Skip to main content

Full text of "Monatshefte der Comenius-gesellschaft für Kultur und Geistesleben"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commcrcial parties, including placing technical restrictions on automatcd qucrying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain from automated querying Do not send aulomated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogX'S "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct andhclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http : //books . google . com/| 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch fiir Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .corül durchsuchen. 











' >^¥)^ 


< J 




.-^ ■.- 



IEdaAC?^^0.^ 



r 




^aiöaili (ÜToUese Übrarg 

JAMEy WALKER, D.D., LL.D.. 

" Prefcrance being j{iven to works in the 

Intellectnat and Moral Sciencti." 

XI ItS»-- '*»«.>- ,V'<'>s 



jH^n 



^ 

<: 



Monatshefte 

der 

Comeniiis-Gesellscliaft. 

Herausgegeben von Ludwig Keller. 




wm 



vierter Band. 

1895. 



Berlin und Münster (Westf.). 

Verlag der Comeiiius-Gesellschaft, 

Jobanncs Bredt ia Kommission. 

1805. 



'% 




:XduuL\^ ^6'50O 






Für die SchriftleituDg verantwortlich: 
Arohiv-Bat Dr. Ijudw. Keller in Charlottenburg. 



Inhalt des vierten Bandes. 



A. Abhandlnng'eii. 

Seite 

Keller, Ludwig, Comenius und die Akademien der Naturphilosophen 

des 17. Jahrhrh 1. 69. 133 

Eoth, F. W. E., Johann Heinrich Aisted (1588—1638). Sein Leben 

und seine Schriften. ... 29 

üphues, Goswin K., die psychologische Grundfrage 97 

Sud hoff, K., Ein Ruckblick auf die Paracelsus- Jahrhundertfeier . .115 

Baehring, Bernhard, Zur Erinnerung an Moritz Carriere .... 185 

Krones, Dr. Franz von, Karl von Zierotin und der Kreis seiner 

deutschen Frennde und Zeitgenossen. Eine Studie ..... 194 

Aron, R., Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen . . 217 

Noväk, Joh. V., Das älteste pansophische Wort des Comenius. . . 242 

Natorp, Paul, Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte der Ein- 
führung Pestalozzischer Grundsätze in die Volksschule Preussens 261 

Dissel, Karl, Der Weg des Lichts. Die Via lucis des Comenius. . 295 

Schmid, Georg, Sigismund Evenius 306 

B. Kleinere Mitteilungen. 

Wölk an, R., Die Litteratur der letzten fünfzig Jahre über die Ge- 
schichte der böhmischen Brüder 45 

ۥ Besprechungen. 

Will mann, O. , Didaktik als Bildimgslebre in ihren Beziehtingcn zur Socialforschung 
u. 8.W. (Uphues). — Uphues, Goswin K., die Psychologie des Erkennens vom 
empirischen Standpunkte. 1. Band. (Hochegger). — Böhm, J., Geschichte der 
Pädagogik (Gutmann) 49 

Th. Burckhardt-Biedcrmann, Bonifacius Amerbach und die Beformation (K. S.). 

— Jos. Reber, J. A. Comenius und seine Beziehungen zu den Sprachgesell- 
schaften (Bdtticher) 253 

D. Litteraturbericht. 

Jacques Parmcntier, Jean Louis Vi ves. — Staatslcxikon der Görresgesellschaf t. 
Bd. 3. — Allg. Deutsche Biographie. Bd. 35. — Jahrbuch für die 
Geschichte des Protestantismus in Österreich. Jahrg. 15. — Joh. 
Janssen, Geschichte des deutschen Volkes. — Kvacsala, die irenischen 
Bestrebungen u. s. w. — Neue (böhmische) Ausgabe der homiletischen Werke 
des Comenius. — 11 oder mann, Bilder aus dorn deutschen Leben des 17. Jahrb. 

— Reber, John Miltons Essay on Education. — Bibliothek -pädagogischer 
Klassiker. Bd. 30 57 

W. Sticda, Hamburger Handwerker als Studenten u. s. w. — R. Kruskc, Georg 
Israel. — The od. Längin, Deutsche Handschriften u. s. w. — Anton 
Gindely, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen. — Alb. Richter, 



IV Inhalt. 

Seite 
Ncudrucko pädagogischer Scliriften. — Rud. Hochegge r, Die Bedeutung der 

PhiloHophie der Gegenwart für die Pädagogik. — Rieh. Sachse, Jacob Tho- 

masiutt. — Bernh. Münz, Jakob Frohschainnier. — E. Melzer, Der Beweis 

für das Dasein Gottes u. s. w 123 

G. Voigt, Bischof Bertram von Met« (lia)— 1212). — H. Haupt, Deutsch-böhmische 

Waldenser. — Uebingor, Beiträge zur Geschichte Nicolaus von Cusas. — 

Knaake, Job. Pupper von Goch. — Fr, Wächter, Briefe an Erasmus. — 

K. Krafft, Gerb. Omüken. — A. Wirth, Die evangel. Schule des 16. und 

17. Jahrb. — H. S. Burrage, The Anabaptists of the IG. Century. — Alfr. 

Rausch, Christian Thomasius. und Erb. Weigel. — Alb. Fecamp, D. G. 

Morhof. — W. Fabrieius, Die Studentenorden des 18. Jahrh 3U 

E. Xaeliriehten. 

F. W. E. Roth Ober Otto Brunfels (f 1534). — Zur Hans Sachs - Litteratur. — Die 
Universal-Universitfit des Grossen Kurfürsten. — Die Fruchtbringende Gesellschaft 
und der Grosse Kurfürst. — Rebers Comenius-Forschungen. — Thomasius 
und Comenius. — Thomasius' Aufenthalt in Holland. — Schriften des deutschen 
Hugenotten -Vereins. — I)eut«ch- italienische Waldenser -Gemeinden. — Die 
böbmisch-niährischen Glauliensflüchtlinge. — F. A. Langes Schrift über Vives 
in spanischer tlbersetzung. — Job. Apaeius C'sere (geb. 1G23) 63 

Auffsissungen der mährischen Brüder über das Alter des evangelischen (rlaubens. — 
Neuere Urteile Ober die Bedeutung des Meistergesang». — Zur Geschichte des 
Joh. Clauberg, Professors in Duisburg. — Eine seltene Ausgabe einer Schrift 
des Comenius 129 

In Sachen der Univereal-Univcrsität des Grossen Kurfürst-en. — Die Bedeutung von 
Zünften und Gilden für die Entwickelung des religiösen I^bens in früheren 
Jahrhunderten. — Der Johauniterorden und die Akademie des Palmbaums. — 
Widci*wiUe der Mitglieder des Palmbaums gegen den Namen ,,Calvinisten". — 
Comenius und die konfessionelle Polemik des 17. Jahrh. — Vorlesungen Ober 
die Geschichte der l)öhmischen Brüder. — Die Stiftimg einer „tugendlichen Ge- 
sellschaft" im Jahre 1619. — Zur Charakteristik der sog. Sprachgesellschaften 
des 17. Jahrhunderts 1<J3 

Adolf Lassons Urteil über die altdeutsche Mystik. — Die Grafen von Zierotin und 
die mährischen Brüder. — Die Idee eines Rcligions-Kongresses bei Comenius. — 
Symbolik in der Gesellschaft des Palmbaums. — Kvacsala ül)er Campanella 
und C-onienius. — Novdks Arbeiten auf dem Gebiete der Comenius-Forschung 257 

E. Troeltsch (Professor in Heidelberg), Über Religion und Kirche. — K. Burdach 
(Professor in Halle), Über den Zusammenhang zwischen Luther und den böhmi- 
schen Brüdern. — ,,Pickardeu" und Reformierte. — Jos. Rebers Ausgabe der 
Naturkunde de» Comenius. — Der Jesuit B. Balbimis Ülxjr Comenius. — Die 
Bibliothek des Comenius in Fulnek. — Giordano Bruno begründet eine 
,, Akademie" in London (1583). — Briefwechsel zwischen Wok von Rosenberg 
und Christian von Anhalt. — Briefwechfiel des Herzogs August von Braun- 
schweig-Lüneburg. — Aufforderung 319 

F. Preisanfgabe der Comenius - Gesellschaft für 1896 318 

G. .Inhalt neuerer Zeitschriften 68. 132 

H. Pei*sonen- und Orts -Register 325 



Monatshel 

der ^ 

M Comenius-GesellsfchafI: 

Herausg-egeben von Ludwig Keller. 





Vierter Baiul. 

Erstes und zweites Heft. 
Jaiuiür— l't'bnuir isn.'i. 



"^ Berlin und Münster i-/w. 
Vorlag der Oomonius-Gesellschiif t. 
Johannes Bicilt in KommL'J'iirin. 



WP^M^'S^MS: 



wm 



Der Becng^r^ beMigt im Buchhandel und bei der Fust Jährlich 10 Hnrli. 
Alle Recht« vorbehalten. 



Inhalt 

des ersten und zweiten Heftes 1895. 

Abhandluniren. seite 

Iiudwig Keller, Comenius und die Akademien der Naturphiiosophen des 

17. Jahrhunderts. Erster Teil 1 

F. W. B. Roth, Johann Heinrich Aisted. (1588—1638.) Sein Leben 

und seine Schriften 29 

Kleinere Mittellungren. 

Dr. B. Wolkan, Die Litteratur der letzten fünfzig Jahre über die Ge- 
schichte der böhmischen Brüder . 45 

Besprechungren. 

W i 1 1 m a n n , O. , Didaktik ala Bildungslehre nach ihren Beziehungen zur Sodalforschung u. s. w . 
(Uphnea). — Uphncs, Goswin K., Die Psychologie des Erkennens Tom empirischen Standpunkte. 
1. Band (Hochegger). — BOhm, J., (beschichte der Pttdagogik (Gutmann) 49 

Litteraturbepicht. 

Jacques Parmenticr, Jean Louis Vires. — Staatslexikon der Gdrresgesellschaft. 
Bd. S. — Allg. deutsche Biographie Bd. 35. — Jahrb. f. d. Gesch. d. Prot, in Öster- 
reich. Jahrg. 15. — Joh. Janssen, Gesch. d. deutschen Volkes. — Kvacsala, Die ironischen 
Bestrelnrngen u. s. v. — Neue (böhmische) Ausgabe der homiletischen Werke des Comenius. — 
Hode^maun, Bilder aus dem deutschen I^ben des 17. Jahrh. — Reber, John Miltons Essay of 
Education. — Bibliothek pttdag. Klassiker. Bd. aO 57 

Nachrichten. 

F. W. E. Roth Ober Otto Brunfels (f 15^1). - Zur Hans S a c h s - Litteratur. •- Die 
Uni versal-Univcrsitftt des Grossen KurfQrsten-. — Die Fruchtbringende Gesellschaft 
und der Grosse Kurfürst. — Rebers Comenius - Forschungen . — Thomasius und Comenius. — 
Thomasius' Aufenthalt in Holland. — Schriften des deutschen Hugenotten -Vereins. — Deutsch- 
italienische Waldenser-Gemeinden. — Die bOhmisch-mährischen GlaubensflüchtUnge. — F. A. I^uiges 
Schrift nber Vires in spanischer Übersetnmg. — Joh. Apacius Csere (geb. 16'^) 63 

Inhalt neuerer Zeitschriften 68 



Die Monatshefte der CG. erscheinen monatlich (mit Ausnahme des August 
und September). Die Ausgabe von Doppelheften bleibt vorbehalten. Der Ge- 
samtumfang beträgt vorläufig 20 — 25 Bogen. 

Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge; falls die 
Zahlung der letzteren bis zum 1. Juli nicht erfolgt ist, ist die Geschäftstelle 
zur Erhebung durch Postauftrag unter Zuschlag von 60 Pf. Postgebühren 
berechtigt. — Einzelne Hefte kosten 1 Mk. 25 Pf. 

Jahresbeiträge und Anmeldungen, sowie einmalige und ausserordentliche 
Zuwendungen bitten wir an das 

Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C. 2, Burgstrasse 

zu senden. 



BesteUungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, 
die Postämter — Postzeitungsliste Nr. 4296** — und die Geschäftstelle der 
Comenius-Gesellschaft, Münster i. W. Wolbeckerstrasse 4*- 

Anzeigen finden durch die Monatsschriften der CG. in den beteiligten 
Kreisen weiteste Verbreitung. Die gespaltene Nonpareillezeile oder deren Bamn 
kostet 20 Pfg.; bei grösseren Aufträgen entsprechende Ermässigung. Anfragen 
und Anträge sind an Johannes Bredt, Verlagsbuchhandlung in Münster i.W. 
zu richten. 



Für die Schriftleitung verantwortlich: ArchiT-Bat Dr. Keller in Münster i.W. 



Monatshefte/ 

der ^ 

Comenius-Gesellscliaft; 



IV. Band. -^ 1895. ^ Heft 1 u. 2. 



Comenius und die Akademien der Naturphilosophen 

des 17. Jahrhunderts. 



Von 
Ludwig Keller. 



Erster Teil. 

_ __ * 

Es darf heute als anerkannte Thatsache gelten, dass die 
Xaturphilosophen des 17. Jahrhunderts, an ihrer Spitze Baco, 
Galilei und Leibniz, gleichviel wie man gegenwärtig über 
ihre Schwächen oder ihre Vorzüge denkt, das grosse Zeitalter 
der naturwissenschaftlichen, chemischen, mathematischen und 
astronomischen Entdeckungen eingeleitet haben, in dem wir uns 
noch heute befinden, ja, man kann sagen, dass sie die Urheber 
der grossen geschichtlichen Wendung sind, welche die Neuzeit 
von der mittelalterlichen, auch im 16. Jahrhundert noch nicht 
völlig überwundenen Weltanschauung trennt. 

Auch wenn man dies anerkennt, braucht man keineswegs zu 
bestreiten, dass es unter diesen Männern manche sonderbare 
Schwärmer gegeben hat, und jeder weiss, dass es neben hervor- 
ragenden Köpfen solche gab, die an die Möglichkeit der MetalU 
Verwandlung glaubten, die die Quadratur des Zirkels oder den 
Stein der Weisen zu finden dachten. Indessen bestätigt diese 
Wahrnehmung lediglich die Thatsache, dass es im menschlichen 
Leben keinen Satz giebt, der so richtig und kein System, das so 
gut begründet ist, dass es nicht durch Querköpfe missbraucht 
oder in seinem Ausehen geschädigt werden könnte. 

MunatHhofte der 0>inoiiiuH-(i<>;>eU!«c'haft> 189ö. . i 



/ 



2 Keller, Heft 1 u. 2. 

Die grosse Bedeutung, die der gesamten Richtung zukommt, 
würde trotz der mannigfachen Verirrungen längst allgemeiner be- 
kannt und anerkannt sein als sie es heute ist, wenn nicht unter 
der Einwirkung der heftigen Gegnerschaft, die diese Strömung 
besonders innerhalb der beiden herrschenden Kirchen fand, bis 
tief in das 18. Jahrhundert hinein die ungünstigste Beurteilung 
ein grosses Feld behauptet hätte. Zwei sehr berühmte und in 
ihrem Einfluss noch immer nicht überall zurückgedrängte littera- 
rische Handlanger, B a y 1 e und Adelung, haben durch ihre 
weitverbreiteten Werke das Andenken vieler dieser sogenannten 
Naturphilosophen in der hässlichsten Weise verunglimpft und sie 
als „Astrologen" und „Goldmacher'^, ja als „Fanatiker'* und „Sek- 
tirer" mit ausgesprochener Absichtlichkeit in den Schmutz gezogen. 

In das Buch, welches Adelung im Jahre 1785 unter dem 
Titel: „Geschichte der menschlichen Narrheit oder Lebens- 
beschreibungen berühmter Schwarzkünstler, Goldmacher u. s. w." 
herausgegeben hat, sind sehr viele Vertreter dieser Geistesrichtung 
aufgenommen worden, und man würde fehlgehen, wenn man die 
Ansicht, die darin zum Ausdruck kommt, als eine persönliche 
Meinung Adelungs betrachten wollte ; er gab vielmehr nur wieder, 
was er in der Streitlitteratiu' des 17. und 18. Jahrhunderts fand 
und wollte oder konnte nicht sehen, dass er zu unreinen Quellen 
gegriffen hatte. 

So sehi* er dadurch auch in die Irre gegangen sein mag, 
so hat er doch in einem Punkte vollkommen recht gesehen: ver- 
dienen jene Naturphilosophen in Bausch und Bogen diese Brand- 
markung, so verdient sie auch Comenius. Indem er diesem Manne 
neben den übrigen in seinem Buche eine Stelle gab, brachte er 
den zutreffenden Umstand zum Ausdruck, dass Comenius ein 
Mitglied jenes Kreises von Naturphilosophen oder wie 
Adelung sagt, jener „Narren" und „Schwarzkünstler** gewesen ist. 

Die historische Betrachtung hat die Männer, die hier in 
Betracht kommen, meist ausschliesslich oder vorwiegend nach 
derjenigen wissenschaftlichen oder geistigen Seite ins Auge ge- 
fasst, für die sie in erster Linie schriftstellerisch thätig gewesen 
sind, und dabei vielfach übersehen, dass ein innerer geistiger 
Zusammenhang, ja sogar eine feste äussere Organisation die Mehr- 
zahl der grossen Reformatoren verbindet, die auf dem Gebiete 
der Erziehungslehre, der exakten Wissenschaften und der 



1895. Comenius und die Akademien der Natiirphilosophen etc. 3 

Volkssprachen während des 17. Jahrhunderts sich als Schrift- 
steller bekannt gemacht haben, und doch kann eine klare Einsicht 
in das Wesen dieser geistigen Bewegung, ihre geschichtlichen 
Zusammenhänge und ihre Wirkungen nur dann gewonnen werden, 
wenn die willkürliche Einschachtelung der einzelnen in heute 
übliche Systeme und Begriffe durchbrochen und die Gesamtheit 
dieser geistigen Erscheinung unbefangen ins Auge gefasst wird. 
Was diese Gelehrten zusammenführte und zusammenhielt, 
war vor allem eine tiefe Abneigung gegen den scholastischen 
Wissenschaftsbetrieb, wie er damals die Universitäten aller 
Länder beherrschte — ein Betrieb, der in der Betonung des 
Aristoteles seinen Ausdruck fand. „Das unglückliche Vertrauen 
in die dialektische Physik des Aristoteles", sagt Joachim Jungius 
einmal, „hat die Vemachlässigimg der Beobachtung zu Wege 
gebracht." ^) Um ihren Gegensatz zu dieser Betriebsart der 
Wissenschaften zu betonen, pflegten sie sich wohl Platoniker oder 
Xeuplatoniker zu nennen oder nennen zu lassen, und in der That 
ist eine Hinneigung zu Plato und zur platonischen Philosophie 
durchweg bei ihnen nachweisbar. 

