiir Sammler interessante Stick 
vorhanden zu sein. 


Wien. Gilhofer und Ranschburg künden 
für die Tage vom 18.—21. November die Ver- 
steigerung einer Sammlung Viennensia und 
Austriaca an, die bei den Sammiern und Lieb- 
habern von Altwiener Aquarellen, Handzeich- 
nungen, Kupferstihen und Lithographien leb- 
haftes Interesse wecken dürfte. Ein Blick in den 
reich illustrierten Katalog läßt erkennen, daß 
diese Versteigerung sich den bisherigen Auk- 
tionen der Firma würdig anreiht. Alt-Wien 
und das Österreich der ersten Hälfte des XIX. 
Jahrhunderts ziehen in langen Folgen kunst- 
und kulturhistorisch interessanter Blätter vor- 
über. Erzherzog Karl und seine Zeit, 
das Jahr 1809, Schlachtenszenen, Porträts und 
Karrikaturen Napoleons I. schließen sich zu einer 
bedeutsamen Gruppe zusammen, bei welcher 
wir auf die Folge der Kriegsbilder von Ru- 
gendas (in ersten Drucken) besonders hinweisen. 
Unter den Ortsansichten muB an allererster Stelle 
eine Ansiht Wiens, vom Belvedere aus 
gesehen (in Öl auf Leder), genannt werden, 
die in allen Details mit dem großen Bilde 
Canalettos im Hofmuseum (Nr. 454) überein- 
stimmt, so daB die Annahme berechtigt erscheint, 
daß es sidı hier um eine im kleinen ausgeführte 
Replik von der Hand des Meisters handelt. 
Die Staffage ist jedenfalls mit bewunderns- 
werter Exaktheit durchgeführt. Des weiteren 
ist die komplette Folge der Janscha-Ziegler- 
schen Ansichten von Österreich zu nennen, 
dann die Ansichten Wiens von Schütz und Zieg- 
ler, die Darstellungen aus der Gescichte und 
dem Straßenleben Wiens, Bensas Equipagen- 
und Praterfahrtbilder, die Wiener Volksszenen 
und Typen von Brand und Opitz, die Alt- 
Wiener Gratulationskarten, seltene Por- 
träts in Kupferstich, Holzschnitt und Litho- 
graphie — darunter besonders bemerkenswert 
eine Reihe von Privatdrucken Kriehuberscher 
Lithographien. Unter den Aquarellen und 
Handzeichnungen von Daffinger, Fendi, Krie- 
huber finden sich hervorragende Stücke, kost- 
barer noch scheint die kleine Sammlung Wiener 
Miniaturen, die erstklassige Schöpfungen 


1064 


Daffingers (Gräfin Wimpffen, Baronin Eskeles), 
Emanuel Peters (Gräfin Kollonitsch), Aimée 


Thibaults (Kinderköpfchen auf Elfenbein) auf- 


zuweisen hat. Der Katalog der Versteigerung 
zählt 1083 Nummern und ist mit 28 großen Bild- 
tafeln ausgestattet. d-- 


2. STATTGEHABTE AUKTIONEN 


Berlin. Rudolf Lepke hat am 20. Okt. eine 
Anzahl Ölgemälde, Aquarelle und Zeidinungen 
zeitgenössischer Meister, darunter den künst- 
lerishen Nachlaß des Malers Prof. Fritz Werner, 
Berlin, versteigert. Die Preise, die für die Werke 
des letzteren erzielt wurden, hielten sich in 
mäßigen Grenzen. Die Höchstgebote fielen 
auf die beiden Ölbilder: Standartenträger der 
Schwedter Dragoner 1800 M. und: Blick auf den 
französischen Hafen Antibes 1120 M. Die Preise 
für die Aquarelle und kleineren Blätter shwank- 
ten zwischen 26 bis 600 M. Dagegen brachte 
es ein Porträt Werners, von Menzel gemalt, auf 
2970 M. Ein Eigenporträt Menzels in jüngeren 
Jahren (Kreidezeihnung mit WelB gehöht) er- 
zielte 2980 M. An bedeutenderen Preisen notieren 
wir noch: Eduard Grützner, „Stillvergnügt“. 
1700 M., C. Seiler, Interieur, 1800 M., Jose 
Gallegos, „In der Bibliothek“, 2400 M., Pablo 
Salinas, „Der Heiratskontrakt“, 4500 M., E. W. 
Pose, ,Waldinneres“, 1280 M., Eduard Hilde- 
brandt, ,Sdiweizer Landschaft“, 1200 M., Franz 
Stuck, „Kopf eines jungen Mädchens“ 1200 M., 
Fritz Paulsen, „Jägerfrühstück“ 3050 M., L. Knaus, 
„Halbfigur eines Mädchens“, 1000 M., Max Gaisser, 
„Trompeter am Kamin“, 1300 M. Der Gesamt- 
umsatz belief sich auf 67581 M. 


Frankfurt a. M. Am 3. u. 4. November ist 
hier die Japan- und China-Sammlung des 
ehemaligen deutschen Generalkonsuls in Japan, 
Dr. Schmidt-Leda, bestehend aus einer 
chronologiscien Kollektion von Farbenholz- 
schnitten aus der ältesten Zeit bis zur Mitte 
des XIX. Jahrh., sowie Arbeiten in Lack, Holz, 
Elfenbein und Schwertzieraten, durch die Kunst- 
handlung Rudolf Bangel mit guten Resultaten 
versteigert worden. 


Am 20. d. M. fand die Versteigerung von 
Handzeidinungen und Aquarellen aus der Samm- 
lung des verstorbenen Frankfurter Kunstlieb- 


habers Gustav Schiller durch die Firma F. A. C. 


Prestel statt. Der Besuch setzte sich im wesent- 
lien aus lokalinteressiertem Publikum zu- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


sammen; von Sammlungen war nur das Städel- 
sche Institut vertreten. Aus den Blättern alter 
Meister wurden folgende Preise erzielt (alpha- 
betisch): 

2. Backhuyzen: 72.—. 3. Ders.: 
4. Ders.: 91.—. 9. van Battem: 255.—. 
Bona: 35.—. 17. Jan Brueghel: 800.—. 26. 
Dupré: 136.—. 28. Everdingen: 450.—. 29. 
Ders.: 460.—. 31. Claude Lorrain: 61.—. 
32. Ders.: 135.—. 34 van Goyen: 111.--. 
35. Ders.: 160.—. 36. Ders.: 420.—. 37. Guer- 
cino: 40.—. 44. J. van Huysum: 56.—. 49. 
Ital. Meister 17. Jahrh.: 26.—. 54. W. v. 
Kobell: 121.—. 57. Lingelbad: 455.—. 59. 
M. Lord: 160.—. 65. P. Molyn: 135.—. 66. 
Ders.: 200.—. 70. A. v. d. Neer: 270.—. 71. 
Ostade: 480.—. 74. Jacopo Palma: 81.—. 
81. Ridinger: 225.—. 83. G. Romano: 22.—. 
84. J. H. Roos: 33.—. 85. S. Rosa: 76.—. 88. 


85.—. 
15. T. 


S. Ruisdael: 76.—. 89. Sachtleven: 36.—. 
90. Ders.: 71.—. 91. Ders.: 66.—. 97. W. 
Stadler: 15.—. 1C0. Teniers d. J.: 92.—. 101. 
G. B. Tiepolo: 165.—. 102. E. v. d. Velde: 
525.—. 103. W. v. d. Velde: 128.—. 104. Ders.: 
800.—. 106. Ders.: 245.—. 109. J. de Wit: 
145 —. 110. Wouvermann: 43.—. 


Die zweite Abteilung des Kataloges wies 
Arbeiten von Künstlern des 19. Jahrhunderts auf: 

114. O. Achenbach: 420.—. 115. Adam: 
140.—. 117. J. Alt: 150.—. 127. F. Becker: 
25.—. 128.Ders.: 31.--. 129. P. Becker: 251.—. 
135. Ders.: 16.—. 137. Ders.: 50.—. 147. 
Bleuler: 245.—. 149. Braith: 225.—. 150. A. 
Burger: 290.—. 151. Ders.: 80.—. 152. P. 
Burnitz: 50.—. 153. Ders.: 42.—. 154. Ders.: 
160.--. 156. Compton: 99.—. 158. Defregger: 


260.—. 165. Dielmann: 440.—. 166. Ders.: 
720.—. 173. Feuerbach: 205.—. 174. Ders.: 
526.—. 178. Fiihrich: 215.--. 179. Ders.: 265.—. 
180. Ders.: 56.—. 181. Ders.: 135.—. 182. 
Ders.: 86.—. 183. Ders.: 62.—. 188. Genelli: 
170.—. 189. Ders.: 37.--. 19. S. GeBner: 
58.—. 200. Gude: 110. 202. Harburger: 61.-. 
204. Hasenclever: 215.—. 213. Horscelt: 
45. -. 217. Jeanniot: 45.—. 224. W. v. Kaul- 
badi: 12.—. 229. Kleuze: 20.—. 231. Knaus: 
500.—. 234. Koci: 9.—. 237. Lasinsky: 160.—. 
240—241. Leibl: 160.—. 242. K. F. Lessing: 
16.—. 246. G. v. Max: 455.—. 249. Menzel: 
1400.—. 250. Ders.: 250.—. 252. C. Morgen- 
stern: 80.—. 253. Ders.: 215.—. 261. Over- 
beck: 270.—. 262. Ders.: 225.—. 263. Ders.: 
140.—. 264. Ders.: 51.—. 265. Ders.: 100.—. 


272. Pettenkofen: 60.—. 
62.—. 286. Ders.: 181.—. 287. Ders.: 250.—. 
289. Ders.: 130.—. 294. Richter: 31.—. 296. 
Ders.: 51.—. 298. Riefstahl: 27.—. 301. Rott- 


283. Reiffenstein: 


Der Kunstsammler 


mann: 105.-. 302. H. Rumbler: 51.—. 
Ph. Rumpf: 70.—. 306. Ders.: 135.—. 
Sdelfhout: 61.—. 319. Schirmer: 
322. R. Schleich: 230.—. 
325. Ders.: 62.—. 
Skarbina: 195.—. 


304. 
313. 
165.—. 
324. Schnorr: 43.—. 
327. Ders.: 60.—. 332—333. 
334. Spitzweg: 85.—. 335. 
Ders.: 16.—. 337. Ders.: 40.—. 341. Steinle: 
61.—. 355. Ders.: 225.—. 356. Ders.: 550.—. 
361. Thoma: 1030.—. 362. Ders.: 280.—. 363. 
Tribner: 32.—. 364. Vautier: 46.—. 366. 
Ders.: 16.—. 372—373. Ders.: 32.—. 376. Ver- 
boekhoven: 11.—. 377. Voltz: 140.—. 381. 
Wopfner: 155.—. 382. Ders.: 175.—. 


Köln. Die Versteigerung der Goethe-Samm- 
lung des verstorbenen H. Lempertz sen. hat bei J. 
M. Heberle in den Tagen vom 12.—14. Okto- 
ber stattgefunden. Uns interessieren von den 
erzielten Preisen in erster Linie die Resultate 
für die verschiedenen Handzeichnungen und Ra- 
dierungen, die hier unter Goethes Namen unter 
den Hammer kamen. Wir notieren nach dem 
Kataloge: Bewachsene Landschaftspartie mit 
felsigen Anhöhen und Gebäulichkeiten. Weiß- 
gehöhte Tuschzeichnung, von Goethe während 
seines Leipziger Aufenthalts gefertigt: 135 M. 
Landschaft mit Wasserfall, von Gebiish um- 
schlossen, 1767 in Leipzig gefertigte Radierung 
Goethes nach A. Thiele: 270 M. Landschaft 
mit Wasserfall nach A. Thiele von Goethe ra- 
diert: 205 M. Drei Originalzeichnungen (Vig- 
netten), unter Oesers Leitung von Goethe in 
Sepia angefertigt: 710 M. 


München. Die Galerie Helbing eröffnete 
die Wintersaison mit der äußerst angeregten Ver- 
steigerung der im letzten Heft schon ausführlich 
gewürdigten Sammlung Grauer-Troppau, deren 
hervorragende Porzellane zahlreiche Kunst- 
händler und private Liebhaber auch von aus- 
wärts angelockt hatten. Die Auktion ergab im 
allgemeinen hohe, teilweise sogar verblüffende 
Preise, die den Schätzungspreis weit überstiegen. 
Eine Ausnahme machten die chinesischen Stücke 
der Sammlung, für die keine rechte Stimmung 
vorhanden war. Auch für die Ludwigsburger 
Stücke war die Nachfrage nur mäßig. Um so 
höhere Preise brachten die süddeutschen Por- 
zellane ein, wie Höchst, Frankenthal und Ans- 
bach, deren immer anwachsende Beliebtheit der 
Auktion die eigentliche Signatur gab. Auch die 
Nymphenburger Stücke waren sehr begehrt. Bei 
Meißen gab's Überraschungen; beispielsweise 
brachte es die Figur eines Kavaliers (Nr. 65), 
die aus der Paunwitzschen Sammlung für 17C0 M. 
gekauft worden war, nur auf 900 M. Als Symptom 
kann man dies aber nidıt ansprechen, da auf 


1065 


der andern Seite manche Meißner Stücke sehr 
hoch bezahlt wurden. 

Von ausländischen Marken bradhten die fran- 
zösischen Porzellane überraschend hohe Preise. 
Für die italienischen Stüke (Capo de Monte 
und Nove bei Venedig) war die Nachfrage nicht 
sehr rege. 

Die Porzellan-Galanterien aus den verschie- 
denen Fabriken ergaben eine hübsche Kauf- 
summe. So ging eine Kollektion von 74 Por- 
zellanblumen aus der Ludwigsburger Fabrik 
für 1600 M. in den Besitz von A. S. Drey- 
München. 

Das bayrische Nationalmuseum komplettierte 
seine Ansbacher Stücke durch den Ankauf einer 
Fayence aus dieser Fabrik (Nr. 185; 450 M.). 

Wir lassen noch einige besonders markante 
Preise folgen: Von Meißner Stücken brachten 
es zwei runde Schüsseln (Nr. 2) auf 2600 M. 
(Rosenbaum-Frankfurt); Nr. 57, Tanzendes Paar, 
ein Kändlersches Modell, ging für 4000 M. an 
A. S. Drey-Miinchen; Nr. 66,67, Figuren eines 
Kavaliers und einer vornehmen Dame (angeb- 
lih Graf und Gräfin Brühl), für 2550 M. in 
Wiener Händlerbesitz. Von Höchst brachte es Nr. 
91, Tanzende Dame aus d. ital. Comoedie, auf 
700 M. und Nr. 94, Tänzer und Tänzerin (Mo- ` 
dell Melchior) auf 1650 M. (Münchener Privat- 
besitz). 

Den Clou der Auktion bildete eine wunder- 
volle Frankentaler Figur, Nr. 96 (auf Steinbalu- 
strade sitzende Dame, vielleicht audı Nymphen- 
burger Fabrikat), für die Rosenbaum-Frankfurt 
8000 M. gab. Derselbe Händler kaufte die 
Frankenthaler Figur einer Dame mit Pelzmantel 
(Nr. 93) für 2000 M. 

Von Ansbacher Stiicken brachte es Nr. 124, 
Dame mit Pompadour, auf 1650 M. (Rosenbaum- 
Frankfurt). Zwei hervorragende Wiener Gruppen- 
Sticke (129:130) erzielten 2500 M. (Pick-Wien) 
und 3000 M. (Miinchener Privatbesitz). 

Den Gobelin der Sammlung Grauer aus der 
Manufaktur Beauvais mit der Darstellung des 
berühmten Schweineschlachtens kaufte Pik-Wien 
für 8000 M. W. 


HOLLAND 


Zu der von mir im vorigen Heft gegebenen 
Übersidit über die in Holland bevorstehenden 
Herbst- und Winterauktionen ist noch die fol- 
gende nachzutragen. Die Firma J. Biesing im 
Haag wird am 24. und 25. November im großen 
Saale von ,Pulchri Studio“ die Sammlungen des 
verstorbenen Herrn L. G. Brouwer (Haag) und 


1066 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 1. 


A. BLOEMAERT: Landschaft D 


Versteigerung bei Fred Muller & Co. in Amsterdam am 15. u. 16. Dez. 1908 


des Herrn J.C. M. (Scheveningen) zur Versteige- 
rung bringen. Dieselben umfassen insgesamt 
568 Nummern und bestehen zum größten Teil 
aus Gemälden moderner holländischer Meister. 
Mehr als es in Holland gewöhnlich der Fall zu 
sein pflegt, sind darunter auch zeitgenössische 
ausländische Maler vertreten, Russen, Fran- 
zosen, Deutsche, Italiener, z. B. Wierusz-Ko- 
walski, Henner, Douzette, G. Seiler, Tito 
Conti u. a. Den Grundstock und entschieden 
den besten Teil machen jedoch die Holländer 
aus, denen die deutschen Käufer gewiB auch 
das größte Interesse schenken werden. Von 
Jozef Israels ist neben anderen ein sehr 
schönes Werk da, eine Arbeiterfrau, die mit 
ihrem Kind an der Hand nach dem Holzsammeln 
durdı den Wald geht. Matthijs Maris ist mit 
sehr charakteristishen Werken .vertreten, be- 
sonders gut auch Geo Poggenbeek mit einer 
Kuhweide, Enten im Wasser und am Wasser. 
Von Jacob Maris ein eigenartiges Bild, eine 
Schneelandschaft, aus der drei einsame Weiden- 
stümpfe dunkel gegen den hohen, mit Schnee- 
wolken bezogenen Himmel ragen. Bei der Auf- 
zählung dieser und der noch folgenden Namen 
halte ich mich an eine Serie Photographien, die 
mir die Firma Biesing freundlichst zur Verfügung 
stellte. Sie werden den reichen Schmuck des 
im Augenblick, wo ich schreibe, noch unter der 
Presse befindlichen Kataloges bilden. Es sind 


das nodi Abbildungen nach Werken von Louis 
Apol, Arentzenius, Chr. Bisschop, David 
Bles; von Blommers (ein anscheinend frühes 
Bild und ein anderes, breiter gemaltes: eine Mutter, 
die ihr Kind stillt, am Fenster); zwei prachtvolle 
Landschaften von Th. de Bock, weiter charak- 
teristishe Werke von Gabriel, Ten Kate, 
Klinkenberg, Koekkoek (groBe Gehirgsland- 
schaft), Albert Neuhuys, H. W. Mesdag, 
v.d.SandeBackhuysen, Therese Schwarze, 
W. B. Tholen, Weismuller. Bei der Größe 
der Kollektion ist dies natürlich nur eine kleine 
Auslese. Audi ein paar alte Gemälde, sowie 
drei alte Gobelins werden bei dieser Gelegen- 
heit unter den Hammer kommen. 

Die Firma Fred. Muller & Co. hat in den 
Daten ihrer Herbstveranstaltungen inzwischen 
einige Änderungen eintreten lassen. Von der 
erst für den 27. Oktober angesetzten und nun- 
mehr am 10. November stattfindenden Auktion 
moderner Gemälde und Aquarelle aus versdiie- 
denen holländischen Sammlungen, wie C. de 
Kuyper (Velp), G. J. Verburgh (Rotterdam), 
G. Menalda (Hilversum), J. H. van Eeghen 
(Amsterdam) u.a. ist der Katalog Mitte Oktober 
erschienen. Von den darin beschriebenen 212 
Nummern werden zwölf in schönen Lichtdrucken 
abgebildet: zwei Bosbooms, ein früher Willem 
Maris (von 1869), je ein Gemälde von Joseph 
Israels, Gabriel, A. M. Gorter, Willem Roelofs, 


Der Kunstsammler 1067 


C. Springer, E. v. Marcke, O. Achenbach, Ch. 
Jacque und W. Bouguereau. — Nach dem Er- 
scheinen dieses Heftes kommen zunächst, am 
24.—27. November die Antiquitätensammlungen 
der Frau Prof. NeiBer (Breslau) und anderer, 
wie Cernuschi, Yo-Kim-Thay, J. Baak unter den 
Hammer. Darauf folgen die vier groBen Auktionen 
von alten Büchern, einer Ornamentsammlung, 
von Dokumenten und Handschriften. — Am 15. 
und 16. Dezember findet eine Versteigerung von 
über 500 alten Gemälden statt, darunter die 
allein schon mehr als 300 Stück umfassende 
Sammlung Moll aus Ryswijk. Der Katalog ist 
noch nicht erschienen; ich kann aber bereits auf 
einige Gemälde hinweisen und drei abbilden. 
So die interessante Landschaft von A. Bloe- 
maert (Abb. 1. Man erkennt den Meister 
in diesem bei ihm selten vorkommenden Genre 
in erster Linie an den Figuren des Engels und 
Tobias im Mittelgrund, etwas auch an der 
schönen Baumgruppe rechts (id denke dabei an 
die Predigt Johannes des Täufers in Braun- 
sdiweig). Im übrigen ist das Gemälde signiert. 
Sehr gut dürfte auch das männliche Porträt von 
Elias (Abb.2) sein: Kopf Augen, Bart, die auf 
dem Tisch ruhende Hand weisen große zeichne- 
rishe Qualitäten auf. Merkwürdig ist auch ein 
großes Halbfigurenbild, das angeblich vlämisch 


Abb. A M. v. MUSSCHER: Interieur 


SECHS bei Fred Muller & Co. in Amster- 
dam am 15. u. 16. Dez. 1908 


Abb. 2. N. ELIAS: Porträt eines Kapitäns oder 
Schiffbaumeisters O 


aa ME bei Fred. Muller & Co. in 
Amsterdam am 15. u. 16. Dez. 1908 


und aus dem Jahre 1660 sein soll. Es stellt 
sechs musizierende Herren um einen Tisch 
gruppiert dar. Einer davon hat ausge- 
sprochen spanischen Gesichtstypus, in einem 
anderen, dem jüngsten in der Mitte, bin ich 
versucht, deutsche Nationalität zu suchen. 
Außer den genannten wären noch Bildnisse 
von F. Pourbus, Maes und Netsmer zu 
erwähnen. Die Maler von Konversations- 
stücken, wie Palamedes, Dirck Hals, M. v. 
Musscher (Abb. 3) u. a. sind natürlich auch 
zahlreich vertreten. 

R.W.P.deVries inAmsterdam geben 


` nunmehr über die von ihnen geplanten 


Auktionen audı nähere Auskunft und Daten. 
Am 2. und 3. Dezember versteigert diese 
Firma den Nachlaß J. Teixeira de Mattos, 
Enriques de Castro (Amsterdam) und die 
Sammlung Ernesto Pagnoni (Vaprio d'Adda, 
Mailand): Stiche und Zeichnungen. Darunter 
befinden sich auch alte holländische Hand- 
zeichnungen, sowie italienishe. Die Daten 
der drei anderen Auktionen dieser Firma 
sind aus dem Auktionskalender am Ende 
dieses Heftes zu ersehen. 


1068 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Die unter der Direktion von C.F.Roos&Co. 
in Amsterdam am 17. und 18. November im 
„Militiezaal“ stattfindende Versteigerung umfaßt 
alte holländische Gemälde, Gold- und Silber- 
sachen, altes Porzellan, Möbel und verschiedene 
andere Antiquitäten. 

In Dordrecht wurden durh A. Mak am 
28. Oktober 140 alte und neuere Gemälde ver- 
steigert. Unter den alten befanden sich Werke 
von vanGoyen, Nic. Maes, J. M. Molenaer, 
R. Savery und Ostade. 

Von den beiden ersten, Ende September 
und Anfang Oktober stattgehabten Versteige- 
rungen seien im folgenden die bedeutenderen 
Preise mitgeteilt. 

C. F. Roos & Co., moderne Gemälde und 
Aquarelle aus den Sammlungen C. A. M. van 
Vliet (+), Haag, L. P. Reders, Amsterdam, u. a. 
1750 fl.: Nr. 107, B. C. Koekkoek, Waldweg; 
1500 fl.: Nr. 90, Jozef Israels, Brieflesende Frau; 
1300 fl.: Nr. 91, Jozef Israels, Mutter und Kind 
(Aquarell); 900 fl.: Nr. 171, Henriette Ronner, 
Vier spielende Kätzchen (datiert 1903); 870 fl.: 
Nr. 127, Jacob Maris, Frauenkopf; 750 fl.: Nr. 45, 
O. Eerelman, Hundestall (datiert 1903); 750 fl.: 
Nr. 220, J. H. Weissenbruch, Fluß in Holland; 
700 fl.: Nr. 46, Eerelman, Junge Bernhardiner- 
hunde; 650 fl.: Nr. 184, P. D. Schiedges, Herbst 
(Aquarell); 650 fl.: Nr. 199, F. R. Unterberger, 
La Torre dell’ Annunciata in Neapel; 600 fl.: 
Nr. 183, Schiedges, Weidende Schafe; 590 fl.: 
Nr. 105, J. C. K. Klinkenberg, Sonniger Tag; 
580 fl.: Nr. 182, Schiedges, Die beiden Mühlen; 
540 fl.: Nr. 177, J. van de Sande Bakhuysen, 
Unter den Silberpappeln; 500 fl.: Nr. 30, Fred. 
J. Du Chattel, Die Vecht; 500 fl.: Nr. 203, Eugene 
Verboeckhoven, Die weiße und braune Kuh; 
480 fl.: Nr. 93, Jozef Israels, Zeichnung; 400 fl.: 
Nr. 181, J. Sdierrewitz, Tagesende; 380 fl.: Nr. 60, 
A. M. Gorter, Herbst; 375 fl.: Nr. 225, J. H. Wijs- 
muller, Hochsommer; 340 fl.; Nr. 224, Wijs- 
muller, Im Herbst; 310 fl.: Nr. 47, Jan van Essen, 
Fliegende Ente; je 300 fl.: Nr. 129, Willem Maris, 
Melkstunde (Aquarell), Nr. 39, Virginie Demont- 
Breton, Das Seebad, Nr. 53, P. J. C. Gabriel, 


Regentag: je 290 fl.: Nr. 61, Gorter, Grauer Tag, 
Nr. 79, B. de Hoog, Mutter und Töchterchen, 
Nr. 163, A. Roelofs, Die Künstlerin; 275 fl.: 
Nr. 133, J. H. v. Mastenbroek, Rotterdam; 270 fl.: 
Nr..85, Isaac Israels, Die Partie Karten; 250 fl.: 
Nr. 88, Isaac Israels, Bei der Modistin (Pastell); 
240 fl.: Nr. 128, Willem Maris, Wasserlache in 
den Dünen; 230 fl.: Nr. 31, Du Chattel, Wasser- 
graben; 230 fl.: Nr. 193, J. A. B. Stroebel, Im 
Vestibül; 225 fl.: Nr. 11, N. Bastert, Nieuwer- 
sluis; 220 fl.: Nr. 207, E. Verveer, Am Meer; 
200 fl.: Nr. 103, J. S. H. Kever, Blumen. 

J. Shulman, Fayencen, Porzellan, Antiqui- 
täten usw., Sammlung Allardin (+), Tilborch, u. a. 

Alt Delft. Nr. 45, ein Paar polychromer 
Statuetten (Herbst und Winter), Marke v. Duyn, 
hoch 31 cm, fl. 300; Nr. 63 u. 64, zwei Pynacker- 
Teller, fl. 605; Nr. 69, eine Paar Teller mit Fi- 
guren in Landschaften in Blau (wahrscheinlidi 
von Theodorus von Witsenburgh), fl. 200; Nr. 
127, polychrome Flasche, hoch 26,5, breit 16 cm, 
fl. 610. 

China (blauer Dekor). Nr. 262, Garnitur von 
5 Vasen, fl. 605; Nr. 264, Garnitur von 5 Vasen, 
fl. 400; Nr. 265, Garnitur von 5 Vasen, fl. 1250; 
Nr. 278, 3 Blumenvasen, fl. 500; Nr. 352, zwei 
groBe Platten, fl. 400; Nr.448, Teeservice, fl. 450; 
Nr. 465, zwei Teller (36 cm Durdm.), fl. 350; 
Nr. 649, Großes Sèvres-EBservice, 264 Stück, 
fl. 675; Nr. 687, Amstel-EBservice, fl. 2500; 
Nr. 755, Ebenholzschrank, XVII. Jht., fl. 1670; 
Nr. 757, reich skulptierter Eichenschrank (holl. 
Renaiss.), fl. 1900; Nr. 770, Mahagoni-Glasschrank 
(Empire), fl. 600; Nr. 783, Louis-XV.-Kommode, 
fl. 400; Nr. 789, Louis-XVI.-Büffet, fl. 550. 

Nr. 945, Ganguhr (Ende Louis-XIV.), fl. 1225. 
Altes Silber: Nr. 989, Brotkorb, fl. 250; Nr. 
994, vier Becher, fl. 910; Nr. 1147, Tabaksdosc 
(Louis-XVI.), fl. 1150; Bonbonniere (Louis-XVI.), 
fl. 600. 

Nr. 1444, zwei große Gartenvasen, fl. 1150; 
Nr. 1445, drei weibl. Marmorbüsten auf Soceln, 
fl. 1000. 

Die meisten der hier genannten Nummern 
sind im Katalog abgebildet. K. F. 


EE LE 


Redaktionen der Monatshefte für Kunstwissenschaft: 


Zentralredaktion: Leipzig, Liebigstraße 2. 
Zweigredaktionen: Für Berlin: Dr. Herm. Voss, Berlin, W. 15, Joachimstaler Straße 14. 
Für Münden: Dr. W. Worringer, Munchen, GeorgenstraBe 99. 
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Fiir Rom: Dr. H. Uhde-Bernays. 


Rom, 28. Via Monte Tarpeo. 


Für Paris: Dr. Rudolf Meyer-Riefstahl, 45, rue d'Ulm, Paris Ve. 
Agent exclusif pour la France: F. Gittler, libraire-editeur, 2, rue Bonaparte, Paris. 


Der Kunstsammler 1069 


AUKTIONSKALENDER 
1908 Köln. J. M. Heberle. Sml. bonnes 1908. | München. H. Helbing. Sammi. 
Nov. sen. Abt.: Amerika, Afrika, Asien, | Novemb. Klopfer, Ölgemälde alter u. mod. 
9.—10. Spanien, Türkei. 24. u. 25. Meister, Antiquitäten. 
10. Amsterdam. Fred. Muller & Co. | 24. u. 25. | Haag. J.Biesing. Moderne Gemälde 
Gemälde und Aquarelle moderner |, und Aquarelle. 
Meister. 24.—27. Amsterdam. Fred. Miller & Co. 
10. München. H. Helbing. Sml. her- | Sammlung Frau Prof. NeiBer, Breslau 
vorrag. Waffen aus engl. Besitz. |, u. a. Antiquitäten, Objets d'art. 


10.—11. Frankfurt a. M. R. Bangel. Ge- | 24.—28. | Berlin. Amsler & Ruthardt. Kpf.- 
ı mälde, röm., etrusk., griech. Aus- | Stidie, Radier., Holzschn., Schab- 
` grab. z. T. a. d. Taunus. | kunstbl., Lithogr. (15.—19. Jahrh.), 
| Leipzig. C. G. Boerner. Kupfer- | sowie Orig.-Arbeiten mod. Künstler 
| stidisml. H W. Schultze-Hamburg. | | 


10.—12. . . D . 
Klinger, Greiner, Leistikow, Men- 
10.—13. | Bonn. M. Lempertz (P. Hanstein). 


Aachen. Ant. Creutzer. Gemälde 
alter und neuer Meister, darunter 
Sml. Bougard u. Haneton-Brüssel. 


Frankfurt a.M. Phil. Bode. Kpf.- 
Stiche, Radier., Farbdrucke. 


Smi. Kemp-Bonn. Möbel, Elfen- 26.—27. 
bein, Zinn, Eisen, Porzell.,Fayencen, | 
Gemälde, Stiche usw. | 


11. u. 12. Köln. J. M. Heberle. Kupferst. a. 
|  versch. Besitz. 


| 
| 
| 
| zel, Whistler, Zorn u. al 
| 
| 
| 


{ 
il 
| 
| 
l 


| 
11.—.12 Berlin. Gesellschaft für Kunst | Ende | Köln. J.M.Heberle. Antiquitäten 
und Literatur. Gemälde haupts. | u. Kunstgegenstände aus süddtsdi. 
, älterer Meister. | | Besitz Lo a. 
13.u.14. Leipzig. C. G. Boerner. Wert- es Dez. | Haag. J. Schulman. Antiquitäten, 
! volle Reformationsdrucke, alte Holz- | 1. u. 2. | Deter Porzellan, Alt Japan. 
| schnittwerke u. wertvolle Manu- | |’ u. 3. | Amsterdam. R. W. P. de Vries. 
' skripte, Einzelminiaturen. Stiche und Handzeichnungen. 
16. —28. | München. Dr.Jakob Hirsch. Smil. | 2.—5. Aachen. Ant.Creutzer. Bücher aus 
'  Löbbecke - Braunschweig. Kunst- | allen Wissenschaften aus Privat- 
medaillen u. Plaketten des 15. bis, besitz. 
17. Jahrhunderts. | Anfang | München. H. Helbing. Sml. Hofer, 
17.u.18. | Amsterdam (, Militizaal*). C.F.Roos Ostasiat. Kunstgegenstände des 


16.—18. Jahrh. 

8.—16. | Hmsterdam. Fred. Miller & Co. 
Verschiedene Bibliotheken, Stiche-, 
Ornamentsammlungen, genealogi- 
sche u. historische Handschriften. 


& Co. Alte holländische Gemälde, 
Antiquitäten, Gold, Silber, Porzellan 
usw. 


| 
18.—21. | Wien. Gilhofer & Ranschburg. | 
| 
| 
| 


Kupferstiche, Lithographien, Minia- 


turen, Porträts, Theatralia, Vien- | 15. u.16. Amsterdam. Fred. Muller & Co. 
nensia. 

19, | Berlin. Rud. Lepke. Galerie alter lung, Evert Moll Sr., Rijswijk. 
Meister aus englischem Privatbesitz. Dez. Aachen. Ant. Creutzer. Antiqui- 


Frankfurt a. M. R. Bangel. Ge- | täten, Kunstmobiliar. 


mälde, Antiquitäten, | | De. | Aachen. Ant. Creutzer. Gemälde 
stände aus verschied. Besitz. alter und neuer Meister. 


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Diesem Hefte liegen Prospekte der Firmen: „HARMONIE“, Berlin; 
HELBING & LICHTENHAHN, Basel; PAUL NEFF, Eflingen; R. 
PIPER & Co., München; STRECKER & SCHRÖDER, Stuttgart und 
Verlagsanstalt ALEXANDER KOCH, Darmstadt bei, die wir der 
Aufmerksamkeit unserer Leser besonders empfehlen. Zugleich ver- 
weisen wir nachträglich noch auf einen Prospekt der Firma GEORG 
MULLER, München, über „Benvenuto Cellini“, der bereits dem 
vorigen Hefte beigelegen hat. 
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24. u. 25. 


| 
| Alte holländishe Gemälde-Samm- 


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Der reich illustrierte Katalog ist gegen Voreinsendung von M. 0.70 zu beziehen. 


ONAT SHER T 


EVERKUNSTWI SSENSCHAFT* jd 


Herausgeber: DR GEORG BIERMANN 
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2 


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O  Begründet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs U 


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I. Jahrg. Heft 12 1908 


Zwei Predellenbilder von Raphael’ 


Von Georg Gronau 


Vor etwa zwei Jahrzehnten stand die Frage der Jugendentwicklung Raphaels 
im Vordergrund des kunstgeschichtlichen Interesses; sie wurde von kenntnisreichen 
Forschern in Zeitschriftenartikeln und in selbständigen Abhandlungen, die von Morellis 
so neuen, als geistvollen Untersuchungen angeregt worden waren, nicht ohne Leiden- 
schaft behandelt. Seither ist es mit dieser Frage ebenso still geworden, wie mit der 
Raphaelforshung im Allgemeinen, ohne das eine Einigung erzielt worden wäre; es 
steht mit diesem Problem gegenwärtig genau so, wie zu der Zeit, als Morelli in die 
Jahrhunderte alte Überlieferung Bresche legte. 

Eine Klärung ist nur zu erhoffen, wenn wir an Stelle der Konjekturen einen 
auf Tatsachen basierenden sicheren Boden zu schaffen vermögen. Das kann von 
zwei Seiten aus unternommen werden, durch Gewinnung und Interpretation neuer 
Tatsachen über Raphaels Leben, oder dadurch, daß es gelingt, den bereits bekannten 
Werken durch andere Gruppierung neue Resultate zu entnehmen. Wird unserer 
positiven Kenntnis eben jetzt durch einen ausgezeichneten italienischen Forscher wert- 
volles unbekanntes Urkundenmaterial zugeführt, das uns mit den ersten Anfängen 
des Schaffens Raphaels bekannt macht, so mag das Folgende als ein Versuch betrachtet 
werden, von der anderen Seite her, von der aus ein Zugang möglich ist, dem Problem 
näher zu kommen. 

Die zwei kleinen Tafeln, die den Ausgangspunkt dieser Betrachtungen bilden, 
sind keine unbekannten Werke; sie haben beide gelegentlich die Forschung beschäftigt; 
ihre Zusammengehörigkeit jedoch ist erst in neuerer Zeit erkannt worden. Die Ursache 
dafür ist wohl in der Entlegenheit der Plätze zn suchen, an denen sie bewahrt 
werden: in der Sammlung Sir Frederic Cooks zu Richmond und in der Akademie zu 
spaniel Passavant hat in seinem monumentalen Werk, das fiir alle Zeiten die 


1) Verf. ist der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart für die gütige Überlassung der 
Abbildungen, die diesem Aufsatz beigegeben sind, zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Sie sind 
der demnächst erscheinenden vierten Auflage des Raffael-Bandes der „Klassiker der Kunst“ 


entnommen. 
70 


1072 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Grundlage der Raphael-Forschung bilden wird, mag man zu den darin niedergelegten 
Einzelurteilen sich immer stellen, wie man will, nur das letztere erwähnt.!) Er 
scheint dem Bilde nur geringes Interesse abgewonnen zu haben und schreibt es dem 
Pinturicchio zu. Das zweite Bild dagegen hat er wohl nicht gekannt, während Crowe 
und Cavalcaselle ihrerseits es allein besprechen; sie kannten es von einer Ausstellung 
der British Institution 1857 her" Über die Provenienz machen sie die Mitteilung, daB 
W. Young Ottley es 1801 aus der Galerie Borghese erworben habe, wo es traditionell 
den Namen Raphaels getragen hatte. Doch muß hier angemerkt werden, daß die 
sorgfältige Beschreibung, die der Galerieverwalter Jacopo Manilli im Jahre 1650 von 
den Kunstschätzen der Villa Borghese veröffentlichte,?) kein Werk aufführt, das sich mit 
jener Tafel identifizieren ließe, während andere Bilder Raphaels, die um die Wende 
des XVIII. Jahrhunderts die berühmte römische Galerie verließen — die drei Grazien, 
die heilige Katharina und der Traum des Ritters — leicht darin wiederzuerkennen sind. 

Das Bild der Sammlung Cook dagegen stammt angeblih aus Penna Billi, 
einem kleinen Ort im Gebiet von Montefeltre; es sei dann in Trevi gewesen, von 
römischen Antiquaren in den Kunsthandel gebracht und durch diese an den portu- 
giesishen Minister in Florenz, Husson da Camera, verkauft worden. Hier war es 
bestimmt im Jahre 1859; und von hier aus ist es durch Erbschaft an die Kunstakademie 
in Lissabon gelangt. Diese Tatsachen liest man in einer kleinen Gelegenheitsschrift, 
die sich mit dem Bildchen beschäftigt und 1871 in Bologna in wenigen Exemplaren 
gedruckt wurde.) Deren Verfasser hat eine Interpretation des seltenen Gegenstandes 
versucht: es sei darin Elisa dargestellt, der drei der Kinder von Bethel, die wegen 
der Verspottung des Propheten getötet worden waren, wieder zum Leben erweckt. 
Liest man aber an der betreffenden Stelle im zweiten Buch der Könige nach (Kap. II, 
Vers 23 u. 24), so stellt sich die Unhaltbarkeit der Deutung rasch heraus: es ist dort 
überhaupt nur von der Bestrafung der unartigen Buben die Rede. 

Der Gegenstand des anderen Bildes wurde ebenso wenig sicher gedeutet. 
Crowe und Cavalcaselle dachten an ein Wunder des Nikolaus von Bari, aber ver- 
hehlten einige Bedenken nicht. Trotzdem nahm sie derjenige, dem das Verdienst 
gebührt, die Bilder, darf man sagen, der Wissenschaft bekannt gemacht zu haben, 
wieder auf. Dies war Herbert Cook, der, als Erbe der Kunstschätze in Richmond mit 
dem einen Stück wohl vertraut, auf einer Reise nach Portugal den Zusammenhang 
beider Bilder zuerst erkannte und seine schöne Entdeckung in einem Artikel ver- 
öffentlichte, der die Werke Raphaels in England erschöpfend behandelt.) Es sei 
hier, meint Cook, ein Wunder des heiligen Nikolaus von Myra dargestellt; und die 
zwei Tafeln wären als Stücke der Predella des 1789 zugrunde gegangenen Altarbildes 


1) Französische Ausgabe, Paris 1860, II, S. 315. 

2) Deutsche Ausgabe, Leipzig 1883/5, I, S. 97. 

3) Villa Borghese .... descritta da Jacomo Manilli. Rom 1650. 

4) Gaetano Giordani, Intorno Raff. Sanzio . ... per una tavoletta da lui dipinta nella 
quale ammirasi Eliseo che risuscita tre fanciulli. Ich verdanke den Hinweis auf dieses Schriftchen 
Dr. W. Bombe. 

5) Gazette d. B.-Arts, Ille période, t. XXIII, 1 mars 1900, S. 177. 


G. Gronau. Zwei Predellenbilder von Raphael 1073 


mit dem heiligen Nikolaus von Tolentino, einst in Sant’ Agostino in Citta di Castello, 
zu betrachten. Aber abgesehen davon, daß sich die in den Tafeln dargestellten 
Begebenheiten nicht ohne weiteres mit Wundergeschichten des Schutzheiligen von Bari 
identifizieren lassen, steht dieser Interpretation ein starkes ikonographisches Bedenken 
entgegen. Auf der Predella in Richmond ist der Heilige deutlih als Kardinal 
_ charakterisiert, während Sankt Nikolaus von Bari stets als Bischof dargestellt wird. 
Daß ein Künstler der Renaissance sich in dieser Hinsicht ein Versehen habe zu 
Schulden kommen lassen, ist ohne weiteres als unhaltbar zurückzuweisen. 

Die Zahl der Heiligen, die mit dem Kardinalshut geschmückt sind, ist klein; 
Sankt Hieronymus unter ihnen der bekannteste. Uber die Legenden dieses so recht 
populären Heiligen und ihre Behandlung in italienishen Bildern des Louvre hat in 
jüngster Zeit ein Aufsatz von Mille Pillion in der Gazette des Beaux-Arts reiche 
Belehrung gebracht !) und auf die Hauptquelle hingewiesen, aus der die Künstler der 
‚Renaissance schöpften, die „Hieronymianum“ betitelte Schrift des Juristen Giovanni 
d'Andrea (+ 1348). Zwar erschien diese im Druck erst im Jahre 1516 in Basel, doch 
war sie handschriftlich viel verbreitet;*) und eine italienische Bearbeitung, in der sie 
die Künstler zweifellos kennen gelernt haben, erschien 1491 in Florenz im Druck.’) 

War der Stoff der einen Tafel bereits durdı eines der Bilder im Louvre 
erklärt, so ergab sich die Legende, die dem zweiten zugrunde liegt, sofort aus der 
gleichen literarischen Sammlung. Da es sich in beiden Fällen um selten dargestellte 
Szenen handelt, deren Deutung anderen von Nutzen sein mag, so mögen hier nach 
dem Text jener Legendensammlung in etwas gekürzter Form die behandelten Stoffe 
nacherzählt sein. 

„Es hatte sich, erzählt Giovanni d’Andrea, nach dem Tode des hl. Hieronymus 
unter den Griechen eine Sekte gebildet, die auch zu den lateinischen Völkern gedrungen 
war, welche lehrte, daß die Seelen der Heiligen bis zum Tage des jüngsten Gerichts, 
an dem sie sih mit den Körpern wieder vereinigen, des göttlichen Anblicks nicht teil- 
haftig würden, worin doch gerade die Seligkeit der Heiligen besteht; ebenso behaupteten 
sie von den Verdammten, daß sie bis zu jenem Tag keine Qualen litten. Auch 
leugneten sie die Existenz des Purgatoriums, wo doch nach unserer Glaubenslehre 
die Seelen geläutert werden, die im Leben ihre Sünden nicht völlig gebüßt haben. 
Als die Anhänger zunahmen und deshalb der Schmerz der Gläubigen wuchs, berief 
Cyrillus die Suffragane und Katholiken zu sich und befahl ihnen zu fasten und zu 
beten, damit Gott nicht dulde, daß seine Lehre also erschüttert würde. Nach dem 
Verlauf dreier Tage erschien in der darauffolgenden Nacht Hieronymus dem Eusebius, 


1) t. XXXIV, 1. avril 1908, S. 303 ff. DaB hier der Schlüssel zur Deutung für die Predelle 
in Richmond vorläge, teilte mir B. Berenson mit. 

*) Ich benutzte die Handschrift der Florentiner Nazionalbibliothek Magliab. II, IV, 473; 
aus einem Kloster in San Gimignano stammend. 

8) Incominccia il devoto transito del glorioso Sancto Hieronimo ridocto in lingua fioren- 
tina... Impresso in Firenze per Ser Francesco Bonaccorsi ... MCCCCLXXXX adi XIII di 
febraio. Das seltene Buch wurde mir durch Herbert Horne zur Verfügung gestellt. Die uns 
interessierenden Legenden sind in den Kap. XXIX und XXXI erzählt. 


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1076 | Monatshefte für Kunstwissenschaft 


der noch dem Gebet oblag, tröstete ihn und versprach, er wolle jener Sekte ein 
schnelles Ende bereiten. Unter Thränen rief Eusebius ihn an: „Bist du es, mein 
Vater Hieronymus?“ und dann wiederum: „Warum verlässest du mich?“ Hieronymus 
antwortete ihm: „Geliebtester Sohn, ich will dich nicht verlassen; denn nach zwanzig 
Tagen sollst du mir folgen und gemeinsam werden wir in Freuden ohne Ende 
leben. Dem Cyrillus aber und allen Brüdern verkündige, daß sie am folgenden Tage 
nahe der Krippe des Herrn, wo mein Leib ruht, sich alle versammeln, die Katholiken 
sowohl, wie die Anhänger jener Sekte; und laß die Leiber der drei Männer, die in 
dieser Stadt heute Nacht verstorben sind, und die noch unbeerdigt liegen, dort hin- 
bringen, wo mein Leib begraben ist, breite über sie den Sack, den ich trug, und 
alsobald werden sie ins Leben zurückkehren und die Haeresie mit der Wurzel aus- 
rotten.“ Mit einem „Lebewohl“ verschwand Hieronymus. Als es Morgen wurde, 
erzählte Eusebius alles dem Cyrillus, der Gott und dem hl. Hieronymus dankte, die 
Versammlung berief, wie es Hieronymus befohlen, und die Leiber der Verstorbenen 
hinbringen ließ. Die Anhänger der Sekte spotteten, gleich als sei Gottes Hand kraftlos 
geworden. Eusebius aber trat zu den Leibern, beugte das Knie, hob die Hände zum 
Himmel empor und betete vor ihnen allen, daß Gott, dem nichts unmöglich ist, und 
der nicht verläßt, die auf ihn hoffen, auf Bitten des hl. Hieronymus die Seelen in 
jene Leiber zurückkehren lassen möge, die sie verlassen hatten. Dann berührte er 
jeden Körper mit dem Sack, den der hl. Hieronymus auf dem Leib getragen hatte, und 
es kehrte der Lebensgeist in sie zurück: sie öffneten die Augen, gaben Zeichen des 
Lebens, standen wieder auf und begannen, allen von dem Ruhm der Seligen und den 
Leiden der Verdammten im Purgatorium, wie in der Hölle, mit klarer Stimme zu 
berichten. Dann erzählten sie dem Cyrillus, daß der hl. Hieronymus sie zum Paradies, 
zum Purgatorium und zur Hölle geleitet habe, damit sie allen offenbarten, wie es dort 
aussähe; und er habe ihnen gesagt, sie sollten in ihre Leiber zurückkehren und ihre 
Sünden büßen, denn sie würden am Tage und zu der Stunde, an denen Eusebius 
scheiden würde, sterben. Und so geschah es. Die Menge der Gläubigen aber, wie 
der Anhänger jener Sekte erkannte den Irrtum und den Beweis der Wahrheit, wie 
die Macht des hl. Hieronymus, und pries Gott und Sankt Hieronymus.“ 

Eben diese Legende stellt das Bildchen in Lissabon vor. Es ist der Moment 
gefaßt, wo Eusebius mit dem hl. Gewand an die drei Leichname herantritt, in deren 
zweiten eben das Leben zurückkehrt, während der erste schon die Kraft zum Gebet 
wiedergewonnen hat. Mit einiger künstlerischer Freiheit hat der junge Meister die 
Szene in die offene Landschaft verlegt. Nun wir die zugrundeliegende Legende 
kennen, erklärt sich eine Schwierigkeit: weshalb die Hauptfigur, die das Wunder voll- 
bringt, nicht mit dem Heiligenschein geschmückt ist; denn der Heilige wirkt hier durch 
die Hand seines Getreuen. Dagegen greift Hieronymus auf dem zweiten Bild selbst 
handelnd ein. 

„Der Haeretiker Sabinianus behauptete, es habe in Christus zwei Willen 
gegeben; und (was schlimmer ist), sie hätten sich bisweilen im Widerstreit mit ein- 
ander befunden; zum Beweis führte er die Worte Christi im Evangelium an: „Vater, 
wenn es geschehen kann, so laß’ diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Daraus schloß 


G. Gronau. Zwei Predellenbilder von Raphael 1077 


er, daB er mit dem einen Willen die Passion zuriickwies, mit dem anderen gezwungen 
sie auf sich nahm. Darüber hatte er ein Werk verfaßt und es dem Hieronymus, dem 
Spiegel jeder Wahrheit, zugeschrieben. Weil Cyrillus aber wußte, daß Hieronymus 
kurz vor seinem Tode an Augustinus einen Brief über die Vernichtung dieser Irrlehre 
geschrieben hatte, forderte er den Sabinianus mit seinen Anhängern auf, sie möchten 
sich zur Disputation darüber an einem Sonntage in der Kirche von Jerusalem ein- 
finden. Als Cyrillus mit seinen Suffraganen und den katholischen Männern, und der 
Haeretiker mit seiner Rotte in der Kirche erschienen waren, begann der Disput des 
Morgens und dauerte bis zum Abend; und während Sabinianus jenes von ihm ver- 
faßte, aber dem Hieronymus zugeschriebene Werk gegen die Katholiken anführte, konnte 
Silvanus, der Erzbischof von Nazaret, der den Hieronymus so verehrte, daß er stets bei 
seinem Tun Gottes und des Heiligen Namen anrief und deshalb allgemein „Hieronymus“ 
genannt wurde, dies nicht ertragen, und er schalt den Haeretiker. Nach langem, 
heftigem Streit und gegenseitigen Beschimpfungen beschloB man endlich, daß, wenn 
bis zur neunten Stunde des folgenden Tages der hl. Hieronymus deutlich bewiesen 
hätte, jenes Werk sei eine Fälschung, der Haeretiker an seinem Haupt gestraft werden 
sollte; wo nicht, so sollte der Erzbischof die gleiche Strafe erleiden. Ein jeglicher 
kehrte nach Hause zurück und die Katholiken verbrachten die ganze Nacht im Gebet. 
Am festgesetzten Tag und zur Stunde brach der Haeretiker mit seiner Schar in die 
Kirche ein und wollte wie ein brüllender Löwe den Knecht und Sohn Gottes ver- 
sdilingen. Die Schar der Gläubigen war in der Kirche versammelt und rief den 
Namen des Hieronymus an; der aber verschloB sein Ohr, damit das Wunder noch 
größer erschiene. Cyrillus, darüber erstaunt, vergoß Tränen. Als sich nichts wunder- 
bares begab, schritt Silvanus zum Tod wie zur Hochzeit und ermahnte unerschrocken 
auf folgende Art Bischöfe und Katholiken: „Jubelt mit mir, ihr Teuersten, und freuet 
euch, denn Gott wird nicht verlassen, wer auf ihn hofft; sollte er mich aber nicht 
erhören, so habe ich es durch meine Sünden verdient.“ Hierauf kniete er nieder und 
sprach: „Heiliger Hieronymus, stehe mir bei, wenn du willst, ob ich gleich diesen und 
einen schlimmeren Tod verdient habe; hilf mir aber, damit nicht die Lüge an Stelle 
der Wahrheit trete. Ist es daher nicht Unrecht, daß mir geholfen werde, so sei mir 
in der Stunde des Todes gnädig, damit ich deines ewigen Ruhmes teilhaftig werde.“ 
Mit diesem Wort bot er seinen Nacken dem Henker und forderte ihn zum Schlage 
auf; der erhob sein Schwert und begehrte, das Haupt des Erzbischofs mit einem 
Hieb abzuhauen. Da erscheint plötzlich der hl. Hieronymus, hält vor aller Augen 
das Schwert mit ausgestrecktem Arme fest und befiehlt dem Silvanus aufzustehen. Dem 
Haeretiker warf er die gefälschten Schriften vor und, ihm drohend, verschwand er; 
und alsbald fiel das Haupt des Haeretikers zur Erde, vom Leibe getrennt, als wäre 
es mit einem einzigen Schwerthiebe des Henkers abgeschlagen. Durch dieses Wunder 
bewogen, kehrten die Schüler des Haeretikers auf den Weg der Wahrheit zurück.“ 
Vergleicht man diese Erzählung mit dem Bilde in Richmond, so kann kein 
Zweifel darüber bestehen, daß der Maler diese hat darstellen wollen. Wir gewahren 
den Heiligen als Kardinal, wie er gerade dem Henker in den Arm fällt und gleich- 
zeitig den Finger drohend erhebt; und im selben Augenblick ist der Haeretiker zu 


1078 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Boden gestürzt und sein Haupt vom Rumpfe getrennt. Von seinen Anhängern flüchten 
einige, während andere das Wunder anbetend verehren. 

Der Umstand, daß die zwei Täfelchen Legenden des hl. Hierongmus darstellen, 
stärkt die aus stilkritishen Gründen von Cook ausgesprochene Vermutung, daß sie 
Bestandteile einer und derselben Predella bildeten.) Das Altarbild, zu dem sie 
gehörten, muß die Figur des hl. Hieronymus enthalten haben. Das trifft nur auf eins 
der Jugendwerke Raphaels zu, den ,Kruzifixus“ in der Sammlung Mond in London, 
wo der Heilige im Vordergrunde am Fuß des Kreuzes dargestellt zu sehen ist. 

Die Schicksale dieses von Raphael signierten Bildes sind bekannt: es schmiickte 
bis zum Jahre 1818 den Altar, den Domenico Gavari in der Kirche San Domenico in 
Citta di Castello gestiftet hatte. Dieser Altar trägt eine Weihinschrift, die aber ver- 
deckt ist und außer dem Namen des Stifters eine Jahreszahl zeigt, die nach Magherini 
Graziani 1503, nach Mancini aber 1504 zu lesen ist”) Ist diese Inschrift auch als das 
Jahr der Entstehung des Bildes zu fassen, so muß man sich unbedingt für die erste 
Lesung entscheiden; und man wird aus inneren Gründen kaum fehl gehen, wenn man 
annimmt, daß Raphael in den Jahren 1502—1503 an diesem Bild gearbeitet hat. 

Nun hat das Altarbild in San Domenico tatsächlich eine Predelle gehabt. Der 
Kruzifixus allein würde den Altar nicht füllen.) Der Historiker der Kirchen von Citta 
di Castello, Giacomo Mancini, hat die Nachricht in einem alten, seither verlorenen 
Manuskript gefunden, daß die Predelle um die Mitte des XVII. Jahrhunderts einem 
durchreisenden Kardinal geschenkt worden sei. Magherini-Graziani, in dem kostbaren, 
der Kunst seiner Vaterstadt gewidmeten Werk erweitert diese Angaben: nadı einer 
Version sei es der Kardinal Cesare Rasponi gewesen, der am 27. Oktober 1668 in 
Citta di Castello war, nach einem anderen Manuskript aber, worin von der Predelle 
als dem „ornamentino con alcune figurine bellissime“ gesprochen wird, der Kardinal 
Bevilacqua (+ 1649). 

Ober die auf der Predella dargestellten Szenen ist bisher keine Nachricht zutage 
gekommen. Zwei Möglichkeiten gibt es: die Predella enthielt, wie es häufig geschieht, 
Szenen aus dem Leben jedes der im Hauptbild dargestellten Heiligen oder nur solche 
aus dem Leben eines derselben. Für beide Fälle gibt es Beispiele. Von dieser Seite 
also steht der Annahme, daß die Täfelhen dem Altarbild in San Domenico als 
Predella gedient haben, nichts im Wege. 

Nun ist die Datierung, welche stilkritishe Gründe zwingen, den Bildern zu 
geben, ein starkes Schutzmittel unserer Annahme. Herbert Cook freilich wollte mit 
der Datierung bis auf 1500 zurückgehen; allerdings wohl mit deshalb, weil er sie 
mit dem Altar des hl. Niccolo von Tolentino in Verbindung brachte. Nun wird eine 


1) Nach gütiger Mitteilung von Herbert Cook sind die Maße beider Bildchen völlig gleich, 
nämlich 0,223><0,413. 

®) Giacomo Mancini, Istruzione storico-pittorica per visitare le chiese .... di Città di 
Castello, Perugia 1832, I, S. 235/6; Magherini-Graziani, L'Arte a Città di Castello, Città d. C. 
1897, S. 255 ff. 

8) Magherini-Graziani |. c. S. 241 hat die Angaben: Größe des Bildes 2,57><1,54, des 
Altars 3,32><1,83. 


G. Gronau. Zwei Predellenbilder von Raphael 1079 


Untersuchung der Bilder auf ihre Elemente dartun, daB darin zwei Richtungen zutage 
treten. Hauptsächlich erkennt man die umbrische Schulung ihres Schöpfers; die Typen, 
Gesten, Proportionen, das Verhältnis der Figuren zur Landschaft und endlich diese 
selbst bekunden sie. Der Meister aber, der dem jungen Raphael als Muster vor 
Augen stand, war nicht sowohl Perugino, wie im Hauptbild, als der liebenswürdige 
Erzähler Pinturicchio. An ihn erinnern die schlanken Figürchen, besonders deren 
untere Extremitäten. Es kann daher nicht verwundern, daß Passavant das Madrider 
Bild bestimmt diesem Meister zuschrieb, und daß Morelli, wie Cook angibt, für das 
Bild in Ricimond denselben Namen nannte. 

Werden wir dadurch in die frühere Periode der Tätigkeit Raphaels in Umbrien 
geführt — denn der Einfluß Pinturicchios verschwindet später und wird durch 
Peruginos Vorbild verdrängt —, so ist andererseits höchst beachtenswert, daß man auf 
der Tafel in Richmond eine direkte Entlehnung von Timoteo Viti finde. Wie Herbert 
Cook nachwies, ist die Figur des niedergestürzten Mannes — des Haeretikers Sabinianus 
— einem im englischen Privatbesitz befindlihen Bilde (CoL Legh in Knutsford, 
Cheshire; Abb. 1. c. S. 187) des Viti entnommen, der seinerseits wieder eine Anleihe 
bei Ercole Roberti gemacht hatte. Wir beobachten Raphael hier also in jenem hoch- 
bedeutsamen Moment seiner Entwicklung, wo ihn inmitten umbrischer Umgebung und 
Schulung die Reminiscenzen an seine Erziehung in Urbino noch nicht verlassen haben. 
Nichts steht im Wege, diesen Moment ooch um 1502—1503 anzunehmen. 

Wenn wir von diesen Predellen aus die uns bekannten Frühwerke Raphaels ins 
Auge fassen, so kann uns deren Zusammenhang mit zweien seiner Arbeiten nicht 
entgehen; dem hL Michael des Louvre und dem „Traum des Ritters“ der National 
Gallery. Schon Cook betonte, wie verwandt der Henker der Ricimond-Tafel mit dem 
Heiligen des Pariser Bildes ist: derselbe Schwung zieht durch die beiden Gestalten 
und die Motive sind gelegentlich hier und dort genau gleich. Nicht minder verwandt, 
jedoch morphologisch, nicht im Motiv, ist die Gestalt des am Boden liegenden 
Haeretikers mit dem schlafenden Ritter; es sind dieselben kindlichen Züge, die gleichen 
breiten und knochenlosen Hände. 

| Spricht aber aus jenen berühmten Kabinettstücken noch rein Viti'sche Tradition, 
so ist diese, wie bemerkt, in den Predellen im Schwinden, ist überwuchert durch 
die umbrische Kunst, wie sie Pinturicchio vertritt. Daher müssen nach unserer Auf- 
fassung jene Bildchen den Predellenstücken um ein weniges vorausgehen; sie müssen 
gerade auf Grund der Schlüsse, zu denen uns diese nötigen, vor das Jahr 1502 (rund) 
datiert werden. 

So sind die beiden Täfelchen in Richmond und Lissabon eben dadurch, daß sie 
uns ein einigermaßen festes Datum aus Raphaels Jugendentwicklung mitteilen, für die 
Erkenntnis seines Werdegangs von einer Bedeutung, die über ihren rein künstlerischen 
Wert hinausgeht. Sie können uns helfen, eine präzisere Vorstellung von dem Können 
Raphaels zu einem bestimmten Termin zu gewinnen; rück- und vorwärtsschauend 
gewinnt man von hier aus neue Perspektiven. 


E> AOI 


— e E e Se e e A 


Die Werke Vincenzo Catenas 


Von Detlev Freiherrn von Hadeln 


Neuere archivalishe Forschungen!) haben gezeigt, daß Crowe und Cavalcaselle 
einen Irrtum begangen haben, als sie Vincenzo da Treviso mit Vincenzo Catena identi- 
fizierten. Nicht Catena, sondern Vincenzo dalle Destre aus Treviso wurde im Jahre 1495 
mit anderen Malern in der Sala del Gran Consiglio beschäftigt; ihm und nicht Catena 
gehören die beiden Bilder der „Darstellung Christi im Tempel“ des Museo Civico zu 
Padua?) und des Museo Correr.?) 

Die „Darstellung Christi“ in Padua (die Signatur derjenigen im Museo Correr 
ist erst vor einigen Jahren zum Vorschein gekommen) mußte den Jugendwerken Catenas 
eingeordnet, Verwirrung anrichten. Man wurde zur Annahme gezwungen, dieser Maler, 
dem so verschiedenartige Bilder gehören sollten, habe keinen ausgesprochenen Stil 
gehabt. So glaubte man, noch dies und jenes, was sonst nicht gut unterzubringen 
war, ihm zuschreiben zu dürfen. 

Nachdem das paduanische Bild nunmehr ausgeschieden ist, bleibt eine Gruppe 
signierter Werke übrig, die sämtlich die gleichen stilistishen Eigentümlichkeiten auf- 
weisen. Diese Bilder sagen sehr deutlich, was von jener Reihe unbezeichneter Arbeiten 
wirklih zu ihnen gehört und was mit der „Darstellung“ in Padua für den jungen 
Catena nicht mehr in Betracht kommt. 

Es sei dann aber schon hier bemerkt, daß kaum eines dieser dem Catena ab- 
gesprochenen Bilder Vincenzo dalle Destre mit Sicherheit zugeschrieben werden kann. 

Auch über die letzte Manier Catenas sind wir heute besser unterrichtet. Der 
kleinen Zahl der gutbeglaubigten Spätwerke konnte kürzlich ein Bild der Brera eingereiht 
werden. Ein „Noli me tangere“, das der Anonymus des Morelli auf einem Altar der 
Kirche del Spirito Santo zu Crema sah. Dieses Werk schließt sich so eng den anderen 
sicheren Arbeiten der späteren Epoche an, daß nun auch für diese ein festumschriebener 
Stil behauptet werden kann. Diese spätere Manier stellt sich als eine ganz einfache 
Weiterbildung der früheren dar. Mit anderen Worten: Catenas Entwicklung verläuft 
geradlinig, folgerichtig. Erheblihe Schwankungen haben kaum stattgefunden. So 
wird man auch eine Reihe von Werken, die der reife Catena geschaffen haben sollte, 
aus dem Œuvre des Malers als fremde streichen und in die große Masse der Namen- 
losen verweisen müssen. 

Die beiden frühesten bezeichneten Werke Catenas, wohl um 1500 entstanden, 
befinden sich in England. Das eine in der Walker Gallery zu Liverpool,*) das andere 


1) G. Biscaro in Atti del Ateneo Veneto, 1897, p. 270f. 

3) Bez.: , VINCENTIVS DE TARVIXIO.“ 

5) Bez.: „Vicentius de tar || uisio disipulus. ioan || nis bellini.“ — Ein drittes Werk Vincenzos, 
ein Altarbild in S. Lorenzo zu Treviso, früher in S. Michele, laut Urkunde v. J. 1503 (vgl. Biscaro 
in Atti del Ateneo Ven. 1897, p. 270) zeigt Vincenzo unter dem Einfluß seines älteren Lands- 
manns Girolamo, vgl. dessen Mad. m. Heil. vom J. 1487 in Dom zu Treviso. 

4) Bez.: „Vincenzius Chatena P.“ 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1081 


Abb. 1. CATENA: Madonna mit Heiligen und Stiftern 
D London. Dr. L. Mond 


bei Dr. L. Mond in London.) Beide Bilder von jenem bekannten, venezianischen 
Breitformat zeigen die Madonna mit Heiligen in Halbfigur und unten, über der 
Rahmenleiste, die knienden und deBhalb nur bis zur Brust sichtbaren Stifter. In Liverpool 
ist den Figuren eine dunkle Folie gegeben, auf dem Bilde des Dr. Mond sind sie vor 
eine bergige Landschaft gestellt (Abb. 1). Das Hauptmotiv dieser Landschaft, ein 
kastelgekrönter Hügel mit Wachtürmen und einer den Abhang sperrenden, ins Tal 
hinabsteigenden Festungsmauer erinnert an Giovanni Bellini. Auf der Marienkrönung 
in Pesaro und auf dem großen Empfehlungsbilde des Dogen Agostino Barbarigo in 
S. Pietro Martire zu Murano ist ein ganz ähnliches Berg-Fort zu sehen. Doch kann 
hier nicht von Entlehnung gesprochen werden; bei genauerem Vergleich zeigen sich 
die mannigfachsten Abweichungen. Die venezianischen Landschaftsmaler des aus- 
gehenden Quattrocento müssen besonderes Gefallen an diesen die Ebene beherrschenden 
Bergbefestigungen gefunden haben. Auch auf den Hintergründen anderer Biider 
kommen solche vor. Es sei nur an die vielumstrittene „Auferstehung Christi“ des 
Kaiser Friedrih-Museums und die zahlreichen, gerade im Landschaftlihen von ihr 
abhängigen Bilder erinnert. 

Dagegen !stammt ein großer Teil des Figuralen des Londoner Bildes in der 
Erfindung sicher nicht von Catena. Merkwürdigerweise hat eine Schar von Künstlern 
— und darunter die angesehensten — sich nicht gescheut, gewisse, höchstwahrscheinlich 


1082 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Abb. 2. CATENA: Madonna mit Heiligen 
Budapest, Museum der bildenden Künste 


von Giovanni Bellini gefundene Kompositionsschemata immer und immer zu wieder- 
holen. Zu solchen gehört auch diese nach links gewandte Madonna, die die Rechte 
segnend auf den Scheitel des knienden Stifters legt.) Man wird also, wenn es gilt 
durch stilkritischen Vergleich aus der Masse unsignierter Werke diejenigen Catenas 
herauszufinden, Figuren, wie die Madonna des Mondschen Bildes ganz beiseite lassen 
müssen. Dagegen liefern die vorzüglichen Stifterporträts, sowie die in den Formen 
etwas leeren, aber für den Maler äußerst charakteristischen Heiligen (man beachte die 
eigentümliche Behandlung des Haares) feste Anhaltspunkte. 


Ein signiertes, offenbar etwas später entstandenes Werk Vincenzos besitzt das 
Museum zu Budapest, Nr. 97.7) (Abb. 2) Wieder im Breitformat die Halbfiguren der 
Madonna, Josefs und einer Heiligen vor landschaftlihem Grunde. Die Zeichnung ist 
außergewöhnlich sauber und sorgfältig, zu sorgfältig. Jeder Runzel im Gesichte des 
Josefs, jeder Haarsträhne, jeder Gewandsfalte ist mit übertriebener Aufmerksamkeit 
nachgegangen. Wie mit spitzem Griffel ist alles scharf umzogen. Hart stehen die 


1) Vgl. über diese vermutlich auf ein verschollenes Original Giovanni Bellinis zuriick- 
gehenden Bilder G. Gronau im Repertorium XX. p. 301 f. Catena weicht in der Haltung des Kindes 
von den übrigen ab. Dasselbe ist sonst wie die Mutter nach links gewandt und spendet den 
Segen. — 

%) Bez.: ,VIZENZO. C. P.“ 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1083 


Abb. 3. CATENA: Martyrium der Hl. Christine 
O Venedig, S. Maria Mater Domini 


Köpfe vor der Luft. Erstaunlicherweise ist ein so unmalerisches Bild zu einer Zeit 
entstanden, wo im selben Venedig Giorgione und Tizian zu malen begannen. 

Das bezeichnete Präsentationsbild des Dogen Lorenzo Loredan im Dogenpalaste 
kann schon nicht mehr den Frühwerken Catenas zugerechnet werden.!) Die Behandlung 
ist bereits weicher. In dem Verzicht auf schmückendes Details, in der gewollten 
Einfachheit, die hier allerdings zu nüchterner Leere geworden, reflektiert bereits der 
Eindruck der großen, jungen Generation. 

Wahrscheinlich wurde dies Bild einige Jahre nach dem Regierungsantritt des Dogen 
(1501—1521) bestellt. Einem besonderen historischen Anla — man könnte sonst an 
die bange Zeit der Liga von Cambrai denken — wird dieses Werk kaum seine Ent- 


1) Bez.: „VINCECIVS CHATENA. P.* 


1084 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


stehung verdanken. Denn bereits im Laufe des XV. Jahrhunderts waren solche Dar- 
stellungen des vor der thronenden Madonna knienden, von Heiligen empfohlenen 
Staatsoberhauptes in Venedig zur Gewohnheit geworden. Das älteste seiner Art!) ist das 
Empfehlungsbild des Giovanni Mocenigo (1477—1485) von der Hand Lazzaro Bastianis 
(London, National Gallery). Anfangs bestritten die Dogen aus ihren Privatmitteln die 
Kosten für diese Bilder, über die sie, resp. ihre Erben, dann auch frei verfügen konnten. 
So blieb das Mocenigo-Bild bis zum Verkauf an die National-Gallery im Jahre 1865 
im Palaste der Familie bei Sant’ Eustachio. Das berühmte Bild mit dem Dogen 
Agostino Barbarigo kam durch testamentarishe Bestimmung des Dargestellten nach 
den Angeli in Murano.*) Im Laufe des XVI. Jahrhunderts wurde es dann Sitte, daß 
der offizielle Ratsmaler diese Zeremonienbilder auf Staatskosten malte.) Sie blieben 
demgemäß auch im Dogenpalaste. 

Catenas Bild wird kaum vor 1505, vielleicht sogar erst einige Jahre später, 
entstanden sein. Denn die Schlichtheit, deren sich hier der Maler befleiBigt, hat, wie 
bemerkt, die Bekanntschaft mit jenen Werken, in denen der neue Stil zum Durchbruch 
kommt, wie der Castelfranco-Madonna, Tizians h. Markus in der Salute zur Voraus- 
setzung. — Es ist dann ferner nicht recht wahrscheinlich, daß einem sehr jungen 
Künstler die Ehre zuteil wurde, das feierliche Empfehlungsbild des Dogen zu malen. 
Catena muß damals schon Ruf besessen haben. 

Für die Madonna hat sich der Maler an Giovanni Bellinis Madonna di S. Giobbe 
inspiriert. Auch dort hält die Mutter das Kind mit der Rechten und erhebt huldvoll 
die Linke. Das ist ungewöhnlich. Für die Figur des Kindes wurde dann ein anderes 
Werk des Meisters benutzt, eine Komposition, die wahrscheinlich nur in der guten 
Werkstattsarbeit des Städelschen Institutes zu Frankfurt (Nr. 35) erhalten ist. 

Von den Spätwerken ist nur ein einziges bezeichnet, nämlich das Porträt eines 
älteren Herren, wohl eines venezianischen Senators im Hofmuseum zu Wien, Nr. 20.) 
Keine wesentliche Stilwandlung kann hier konstatiert werden. Kalt, wie auf den 
Jugendbildern, stehen die Töne nebeneinander: Das helle Blau der Moireerobe mit 
dem blaßroten Überwurf vor grauem Grunde. Nur die lineare Schärfe ist etwas 
gemildert. 

Wir besitzen schließlich einige zwar nicht signierte, aber durch ältere Schrift- 
steller gut beglaubigte Arbeiten Catenas. Das früheste eine armselige Dreifaltigkeits- 
darstellung in S. Simeone Grande zu Venedig.) Dann das Hauptwerk, das Martyrium 
der H. Christine in S. Maria Mater Domini. (Abb. 3.) Dies umfangreiche Altarbild 


1) Noch älter solche Darstellungen in Lunetten über Grabmälern. So diejenige vom Grabe 
des Dogen Francesco Dandolo, ursprünglih im Kreuzgang der Frari, jetzt in der Sakristei der 
Salute. Im Mosaik des Grabmals Michele Morosinis in S. Giovanni e Paolo werden Doge 
und Dogaressa von ihren Schutzheiligen dem Krucifixus empfohlen. 

?) Vgl. das Testament bei Zanetti, Del Monasterio e della Chiesa di S. M. degli Angeli 
di Murano Venezia 1863, p. 57f. 

3) Vgl. Lorenzi, Documenti per servire alla storia del Pal. Ducale, p. 284 ff. 2891. 

4) Bez.: „VINCENTIVS CATENA PINXIT.“ 

5) Von Boschini, R. Min. Sestiere di S. Croce p. 11 zuerst als Werk Catenas erwähnt. 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1085 


Abb. 4. nn Madonna mil Heiligen 
Glasgow, Art Galleries 


wird zuerst von Sansovino genannt.') Er las die heute nicht mehr erhaltene Signatur 
offenbar falsh: „Angelo C. P.“ Oder was wahrscheinlicher, er schrieb sehr flüchtig 
aus seinen Notizen ab. Der Stifter des Bildes, den Sansovino ebenfalls nennt, hieß 
Angelo Filomato. Boschini*) ist der erste, der 1520 als Entstehungsjahr angibt. Es 
liegt kein Grund vor, an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. 

Als gut beglaubigt darf dann weiter ein „Noli me tangere“ der Brera, Nr. 166, 
angesehen werden, das kürzlich mit einem von Marcanton Michiel in der Kirche 
Spirito Santo zu Crema erwähnten Altarbild identifiziert wurde.) In der Formen- 
behandlung steht dies ,Noli me tangere“ der S. Cristina so nahe, daß man annähernde 
Gleichzeitigkeit der Entstehung anzunehmen hat. 

Für ein Werk von guter literarischer Tradition darf dann wohl auch das Bildnis 
des Grafen Raimund Fugger (1489—1535) im Kaiser Friedrih-Museum gelten. Stil 
und Malweise zeigen unzweideutig auf Catena und zwar auf dessen Spätzeit. Die 
Persönlichkeit des Dargestellten wird durch einen Stich der Pinacoteca Fuggerorum 
(Tafel 9) einigermaBen sicher festgestellt. — Augen, Teint, Bart- und Haarfarbe deuten 
schon allein auf einen Nordländer. — So möchte dieses Bildnis mit dem von Vasari‘) 
gesehenen Fuggerporträt Catenas identisch sein. 


1) Francesco Sansovino, Venetia descritta, 1581, carta 75r. 
2) Boschini, R. Minere, Sest. della Croce, p. 19. 

*) Monatsh. f. Kstwsch. I, p. 652. 

4) Vasari, Ed. Milanesi, III, p. 645. 


1086 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Fast iiberall, wo von diesem Bildnis die Rede ist, heiBt es, Vasari habe ein 
soldies im Fondaco de’ Tedeschi gesehen. Mir scheint, daß man Vasari hier nicht 
richtig verstand. Der Zusatz ,che allora stava in Venezia nel fondaco de” Tedeschi“ 
ist nicht auf das Bild, sondern auf den Dargestellten zu beziehen. Gelegentlich einer 
Zeichnung, die Giorgione von einem Fugger gemacht hatte, sagt Vasari dasselbe, nur 
mit etwas anderen und klareren Worten: „che allora era de’ maggiori mercanti 
nel fondaco de’ Tedeschi“.!) Wir wissen also nicht, wo Vasari das Fuggerbildnis 
gesehen hat. 

Nicht mit völliger Bestimmtheit läßt sich ferner sagen, ob eine andere literarische 
Notiz auf ein Bild der Sammlung Quirini-Stampalia zu Venedig zu beziehen ist, auf 
eine Halbfigur der Judith, die durch Berenson Catena zurückgegeben wurde. (Abb. 7.) 
Ridolfi?) sah bei Bartolomeo della Nave eine ,Mezza figura di Giuditta, lavorata sulla 
via di Giorgione“ von der Hand Catenas. Also ein Spätwerk, wie die Halbfigur der 
Sammlung Quirini. 

Nun sind an diesen bezeichneten oder durch alte literarische Zeugnisse be- 
glaubigten Werken die nicht signierten, Catena zugeschriebenen Bilder zu prüfen. 

Dem jungen Catena wird im Palazzo Giovanelli zu Venedig ein Halbfigurenbild 
der Madonna zwischen Petrus und dem Täufer vom Cicerone und von Berenson, von 
Berenson allein eine Madonna in S. Trovaso gegeben. Beide erinnern im trüben, 
schweren Ton an die „Darstellung Christi“ in Padua, ohne daß auch für sie Vincenzo 
dalle Destre mit Bestimmtheit als Urheber genannt werden könnte. GewiB ist nur, 
daß sie dem durch seine hell gefärbten Bilder in Venedig auffallenden Vincenzo 
Catena nicht gehören. 

Ohne Recht wird ihm durch Berenson weiter die „Beschneidung“ der Londoner 
National-Gallery, Nr. 1455, und die Replik der Galleria Doria zu Rom zugeschrieben. 
Es fehlen sämtliche auf Catena deutende Merkmale. Man sollte der Signatur „IOANNES 
BELLINVS.“ des besseren Exemplares in London bis zu einem gewissen Grade Glauben 
schenken. Wenigstens der Entwurf gehört dem Meister, 

Dagegen scheint mir die nicht allgemein akzeptierte Zuschreibung einer Ma- 
donna zwischen zwei weiblichen Heiligen in Glasgow an Catena durchaus das richtige 
zu treffen. (Abb. 4.) Vielleicht ist hier der Maler deshalb weniger leicht kenntlich, 
weil er wieder zwei Belliniwerke benutzte, also wenig eigenes gab. Für Mutter und 
Kind lehnte er sich an die bereits genannte Frankfurter Atelierarbeit an (oder wohl 
eher an deren verschollenes Vorbild), für die Stellung der beiden Heiligen an das 
schöne Halbfigurenbild der venezianischen Akademie, Nr. 613, Madonna zwischen 
Magdalena und Katharina. — Catenas Eigentümlichkeiten treten in dem Glasgower 
Bilde vor allem in der Magdalena zutage, die der weiblichen Heiligen des signierten 
Bildes bei Dr. Mond aufs nächste verwandt ist. 

Diese beiden Köpfe, deren volle Vorderansicht die Leere der Formen besonders 
peinlich empfinden läßt, zeigen, daß Berenson sehr glücklich ein Jünglingsbildnis der 


1) Vasari, IV, p. 99. 
2) Ridolfi, Le Meraviglie, Ed. II. Bd. I, p. 107. 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1087 


Abb. 5. CATENA: Bildnis eines Jünglings 
D London, National Gallery 


National-Gallery zu London (Nr. 1121, noch immer nur allgemein Venetian School 
benannt) unter Catena unterbrachte. (Abb. 5.) 

Für unseren Maler charakteristisch ist der matte Blick dieses Jünglings. Auch 
das spätere Fuggerbildnis hat ihn. Schon deshalb möchte nicht von Catena das Porträt 
eines jungen Mannes sein, das vor einigen Jahren als Geschenk in den Louvre kam. 
Antonello-artig scharf blicken hier die Augen. Auch diese !energischen Akzente auf 
Kinn und Nasenflügel sind Catena fremd. Das sympathische Bildnis paßt einigermaßen 
zu jenen Porträts, die von Berenson zusammengestellt und für Alvise Vivarini be- 
ansprucht wurden. 

Ein frühes Werk Catenas, dem Mondschen Bilde noch recht nahestehend, ist 


ein Halbfigurenbild der Madonna mit Heiligen, das aus der Sammlung Lucien Bona- 
71 


1088 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Abb. 6. CATENA: Schlüsselübergabe 
O Madrid, Prado 


parte in die Sammlung Raczynski und mit dieser ins Kaiser Friedrich-Museum zu Posen 
kam. Rechts neben der Madonna steht eine jugendliche, weibliche Heilige mit preziöser 
Frisur und ausgeschnittenem Kleide, die fast völlig gleich auf einem Bilde der Dresdner 
Galerie (Nr. 64 A) als hl. Helena wiederkehrt. Diese Übereinstimmung und die für 
Catena ebenso charakteristishe Gegenfigur eines hl. Petrus (man vergleiche ihn mit 
dem hl. Josef des signierten Pester und demjenigen des gleich zu erwähnenden Berliner 
Halbfigurenbildes) lassen keinen Zweifel, daß das Dresdener Bild audı von Catena 
stammt, wie Berenson und Woermann bereits annahmen. 

Neben diese weiblichen Heiligen in Posen und Dresden sei der nahen Verwandt- 
schaft halber das jedoch später anzusetzende Brustbild der hl. Magdalena des Berliner 
Kaiser Friedrich-Museums, Sammlung Simon, gestellt — Die auch sonst bestrittene 
Zuschreibung eines weiblichen Porträts, ebenfalls in der Sammlung Simon, an Catena 
scheint auch uns nicht das richtige zu treffen. 

Einige Halbfigurenbilder der Madonna mit Heiligen werden so allgemein und 
mit Recht dem Maler zuerkannt, daß wir uns hier mit einer bloßen Nennung begnügen 
können: Venedig, Akademie Nr. 348: Madonna zwischen dem Täufer und Hieronymus. 
Modena, Galerie Nr. 404: Madonna mit Stifterpaar und dessen Schutzheiligen. Budapest, 
Museum Nr. 102: Madonna mit kniendem Stifter und zwei Heiligen. Sämtlich Früh- 
werke. Diesen mag angeschlossen werden die gleichfalls unbestrittene, aber später 
entstandene Madonna mit vier Heiligen und Stifter des Kaiser Friedrich - Museums 
zu Berlin. 

Neben der hl. Christine, und durch sie für Catena gesichert, ist als ein Hauptwerk 
der späteren Epoche das prächtige Bild der Londoner National Gallery, Nr. 234, an- 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1089 
a cio 3, 
zusehen: Ein Ritter, der im Begriffe ins Feld zu ziehen, kniend vor dem Kinde auf 
dem Schoße der Madonna den Segen erfleht Aus etwa der gleichen Zeit ein 
„Hieronymus im Studio“ ebendort, Nr. 694,!) ein „Christus in Emmaus“ in der Galleria 
Carrara zu Bergamo, Nr. 11, die „Schlüsselübergabe im Beisein der drei Kardinal- 
tugenden“ des Prado zu Madrid, Nr. 108°) (Abb. 6) und schließlih die „HI. Anna 
selbdritt mit Josef“ in Dresden, Nr. 65. Dies Bild wirkt in seiner hellen, verwaschenen 
Färbung so wenig venezia- 
nisch, daß man bis zu einem 
gewissen Grade seine frü- 
heren Benennungen, Andrea 
del Sarto oder Sassoferrato 
nach einer Zeichnung Raffaels 
begreiflich finden kann. 

Es bleibt eine kleine 
Gruppe von Werken übrig, 
die ebenfalls mit dem reifen 
Catena in Zusammenhang 
gebracht wurde. Morelli?) 
nannte als erster Catena als 
Urheber jener giorgionesken 
„Anbetung der Könige“ der 
Londoner National Gallery, 
Nr. 1160. Berenson schrieb 
ihm dann konsequent zwei 
weitere Bilder zu, die fraglos 
von der gleichen Hand sind: 
»Die Anbetung der Hirten“ 
bei Mr. Beaumont (etwas ge- 
ringere Wiederholung im 
Wiener Hofmuseum) und eine 
kleine H. Familie bei Mr. 
Benson in London. Aber so 
unzweifelhaft diese dreiBilder 
zusammengehören, so un- 
wahrscheinlich ist Catenas 
Urheberschaft. In ihrer tiefen Färbung und dem warmen Hell-Dunkel stehen sie im 
schroffsten Gegensatz zur Manier unseres Malers. Es gibt nicht ein sicheres Bild 
Catenas, neben das jene drei als verwandt gestellt werden könnten. 

Berenson schreibt dem Catena scilieBli den früher Gentile Bellini benannten 


Abb. 7. CATENA: Judith o 


Venedig, Sammlung Quirini-Stampalia 


') Im Städelschen Institut zu Frankfurt eine leicht veränderte Kopie, die wegen ihres 
dunklen Tones nicht für eigenhändig gelten kann. 

*) Nach Berenson das gleiche Sujet bei Mrs. Gardner in Boston. 

*) Die Galerien zu München und Dresden, p. 268. 


1090 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


»Empfang des Gesandten Domenico Trevisan in Kairo“ im Louvre (Nr. 1157) zu. Auch 
hier wüßte ich nichts, womit diese Attribution gestützt werden könnte. Ich glaube, 
eher dirfte man Vittore Bellinianos Namen vor dem Bilde nennen. 

Catena hat von seinen Zeitgenossen eine uns heute nicht ganz verstandliche 
Schätzung erfahren. Wir sahen, daß er in verhältnismäßig jungen Jahren bereits einen 
ehrenvollen Auftrag vom Staatsoberhaupte empfing. Wir finden dann Werke von 
Catena in den erlesensten venezianischen Privatsammlungen des frühen Cinquecento. 
So bei Andrea Oddoni,*) bei Zuanne Ram?) neben Bildern Giorgiones, Palmas, Lottos, 
Tizians. Von der Catena entgegengebrachten Schätzung sprechen sdilieBli zwei zeit- 
genòssische Briefe, der eine von Marcanton Michiel, dem Verfasser der Notizia, der 
andere von Pietro Bembo. 

Crowe und Cavalcaselle, die übertrieben streng über Catena urteilten, haben diese 
Briefe in etwas absonderlidier Weise interpretiert. Dem einen Briefschreiber, Michiel, 
schieben sie bei seinen Lobeserhebungen eigennützige Motive unter, in Bembos Brief 
lesen sie Dinge hinein, die gar nicht darin stehen. 

Michiel berichtet aus Rom am 11. April 1520 an Antonio di Marsilio nach 
Venedig vom Tode Raffaels. Zum Schlusse sagt er: „Dicesi Michiel Agnolo esser 
ammalato a Fiorenza. Dite adunque al nostro Catena che se guardi, poiche el tocca 
alli excellenti pictori“.*) Eine solche Nebeneinanderstellung Catenas und zweier der 
ganz Großen mag wohl dem ungeheuerlih vorkommen, der sie völlig ernst nimmt. 
Aber solche stilisierten, romanischen Liebenswürdigkeiten wollen nicht wörtlidi genommen 
werden. — Doch ist es wiederum nicht angängig, aus ihnen das direkte Gegenteil 
herauszuhören und einen unbescholtenen Schreiber häßlicher Nebenabsichten zu ver- 
dachtigen. Aus Michiels Brief geht deutlich hervor, daß er Catena als Maler schätzte. 

Der Brief Bembos ist nicht ganz korrekt übersetzt worden.*) Es empfiehlt sich, 
den italienischen Text wiederzugeben. Bembo schreibt am 8. Mai 1525 an Pietro 
Lippomano, Bischof von Bergamo, nach Rom: „Come dhe io havessi gia fatto tutto 
quello, che era in poter mio per M. Vincenzo Catena, avanti che io havessi le lettere 
di V. Sig. che me lo raccomandano caldamente: pure lette esse lettere, ho aggiunto 
alcuna cosa alla primiera opera per amore e riverenza di voi, e spero, che egli conse- 
guira il disiderio suo: Ringratiandovi, che vi siate ricordato di commandarmi. La qual 
cosa vi priego a fare spesso, che tanto più vi resterò tenuto, quanto voi più mi spen- 
derete in quello, che conoscerete che io vaglia.“ °’) 

Ih bin nicht imstande mit Crowe und Cavalcaselle diesen Zeilen Bembos zu 
entnehmen, „wie sehr es mit Catenas Kraft abwärts ging“. Vielmehr beweist der 
Brief, daß sich der Humanist für Catena interessierte, schon bevor Lippomano ihm den 


1) Notizia d’opere di disegno, Bassano 1800, p. 63. 

2) Ibidem p. 78. 

5) Mitgeteilt bei Bottari, Lettere I. p. 574 und durch Jacopo Morelli in den Noten zur 
Notizia, p. 210 ff. 

4) Crowe und Cavalcaselle, Geschichte der italienischen Malerei. Deutsche Ausgabe. 
Bd. V, p. 270. 

5) Pietro Bembo, Lettere, Venedig 1552, T. I. p. 229f. 


v. Hadeln. Die Werke Vincenzo Catenas 1091 


Maler empfahl. Es ist auch kaum wahrscheinlich, daß ein Mann vom Geschmacke 
Bembos schlechte Bilder kaufte, nur um einem Freunde gefällig zu sein. 

Es lohnt sich sicherlih nicht, über die Zusammenstellung des Œuvre hinaus sich 
mit Catena zu beschäftigen. Er scheint fleißig gewesen zu sein. Aber keine starke 
Persönlichkeit war er. Größeren hinkte er nach. Vermutlich im letzten Jahrzehnte des 
XV. Jahrhunderts im Atelier Giovanni Bellinis ausgebildet, hat er die Gewohnheiten 
dieser quattrocentistishen Erziehung niemals wahrhaft ablegen können. Wohl hat er 
versucht, sich den jungen Cinquecentisten anzuschließen. Mit der „Judith“ der Sammlung 
Quirini wollte er zweifellos Bildern, wie Tizians „Flora“, Palmas „Violante“ etwas 
gleiches an die Seite setzen. Und so malte er eine weibliche Halbfigur mit dem auf 
jede kleine Einzelheit gerichteten Auge eines Quattrocentisten. Was die Neuen mit 
ihrer großen, breiten Einfachheit wollten, ist ihm niemals aufgegangen. 


Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master 
Craftsmen of the Guild of the Goldsmiths of Rome 


By Sidney J. A. Churchill 


In the Notes for the Student contributed by me to the Papers of the British 
School at Rome, vol. IV, pp. 163—226, it was stated as far as I was then able to 
judge- that the names of the celebrated Milanese Goldsmith, Caradosso, and that of 
his still better known successor Cellini were absent from the lists of the Members of 
the Guild of the Goldsmiths of Rome which had hitherto been accesible to me. That 
Cellini made no mention of the Confraternity of the Goldsmiths of Rome either in his 
Autobiography or in his Treatise on the Art of the Goldsmith. It was further noted 
that those mastercraftsmen who were attached to the Papal Court, or who enjoyed 
the protection of influential personages frequently ignored the Statutes which required 
them to impress their personal mark on the work sent out of their bottegas. 

Further research, however, which I have recently had the opportunity of making 
amongst the Archives of the Universita of the Goldsmiths of Rome has brought to 
light some very interesting records concerning both those and other Goldsmiths. 

In a vellum copy of the Statutes containing an original confirmation by Antonius 
Altouita, Archbishop of Florence and President of the Mint, dated August 22 1550, 
on the recto of f. III is the following: — “Cum cio sia utile et honesto et result 
comune / ornamento a tutti artefici che si exercitano / iustamente et laudabilmente in 
essi exercitij onde / a ciashun arte statuti et collegij è necessario si ad / ben uiuere 
si ad fugire in corte li trauagli delle lite / per questo; li orefici tanto Romani quanto 
quelli che / sequitano la corte di Roma: di nomi delli quali qui / infrascipti si legano 
insieme congregati ad honore / del sümo omnipotente Dio et del suo figlolo Iesu Xpo 
nro saluator et dela gloriosa sancta maria et säcto Pietro et Sto Paulo principi delli 
apostoli et ad gloria / di Sacto Eligio protector de essi ad riformare et regulare 
l'arte di essi et ad uedere la università in la cità di Roma capo et regina di tutte le 
cita sedente julio II°. Pont. Maxo. nel suo pontificato anno sixto / die no XXV del 
mese di junio M. CCCCCviiij +) Jn presentia di me notaro elegereno li prouidi homini 
mastro santo de Cola; mastro Joan Bapta de amici Romano, mastro Antonio de tusci 
bolognese, et mastro Laurentio de grossi genouese che sequitano la corte de Roma 
una con li consoli cio è Gasparre de’ Aprano: Bernardo Palozello, Antonio samerino, 
Pietro Posto ad uedere et ordinare, statuire, reformare et fare noui statuti et ad fare 
tutte et singula cose che parerano utili honeste et oportune et necessarie a la Repu- 
blica et università di / essi. Le quale cose jurano tenerle uere ferme obseruare et 
custodire in dubitabilmente et ad quelle no contrauenire. 


1) The Breve of Giulio II granting the Goldsmiths the privilege of erecting a durch for 
themselves in via Giulia is dated June 12 1509. 


A. Churchill. Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen etc. 1093 


Nomina Aurificum. 


1) Gaspar (de Aprano) 22) Francesco de anto de siena 
2) Bernardino palozelle 23) Iouan pietro criuello 
3) Antonio Samerino 24) Andrea de’ fiorentino 
4) Pietro Posto 25) Caradosso 
5) Juliano del cote 26) Francesco pergolella 
6) Sancto de cola 27) Paolo arsago de milano 
7) Antonio infererio 28) Lorenzo genouese 
8) Michele jouenale 29) Sebastiano de mo joanni 
9) Sano de la Corona 50) Raphello de’ antiqua florenta 
10) Joan Bapta de amici 31) Pietro bernardo de hispano 
11) Furio de ferentino 32) Tiberio de 
12) Io aluares ualetiano 33) Iachetto de francia 
13) Daniele darci | 34) Cola anto de anto capo biacho 
14) Antonio de tusci (Turri in other text) 35) Nardo di Antonazo 
15) Sigismido fiorentio 36) Mathia de Roma 
16) Nallo de’ | 37) Pietro de Meno 
17) Menico de sutri 38) Io Tomasso de 
18) Lodouico de’ milano 39) Bartholomeo Carpello 
19) Michele de’ palma 40) Amodio iu parione de capriolj 
20) Cerbone de’ 41) (Galzerano Aluia Castelo. In other text) 
21) Angelo fiorentino 42) Belardino d’passari 


The names have been numbered by me for easier reference. This document was 
printed in a shorter form by Antolini (Thesavrvs Legalis Viniversitatis Avrificvm Vrbis 
Cvm Annatationibvs. Romae. 1655, p. 2.) The names as printed in Antolini’s text do 
not agree with those in the earlier MS text given above. Bertolotti (Artisti Lombardi 
a Roma; vol. II, p. 312) quotes a document in which the names are given as follows: 
— [The figures in brackets refer to the list already given above.] (II) Fulvio Surrentino 
di Angelino (18) Lodouico de Paganis mediolanensis (15) Sigismondo de monte di 
Domenico di Fiorenza who with (7) Antonio degli Infererii were the Consuls of the 
Confraternity (8) Michael de Iuuenalibus (6) Sancto Cola sabbe (17) Domenico de 
Michaelle de Sutrio (14) Antonio de M. Paolo de Camerino (San Marino?) (16) Nallus 
de Nodio de Alexandria (Antonio de Tuffis de bononia (2) Bernardus Palochi or Palotii 
romano (21) Angelo de loduvico de Florenzia. (4) Pietro Post de Lacie alemanno. 
Marzius di lodovico Lucarelli romano (30) Raphael de andrea florentino (20) Cerboni 
de Consortini de Corsica. 


According to Bertolotti this document is registered in the Records of the Notary 
L. De Masiis, Rome. Anno 1505—25, f. 60—61. Many of the Goldsmiths mentioned 
above are to be found in Bertolottis publications, where they are recorded as occu- 
pying appointments at the Papal Court or as furnishing work for Princes of the 
Church. 

Caradosso's name is absent from Bertolottis document. In the list published 
by Antolini it is given as Caradonio. In the MS. quoted above it is given correctly 
tat No.: 25. In the original MS. Register of the Guild of the Goldsmiths of Milan, in 
he Library of the late Baron Landau, under the year 1475 there is the entry of the 


1094 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


mark adopted by this artist for the work wrought by him; as required by the Statutes 
of the Goldsmiths of Milan: „La zingola culo puto in ante che fa la morescha fu tenuta 
da Caradoso foppa.“ Considering that he had already been a member of the Guild 
in Milan it was not improbable, some thirty years later when the goldsmiths of 
Rome proposed to become independant of the other arts and crafts which had 
S. Eligio for their patron, that he should support the desire of his colleagues to erect 
a church and meeting place for themselves alone. He was then one of the foremost, 
if not the greatest, goldsmith of the day. Writing on January 18 of the present year 
Emilio Motta, of the Trivulziana Library in Milan, informs me that he has collected 
much material on Caradosso Foppa. He imagines that there were two Caradossos, 
one the medalist and the other the Sculptor. It will be seen that there is a record 
of a Donino Caradosso in the Archives of the Goldsmiths. I take this to be a clerical 
error for Ludovico Caradosso, subject to the discovery of new material. As to Cellini’s 
story of the origin of the name Caradosso that may be dismissed as being ‘ben tro- 
vato“. The name appears to have existed long before Cellini’s birth. In Rusconi 
and Valeri's Vita di Cellini. p. 63, note 9, Caradosso is called Cristoforo Foppa di 
Giovanni Matteo. In the Index Caradosso is registered as Ambrogio Foppa. No 
authority is given on which the editors base their statement. 

On looking through the original M. S. Register of the members of the Guild of 
the Goldsmiths of Milan, formerly in the Library of Mr. Fairfax Murray, now-through his 
generosity-in the Brera at Milan, I find the name: Joh. Mat. de Fopa under the year 
1470. Bertolotti in his Index calls Caradosso Christofaro Foppa and publishes a copy 
of his will, found in the Archivio Urbano at Rome, without giving any more precise 
information as to the whereabouts of the original. If the name of the Notary could have 
been known further information might have been forthcoming as to Caradosso's 
paternity and as to the property he died possessed of. 

The question of the Notaries of the Guild is an important one for the student, 
as is enables him to look up registers of which he might only otherwise hear by 
accident. In a volume of the Archives of the Guild at Rome marked "br: Libro d 
Instrumenti publici rogati da diuersi Notari, dalli 23. Agosto 1567 alli 4 Genn. 1627“ 
I find that in 1517 Nicolaus de Straballatis was Notary of the Goldsmiths. The Con- 
suls met in the church of Sta Lucia. In 1548—59 the Notary was one Perello. In 
1565—86 Cesare de Theobaldis was Notary. In 1583 a Deed was prepared by Giov. 
Battista Martellus. I found deeds by Marco Antonio Brutus, Romano, and Diomede 
Riccius. In 1598 by the Notary Francesco Tinus, in 1604 by the Notary Paolo Emilo 
Roncolino or Romolino. In 1625 a deed was drawn up by Astulphus Galoppus de 
Tarano in Sabinus. In 1602—08 by Lucio Antamori. 

From Cellini's Autobiography we see that he went to Rome in his nineteenth 
year, in 1519, entering the bottega of Giovanni da Firenzuola. From a note in 
Rusconi and Valeri's Vita di Benvenuto Cellini (Rome, Soc. Editrice Nazionale. 
MCMI. 8°, pp. 857, illustrated) p. 35, it will be found that; quoting from the Archivio 
di Stato Register of the Capitoline Notarial Records, vol. 139, f. 29—30, the Firen- 
zuola whose name was De Giorgis, was Consul of the Goldsmiths in 1528. With 


A. Churchill. Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen etc. 1095 


Giovanni di Caravaggio and Giannotto Giannotti he occupied the same workshop in 
1521. Gerolamo Amati, in his “Lettere Romane di Momo“ (Roma. Barbera. 1872. 8°. 
pp. 105) p. 70, corrects the name of Cellini's first master to Fiorenza. His bottega 
was situated next to San Celso, Giovanni da Caravaggio left it in 1521, and Giannotto 
disolved partnership with Fiorenza in 1524. Shortly afterwards, however, Cellini left 
Fiorenza for the shop of Paolo Arsago of Milan (No.: 27.) His departure from the 
shop of Fiorenza caused that goldsmith’s ire and words ensued between Master and 
workman. Fortunately Antonio de’ Fabbri di San Marino, (No.: 3) who was then 
advanced in years happened to pass and made peace between them. Momo in his 
“Lettere“ already cited, at p. 13 has a chapter on Antonino di San Marino who was 
one of Raffaello's heirs. This Goldsmith, who is described by Cellini as the greatest 
in Rome, has been the subject of a paper by Pietro Franciosi (Un Orafo del Rinasci- 
mento: M° Antonio da Sanmarino amico di Raffaello Sanzio in Rassegna Biblio- 
grafica dell’ Arte Italiana. Ascoli Piceno 1907 vol, X. p. 85) Cellini remained with 
Paolo Arsago about two years. After a brief visit to Florence. Cellini returned to 
Rome in November 1523, entering the workshop of Sancto de Cola (No.: 6) where 
he worked with the celebrated Luc'agnolo of Jesi. (Vide: Giovanni Annibaldi: Il 
Lucagnolo ovvero saggio di Memorie sull’ oreficeria di Jesi. Framonti Fazi. 1879. 
8°. pp. 164) M°. Sancto was then dead and his son was carrying on the business. 

The Archives of the Goldsmiths of Rome have unfortunately suffered from the 
ravages of time and domestic dissensions’). The earliest Record which I have, so far, 
discovered containing any mention of Cellini is a “Libro delle Entrate e Uscite comin- 
ciato ne 25 Gugno 1530“ in the writing of the Consul and Camerlengo Francesco 
Pecorella, when Gaspare Gallo, Francesco di Firenza and Raffaello Fiorentino were 
also Consuls of the Goldsmiths. 

The entry shows the following payments: — 


Adi 25 Gugno pacho felice balla’tt (Ballante) jul. 5 
Casspare gallo 5 
m° fioresola 5. 
m° be’ venuto 5. 
m° donino 5. 
ascanjo 1 


These payments are the dues levied by the Guild from master craftsmen and 
workmen who are members of the Confraternity. The entry bears the approval of 
Jacopo Balducci, then Mastro in 1531 della Zecca, who, with M° Raffaello Fiorentino, 
was delegated to audit the accounts of the Camerlengato held by M° Franc? Peco- 
rella, the autographs of both are attached to the Record. Raffaello signs himself: 
Raffaello dandrei orefice fiorentino. 


1) Besides the Scomunica already mentioned by me in my preceding Notes against 
all those who unlawfully detained the Records or property of the Guild of the Goldsmiths or 
their church, published in 1563, I possess a printed copy of a Notice to the same effect dated 1670. 


1096 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


In the ,Entrate“ for the year 1532, when Giouan Antonio de Alessandro is 
Camerlengo, amongst other payments are those of: 


Mr° ben uenuto auto (havuto) jul. 3. 
donino di parma 3. 
joan pietro criuello 3. 


o e e o ec ọ ò o è. 0 o ec e e e e e é «e è o o 9 es e © e ee e e 9 O ese es © e ses è e 


Amongst the workmen of the same year are: 


vige aaa Ascanio priorola julj 1 
.... Manno 1 
. . follica di ben uenuto 1 


Follica is evidently Felice Guadagni, Cellini's former apprentice and afterwards 
his assistant, often mentioned in his Autobiography. Bertolotti (Artisti Lombardi a 
Roma nei Secoli XV, LVI e XVII. Milano. Hoepli. 2 vols. 8°. 1881. at p. 247 of vol. 1) 
states that Cellini received his pay as “Mastro delle stampe nella zecca romana in 
June 1532 through his“ garzone Felice“. 

In the year 1533 amongst others is Chiriaco perusino, and in 1534 Ponpeo de 


Capitano. In 1536 under the Camerlengato of Francesco de Leis there are the follo- 
WING Ente alia reo a barale e ea 


Tobia paga juli 3 
Be uenuto 3 
Mano fiorentino A 
Ludouico de Capitanis 3 


In this year also there is a payment for a “lavorante“ of Cellini. Anno 


Manno fiorentino paga 
Mr° felice di ben uenuto paga per lauorante 
M° Tubia milanesi paga per tre lauorantj 
M° francesco da ualentino per duj lauorantj 
francesco de leis do. 
ferrante napoletano 
In the same year Donino dela ripa is Sindaco. 
In 1537 Cellini went to France, returning to Rome in the autum of 1538. In 
a note to Rusconi and Valeri's Vita of Cellini the will of Felice di Tommaso Guadagni, 
orefice fiorentino is quoted at page 244, note 24. During Cellini’s absence in France 
his workshop was carried on by Felice. 
The following is a transcription from the Entrate and Uscite, of 1530—46. 
Adi 25 di giugno 1538 
Io gasparri de galli orefice al presente cösole / camerlingo dilla uniuersità delli 
orefici / in Roma facio noto in questo foglio tutta la / intrata di ditta uniuersità. 


A. Churchill. Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen etc. 1097 


Inprima mastro giulio paduano in borgo A3 2 
da mr° tubia milanese 
da francesco de ualetini 
da mr° ferate napoletano 
da m° janiacomo daparma 


Rafaello fiorentino 
Donio daparma 
jouanmaria da camerino 
Janoto fiorentino 
felice di benuenuto 
juūa pietro dauiguuaro 
domenico da uiguuaro 
jeronimo in botega del criuello 
 Joüa pietro criuelli 
giouani balduci mastro di zecha 
Raineri spagnolo 
Nicolo Romano 
felice da galese 
francesco dalesso 
mano fiorentino 
benedetto ditto priore 
fräcesco de leis 
Claudio fräcese 
Alisandro da macerata 
„ bartolomeo da como 

jeronimo della uitura 
Antonio spagnolo 
giouan antonio de alisädris 
joüa sardo 
Tomaso da perosia 

(recto) Marchione romano 


consaluo spagnolo 
mario inferreri 


felice ballante 

fracesco pergolella 

janbatista rosini 

ludovico di capitani 

jeronimo della barba 

calistro in piazza giudia. 
After this follows a list of lavoranti. 


In the payments for the year 1542 under the Camerlegato of Francesco larco 
spagniolo occur the following... .. 


1098 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


mr° donjno de caradosso 
manno fiorentino 
michele sardo 
felice fiorentino 
(and every year): Claudio francese 
zanobio di lorenzo fiorentino. 
Geronimo was a lavorante with felice fiorentino. 
In 1543 Camerlengo: Tomaso perugino ..... 
ies felice di ben uenuto..... pays his dues. 

In 1544 M° pippo in bottica di be uenuto pays dues. 

A “M° pippo da fiorenza a canto de la bancha“ pays dues on his own account 
in the previous year. 

In 1546 M° felice pays for two lauoranti. 

In 1550 there are payments of dues by: tubia came’rio milanese, consolo; 
donino de ripa, console; Giacomo di passari, camerlengo; Manno fiorentino; Ponpeo 
faneti; Claudio francese; ieronimo da carauaggio was employed by tubia milanese, 
Arigo, todero, francescho, gelfe, fiaminghi, were all employed by Francesco valentino. 
Gelfe in 1552 is described as a Tedesco. In 1550 there is also a Pierantonio de 
Benuenuto and another Fiamingo called Dauite. In 1552 and 1553 Manno continues 
to appear. In 1552 there are records of a Valerio Venetiano and Valerio Padovano. 
The Spanish goldsmith de Larcon was Consul in 1552 and Tomaso de Christianis in 
1553. Manno’s other name was Sbarra He was Consul in 1561. On him there 
are various notes. (Amadio Ronchini: Manno orefice fiorentino. In Atti e Mem. delle 
R. Deput. di Storia Patria per le prov. Modenesi e Parmensi, vol. VI. Also separately. 
Modena. tipog. Vicenzi. 1873. 4°. pp. 11. Corn. De Fabriczy: Manno, orefice Fioren- 
tino. In Archivio Storico dell’ Arte; vol. VII, p. 149. Roma, 1894) Bertolotti; Einige 
unbekannte Familiennamen berühmter Künstler. Stuttgart. 1880) Manno also held 
office at various dates till 1574. Francesco de Leis died between the 15th and 29th of 
June 1561. 

Antonio de Gentilis begins to figure in 1562; Alberto San’ gallo from 1563. 
Bertolotti (Artisti Lombardi, p. 314) states that Alberto Sangallo, orefice Milanese is 
mentioned as issuing a power of Attorney in 1554; that he entered into a partnership 
with Francesco de Magnis, Comasco, in 1561 and that the association was for two years. 
Bartolomeo Perrinj, Consul in 1563 died before October of the same year. He left 
his administrative accounts involved. On March 27 1565 the Goldsmiths met in order 
to deliberate on a proposal by the widow, Madonna Susanna, wife and heir of Bar- 
tolomeo da Ferrara, of the following objects in settlement of the debts of her husband: 
certi vezzi o corone de corallo cio è doi corone de coralli; e sette pater nostri gros- 
setti d oro, tramezzati, una corona de granati con sei paternostri d oro 
vn’ vezzetto de granati con quattro paternostri d oro et vn’ libretto d oro 
attaccato da mettere muschio con una pernuzza attaccata. Vn'altro vezzetto simile de 
granati con madre perne legato in oro, doi madaglie con li camei legati in oro, doi 
pendenti da mettere al collo le quali robbe sono statti mostrati per Manno sbarra e 


A. Churchill. Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen etc. 1099 


M° ottav. de pecorellis. In 1566 (July 19) the Goldsmith met in order to discuss the 
Bando limiting the sale of bracelets, pearls, frontali and other things mentioned in the 
Pragmatica of June 1566. On August 3 of the same year a contract is made with 
the Sculptor Dante Parentini for the construction of a chapel in the church of S. Eligio. 
This man is described as “Dantes quondam Tome parentinj florentinus“. He was 
employed in the Vatican in 1562—63 (Bertolotti: opera cit. Lo 115). On October 
15th of the same year a meeting is held to discuss the refusal of Bartolomeo da Como 
to pay the dues of three juli a year as a mastercraftsman. He justified himself by 
pretending that he was a jeweller and not a goldsmith. As many of the members 
of the Guild were absent they where fined. In consequence at the meeting held in 
January 1567 no less than 42 Goldsmiths appeared besides the Officebearers. On 
Oct. 20 1567 a meeting was held on the subject of the arrest of certain goldsmiths 
for having mounted Agnus Dei (of wax) in gold and silver. This enterprise was only 
permitted under a license from Cardinal Sauello, in whose prison the men lay. The 
Goldsmiths agreed to pay the necessary expenses of liberating the prisoners. 


On September 14. 1568 Cardinal Sauello issued the following Bando: 


Considerando quanto dispreggio et vilipandio delle cose sacre et scandalo del 
Mondo sia generato alle uolte vendendosi li Agnus Dei Benedetti ouero tenendoli 
publicamente a uendere et per mostra nelle botteghe et altri lochi et nel miniare 
a pingere et acconciare detti Agnus Dei, Volendo ouuiare simili inconuenienti 
Per tenore del presente Bando di ordine espresso di nostro signore uiue 
vocis oraculo a noi fatto si ordina prohibisce et comanda che dal giorno della 
publicazione del presente nissuno Pittore o miniatore ardisca ne presuma de miniare 
ouer pingere Agnus Dei, et nessun orefice o tornitore ouuero qualsiuoglia altra persona 
di qual si uoglia stato o, condittione eccetto le persone che sarranno in sacris quali 
haueranno la licentia sopra de cio da nostro signore quale ha reuocato et reuoca 
tutte le licentie fino al presente giorno concesse che nissuno ardisca ne presuma ornare 
et acconciare ouero incassare Agnus Dei et che nessuna persona di qualsiuoglia 
stato grado dignita o condittione che ardisca mutare la forma delli Agnus Dei leuando 
la cera ouera aggiungendol et ancora ardisca ne presuma de uendere alcuna sorte di 
Agnus Dei ne tenerli guarniti o, di guarnire nelle botteghe, o altri loghi in mostra, 
ma si possa uendere l’ornamento sotto pena die dugento scudi d’oro da applicarsi alla 
Cam-Aplica et lochi pij a nostro arbitrio della carceratione et tre tratti di corda et 
altre pene corporalj reseruate al nostro arbitrio, et se si trouera alcuna persona che 
habbia ardire di fabricare Agnus Dei falsi oltra la pena sopra incorrera nella pena di 
falso alle quale pene contra di tutti si procedera irremisibilmente. Volendo che pnte 
nostro Bando attaccato et publicato nelle lochi soliti habbia la medesima forza che se 
fosse personalmento intimato et in fede dato in Roma nel palazzo della nostra solita 
residentia questo 14 di settembre 1568. 


In 1573 the Goldsmiths apparently succeeded in being allowed to make mounts 
for Agnus Dei. 


In 1567 a Battista Zuccari is mentioned as a Goldsmith. In 1569 Federico 


1100 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


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Zuccaro, the painter, acknowledges the receipt of payments for a Chapel painted by 
him in the church of S. Eligio. His autograph is given here. 

Loudouico Cardosio’s name appears in the years 1572, 1573, 1574 and 1576. 
Alberto Sangallo till 1574. G. B. Sangallo in 1607. This year Antonio and Pietro 
Gentile also appear. 

The Church and the chapel of the Tre Re Maggi being in ruins, in the year 
1594, the Guild had them restored: „... la nra università, con I’ elemosina ritratte, dalle 
la medesima risarci, e rifondo detta cappela, come anche quella fece ritoccare da 
Federico Zuccari, celebre Pittore in quelle parti doue haueua patito il quadro“ . . . .. 

The present altar piece representing the Tre Re Maggi was painted by Fran- 
cesco Romanelli according to a contract, dated June 12 1639, between him and 
Franzesco Spagna goldsmith, for 150 scudi. The work was finished and paid for 
in 1640. 


A. Churchill. Benvenuto Cellini, the Caradossos and other Master Craftsmen etc. 1101 


As I have shown elsewhere the Church of S. Eligio was rebuilt on several 
occasions. On December 6 1514 a Deed was drawn up by the Notary Stefano de 
Amphoris from which the following is an extract: 

.... questi (Rafaeli Casali & Mario Millini d'ordine della Santità di Nro Signore) 
dovendo demolire case e edificij sacri per ridurre a dritto linea le strada publiche di 
Roma ... con autorità dell’ loro officio fecero demolire la... nostra chiese, che prima 
con minacciar in parte era diroccata assieme con un orto contiguo alla medesima, con 
cedere a fauore della nra uniuersità altro sito in numero di canne 7 per poter iui 
fabricare altra chiesa“. 

The „facciata“ was built by Giov. Maria Roncarioli in 1620 (Reg. of the Notary 
Taddeo Raimondi) under the supervision of the architect Giov. Maria Bonnazzi. 

Original plans of the durch of S. Eligio drawn up in 1625 by the architect 
Francesco Ferruzzi are to be found in the Archives of the Guild, vol. A, fol. 124. 

Rocco Seuero, pittore, is employed in decorating the church in 1594. 

In 1590 Paolo Tornieri, Argentiere, makes a basin and two small ewers for the 
uniuersità. In 1599 there is a payment to Pietro Busi for two small candle sticks of silver. 

In a Deed drawn up by the Notary Marcus Antonio Brutus, Romanus, dated 
January 3 1595, Bernardino Passari (No.: 42) figlio del pittore Jacobo, Romano, sells 
a house situated in Via Giulia to the Guild. His wife's name was Catherina Oruiete. 
This must evidently be a Grandson of the Bernardino Passari who was one of the 
promotors of the Guild of the Goldsmiths in 1509. That Goldsmith died in 1527, at 
the seige of Rome. Antolini quotes the inscription to him placed on the belfry of 
the church of Santo Spirito in Rome [Vide also L. Pierret: Breve cenno storico su 
Bernardino Passari, orefice Romano. (Roma. Fratelli Centenari. 1885. 12°. pp. 11.)] 

Joannes quoudam francisis de Vechijs de burgo St. sepulchri, pictor on April 21! 
1574 engages to paint a chapel of the Nativity in the church of S. Eligio, to be com- 
pleted by Christmas in the same year. 

Under the Camerlengato of Giovanni Giardini, during the Pontificate of Cle- 
mente XII, the Sigillari were associated with the Goldsmiths in the same Guild. One 
Matteo Pichler, “orefice sigillaro et intagliatore di cogni“ submits a petition for ad- 
mission to the Guild. Mariano Menghi, Palermitano and Giuseppe Martelli of the same 
origin also ask to be admitted as Silversmiths. Cosimo Cennini mentions the late gold- 
smith Domenico Cennini as his brother. | 

In 1621 the Universita admitted the Tornitori of Gold and Silver to benefit by 
the doweries for young girls provided that the Gold and Silver Turners handed over 
their sweepings for the benefit of the church of S. Eligio. 

In 1625 the heirs of Diomede Vanni, Girolamo Donati, Pietro Spagna and 
Lorenzo Brusolini left 400 scudi to the Universita. 

In 1633 a Girolami Donati juniore is mentioned. In 1736 Giov. Pietro Pullini 
and Clemente Poeta, one a lavorante and the other a mastercraftsman proposed to the 
Santa Sede to farm the marking of gold and Silverwork for nine years paying the 
sum of 500 scudi. This the Universita protested against. On September 13 1739 one 
of the Consuls of the Silversmiths was imprisoned and released on the following 


1102 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


evening for having, at a public assembly, revealed the project owing to the scarcity 
of currency of a limitation by the Papal Authority of the shops of the Goldsmiths. 
(Vide. MS. Diary in Archivio Capitolino. Rome.) 

In the Libro d’Entrate e Uscite 1705—1729 there is the following entry of 
jewels (Giovanni Giardini is Camerlengo. Juli 1 1703 to June 30 1704:) 

un paio di nauicelle smaltate 

un paio di cappij smaltate senza perle e senza 
spillone; un paio con perle e cappio; 

cerchietto d’oro con pietra di acciaro 

cuchiaro di argento alla franchese; 

From the “Libro de Inventari de Mobili dilla Chiesa di S. Eligio“, 1597 to the 
year 1658 it will be seen that there is a note dated July 15 1597 showing that all 
the precious things have been sold. The following from the Inventory is interesting 
as some of the Items still exist: — 

Un libro delli Statuti della nra Vinversità cioè l'originale del 1509 sotto il Pon- 
tificato di Giulio Il — 

Ite un libro doue é descritta la uita de st° Eligio (Described by me in the Notes 
already referred to above) 

Vn altro libro de statuti con la coperta de corame rosso, cioé la copia die detto originale 

Vna supplica di Papa Giulio 2° che conferma li statuti di detta arte, et che 
prohibisce il lauorare oro et argenti bassi — 

Vna prouisione fatta dal Illm° Cardinale Sta Fiore gia Camerlengo sopra li detti 
ori et argenti del’ anno 1563 — 

Vn’ decreto fatto in piena congregatione che le banche se applicano tutte alla 
chiesa, sotto il 15 de settembre 1575, qual'sta nel libro. Il Breue di Nro Signore Papa 
Gregorio xiij che conferma et amplia li nri statuti sub anulo Piscatorio del’ anno 1583. 

La sententia in favore del arte data contro li Sri mastri de strada del anno 
1577 di giugno in pergamena. 

Vn’ altra prouisione ottenuta in piena Camera Aplica sopra gli ori et arg®ti 
che si deueno lauorare, ad 15 de luglio 1571 — 

Vn libro grande doue sono tutti li decreti dell’ arte — 

Vna Inhibitione in papiro fatta contra bancherotti die Roma da Monsgr de Corfu 
del 1575 tutte dette scritture sono dentro una latta stagnata. 

Vn libro in foglio bombacino coperto di corame doue sono tutti li Instrumenti 
spettanti alla chiesa di detta Vniuersita ............. 

Una Inhibitione fatta sotto di 6 d'agosto 1565 del Cardinale Camerlengo che 
non si possano cauare argenti fuora di Roma ............ 

Vi è una pera di metallo che è il peso di una libra di zeccha et sei tocche de 
oro. Vi è il sigillo la chiaue della zeccha et la chiaue del archiuio ............ 

La tauoletta con li nomi de mastri...... 

Sudi is the new material which I have been able to gather regarding the Gold- 
smiths of Rome under the Papal Authority. 


Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck 


Ein Beitrag zur Wolgemutforschung 
Von Ignaz Beth 


Dem Problem „Wolgemut“ weichen nicht selten auch jene Forscher in weitem 
Bogen aus, die gerade verpflichtet wären, in den sauren Äpfel zu beißen. Doch wenn 
sie ‘sich um die Stellungnahme zu einem der Hauptprobleme der deutschen Kunst des 
XV. Jahrhunderts drücken, so werden sie wohl ihre guten Gründe dafür haben: es ist 
ein allzu schwanker Boden, den man bei der Nennung dieses Namens betritt. Weiß 
man doch mit dem überreichen Material nichts Rechtes anzufangen, wenn man sicher 
gehen will. Denn wenn auch Thodes Vorgang: aus dem beglaubigt Wolgemutschen 
Zwickauer Altar und der Predella des Schwabacher Altars seine authentischen Kenn- 
zeichen abzuleiten und nach diesen sämtliche Zuschreibungen vorzunehmen als richtig 
im Prinzip anerkannt werden könnte, so muß man doch nach der ablehnenden Auf- 
nahme seiner Resultate, und vor allem des Endresultates recht skeptisch werden. — 
Ist es aber auch so verwunderlich, wenn es vielen widerstrebt, im Lehrer Dürers eine 
unheilbare Philisterseele zu sehen, aus seinem Geschäftssinn — eine Niichternheit 
seiner Gestaltung abzuleiten? 

Da nun einmal Urkunden im Stich lassen (beispielsweise bei dem Hallerschen 
Heiligenkreuz Kapelle- Altar) — oder gar verwirren (beim Peringsdörffer- oder 
Schwabacher Hauptaltar) bleibt kaum etwas anderes übrig, als dem Wesen Wolgemutscher 
Kunst negativ, durch Ausscheidung von Gehilfenhänden, beizukommen. Dieser 
Weg wurde ja teilweise schon von früheren Forschern betreten, nur dachte man 
auf das Wesen dieser mythischen Gehilfen nicht näher eingehen zu müssen; erst 
Dörnhöffer hat neuerdings mit besonderem Geschick das Ausscheiden der fremden 
Hände versucht') Mein Beitrag bezweckt in erster Linie das Sondern zweier aus- 
gesprochener Individualitäten; wer darin nur ein Herausstreihen Namenloser sehen 
sollte, den möchte der Verfasser nicht im Zweifel darüber lassen, daß es sich hier 
nicht zuletzt um das oben erwähnte Ziel handelt. — 

Nun aber könnte man gegen diesen Vorgang eine petitio principii einwenden, 
da ja vorerst feststehen müßte, woraus man auszuscheiden habe. Allein es bedarf 
nur einer eingehenden Vertiefung in die Nürnberger Kunst des ausgehenden XV. Jahr- 
hunderts, um auf das stark ausgeprägte Wesen dieses produktiven Künstlers zu stoßen, 
der nichts weniger als ein Proteus war. Denn nicht in der unklaren Vorstellung über 
Wolgemut lag der Fehler der Forscher, auch der älteren und der ältesten, sondern 
in der übereilten Synthese, die sie zu zeichnen sich für berechtigt oder gar verpflichtet 
hielten. Wenn ein Hotho 1843 sagt „Scharf zu individualisieren, ist Wolgemuts 
Hauptproblem“, so wird er sih wohl das Richtige dabei gedacht haben, doch blieb 


1) Fr. Dörnhöffer, Beiträge zur Geschichte der älteren Nürnberger Malerei im Rep. 
f. Kw. XXIX, 421 ff. 
| 12 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


1104 


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Ignaz Beth. Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck 1105 


Abb. 3. ALTARWERK IN HERSBRUCK 
Dornenkrönung Christi D 


diese Behauptung ebenso vage, wie etwa die Schnaases von „der spießbürgerlichen 
Steifheit und Gleichförmigkeit heiligen Ernstes. Das inzwischen reich angewachsene 
Urkundenmaterial glaubten Forscher der nächsten Generation zu endgültigen Schlüssen 
verwerten zu können, welche wieder das Bild eher verschoben, als klar umrissen. 
Man müßte eben soviel Zurückhaltung auftreiben können, um mit einer ‚vorläufigen 
Vorstellung über Wolgemuts Typenvorrat und Kompositionsart an das: Herausschälen 
und Ordnen seines Werkes heranzutreten. | 
Allerdings dürfte man bei dieser Methode nicht allzu fest an Benennungen sich 
klammern, und wenn z. B. festgestellt wurde, daß der Hofer Altar (von 1465) Wol- 
gemutsche Art aufweist, gleidi zur Behauptung schreiten, er wäre von Wolgemut. 
Die Feststellung so weitgehender Analogien zwischen diesem und dem Schüch- 
linschen Tiefenbronner Altar, daß sie an Wolgemut als einen (wohl nur die Vorder- 
seiten!) ausführenden) Gehilfen denken lassen und z. B. Harzen zur Annahme derselben 
Meisterhand bei beiden führten,?) könnte sidi ganz gut mit solchen Tatsachen 


1) Vgl. Reber, Stilentwicklung der schwäbischen Malerei. — Sitzb. d. bayr. Akad. d. 
Wiss, 1894. 
2) Anzeiger f. z. K. VI, 28. 


1106 Monatshefte fir. Kunstwissenschaft 


in Einklang bringen lassen, wie der Ausführung der fiir Wolgemut urkundlich 
beglaubigten Altäre durch ‘seine Gehilfen. Wie bei so mancher Hypothese würde sich 
dann vielleicht von selbst manches einfügen, das anfangs ohne Belege dastand. 

Besonders klar liegt der Fall vor bei dem 1484 entstandenen Altar in Feucht- 
wangen, über den Gümbel vor vier Jahren interessante Urkunden veröffentlichte.!) 
Daß hier, außer an den Staffelbildern, des Meisters Hand auszuschalten ist, war von 
vornherein für jeden Beschauer klar, wurde auch von Dörnhöffer bald darauf fest- 
gestellt, *) der zugleich den Maler der Altarflügel mit dem Gehilfen des dritten Flügel- 
paars am Altare in der Hallerschen Heiligen Kreuz-Kapelle identifizierte. Diese Zusammen- 
stellung mußte sofort jedem einfallen, der diese äußeren Flügel mit ihrer ausgeprägten 
Eigenart im Gedächtnis behalten hatte. — Ob der Maler mit jenem Ulrich Maler (der 
auch als „Ulrich Schnitzer“ auftritt)®) der Feuchtwangener Urkunden identisch ist, fällt 
dabei nicht so sehr ins Gewicht, kann aber zur vorläufigen Bezeichnung seiner 
Persönlichkeit dienen. Seine „reichere, poetische Empfindungsart“ konnte sich freilich 
in dem bescheidenen Altar kaum sehr entfalten, immerhin verstand er es, in klaren, 
abgewogenen Kompositionen, den Ruf des „Ateliers“ aufrecht zu erhalten, und sich 
neben des „Chefs“ Predellenbild zu behaupten. (Abb. 1.) Seine Neigung zu länglichen 
Bildungen des Gesichtes und der Extremitäten, den milden, oft befangenen Gesichtsaus- 
druck kann man nach Belieben in beiden Altären verfolgen. Die Typen wiederholen 
sich auffallend oft, was auf keine große Erfindungsgabe schließen läßt; der alte Mann 
mit dem grauen Bart, und der Erwachsene mit einem schwarzen kehren immer wieder. 
Die Verkündigung der Außenflügel läßt trotz der Übermalung seine Hand erkennen, 
obgleich sie eine Kopie nach dem Schongauerschen Stich (B. 4) ist.) (Abb. 2.) 
Sonderbar ist, daß Vischer die Hand dieses Meisters in einem (!) der inneren Flügel- 
bilder zu sehen vermeint; doch wohl nur einem Versehen ist Thodes Behauptung 
zuzuschreiben, daß ihm diese Flügel nicht nur „derber und roher“ erscheinen, sondern 
daß er sie „von einem Schüler nach der Vorzeichnung Wolgemuts gemalt“ haben will, 
und sich noch auf die Autorität Vischers — unerfindlich, woher — stützt. Der schiefen 
Wertung dieses Flügelpaars entspricht eine solche der inneren und der innersten Flügel, 
die für W.s Art doch besonders charakteristisch sind.) — 

Und hier, an dieser Stelle in Thodes Gedankengang, müßte eine Überprüfung 
seiner wertvollen Untersuchungen einsetzen. Er begnügt sich nämlich nicht mit einer 
Feststellung Wolgemutscher Arbeit am ganzen Altar, sondern konstruiert aus dem 
Stegreif seine bekannte Theorie von Wolgemuts Rückentwicklung, vom Verfallen in 
Schablone usw. Und doc ist dieser Hallershe Altar wie wenige geeignet, des 
Künstlers stetige, naturgemäße Fortschritte darzulegen. Für einen unbefangenen Blick 
zeigt der Hofer Altar der sechziger Jahre viel eher schablonenhaftes Nachziehen 


1) Gümbel, „Ein neuer Wolgemutaltar“ — Rep. f. Kw. XXVII. — 450. 

2) A. a. O., S. 451. 

3) Gümbel, „Nürnberger Meister in Velden“ Rep. f. Kw. XXVII, 332. 

4) Eine ähnliche Variation des Stiches ist die „Verkündigung“ im Bayr. Nat. Mus. Nr. 280. 

5) Photographische Reproduktionen nadı dem Altar gab 1888 Leyde in „Perlen christlicher 
Malerei“ heraus. 


Ignaz Beth. Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck 1107 


Abb. 4. ALTARWERK IN HERSBRUCK-DELBERG 


erlernter Striche, wenn man von seinem frischen Landschaftsgefühl absieht, und auch 
der Zwickauer Altar der siebziger Jahre steckt noch in der alten Überlieferung — 
wieder abgesehen von der Farbengebung. Aber wenn Vischers trefflicie Beobachtung 
der „fast stechenden Blicke und der eingekniffenen Oberlippe in Zwickau, die einen 
naturwiichsigen Schatz von zäher Schaffenskraft verkiinden“,!) stimmt, so drängt sich 
hier, in diesem Hallerschen Altar der achtziger Jahre, 3 dem Beschauer eine An- 
sammlung von lebenswahren Typen entgegen, welche dann in den Seitenkapellen der 
Lorenzkirche (Katharinenaltar) und der Sebalduskirche, im Hallerschen Epitaph des 
Germanischen Museums, in Schwabadı — mit einer mathematischen Sicherheit wieder- 
kehren. Es ist immer die dünne feine Haut, die schmiegsam sich an das Knochen- 
gerüst der leidenschaftlich erregten, oder in asketishem Brüten verharrenden Männer 
legt, es ist die mollige Fettschicht in den Frauengesichtern mit ihrem züchtig ver- 
schämten Blick, es ist überhaupt ein nicht zu verkennendes tiefes Innenleben, das wir 
hier wahrnehmen, und welches vermöge einer eigentümlichen psychischen Potenz sich 
wohl vom gestaltenden Künstler, von seinem hageren, grausam durchfurchten Antlitz 
auf die von ihm geformten Porträtköpfe, etwa eines Perckmeister (Germanisches 


1) Vischer, Studien zur Kunstgeschichte, S. 394. 
2) Retberg datiert ihn 1486, 


1108 - Monatshefte für. Kunstwissenschaft 


Museum),*) oder der heiligen (porträtierten) Bischöfe der mannigfachen Predellen über- 
trägt (Cosmas und Damian des Peringsdörffischen, Johannes des Schwabacher, die 
Evangelisten des Feuchtwangener usw. (vgl. Abb.) Die Wucht seiner Persönlichkeit ist 
es wohl, die ihr Lasten auf dem Kunstbetrieb zweier Generationen zu erklären vermag. 

Wolgemuts weitberühmte Werkstätte mußte eine faszinierende Anziehungskraft 
auf die ganze Künstlerschaft üben, wenn eben Künstler von ausgeprägter Individualität 
sih dazu verstanden, in seinem Atelier, auch an untergeordneter Stelle zu wirken. 
Es mußte eine Ausnahme sein, wenn in Nürnberg oder der Umgebung ein größerer 
Altar an einen anderen Meister in Auftrag vergeben wurde; und auch dann mag 
wohl die Tradition das Werk mit dem großen Meister in Verbindung gebracht haben. 

Ein Beispiel eines derart zähen Festhaltens am Wolgemutschen Ursprung bietet 
der Hersbrucker Altar. War es auch Dörnhöffer erst, der entschlossen die ganze 
Folge aus dem Werke des Meisters ausgeschieden hat,*) so ist nicht zu vergessen, 
daß schon Vischer vor 20 Jahren außer dem „Tode Mariae“ nichts Eigenhändiges 
daran gelten lassen wollte und in diesem einzig schönen Gemälde sich veranlaßt 
fühlte ein ,Aufrauschen voller Inspiration, einen Moment der Entbindung vom Banne 
seiner (Wolgemuts) Natur zu sehen, so daß man hier fast an einen Einfluß oder Anteil 
eines hervorragenden Gehilfen — etwa seines jungen Lehrlings Dürer? — annehmen 
möchte.“ Freilich deutete Dörnhöffer diese Diskrepanz in anderer, ja umgekehrter, 
Richtung um, doch dürfte seine Beweisführung überzeugend genug sein, um das 
Resultat festzustellen: „Was an den Hersbrucker Bildern mit Wolgemuts Bildern über- 
einstimmt, ist Gemeingut der Nürnberger Zeitkunst.“ Nicht abzuweisen aber ist die 
Annahme etwa einer verschollenen Predella mit Wolgemuts eigenhändigen Darstellungen; 
dann würde man vielleicht eine neue Analogie zu den oben erwähnten und somit 
eine Erklärung für die traditionelle Benennung haben. 

Bei näherer Prüfung des Altars bestätigt sich der erste Eindruck, daß die 
innersten Flügel, der „Tod Mariae“, und „Anbetung der Hirten“ von derselben Hand 
sind, wie der Passionszyklus, Qualitätsunterschiede in der Ausführung zugestanden. — 
Obgleich Thodes vorgefaßte Meinung von dem Meister, dem zwar eine „anmutig vor- 
nehme, empfindungsvolle Frauengestalt“ zuzumuten war, keineswegs aber „so furcht- 
bare Karrikaturen, solche bösartige Verbrechergesichter wie die der Schergen“, eine 
stilkritische Wertung verdunkelt, so steckt doch in dieser Gefühlsäußerung eine richtige 
Beobachtung; denn wenn audi Wolgemut ganz gräuliie Schergenfratzen auf dem 
Gewissen hat: solche wie die Hersbrucker hat er nie gemalt, richtiger gesagt, hatte er 
nie malen können. Es sind eben andere Menschen und es dünkt mich, man kann gut 
ohne die Thodesche Verdammung mitzumachen, sie mit Dörnhöffer einem anderen 
Meister zuweisen. Die Charakteristik, die er von dem Künstler gibt, scheint mir sehr 
zutreffend, erwähnt aber nicht einen Unterschied, den ich für sehr wichtig, ja aus- 
schlaggebend halte. Wolgemuts Gesichter, teilweise auch Gestalten, entfalten sich, 
gehen auf in der Fläche. Ihre Gesichtszüge leben von der Linie, die den Ausdruck 
bestimmt und darin ist er Meister, wenn auch ein einseitig begabter. — Die 
| 1) Mit einem „W“ bezeichnet. 

?) A. a. O., S. 45. 


Ignaz Beth. Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck 1109 


Abb. 5. Passionsfolge im Bayr. National-Museum 
Ecce Homo D 


Lippen verzerrt meist eine nervös zuckendé Grimasse, die Nasenflügel sehen gekniffen 
aus, die Augenbrauen gewinnen erheblidı an Ausdrucksfähigkeit und was dergleichen 
sonst im einzelnen von Vielen bereits bemerkt wurde. Nun ist aber der Hersbrucker 
Meister in erster Linie ein Plastiker, der im Gesichte Augenhöhlen als solche betont, 
Nasen als schmale Grate, Lippen als Wulste, Finger als Stäbe behandelt. Von diesem 
Standpunkt aus wird Dôrnhôfiers Bemerkung von „der Stellung der Figuren im 
Raume, die selten klar zum Ausdruck kommt“, eher verständlih. Man lasse eben ja 
nicht aus den Augen den Raum selbst, in dem die Geißelung, Dornenkrönung usw. 
vor sich gehen. Es sind meist weite Hallen, Teile umfangreicher Baukomplexe, die 
vielfach überschnitten, perspektivisch ferngerückt, dem Vorgang eine, bei Wolgemut 


1110 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


unbekannte, Resonanz verleihen. Und auf den Treppen tummeln sich erregte Volks- 
haufen, Berittene und Hofleute, zierlihe Balustraden krönen Bogenreihen — es ist 
ein Raumgefühl hier, freilim ein ganz anderes, als bei Meister Michel. (Abb. 3.) — 

In feiner Erkenntnis dieses Abstandes der beiden Künstler, wenn auch ohne 
Präzisierung, spricht Vischer von „Gesellenarbeit“, die nicht auf Wolgemuts Rechnung 
zu setzen sei. — Man kann jene bärtigen Henker und ihr Treiben kaum besser 
bezeichnen als durch wortliche Anführung dieses trefflichen Passus'):.. . 

„Jene linkischen, halb stockenden, halb fahrigen Bewegungen, welche für sich 
betrachtet, geradezu tölpelhaft wirken, jenes Durcheinander dünnbeiniger Menschen: 
gestelle, jenes vielfache Zickzack und Gehäcksel von gekrümmten Gliedern, eckigen 
Falten, knickbeinigem Schieben und StoBen wunderlichster Manier, so daß sich der 
moderne Mensch in einen Anlauf steifgefrorener Bauern und rappelköpfiger Spitäler 
versetzt wähnen kann.“ 

Nicht unerwähnt möchte ich noch die besondere Art der Baumzeichnung lassen, 
die das Gewächs als Ballen auffaßt, im Gegensatz zu den vielfach variierten, — das 
Gerüst der Äste gern bloßlegenden — Wolgemutschen Baumschematen. (Abb. 4.) 

Daß die Eigenart des Meisters, einmal klar erkannt, auch in anderen Gemälden 
aufzufinden sein müßte, sprach schon Dörnhöffer aus; auf seine Andeutungen näher 
einzugehen, muß ich mir versagen, da ich das Angeführte nur teilweise kenne. Da- 
gegen glaube ich mit Berechtigung eine andere stattlihe Bilderfolge dem Meister 
zuschreiben zu können. Es ist dies ein Gemälde-Zyklus des Bayrischen National- 
Museums (Nr. 354, 355, 356, 357, 360), der mit noch zwei anderen (Nr. 358 und 359) 
anscheinend von einem Altarwerk stammte! °) 

Es sind dies: 1. Gefangennahme Ghristi (Rückseite: Spuren einer Reliefdarstellung; 
2. Zacharias im Tempel (R. Christus am Ölberg); 3. Dornenkrönung (R. Taufe Christi); 
4, Geißelung Christi (R. Namengebung des Johannes); 5. Ecce homo (R. Spuren einer 
Reliefdarstellung mit der alten Beischrift: Enthauptung).*) (Abb. 5.) Gleicher Herkunft 
wie die ersten vier und zweifellos von demselben Altarwerk sind noch zwei Szenen 
(358 und 359) aus der Kilianslegende. 