Man darf nicht übersehen, dass diese Sonderstellimg einen 
Gegensatz sowohl gegen die herrschenden Kirchen wie gegen die 
Universitäten, die damals den Kirchen gegenüber eine selbständige 
Stellung nicht besassen, zur notwendigen Folge hatte. Es sind 
Männer von ganz hervorragenden Leistungen, die uns in den zu 
schildernden Kreisen begegnen, gleichwohl aber hat kaum einer 
dieser Gelehrten an den gleichzeitigen Universitäten einen dauernden 
und unangefochtenen Wirkungskreis gefunden, sondern es haben 
sich die Hochschulen zu jener Zeit durchweg ablehnend gegen die 
„Platoniker*^ verhalten 2), und heftige Kämpfe litterarischer und 
und persönlicher Art sind die Folge gewesen. 

Es war, wie es Joachim Jungius einmal bestimmt und klar 
ausspricht, nicht diese oder jene Lehre, die sie als falsch be- 



*) Guhrauer, Joachim Jimgius und sein Zeitalter. Stuttgart und 
Tübingen 1850, S. 148. 

*) „Ein Blick auf die Geschichte der Universitäten in diesem Zeit- 
raum erklärt hinlänglich, weshalb, Italien etwa ausgenommen, ... im übrigen 
Europa kein einziger der grossen Reformatoren in der Philosophie und der 
Wissenschaft auf jenem Boden fortkam oder auch nur hier fortzukommen 
suchte." (Guhrauer, Joachim Jungius u. s. w. S. Ü8.) 

1 * 



4 Keller, Heft 1 u. 2. 

kämpften, sondern der Kampf galt der gesamten Methode, 
wie sie unter dem Einfluss der Scholastik nicht bloss das Mittel- 
alter, sondern auch noch das 16. Jahrhundert beherrscht hatte. 
„Es handelt sich nicht um diesen oder jenen Irrtum", sagt er, 
„sondern die ganze Methode der Wissenschaft und Philosophie ist 
sophistisch." 

So ablehnend standen sie dieser sogenannten Philosophie 
gegenüber, dass sie auch diesen Namen von sich nicht zu ge- 
brauchen wünschten und ihre Wissenschaft lieber Pansophie 
odgf Naturphilosophie genannt sehen wollten, ohne dass sie 
sich damit etwa lediglich als ,J^aturfor8cher'' oder als ausschliess- 
liche Vertreter der exakten Wissenschaften hätten bezeichnen 
wollen, wenn auch ihr besonderes Interesse sich der Natur- 
beobachtung und Naturbetrachtung nach Bacos Vorgang zuwandte. 

Jede religiöse Weltansicht pflegt mit bestimmten natur- 
philosophischen Anschauungen Hand in Hand zu gehen und sich 
mit diesen zu einem einheitlichen System zu verschmelzen. Man 
kann nicht leicht die letzteren aus dem Zusammenhange, in dem 
sie stehen, loslösen, ohne das gesamte System zu erschüttern, imd 
indem unsere „Naturphilosophen" sich gezwungen sahen, die auf 
den Büchern des Alten Testaments ruhende Natur- und Welt- 
betrachtung der Kirchenlehre anzuzweifeln, gerieten sie nicht zwar 
zum Christentum, aber doch zur Dogmatik in einen Gegensatz, 
der sich durch die Art des Kampfes, der sich entwickelte, melir 
und mehr verschärfte. 

Die Kämpfe, in welche Galilei wegen seiner Verteidigung 
des Copemikanischen Weltsystems seit 1617 geraten war, hatten 
den alten Streit der Naturphilosophen mit der alttestaraentlichen 
Weltanschauung und ihren Vertretern von neuem weit und breit 
zu hellen Flammen angefacht 

Aber auch abgesehen von solchen Einzelpunkten schien den 
Naturphilosophen die Gesamtanschauung der herrschenden Lehre 
von der Verderbtheit der Natur, von der Art, wie diese sich 
das Eingreifen Gottes in den Naturlauf dachte und manches andere 
unhaltbar. 

Sie ofl^enbaren durchweg eine besondere Vorliebe für die 
Natur und betrachten die Beschäftigung damit als eine Art von 
Gottesdienst „Durch die Betrachtung und Erforschung der Werke 
Gottes", sagt Matthias Bemegger, „wird der Ruhm seines gött- 



1895. Comeniuß und die Akadomien der Naturphilosophen etc. 5 

liehen Namens viel mehr verherrlicht als durch die dornigen und 
nichtigen Streitfragen, von denen die Katheder der Hochschulen 
erschallen." 

In den Schriften des Heinrich Nollius*) tritt eine Liebe 
und Hochschätzung der Natur hervor, die sich oft in rührender 
Weise kund giebt: ,Jn dem Halm, in den Blüten, in den Früchten 
(sagt Noilius) ist etwas Erhabenes enthalten, was unzweifelhaft 
eine gewisse Verwandtschaft mit dem Himmel hat; da es die 
Wärme des Himmels in sich aufnimmt und mit sich verbindet, 
erhält es von dort aus Lebenskraft und Pracht." Noilius sah in 
der Natur das lebendige Bild Gottes und sagte: „Wie Gott Alles 
in Allem ist, so kann auch der Mensch, der sich darein versenkt, 
in Gott Alles erkennen"; sein wichtigstes Werk nannte er Naturae 
sanctuarium. 

Man weiss, dass die mittelalterliche Weltanschauung unter 
dem Einfluss der Scholastik und der Kirchenlehre in erster Linie 
auf die übersinnlichen Dinge gerichtet war und vornehmlich mit 
den Kräften des Gemüts und der Phantasie ihre Geisteswelt sich 
ausgestaltete; seit dem 16. Jahrhundert — hier ist Paracelsus 
unzweifelhaft bahnbrechend gewesen — und mehr noch seit dem 
17. begann eine neue Geistt^srichtimg fjnfluss zu gewinnen, die 
nicht bloss auf das Wesen Gottes und die Beziehungen der 
Menschen zu Gott, sondern auch auf das Wesen der Natur und 
auf die Beziehungen der Menschen zur Natur und der 
Menschen unter einander gerichtet war. 

Es konnte nicht fehlen, dass sich diese Denkweise vielfach 
geneigt zeigte, die Bedeutung der übersinnlichen Dinge, soweit 
sie ausserhalb der unmittelbaren Erfahnmg lagen, zu unter- 
schätzen. Sie verfiel dadurch in manchen ihrer späteren Ver- 
treter in eine ähnliche Einseitigkeit, wie sie die Träger der älteren 
Anschauung gegenüber den Erfahrungs Wissenschaften an den Tag 
gelegt hatten. 

Diese Erscheinung zeigt sich indessen bei unseren Natur- 
philosophen noch nicht; sie waren bei dem vielseitigen Wissen, 
welches die Mehrzahl auszeichnete, vdel zu einsichtig, um zu über- 
sehen, welch^ grosse Bedeutimg auch denjenigen Vorstellungen 



^) Wichtige Auszüge daraus bei Hochhutb in der Ztschr. f. d. bist. 
Theol 18(53. S. 200 ff. 



H Keller, Heft 1 u. 2. 

zukommt, welche sich mehr auf Gnmd der inneren Offenbarung 
und des Gemüts als des Verstandes erschliessen, und sie er- 
kannten wohl, dass religiöse Vorstellungen, obwohl sie dem Be- 
weise unzugänglich sind, für den einzelnen die gleiche Ge>\'is8- 
heit wie Sätze der Erfahrung erlangen und stärkere Antriebe 
für sein Handeln als irgend eine Erfahrungsthatsache abgeben 
können. 

Unbeschadet abweichender Sonder -Meinungen Qo\ne ver- 
schiedener Confessionen zeigen die älteren Naturphilosophen ganz 
überwiegend einen kräftigen Zug ernster Religiosität. „Es 
darf nicht befremden*^, sagt Guhrauer *), „wenn uns in den Lebens- 
nachrichten dieser Männer und namentlich des Jungius, Äusser- 
ungen und Merkmale aufrichtiger Frömmigkeit und häufige Hin- 
weisung auf die Nachfolge Christi, sogar Zeichen einer Hinneigung 
zur Mystik, unbeschadet ihres mit Klarheit und Beharrlichkeit 
verfolgten Zieles allgemein wissenschaftlicher Reform, entgegen- 
treten." Wenn trotzdem gegen Männer wie Matthias Bemegger, 
Jungius u. a. gelegentlich die Anklage des „Atheismus" er- 
hoben wird, so beweist dies bei der offenkundigen Unwahrheit 
des Vorwurfs lediglich, dass die Vertreter der herrschenden 
Dogmatik die schärfsten Waffen, die sie bcsassen, gegen die 
„Platoniker" anwenden zu müssen glaubten *). 

In jenem Vorwurf kommt allerdings der Umstand zum Aus- 
druck, den auch die Naturphilosophen ihrerseits nicht bestritten, 
dass sie die Idee und das Wesen des Christentums in manchen 
Punkten anders als die herrschende Dogmatik fassten. 

Für sie stand die Idee des Reiches Gottes, wie es 
Christus verkündet hatte, im Mittelpunkte der Gedankenwelt, und 
wenn sich auch beobachten lässt, dass sie öffentlich für diesen 
Gedanken nur imter Anwendung symbolischer Verhüllungen ein- 
zutreten pflegten, so tritt doch in vertraulichen Ausseningen ihre 
Meinung ganz unzweideutig hervor. Jungius, der auch in seiner 
Umgebung die Pflege des religiösen Sinnes liebte, hatte seinem 
Gesinde ein Exemplar des Katechismus des Gesenius eingehändigt^); 



*) Guhrauer a. O. 8. 68. 

*) Näheres bei Guhrauer a. O. S. 122. — Bünger, M. Bernegger, 
Strassb. 1893. S. 202. 

') Gesenius hat einen Platz in Arnolds Kirchon- n. Ketzergoschicht« 
erhalten, s. die Ausgabe v. Frankf. a. M. 1729 I, 932. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 7 

in dieses Exemplar hatte er einen Spruch eingetragen, in welchem 
sich folgende Reime befanden: 

„Such Gottes Reich vor allen Dingen, 

So wird dir Alles wohl gelingen." 
Aus diesem Grundstreben flössen aUe ihre sonstigen Charakter- 
züge und Eigentümlichkeiten. Es ist ein durchgehendes Merkmal 
der Platoniker, dass sie bei allem Eifer, mit dem sie auf das 
Wissen (scientia) drangen, doch weit über die Wissenschaft im 
engeren Sinn die Weisheit (sophia) stellten; ihre Gegner warfen 
ihnen vor, dass ihnen die Pansophie oder die All Weisheit sogar 
über den Glauben gehe, und darin hatten sie insofern recht, als 
die Naturphilosophen die Liebe, die aus der Weisheit fliesst, 
höher stellten als die Hingabe an irgend eine Lehre oder den 
Glauben, wie die herrschende Dogmatik ihn verstand. 

Es ist das Eigenartige sämtlicher oben genannter Gelehrten, 
dass sie ihre eigentliche Lebensaufgabe nicht in der Anhäufung 
neuen Wissensstofles, sondern in der Nutzbarmachung des Wissens 
für die Menschenwelt erkannten; ein Wissen, welches unfähig 
war, den Menschen zu helfen oder sie zu bessern, war ihnen 
wertlos, und indem sie lebendige Früchte, nicht tote Gelehr- 
samkeit erstrebten, wussten sie sich in einem tiefen Gegensatz 
zur Neuscholastik, wie sie gerade in der Theologie des 17. Jahr- 
hunderts innerhalb beider Confessionen die Oberhand gewonnen 
hatte. Für den Bau des „Tempels" (wie sie die Idee des Gottes- 
reiches nannten) nützte ihnen keine Wissenschaft, die nicht für 
das Leben anwendbar war. „Thaten^^, sagt Leibniz, „müssen sich 
zu den W^orten fügen, das Leben muss von der Lehre Gewinn 
ziehen*', und an anderer Stelle fügt er hinzu: „So oft ich etwas 
neues lerne, so überlege ich sogleich, ob nicht etwas für das 
Leben daraus geschöpft werden könne." 

Eine Wissenschaft, die sich schon durch die Sprache, in 
der sie auftrat, von der Mehrheit des Volkes abschloss, konnte 
von diesem Gesichtspunkt aus nicht das Ziel sein, welches ihnen 
vorschwebte; damit hängt es zusammen, dass gerade aus den 
Kreisen der Platoniker heraus ein eifriger Kampf für die Volks- 
sprachen geführt ward — ein Kampf, der die Mehrzahl aller 
bestehenden kirchlichen und gelehrten Kör|)erschaften wider sie 
auf den Plan rief. Mit gutem Grund konnte Leibniz klagen, dass 
„aller Lust und Fleiss, der von Andern auf die deutsche Sprache 



8 Keller, Heft 1 u. 2. 

gewendet wird, der Mehrheit verhasst uud verdächtig sei". 
Nur von diesem Gesichtspunkte aus versteht man die gehässigen 
Urteile und die lebhafte Gegnerschaft, die den älteren Sprach- 
bestrebungen ihr Wirken erschwerte. 

Eben diese Betonung der Volkssprachen und die damit zu- 
sammenhängende des volkstümlichen Schrifttums, besonders der 
Dichtkunst, hat es zu Wege gebracht, dass wir in den Akademien 
und Gesellschaften der Platoniker, die wir unten kennen lernen 
werden, die eigentliche Geburtsstätte der neueren deutschen 
Litteratur zu suchen haben — eine Thatsache, die, wie man 
denken sollte, aUein ausreichend wäre, um die Akademien zu einer 
merkwürdigen geschichtlichen Erscheinimg zu machen und ihnen 
eine ernstere geschichtliche Beachtung zu sichern als sie sie bis- 
her gefunden haben. Nicht die Universitäten oder die Kirchen, 
sondern diese von beiden lebhaft bekämpften freien Vereinigungen 
sind es gewesen, die für die tief darniederliegende deutsche 
Sprache und Litteratur ein neues Zeitalter heraufgeführt haben. 

Von dem Grundgedanken aus, wie er in der Idee des Reiches 
Gottes enthalten ist, erklärt sich auch die Thatsache, dass diese 
Männer der Erziehung und der Wissenschaft der Erziehung 
ein tieferes Interesse als die Mehrzahl der Zeitgenossen entgegen 
brachten. Es war ihnen, wie bemerkt, nicht genug, für diesen 
oder jenen Stand oder diese oder jene Berufsart eine Summe von 
Wissen zu sammeln und es lehrend weiter zu geben, sondern sie 
wollten das gesamte Wissen oder die Allweisheit, wie sie sagten, 
für die Erziehung des Menschengeschlechtes fruchtbar 
machen und auf dem Wege der allgemeinen Bildung die Menschen 
einer höheren Entwicklungsstufe entgegenführen. Daher sind, wie 
das auch schon früher erkannt worden ist, in diesem Kreise der 
Naturphilosophen die Begründer der neueren Erziehungslehre zu 
suchen, deren heutige Vertreter daher von je sich jener Vorläufer 
eifrig und dankbar erinnert haben. 

Die Gelehrten, die sich in der Pflege der exakten Wissen- 
schaften, der nationalen Sprache und Litteratur sowie in der 
Erziehimgspflege zusammenfanden, zeigen durchweg gleichzeitig 
ein viel tieferes Verständnis für die Bedeutung der Gemeinschaft, 
des brüderlichen Zusammenwirkens und fester Organisationen als 
es vielen anderen gleichzeitigen und späteren Gelehrten eigen zu 
sein pflegte. Es ist möglich, dass diese Eigenart mit der starken 



1895. ConieniuB und die Akademien der NahirphiloKophen etc. 9 

Richtung auf praktische Wirkung im Leben, die sie beseelte, oder 
dem Streben nach der „Reformation der ganzen Welt", wie es in 
ihren Schriften heisst, zusammenhängt; es kam aber hinzu, dass 
ihr Absehen gerade auf diejenigen Wissenschaften gerichtet war, 
deren Vertreter von den herrschenden Kirchen seit alten Zeiten 
mit einem gewissen Misstrauen betrachtet wurden, und dass sie 
keinenfalls bei den Kirchen oder den Staaten, wie sie gerade 
damals waren, Fördenmg für die Ziele, die ihnen vorschwebten, 
erwarten durften. 

An der oben erwähnten Stelle, wo Jungius erklärt, die ge- 
samte scholastische Methode und ihre Sophistik seien es, die man 
bekämpfen müsse, fährt er fort, sie sei der Mutterboden, der die 
Missgebui-ten der herrschenden Meinungen und Lehren erzeuge. 
„Wie kannst du es wagen wollen, allein gegen solche Lehr- 
meinungen zu kämpfen? Wenn ich hätte allein sein sollen, 
so hätte ich keine Feder gegen die Schulmeinungen 
gerührt." 1) 

Wie dem auch sei, so ist gewiss, dass wir in diesen Kreisen 
ein eigentümliches Ringen und Streben nach festen Formen und 
Gestaltungen des Gemeinschaftslebens wahrnehmen, das sich oft 
in wunderlichen Sinnbildern, Namen und Organisationen offenbart, 
das aber deutlich bekundet, vne klar ihnen die auch von ihren 
Gegnern nicht bestrittene Thatsache war, dass kein wichtiger Ge- 
danke in der Welt sich durchzusetzen pflegt, wenn sich nicht 
Männer finden, die in festgeschlossener Gemeinschaft für ihn ein- 
zutreten Willens sind. „Was an einer Person hanget", sagt der- 
selbe Jungius, „ist sterblich, was am ganzen Collegio, ist dauerhaft." 

Man würde nun sicherlich das eigentliche Wesen und die 
grosse geschichtliche Bedeutung dieser Akademien oder Colle- 
gien schon längst klarer erkannt haben, wenn nicht die Schwierig- 
keiten, die in den damaligen Weltverhältnissen -dem Streben nach 
freien Organisationen entgegentraten, diese Männer gezwungen 
hätte, mit äusserster Vorsicht zu verfahren und vieles absichtlich 
zu verhüllen, was für uns an diesen Akademien von Interesse 
ist, und was ihnen ihre historische Wichtigkeit gegeben hat. Dazu 
kommt aber noch ein anderes, was bisher, soviel ich sehe, gar 
nicht beachtet ist. 



') Guhrauer a. O. S. 143, 



] KeUer, Heft 1 u. 2. 