Was die Übereinstimmung dieser Gemälde — deren Beschreibung im Katalog 
nachzusehen ist — mit den Hersbrucker Tafeln für den ersten Blick bestimmt, ist 
eben jene obengenannte Art der Auffassung, die sich in der Modellierung kundgibt, 
dann die mannigfachen Durchblicke und die Vorliebe für komplizierte Architekturen, 
ferner die lebhafte, bunte Färbung (mit Goldgrund). Verwirrend, auch irreführend 


') A. a. O., S. 595. 

2) Die Beziehung zum Meister des Hersbrucker Altars wird in dem 1908 erschienenen Katalog 
des Bayr. Nat.-Museums (von Voll, Braune und Buchheit) kurz vermerkt. Unabhängig von den 
Katalogisierungsarbeiten unterzog ich im Sommnr 1907 sowohl diese Bilder, als auch die Hers- 
brucer, die sih damals zur Restaurierung in der alten Pinakothek befanden, einer eingehenden 
Untersuchung, dank dem Entgegenkommen des damaligen Konservators, Prof. Voll, dem ich an 
dieser Stelle dafür meinen verbindlichsten Dank sage. | 
` 3) Zu dem letzteren Bild bemerkt der Katalog (dem ich die Titel entlehne), daß es, wenn 
audi später erworben, „sich stilistisch wie inhaltlich gut in die Reihe der andern einfügt“, was 
audi teilweise vom Inventar (1822) bestätigt wird. 


Ignaz Beth. Wolgemuts Gehilfen in Feuchtwangen und Hersbruck 1111 


Abb. 6. Passionszyklus im Bayr. Nat.-Museum 
Dornenkrönung Christi O 


könnte die Umsetzung der Hersbrucker Breitformate in Hochformate sein, da sie eine 
gedrangte Kompositionsart bedingt; daß der Meister trotz der Beschränkung seiner 
eigenen Art Rechnung trug und auf die wogenden Menschenmassen in weiten Hallen 
nicht verzichten wollte, zeugt für eine stark ausgeprägte Individualität — oder 
Schulung. — Die Einzelbetrachtung fördert überraschende Ahnlichkeiten zutage, deren 
einige stichprobenweise hier angeführt sein mögen: 

Die Ecce homo zeigen beiderseits genau dieselbe Stellung Christi, dieselbe 
Bein- und Armform, auch die nächsten Begleiter stimmen genau überein, ebenso die 
Geißelung, nur gegenseitig, auch der Ölberg u. dgl. — Die Typen erscheinen in 
München um einen Grad roher und wilder als in Hersbruck, was zum Teil auf die 
geringere Qualität zurückzuführen ist. (Abb. 6.)') — 


1) Für die Überlassung des Cliches zur Reproduktion bin ich dem Direktor des B. Nat. 
Museums, Herrn Dr. Hager zu Dank verpflichtet. 


1112 Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Ob das Münchner Altarwerk später oder früher als das Hersbrucker entstanden 
ist, wage ic nicht zu entscheiden; dafür fehlen mir sichere Anhaltspunkte. Wohl 
aber drängt sich mir die Vermutung auf, daß der Meister kein richtiger Franke war, 
oder zumindest zur bayrischen Kunst des ausgehenden Jahrhunderts Beziehungen 
hatte. — Die wuchtige Art der Charakteristik, das jahe Zugreifen und die scharfen 
Blike der Männer, die reihe Raumentfaltung, das findet man in den bayrischen 
Bildern dieser Zeit mehr, denn wo anders. Ich verweise auf die Gemälde des von 
den Herausgebern des Katalogs neu entdeckten Jan Pollack, der sich in den zitierten 
Eigenschaften nicht genug tun kann, im besonderen auf die dort abgebildeten Nr. 53 
„Geißelung des heiligen Paulus“ und Nr. 54 „Christus vor Pilatus“. Auch er weiß 
eine vielköpfige Menschenmenge realistischer zu geben, als viele seiner Zeitgenossen ') 
und erzielt mit seiner satten Färbung ebenso dekorative Wirkungen, wie jener 
Hersbrucker. 


1) Ob er Pole war, oder nur polnischen Ursprungs, wie Voll vermutet, mag dahingestellt 
sein — und ist irrelevant. 


- Studien und Forschungen 


EIN KOLNER HOLZBILDHAUER AUS 
~- ROMANISCHER ZEIT ` 


Von Wilhelm Vöge 


Es sei gestattet, hier auf den romanischen 
Engel des Kaiser-Friedrih-Museums zurück- 
zukommen, den ich kürzlich in den Berichten 
erwähnte.:) Er ist vom Merkwürdigsten, was 
an Holzplastik aus dieser Zeit erhalten blieb; 
typisch, doch mit erdigem Beigeschmack, mit 
bäuerlihem Anflug in den betonten Backen- 
knochen, dem lustig geschwungenen Profil (Abb. ` 
1 u. 2). Dieses ist besser beobachtet als die 
Vorderansicht des Kopfes, wie häufig im Mittel- 
alter, besondersi m gotischen. Mit seinem feinen 
Gefühl für die Linie faßte es die Silhouette eher 
und eichter als die Face: wofür eine Fülle 
überraschender Beispiele an französischen 
Kathedralen zu finden wäre. 

Die Statue ist — bis auf verlorene Teile — 
so wohl erhalten als liebevoll ausgeführt. Wie 
gut die Füße waren! Man kann es allerdings 
nur an dem rechten, auch nur am Originale 
sehen. Unter dunkelrotem Anstrih kam die 
ursprilnglihe Bemalung zutage: weißes Ge- 
wand, weißer Mantel mit goldenen Bordüren. 
Das lichte Gewand läßt — wie das Thronen — 
an einen Engel vom Grabe Christi denken, ent- 
sprechend Mathäus c. 28 v. 3: erat vestimen- 
dum eius sicut nix. Anscheinend für die Profil- 
ansicht nach rechts geschaffen (wie auf Abb. 2), 
wandte die Gestalt sich den von dort kommen- 
den Frauen zu. Sie mag von einem „heiligen 
Grab“ sein. 

Was noch zu klären wäre: die Frage nach 
dem Entstehungsort. Die Fährte zu weisen, 
erscheint um so notwendiger, als die Herkunft 
der Figur von Schloß Miltenberg bei Aschaffen- 
burg, wie ich glaube, in die Irre leitete, nicht 
am Main, sondern am Niederrhein, in der Köl- 
ner Gegend, findet sich Verwandtes. Ja, die 
thronende Maria, die ich hier abbilde (Abb. 3), 
ist der Berliner Statue so ähnlich, daB beide 
nicht nur aus einer Gegend, daB sie aus einer 


1) Amtliche Berichte a. d. Kgl. Kunstsammlungen, 
Berlin, April 1908. 

2) Die fehlenden Flü-el, die rechte Hand, das Szepter 
und der vorstehende Teil des linken Daumens waren 
aus besonderen Stücken gearbeitet. 

3) Die Reproduktion nach einem mir gütigst von 
Paul Clemen zur Verfügung gestellten Blatt des rheini- Abb. 1 
schen Denkmälerardivs; eine gute Aufnahme des Bild- e 


Holzstatue O 
werks existiert meines Wissens nicht. Kaiser Friedrim- Museum Berlin 


1114 Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


Abb. 2. Detail 


Kiinstlerhand zu stammen scheinen. Man sehe 
das Kopfoval, sein Zusammenschwinden nach 
oben, die betonten Wangen. Die Augen, 
ehrli und nachdenklich zugleich, sind groß 
aufgetan und liegen doch wie unter schweren 
Lidern. Die Nase, langgezogen und schwach- 
rückig, der schmale, gepreBte, weltfremde Mund, 
die überlegen emporgenommenen Brauen sind 
wie bei dem Engel; auch das Gewand, die im 
Bogen laufenden Falten vor der Brust der 
Mutter, unter ihrem rechten Knie; der Treppen- 
saum ihres Mantels, die geplätteten Langfalten 
links ihres rechten Fußes, die feingeriefelten 
Faltenpfeifen ihres Untergewandes'), die sich, 
zu dreien und vieren, zwischen und seitlich der 
Füße finden. Bei dem Kinde vergleiche man 
auch die Szepter haltende Faust, die geschlossen 
auf dem linken Knie ruht, u. a. m. 

Die Madonna, die jetzt im Kloster Hoven 


1) Auf der Abbildung ist die eng u wahrzu- 
nehmen, dagegen wohl an dem Rocke Chri 


im Kreise Euskirchen bewahrt wird’), stammt 
aus der Kapelle von Marsdorf bei Frechen 
im Landkreise Köln. Aus dieser Gegend 
und — wie gesagt — wahrscheinlich von 
demselben Meister wird also auch der Ber- 
liner Engel sein. 

In der stilvollen Strenge der Falte er- 
innern diese Arbeiten an die nordfranzö- 
sische Plastik aus der Mitte und zweiten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts, an die Archi- 
voltenfiguren der Chartreser Westportale 
etwa.*) Der nordfranzösische Archaismus — 
glaubte man früher — werde wegen seiner 
streng nationalen Sonderart über die fran- 
zösischen Grenzen nicht viel hinausgedrungen 


1) E. Renard, Die Kunstdenkmäler des Kreises 
Euskirchen. Düsseldorf 1900. S. 93, Taf. VII. 

°?) Renard setzt die Madonna in die erste Hälfte 
des 12. Jahrhunderts; zu friih. 


Abb. 3. MADONNA IN KLOSTER HOVEN 


Studien und Forschungen 


Oxford Michelangelo 42 recto 


sein. Doch gibt es verschiedene Zeugnisse für 
seinen Einfluß auf die Kunst der Nachbarländer, 
in Navarra z. B. (Sa Maria La Real in San- 
guésa); ja, er scheint in weite Ferne gewirkt 
zu haben, auf Schweden, wie Johnny Roosval 
darzulegen bemüht ist. 

Ob unsere Kölner Holzstatuen Absenker der 
groBen französischen Schule oder nur inter- 
essante Parallelen sind, bliebe zwar noch zu 
untersuchen. 


8 


STUDIEN ZU DEN MEDICIGRABERN 


Von Julius Baum 


Im folgenden möchte ich auf vier Studien 
zur Architektur der Medicigräber hinweisen, die 
den fleiBigen Forschungen Burgers und v. Gey- 
muellers entgangen sind. 

Es handelt sich zunächst um zwei Zeich- 
nungen, die einen bisher unbekannten Typus 
des einsarkophagigen Wandgrabes darstellen. 
Die eine befindet sih im Brit. Mus. unter 


Photo University Galleries Oxford 


Nr. 1895. 9. 15. 507 (früher Malcolm Collection 
Nr. 70). Sie ist 0,185 m hoch, 0,180 m breit 
und mit der Feder gezeichnet. Schon Berenson 
hat sie unter Nr. 1527 der Drawings erwähnt, 
aber irrtümlich für eine Studie zur Architektur 
der Laurenziana gehalten. 

Sie gibt den Aufriß eines einsarkophagigen 
Grabes mit Sockel und einem Hauptgeschosse, 
das durch untergeordnete Gesimse nochmals in 
einen unteren und oberen Stock geteilt wird. 
Daneben befinden sich zwei Grundrisse, von 
denen der untere dem HauptgeschoB in Gesims- 
höhe zu entsprechen scheint, links unten eine 
Variante des Aufrisses mit Doppelpilastern. 

Sockelunterbau mit zwei für eine rechteckige 
Nishe Raum lassenden Verkröpfungen, vor 
welcher der ganz schlichte Sarkophag steht. Auf 
den breiten Sockelverkröpfungen erheben sich 
je zwei Säulen, zwischen sich Raum für je eine 
untere Nische und ein oberes Wandfeld lassend. 
In der Mitte unten tiefe, etwa quadratische 
Nische, oben kleineres, wiederum quadratisches 
Wandfeld. Ganz außen rechts und links noch 
zwei halbrund geschlossene Nischen. 


Digitized by Google 


1116 


Die Zeichnung lehnt sich im System noch ein 
wenig an das Triumphbogenmotiv an, wie es 
die Blätter im Brit. Mus. 1859. 6. 25. 545 oben 
und 1859. 6. 25. 559 zeigen. DaB es sich um 
‘eine Studie für die Medicigräber und nicht für 
die Laurenziana handelt, lehrt der Sarkophag. 
Zu der Zeichnung in der Casa Buonarroti, Cor- 
nice 3, Nr. 104, Frey, Handzeichnungen, Tafel 95, 
besteht keine Beziehung. 

Mit dieser Zeichnung verwandt ist das Blatt 
in der Casa Buonarroti Cornice 28, Nr. 46. Es 
ist 0,141 hodı, 0,145 m breit, und gleichfalls mit 
der Feder gezeichnet. 


Die Verwandtschaft erstreckt sich vor allem 
auf das System des Aufbaues. Auch hier ist 
eine breite Mittelnische, von schlanken Seiten- 
feldern eingefaßt. Während aber auf dem Lon- 
doner Blatt die horizontale Scheidung in einen 
unteren und einen oberen Aufbau trotz der Vor- 
herrschaft der Vertikalen stark betont ist, tritt 
sie hier zurück; die Vertikale herrscht fast un- 
umschränkt. Demgemäß ist die Mittelnische nicht 
in ein unteres und oberes Feld geteilt, und auch 
in den Seitenfeldern tritt diese Scheidung weniger 
hervor. 

Interessant ist hier der später wieder völlig 
aufgegebene Versuch, den Sarkophag über 
den Sockel empor, bis in die unteren Teile der 
Wandarchitektur zu rücken. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Eine wesentlich fortgeschrittene Entwicklung 
des einsarkophagigen Grabmals läßt die Zeich- 
nung Nr. 42 recto der University Galleries in 
Oxford erkennen, die wegen ihrer Inschrift 
spätestens 1524 zu datieren ist; vgl. Robinson, 
Critical Account, S. 53. Breite 0,165 m, Höhe 
0,130 m. Lapis. 

Vor einem ungegliederten Sockel Sarkophag 
von noch sehr schlihter Form mit schrägen 
Deckeln. Darüber architektonischer Aufbau, drei- 
fach gegliedert, doch ohne die in den späteren 
Entwürfen und in der Ausführung sich finden- 
den Pilaster. In der Mittelnische, die wag- 
recht geschlossen ist und durch 
Rahmen auf Konsolen eingefaßt 
wird, eine sitzende Gestalt, stark an 
den Giuliano anklingend; nur ist 
der recite Arm noch nicht so tief 
gesenkt wie an der ausgeführten 
Figur. Die Seitenfelder gleidıen 
denjenigen des bekannten Entwur- 
fes im Brit. Mus. 1859. 5. 14. 823 
recto, der überhaupt wie eine 
weitere Ausführung der Oxforder 
Skizze anmutet. Doch kann ich auf 
dem Oxforder Blatte gerade die 
Architekturzeicinung nicht für eigen- 
händig, sondern nur für Werkstatt- 
arbeit halten. 

Einer der bedeutendsten bisher 
unpublizierten Entwürfe für das 
zweisarkophagige Grabmal be- 
findet sich gleichfalls in den Uni- 
versity Galleries, und zwar unter 
Nr. 40, Berenson Nr. 1566. Er ist 
0,420 m breit, 0,255 m hoch und 
in Feder ausgeführt. Das Blatt, 
früher in der Casa Buonarroti, ent- 
hält 4 Aufrisse und 6 Grundrisse. 

Die wichtigsten Zeichnungen 
rechts oben. Die eine zeigt vor 
einem schlichten Sockel zwei Sarkophage mit 
dreieckigen Aufsätzen. Darüber dreiteilige Archi- 
tekturwand, Mittelnische auf hohem Postament, 
von einer Säulenordnung umrahmt, eine Attika 
tragend. Rechts und links über Postamenten je 
zwei Nischen, von stehenden Figuren erfüllt. 
Das Ganze horizontal geschlossen. Rechts unten 
zwei zugehörige Grundrisse. 

Diese Zeichnung mutet wie das Original an, 
nach dem die Schulzeichnung im Louvre, 111 
verso, Berenson Nr. 1729, 1735 gefertigt wurde. 

Der Entwurf links davon zeigt eine Ver- 
änderung des Aufsatzes. Die Mittelnische, ohne 
Attika, reicht bis zum Kranzgesims. Das Posta- 
ment ist niederer. In der Nische eine sitzende 
Gestalt, am ehesten als Madonna zu deuten. 


Studien und Forschungen 


1117 


Seitlich ebenfalls nun eine, größer gewordene 
Nische, mit Attika darüber und gleichfalls Sitz- 
figur. Darunter Grundriß. 

Die Zeichnung ist elne Weiterbildung der 
trefflichen Studie Brit, Mus. 1859. 6. 25. 545 verso, 
Berenson Nr. 1496 und steht in der Mitte zwi- 
schen ihr und der Zeichnung auf der Vorderseite 
jenes Blattes. 

Die anderen Entwürfe des Oxforder 
Blattes gehören gleichfalls in den Zu- 
sammenhang mit den beiden Londoner 
Zeichnungen. — 

Die übrigen in den Kreis der Me- 
dicigräber gehörigen Oxforder Blätter 
werde ich in Kürze in größerem Zu- 
sammenhange veröffentlichen. Die Ox- 
forder Sammlungen, University Gal- 
leries und Christ Church Library be- 
herbergen außerordentlich bedeutende, 
noch ungehobene Schätze. Sidney 
Colvins großartige Publikation hat 
nicht einmal den Rahm völlig abge- 
schöpft, und es wäre dringend zu 
wünschen, daß sie trotz der hohen 
Kosten fortgesetzt würde. 


8 


EIN BILDNIS DES VINCENZO 
CAPELLO 
Von Emil Schaeffer 


Unter den vielen Porträts, die Paolo 
Giovio, der Bischof von Nocera, in 
seiner Villa am Comersee zu einem 
vielbewunderten „museo“ vereinigt 
hatte, befand sich auch ein Bildnis des 
venezianischen Patriziers Vincenzo Ca- 
pello, der ohne sonderlichen Erfolg 
die Armada der Republik gegen Cheir- 
Eddin Barbarossa befehligt hatte. 
Trotzdem wurde der Sieglose zum 
Prokurator der Serenissima gewählt 
und als er anno 1541 als 72jähriger Greis starb, ge- 
schah dies „totius civitatis moerore“.1) Sein Bild- 
nis im „Museum Iovianum* war ohne Zweifel nur 
eine Kopie, sonst hätte der Besitzer des Porträts in 
der Lobrede, die er „sub effigie Vincentii Cap- 
pelli schrieb,*) mit freudigem Sammlerstolz auch 
den Namen des Malers nicht verschwiegen. 


1) S. seine Grabschrift in S. Maria Formosa bei 
Francesco Sansovino: ,Venetia, città nobilissima etc.“ 
Venetia MDCXXXI, Pi 10f. (Der Name Capello wird, 
sogar von dem némi chen Schriftsteller, bald mit einem 
und bald mit zwei „p“ geschrieben 

*) S. Pauli lovii elogia viroruia bellica virtute illu- 
strium. Florentiae MDCI, p. 289. 


CRISTOFANO DELL’ ALTISSIMO 


Das Original, von dem Giovio, seiner leidigen 
Gewohnheit gemäß nichts berichtet, ist heute ver- 
schollen und selbst die Kopie ist uns, abgesehen 
von dem schlechten Holzschnitt Tobias Stimmers 
in der Baseler Ausgabe der Elogien,!) nur durch 
ein Brustbild Cristofanos dell’ Altissimo bekannt, 
der ja für Cosimo I. von Toscana fast die ganze 
Sammlung Paolo Giovios kopiert hatte. Also 


VINCENTIVS CAPPELL 


Florenz, Uffizien 


nur die Kopie einer Kopie! Aber selbst die 
schlechteste Übersetzung kann dem Werk eines 
Dichters nicht alle Schönheit rauben, und vor 
dem mühseligen Machwerk des Altissimo drängt 
sich dem Betrachter sofort der Name jenes Ge- 
waltigen auf die Lippen, der in seinen Bild- 
nissen geistige Souveränität mit einem hodh- 
entwickelten Standesbewußtsein zur wunder- 
barsten Einheit so verschmolz, daß all seine 
Modelle wie durchglüht von einem höheren 


1)S.Musaeilovianiimagines.Basileae Anno MDLXXVII, 
Blatt 60. 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


1118 
Lebensgefühle, wie Bezwinger des Alltags 
erscheinen. Ein solcher deucht auch dieser 


stahigepanzerte Admiral und darum dürfen wir 
getrost auf das Original dieses Porträts jenes 
Lob beziehen, das Pietro Aretino in einem 
Briefe an Nicolo Molino dem Bildnis des Vin- 
cenzo Capello von Tizian spendet: ... „ve- 
dendo, come lo stile di Titiano, ha mirabilmente 
ritratto il mirabile Vincenzo Capello: non mi 
son’ potuto tenere di non farci suso il seguente 
sonetto...“ das Poem, das dieserEinleitung folgt, 
ist leeres Wortgetöse, aber die Beschreibung des 
Porträts, die es schuldig bleibt, schenkte uns mehr 
als hundert Jahre später Carlo Ridolfi in seinem 
„Maraviglie dell’ arte“): In der Galerie des Herrn 
Senator Dominico Ruzzini befindet sich — heißt 
es da — „il ritratto di Vincenzo Cappello Ge- 
neral di Mare, in arme brunite, tocche con 
belle osservationi di lumi, nelle quali riflette il 
manto purpureo, che gli attraversa alle spalle, 
affibiato co’ globbi d'oro celebratissimo per il 
soggetto, e per l'Autore“... Diese Schilderung 
paßt in allen Punkten auf das Brustbild der 
Uffizien; nur die „belle osservationi di lumi“ des 
Originales, das wohl ein lebensgroBes Kniestück 
war, darf man bei Altissimo nicht suchen. Ob 
wir sie am Porträt Tizians noch einmal werden 
bewundern können? Chi lo sa. Vielleicht exi- 
stiert es noch irgendwo unerkannt, „incognito“ 
im doppelten Sinne, und eines Tages lesen wir, 
in einem Orte, der zwischen Sidney und Spitz- 
bergen liegt, sei Tizians Bildnis des Vincenzo 
Capello aufgefunden worden. 


2 


ADDENDA UND ERRATA ZU MEINEM 
GIOTTINO-BUCH. 


Da ih während einer neulich vorgenomme- 
nen Studienreise Gelegenheit hatte einige Werke 
zu sehen, die in meinem vor zwei Jahren ge- 
schriebenen Giottino-Buch hätten erwähnt werden 
sollen, die mir aber wegen ihrer sehr versteckten 
Aufbewahrungsorte nicht früher bekannt wurden, 
so will ich sie hier als ein Komplement zu 
meinem Buche vorfiihren. 

Völlig unbekannt in der älteren wie in der 
neueren kunstgeschichtlichen Literatur, dürften 
sie doch zu den wertvollsten Resten der floren- 
tiner Trecentokunst gehören, die bis jetzt un- 
publiziert blieben. 


!) Lettere di Pietro Aretino. In Parigi MDCIX, II. Bd., 

189 (tergo). Das Datum des Briefes (Weihnachten 1540) 
gibt oe di das Entstehungsdatum des Bildes. 

$ i, „Le maraviglie dell’ arte“. In Venetia 
MDCXLVII, lt p. 181. 


Um diese Malereien zu sehen, muB man auf 
das Dach eines der Seitengebäude der floren- 
tiner Badia hinauf und von hier aus durd ein 
Loch in der alten Kirchenmauer in einen halb- 
dunklen Bodenraum klettern, der zwischen dem 
späteren, niedrigen und dem alten, hohen go- 
tischen Gewölbe einer Seitenkapelle entsteht. 
(Bekanntlidı wurde die Badia um 1625 im Innern 
völlig umgebaut.) 

Die Kapelle liegt auf der Fassadenwand 
gegen Via Proconsolo, rechts vom alten Chor 
(wenn wir uns in der Kirche gegen die Fassade 
wenden) und also links von dem später aus- 
gebauten, jetzigen Chor. Wie mir durch meinen 
geschätzten Freund Dr. Poggi, Direktor des 
gegenüberliegenden Nationalmuseums, dem ich 
auch den Hinweis auf diese Fresken verdanke, 
mitgeteilt wurde, befand sich der ursprüngliche 
Eingang zu der Kirche in der Via Dante, also 
an einer Seitenwand, und die kurze Fassaden- 
wand war wahrscheinlich durch drei hohe, kreuz- 
gewölbte Kapellen, von denen die mittlere als 
Chor diente, geteilt. 

Die Kapelle rechts von diesem Chor scheint 
dem S. Bartolommeus geweiht gewesen zu sein; 
wenigstens stellen einige der Freskofragmente, 
die hier noch hoch oben erhalten sind, Geschichten 
aus seiner Legende dar. 

Auf dem ersten Fragment sehen wir nur 
einen Mann, der, auf einem hohen Balkon stehend, 
nach unten blickt. Dann folgen auf der Fassaden- 
wand an beiden Seiten des gotischen Fensters 
dramatische Darstellungen, Martyrszenen o. dgl. 
Obwohl unvollständig erhalten, sehen wir nodi 
deutlich auf beiden einen knienden Heiligen und 
hinter ihm zwei stehende Männer, die ihn mit 
heftigen, ausholenden Gebärden anfallen. Der 
Heilige ist jedenfalls auf dem zweiten Bild 
S. Bartolommeus, denn derselbe Mann wird 
dann in einer folgenden Darstellung geschunden. 
Wir können nicht mit Bestimmtheit sagen, 
welches Moment aus der Legende des S. Barto- 
lommeus dieses Fresco dargestellt hat, aber man 
möchte am ehesten glauben, daß der kniende, 
im Gebet versunkene Heilige hier durch die 
Diener des Königs Astyages gegriffen wird. 

In der folgenden Szene wird er jedenfalls, 
wie gesagt, lebendig geschunden. Es ist dies 
die best erhaltene und auch stilkritisch inte- 
ressante Malerei. Mitten in dem Bilde ist der 
Heilige an einen Pfeiler gebunden: Drei Männer 
sind mit dem Schinden beschäftigt, zwei ziehen 
die Haut von den Ärmen ab und der dritte, 
kniende, trennt sie mit einem großen Messer auf 
den Beinen ab. Links steht der Büttelhaupt- 
mann in orientalishef Tracht, mit hoher, spitzer 
Mütze, hinter ihm ein zweiter Mann, und an 


Studien und Forschungen 


1119 


der anderen Seite eine Gruppe von Zu- 
schauern. 
Diese Zuschauergruppe bietet durch die 


Typen die nächsten Analogien zu Giottinos | 


bekannten Fresken. Das volle Oval mit der 
geraden Nase und dem kleinen Munde und dazu 
die ziemlich groBen, runden Ohren kennen wir 
besonders aus Giottinos Fresken in der Capella 
Bardi in Sta. Croce. Zum Vergleich sollte man 
besonders den Kaiser und seine umstehenden 
Hofleute in dem Auferweckungs-Fresco heran- 
ziehen; es sind ganz dieselben Leute wie in 
dieser Martyrszene, nur anders gekleidet. Auch 
ihre Stellungen in Ganz-Profil oder Ganz-en face 
bezeugen die Identität des Meisters. Die zwei 
langbärtigen Büttel mit groBen, gebogenen 
Nasen sind den alten Männern in dem Stier- 
wunder-Fresco in Capella Bardi ganz ähnlich. 
Denselben Typ findet man ja auch bei dem 
kräftigen Augustinermöndh, der unter der groBen 
Kreuzigung im ehemaligen Kapitelsaal von Sto. 
Spirito steht. Es sei schlieBlici auch auf ihre 
etwas steifen Bewegungen hingewiesen; sie 
geben uns dasselbe Gefühl von Bedächtigkeit, 
das wir auch sonst aus Giottinos Werken er- 
halten haben. 

Die übrigen erhaltenen Figuren in diesen 
Fresken erinnern am meisten an den Soldaten 
in der groBen Sto. Spirito-Kreuzigung. Sie 
haben schmale Gesichter mit spitzigem Schnurr- 
und Spitzbart, stark markierten Augenbrauen 
und scharf heraustretenden Nasen. . Sehr deut- 
lit sieht man diesen Typus bei dem Manne, 
der sich über den knienden Bartolommeus beugt. 

Von den Medallionbildern in den Fenster- 
laibungen sind nur ein paar vollständig erhalten. 
Das eine zeigt einen alten, nach unten blickenden 
Propheten (im Brustbild), der ein älterer Bruder 
des S. Sylvester in den Bardi-Fresken genannt 
werden kann, sein Gesicht ist von derselben 
würdevollen Schönheit, die uns überhaupt bei 
den alten Männern mehr als bei irgendwelchen 
andern Figuren in Giottinos Fresken gefesselt 
hat. 

Kurz gesagt, Typen, Hände, Ohren, Be- 
wegungen und Stellungen sind in diesen Fresken, 
die noc in ihrem ruinierten Zustande einen 
würdevollen dekorativen Eindruck machen, derart, 
daB sie Giottinos Autorschaft klar hervortreten 
lassen. In den zwei besterhaltenen sieht man 
auch noch eine monumentale Hintergrundsarchi- 
tektur, wie sie sonst in Giottinos späteren Fresken 
üblich ist. 

Es dürfte auch aus dem Gesagten hervor- 
gehen, daB diese Frescodekoration wahrscheinlich 
zwischen den Malereien im ehemaligen Kapitel- 
saal von Sto. Spirito und denen in der Capella 


“widklungsgang zu bestätigen. 


Bardi ausgeführt wurde, sie bildet eine sehr 
wertvolle stilistische Verbindung zwischen diesen 
Fresken und ist folglich auch sehr geeignet, 
unsere früheren Darlegungen von Giottinos Ent- 
Halten wir uns 


an die urkundlich und stilistisch beglaubigte 
Datierung derBardi-Fresken (um 1367), so dürften 
wohl die Badia-Fresken gegen Mitte der sech- 
ziger Jahren anzusetzen sein. Sie gehören Giot- 


Abb. 1. GIOTTINO. Szene aus der Legende des 


S. Bartolommeus Badia. Florenz 


tinos bester Zeit an, und sind wahrscheinlich in 
ihrem ursprünglichen Zustand von höchstem 
dekorativen Wert gewesen. 


x e * 

Zwei kleine Bilder, die wohl in meinem Buche 
erwähnt sind, aber nicht unter Giottinos Namen, 
seien hier noch in aller Kürze besprochen. Es 
sind die kleine Krönung Mariä in der Galleria 
Corsini inRom und das damit eng zusammen- 
hängende Triptydıon mit mehreren Passions- 
darstellungen im Museo Cristiano Vaticano. 
Ich habe beide in meinem Buche mit Frage- 
zeichen in die Liste der Werke Giovanni da 
Milanos aufgenommen und dabei sogar be- 
sonders gesagt, daß diese Bilder zusammen mit 

73 


1120 


Abb. 2. GIOTTINO. S. Bartolommeus wird geschunden 


drei Predellenstückchen im Museo Cristiano eine 
besondere Gruppe bilden, in der „Giovanni nicht 
sehr deutlich hervortritt“. Leider hatte ich die 
Bilder damals seit langem nicht gesehen, als ich 
nun neulich Gelegenheit hatte, sie wiederzusehen, 
wurden nicht nur meine Zweifel an Giovannis 
Autorschaft bestärkt, sondern es wurde mir auch 
klar, daß Giottino der Meister dieser kleinen 
Hausaltärchen gewesen sein muß. Es bedarf 
freilich einer sehr genauen Kenntnis von Giot- 
tinos Kunst, um seine Hand in den fast minia- 
turenhaft kleinen und ziemlich schlecht erhaltenen 
Figuren in diesen Bildern zu erkennen. Die 
oben genannten drei Predellenstückchen des 
Museo Cristiano (Schrank D. 6.—8.) sind so 
schlecht erhalten, daß sie überhaupt schwerlich 
einem bestimmten Meister gegeben werden 
können; bei den beiden anderen aber ist eine 
stilistisch begründete Attribution möglich. 

Die Krönung in der Galleria Corsini, die 
früher Ambrogio Lorenzetti, dann von Dr. Suida 
dem Giovanni da Milano gegeben wurde, zeigt 
eine interessante Raumkomposition der Art, wie 
Giovanni sie nie versucht, aber Giottino sie immer 
angestrebt hat. Der Thron, auf dem Christus 
und Maria einander zugewandt sitzen, ist ziem- 
lich hoch gestellt und möglichst weit nach hinten 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Badia. Florenz 


geschoben: ein Eindruck, der besonders dadurdı 
erreicht wird, daB die herumstehenden Heiligen 
in einen nach vorne herausgezogenen, ellip- 
tischen Kreis gestellt sind. Die alte Attribution 
an Ambrogio Lorenzetti ist sehr verständlich, 
denn es ist eben diese Art Tiefenkonstruktion, 
die er zuerst in seinen Bildern ausprägt, und 
die dann (wie in unserem Buche nachgewiesen 
wurde) von Giottino aufgenommen wurde. Die 
Gestalten sind kräftig und von weit besseren 
plastischen Qualitäten, als Giovanni da Milano 
sie je erreichte; ihre Typen, besonders die der 
alten Männer, sind dieselben, die wir aus Giot- 
tinos früheren florentiner Fresken (in der Capella 
Strozzi in Sta. Maria Novella) kennen. Die 
jungen, bartlosen Heiligen finden sich ähnlich 
auf den Bildern bei Ing. Corsi in Florenz und 
Comm. Sterbini in Rom. Die Krönung ist aber 
wahrscheinlich ein etwas reiferes Produkt als 
diese; sie zeigt Giottinos charakteristische Be- 
strebungen sowohl in bezug auf Raumkompo- 
sition wie in der Figurmodellierung weiter ent- 
wickelt. Vielleicht dürften wir annehmen, daß 
sie während Giottinos römischem Aufenthalt ge- 
malt wurde? 

Das Hausaltärchen im Museo Cristiano Vati- 
cano (Schrank D. 1.) ist ein weniger glückliches 


Studien und Forschungen 


1121 


Abb. 3. GIOTTINO. Detail aus der Schindung des S. Bartolommeus 


O 


Werk, auch ist seine Erhaltung eine ziemlich 


schlechte. Auf dem Mittelbilde sind übereinander 


das letzte Abendmahl und die Kreuzigung dar- 
gestellt. Die Komposition ist stark zusammen- 
gedrängt. Der Meister hat sich in dem kleinen 
Raum nicht zu recht gefunden; seine Figuren sind 
zu steif und zu massiv für solche miniaturen- 
hafte Darstellungen. In dem Abendmahl hat 
er versucht, durch den in zwei Winkeln ge- 
brochenen Tisch etwas Tiefenwirkung in die 
Komposition hineinzutragen. Auf beiden Flügeln 
sind vier Passionsszenen dargestellt, rechts 
Christus in Getsemane, der Judas-Kub, Christus 
vor Pilatus, die Dornenkrönung; links Christi 
Verspottung (die Kleider werden abgerissen), 
die GeiBelung Christi, die Kreuztragung, die 
Pieta. Hier ist der Raum noch enger, der Künstler 
hat folglich noch größere Schwierigkeiten gehabt 
seinen steif bewegten Figuren Platz zu bereiten. 

Die drei Predellenstückchen (D. 6—8) mit 
Darstellungen aus dem Leben der Maria Magda- 
lena gehören, wie gesagt, derselben Richtung 
an, aber sind so stark restauriert, daß wir sie 
nicht mit Bestimmtheit für Giottino in Anspruch 
nehmen möchten. 


* * 
* 


Badia. Florenz 


Zu den CEuvre-Katalogen, die in meinem 
Giottino-Buch publiziert sind, möchte ich hier 
noch folgende Addenda hinzufügen: 


Taddeo Gaddi. 


Dijon, Museum: Geburt Christi. Schönes 
kleines Predellenstük in Taddeos allerbester 
Qualität. Frühwerk. 

Castel fiorentino, Sta. Verdiana: GroBe 
sitzende Madonna. Spätwerk, beschädigt. Ich 
verdanke Dr. Poggi den Hinweis auf dieses Bild. 
(Die Natività in Boston möchte ich als Schul- 
bild betrachten.) 


Andra Orcagna. 


Florenz, S. Stefano a Ponte Vecchio: 
S. Peter; stehende Frontfigur in orangegelbem 
Mantel. Schließt sich den drei Heiligen in der 
National Gallery nahe an. Als Gegenstück zu 
diesem Bilde hängt in der Sakristei ein S. Do- 
menicus von einem älteren Künstler. 


Nardo di Cione. 
Florenz, Uffizien, Magazin: Christus 
am Kreuz, Maria und Johannes. Gut erhaltenes 
Bild mittlerer Größe. 


Abb. 4. GIOTTINO. Martyrszene (? ) 


Ingen. A. Corsi: Darbringung im Tempel. 
Predellenstück. 


Paris, Louvre: Nr. 1313. Der Tod des 
S. Bernhard (oder S. Benedikt). Predellenstück, 
das sich dem schönen Bilde bei Mr. Berenson 
nahe anschließt. 


Id will in diesem Zusammenhang euch be- 


tonen, daB das, was sonst neuerdings Nardo di 
Cione zugeschrieben worden ist, nach meiner 
Überzeugung von ihm nicht herrühren kann, so 
z. B. hat er sicher nicht die kleine Geburt Maria 
in Taylor Museum in Oxford gemalt, die neulich 
als ein Frühwerk Nardos, von Dr. Suida er- 
wähnt wurde. Das Bildchen ist um 1375—80 
zu datieren, es ist eine Arbeit Jacopo di Ciones 
schon unter Einfluß des Gerini.') 


Jacopo di Cione. 


Florenz, Mr. Herbert Horne: Das Martyrium 
der Quattro Coronati. Interessantes Bild mit 
vier Aktstudien. 

Oxford. Taylor Museum, Nr. 3. Geburt 
Mariä. Predellenstück. 


z A Vgl. Repertorium für Kunstwissenschaft: XXXI. 3. 


GIOTTINO. Profil 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Badia. Florenz 


Paris, Dr. Widal: Madonna, von vier 
Heiligen umgeben, alle in Kniestück. Das Mittel- 
stick wird mit einem Spitzgiebel, die Seiten- 
stücke mit Rundbogen abgeschlossen. 

Jacopo hat wahrscheinlich auch in mehreren 
Werken aus Niccolo di Pietro Gerinis Atelier 
mitgearbeitet, so z. B. könnte die Frescodeko- 
ration der Capella del Capitolo in S. Felicitä in 
Florenz genannt werden. Nur wenig Anteil 
dürfte er an dem Bilde der Taufe Christi in der 
National Gallery (Nr. 579) gehabt haben, das 
wir unter seine Werke aufnahmen. 


Giovanni da Milano. 


Bonn, Museum: Christus und Maria. Frag- 
ment einer kleinen Krönung Mariä. Ici ver- 
danke Dr. O. Wulff die Photographie dieses 
Bildchens. 

Paris, Coll. Martin Le Roy: Maria mit 
dem toten Christus auf ihren Knien. 


Agnolo Gaddi. 


Paris, Coll.Spiridon: Zwei Szenen aus der 
Legende des S. Eligius. Predellenstücke, aus 
der Toscanelli-Sammlung stammend. 

Pontedera, Cav. Masi: Madonna in natür- 


Studien und Forschungen 


1123 


liher Größe und zwei Heiligenszenen in der 
Predella. Schönes, großes Bild. 

Aus den Katalogen der Werke Antonio Vene- 
zianos und Spinello Aretinos müssen gestrichen 
‘werden: die Antonio zugeschriebene „Ungläubig- 
keit des hl. Thomas“ in den Uffizien (das Bild 
gehört einem späteren Meister) und die zwei 
Heiligen aus Spinellos groBem Altarwerk für 
Monte Oliveto, die sich nicht — wie mir durch 
einen Kunsthistoriker angegeben wurde — in 
Köln befinden. Wohin sind sie aber jetzt ge- 


kommen? Osvald Siren. 
g 


‘ ZU WOLF HUBER 
Von Philipp M. Halm 


' Authentische Nachrichten über den Passauer 
Maler Wolfgang Huber, dem sich nach Wilhelm 
Schmidts Lüftung der Anonymität des Mono- 
grammisten W. H.!) neuerdings durch die Ar- 
beiten von Voss?) und Riggenbach *) das Inter- 
esse zugewandt hat, fließen außerordentlich spär- 
lim. Riggenba hat das Wenige sorgfältig 
zusammengetragen und durch eine Notiz in einem 
Passauer „Hofratsbücl“ von 1542 vermehrt. +) 
(K. Studienbibliothek in Passau.) Dieser Eintrag 
betrifft die Bestätigung Wolf Hubers als Hofmaler 
des Bischofs Wolfgang I. von Passau, für den, wie 
Voss durch stilistische Vergleiche nachgewiesen hat 
und StiaBny*) durch heraldische Belege bestätigte 
Huber das schöne Bild der Kreuzesallegorie im 
Wiener Hofmuseum gemalt hat. Wenn wir 
von Bezeichnungen auf den Gemälden und gra- 
phischen Blättern Hubers absehen, bleiben uns 
schlieBlich nur die bekannte Vertragsnotiz über 
den Annabruderschaftsaltar in Feldkirch von 
1515,°) die Voss, Riggenbach und Stiaßny fälsch- 
lidierweise mit dem Feldkirer Beweinungs- 
bilde von 1521 in Zusammenhang brachten‘) 


.) Repertorium für Kunstwissenlchaft XVI (1893), S. 148. 
Voss, Der KREE des Donaustils 1906. 
3) Riggenbach, Der Maler und Zeichner Wolfgang Huber. 
+) Die „Hofratsbüchl“ sind die Sitzungsprotokolle des 
bischöfl. passauischen Hofrats; sie SEH en sich z. T. in 
der Studienbibliothek in Passau, z. T. im K. Kreisarchiv 
zu Landshut. 
Monatshefte für Kunstwissenschaft I (1908), S. 422. 

D Zuerst von Wilhelm Schmid wieder veröffentlicht 
(Repertorium XVI [1893], S. 148). 

*) Die Unstichhaltigkeit dieser Annahme habe ich in 
der ,Christiihen Kunst“, München V 1908, Heft 3, einge- 
hend nach ewiesen; ebendort habe ich eine Reihe anderer, 
die Huberfrage berührender Irrtümer richtig zu stellen und 
vornehmlih auch die von Voss ausgesprochene und von 
StiaBny (Monatshefte fürKunstwissenschaft I [1908], S. 424) 
übernommene Anschauung zu widerlegen versucht, daß 
die Werke des von mir in die Kunstgeschichte eingeführten 
Bildhauers Matthäus Kreniß (Die christl. Kunst I [1904/1905], 
S. 1 Werke eines Bruders Wolf Hubers seien. Für 
dessen Falten? fehlt uns aber jedes authentische Beweis- 
materia 


und die von W. M. Schmid publizierte „Suppli- 
cation gemaingelih maister und gesellen des 


handwerdis der maller pildschnitzer und glasser 


zu Passau“ von 1542, welche sich gegen Wolf 
Huber richtete, weil er, ohne das Bürgerrecht 
zu besitzen, mit etlichen Gesellen und Lehrknaben 
gearbeitet und der Zunftordnung in verschie- 
denen anderen Punkten nicht entsprochen hatte.') 
Diese spärlihen archivalischen Nachrichten 
lassen sich nun durch zwei weitere vermehren.?) 
Die erstere ein mit flüchtiger Feder geführter, 
schwer leserlicher Protokollvermerk, geht der 
Bestätigung Hubers zum Hofmaler und der Sup- 
plikation um ungefähr zwei Jahre voraus und 
findet sich im ,Hofratbiichl* von 1540 (K. Kreis- 
archiv Landshut) unter dem 13. Februar, wie 
folgt, eingetragen: Statrichter übersendet die 
acta in causa Hannsen Schirlinger maler gsöl 
contra Wolfgangen Hueber: Ist beschloBen. 
Khan und mag Hans Schirlinger zu stab seiner 
vollführten weisung einen eid zu gott und den 
heiligen schweren, daB der Hueber jme on 
seinen verdienten lidion, soviel als in seinem 
geschriebenen (?) gemeldet, schuldig ist, soll von 
jme angegeben werden. Wird alsdann der 
Hueber jme denselben ausstand sambt jme in 
dieser sach aufgeloffenen expensen nodi ge- 
richtlicher tax zu bezallen schuldig sein.“ Über 
den weiteren Verlauf der Streitsache läßt sich 
dem ,Hofratbücil“ nichts entnehmen, Huber hat 
sih also wohl dem Urteil unterworfen. 
Ungleich wichtiger ist die zweite Nachricht, 
da sie uns das bisher unbekannte Todesjahr 
Wolf Hubers angibt. Sie ist vorgetragen in 
dem „Hofratbücl“ für das Jahr 1553 (K. Studien- 
bibliothek Passau) unter Freitag, den 7. Juli, 
und betrifft die Vormundschaft über die Kinder 
Hubers. Sie hat folgenden Wortlaut: Weilland 
M. Wolfgangen Huebers gewesten Hofmalers 
nachgelassne khinder betr. Am heutfigen) dato : 
seien auf H. Thamas von Preising supplierung 
und meines genedigen fürsten und herrn gene- 
digen bevelch von Iren f.g. hirczue verordnete 
räth zw hof jn der canzlei erstgemeldeter Prei- 
sing, des etc. obgedachten M. Wolfgang Huebers 
nachgelassene wittib, desgleichen M. Lucass 
Praitinger schreiner und M. Hans Stümpl hof- 
schneider, bede burger alhie, erschienen, welchen 
beden jtz gemelten M.Lucassen und M. Hansen 
angezaigt worden, warumben sie anjetzo hieher 
beschiden waren, nemblichen, das jrer f. g. gne- 
dig begern seie, dhweil obgedachter Preisinger 
sie bede zu gerhaben?) mergedachts huebers 
Ri Repertorium für Kunstwissenschaft X XIV(1901), S. 390. 
ch verdanke den giitigen Hinweis H. Domkapitular 
Dr. H. L. Krick in Passau. 


3) Gerhab = Vormund, vgl. SE Baye- 
risdies Wörterbuch I (1872), 


1124 


seligen nachgelassene khinder benent hette, das 
sie demnach solche gerhabschaft berurter khinder 
aber (= über) sih nemen und die zum treu- 
lichisten versehen und verwalten wolle; welche 
gerhabschaft sie bede dan iren f. g. zu vnder- 
thenigen gehorsam nit gewaigert sondern hier- 
mit also guetwillig angenem und bej jren phlich- 
ten und handgegebenen treuen zuegesagt und 
angeluebdt haben, disen jren jezt bevolhenen 
phlegekhindern nuzen und frumen jn allem und 
jedem neben gemelter wittiben alss muettern 
und den obgemelts Preisingers als testamenta- 
rien schaffen, betrachten und handlen wollen 
wie treuen phlegsvattern ze thun gebuert. Dar- 
neben ist jnen auch anzaigt worden, was sie 
bede gerhaben khünfftig je bej weillen merers 
berichts in diser jrer jetz bevolhenen gerhab- 
schafft notturfftig sein wurden, hette man mit 
Hieronimussen Sinzin mauttnern geredt, der 
hette sich guetwillig erpotten, jnen jederzeit 
nach seinem verstand doch an (= ohne) ainiche 
weittere beladung der gerhabschafft hilflichh und 
beistendig zu sein, welcher dan also zu aller- 
seits mit gehorsamen erpieten und dankh an- 
genommen und derohalben auf morgen frue 
sambstags die inuentur jn jr aller bejsein fir 
die hand zu nemen verordnet und bevolhen 
worden. Sedentem herrn official Truebmpacher 
und doctor Reichart. 

Man darf dem Protokoll entnehmen, daB 
Wolfgang Huber wohl nur wenige Tage vor- 
her, also in den ersten Tagen des Juli 1553 ge- 
storben ist. Bisher hat man auf Grund der 
Zeichnungen in Wolfegg, Prag und Pest 1542 
als die letzte sichere Zeitgrenze für Huber an- 
genommen, womit sich auch der obenerwähnte 
Eintrag im Hofratbüdil des gleichen Jahres 
deckte. StiaBny hat dann kürzlich (a. a. O.) auf 
eine Zeichnung von 1544 in der Albertina hin- 
gewiesen. Nach dem nunmehr gesicherten Todes- 
datum läßt sich aber noch eine fast zehnjährige 
Tätigkeit annehmen, über die wir zunächst noch 
gar nichts wissen. In erster Linie dürfte nach- 
zuprüfen sein, ob die drei nach 1544 datierten 
-Handzeichnungen, die Riggenbach als Huber ab- 
lehnt — eine Landschaft von 1548 in Erlangen, 
eine gotische Stadt mit Türmen von 1545 und 
eine Burg am FluB von 1549, beide in Pest, 
nicht doch dem Passauer Maler zuzuschreiben 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


sind, wie dies für die beiden letzterwähnten 
Wilhelm Schmid schon längst (Repertorium XIX 
[1896], S. 121) angenommen hat. 


2 


ZUM PORTRAT PALLADIOS VON 
LICINIO 
Von Campbell Dodgson 


Im Oktoberheft dieser Zeitschrift, S.915, be- 
spricht Fritz Burger ein angeblich verschollenes 
Porträt Palladios von Bernardino Licinio, das 
aus dem Nachlaß des Konsul Joseph Smith in 
Venedig für die Sammlung Königs Georg Ill. 
erworben wurde. „Das Gemälde soll in den 
Besitz des Königs von England gekommen 
sein. Doc ist es heute in den königlichen 
Galerien nirgends nachweisbar.* Ohne die um- 
strittene Frage des Geburtsjahres Palladios er- 
örtern zu wollen, kann ich nicht umhin, darauf 
aufmerksam zu machen, daB das Gemälde, nadh- 
dem es eine zeitlang in Kew Palace aufbewahrt 
worden war, sich heute in Windsor Castle be- 
findet und im zweiten Band vom Prachtwerk, 
„The Royal Collection of Paintings*, Heinemann, 
London, 1906, mit Text von Lionel Cust, sehr 
gut in Photogravure reproduziert ist. Die In- 
schrift, welche Cust für ganz echt erklärt, wird 
so deutlich wiedergegeben, daß jeder Zweifel 
am genauen Wortlaut ausgeschlossen ist. Sie 
lautet B. LYCINII. / OPVS. / ANDREAS. / 
PALADIO. / A. | ANNOR’. / XXIII. | M. D. XLL /. 
Also ganz wie im obenerwähnten Artikel ab- 
gedruckt, mit dem Zusatz von „A.“, welches nur 
ARCHITECTVS bedeuten kann. Der Darge- 
stellte sieht übrigens vollkommen wie ein 
Zwanzig-, nicht DreiBigjähriger aus. In der 
Rechten hält er MeiBel und WinkelmaB, die 
wohl als Abzeichen seines Berufs als Steinmetz 
und Architekt aufzufassen sind. Das Bild spricht 
also unzweideutig für das spätere Datum der 
Geburt Palladios, welches Burger aus anderen 
und zwar anscheinend triftigen Gründen be- 
zweifeln will. Ich bin nicht imstande, den Wider- 
spruch zu lösen. Der Zweck dieser Zeilen ist 
nur der, die Aufmerksamkeit der Forscher auf 
die Publikation des Porträts in Windsor zu 
lenken. 


er5 529 


EIN OFFENER BRIEF 


Der Direktor der Bremer Kunsthalle schreibt 
unter dem 17. November: 


Sehr verehrter Herr Dr. Biermann! 


Lassen Sie mich gestehen, daB ich mit einer 
an Bestürzung grenzenden Überraschung den 
Artikel über den präsumtiven Leiter der 
Nationalgalerie in den Kunstwissenschaft- 
lichen Monatsheften, Heft 11, gelesen habe. Ja, 
wenn er noch in der Norddeutschen Allgemeinen 
Zeitung gestanden hätte! Aber in Ihrer vor- 
trefflichen Zeitschrift durfte man schwerlich er- 
warten, jene oft gehörten Einwände wieder- 
zufinden, die eine nicht ganz uninteressierte 
Polemik als Waffen gegen Hugo von Tschudi 
zur Hand zu nehmen pflegt: seine „Vorliebe für 
die modernen Franzosen“, die Vernachlässigung 
„anerkannter deutscher Künstler“, der Hinweis 
auf die „Gründungsakte der Nationalgalerie“. 
Dergleichen Schlagworte taugen trefflich für eine 
Agitationsrede im Schoße der allgemeinen deut- 
scien Kunstgenossenschaft und man weiß, was 
man sich dann dabei zu denken hat. Die übri- 
gen Kunstfreunde indessen, die einigermaßen 
informiert und weniger materiell interessiert 
sind, wissen es doch, daB jene Franzosen, die 
Tschudi in die Nationalgalerie eingeführt hat, 
die Millet und Manet und Renoir und wie sie 
heißen, heute nur noch insofern modern ge- 
nannt werden können, wie man im allgemeinen 
von einer modernen Geschichte oder von einer 
modernen Literatur spricht. Im übrigen sind sie 
als historische Größen, deren Bedeutung durch 
keine Landesgrenzen beschränkt wird, von der 
kultivierten Welt einmütig anerkannt. In diesem 
Sinne verdienen sie es, vielmehr klassisch als 
in mißverständliher Anwendung des Wortes 
modern genannt zu werden. — Und grade des- 
wegen, weil diese Meister auch für die Ent- 
wicklung der deutschen Kunst von einer unbe- 
streitbaren, entscheidenden Bedeutung gewesen 
sind, haben sie ein Anrecht darauf, in der 
Nationalgalerie vertreten zu sein. MuB man so 
oft — audı von Tschudi selber — Wiederholtes 
noch einmal sagen? 


Wenn ferner an die Gründungsakte der 
Nationalgalerie erinnert wird, an ihre Bestim- 
mung, „der deutschen Kunst“ zu dienen, so 
darf nachdrücklich betont werden, daB dieses 
nicht etwa ganz dasselbe heißt wie „der deut- 


SS RUNDSCHAU: 


_Zsszomnnmnses 


IR SC) 


schen Kinstlershaft“ dienen. Beispielsweise 
wäre es für die materielle Unterstützung un- 
serer Künstler sehr erwünscht, daß von mög- 
list vielen deutschen Malern möglichst viele 
Bilder angekauft würden, während damit der 
Kunst, ihrer Förderung und Pflege schwerlich 
gedient wäre. 

Wenn man sich also darüber einigen darf, 
daB es für die Nationalgalerie nur auf die 
maBgebenden, die tüchtigsten und besten 
Künstler ankommt, so wird es schwerlich zu 
leugnen sein, daß gerade für diese Tschudi 
nicht wenig geleistet hat. Unter seiner Leitung 
haben beispielsweise Schadow, Krüger, Blechen, 
Gärtner, Waldmüller, Menzel, Leibl, Schuch, 
Trübner, Klinger eine ganz andere, angemesse- 
nere Vertretung in der Nat. Galerie gefunden, 
als sie ihnen früher eingeräumt war. Er und 
kein anderer ist es gewesen, der grade die 
ältere Berliner Schule ins rechte Licht ge- 
rückt hat. Allerdings fehlen noch mande 
„anerkannte Künstler“, beispielsweise aus Ber- 
lin gleich Corinth und Slevogt; und Leistikow 
ist mit einem Bilde, übrigens einer Schenkung, 
kaum genügend vertreten. Auc von Lieber- 
mann erwartet man mehr zu sehen. Doch glau- 
ben Sie, daf an diesen Unterlassungssünden 
Tschudi die Schuld trägt? 

Nein, darin werden Sie mir gewiß zustimmen, 
daß man allenfalls diese oder jene Einzelheit 
der Verwaltung Tschudis bemängeln könne, nicht 
aber seinen Geschmack und nicht seinen Charakter, 
namentlich nicht seinen Charakter! 

Kenner der alten Kunst und geschmackvolle 
Sammler der neuesten Kunst haben wir ja 
schlieBlich nicht wenige in Deutschland — wenn- 
gleich die Zahl derer wahrlich gering ist, die 
beides zugleich sind. Noch seltener aber dürfte 
ein Mann gefunden werden, der an einer ex- 
ponierten Stellung als hoher Beamter seine wohl 
begründete Überzeugung so freimütig und stand- 
haft wie Tschudi vertreten hat, der sein besseres 
Wissen nie verleugnet hat — unter vielen An- 
feindungen nnd Intriguen und angesichts der 
offenbaren Ungunst des kaiserlichen Hofes. Eben 
diese Haltung ist es, die Hugo v. Tschudi die 
Sympathien von vielen Tausenden, auch auBer- 
halb seiner Berufssphäre erworben hat. 

Nun hören wir, daß die erneuerte National- 
galerie, das Lebenswerk Tschudis, dem Herrn 
Direktor Anton von Werner übertragen werden 
soll. Zu einer solchen Wahl ist im heutigen 


1126 


Deutschland unter den in Betracht kommenden 
Persönlichkeiten offenbar nur eine einzige im- 
stande — der Kaiser selbst. Daß unter diesen 
Umständen gewisse Kreise der preußischen 
Beamtenschaft auch in dem zunädhst beteiligten 
Stabe der königlichen Museen resigniert schwei- 
gen oder den allerdings schwierigen Versuch 
machen „to make the best of it, ist verständ- 
lit. Es scheint mir dagegen weder lòblich 
noch aus irgendwelchen politischen Ricksichten 
erwünscht zu sein, wenn sich eine solche Kon- 
nivenz auch auf jene Kunstgelehrten und Kunst- 
freunde erstreckte, denen durch ihr Amt nicht 
der Mund gestopft und die Hände gebunden 
sind. Besser wäre es, wenn aus diesen Krei- 
sen und aus der deutschen Presse ein einmü- 
tiger Protest erschélie, ein Appell von der 
schlecht informierten Majestät an die besser zu 
informierende Majestät, so laut, daß er nicht auf 
dem langen Wege bis an seine Adresse verhallte. 

Das Sachlihe an dieser Sache ist ja in einem 
Augenblicke zu erledigen und ernstlich kaum 
der Rede wert. Oder soll man wirklich die De- 
duktionen erneuern, die vor einem Menschen- 
alter Moriz Thausing gegen die Malerdirektoren 
von Gemäldegalerien ins Feld geführt hat? Sie 
sind doch längst als selbstverständlihe Wahr- 
heiten in das Bewußtsein der öffentlichen Mei- 
nung übergegangen. MuB man wirklich daran 
erinnern, daB grade der preußische Staat, in- 
sonderheit die preußishe Museumsverwaltung 
es waren, die mit veralteten Ansichten bei der 
Besetzung solcher Posten aufgeräumt haben? 
— Und nun wollte diese Museumsverwaltung, 
an deren Spitze ein allverehrter Meister seines 
Handwerks steht, sich selbst und ihre Vergan- 
genheit bis zu dem Grade verleugnen, daß sie 
es billigt, wenn die Nationalgalerie einem 
Maler ausgeliefert wird, der nur durch den 
Gegensatz bemerkenswert ist, in dem seine 
künstlerischen Leistungen zu seinen Ehren und 
Würden stehen, an einen Maler, der sich zu 
allem ÜberfluB noch als einen ganz besonders 
beschränkten und verbissenen Verkenner der 
Kunst seiner Zeit erwiesen hat? — Nein, Sie 
werden es verstehen, wenn ich auf so undisku- 
table Fragen die Antwort ablehne. 

Etwas anderes wäre es freilih, wenn man 
die Kandidatur Werners mit macchiavellistischer 
Taktik begünstigen wollte, um durch den sicher 
zu erwartenden Skandal den neuen Direktor ein 
für allemal unmöglich zu machen. — Doch selbst 
über diese Eventualität möchte ich mich lieber 
nicht verbreiten. 

Mit den besten Empfehlungen bin ich Ihr 


ganz ergebener Pauli. 
* 


* 
* 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Inzwischen sind uns die Ereignisse zuvor- 
gekommen. Geh. Rat v. Tschudi bleibt. 
Paulis Brief mag darum als das letzte un- 
zweideutige Wort, das in dieser bösen Affäre 
geschrieben worden ist, doppelt hoch bewertet 
werden. Er sprach als einer für viele. Aus 
allen Teilen Deutschlands sind uns nach dem 
Artikel des letzten Heftes von den Männern 
der Wissenschaft ebenso wie von hodistehenden 
Kunstfreunden Briefe zugegangen, deren ein- 
stimmige Überzeugung dahin ging, nie und 
nimmer, auch unter keiner nodı so denkbar 
günstigen Konzession dürfe einem Anton von 
Werner die Nationalgalerie überliefert werden. 

Dies audı an dieser Stelle offen zu betonen, 
halten wir nach dem Beitrag des letzten Heftes 
für eine Ehrenpflicht. B. 


8 


BERLIN 


Bericht aus den königlichen Museen. Im 
Novemberheft der ,Amtlichen Berichte* nimmt 
Bode zu der Frage von Roger van der Weydens 
sog. Reisealtar Karls V. im Kaiser Fried- 
rih-Museum Stellung. M. Gömez-Moreno 
hatte in der Gazette des Beaux-Arts einen 
Artikel über den Bilderschatz Isabellas der Ka- 
tholischen gebracht, der in der Sakristei des Doms 
von Granada bisher den Blicken der Meisten 
verschlossen war. Die dort aufbewahrte Ver- 
sion des Altares hat vor derjenigen in Berlin 
vieles voraus — außer künstlerischen Qualitäten 
wie feinerer Lichtstimmung, größerer technischer 
Freiheit und einzelnen ausdrucsvollen Köpfen 
vor allem die Herkunft, die sich bis auf die 
Königin Isabella zurückverfolgen läßt, also der 
Tochter Johann Il, dem Martin V. einst den 
Altar zum Geschenke machte. Der Berliner Altar 
erscheint hiergegen als eine Werkstattwieder- 
holung auf spätere Bestellung; dadurch erklären 
sidi die Härten der Ausführung wie die glatte 
und kleinliche Malweise. Keinesfalls ist er eine 
erst in napoleonischer Zeit gefertigte Kopie; 
Wahl der Farben und miniaturartige Durchbil- 
dung jedes kleinsten Detail, weisen vielmehr mit 
Bestimmtheit auf das 15. Jahrhundert. Auch ist 
es nicht zutreffend, wenn Crowe und Caval- 
caselle von starken Restaurationen sprechen; im 
Gegenteil ist die Erhaltung eine ungewöhnlich 
gute — der fast gänzliche Mangel an Krake- 
lüren hatte sogar mit am meisten zum Auf- 
kommen der Vermutung beigetragen, als sei der 
Berliner Altar ein relativ modernes Werk. — 
Interessant ist es, daß eine der Darstellungen, 
nämlich das Noli me tangere, in Granada fehlt; 


Rundschau 


1127 


die betr. Tafel wurde der Museumsverwaltung 
vor wenigen Jahren in einer Photographie an- 
geboten, ohne Angabe der Provenienz, was auf 
die Art ihrer „Erwerbung“ kein sehr günstiges 
Licht warf. 

Uber drei italienische Statuetten des 
Quattrocento berichtet F. Schottmüller. Die 
erste der drei Arbeiten, eine stehende Marmor- 
madonna, bei der die äußeren Umstände (zumal 
das Wappen am Sockel) für Siena sprechen, 
wird hier um so mehr interessieren, als sie mit 
einer in diesen Blättern (Heft 7/8) publizierten 
Madonna im Dome zu Torcello frappante Ahn- 
lichkeiten aufweist, die, wenn nicht an den 
gleichen Meister, doch wohl sicher an ein ge- 
meinsames Vorbild fir beide Statuetten denken 
lassen. 

Zwei dem Isaia da Pisa zugewiesene 
Apostelstatuetten bereichern die im Museum 
bisher sehr lückenhaft vertretene römische Quat- 
trocentoplastik um so glücklidter, als Werke 
dieser Art heute nur selten mehr in den Handel 
gelangen und die beiden neu hinzugekommenen 
besonders charakteristishe Werke ihrer Gat- 
tung sind. 


Das Kupferstichkabinett erwarb eine eigen- 
tamliche Zeichnung des Jacob Corneliez van 
Oostsaanen, mit einer Darstellung des Dogmas 
der Transsubstantiation. Friedlander hält das 
Blatt fir den Entwurf zu einer Bildtafel, nicht 
zu einem Mittelstick eines Flügelaltares. In 
kurzer Übersidit gliedert er andere Zeichnungen 
von Jacobs Hand der für Berlin erworbenen an 
und bereichert hierdurch unsere Vorstellung 
von dem Meister, für die Scheibler einst grund- 
egend war, nadı einer wichtigen Richtung hin. 


Kunstausstellungen. Die Saison dieses Win- 
ters wurde durch Ausstellungen der verschie- 
denen Salons mit vielseitigen Versprechungen 
eröffnet. Ungewöhnlich nach Inhalt und Art der 
Veranstaltung war die Belgische Ausstel- 
lung in der Sezession. Sie zeigte die von 
vielen Seiten beeinfluBte, letztlich denn doch 
sehr originelle Kunst des kleinen, aber überaus 
produktiven Landes in zahlreichhen, zumeist 
günstigen Proben, ohne andererseits ein ein- 
heitliches und zuverlässiges Bild der einzelnen 
Bestrebungen und Künstler zu geben. Von den 
älteren Meistern war Alfred Stevens nur 
einseitig vertreten; die anwesenden Gemälde 
gaben kaum Veranlassung, den Künstler in 
seinem ganzen Charme zu bewundern. Henri 
de Brackeleer entzükt da, wo er sich von 
den ihn inspirierenden alten Meistern, de Hoogh 
und varı Delft, am meisten entfernt; wenn er 


æ 


sich ihnen in sklavischer Abhängigkeit anschließt, 
wird der Abstand der selbstsicheren, fein ab- 
abgewogenen Vorbilder und ihrer gröberen, farbig 
verwässerten Nachahmungen besonders fühlbar. 

Vielleicht den stärksten Eindruck unter den 
schon „historiscı Gewordenen“ vermittelte Al- 
fred Verwée mit seinen Tierbildern, aus denen 
auBer wundervoller Beobachtungsgabe ein heut- 
zutage seltenes Kompositionsgefühl und ein 
sicherer Sinn für Monumentalität (auch in der 
Farbe) spricht. 

‚Von Félicien Rops waren Lithographien, 
Radierungen und Zeichnungen da, die ein auf- 
fallend zersplittertes Bild dieses einseitig be- 
deutenden Künstlers gaben. Die äußeren 
Schwierigkeiten, die sich der öffentlichen Aus- 
stellung Ropsscher Werke entgegenstellen, sind 
zu bekannt, um einer näheren Erörterung zu 
bedürfen. 

Auf die noch im Werden begriffene Kunst 
der Jüngeren einzugehen, liegt nicht im Pro- 
gramm dieser Blätter. Wer aber einen so 
durchaus gereiften, logisch herausgebildeten Stil 
wie Léon Frédéric und Eugène Laermans 
besitzt, hat in jedem Sinne auf Interesse An- 
spruch, selbst wenn die ausgeprägte Eigenart 
bis an: die Manier streift, wie ohne Frage in 
Frederics „Ruisseau“. Eugène Laermans ist 
ein Geistesverwandter Meuniers (der als Maler 
recht gut vertreten war); seine auBerordentlichen 
Fähigkeiten in der schlagenden, abgekürzten 
Wiedergabe einer Bewegung, machen ihn zu 
einem der monumentalsten Menschenbildner der 
zeitgenössischen Kunst — dabei verriet er sidı 
in einer kleinen, köstlich intimen und in starkem 
Maße bildmäBigen Landschaft zugleich als einer 
der eigenartigsten „Gestalter* von Stimmungen 
in-der Natur. 

Ein kurzes SchluBwort über die Plastik, 
die in dem Dreigestirn van der Stappen, 
Lambeaux, Victor Rousseau dom nur un- 
genügend vertreten war. Sehr glücklidı war 
die Auswahl Rousseauscher Kleinbronzen, deren 
eigentümliche stilisierende Tendenzen von fern 
an die jüngere Münchner Schule gemahnen, 
zumal da, wo das Figiirliche kunstgewerblichen 
Zwecken untergeordnet erscheint, Auch van 
der Stappens Kunst bedient sidi — in monu- 
mentalem Sinne — des Mittels starker Stili- 
sierung; seinen Fortsetzer in dieser Richtung, 
den geistreich-düsteren Georges Minne, konnte 
man leider nicht kennen lernen. 


Durch geschlossene Wirkung empfahl sich 
die Ausstellung von Werken Fritz von Uhdes, 
die im Salon Schulte veranstaltet worden war. 
Zwar fehlten namhafte Werke — kein Wunder 


1128 


bei einem Künstler, dessen beste Leistungen 
schon im Besitze der ôffentlihen Sammlungen 
sind —, aber der Überblick über die Entwicke- 
lung war doch ein fast lückenloser. Mehrere 
Gemälde vom Ende der siebziger Jahre, wie 
das „Irrlicht“, die „Bacchantin“, das „Reiterge- 
fecht“, zeigen Uhde, den damaligen Kavallerie- 
offizier, im Bann Hans Makarts und grenzen 
nodi nahe an das Dilettantishe. Doch macht 
Sich neben einem gewissen Hange zur Phan- 
tastik, zum Romantischen schon deutlich Uhdes 
besondere Beanlagung für das Malerische be- 
merkbar, die ihn wie von selber mit der Kunst 
Munkacsys in Berührung bringt, unter dessen 
Einfluß er bis etwa 1881 bleibt. 

Die Kenntnis LiebermannscherBilder erschließt 
dem von Paris heimgekehrten Maler neue 
Bahnen; doch hat er, der Sachse, ohne Zweifel 
nie den Fanatismus der Wirklichkeit besessen, 
der den Berliner Liebermann beseelte: sowohl 
das genrehafte Trommlerbild der Dresdner Ga- 
lerie wie der bei Schulte ausgestellte Leier- 
kastenmann (von 1883) weisen eine gewisse 
Weichheit, ein gemütlihes Moment auf, das 
dann immer stärker durchdringt und den Künstler 
auf das Gebiet des Religiösen hinüberführt. 

Als Schilderer des Neuen Testamentes hat 
er seine größten Triumphe gefeiert, wie er von 
anderer Seite die stärksten Anfeindungen ob 
seiner profanen Auffassungsweise erhalten hat. 
Ohne einem modernen Künstler verbieten zu 
wollen, die Bibel im Kostüm seiner Zeit zu 
sehen und zu malen, wird man doch ohne Frage 
von ihm erwarten dürfen, daB er Vorgänge, die 
an sich gleichgültig wären und in denen das 
Typische erst durch die künstlerische Behandlung 
herauszuheben ist, nicht so roh im Materiellen 
läßt, wie es in neuerer Zeit vielfach geschehen 
ist. Uhde selber hat eine zu feine und zuweilen 
selbst tiefe Empfindung, um dieser Gefahr zu 
erliegen, doch ist der Kreis der Gefühle und 
Aktionen, denen er gewachsen ist, nicht so weit, 
um ihm eine wirkliche geistige Durchdringung 
aller der Szenen zu erlauben, die er behan- 
deit hat. 

Ohne weiteres zustimmen wird man ihm in 
allen Darstellungen, in denen Kinder eine her- 
vorragende Rolle spielen. Uhde ist einer der 
verständnisvollsten unddifferenziertesten Kinder- 
darsteller des Jahrhunderts; und wenn er die 
kleinen Buben und die schüchternen Mädchen 
malt, die zu Christus kommen oder die Engel 
der heiligen Nacht, so wüßte ich nicht, wer es 
ihm hier gleichtäte. Den von großen Künstlern 
früherer Jahrhunderte wie Rembrandt so ge- 
liebten Abschied des Tobias hat er in einer 
Reihe von Bildern behandelt, in denen er von 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


einer sehr steifen Auffassung des Tobias als 
Jüngling der Biedermeierzeit hinübergelangt zu 
einer ganz naiven Schilderungsweise: Tobias ist 
ein kleiner abenteuerlustiger Knabe, der Engel 
ein lieblicher Spielgefährte, dem die alten ge- 
brechlichen Eltern ihren Liebling gern anvertrauen. 
Die beiden Spielgefährten gehen munter durch 
den Garten, während die beiden Alten von 
weiten noch nachschauen. Der Künstler hat 
hier den Legendenton wie wenige getroffen. 

Unzulanglich ist Uhde nach meinem Gefühl 
fast durchweg in den Szenen, wo es auf das 
Religiöse im eigentlichen Sinne ankommt. Seine 
„Predigt Christi* ist ein leeres Bild, das sehr 
unglicklihherweise in großen Verhältnissen ge- 
halten ist; die „Würfler um Christi Rock“ haben 
malerische Vorzüge, aber ein seelischer Ausdruck 
geht nicht — wie doch etwa bei altdeutschen 
Bildern — von ihnen aus; der „Grabtragung 
Christi“ fehlt gerade der überzeugende Ausdruck 
des Schmerzes — es ist eine gleichgültige, arme 
Sache. Ein Abendmahl zu malen, war nach den 
eindrucksvollen Gestaltungen dieses Themas 
durch verflossene, gläubigerere Jahrhunderte ein 
gewagtes Unternehmen; daß mit der traditio- 
nellen Symmetrie und der einfachen Darstellung 
des Tisches parallel zur Bildfläche gebrochen 
werden mußte, mag zugegeben werden, aber 
es würde anderer Kräfte als derer Uhdes be- 
dürfen, um trotzdem den symbolischen Charakter 
der Szene zu wahren. Mit blassem Rationalis- 
mus ist gerade hier keinesfalls auszukommen. 

Am wenigsten ausreichend ist der Künstler 
doch wohl gegenüber der Gestalt Christi selber. 
Das Modellhafte, das sich bei manchen seiner 
Personen geltend macht, wirkt hier mandımal 
direkt verletzend, wie in dem segnenden Christus 
von 1896, der dem Typus nach höchstens ein 
ungebildeter ideologisher Schwärmer scheint, 
während die Bewegung der erhobenen Hände 
vollends kraftlos und unsymbolisch wirkt. 

Diese Schwächen, die nicht für Uhde selber 
charakteristisch, sondern die durchaus in unserer 
Zeit begründet sind, mögen immerhin als gering 
gelten gegenüber dem, was seine Kunst im 
Malerischen bietet. So vielfach gebrochen durch 
fremde Einflüsse sie uns in ihrer Entwickelung 
erscheint, ein starker Instinkt für das Malerische 
geht durch alle Arbeiten Uhdes, wenngleich sie 
an Urspriinglichkeit und Frische hinter Lieber- 
mann weit zurückstehen und oftmals leicht an 
das Süße streifen. 

Gegenüber kritikloser Bewunderung, die sich 
vor dem lange vernachlässigten Künstler jetzt 
wieder breitmacht, sollten seine negativen Seiten 
nicht ganz verschwiegen werden. Als Führer 
zu religiöser Malerei kann er keinesfalls be- 


Rundsdau 


trachtet werden; für Unbegabtere als ihn liegen 
in seiner Richtung groBe Gefahren. DaB er 
selber von dem Wege wieder zurickgekommen 
ist, den er zwei Jahrzehnte lang begangen hat 
und in den Werken seiner letzten Jahre die 
„reine Malerei* — mit groBem Gewinn für ihn 
und uns — von neuem aufnimmt, ist sympto- 
matisch und berührt entschieden sympathisch. 
Es scheint so, als habe er selber ein Bewußt- 
sein der Grenzen gehabt, die ihm nach jener 
Hinsicht gezogen waren. In der Geschichte der 
modernen Malerei werden die meisten seiner 
religiösen Bilder eine Episode bleiben, ein Do- 
kument der eigentümlichen Seitenwege, die das 
religiöse Gefühl in der Neuzeit eingeschlagen 
hat — seine rein malerisch konzipierten Arbeiten 
sind ein sehr wichtiger und nicht zu übersehen- 
der Faktor in der Entwickelung der deutschen 
Kunst von älteren Bahnen zu den von den 
Franzosen gewiesenen neuen. 


Eine Sonderausstellung, die es mit der bei 
Schulte aufnehmen konnte, und die einem 
größeren Kreise sicherlidi Neueres und Über- 
raschenderes geboten hat, war die von Ge- 
maiden Wilhelm Busds im Künstlerhaus. 
Wer den Meister nur aus seinen (durch den 
Holzschnitt vergrdberten) Federzeicinungen 
kennt, den wird schon die Wahl der Sujets be- 
fremden. Besonders die entschiedene Vorliebe 
für das Landschaftlichhe. Eine tiefer gehende 
Betraditung zeigt aber doch unschwer die Zu- 
sammenhänge, die zwischen dem Zeichner und 
dem Maler bestehen: Busch besitzt eine eigen- 
tümliche, in seiner Zeit ganz einzige Fähigkeit 
das Bezeichnende in einer Erscheinung, sei es 
in einer Figur, sei es in einer Landschaft, mit 
einigen wenigen Pinsel- oder Federstrichen 
herauszuarbeiten. In seiner knappen Erfassung 
des Wesentlichen in einer Naturstimmung, in 
der sicheren, maleris mit ein paar kühnen 
Antithesen arbeitenden Komposition gemahnt 
er an die Niederländer des XVII. Jahrhunderts. 
Wer Adriaen Brouwers Landschaften kennt, 
dem können sie als nächstliegende Vergleichs- 
objekte genannt werden. Aber Busch ist in 
diesen skizzenhaften und doch so durchdachten 
und sicheren kleinen Bildern unabhängig, so 
sehr man ahnt, wie er „die Alten“ für sie stu- 
dert hat. Nicht die gleichzeitigen Mündhener 
Maler, sondern Ostade, Teniers, Frans Hals sind 
seine Gleichgesinnten; und entgegen der im 
Technischen so uninteressanten und einförmigen 
Malerei seiner Zeitgenossen vertritt er einen 
ganz abweichenden Standpunkt: in einem ein- 
zigen Pinselstrich, einer geistreichen technischen 
Idee liegt oft das Fesselnde eines Bildes. Nur 


1129 


wer selber dem künstlerischen Schaffen nahe- 
steht, kann Busch als Maler würdigen; wer ihn 
mehr unter historischem Gesichtspunkte ansieht, 
wird vielleicht bedauern, daB seine Umgebung 
so wenig geeignet war, die in ihm doch mehr 
sdilummernden Anlagen zu erwecken — jeden- 
falls darf man nicht vergessen, daB es der Ver- 
zicht auf den Maler war, der uns den Zeichner 
Busch erst eigentlich bescherte. Und bei aller 
Bewunderung für den Maler Busch kann ich 
doch nicht finden, daB dies ein schlechter Tausch 
gewesen sei. 


Ausstellungen, die nicht einem bestimmten 
Künstler, sondern einer abgegrenzten künstie- 
rischen Aufgabe gewidmet sind, fordern für ihre 
Zusammenstellung Wissen und Geschmack und 
verlangen vom Beschauer ein gewisses Ver- 
ständnis für künstlerische Aufgaben. Eine Aus- 
stellung moderner Stilleben zu veranstalten, 
war darum eine gleichermaßen gewagte und 
dankenswerte Idee. Zwar konnte das, was der 
Salon Cassirer zusammengestellt hatte, bei 
weitem nicht als genügende Repräsentation des 
modernen Stillebens gelten, aber daB das Thema 
gewissermaßen nur in einer beschränkten An- 
zahl von Variationen gebracht worden war, 
hatte ebenfalls seine Vorzüge. Einen Gegen- 
satz bot diese Ausstellung, der allein ihren Be- 
sud obligatorisch machte, sie zeigte die mo- 
dernen Franzosen und Deutschen Schulter an 
Schulter ringend. Über Manet, Monet,Renoir, 
Cézanne zu reden, möchte überflüssig scheinen, 
aber das Bild, das sich ergibt, wenn diese 
Meister in Leistungen nebeneinander zu stu- 
dieren sind, die unter einem bestimmten Ge- 
sichtspunkte ausgesucht sind, hat natürlich seine 
besonderen Schlaglichter: bei Manet kommt 
stark das unfehlbar Sichere in Ton und Linie 
zum Ausdruck, außer einer gewissen Niditern- 
heit (koloristischh) und Reizlosigkeit (komposi- 
tionell und linear); bei Monet im Gegenteil ein 
manchmal nur äußerer Reichtum, Gefühl für das 
Tastbare gewisser Gegenstände und ausge- 
sprochene Sprödigkeit gegen andere, immer aber 
eine gewisse Fähigkeit zu suggestiver Schilderung 
der Bewegung: ist ein Korb umgefallen, so 
scheinen die Apfel, die daraus fallen, noch im 
Rollen begriffen zu sein usw. Renoir ist ein 
ausgezeichneter Maler von Früchten mit pelziger 
Decke, aber im übrigen liegt ihm die Unter- 
scheidung verschieden beschaffener Oberflächen 
nicht; eine helle Tischdecke hebt sich bei ihm 
von einer Porzellanschüssel in keiner Weise ab. 

Ein besonderes Auge für das Stilleben, zu- 
mal für Früchte, bringt Cezanne mit. Seine 
Art, so einseitig sie in dem charakteristischen 


1130 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Farbauftrag, dem unbestimmten, diffusen Lichte 
ist, hat anregend im weitesten Sinne gewirkt; 
er wie noch mehr Vincent van Gogh haben 
dem Stilleben ein neues Ansehen verschafft, in- 
dem sie es zu einem selbständigen Genre um- 
schufen. Van Gogh zeigte die Ausstellung in 
einem Bilde mit Teeservice glänzend vertreten; 
die scharfe Konturierung, das harte Absetzen 
der Farbflächen gegeneinander wirkt für Augen, 
die sich an dem Nebelhaften Monets und Renoirs 
stumpf gesehen haben, wieder aufmunternd und 
mit faszinierender Gewalt. Vielleicht war es 
das bedeutendste Stück der Ausstellung. 

Unter den Deutschen waren mehr Vermißte 
als Anwesende. Von der Mündhner Schule gab 
nurSlevogt in zwei qualitativ sehr ungleichen 
Bildern einen Begriff; rein maleris war es 
vielleicht die größte Leistung, wie aus den ab- 
sicitsvoll unreinen grauen und ròtlimen Tönen 
eines gedeckten Tisches das leuchtende Blau 
eines samtgefütterten Futterals herausleuchtete. 
Hätte man seine, des jetzigen Berliners Arbeiten 
etwa neben dem bezaubernden Teerosen-Stilleben 
des verstorbenen Ph. Klein sehen können (das 
auf der diesjährigen Münchner Sezession aus- 
gestellt war), so wäre die gemeinsame Mündhener 
Schulung greifbar herausgesprungen, und man 
hätte in ein paar Bildern einen brauchbaren Be- 
griff von einer ganzen Gruppe bekommen. 

So aber blieb es bei einer fast ausschließ- 
lichen Vertretung der Berliner. Von Lieber- 
mann sah man einenFleischerladen mit staunens- 
wert gemaltem Fleisch, von W eiB einen duftigen 
Frühlingsstrauß und ein sicher gemaltes Tomaten- 
stilleben, von Fr. Rhein ein in seiner Spachtel- 
tedınik ebenso aparies wie malerisch glänzendes 
Teeservice, ferner von Breyer, Kardorff u. a. eine 
Reihe meist tüchtiger Arbeiten. 


Was die übrigen Salons bisher zeigten, war 
z. T. interessant, gehört aber kaum vor dies 
Forum. Auf die Aquarellausstellung der K. Aka- 
demie, die Kollektionen des Salons Gurlitt 
und den jetzt bei Cassirer gezeigten Nachlaß 
von Walter Leistikow kommen wir bei Ge- 
legenheit zurück. H.Voss 


8 


FRANKEURT a. M. 


In der Entwicklung der sfädtischen Kanst- 
sammlungen ist man noch nicht zu endgültiger 
Klarheit gelangt über den eigentlichen Galerie- 
bau. Man scheint an den maßgebenden Stellen 
mit einem solchen hauptsächlich deshalb zu zö- 
gern, weil man nicht glaubt, sich bei der dauernd 


lebhaften Zunahme und dem Wachstum der 
Sammlungen nach allen Seiten hin von vorne- 
herein ein deutliches Bild machen zu können 
von dem Verhältnis des Raumes zu den bereits 
unternommenen oder noch zu unternehmenden 
Erwerbungen. 

Deshalb ist, ehe zur Ausführung eines um- 
fangreichen Baues geschritten wird, lieber zu 
einem übrigens glücklichen Provisorium gegriffen 
worden. Auf dem der Stadt Frankfurt gehö- 
rigen Terrain der Villa Liebig am Schaumainkai 
dicht bei dem Städelschen Institut werden von 
dem hiesigen städtischen Hochbauamt vier lidhte 
Ausstellungsräume aufgeführt, deren Fertigstel- 
lung bis Mai 1909 spätestens zu erwarten ist. In 
diesen Räumen sollen dann in wechselnden Aus- 
stellungen die reihen Schätze der städtischen 
Kunstsammlung dem Publikum zugänglih ge- 
macht werden. 


In den Besitz des Kunstgewerbemuseums ging 
aus der Sammlung Hainauer ein besonders 
großer Bartmannskrug, Siegburger Arbeit von 
1570 über. Das Exemplar ist ausgezeichnet 
durch den Reichtum seiner Ornamentik und 
zweier figürlicher Darstellungen. 

Ferner erregt die Erwerbung eines Tafel- 
aufsatzes in Alt-Meißner Porzellan wegen der 
Importanz und Seltenheit des Stückes besonderes 
Aufsehen. Es handelt sich um ein Stück, das 
in der Basis 1,20 m miBt und sich bis zu einer 
Höhe von 1,40 m erhebt. Auf 24 Säulen, die 
mit naturalistishem Laubwerk umwunden sind, 
setzt sich eine aus 12 Voluten bestehende Ver- 
dachung, die von einem langlich zwiebelförmigen 
Aufsatz bekrönt wird, der eine Amorette aus 
Goldbronze trägt. Zwischen den ardhitektonischen 
Teilen des Aufbaues finden sich Vasen und 
Porzellanfigirchen angebracht; unter letzteren 
besonders reizvoll die vier Jahreszeiten auf dem 
Arcitrav des Tempels. Im Innern des Tempels 
eine Gruppe der Vermählung Amors mit Psyche 
im Beisein Junos. 

Das Modell des Tempels geht auf J. J. Kaendler 
zurück; seine Entstehungszeit ist wohl wegen 
der Stilmischung, Barock im Unterbau und Rokoko . 
in der Verdachung, in das Jahr 1750 zu setzen, 
da Kaendler sich erst um diese Zeit dem Rokoko 
zuzuwenden beginnt. Derartige Tafelaufsätze 
in Altmeißner Porzellan von der Güte und Größe 
des vorliegenden sind eine groBe Seltenheit so- 
wohl im Handel als im festen Besitz von Museen. 
Die Erwerbung des Frankfurter Stückes geschah 
aus den Mitteln der Mary ‚und Albert Townsend 
Stiftung, die dem Museum jüngst zugleich mit 
einer Anzahl kleinerer Porzellane und Fayencen 
zugewiesen .wurde. E. A. B. 


Rundschau 


1131 


LEIPZIG 


Die Ereignisse des hiesigen künstlerischen 
Lebens pflegen sich in den Ausstellungen des 
» Kunstvereins“ abzuspielen, der seine Räum- 
lichkeiten in einem Flügel des städtischen Museums 
hat und kürzlich mit einer beachtenswerten Aus- 
stellung sein neues Vereinsjahr eröffnete. Es war 
eine Tat, die Rodinschen Zeichnungen, die durdı 
Vermittlung Dr. Biermanns hierher nach Leipzig 
gelangten, in einer Sonderausstellung heraus- 
zubringen. Kaviar für die Menge freilih — 
aber dem geduldig Forschenden ebensoviele 
Eingangstüren zu dem innersten Wesen dieser 
maditvollen und eigenwilligen Künstlerpersön- 
lichkeit! Dann die sehr umfangreiche Trübner- 
Ausstellung, die ein genaues Nachprüfen über 
den Entwicklungsgang des Karlsruher Sezessio- 
nisten ermöglichte, da hier Werke aus allen 
Schaffensperioden des Malers zusammengebracht 
waren. Hier, wo nicht die Summe jener Schla- 
ger aus allen Perioden, die in dem Trübner- 
saal der Jahrhundertausstellung in der National- 
galerie so blendeten, paradierte, gewann man 
wiederum den Eindruck, daB der Trübner dieser 
allerletzten Jahre sih mit dem jungen, von 
Feuerbach, Leibl, Diez und den Holländern 
kommenden Trübner der achtziger und neun- 
ziger Jahre doch nicht mehr in den Zusammen- 
hang einer aufwärts gehenden Weiterentwick- 
lung bringen läßt. Die kühle Sachlichkeit der 
Auffassung, die fast zur Nüchternheit gewordene 
Objektivität, der in all seiner Energie doch von 
fast . eigensinniger Eintönigkeit durchtrankte 
Farbenauftrag, sie lassen das Gefühl nicht ver- 
stummen, daB hier ein Verharren, ein Sichfest- 
legen des sonst so agilen und energievollen 
Künstlers auf einem sich mehr und mehr bei 
ihm einwurzelnden Schema zu beobachten ist. 
Trübner selbst ist freili anderer Meinung. In 
seiner jüngsten Kampfschrift „Personalien und 
Prinzipien“ (Berlin, Verlag von Bruno Cassirer), 
die eine sehr lesenswerte Autobiographie und 
manchen wertvollen Aufschluß über seine inneren 
Entwiclungsgänge enthält, tritt er selbstüber- 
zeugt für den steten Fortschritt auch in der Kunst 
seiner letzten Jahre ein. Die jüngsten Bilder 
der Leipziger Ausstellung, diese Akte und Land- 
schaften, haben dem jedenfalls nicht recht ge- 
geben, doch mag es sein, daß die Schwäche der 
Veranstaltung gerade hier lag. Bewundert und 
genossen haben wir jedenfalls jene frühen und 
mittleren Werke, diesen gigantischen Entwurf 
zur Wilden Jagd, den prachtvollen Christus im 
Grabe, die Kentaurenschlacht und jene, so wun- 
dervoll holländishe Eindrücke neugebärende 
Porträtschöpfung des Herrn mit der Papierrolle 
(1873 gemalt). E.D. 


MÜNCHEN 


Die Affäre des Würzburger Lusamgärtlein 
hat inzwischen die Gemüter hier heftig bewegt. 
Die Leute, denen ein Oberkochen der bayrischen 
Volksseele immer für gewisse Zwecke gelegen 
kommt und die entsprechend das Einheizen 
wohl verstehen, appellierten mit dem gewohnten 
promptenEffekt an die partikularistische Empfind- 
lichkeit und bauschten auf diese Weise eine An- 
gelegenheit über Gebühr auf, die nur durch be- 
sonnenes Verhalten geregelt werden konnte. 
Trolzdem ist, wie ich versichern kann, ein be- 
friedigender Abschluß wahrscheinlich. Wie man 
mir aus Würzburg mitteilt, steht einstweilen das 
Lusamgärtlein noch an alter Stelle und da in- 
zwischen der zum Abbruch bestimmte Termin 
verflossen ist, sollen die Würzburger das als 
gutes Omen nehmen und sich beruhigen. 


Über eine andere vielumstrittene Frage, über 
den Abbruci des Augustinerstockes (siehe die 
Ausführungen Georg Habichs in Heft 3 dieser 
Zeitschrift) ist inzwischen eine merkwürdige und 
zwiespältige Entscheidung gefallen, die die Ver- 
legenheit der maBgebenden Kreise deutlich illu- 
striert. Als Ergebnis einer Sitzung der Manch- 
ner Monumentalbaukommission stellt sich näm- 
lich ein Preisausschreiben dar, das die Regierung 
an alle deutschen Architekten erläßt zur Erlan- 
gung von Entwürfen für einen Polizeineubau 
auf dem Areal der Augustinerkirhe. Um die 
eigentliche Entscheidung drückt sich dieses Preis- 
ausschreiben insofern herum, als es den Teil- 
nehmern am Wettbewerb freiläßt, an Stelle des 
Augustinerstockes einen vollständigen Neubau ` 
unter Beseitigung der Mauthalle ins Auge zu 
fassen oder die Mauthalle zu erhalten und für 
die Zwecke der neuen Polizeidirektion mitzu- 
verwenden. Auch sollen Vorschläge für eine 
andersweitige Verwendung der Mauthalle zur 
Diskussion zugelassen werden. Ihre endgültige 
Entscheidung macht die Staatsregierung von 
dem Ergebnis dieses uneinheitlihen Wettbe- 
werbs abhängig. Den zahlreicien Gegnern des 
Abbruchs bleibt also die schwache Hoffnung, 
daB sich ein genialer Architekt finden wird, der 
ohne ein Sakrileg an diesem einzigartigen und 
wirkungsvollen StraBenbild zu begehen den un- 
vermeidlichen Verkehrsforderungen nachzukom- 
men versteht. — Eine andere Entscheidung der 
Staatsregierung steht noch immer aus. Der neue 
Herr des Nationalmuseums ist noch nicht ge- 
funden. Wer die schwierigen Verhältnisse kennt, 
mit denen das Ministerium zu kämpfen hat, 
wird über diese Verzögerung nidıt erstaunen. 
Zudem beweist sie, daB tatsächlit ein offen- 
kundiger Mangel an geeigneten süddeutschen 


1132 


Kandidaten fiir diesen Posten besteht. Denn 
mit einer süddeutschen Persönlichkeit wird man 
wohl in diesem speziellen Falle rechnen müssen. 
Das liegt, wie zugegeben werden muß, im Cha- 
rakter eines bayrischen Nationalmuseums be- 
gründet und hat nichts mit der einseitigen par- 
tikularistischen Forderung: bayrische Beamte für 
bayrishe Museen zu tun. Durch die Neuein- 
richtung des Generalkonservatoriums der Kunst- 
denkmale Bayerns hat das Nationalmuseum üb- 
rigens einen großen Teil seiner Beamten ab- 
geben müssen, so seinen bisherigen Vorstand 
Dr. Hager, Prof. Haggenmiller, Dr. W. M. Schmid 
u.a. Hoffentlich fährt der neue Herr mit der 
hocherfreulihen Einrichtung von Spezialkata- 
logen, der wir eine Reihe widıtiger Pracht- 
publikationen verdanken, fort, wobei vielleicht 
zu bemerken wäre, daß ein neuer Katalog der 
Skulpturen wohl dringliher ist als der ge- 
plante Katalog des mit der Geschichte des 
Hauses Wittelsbach zusammenhängenden Ma- 
terials. — 


Von Neuerwerbungen der kgl. Museen 
ist das wichtigste Stück ein großer altjonischer 
Volutenkrater aus Bronze zu erwähnen, der als 
Leihgabe des Vereins der Kunstfreunde im An- 
tiquarium Aufstellung gefunden hat. Das Stück 
ist ein Unikum und soll demnächst in dieser 
Zeitschrift ausführlich gewürdigt werden. 


Ferner wurde vom Kgl. Antiquarium für 
verhältnismäßig billigen Preis ein in Gold 
getriebenes großes Rhyton (Trinkhorn), dem 
IV. Jahrhundert v. Chr. angehörig, angekauft. 
Das köstliche Stück zeigt an der Mündung eine 
hochinteressante Darstellung aus dem kriegeri- 
schen Leben der Skythen. Gleichzeitig wurde 
ein prächtiger antik-griechischer Spiegel er- 
worben, der am Griff reizende in Gold tauschierte 
figürlihe Darstellungen (Jagd auf Adler) auf- 
weist. 


Vom Kgl. Münzkabinett wurden auf der 
Auktion Weber über 500 antike Münzen, auf 
der Auktion Löbbeke eine große Anzahl italieni- 
scher und deutscher Renaissance-Medaillen an- 
gekauft, darunter Hauptwerke von H. Schwarz, 
L. Krug u. a. 


Die kgl. Graphische Sammlung, wie der 
offizielle Titel für das Kupferstich- und Hand- 
zeichnungen-Kabinett in der alten Pinakothek 
lautet, feiert in diesem Jahre ihr hundertfünfzig- 
jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß verfaßte 
der jetzige Vorstand dieser Sammlung, Dr. Pall- 
mann, eine kleine anspruchslose Festschrift, in 
der er die Geschichte dieses Instituts gibt. Dar- 
über hinaus entwickelt sich das anregend und 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


lebendig geschriebene Büchlein zu einem interes- 
santen Stück allgemeiner Museumsgeschidhte, 
so daß eine demnächst erfolgende ausführlichere 
Würdigung im bibliographischen Teile wohl 
gerechtfertigt ist. 


Von Ausstellungen brachte den ersten Schla- 
ger des Winters Heinemann mit seiner aus 
Privatbesitz zusammengesetzten schönen Kollek- 
tion aus dem Oevre des 1891 verstorbenen 
französischen Meisters Theodule Ribot. Eine 
Sammelausstellung dieses in Frankreich sehr ge- 
schätzten Malers hatte schon Bernheim - Paris 
zu Lebzeiten des Meisters veranstaltet. Doch 
übertrifft die jetzige Zusammenstellung ihre 
Vorgängerin noch an Reichhaltigkeit. Ribot ge- 
hört nicht zu den Problematikern, die Träger 
und Opfer sind der groBen Entscheidungen ihrer 
Generation. Wir sind heute zu sehr geneigt, 
die entwicklungsgeschichtlicien Werte einseitig 
mit den künstlerischen Werten überhaupt zu 
identifizieren und jeden zu übersehen, der nicht 
in den ersten Reihen kämpft. Ribots Würdi- 
gung muB von diesen entwicklungsgeschicht- 
lien Werten absehen. Er gehörte zu denen, 
die fern von aller Problematitk die Erober- 
ungen ihrer Generation für ihre konservativen 
und traditionellen Zwecke verwenden und auf 
diese Weise Dinge schaffen, die in künstlerischer 
Beziehung einwandfrei und reizvoll dem Be- 
harrungsvermögen des Publikums entgegen- 
kommen und nie den würdigen Charakter des 
Altmeisterlichen verlieren. Und in diesem „Alt- 
meisterlichen“ erkennt sich nun mal das Publi- 
kum aller Zeiten wieder. Die Palettenkultur, 
auf der der Eindruck des Altmeisterlichen meist 
beruht, ist immerhin auch ein Stück Kultur und 
nicht mal ein schlechtes. Und da man gerade 
hier in München für diese Art Kultur ein be- 
sonders gut ausgebildetes Organ hat, so findet 
die Ribot-Ausstellung groBen Anklang. Ribot 
ist einer der ersten Spanier der französischen 
Malerei. Von der elementar-wirkungsvollen 
Licht- und Schattenmalerei der Ribera und 
Caravaggio ging er aus. Diese vielleicht minder- 
wertige Neigung seines Talents wußte er durch 
eine Erziehung an Rembrandt und Velasquez 
zu verfeinern. Der Weg dieser Verfeinerung 
ging von einer allgemeinen Tonigkeit zu einer 
subtilen Farbigkeit, oder vom groben Effekt 
zum differenzierten Raffinement. Und er er- 
reichte sein Ziel ohne das aufzugeben, was seine 
Stärke und das Altmeisterlichhe seiner Arbeiten 
machte: die tiefe und satte Harmonie seiner 
Bildoberflächen. So endete er bei Dingen, die 
frühen Arbeiten aus dem Leiblkreise nahestehen 
und wie diese den Charakter des Altmeister- 


Rundschau 


1133 


lichen mit einer eminenten Modernität ver- 
binden. — 

Ein sehr erfreulicher EntschluB der Münchner 
Sezession wird bekannt. Sie plant für den 
Winter eine Hans von Marées-Aussellung. 
Außer den SchleiBheimer Bildern und den Marées 
aus dem Besitze des Prinzregenten werden 
Adolf Hildebrandt und die Witwe des General- 
musikdirektors Levi ihre Bilder hergeben. Das- 
selbe steht von andern Privatbesitzern zu er- 
warten und man hofft, daß auch die Berliner 
Nationalgalerie, die ja ihren reichen Bestand an 
Marées hauptsächlich der Stiftung Hildebrandts 
verdankt, den Wunsch der Münchner Sezession 
nach Hergabe der Bilder erfüllen wird. 

Das Arkanum von Nymphenburg. Dr. 
Friedrich H. Hofmann vom bayr. Nationalmuseum, 
der uns dielangentbehrte Geschichte der Nymphen- 
burger Porzellanmanufaktur schreiben will, ist 
bei seinen archivalischen Studien auf einen in- 
teressanten Fund gestoßen, der der bisherigen 
Forschung gänzlich entgangen ist und den er in 
einer sehr lesenswerten und unterhaltenden 
Schrift veröffentlicht. Es handelt sih um den 
cod. germ. 3750 der hiesigen Hof- und Staats- 
bibliothek mit dem Titel: Beschreibung aller zur 
Porzelain - Fabrique gehörigen Wissenschaften, 
wie solche mittels unauBgesetzt angewandten 
FleiB u. vieler Tausend gemachten Proben bei 
der Churfrtl. Bayr. Porzelain-Fabrique seiner 
Zeit gläc&klih zu Stande gebracht worden.“ — 
Dieser Manuskriptband mit der Aufzeichnung 
des Nymphenburger Arkanums ist für die Ge- 
schichte der deutschen und speziell der bayri- 
schen Porzellankunst überaus wichtig. Durch 
die ausführliche Einleitung wird die Hofmannsche 
Publikation überdies zu einem interessanten 
Stück Geschichte aus den Tagen des Arkanisten- 
tums wie es im 18. Jahrhundert an allen Höfen 
florierte. Die Arbeit, die schon als Sonderschrift 
vorliegt, wird demnächst im „oberbayrischen 
Archiv“ erscheinen. W. W. 


BUDAPEST 


Maseam der Bildenden Kiinste. — Das kleine 
Olbild des Leonardo Alenza, das Herr Langton 
Douglas neulich der Galerie verehrt hat, ist eine 
willkommene Ergänzung der spanischen Kollek- 
tion. Das im Stile Goyas gehaltene Gemälde er- 
innert inder Konzeption stark an einigeBlätter der 
Caprichos. Es stellt einen Verurteilten am Schafott 
dar, der, während seine Füsse an den Würg- 
pfahl befestigt werden, von einem hinstürzen- 
den sdiwarzgekleideten Manne umarmt und ge- 


küßt wird. Der Himmel ist von dunklen Wol- 
ken bedeckt. Die Bewegungen der Figuren sind 
ausdrucksvoll, die Farben saftig und kühl, wäh- 
rend in der Modellierung manche Unfreiheiten 
konstatiert werden können. Das Werk, das 
unten die Signatur „L. A.“ trägt, stammt aus 
der Sammlung des Grafen von Clarendon. 

Herr Francois Kleinberger schenkte der Ga- 
lerie ein größeres, dekorativ gehaltenes Öl- 
gemälde von Jakob Bogdäny. Es sind darauf, 
vor einer dichten Baumgruppe, verschiedene 
Vögel — roter und gelber Papagei, Kakadu, 
NuBhäher und Meise — und vorne in der Mitte 
ein kleiner Haufen Früchte zu sehen. Im Hinter- 
grunde links Aussicht auf Park mit Spring- 
brunnen und antikisierender Architektur. Herr 
Kleinberger hat das Werk vom Londoner Kunst- 
händier Strelitskie erworben. 


Dr. Zoltän v. Takäcs. 


g 


FLORENZ 


Die Zeichnungssammlung der Uffizien hat 
durch die Erwerbung des bekannten Blattes der 
Sammlung Morelli, welches in der Publikation 
fiber diese auf Taf. XXVII abgebildet ist, eine 
Studie erworben, welche als vorbereitende 
Arbeit für Tizians Porträt des Francesco 
Maria Rovere (Uffizien) zu gelten hat. Es 
ist eine Federzeichnung von 14><23 cm und 
gibt den Dargestellten in ganzer Figur. Die 
wesentliche Aufmerksamkeit hat Tizian in dieser 
Studie der detaillierten Wiedergabe der Rüstung 
gewidmet; die äußerste Energie des Striches, 
die tiefe Schattengebung und die allgemeine 
tonige Wirkung erweisen das Blatt als eine 
vorzügliche Leistung von Tizians Zeichenkunst. 
Der Kopf und die Schulterpartie wirken ver- 
schwommen, weil dieser Teil des Blattes offen- 
bar durch Wasser gelitten hat. 

Der Ankauf eines Selbstporträts des Giro- 
lamo Romanino durch die Uffizien findet seine 
Rechtfertigung darin, daß es in der Künstler- 
porträtsammlung jetzt auch diesen Meister er- 
scheinen lassen wird. Doc wird man es nicht 
als eine Originalarbeit ansehen können; die 
grobe und leblose Behandlung der Farbe lassen 
nur allzu deutlich die charakteristische Verrohung 
durch Kopistenhand erkennen. Format und In- 
schrift weisen überdies darauf hin, daB das 
Bild für eine der im XVI. Jahrhundert oft ge- 
pflegten Porträtgallerien hergestellt ist. Der 
weiße Farbenstreifen, der die Inschrift HIER. 
ROM. PICT. trägt, ist übrigens gleichzeitig mit 
den übrigen Teilen des Bildes ausgeführt und 


1134 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


keineswegs später hinzugefügt worden, da keine 
andere Farbschicht sich darunter befindet. 

Die Verwaltung des Komplexes von Baulich- 
keiten, welcher von der Basilika von S. Lorenzo, 
der Biblioteca Laurenziana, der Klosterhöfe und 
der Medici-Kapellen gebildet wird, ist jetzt in 
die Hände einer selbständigen juristischen Per- 
sönlichkeit, der Opera di S. Lorenzo über- 
gegangen. Alle Einnahmen für Eintrittsgelder 
fließen ihr zu und sollen zur Erhaltung der 
Monumente dienen. Zunächst ist eine Frei- 
legung der Bauwerke durch Beseitigung von 
Privathäusern ins Auge gefaßt. 

Im Museo Archeologico sind fünf neue Räume 
eingerichtet worden, welche einer übersicht- 
liheren Aufstellung des alten Besitzes und 
der Neuaufstellung der jüngsten Ausgrabungen 
und Erwerbungen der etruskischen Sammlungen 
dienen. 

Der Stadrat von Florenz hat beschlossen, 
im Jahre 1909 zur Erinnerung an die toska- 
nische Revolution von 1859 eine städtische mo- 
derne Galerie zu eröffnen. Das Gebäude am 
Piazzale del Re in den Cascinen soll sie auf- 
nehmen. Die jetzt in der Galerie der Akademie 
befindlihe moderne Sammlung soll vom Staate 
als Schenkung oder Depot erbeten werden und 
es sollen künftighin durch Ankäufe „alle For- 
men und Schulen der Kunst“ dem Florentiner 
Publikum zugänglich gemacht werden. Wie die 
Stadtgemeinde Florenz die Mittel für den großen 
Zweck auftreiben wird, ist bisher nicht erörtert 
worden. 

Das Museo von S. Marco, das so viele Er- 
innerungen an Alt-Florenz birgt, hat durch die 
Glocke von S. Marco einen Zuwachs von 
ungewöhnlicher Bedeutung erlangt. Die Ge- 
schichte dieser Glocke gibt Guido Carocci, der 
verdienstvolle Direktor des Museums, im Bol- 
lettino d’ Arte. Cosimo Medici hat sie gestiftet, 
der Wohltäter und Erbauer des Klosters von 
S. Marco. Die Zeit, da sie ihre große Stunde 
erlebte, war die Zeit von Savonarolas Wirken. 
Sie rief die Florentiner zu seinen Predigten und 
ihr Dröhnen mischte sich in die zerknischten 
Klagen der Anhänger des Möndıs, der Piagnoni: 
da erhielt sie selber den Namen La Piagnona. 
Sie läutete Sturm, als das Kloster in der Nacht 
vom 8. April 1498 von den Feinden Savona- 
rolas, den Anhängern der Medici, erstürmt 
wurde. Nachdem man den Propheten verbrannt, 
seine Anhänger getötet oder verbannt hatte, 
hielt man auch über die Glocke das Strafgericht. 
Sie wurde verurteilt, durch Beschluß des großen 
Rats vom 29. Juni 1498, man stürzte sie vom 
Turme, Esel zogen sie durch die Straßen der 
Stadt und der Henker schritt hinter ihr her und 


peitsche sie; dann führte man sie ins Exil, nach 
S. Salvatore a Monte, außerhalb der Stadt. 

Nach neunjähriger Verbannung kehrte sie auf 
den Turm von S. Marco zurück und 299 Jahre 
lang hat sie dort ihr Amt erfüllt. Jetzt aber 
stellte es sich heraus, daß ihr Knauf und ihre 
Kuppelung nicht mehr sicher waren und daß sie 
zu springen drohte, weil das jahrhundertelange 
Anschlagen des Klöppels an die zwei nämlichen 
Stellen, dort das Metall völlig verbraucht hatte. 
Sie mußte vom Turme herabgeholt werden und 
wurde im zweiten Kreuzgang von S. Marco 
aufgestellt, An ihre Stelle setzte man einen 
NeuguB. 

Im Gegensatz zu sonstigem Gebrauch ist der 
GieBer und das Jahr des Gusses nicht genannt. 
Die am oberen Rande beginnende und drei 
Zeilen einnehmende Inschrift enthält nur den 
Namen des Stifters, Cosimo Medici. Unter der 
Inschrift läuft ein 6 cm breiter Puttenfries hin, 
der durch Wappenschilder nnd Vasen zu klei- 
neren Kompositionen gegliedert ist. Zwei Me- 
daillons, mit einer Madonna und einem hl. Do- 
minikus, bilden unterhalb des Puttenfrieses den 
Abschluß des Dekors. Wer ist nun der Künst- 
ler, der den Schmuck der Glocke geschaffen hat? 
Wenngleich die Zeit von der alten Feinheit der 
Arbeit viel zerstört hat, so wirkt der Putten- 
fries noch jetzt äußerst lebendig. Die kurzen 
stämmigen Putten sind voll von Bewegung und 
Lust, sie singen, tanzen, musizieren mit einer 
Ausgelassenheit und mit einer stürmischen Be- 
wegtheit, die wir sonst nur an Donatellos 
Kanzeln in der Domopera und in Prato finden. 
Der Typ des Kindes ist auch ganz der von ihm 
bevorzugte. Wir dürfen Donatello als den 
Meister mit Sicherheit annehmen, der den Fries 
modelliert hat. Der ausführende Meister aber 
dürfte Michelozzo sein, der S. Marco baute, 
überhaupt in ständigem Dienst der Medici stand 
und ein vortreffliher BronzegieBer war. Diese 
seine Eigenschaft bewirkte es auch, daB Dona- 
tello viele Jahre lang gemeinsam mit ihm ar- 
beitete; im Jahre 1438 wurde dieser Verband 
gelöst und wir dürften also die Zeit der Ent- 
stehung der Glocke vor 1436 zu legen haben. 
1436 wurde das Kloster von den Domenikanern 
bezogen, die Kirche war damals fertig. Wahr- 
scheinlich dürfte auch die Glocke zu jenem Zeit- 
punkt bereits auf dem Campanile gewesen sein. 

. Aus der entlegenen Kirche von S. Andrea a 
Camoggiano im Mugello, einer Kirche, die 
wiederholt von Dieben besucht wurde, sind die 
groBe Tafel vom Hauptaltar und der robbieske 
Taufbrunnen ebenfalls nach S. Marco gebracht 
worden. Die Tafel von 2,08 m Höhe und 1,70 m 
Breite ist im Raume von Ghirlandajos Abend- 


Rundschau 


1135 


mahl aufgehängt worden. Es ist eine Kreuzi- 
gung mit den Heiligen S. Pietro, S. Andrea 
Apostolo, zwei weiteren Heiligen, Maria Magda- 
lena und ein knieender Stifter dargestellt. Ca- 
rocci, der das Bild publiziert hat, möchte die 
Arbeit zweier Hände darin erkennen, angesichts 
der großen Qualitätsunterschiede in den ein- 
zelnen Teilen und denkt schlieBlih an einen 
Eklektiker in der Art der Raffaellino del Garbo, 
Raffaello de’ Casli; auch Einflüsse Filippinos 
und Signorellis nimmt er wahr. Der Unter- 
zeichnete neigt dazu einen Meister mit starken 
umbrischen Einflüssen in dem Bilde zu sehen, 
der Reminiszenzen von Pinturicchio und selbst 
Pieros della Francesca verarbeitet. 

Das zweite aus der oben genannten Kirche 
stammende Werk ist ein sechsseitiger Tauf- 
brunnen in Robbia-Technik. Die Felder wer- 
den durch Pilaster umrahmt und enthalten 
Szenen aus dem Leben des Täufers. Die Gla- 
sur ist ganz weiß, von ziemlicher Grobheit, 
aber durdı Spuren der alten Vergoldung reiz- 
voll. Die Zeit der Entstehung ist spät anzu- 
setzen, in zwei weiblichen Figuren möchte man 
den EinfluB von Albertinellis Heimsuchung er- 
kennen. 

In kurzer Zeit wird ein weiteres Werk in 
das Museum gelangen. Es ist eine groBe Kreu- 
zigung mit einem knieenden hl. Antonius, welche 
bisher in einem Tabernakel des Friedhofs von 
S. Marco sich befand. Das Bild ist der freien 
Luft ausgesetzt gewesen und war im Begriff 
zugrunde zu gehen. Glückliherweise waren ge- 
rade die beiden Figuren gut erhalten, so daB 
nach der Restauration das Bild mit seinem 
prachtvollen, geschnitzten alten Rahmen eine 
schöne Bereidierung ausmachen wird. Sobald 
es ausgestellt ist, soll eine kritische Behand- 
lung hier erfolgen. 

In Florenz regt sich wieder eine lebhafte 
Agitation gegen die vom Senate beabsichtigte 
Anderung des Gesetzes über die Regelung der 
Kunstangelegenheiten. Die Deputiertenkammer 
hatte das Gesetz im Februar d. J. angenommen 
und es sollte Garantien dafür bieten, daß künftig- 
hin der Export von Kunstwerken ersten Ran- 
ges verhindert werde. Nimmt der Senat An- 
derungen am Gesetze vor, so geht es an die 
Kammer zurük und es dürfte dann geraume 
Zeit verstreichen, bevor eine gesetzliche, end- 
gültige Regelung der Angelegenheit zu erwar- 
ten ist. A. Gottshewski. 

2 


BOLOGNA === 
Die Pinacoteca zu Bologna hat sich mit einem 
Bilde Carlo Dolci's bereichert, das David mit 


der Schleuder und Goliath darstellt. Der junge 
David hat frisches Aussehen mit lang auf den 
Schultern herabwallendem Haar; der rechte Arm 
stützt sich auf einen Stein, die Schleuder hält 
er in der Linken, das Haupt Goliaths ruht auf 
einem Tisch. Kein heldenhafter Ausdruck des 
Kampfers Israels. Doch in seinen schwärmeri- 
schen Augen liegt es wie ein Aufzucken des 
Triumphes. Auch die fein gepflegten, eleganten 
Hände scheinen eher einem raffinierten Lebe- 
manne, als einem rauhen Krieger zu eignen. |. 


2 


MAILAND 


Francesco Malaguzzi Valeri hat bei A. P. 
Gartier in Genua vier bis jetzt verschollene 
Bilder von G. B. Tiepolo entdeckt (2><3 m). 
Dieselben stellen Szenen aus dem „Befreiten 
Jerusalem“ dar, und zwar: die Liebe Rinaldos 
und Armidas, die Ankunft Ubaldus und Guelfus 
in der verzauberten Insel, die Flucht Rinaldos 
und Armidas, und das Aufbredien vom Lager 
der Kreuzfahrer. Abbildungen dieser vier best 
erhaltenen Bilder sind in der Rassegna d'Arte 
zu finden. b. 


2 


VENEDIG: 


Die Accademia di Belle Arti wurde wieder 
mit einigen Werken bereichert. Ein Fresko 
Madonna mit Kind und hi. Rodius (1,15><1,20) 
vom Veroneser Francesco Morone wurde soeben 
erworben. Das reizend liebliche Antlitz Marias 
blickt träumerish vor sich hin. Blond ist ihr 
flah gekämmtes Haar, zart der kleine spitze 
Mund; das linke Händchen ruht auf einem 
Buch, rot das Unterkleid, shwarzgrün der Mantel. 
Das nackte Bambino segnet mit der Rechten, 
während die Linke einen Olivenzweig empor- 
halt. Der hl. Rochus zeigt mit der einen Hand 
auf seine Wunde und halt mit der anderen den 
Pilgerstab fest; rötlichblond sein wallendes 
Haupthaar, Kurz geschnitten und wohl gepflegt 
sein Bart. Die elegante Gestalt ist mit einem 
braunen Mantel mit schwarzem Kragen angetan.. 
(Preis 3000 Lire.) Von Bernardino Licinio, dessen 
Hauptwerk sich in der Frari-Kirche zu Venedig 
befindet, wurde ein Familienbildnis (1,30><90} 
für 6000 Lire erworben. Das Ganze ist etwas 
Giorgionesk aufgefaßt. Es verrät durch die 
helle Farbenstimmung und durch eine gewisse 
Natürlichkeit und Lebendigkeit in Stellung und 
Ausdruck den outen Meister, der freilich nie 
an seinen groBen Bruder Pordenone heran- 

14 


1136 


reichte. Im Vordergrund, als Kniestiick dar- 
gestellt, reicht sich ein junges Ehepaar die Hande. 
Sie hellbraun angetan, Dreiviertelansicht, mit 
entblößten Schultern, er en face mit rötlichem 
Barthaar, schwarz gekleidet, blickt den Beschauer 
an. Im Mittelgrund das Porträt einer ebenfalls 
jungen Frau mit vollem, tief leuchtendem In- 
karnat, blickt lebendig aus dem Bilde. Dann 
noch ein Jüngling, bronzen im Ton, dessen 
Augen auf die Dargestellten gerichtet sind. Br. 


2 


ROM 


Nach dem Ankauf des süßlichen und infolge 
seiner Übermalung als Original kaum mehr zu 
erkennenden Bildes von Correggio hat die 
Galleria Corsini mit der Erwerbung zweier 
Tafeln des Greco, die bisher unbekannt im 
Privatbesitz auf Malta sich befunden haben, eine 
recht erfreuliche Bereicherung erfahren. Es sind 
Pendants, wohlerhalten, aus der späten Zeit 
des Meisters, das eine, die Taufe Christi, eine 
erheblich kleinere, aber bei Vergleichung mit 
einer Photographie allem Anschein nach bessere 
Wiederholung eines gleihen Bildes im Prado, 
das andere, Christi Geburt, ebenfalls bester 
Qualität und für die Kenntnis Grecos wichtig. 
Bei Gelegenheit der Bekanntgabe dieser beiden 
Bilder im Bollettino d’arte weist Attilio Rossi 
ein drittes Bild, das aus der Sammlung Chigi 
schon früher in die Gallerie Corsini gelangte, 
die Ehebrecherin, die bisher als Tintoretto be- 
zeichnet wurde, ebenfalls dem Greco und zwar 
dessen früher venezianischer Zeit zu. Ich kann 
mich trotz einiger verführerischer Nebensädlich- 
keiten vor allem aus malerischen Gründen und 
wegen der allzu minutiös berechneten Per- 
spektive des Bildes, das Tintorettos nächsten 
EinfluB bekundet, zu dieser neuen Benennung 
nicht verstehen. 

Weit wichtiger als diese Nachrichten erscheint 
die Tatsache, daß die seit einiger Zeit diskret 
betriebenen Verhandlungen des Staates mit dem 
König von Neapel über den Ankauf der 
vier groBen Paläste (palazzo Farnese, villa 
Farnesina, villa Madama, Palazzo Caprarola) 
nunmehr öffentlich zugegeben werden, nachdem 
die französische Regierung dem Herzenswunsdi 
Herrn Barreres nach Ankauf des palazzo Farnese 
nicht nachgekommen ist. Das wäre allerdings 
die größte und schönste Tat, die zur Jubelfeier 
1911 geschehen könnte. Denn die gegenwärtige 
Unzugänglichkeit des palazzo Farnese und des 
Oberstockes der Farnesina, die durch die Tiber- 
regulierung baufällig geworden ist — ich konnte 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


in dem Fresko Sodomas tiefe Risse neuesten 
Datums feststellen — sogar für den Forscher, 
ist beklagenswert und unerhört. Ob der Kauf 
zu Stande kommen wird (es wird berichtet daß 
allein für Caprarola drei Millionen gefordert 
werden), und ob das Parlament seine Zustimmug 
gibt, bleibt freilich einstweilen abzuwarten, aber 
der freudigen Erregung über die gute Absicht 
darf doch wohl hier Ausdruck gegeben werden. 

Das Schicksal des palazzetto Venezia, 
der dem Moloch „monumento nazionale“ zum 
Opfer fällt, ist dafür entschieden: „den hebt mir 
auf, sagt Polyphem, daB ich zuletzt ihn speise.* 
Der charakteristische Seitenbau des alten Palastes 
wird in der allernächsten Zeit abgetragen. Weil 
audi im Inneren des bleibenden palazzo bau- 
lie Änderungen vorgenommen werden, haben 
sich wiederum Stimmen erhoben, die einen Neu- 
aufbau des palazetto an die Südwestwand auf 
der freigelegten piazza San Marco befürworten. 
Da in der Tat im Dezember der EntschluB hier- 
über ernstlim und amtlich gefaßt werden soll, 
muB man sich fragen, ob nicht auch ein zer- 
rissener Jackenärmel durch ein aufgebessertes 
Hosenbein ersetzt werden kann. Wenigstens 
fallen hier Entscheidungen, während der Er- 
öffnung der vatikanishen Gemäldegalerie, 
mit welcher die Bildersammiung des Laterans 
vereinigt werden soll, offenbar gréBere Schwie- 
rigkeiten entgegenstehen, die natürli nur 
auf der Saumseligkeit der päpstlichen Beamten 
beruhen. Jedenfalls ist sicher, daB der ur- 
sprünglich für die Wiedereröffnung festgesetzte 
Termin des 1. Januar 1909 nicht eingehalten 


werden wird. Uhde-Bernays. 
2 


In Fermo bei Ascoli Piceno wurde durch 
den neuen, sehr rührigen Direktor des Mu- 
seums von Ancona Professor dall’ Osso, einen 
Schüler Brizios, eine Nekropole des adıten vor- 
christlichen Jahrhunderts entdeckt. Unter den 
Gräbern ist besonders das eines Kriegers be- 
merkenswert. Man fand bei der Leiche einen 
Helm und drei Lanzen, ferner eine Reihe von 
Fibeln und Armspangen. Die wichtigen Aus- 
grabungen mußten wegen Geldmangel vor- 
läufig suspendiert werden. 

In Cumae hat man in allerletzter Zeit auf 
dem Grundstücke des Dr. Granata eine ganze 
Reihe von archaischen Gräbern gefunden. Eines 
von ihnen lieferte einen prächtigen attischen 
Vasendeckel mit einer sehr interessanten Dar- 
stellung der lliupersis, die von a.ideren schon 
bekannten Darstellungen in Vielem abweicht. 
Die Vase dürfte um die Mitte des VI. Jahr- 


Rundsdau 


hunderts v.Chr. zu datieren sein. Zugleich hat 
man in einem archaischen Grabe einen groBen 
unversehrten Marmorsarkophag gefunden, über 
dessen Datierung die Meinungen derer, die beim 
Funde anwesend waren auseinandergehen. Pro- 
fessor Gabrici vom Neapler Museum soll ge- 
neigt sein, ihn in das VI. Jahrhundert v. Chr. 
zu setzen. Danach wäre dies der älteste in 
Italien je zu Tage gekommene Marmorsar- 
kophag. 

In Pompeji fand man auBerhalb der Porta 
Nolana in der Lapillischichte ein Skelett, bei 
dem eine Börse mit 50 Münzen und unter 
einigen silbernen Gegenständen ein TintenfaB, 
ferner einige Schlüssel lagen. Es handelt sich 
sicher um einen Flüchtling, der bei Ausbruch der 
Katastrophe mit einigen in Eile ergriffenen Hab- 
seligkeiten die Stadt verließ und außerhalb des 
Tores zugrunde ging. In der Nähe des Skeletts 
fand man eine Exedra von kubischer Form mit 
einer Säule, welche eine Amphora trägt. 

In Neapel kamen in Via Forcella wiederum 
neue Überreste der alten griechischen Mauern 
zum Vorschein. Sie gehören dem V. Jahrhun- 


dert v. Chr. an. Ludwig Pollak. 
8 


PARIS 


Unter den Entdeckungen von Kunstwerken 
sind immer die die überraschendsten, die in den 
Depots des Staates gemacht werden. In den 
Depots des Gobelins entdeckte man eine Serie 
von bisher vollkommen in Vergessenheit gera- 
tenen Tapisserien, die Napoleon I. in Auftrag 
gegeben hatte. 4 Stücke einer groBen Serie ge- 
langten bis 1813 zur Ausführung, doch der Gang 
der politishen Ereignisse und die Inoppor- 
tunität der dargestellten Gegenstände ließen 
die Tapisserien der „Geschichte Napoleons“ in 
den Depots der Gobelins verschwinden. Die vief 
von der Serie ausgeführten Stücke sind jetzt 
dem Schlosse Malmaison überwiesen worden, 
das, wie bekannt, allmählich zu einem Musée 
Napoleon ausgestaltet wird. 

Der Umzug des Luxembourg-Museum scheint 
nun seiner Verwirklichung immer näher zu 
rücken. Der Architekt Derruaz hat die Pläne 
für den Umbau des Seminars von St. Sulpice 
zum Museum jetzt beendet. Der Mittelhof des 
Gebäudes wird zu einem großen Lichthof für 
die Skulptur umgewandelt werden. Die den- 
selben umgebenden vier Gebäudekörper werden 
durch Zusammenziehung mehrerer Etagen in 
eine Flucht von großen Oberlichtsälen umge- 
staltet. Im Frühjahr 1909 sollen die Arbeiten 
beginnen. 


1137 


Unter den modernen Kunstaustellungen steht 
der Salon d'Automne an der Spitze. Er ist nicht 
mehr auf der Höhe früherer Jahre. Eine Reihe 
namhafter Künstler, die früher zu seinen Ge- 
treuen gehörten, scheinen ihm dieses Jahr zu 
schmollen. Das Niveau der ausgestellten Werke 
hat darunter gelitten. Eine Serie dekorativer 
Panneaux von Maurice Denis, die Geschichte 
Amors und Psyches darstellend; die schönen 
Skulpturen von Ivan Mestrovic und der viel- 
umstrittene Henri Matisse sind die bemerkens- 
wertesten Erscheinungen dieses Salons. Matisse 
bringt neben einigen Werken von unbestreit- 
barem Werte eine Reihe übertrieben primitiver 
und paradoxer Panneaux, in denen nur der 
Snobismus das Programm einer künstlerischen 
Zukunft erkennen kann. Eine Retrospektive 
der Werke Monticellis bedeutet eine glänzende 
Rehabilitation dieses so lange verkanntenFarben- 
phantasten, den Zweck einer durchaus irrefüh- 
renden Grecoausstellung können wir dagegen 
ebensowenig einsehen, wie den einer durchaus 
nicht interessanten finnländischen Sektion. 

In den kleineren Salons zeigt Bernheim schöne 
Bilder von Toulouse-Lautrec, bei Druet ist 
Roussel mit seinen Pastellen, bei Petit die Ge- 
sellschaft für farbige Radierung, bei Durand-Ruel 
Georges d’Espagnat mit kräftigen Dekorationen. 
So setzt die Wintersaison allmählich wieder ein. 
Bald werden wir von der Hochflut der Venten 
und Ausstellungen übershwemmt werden. 

Im Hotel des Ventes ist noch fast vollkom- 
mene Stille. Mit der Vente Say wird in den 
nächsten Tagen die Saison beginnen. 


* * 
* 


Endlich wird sich auch im französischen Un- 
terriditswesen eine Reform vollziehen, die auch 
auf das Kunstleben nicht ohne EinfluB bleiben 
wird: die Reform des Zeichenunterrichts in den 
Schulen, der bisher die alten, ausgetretenen 
Pfade des abstrakten, geometrischen Zeichnens 
und des Arbeitens nach Gips nicht zu verlassen 
wagte. Eine vom Ministerium des Unterrichts 
und der schönen Künste eingesetzte Kommission 
hat das Problem studiert und hat einen Bericht 
eingereicht, in dem auf Grund der in einigen 
Lyceen zu Paris und in der Gegend von Besan- 
con gemachten Erfahrungen eine Anwendung 
der modernen Prinzipien des Zeichenunterrichts 
auch für die französischen Schulen gefordert 
wird. Es soll in erster Linie dem Zeichnen nach 
der Natur größerer Raum gegeben werden, wie 
dies nach den neuen deutschen Programmen 
schon längst geschieht. Bedenklih dagegen 
scheint, daB der Zeichenunterricht sich dem üb- 
rigen Unterricitsgange anschließen soll. Wenn 


1138 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


es für den Schüler auch interessant sein mag, 
daB man ihn, während er die Geschichte des 
Mittelalters studiert, zugleich nach Photographien 
oder Nachbildungen mittelalterliher Kunstwerke 
zeichnen läßt, so scheint dies für den metho- 
dischen Gang des Zeichenunterrichtes nicht ge- 
rade empfehlenswert. Immerhin ist es von 
hohem Interesse, daß man auch in Frankreich 
beginnt, diesem bisher so verwahrlosten Zweige 
des Schulunterrichtes einige Aufmerksamkeit zu- 
zuwenden. 

Das Louvremuseum hat einige erfreuliche 
Bereicherungen erfahren. Das wichtigste neue 
Stück ist ein Bildnis des Doktor Paracelsus von 
Jan van Schorel. Dieses Bildnis ist von um 
so größerem Interesse, als es wahrscheinlich 
einem phantastischen Porträt des berühmten 
Arztes von Rubens, das sich heute im Brüsseler 
Museum befindet, als Vorbild gedient hat. 

Die englische Schule, die früher im Louvre 
recht schwach vertreten war, ist in den letzten 
Jahren systematisch ausgebaut worden. Jetzt 
wiederum hat das Louvre von der Firma Agnew 
ein großes männliches Bildnis von Raeburn 
„Captain Hay of Spot“ erworben. Seit einiger 
Zeit arbeitete das Louvre mit Hilfe der Societe 
des amis du Louvre am Ausbau der Abtei- 
lung für dekorative Kunst. Eine Anzahl 
kostbarer Möbel, die in den einzelnen Ministe- 
rien verstreut waren, wurden allmählich in das 
Louvre übernommen und durch Kopien ersetzt. 
Der Sturz des Marineministers Thomson hat 
jetzt die Überführung des berühmten Schreib- 
tisches Colberts in das Louvre ermöglicht. 

Der Reigen der kleineren Ausstellungen ist 
wieder in vollem Gange: Durand-Ruel zeigte 
Bilder von Georges d’Espagnat und gibt 
einen Überblick über das Schaffen der Degas- 
schülerin MiB Mary Cassatt. Bernheim veran- 
staltete eine Vorführung der jüngsten Werke 
von Vuillard. Bei Druet Odilon Redon 
und Francis Jourdain. 

Das kommende Jahr wird im Pariser Aus- 
stellungsleben wohl allerhand Umwälzungen 
bringen. Im Salon d’Automne scheinen Ver- 
änderungen bevorzustehen. Wichtiger jedoch ist, 
daß durch den Abbruch der Treibhäuser an der 
Seine die , Artistes Indépendants“ obdadı- 
los werden. Ein so groBes und giinstig gele- 
genes Ausstellungslokal wird kaum wieder zu 
finden sein und so werden die Independants 
sich stark einschränken müssen, wenn sie sich 
nicht unter ganz anderen Prinzipien neukonsti- 
tuieren müssen. Wenn auch in den letzten 
Jahren das Mittelgut in diesem Salon immer 
mehr überhand genommen hat, so wäre dom 
bedauerlich, wenn eine Institution verschwände, 


die so vielen tichtigen Künstlern den ersten 
Appell an die Öffentlichkeit ermöglicht hat. 


Rudolf Meyer-Riefstahl. 


2 


LONDON 


Am 4. November verkiindete der ,Board of 
Education“, der unserem Kultusministerium ent- 
spricht, daB fiir das nun bald in ein neues 
Riesenheim übersiedelnde Albert- und Victoria- 
museum (South Kensington Museum) eine neue 
Organisation getroffen worden sei. Dies sei 
vor allem dadurch notwendig geworden, daB 
die Technische Abteilung des Ministeriums, die 
bisher die Verwaltung des Museums kontrolliert 
hatte, von nun an nicht mehr in South Ken- 
sington sondern in einem andern Stadtteile 
Londons untergebracht sei. Auf diese Weise 
werde dem Museum nun eine unabhängige 
Basis zuteil, und es würde ihm der notwendige 
Stab von Verwaltungs- wie technischen Beam- 
ten zur Seite gegeben werden. Deshalb sei die 
Schaffung einer Direktorstelle notwendig, die 
Mr. Cecil Smith, bisher am Britishen Museum 
als Chef der Abteilung griechischer Altertümer 
tätig, übertragen worden sei. Er sei dem 
Ministerium für die gesamte Verwaltung ver- 
antwortlic. Der bisherige Direktor des South 
Kensington Museums wird zum Abteilungschef 
für Architekturen und Skulpturen ernannt. Im 
ganzen sollen die Schätze des Museums in 8 
Abteilungen untergebracht werden. 1. Architek- 
tur (Originale der Bau- und Bildhauerkunst); 
2. Metallarbeiten; 3. Holz- und Lederarbeiten; 
4. Gewebe; 5. Töpferwaren, Emaille- und Gias- 
arbeiten; 6. Zeichnungen, Illustrationen und 
Stiche; 7. Bibliothek; 8. Gemälde. Bei der Über- 
siedlung des Museums, die viel Zeit in Anspruch 
nehmen wird, soll eine sorgfältige Sichtung 
und Klassifikation des gesamten Inhalts des 
Museums vorgenommen werden. Soweit die 
Mitteilung des Ministeriums. -- Jene Sichtung 
ist allerdings recht notwendig, denn aus allerlei 
Gründen, oft Testamentsbestimmungen freund- 
licher aber eitler Mäcene, wird eine Fülle nutz- 
loser, nur die Übersicht störender Gegenstände 
mit ausgestellt. Und am besten wäre es wohl, 
wenn man die Abteilung 8, Gemälde, ganz auf- 
löste und ihre bedeutenden Schätze den zwei 
National Galerien Londons zuführte, denn z. B. 
die Constables sind jetzt im South Kensington 
Museum recht mäßig untergebracht, und ob der 
groBe viereckige Kasten des neuen Gebäudes, 
der als ein echtes Kunstschulhaus gedacht und 
geplant ist, ihnen ein günstigeres Heim bieten 


Rundschau 


wird, bleibt zweifelhaft genug. — Eine Neu- 
organisation des Museums war audi eine ab- 
solute Notwendigkeit, denn seit längeren Jahren 
herrschte in ihm, wie es z. B. die „Morning 
Post“ ausdrückt, eine förmliche Anarchie, weil 
kein oberster Wille seine Geschicke lenkte. 
Gegen die Art der Neuorganisation dagegen 
erhebt u. a. der Direktor der Wallace-Collektion, 
Mr. Claude Phillips, seine Stimme im Daily 
Telegraph. Er wünscht, daß, ehe die ange- 
kündigte Neuorganisation durchgeführt werde, 
man sie zur Öffentlichen Diskussion stellen solle. 
Mit Recht führt er aus, daß man ein Comitée 
zur Beratung einer Neuorganisation vor der 
Erbauung des neuen Museumgebäudes hätte 
einsetzen sollen, nicht jetzt erst, denn dann 
hätten die Architekten sich, wie es in Berlin 
geschieht, nach dessen Vorschlägen zu richten 
vermodht statt ein sogenanntes „ideales Museum“ 
zu schaffen. Die Einteilung in jene 8 Abtei- 
lungen nun, so führt Claude Phillips fort, würde 
den Charakter des Museums völlig verändern ; 
sie würde aus ihm vor allem ein „technisches 
oder besser noch ein naturgeschichtliches Kunst- 
museum“ machen, das zur Benutzung des Kunst- 
handwerkers, des Fabrikanten, des Spezialisten 
und Studenten da wäre (und als solches wünscht 
es, wie das an dieser Stelle bereits früher mal 
erwähnt wurde, der Architekt des neuen Muse- 
umsgebäudes, der auf das Münchner National- 
museum wie auf eine nette aber dilettantische 
Spielerei hinwies), und nur so ganz nebenbei 
auch als Tempel hoher Kunst dienen könnte, 
in dem die Kunstliebenden ästhetischen Genuß 
finden und der Entwicklung der Stilarten zu 
folgen vermòchten, in dem sie den weitreidien- 
den EinfluB der Kunst auf die Geschichte, die 
Kultur und das gesellschaftlihe Leben der 
Nationen gerade in ihren größten und eindruck- 
reichsten Perioden sozusagen körperlich fühlen 
könnten. Aber vom rein praktischen Stand- 
punkt, meint Claude Phillips, werde diese 
Einteilung sich nicht strikt durchführen lassen. 
— Unter welche der 8 Abteilungen sollen 
z. B. die zahlreichen Abgüße, die wunderbare 
Elfenbeinkollektion usw. fallen? — Aus kleineren 
amerikanischen Städten liest man zuweilen, daß 
sie ihre „Museen“, die aus zahlreichen Abbil- 
dungen und Abgüssen bestehen, derartig ein- 
teilen, daB man in einem Katalog die verschie- 
densten Gegenstände nach ihrer Art unter 
Vögel, Fische usw. auffinden kann, auch wenn 
jene Vögel usw. einem niederländischen 
Stilleben angehören. Will sich das South 
Kensigton Museum etwa diese zum Muster 
nehmen ? 

Der Ausstellungen gibt es jetzt viele, alter 


1139 


wie neuer Kunst. Agnews bieten diesmal nur 
englishe Gemälde, darunter aber einige ganz 
vorzügliche Stücke, so namentlich einen Con- 
stable „Hampstead Heath“, 1825 in der Royal 
Academie ausgestellt, der jenem berühmten sehr 
ähnlich ist, der z. Z. mit anderen Werken des 
gleichen Meisters in Paris ausgestellt war und 
einen so großen Einfluß auf Delacroix ausge- 
übt hat, und der ebenfalls bei Agnews vor 
einigen Jahren zu sehen war. Aus Lawrences 
früher Zeit ist ein Bild voll echter Wärme 
„Pinkie“ ausgestellt; alles, was später durch 
Massenarbeit zur Manier bei ihm wird, zeigt 
sich hier noch als frisch erobertes, echtes Maler- 
gut. Das Bild hat auch durch die Dargestellte 
selber weiter Interesse: eine nahe Verwandte 
der groBen Dichterin Elisabeth Barrett Browning. 
Ein schlihtes, aber sehr tiefeindringendes 
Männerporträt von Gainsborough, Mr. James 
Tomkinson, sei aus der Fülle feiner Werke hier 
nur noch erwähnt, — Mrssrs. Knoedler zeigen 
u. a. den Turner „Mortlake Terrace“, den sie 
vor einigen Monaten bei Christies um mehr 
als 12000 Pfund erstanden haben. Sodann zwei 
Gainsboroughporträts von Bedeutung „John 
Taylor“ und „Mrs. Fitzherbert“. Ferner Werke 
von Hogarth, Murillo, Velasquez, Nattier, Pater, 
Hobbema, Guardi etc. — Mrssrs. Obach haben 
eine Ausstellung von Handzeichnungen alter 
Meister arrangiert, die viel gerihmt wird. Auf 
sie hier einzugehen verbietet sich, da diese 
Firma trotz ihres deutschen Namens es vor- 
zieht nur unter Engländern zu bleiben. Der 
Insularismus, der ja mandıe seltsamen Blüten 
treibt, scheint ansteckend zu wirken und sogar 
soweit zu gehen, daB man ausländische Käufer 
abweist. Nächstens wird am Eingang der 
Firma vielleicht das Schild prangen: ,Niditeng- 
länder nicht zugelassen“. — Im Osten Londons, 
in der Volksgalerie in Whitechapel hat der un- 
ermüdlihe Direktor Aitken eine Ausstellung 
Mohamedanischer Kunst zustande gebracht, die 
vor allem interessante persische Stücke, so 
indisch-persishe Miniaturen, umfaßt. Auch 
Darstellungen aus dem Orient von europäischen 
Künstlern, so von J. F. Lewis und dem groß- 
zügigen Arthur Melville finden sich, darunter frei- 
lich viel übles Zeug. Wie scharf tritt diesen un- 
sicheren Versuchen gegenüber das sichere Stil- 
gefühl der Orientalen selbst in den nicht sehr 
bedeutenden Werken zutage! 