Die Akademien und Gesellschaften, die im 17. Jahrhundert 
bestanden, trugen meist das geistige Gepräge der Männer, die ihre 
Begi'ünder waren, und zeigen deshalb, so sehr auch ihre Formen 
vielfach verwandt sind, eine grosse Mannigfaltigkeit, wenigstens 
insofern, als die einen ganz oder fast ganz in der Pflege der 
nationalen Sprache und Litteratur, die andern in der Förderung 
der exakten Wissenschaften, die dritten in anderen Zwecken auf- 
gingen oder doch, soweit ihr Wirken an die Öffentlichkeit 
trat, aufzugehen schienen. Starben dann die Begründer und 
kamen neue Leiter an die Spitze, so wechselte der äusserlich 
erkennbare Inhalt ihrer Bestrebungen leicht, und die jüngeren 
Epochen zeigen manche Verschiedenheiten von den älteren, selbst 
wenn die alten Namen fortbestehen. 

Der Natur der Sache nach waren diese Organisationen, falls 
sie nicht in eignen grossen imd allgemeinen Zusammenhängen 
standen, selir stark der Gefahr ausgesetzt, in die Wandlungen der 
Politik, zumal der Kirohenpolitik, hineingezogen und denjenigen 
Zielen entfremdet zu werden, die ihren Gründern vorgeschwebt 
haben mochten. 

Ursprünglich waren diese Akademien Vereinigungen, die die 
ganze Denkweise ihrer Glieder umfassten und deren Ange- 
hörige planmässig auf gemeinsame und umfassende geistige, philo- 
sophische, religiöse und wissenschaftliche Ziele hinstrebten oder 
den Ideen ihrer Leiter nach hinstreben sollten. Allmählich aber 
gelang es staatlichen und kirchlichen Einwirkungen, einige der 
vornehmsten dieser freien Vereinigungen unter ihren Einfluss zu 
bringen und ihnen die L()sung bestimmter wissenschaftlicher Auf- 
gaben zuzuweisen; andere „Societäten" verfielen allmählich ganz, 
wurden eine Art geselliger Klubs oder beschäftigten sich mit 
harmlosen, oft auch lächerlichen Spielereien, einige pflanzten sich 
als litterarische Vereine fort, während noch andere den Stamm 
für eine neue Entwicklung der älteren Akademien bildeten, deren 
Geschichte uns hier nicht beschäftigt. 

Gleichviel aber, was aus jenen freien Organisationen unter 
dem Druck der Zeit und der Verhältnisse allmählich geworden 
ist, so ist doch sicher, dass diese Akademien in gewissen Zeit^ 
abschnitten für viele hervori'agende Zeitgenossen, und nicht am 
wenigsten auch für Comenius, die Zufluchtsorte des freien Ge- 
dankens, die Mittelpunkte verdienstlicher geistiger mid sittlicher 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. H 

Bestrebungen und die Träger und Verbreiter grosser reformato- 
rischer Ideen gewesen sind. * 

Das genügt, um ihre Geschichte zum würdigen Gegenstand 
der geschichtlichen Untersuchung zu erheben, und die Comenius- 
Gesellschaft erfüllt lediglich ihre Pflicht, wenn sie die Aufgaben, 
die hieraus einwachsen, als einen Teil ihres eigentlichen Arbeits- 
gebietes betrachtet 



Sein* bezeichnend für die Unterschätzung, die diese Akade- 
mien bisher erfahren haben, sind die falschen Urteile, die uns in 
Betreff der „deutschen Societät", der sogenannten Akademie des 
Palmbaums, noch heute begegnen. Zwar ist es erfreulich, in 
neueren Schriften zu lesen, dass der Wendepunkt unserer Litte- 
ratui^eschichte, der sich an den Namen von Martin Opitz knüpft, 
ohne die energische Hilfe, die ihm die fruchtbringende Gesell- 
schaft hat zuteil werden lassen, nicht so rasch und gründlich 
denkbar gewesen wäre^), aber auch diejenigen neueren Forscher, 
die dies zugeben, übersehen meist, dass diese Akademie in ihrem 
ersten Entwicklungsabschnitt viel mehr erstrebt hat, als die Er- 
neuerung der nationalen Sprache und Litteratur, dass sie viel- 
mehr allen denjenigen Männern Sttirkung und Rückhalt bot, die 
an der Reform des wissenschaftlichen und geistigen Lebens über- 
haupt arbeiteten. 

Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (geb. 1579), der seit 1596 
sieben Jahre lang in Italien, Frankreich, England imd Holland 
sich aufgehalten hatte, war in Florenz am 21. August 1600 in 
der Academia della Cnisca Mitglied geworden 2); er Wtte damit 
einen Schritt gethan, den damals viele Deutsche, die nach Italien 



^) Georg Witkowski, Diederich von dem Werder. Ein Beitrag 
zur deutschen Litteraturgeschichtc des 17. Jahrhunderts. Leipz. 1887. 8. 1 f. 

*) Alfr. V. Kcumontj delle relazioni della Letteratura Italiana etc. 
Firenze 1853, S. 8. Sein Wappen ist neuerdings in den Akten der noch 
bestehenden Academia della Crusca wieder aufgefunden worden. Sehr wahr- 
scheinlich würden sich die Wappen anderer Glieder der Akademie des 
Palmbaums in den Archiven anderer italienischer Akademien nachweisen 
lassen. So schreibt Christian II. an den Fürsten von Anhalt in Betreff des 
aufzunehmenden Grafen F. C. von Ortenburg: „Der alte Gesellschaftsmaler, 
Christoph v. Padua, werde des Ortenburg Wappen schon kennen und es 
zum Erzschrein des Palmbaums befördern können." Krause, Ertzschrein S.75. 



12 Keller, Heft 1 u. 2. 

kamen, vollzogen, nur dass wir bei dem Geheimnis, mit welchem 
die italienischen Akademien sich in Betreff ihrer Mitglieder zu 
umgeben pflegten, dieses nicht immer urkundlich feststellen können. 
Nach den Gesetzen der italienischen Akademien hatte er v-on da 
an einen Gesellschafte -Namen, ein Abzeichen und einen Sinn- 
spnich zu führen. 

Im Jahre 1617 traf Fürst Ludwig — es ist derselbe Fürst, 
der sein hervorragendes Interesse für die Förderung der Er- 
ziehungslehre durch seine Unterstützung des Wolfgang Ratichius 
seit 1618 an den Tag legte — aus Anlass des Begräbnisses der 
Herzogin Dorothea Maria von Weimar mit mehreren Freunden 
zusammen, welche teils, wie der Sohn der Verstorbenen, Johann 
Ernst von Weimar, und sein Hofmeister, Caspar v. Teutleben, und 
der Reisebegleiter Fürst Ludwigs in Italien, Bernhard v. Krosigk, 
mit diesen Akademien an Ort und St^^Ue in Beziehung getreten 
waren, teils deren Bestrebungen billigten. Erfüllt von den Ideen 
der Akademien wie sie es waren — der Name Acceso (der Ent^ 
zündete), welchen Ludwig von Anhalt in Florenz erhalten hatte, 
deutet auf seine Begeisterimg hin — , beschlossen sie, eine eigene 
Akademie zu gründen und schritten alsbald zur Ausführung. Es 
war natürlich, dass die ersten Schritte in aller Stille geschahen; 
man habe, hiess es später, den Neid der Aussenstehenden und 
anderer Brüderschaften gefürchtet, aber es ist auffallend, dass 
länger als 80 oder 40 Jahre über Verfassung, Symbole und Mit- 
glieder das gleiche Schweigen beobachtet wurde, wie denn alle 
Akten, die vor dem Jahre 1637 in Sachen der Gesellschaft ent- 
standen sind, bis heute verschollen sind.^) 



^) Krause, Ältester Ertzschrein u. s. w. S. 5. — Zu den geringen Bruch- 
ötückeu aus der ältesten Zeit gehört ein kleines Blatt, das ein Bild des Ge- 
sellschaftebechers, des sog. Ölberges, zeigt, der von einer ausgestreckten Hand 
gehalten wird. Darunter steht: 

Der Schmackhafte (Herzog Wilhelm v. S.-Weimar) bringt hie 

ein Trunk dem Nähernden (Ludwig v. Anhalt) 
Auf Wohlfahrt der Gesellschaft aller Fruchtbringenden. 
Der Meister selbst der Vers sich mühe 
Und lass sichs nicht verdriessen, 
Solche zu corrigiren hie, 
Er wirds am bessten wissen. 
Auf der Rückseite findet sich die Antwort des Fürsten Ludwig: 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 13 

Damit hängt es zusammen, dass die neue Gesellschaft trotz 
des engen Anschlusses an die Formen \ne an die Ziele der italie- 
nischen Akademien auch den Namen „Akademie", der in ver- 
traulichen Äusserungen gebraucht ward, verhüllte. Die Gegner, die 
jene Akademien besassen, waren sehr zahlreich und mächtig, und es 
schien nicht geraten, die v^orhandenen Beziehungen offenkundig zu 
machen, ja wir würden wahrscheinlich über die Zusammenhänge 
mit der Florentiner Akademie wie über die Formen und die Mit- 
gliederliste noch heute im Unklaren sein, wenn nicht in späteren 
Jahrzehnten die Beschränkung der Gesellschaft auf harmlose Ziele 
und andere Gründe es völlig imbedenklich hätten erscheinen lassen, 
diese Dinge der Öffentlichkeit zu übergeben. 

Freilich waren es auch späterhin im grossen und ganzen 
nur äusserliche Dinge, die bekaimt wurden — Dinge, die die 
Aussenstehenden verleiteten, sich die Gesellschaft teils als einen 
Orden, teils als einen Verein für Sprachreinigimg vorzustellen. 
Die allmählich bekannt gewordene Thatsache, dass die Gesellschaft 
den Palmbaum zum Abzeichen und Symbol gewählt hatte, gab Ver- 
anlassung, sie den Palmen -Orden zu nennen, was Fürst Ludwig 
ausdrücklich ablehnen zu müssen glaubte, indem er erklärte, dass 
man keinen Orden habe stiften wollen. ^) Wohl aber gebrauchten 
auch die Mitglieder die Bezeichnung Gesellschaft, Sodalität, Socie- 
tät, Kollegium oder Kompagnie und nannten sich Sodalen oder 
Kollegen, und es ist im Zusammenhang mit der Stellung, die 
diese Societät zu anderen Vereinigungen verwandter Art eiimahm 
— wir kommen darauf zurück — von Bedeutung, dass sie auch die 
deutsche Societät in zeitgenössischen Quellen genannt wird. 2) 
Ebenso hielt es Fürst Ludwig für notwendig, das Vorurteil abzu- 
lehnen, als ob man sich in dieser grossen von vielen Fürsten und 
Adligen getragenen Gesellschaft lediglich um grammatische und 
sprachliche Dinge abmühe: der Zweck der Gesellschaft sei, sagte 



Dem, der der Nähernd heisst, eins der Schmackhafte bringet, 
Auf der Gesellflchaft Heil, darzu die Lieb ihn zwinget. 
Der Nähernd in der That Bescheid thut und sich neigt 
Wie maus Glas halten soll, auch dem Schmackhaften zeigt. 
(G. Krause, Ludwig, Fürst zu Anhalt III, 24.) Die gespcn-t gedmckten 
Ausdrücke sind besonders beachtenswert. 

*) Krause, Ludwig, Füi-st zu Anhalt. Bd. III, 13 ff. 

*) Doppelmayr, Von nürnbergischen Mathematicis etc. 1730, S. 98 f. 



14 Keller, Heft 1 n. 2. 

er, auf die Pflege löblicher Tugenden und der Muttersprache 
gerichtet*), womit er freilich keineswegs das ganze Programm, 
aber doch einen wichtigen Teil desselben enthüllte. 2) 

Schon hier tritt also die Thatsache hervor, dass es doch 
keineswegs die Pflege der Muttersprache allein war, die dem Be- 
gründer der Akademie vorgeschwebt hatte; er nennt sogar an 
erster Stelle die Pflege löblicher Tugenden und an zweiter die 
Muttersprache. Damit stimmt auch die Wahl des Symbols über- 
cin; denn der Palmbaum wird in jener Zeit als Sinnbild einer 
christlichen Gemeinschaft gebraucht.^) Auch der Name „fruchte 
bringende" Gesellschaft deutet einen der wesentlichen Gedanken 
der Begründer an. 



') In der Akademie des Palmbaums fanden nur Männer förmliche 
Aufnahme. Dagegen ward in Anwesenheit des Für8t<?n Ludwig durch seine 
.Schwester Anna Sophia, Fürstin zu Schwarzburg-Rudolstadt, am 0. September 
lßl9 eine „Tugendliche Gesellschaft" nach dem Vorbild jener Akade- 
mie gegründet. Ihre Einrichtung wird damit begründet, dass Frauen nichts 
Höheros anliegen solle, als nächst rechter Erkenntnis Christi nach Tugend 
und Ehre zu streben u. s. w. Die Stiftungsurkunde hat sich später unter den 
Papieren des Wolfgang Ratichius gefunden. Wie kommt sie dahin? — 
Näheres bei Krause, Ertzschrein S. 19 Anm. — Am 21. Oktober 1617 stiftete 
die Gattin Christians I. von Anhalt-Bemburg (1568—1630), Anna geb. Gräfin 
von Bentheim, eine Gesellschaft unter dem Namen „La noble Academie des 
Ijoyales". Die Zahl der Damen sollte nicht mehr als 20 betragen. Die 
Organisation war der Akademie des Palmbaums nachgebildet. (H. Schultz, 
Die Bestrebungen der Sprachgesellschaften 1888 S. 19 spricht die Idee aus, 
dass diese Akademie eine Verhöhnung des Palmbaums habe sein sollen, weil 
sie sich in französischer Sprache bewegte; so sehr kann man sich iiTen, wenn 
man den Zweck der Akademie lediglich in der deutschen Sprache sucht.) 

*) Im Jahr 1647 veröffentlichte „der Unverdrossene" (es ist Karl 
Gustav von Hille, der sich aber nicht nannte) eine Verteidigungsschrift unter 
dem Titel „Der tcutsche Palmbaum". Darin heisst es (Bl. III), der Palm-* 
bäum sei gegründet worden, „erstlich Gott Frucht zu bringen und 
(zweitens) zu Erhalt- und Handhabuug der teutschen Heldensprache" .... 
„An ihren Früchten soll man sie erkennen (Matth. 12. 33)". Ebendort (S. 10) 
wird gesagt, die Gesellschaft sei zu Fortpflanzung der Tugenden, zu 
Aufrichtung und Vermehrung Teutschen wolgemeinten Ver- 
trauens und zur Förderung der deutschen Sprache gegründet. 

•') Unter dem Titel „Der bedrückte Palmbaum christlicher Wahrheit" 
veröffentlichte N. Guertler im Jahre 1687 zu Colin a. d. Spree eine Geschieht« 
der Waldenser. (Ein Exemplar ist im Jahrc 1894 in K. Th. Völckcrs Lager- 
Katalog Nr. 2tX) in den Handcd gekommen.) — Über Guertler s. d. AUg. d. 
Biogr. X, 18Ö. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphiloftophon etc. 15 

Wir werden im Laufe unserer Erörterung zahlreiche und 
unwiderlegliche Beweise dafür beibringen, dass die Förderung der 
deutschen Sprache, so sehr sie den allgemeinen Grundsätzen der 
Akademien entsprach, für die Eingeweihten doch nur das Kleid 
war, das die höchsten und letzten Ziele vor den Augen gefähr- 
licher Gegner verhüllte. Man muss die Zeiten ins Auge fassen, 
in denen sie wirken mussten, um dieses Bestreben begreiflich zu 
finden. Alle neueren Forscher aber haben sich verleiten 
lassen, diese Hülle für das Wesen der Sache anzusehen. 

Es ist zu beachten, dass diese Akademien, die auf deutschem 
Boden schon eine ziemlich lange Geschichte besassen, gerade 
in den Jahren breiteren Boden und eine Art von allgemeiner 
Bedeutung gewannen, wo die Gesinnungsgenossen des Fürsten 
Ludwig von Anhalt eine Reihe grosser und wichtiger religiöser 
und politischer Erfolge errungen hatten und in Deutschland 
mächtiger als je dastanden. Diese Erfolge knüpfen sich an die 
Erkämpfung des Majestatsbriefs in Böhmen und an den gfeich- 
zeitig mit der Erwerbung von Jülich-Cleve eintretenden Übertritt 
des Kurhauses Brandenburg zu den Reformierten, der eine Reihe 
weiterer Übertritte deutscher Fürsten zur Folge hafte. In der- 
selben Weise wie in England sich der Aufschwung der dortigen 
Akademien an das Emporkommen Cromwells knüpfte und mit der 
Restauration in eine neue und abweichende Entwicklung eintrat, 
so zeigt sich in Deutschland in älmlicher Weise, dass seit den 
Siegen der Gegenreformation die Stiftung des Füraten Ludwig in 
andere und harmlosere Bahnen einlenkte. 

Es waren zunächst nur acht Fürsten und Adlige, die die 
Gesellschaft gründeten*), von denen keiner sich auf dem Gebiete 
der Sprachwissenschaft oder Litteratur schriftstellerisch bethätigt 
hatte; auch wurde in den folgenden Jahren bei den Aufnahmen 
mehr auf Gleicliheit der Gesinnung und des Strebens, als auf 
deutsche Sprache gesehen, imd erst die Beziehungen einiger der 
neuen Mitglieder, zu denen Tobias Hübner, Hofmeister in Bern- 
burg (1619) und der Schwager Christophs von Krosigk, Diederieh 
von dem Werder (1622) gehörten, lenkten das besondere Interesse 

^) Fürst Ludwig von Anhalt, Johann Ernst von Weimar, Friedrich 
von Weimar, Herzog Wilhehn von Weimar (drei Brüder), Ludwig von Köthen, 
Caspar von Teutleben, Christoph von Krosigk, Rat zu Dessau und, dessen 
Vetter Bernhard von Krosigk. 



Iß KeUer, Heft 1 u. 2. 

auch der Grunder auf die Pflege der nationalen Sprache und 
Litteratur, der sie grundsätzlich von Anfang an zugethan gewesen 
waren. ^) Man konnte es in den schweren politischen Läufen, die 
bald hereinbrachen, nur für erwünscht halten, von der neuen Ge- 
sellschaft jeden politischen oder kirchenpolitischen Verdacht ab- 
zuwenden und ihr andererseits in praktischen und erreichbaren 
Zielen ein starkes Bindemittel zu geben. 

Sicher ist, dass gerade diejenigen Mitglieder, die seit 1622 
am meisten für die Gesellschaft arbeiteten, von litterarischen und 
sprachlichen Interessen stark beherrscht waren, und die Eifer- 
süchteleien, die zvrischen Hübner und Opitz bis zu dessen im 
Jahre 1629 erfolgender Aufnahme in die Societät eintraten-), 
scheinen den sprachlichen Eifer noch angespornt zu haben. Aber 
fortwährend nahm die Gesellschaft auch solche Mitglieder auf, die 
den Begründern lediglich durch die Gleichheit der Denkart und 
der Grundsätze nahe standen. 