Aus der großen Zahl moderner Kunstaus- 
stellungen seien hier nur angeführt die der 
„25 Maler“ und mehrerer Mitglieder des „New 
English Art Club“ in den Goupil Galerien, in 
denen sih durch empfundene Landschaften von 
Wilson Steer, Pepperkorn, T. Austen Brown, 


1140 


Henry Muhrmann u. a. finden. Der New Eng- 
lish Art Klub, der seit einigen Jahren eine 
eigene kleine Galerie in Bond Street besaB, 
wird dieses Jahr leider nicht in corpore aus- 
stellen. — In den Leicester Galeries sieht man 
jetzt eine groBe Zahl von Skizzen des ver- 
storbenen Phil May, des bedeutenden Humo- 
risten. — In der New Galery hält die Gesell- 
schaft der Porträtmaler ihre Jahresausstel- 
lung ab. Von verstorbenen Meistern finden 
sih mehrere Werke des großen schottischen 
Koloristen John Pettie, zwei Aquarelle Ross- 
ettis, die Dichter Swinburne und Robert Brow- 
ning darstellend, der Duke of Cleveland von 
Frank Holl und Josef Chamberlain von Charles 
Furse, der vor einigen Jahren in der Mitte 
seiner Entwicklung vom Tode abgerufen wurde. 
— Die New Galery wurde bisher von den 
Herrn Hallé und Comyns Carr geleitet und 
finanziert. Diese haben sich nun davon zurück- 
gezogen, und für die jährlihe Frühjahrsaus- 
stellung haben sich gegen hundert der bedeu- 
tenderen Künstler zusammengeschlossen um 
gemeinsam in der New Galery auszustellen und 
dieser wieder die Bedeutung gegenüber der 
akademischen Royal Academy zurückzugeben, 
die sie bei ihrer Begründung durch Burne 
Jones u. a. hatte. Es war freilich die höchste 
Zeit, denn die Frühjahrsausstellungen der New 
Galery begannen schon zum Spott der Stadt zu 
werden. F. 


HOLLAND 


Durch einen merkwürdigen Zufall wurde hier 
vor einiger Zeit ein „neuer Jan Steen“ ent- 
deckt. Die illustrierte Wochenschrift „De Prins“ 
hatte im Oktober dieses Jahres einmal eine 
Reihe von Abbildungen von Gemälden Jan 
Steens gebracht, die in einem ihrer Betrachter, 
Herrn J. Boer in Veur bei Leidschendam, die 
Vermutung aufkommen ließ, daB ein seit 40 
bis 50 Jahren in seiner Familie befindliches 
Bild auch von diesem Meister sei. Es war da- 
mals in Briissel auf einer ,Inboedel“-Versteige- 
rung im Ramsch für 30 Cents gekauft worden 
und befand sich natfrlich nicht im besten Zu- 
stand. Erst später wurde es einmal gereinigt, 
aber nicht sachgemäB. Wie „De Prins“, der 
dies Gemälde in seiner Nummer vom 7. Nov. 
abbildete, mitteilt, wurde die vom Besitzer an- 
genommene Autorschaft Jan Steens von fadı- 
männischer Seite bestätigt. So weit sich nadı 
jener Reproduktion urteilen läßt, dürften Zwei- 
fel daran auch nicht gerechtfertigt sein. Dar- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


gestellt ist eine in der holländischen Kunst so 
gut wie nie behandelte Szene, eine Beerdi- 
gung, oder besser: die Vorbereitungen dazu 
vor einem Hause. Links steht der Sarg auf 
einer Bahre, und dahinter Träger. In der Mitte 
vorn scheint eine Frau einen kleinen dunkel- 
gekleideten Knaben zu trösten. Rechts be- 
findet sih das Wohnhaus, aus dessen Tür so- 
eben ein Mann in Trauerkleidung heraustritt. 
Er lüftet den Hut, vielleicht vor dem links neben 
der Tür auf einer Bank stehenden Mann, der 
die Namen der Trauergäste von einem in den 
Händen gehaltenen Blatt zu verlesen scheint. 
Dahinter sieht man einen Bretterzaun, einen 
diken Baumstamm, ein Haus und weiter links 
Leute, sowie in der Ferne zwischen Bäumen 
den Kirchtum eines Dorfes. Nur ein derartiges 
Bild von Jan Steen läßt sich noch nachweisen, 
das Dr. Hofstede de Groot in der Sammlung 
Rutten in Lüttich gesehen hat, das bereits von 
Smith (Nr. 168) und Westrheene in anderen 
belgischen Sammlungen erwähnt wurde und 
wahrscheinlich mit der von Houbraken zitier- 
ten „Beerdigung eines Quakers‘ identisch ist. 
Inwieweit diese beiden nun noch erhaltenen 
Bilder voneinander abweichen oder miteinander 
verwandt sind, läßt sich mittels der bloBen Be- 
schreibung bei Hofstede de Groot (Holl. Maler, 
I. Steen, Nr. 453) nicht genau feststellen. Kom- 
positionell ist das aufgefundene Bild recht hübsch. 
Ebenso dürfte es zeicinerisch gut sein. Der Er- 
haltungszustand, der wie gesagt zu wünschen 
übrig läßt, wird von einem geschickten Restau- 
rator wohl ooch etwas gebessert werden können. 

In Leiden ist die Sammlung holländischer 
Gemälde aus dem Besitze des Herrn P. Delaroff 
in St. Petersburg erst zum Teil eingetroffen 
und deshalb auch noch nicht aufgestellt worden. 
Mit Ausnahme des umfangreichen Bildes von 
Pieter Aertsen, Christus und die Ehebreche- 
rin (d. h. eine Gruppe von Fruchthändlern in- 
mitten ihrer Waren im Vordergrund, während 
die biblische Szene als Nebenhandlung hinten 
vor sich geht), das im unteren großen Saale der 
„Lakenhal“, rechts von dem einen, farbenpräch- 
tigen Altar von C. v. Engelbreditsen, einen Platz 
gefunden hat. Eine Abbildung des Gemäldes 
findet man in der Sievers’schen Aertsen-Muno- 
graphie auf Tafel 23. Hier wird das Bild ein- 
gehend’ besprochen, so daß ich mich kurz fassen 
kann. Nur einige Punkte, die Sievers nicht geben 
konnte, da ihm das Bild allein aus einer Photo- 
graphie bekannt war, und ihm sonst keine 
näheren Angaben zur Verfügung standen, will 
ih als Ergänzung seiner Ausführungen er- 
wähnen. Zur Farbe vor allem. Im ganzen 
herrscht ein blass-lila-rosa Gesamtton vor, am 


Rundschau 


stärksten im Hintergrund, und vorn auch inso- 
weit, als bei dem reichen Gemüsestilleben von 
Gesamtton die Rede sein kann. Buntfarbigkeit 
ist aber jedenfalls so gut wie vermieden. Der 
Mann rechts trägt blass-olivgrüne Jacke mit 
etwas helleren Armeln und ebensolchen Bein- 
kleidern. Das Kostüm der Frau links ist auch 
in gebrochenen Farbentönen gehalten. Die 
Schürze ist grün, das Mieder dunkel purpurn, 
der Einsatz an Brust und Schultern schwarz, 
ebenso die unteren Armel. Der rechts hinter 
ihr stehende Mann ist bräunlichlila gekleidet, 
während die Jacke des links hinter der Frau 
stehenden Mannes mit den Zwiebeln grell zin- 
noberrot ist und so die farbig am stärksten 
wirkende Stelle im Bilde bildet. Der Fußboden 
ist fast lila, die Kleider der Hintergrundsfiguren 
alle in matten lila, rosa, grünlichen und gelb- 
lien Farbentönen. Die Architektur hat direkt 
patinagrüne Färbung, wenn sie nicht auch lila- 
bräunlich ist, wie z.B. an dem äußersten Bogen 
rechts. Die vor diesem befindlihen Figuren 
sind fast als Grisaillen behandelt. — Eine Sig- 
natur oder Jahreszahl konnte ich nicht finden, 
es sei denn, daß auf der Kartusche auf dem 
Säulensockel ganz links unterhalb des Rahmens 
noch etwas stehen sollte. Die Abmessungen 
des Bildes betragen 122cm in der Höhe und 
180 cm in der Breite. Sievers rühmt es als ein 
besonders reifes Werk Aertsens im Gegensatz 
zu dem etwas überfüllten Gemälde im Städel- 
schen Institut in Frankfurt a. M., das das gleiche 
Thema behandelt und 1559 datiert ist. Nach 
Sievers wird dies Bild im Besitze des Herrn 
Delaroff etwa 1562 entstanden sein. 

Das Museum Boijmans in Rotterdam 
erfreute sich im vergangenen Halbjahr der be- 
sonderen Gunst stifterfreudiger Sammler. Ich 
berichtete schon mehrmals über Schenkungen, 
die dem Direktor, Herrn Schmidt-Degener für 
die ihm unterstellte Galerie zuteil wurden (von 
Herrn Kleinberger ein Brekelenkam, von Herrn 
P. Cloix eine Zeichnung von Mantegna, von 
Herrn L. Nardus ein David Teniers d. J., ferner 
die beiden im vorigen Heft kurz erwähnten 
Bilder, die jetzt auch ausgestellt sind und auf 
die ich nachher zurückkommen werde). Hierzu 
gesellt sih nun noch ein interessantes Gemälde, 
audi ein Geschenk von Herrn L. Nardus in 
Suresnes bei Paris. Wie Herr Schmidt-Degener 
im „Nieuwe Rott. Courant“ mitteilte, ist es eines 
der seltenen Interieurbilder des Haarlemer Land- 
schafters Cornelis Decker, stellt eine in der 
Auffassung — trotz anderer Komposition — doch 
an das bekannte Bild „Le Repos du Tisserand“ 
[von A. v. Ostade] in der Brüsseler Galerie er- 
innernde Szene dar und ist mit dem Monogramm 


1141 


signiert. Bei meinem Besuch des Museums war 
es noch nicht ausgestellt, so daß ich das Mono- 
gramm, das mich in diesem Falle besonders 
interessiert, nicht untersuchen konnte. Für ge- 
wöhnlich nimmt man jetzt als Maler solcher Bil- 
der mit Weber- oder Schmiedewerkstätten nicht 
den Landschafter Cornelis Decker an, son- 
dern einen seinen Lebensumständen nach völlig 
unbekannten Maler namens J. Decker, den man 
früher fälschlih F. Decker genannt hat. Ein 
voll bezeichnetes und 1644 datiertes Gemälde 
von ihm ist die Schmiedewerkstatt in Berlin 
im Vorrat des Kaiser-Friedrih-Museums (Nr.993). 
Zunächst müßte man daher bei einem solchen 
Interieurbilde wie die Brüsseler Weberwerk- 
stätte auch an diesen J. Decker denken. Nach 
einer von Smith erzählten Überlieferung sollen 
auf diesem Bild die Figuren von A. v. Ostade, 
das Beiwerk von Cornelis Decker sein. Be- 
wiesen ist diese letztere Behauptung durch nichts, 
dagegen sind die Figuren sicher von Ostade. 
Es liegt nun durchaus kein Grund vor, anzu- 
nehmen, daß sich ein Mann wie Ostade das Bei- 
werk von einem andern Künstler malen lieB, 
und dann gerade von dem Landschafter Cor- 
nelis Decker. Verhielte es sich aber doch so — 
oder hatte man sich Ostade nur als denjenigen 
zu denken, der dem Maler des Interieurs die 
Figurenstaffage hineinmalte — so hätte zunächst 
audi J. Decker an Cornelis Deckers Stelle zu 
treten. Die weitere Folge dieses Schlusses 
wäre die Annahme, daB das dem Rotterdamer 
Museum geschenkte Bild auch eher von J. Decker 
herrührt als von Cornelis. Wenn das Bild frei- 
lich deutlich und echt Cornelis Decker signiert 
ist, so muB die Frage nochmals durchgeprüft 
werden. Da mir, wie gesagt, das Bild selbst 
noch nicht bekannt ist, so möchte ich die eben 
gemachten Ausführungen, soweit sie das Rotter- 
damer Gemälde betreffen, nur erst unter Vor- 
behalt ausgesprochen haben. 

Es bleiben mir noch die beiden andern Schen- 
kungen zu beschreiben übrig. Das von Herrn M. 
van Gelder in Uccle-Brüssel gestiftete pracht- 
volle Gemälde (Leinwand, 77 cm hoch, 64 breit) 
solll ein Willem Kalf aus dessen Spätzeit sein. 
Auf einem Steintisch liegt, gebauscht und reiche 
Falten bildend, ein persischer Teppich in dunkel- 
rotbraunen und dunkelgrünen Tönen. Darauf 
ruht ein getriebener Silberteller, auf dem fast 
in der Mitte des Bildes eine Orange von tiefer 
Farbe liegt und sich im Glanz des Silbers etwas 
spiegelt. Rechts daneben eine halb angeschälte 
Zitrone vor einer noch ganzen. Ferner sieht 
man hier den Schaft eines Messers. Dahinter 
steht eine einfache, ziemlich rundbauchige Vase 
mit grünem Pflanzendekor. Links von ihr ein 


1142 


im Dunkel fast verschwindendes Flötenglas und 
ein halb mit WeiBwein gefillter Romer. Der 
Hintergrund ist tiefdunkel, wie bei fast allen 
diesen Bildern. Der Aufbau ist nicht so reich 
wie gewöhnlich bei Kalf, auch sind die Farben- 
effekte nicht so brillant. Es fehlt das reich 
bossierte Silbergeschirr mit seinen weiBlichen 
Lichtern und Reflexen. Was mich bei dem Bilde 
zuerst frappierte, war neben dieser ruhigeren 
Gesamthaltung das Fehlen jeglicher blauen Farbe, 
jenes prachtvollen Blaues, mit dem als Gegen- 
satz zu dem hellen Gelb der Zitrone Kalf für 
gewöhnlih so köstliche Farbenwirkungen zu 
erreihen weiß. Nodi am selben Nachmittage 
sah ich den bezeidineten J. v. Streeck in Leiden, 
auf dem fast die gleidıe Vase mit grünen 
Pflanzenornamenten vorkommt, und auf dem 
ebenfalls jegliches Blau fehlt, während die Kom- 
position im Prinzip gleich der des Bildes in 
Rotterdam ist. Streeck ist seinem Lehrer Kalf 
bekanntlich oft sehr nahe gekommen. Die Wahr- 
scheinlidikeit, daß dies Gemälde vielleicht eher 
ein J. v. Streeck als ein Willem Kalf ist, dürfte 
somit groß sein. Der künstlerische Wert des 
wirklich schénen Stillebens könnte hierdurch nur 
in den Augen eines ,Namen“-Sammlers beein- 
trächtigt werden. Aber ich will auf Grund jener 
Beobachtungen allein das Rotterdamer Bild nicht 
gleich mit absoluter Bestimmtheit für v. Streeck 
in Anspruch nehmen, sondern zunächst nur auf 
das Gemeinsame der beiden Gemälde hingewiesen 
haben. 

Das von Herrn Adolphe Schloß in Paris ge- 
schenkte Bildchen von Le Nain stellt zwei 
kleine, weiß und grau gekleidete blonde Mäd- 
chen dar. Das ältere sitzt rechts, etwas nach 
links gewandt und blickt zum Beschauer. Mit 
der rechten Hand faßt es die Linke seines 
neben ihm en face stehenden Schwesterchens, 
das zu ihm niedersieht. Der Hintergrund ist 
grau, wie überhaupt das ganze Bild auf einen 
feinen weiBlidigrauen Gesamtton gestimmt ist. 
Die Größe beträgt 39><29 cm. 

Dem städtishen Museum in Delft wurde 
von Herrn M. varı Gelder in Uccle-Brüssel 
eine kleine Sammlung (rund 20 Stück) Delfter 
Fayencen geschenkt. Hoffentlich ist damit der 
Grund für eine größere Sammlung gelegt wor- 
den, die die Stadt Delft doch wirklich besitzen 
müßte. Wollte man sich optimistischen Träumen 
hingeben, so könnte man sich von einer solchen 
öffentlihen Fayencensammluug in Delft einen 
segensreichen EinfluB auf die künstlerische Fort- 
entwickelung der in Delft noch heute betriebe- 
nen Fayenceindustrie versprehen. Wenn die 
Arbeiter sich an den handwerklici geschaffenen, 
edeln alten Vorbildern mehr als ein Muster 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


nähmen! Ich glaube aber nidit redit, daß es 
dazu je kommen wird — auch wenn die Samm- 
lung noch so schön und groß würde Denn: 
die Delfter Fabrik besitzt ja selbst schon lenge 
eine ,Muster“-Kollektion altdelfter Fayencen. 

Kurt Freise. 


8 


VON SCHWEIZERISCHEN MUSEEN 
UND GESELLSCHAFTFN 


Aus den jüngst erschienenen Jahresberichten 
verschiedener größerer schweizerischer Museen 
und Gesellschaften sei folgendes notiert: 


1. Schweizerisches Landesmuseum in Zürich. 
(Direktor Dr. H. Lehmann und Vizedirektor Pro- 
fessor Dr. J. Zemp). Besucht wurde das Mu- 
seum im Berichtsjahre 1907 von 104790 Per- 
sonen. Die Einnahmen betrugen 241345 fr. (da- 
von 231325 fr. Bundesbeiträge), denen 240 727 fr. 
Ausgaben für Einkäufe von Altertümern, für 
Wiederherstellungsarbeiten, Subventionen an 
kantonale Sammlungen, Jahresrenten, den Werk- 
stättenbetrieb und die Verwaltungskosten 
(131230 fr.) gegenüberstehen. 

Von den im Laufe des Jahres angekauften 
oder in den Sammlungen deponierten Gegen- 
ständen haben einige auf den zum Teil farbigen 
Tafeln des Berichts vortrefflihe Wiedergabe 
gefunden. So drei lebensgroße, in alter Fassung 
erhaltene Holzfiguren des XV. Jahrhunderts 
(Maria, der Apostel Johannes und ein Diakon) aus 
der Kirche von Pleif in Graubünden, eine reiche 
nuBbaumene Kredenz (XVII. Jhrhdt.) aus Gampel 
(Kt. Wallis) und von drei ziircherischen, aus dem 
Auslande heimgekauften Standesscheiben jene 
vom Jahre 1560. Dann ein silbervergoldeter Tafel- 
aufsatz aus dem XVII. Jahrhundert in Form eines 
bemannten und stark armierten Kriegsschiffes, 
der aus ziircherischem Privatbesitz im Museum 
deponiert wurde. Ein schönes Eglomise mit dem 
Wappen der Grafschaft Kyburg und zwei sil- 
berne gravierte Wäppchen der Zürcher Familien 
Holzhalb und Wolf, vielleicht eine Applikation 
zu dem älteren Schiffe, verraten den einstigen 
Besitzer des Prunkstücks, den Staatsmann und 
Gelehrten Beat Holzhalb, der mit Elisabet Wolf 
vermählt, 1681 Landvogt auf Kyburg war. Lei- 
der trägt das Stück keine Goldschmiedemarke, 
doch ist bekannt, daß der in Zürich gebürtige, 
zu Anfang des XVII. Jahrhunderts in Nürnberg 
tätige Goldschmid Esaias Zurlinden solche Kriegs- 
schiffe in großer Zahl anfertigte und andere 
einheimische Goldschmiede ähnliche Stücke schu- 
fen. Das Landesmuseum besitzt in seiner Schätz- 
kammer deren jetzt nicht weniger als vier, doch 


Rundschau 


überragt die letzte Erwerbung die übrigen drei 
an Größe und Feinheit der Arbeit. 

Eine wichtige Bereicherung des Museums 
verspricht die im Jahre 1907 errichtete Stif- 
tung des Grafen von Hallwyl in Stockholm 
zu werden, eines der letzten Nachkommen 
jenes alten Dienstmannengeschlechtes, das wäh- 
rend nahezu neun Jahrhunderten auf dem jetzt 
aargauischen Wasserschlosse Hallwyl residierte. 
Darnach gelangt das I.andesmuseum nach dem 
Hinscheiden des Grafen und seiner Gattin in 
den Besitz sämtlicher aus der Schweiz und dem 
Familienbesitz derer von Hallwyl stammenden 
Altertümer, über 400 Gegenstände, darunter 60 
Familienporträts, eine Sammlung höchst wert- 
voller Glasgemälde, Silbergeschirr, schweize- 
rische Porzellane u. a. m. 

Eingehende Mitteilungen macht der Bericht 
auch über verschiedene Ausgrabungen. Neben 
weniger ergiebigen Schürfungen in der Walliser 
Gemeinde Conshey haben vor allem die Gra- 
bungen auf einem allemanischen Gräberfelde bei 
Augst (Kt. Basel Land) durch ihre Seltenheit 
wertvolle Ergebnisse geliefert. Dazu gehören 
ein vortrefflih erhaltenes Glasflaschchen, ganz 
besonders aber fünf kleine merovingische Gold- 
münzen, plumpe Nachahmungen von Münzen 
des oströmisdıen Kaisers Justinian, deren Ent- 
stehungszeit Mr. M. Prou, Professor an der 
Ecole des Chartes in Paris, an das Ende des 
VI. oder den Anfang des VII. Jahrhunderts ver- 
legt. Aus dieser Zeit dürfte überhaupt der In- 
halt der bis jetzt eröffneten 270 Gräber des 
wohl 1500 Leichen bergenden Feldes stammen. 
Nach vollendeter Durchforschung sollen die Er- 
gebnisse in einer besonderen Veröffentlichung 
bekannt gegeben werden. 

Erwünschte Dienste leistete die eidgenössische 
Gottfried Keller-Stiftung dem Landes- 
museum bei der Sicherung der zürcherischen 
Kunstschmiedearbeiten des „Seehofs“ in Meilen 
am Zürichsee. Da eine Erhaltung am ursprüng- 
lihen Standort nicht möglich gemacht werden 
konnte, entschloB man sidı zum gemeinsamen 
Ankauf der wertvollsten Schmiedearbeiten, der 
Portalgitter, Garten-, Balkon- und Treppen- 
geländer, mit den dazugehörigen Architektur- 
teilen, und vereinigte sie dann am Äußeren des 
Landesmuseums zu einer besonders reizvollen 
Gruppe. 


2.Der vor kurzem erschienene Jahresbericht der 
Schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung hi- 
storischer Kunstdenkmäler, erstattet vom Prä- 
sidenten Dr. A. Naef, archéologue de l'Etat in 
Lausanne, behandelt die Jahre 1906 und 1907. 
Da der zwölfgliedrige Vorstand der Gesellschaft 


1143 


in seiner Eigenschaft als Expertenkommission 
des eidg. Departements des Innern über die 
Verwendung der Bundessubventionen zu be- 
antragen hat, werden im Jahresbericht zunächst 
die beträdhtlichen Bundesbeiträge behandelt, die 
zur Erhaltung historisher Kunstdenkmäler in 
den Jahren 1906, 1907 und 1908 bewilligt wur- 
den. Sie betrugen für 1906 80265 fr., für 1907 
19675 fr. sowie für 1908 91965 fr. und verteilen 
sih auf 35 bis 40 Objekte, deren Wiederher- 
stellung durch ratenweise Auszahlung der zu- 
meist 50°/, der gesamten Kosten betragenden 
Zuschüsse möglich gemadit wird. Infolge dessen 
erscheinen mehrere dieser Arbeiten, namentlich 
jene, für die größere Beiträge bewilligt wurden, 
auch noch nach ihrer Fertigstellung in den Bundes- 
budgets, so das Rathaus.zu Luzern, das Schloß 
Montebello in Bellinzona, der Kreuzgang des 
Allerheiligen- Münsters sowie der Munot in 
Schaffhausen, die Kirdie von St. Gervais in Genf 
und das Schloß Dorneck (Kt. Solothurn). Für das 
Schloß Sargans, die Kirdien von St. Sulpice und 
Lutry (Waadtland), die Kirche von Kirchbihl bei 
Sempad (Kt. Luzern), die Türme am Rosiusplatz 
in Biel und die Burgruine von Wädenswil (Kt, 
Zürich) konnten in den Jahren 1906 und 1907 
die letzten Raten ausbezahlt werden. Anders 
verhält es sich mit den Unternehmungen, an 
denen in den beiden Berichtsjahren gearbeitet 
wurde, wie an der Sicherung der Ruinen und 
des Donjons des Schlosses ,Bâtiaz“ bei Mar- 
tigny und an der Restauration der ehemaligen 
Klosterkirche zu Hauterive (Kt. Freiburg), über 
deren ältesten baulichen Bestand Professor 
Dr. Zemp in der „Zeitschrift für Geschichte 
der Architektur“ Okt. 1907 interessante Unter- 
suchungen veröffentlicht hat. Dazu gehören 
ferner die Arbeiten am Schlosse Valeria zu 
Sitten (Wallis), an der Stiftskirhe zu St. Ur- 
sanne, an der Kirche zu Confignon (Kt. Genf), 
am Schlosse Valangin (Neuenburg), an der Kirche 
zu Romainmötier (Waadt), am Stadtturm zu 
Neuenstadt (Bern), an der Kapelle S. Maria in 
Selva in Locarno (Tessin), an der Kapelle zu 
Riederthal (Uri), an der Schloßruine Grasburg 
bei Schwarzenburg (Bern), an der Kirche zu 
Büren a/A. (Bern), am Rathaus zu Landeron 
(Neuenburg), am Schloßturm zu Grynau (Schwyz), 
an der Kirche zu Remüs (Graubünden), an der 
Kirche zu Donatyre bei Avenches (Waadt), am 
Glockenturm von St. Martin zu St. Immer (Bern) 
und an der Dreifaltigkeitskapelle zu Rapperswil 
(St. Gallen). Auch die Instandhaltung des der 
Eidgenossenschaft gehörenden Amphitheaters zu 
Vindonissa bei Brugg (Kt. Aargau), die Aus- 
grabungen daselbst, zu Martigny, zu Ävenches, so- 
wie jene des Kastells zu Irgenhausen (Kt. Zürich), 


1144 


Monatshefte für Kunstwissenscaft 


des römischen Theaters zu Basel-Augst, der 
römischen Kanalisation zu Liestal, des Römer- 
kastells zu Yverdon und schlieBlih auch nodi 
die Erforschung der gallischen Station La Tene 
beim Dörfchen Epagnier am Neuenburger See, 
sowie des gallischen Gräberfelds von Münsingen 
(Kt. Bern) veranlaBten beträchtliche Ausgaben 
und Subventionen. 

Die letzten Jahrespublikationen der Gesell- 
schaft, deren amtliches Organ der vom Schwei- 
zer. Landesmuseum herausgegebene, viertel- 
jährlich erscheinende „Anzeiger für Altertums- 
kunde“ ist, beschäftigen sich mit den Kunst- 
schätzen des Klosters St. Johann zu Münster in 
Graubünden. Der erste Teil dieser überaus 
wertvollen Arbeit der Herren Prof. Dr. Zemp 
in Zürich und Staatsarchivar Dr. R. Durrer in 
Stans, der die in Münster vorhandenen Reste 
karolingischerKunst beschreibt und kritisch unter- 
sudit, ist in dieser Zeitschrift bereits früher 
(Heft V, Mai 1908) durch A. Schmarsow ein- 
gehend besprochen worden. Der zweite Teil, 
der die romanische Zeit behandelt, ist in diesen 
Tagen erschienen. 

Die Rechnung der Gesellschaft, die 430 Mit- 
glieder zählt, ergibt für 1906 24385 fr. Ein- 
nahmen und 19778 fr. Ausgaben, für 1907 
24786 fr. Einnahmen und Ausgaben in der Höhe 
von 17401 fr. Unter diesen Ausgaben finden 
sich beträchtliche Beträge für zeichnerische und 
photographishe Aufnahmen, die jeweils dem 
ungemein reichhaltigen, bereits über 6000 Ein- 
gangsnummern zählenden Archiv der Gesell- 
schaft einverleibt werden. 


3. Der Jahresbericht des Bernschen Histori- 
schen Museums für 1907 berichtet über eine er- 
freulihe Zunahme sämtlicher Sammlungen. Na- 
mentlich die Entwicklung der archäologischen 
Abteilung, der von Herrn Widmer-Stern, dem 
gegenwärtigen Direktor des Museums, beson- 
dere Aufmerksamkeit geschenkt wird, muB her- 
vorgehoben werden. Hatte 1906 die gallische 
Periode durch die Funde von Münsingen und 
Richigen einen bedeutenden Zuwachs erfahren, 
brachte das Berichtsjahr der Hallstatt-Abteilung 
eine Vermehrung um wertvolle Stücke. Gra- 
bungen in einer Kiesgrube oberhalb der Papier- 
mühle bei Bern und ein Grabhügel im „Hurst“ 
unterhalb Jegenstorf ergaben reiche Funde, dar- 
unter einen Goldschmuck, eine Perle aus Pech- 
kohle, Pfeilspitzen und Keramik. Dem Bericht 
ist eine Abhandlung beigegeben, in der Dr. Zeller 
die von der ethnographischen Abteilung des 
Museums angekaufte Batiksammlung beschreibt. 


4. Der Jahresbericht des Vereins für das histo- 
rische Museum in Basel und für Erhaltung 


baslerischer Altertümer, den zwei prächtige Licht- 
dructafeln zieren, erwähnt zunächst die Er- 
nennung von Dr. Rudolf F. Burckhardt zum 
Konservator an Stelle des von der Regierung 
beförderten Dr. Ferdinand Holzach. Die Ein- 
nahmen und Ausgaben des Museums betragen 
rund 44000 fr., der Besuch wird als ein er- 
freulicher bezeichnet. 

Unter den Neuerwerbungen verdienen vor 
allem eine Reihe von Gegenständen Erwähnung, 
die bei Installationsarbeiten im Münster den 
Bischofsgräbern daselbst enthoben worden sind, 
besonders Geräte und Kleidungsstücke aus einem 
Grabe des XII. Jahrhunderts, ein hölzernerKrumm- 
stab, ein Ring, interessant gemusterte Stoffe aus 
Seide sowie Sandalen. Um die sachgemaBe Ber- 
gung und Konservierung dieser Schätze hat sich 
Professor Dr. E. A. Stückelberg besonders be- 
müht. Die nicht unbedeutende Sammlung alter 
Kirchenglocken wurde durch eine Gloke von 
1357 aus Riehen vermehrt und die Sammlung 
römischer Fundstücke durch Architekturfragmente 
und Bronzezierraten wohl italienischen Ursprungs 
ergänzt, Gebäudeteile und Gerätschaften des so- 
genannten Tempels auf dem Tempelhof bei 
Basel-Augst, eines seiner Bestimmung nach noch 
unerklärten Bauwerks. Auch die Ergebnisse von 
Grabungen auf der Liegenschaft „zum Drachen“ 
in der Aschenvorstadt, die Gräber eines rö- 
misch-allemanischen Friedhofs bloslegten, konn- 
ten der Sammlung einverleibt werden. 

Von besonderem känstlerishem Wert ist ein 
kleines, im Berichtsjahr angekauftes Holzschnitz- 
werk aus dem Beginn des XVI. Jahrhunderts, 
eine Grablegung aus Lindenholz, die auf einer 
der Tafeln der Broschüre wiedergegeben ist. 
Im Anschluß an die Beschreibung dieses Kunst- 
werks macht Dr. R. F. Burckkardt im Bericht 
noch auf andere Schnitzwerke der Sammlung 
aufmerksam. Zunächst auf die reizvolle Buchs- 
baumgruppe, die Adam und Eva darstellt und 
mit H. und W. bezeichnet, zweifellos von Hans 
Wydyz dem Alteren stammt, jenem Meister, 
der auch den mit Joh. Wydyz 1505 signierten 
und aus Basel stammenden Schnitzaltar im Chor 
des Domes zu Freiburg i/B. schuf und später, 
wie seine reiferen Arbeiten in Berlin und 
München beweisen, in Bayern tätig war. Dann 
auf drei weitere Arbeiten desselben Hans Wydyz 
im Basler Museum, einen Christus am Kreuze 
und zwei unvollendete Kruzifixusfiguren, die 
alle drei auf einer weiteren Tafel des Berichts 
Abbildung gefunden haben. 


5. Der Jahresbericht der öffentlichen Kanst- 
sammlung zu Basel, erstattet vom Konservator 
Professor Dr. Paul Ganz, erfreut seit seiner 


Rundschau 


1145 


Neugestaltung im Jahre 1905 jeweils durch 
die Beigabe einer wertvollen, fir sich abge- 
schlossenen und hübsch illustrierten Abhand- 
lung. Auf die interessante Arbeit von Professor 
Dr. Daniel Burckhardt über den „Klassizismus 
in Basel“, die der Jahresbericht 1905 enthielt, 
folgte 1906 eine Studie von Professor Ganz 
„Über die schweizerische Glasmalerei und ihre 
Bedeutung für die Kunstgeschichte“. Dem Jahres- 
bericht 1907 konnte die wertvolle Abhandlung 
von Dr. P. Ganz und Dr. E. Major über die 
Entstehung des Amerbachschen Kunstkabinets 
beigeheftet werden, die Marc Rosenberg im 
Januarheft dieser Zeitschrift besprochen hat. Der 
vorliegende Bericht über das Jahr 1907 schlieB- 
lich enthält als Fortsetzung dieser Arbeit eine 
Abhandlung von Dr. E. Major über das „Fä- 
sise Museum“, das mit dem Amerbachschen 
Kabinet zusammen einen wesentlichen Teil der 
heutigen Basler Sammlungen bildet. 

Dem Jahresbericht selbst ist zu entnehmen, 
daB Einnahmen und Ausgaben des Museums 
rund 75000 fr. betragen und daB vor allem 
Ordnungs- und Katalogisierungsarbeiten die ver- 
fügbaren Kräfte in Anspruch nahmen. Ein reich 
illustrierter übersichtlicher Katalog der Gemälde, 
erweitert durch eine kurzgefaBte Geschichte der 
Sammlung, ist herausgegeben worden; die Ge- 
mälde, Skulpturen und Glasscheiben wurden neu 
numeriert — das Inventar umfaßt 843 Num- 
mern — und, teilweise neu gerahmt, zweck- 
mäßiger in den wesentlich umgebauten Sälen 
verteilt; das Inventar über die Bestände des 
Kupferstichkabinets schließlich, das 37921 Stück, 
darunter 4000 Handzeicinungen, 4282 Holz- 
schnitte ohne die gebundenen Folgen und 22835 
Kupferstiche enthält, wurde fertiggestellt, worauf 
mit dem Katalogisieren der Blätter begonnen 
werden konnte. Zahlreihe Ankäufe und Ge- 
schenke, unter denen Gemälde von Jos. Amman 
(1565 Bildnis eines unbekannten Gelehrten), 
Johann Rudolf Huber (1710 Selbstbildnis), und 
Anton Graff (Bildnis der Gattin des Künstlers) 
erwähnt werden mögen, bezwecken die ziel- 
bewußte Ergänzung der vorhandenen Bestände. 

Auch über den geplanten Museumsneubau 
enthält der Bericht einige Angaben. Danach 
hat die Basler Regierung die Loslösung der 
Kunstsammlung von den übrigen im jetzigen 
Museumsgebäude untergebrachten Sammlungen 
gutgeheiBen und einem Neubau für das Kunst- 
museum auf der Elisabethenschanze den Vor- 
zug gegeben. Eine Sammlung von freiwilligen 
Beiträgen ergab ein derart erfreuliches Resultat, 
daß der Bau, zu dem die Pläne auf dem Wege 
einer öffentlichen Konkurrenz gewonnen werden 
sollen, gesichert erscheint. C. H. Baer. 


WAS UNS NOT TUT 


Das Kunstschaffen historisci betrachten heißt, 
Zusammenhänge erkennen. Hierzu bedarf es 
aber eines so lückenlosen Anschauungsmate- 
riales, wie es selbst die größten Museen, die 
ja nicht bloß der Wissenschaft zu dienen haben, 
niemals bieten können. Darum müssen Repro- 
duktionen aushelfen. Heute ist das Abbildungs- 
material „ein Anhängsel der graphischen Samm- 
lungen, das nach Laune und Geschmack des je- 
weiligen Direktors bald mehr ausgebaut, bald 
vernachlässigt wird“; Photographien nach Skulp- 
turen sind weder in den Kupferstichkabinetten 
noch an anderen Stellen in genügender Menge 
vorhanden, ganz zu geschweigen von den kost- 
baren Publikationen über Miniaturen und mittel- 
alterliche Illustrationen. Darum ist es eine „un- 
abweisbare Aufgabe unserer Zeit, in der soviel 
von Kunsterziehung gesprochen wird“, eine 
„öffentliche Stelle zu schaffen, die alle erreich- 
baren Reproduktionen universal und auf Voll- 
ständigkeit sammelt“, ein Archiv für Photo- 
graphien, welches im Etat des Kultusministe- 
riums mit einer ausreichenden Summe bedacht 
werden müßte. DaB ein solches Archiv vorder- 
hand nur in der Reichshauptstadt Existenz- 
berechtigung hätte, ist selbstverständlich, aber 
Berlins harrt noch eine andere Pflicht: Hier, 
wenn irgendwo in Deutschland, muß ein „streng 
wissenschaftlich organisiertes AbguBmuseum für 
die vergleichende Skulptur aller Kulturvölker im 
Mittelalter und Neuzeit“ errichtet werden. Wel- 
chen Nutzen ein solches in kunstpädagogischer 
Hinsicht stiften könnte, weiB jeder, der einmal 
durch das Musée de sculpture comparée des 
Trocadero gegangen ist ... das sind, in kurzen 
Schlagworten natürlich, jene Forderungen der 
Kunstwissenschaft, die Werner Weisbad in 
einem sehr lesenswerten Aufsatz!) unlängst 
der Öffentlichkeit unterbreitete. Er hat nicht 
bloß kluge, sondern auch mutige Sätze geschrie- 
ben, die ihm nicht vergessen werden dürfen. 
An den Kunsthistorikern aber ist es, dafür zu 
sorgen, daB den theoretischen Erörterungen 


Taten folgen. E. S. 
9 
KLEINE NACHRICHTEN 
Berlin. Das kürzlih erst durch Vermittlung eines 


Berliner Kunsthändlers erworbene romanisme Portal 
der früheren Kirche in Langheim, die zuletzt zur Sdieune 
degradiert war, ist in Berlin angekommen und im Hofe 
des nn Friedridi- Museum provisorisch aufgestellt 
worden. 


) Werner Weisbach: „Kunstgenuß und Kunstwissen- 
schaft“. Preußische Jahrbiicher 1908, Bd. 134, S. 148. 
(Oktoberheft.) 


1146 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Hamburg. Die Sammlung mittelalterliher und Re- 
naissance-Kunstwerke, Gerätschaften und Waffen von 
puis Campe ist hier en bloc zum Verkauf gelangt. 

rfreulicherweise sind die Käufer deutsche Antiquare. 


Leipzig. Dr. Erich Willrich, Direktor des deut- 
schen Buchgewerbemuseums ist zum Direktor des Kgl. 
Kupferstidikabinettes in Stuttgart ernannt worden und 
wird bereits am 1. Januar seine dortige Stellung antreten. 
Für Leipzig und speziell für die ihm unterstelite Samm- 
ung: bedeutet sein Weggang einen schweren Verlust. 
Er hatte mit Erfolg versucht, reorganisatorisch im Dienste 
seines Museums zu wirken und hat bei diesem Bestreben 
schöne Erfolge zu verzeidinen gehabt. So hat seiner 
Zeit im Frühjahr 1%7 die von ihm arrangierte Ausstel- 
lung moderner deutsmer EE Ae über Leipzig 
hinaus Aufsehen erregt und starke Anerkennung gerade 
in den Kreisen der Kenner gefunden. Sie war nicht zu- 
letzt ein Beweis für den feinen künstlerischen Geschmack 
und die ausgezeichnete Kennersdiaft Willridis auf dem 
Gebiete der qraphischen Kunst. Die hier gesammelten 
praktischen Erfahrungen und das oftınals bewiesene qlän- 
zende Organisationstalent werden seiner neuen Tätigkeit 
zweifellos sehr nützlid sein. De 


München. Der bisherige Direktorial-Assistent am 
Römisch- Germanischen Zentralmuseum in Mainz, Dr. 
Paul Reinecke, wurde zum Konservator, der bisherige 
Assistent am Kunstgeschichtlidien Museum in Würzburg, 
Dr. Georq Hock und Dr. Felix Mader wurden zu 
Kustoden am Generalkonservatorium der Kunstdenkmale 
und Altertiimer Bayerns ernannt. 


StraBburg. Der im vergangenen Jahre verstorbene 
Verlagsbudihandler Kommerzienrat D. K. Trübner und 
seine vor kurzem ihm im Tode nachgefolgte Gattin haben 
laut letztwilliger Verfügung dem Städtischen Museum 
die Summe von 250000 Mark vermacht, die mit den 
Zinsen zum Ankauf alter Meister zu verwenden sind. 
Das Vermächtnis enthält überdies eine Anzahl wertvoller 
Ölgemälde alter Meister der italienischen und niederlän- 
dischen Schule. Der Erblasser ist ein Bruder des be- 
kannten Malers. 


Bern. Die Erhaltung des historischen Museums 
zu Bern, jenes präditigen und kunsthistorisdi bedeut- 
samen Architekturdenkına:s ist trotz der warmen Fürsprache 
Prof. Dr. Wecses, des bekannten Kunsthistorikers an der 
Berner Universität, durch die in der Sdiweiz üblidie Volks- 
abstimmung abgelehnt worden. 


Perugia. In der gotischen Kirche S. Bevignate am 
Friedhof von Perugia, die im 12. Jahrhundert erbaut 
wurde und bis 1300 den Tempelherrn gehörte, ist ein 
ausgedehnter Freskensdimuck aus versdiiedenen Epochen 
unter der Ubertiindung entdeckt worden. Ein Teil der 
Malereien scheint der letz'en Templerzeit anzuqehGren 
und soll einem Vorläufer Giottos zuzuschreiben sein, 

Toledo. Ein neuer Greco. Beim Durdistébern 
verstaubter Winkel hat der Sakristan der Kirche San 
Roman unter allerlei altem Gerümpel ein Gemälde ent- 
deckt, das von Sachkundigen als ein bisher unbekanntes 
Werk Domenico Theotokopulis, gen. il Greco, erkannt 
wurde. Das Bild zeigt die lebensgroße Gestalt eines 
Edelmanns, wohl des Patrons oder Gründers der Kapelle, 
der sich im Gebet an die von Engeln umringte Mutter 
Gottes wendet. In Komposition und Farbe, vor allem 
aber im Typ des Mannes soll sich die Manier des Greco 
so unverkennbar offenbaren, daß an der Editheit des 
Bildes, das überdies die Signatur des Malers trägt, nidıt 
gezweifelt werden kann. 


Petersburg. Am 19. November ist in den Räu- 
men der Kuiserlidien GesellschaftzurFörderung 


der Künste eine Arsstellung von Gemälden alter 
Meister aus dem Privatbesitz der russischen Aristo- 
kratie eröffnet worden. Das Komitee der Kunstzeitschrift 
»Staryje Gody* („Alte Zeiten“), die die Veranstaltung in 
die Wege leitete, hat eine Auswahl von rund 400 Ge- 
mälden getroffen, unter denen so ziemlich alle Schulen 
vom 14. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts vertreten 
sind; zwei bisher unentdeckte Rubens und sieben edite 
Rembrandts bilden Höhepunkte dieser ganz einziq- 
artigen Ausstellung, die den Reichtum des Kunstgutes, 
das im Familienbesitz des russischen Adels schlummert, 
länzend beleuchtet. (Eines der nächsten Hefte unserer 
eitschrift bringt einen ausführlichen, reich illustrierten 
Aufsatz über dıe Veranstaltung aus der Feder des Kon- 
servators der Eremitage, Dr. James von Schmidt. D. R.) 


2 


KLEINE ANZEIGEN 


Den diesjährigen Katalog seiner Bibliothek- und 
Sammelwerke hat der Verlag F. Brnckmann in 
München, der in diesem Jahre auf ein halbes Jahrhundert 
seines Bestehens zurückblickt, in ein besonders festliches, 
künstlerisch vornehmes Gewand gehüllt. Blättert man 
die mit einer Reihe prover Tafeln glänzend illustrierte 
Publikation, der das Bild des Begründers Friedrich Bruck- 
mann vorangestellt ist, durch, so erkennt man abermals, 
daß der Verlag sein durch die Jahrzehnte mit Konsequenz 
verfolytes Programm, Werke von bicibender Bedeutung 
in größtmöglichem Umfang in tedınish möglichst voll- 
kommenen Reproduktionen dem Genusse und dem Studium 
der Mit- und Nachwelt nahezubringen, in vortrefflicier 
Weise in die Tat umgesetzt hat. Die Kunst in ihrer Ent- 
wicklung vom fernen Altertum bis hinauf zum Impressionis- 
mus unserer Tage, spiegelt sich in der Reihe der auf- 

eführten großen Publikationen, deren bestens bekannter 
orzug in den mit Hilfe aller neuzeitlihen Reprosuk- 
tionsverfahren hergestellten Bildtafeln liegt. Eın Blatt, 
wie die wundervolle farbige Wiedergabe des Isenheimer 
Altars Grünewalds, offenbart allein scion die Höhe der 
Leistungen, die hier erzielt wurden. Dieser Nachbildung 
wegen wird man den Bruckmannschen Jubiläumskatalog 
besonders sorgsam aufbewahren. d— 


Eine Folge prächtiger Nachbildungen von Hand- 
zeidinungen neuerer Meister im Kgl. Kupfer- 
stihkabinett zu Dresden, die ganz besonders den 
Wiinsdien des reifen Kunstfreundes entgegenkommen und 
ebenso wertvoll als Ersatz der Originale wie als Studien- 
material sind, läßt der Verlag von Amsler & Ruthardt 
in Berlin durch Geh.-Rat Lehrs, denDirektor des Dresdner 
Kabinettes herausgeben. Bisher sind 30 Blatt ersdiienen und 
zwar nach den besten Zeichnungen erster deutscher Meister 
wie Menzel, Feuerbadı, Thoma, Leibl, Lieber- 
mann, Max Klinger (11 Blatt), Stauffer-Bern, 
Ernst Moritz Geuger und Otto Greiner. Die Preise 
sdiwanken pro Blatt zwischen 4 und 6 M. Zu Geschenk- 
zwecken ist diese glänzende Publikation wie kaum eine 
andere geeignet. 


Wie alljährlich, so versendet auch in diesem Jahre der 
Verlag von Schuster & Bufleb in Berlin, Nollendorf- 
straße 31.32, seinen Almanad für Architektur, Kunst 
und Kunstgewerbe, der allen wissenscaftlicı Arbeitenden 
zur Ergänzung ihrer Bibliothek bestens empfohlen werden 
kann. Das sorgsam ausgestattete Buch, das durch eine 
geistreidi geschriebene Einleitung „Gedanken über Er- 
ziehung zur Kunst“ eingeführt wird, bietet eine Zusam- 
menstellung wichtiger Budi- und Vorlagenwerke aus den 
Spezialgebieten des Verlags. Neben der großen Zahl 
der Neuerscheinungen des letzten Jahres sind die Vor- 
räte des Antiquariats besonders berücksichtigt und es ist 
erfreulich darauf Bedadit genommen, dem die wissen- 
schaftlichen Erscheinungen Sudienden einen umfassenden 
Literaturnadiweis zu geben. Neben rein fachlichen 
Werken finden sich zudem in reicher Auswahl seltene 
Stichwerke und Reproduktionen in Lithographie, Farben- 
druck und den neueren Reproduktionstechniken. d- 


AGE 


=. — 


Victor Roth. Der spätgotische Flügelaltar 
in Mediasch. Hermannstadt: Buchdr. v. W.Krafft 
[s. J.] 

Roths Büchlein gilt einem namenlosen großen 
Altarwerk in Siebenbürgen, das in das letzte 
Jahrzehnt des XV. Jahrhunderts zu setzen ist 
und bei der Seltenheit derartiger Denkmäler 
wohl das Interesse des siebenbürgisden For- 
schers verdient. Über der Predella, die nicht 
mehr ursprünglich, sondern durch eine Abend- 
mahls-Darstellung des späteren XVI. Jahrhun- 
derts ersetzt ist, erhebt sich der Altarschrein, 
der gleichfalls die ursprünglichen Sdinitzereien 
nicht mehr enthält, mit den Doppelflügein. Die 
ursprünglichen Schnitzereien der Innenseiten 
sind auch hier nicht mehr vorhanden, doch bie- 
ten die von irgendwo anders her genommenen 
aufgenagelten vier Evangelistensymbole inso- 
fern Interesse, als sie aus dem Anfang des 
XV. Jahrhunderts stammen und zu den ältesten 
Denkmälern der Holzplastik im Sachsenlande 
gehören. Das wichtigste sind aber die Malereien 
auf den Außenseiten der Flügel, acht Szenen 
aus der Passion: Gefangennahme, Geißelung, 
Dornenkrönung, Ecce homo, Kreuztragung, Vor- 
bereitung zur Kreuzigung, Kreuzigung, Aufer- 
stehung. Für ihre Komposition sind zum Teil 
die M. Schongauer’schen Stihe maßgebend 
gewesen; so z. B. für die Verspottung (B. 15), 
Kreuztragung (B. 26) und sonst für einzelne 
Figuren. Aus den beigebenen neun Lichtdrucken, 
die leider nur vier der dargestellten Szenen 
wiedergeben, ist nicht zu erkennen, daß wir es 
mit einem allzubedeutenden Werk zu tun haben; 
es ist offenbar Provinzialkunst, in der aber eine 
gute Tradition auch maleriscier Art und ein 
ernsthaftes Bemühen zu spüren ist. Für Sieben- 
bürgen ist es das einzige Werk, das Bezieh- 
ungen, wenn vielleicht auch nur sehr lockerer 
Art, zur Kunst des Oberrheins aufweist. Und 
von diesem spezifisch siebenbürgischen Stand- 
punkt aus ist auch die mit Absicht breitere, 
warmherzige, ja zuweilen enthusiastische Be- 
handlung des Altars zu würdigen; ist er doch 
auch ein Denkmal „jener Kraft, die in diesem 
Lande lebensvolle Außerung erlangte“, und die 
wir immer mit lebendiger Teilnahme in allen 


ihren Äußerungen begleiten. Carl Simon 


2 


SIC LITERATUR 


Handzeichnungen alter Meister im Stä- 
delschen Kunstinstitut. Herausgegeben 
von der Direktion. Originaltreue Lichtdrucke 
der Hofkunstanstalt Albert Frisch. Frankfurt 
a. M. 1908. Selbstverlag des Städelschen Kunst- 
instituts. 


Gleich den älteren und bekannteren Samm- 
lungen von Zeichnungen, wie Berlin, Dresden 
und München, entschließt sich jetzt die Direktion 
des Städelschen Kunstinstituts, aus dem Schatz 
ihres Besitzes die wertvollsten Stücke nach und 
nach dem Studium zugänglich zu madien. Jedes 
Beginnen dieser Art darf mit Sicherheit auf die 
Anteilnahme und Dankbarkeit der wissenschaft- 
lich interessierten Kreise redinen. Denn vieler- 
lei Hemmnisse stehen noch dem Studium dieser 
besonderen Gruppe ererbten Kunstbesitzes ent- 
gegen; ist doch trotz so vieler vorhandener 
Publikationen erst ein Bruchteil erschlossen 
worden, und ebensowenig helfen Kataloge dem, 
der sich informieren mödıte; wie denn zu einer 
wissenschaftlichen Aufarbeitung dieser oft wich- 
tigsten Zeugnisse des künstlerischen Schaffens 
der Vergangenheit kaum erst die Ansätze vor- 
handen sind. 

Von den Zeichnungen des Stédelschen In- 
stituts gab es bisher, wenn mich die Erinnerung 
nicht täuscht, mit verschwindenden Ausnahmen 
überhaupt keine Reproduktionen: und dies bei 
einem Besitz von 5C00 Blättern alter Meister. 
Der Herausgeber wird nur mit der Schwierig- 
keit der Wahl des Besten zu kämpfen haben; 
aber wir wissen, daß diese Sorge in gute Hände 
gelegt ist. 

Die erste Lieferung der auf einhundert Blatt 
berechneten Publikation, die in zehn Lieferungen 
etwa vierteljährlich erscheinen soll, liegt vor 
uns; sie entspricht allen billigen Anforderungen 
an Treue der Wiedergabe und Güte der Aus- 
stattung. Die Auswahl umfaßt drei Blätter der 
deutschen Schule, ein franzòsiscies, zwei italie- 
nishe und vier von vlämischen und nieder- 
ländischen Meistern. Den Reigen eröffnet Dürer 
mit dem bekannten frühen Blatt der Nürnbergerin 
und Venezianerin, und dem weniger bekannten, 
ebenfalls ganz frühen Entwurf für ein gotisches 
Glasfenster mit dem heiligen Georg, dessen 
farbige Wiedergabe die Aquarelltönung aufs 
beste getroffen hat. Es folgt der ältere Holbein 
mit einem seiner Entwürfe mit Silberstift: vier 
Köpfe, darunter ein feineritalienisierender Frauen- 


1148 


kopf im Profil und ein Papst mit dem Triregnum 
geschmückt (ist es nicht Sixtus IV.?). Fragonard 
repräsentiert ein „Rome 1776“ datiertes, in Sepia 
laviertes Blatt mit zwei Figuren, die nur auf Ton 
angelegt sind. Ein Hauptblatt, die Schwarz- 
kreidezeichnung des aufschauenden Jünglings von 
Buonsignori. Den Domenico Campagnola sieht 
man selten besser, als in der großen Landschaft 
mit zwei Astronomen im Vordergrund; noch ist 
der Duktus wesentlich frei von Manier und die 
Gestalten haben noch giorgionesken Charakter. 
Die Niederländer führt der alte Breughel an mit 
einer Studie nach zwei Rabbinern, voll trefflicher 
Beobachtung, mit genauer Farbangabe. Dann 
varı Dycks Entwurf zu dem vornehmen Porträt 
de Costers aus der Ikonographie, gegen den ein 
männliches Bildnis mit der Signatur des Goltzius, 
datiert 1588, als treue, doch unangenehm veris- 
tishe Wiedergabe des Modells stark absticht. 
Am Schluß Rembrandt mit einer Studie zweier 
Männer beim Schweineschlachten; der eine, mit 
dem Messer im Mund, schleppt sein Tier müh- 
selig von dannen, während der andere das seine 
mit dem Beil in der Mitte durchhaut. Dieses 
Motiv fesselte ihn also nicht nur malerisch. 
Man sieht, wie vielseitig die Gabe zu werden 
verspricht, deren erste Probe uns Direktor Swar- 
zenski bietet. Wenn die folgenden Lieferungen, 
woran nicht zu zweifeln ist, sich auf der Höhe 
der ersten halten, so wird ein Erfolg nach jeg- 
liher Richtung das Unternehmen begleiten. 
Dürfen wir eine Bitte formulieren, so wäre es 
die, daB von jetzt ab den knappen Bemerkungen 
über die Blätter auf der Umschlagsseite auch die 
Maße beigefügt werden. Falls der kurze Text, 
den der Prospekt verspricht, auch tunlidıst Lite- 
raturangaben enthielte — allzuhäufig werden 
solche ohnehin nicht zu machen sein —, so wäre 
es sehr dankenswert. Georg Gronau. 


9 


Guido Carocci. I dintorni di Firenze. 2 vols. 
Firenze 1907. (Edizione completamente rinovata.) 


Wenn jemals eine Publikation zur rechten 
Zeit erschien und wirklich die bekannte ,sdimerz- 
lich empfundene Lücke“ ausfüllt, so ist es diese. 
Denn Morenis gleidinamiges Werk ist heute längst 
veraltet und die früheren Auflagen von Caroccis 
Buch ließen auch, besonders in der Kritik gegen- 
über traditionellen Zuweisungen von Bildern und 
Statuen an bestimmte Meister manchen Wunsch 
des modernen Forschers unerfillt. Nun sind 
aus dem schmächtigen Büchlein von ehedem 
zwei stattliche, reich illustrierte Bände geworden, 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


die mit den ersten Ausgaben der „Dintorni di 
Firenze“ nur mehr den Titelund — zum Glück! — 
den Autor gemein haben. Und dieser, heute 
wohl der beste Kenner des alten Florenz und 
seiner Umgebung führt uns zu den verstecktesten 
Tabernakeln, zu den entlegensten Villen, zu 
allen Kirchen und Oratorien, teilt in knappen 
Worten das Wissenswerte über die Baulichkeiten 
mit, erzählt von den Kunstschatzen, die sie 
einstens beherbergten und gibt kritische Ver- 
zeichnisse von den leider allzuwenigen, die wir 
noch an Ort und Stelle betrachten können. „Una 
semplice e modesta guida“ hat der allzu be- 
scheidene Verfasser sein Werk, die Frucht viel- 
jähriger Archivstudien und rastlosen Wanderns, 
in der Vorrede geheiBen; aber es bedeutet viel, 
viel mehr, und wird jedem, der sich ernsthaft 
dem Studium der florentinishen Kunst widmet, 
ein unentbehrliches Hülfsbuch sein. Und darum, 
weil es uns „oltramontani“ nicht immer als 
Führer, sondern unter einem nördlichen Himmel 
weit öfter als Nachschlagewerk dienen wird, 
sei an den geschätzten Verfasser die Bitte 
gerichtet, er möchte in der nächsten Auflage 
seines Werkes dem vorzüglichen topographischen 
Register auch ein solches der Künstlernamen 
gesellen. Wir alle werden ihm dafür zu großem 
Danke verpflichtet sein. Emil Schaeffer. 


8 


Freeman O'Donoghue. Catalogue of 
Engraved British Portraits preserved 
in the Department of Prints and Dra- 
wings in the British Museum. Vol.I. A-C. 
London. 8°. 1908. 


Vielleicht ein drittel aller Fragen, die an Be- 
amte der Kupferstich Kabinette gestellt werden 
sind Bildnisfragen. Die wenigsten Kupferstic 
Kabinette aber besitzen brauchbare, in sich ab- 
geschlossene Bildnissammlungen, noch audi nur 
vollständige Blattkataloge. Die Beamten sind 
demnach immer auf die Hilfsmittel wie z. B. 
den Drugulinschen Katalog angewiesen, um über- 
haupt die Möglichkeit zu haben nach einem 
Bildnis in der Sammlung zu forschen. Denn der 
Fragende weiß stets nur wessen Bildnis er 
sucht, nicht aber den Maler oder Stecher an- 
zugeben, deren Kenntnis allein das Auffinden 
des betreffenden Bildnisses ermöglicht. 

Mit groBer Freude ist daher auch vorliegen- 
des Buch als ersehntes Hilfsmittel zu begrüßen. 
Es stellt sich in seiner Weise nicht unwürdig 
dem monumentalen Bildnis-Katalog der Biblio- 
theque Nationale in Paris zur Seite, den Duplessis 


me ee a rr PA e = -— 


A fe SA 


Literatur 


begonnen hat und Riat und Lesmoine fort- 
setzten. 


Dieses ungeheure Werk weist bis jetzt sechs 


Bande auf und behandelt bis zu Louis Philippe I. 
nicht weniger wie 28376 Dargestellte, wobei 


wan oinzolnan Narnoctolltan 


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 DIERENAISSANCE 


| 
| 
| 


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IN-BRIEFEN -VON-DICHTERN 
KUNSTLERN-STATSMÄNNERN 


GELEHRTEN -UND FRAUEN 


BEARBEITEI-VON 
LOTHAR: SCHMIDT 


LEIPZIG-IOOQ- VERLAG VON 


KLINKHARDT & BIERMANN 


Me ee ee en 


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sonderer Rang zufallt) ganz und gar andere 


1149 


Namen tragen. Wir benötigen, um nicht voll- 
ständig verwirrt zu werden, gerade ein Werk 
wie dieses, um die Norm zu haben, die uns 
feststellt, unter welchen Namen solche Personen 
einzuordnen sind. 
ist wie bei allen Publikationen 
| seums-Kataloge ausgezeichnet und 
eordnet. Es l&Bt sich nur eins 
i Titeln, die in hundert oder mehr 
Bildnissen vorhanden sind (z. B. 
daB deren Verzeichnis sich fiber 
rstreckt, müßte oben auf jeder 
entitel der jeweilige Namen ge- 


hreiten und der schnellen Voll- 
selbstlosen Arbeit des Herrn 
ın man nur mit den besten Wün- 


isehen. Hans W. Singer. 


8 


Danzig. Mit Buchschhmuk von 


wohnt, in jedem neuen Bändchen 
ier Kultur“ eine frische, anmutige 
den. In dem eben erschienenen 
ızig wird diese Erwartung wieder 
3e erfüllt. Es ist ein Genuß, das 
chzulesen, ein Genuß in zwiefacher 
den Inhalt und was die Ausstat- 
i. Gleich der erste Abschnitt über 
| zeigt, daß Grisebach nicht nur 
reiben weiß, sondern daß er sich 
esen des Städtebaues hineingelebt 
Wesentliche am Stadtbild emp- 
erster Linie den GrundriB, will 
ıfluchten, und dann erst den Auf- 
ıette der Stadt in ihren bezeich- 
‘n. In der Tat, eine Straße ver- 
ativ weniger, wenn man auf ihren 
n neue, fremdartige Häuser auf- 
1 man Kopieen und Nachahmungen 
ser auf eine neue Baulinie zurück- 
sind die beliebten Baulinienkünste 
die größte Sünde gegen den Geist 
- einer Stadt. Und wie lächerlich 
r Verkehr, in dessen Namen die 
jiert* wird, wie wenig wird oft 
1 wie groß sind die Opfer. Das nur 
Schritt für Schritt verfolgt dann 
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einzuflechten. Die Marienkirche, die 


irisebach, Stätten der Kul- 


mäler 


1148 Monatshefte fir 


Kunstwissenschaft 


kopf im Profil und ein Papst mit dem Triregnum 
geschmückt (ist es nicht Sixtus IV.?). Fragonard 
repräsentiert ein „Rome 1776“ datiertes, in Sepia 
laviertes Blatt mit zwei Figuren, die nur auf Ton 
angelegt sind. Ein Hauptblatt, die Schwarz- 
kreidezeichnung des aufschauender-1ärrlinne van 
Buonsignori. Den Domenico Carr 
man selten besser, als in der grol 
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datiert 1588, als treue, doch unan 
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Guido Carocci. I dintorni di Fi 
Firenze 1907. (Edizione completam« 


Wenn jemals eine Publikation 
Zeit erschien und wirklich die bekan 
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veraltet und die früheren Auflagen 
Buch lieBen auch, besonders in der 
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zwei stattliche, reich illustrierte B. 


die mit den ersten Ausgaben der „Dintorni di 
Firenze“ nur mehr den Titelund — zum Glück! — 
den Autor gemein haben. Und dieser, heute 


wohl der beste Kenner des alten Florenz und 


seiner Umgebung führt uns zu den verstecktesten 
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Tahnennloale PTE nmtlnmnmmmtm— TION aa nes 


er Ùbersetzer und Herausgeber der mit so groBem 
Beifall aufgenommenen Briefe der Ninon de 
Lenclos und der Frauenbriefe der Renaissance 


Lothar Schmidt 


unternimmt in den vorliegenden Banden den schwierigen 
aber hochinteressanten Versuch, das gesamte Zeit- 
alter der Renaissance durch das lebendige Wort der 
Menschen, die es gelebt und gepragt haben, in seinen 
charakteristischen Grundzügen darzustellen. In 
sorgsam zu diesem Zwecke ausgewählten 


Briefen von Dichtern, Künstlern, Staats- 
männern, Gelehrten, Kierikern und Prauen 


läßt er den oft so rätsel- und widerspruchsvollen Geist 
jener bewegten, kunstverklärten Zeit sich spiegeln. Es 
ist kein Zweifel: ein glücklicherer Versuch, dem innersten 
Wesensgeheimnis der Renaissance nahe zu kommen, ist 
selten gemacht worden! Jene Zeit der großen Persön- 
lichkeiten, jene Epoche des schrankenlosen Ichkultus 
kann unmittelbar nur durch das persönlichste Ichdoku- 
ment, die Briefe der Zeit, nahegebracht werden. Ist 
doch der Brief nächst dem gesprochenen Worte — und 
oft noch in höherem Maße als dieses — der individuellste 
Ausdruck menschlichen Denkens und Empfindens. Keine 
künstlerische Darstellung, kein wissenschaftliches Forschen 
läßt in ähnlicher Weise die ins Schattenreich der Toten 
eingegangenen Seelen wieder lebendig werden und führt 
gleich plastisch diese Zeit selber vor Augen. 

In besonderem Maße noch muß dies für den Brief 
der Renaissance gelten, die ja die Kunst des Brief- 
schreibens wieder entdeckte, sie mit wirklicher Liebe 
gepflegt und dadurch zu ihrer wahrhaft künstlerischen 
Höhe erhoben hat. Für die Menschen jener Zeit war 
der Brief das Mittel, sich mit der Welt und ihren Er- 
scheinungen aufs gründlichste auseinanderzusetzen. Hier 
enträtselten sie ihre Seele, eröffneten den Zugang zu ihrem 


aw 280 


nn Slim sa Sa DR DS APR LED assy uch AJAT 


‘hèque Nationale in Paris zur Seite, den Duplessis 


Literatur 


1149 


begonnen hat und Riat und Lesmoine fort- 
setzten. 

Dieses ungeheure Werk weist bis jetzt sechs 
Bände auf und behandelt bis zu Louis Philippe I. 
nicht weniger wie 28376 Dargestellte, wobei 


innersten Denken und Fühlen — So sind es Bekenntnis- 
schriften, aus denen alle großen Fragen, die die Zeit 
bewegten, hervorklingen, Denkmale einer Weltanschauung, 
was in ihren Briefen uns hinterlassen ist. Wie die den 
verschiedenen Gesellschaftsklassen angehörenden Men- 
schen der Renaissance dachten und fühlten, wie sie 
empfanden in Haß und Liebe, wie sie für hohe Ideale 
sich begeisterten und wie sie das Alltagsleben anschauten, 
wie sie beteten und lästerten, lachten und weinten auf 
ihren oft so stürmisch krausen Lebenspfaden, das offen- 
baren uns ihre Briefe — und klarer und eindringlicher 
noch dies Buch von Lothar Schmidt, das mit sorgsamem 
Bedacht die am meisten charakteristischen Stücke aus 
Korrespondenzen, die sich über einen Zeitraum von nicht 
weniger als drei Jahrhunderten erstrecken, ausgewählt 
und zu einem in sich geschlossenen Ganzen vereinigt hat. 


Für den Gebildeten unserer Zeit kann wohl kaum 
ein Buch gefunden werden, das solchen Anspruch auf 
sein Interesse hat, wie die vorliegende Publikation. 
Die großen kultur- und literaturgeschichtlichen Werke 
von Voigt, Burckhardt, Gaspary über die Renaissance, 
haben bei aller Bedeutung, die ihnen zukommt, für die 
breitere Allgemeinheit doch zweifellos den Nachteil, daß 
sie zu ihrem Verständnis ein beträchtliches Fachwissen 
voraussetzen. Unser Werk „Renaissancein Briefen“ 
wird in erster Linie ein Werk für den gebildeten 
Laien sein, der sich mühelos und ohne das Opfer lang- 
jähriger Studien mit dem Werden, dem Sein und 
Vergehen des Geistes vertraut machen möchte, den 
wir den Geist der Renaissance nennen! 


Diese Korrespondenzen, ursprünglich in lateinischer 
und italienischer Sprache verfaßt, in treuer und guter 
Verdeutschung wiederzugeben, war eine der Haupt- 
schwierigkeiten des Unternehmens. Lothar Schmidt ist 
dieser heiklen Aufgabe mit bewährter Meisterschaft ge- 
recht geworden. Daß er die zum Verständnis des 
Materials notwendigen Erläuterungen nicht in Fußnoten 


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sonderer Rang zufallt) ganz und gar andere 


Namen tragen. Wir benötigen, um nicht voll- 
ständig verwirrt zu werden, gerade ein Werk 
wie dieses, um die Norm zu haben, die uns 
feststellt, unter welchen Namen solche Personen 


einzuordnen sind. 
wan oinzolnon Marnoctolltan bie au AND sd dads ist wie bei allen Publikationen 


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hreiten und der schnellen Voll- 
selbstlosen Arbeit des Herrn 
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8 


irisebach, Stätten der Kul- 
Danzig. Mit Buchshmuck von 


wohnt, in jedem neuen Bändchen 
er Kultur“ eine frische, anmutige 
den. In dem eben erschienenen 
izig wird diese Erwartung wieder 
je erfüllt. Es ist ein Genuß, das 
hzulesen, ein Genuß in zwiefacher 
den Inhalt und was die Ausstat- 
i. Gleich der erste Abschnitt über 
. zeigt, daB Grisebach nicht nur 
reiben weiß, sondern daß er sich 
esen des Städtebaues hineingelebt 
Wesentliche am Stadtbild emp- 
erster Linie den GrundriB, will 
ifluchten, und dann erst den Auf- 
rette der Stadt in ihren bezeich- 
n. In der Tat, eine StraBe ver- 
ativ weniger, wenn man auf ihren 
n neue, fremdartige Häuser auf- 
1 man Kopieen und Nachahmungen 
ser auf eine neue Baulinie zurück- 
sind die beliebten Baulinienkünste 
die größte Sünde gegen den Geist 
‘ einer Stadt. Und wie lächerlich 
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iert“ wird, wie wenig wird oft 
| wie groB sind die Opfer. Das nur 
schritt für Schritt verfolgt dann 
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‘igen Ort kurze und prägnante 

t bedeutendsten Kulturdenk- 

i» Die Marienkirche, die 


1148 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


kopf im Profil und ein Papst mit dem Triregnum 
geschmückt (ist es nicht Sixtus IV.?). Fragonard 
repräsentiert ein „Rome 1776“ datiertes, in Sepia 
laviertes Blatt mit zwei Figuren, die nur auf Ton 
angelegt sind. Ein Hauptblatt, die Sdwarz- 
kreidezeidinung des aufschauend er Steet mre 
Buonsignori. Den Domenico Cam 
man selten besser, als in der grol 
mit zwei Astronomen im Vorderg 
der Duktus wesentlich frei von N 
Gestalten haben noch giorgionesk 
Die Niederländer führt der alte Br 
einer Studie nach zwei Rabbinern, 
Beobachtung, mit genauer Farba 
van Dycks Entwurf zu dem vorn 
de Costers aus der Ikonographie, | 
männliches Bildnis mit der Signatu 
datiert 1588, als treue, doch unan: 
tishe Wiedergabe des Modells : | 
Am Schluß Rembrandt mit einer | 
Männer beim Schweineschlachten; 
dem Messer im Mund, schleppt sı 
selig von dannen, während der ar. | 
mit dem Beil in der Mitte durd | 
Motiv fesselte ihn also nicht nur 

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zenski bietet. Wenn die folgende 
woran nicht zu zweifeln ist, sich 


die mit den ersten Ausgaben der „Dintorni di 
Firenze“ nur mehr den Titel und — zum Glück! — 
den Autor gemein haben. Und dieser, heute 
wohl der beste Kenner des alten Florenz und 


seiner Umgebung führt uns zu den verstecktesten 
TË" en ba namen en Le ala mes ln mandl wn wm en ni. TL 


gibt, sondern sie als ein gefällig, die Verbindung knüp- 
fendes, fortlaufendes Band in den literarischen Text ein- 
gefügt hat, macht die Lektüre noch genußreicher und 
schließt überdies die keck zusammengerafften Einzel- 
stücke zum organischen Ganzen, zu einer vom Leser selbst 


erlebten Kulturgeschichte der Renaissance. 


Der erste Band, der in der Hauptsache das 14. und 


15. Jahrhundert umfaßt, setzt mit den Briefen der Be- 
gründer der Frührenaissance, Petrarka und 
Boccaccio, ein. 


Der zweite Band wird die wichtigsten Briefe der 


prominenten Persönlichkeiten der Hochrenaissance 
enthalten. 


Preis: Band I geheftet . M. 5.— 
gebunden M. 6.— 
Luxusausgabe: 50 Exemplare auf Bütten einzeln 
numeriert, in flex. Ganzlederband M. 15.— 


oo ie eee ee ee 


der ersten halten, so wird ein Er 
lier Richtung das Unternehm 
Dürfen wir eine Bitte formulierer 


Bitte auszufüllen. 


die, daß von jetzt ab den knappen 
über die Blätter auf der Umschlags 
Maße beigefügt werden. Falls de 


verspricht, deren erste Probe uns I 
den der Prospekt verspricht, auch 


raturangaben enthielte — allzuh 

sole ohnehin nicht zu machen se 

es sehr dankenswert. Ge 
8 


Guido Carocci. I dintorni di Fi 
Firenze 1907. (Edizione completame 


Wenn jemals eine Publikation 
Zeit erschien und wirklich die bekan 
lich empfundene Lücke“ ausfüllt, s 
Denn Morenis gleicinamiges Werk i: 
veraltet und die friheren Auflagen 
Buch lieBen auch, besonders in der 
über traditionellen Zuweisungen vc 
Statuen an bestimmte Meister m: 
des modernen Forschers unc” 
aus dem schmädhtigen Bic 
zwei stattliche, reich illustrier 


Unterzeichneter bestellt bei der Buchhandlung von 


NT U cere TE COZZA CC ZE ee Se CeCe ee ey IC eee. ITTICA nenn ve 


aus dem Verlage von Klinkhardt & Biermann, Leipzig 


: EN In Briefen von Dichtern, Kunst. 
Die R ENAISSANCE lern, Staatsmännern, Gelehrten 
und Frauen. Bearbeitet von Lothar Schmidt. Band I 


Exemplare geh. M. 5.— — fest — zur Ansicht 
aa E: geb. M. 6.— — fest — zur Ansicht 
i (nur fest) Luxusausgabe (so ein- 


zeln numerierte Exemplare in Kalb- 
leder pro Exemplar M. 15.—) 


iii AA TITTI TERN ET TT eet aby MOE rete Oe Oe 


aca 08 INILTANA NANA svasata SITTI DT asusaiuy usta LPSLLIV 


theque Nationale in Paris zur Seite, den Duplessis 


» | Bestellschein | Frs 


“il Gee ee ee 7 — = 


Literatur 1149 


begonnen hat und Riat und Lesmoine fort- 
setzten. 

Dieses ungeheure Werk weist bis jetzt sechs 
Bande auf und behandelt bis zu Louis Philippe I. 
nicht weniger wie 28376 Dargestellte, wobei 
von einzelnen Dargestellten bis zu 500 und 
mehr Bildnisse aufgezählt werden! Danach kann 
man si einen Begriff machen von dem un- 
glaublichen Umfang der Pariser Bildnissammlung 
und man muB bedenken, daB hier nur die Blatter 
der eigentlichen Bildnissammlung aufgezählt 
werden, nicht auch die zahlosen Bildnisse, die 
sich sonst bei den Werken der einzelnen Maler 
und Kupferstecher in der Bibliotheque Nationale 
verstreut befinden. 

Der englische Katalog, dessen erster Band 
von a—c reicht, weicht in soweit von dem 
französischen ab, als er alle Bildnisse der Samm- 
lung katalogisieren will, nicht also bloB die, die 
zu einer abgeschlossenen Bildnisabteilung ver- 
eint sind. Trotzdem ist er natürlich nicht im 
entferntesten so umfangreich; zunächst aus dem 
Grunde, weil er nur Bildnisse englischer Per- 
sönlichkeiten aufführt. Es lag also in der Natur 
der Sache, daB O’Donoghue mehr bieten konnte 
als seine französischen Kollegen. Während diese 
überhaupt nur ganz allgemein ein Format an- 
deuten, gibt er von allen Blättern die Größe in 
englischen Zoll an. Ferner bestimmt er die 
Technik näher, während die Franzosen nur ganz 
allgemein die Radierung von den andern Kupfer- 
stichtechniken, vom Holzschnitt und vom Stein- 
druck trennen, sehr oft aber auch (namentlich 
bei Blättern, bei denen sie nur den Verleger 
angeben können), gar nichts über die Technik 
aussagen. An dem vorliegenden Katalog arbeitet 
der Verfasser meines Wissens schon länger wie 
zehn Jahre. Es ist ihm zu dem Gelingen (wenig- 
stens des Anfangs) der trefflichen Arbeit und 
uns zu dem Besitz des Nachschlagebuchs bestens 
zu gratulieren. 

Eine derartige Aufgabe erfordert wie be- 
kannt ungeheure Hingebung und eine geradezu 
routinierte Genauigkeit im Arbeiten. Ein ein- 
zelner Band enthält ja über 100 000 kurze Daten, 
Ziffern, Maße. Wer sich da nicht die strengste 
Systematik im Arbeiten angewöhnt hat, kann 
überhaupt nicht damit fertig werden. Die biblio- 
graphischen Notizen sind knapp, wenn auch ge- 
wöhnlih ein wenig ausführlidier wie im ge- 
nannten französishen Werk. Für alle Aus- 
länder hat das Erscheinen von O’Donoghues 
Buch noch das Gute an sich, daß es uns über 
die Titel und eigentlichen Namen der englischen 
Adeligen aufklärt, die bekanntlich zu verschie- 
denen Lebzeiten (je nachdem ihnen ein be- 
sonderer Rang zufallt) ganz und gar andere 


Namen tragen. Wir benötigen, um nicht voll- 
ständig verwirrt zu werden, gerade ein Werk 
wie dieses, um die Norm zu haben, die uns 
feststellt, unter welchen Namen solche Personen 
einzuordnen sind. 

Der Druck ist wie bei allen Publikationen 
der British- Museums-Kataloge ausgezeichnet und 
übersichtlich geordnet. Es läßt sich nur eins 
aussetzen. Bei Titeln, die in hundert oder mehr 
verschiedenen Bildnissen vorhanden sind (z. B. 
Charles LL so daB deren Verzeichnis sich über 
viele Seiten erstreckt, müßte oben auf jeder 
Seite als Seitentitel der jeweilige Namen ge- 
druct stehen. 

Dem Fortschreiten und der schnellen Voll- 
endung dieser selbstlosen Arbeit des Herrn 
Verfassers kann man nur mit den besten Wün- 


schen entgegensehen. Hans W. Singer 
9 


August Grisebach, Stätten der Kul- 
tur. Bd. 6. Danzig. Mit Buchschmuck von 
Paul Renner. 


Man ist gewohnt, in jedem neuen Bändchen 
der „Stätten der Kultur“ eine frische, anmutige 
Skizze zu finden. In dem eben erschienenen 
Buch über Danzig wird diese Erwartung wieder 
in vollem Maße erfüllt. Es ist ein Genuß, das 
Werkcien durchzulesen, ein Genuß in zwiefacher 
Hinsicht: was den Inhalt und was die Ausstat- 
tung anbetrifft. Gleich der erste Abschnitt über 
das Städtebild zeigt, daB Grisebach nicht nur 
hübsch zu schreiben weiß, sondern daß er sich 
auch in das Wesen des Städtebaues hineingelebt 
hat. Als das Wesentliche am Stadtbild emp- 
findet er in erster Linie den Grundriß, will 
sagen die Baufluchten, und dann erst den Auf- 
riB, die Silhouette der Stadt in ihren bezeich- 
nenden Formen. In der Tat, eine Straße ver- 
ändert sich relativ weniger, wenn man auf ihren 
alten Baulinien neue, fremdartige Häuser auf- 
führt, als wenn man Kopieen und Nachahmungen 
der alten Häuser auf eine neue Baulinie zurück- 
setzt. Darum sind die beliebten Baulinienkünste 
unserer Tage die größte Sünde gegen den Geist 
und Charakter einer Stadt. Und wie lächerlich 
gering ist der Verkehr, in dessen Namen die 
Straße „korrigiert“ wird, wie wenig wird oft 
gewonnen und wie groß sind die Opfer. Das nur 
nebenbei. — Schritt für Schritt verfolgt dann 
Grisebach die Entwicklung der Stadt und weiß 
geschickt am richtigen Ort kurze und prägnante 
Schilderungen ihrer bedeutendsten Kulturdenk- 
mäler einzuflehten. Die Marienkirche, die 


1150 


Monatshefte fir Kunstwissenschaft 


trutzigen Stadttore, die stolzen Bürgerhäuser, 
das Rathaus, die Artushalle, das Zeughaus, alles 
das zieht lebendig an unserem Auge vorbei und 
vereinigt sich zu einem farbenfrischen Mosaik 
von der künstlerischen Entwicklung Danzigs. 
Und wie immer bildet das 19. Jahrhundert das 
böse Schlußkapitel, dem ein schüchterner, frommer 
Wunsch und Hoffnung auf bessere Zeiten zu 
folgen pflegt. Die biederen Zeichnungen von 
Paul Renner passen in ihrer Stimmung redıt 
gut zu der gemütvollen Darstellung. Obgleich 
sie dem Druckstil vortrefflidi angepaßt sind, 
fallen sie aus der hellen Druckflache heraus; 
sie sind einige Grade zu dunkel (oder der Druck- 
spiegel zu hell, wie man’s nimmt). Als Zu- 
gabe sind 20 Autotypien beigeheftet, die von 
dem jetzigen und einstmaligen Zustand der be- 
deutendsten Danziger Bauten ein genaues Bild 
liefern. Das Buch wird jedem, der Danzig 
kennt und liebt, in der angenehmsten Weise 
traute Erinnerungen wadirufen, und denen, die 
Danzig noch nicht kennen, wird es ein Ansporn 
sein, eine Wallfahrt nach der alten Stadt an 


der Mottlau zu unternehmen. R. Bernoulli. 


g 


The Art Treasures of London, Painting, 
a Chronological Guide to the Schools of Pain- 
ting as Represented in the Public Galleries of 
London, the Collections at Dulwich & Hampton 
Court, and the University Museums of Oxford and 
Cambridge. Fifty-nine Illustrations and Plans 
of Galleries, Compiled by Hugh Stokes. KI. 8°. 
XX u. 164 S. Pr. 3!/, Schillinge. 1908. Arnold 
Fairbarns & Co. Ltd. Robert Street, Adelphi, 
London W. C. 


Das für den nach London kommenden Kunst- 
forscher und -freund sehr brauchbare, von Mr. 
Stokes mit Sorgfalt zusammengestellte und mit 
nützlichen Anmerkungen durchsetzte, dabei auch 
handliche Büchlein stellt den Beginn einer 
Serie dar, die die Kunstschätze (Malerei, Archi- 
tektur und angewandte Kunst) der bedeutendsten 
Kunstzentren Europas nach Schulen und innerhalb 
dieser in chronologischer Folge angeordnet auf- 
zählen soll, um dem Reisenden auf einen Blick 
zu zeigen, ob ein bestimmter Künstler über- 
haupt in der betreffenden Stadt und wenn ja, 
mit welchen Werken und in welchen Galerien 
er vertreten ist. Das Nadıschlagen und Zusam- 
mensudien der einzelnen Kataloge wird also 
vermieden. Ehe man eine Reise unternimmt, 
kann man sich, ohne oft mühselig genug sich 
die verschiedenen Kataloge der Galerien aus 


der das Reiseziel bildenden Stadt verschaffen 
zu müssen, darüber orientieren, was man da- 
selbst auf dem oder jenem Gebiete in den öffent- 
lichen Sammlungen finden wird. Für Bücher 
dieser Art freilich wäre ein mehrsprachiger Text 
sehr am Platze, jedo kann auch der nicht 
englisch Verstehende das vorliegende Buch über 
die Malschätze Londons sehr wohl benützen. 
Er braucht nur hinten im Inhaltsverzeidinis den 
Namen des gesuchten Malers z. B. Constable 
aufzuschlagen. Dort findet er angegeben: 
Seite 123. Auf dieser Seite ist Constables Ent- 
wicklung kurz charakterisiert und einige Haupt- 
daten seines Leben angegeben. Sodann folgen 
nach den Galerien geordnet und mit Angabe 
der Säle und Katalogsnummern seine in London 
befindlidien Bilder, die in der National Gallery, 
die in der Royal Academy, Diploma Gallery, in 
der Tate Gallery, in South Kensington usw. Um 
das Büchlein nicht übermäßig anschwellen zu 
lassen, ist in einigen Fällen wie bei den Con- 
stables in South Kensington nur die Zahl der 
dort untergebrachten Werke (111 Skizzen und 
Bilder und 300 Aquarelle und Zeichnungen) an- 
geführt. Die kurzen Notizen zu den einzelnen 
Malern und die Einleitungen zu den einzelnen 
Kapiteln (Schulen) sind wohl mehr für ein größeres 
kunstliebendes Publikum bestimmt, dem sie in 
schätzenswerter Weise Zusammenhänge und 
Daten bieten. Sidi letztere vor einem Bilde 
gleich ins Gedächtnis zurückrufen zu können, 
wird auch dem Kenner oft angenehm sein. 
Manch kleineres Versehen ist in diesen Notizen 
freilich mit untergelaufen, das aber so schwer nidıt 
wiegt, da niemand sie als Autorität für Arbeits- 
zwecke benützen wird. Die Abbildungen, nam 
Hanfstänglschen Photographien hergestellt, sollen 
den umfassenden Reichtum der Londoner Schätze 
auf dem Gebiete der Malerei in etwas wenigstens 
dartun. Einige allzubekannte Bilder aber, wie 
Hals ,Lachenaer Cavalier“ hätte man gern durdi 
weniger bekannte und darum interessantere 
derselben Meister ersetzt gesehen. Freund. 


Q 


Meier-Graefe und Klossowski. La collec- 
tion Cheramy. Munich. R. Piper et Cie 
editeurs. 1908. 2°. 


Uber die prächtige Sammlung ist in den 
Monatsheften bereits in angemessener Aus- 
fiihrlidikeit gesprochen worden und die Resultate 
der Versteigerung, die bedauerlicherweise Deutsch- 
land nur geringe Bereicherung gebracht hat, 
kamen im Kunstsammler zum Abdruk. Der 
große Katalog, den Meier-Graefe und Klossowski 


Literatur 


1151 


herausgegeben haben, steht nun mit der vente 
Cheramy, die einen eigenen Katalog besitzt, nur 
äuBerlih in Verbindung. Ich habe kürzlich 
(Nationalzeitung, Beilage vom 20. Sept. 1908) 
über die mir persönlich wohlbekannte Sammlung 
und die erfolgreichen Bemühungen von Meier- 
Graefe und Klossowski um einen exakten cata- 
logue raisonné einen sehr eingehenden Aufsatz 
verôffentlidt. Es möge mir nicht verübelt 
werden, wenn ich, ganz ausnahmsweise einmal, 
auf eine von der Tagespresse gebrachte Studie 
verweise. Der Inhalt der Sammlung darf als 
bekannt angesehen werden, und es bleibt mir 
daher nur die Pflicht, hier zu konstatieren, daß 
der Verlag für verhältnismäßig billiges Geld ein 
sehr brauchbares Werk geschaffen hat. Wohl 
bieten gerade die wichtigsten Meister der Samm- 
lung, Constable und Delacroix, der Wiedergabe 
unüberwindlihe Schwierigkeiten. Constable 
kommt durchweg flau heraus, bei Delacroix 
droht die Technik („le balai de Delacroix“) jede 
Kontur zu zerstören. Dafür sind die alten 
Meister, akademische Künstler wie Prudhon und 
selbst Gericault gut wiedergegeben, auch Pissarro 
und Degas, während der berühmte Goya und 
auch Corot und Courbet, stark zurückstehen. 

Die einführenden Aufsätze von Klossowski 
über Delacroix und von Meier-Graefe, der eine 
kurze Notiz über die Sammlung und ihr Ent- 
stehen gibt, über Constable erheben sich in 
der Form, in der sie geschrieben sind, über das 
sonst vor Katalogen gewohnte Maß. Die An- 
merkungen zu den einzelnen Bildern hätten 
namentlich in bezug auf die Provenienz mitteil- 
samer sein können. Doch war wohl die knappe 
Eingrenzung beabsichtigt. 

Ich möchte hier anfügen, daß für die Ab- 
hängigkeit Gericaults von der Antike 
bei seinem Aufenthalt inRom, die „aus Gründen“ 
von neueren Kunstschriftstellern geleugnet werden 
muß, bei Cheramy sich wiederum ein guter Be- 
weis findet: der Lancier der kaiserlichen Garde, 
der neben seinem Pterde steht, ist in Stellung 
und Größenverhältnissen ganz den Männern 
vor dem Quirinal abgesehen. Vielleicit habe 
ich Gelegenheit, nochmals auf diese Frage zu- 
rückzukommen, deren Stellung die Zeichnungen 
Gericaults (ich erinnere an den im Katalog Bovet 
abgebildeten Ringer) veranlaßen, und zu deren 
Lösung ein ausführliches Kapitel in Maxime 
Ducamps „Souvenirs littéraires“, wo Géricaults 
Beziehungen zu Prudhon während des römischen 
Aufenthalts geschildert werden, neben dem be- 
kannten Aufsatz von Clement (Gazette des beaux- 
arts 1867) den wichtigsten dokumentarischen 
Anhalt gibt. Uhde-Bernays. 

2 


Auguste Rodin. L'œuvre et l'homme. Par 
Judith Cladel. Préface par Camille Le- 
monnier. Bruxelles, Librairie Nationale d'art 
et d’histoire. G. van Oest & Cie. 1908. 


Rodin ist ein Problem — wie es Lionardo 
oder Michelangelo ebenso sind. Ein abschlieBen- 
des Urteil über den Meister werden erst kom- 
mende Generationen geben dürfen. Auf der 
einen Seite unnatürlich gepriesen, auf der an- 
deren widersinnig verdammt, wird sich der rich- 
tige Wertmesser für die künstlerische Größe 
dieses bildnerischen Genies erst dann ergeben, 
wenn man die Zeit selbst gegen ihn abwägt, 
wenn man klar erkennen wird, mit wie neuem 
und reichem Inhalt er diese Zeit erfüllt hat. Und 
das kann frühestens in hundert Jahren der Fall 
sein. Für uns ist es aber doch interessant, zu 
sehen, wie die Gegenwart bereits das Proble- 
matische in Rodin erkannt hat, wie gerade diese 
Seite seines Wesens früh die Künstler unter 
den Literaten angeregt hat, sich mit ihm aus- 
einanderzusetzen, um ihm von irgendeinem 
Punkte aus nahezukommen. Die Literatur über 
Rodin ist beispiellos reich. Es gibt kaum einen 
zweiten Künstler der Gegenwart, über den so 
viel und so verschiedenartig geurteilt worden 
ist wie über den Meister von Meudon. In 
Deutschland regnete es noch vor ein paar Jahren 
Anathemata gegen ihn, als seine Zeichnungen zum 
ersten Mal gezeigt wurden. Als sie in diesem 
Jahre wiederum in Deutschland ausgestellt wur- 
den, ist man ihnen schon mit einerSelbstverständ- 
lichkeit des Verstehens begegnet, die in der Tat 
Wunder nimmt. Ist das nicht ein Beweis da- 
für, wie schnell sich unter Umständen in unserer 
kurzlebigen Zeit alle Voreingenommenheit ver- 
liert, wie leicht sich auch das künstlerische Ver- 
ständnis beim Publikum aufhellt, wenn es bei 
Zeiten geschickte Belehrung erhält. In Deutsch- 
land haben vornehmlich Rainer Maria Rilke und 
Otto Grautoff über den Meister geschrieben. 
Beide gleidi vollwertig. Der erstere mehr als 
Künstler und demnach essayistisch, der letztere 
mehr als Cicerone und darum mit größerem 
Positivismus. In Frankreich ist früh Octave 
Mirbeau für Rodin eingetreten, in England 
schrieb MiB Helen Zimmern als eine der ersten 
über den Meister. Seither erschienen dort, vor- 
nehmlidi aber in Frankreich mannigfache Bei- 
träge zur Rodin-Literatur. Vor etwa 8 Jahren 
— wenn id nicht irre — brachte man in Paris, 
vornehmlich mit Unterstützung des Baron Rot- 
schild, das in beschränkter Auflage hergestellte 
Luxuswerk über die Handzeichnungen des Mei- 
sters heraus (verlegt bei Goupil & Co. in Paris), 
das mir erst kürzlidi unter die Hände gekommen 

15 


1152 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


ist und aus dem ich mit innerer Genugtuung er- 
sehen habe, wie enge Zusammenhänge gerade 
den modernsten aller Bildhauer der Gegenwart 
mit den alten Meistern verbinden. 

Nun liegt mir das neueste Rodin-Werk vor, 
gewiß auch das kostbarste, aus der Feder einer 
Dame, die aus nächster Nähe den Meister Jahre 
hindurch beobachten konnte Ihr Buch, das 
äußerlich mit allen Prätentionen in einer meister- 
lichen Form auftritt, Juxuriös ausgestattet, stellt so 
schon jedes früher:erschienene Werk in Schatten. 
EinBuch über den Menschen Rodin und sein Werk. 
Für mich liegt der Nadidruck vor allem auf dem 
Menschen Rodin; denn — wie gesagt — das 
Werk künstlerisch zu bewerten, halte ich unsere 
Zeit noch nicht für reif. Trotzdem gestehe ich 
auch da dem Buche der Melle Cladel das Lob 
zu, daß es durchaus objektiv gehalten ist, daß 
die Bewertung des Rodinschen Oeuvre, zwar 
von Frauenhand diktiert, frei ist von jeder Vor- 
eingenommenheit, daß es mit seltener Klarheit 
und Frische selbst dem philosophischen Gehalte, 
den diese Kunst in sich birgt, Ausdruck zu 
geben vermochte. Indes höher schätze ich die 
eigentliche Biographie. Sie ist neu in ihrer Art, 
leicht, graziös, echt Pariserisch. Sie erzählt nicht 
nach der mittelalterlich überkommenen Manier, 
die da anhebt „Geboren alsSohn“... usw. Sie 
gibt Erlebnisse, sie ist plaudernde Causerie und 
gerade dadurch bringt sie uns den Meister von 
Meudon menschlich nahe. Sie ist — im besten 
Sinne des Wortes — Memoirenliteratur. Denn 
der Verfasserin Leben ist durch die helle Sonne, 
‘die das Beieinandersein mit Rodin über sie aus- 
strahlen ließ, voll und eigenartig beleuchtet. Sie 
gibt kleine Züge aus dem Leben des Großen, 
des petits sentiments, die uns im Nu dem Men- 
schen näherbringen, sie gibt aber auch ebenso- 
sehr kleine Beiträge zu der Art, wie Rodin 
schafft, die ebenfalls nach der Seite hin das 
Verständnis für das Oeuvre selbst fördern 
können. Ja, das Buch bringt hier und dort selt- 
same Betrachtungen von suggestiver Gewalt, 
die mit einem Schlage das Dunkel aufhellen, es 
zu leuchtender Klarheit verkehren. Darauf geht 
Camille Lemonniers Satz, wenn er in der Vor- 
rede schreibt: „Il est la claire et triomphante 
avenue par laquelle vient à nous un des hom- 
mes de ce temps qui donna le plus nettement 
l'impression de l'absolu“. — 

Soviel aber ist gewiB, in Rodin lebt eine 
Welt mit Abgrundtiefen und Sonnenhöhen. Von 
dem reinen Zauber klassischer Formensdiünheit 
bis hinab zu den Pforten der Unterwelt durch- 
leben wir in seinem Werke alle Dunkel und 
alle Sonnen der Menschheit aufs neue Es 
steckt eine gigantisdie Größe in diesem Meister 


von Meudon, es lebt in ihm eine Welt mensch- 
licher Tragik, die sich hier und dort zu unheim- 
liher Größe steigert. Seit ih Rodin kennen 
und lieben gelernt, weicht der Gedanke nicht 
aus meinem Geiste, daß seine Kunst ein Stück 
allgemeinen Menschenschicksals in sich begreift, 
wie wir es in ähnlicher Größe nur noch bei 
ganz wenigen Meistern, etwa bei Rembrandt 
und Michelangelo wiederfinden. Das kam mir 
vor allem erneut zum Bewußtsein, als ich Judith 
Cladels Werk an einem stillen Abend durdi- 
blätterte, dies Buch, das, wie Lemonnier sagt, 
sun rite d'admiration et de piété“ ist. Ein 
solcher Beitrag zum Menschen Rodin war in 
der Tat nötig, nachdem man so viel über seine 
Kunst gefaselt hat. Auch für dieses Buch gilt 
die suprema lex aller kunstgesdhichtlichen Weis- 
heit: Nur wer den Künstler-Menschen kennt, 
kann seine Kunst erkennen. Und den Meister 
von Meudon kennt man erst, wenn man 
Melle Cladels Buch, das voll esprit, voll feiner 
Beobachtungen, voll amüsanter Causerien ist, 
mit Aufmerksamkeit gelesen hat. Über moderne 
Künstler, die nodı unter uns weilen, könnte 
man meiner Ansicht nach gar nicht besser 


schreiben. Georg Biermann. 


g 


Church-Ostwald. Farben und Malerei. 
Georg Callwey, München 1908. (Sammlung 
maltedın. Schriften, III. Band.) 


„Ihe Chemistry of Paints and Paintings 
(3. Auflage) von A. H. Church, Professor der 
Chemie an der Königl. Kunstakademie London, 
liegt jetzt auch in deutscher Sprache vor. Das 
Zusammenwirken zweier hervorragender Fach- 
männer sichert dem vorzüglihen Handbuch 
überall die allerbeste Aufnahme Man wird 
nirgends versäumen, es gründlih durchzu- 
arbeiten. 

Es wird jedoch zu einer immer wichtigeren 
Aufgabe, über dem vielen Detail das Ganze der 
maltechnologischen Frage nicht aus dem Auge 
zu verlieren. Ansprüche wissenschaftliher und 
Einflüsse wirtschaftliher Natur treten hier in 
die Malkunst ein und schaffen durch Konkurrenz 
eine reichlich schwierige Lage. 


Die Ausübung der Malerei war, wie bekannt, 
seit etwa 200 Jahren unter stark veränderte 
Bedingungen gestellt. Die großen Malakade- 
mien verursachten allmählich eine deutliche Ent- 
fernung der Kunst vom Handwerk. Die Meister 
fanden immer weniger Anlaß, ihre handwerk- 
lihen Erfahrungen auf die Schüler zu über- 


Literatur 


tragen. Die Unsicherheit muBte stets wachsen. 
Sdion Reynolds beniitzte nach Church um 1770 
roten Lack, Karmin und Asphalt bei unverein- 
baren Bindemitteln. Dazu kamen die von der 
synthetishen Chemie neu entdeckten Farben: 
Preußisch Blau 1704, künstl. Ultramarin und 
Schweinfurter Grün 1814, Kadmiumgelb 1817, 
Chromoxyd feurig 1838. Die gleichzeitige Ver- 
breitung unkontrollierter Tubenfabrikate mußte 
die Sorglosigkeit fördern. Die geistige Reform 
in der Malerei des XIX. Jahrhunderts be- 
schäftigte das Interesse allzusehr, als daß 
dem neuen Material eingehendes Studium zu- 
gewandt werden konnte. Da setzte vor 
etwa 30 Jahren die technologische Reform 
ein. In A. W. Keims Publikation „Über Mal- 
technik“ (Leipzig 1903) findet sich eine um- 
fassende Darstellung all der damaligen Mühen 
und Kämpfe, die nötig waren, um der gesunden 
Vernunft Raum zu schaffen. Positive Ergebnisse 
waren alsbald da: staatliche Versuchsstationen, 
Fachpresse und wichtige wissenschaftliche Ar- 
beiten, technischer Unterricht an mehreren öffent- 
lichen Anstalten, Kongresse und Tagungen, Be- 
schlüsse und fruchtbare Versuche zur Normierung 
einer verläßlichen Farbenskala u.a. m. — 

Die Meinung, daß die Maler dieser Reform- 
arbeit heute nicht das nötige Interesse entgegen- 
brächten, ist verfehlt. Auch jeder ungünstige 
Anschein wird schwinden, sobald die wirkliche 
Sachlage reiflich überlegt ist. Der Maler steht 
vor einer umfassenderen und bestechenderen 
Aufgabe, als es die nackte Wahl eines auf alle 
Fälle haltbaren Materials ist. Ganz ähnlich wie 
der Feldherr und seine schlagfertige Armee, 
ähnlich wie der kühine Reiter und sein RoB. Zu 
viel Bedenklichkeit lähmt die Tat. Eine aus- 
gesprochen praktische Anleitung zur Kennt- 
nis des rechten Materials ist -- nebst den 
nötigsten theoretischen Erläuterungen — gewiß 
in jeder Schule unentbehrlih. Die Methode der 
Berliner Kunstakademie seit 1902 (Prof. Wirth) 
böte hier die beste Aussidit. Sobald genügend 
Stellen da sind, wo rationelles Handwerk 
gelehrt wird, muß jede Unsicherheit von selbst 
verschwinden. Solange jedoch angewandte 
Chemie (ebenso wie angewandte Anatomie u. a.) 
durch wissenschaftliche Spezialisten systematisch 
doziert werden soll, wird notwendig eine gewisse 
Lücke fühlbar bleiben. Auf dievorhandene grund- 
sätzliche Verschiedenheit wissenschaftlicher und 
künstlerischer Denkungsart kann hier nur leicht 
hingedeutet werden. Der Technologe ist immer 
geneigt, über manches allzu rasch hinwegzu- 
gehen, bei mandıem allzu eingehend zu ver- 
weilen. Der Maler fühlt sich nicht mehr mit- 
genommen, zu oft sciwebt die Belehrung in 


1153 


der Luft und ist nidıt anschaulich zu demon- 
strieren. Endlich ist der richtige Künstler, wie 
man weiß, zu methodisctem Vorgehen und 
Denken nie übermäßig disponiert. Der Gelehrte 
zäumt hier das RoB am falschen Ende. Georg 
Hirth wünscht sich eine „geistreiche, geologisch 
unfehlbare Maltechnik“. (Münchens Niedergang 
als Kunststadt, 1902.) Malerei will aber noch 
etwas anderes sein als exakte übergeduldige 
Pinselei, etwas anderes als archaistisdıe Nadh- 
ahmung echt teutonischer Museumsbilder. 

W. Ostwalds wissenschaftlihe Taten, sein 
lebendiger Sinn für eine vernünftige Gestaltung 
des Lebens können nur von berufener Seite 
voll bewertet werden. Seine tatkräftige Teil- 
nahme an der Lösung maltechnischer Fragen, 
die frische, völlig vorurteilslose Art, mit der er 
an sie herantritt, ist sicherlich höchst will- 
kommen. Ganz gewiß ist der bisherige anti- 
quarishe und „philosophische“ Betrieb der 
Kunstwissenschaften für die lebendige Kunst 
fast immer unbefriedigend, unfrudıtbar und ent- 
behrlich. Sie können sich mit der Malerchemie, 
einer echten, brauchbaren Kunstwissenschaft, die 
nicht von der Kunst lebt, sondern in der Kunst 
selbst, an Wichtigkeit nicht messen. Dennoch 
erscheint Ostwalds Forderung, der bildende 
Künstler müsse eine mindestens ebenso gründ- 
liche naturwissenschaftliche Bildung haben wie 
beispielsweise der Mediziner, als fast zu hoch 
gegriffen. (A. H Church fordert nur elementare 
Kenntnisse.) Noch schwieriger ist seine weitere 
Forderung zu erfüllen: die unbewußte Eingebung 
habe dem bewußten Können, dem Klarwerden 
über die zweckvollen Mittel zu weichen. Sogar 
B. Shaw, der sich selbst mit Stolz unter die 
denkenden Künstler recinet, gesteht gerne, er 
habe über die Gestaltung seiner Figuren nicht 
mehr wirklihe Macht als — über seine Frau. 
Die Musen sind, wie allgemein die Rede geht, 
weiblicher Natur. Th. Gautier gestattet sich 
darum einmal den starken Ausdruck „devirginer 
la Muse“. Und es sollte aufrecht erhalten bleiben, 
daß die Malerei mehr als ein raffiniertes Hand- 
werk sein kann. — 

Die Sache aber ist die: Die Malerchemie 
selbst scheint noch keinen völlig sicheren Weg 
vor sich zu sehen; sie erhebt aber dabei deutlich 
Anspruch, den einzig wahren Weg aufzuzeigen. 
Man wird sich eben allseits mit Geduld wappnen 
müssen, bis die Frage reifer geworden ist. Beim 
Maler liegt der Fall heute so, daß er von 
eigenen chemischen Versuchen nur sehr selten 
Vorteil haben kann. Ein nervöses Mißtrauen 
gegen alle gekauften Farbenfabrikate kann er 
sich nidit leisten. Er kann schließlich nicht jede 
neue Lieferung, seien es Rohfarben oder Tuben- 


1154 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


farben mit unbekannten schwierig zu behan- 
delnden Bindemitteln, eigens durchpriifen. Er 
wird jene bewährten Firmen, denen er sein 
Vertrauen schenken zu dürfen Grund hat, die 
Verantwortung für die Güte der Fabrikate über- 
lassen müssen. Fabrikware wechselt in der 
Qualität; der Handel, die Produktion ist von 
der Nachfrage abhängig; alljährlich tauchen neue 
Produzenten auf, deren Ware mitunter der Kon- 
kurrenz zum Trotz ganz vortrefflich sind, wie 
Behrendts Ölfarben. Hier kann auch der fleiBigste 
Chemiker mit seinen Analysen und Prüfungen 
nicht Schritt halten. Treu und Glauben ist wohl 
hier nicht auszuschalten. Es wäre schon viel 
getan, wenn die Fälschungen an Benennung, 
Güte, Gewicht, die Phantasienamen und Sdiö- 
nungen nicht nur durch lehrhafte Warnung vor 
ihnen bekämpft würden. Im Handel scheint noch 
immer wenig Verständnis dafür da, daß Farben- 
fälschung und Lebensmittelfalschung sehr ver- 
wandte Künste sind. — 

Das Ziel aller Überlegung ist die Paletten- 
frage. Farbenwahl, Hindernisse beim Mischen. 
Die Feststellung der Normalskala ist noch nicht 
eindeutig. Jede Maltechnik verlangt eine andere 
Farben-Einwertung. Church gibt nur für Wasser- 
farbe und Ölfarbe Paletten an. Die schwierige 
Voraussetzung jeder Normalpalette heißt: fehler- 
loses Fabrikat. Zinnober und Preußischblau 
können nur in bester Qualität Dienste tun. Soll 
man ferner Schweinfurter Grün und Minium nur 
darum ausschließen, weil sie kein Kadmiumgelb 
vertragen? Ein guter Ersatz für Kadmium wäre 
eine Erlösung. . Über Minium (Saturnrot) ist 
man sich nidıt einig. Linke nennt es eine gut 
lichtecite Ölfarbe, doch keine Normalfarbe. 
Church will Minium nur im Pastell verwendet 
sehen. Ostwald miBtraut ihm tiberhaupt. Bis- 
her habe ich noc nicht erfahren, warum Minium 
zu verwerfen sei. An sich ist die Farbe haltbar 
und schön, das übrige hängt an der Art des 
Auftragens. — Am schwächsten ist seit jeher 
Violett vertreten. Krapp und eine der drei 
blauen Farben gibt eine recht mäßige absolute 
Wirkung. Kobaltviolett (Lefranc) ist sehr schön, 
wirkt aber schwer und verliert eben wie das zu 
dunkle Manganviolett (W. u. N.) beim Mischen 
in Weiß jeden Reiz. Windsor und Newtons 
Geraniumrot, das übrigens auch von Church zu- 
gelassen ist (S.283), bildet hier immer noch das 
einzige Hilfsmittel. Auch das reizende Coelin- 
blau (49,7% Zinn-Dioxyd, 18,6°/, Kobaltoxyd, 
31,7°/, Kieselsäure) wird von Church unter den 
wirklich beständigen Farbstoffen angeführt, ob- 
wohl es in Mischungen leicht verdirbt. — 

SclieBlid wird man in der Ölfarbe von 
übermäßigen Forderungen zurückkommen müssen. 


Sie ist als Ganzes nicht hervorragend beständig, 
und selbst Grundfarben wie BleiweiB oder 
Krapplack verlieren im Alter ihre Schönheit. Die 
schädlichen Schwefelgase dagegen werden bei 
Luftheizung nicht mehr zu fürchten sein. Fresco 
und Stereochromie scheinen wegen ihrer zu 
stereotypen Farbenskala und wegen der Un- 
sicherheit ihres Grundes nicht mehr verlockend. 
Falls keine neuen Verfahren entdeckt werden, 
könnte an ihrer Stelle das Farbenmosaik zu 
neuen Ehren kommen. Man darf gespannt sein, 
welche Verfahren die Wandmalerei der Zukunft 
am meisten bevorzugt, denn vom realistiscien 
Tempera und Ölbild kann nicht mehr viel die 
Rede sein. 

Churchs Handbuch bedeutet die Erfahrungen 
fünfzigjähriger Arbeit. Die vorhandene Material- 
kunde ist ebenso gründlich wie interessant ge- 
ordnet. Die Malgründe sind an erster Stelle 
eingehend besprochen. Der englische Gelehrte 
scheut audı nicht zurück, hie und da auf noch 
unaufgeklärte Erscheinungen hinzuweisen. Den 
Maler werden die letzten sechs Abschnitte über 
Malverfahren und Farbenprüfung ganz beson- 
ders angehen. 

W. Ostwald hat diese Ausgabe mit sehr 
wertvollen Zusätzen versehen. Er befürwortet 
u. a. Aluminium und Linoleum als Malgrund, 
Kasein und vor allem Stärke als Tempera- 
Bindemittel; auch verheißt er ein lichtechtes 
Lithopon-WeiB. — 

Wenn so weitergearbeitet wird, sind die 
Galerie-Besitzer und Kunstgelehrten kommender 
Jahrhunderte zu beneiden. 

Rudolph Czapek. 


Q 


Ferdinand Georg Waldmiiller. Sein 
Leben, sein Werk und seine Schriften. 
Herausgegeben von Arthur RoeBler und Gustav 
Pisko. Wien 1908. Selbstverlag von G. Pisko. 
2 Bande in Querfolio. 


Dem schénen Gedächtniswerke fir Segantini, 
das durch Munifizenz des ésterreichischen Kultus- 
ministeriums und zahlreicher Privater ermöglicht 
wurde, ist jetzt ein noch gewichtigeres Buch 
gefolgt, in welchem Waldmüllers sämtliche Ar- 
beiten enthalten sind. Mit Staunen haben wir 
angesichts der glänzenden Ausstattung dieser 
Prachtbande (unter denen Segantini voransteht) 
die Tatsache festzustellen, daB offenbar das 
österreihishe Publikum weit mehr Geld für 
derartige kostspielige Publikationen, denen sich 
bei uns keine zur Seite stellen kann, besitzt, als 
das Unsrige, wobei allerdings der heimatliche 
Ehrgeiz stark mitspielt. Ob es Waldmüller ver- 


Literatur 


1155 


dient, so auBerordentlich gefeiert und bevorzugt 
zu werden, bleibe für sih — „reichsdeutsche“ 
Maler von weit höherer Bedeutung werden 
wohl niemals zu einer solcien monumentalen 
Würdigung kommen, ja sie erreichen nicht einmal 
immer das bescheidene Denkmal einer kleinen 
Monographie. Felix Austria! 

Neue Offenbarungen, die zueiner Verschiebung 
der Stellung Waldmüllers in der Kunstgeschichte 
führen könnten, waren kaum zu erwarten und 
sind auch nicht eingetroffen. RoeBlers empha- 
tische Einleitung übertreibt den Kult des Dankes, 
der dem Künstler zu zollen ist, in störender 
Weise und kommt bei aller Herzlichkeit des 
angeschlagenen persönlich begeisterten Tones 
nicht über ein gedehntes Feuilleton hinaus. 
In dem Riesenbande vermitteln nur die 
Heliogravüren eine deutliche Vorstellung von 
den Bildern Waldmüllers. Unter ihnen befinden 
sich einzelne Drucke von mustergiltiger Klarheit. 
Die Buntdrucke geben bedauerlicherweise von 
dem Leuchten der Farben keine Ahnung und so 
fehlt ihnen das wichtigste Kriterium der Wald- 
millershen Kunst. 

Neu ist der Band, in welhem Waldmüllers 
Schriften gesammelt vorgelegt werden. Aus 
ihnen ergibt sich ein ganz interessanter Gegen- 
satz im Vergleich der Persönlichkeiten Wald- 
müllers und Grillparzers. Wie Grillparzer, 
der Dichter, der nur um wenige Jahre älter war, 
als Waldmüller und diesen noch überlebte, ging 
Waldmuller, der Maler, verbittert und grollend 
durch seine Vaterstadt. In der innerlichen Ver- 
stimmung, die sich wohl zu einer selbstquäle- 
rischen Herabwürdigung steigerte, wenn wieder 
ein ergebnisloser Kampf geschlagen war, zu dem 
die Überzeugung der eigenen Superiorität, der 
Arger über fremde Kleinlichkeit gerufen hatten, 
sind sich die beiden Männer ähnlich, die als ge- 
borene Österreicher die geistige Würde ihrer 
Heimat ein halbes Jahrhundert lang fast allein 


aufrecht erhielten, freilici mit dem Unterschied, 


daß es dem Genius des Dichters gelang, sich in 
der Freiheit seines Schaffens von den umgeben- 
den Schranken zu befreien, was der Maler wohl 
sehnsüdtig gewünscht, aber niemals erreicht hat. 
Darum sind beide audı kühl aneinander vorbei- 
gegangen und die flüchtige Bekanntschaft, die 
Waldmüller bewog, ein Bildnis Grillparzers zu 
malen, förderte keinen ständigen Verkehr, der 
am Ende doch den Maler auf andere Bahnen 
gewiesen hätte. Sicherlich ist die UnmGglichkeit 
der Harmonie durch die fatalen Lobesworte zu 
erklären, die Waldmüller, hier völlig verblendet, 
durchaus reaktionär, und sogar zu einem künst- 
lerisch nicht unbedenklidien Urteil sich ver- 
steigend, in seiner nach Jahresfrist neu auf- 


gelegten Schrift „das Bedürfnis eines zweck- 
mäßigen Unterrichtes in der Malerei und 
plastischen Kunst“ im Jahre 1846 über das 
minderwertige Buch eines Canonikus Speth „Die 
Kunst in Italien“ ausgesprochen hatte. Wenn 
Waldmüller schreibt, daB Speths Buch als ein 
wahrer Kanon betrachtet werden müsse, ja fort- 
fährt, Männer wie er täten Not in Deutschland, 
und wir ziehen die erzürnten Anmerkungen 
zum Vergleiche heran, die Grillparzer über Speths 
Bud in seinen ästhetischen Studien macht („Ein 
Hund ist der Speth, der in seinem Buche albernes 
Gewäsche vorbringt“ — „Elender, für Deines- 
gleidien hat Rafael nicht gemalt“), verstehen 
wir, daß zwischen Grillparzer und Waldmüller 
eine Kluft eingerissen war, die sich niemals 
hätte ausfüllen lassen. Schriftstellerischer und 
künstlerischer Dilettantismus blieb eben der 
Ernsthaftigkeit Grillparzers zeitlebens verhaßt. 
Er hat, im Grunde das Gleiche wollend wie 
Goethe, der sich für einen gewissen Dilettantis- 
mus freundlidı ausspricht, eine Reihe scharfer 
Auslassungen über diese Frage gemacht. Und 
Waldmüllers Schriftstellerei ist doch nidıts 
anderes als Dilettantengeschreibe, das überdies 
aus einer recht galligen Feder floB. Bei der 
Durchsicht der langatmigen Schriftstücke, die er 
wie ein armseliger Querulant an sein Ministerium 
und an die Öffentlichkeit richtet, beim Lesen der 
unbedeutenden, verkennenden Äußerungen über 
Ruysdael, Veronese, über die Historienmaler in 
Paris überkommt uns der Wunsch, diese Blätter 
möchten zum höheren Ruhm des Malers der 
Verniditung überantwortet werden. Ganz gewiß 
schadet es einer unparteiishen Wertung des 
Künstlers Waldmüller, wenn wir vernehmen, 
daß weniger Delaroche, Vernet oder Ary Scheffer, 
die zwar verehrungsvoll genannt werden, den 
Preis erhalten, sondern allein der unterdeB gott- 
lob so gut wie vergessene Charles Miiller, dessen 
„Geist es verstanden hat in die innersten Tiefen 
der psychiscien Erscheinungen zu tauchen und 
mit der nie täuschenden Fackel der Wahrheit 
ihre Eigentümlichkeit erforscht und die Kraft 
gefunden hat, sie wahrhaftig künstlerisch zur 
Anschauung zu bringen“. Der Heroensdıar 
Frankreichs hat Deutschland nach Waldmüllers 
Ansicht nur einen einzigen gegenüberzustellen: 
Lessing! — — Waldmüller war 1856 in Paris, 
zu einer Zeit, als der Sieg des Delacroix sdıon 
entschieden war, als Gros und Delaroche, ja 
selbst Couture hatten abdanken müssen. Er ist 
also blind an den Werken einer Kunst vorüber- 
gegangen, die mit lodernden Flammenzeichen 
verkündete, was Waldmiiller, nach mandıen 
seiner Bilder zu schließen, selbst gewollt hat. 
So ist er wie mit einer Binde vor den Augen 


1156 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


auf dem Berge gestanden, von dem er hätte 
dankbaren Sinnes in das gelobte Land hinein- 
schauen können. Tat es not, uns nach fünfzig 
Jahren das Unvermögen eines alternden Ver- 
standes, noch dazu mit hohen Worten der Ein- 
führung, dokumentarisch zu belegen? 

Der Verdruß über den einseitigen Skribenten 
Waldmüller, dessen reformatorische Vorschläge 
über Kunsterziehung und Kunstunterricht dennoch 
eines bescheidenen historischen Interesses nicht 
entbehren, wandelt sich bei der Betrachtung des 
großen Werkes, das der Künstler hinterlassen 
hat, in ehrliche Anerkennung seines FleiBes und 
seiner vielseitigen Begabung. In seinem Leben 
hat Waldmüller außerhalb seiner Zeit gestanden, 
nicht weil er sich stolz Bürger einer glücklicheren 
Zukunft nennen konnte, sondern weil ihm das 
bedenkliche Geschick bestimmt war, die dıarak- 
teristiscien Eigenschaften seiner, der öster- 
reichischen, Heimat gerade in seiner Zeit in sich 
zusammenzuschließen. Das als einen Vorzug zu 
erkennen, sind die Mitlebenden nicht imstande 
gewesen. Während die künstlerische Entwick- 
lung unterdessen weit über Waldmiillers be- 
scheidene Ahnungen und Wünsche fortgeschritten 
ist, erscheint sein Wirken den heutigen Nach- 
kommen seiner Mitbürger verehrungswürdig wie 
kaum ein anderes. Das ist auch der Grund, 
weshalb in Wien dem Andenken Waldmiillers 
ein Prachtwerk wie das vorliegende gewidmet 
werden konnte, das die vielen beschaulichen 
Freunde der Kunst des Meisters innerhalb und 
außerhalb der schwarz-gelben Grenzzeichen 
dankbar aufnehmen werden. 

Uhde-Bernays. 


9 


Wohnung und Hausrat. Beispiele neu- 
zeitlicher Wohnräume und ihrer Ausgestaltung. 
Mit einleitendem Text von Hermann Warlich. 
F. Bruckmann A.-G. München 1908. 


Die Bewegung, die eine völlige Neugestal- 
tung unserer Wohnungskunst zum Ziele hat, 
besteht nunmehr seit zehn Jahren. Auf der 
Münchner Ausstellung 1897 der vereinigten 
Werkstätten für Kunst und Handwerk trat sie 
zum erstenmal in die Öffentlichkeit. Seitdem 
hat sie eine von Jahr zu Jahr wachsende Aus- 
dehnung angenommen, neben den Münchner 
sind die Dresdner Handwerksstätten, die Darm- 
städter Künstlerkolonie, die Wiener und die 
Saalecker Werkstätten bei Kösen in Thüringen 
ihre Hauptpflegestätten geworden. Es ist kein 
Zweifel mehr: wir haben einen Stil, und es 
kann nur eine Frage der Zeit sein, bis er die 


Zeit verknüpfen. 


Nation lebendig durchdringt, soweit das mög- 
lich ist. 

Von der größten Wichtigkeit im gegenwär- 
tigen Zeitpunkt ist darum eine Zusammen- 
fassung der modernen Errungenschaften, wie 
sie das vorliegende Werk darbietet. Es wer- 
den nur ausgesuchte Beispiele, Schöpfungen der 
ersten Meister unserer Zeit, geboten. Der ärgste 
Feind der modernen Strömung kann hier nicht 
anders als sagen: daB das Gewaltsame, Sezes- 
sionistiscie, das den ersten Erzeugnissen der 
jugendlichen Bewegung vielfach anhaftete, durch- 
gehends dem Ernsten, Gesunden gewichen ist. 

In erster Linie soll das Buh praktischen 
Bedürfnissen dienen. In der Einleitung wer- 
den Anregungen gegeben, wie man bei Anlage 
und Einrichtung seiner Wohnung zu verfahren 
hat, um sie den Bedürfnissen des Geschmacks 
und der Hygiene gemäß, auszugestalten. Es 
wird angedeutet, in welcher Weise die Raum- 
verhältnisse, die Beleuchtung, die Farbenwirkung 
und das Material behandelt werden müssen, 
damit der Wohnraum eine Einheit wird, ein 
Organismus; wie er zu einem Ausdruck un- 
serer persönlichen Lebensart und -kunst er- 
hoben wird; wie sich die ästhetischen Forderun- 
gen mit den hygienischen Anschauungen unserer 
Es werden Anregungen ge- 
geben, wie man das Empfangszimmer gastlich, 
das Speisezimmer sauber und heiter, das Herren- 
zimmer ernst und einfach, das Wohnzimmer 
behaglich-familiär gestalten kann. Die prak- 
tischen und hygienischen Bedürfnisse der Schlaf- 
Kinder- und Wirtschaftsräume werden demon- 
striert, und zu jeder Gattung werden zahlreiche 
Belege in Abbildung gegeben. Beispiele mo- 
derner Heiz- und Beleuchtungskörper bilden den 
Schluß. Die schöne Publikation bildet das Gegen- 
stück zu der im vorigen Jahre von dem gleichen 
Verlag herausgegebenen Sammlung: „Land- 
haus und Garten“ von Hermann Muthesius. 


Hermann Schmitz 


2 


Berthold Haendke. Kunstanalysen 
aus neunzehn Jahrhunderten. Ein Hand- 
buch für die Betrachtung von Kunstwerken. 
Verlag von George Westermann in Braun- 
schweig. 1908. 4°. 274 S. 


Wie sehr Kunstgeschichte sich in den letzten 
10—20 Jahren gewandelt hat, danach strebt, über 
das nackte Tatsachengerippe hinauszukommen, 
im Fechner schen Sinne „Ästhetik von Unten“ zu 
treiben und Handhaben zum Verständnis des 
Künstlers und Kunstwerks zu geben, beweisen 


Literatur 


Haendcke's „Kunstanalysen“. Das Buch „will nicht 
in erster Linie kunstgeschichtlihe Kenntnisse 
übermitteln, sondern bei nur loser historischer 
Verbindung der einzelnen Kunstwerke künst- 
lerische Fragen im engeren Wortsinne sachlich 
erörtern“. Es wird hier, soweit dies im knappen 
Rahmen eines Handbudhs möglich ist, eine Hand- 
habe zum Eindringen in das Wesen eines Kunst- 
werks gegeben, nicht als festgeprägte Formel, 
die der Lernende kritiklos übernehmen kann, 
sondern mittels Analyse eines Werkes, das in 
guter, oft ganzseitiger Reproduktion beigegeben 
ist. — Aus der ungeheuren Materialfülle hat 
Haendcke allein das Wesentliche herausgegriffen, 
ist nur auf die Meister eingegangen, die von 
entwicklungsgescichtliher Bedeutung sind oder 
Werke von höchstem künstlerischen Wert 
geschaffen haben. Und auch bei diesen ist nicht 
Vollständigkeit im Aufzählen ihres (Euvres an- 
gestrebt, an einzelnen charakteristishen Bei- 
spielen wird auf die Eigenart des Künstlers 
eingegangen. Besonders gelungen sind die 
Kapitel über altchristliche Basiliken, romanische 
und gothische Architektur. 

Bei der Fülle des Gegebenen scheut man 
sich fast, einige Bedenken geltend zu machen, 
Vermißt wird Pieter Bruegel d. A., dessen Namen 
im Buche nicht genannt wird, uud dieser erste 
konsequente Realist, der eine Bresche in die 
kirchliche Kunst des XVI. Jahrhunderts geschlagen 
hat, hätte gerade in diesem Buche nicht fehlen 
dürfen. Analysiert wird die Darmstädter Ma- 
donna Holbeins, reproduziert dagegen die 
Dresdner Kopie. 

Am wenigsten gelungen scheinen mir die 
Ausführungen über das XIX. Jahrhundert. Hier 
verläßt den Verfasser bis zu einem gewissen 
Grade sein sonst so sicherer Blick für Qualität 
und Bedeutung des einzelnen Künstlers. Aus 
der Barbizon-Schule hätte man an Corots und 
Dupres Stelle Rousseau, den viel Bedeutenderen, 
lieber gesehen. Leibls Name fehlt gänzlich, 
während sogar Bilder der Worpsweder ana- 
lysiert werden. Auch ist das Zusammenfassen 
der Künstler in bestimmte Gruppen nicht immer 
sehr glücklich; Tschudis Text zum Werk über die 
Jahrhundert-Ausstellung gibt in seiner knappen, 
meisterhaften Formulierung wesentlich mehr. 

Doch kommen diese Ausstellungen neben 
dem Gebotenen kaum in Frage; dem Buche ist 
in Schulkreisen die größte Verbreitung zu 
wünschen, es füllt neben den vorhandenen 


Kompendien eine Lücke aus. Rosa Schapire. 


9 


1157 


Thieme und Becker. Allgemeines Lexikon 
der bildenden Kiinste. Von der Antike bis zur 
Gegenwart. Zweiter Band. Antonio da Monza- 
Bassan. Leipzig. W. Engelmann, gr. 8°. 1908. 
(M. 32.—, geb. M. 35.—.) 


Nicht ganz in halbjähriger Frist ist der zweite 
Band dieses großen Werkes, im Umfang von 600S. 
erschienen. An größeren monographieartigen 
Abhandlungen bietet er eigentlich nur die eine 
aus der Feder K. Freys über ,Arnolfo di Cambio 
und di Firenze“. Aber auch unter den kürzeren 
Beiträgen befinden sich viele wertvolle, erst- 
malig zusammenfassende Abhandlungen. Für 
die Griindlichkeit derDurcharbeitung des Materials 
gibt u. a. die riesige Anzahl der „Bartolommeo*- 
Titel einen leuchtenden Beweis ab. Die am 
ersten Band gerühmten Vorzüge, z. B. die wert- 
vollen bibliographischen Nachweise, bestehen 
natürlich weiterhin fort. In der Frage der Ein- 
ordnung des einzelnen Künstlers, scheinen die 
Herausgeber mehr meiner Ansicht, die ich bei 
der Besprechung des ersten Bandes darlegte, 
zuneigen zu wollen: wenigstens findet man 
Franz Band, Barocci usw. hier unter ihren rich- 
tigen Namen eingestellt; bei Bacchiacca, andrer- 
seits, steht der Verweis auf den Familiennamen. 
In den Seitentiteln (z.B. ,Bartolommeo“) ist leider 
die von mir vorgeschlagene Erleichterung nicht 
angenommen worden, und vor allem haben sich 
die Herausgeber die anempfohlene Beschränkung, 
d. h. AusschlieBung von Titeln neuerer Künstler, 
über die sie nicht in der Lage waren, das eigent- 
lihe wissenswerte zu bringen, nicht auferlegt. 
Alessandro Baglioni, Fr. Barbie, John 
Barrow, August Barry, R. C. Barnett, z.B. 
sind fünf, auf gut Glück herausgegriffene Titel 
die man füglih ganz vermissen könnte. Das 
MaB der dargebotenen Bereicherung unseres 
Wissens über diese Künstler ist versciwindend 
gering und verlohnt in keiner Weise das Opfer 
an Raum das man ihnen gebradit hat. Ich 
glaube aber bestimmt annehmen zu dürfen, daß 
die Herausgeber bald zu dieser Einsicht gelangen 
werden. Es ist ja sehr sdıön daß sie z. B. 
B. Baldini von den 39 Seiten die er bei ihrem 
Vorgänger — Meyer s Lexikon — inne hat auf 
II. Seite herabgemindert haben, oder die 20Seiten 
H. Baldungs dort auf 2'/, hier herabschraubten. 
Damit ist aber nodı nidıt Genügendes geleistet. 
Sie stehen jetzt am Schluß ihres zweiten Bandes 
auf Seite 312 von Naglers erstem Band. An 
der Hand von Nagler berechnet, würde sich das 
neue Lexikon demnach auf vierzig (statt der 
angesagten zwanzig!) Bände entwickeln. Noch 
ausschlaggebender dürfte die Beredinung an der 
Hand meines Lexikons sein. Hier sind sie an 


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i 


j H 
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1158 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


der 78. Seite des ersten Bandes angelangt. 
Denkt man sich nun den ersten, von Müller ge- 
lieferten Teil in gleichem MaBstabe ausgebaut, 
wie ich den zweiten Teil ausbaute, so wirde 
sih mein Lexikon auf rund 3500 Seiten be- 
laufen haben. Dem wirden nicht weniger wie 
fiinfundvierzig Bande in dem Umfang und 
der Art der vorliegenden zwei Thieme und 
Becker’schen entsprechen! In meiner Berechnung 
tdusche ich mich eher zu Thieme und Beckers 
Gunsten; denn in meiner zweiten Hälfte ist 
nicht nur die Zahl der Einträge stark vermehrt, 
sondern die einzelnen Einträge sind auch viel 
knapper gehalten wie im ersten, Miiller'schen, Teil. 

Wenn Thieme und Becker uns mit einem 
beiläufig vierzigbändigen Lexikon beschenken 
wollen und können so ist ja alles recht gut 
und schön; man muß sich nur nicht der Täuschung 
hingeben daß die Sache auf die vorliegende 
Art mit zwanzig, nidıt einmal mit dreißig dicken 
Bänden abzumadhen sei. Man muß auch daran 
erinnern, das zehn Jahre, wie angekündigt, 
eine lange Erscheinungsfrist darstellen, die 
entschiedene Naditeile mit sich bringt, folglich 
also eher verkürzt als wie verlängert werden 


sollte. Hans W. Singer. 
g 


Fritz Knapp. Die Kunst in Italien. 
Eine Einführung in das Wesen und Werden 
der Renaissance. Verlag Dr. Franz Stoedtner, 
Berlin 1908. 

Es gehört Mut dazu, bei den schon vor- 
handenen Kkunstgeschidtlihen Handbüchern ein 
neues Unternehmen wie das hier angezeigte 
herauszubringen, das den dritten Band einer 
auf mehrere Abteilungen berechneten Kunst- 
geschichte darstellt unter dem Gesamttitel „Vor- 
lesungen zur Geschidite der Kunst“. 
Indes dies Stoedtnersche Unternehmen hat einen 
pddagogiscien Nebenzweck und der wird es 
vor allem sein, der dem Werke sehr bald Ein- 
gang, vielleicht sogar als Lehrbuch in den 
Schulen, verschaffen wird. Das wäre aufrichtig 
zu wünschen. Denn gerade bei den Bestre- 
bungen, die in unserer Zeit immer wieder zu- 
tage getreten sind, muß eine Kunstgeschichte 
wie die von Fritz Knapp vornehmlich bei denen 
Beachtung finden, für die das Wort von der 


künstlerischen Kultur des Volkes nicht nur als 
ein leeres, totgeborenes Programm existiert. 

Aber auch für den Kunsthistoriker von Fach 
ist das Stoedtnersche Unternehmen wichtig. 
Denn die Reproduktion der Diapositive machen 
es jedem Dozenten zu einem unentbehrlihen 
Handbuch. Auch bringt außer den abgebildeten 
Stücken der Anhang einen genauen Katalog aller 
bei den Vorlesungen zu verwendenden Diaposi- 
tive. So soll die neue Kunstgeschichte in erster 
Linie einem rein pädagogischen Zweck dienen. 
Sie gibt gewissermaßen den Wortlaut eines 
Kompendiums, das was ungefähr eine zusammen- 
hängende Vorlesung über die Kunst der Re- 
naissance bringen würde, wobei die eingeschal- 
teten Illustrationen, ähnlich wie Lichtbilder bei 
einem Vortrage, das Gesagte erläutern sollen. 

Ich finde, daß Prof. Fritz Knapp ganz aus- 
gezeichnet den Ton instruktiver und gefälliger 
Belehrung getroffen hat, daß es ihm tatsächlich 
gelungen ist, ein so reichhaltiges Kapitel wie 
das über die Kunst der Renaissance in eine 
zwar konzentrierte, dabei aber doch lebendige 
Forın zu fassen. Gegenüber anderen Hand- 
büchern wirkt gerade die Lebendigkeit des ge- 
sprodenen Wortes ungemein wohltuend und 
anregend. Dabei ist die Disposition im Ein- 
zelnen sehr geschickt und wenn man vielleicht 
auch Kapitel wie die über „Das frühe Mittelalter“ 
oder den „Beginn der Renaissance in der Plastik 
und Donatello“ sehr gern nach dieser oder jener 
Seite hin erweitert sähe, so ist man doch zu- 
frieden, da man die Disposition im ganzen 
überblikt und dabei gern erkennt, wie nur 
durch eine so geschickte und dabei streng 
wissenschaftlihe Trennung des Stoffes das 
Ganze in dieser konzentrierten Form zu mei- 
stern war. 

Persönlich möchte ich hoffen, daß gerade die 
weiten Kreise des kunstinteressierten Publikums 
die Vorzüge der Knappschen italieniscien Kunst- 
geschichte bald erkennen werden. Ich halte die 
Idee des Verlegers für außerordentlich glücklich, 
denn Bücher wie dieses hier angezeigte sind 
zugleich im besten Sinne Lesebücher der Kunst- 
geschichte und als soldie haben sie ihren emi- 
nenten erzieherishen Wert. So darf man audı 
den bereits angekündigten ferneren Bänden des 
Unternehmens mit Spannung entgegensehen. 

Biermann. 


BIBLIOGRAPHIE 


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Art ancien. — Ancient art. 


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Art préhistorique. — Prehistoric art. 


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— L'identification d'un fragment du plan de 
marbre et la curie de Pompée. (Melang. d'ar- 
chéol. et d'hist., 3.) 

Chapot, V. La colonne Torse et le decor en 
Helice dans l'art antique. Av. 210 fig. Paris 
1908. Frs. 7.50. 

Chase, G. Three Bronze Tripods belonging 
to James Loeb: Esq. (Americ. Journ. of 
Ardäol., 3.) 

Delattre. Fouilles de Carthage. Douimes et 
la colline de Junon. (Bull. archéol., 3.) 


Deman, E. von. The Value of the Vestal 
statues as originals. (Americ. Journ. of 
Archäol., 3.) 

Deonna, W. Les statues de terre cuite dans 
l'antiquité: Sicile Grande Grèce, Etrurie et 
Rome. Av. 23 fig. Paris 1908, gr. in-8. 
Frs. 7.50. 

Dörpfeld, W. Alt Pylos. — Pisa bei Olym- 
pia. — Die homerische Stadt Arene. (Mitt. 
archäol. Instit., 3.) 


Engelmann, R. Der Tempel der Fortuna in 
Präneste. (Voss. Ztg., 1. XI.) 


Ferrero, G Du role et de l'importance des 
fouilles d’Alesia. (Ann. d. monum., 124.) 


Gaheis, A. Tesoretto di statuine d'Ercole 
scoperto a Trieste. (Archaeog. Triestino, 4.) 


Gnirs, A. Dasròmische Bühnentheater in Pola. 
(Jahrb. f. Altertumsk., 2—3.) 


— Istrische Beispiele fiir die Formen der antik- 
römischen villa rustica. (Jahrb. f. Altertums- 
kunde, 2—3.) 

Kawerau, G. DreifuBträger von der Akro- 
polis zu Athen. (Mitt. archéol. Instit., 3.) 


Ludowici, Wilh. Uruen-Gräber römischer 
Töpfer in Rheinzabern u. III. Folge der dort 
gefundenen Stempel-Namen u. Stempel-Bilder 
bei meinen Ausgrabungen 1905—1908. (VIII, 
294 S. mit Abbildg.) Lex. 8°. München, (M. 
Rieger) 08. Kart. nn 35.—. 


Maas, M. Archdologiscie Nachlese. (Kunst- 
chron., 1.) 
Marucchi O. Il tempio della Fortuna Prenes- 


tina secondo il risultato di nuove indagini e 
di recentissime scoperte. Con 3 tav. Roma 
1908, in-8 gr. (Estr.) Frs. 2.50. 

Michon, E. Bas-reliefs antiques de la Corse 
(Bull. archéol., 3.) 

Mot, J. de. A propos du dessin des peintres 
ceramistes grecs. (Bull. Mus. R. Bruxelles, 10. 


1160 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Müller, R. Artemistempel bei Kombothekra. 
(Mitt. archdol. Instit., 3.) 

Nilsson, M. Schlangenstele des Zeus Ktesios. 
(Mitt. archäol. Instit., 3.) 

Normand, Ch. Les trouvailles de murs ro- 
mains et la Tour de la Pucelle a Rouen. 
(Ann. d. monum. etc., 124.) 


Patsch, C. Kleinere Unternehmungen in und 


um Narona. (Jahrb. f. Altertumsk., 2—3.) 
Perrot, G. Un inventaire des matériaux 
de l'archéologie classique, Il. (Journ. d. 


savants, 10.) 


Piganiol, A. Les origines du Forum. (Melang. 
d’archéol. et d’hist., 3.) 


Plessier. Une stele à l'image de Mercure et 
Rosmerta trouvée dans le vieux lit de l'oise. 
(Ami. d. monum. etc., 124.) 


Thommesen, Rolf. Kunstneren i den gräske 
Kunst. 70 S. (23'/,><18'/,) Kristiana 1908, 
H. Aschehoug & Co. Kr. 2.— 


Versace, F. Der Tempel und die Stoa im 
Amphiaraesion bei Oropos. (Mitt. archäol. 
Instit., 3.) 


3. Alte Baukunst. 


(Architecture ancienne. — Ancient archifecture.) 