Thatsächlich gewährleistete schon die Bestimmung einiger- 
massen die Fortpflanzung des ursprünglichen Geistes, dass kein 
Mitglied Aufnahme fand, für das sich nicht ein anderes persönlich 
verbürgte. 

Als man es im Jahre 1646 für zweckmässig hielt, über der 
„Fruchtbringenden Gesellschaft Namen, Vorhaben, Gemälde und 
Wörter^' ^) weiteren Kreisen einigen Aufschluss zu geben und 
im Jahre 1647 der „Unverdrossene" (Karl Gustav von Hille) auf 
„sonderbaren Befehl etlicher hochgebietender Gesellschafter'^ eine 
Verteidigungs- oder „Lobschrift" auf die Gesellschaft, den „Teut- 
schen Palmbaum", veröffentlichte, blieben gleichwohl die Personen- 
Namen bis auf wenige verschwiegen, und nur die Gesellschafts- 
Namen, die den Aussenstehenden gar nichts sagten, wurden gedruckt. 
Erst als die Gesellschaft der Auflösung nahe war (1673)^ wurde 



^) Es wird diese Entwicklung in dem „Teutschen Palmbaum" (1647) 
S. 23 ausdrücklich bestätigt; der „Nährende" (Fürst Ludwig) habe anfangs 
„solche Gesellschaft in die Enge anstellen und halten" wollen; erst 
später habe man sich überzeugt, dass sie zur Fortsetzung unserer hoch- 
deutschen Sprache viel Gutes wirken könne u. s. w. 

') Es handelte sich um die Frage, ob Hübner oder Opitz das Ver- 
dienst gebühre, der Reformator der deutschen Kunstdichtung geworden zu sein. 

^) Das Buch erschien im Jahre 1G46 bei Matthäus Merian zu Frank- 
furt a. M. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 17 

auch die Mitgliederliste bekannt, und es ergab sich, dass die Ge- 
sellschaft einst viele mächtige Fürsten und Herren, Adelige und 
Gelehrte für sich gewonnen hatte. Da waren Landgraf Moritz 
von Hessen (angenommen im Jahre 1623), der Pfalzgraf Ludwig 
PhUipp bei Rhein (1624) *), Karl Gustav, Pfalzgraf bei Rhein 
und König von Schweden (1648), Herzog August von Braun- 
schweig-Lüneburg (1634)^), Herzog Friedrich von Schleswig- 
Holstein (1642), Herzog Georg Rudolf von Liegnitz und Brieg 
(1622)»), Graf Otto zu Holstein-Schauenburg (1629), Graf Simon 
von der Lippe (1626), Graf Philipp Moritz von Hanau (1627), 
Graf Wilhelm Heinrich von Bentheim- Steinfurt (1617)*), ferner 
Staatsmänner, Soldaten und Diplomaten wie Oxenstierna (1634), 
Georg Friedrich Graf von Hohenlohe (1621), Hans Georg von 
Arnim (1635), Christoph, Burggraf zu Dohna (1619)^), Hieron. 
von Diskau (1632), Friedrich Hortleder (1639), Friedrich Kospoth 
(1622), Schriftsteller wie Johami von Münster zu Vortlage, Hans 
Philipp Geuder und viele andere geistig hervorragende Männer, 
die sich niemals mit Sprachwissenschaft oder Litteratiu*, sei es 
als Schriftsteller, sei es als Liebhaber näher befasst haben. 



*) Ludwig Philipp von Pfalz-Simmern (geb. 1602) war der Sohn des 
Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz (dessen Erzieher G. M. lingelsheim 
wir unten kennen lernen werden) und der Bruder des Königs von Böhmen, 
des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz. Letzterer wird in Briefen der 
Naturphilosophen einfach „Noster** genannt (ohne nähere Bezeichnung) , ein 
Hinweis, dass Friedrich auch Mitglied einer Akademie w^ar. S. Reifferscheid, 
Quellen zur Gesch. d. geistigen Lebens etc. 1889 (Register s. v. Noster.) 

*) Herzog August, „der Befreiende", hat für die Geschichte dieser 
Akademie besondere Bedeutung gewonnen. Im „Teutschen Palmbaum" 
heisst es (Bl. X): „Fürst Anhalt bat den Baum samt wenig Mitgenossen 
Gepflanzet und der Held von Braunschweig hat begossen dies hohe Kunst- 
gewächs " 

*) Er war 1595 geboren imd hatte die Tochter des Mitbegründers der 
Akademie, Johann Georg von Anhalt, 1614 geheiratet; im Jahre 1616 war 
er zum ref. Bekenntnis öffentlich übergetreten, ebenso wie vorher der ihm 
verwandte Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg. Er stand mit 
Johann Arndt in brieflichem Verkehr. 

*) Der Schwager des Fürsten Ludwig von Anhalt, als Mann von 
dessen Schwester Amoena Amalie, Tochter des Grafen Arnold v. Steinfurt 
(t 1606). 

*) Es ist derselbe Burggraf zu Dohna, der in dem Briefwechsel des 
Comenius als Mitglied von dessen Freimdeskroise erscheint (A. Patera, 
Briefw. des C, Prag 1892, S. 121. 132. 134). 

Monatflhoftc d<*r ('oiiionius-(ffs<'Il!*cliaft. 18?»ö. o 



18 KeUer, Heft 1 u. 2. 

Von ganz besonderer Bedeutung musste für die neue Akademie 
der schon im Jahre 1622 erfolgte Anschluss eines Mannes von 
der geistigen Begabung und der Thatkraft des Fürsten Christian 
von Anhalt werden (1568 — 1630), der durch seine zahlreichen 
persönlichen Verbindungen, besonders mit den evangelischen Magna- 
ten in Böhmen, Mähren und Oberösterreich der Gesellschaft manche 
Freunde zuführen konnte und zugeführt hat Fürst Christian war 
es auch, der denjenigen Naturphilosophen, die sich vorwiegend mit 
den Naturwissenschaften befassten, besonders nah stand. 

Fürst Christian lebte lange Jahre als kurpfälzischer Statt- 
halter in Amberg und unterhielt von hier aus mit dem nahen Böh- 
men und Mähren die regsten persönlichen Beziehungen, besonders 
mit dem mächtigsten und reichsten Magnaten dieses Landes, Peter 
Wok von Rosenberg, der mit Wenzel von Budowec, Frei- 
herm von Budowa, der Führer der evangelischen Böhmen war 
und mit dem Freiherni Karl vonZierotin, der die gleiche 
Stellung in Mähren besass; es ist merkwürdig, dass alle drei Männer 
derselben Religionsgemeinschaft wie Comenius, der Bruderunität, 
angehörten. Mit Wok von Rosenberg unterhielt Fürst Christian 
einen Briefwechsel, der imter J^ormen und Sinnbildern, die der 
Alchemie entnommen waren — Wok galt selbst als „Alchymist" 
— , sehr ernste und weit aussehende Ziele verfolgte. ^) 

Auch mit den Fülirern der Reformierten in Oberösterreich, 
besonders mit Erasmus von Tschernembl, sowie mit den 
Brüdern Gotfried und Friedrich von Stahremberg, war 
Christian ebenso befreundet, wie mit dem schlesischen Magnaten 
Georg von Schönaich und vielen anderen. Der thätigc An- 
teil, den Fürst Christian an der Erwerbung der jülich-clevischen 
Länder für Brandenburg nahm, ist bekannt; aber auch die Namen 
der Grafen von Sohns, Dietrich von d. Werders, Tobias Hübners, 
Diskaus, Starschedels, Krachts, Hertefelds, v. d. Borchs u. s. w., 
die sämtlich für Brandenburg dort thätig waren, kehren in den 
Listen der Akademie wieder. Mag es nun hiermit oder mit 
sonstigen Gründen zusammenhängen — genug, gerade das Kur- 



^) Näheres bei Gindely, Kaiser Rudolf II. und seine Zeit I, S. 142. 
181 und Allg. D. Biographie IV, 147. — Peter Woks Bruder, Wilhelm 
Rosenberg, war in zweiter Ehe verheiratet mit Sophia, des Kurfürsten 
Joachim II. von Brandenburg Tochter und in dritter mit Anna Maria, 
Markgräfin von Baden. 



1895. Comeniiis und die Akademien der Naturphilosophen etc. 19 

haus Brandenburg hat der Akademie des Palmbaums sein 
thätiges Interesse zugewendet: im Jahre 1627 wurde Markgraf 
Christian Mitglied, im Jahre 1637 traten der Kurfürst Georg 
Wilhelm und der Markgraf Sigmund bei, und im Jahre 1644 
vollzog Friedrich Wilhelm, der Grosse Kurfürst, seinen 
Ansehluss. Eine grosse Anzahl gerade derjenigen Geschlechter, 
deren Geschichte mit der Entwicklung der Staatsgründung des 
Grossen Kurfürsten eng verknüpft ist, kehren in der Mitglieder- 
liste der Deutschen Societat wieder, z. B. die v. d. Schulenburg, 
V. Hardenberg, Schleinitz, Lehndorf, Keudel, Knesebeck, Friesen, 
Alvensleben, Bülow, Ditfurth, Rantzau, Gersdorf, Kessel, 
Heyden, Kardorf, Buch, Pawel, Nostitz, Arnim, Knyphausen, 
Wolf ranisdorf , v. d. Goltz, Schweinitz, Berlepsch, Glasenapp, 
Manteuffel, Pröck, Rochau, Seckendorf, Schwerin, Uechteritz und 
viele andere, während andererseits kein einziger kursächsischer 
Edelmann, überhaupt kein einziges Geschlecht, das damals im 
Dienst des lutherischen Kurhauses Sachsen gestanden, Mitglied 
des Palmbaums gewesen ist. Ausser den genannten deutschen 
Fürsten und Herren umfasste die Gesellschaft aber auch eine 
Anzahl Ausländer, z. B. Angelus Sala von Vicentz (1628), 
Franz Rouyer (1641), Octavio Piccolomini Aragona, Herzog von 
Amalfi (1641), Francois und Caspar de Mercy (1642), Fr. J. 
Lopez de Villa Nova (1646), die schwerlich wegen ihrer Ver- 
dienste um die deutsche Sprache Aufnahme gefunden haben; 
im Hinblick auf die Geschichte des Comenius ist es besonders 
beachtenswert, dass gerade einige seiner böhmischen und öster- 
reichischen Landsleute, die um der Religion willen aus der 
Heimat verbannt waren, in der Gesellschaft des Palmbaums Auf- 
nahme suchten und fanden; wir nennen hier den Münzmeister 
Joh. A. Schlick, Graf zu Passaun, Matth. Gietzwitzky, Hans Georg 
von Wartenberg und den Prager Gelehrten Nicolaus Troylo, welche 
zu Köthen im Jahre 1631 Mitglieder der Akademie wurden.^) 



*) Barthold a. O. 8. 185 f. — Ausser den Tschechen waren auch ein 
Hchotte, Jacob King, der schwedische Feldmarschall Ban^r u. a. Mitglieder 
der Gesellschaft. — Merkwürdig sind die Pläne, welche auf Stiftung einer 
verwandten Gesellschaft, der „Kreuzritter", abzielten und deren Träger vor- 
nehmlich Glieder des polnischen Adels gewesen zu sein scheinen. Näheres 
bei Krause, Ertzschrcin S. 30. 78. 79. Unsere erste Nachricht stammt 
von Martin Opitz und taucht in Danzig auf. 

2* 



20 Keller, Heft 1 u. 2. 

Der Anteil, den die Gesellschaft an dem Schicksal der ver- 
folgten Böhmen und Mähren nahm und die Unterstützimg, die 
sie diesen lieh, ist nicht minder beachtenswert wie die Teilnahme 
an den Kämpfen der Hugenotten, die ganz deutlich hervortritt^) 

Ausser dem Fürsten Ludwig hat in späteren Jahren viel- 
leicht kein Mann grösseren geistigen Einfluss in der Akademie 
besessen als Georg Philipp Harsdörfer. 

Das Geschlecht der Harsdörfer stammte aus Böhmen, wo 
ein Harsdörfer noch im Jahre 1497 als Münzmeister des Königs 
Wladislaw lebte. Die Vorfahren Georg Philipps waren im 14. 
Jalirhundert nach Franken ausgewandert, und zu Ende dieses Jahr- 
hunderts hatten sie in Nürnberg Bürgerrecht erworben, wo sie sich 
im Kirchspiel S. Sebald ansässig machten und auf Grund ihres 
grossen Reichtums bald zu Ansehen und Einfluss kamen. Georg 
Philipp war am 1. November 1607 geboren und in S. Sebald 
getauft; er hatte 1623 die Universität Altdorf bezogen und war 
alsdann nach Strassburg gegangen, wo er in Matthias Bernegger 
einen Lehrer fand, der bestimmenden Einfluss auf seine Denkart 
gewinnen sollte. 

Um die Geistesrichtung und die geschichtlichen Zusammen- 
hänge der Akademien und ihrer Mitglieder richtig zu beurteilen, 
ist dieser Einfluss Bemeggers von grosser Bedeutung.^) Bern- 
egger stammte aus einer österreichischen Exulanten -Familie und 
war im Jahre 1582 zu Hallstadt in Oberösterreich geboren. Es 
ist kein Zufall, dass er gerade diejenigen Neigungen, wie sie später 
in den Akademien gepflegt wurden, die Naturwissenschaften und 



*) Ein Mitglied der Gesellschaft übersetzte die „Geschichte der 
böhinischei) Kirchen -Verfolgungen" ins Deutsche. Das Ms., verbessert 
von der Hand des Fürsten Ludwig, befindet sich noch heute in der 
herzoglichen Bibliothek in Zerbst. Die „Historia persecutionem" ist vom 
Standpunkt der böhmischen Brüder aus geschrieben. Krause, Fürst Lud- 
wig etc. 1879 III, 317. — Ein anderes Mitglied, Tobias Hübner, übersetzte 
im Jahre 1619 die sämtlichen religiösen, historischen und epischen Werke 
des Hugenotten Guillaume de SaUuste, Seigneur de Barbas. Näheres bei 
Witkowski, a. O. S. 9 ff. 

*) Th. Bischoff a. a. O. S. 6. 

^) Über Bernegger geben neuerdings zwei Werke erwünschten Auf- 
schluss: Reifferscheid, Quellen zur Geschichte des geistigen Lebens in Deutsch- 
land während des 17. Jahrh. Heilbronn 1889 und C. Bünger, MatthiaA 
Bernegger, Strassburg 1893. 



1895. Comenius und die Akademien der Natuii)hiloöophen ct<;. 21 

die Mathematik^ die Erziehungslehre und die Volkssprachen in 
seiner Person vereinigte und auch den religiös -philosophischen 
Standpimkt der Mehrheit diu'chaus teilte. Wenn man dem Ur- 
sprung dieser Richtung nachgeht, führt eine Spur auf keinen ge- 
ringeren als Hugo Grotius (geb. 10. April 1583) ziufick, dessen 
religiöse Schriften in dem Freundeskreise Bemcggers ein hohes 
Ansehn genossen. Es waren ausser Bemegger selbst dessen 
Freunde Georg Michael Lingelsheim ^), Martin Opitz, 
Caspar Dornau^), der Freund und Schützling der Freiherren 
Wenzel von Budowec, J. F. Gronovius^), der später in Holland 
sein zweites Vaterland fand, Joh. Mochinger aus Danzig (geb. 
1608), der mit Comenius befreundet war*), Daniel Tilenus, der 
eifrige Arminianer^) Janus Gruter^), Zinkgraf u. a., die in Be- 
ziehung zu Grotius standen; eine andere Spur weist auch hier 
auf die italienischen Akademien hin, deren Mitglieder manche 
Männer dieses Kreises waren. Bemegger hat nicht bloss mit 
Galilei, sondern auch mit Thom. Campanella in Verkehr ge- 



*) G. M. Lingelsheim war zu Strassburg am 9. Dez. 1556 geboren 
und wohl das an Jahren älteste Mitglied dieses Freundeskreises. Dem ent- 
sprach die ausserordentliche Verehrung, die ihm die jüngeren Akademiker 
entgegenbrachten. £r heisst ,,Magnum pristinae libertatis columen" oder 
„Litterarum et litteratorum fundator primus" u. s. w. L. war seit 1584 Er- 
zieher des Pfalz. Kurprinzen und nachmals politischer Beirat Friedrich IV. ; 
spater zog er sich nach Strassburg zurück. Zahlreiche Briefe und sonstige 
Quellen bei Reifferscheid a. O. (s. Register s. v.) 

*) Casp. Domau war 1577 zu Ziegenrück im Voigtland geboren und 
war dann lange Jahre in Böhmen, wo er die Söhne böhmischer Magnaten 
unterrichtete und in den Wenzel von Budowec, Frhrn. v. Budowa, Vater 
und Sohn, einflussreiche Gönner gewann. Seit 1608 war er Rektor des 
Gymnasiums in Görlitz, von 1616—1620 Professor am Gymnasium Schön- 
aichianum in Beuthen, von 1621—1632 Leibarzt und Rat bei Herzog Joh. 
Christian von Brieg. Er war auch befreundet mit Abraham Scultetus. Vgl. 
AUg. d. Biogr. und Reifferscheid a. O. 

^ Über Gronovius s. ausser Reifferscheid a. O. die A. d. B. 
•*) Den Briefwechsel mit Comenius s. bei A. Patera, Korrespondenz 
des C. Prag 1892 (Register s. v.) und die A. d. B. XXII, 43. 
^) S. Reiffe^gcheid a. O. (Register s. v.) 

•) J. Gruter (1560—1627) war Holländer aus Antwerpen, dessen Eltern 
aus religiösen Gründen nach England geflüchtet waren, wo J. G. seit seinem 
7. Jahre lebte und die Universität Cambridge besuchte. Er fand später 
Anstellung in Heidelberg. S. AUg. d. Biogr. X, 68 ff. 



22 Keller, Heft 1 u. 2. 

standen — ersterer war Mitglied der Aeademia Delia in Padua*) 
— und ist für beide schwer verfolgten Männer und ihre Schriften 
unter persönlichen Opfern eingetreten^); eine dritte Spur endlich 
weist auf London und die y^englische Soeietat", mit deren regstem 
Mitglied, Samuel Hartlieb, Beniegger in freundlichem Verkehr 
stand. ^) 

Es darf daher nicht Wunder nelunen, dass wir Berneggers 
Schüler, Ph. Harsdörfer, der nach seiner Strassburger Studienzeit 
fünf Jahre lang in Italien, Holland, England und Frankreich sich 
aufgehalten hatte*), bald als Mitglied der jüngeren Generation 
desselben Freundeskreises antrciFen, dem Beniegger angehörte und 
in ihm einen ausgesprochenen Gesinnungsgenossen kennen lernen. 

Bemegger hatte sein ganzes Ijeben liindurch für die Aus- 
gleichung der bestehenden konfessionellen Gegensätze gekämpft; 
namentlich hatte er mit Nachdruck die Abstellung aller gewalt- 
samen Bekehrungs -Versuche gefordert und war für den Grund- 
satz der Freiwilligkeit in Glaubenssachen eingetreten. 5) Er hat 
damit einen ganz wesentlichen Gedanken aller angeseheneren 
Akademiker zum Ausdruck gebracht — einen Gedanken, den auch 
Comenius und seine Religionsgemeinschaft nicht nur theoretisch 
vertreten, sondern auch thatsächlich innerhalb ihres Machtbereichs 
durchgesetzt haben. ^) 



^) Im Jahre 1635 gab er das Systema Cosmicum des Galilei heraus — 
näheres bei Reifferscheid S. 935 — und liess iin Jahre 1632 Thomas Campa- 
nellas Apologia pro Galileo drucken (Reifferscheid a. a. O.). Es erwuchsen 
Bemegger dadurch viele Schwierigkeiten. 

«) Favaro, Galileo GaHlei e lo Studio di Padova. Firenze 1883, II 2 ff. 

^ Reifferscheid a. a. O. (s. Register unter Hartlieb). 

*) Es ist nicht zweifelhaft, dass Harsdörfer ebenso wie viele seiner 
nächsten Freunde Mitglied einer italienischen Akademie gew^esen ist; ihre 
Einrichtungen kannte er jedenfallB sehr genau. S. Dissel, Philipp von 
Zesen, S. 23. 

*) Bünger, M. Bernegger 1893, S. 204, sagt: „So wurde er (Bem- 
egger) bis zu seinem letzten Augenblicke kann man sagen . . . mit bissigem 
Hasse verfolgt und gepeinigt nur deshalb, weil er den engherzigen, kune- 
sichtigen und selbstsüchtigen Verfolgungswahn der orthodoxen Lutheraner 
nicht teilte, sondern unentwegt seinen toleranten und synkretistischen Stand- 
punkt festhielt." — Gleichwohl hat Bernegger „bis an sein Ende ... für 
Duldsamkeit und Geistesfreiheit gewirkt, gekämpft und gelitten". (S. 207.) 

^ Gindely, der in diesem Punkte als strenger Katholik gewiss ein 
unverdächtiger Zeuge ist, sagt: „Diejenigen Adligen, die der Unität an- 



1895. Comeiiius und die Akademien der Naturphiloeophen etc. 23 

Mitglied der Akademie des Palmbaums wai*d im Jahre 1646 
auch ein Mann, der uns besonders interessiert, Johann Valentin 
Andreae. Andreae hat sich nie durch Eifer für die deutsche 
Sprache noch für die deutsche Litteratur hervorgethan, aber gleich- 
wohl fühlte er sich den Bestrebungen der Akademie, in den er 
mit dem Brudemamen der „Mürbe" eintrat, innerlich verwandt. 
Am 17. Dezember 1646 richtete er an die Gesellschaft, ihren 
„Vorsitzenden und ihre Glieder der höchsten wie jeder anderen 

Würde*', eine Zuschrift^), worin er sagt, dass er gemäss den Ge- 
setzen der Gesellschaft sich ein Streben bewahren wolle, das auf 
die Erforschimg der christlichen Wahrheit, auf die Besse- 
rung des sittlichen Lebens, die Pflege und Kultur des 
Geistes, auf den Ausbau der Litteratur und die Pflege der 
deutschen Muttersprache gerichtet sei; auch verspreche er, 
sich friedfertig, gefällig und fügsam (vorbehaltlich seines Religions- 
bekenntnisses) zu erweisen. Also auch hier stellt ein Mitglied, 
dem der Fürst, der ihn einführte — es war Herzog August von 
Braunschweig — , sicherlich über die Sele der Akademie volle 
Aufklärung gegeben hat, die christliche Wahrheit und die Besse- 
rung des sittlichen Lebens an die erste SteUe, während die Pflege 
der Muttersprache an letzter erscheint. 



gehörten, waren die einzigen in Böhmen, welche dem Gewissen ihrer 

Unterthanen nicht Gewalt anthaten" (Gindely, Kaiser 

Rudolf II. u. 8. w. I, 181.) 

*) Laudatissimae Societatis Fructiferae, lUustrissimo Capiti, Eiusque 

membris, summae et cuiuscunque dignationis. Pro clemcntissima et benevola 

in Ordinem acceptione gratias hiunilümas et perofficiosas agit, seque ad 

normam Societatis, legesque obsequenter obstringit, animumque indagandae 

veritatis Christianae studiosum; morum emendatiorum appetentem; Ingenii 

cnlturae avidiim, üterarum exomandarum intentum; Germanae vemaculae 

linguae excolendae et amplificandae assiduum ; caetera pacificum, officiosum, 

et ductilem assaturum atque servatunim, (salva Religionis suae professione) 

sanctc poUicetur, Fracidj agnomen, quod senio suo optime quadret, et Muscj 

emblenia, cum simbolo Et tarnen viget, acceptaturus, Id quod bene Capiti; 

bene Ordini; bene sibi vertat, Deum Opt: Max. ex animo precatur 

Studtgardiae 17. Decemb. Johann: Valentinus 

Anno 1646. Andreae T. D. 

Andreae sandte diesen Brief mit Begleitschreiben vom 16. Dezember 
1646 an den Herzog August von Braunschweig, seinen Gönner, der seit 1634 
Mitglied des Ordens war. Obiger Brief und ein Auszug dieses Begleit- 
schreibens sind abgedruckt bei G. Krause, Der Fruchtbringenden Gesell- 
schaft ältester Ertzschrein. Lpz. 1855, S. 209 f. 



24 Keller, Heft 1 u. 2. 

Das8 der in luthenRchera Kirchendienßt stehende Andreae jetzt 
einer so stark refonniert gefärbten Vereinigung beitrat^), bewies 
doch, dass er wie diese Männer echtes Christentum mit echter Huma- 
nität vereinbar erachtete und sich von konfessioneller Enge frei wusste. 

Wir sind sehr berechtigt, den Charakter des Palmenordens 
nach dem Charakter der Männer zu beurteilen, die seine Begründer 
und seine vornehmsten Träger gewesen sind. Und da begegnet 
uns nmi in Fürst Ludwig von Anhalt ein Mann, dem schon das 
zur Ehre gereicht, dass er dreiunddreissig Jahre lang für eine 
Sache eingetreten ist, die ihm, so berechtigt sie war, vornehmlich 
Geringschätzimg, Misstrauen imd Gegnerschaft bei der Mehrzahl 
der Zeitgenossen eintragen musste und eingetragen hat. Er war 
erfüllt von einer tiefen und ernsten Frömmigkeit, die ihn zu einer 
grossen Selbstlosigkeit und eben so grosser Willensstärke befähigte. 
In einer hasserfüllten, kriegerischen Zeit war er von dem Streben 
erfüllt, die streitenden Religionsparteien auf der Grundlage christ- 
licher Überzeugung zu näheren und der Entzweiung der Gemüter 
an seinem Teile entgegenzutreten. Unzweifelhaft sollte die Aka- 
demie, die er schuf, eben diesem Ideale zugleich dienen. Und 
zwar waren es nicht nur die religiösen, sondern auch die Standes- 
gegensätze, die er, soweit thunlich, abzuschwächen und zu über- 
brücken gedachte. 

Damit stimmt es vollkommen überein, wenn wir die Zu- 
sammensetzung der Gesellschaft ins Auge fassen. Selbstverständ- 
lich überwog die Zahl solcher Männer, die Gemeinschaften ange- 
hörten, innerhalb deren der Unionsgedanke überliefert war; aber 
auch Katholiken und Lutheraner wurden gern aufgenommen und 
waren thatsächlich in der Akademie vertreten; und Angehörige 
nicht staatlich anerkannter christlicher Religions-Gemeinschaften 
haben ihm sehr nah gestanden. 

Ebenso waren in der Gesellschaft Männer der verschieden- 
sten Stände und Berufsarten Mitglieder, und zwar war dies nicht 
Zufall, sondern wohlvorbedachte Absicht. 



^) Was es damals bedeutete, innerhalb lutherischer Gebiete in den 
Verdacht des Krypto-Calvinismus oder gar des Calvinismus zu kommen, be- 
weisen die Kämpfe Bemeggers in Strassburg (Bünger, S. 201) und Dilherrs 
in Nürnberg; auch war der zehnjährige Prozess und die Hinrichtimg des 
Kanzlers Nie. Krell (+ 19 Okt. 1601) wegen seines Krypto-Calvinismus noch 
in frischer Erinnerung. 



1895. Coiiieniu« und dio Akademien der Naturphilosophen etc. 25 

Unter den 789 Mitgliedern, auf welche die Gesellschaft bis 
1662 anwuchs, befanden sich ein König, 3 Kurfürsten, 49 Her- 
zöge, 4 Markgrafen, 10 Landgrafen, 8 Pfalzgrafen, 19 Fürsten, 
60 Grafen und 635 Edelleute, Gelehrte und andere Männer bürger- 
lichen Standes.^) Trotz der starken Vertretung fürstlicher und 
adlicher Häuser und trotz der festen Geschlossenheit des Bundes 
und der Vorurteile des 17. Jahrhunderts, hat stets ein nicht un- 
beträchtlicher Zugang bürgerlicher Elemente stattgehabt, und als 
im Jahre 1647 Rud. v. Dietrichstein dem Erzschreinhalter ein 
Gutachten einreichte, kraft dessen nur Rittermässigen der engere 
Ring der Gesellschaft offen stehen solle, wies das Oberhaupt 
diese Vorschläge mit Entschiedenheit zurück und erklärte, dass 
ein solches Verfahren mit dem ursprünglichen Zwecke der Gesell- 
schaft unvereinbar sei. ^) Das ist um so merkwürdiger, als 
auch Dietrichstein für die Bürgerlichen den äusseren Ring der 
Gesellschaft offen halten wollte. Fürst Ludwig gab auf dieses 
Ansinnen eine Erklärung ab, die ihm vne dem Orden Ehre macht: 
,4>ie Gelehrten^^, sagte er, „seien von wegen der freien Künste 
auch edel". Merkwürdig ist, dass die Zahl der Theologen in 
derselben sehr gering war; bis zu Ludwigs Tod (1650) fanden 
nur zwei Aufnahme : Johann Rist und J. V. Andreae ; Joh. Michael 
Dilherr, der mit ^äelen befreundet war, fand keine Aufnahme ä), 
vielleicht weil er es selbst nicht wünschte, da er als lutherischer 
Prediger zu Nürnberg in Missverständnisse und Kämpfe zu kom- 
men fürchtete, in die Andreae wie Rist ebenfalls geraten waren. 

Die Kämpfe, die Andreae mit den strengeren Lutheranern 
ausgefochten hat — sie zählten ihn zu den Schwärmern und Fana- 
tikern — , sind ja bekannt; aber auch Joh. Rist befand sich in 
ähnlicher Lage. Rist, in dessen Hause wir ein Mineralienkabinet, 
Destillieröfen und mathematische Gerätschaften finden, der sich 
auf dem Gebiet der Zeichenkunst und der Musik versuchte, auch 
Arzneiwissenschaft trieb, gehört ebenso wie Harsdörfer den Natur- 
philosophen ^) im engeren Sinne an. Obwohl sein Beruf ihn zu 



^) Krause, Altester Ertzschrein etc., S. 2. 

^ Krause, a. O. S. 16. 

^ Ein vollständiges Verzeichnis von 527 Mitgliedern s. bei Krause, 
Ludwig, Fürst zu Anhalt-Cöthen. Neusalz 1879 III, S. 323 ff. 

*) Rist veröffentlichte anonym unter anderen folgende Schriften: 
1. „Phönix von der Alchymie und Stein der alten Philosophen, wie derselbe 



2Ü Keller, Heft 1 u. 2. 

vielfacher Beschäftigimg mit theologischen Fragen nötigte, so war 
ihm doch die herrschende Streittheologie in hohem Grade zu- 
wider; ja, er wagte den ketzerischen Satz, die Synkretisten seien 
rechtschaffene Leute, verstandiger als andere Christen. Die 
Standesgenossen rächten sich dafür in derselben Weise, wie an 
allen der Ketzerei Verdächtigen: sie wussten sehr viel Schlechtes 
von ihm zu erzählen. Auch mit der Erziehungslehre beschäftigte 
sich Rist eifrig. 

Die italienischen Akademien, nach deren Vorbild der Palmen- 
orden gegründet war, müssen in gewissen Perioden ihrer Ge- 
schichte insofern als geheime Gesellschaften bezeichnet werden, 
als sie ihre Organisation, ihre Symbolik, ihre Formen und die 
Listen ihrer Mitglieder den Aussenstehenden grundsätzlich nicht 
mitteilten und vor allem auch die eigentlichen und höchsten Ziele, 
die ihnen vorschwebten, absichtlich nicht öffentlich erörterten, 
sondern als vornehmste Aufgaben ihrer Thätigkeit vor der Öffent- 
lichkeit harmlose und volkstümliche Zwecke angaben und vertraten. 
Zwecke fi'cilich, die nicht minder auf ihrem Wege lagen und ihren 
Absichten entsprachen, wie die höheren Ziele, für die die Menge 
aber in der Regel gei-ingeres Verständnis mitzubringen pflegt, und 
deren öffentliche Erörterung die ohnedies imausbleiblichen Kämpfe 
verschärfen und verbitteren musste, selbst wenn es sich wie bei 
der Mehrzahl der Akademien um reine Absichten handelte. 

Die 'gleichen Grundsätze begegnen uns auch in dem frühe- 
sten Entwickln ngs- Abschnitt des Palmenordens, und was wir über 
die Einrichtung, die Sinnbilder, die Mi^lieder und die Zwecke 
wissen, rührt, wie wir oben sahen, aus derjenigen Zeit her, wo die 
Gesellschaft sich von den Absichten, die den Begründern vorschweb- 
ten, wesentlich entfernt hatte. Was späterhin verschleiert ward, 
war im wesentlichen nur der Umstand, dass die Begründer sich in 
erster Linie zur Förderung religiöser und sittlicher Fragen ver- 
bunden hatten, und dass sie in vielen Punkten Anschauungen ver- 
traten, die von den herrschenden Überzeugungen stark abwichen; 
auch mancherlei Zeichen und Symbole sind stets Geheimnis ge- 



zu l>ereiten." Frankfurt a, M. 1630 2. „Philosophischer Phönix, das ist 
Kiu'tze, jedoch gründliche und Sonnenklare Entdeckung der wahren und 
eigentlichen Materiae des philosophischen Phönix." Danzig 1637. Vcrgl. 
H. Kopp, Die Alchemie. Heidelberg 1886, II, 382. — Über Rist vgl. die 
Allg. d. Biogi*. und die dort angegebenen Quellen. 



1895. Comeniuft und die Akademien der Natiirphiloeophen etc. 27 

blieben. In der niehren^'ähnten Verteidigungsschrift Karl Gustav 
von Hilles^ dem „Teutschen Palmbaum", wird noch im Jahre 1647 
zugegeben, dass es innerhalb der Gesellschaft „geheime Sachen" 
gab, die nur denjenigen Mitgliedern bekannt wurden, die den Ordens- 
saal im Schloss zu Köthen betreten durften (S. 188) — nebenbei 
bemerkt eine ganz unverständliche Vorschrift, wenn es der Gesell- 
schaft lediglich um die deutsche Sprache und Grammatik zu thun 
war. Doch glaubt Hille den Verdacht ablehnen zu müssen, dass 
man durch die Gesellschaft „heimliche Verständnis auszu- 
wirken beabsichtige, die der gemeinen Wohlfahrt zuwider sei". 

Innerhalb der Akademien pflegte der Grundsatz der gleichen 
Rechte zur thatsächlichen Anerkennung zu kommen ^) und es hängt 
mit den allgemeinen Prinzipien wohl zusammen, dass uns bei ihnen 
zuerst ein kräftiges Eintreten für die gleiche Menschenwürde der 
Frauen begegnet.*) Manche Gebräuche und Formen der Akademien 
erinnern an die Sitten der Gilden und des Zunftwesens, mit dem 
einzelne Mitglieder unzweifelhaft bekannt gewesen sind. In Zünften 
und Kaufmannsgilden waren bei den Aufnahmen sog. Spiele, 
Wasserspiele, Rauchspiele u. s. w. üblich, welchen die Eintretenden 
sich unterwerfen mussten, gleichsam um die Festigkeit ihres Ent- 
schlusses zu prüfen. ^) Entsprechend dieser Sitte übte die Akademie 
zu Weimar (ihr Sitz ward später nach Köthen verlegt*) das „Hän- 
seln". Auch wird von besonderen Gebräuchen beim Anfassen der 
Gläser u. s. w. berichtet^), und eigentümlich ist die Bedeutimg 
einer Trinkschale mit Fuss, die einem Kelche gleicht — des söge- 
nannten Olbergers — sowie des Teppichs oder der „Tapetzerev" 
in der Gesellschaft. 



*) Füret Ludwig ersuchte den Martin Opitz an ihn (Ludwig) ,,nach 
der Gesellschaft Art, ohne sonderliches Gepränge" zu schreiben (Schultz 
Sprachgesellschaften S. 31). — Heixiegen erzählt in seiner Geschichte des 
Blumenordens, Nürnb. 1744, 8. 23: „Sie wollten unt^r einander als gleiche 
angesehen sein und keiner sollte vor dem andeni Besonderes haben." 

') Harsdörfers „Gesprächsspiele" hatten den Zweck, die öffentliche 
Meinung für diesen Grundsatz zu gewinnen. 

®) Über solche Sitten s. Barthold, Gesch. d. fruchtbr. Ges. S. 112 und 
die dort angeführten Quellen. 

*) Der Versammlungssaal zu Köthen war mit den Wapix^n und Ab- 
zeichen sämtlicher Mitglieder geziert; sie sind sämtlich verschwunden. S. 
Barthold a. a. O. 114 f. 

*) Krause, Füret Ludwig v. Anhalt, IIL, S. 19 ff. 



28 Keller, Comenius und die Akademien etc. Heft 1 u. 2. 

Über die Formalitaten oder das „Gepräoge" bei der Auf- 
nahme neuer Mitglieder erhalten wir aus vertraulichen Briefen 
einige Nachrichten. Daraus erhellt, dass eine „Prüfung** und eine 
„Einweihung** stattfand. Am 25. Januar 1649 berichtet ein Mit- 
glied über eine Sitzung, die zu Brieg stattgefimden hatte, bei der 
Herzog Georg v. Liegnitz aufgenommen worden war. ,J)ie dazu 
(zur Aufnahme) nöthige Gepränge (heisst es), sowol das Obenan- 
Sitzen als das Sitzrecht und (das) Zugleich-Ansetzen der 
Gläser, sobald die Trompete erhallet, sind ohne einige Nichtig- 
keit beobachtet worden.** ^) Bei der Einweihung erhielt der Auf- 
zunehmende einen Gesellschafts-Namen. 