Architektur, die, der Renaissance in Toskana. 
Dargestellt in den hervorragendsten Kirchen, 
Palästen, Villen u. Monumenten nach den Auf- 
nahmen der Gesellschaft San Giorgio in Flo- 
renz nadi Meistern u. Gegenständen geordnet, 
hrsg., weitergeführt u. vollendet von Dr.Carl 
v. Stegmann u. Heinr. v. Geymüller. Mit aus- 
führlich illustr. Text. Allgem. Ausg. 45 u. 46. 
(SchluB-)Lfg. (8 Taf. m. VIII, VII, VII, VII, 
IX, VIH, S. 5—12, 20, 2, 3, 1, 6, 6, 6, 12, 22, 
10, 2, 2 u. 4 S. Text.) 64,5><46 cm. Beilagen: 
SchluBwort und Nachtrag zur Monographie 
Michelozzos, von Heinr. v. Geymiiller. [Aus: 
„Jahrb. d. kgl. preuB. Kunstsammign.“] (12 S.) 
34><23,5 cm. — Friedrich II v. Hohenstaufen 
u. die Anfänge der Architektur der Renaissance 
in Italien, von Baron Heinr. v.Geymüller. (30 S.) 
Lex. 8% München, F. Brukmann 08. In 
Mappe bar je 50.—; Protektor- Ausg. je 80.—. 


Enlart, C Le Style flamboyant; ds. Histoire 
de l'art, publ. p. André Michel, t. IH, ire part. 
Paris 08. 


Fishel, H. Treppen und Treppenhäuser. (K. 
u. Kunsthandw., 10.) 


Geymüller, Dr. Heinr. Frhr. v.: Rafael v. Urbino, 
der Palazzo Pandolfini in Florenz u. Rafaels 
Stellung zur Hochrenaissance in Toscana. Mit 
Aufnahmen von G. Castellucci. [Aus: „Die 
Architektur d. Renaissance in Toscana"! (V, 
12 S. m. Abbildgn. u. 6 Taf.) 65,5><46 cm. 
München, F. Bruckmann 08. In Mappe 75.—. 


Hammarstrand, Nils. Vära städers qamla 
byggnadskonst. (Svenska Dagbl. Nr. 256.) 


Hochstetter, F. Eine vergessene Kirche aus 
der Reformationszeit. [Scharfenau bei Cilli.] 
(Christl. Kunstbl., Okt.) 

Monczynski, Fr. Die Floriankirche zu Krakau. 
1905—1907. Architekt. Ausg. 

Roosval, J. „Hans Hildebrand, den kyrkliga 
konsten under Sveriges medeltid.“ 2. uppl. 
Wahlin, Theod. „Observa autem.“ Annu ett 
ord angående Laur. Weibull's „Studier i Lunds 
domkyrkas historia.“ (Kult och Konst 1908. 

H. 1.) 

WeiBman, A. De Nederlandse Bouwkunst 
omstreeks 1600. (Oud-Holland, 4.) 

Wood, J. Tintern Abbey. (Archaeol. Cambren- 
sis, 4.) 


3a. Deutschland. 
(Allemagne. — Germany.) 


Baum, J. Die Kirchenbauten der deutschen 
Jesuiten von Josef Braun. (Monatsh. für 
Kunstw., 11.) 


Bergner,H. H. Göbel, Das süddeutsche Bürger- 
haus. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 


— 0. Stiehl, Der Wohnbau des 
(Kunstchron., 2.) ~ 


Bonte, R. Nassaus Burgen. (Nassovia, 21.) 


Gebhardt, Past. Erich. Die Kirche Wang im 
Riesengebirge u. ihre Geschichte. Mit Vignetten 
u. Zeidingn. vom Verf. 2. stark verm. Aufl. 
(60 S.) 8°. Hamburg, Agentur des Rauhen 
Hauses 08. —.50. 

Haupt, Albr. Die älteste Kunst insbesondere 
die Baukunst der Germanen von der Völker- 
wanderung bis zu Karl dem Großen. Leipzig, 
H A. L. Degener. ca. 20.—. 

Schön, Th. Die Kapelle (jetzige Pfarrkirche) 


zur schönen Maria auf dem Hohenrechberg. 
(Arch. f. christl. K., 10.) 


Mittelalters. 


3b. Frankreich. 
France. 


Brutails, J. Eglises de la Gironde. (Soc. ardı. 
d. Bordeaux.) 


Cain, G. La Place Vendöme. Paris 1908. 


Dartein,F.de. Etudes sur les ponts en pierre, 
remarquables par leur decoration, anterieurs 
au Xle siecle. Paris, 1908. 


Faure,C. Les réparations du palais pontifical 
d'Avignon au temps de Jean XXIII. (Melang. 
d'archéol. et d’hist., 3.) 

La Croix, R. P. de. Mélanges archéologiques, 
La Chapelle Saint-Sixte et les cathedrales de 
Poitiers. 

La Norville, G. Le Chateau d’Ancy-le-Franc, 
au duc de Clermont-Tonnerre (vie a la Cam- 
pagne, 4.) 


Alte 


Baukuns! 


Alte 
Baukuss: 


Bibliographie 1161 


Les Grands palais de France. Versailles 
avec instruction et notices p. Pierre de Nolhac. 
Paris 08. fol. 


Magnien, M. Le Trianon de marbre pendant 
le regne de Louis XIV. (Rev. hist. d. Ver- 
sailles et de Seine-et-Oise, 2.) 


Marteaux, G. Le Répertoire ardıeologi- 
que, période romano-burgunde (Rev. sa- 
voisienne, 1.) 

Perrier, E. L’architecture en Provence sous 
le roi René. (Memoir. d. Acad. Marseille.) 


Régnier,L. Excursion à Lyons-la-Foröt. Mor- 
temer et Lisors. Paris 1908. 


Truchis, P. de. Eléments barbares, éléments 
étrangers dans l'architecture romane de l'Au- 
tunois. (Mémoires d. l. soc. éduenne.) 


4. Alte Malerei. 
Peinture ancienne. — Ancient art of painting. 


A. E. S. El Greco. (N. Freie Presse, 7. XI.) 

Bayer, J. Régi magyar müvészek. (Müvészet, 5.) 

Beaunier, A. Pierre Breughel le vieux. (Figaro, 
24. X.) 


Bode. Roger van der Weydens sogen. Reise- 
altar Kaiser Karls V. im Kaiser Friedrich- 
Museum und der Altar mit den gleichen 
Darstellungen in der Capilla real des Doms 
zu Granada. (Amtl. Bericht. Kgl. Kunsts., 2.) 


Bredius, A. Johannes Sievers. Pieter Aertsen. 
Ein Beitrag zur Geschichte d. niederländ. Kunst 
im XVI. Jahrhundert. Leipzig 1908. (Monatsh. 
f. Kunstw., 10.) 


Comvay, M. Some Rembrandt drawings. (Bur- 
lingt Mag., Oct.) 

Fourcaud, L.de. Le pastel et les pastellistes 
francais au XVIIIe siecle. IV. (Rev. de l'art anc. 
et mod., oct.) 


Hutton, Edward. William Hogarth. Berlin, 
Verlagsanstalt f. Literatur u. Kunst. ca. 5.—. 


Lefèvre, L. La peinture historique du Palais 
royal d’Etampes. Paris 1908. 


Lorenzen, Vilh. Maleren Hilker. (Blade af 
dansk Kunsts Historie, udg. af Foreningen 
for national Kunst. IV Bind, 1. Hefte.) 84 S. 
4% (23'/,><18'/,). Köbenhavn, Hagerup in Komm. 
Kr. 3.50. 

Mély, F. de. Une vierge de Cornelis Schernir 
van Coninxloo. (Rev. de l'art. anc. et mod, 
oct.) 


Mesnil, J. Le triptyque des Sforza au Musée 
de Bruxelles. (Art. flam. et holl., 10.) 

Stein, H. Le portrait de Pierre Outhe par 
Francois Clouet. (Bull. d. Mus. de France, 5.) 

Urseau. Les peintures murales de l'ancien 


couvent de la Baumette. (Ami d. monum. etc., 
124.) 


Voß, H. Charakterkôpfe des Seicento. II. 
Matthäus Stomer. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 


Zibrt, Č. Z dějin zámku a parstvi Zvikova. 
(Casopis Mus. Království českého, 4.) 


4a. Deutschland. 
Allemagne. — Germany. 


Dodgson, C. A portrait by Hans Holbein the 
elder. (Burlingt. Mag., Oct.) 


Jacobi, Dr. Frz. Studien zur Geschichte der 
bayerishen Miniatur des XIV. Jahrh. Mit 
14 Abb. auf 7 Lichtdr.-Taf. (V.64S.) 08. 4.—. 
Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Lex. 8°. 
Straßburg. 102. Heft. 


Künstler-Monographien. Hrsg. v.H.Knack- 
fuB. Lex.8°. Bielefeld, Velhagen & Klasing. 
Nr. 95. Heyck, Ed.: Lukas Cranach. Mit 103 Ab- 
bildgn. (124 S.) 08. In Leinw. kart. 4.—; Ge- 
schenkausg., geb. in Leinw. m. Goldschn. 5.—; 
Luxusausg., geb. in Ldr. 20.—. 


Lemberger, E. Berliner Miniaturmaler. (An- 
tiquitäten-Ztg., 45.) | 

— Leipziger Miniaturmaler. (Antiquitäten-Ztg., 
30. IX.) 


Vogel, J. Franz Landsberger. Wilhelm Tisch- 
bein. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 


4b. Italien. 
Italie. — Italy. 


Ajnalow, D. Etjudy po istorji iskusstwa 
wosroshdenja (Studien zur Geschidite d. Re- 
naissancekunst). 1. D. Mosaiken in S. Maria 
Maggiore zu Rom. 2. D Malerei Giotto's in 
d. untern Franciskuskirche zu Assisi. Peters- 
burg 1908, 39S. m. 16 Taf. 


Biadego, G. Pisanus pictor (Atti d. R. Istit. 
Veneto, Il). 


Boloz-Antoniewicz, J. Raz jeszcze „nasz 
Rafael“. (Noch einmal „unser Rafael“, in der 
Städt. Gemäldegallerie zu Lemberg.) Lemberg, 
1908, 8, 24S. m. 4 Abh. 


Fazio Allmayer, O. La Pinacoteca del Museo 
di Palermo. Notizie dei pittori palermitani, 
Palermo 1908. 


Gaddoni, Serafino. La Madonna delle 
Grazie venerata nell’ Osservatorio d’ Imola. 
Modena 1908. 


G. C. Un altro dipinto di G. Francesco da Ri- 
mini. (Rassegna d’arte, 10.) 


Gerola, G. Un'altra Madonna del Montagna. 
(Atti d. Acad. d. Agiati i. Rovereto, 3—4.) 


Gigli, G. Per un quadro di Paolo da Venezia. 
(Rassegna d'arte, 10.) 


Giglioli, O. Su un quadro del Volterrano 
nella Galleria degli Uffigi creduto finora di 
Giovanni da San Giovanni. (Boll. d’arte, 9.) 


Alte 
Malerei 


Alte 
Malerei 


ne ror e 


Alte 
Plastik 


1162 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Hadeln, Frh. v. Zu den Altarwerken Palma 
Vecchios in Serinalta. (Monatsh. f. Kunstw., 
11.) 


Hortis, A. Di alcuni codici che Niccolo An- 


ziani dimostrò scritti e miniati per Mattia 
Corvino re d’ Ungheria. (Archaeogr. Tries- 
tino, 4.) 


Konody, P. Raphael. (Nord u. Sid, 11.) 

Liphart, E. von. Les fresques de la Villa 
Palatina a l'Ermitage à St. Petersbourg. (Sta- 
ryje Gody, Oct.) 

Malaguzzi Valeri, F. Quattro nuovi dipinti 
di Tiepolo. (Rassegna d'arte, 10.) 

Pettorelli, A. Gli schizzi di Giovanni Antonio 
Licinio da Pordenone nel Museo Civico di 
Piacenza. (Rassegna d’arte, 10.) 

Suida, W. Zur Florentiner Trecentomalerei. 
(Monatsh. f. Kunstw., 11.) 

Tolomei, E. Le Sibille giottesche a Cortina 
di Ampezzo. (Archiv p. l'Alto Adige, 1.) 


5. Alte Plastik. 


Sculpture ancienne. Ancient Plastic Art. 


Agnel, A. de. Fragments d'un bas-relief du 
XIVe siecle provenant du Mausolee de Saint 
Elzéar de Sabran. (Bull. archéol., 3.) 

Babelon. Sur deux statuettes de taureaux 
conservees au Musée de Rouen. (Bull. ar- 
dıeol., 3.) 

Bailey, G. Renaissance carving, Rising Castle, 
Norfolk. (Antiquary, 11.) 

Braun, Edm. Wilh. Die Bronzen der Samm- 
lung Guido v.Rhö in Wien. Wien, A. Scroll 
& Co. Geb. ca. 20.—. 

Chaillan. Couvercle d’un sarcophage de la 
chapelie N.-dame, a Vallauris [Va]; le sarco- 
phage de Sainte-Marie-dc-la-Mer. (Ami d. 
monum., 124.) 

Destrée, J. Pelican de Bornival. 
R. Bruxelles, 10.) 

Durand, F. Basrelief de 1333 au Musée de 
Nimes. (Ami d. monum., 124.) 

Laws, E. and Edwards, E. Monumental 
effigies. Pembrokeshire. (Archaeol. Cambren- 
sis, 4.) 

Stickelberg, E. Die Bischofsgräber der hintern 
Krypta des Basler Miinsters. (Basler Ztschr. 
f. Gesch. u. Altertumsk., 1.) 


(Bull. Mus. 


5a. Italien. 
Italie. Italy. 


Aurini, G. Di un ignorato bassorilievo quat- 
trocentesco nell’ Ospedale militare di Ancona. 
(Ordine, 27. VI.) 

Galieti, A. La tomba di Prosperetto Colonna 
in Civita Lavinia. (Archiv. R. Soc. Romana, 
1-2.) 


Muratori. I sarcofagi ravennati di San Rai- 
naldo, di S. Barbaziano e del beato Pietro 


Peccatore e le ultime ricognizioni. (Boll. 
d'arte, 9,) 
Nicola, G. de. Il sepolcro di Paolo II. (Boll. 


d'arte, 9.) 

Pollak, Frdr. Lorenzo Bernini. Eine Studie. 
(122 S. m. Abbildgn.) 8. Stuttgart, J. Hoff- 
mann ‘09. 

Schottmüller. Drei italienische Statuetten des 
XV. Jahrhunderts. (Amtl. Bericht. Kgl. Kunsts., 2.) 

Serra, L. Note su Alessandro Vittoria. (Au- 
sonia, II.) 

Osvald Sirén. Ghibertis förste Bronzeporte. 
(Tilskueren, Oktober.) Mit Abb. [Obers. nach 
dem Ms. des Verf.] 

Steinmann, E. Studien zur Renaissanceskulp- 
tur in Rom. Il. Das Grabmal des Cecchino 
Bracci in Aracoeli. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 


6. Alte Graphik. 
Art graphique ancien. — Ancient Graphic Arts. 


Delteil, Lous Les eaux-fortes d'Antoine Ca- 
naletto. (Staryje Gody, Oct.) 

Fielding, M. Engravings by David Edwin. 
[Hitherto undescribed.] (Pennsylvania Magaz. 
126). 

Friedlander. Eine Zeicinung Jacobs van Am- 
sterdam. (Amtl. Ber. K. Kunsts. 2.) 

Gronau, G. Graphische Gesellschaft. Giulio 
Campagnola. Hrsg. v. P. Kristeller. (Kunst- 
chron. 2.) 

Hoeber, F. Rembrandts Plattenzustände. (Mo- 
natsh. f. Kunstw. 11.) 

H. K. Handzeichnungen schweizer. Meister des 
15. bis 18. Jahrhunderts. (Basel. Nachr. I. XI.) 


Jankowski. J. Polnische Graphik. Swiat 42. 


Koegler, H. Basler Büchermarken bis zum 
Jahre 1550. II. (Ztschr. f. Bücherfreunde, 7.) 


Kurzwelly. I. Fragment aus der ältesten deut- 
schen Armenbibel-Handschrift. (Ztschr. f. bild. 
K. 1.) 

Maslowski, St. Poln. Spielkarten. Swiat 41, 


Schreiber. W. u. Heitz, P. Studien zur deut- 
schen Kunstgescichte. Lex. 8°. Straßburg, 
J. H. E. Heitz. 100. Heft. Schreiber, W. L., 
u. Paul Heitz: Die deutschen „Accipies“ u. Ma- 
gister cum discipulis-Holzschnitte als Hilfs- 
mittel zur Inkunabel-Bestimmung. Mit 77 Abb. 
(Taf.) (71 S.) 08. 10.— 

Six, J. Les études préparatoires de Rembrandt 
pour les gravures de Jan Six et d'Abraham 
Francken. (Art flam et holland. 10.) 

Voll, K. Einzelholzschnitte des 15. Jahrhunderts 
in der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. 
Von G. Leidinger. 

Zschech, F. Bartolomeo Pinelli. 
(Hamburg. Correspond. 25. X.) 


[1781—1835.] 


Bibliographie 


1163 


eee | e T—_—_—___—__——_——_———————————ÈÈÈÈ@—m 


7. Altes Kunstgewerbe. 
Art industriel ancien. — Ancient industrial art. 


B. A. G. Meyer und R. Graul. Tafeln zur Ge- 
schichte der Möbelformen. (Kunstchron. 2.) 
Braun, E. Die Frühzeit der figuralen Plastik 
in der Höchster Porzellanfabrik. (K. u. Kunst- 

handw. 10.) 

— Zum Meißner Sulkowskiservice. 
f. Kunstw. 11.) 

Brune. Quatre ivoires anciens des Musées de 

Dole et de Sons-de-Saunier. (Ami d. monum. etc. 
124.) 

Capitein et Magne. Evolution de la poterie 
commune a Paris de l'époque néolitique au 
XVIIIe siècle. (Ami d. monum. 124.) 

Eden,C. English church furniture. (Builder, P.3.) 

Hampe, Th. Marc Rosenberg, Geschichte der 
Goldschmiedekunst auf technischer Grundlage. 
Abteilung: Niello. (Monatsh. f. Kunstw. 11.) 

Heins, A. L’Art du bois. Les anciens coffres 
et coffrets. (Art flam. et holl. 10.) 

Hutin, M. La Manufacture des Gobelins. (Journ. 
d. arts, 69.) 

Levison-Gower, A. Plate formerly belon- 
ging to the English church in Delft. (Bur- 
lingt. Mag. Oct.) 

Loeser, Ch. L’art italien au Musée des Arts 
decoratifs. (Gaz. d. b.-arts, nov.) 

Metman, L. Une collection de dessins des 
pineau au Musée des Arts decoratifs. (Bull. 
d. Mus. d. France, 5.) 

Ozarowsky, G. Le temple des Muses à l’epo- 
que d'Alexandre I. (Staryje Gody, Juli—Sept.) 

Pfister, W. Beschreibung der Textilfunde. (Bas- 
ler Ztschr. f. Gesch. u. Altertumsk. 1.) 

Pilloy, J. La céramique du nord de la Gaule. 
(Bull. archeol. 3.) 

Poulaine, F. Séputitures mérovingiennes près 
de la Grande Fontaine à Voutenay. [Yonne] 
(Bull. archéol. 5.) 

Redfern, B. Some ancient Norfolk almsboxes. 
(Antiquary, 11.) 

Roger, R. L’orfevrerie religieuse dans le comté 
de Foix et le Couserans, réliquaires d’Oust et 
de Seix. (Bull. archéol. 3.) 

Tzigara-Samurcag, A. Mobile romänegti. 
(Convorbiri literare, 9.) 

Vasselot, J. Marqu. de. An enamel by Mon- 
vaerni? (Burlingt. Mag. Oct.) 


(Monatsh. 


8. Orient, Japan. 
L’Orient. La Japon. — Orient. Japan. 


Beylié, L. de. Prome et Jamara. Voyage ar- 
chéologique en Birmanie et en Mésopotamie. 


Paris, In — 4°. 


Boeck, K. Groteske Standbilder in geheimnis- 
vollem Lande (Velh. u. Klasings Monatshefte. 
November). 

Bordardt, L. Die Ausgrabung des Toten- 
tempels Königs Sahu-re bei Abusir 1907/08, 
(Mitt. D. Orient-Gesellsch. 37.) 

Chavannes, E, Voyage archéologique dans 
la Mandchourie et la Chine septentrionale, 
(Bull. mens. d. Comité d. Asie francaise, 4.) 

Eisler, I Kitagawa Utamaro. (Müveszet, 5.) 

Glaser, K. Japans Kunst. (Miinchn. N. Nach- 
richten, 1. XI.) 

Hendley, T. Indian jewellery. X. Eastern 
Bengal and Tibet. (Journ. of Indian Art a. J. 
Oktober.) 

Heyes. Von der ägyptischen Kunst in der Py- 
ramidenzeit. (Köln. Volksztg., 29. XI.) 

Kühnel, E, Die Qual "a der Beni Hamad in 


Algerien. (Monatsh. f. Kunstw. 11.) 
Luschan, v. Buschmannmalereien aus Süd- 
Afrika. (Amtl. Bericht. K. Kunsts. 2.) 


Marshall, J. Archaeological exploration in 
India 1907/08. (Journ. R. Asiatic Soc. Oct.) 

Medem, Baron P. Kratkij Otscherk Egi- 
petckohs iskusstwa. (Kurzer Kursus d. Egypt. 
Kunst. Petersburg 1908, 40 S., R. —.60 Kop.) 

Migeon, G. Au Japon, promenades aux sanc- 
tuaires de l'art. Paris 1908. In — 16. 

Münsterberg, O. Zwei chinesische Maler. 
(Zeitschr. f. bild. K. 1.) 

— Chinesishe Landschaftsmalerei. 
Monatsh., Nov.) 

Ranke. Agyptische Schulstücke und Modelle 
von Bildhauern. (Amtl. Ber. K. Kunsts. 2.) 
Strzygowski, J. Oriental carpets. (Burlingt. 

Mag., Oct.) 

Temple, R. The travels of Richard Bell (and 
John Campbell) in the East Indies, Persia and 
Palestine 1654—1670. (Indian Antiquary, Jun.) 

Vay v. Vaya. Nippons Aesthetik. (Hochland, 
Nov.) 


(Westerm. 


9 


II. Neuere Kunst. 
L'art moderne. — Modern art. 


I. Städtebau und Gartenkunst. 


L'architecture des villes et Phorticulture. 
Building of towns and architectural gardening. 


Ehemann. Der Königlihe Schloßgarten in 
Würzburg. (Städtebau, 11.) 

Groll. Die Wichtigkeit und Bedeutung der 
Aufstellung von Bebauungsplänen in mittleren 
Städten. (Städtebau, 11.) 


1164 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Hedberg, Tor. Gamla svenska städer. (Sven- 
ska Dagbl. Nr. 277.) 


Hill, H. The Funktion of colour in street ar- 
chitectur. (Builder.) 


nn C. Arcitectural gardening. (Studio, 
ct.) 


Sceffler, K. Die Schönheit der Großstadt. 
(Tag, 16. X.) 


Sdimidkunz, H Städtisches und ländliches 
Wohnen. (Städtebau, 11.) 


Vorträge, städtebauliche, aus dem Seminar f. 
Städtebau an der Kgl. techn. Hochschule zu 
Berlin. Hrsg. v. Jos. Brix, F. Genzmer. 1. Vor- 
tragszyklus. 1. Bd., Lex.8°. Berlin. 1. Heft. 
Brix, Stadtbaur. a. D. Prof. Jos.: Aufgaben 
u. Ziele des Städtebaues. — Genzmer, Geh. 
Hofbaur. Prof. Fel.: Kunst im Städtebau. 
(32 S.) 1908. 1.80. 2. Heft. Koehne, Pri- 
vatdoz. Dr. Carl: Die Grundsätze des Erb- 
baurechts u. dessen Anwendung beim Bau 
von Städten u. Ortschaften. (42 S.) 1908. 2.40. 
3. Heft. Bornhak, Amtsger.-R. a. D. Prof. 
Dr. Conr.: Verwaltungsrechtliches im Städte- 
bau, (17S.) 1908 1.—. 


W yspianski St. Ekielskiwe. Pomysl rabu- 
dowania Krakowa (Projekt zur Bebauung d. 
Wawel zu Krakau). Krakau 1908. K 5.—. 


2. Neuere Baukunst. 
Architecture moderne. — Modern architecture. 


Architektur des XX. Jahrh. Lex. 8°. Berlin, 
E. Wasmuth. 1. Sonderheft. Thiersch, 
Frdr. v.: Das Kurhaus zu Wiesbaden. (64. S. 
m. Abb.) 1908. 6.—; f. Abnehmer der Zeit- 
schrift 3.50. 


Architecture in Canada. (Builder, P. 3.) 
Bethge, H. Olbrich (Gegenwart, 3. X.) 


Sauvage, Archit. F. Holzarchit. Entwürfe v. 
Gebäuden, Lauben, Pavillons, Veranden, Bal- 
konen, Gartenbänken, Zäunen, Giebeln, Log- 
gien, Gebäudeteilen usw. 5. (SchluB-)Lfg. 
DO Taf.) 50Xx32,5 cm. Berlin, E. Wasmut, 

908. 


Schmidt, Ob.-Baur. L. F. Karl. Kgl. Kunstge- 
werbeschule mit Museum zu Dresden. Erbaut 
1903—07 nach den Plänen der kgl. Bauleitung 
und der Architekten Lassow & Viehweger. 
12 Taf. mit Text u. Abb. (VIIS.) 61,5><50 cm. 
Dresden, G. Kiihtmann, 1909. 


Schulze, O. Hessische Landes-Ausstellung für 
freie und angewandte Kunst. Raumkunst II. 
(D. K. u. Dekor. 2.) 


Sigurd Curman. Stockholms nuvarand räd- 
hus. Med 13 bilder. (Ord och bild 1908, 
H. 8.) | 

Troubnikoff, A. Thomas de Thomon. Staryje 
Gody, Juli-Sept.] 

Wohnhäuser, einfache schweizerische. Aus 
dem Wettbewerb der schweizer. Vereinigg. f. 


‘F. L. Louis Brauns mälning 


Heimatschutz. Mit 6 farbigen Kunstbeilagen. 
(56 S. m. Abbildg.) 32><24 cm. Biimpliz, Hei- 
matschutz-Verlag 08. Kart. 4.—. 


3. Neuere Malerei. 
Peinture moderne. — Modern Painting. 


Brunius, A. Georg Pauli's utställning. (Svenska 
Dagbl., Nr. 270.) 

Danieli-Camozzi, M. Fausto Zonaro. (Nuova 
Antologia, Oct.) 

„Gustaf Adolf 
efter Slaget vid Lützen“ i Meuchens kapell 
vid Lützen. (Hvar 8.Dag, Göteborg, Nr. 51.) 
Mit Abbildg. 

Herr Meier-Graefe’s Modern Art. (Morning 
Post, 15. X.) 

Kruse, John. En bok om Markus Larsson 
[A. Gauffin’s Biographie]. (Svenska Dag- 


blatt, 263.) 

— Ernst Norlinds utställning. (Svenska Dagbl. 
Nr. 268.) 

Kunst, die. Sammlung illustr. Monographien 


Hrsg. v. Rich. Muther. kl. 8. Berlin, Mar- 
quardt & Co. 47 Bd. Blei. Frz. Felicien Rops. 
Mit 17 Vollbildern. 2. Aufl. (5—8. Taus.) 08. 
Kart. 1.50; geb. in Ldr. 3.—. 

Laenen, J. Jacob Smits. (Art decor., Oct.) 

Lazar, Bela. A modern müvészet kezdetei. 
(Müveszet, 5.) 

Lützhöft, Nic. Oscar Matthiesen (Politiken, 
Kopenhagen, Ar. 280.) 

Nordensvan, Georg. Ernst Norlind’s ut- 
ställning. (Dagens Nyheter, Stockholm, 20./9.) 

— Georg Pauli’s utställning. (Dagans Nyheter, 
Stockholm, 26./9.) 


Osborn, M. Vincent van Gogh. (Velh. und 
Klas. Monatsh., Nov.) 
Rau, A. Bildersaal amerikanisher Künstler. 


Henry O. Tanner. (O. Deutsch. Vorkämpf., 11.) 


Roosval, Johnny. Olle Hjortzbergs hvalf- 
malningar i Klara kyrka i Stockholm. Mit 3 
Abb. (Kult och Konst 1908, H. 1.) 


Tastevin, H L'impressionisme et les nou- 
veaux courants. La Toison d'Or 7—9.) 

Wahlin, Karl. Ernst Nordlind’s utställning. 
(Stokholms Dagblad, 17./9.) 

Wrandel, Baron N. La peinture romanes- 
que du temps d'Alexandre I. A. Orlewski, 
O. Kipzensky. Staryje Gody, Iuli-Sept.) 


. Zani. P. Le decorazioni di Adolfo de Karolis 


nel nuovo Palazzo della Provincia in Ascoli 
Piceno. (Vita d'arte, 10.) 


3a. Deutschland. 
Allemagne. Germany. 


Bethge, H. Karl Walser. (Hamburg. Corre- 
spond., 26. X.) 


Neuere 


Maiere 


Neuere 
Malerei 


Bibliographie 


1165 


Bierbaum, O. Franz Stuck, 31. X.) 

Boersdhel, E. Deutsche Dichter als Maler und 
Zeichner. (Westerm. Monatsh., Nov.) 

Dresdner, A. Aus dem Berliner Kunstleben. 
Spitzweg. (Propyläen, 28. X.) 

Dubbels, K. Wilhelm Steinhausen. (Hamburg. 
Nadir., 8. XV.) 


H E. W. Hermann Kauffmann. (Hamburg. 
Nachr., 6. XI.) 
Roch, Dav. Theodor Schüz. Ein Maler f. das 


deutsche Volk. Mit 86 Abbildgn. im Text u. 
8 Einschaltbildern nach Ölgemälden, Olskizzen 
u. Zeichngn. 2. umgearb. Aufl. (144S.) Lex. 
8. Stuttgart, J. F. Steinkopf 08 Geb. in 
Leinw. 4.—. - 

L. P. Gottlieb Biermann +. (VoB. Ztg., 21. X.) 

Maler, Altwiener. 10Lfgn. Wien, C. W. Stern. 
Je ca. 18.—. 

Michel, Wilh. Leo Putz, e. deutscher Künstler 
der Gegenwart. Leipzig, Klinkhardt & Bier- 
mann. ca, 18.—. 

Misciatelli, P. Pastelli femminili di Franz von 
Lenbach. (Vita d'arte, 10.) 

Poe, W. Wilhelm Busch in neuem Lichte. 
(National Ztg., 25. X.) 

Ranftl, J. Ein Patenkind König Ludwig I. von 
Bayern. [Ludwig Seitz.] (Hist.-polit. Blätt., 9.) 

Rohr, J. DieFischpredigt des hl. Antonius von 
Padua. Ein Wandgemälde von M. Feuerstein. 
(Arch. f. christl. K., 10.) 

Rößler, A. Ein deutscher Märchenmaler: Karl 
Geiger. (Welt u. Haus. 5.) 

RoeBler, Arth. Ferdinand Georg Waldmiller. 
(49 S., 130 S. Abbildgn. u. VIS.) Lex.8. Wien, 
K. Graeser & Co. (08). 5.—. 

Stahl, F. Neue Bilder im Reicishause. (Berlin. 
Tagebl., 13. X.) 

S. Zum Gedächtnis des Leipziger Aquarellisten 
Karl Werner. (Leipzig. Volksztg., 16. X.) 

Uhde-Bernays. Waldmüller. (Deutsche Tages- 
ztg., 21. X.) 

Volksschriften, Pforzheimer. 
Dr. Karl Brunner. 8. Pforzheim. (Leipzig, 
H. Zieger.) Jede Nr. —.30. 3. Geiger, Alb., 
Das Lebenswerk Hans Thomas. (26 S.) 08. 

Werner,H. Der Frankfurt-Cronberger Kinstler- 


Bund. (Deutsch. K. u. Dekor., 2.) 
3b. England. 
Angleterre. England. 
Agresti, A. I Preraffaellisti. Torino 1908. 


Die schottische Malerei auf der National- 
ausstellung. (Internationale Wochenschr., 


17. Okt.) 
Frantz, H. Johann Barthold Jongkind. (Studio, 
Okt.) 


Holmes, C. Three pictures by Turner. (Bur- 
lingt. Mag., Oct.) 


Hrsg. v. Prof 


Image, S. The serious art of Thomas Row- 
landson. (Burlingt. Mag., Oct. 


Phillips, C. James McNeill Whistler. His life 
and pictures. (Daily Telegr., 22. X.) 


Sdleinitz,O.v. Die Begründer der modernen 
Landschaftsmalerei: Crome, Constable und 
Turner. (Kunst f. Alle, 2.) 


Veth. J. Th. Rowlandson. (K. u. Künstler, 4.) 


Washburn-Freund, E. Die schottische Land- 
schaftsmalerei. (Beil. Miinch. N. Nachr., 18. X.) 


W.F. Edinburger Tage. (Schlesische Ztg., 13. 
u. 14. X.) 


3c. Frankreich. 
France. 


Brieres, G. Dessins de l'époque de la restau- 
ration au Musée de Versailles. (Bull. de Mus. 
de France, 5.) 

Dorbec, P. La tradition classique dans le 
paysage au milieu du XIXe siecle. (Rev. de 
l'art anc. et mod., oct.) 

Französische Maler von gestern und von 
heute. (Köln. Ztg., 18. X.) 

Locquin, J. Le paysage en France et l'œvre 
de J.-B. Oudry. (Gaz. d. b. arts, nov.) 


Monod, F. L'histoire de Psyhé de Maurice 


Denis. (Art et décor., 11.) 
Morice, Ch. Nouvelles tendences de l'art 
français. (La Toison d'Or, 7—9.) 


Nouvelle orientation de la 
(La Toison d'Or, 7—9.) 


Volschine, Max. 
peinture francaise. 


4. Neuere Plastik. 
Sculpture moderne. — Modern Plastic Art. 


Benedetti, M. de. Giulio Monteverde. (N. 
Antologia, 1. XI.) 
E. G. F. [olcker]: Skisserna till Gunnar Wenner- 
bergs-Monumentet. (Svenska Dagbt. 269.) 
) 


(Hvar 8. Dag, Goteborg, X, Nr. 1 


Gerhard, A. Cuno von Ueditritz. (Westerm. 
Monatsh., Nov.) 


Gustav Vigelands Abel-Moument. 
posten, Kristiania, 588.) Mit Abb. 


Kleczynski, J. Moderne Bildhauerkunst, 


(Aften- 


Sfinks, Oct. 
M. O. Harro Magnussen +. (National Zei- 
tung, 4. XI.) 


Pierron, S. Oeuvre d'Henri Boncquet. (Indé- 
pendance, 17. X.) 

Tvà finska monument af en finska konstnér 
[Ville Valigren] (Dagens Nyheter, Stockh., 6.;9.) 

Zimmermann, M. Die letzten Werke eines 
zu frih Dahingegangenen [Harro Magnussen] 
(Tag, 12. XI.) 


1166 


5. Neuere Graphik. 


Art graphique moderne. Modern graphic arts. 

Alexandre, A. Dessins de Rodin. (Figaro, 
22. X.) 

Biermann, G. Marie Gey-Heinze. 
Tagebl., 31. X.) 

Delcourt, M. Le fondeur en caracteres. (Art 
decor., Oct.) 

Illustratoren, klassische. Hrsgegeb. von Kurt 
Bertels Lex. 8°. München, R. Piper & Co. 
IV. Bertels, Dr. Kurt: Honoré Daumier als 
Lithograph. Mit 70 Abbildungen. (150S.) 08. 
Geb. 5.—. 

Mader, G. Neue Exlibris für Alpinisten. (Natur 
u. Kunst, 1. Nov.) 

Scäffner, Katharine. Eine neue Sprache? 
42 Zeichngn. Mit einer Besprechg. v. Ferd. 
Avenarius. Hrsg. vom Kunstwart. (20 Taf. 
und VII S. Text mit 3 Abbildgn.) 37x28 cm. 
München, G. D. W. Callwey. 08. In Mappe 
bar 6.— 

Scheffler, K. Slevogt als Illustrator. (Kunst 
und Künstler, 1.) 

Solowieff, N. Livres illustrees sur la Russie 

au debut du XIX siecle. (Starzje Gody, Juli- 
September.) 

Tarqiani, N. Giovanni Fattori disegnatore e 
acquafortista. (Vita d’arte, 10.) 

Valemont. L'eau-forte en couleurs. 
19. X.) 


(Leipzig. 


(Figaro, 


6. Neueres Kunstgewerbe. 
Art industriel moderne. Modern industrial Art. 


Chevanus, A. L'art décoratif hongrois. (Art 
decor., Oct.) 

Deubner, L. Decorative art at the Munich 
exhibition. (Studio, Oct.) 

Foelkersam, Baron A. v. La bijouterie du 
temps d'Alexandre I. (Staryje Gody, Juli- 
September.) 

Frantz-Jourdain. L’evolution de l'art déco- 
ratif en Allemagne. (Revue, 20.) 

Harder, A. Schwedische Heimarbeit. 
Ztg., 8. XI.) 

Kunst, angewandte. Deutscher Lyceum-Klub, 
Berlin. (174 S. m. Abbildungen.) 17><20 cm. 
Berlin, F. Lipperheide (08). 3.60. 

Pudor, H. Material-Behandlung im Kunstge- 
werbe. (Kunstgewerbebl., 1.) 

Skovgaard, Joakim. 
(Gads danske Magasin, Oktober.) 

Steiner, E. Die Bedeutung d. Bucheinbandes 
als dekoratives Moment. (Zeitschr. f. Bücher- 
freunde, 7.) 

Vallance, A. Some examples of tapestry de- 
signed by Sir E. Burne-Jones and Mr. J. H. 
Dearle. (Studio, Okt.) 


(Köln. 


Thorvald Bindesböll- 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Waldmann, E. Die Gesellschaftsräume des 
Lloyddampfers Prinz Friedrich Wilhelm. Bruno 
Paul Sonderheft. (Dekor. K., 2.) 


2 


III Allgemeiner Teil. 


Partie générale. — General part. 


1. Ausstellungen. 
Exhibitions. 


Albrectsen, Hans. Achton Friis og Aage 
Berthelsen's Udstilling af Billeder fra Gròn- 
land. (Köbenhavn, 2. X.) 


Avenard, E. L'exposition finlandaise au Sa- 
lon d'automne. (Art et decor., 11.) 


B.F. Oscar Matthiesen-Udstillingen. (National- 
tid., Kopenhagen, 11695 Aften-Udg.) 


Chervet, H. Le Salon d'Automne. 
Rev., 20.) 


Chytil, C. Die Jubiläumsausstellung des Be- 
sitzes der Prager Handels- und Gewerbe- 
kammer in Prag. (K. u. Kunsthandw., 10.) 


Czarnik, Br. Die Rembrandt-Ausstellung zu 
Leyden 1906. (Przewodnik nankowy i literacki, 
Juli, Aug.) 

Davenay, G. Retrospectives. 
(Figaro, 20. X.) 

Desdevises du Dézert, G. L’Exposition Hi- 
spano-Francaise a Saragosse. (Rev. bleue, 19.) 

Die belgische Ausstellung in Berlin. Il. 
(Köln. Ztg., 14. X.) 

Fra gamle Hjem. Udstilling af Kunstsager 
og Kuriositeter. Katalog. Köbenhavn 1908. 
69 S. 8°.) 50 Ore. Enth. einen Aufsatz von 
J. W. Frohne, „Renaissance“, u. von Louis 
Bobe, „To Gobeliner fra Christian Vl's Konge- 
borg“, mit Abb, 

Helwag, F. Was bedeutet die Ausstellung 
München 1908? (Kunstgewerbebl,, 1.) 

Hepp, P. Le Salon d’automne. (Gaz. d. b. 
arts., nov.) 

Le Salon de la „Toison d'Or“. (La „Toison 
d'Or“, 7—9.) 

Leuning-Borch. Udstilling af Skönvirke. (Illu- 
streret Tidende, 50. Jg., Nr. 1.) 

Makarenko, N. Südrussische Kunst auf dem 
XIV. Archeologischen Kongreß zu Tschernigoff. 
(Staryje Gody, Oct.) 

Otto. Eine Wanderung durch die Ausstellung 
vogtlandischer Altertümer und Kunstwerke. 
(Vogtländ. Anz., 29 X. 30. X., 3. XI.) 

Schmidt, R. Die Große Berliner Kunstausstel- 
lung 1908. (Kunst f.gAlle, 3.) 

Scölermann, W. Die Olbrich-Gedachtnis-Aus- 
stellung in Darmstadt. (Kunstchron., 3.) 


(Nouv. 


[Engl. Maler.) 


Bibliographie 


1167 


Vaudoyer, J. Le Salon d’automne. (Art et 
decor., 11.) 

„Volmar“. Höstssalongen i Paris. 
celli. (Svenska Dagbl., Nr. 270.) 

— Höstsalongen i Paris. II. Den finska afdel- 
ningen. (Svenska Dagbl., 275.) 

W ahlin, Karl. Georg Pauli’s utstälining i konst- 
närshuset. (Stockholms Dagblad 22./9.) 

mu P. Pariser Ausstellungen. (Staryje 
Gody, Oct.) 

Wenke, F. Die Vorlaender eh im 
Landesmuseum. (Westfäl. Merkur, 1. XI.) 
Zöllner, E. Die dritte Ausstellung des Kur- 
hessischen Künstlerbundes. (Hessenland, 20.) 


I. Monti- 


2. Denkmalspflege. 


Conservation des monuments.— Conservation of 
monuments. 


v. Behr. Der neunte Tag für Denkmalpflege in 
Lübeck. (Denkmalpfl., 13.) 


Bericht des Konservators der Kunstdenkmäler 
der Prov. Ostpreußen üb. seine Tätigkeit vom 
1. XII. 1906 bis 31. XII. 1907 an die Prov.- 
Kommission zur Erforschung u. zum Schutze 
der Denkmäler in der Prov. Ostpreußen. (6. 
. Jahresbericht.) (70 S. m. Abbildgn. u. 1 Taf.) 

. 8°. Königsberg (B. Teichert) 08. Bar 1.—. 


Die Erhaltung alter Wandmalereien. (Na- 
tionalztg., 16. X. 


Heimatschutz, sächsischer. Landesverein zur 
Pflege heimatlicher Natur, Kunst u. Bauweise. 
Mitteilungen 1.—3.Heft. Schriftleitung: Werner 
Schmidt. (63 S. m. Abb. u. 1 farb. Taf.) gr. 8°. 
Dresden, G. Kühtmann, 08. 1.20. 


Herzfeld, O. Die Erhaltung alter Wandmale- 
reien, (Denkmalpfl., 13.) 


Il restauro del cenacolo vinciano. 
segna d'arte, 10.) 

Kirchhlihher Denkmalkultus. 
Zentr.-Komm., 8.) 


Mitteilungen der 3. (Archiv-)Sektion der k. k. 
Zentral-Kommission zur Erforschung u. Er- 
haltung der Kunst- u. historischen Denkmale, 
hrsg. unter der Leitg. des Präsidenten dieser 
Kommission Sr. Exz. Dr. Jos. Alex. Frhrn. v. 
Helfert. Red.: Prof. Dr. Osw. Redlich. VII. 
Bd. Archiv-Berichte aus Tirol. IV. Bd. von 
E. v. Ottenthal u. O. Redlich. 1. Heft. (82 S.) 
gr. 8°. Wien, A. Schroll & Co. 08. nn. 2.—. 


u M. Die Hohkönigsburg. (Zukunft, 
7. XL) 


(Ras- 
(Mitt. d. K. K. 


Schumann, P. Neunter Tag für Denkmalpflege 
in Lübeck. (Kunstchron., 1 


Sordini, G. Notizie dei monumenti dell’ Um- 
bria: Spoleto nel 1907. (Boll. d. r. Deput. d. 
Stor. Patr. p. l'Umbria, 13.) 


Sprawoz Danie Towarzystwa opieki nad 
polskimi zabytkami sztuki y kultury. 
(Bericht d. Ges. zum Schutze poln. Kunst- und 
Kulturdenkmäler pro 1907.) Krakau 1908. 16°. 
32 S. m. 6 Abb. 


Struck, A. Der Wiederaufbau des Erechtheions. 
(Frankfurt. Ztg., 27. X.) 

Weckbeder, W. Frhr. v. 
Denkmalpflege in Preußen. 
Zentral-Komm,, 9.) 


Das Recht der 
(Mitt. d. K. K. 


3. Kunsttopographie. 
Topographie d’art, — Art topography. 


Brunius, A. På tröskeln till Italien. IV. Två 
städer och tvà stämningar. Ma och Flo- 
renz.] (Svenska Dagbl., Nr. 271.) 


Celis, G. De hoofdkerk van sint Baafs. Gids 
voor den bezocker. La cathedrale de St. 
Bavon, guide du visiteur. Gand 1908 


Chantavoine, J. Munich. [Les villes dort 
célèbres.] Paris 08. 4°. 


Chevillard, V. Itiné raire artistique de Paris. 
Paris 1908. 

Clemenz, Bruno. Die Gröditzburg einst und 
jetzt. Ein illustr. Führer u. eine Gedenkschrift. 
(46S.) 8°. Kattowitz, Phönix-Verlag (08). 1.— 


Clément, J. Essai arhéologique et historique 
sur l'église Sainte-Croix de Saint-Pourçain- 
sur-Sioule et les peintures de l’église de Saul- 
cet [Allier] Moulins. 8°. 

Dehio, Geo. Handbuch der deutschen Kunst- 
denkmäler. Im Auftrage des Tages f. Denk- 
malpflege bearb. III. Bd.: Süddeutschland. 
(VII, 621 S. m. 1 Karte.) 8°. Berlin, E Was- 
muth. Geb. in Leinw. 6.25. 


Der Dom von Loreto. (Rhein.-Westfäl. Ztg., 
26. X.) 


Hager, G. Romanische Denkmäler Altbayerns. 
(Minch. N. Nachr., 4.—6. Nov.) 


Jourdan, F. Avranches, ses rues et places, 
ses monuments, ses maisons principales, ses 
habitants pendant la révolution. (Rev. de 
l'Avranchin, 1.) 


Julia, A. Monographie de la ville de Perpignan 
avec un historique de ses vieux monuments. 


Lefèvre, L. Etampes et ses monuments aux 
XIe et Alle siècles. Paris 1908 


Ludorff, Prov.-Baur. Prov.-Konservat. Baur. A. 
Die Bau- u. Kunstdenkmäler von Westfalen. 
Hrsg. vom Prov.-Verbande der Prov. West- 
falen. 31,5><25 cm. Münster. (Paderborn, 
F. Schöningh.) (XXVIL) Kreis Meschede. Mit 
geschichtl. Einleitgn. v. Hausgeistl. Kapl. F. 
Brügge +. 3 Karten, 361 Abb. auf 42 Taf. u. 
im Text. (IV, 116S.) 08. nn. 4.—; geb. nn. 8.—. 

Maciszewski, M. Zamek w Brzezanach. (D. 
I in Brzezanz.) Tarnopol, 1908. 8°. 17 S. 
m. Plan. 


76 


1168 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Malaguzzi Valeri, F. Campione. (Rassegna 
d’arte, 10 
II. Emilie, 


Maurel, A. Petites villes d’Italie. 
Marches, Ombrie. Paris 08. 


Palmer, A. The town of Holt, in county Den- 
bigh: its castle, church, franchise, and demesne. 
(Archaeol. Cambrensis, 4.) 


PERO ux, J. Roanne à travers les âges. Roanne, 


Sdirder. Bilder aus Mühlhausen i. Th. (Denk- 
malpfl., 13.) 

Sprawozdanie grona konserwatorów 
Galicji wschodnicj. (Bericht der Konser- 
vatoren d. östlichen Galizien, Jan.—Dez. 1907.) 
Lemberg 1908. 4° 27S. 

Staub, W. Das Stadtbild von Bern. 
Rundsch., 4.) 


Tikkanen, J. Medeltida altarskäp och träs- 
niderier. 1. Finlands Kyrkor. Särtryck ar 
finsk tidjkrifts september häfte 1908 


(Bern. 


4. Sammlungen. 
Cabinets — Collections of art. 


Babelon, E. La collection Armand-Valton au 
Cabinet des Medailles. (Rev. de l’art anc. et 
mod. Oct.) 


B. Die Königl. DD ishe Sammlung in Mün- 
chen 1758—1908. (Augsburg. Abendztg. Nov.) 
Biermann,G. Eine Wanderung durch die euro- 
päischen Kunstsammlungen. (Dresdner Journ. 


15. X.) 

Capart, I. Une importante donation d’antiqui- 
tés égyptiennes [Suite]. (Bull. Mus. R. Bru- 
xelles, 10.) 


Graf Zygmunt Czarnecki und seine Samm- 
lungen. (Wiadomosci numizmatyczno arche- 
ologiczne 72.) 

Hallwylska palatset [und seine Gemälde- 
sammlung] donerad till Stockholms stad. 
(Svenska Dagbl. Nr. 267.) 

— mit 6 Abb. (Hvar 8. Dag, Göteborg, X, Nr. 2.) 

Mornay, M. Die Ausländer in der Berliner 
Galerie. (Social. Monatsh. 20.) 

Muth, G. Aus der fränkischen Abteilung des 
Paulus-Museums. (Vom Rhein, Okt.) 


Muratow, P. Die Gallerie Schtschukin in Mos- 
kau, zur Geschichte d. modernen Malerei. (Russ- 
kaja Mysl, Aug.) 

Naumann, H. Die Gräflich Schall-Riaucoursche 
Gemäldesammlung in SchloB GauBig. (Ztschr. 
f. bild. K. 1.) 


Neue Museen in Florenz. (Mand. N. Nachr. 


10. XI.) 
Old Masters at Agnew's Gallery. (Mor- 


ning Post, 31. XI.) 


Pallmann, Heinr. Die kgl. graphische Samm- 
lung zu München 1758—1908 München, 
F. Bruckmann. ca. 1.—. 


Pininski, L. Graf. Przechadzka po muzeach 
modryckich. (Wanderung durch d. Madrider 
Aueh Lemberg, 1908. 8°. 114S.m. 38 Abb. 

Rusconi, A. La collezione Doria Pamphily. 
(Monatsh, f. Kunstw. 11.) 


Sambon, A. Le Musée de Naples. 
9—10.) 

Schubring, P. I nuovi acquisti del Kaiser 
Friedrich - Museum di Berlino. (Rassegna 
d'arte, 10.) 

Seidlitz, W. v. Die Cichoriusshe Sammlung 
ae Kupferstithkabinett. (Dresdn. Anz. 
8. VI.) 


Sprawozdanie Muzeum Narodowego pol- 
skieyo w Rapperswilu. (Bericht d. polni- 
schen National-Museums zu Rapperswyl pro 
1907.) Paris 1908. 8°. 86 S. 


Statens Historika Museum od k. mynt- 
kabinettet. Samlingarnas tillväxt är 1907. 
Med 214 figur. Fornvännen, Stockholm, 1907, 
H. 5., S. 209—319.) 


Studien, kunstwissenschaftliche. Hrsg. in Ver- 
bindg. m. den Monatsheften f. Kunstwissen- 
schaft. gr. 8°. Leipzig, Klinkhardt & Bier- 
mann. 2.Bd. Zimmermann. Max Gg.: Nieder- 
ländische Bilder des XVII. Jahrh. in der 
Sammlung Hölscher-Stumpf. (63 S. m. Abb. 
u. 27 Taf.) 08. 14.—; geb. 15.—. 


Tsdıudi, H. v. Die Sammlung Arnhold I. (K. 
u. Künstler, 1.) 


Tourneux, M. Les galeries privées en Ame- 
rique. (Gaz. d. b.-arts, nov.) 


a un der Kunsthalle. (Hamburg. 
.X.) 


(Musée, 


Vitry, P. La constitution de la salle Puget 
au Musée de Marseille. (Bull. d. Mus, d. 
France, 6.) 


Zilcken, Ph. Le Musée Mesdag à la Haye. (Rev. 
de l'art anc. et mod., oct.) 


5. Ikonographie. 


Giolli, R. Gli angioli di Gaudenzio Ferrari. 
(Vita d’arte, 10.) 


Laurent, M. Christus, belliger insignis. Liege, 
1908. 


Müller, A. Ein altes Stadtbild von GroB-Salze. 
(Mageburg. Ztg. 9. XI.) 

Nägele, A. Eine geistlihe Apotheke in Wort 
und Bild. [Forts] (Arch. f. christl. K. 10.) 
Rouquette. Le poisson eucharistique dans une 

tombe africaine. (Bull. archéol. 3.) 
Schmidt, B. Die Grabsteine mit dem Kreuze. 
(N. Archiv f. sächs. Gesch. 3—4.) 
Schoenbeck, Maj. a. D. Rich. Das Pferd u. 
seine Darstellung in der bildenden eee vom 
hippologischen Standpunkt aus. (X, 3 
m. 321 Abbildgn. u. 45 Taf.) 3300935 cm. 


‘ Bibliographie 


1169 


Leipzig, F. Engelmann. 08. Geb. in Leinw. 


Scönermark, Gust. Der Kruzifix in der bil- 
u Kunst. Straßburg. J. H. E. Heitz. Geb. 
ca. 12.—. 


6. Münzen und Medaillen. 
Numismatique. — Namismatics. 


Bordeaux, P. La distribution aux Francais 
de 300 millions de pieces en metal de cloche 
pendant les années 1792 et 1793. (Rev. numis- 
mat. 3.) 


Bosco, E. Una curiosa monetina di Mantova. 
(Rev. ital. et numismat. 3.) 


Bigwood, G. Sceaux de marchands lombards 
conservés dans les dépôts d'archives de Bel- 
gique [fin]. (Rev. belge de Numismat. 7.) 


Cavaignac, E. Les monnaies d’Eleusis. (Rev. 
numismat. 3.) 


Cunielli-Cunielli, A. Un Quattrino inedito 
della recca Aretina sotto il Reggimento dei 
Florentini dal 1337 al 1392. (Rev. ital. d. nu- 
mismat. 3.) 


Dieudonné, A. Récentes acquisitions du Ca- 
binet des Medailles. (Rev. numismat. 3.) 


Foville, J. de. La Statuaire grecque et les 
Medailles antiques. (Musée, 9—10.) 


Gilleman, Ch. et Werveke, A. v. Numis- 
matique audi — Cours et prix d'accoù- 
de Gand [fin]. (Rev. belge de Numis- 
mat. 4. 


Gnecdi, F. Appunti di Numismatica Romana 
XXXIX. Roma e la Germania. (Rev. ital. d. 
numismat. 3.) 

Gohl, E. Contributions au Corpus Nummorum 
Romanorum [Matériaux du Musée national 
hongrois a Budapest. (Rev. ital. d. numis- 
mat. 3.) 


Gumowski, M. Die polnishe Münzensamm- 
lung von Otto Kubicke, Warschau und ihre 
Auktion bei HeB, Frankfurt a. M., im März 
1908. (Wadomvsci Numizmatysno Archeolo- 
giczne 72.) 


Jameson, R. Une trouvaille de statéres de 
Melos. (Rev. numismat. 3.) 

Marini, R. Nota di numismatica Sabaudo: 
Un Testone di Carlo II. duca di Savoia. (Rev. 
ital. d. numismat. 3.) 

Milani, L. Due depositi dell’ étà del bronzo 
di Campiglia d'Orcia e della funzione mone- 
tale dell’ aes rude nei sepolcri dell ‘Etruria. 
(Rev. ital. d. numismat. 3.) 


Pansa, G. Di un Sestante inedito e singolare 
con leggenda cilingue, battuto nella metropoli 
etrusca di Tarquinia. (Rev. ital. di numis- 
mat. 3.) 


Pellatti, F. Tesoretto di morete republicane 
d'argento. (Rev. ital. d. numismat. 3.) 


Przybyslawski, K. Römische Münzen, in 
Polen gefunden. (Wiadsmsci Numizmatyczno- - 
_Archeslvgiczne 72.) 

Svoronos, N. Lecons numismatiques. Les 
premiéres monnaies [suite]. (Rev. belge de 
numismat. 4.) 

Stettin, K. Über die angeblicie römische 
Münzwerkstätte in Augst. (Basler Ztschr. f. 
Gesch. u. Altertumsk.) 

Tourneur, V. Pourquoi la médaille liégeoise 
n'a pas été influencée par la médaille ita- 
lienne. (Rev. belge de numismat. 4.) 

Trutowski, W. Numismatika. (Numismatik, 
Lief. 1: Einführung.) Moskau 1908. 36 S. m. 
Abb. Rb. 1.25. 

Witte, A. de. Un incident à la Monnaie Bru- 
xelles en 1759. Le graveur François Herre- 
wyn suspendu de ses functions. (Rev. belge 
de Numismat. 4.) 


7. Künstlergeschichte. 
Histoire des artistes. — History of artists. 


A. F. S. Zur Erinnerung an Moritz v. Schwind, 
(N. Freie Presse, 31. X.) 


Bredius, A. und Moes, E. David Baudrin- 
gren (Oud-Holland, 4.) 


Burckhardt, D. Albrecht Dürers Basler Auf- 
enthalt. (Basel. Nachr. 1, XI.) 


En marge. [Rembrandts Haus in der Joden- 
breestraat.] (Le Temps, 26, X.) 


Ernst Josephson's grafvärd aftäct. Prof. 
Marl. Warbures minnestal. (Svenska Dag- 
bladet 266.) 


Filippini, E. Guiseppe Piermarini a Pavia. 
(Archiv Stor. Lombardo, 19.) 


Gerola, E. Un ‘invenzione di Jacomo da 
Ponte e di due pittori trentini. (Tridentum, IV.) 

Jenensis. Maler und Dichter. [Wilh. Busch.) 
(Standarte, 8. X.) 

Kurtz, R. Peintre-Poéts. [Beardsley; F. Rops.] 
(Morgen, 23. X.) 

Mort de Ch. Landelle. (Figaro, 15, X.) 

O. W. Un architetto e scultore del secolo XV; 
Antonio Filarete, (Nuov. Antolog. Oct.) 

Pierron, S. Le monument du peintre Théo 
Verstraete (L'indépendance. 12, X.) 

Reinach, S. La chronologie de Pisanello. 
(Acad. et inscript. et belles lettres juil.) 

Rözsaffy, O. Lätogatäsom Claude Monet. 
(Müvéscet, 5.) 

S.-L. Af Kristiania Kunstnerforenings Saga 
(Morgenbladet, Kristiania, 527 u. 529.) 

Whistleriana. (Köln. Ztg. 28, XI.) 


Winkler, G. Lenbach als Kopist und Kunst- 
berater des Grafen Schack. (Kunst f. Alle, 2.) 


1170 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


8. Künstlerworte. 
Declarations d’artistes. — Words of artists. 


Biermann, Georg. Künstlerbücher. [Die Briefe 
van Goghs und Gauguins „Noa Noa“.] (Leipz. 
Tagebl. Nr. 267.) 

Cellini. Des Benvenuto Leben, von ihm selbst 
geschrieben. Übertr. von H. Conrad. 2 Bde. 
München, G. Müller. Subskr.-Pr. ca. 20.—, 

Corinth, Louis. Legenden aus dem Künstler- 
leben. Berlin, B. Cassirer. ca. 4.— 

Fragment van een autobiografe 
Johann Heinrich Wuest. (Oud Holland.) 

Gauguin, Paul. Noa Noa. (Deutsch v. Luise 
Wolf.) 2. Aufl. (109 S. m. 8 Vollbildern.) 8°. 
Berlin, B. Cassirer ('08). Geb. 4.—, 

Gogh, Vincent van. Briefe. 3. erweit. Aufl. 
(Deutsche Ausg. besorgt v. M. Mauthner.) 
(160 S. m. 12 Abbildgn.) 8°. Berlin, B. Gassirer 
('08). Geb. 3.60. 

Klinger, Max. Molarstwo i Rysunek (Malerei 
u. Zeichnung) übersetzt v. J. Drexler, Lem- 
berg 1908. gr. 8°. 38 S. m. 18 Taf. 


Klinger, Max. Malerei und Zeichnung. Pol- 
nische Übersetzung v. J. Drexler. Lemberg 
1908. kl. 8°. 38 S. m. 17 Taf. K, 3. 

Schnorr von Carolsfeld, Fr. Ein Wort 
Schwinds über das „Malen-Können“. (Grenz- 
boten, 1. X.) 

Thoma, Hans. Im Herbst des Lebens. Ge- 
sammelte Erinnerungsblätter. München, Süd- 
deutsche Monatshefte. ca. 5.—. 

Weisz, K. Künstlerbekenntnisse u. Programme. 
(Hochland, Okt.) 

Wrangel, Baron N. Das Tagebuch Orest 
Kiprenskys im Auslande 1817. (Storyje Gody, 
Juli— Sept.) 


van 


9. Kunstlehre. 
Théorie de l’art. — Aesthetics. 


Alexander, B. Zur Psychologie der Kunst. 
(Pester Lloyd, 18, X.) 

Bauer, Curt. Aesthetik des Lichts. (VI, 231 S. 
m. 13 Taf.) 8°. München, R. Piper & Co. 4.50; 
geb. 6.— 

Bildende Kunst und Weltanschauung. (N. 
Preuß. Ztg. 23, X.) 

Ernst, P. Von der Kälte des großen Kunst- 
werks, (Morgen, 2. X.) 

Hoermann, F. Das Subjektive und Objektive 
der Kunst. (Augsb. Abendztg. 6, XI. 

Jodi, Neuere Literatur zur Aesthetik. (Österr. 
Rundsch. 3.) 

Knapp, F. Alois Riegl, Die Entstehung der 
Barockkunst in Rom. (Kunstchron. 2.) 


Krapf, Anton. Das Problem der Bindung in 
der bildenden Kunst. Straßburg, J. H. E. Heitz. 
ca. 3.50. 

Lux, J.A. Maschinenaesthetik. (Zukunft, 17, X.) 


Das Nackte in der bildenden Kunst. [Vor- 
trag K. Langes.) (Nationalztg. 19. X.) 


Utitz, Dr. Emil. Grundzüge der ästhetischen 
Farbenlehre. (VIII, 156 S. m. 4 Abbildgn. u. 
2 Tab.) gr. 8°. Stuttgart, F. Enke, '08. 4.— 


Wendel, Geo. Der Schönheitsbegriff in der 
bildenden Kunst. Straßburg, J. H. E. Heitz. 
ca. 1.50. 


10. Sammelschriften. 
Recueils. — Collective works. 


Baranowski, G. Architecturnaja Encyclopedia. 
(Encyclopädie der Baukunst d. 2. Hälfte des 
XIX. Jahrh.) Bd. 2. T. I. Öffentliche Bauten. 
Petersburg 1908. XXI + 731 S. m. Abb. 


Déchelette I. Man. nn préhistor., 
celtique et gallo-romaine. Vol. I: Archéologie 
préhistor. Av. 249 fig. et pl. Paris 1908. 
Frs. 15.—. 


Fuchs, Eduard. Geschichte der erotischen 
Kunst. Erweiterung u. Neubearbeitung des 
Werkes „Das erot. Element in der Karikatur“ 
m. Einschluß der ernsten Kunst. Mit 385 Illustr. 
u. 36 Beilagen. Privatdruck. (XXII, 412 S.) 
Lex.8°. Berlin, A. Hofmann & Co. 08. Geb. 
in Leinw. bar 30.—; Luxusausg. 50.—. 


Gusman, P. L'art. décoratif de Rome de la 
fin de la Republ. au IVe siécle. Frs. 60.—. 
L'ouvrage paraîtra en séries de 60 planches, 
petit in-fol. en cartons, publiées en 3 livr. de 
20 pl. chacune. Prix de souscription à la 
série, en carton. Frs. 60.—. 


Jahrbuch, kunstgeschichtliches, der k. k. Zentral- 
Kommission f. Erforshung u. Erhaltung der 
Kunst- u. historishen Denkmale. Hrsg. unter 
der Leitung ihres Präsidenten Sr. Exz. jos. 
Alex. Frhrn. v. Helfert v. Prof. Max Dvorák. 
Nebst: Beiblatt f. Denkmalpflege. 1908. 4 Hefte. 
(1. Heft. 48 S. u. 44 Sp. m. Abbildgn. u. 3 Taf.) 
32,5x24,5 cm. Wien (A. Schroll & Co.). 20.—. 


— der kgl. preuB. Kunstsammlungen. Hrsg.: 
W. Bode, M. J. Friedländer, M. Lehrs, H. v. 
Tschudi, H. Wölfflin. Red.: Ferd. Laban. 29. Bd. 
Beiheft. (III, 56 S.) 35,5><24,5 cm. Berlin, 
G. Grote 08. 4.50, 


Jahrbuch der kunsthistorishen Sammlungen des 
allerhöchsten Kaiserhauses. Red.: H. Zimmer- 
mann. 28. Bd. 40><29cm. Wien, F. Tempsky. 
Leipzig, G. Freytag. 4. Heft. Grünwald, Alois: 
Über einige Werke Michelangelos in ihrem 
Verhältnisse zur Antike. Mit 2 Taf. u. 33 Text- 
abbildgn. — Grünwald, Alois: Über die Schick- 
sale des Ilioneus. Mit 2 Taf. u. 4 Text- 
abbildgn. (S. 125—160.) 08. 18.—. 


Bibliographie 


1171 


Justi, Carl. Miscellaneen aus drei Jahrhunderten 
spanischen Kunstlebens. 2. (SciluB-) Bd. We 
S. m. 77 Abbildgn. u. 1 Taf.) Lex. 8 

Berlin, G. Grote 08. 10.—; geb. 12.—. 


Kunstblatt, deutsches. Red.: Dr. Niessen. 
Oktbr. 1908—Septbr. 1909. 12 Nrn. (Nr. 1. 
10 S. m. Abbildgn.) Lex. 8°. Lübeck, Ver- 
lag des Deutschen Kunstblattes. (Werner & 
Hornig.) [Nur direkt.) bar 3.—. 


Laurin, Carl G. Taidehistoria. 
suomentanut Edv. Richter. 
koskevan osan kirjoittanut. Eliel Aspelin- 
Haapkylä. 243 kuvaa. 155x230. VI + 379 S. 
Borgä (Porvoo), Finland, 1908. Werner Söder- 
ström O.-Y. 6 finn. mark; sid. 9.—. 


O. u „Thieme u. Becker, Allg. Lexikon 
bild. Künstler.“ [recens.] (Svenska Dagbl., 
Nr. 257.) 


Sammlung Göschen. kl. 8°. Leipzig. G. J. Gö- 
schen. Geb. in Leinw., jedes Bdchn. —.80. 
Hartmann, Prof. K. O. Stilkunde. Mit 7 Voll- 
bildern u. 195 Textillustr. 4., unveränd. Aufl. 
(256 S.) 08. 


Trojanowski, W. 


Sovitellen 
Suomen taidetta 


Historja sztuk plasty- 


cznych. (Geschichte der plastischen Künste, 
Teil I.) arschau 1908. 16°. 203 S. mit 
158 Abb. 

Wrangel, Baron N., Makowsky, Serge et 


Troubnikoff, A. "Araktcheeff et l'Art. (Sta- 
ryje Gody, Juli—Sept.) 

Wurzbad, A. v. Niederländ. Künstler-Lexikon. 
16. Lfg. Wien, Halm & G. 4.—. 


II. Kultur. Kunstunterricht. 
Enseignement des arts. — Culture. Art 
instraction. 


Baer,H.v. Vom schlechten Geschmack. (Münchn. 
N. Nachr., 25. X.) 

Biermann, G. Wirtshaus-Kultur. (Prag. Tagbl., 
25. XI.) 

Bredt, E. Empfindungs-Bequemlichkeit. (Dtsch. 
K. u. Dekor., 2 


Falk, E. Was niitzen uns die Museen? (Ham- 
burg. Nachr., 11. X 


Jaroszynski, T. Ästhetische Erziehung. (Biblio- 
teka Warszawska, 10.) 

Kaemmerer, L. Denkmal-Argernisse. (Posen. 
N. Nachr., 11. X. 


Krattner, K. Einiges über das Zeicinen. Das 
Auswendigzeichnen und die Naturstudie. 
(Deutsche Arbeit, 1.) 


Lux, J. Porträt und Photographie. (National- 
Ztg., 18. X.) 

— PreuBische Beamtenästhetik oder: Die Sack- 
gasse der Architektur. (Morgen, 6. XI.) 

Melani, A. Questione di principio. [Societa 
Anonima. l'Aemilia Ars.] (Arte e Storia, 19—20). 


Niewiadomski, E. Asthetik in der Schule u. 
zu Hause. (Sprawy szkolne, 8 


A er R. Kultur und Nacktheit. (Tag, 


Pillati, G. Der Zeichnenunterricht als künst- 
lerishe Erziehung. (Sprawy szkolne, 8.) 


Roos, Anna Maria. Barnet som konstnär. 
[Kinderzeichnungen.] (Ord och bild 1908, H. 7.) 


Rybowski, M. Zeichnenunterricht in d. Volks- 
schule. (Rodzina i Szkola, Juli—Aug.) 


Scheffer. DerWürzburgerKreuzgang. (Deutsche 
Welt 3.) 


Sdultze-Naumburg, Paul. Kulturarbeiten. 
III. Bd.: Dörfer u. Kolonien. Hrsg. v. Kunst- 
wart. 2. verm. u. verb. Aufl. (XI, 252 S. m. 
177 Abbildgn.) 8°. München. G. D. W. Callwey 
08. —; geb. bar 5.—. 


Schwindrazheim, Osk. Kunst-Wanderbücher. 
Eine Anleitg. zu Kunststudien im Spazieren- 
ehen. 8°. Hamburg-GroBborstel, Gutenberg- 
erlag. 5 Bdchn. Von alter und zu neuer 
Heimatkunst. Mit 73 Abbildgn. nach eignen 
Aufnahmen u. Skizzen des Verf. u. m. 16 leeren 
Seiten f. Bemerkgn. u. Skizzen. 1.—5. Taus. 
(84 S.) 2.—; geb. 3.— 
Servaes, F. Kinderkunst auf der Wiener 
Kunstschau. (Kind u. K., 


Weiß, H Die Kunstgewerbezeichner und das 
kunstgewerbliche Schulwesen. (Kunstgewerbe, 
H. 1.) 