Es ist nicht ohne Interesse, dass solche Versammlungen 
keineswegs bloss an dem Wohnsitz des obersten Leiters statt- 
fanden, dass vielmehr auch in Brieg, Weimar u. s. w. eine örtliche 
Organisation der Gesellschaft bezeugt ist, bei der das älteste Mit- 
glied der Akademie den Vorsitz führte und „alles nach der Ord- 
nung vollzog**. 

Wir wissen femer, dass die Gesellschaft in sich einen „engeren** 
Kreis besass, welchem zwölf Mitglieder angehörten.*) Ob noch 
andere Kreise in ihr bestanden, wissen wir nicht bestimmt; jeden- 
falls aber ist sicher, dass in ihrem Schoss ein Kreis bestand, der 
sich die „Academie des vrais amants** nannte und zweimal 
vierundzwanzig Personen umf asste. ^) Weder die Namen der „enge- 
ren Gesellschaft**, noch die der Academie des vrais amants sind 
jemals bekannt gemacht worden, wiederum ein Beweis, dass man 
die Neugierde der Aussenstehenden durch die Veröffentlichung 
äusserlicher Dinge zu befriedigen suchte, anderes aber verschwieg. 

Weitere Aufklärung über Wesen und Bedeutung der Aka- 
demie des Palmbaums, die wir bis dahin ausschliesslich betrachtet 
haben, wird ims die Geschichte anderer verwandter Akademien 
liefern, die wir im zweiten Teil unserer Untersuchung behandeln 
werden; auch die Beziehungen des Comenius zu dem Bunde 
werden wir dann des Näheren erörtern. 



*) Krause, Ludwig Fürst von Anhalt, III., S. 25. 
^) Näheres bei Barthold a. O. S. 134. Die Mitglieder des engeren 
Kreifies hielten ihre besonderen Versammlungen. 

•*} Barthold a. O. S. 134 ff. und Schultz, SprachgescUschaften 1888, 

S. 19. 



Johann Heinrich Aisted. 

(1588—1638.) 

Bein Leben und seine Schriften. 

Von 
F. W. E. Both, 

Archivar a. D. 



Johann Heinrich Aisted ^) ward zu Ballersbach, einem Pfarr- 
dorf im Amt Herbom, Provinz Hessen -Nassau, 1588 geboren. 
Sein Vater Jakob Aisted stammte aus Westfalen. Er war 1584 
bis 1588 erster Kaplan zu Herbom, vertauschte im Laufe des 
Jahres 1588 diese Stellung mit der Kaplanei zu Bailersbach und 
wurde am 1. April 1599 Pfarrer zu Bicken, wo er am 7. Juni 
1622 aus diesem Leben schied. Er war eifriger Anhänger der 
reformierten Lehre. Johann Heinrich Aisteds Mutter hiess Rebekka 
und war die Tochter des Johannes Pincier, Pfarrers zu Wetter 
in Hessen, eines entschiedenen Verfechters der reformierten Lehre, 
und der Wittwe des Pfarrers Wilhelm Massen. Aus der am 
13. November 1586 geschlossenen Ehe Jakob Aisteds mit Rebekka 
Pincier waren ausser Johann Heinrich noch vorhanden ein Sohn 
Jodokus Aisted*), der am I.Juli 1606 zu Herbom immatrikuliert 



*) Über Joh. Heinrich Alßted handeln: Archiv der naBsauischen 
Kirchen- imd Gelchrtengeschichte. Von Chr. D. Vogel. Hadamar und 
Coblenz. 1818. I. S. 147 — 164. — A. Nebe, In Annalen des Vereins für 
nassauische Altertumskunde. X. Band (1870), S. 118—130. — v. d. Linde, 
Die Nassauer Drucke der k. liandesbibl. zu Wiesbaden. Wiesbaden 1882, 
S. 70—84. — Ferner K. v. Szatmäry, Gesch. der Schule zu Weissenburg 
(Ungarisch), 1868. Criegern, J. A. Ck)nienius als Theolog. Leipzig imd 
Heidelberg 1881, und besonders Joh. Kvacsala, Johann Heinrich Aisted 
in der Ungarischen Revue von P. Hunfalvy und G. Heinrich. 1889, S. 628 
bis 642. Die letztere Abhandlung bildet eine vortreffliche Ergänzung zu 
den hier gegebenen Nachrichten. — Zu vergleichen ist auch ausser dem 
kurzen Artikel der A. d. B. Herzogs theol. Realen cyklopädic T, 2:52. 

^) Vogel a. a. O. S. 147 nennt ihn fälschlich: Jastus. 



30 Roth, Heft 1 u. 2. 

wurde, zu Ballersbach geboren war, Pfarrer zu Bicken ward *) und 
1617 als Pfarrer von Neunkirchen in der Walz vorkommt, sowie 
eine Tochter Katherine. Ein Verwandter mütterlicher Seite, 
Namens Johannes Pincier, Professor der Medizin und Philosophie 
zu Herborn, später Leibarzt zu Dillenbiu:g und Braunfels, ein ge- 
wandter lateinischer Dichter, hob den kleinen Johann Heinrich 
Aisted aus der Taufe. Sein Vater Jakob brachte dem Kinde die 
Anfangsgründe des Wissens bei, worauf Aisted das Pädagog in 
dem nur eine Stunde von Ballersbach entfernten Herborn zu seiner 
weiteren Ausbildung besuchte. Das Pädagog stand damals unter 
Johannes Bisterfeld, Matthias Martinius und Heinrich Dauber in 
hoher Blüte. Alted widmete sich unter Matthias Martinius und 
Wilhelm Zepper der Theologie und hörte bei Johann Pincier, 
seinem Verwandten, und Heinrich Dauber Vorlesungen über 
Philosophie und Philologie. 2) Mit Eifer betrieb Aisted seine 
Studien, sodass er bald unter seinen Mitschülern, wozu Christoph 
Moller und Ludwig Crocius, welche später als Gelehrte glänzten, 
gehörten, durch seine Leistungen hervorragten Zu Neujahr 1605 
trug Aisted bei einem akademischen Aktus ein selbstverfasste^ 
lateinisches Gedicht vor. Als Aisted später dasselbe dem Druck 
übergeben wollte, billigte der akademische Senat als Censor zwar 
grösstenteils diese Absicht, nur Johann Piscator widerstrebte 
diesem Vorhaben, indem er das Gedicht für unreife Arbeit er- 
klärte und vorgab, Aisted werde später bessere Gedichte hervor- 
bringen. Hierin gnb der Senat dem Piscator, als Haupt der 
hohen Schule, recht tmd somit unterblieb der Druck des Ge- 
dichtes. 

Als Aisted seine Studien vollendet, begab er sich nach Sitte 
der Zeit auf gelehrte Reisen zur weiteren Ausbildung. Er fuhr 
über Frankfurt nach Heidelberg xmd Strassburg, weilte längere 
Zeit in Basel, wohin ihn der berühmte Theologe Polanus von 
Polandsdorf zog und längere Zeit fesselte. Zu Basel eröffnete 
Aisted seine schriftstellerische Laufbahn, indem er seine Flores 
theologici herausgab (1609). Nach einem Besuch auch der inneren 



*) V. d. Linde S. 380 mit dem Zusatz: Pastor Bicccnsis. 

') Alpted ward am 2. Oktober lö02 als Honricus ALstedius Ballers- 
bachcnsis unter dem Rektor und R^cht«gelehrten Johann Althnsiu.s inmia- 
trikuliert. v. d. Linde a. a. O. S. 371 n. 13. 



1895. Johann Heinrich Aisted. 31 

Schweiz kehrte Aisted nach Herborn zurück und bekam alsbald 
und zwar noch im Lauf des Jahres 1608 eine Anstellung als 
Lehrer der ersten Klasse des Herbomer Pädagogs und Inspektor 
der Stipendiaten. Zugleich machte er von der ihm erteilten Er- 
laubnis, Privatvorlesungen über Philosophie und Philologie halten 
zu dürfen, Gebrauch. Er erfreute sich hierbei der Achtiuig der 
älteren Lehrer und fand bei den Studierenden als Lehrer solchen 
Beifall, dass er im Jahr 1610 ausserordentlicher Professor der 
philosophischen Fakidtät wurde.*) 1609 hielt sich Aisted in der 
Herbstmesse zu Frankfurt a.M. auf und liess von dort seine elavis 
artis Lullianae, welche in gleichem Jahr zu Strassburg erschien, 
ausgehen. Am 15. Oktober 1615 ward Aisted aus Anerkennung 
dafür, dass er Berufungen als Lehrer nach Wesel und Hanau 
ausgeschlagen, von der philosophischen Fakultät zu Herborn zum 
ordentlichen Professor ernannt Seit 1609 wai* er derart eifrig 
beschäftigt, Schriften auf Schriften zu veröffentlichen, dass sein 
Name als Schriftsteller wie als Lehrer weithin sich verbreitete. 
In Folge dessen verhandelte der 1610 mit seinen Landen zum 
reformierten Bekenntnis übergetretene Kurfürst Johann Sigismund 
von Brandenburg brieflich mit dem Grafen Georg von Nassau- 
Dillenburg, da er den Aisted als Lehrer zu berufen im Sinne 
hatte. Der Graf gedachte jedoch den jungen Professor nicht ziehen 
zu lassen, da er damals die Zierde der hohen Schule Herborn 
bildete. 

Als die Streitigkeiten zwischen den holländischen Refor- 
mierten und den Arminianem ausbrachen und eine Synode zur 
Vereinbanmg stattfinden sollte, sandte der Wetterauische (irafen- 
verein auf Ansuchen aus den Niederlanden, diese wichtige Synode 
doch mit Abgeordneten zu beschicken, neben dem Johann Bister- 
feld, dem ehrwürdigen Siegener Pfarrer und Inspektor, den Aisted 
nach Dordrecht, wohin die Synode einberufen war. Aisted trat 
die Reise an und gelangte am 6. Dezember 1618 mit Bisterfeld 
nach Dordrecht. Dorthin schrieb demselben am 24. Dezember 
1618 aus Herborn sein Kollege Geoi-g Pasor (aus EUar bei Hada- 



Bei dieser Gelegenheit flcheint Alsted unter Johann Piftcators Vor- 
sitz seine Dissertation: Quaestiones illustres numero noveni. Resiwndontc 
.Tohanne Hcnrico Alstcdio Ballersbachon^*i, Nassovio, vorfasst zu haben. Vgl. 
V. d. Linde a. a. O. S. 2')0 n. 1414. 



82 Roth, Heft 1 u. 2. 

mar gebürtig) und bat um Benachrichtigung über den Stand der 
Sache. Er vergleicht beide mit Planeten, durch die der theolo- 
gische Äther und Kreis (der reformierten Sache) gelenkt werde. 
Auch erflehete er des Himmels Segen auf die Abgeordneten und 
den guten Ausgang der Sache herab. Mit seinem Schulkameraden 
und Universitätsfreund Ludwig Crocius traf Aisted zu Dordrecht 
wiedenim zusammen, auch lernte er eine grosse Anzahl der be- 
deutendsten reformierten Theologen kennen und suchte die be- 
rühmtesten Professoren und Staatsmanner Hollands auf. Seinem 
Herrn, dem Grafen Georg, teilte Alsted von Zeit zu Zeit die 
Ergebnisse der Verhandlungen mit Als die Synode nach langen 
ermüdenden Verhandlungen im Mai 1619 sich auflöste, widmete 
der gekrönte Dichter Heinrich Stromberg dem Alsted Worte der 
Anerkennung und des Dankes für sein Auftreten.^) 

Es war jedenfalls ein Zeichen der Dankbarkeit seitens der 
dem reformierten Bekenntnis angehörenden Herbomer Hochschule, 
dass dieselbe am 20. Mai 1619 den Alsted zum Professor der 
Theologie ernannte, um den hochbetagten Piscator zu erleichtern. 
Alsted behielt trotzdem die bisherigen Vorlesungen über Philosophie 
bei, durfte aber jeden Tag eine Stunde weniger über dieses Fach 
lelu-en. Am 1. Juli 1619 ward Alsted Rektor der hohen Schule 
zu Herborn. 2) Als solcher nahm er die Aufnahme des Johann 
Heinrich Bisterfeld aus Siegen, später Professor zu Stuhlweissen- 
burg, in's Album der Hochschule vor.^) Am 12. Juli 1625 
wm-de Alsted wiederum Rektor*) und erhielt 1626 nach Johann 
Piscators Tod dessen Lehrstuhl als erster Lehrer der Theologie 
zu Herbom. 

Mitten in diese erspriessliche Thätigkeit Aisteds fielen 
verderbenbringend die Wirren des dreissigjahrigen Krieges. Die 
Durchzüge der verschiedenen Heeresabteilungen verbunden mit 
der Entfremdimg der Jugend von den Studien und das Aus- 
wandern derselben an andere mehr Ruhe bietende auswärtige 
Hochschulen liessen die Hörsäle Herboms nach imd nach veröden. 
Die Liste der in diesen Zeiten zu Herbom immatrikulierten Hörer 



') Nebe a. a. O. 8. 120. 

*) V. d. Linde a. a. 0. S. 404. 

•') El)onda S. 404. 

*) Ebenda S. 414. 



1895. Johann Heinrich Aisted. 33 

ist eine sehr dürftige, und stellte nur die Umgegend Herboras 
noch einiges an Zulauf. Selbst Aisteds Name blieb hier auf 
entferntere Landesteile ohne Wirkung. Aisted litt unter diesen 
Verhältnissen ungemein und sehnte sich nach Müsse für seine 
Lehrtlmtigkeit und sein schriftstellerisches Wirken. Seit lange 
bestand eine sehr rege Verbindung zwischen den Reformierten 
Böhmens^ Mährens, Polens, Siebenbürgens und Ungarns und der 
Herbomer hohen Schule. Aisteds Name stand in diesen Lander- 
gebieten bei der studierenden Jugend in hohen Ehren und zog 
alljährlich eine grössere Anzahl junger Leute nach Herborn. Der 
Fürst Gabriel von Siebenbürgen hatte zu Stuhlweissenburg eine 
Universität errichtet, für die er Aisted als Lehrer heranzuziehen 
wünschte, um der auf reformierten Grundsätzen errichteten Anstalt 
einen Mann zu geben, der derselben Glanz und Zulauf zu ver- 
schaffen im Stande war und damit die jungen Leute an Sieben- 
bürgen für ihre Studien fesselte. Aisted liebte seine engere 
Heimat Nassau über alles, das Gefühl der Dankbarkeit gegen 
das Fürstenhaus Nassau war ein weiteres Band, auch knüpften 
Verhältnisse verwandtschaftlicher Art ihn an Herborn, da er die 
Tochter des ersten Herborner Buchdruckers Christoph Rab (Cor- 
vinus), Anna Katherine, zur Ehe hatte. Trotzdem überwog bei 
Aisted der Wunsch nach einem ungestörten Wirkungskreis, den 
ihm der Krieg für unbegrenzte Zeit zu versagen drohte. Fürst 
Gabriel dürfte sich dieser Stimmung Aisteds bedient und der 
Zusage desselben sich versichert haben, ehe er sich an den 
Landesherra, den Grafen Ludwig Henrich von Nassau-DUlenburg 
wandte und um Entlassung Aisteds in seine Dienste ansuchte. 
Der Graf erteilte am 12. August 1629 demselben in der Über- 
zeugung, dass dieses dem Aisted zum Besten gereiche, den 
gewünschten Abschied, behielt sich aber vor, dass derselbe nach 
geschlossenem Frieden wieder in die bisherige Stellung zu Herborn 
zurückkehre. Gern sagte dieses Aisted zu. Fürst Gabriel hatte 
durch Caspar Boiti persönlich mit Aisted unterhandeln lassen. 
Letzterer zog mit einem Sohn Johann Piscators, dem Professor 
der Theologie und Philologie M. Philipp Ludwig Piscator, nach 
Siebenbürgen. Das Berufungsschreiben beider ist vom 22. Februar 
1629, als Caspar Boiti zurückgekehrt war, "ausgestellt. Darin 
versprach Gabriel, einen zuverlässigen Mann gegen Ende Mai 
nach Presburg entgegen zu senden, um die beiden Professoren 

Monatshefte der Comenius-GcBellMchaft. 1805. ^ 



34 Itoth, Heft 1 u. 2. 

bis zum 12. Juni nach ihrem Bestimmungsort Stuhlweissenburg 
auf Wagen zu geleiten. Gabriel bat daher^ die Wasserreise so 
einzurichten, dass beide bis Ende Mai zu Presburg seien. ^) Die 
Reise verzögerte sich jedoch. Aisted und Philipp Ludwig Piscator 
trafen erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1629 zu Stuhl- 
weissenburg ein. Möglicherweise ist die Ursache der Verzögerung 
in der verspäteten Entlassung Aisteds seitens des Grafen von 
Nassau (12. August 1629) zu suchen. In Stuhlweissenburg widmete 
sich Aisted mit Eifer seiner Lehrthätigkeit und hatte auch noch 
Müsse für Abfassung einiger neuen Schriften. In seine Heimat 
kam Aisted nicht mehr, da er am 9. November 1638 zu Stuhl- 
weissenburg starb. Seine Wittwe Anna Katherine kam 1647 
nach ausgestandener Pest nach Herbom zurück, starb aber 1C48 
am 30. Januar und ward in der Stadtkirche zu Herbom beerdigt, 
wo sie ein Grabdenkmal mit Inschrift erhielt. Conrad Postli liess 
1649 zu Frankfurt a. M. eine Leichenpredigt auf ihren Tod in 
Quart erscheinen. Sie war geboren den 24. Juli 1593 und 
stammte aus der zweiten Ehe des Corvinus mit Ursula Hilgards. 
Aisteds Schwiegervater, Corvinus, starb am 10. Januar 1620. 
Aisted widmete demselben mit andern Lehrern der hohen Schule 
zu Herborn einen lateinischen Nachruf. 2) Aisted hatte aus der 
Ehe mit Anna Katherine Rab folgende Kinder: Johann Henrich 
(starb klein); Anna heiratete den Professor Johann Henrich 
Bisterfeld zu Herborn, später Professor zu Stuhlweissenburg in 
Siebenbürgen. Eine weitere Tochter, Elisabeth, heiratete den 
Hemich Silder, ersten Bergwerksverwalter und Münzvogt in 
Siebenbürgen, dem sie mehrere Sölme gebar. Ein anderer Sohn, 
Philipp Ludwig, kehrte mit seiner Mutter 1647 aus Siebenbürgen 
nach Herborn zurück, wohnte 1649 zu Blois in Frankreich, war 
1651 wieder in Herborn und starb am 27. September 1654 zu 
Stuhlweissenburg. Unschwer erkennt man in Aisteds Einfluss 
die Triebfeder, die den Johann Henrich Bisterfeld, den er auch 
jedenfalls aus der Taufe hob, nach Stulilweissenburg als Professor 
brachte. 

Von Aisteds Wirken kommt in erster Linie dessen Lehr- 
thätigkeit in Betracht. Sein Name zog aus Schottland, Dänemark, 



*) Nebe a. a. O. S. 122. 

') V. d. Linde a. a. O. S. 34. 



1895. Johann Heinrich Aisted. 35 

Schweiz, Polen, Mähren, Ungarn, Böhmen und Siebenbürgen 
Sprösslinge refonnierter Familien nach Herborn. Aisted bildete 
eine Menge Männer heran, die später als Prediger, Juristen, 
Beamte oder Gelehrte dem Staate mit Erfolg dienten.' Zu seinen 
Schülern gehörte Albert Molnar aus Ungarn, 1606 zu Herbom 
immatrikuliert^), der ungarische Bibelübersetzer. Auch Aisteds 
berühmter Gesinnungsgenosse J. Amos Comenius war dessen 
Schüler. Unter Aisteds Vorsitz verteidigte derselbe 1613 zu 
Herbom seine Dissertation.-) 

Als Schriftsteller war Aisted in erster Linie Theolog und 
Philosoph, dabei glänzte er als Polyhistor nach Sitte seiner Zeit 
und nimmt hierin unter seinen Zeitgenossen einen hervorragenden 
Rang ein. Im ganzen aufgefasst ist Aisted einer der fruchtbarsten 
Schriftsteller seiner Zeit und dabei auch einer der vielseitigsten. 
Seine Leistungen liierin grenzen an das Unglaubliche. Wenn 
auch eine riesige Arbeitskraft und ein umfassendes Wissen ihn 
dabei unterstützten, so fällt doch die Masse wie die Vielseitigkeit 
des Gelieferten in^s Gewicht Aisted steht dabei selbstverständlich 
vielfach auf den Arbeiten anderer und hatte Mitarbeiter im 
umfangreichen Massstabe. Wenn man ihn hierbei des gelehrten 
Diebstahls beschuldigt, so kann man ihn allerdings nicht inuner 
davon freisprechen, meistens nennt er aber die Namen seiner 
Mitarbeiter oder der benutzten Autoren in den Vorreden oder 
Inhaltsverzeichnissen seiner Schriften. Aisted spielt vielfach nur 
die Rolle eines gewandten Encyklopädisten, welcher sammelte, 
was ihm passend erschien. Dabei ging er aber als Schüler Johann 
Piscators mit Klarheit und Übersichtlichkeit zu Werke und schuf 
wirklich brauchbare Lehrbücher seiner Zeit Alles unnütze 
Philosophieren war ihm verhasst Seinem System nach gehört 
Aisted zu den sogenannten Naturphilosophen und war Gegner 
der Aristotelischen Philosophie. Nur fruchtbringendes Wissen 
suchte er zu fördern und hasste die philosophierenden Spitzfindig- 
keiten. Ausserdem betrat Akted in Theologie und Philosophie 
auch eigene Wege und bereicherte beide Wissenschaften. Wenn 
in seinen Schriften auch manche Sonderbarkeit vorkommt und er 
z. B. über die Tausend Jalire der Apocalypse schreibt, so gehört 



«) V. d. Linde a. a. O. S. 381. 

') Ebenda S. 75— 7ü n. 58, vgl. S. 389 n. 39. 

3 



36 Roth, Heft 1 11. 2. 

das zum Zeitgeiste. Die Zeitgenossen erkannten Aisteds Wirken 
an, das beweisen die vielfachen Auflagen der Schriften, selbst 
solche nach Aisteds Tod. Leibniz würdigte dessen Encyklopädie 
der Beachtung. Auch heute ist Aisteds Name noch nicht ver- 
gessen, sondern wird unter den grossen Naturphilosophen des 
17. Jahrhunderts mit Ehren genannt 

Das nachstehende Schriftenverzeichnis beruht auf vielfacher 
Einsicht der an historischen Einzelheiten für Aisteds Biographie 
sehr armen Schriften desselben, nebstdem auf VogePs, Nebe's und 
V. d. Linde's Angaben. Dissertationen sind nicht aufgeführt. Das 
Verzeichnis möge eine Vorarbeit für eine künftige wissenschaft- 
liche Bibliographie Aisteds bilden, die denn auch den zahlreichen 
kleinen Gelegenheitsgedichten Aisteds in Druckwerken gerecht 
werden imd Aisted auch als lateinischen Dichter würdigen möge. 



Schriften Johann Heinrich Aisteds. ^) 

1. Flores theologici. Basel (1G09). Erwähnt in einem Briefe 
Aisteds an Christian Beckmann vom 19. Februar IGll. Vgl. 
C. Beckmaiini nee non ad ipsum aliorum exstantiores epistolae. 
Hanau 1C19. S. 37. vgl. Nebe S. 122 n. 1. 

2. Clavis artis LuUianae et verae logices duos in libellos tributa. 
Id est solida dilucidatio artis magnae, generalis et ultimae, 
quam Raymundus Lullius invenit, ut esset quorumcumque artium 
et scientiarum clavigera et serperasta: edita in usum et gratiam 
eorum, qui impendio delectantur compendiis, et confusionem 
sciolorum, qui iuventutem fatigant dispendiis. Accessit novum 
speculum logices minime vulgaris. Argentorati MDCIX. 

Oetavo, 182 Seiten. 

Nebe n. 2. Vogel S. 164. 
Dasselbe. Strassburg 1G38. Oetavo. Mainz Stadtb. Vogel 
8. 104. 

3. Systema mnemoniemn duplex. Franeofurti IG 10. Nebe n. 3. 
Vogel 8. 1G5. 

4. Johannis Henrici Alstedii consiliarius academicus id est, me- 
thodus fomiandorum studiorum, continens commonefactiones, 
concilia, regulas, typos, calendaria, diaria, de ratione bene dis- 
cendi et ordine studiorum recte instituendo: perpetuis tabulis 
adornata: in gratiam studlosorum tarn academicorum quam 



') Übersichten über Alsteds Schriften, die zur Ergänzung eingesehen 
werden können, finden sich bei Niceron, Lcs M^moires de NicC^ron S. 298 
bis 311 und bei Sz ab 6, R^gi Magyar KönyoUr II, p. 080. 



1895. Johann Heinrich Aisted. 37 

trivialium in scholis particularibus, ut vocant. Accessit concilium 
de copia rerum et verborum. Strassburg 1610. Quarto. 
Dasselbe. Herborn 1G20. Quarto. 
Dasselbe. Strassburg 1627. Octavo. Mainz Stadtbibl. 
Nebe n. 4. Vogel S. 165. v. d. Linde ß. 70 n. 10. 

5. Theatrum scholasticum, in quo consiliarius philosophicus proponit 
et exponit. I. Systema et gymnasium mnemonicum, de per- 
fectione memoriae et reminiscentiae. IL Gymnasium logieum 
de perfectione iudicli, ubi disserit de ratione 1. Definiendi 
solide, 2. Dividend! recte, 3. Disputandi Academice, 4. Consul- 
tandi eircumspecte, 5. Resolvendi accurate. HL Systema et 
gymnasium Oratorium, de perfectione linguae, et methodo elo- 
quentiae. Herborn 1610. 

Octavo, 325 Seiten u. 18 Blätter u. 5 Tafeln. Wiesbaden 
Landesb. ^) 

Nebe n. 5. Vogel 8. 164. v. d. Linde 8. 74 n. 4. — 
Dasselbe. Zweite Auflage. Herborn 1620. Octavo. 322 Seiten. 
Wiesbaden. 

v. d. Linde 8. 74 n. 50. 

6. Panacea philosophica, id est facilis, nova et accurata methodus 
docendi et discendi universam encyclopaediam, Septem sectionibus 
distincta. Authore Joanne Henrico Alstedio. Accessit eiusdem 
criticus, de infinito harmonico philosophiae Aristotelicae, Lul- 
lianae et Rameae. His accedit consilium Clenardi de discenda 
lingua latina. Ad illustrem et vere generosum dominum dominum 
Carolum baronem a Zerotin etc. Herbom 1610. 

Octavo, 81 u. 12 Seiten u. 2 Tafeln. Wiesbaden Landesb. 
Nebe n. 6. Vogel S. 164. v. d. Linde S. 72 n. 39. 

7. Compendium graramaticae latinae Mauritio - Philippo Rameae, 
Harmonice conformatae et succincta methodo comprehensae, 
recensente Johan - Henrico Alstedio. Herbom 1613. Sedez. 
Mainz Stadtb. Wiesbaden Landesb.*) 

Nebe n. 7. Vogel S. 155. v. d. Linde 8. 71 n. 20. 

8. Delineatio locorum communium specialis politicae Germaniae. 
Herbom 1611. Octavo. Steht auch in Keckermanni systema 
systematum. Hanau 1613. S. 1687 f. 

Nebe n. 9. Vogel 8. 165. v. d. Linde. S. 70 n. 16. 

9. Elementale mathematicum , in quo mathesis methodice traditur 
per praecepta brevia, theoremata perspicua, commentaria suc- 
cincta. Francofurti 1611. Quarto. Mainz Stadtb. 

Nebe n. 10. Vogel S. 165. 



*) Grewidmet dem Freiherra Johann von SchÖnaich, Herrn zu Beuthen 
(in Schlesien). 

') Dem Landgrafen Moritz von Hessen gewidmet. O. D. 



88 Roth, Heft 1 u. 2. 

10. Compendium I. Systomatis logici, de septem instrunicntoruni 
logicorum architectura et fabrica. II. Gynina^ii logici, de appli- 
catione instrumentorum logicoruin dianoetica et mnemonica, uno 
libro explicati. Congestum e celebemmonim logicorum ficriptiw, 
et in octo libros digestum. In quibus niethodus nee niniis 
supina, nee nimio superstitiosa etc. Herborn IGll. Duodez. 
119 Seiten. Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 11. Vogel S. IG 5. v. d. Linde 8. 71 n. 21. 

11. Methodus ss. theologiae in sex libros tributa. Offen bach 1611. 
Duodez. Hanau 1G23 und 1634. Duodez. 

Nebe n. 15. Vogel S. 165. 

12. Lexicon theologicum , in quo sacrosanctae theologiae tennini 
dilucide explicantur iuxta seriein looorum communium. Accedit 
necessaria monitio de lectione novi testamenti. Hanau 1612, 
1620, 1626 und 1634. Octavo. 

Nebe n. 19. 

13. Systenia physicae hannonicae, quatuor libellis niethodice pro- 
positum, in quoruni I. Physica mosaica delineatur, II. Physica 
Hebraeorum, Rabbinica et Cabbalistica proponitur. III. Physica 
peripatetica, maxiniam parte meongesta e Julii Caesaris Scaligeri 
lib. 15. Exotericanim exercitationum plenius pc^rtractatur. 
IV. Phynica chemiea perspicue et breviter adumbratur etc. 
Herbom 1612. Duodez, 227 8eiten. Wiesbaden Landesb.^) 

Nebe n. 20. v. d. Linde S. 73 n. 44. 

14. Trigae canonicae, quanun prima artis mnemologicae explicatio, 
secunda artis Lullianae architectura et usus, tertia artis ora- 
toriae magisterium est. Francofurti 1612. Octavo. 

Nebe n. 21. 

15. Philosophia digne restituta: libros quatuor praecognitorum philo- 
sophicorum complectens: quorum I. Archelogia, de principüs 
disciplhiarum. II. Hexilogia, de habitibus intellectualibus. 
III. Technologia, de natura et differentiis disciplinarum. IV. 
Canonica, de modo discendi. Cursui philosophico lampadis 
instar praemissa, et emissa a Johanne Henrico Alstedio etc. 
Herbom 1612. Octavo. 14 u. 462 Seiten u. 1 Tafel. Wies- 
baden Landesb. 

Nebe n. 22. v. d. Luide S. 73. n. 41. 

16. Consilium de locis communibus recte adornandis. Herbornae. 
1612. Octavo. 

Nebe n. 22. v. d. Linde S. 70 n. 11. 

17. Johann Henrici Alstedi orator sex libris informatus. In quorum 
I. Praecognita. II. Oratoria communis. III. Epistolica. IV. Me- 
thodus eloquentiae. V. Critica. VI. Rhetorica ecclesiastica. 



') Seinem Onkel Ludwig Pincier, Dekan der Kathedralkirche zu. 
Lübeck, gewidmet. 



1895. Johann Heinrich Alstecl. 39 

Accedit consilium de locis communibus. Herborn 1612. Duodez. 
286 Seiten u. 1 Blatt. Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 23. v. d. Linde S. 72 n. 36. 
Dasselbe. Zweite Auflage. Herbom 1614. Duodez, v. d. 
Linde. 8. 72 n. 37. 

Dasselbe. Dritte Auflage. Herborn 1616. Duodez, v. d. 
Linde. S. 72 n. 38. 

18. Methodus admirandorum mathematicomni eomplectens novem 
libros matheseos universae, in quorum 1. mathematica generalis, 
2. arithmetica. 3. geometria. 4. cosmographia. 5. uranoscopia. 
6. geographia. 7. optica. 8. musiea. 9. architectonica etc. 
Herbom 1613. Duodez, 4 Blätter u. 532 Seiten u. 6 Blätter. 
Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 71 n. 27 u. S. 535 n. 27. Nebe n. 27. 
Da^aselbe. Herbom 1623. Duodez, 456 Seiten u. 1 Tafel. 
Wiesbaden Landesb. v. d. Linde S. 72 n. 28. 
Dasselbe. Herbom 1641. Duodez, v. d. Linde S. 72 n. 29. 
Dasselbe. Herbom 1657. Duodez, v. d. Linde S. 72 n. 30. 

19. Johann Henrici Alstedi metaphysica, tribus libris tractata: per 
praecepta methodica: theoremata selecta et coinnientariola di- 
lucida etc. Herborn 1613. Duodez. 283 Seiten u. 3 Blätter. 
Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 39. v. d. Linde S. 72 n. 31. 
Dasselbe. Zweite Auflage, v. d. Linde S. 72 n. 32. 
Dasselbe. Dritte Auflage. Herborn 1616. Duodez. 287 Seiten. 
V. d. Linde S. 72 n. 33. 

Dasselbe. Vierte Auflage. Herbom 1622. Duodez, v. d. Linde 
S. 72 n. 34. 

Dasselbe. Fünfte Auflage. Herbom 1631. Duodez, v. d. Linde 
S. 72 n. 35. 

20. Compendium logicae hamionicae. Herborn 1613. Duodez. 

Nebe n. 40. v. d. Linde S. 71 n. 22. 
Dasselbe. Herborn 1623. Duodez. 201 Seiten u. 1 leeres Blatt. 
V. d. Linde S. 71 n. 23 (vollständiger Titel). 

21. Logicae systenia harmoniciun, in quo universis bene disserendi 
modus ex authoribus peripateticis iuxta et Rameis traditur per 
praecepta brevia, canones selectos et commentaria dilucida. 
QuibuR non solum scientia nobilissimae artis, sed etiam usus, 
et is quideni inprimis continetur etc. Herborn 1614. Octavo. 
8 Blätter u. 821 Seiten u. 8 Blätter. Wiesbaden Landesb. i) 

Nebe n. 41. v. d. Linde S. 71 n. 25. 
Dasselbe. Zweite Auflage. Herborn 1628. Octav. 14 Blätter 
u. 828 Seiten u. 8 Blätter. Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 71 n. 26. 



^) Dem Josua von der Tanne gewidmet. 



40 Roth, Heft 1 u. 2. 

22. Theologia naturalis exhibens augusti.ssimam naturae scholam; 
in qua creaturae dei communi sermone ad omnes panier do- 
eendos utuntur. Ad versus atheos, epicureos, et sophistas huius 
temporis. Duobus libris pertractata: studio Johann Henrici 
Alstedii. Cum indice necessario in calce adnexo. Prostat apud 
Antonium Hunnium. M. DC. XV. Quarto. Mainz Stadtbibl. ^) 

Nebe n. 46. 

23. Praecognita theologica. Frankfurt a. M. 1G15. Hanau 1623. 
Quarto. 

Nebe n. 47. 

24. Theologia catechetica, exhibens sacratisshnam novitiolorum Chri- 
Btianorum scholam. Hanau 1616 und 1622. Quarto. 

Nebe n. 47. 

25. Rhetorica quatuor libris proponens universam omate dicendi 
modum, per praecepta brevia, canoncs selectos et comnientaria 
dilucida etc. Herbom 1616. Octavo, 6 Blätter u. 641 Seiten, 
Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 51. v. d. Linde S. 73 n. 47. 
Dasselbe. Zweite Auflage. Herbom 1626. Octavo. 8 Blätter 
u. 639 Seiten. Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 73 n. 48. 

26. Theologia scholastica didactica. Hanau 1618 u. 1627. Quarto. 

Nebe n. 61. 

27. Pneumatica. Herbom 1619. 

Nebe n. 73. v. d. Linde S. 73 n. 46. 

28. Cursus philosophici encyclopaedia libris XX VH. complectens 
universae philosophiae mcthodum, serie praeceptomm, regulamm 
et commentariorum perpetua: Insertis compendiis, lemmatibus, 
controversiis, tabulis, florilegiis, figuris, lexicis, locis communibus 
et indicibus, ita ut hoc volunien possit esse instar bibliothecae 
philosophicae. Adomata opera ac studio Johannis - Henrici 
Alstedii. Herbom 1620. Quarto, 3074 Col. u. 28 Blätter 
u. 810 Col. u. 2 Blätter. Mainz Stadtb. Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 79. v. d. Linde S. 74 n. 52. 

29. Theologia polemica exhibens praecipuas huius aevi in religionis 
negotio controversias. Hanau 1620 und 1627. Quarto. 

Nebe n. 80. 

30. Logistica sive arithmeticae practica« compendium. Hanau 1620. 
Octavo. 

Nebe n. 81. 

31. Philomela theologico-philosophica, recitans fundamenta pietatis 
.et humanitatis id est I. memoriale biblicum. II. Oeconomiam 

bibliomm. III. Trivium philosophiae. Herbom 1620. Duodez. 
60 u. 672 u. 4 Seiten. Wiesbaden Landesb. 
Nebe n. 82. v. d. Linde S. 73 n. 42. 



') Dem Stadtrat zu Nürnberg gewidmet: Frankfurt a. M. 1. März 1615 



1895. Johann Heinrich Akted. 41 

Dasselbe. Zweite Auflage. Herbom 1627. Duodez, 4 Blätter 
u. 662 Seiten. Wiesbaden Landesb. 
V. d. Linde S. 73 n. 43. 

32. Theologia casuum, exhibens anatoinen conscientiae et scholam 
tentationum. Hanau 1621 und 1630. Quarto. *) 
DaÄselbe. Frankfurt a. M. 1674. Quarto. 