12. Kulturgeschichte. 


Histoire de la civilisation. 
History of civilisation. 


Arndt, G. Vermögensverzeichnis eines Halber- 
städter Bürgers des XV. Jahrhunderts. (Deutsche 
Gesch.-Bl., 1.) 


Bombe, W. Jacob Burckhardt, Die Kultur der 
Renaissance in Italien. (Kunstchron., 2.) 


Bonnefon, P. Charles Perrault commis de 
Colbert et l'administration des arts sous 
Louis XIV. — Ill. (Gaz. d. b. arts, nov.) 


Die Wiedereinrihtung der Kunstaka- 
demie zu Cassel nach der Fremdherrschaft. 
(Cassel. Allg. Ztg., 17. X.) 


Garrer, A. Schilderijprijzen enz. in de XVIIe 
en XVIIIe eeuw. (Oud-Holland, 4.) 


Geymüller, Baron Heinr. v. Friedrich II. v. 
Hohenstaufen u. die Anfänge der Architektur 
der Renaissance in Italien. (30 S.) Lex. 8°. 
München, F. Bruckmann 08. 1.50. 


Geroiainoff, S. Les inpressions artistiques 
du roi Stanislas-Auguste durant son econ a 
St. Petersboury. (Staryje Gody, Oct 


Hop, Karl. Fürst Johann Il. v. Liechtenstein 


u. die bildende Kunst. Wien, A. Schroll & Co. 
ca. 13.—. 


1172 Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Knackfuß, H Geschichte der königl. Kunst- 
akademie zu Cassel. Aus den Akten der 
Akademie zusammengestellt. Mit Abbildgn. 
u. Handschriftwiedergaben. (1. Hälfte. 120 S.) 
Lex. 89. Cassel, G. Dufayel 08. Für voll- 
ständig 5.—. 


Ozzola, S. L'arte alla corte di Alessandro VII. 
(Archiv. R. Soc. Romana, 1—2.) 

Paul, G. Le chateau d’Allegre et ses seigneurs. 
Lyon, 1908. 

Renaissance, die, in Briefen von Diditern, 
Künstlern, Staatsmännern, Gelehrten u. Frauen. 
Hrsg. u. bearb. v. L. Schmidt. 1. Bd. Leipzig, 
Klinkhardt & Biermann. ca. 5.—. 

Schapire, R. W.Bürgers Salonberichte u. ihre 
Bedeutung. (Leipzig, Tagebl., 31. XI.) 

Scheuermann, A. Zeitströmungen u. Kunst- 
strömungen. 3. Kunstströmungen und ver- 
gleichende Kunstchronik. (Worms. Zig., 7. XI.) 

Tombelaine, L. de. Le chateau de Richelieu 
au XVIle siècle. (Europe polit. et litt., 4.) 

WeiB, J. Kurfürst Maximilian I. als Gemälde- 
sammler. (Histor. polit. Blätt., 9.) 

Wrangel, Baron N. Les livres sur l'art à 
l'époque d'Alexandre I. (Staryje Gody, Juli— 
Sept.) 

Vitzthum. Hans von der Gabelentz, Die kirch- 
liche Kunst im italienischen Mittelalter, ihre 
Beziehungen zur Kultur und Glaubenslehre. 
(Kunstchron., 2.) 

Zamacois, M. Le S. D. M. [syndicat des 
modèles]. (Figaro, 26. X.) 


13. Kunstwissenschaft. 


Biermann, G. Der präsumtive Direktor der 
Nationalgalerie. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 
-- Der Münchener „Generaldirektor“. (Monatsh. 

f. Kunstw., 11.) 
Bissing, Fr. v. Zur Verwaltung der bayrischen 
> isa (Beil. Mind. N. Nacht, 
Doering, O. Die Tagung für Denkmalpflege 
und Heimatsschutz. (Allg. Rundsch., 24. X.) 
Eine Geschichte der Ausgrabungen an- 
tiker Kunst. (Leipz. Tagebl., 17. X.) 

Festschrift zur Feier des hundertjährigen Be- 
stehens der Frankfurter Museums-Gesellschaft 
1808—1908, v. J. Knorr. Frankfurt a. M., C. 
A. Andre. Kart. ca. 5.—. 

Fontaine, A. Les Origines de la Critique d’Art. 
(Rev. bleue, 17, 18.) 

Gurzynski, WI. Genesis und Entwickelung d. 
Kunstgeschichte. (Biblioteka Warszawska, 9.) 

Jadart, H. Bibliographie des églises arden- 
naises. (Rev. hist. ardennaire, 1—2.) 

Kunsthistoriker Jens Thiis, udnävnt til Direktör 
for Statens Kunstmuseum. (Morgenbladet, 
Kristiania, 531.) Mit Portr. 


Pillion, L. Les Historiens de la Skulpture 
francaise. (Rev. de Paris, 21.) 

Resume des proces-verbaux des séances 
des mois juillet, d'août, september et octobre 
1907. (Bull. d. Comm. R. d'art et d'archéol. 

. Bruxelles, 7—10.) 

Sdinitler, W. I Anledning af Statens Kunst- 
udstillings Jubiläum. (Aftenposten, Kristiania, 
Nr. 565.) 

Servaes, F. Pflege und Leitung moderner 
öffentlicher Galerien. (Deutsch. K. u. Dekor., 2.) 

Tourneux, M. Notice sur Eugene Piot. (Journ. 
d. arts, 69 

Tzigara-Samurcas, A. Ce se intelege azi 
prin archeologie. (Convorbiri literare, 9.) 

Vollmer, H. Wie entsteht ein Künstlerlexikon. 
(Kunst f. Alle, 3.) 

Vuagneux, H. A propos des Trésors des 
Eglises. (Journ. d. arts, 64.) 


14. Kunstnachrichten. 
Echo des arts. — Art news. 


A new [Milman's] life of Wren. (Builder, P. 3.) 

Art and artists. (Morning Post, 9. X., 16. X.) 

Ashby, Th. An unknown sixteenth century 
topography of Rome. (Archaeol. Journ., 3.) 

Die Ausgrabungen auf Sunion. (Nordd. Allg. 
Ztg., 6. XI.) 

Bates, W. Archaeological News. (Americ. 
Journ. of Archaeol., 3.) 

Blanchet, A. Sur les fouilles de M. le cha- 
noine Campion dans l'ancienne ville d'Alet. 
(Bull. archéol., 3.) 

Braun, E. Neue keramische Literatur. (Mo- 
natsh. f. Kunstw., 10.) 

Bredius, A. Rembrandtiana. 1. Een testa- 
ment van Rembrandt. 2. Uit oude inventa- 
rissen. (Oud-Holland, 4.] 

Capitan. Sur les fouilles de M. een dans 
l'abri e la grotte de La Férassie. [Dordogne.] 
(Bull. archéol., 3.) 

Cavenaghi, L. Cenacolo Vinciano. (Boll. 
d'arte, 9.) 

Chatelain, L. Rapport sur une mission rela- 
tive a l'étude des antiquités de la ville d'O- 
range. (Bull. archéol., 3.) 

d'Agnel, A. Les comptes du roi Rene. In-8. 
Paris 1908. 

Discovery of a Whistler etching. (Morning 
Port, 9. X.) 

Foville, J. de. Pisanello, d'après des décou- 
vertes récentes. (Rev. de l'art anc. et mod., 
oct.) 

Glaser, C. Aus dem Berliner Kunstleben, 
(Hamburg. Korrespond., 8. X.) 

Il programma di Faenza. (N. Antologia, 
Nov.) 


Bibliographie 


K. F. Neues aus Holland. {Holländ. Maler.) 
(Kunstchron., 1.) 


Kautzsch, R. Max Deri, Das Rollwerk in der 
deutschen Ornamentik des XVI. und XVII. 
Jahrhunderts. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 


Der Kirhenscatz in H. Sebald. (Fränkisch. 
Courier, 25. X.) 


Lanciani Rod. Storia degli scavi di Roma e 
Notizie intorno le collezioni romane di anti- 
chità. vol. IIl: Dalla elezione di Giulio III 
oa morte di Pio IV. Roma 1908, in-4. Frs. 

5 


Lanciani. Sulla scoperta di un monumento 
durante gli scavi per la fondazione del nuovo 
palazzo del Parlamento. (Rendiconti R. Accad. 
d. Lincei, 1—3.) 

Landsinger, S. Ein wiederaufgefundenes Ge- 
mälde von Van Dyck im Museo Nazionale zu 
Palermo. (Monatsh. f. Kunstw., 11.) 

Das Langheimer Kirdenportal im Kaiser 
Friedrih-Museum. (Berlin. Tagebl., 6. XI,) 
Lehnert, H. Eine wiederaufgefundene Goethe- 

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Meunier. Fouilles dans l'établissement céra- 
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Schmidt, James. D. Historisch-künstlerische 
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Zacharias Geizkofler 1576—1610. (Ein Beitrag 
zur Kunstgeschichte Augsburgs.) 59 S.) 08. 
3 


(Archiv. R. Soc. 


Ural, Museumsfragen.] (Daily 


— Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Lex. 
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1173 


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bulgarishen Altertümer im Wolgabassin.) 
Kasan 1908. 14 S. m. 10 Abb. 


15. Reproduktionen. 
Reproductions. — Reproductions. 


Album des Amsterdamer Rijksmuseums. 42 
Fabendr. Mit histor. Einleitung und begleit. 
Texten v. W. Steenhoff. (XI S. mit 1 Ab- 
bildung und 42 BI. Erklärungen.) 34,5><27 cm. 
Leipzig, E. A. Seemann 08. Geb. in Lein- 
wand 20.—. 


Barock, Danziger 
furt a./M., H. Keller. ca. 25.—. 


Bilderbibel, Düsseldorfer. 2. Lfg. 6 Bl. nach 
Zeichngn. von Historienmaler H. Commans. 
60,5><75 cm. Düsseldorf, L. Schwan 08. 6.—; 
einzelne Blätter auf Pappe bar 2.— in Wech- 
selrahmen unter Glas 10.—; farbig 12.—; 
bezw. 3.— und 11.—. 2. Auferstehung Christi. 
— Auferweckung des Lazarus. — Einsetzung 
d. Allerheiligsten Altarsamkramentes. — Herab- 
kunft des hl. Geistes. — Hirten, die, bei der 
Krippe. — Jesus der Kinderfreund. 


Borrmann, Prof Reg.-Baumst. Rich. Auf- 
nahmen mittelalterliher Wand- und Decken- 
malereien in Deutschland. Unter Mitwirkung 
v. Proff. Kunstgewerbesc.-Dir. H Kolb und 
Maler Baugewerkssch.-Oberlehr. O. Vorlaen- 
der hsg. II. Bd. 3. Lfg. (6 [2 doppelte] farb. 
Taf. m. 6 S. illustr. Text.) 50x32 cm. Berlin, 
E. Wasmuth 08. 20.— 


Busch, Wilh. Handzeicinungen aus dem 
Nachlaß. (12 Taf. m. Titelbl.) 44,5><34,5 cm. 
a en Neue photograph. Gesellsch. 08. 
In Umschlag 10.—. 


Decoration des intérieures du XVIII. siecle, 
Paris. 


ca. 46 Tafeln Frank- 


1174 
Dyck, van. Des Meisters Gemälde in 537 Ab- 
bildungen. Hrsg. v. E. Schaeffer. Stuttgart, 


Deutsche Verlagsanstalt. Geb. ca. 15.—. 


Einblattdrucke des 15. Jahrh. Hrsg. v. Paul 
Heitz. 36,5><28 cm. StraBburg, J. H. E, Heitz. 
Leidinger, Georg. Die Einzelmetallschnitte 
(Schrotblàtter) des 15. Jahrh. in der kgl. Hof- 
und Staatsbibliothek München, m. erläut. Text 
hrsg. Mit 41 Abbildgn. in Lichtdr. und 4 in 
Hochätzg. (auf 45 Taf.) (23 S.) 08. In Mappe 
nn 40.—. Molsdorf, Dr. Wilh. Formschnitte 
des 15, Jahrh. aus der Sammlung Schreiber, 
Text v. M. Mit 20 handkolor. und 2 un- 
kolorierten Tafeln. (12 S.) 08. In Mappe 
nn 35.—. 


Gusmann. P. L’Art decoratif de Rome de la 
fin de République au IV. siécle. Paris 1908. fol. 


Jahres-Mappe 1908 der deutschen Gesellsch. 
für christliche Kunst. Mit 11 Fol.-Tafeln in 
Kupferdr., Mezzotinto und Lichtdruck, nebst 
23 Abbildgen. im Texte. Ausgewählt durch 
die Juroren: Jak. Bradl. DD. Joh. Nep. Brunner, 
Jos. Endres. Nebst erläut. Text v. Jos. Bern- 
hart. (24 S.) 39,5><29,5 cm. München, Ge- 
sellschaft f. christliche Kunst). 15.—. 


Klassiker d Kunst in Gesamtausgaben. (Neue 
Aufl.) Lex. 8%. Stuttgart: Deutsche Verlags- 
Anstalt. 6. Bd. Velazquez. Des Meisters Ge- 
mälde in 172 Abbildgn. Hrsg. v. Walt. Gensel. 
2. cul (XXXII, 196 S.) 08. Geb. in Lein- 

. wand 7.—. 


Kleinmeister, die. Eine Auswahl aus dem 
Werk der deutschen Kupferstecher nach Dürer 
y Hälfte des 16. Jahrh). Mit Einleitung v. 

i le Berlin. Fisher & Franke 
ca. 1.20. 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Les Belles demeures de France, vues extéri- 
eures et intérieures, revue mensuelle d'art 
architectural et décoratif. 

Malarstwo poskie (Polnische Malerei in 
farb. Reproduktionen) Lief 3. W. Wodzi- 
nowski, M. Wywisrski, W. Kossak, W. Ger- 
son Lief. 4. J. Malizewski, A. Lesser, Fr. 
Lampi, A. Kendzierski. Warschau 1908, 4° a 
4 Taf. à R. 1.50 

Malarstwopolskiew nn adbitkodi. 
Polnishe Malerei in farb. Reproduktionen) 

ief 4. J. Malczewski, A. Lesser, A. Kend- 
zierski, Fr. Lampi. Warschau, 1908. 4°. R. 1.50. 

Rethel, Alfr. Die Nibelungen, 14 BI. Berlin, 
F. Heyder. In Mappe ca. 1.20. 

Robida, A. Les vieilles villes des Flandres, 
Belgique et Flandre francaise. Paris. In-4°. 

Schmidt, Otto, und Ernst Schneider, Kunst- 
maler. Der Künstler-Akt. Vorlagen zum 
Studium des nackten menschl. Körpers. Mit 
Geleitswort v. Jos. Kirchner. (In 12 Liefgn.) 
1. Lfg. (II S. Text und Abbildg. S. 1—16.) 
36,5><28 cm. Berlin., J. Singer & Co. 08. 1.50. 

Sztnka polska. (Poln. Malerei in farb. Re- 
produktion.) Lief.4. Matejko, Lief.5. St. Wys- 

ianski, A. Gierymski, L. Wyczelkomski, J. 
ankiewicz. Lemberg 1908. 4°. 4 Taf. a R.1.—. 

Weichers Kunstbücher. 16°. Berlin, W. Weicher. 
Jede Nr. —.80; Liebhaberausgahe bar. 2.—. 
17. Correggio: Meisterbilder. Eine Auswahl 
v. 60 Reproduktionen uach Orig.-Aufnahmen. 

- 66 S. Leipzig 08. 18. Bronzino: Meisterbilder. 
Eine Auswahl von 60 Reproduktionen nach 
Orig.-Aufnahm. 65S. Leipzig 08.19. Watteau: 
Meisterbilder. Eine Anzahl von 60 Repro- 
duktionen nach Orig.-Aufnahmen. 66 Seiten. 
Leipzig 08. 


er 


ORGAN FOR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT 


UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER. 


EIN;NEUER JAKOB JORDAENS mates häufig behandelt hat. Rooses, der be- 


Von Hermann Voss 


kannte Biograph des Meisters,’) zitiert davon 
auf Seite 147 eine ganze Reihe. Unsere Dar- 


Das nebenstehend abgebildete, nur 62 cm 


hohe, 49 cm breite Gemälde, das im Provinzial- 


1) Rooses, Jordaens’ Leben und Werke. Stuttgart, 


museum zu Stralsund bisher ein völlig anonymes Berlin, Leipzig. 


Dasein geführt hat, er- 
regte vor kurzem trotz 
seines schlechten Zustan- 
des meine Aufmerksam- 
keit und ließ mich darin 
bei näherer Prüfung eine 
schöne und charakteri- 
stishe Arbeit von Jakob 
Jordaens sehen. Ange- 
sichts der hier gegebenen 
Abbildung wird den Ken- 
nern des Meisters eine 
stilkritischeBeweisführung 
überflüssig erscheinen: es 
genügt die eine charakte- 
ristishe Figur des vom 
Rücken gesehenen Weibes, 
die man aus mehreren 
Bildern des Künstlers ganz 
ähnlich kennt,!) um unsere 
Zuschreibung zu verstehen 
und zu begründen; ebenso 
bezeichnend ist aber der 
sitzende feiste Mann und 
der barocke Thronwagen 
in den Wolken, abgesehen 
von dem gewohnten, 
Fräunlich warmen Kolorit 
und der fetten, sorgfäl- 
tigen, aber nicht klein- 
lihen Technik. 

Der Gegenstand ist 
die Geschichte von Zeus 
und der Io, die Jordaens 


mitsamt der anschlieBen- _ 


den Fabel von Merkur 
und Argus in ähnlichen 


1) So „Der Traum“ (Schwerin, 
Museum; Mr. Kleinberger, 
Paris; Abb. des letzteren bei 
Rooses, S. 144. 


JAKOB JORDAENS, Jupiter und Jo 


O Stralsund, Provinzialmuseum 


1176 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


stellung schlieBt sich besonders eng an eine 
Radierung an, die das gleihe Thema be- 
handelt (Abb. Rooses S. 180); doch gibt im 
Gegensatz hierzu das Bild erst den Augen- 
blik nach der Verwandlung der lo, die als 
weiße Kuh rechts im Mittelgrund des Gemäldes 
(auf der Reproduktion sckwer erkennbar) da- 
liegt, von Zeus, der durch das Blitzbündel zu 
seinen Füßen gekennzeichnet ist, der Eifersucht 
Junos entzogen. Auf der Radierung ist der 
Moment der Verwandlung selber ergriffen; 
die (befremdende) Auffassung Jupiters ist 
ganz die gleihe. In der Anordnung der 
Figuren muß ein 1773 zu Amsterdam ver- 
steigertes Bild ähnlich gewesen sein, das so 
beschrieben wird: 

Juno steht aufrecht und lehnt sich an eine 
weiße Kuh, Argus auf einem Hügel, stützt sich 
ausruhend auf einen Stock, und neben ihm vier 
Kühe und ein bellender Hund; im Vordergrund 
eine bunte, liegende Kuh. Dies alles in einer 
Landschaft. In den Wolken sieht man den 
mit zwei Pfauen bespannten Wagen der Juno. 

Die meisten dieser Darstellungen sind aus 
Jordaens späterer Zeit, so die Radierung von 
1652 und ein 1904 auf der Auktion Menke zu 
Antwerpen versteigertes Gemälde von 1647. 
Der allgemeine stilistische Charakter und vor- 
nehmlich die vom Rücen gesehene weibliche 
Figur lassen erkennen, daB auch unser Bild 
damals entstanden ist, in künstlerischem Zu- 
sammenhang mit dem zitierten „Traum“ und 
dem 1646 vom Künstler an Martinus van 
Langenhoven gelieferten „Kandaules“, bei dem 
Rooses (S. 145 f.) eine vortreffliche Charakteristik 
der Frau des Kandaules gibt, die man fast 
wörtlich auf unsere Juno beziehen kann: ein 
weicher, nicht zu breiter Rücken, der von den 
Armen bis zu den Hüften fein modelliert, sich 
unter den Hüften in geräumigem Maße aus- 
breitet, ein durch die Beleuchtung gehobenes 
Fleish, das die Mütter, wenn sie von ihren 
Kindern sprechen, in den Niederlanden „Wurst- 
fleisch“ nennen: rundliche, sich kräftig mit den 
zwei gerundeten Polstern darüber verbindende 
Beine... 

Die Qualität des Bildes geht aus unserer 
Abbildung nur undeutlich hervor. Das Original, 
von dem zu wünschen ist, daB es an seinem 
jetzigen Aufbewahrungsorte recht viel Beachtung 
und daher vor allem mitsamt seinem hübschen 
Rahmen eine bessere Aufstellung finden möge, 
verrät die gewohnte meisterlime Behandlungs- 
weise, die Jordaens auch solchen kleinen Bildern 
angedeihen läßt, und reiht sich würdig seinen 
bisher bekannten Werken der gleichen Gattung an. 


Gi 


DER KUNSTMARKT 
BERLIN 


Unter lebhaftester Beteiligung von Kunst- 
freunden und Händlern fand vom 3. bis 7. No- 
vember die Versteigerung der Sammlung Her- 
mann Emden bei Rudolph Lepke statt. 


Besonders groB war das Interesse für die 
Majoliken, die z. T. zu auBerordentlichen 
Preisen weggingen. Jacques Seeligmann- 
Paris erwarb eine Reihe besonders schöner 
Stücke, von denen es eine lustrierte Schale 
aus Urbino, von Maestro Giorgio, um 1530, auf 
8000 M. brachte (mit Darstellung von Joseph 
und Potiphars Weib, nach Marc Anton), eine 
andre Schale ähnlichenStiles, aber später („Paulus 
tauft die Korinther“) sogar auf 19000 M., der 
höchste Preis, der auf der Auktion überhaupt 
gezahlt worden ist. 


Eine interessante groBe Deruta-Schüssel 
mit Silendarstellung ward von Goldschmidt- 
Frankfurt um 5000 M. erworben, von Julius 
Drey eine faöntiner Schüssel mit Daniel, 
der über die beiden Ankläger der Susanna ur- 
teilt, um 3000 M. 


Bei der Versteigerung des Steinzeuges 
beteiligte sich das Grassimuseum in Leipzig, 
das einen eigentümlich geformten grünen Krug 
(Sächsish-Bömisch, 16.—17. Jahrh.) für 435 M., 
ankaufte, sowie einen Nassauer Krug nadı 
1600 mit Szenen aus dem Leben des Verlorenen 
Sohnes für 230 M. und einen großen Raerener 
Krug von 1598 für 740 M. Mehrere bedeutende 
Stüke kaufte Rosenbaum-Frankfurt a. M.. 
darunter einen originellen Jagdkrug von 1695 
(Kreußen). 


Für die Fayencen interessierten sich be- 
sonders mehrere Museen: Hamburg erwarb 
zwei Bayreuther Krüge für 430 und 290 M., da- 
von der erstere ein schönes datiertes Stück (1734). 
Das Germanishe Museum kaufte einen 
Nürnberger MaBkrug des 18. Jahrhunderts 
für 250 M. an, Reichenberg eine Mündener 
Netzvase aus dem 18. Jahrh. für 185M. Prag 
einen im Stil der famille verte dekorierten tiefen 
Mailänder Teller von der Mitte des 18. Jahr- 
hunderts für 580 M. sowie einen bemerkens- 
werten NirnbergerKrug mit dem Datum 1677 
und einer Inschrift für 1000 M. 


Weit geringer war das Interesse für die 
reichlich, aber nicht gut vertretenen Porzellane; 
eigentlich bemerkenswert waren die beiden 
Grassigruppen, die leider flau bemalt waren 
und es zusammen auf 6000 M. brachten. Die 
groBe Krinoliengruppe: König August Ill. 


Der Kunstsammler 


1177 


und die Gräfin Brühl (Modell von Kaendler), 
früher in der Sammlung Saunwitz, brachte 
6100 M. 

Rosenbaum-Frankfurt kaufte zwei frühe 
Hödister Gruppen: Schlafender Jäger und 
Kampf mit Wilddieb zusammen für 6100 M.; 
zwei große Berliner Vasen mit interessanter 
Bemalung und Vergoldung im Louis XVI.-Stil 
erwarb das Berliner Kunstgewerbe-Mu- 
seum für 420 und 200 M.; die erstere ist his- 
torisch bemerkenswert, weil im Todesjahre Fried- 
ris des Großen entstanden, auf den zwei 
Biskuitmedaillons Bezug nehmen. 

Unter den Glas- und Kristallsachen 
waren einige bemerkenswerte altdeutsche Stücke, 
so der um 1300 M. von v.Dam gekaufte Will- 
komm der Familie Koffeldt von 1626, ein „Kur- 
fürstenglas“ von 1678, das 1200 M. erzielte 
und ein ,Reichsadlerhumpen“ von 1754 
(1300 M.). 

Eine prachtvolle arabishe Moscheelampe 
erreichte den hohen Preis von 3000 M. (Käufer: 
Ricard). 

Unter den sonstigen Antiquitäten war ein 
kunst- und kulturhistorisch bedeutender Ham- 
burger Willkommen (17. Jahrh.), den Hecht 
für 6200 M. erwarb. 

Der Gesamterlös betrug 492022 M. 


Am 11.—12. November fand bei sehr flauem 
Interesse die Auktion der Sammlung J..., Rom 
und einer Kollektion von Gemälden aus süd- 
deutschem Besitz durch die Gesellschaft für 
Kunst und Literatur statt. Der allgemeine 
Verlauf dieser mit großem Aufwand an vor- 
bereitenden Notizen angekündigten Verstei- 
gerung, für die zwei luxuriöse Kataloge her- 
gestellt waren, kann als Beweis der geringen 
Teilnahme hingenommen werden, die bei Lieb- 
habern noch immer für Werke spätitalienischer 
Meister vorhanden ist, von denen wenigstens 
die Sammlung J... einige gute Proben besaß. 
Natürlich war es auch, daB die fast durchweg 
viel zu hodi gegriffenen Meisternamen der Ka- 
taloge MiBtrauen erregten, sollten doch angeb- 
lih hervorragende Werke von Guercino, Ba- 
roccio, Bronzino, Ann. Carracci, Domenichino, 
Guido Reni, Ribera, Strozzi, Sassoferrato usw. 
zum Verkaufe gelangen. Einige Bilder von 
Secentisten konnten wirklich bei Freunden dieser 
Periode mehr als mittelmäßiges Interesse er- 
regen, so ein Apostel Paulus von Guer- 
cino, ein großes anonym bolognesisches Bild: 
Jael und Sisera (im Katalog Biliverti genannt), 
eine Magdalena des Caguacci, zwei schöne 
Landschaften des Salvator Rosa und zwei 
ihm zugewiesene Charakterköpfe, sowie ein 


männliches Porträt, angeblih von Bernardo 
Strozzi. Im übrigen wurden außer einigen 
gleichgültigen Tafeln von Quattrocentisten noch 
drei Bilder versteigert, die in den Katalogen 
Namen allerersten Ranges zugewiesen waren, 
und bei denen in der Tat exorbitante Summen 
genannt wurden. Das als Rembrandt be- 
zeichnete Gemälde „Philippus tauft den Käm- 
merer der Königin Candace“, jedenfalls nur eine 
der ziemlich häufigen Kopien des bekannten 
R.’schen Frühbildes, soll für 200000 M. angeblich 
nach Amerika verkauft worden sein, eine zur 
„Madonna Fesch“ (nach dem früheren Besitzer) 
getaufte sitzende Maria mit dem Kinde, aus 
dem Kreise Raffaels und dem Meister recht 
nahe, brachte es auf 255000 M.; ein angeblicher 
Tizian, d.h. ein männliches Porträt, das m. E. 
erheblich später anzusetzen ist und nur mittel- 
mäßige Quälitäten aufweist, erzielte 50000 M. 

Eine Reihe von Bildern interessierten so 
wenig, daß sie zurückgezogen wurden, ein so- 
genannter Sassoferrato, den der Katalog als 
„unzweifelhaft eines der besten Werke des 
Meisters“ hinstellte, ergab sich als flaue Kopie 
nach dem Bilde Simone Cantarinis im Louvre 
(Kat.-Nr. 1207) und wurde von den Veranstal- 
tern der Auktion, die ich hiervon in Kenntnis 
gesetzt hatte, vorher zurückgestellt. 

Weder die exakten Preise aller Bilder noch 
den Gesamterlös bin ich in der Lage angeben 
zu können; die Gesellschaft für Kunst und Li- 
teratur hat angesichts ungünstiger Kommen- 
tierung der Versteigerung durch einen Teil der 
Berliner Presse bis auf weiteres vorgezogen, 
„niemandem Auskunft über ihre Auktionsver- 
käufe zu geben“. 

Weitaus bewegter und interessanter ge- 
staltete sich der Verkauf der Sammlung 
Turner~London bei Lepke (17. November). 
Diese mit viel Geschmack und Liebe zusammen- 
gebrachte, durch das glänzende Vorwort des 
Katalogs aufs Glicklichste eingeführte Samm- 
lung enthielt außer späteren Niederländern in 
großer Zahl und meist vortreffliher Qualität 
auch eine Reihe ungewöhnlich guter, primitiver 
Bilder. 

Unter den Italienern interessierte eine rei- 
zende, tadellos erhaltene Verlobung der h. Ka- 
tharina von Lorenzo Costa (7000 M.), der 
Apostel St. Jakobus von Carlo Crivelli 
(7000 M.); die altdeutsche Schule war durch 
zwei gute signierte Porträts von Hans von 
Kulmbach vertreten (von 1518), die freilich 
nicht ganz unberührt geblieben sein dürften 
(zus. 6000 M.), sowie durch eine kleine Alle- 
gorie von Cranach (780 M.) und ein Diptychon 
von B. Bruyn (5000 M.). 


1178 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


Von ausgezeichneter Qualität war ein der 
Gruppe „Herri met de Bles“ zugeteiltes 
Flügelaltärchen mit der Beweinung Christi, offen- 
bar das Werk eines bedeutenden, obgleich ano- 
nymen Meisters in der Art der vlämischen 
(oder holländischen?) Romanisten (5800 M.). 
Ebenso wichtig und schön war eine Anbetung 
des Rosenkranzes, die als Geertgen tot St. 
Jans katalogisiert war (5950 M.). 


‘Unter den, wie gesagt, sehr reichlichen guten 
späteren Niederländern nenne ich: Gerard 
Dou, Weibliches Porträt (4000 M.); Cornelis 
Dusart, Der Bäcker (1100 M.); Jan von 
Goyen, Küstenlandschaft (8600 M); derselbe, 
Uferlandschaft (4010 M.); derselbe, FluBland- 
schaft (5600 M.); Cornelis Janssens, Männ- 
liches Porträt (3730 M.); Moucheron, Wald- 
partie (1300 M., ein Hauptbild dieses Meisters); 
Adriaan van Ostade, Vor dem Wirtshaus 
(3500 M.); Rembrandt, Der Astrolog (7800 M.); 
derselbe, Männerkopf (1500 M.); Ruisdael, 
Jac. v., Gewitterlandschaft (6400 M.); derselbe, 
Landschaft (2900 M.); Teniers, Dav. d. J. 
„Eingeschlafen“ (Schenkeninterieur), (7150 M. 
Brouwer nahestehend, auch im Motiv, Frühbild); 
Teniers, Dav. d. J., Landschaft mit Bauern- 
häusern (3700 M.); Lucas van Valcken- 
borgh, Gebirgslandschaft (1650 M.); J. Wij- 
nants und Adriaan v. d. Velde, Landschaft 
mit Herde (3200 M.) 


Die Kollektion umfaBte auch spätere Italiener. 
Von hervorragender Qualität waren zwei vene- 
zianische Veduten Belottos (5200 M.), weniger 
bedeutend ein Tiepolo (Greisenkopf, 750 M.). 
Bemerkenswert auch zwei mannliche Porträts 
von Meistern des vorgeschrittenen Cinquecento: 
das eines jungen Mannes von Bronzino 
(1200 M.) und jenes eines ältlihen Mannes von 
Pontormo (710 M). H. V. 


* * 
x 


Das Buch- und Kunstantiquariat E.R. Greve, 
UhlandstraBe 31, brachte am 4. Nov. und fol- 
genden Tagen eine Anzahl von Kupferstichen, 
Holzschnitten und seltenen Buchausgaben aus 
einer. Berliner Privatsammlung zum Verkauf. 
Unter den graphischen Blättern erzielten: Der 
WeiB-Kunig des Hans Burgkmair 145.—. 
Dürers Satyrfamilie 115.--. Rembrands La 
petite tombe 605.—. RubensLiebesgarten 54.—. 
Fragonards Dame auf der Schaukel 1000.—. 
Bei den Buchausgaben wurden für ein kleines 
Buch „Gesellschaften für freundliche Knaben und 
Mädchen: mit Federzeichnungen des jungen 
Menzel 855.—; für ein schönes Exemplar von 


Goethes Römischen Carneval mit 20 illuminierten 
Kupfern 730.— gezahlt. d— 


* Lë 
* 


Am 1. Dezember ist hier durh Rudolph 
Lepke die Galerie A. von Herrenburger 
versteigert worden, die eine Reihe vorzüglicher 
Niederländer, vor allen Porträts, Blumen- und 
Fruchtstüke von J. de Baen, S. Koninck, J. 
Suttermans, Jan Weenix, G. Galle, A. Mignon, 
J. v. Streek, N. von Veerendael und Nic. Ver- 
kolje enthielt. Wir werden auf die Veran- 
staltung in der nächsten Nummer näher eingehen. 


2 


HEIDELBERG 


Am 10. Dezember versteigert hier das Anti- 
quariat von Ernst Carlebac die Bibliothek 
Kuno Fischers, auf die schon frilher aufmerksam 
gemacht wurde. Der Auktionskatalog verzeich- 
net insgesamt 850 Nummern und verzeichnet 
unter dem Gesamttitel: Deutsche Literatur 
und Obersetzungen aus fremden Lite- 
raturen viele wertvolle und seltene Werke, 
Erstausgaben, Romantiker und Neuerwerbungen. 


2 


LEIPZIG 

Bei C. G. Börner fand am 10. bis 12. Nov. 
die Versteigerung der Kupfersticdhsammlung A.W. 
Schultze-Hamburg statt, der sih am 13. und 14. 
die Auktion von Miniaturen, Manuskripten, Holz- 
schnittwerken und Reformationsdrucken anschloß. 
Die Kupferstichauktion war besonders lebhaft 
besucht, so daß die besten Blätter, Dürer, Rem- 
brandt usw. recht hohe Preise brachten. Bei 
der anderen Versteigerung nahm die erste Hälfte, 
Miniaturen, Manuskripte und Inkunabeln, einen 
lebhaften Verlauf, während das Interesse für die 
Reformationsschriften kein hohes war. Wir no- 
tieren die folgenden Preise: Barthel Beham, 
Kaiser Ferdinand I. 190.—. Die heilige Jung- 
frau mit dem Papagei 81.—. Buße des hl. Chri- 
sostomus 59.—. Nikolas Berghem, Drei ru- 
hende Kühe 165.—. Der Mann auf dem Esel 
150.—. Burgkmair, Die drei guten Christen, 
Holzschnitt, 50.—. Chodowiecki, Cabinet d'un 
peintre 125.—. Cranach d. Altere, Hirschjagd 
160.—. Debucourt, La promenade publique 
475.—. Albrecht Dürer, Die Geburt Christi 


Der Kunstsammler 


225.—; Gebet im Olgarten 385.—; Die hl. Anna 
und die Jungfrau 405.—; Jungfrau am FuB einer 
Mauer 550.—; Die Jungfrau mit dem Affen 
1710.—; Orientale und Frau 365.—; Drei Bauern 
510.—; Die kleine Holzschnittpassion 170.—; 
Marienleben 300.—; Das Rhinozeros 190.—. Fra- 
gonard, Le chiffre d'amour 96.—. Goltzius, 
Der Sohn des Frisius mit dem Hunde 245.—. 
Hogarth, Mariage à la Mode 120.—. Holbein 
d. Jüngere, Aus dem Totentanz 85.— bis 165.—. 
Francois Janinet, Venus und Amor 555.—. 
Lucas van Leyden, Anbetung der hl. drei 
Könige 125.—; Der hl. Georg 400.—. Adriaen 
van Ostade, Der Maler im Atelier 510.—. 
Rembrandt, Flucht nach Ägypten 240.— ; Chri- 
stus predigend 1385.—; Die Windmühle 275.—; 
Jan Lutma 760.—; Die große Judenbraut 1030.— ; 
Greis im Sammetmantel 810.— Schongauer, 
Kreuztragung 540.—. Watteau, Selbstbildnis 


Bei den Miniaturen waren drei nordfranzö- 
sische Blätter des frühen XV. Jahrhunderts stark 
umworben, sie erzielten: Initiale „I“, Martyrium 
d. hi. Sebastian, 780.—; Initiale „S“, Maria mit 
musizierenden Engeln, 1820.—; Initiale „G“, Heim- 
suchung, 560.—. In einer Gruppe früher siene- 
sischer Blätter brachte das schönste, Initiale „M“, 
Martyrium des hl. Andreas, 600.—. Gute Preise 
wurden für Manuskripte gezahlt. Ein böhmi- 
sches Graduale aus dem XIII. Jahrhundert, auf 
Pergament geschrieben, brachte 2290.—; ein 
Processionale v. J. 1488, in venetianischem Ein- 
band, 4850.—; das berühmte Freyman-Ran- 
decksche Familienbuch ging für 3720.— in 
den Besitz des Germanischen Museums in Nürn- 
berg über. d— 


MÜNCHEN 


Ein großes Ereignis auf dem internationalen 
Kunstmarkt ist die Versteigerung altgriechischer 
Münzen aus der berühmten Sammlung des Konsul 
Weber-Hamburg, die in diesen Tagen bei dem 
bekannten Numismatiker Dr. Jacob Hirsch in 
München vor sich geht. Mit dieser Sammlung 
kommt die letzte große Privatsammlung antiker 
Münzen zur Auflösung, die an Reichhaltigkeit 
mit den Beständen der groBen Münzkabinette 
konkurrieren konnte. Ihre beiden großen Vor- 
gängerinnen, die Sammlung Dr. Imhoof-Blumer 
in Winterthur und A. Löbbeke-Braunschweig 
sind ja inzwischen in den Besitz des Kgl. Münz- 
kabinetts in Berlin übergegangen. Nur dieSamm- 
lung Weber war noch übrig. Der Tod dieses 


1179 


feinsinnigen und unermüdlichen Sammlers machte 
nun auch ihre Auflösung unvermeidlih. Ein 
bleibendes Denkmal der Sammlung stellen die 
großen Prachtkataloge dar, die aus AnlaB der 
Versteigerung erscheinen, und von denen einst- 
weilen der Katalog der griechishen Münzen 
sdion vorliegt (Preis 25 M.). Die Versteigerung 
der römischen Münzen dieser Sammlung findet 
erst im Frühjahr des nächsten Jahres statt. Über 
den Verlauf der Auktion der 7000 griechischen 
Münzen können wir erst im nächsten Hefte 
berichten. Die Signatur der bisherigen Ver- 
steigerungstage war, daB die erstklassischen 
Stücke heftig begehrt und eminent in die Höhe 
getrieben wurden, während man die andern 
Stücke für auffallend billiges Geld haben konnte. 
An den ersten beiden Versteigerungstagen 
wurden 70000 M. erlöst. Einige der bisher 
erzielten Preise seien genannt: Ein Goldstüc 
aus Campanien, 4.—3. J. v. Chr., ging für 
1500 M. nach Frankfurt a. M., ein wundervolles 
Goldstük aus Tarent, ca. 315 v. Chr., für 
2725 M. nach Paris, eine Bidrachme aus Cama- 
rina, 400 v.Chr., für 4000 M., eine Tetradrachme 
aus Castania, ebenso, für 1800 M., eine gleiche, 
Apollokopf en face von Herakleidos, ebenso, 
für 2525 M., ein Goldstück aus Syrakus, 500 v. 
Chr., von Kimon für 3000 M. nach London, eine 
Tetradrachme, 400 v. Chr., signiert von Euainetos 
für 3050 M. nach Holland. Die Auktion wird 
wohl die Woche ausfüllen. Auch die Münz- 
kabinette von Wien und München nahmen eifrig 
an der Versteigerung teil. | 

Für den Interessenkreis der Monatshefte ist 
eine andere Versteigerung vielleicht wichtiger, 
die vom 26. November an ebenfalls bei Dr. 
Hirsch vor sich geht. Es handelt sich um die 
Sammlung Löbbeke-Braunschweig, die wunder- 
volle Kunstmedaillen und Plaketten des XV. 
bis XVII. Jahrhunderts enthält. Die Qualität 
der Sammlung ist allerersten Ranges und ein 
Blick in den Prachtkatalog (25 M.) genügt, um 
sowohl in allgemein historischer, wie künst- 
lerisher und kunsthistorisher Hinsicht das 
größte Interesse zu erwecken. Man darf 
auf das Ergebnis dieser hochbedeutsamen 
Versteigerung gespannt sein. Unsern Bericht 
darüber müssen wir leider auf das nächste Heft 
verschieben. 


Bei Hugo Helbing kam inzwischen eine 
englishe Sammlung hervorragender Kriegs- 
und Jagdwaffen aus dem XIII.—XVIII. Jahr- 
hundert znr Versteigerung, für die erstaunlich 
hohe Preise erzielt wurden. Das Ausland, be- 
sonders Amerika, beteiligte sich lebhaft. 

Die Preise, die bei der Versteigerung des. 


1180 


künstlerischen Nachlasses der im letzten Jahre 
auf tragishe Weise verschiedenen Münchener 
Bankiers Max & Th. Klopfer erzielt wurden, 
werden wir im nächsten Berichte nachholen. Es 
kommen von modernen Meistern ein Böcklin 
der mittleren Zeit ,Cimbernschlacit’ und Werke 
von Diez, Faber Du Faur, F. A. Kaulbadı, Len- 
badı, Stuck, Spitzweg u. a., von alten Meistern 
Werke von Edlinger, Larguillière, Netscher, 
Zuccarelli u. a. zur Versteigerung. Man darf 
angesichts des etwas sensationellen Interesses, 
das diese Sammlung in Münchener Kreisen er- 
regt, auf hohe Preise rechnen, 

Es sei hier schon hingewiesen auf die im 
Dezember ebenfalls bei Helbing erfolgende 
Versteigerung der Sammlung A. Hofer-Landau. 
Die Sammlung, die Hofer bei zwölfjährigem 
Aufenthalte in Ostasien zusammenbrachte, ent- 
hält eine Menge erstklassischer und einzigartiger 
Kunstgegenstände meist chinesischer und siame- 
sischer Herkunft. Interessant sind besonders die 
vollständigen Zimmereinricitungen der Samm- 
lung. So ein chinesischer Schachsalon, in Eben- 
holz geschnitzt und mit graviertem Perlmutter 
eingelegt, ein wundervoll geschnitztes Schlaf- 
zimmer in Rotlack- und Goldfassung mit einem 
neunteiligen Ahnenaltar, ferner ein kostbarer 
Mandarinen-Teesalon, dessen wichtigstes Stück 
ein äußerst interessanter vollständiger Hausaltar 
ist. Auch die Keramiken der Sammlung sind 
hervorragend. Unter den Bronzen erregen zwei 
Ausgrabungen von der alten Cultstätte Rat 
Buri besonderes Interesse. Einen kostbaren 
Bestandteil der Sammlung bildet der chinesische 
Schmuck, der zum größten Teil in bestem 
22 kar. Gold hergestellt ist. Wir kommen auf 
die Versteigerung dieser interessanten und 
mannigfaltigen Sammlung im nächsten Berichte 
eingehend zurück. W. W. 


PARIS 


Jedes Jahr zieht sih der Anfang der Saison 
auf dem Pariser Kunstmarkte immer weiter 
hinaus. Während aus Holland, Berlin und 
München seit dem 1. Oktober wichtige Ver- 
steigerungen gemeldet werden, hat in Paris 
erst eine nennenswerte Versteigerung statt- 
gefunden: 

Sammlung: A.L... Am 11. u. 12. Novem- 
ber (C. Pr. Garnaud und Lair-Dubreuil; Exp. 
Petit, Paulme und Lasquin). Moderne Bilder: 
Einige Bilder von Théodule Ribot 130— 200 fs. 
6. Ziehm, Venedig. (68: 108) : 11,000 fs. (Luc). 
Vollon, Stilleben (128 : 94) : 2620 fs. 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Audi mit angekündigten Versteigerungen 
sieht es bisher schwach aus. Von größerem 
Interesse wird lediglich die Vente Henry Say 
sein, die am 30. November bei Georges Petit 
stattfinden soll. Diese Sammlung umfaßt eine 
Anzahl bedeutender Werke von Lancret, 
Greuze, Pater, Watteau, Hubert-Robert, 
Fromentin und Decamps. Außerdem enthält 
die Sammlung bedeutende Tapisserien des 
XVIII. Jahrhunderts von den Manufakturen Beau- 
vais und den Gobelins. Am 12. Dezember wer- 
den ebenfalls wertvolle Tapisserien des XVIII. 
Jahrhunderts in der Sammlung Genevraye zur 
Versteigerung gelangen. 


Rudolf Meyer-Riefstahl. 


2 


LONDON 


Auch hier hat die Saison erst sehr schwadı 
eingesetzt, dafür geben wir nachfolgende inter- 
essante Verkaufsliste einiger bedeutenderer 
Kunstwerke in den verschiedenen Londoner 
Kunsthandlungen '): 

Agnew & Sons, 43 Old Bond Street: Velas- 
quez: Phillip IV. auf der Jagd im Pardo; ca. 
21/,x2 m. Dieses Werk ist in Martin Humes 
Buch: „The Court of Philip IV“ genau beschrieben. 
— Bellotto, ein Mitglied der Canalettofamilie: 
Der alte Markt in Dresden, ein überaus leben- 
diges, schönabgewogenes Werk. — Zahlreiche 
andere Stücke in ihrer Winterausstellung. 

Graves Galleries, 6, Pall Pall: Thomas 
Lawrence: Gemahlin Sir Robert Peels, eng- 
lishen Premierministers; gemalt 1820 auf Hoiz; 
54x49 inches. — Thomas Lawrence, nad, 
Kupferstich: Countess Gower & Child, gemalt 
1808, äußerst seltenes Exemplar, Probedruck vor 
der Publikation. 

R. Gutekunst, 16, King Street, St. James's: 
Schwarz-Weißblätter: Rembrandt: Landschaft 
mit Heuschober, vorzügliches Exemplar. — R. 
Nanteuil: Porträt des Basil Fouquet. — Eine 
Reihe anderer, trefflicher Stücke von Dürer, Rem- 
brandt, Whistler, Cameron, Zorn usw. 

Lewis & Simmons, 75, Knightsbridge: Cor- 
nelius de Voss: 2 Porträts des Marquis Am- 
brosio Spinola und seiner Gemahlin 92'/,Xx115 cm, 
aus der Kollektion des Charles James Maxwell 
Lefroy of Itchell Manor, Crondall, Hampshire. 
— Van der Neer: Wald und Flußszene mit 
Gebäuden; im Vordergrund Bauern und Fischer; 


1) Wir hoffen von jetzt an im ,Cicerone* häufiger 
derartige Mitteilungen geben zu können, die ebenso die 
Sammler wie die Händler selbst interessieren wen i 

ie Red. 


Der Kunstsammler 


Sonnenuntergang, friher im Besitz des Lord 
Hood. — Bartholomeus van der Helst: 
Gruppenbild: 6 Bürgermeister in Amtstracht 
2,25><1,30 m. Der geschnitzte Holzrahmen stammt 
aus der gleichen Zeit. — Meißner: Porzellan- 
gruppe, 15cm hoch, wahrscheinlich von Kaend- 
ler: Dame in schwarzer Krinoline und grünem 
Mantel sitzend mit Teetasse in der Hand und 
Buch im Schoß, ihr zur Linken Herr in Hoftracht, 
zur Rechten ein Neger. 


W. B. Paterson, 5 Old Bond Street: Turner: 
BenLomond, Schottland, ca. 1808, 381/,x<25 inches, 
eines seiner wenigen nachweisbaren schottischen 
Stücke, voll Luft und Größe. — R. P. Bonington: 
Der Wagen, Aquarell, 11><8'/, inches, 
voller Luft und momentaner Lebendig- 
keit. — Eine Reihe französischer Porträts 
des XVIII. Jahrhunderts von außergewöhn- 
licher Bedeutung. . 


Sackyille Gallery, 28, Sackville Street, 
Piccadilly: William Hogarth: Porträt 
seiner Mutter, „my best friend“. — John 
Hoppner: Porträt der Miss Fanny Bou- 
verie auf einem Esel reitend. — Thomas 
Lawrence: Porträt des Herzogs von 
Buckinghamshire. — Jan Fyt: Wildpret 
in Landschaft. — G. van Brekelenkam: 
Interieur mit zwei Figuren, datiert 1661. 


Shepherd Brothers, 27 King Street, 
St. James's Gainsborough: Musidora. 
— Raeburn: Porträt der Mrs. Adam, 
30x25 inches (siehe Abbildung im vorigen 
Heft). 


Sulley & Co., 159, New Bond Street: 
Correggio: Vier Heilige, S. S. Peter, 
Martha, Maria Magdalena und Leonhard, 
86><63'/, inches, beschrieben u. a. in 
Riccis „Correggio“. Das trefflich erhaltene Werk 
stammt etwa aus dem Jahre 1515 und stellt 
eines der bedeutendsten Gemälde der Frühzeit 
des Meisters dar. Es hing lange Zeit in der 
Kirche der Santa Maria della Misericordia in 
Correggio. Messrs. Sulley & Co. haben es aus 
der Ashburton Kollektion erworben, die von 
einem Syndikat angekauft worden ist. — Aus 
derselben Sammlung stammt auch ein erst- 
klassiger groBer Rubens, 96><148 inches im 
Umfang, eine Wolf- und Fuchsjagd darstellend, 
mit Rubens selber und seiner ersten Gattin 
Isabella Brant auf der rechten Seite des Bildes. 
Die Landschaft des Hintergrundes ist von Jan 
Wildens gemalt. Das Bild stammt aus dem 
Jahre 1017 und war einst von Napoleon aus 
Spanien, wohin es gekommen war, nadı Paris 
entführt worden. Eine kleinere Version hängt 
in Lord Methuens Kollektion in Corsham Court. 


1181 


Das Bild ist mehreremale gestochen worden 
von Soutman und Van der Leeuw (siehe Abb.). 


Ein mit zahlreichen Aquarellen geshmück- 
tes, für Deutschland, insbesondere Preußen 
hochinteressantes Manuskript ist kürzlich von 
Quaritch erworben worden; es gehörte einst 
dem Großmeister des deutschen Ordens, Albrecht 
von Brandenburg, erstem Herzog von Preußen. 
Man nimmt sogar an, daß Albrechf selber da 
Werk verfaßt hat. Der Band in Folioformat 
umfaßt 762 Seiten und enthält neben einem 
Reiterporträt des Herzogs in goldner Damaszener- 
rüstung und seinem Wappen noch 58 Aquarell- 
zeichnungen der verschiedenen Uniformen usw. 


„The Waggon“ by K. P. BONNINGTON 
Wm. B. Paterson's Gallery, 5, Old Bond Street, London XV 


der herzoglichen Armee. Sie enthalten häufig 
landschaftlihe Ausblicke, Stadtansichten, Lager- 
szenenen usw. und sind mit groBer Lebendig- 
keit und Frishe gemalt. Auf die Details der 
Uniformstüce ist dabei die größte Sorgfalt ver- 
wandt. Der Text enthält Statistiken der Zahl 
der Offiziere, ihrer Pflichten, Besoldung usw. 
Eine erstklassige Bibliothek, die des Lord 
Amherst of Hackney, wird vom 3. bis 5. De- 
zember d. J. von Messrs. Sotheby, Wilkinson 
& Hodge versteigert werden. U. a. finden 
sich in ihr illuminierte Manuskripte früher eng- 
lischer Zeit. Lord Amherst ging bei der Schaffung 
seiner Sammlung vor allem von dem Gedanken 
aus, durch die besten Buch- wie Manuskript- 
beispiele die Geschichte der Buchherstellung wie 
des Bucheinbandes von den frühesten Zeiten an 
bis zum Jahre 1700 zu illustrieren. Auch eine 
Apocalypse aus der Gutenbergpresse befindet 


1182 


Monatshefte für Kunstwissenschaft 


RUBENS, Wolf und Fuchsjagd 
Im Besitz von Sulley & Co., London 


sich in der Sammlung, desgleichen sind die frühen 
Straßburger und Kölner Pressen gut vertreten. 
Desselben Sammlers bedeutende Kollektion 
alter Gobelins, alter französischer und engli- 
scher Möbel, Limoges-Emaillen und altitalieni- 
scher Majoliken wird am 11. Dezember bei 
Christies zur Versteigerung gelangen. Unter 
den Gobelins befinden sich 8, die Szenen aus 
dem Leben Ludwig XIV. darstellen. Sie hingen 
früher im Schlosse zu Moritzberg in Sachsen. 
Die Limoges-Emailien gelten als erstklassig. 
Die Auktionssaison selber hat nun wieder 
begonnen, bisher aber noch nichts von beson- 
derer Bedeutung gebracht. Immerhin befanden 
sih in der von Messrs. Knight, Frank & Rut- 
ley versteigerten Sammlung aus Cokethorpe 
Park, Oxfordshire einige interessante Sticke. 
Einen hohen Preis brachte ein Bild der Ange- 
lica Kauffmann, die hier ja recht hoch geschatzt 
wird; „sie selber zögernd, ob der Muse der 
Musik oder der Kunst zu folgen“, kostete 
Messrs. Agnew #682.10.0. Das Bild ist in Rom 
1794 gemalt worden, als die Kauffmann 53 Jahre 
alt war. Ein Ochtervelt „Meerstrand mit Figu- 
ren“ trug # 73.10.0. ein (Messrs. Cowdeswell); 
Jan Wouvermans „Bierkneipe mit Figuren“ € 84 
(Vicars); V. H. Janssens „Colonnade eines 
Schlosses mit tanzenden Figuren“ # 89.5.0. (Sa- 
bin); C. Janssens „Porträtgruppe eines Edel- 


mannes mit Familie in einer Landschaft“ £ 164.17.0. 
(Cohen); zwei Seestücke von Van der Velde 
£ 173.5.0. (Cohen); ein Stilleben Jan Fyts , Wild- 
bret in Landschaft“ € 173.5.0 (Cohen). — In 
dem einzigen Schwarz-weiBverkauf von einiger 
Bedeutung, den Messrs. Puttick & Simpson ab- 
hielten, wurden für ein Hunderguldenblatt Rem- 
randts € 21.10.5. und für zwei Stiche David 
Lucas nach Constables „Das Wehr* und „Das 
Kornfeld“ € 17.17.0. bezahlt. 

In den Kreisen der Londoner Sammler wie 
Händler bedauert man den Tod Sir Josef 
Duveens, des Hauptes der großen Firma Duveen 
Brothers, die durch ihre Erwerbung der Hai- 
nauer und später der Rudolphe Kann-Kollek- 
tionen weltberihmt geworden ist. Der Ver- 
Storbene, der aus kleinen Anfängen sich zu 
einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des 
Londoner Kunsthandels emporgearbeitet hatte, 
hat öfters die Nation mit Kunstgaben bedacht. 
Er schenkte der Tate Gallery das Bild der Schau- 
spielerin Ellen Terry als Lady Macbeth von Sar- 
gent; er zahlte eine große Summe für den An- 
kauf der Velasquezschen Venus und stiftete erst 
vor einigen Monaten einen besonderen Turner- 
flügel für die Tate Gallery. Für die ietztere 
Gabe ward ihm die Ritterwürde zuteil. F. 


2 


Der Kunstsammler 


1183 


HOLLAND 


Unter den am 10. Nov. bei Fred. Muller & Co. 
in Amsterdam zur Versteigerung gekommenen 
modernen Gemälden aus verschiedenen Samm- 
lungen (C. de Kuyper-Velp, G. J. Verburgh- 
Rotterdam, G. Menalda-Hilversum, J. H. van 
Eeghen-Amsterdam) wurden die höchsten Preise 
für je ein Bild der französischen Tiermaler Ch. 
Jacque und E. van Marcke bezahlt. Beide 
Stücke gehörten zum Nachlaß C. de Kuyper. 
Nr. 3, Die Schafweide (Leinwand 68,5 100,5 cm) 
von Jacque brachte es auf 26400 fl. Nur wenig 
geringer war der Preis für Nr. 6, E. van Mar- 
kes Weidende Kühe (Leinwand 46,5>< 60,5 cm, 
datiert 1876), der 25100 fl. betrug. Das sind 
Summen, für die man schon sehr gute alte 
Meister erwerben kann. Sie übertreffen ganz 
bedeutend die Höhe der Preise, die für die 
übrigen, meist holländischen Gemälde auf dieser 
Auktion bezahlt wurden. Unter diesen ist an 
erster Stelle mit 4600 fl. ein Willem Maris zu 
nennen: Nr. 28, Zwei Kühe am Wasser mit Hirten- 
mädchen, eine dritte Kuh weiter zurück, ein sorg- 
fältig ausgeführtes Frühwerk vom Jahre 1869 in 
dem feinen Silberton, den W. Maris’ Gemälde 
jener Zeit auszeichnen. Das Bild stammte aus 
der Sammlung Menalda und ist 42><66,5 cm groß. 
Den nächsthôchsten Preis erzielte wieder ein 
Franzose: W.Bouguereau, eine junge Agyp- 
terin in Blau, die mit großen dunklen Augen den 
Beschauer ansieht. Jedenfalls ein recht süßliches 
Bild, für das sich aber gewiß noch mehr Lieb- 
haber finden ließen, als dieser eine, der es für 
3600 fl. ersteigerte. Daß für den kleinen Bos- 
boom, Nr. 19, Inneres der St. Bavo-Kirche in 
Haarlem (Holz, 20x15,5 cm) 1600 fl. bezahlt 
wurden, ist viel begreiflicher, ebenso wie 3000 fl. 
für desselben „Hooglandsche Kerk“ in Leiden, 
Nr. 18 (Holz 33><22,5), die in der Beleuchtung 
und im perspektivischen Durchblick noch reiz- 
voller als das erstgenannte Bild ist. Die Ge- 
briider Achenbach sind in Holland auch noch 
geschätzt, wie aus den Preisen der beiden hier 
versteigerten Bilder erhellt: Nr. 4, Oswald Achen- 
bach, Sommerabend in Italien (Leinwand 107x161, 
datiert 1852): fl. 1250; Nr. 1, Andreas Achenbach, 
Graues Wetter (Holz 29><36,5, datiert 1861): 
fl. 720. Beide aus der Sammlung de Kuyper. 
Nun kommen mit guten Preisen ooch einige 
Bilder von etwas älteren Holländern, z. B. die 
Heerengracht in Amsterdam im XVII. Jahrhun- 
dert von Springer, (Nr. 35, datiert 1868): fl. 725, 
Willem Ralofs’ „Einsamkeit“ (Nr. 34): fl. 690. 
Aus der bekannten Amsterdamer Sammlung van 
Eeghen (von der ein Teil lange Zeit im Städt. 
Museum in Amsterdam leihweise ausgestellt war), 


sind zu nennen: Nr. 60, M. Boks, Morgen- 
landschaft (früher leihweise im Städt. Mus.), 
fl. 470; Nr. 61, Du Chattel, Enten am Wasser, 
fl. 500; Nr. 66, ein alter jüdischer Bettler, fl. 400. 
Von den Bildern verschiedener, nichtgenannter 
Provenienz erzielte Nr. 118, ein 34><49 cm großes 
Aquarell von A. Mauve mit 3175 fl. den höchsten 
Preis. Nr. 96, Gabriel, Tagesende, - brachte 
1006 fl.; Nr. 103, Unterberger, Castellamare, 
510 fl. 

Die zweite Auktion dieses Monats fand im 
,Militiezaal* in Amsterdam unter der Direktion 
von C. F. Roos & Co. am 17. und 18. Novem- 
ber statt. Sie umfaßte hauptsächlich Antiquitäten, 
Porzellan, Fayencen und Möbel, aber auch eine 
Kollektion alter Gemälde; diese letztere kam 
zuerst unter den Hammer. Wesentlich hohe 
Bilderpreise sind aber nicht zu verzeichnen. 
Zwei hübsche Porträts von Santvoort (Nrn. 
46 u. 47) wurden zusammen um 1250 fl. zu- 
geschlagen, Nr. 19, Stilleben von Corn. de 
Heem um. 450 fl. Nr. 21, eine Schlacht von 
van Huchtenburgh um 460 fl. 

In der Abteilung Möbel usw. wurde das 
höchste Angebot auf eine Treppe in Louis XVI- 
Stil gemacht (1375 fl.), die sih noch in einem 
Hause in Schiedam befindet und auf Kosten und 
Gefahr des Käufers abgebrochen werden muß. 
540 fl. wurden für Nr. 630, eine Zimmerdeko- 
ration (vier Panneaux und eine Türumrahmung 
in Grisaille) bezahlt, 725 fl. für Nr. 638, einen 
groBen Eichenschrank, 420 fl. für Nr. 654, eine 
Korridoruhr, 400 fl. ebenfalls für eine Korridor- 
uhr (Nr. 656). Von den übrigen Preisen sind 
zu notieren: Porzellan mit blauem Dekor, 
Nr. 76, EBservice aus 130 Stücken, 912 fl.; Nr. 83, 
ein Paar Teller, 450fl.; Nr. 90, ein Teller mit 
Figuren, 500 fl.; Nr. 131, zwei Flaschen 215 fl. 
Nr. 391, Schrankgarnitur, blaues Delft (van Duyn) 
200 fl.; Nr. 392, desgl. 200 fl.; Nr. 393, desgl. 
185 fl. Polychromes Delft, Nr. 445, Schüssel, 
200 fl.; Nr. 454, Schrankgarnitur 215 fl.; Nr. 455, 
zwei Flaschen, 200 fl.; Nr. 456, Uhrständer, 230 fl.; 
Nr. 465, Figurengruppe, 250 fl.; Nr. 467, zwei 
Figuren, 150 fl. Nr. 250, Schrankgarnitur (4 Stück), 
370 fl.; Nr. 294, sechs Teller (famille rose), 200 fl.; 
Nr. 296, desgl., 115 fl. 

In Rotterdam wurde am 17. November im 
„Kunstsaal Reckers“ die Sammlung der ver- 
storbenen Frau A. M. Pluyers, Rotterdam (mo- 
derne holländische Gemälde, Aquarelle und Zeidi- 
nungen) versteigert. 

Von den in Heft 10 abgebildeten drei alten 
Gemälden aus der Sammlung Hoschek in Prag, 
die zum großen Teil von dem Amsterdamer 
Kunsthändler J. Goudstikker angekauft worden 
war, sind zwei inzwischen in den Besitz der 

71 


1184 


Monatshefte fiir Kunstwissenschaft 


Douairiere, Frau van Alphen im Haag über- 
gegangen: Der groBe Jan Steen, Der Bauer, der 
kalt und warm blast, und der J. v. Ruisdael. 
Dieselbe Dame, die auch eine erstklassige Samm- 
lung moderner Meister besitzt, erwarb von 
Goudstikker noch den Melchior d’Hondecoeter, 
der früher ebenfalls zur Sammlung Hoschek 
gehörte. K. F. 


2 


NEUE KATALOGE 


Frankfurter Biiherfreund. Mitteilungen aus dem 
Antiquariat von Joseph Baehr & Co., Beiträge zur 
Inkunabelkunde. Neuerwerbungen. 


Ernst Carlebach, Buchhandlung und Antiquariat, 
Heidelberg, Hauptstraße 136. Antiquarishes Biicherver- 
zeichnis No. 299. Alte Drucke, illustrierte Holz- 
shnitt- und Kupferstic-Werke, Lithographien, 
Sergamentmanuskripte. Besonders hervorzuheben die 
dammlung hervorragender alter Inkunabeln, darunter eines 
der ersten Bücher mit Holzschnitten von Hans Holbein. 


Rudolph Lepke, Kunst-Auktionshaus, Berlin, Kodi- 
straße 2829. Auktionskatalog der Versteigerung vom 
19. November. Radierungen, Holzschnitte, Schabkunst- 
blätter, Handzeichnungen und Aquarelle. Werke über 
Kunst, Kunsthandbiicher, Kataloge usw. Dabei der Nadı- 
laß des Juweliers M. Herrmann, Breslau. 


Adolf Holzhausen, K. u. K. Hof- und Universitäts- 
Buchdruckerei, Wien, Kandigasse 19-21. Katalog der 
Sammlung William Unger. Mit 6 Original-Kadie- 
rungen und zahlreichen Text-Illustrationen. M. 30.—. Die 
mit außergewöhnlicher Sorgfalt und Pracht ausgestattete 


Publikation geht weit über die Bedeutung eines Auktions- 
katalogs hinaus. Sie hat bleibenden Wert vor allem 
durch den hier zum ersten Male geführten authentischen 
Nadiweis über das gesamte radierte Werk Ungers 
(811 Blätter). Drei weitere Abteilungen des Katalogs 
verzeichnen Handzeichnungen Ungers, Ölgemälde und 
Aquarelle alter und moderner Meister, sowie eine Gruppe 
von Keramiken, Arbeiten in Glas, Metall und Holz, Möbel 
und Teppiche. 


Karl Ernst Henrici, Antiquariat für Porträts und 
Autographen. Berlin W., KurfiistenstraBe 148. Katalog I. 
Ein neues Antiquariat führt sich durch diesen Katalog, 
der eine Auswahl shöner, dekorativer Porträts 
in vorzüglichen Abdrucen enthält, vorteilhaft ein. Die 
22 Abildungen in Tat oluple geben elne gute Anschauung 
von der Reichhaltigkeit der Blätter (aus der Sammlun 
August Spitta, Berlin), die eine lange Reihe kulturhistoris 
interessanter Kaiserporträts und Bilder von Königen, Feld- 
herrn, Dichtern, Sängerinnen in zum Teil farbigen Stichen, 
Lithographien und Schabkunstblättern aufrollen. 


Franz Meyer, Kunstantiquariat Dresden, Struve- 
straße 2. Katalog XXXIX. Handzeichnungen alter und 
neuerer Meister. Die Spezialität des Antiquariats, Ori- 

inalzeichnungen von qran: tritt auch in dem neuen, 

urdi eine reiche Anzahl von Stichen illustrierten Katalog 
wieder erfreulich zutage. Neben den holländischen Stücken 
fallen diesmal eine Anzahl deutscher Zeichnungen hervor- 
ragender Meister besonders ins Auge. 


J. A. Stargardt, Verlagsbuchhandlung und Antiquariat. 


Berlin, Lützowstraße 47. Auktionskatalog der Auto- 
grapnense mmiun Zeune-Spitta. ersteigerung 
3.—25. November. Briefe und Urkunden von Fiirsten, 


Staats- und Kriegsmännern, Dichtern, Gelehrten und Künst- 
lern. Der Katalog umfaßt 1489 Nummern und enthält 
eine Anzahl Faksimiles berühmter Handschriften. 


Jürgensen und Becker, Hamburg. Königstraße 12. 

Antiquariats-Katalog No. 25. Seltene Bücher. Erst-Aus- 
aben, alte Kinderschriften, Almanache, Kalender, Taschen- 
Oder, Hamburgensien, Zeitschriften. 2789 Nummern. 


AUKTIONSKALENDER 


Dez. | Wien. Ant. Stöckl. Ölgemälde, 

9, Aquarelle, Handzeichn., Alt-Wiener 
u. moderne Meister, Glasmalereien, 
Rüstungen, Waffen a. d. Nadıl. d. 
Hofschauspieler F. Krastel und and. 
Privatbes. 


Köln. M. Lempertz (P. Hanstein). 
Antiquitäten verschied. Charakters 
und Gemälde ält. Meister z. T. a. 
d. Nacht Heinrich-Bingen. 


Heidelberg. Ernst 
Kuno Fischers Bibliothek. (Deutsche 
Literatur. Erstausgaben. 
tiker etc.) 


Amsterdam. 


9.—11. 


10. 


Roman- 


1-12. Fred. Muller & Co. 


Bibl. Lindsen-Utrecht, darunt. In- | 


kunabeln, Holzschnittwerke, Zeich- 
nungen, alte Auktionskataloge. 


Carlebach. | 


' Dez. | Amsterdam. Fred. Muller & Co. 
: 10.—12. Smi. Frederick-Middelburg. Bücher, 
'  Kupferstiche, Handzeichnungen. 
| 10. u. ff. | Köln. J. M. Heberle. Antiquitäten 
| und Kunstgegenstände a. Nachlaß 
Schwemmann und südd. Besitz. 
15.—16. | Amsterdam. Fred. Müller & Co. 
| _ Gemälde alter holland. Meister. 
16. | München. H Helbing. Ölgemälde 
| alt. Meister. Handzeichnungen. 
Dez. Aachen. Ant. Creutzer. Antiqui- 
. täten, Kunstmobiliar. 
Dez. | Aachen. Ant. Creutzer. Gemälde 
| alter und neuer Meister, 
Febr. | Köln. J. M. Heberle (H. Lempertz' 
1909. Söhne). Sml. Angst-Züric, Huber- 
16. | Sihlbrugg u. Siegfried. Wappen, 


Möbel, Porzellan. 


Zur gefl. Beachtung! 
Diesem Hefte liegen Prospekte der Firmen: J. H. ED. HEITZ, Straßburg; R. 
PIPER & Co., München; SCHROLL & Co., Wien (zwei Stück); XENIEN-VERLAG, 
Leipzig, sowie drei Prospekte des Verlages KLINKHARDT & BIERMANN, 
Leipzig bei, auf die besonders aufmerksam gemacht sei. 


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