Nebe n. 86. 

33. Theologia prophetica exhibens rhetoricain ecclesiasticam, in qua 
proponitur ars concionandi, et illustratur promptuario concioniun 
locupletissimo, II. politiam ecclesiasticam. Accedit theologia 
acromatica. Hanau 1622. Quarto. 

Nebe n. 89. 

34. Nucleus logicae complectens praxin artis nobilissiniae authore 
Johanne Henrico Alstedio. Herbom 1623. Duodez. 71 Seiten. 
Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 98. v. d. Linde S. 71 n. 24. 

35. Thesaurus chronologiae in quo uni versa teniporum et hietori- 
arum series in omni vitae genere ponitur ob oculos. Authore 
Johanne Henrico Alstedio. Herbom 1624. Octavo. 340 Seiten, 
18 Blätter u. 1 Tafel. Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 70 n. 12. 
Dasselbe. Zweite Auflage. Herborn 1628. Octavo. 592 Seiten 
u. 10 Blätter. Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 70 n. 13. 
Dasselbe. Dritte Auflage. Herbom 1637. Octavo. 

V. d. Linde S. 70 n. 14. 
Dasselbe. Vierte Auflage. Herbom 1650. Octavo. 691 Seiten 
u. 22 Blätter. Mainz Stadtb. und Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 101. v. d. Linde S. 70 n. 15. 

36. Compendium theologicum, exhibens methodum ss. theologiae. 
Hanau 1624. Octavo. 

Nebe n. 102. 

37. Triumphus bibliomm sacrorum, seu encyclopaedia biblica, ex- 
hibens triumphum philosophiae, iuris prüden tiae, et medicinae 
sacrae, itemque sacrosanctae theologiae, quatenus illamm funda- 
menta ex scriptura v. et n. t. colliguntur. Frankfurt a. M. 
1625 und 1642. Octavo. 

Nebe n. 104. 

38. Logica theologica. Frankfurt a, M. 1625, 1629 in Octavo, 
1652 in Duodez. 

N«4)e n. 105. 

39. Definitiones theologicae secundum ordinem locomm communium 
tradiae. Frankfurt a. M. 1626. Duodez. 

N^be n. 106. 

*) Den Kronprinzen Friedrich von Norwegen, Herzog zu Schleswig 
gewidmet. 



42 Roth, Heft 1 u. 2. 

40. Coiupendiuni philosophicum exhibens niethoduni, definitiones, 
canones, (iistinctiones et quaestiones per uiiiversani philosophiam. 
Inserti sunt hinc inde tractatus qiiidam rari et longe utilissinii. 
Herborn 1626. Octavo. 1776 Seiten. Eine neue Bearbeitung 
des Cursus philosophicus 1620. 

Nebe n. 107. v. d. Linde S. 74 n. 53. 
Dasselbe. Strassburg 1627. Octavo. 

Die Fortsetzung hat den Titel: 
Conipendium lexici philosophiei ea niethodo conforniatum , ut 
una eadem opera terniini Überalium artium ipsaeque res, quantuni 
ad locorum eommunem summa capita facile possint memoria 
comprehendi etc. Herborn 1626. Octavo. 1 Tafel u. Seiten 
1777 — 3.S94. Wiesbaden Landesb. 

Mit dem Sondertitel: 
Quatuor indices physici corporum naturalium perfecte mixtorum 
I. Metallicus, seu fossilium. II. Botanicus sive plantarum. 
III. Zodiacus, seu animalium. IV. Anatomicus sive partium 
corporis humani etc. Herborn 1626. Wiesbaden Landesb. 

V. d. Linde S. 75 n. 54 — 55. 

41. Paratitla theologica, in quibus vera antiquitas, et phra^seologia 
sacrannn literarum et patrum, sive priscorum ecclesiae doctorum, 
ita illustratur, ut Universum sacrosanctae theologiae syntagma 
hac veluti clave reseretur. Frankfurt a, M. 1626 und 1640 
in Quarte. 

Nebe n. 108. 

42. Distinctiones per universam theologiam sumtae ex canone sacrarum 
literarum et dassicis theologis. Frankfurt a. M. 1626 und 1630. 
Duodez. 

Nebe n. 112. 

43. Synopsis theologiae. Hanau 1627 und Frankfurt a. M. 1653 
in OctJivo. 

Nebe n. 109. 

44. Quaestiones theologicae. Frankfurt a. M. 1627. Octavo. 
Hanau 1634. Duodez. 

Nebe n. 110. 

45. Diatribe de mille annis apocalypticis, non illis Chiliastarum et 
Phantastarum, sed B. B. Danielis et Johaunis. Herborn 1627 
und 1630. Duodez. Frankfurt a. M. 1627. Sedez. Deutsch 
1630. Duodez. 

Nebe n. 111. v. d. Linde S. 70—71 n. 17 — 19. 

46. Sunmia casuum conscientiae, novo methodo elaborata. Accedunt 
opuscula duo eiusdem argumenti: videlicet I. explicatio tenni- 
norum, quibus utuntur casistae. II. Arithmologia si-cra et quo- 
tidiana conscientiae luctantis. Frankfurt a. M. 1628. Duodez. 
Hanau 1643. Duodez. 

Nebe n. 113. 



1895. Johann Heinrich Aisted. 43 

47. Loci comnmnes theologici, similitudinibus illustrati. Frank- 
furt a. M. 1630, 1653 und 1058. Octavo. 

Nebe n. 114. 

48. Encyclopaedia septem tomis distincta. I. praecognita discipli- 
narum, libris quatuor. II. Philologia Übris sex. III. Philo- 
sophia theoretica, libris decem. IV. Philosophia practica, libris 
quatuor. V. Tres superiores facultatcs, libris tribus. VI. Artes 
mechanicae, libris tribus. VII. Farragines disciplinarum, libris 
quinque etc. Herborn 1630. Folio. 6 Blätter u. 2404 Seiten 
u. 64 Blätter. Wiesbaden Landesb.^) 

Nebe n. 115. v. d. Linde S. 75 n. 56. 

49. Pentatcuchus Mosaica et Pleias apostolica, id est quinque libri 
Mosis, et Septem epistolae catholicae breviculis notationibus 
illustratae. Herbom 1631. Octavo. 

Nebe n. 110. v. d. Linde S. 72 n. 40. 

50. Turris David, de qua pendent mille clypei, hoc est, sylloge 
demonstrationujn , quibus invictum robur religionis a.«(t4eritur. 
Hanau 1034. Duodez. 

Nebe n. 117. 

51. Prodromus religionis triumphantis, contra Jac. Crellium et Joh. 
Volkelium. Albae Juliae. 1635. Folio. 

Nebe n. 118. 

52. Turris Babel destructa, hoc est refutatio argumentoruni, quibus 
utuntur onuiis generis gigantes ad stiibiliendum confusionein 
in negotio religionis. Per Joh. Henricum Alstedium. Herborn. 
1639. Duodez. 1130 Seiten u. 6 Seiten. Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 119. v. d. Linde S. 70 n. 9. 

53. Trifolium propheticum, id est canticum canticonim Salomonis, 
prophetia Danielis, apocalypsis Johannis, sie explicata, ut series 
textus et series temporis prophetici e regione positae luceni 
menti et consolationem cordi ingenmt. Ad Cyrillum patriarcham 
universi orientis Constantinopoli. Herborn 1640. Quarto. 
Wiesbaden Landesb. 

Nebe n. 120. v. d. Linde S. 74 n. 51. 

54. Physica harmonica, quatuor libellis methodice proponens. 
I. Physicam Mosaicam. II. Physicam Hebraeorum. III. Phy- 
sicam chemicam. Postrema cura Joannis Henrici Alstedii etc. 
Hebornae (!) 1642. Duodez. 

V. d. Linde S. 73 n. 45. 



^) Dem Grafen Gabriel von Oppeln, Herzog von Ratibor, gewidmet. 
In der Vorrede vom 1. September 1620 sagt Aisted, dass er 21 Jahre Lehrer 
zu Herbom gewesen. 



44 Roth, Johann Heinrich Aisted. Heft 1 u. 2. 



Schriften, welche Aisted herausgab. 

1. Keckerniann, systema systematuni. Hanau 1613. OctÄVO. 

2. Artificium perorandi traditum a Jordano Bruno Nolano-Italo, 
communicatuni a Johanne Henrico Alstedio. Frankfurt a. M. 

1612. Octavo. 

3. Bemhardi de Lavinheta opera orania. Cöln 1612. Octavo. 

4. Pastor conformatus ab Henrico Bullingero. Frankfurt a. M. 

1613. Duodez. 

5. Chamier Daniel, Delphinas, panstratiae catholicae sive contro- 
versiaruni de religione adversus pontificios corpus. Editio H, 
cui accessit supplementum opera I. H. Alstedii. O. O. 1627 
bis 1629. Folio, fünf Bände. Haag, France protestante HI, 
S. 332. 

Zugeschrieben wird dem Aisted unter dem Namen: 
Sadoletus Claudius, cynosura omnium facultatum studiorum. 
Aceedit Jac. Pontani dissertatio de praestantia epistolaram 
Ciceronis. Strassburg 1664. Quarto. Vgl. Placcius, theatrum 
anonymorum etc. S. 550 n. 2398. Mit Wahrscheinlichkeit 
ist Aisted Verfasser der epistola ad Josuani von der Tann, 
de peregrinatione prüden ter instituenda, enthalten in Crenius, 
T., consilia et methodi studiorum. n. 17.^) Über den Rackauer 
Katechisnms scheint Aisted eine besondere Schrift vei-fasst zu 
haben, es erschien: Alsted*t Rackows catechismus met syn 
ondersoek vertaelt door J. Greyde. Franecker 1651. 2) 



») Vogel a. a. O. S. 164. 
2) Nebe a. a. O. S. 129. 



Kleinere Mitteilungen. 



^ 



Die Litteratur der letzten fünfzig Jahre über die Geschichte 

der böhmischen Brüder. 

(Zusammengestellt von Dr. R. Wölk an in Czernowitz-Bukowina.) 



1845. Nebesky, V.: Pfsnö bratra Jana Augusty, kter^z delal ve 
vezenl (Casopis cesk^ho musca [C. c. m.J 1845, p. 595). 
Rukopis eis. dvorsk^ kniliovny ve Vfdni obsahujie^ pfsnö 
Br. Jana Augusty (C. ö. m. 1845, p. 600). 

1849. Ehrenberger, Jos.: O wypowezenf Jednoty Bratrsk^ ze 
statku Jaroslawa PernSteinsk^ho na rok 1547 (C\ c. m. 
1849, II pp. 3—20). 
Casopis Katol. duchov. 1849 p. 175 bringt auf p. 175 
Naehriehten über das Leben der böhmischen Brüder in 
Eibenschütz (Hanu§: Quellenkunde p. 156). 

1854. Gyndely, Ant.: Über die Zahl der sogenannten Brüder- 

Konfessionen (Sitzungsberichte der böhm. Gesellsch. d. 
Wissensch. 1854, p. 33). 

1855. Hradil, J.: Rukopis grammatiky ceskd Jana Blahoslava 

(Ö. c. m. 1855, pp. 372—79). 

1856. Gindely, Ant.: Äivotopis B. Jana Blalioslava (C. c. m. 1856, 

I p. 20—44; II p. 3—23). 

1858. i n d e 1 y , A n t : Geschichte d. böhm. Brüder. Prag, Tempsky. 

1859. Feifalik, J.: Lied über die Vertreibung der hutterischen 

Brüder aus Mähren im Jahre 1535 (Notizenblatt d. mähr. 
Gesellschaft f. Statistik etc. 1859, p. 91 f.). 
Quellen zur Geschichte der böhm. Brüder, herausg. von 
Ant Gindely (Fontes rerum Austriacarum II, 19). 

1861. Jirecek, Jos.: B. Jana Jafeta krsttkil zprsCva obiskupfch 
a staräfch jednoty Bratrsk^ (Ö. c. m. 1861, pp. 139 — 158). 

Gindely, Ant.: Bratr LukifS a spisov^ jeho (Ö. c. m. 1861, 
pp. 278—296). 

Blahoslavova filipika proti nepMteh"im vzdeWnf vyJ^.^fho 
V Jednotc bratrsk6 (C. c. m. 1861, pp. 372 — 81). 



46 Wolkan, Heft 1 ii. 2. 

1862. Br. Jana Blahoslava Historie Bratff ceskfch u vftahu 

Pavla Jos. SafaHka (C. c. m. 1862, pp. 99—124, 201—212). 
Jirecek, Josef: Kaociondl bratrsk^^ (C. c. m. 1862, pp. 24 
bis 51). Pffdavek pp. 95—96. 

1863. Das Totenbiich der Geistlichkeit d. böhm. Brüder, hrsg. 

von Fiedler (Fontes rer. austriac. I, 5). 
Zezschwitz, G. v.: Die Katechismen der Waldenser und 
böhmischen Brüder als Documente ihres wechselseitigen 
Lehraustausches. 

1865. Cröger, E. W.: Geschichte der alten Brüderkirche. Gnadau. 
Gindely, Ant.: Dekrety Jednoty Bratrsk^. V Praze. 

1866. Brandl, V.: Biblioteka jednoty bratrsk^ v Krilicich (C. c. 

m. 1866, p. 203—204). 

1868. Tieftrunk: Über die Ursachen der harten Verfolgung der 

böhmischen Brüder im Jahre 1547 und 1548 (Sitzimgs- 
berichte d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1868, H, p. 40). 

Pütt: Über die Lehrweise der böhmischen Brüder in be- 
treff der Rechtfertigung des Glaubens und die Werke 
des Glaubens (Theol. Studien u. Kritiken 1868, p. 581). 

Palacky, Fr.: O stycfch a pomcru sekty Valdensk^ k 
nekdejsfm seküCm vXVchiCch (Ö. c. m. 1868, p. 291—320). 

1869. Tieftrunk, K.: Opricin^ch krut^ho pronäsledovänf bratff 

ceskfch V 1. 1547 a 1548 (0.c.m. 1869, II, p. 72—86). 

1870. Wackernagel, Phil.: Das deutsche Kirchenlied von der 

ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jalu*h. 3. Band. 
Leipzig, B. G. Teubner (no. 255 — 417 das Gesangbuch 
Weisses, 418 — 445 das Joh. Horns). 

1872. Zoubek: Skola bratrskä v Jvancicich (Beseda ucitelskiC 
IV, 217). 

1874. Einige Brüder-Konfessionen (Notizenbl. d. mähr. Ge- 

sellsch. 1874, p. 30). 
Öaf afik, P. J.: Studie o Petru Chelcick^m (Ö. c. m. 1874, 

pp. 91—109). 
Jirecek, Jos.: Literatura exulantuv cesky^ch (C. c. m. 1874, 

pp. 190—235, 484-494). 
Wackernagel, Phil.: Das deutsche Kirchenlied etc. 4. 

Band. Leipzig, B. G. Teubner (no. 492 — 666 Lieder aus 

den „Kirchengesengen" 1566). 

1875. Zahn, Joh.: Die geistlichen Lieder der Brüder in Böhmen, 

Mähren und Polen. Nürnberg, Gottfr. Lohe. 
Jirecek, Jos.: Nov^ obje\y z literaturv starocesk^ (C. c. 

m. 1875, pp. 168—172). 
Slavik: K literärni cinnosti J. Blalioslava (C\ c. m. 1875, 

pp. 274—285, 373—387). 

1876. Blahoslav: De vitiis concionatorum cd. Slavfk. 



1895. I^*e Litteratur der letzton fünfzig Jahre etc. 47 

1877. Jirecek, Jos.: Süfsov^ cestf ve sbornfku Pavla Kriipia 

(Ö. c. m. 1877, pp. 77—87). 
Goll, Jarosl: Br. Jana Blahoslava spisy historickd (C c. 

m. 1877, pp. 325—333). 
Lukaszewicz, Jos.: Geschichte der böhmischen Briider 

in Grosspolen. Grätz. 
Jirecek, Jos.: O Blahoslavovc rejstffkii puvoduv pisni v 

kaneionalu Bratrsk^m a v ceskö milostn^ pisni z Vcn- 

dönie (Sitzungsberichte d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 

1877, p. 392). 
Goll, Jarosl: Der böhmische Text des Brüderkatechimns 

und sein Verhältnis zu den Kinderfragen (Sitzungsber. 

d. böhm. Gesellsch. der Wissensch. 1877, p. 74). 
Tieftrunk, K. : O bi(snick^ cene kancioniilu bratrsk<ch 

(Sitzungsber. etc. 1877, p. 373). 
Dudik, Beda: Über die Bibliothek Karls v. Zierotin in 

Breslau (Sitzungsberichte etc. 1877, p. 210). 

1878. Goll, Jarosl: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte 

der böhmischen Brüder. I. Prag. 
Dvorsk^, Frant.: Dodatky a zpravy k biografifm stai'sfch 
spisovatelu ceskf ch a k starsi ceskd bibliografii I. Augusta 
Jan (Ö. c. m. 1878, pp. 295—296). 

Jirecek, Jos.: Hymnologia Bohemica. Dejiny cirkevnfho 
bsCsnictvi ceskdho ni do XVIII. stoletf (Abhdlgn. der 
böhm. Gesellsch. d. Wissensch. VI. Folge, 9. Bd.). 

Goll, Jarosl: Spfsek Vita z Krup^ proti Bratffra (Sitzungs- 
bericht d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1878, p. 1G2). 

Smaha, Jos.: ICritlicka bible, vliv a düle^itost jejf v lite- 
rature cesk^ (C. c. m. 1878, pp. 252—266, 361—380, 
481—499). 

1879. Chlumecky: Karl v. Zierotin und seine Zeit. Brunn. 

1880. Goll, Jarosl: O nekterVch dotud nezniCra<di spisech Che- 

lcick<?ho (Sitzungsber. d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 
1880, p. XVII). 

1881. Goll, Jarosl: Petr Chelcickf a spisy jeho (0. c. m. 1881, 

p. 3—37). 

1882. Goll, Jarosl: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte 

der böhmisohen Brüder. II. Prag. 

1883. Celakovskf , J.: Trakültv bratrsk^ o veceri a krvi Pitne 

z r. 1535' (Ö. c. m. 1883, pp. 141—144). 
Goll, Jarosl: O nekterfch spisech br. Lukjtse z Prahv 

(C. c. m. 1883, pp. 362—370). 
Goll, Jarosl: Jednota bratrskfC v XV. stoleti (C-. c. m. 

1883, p. 512; 1884, pp. 36, 157, 447; 1885, p. 45; 1886, 

pp. 121, 297, 468). 



48 Wolkan, Die Littcratur der letzten fünfzig Jahre Heft 1 ii. 2. 

Zoubek, Fr.: Vychovänl a vyucoväiii v Jednote bratrak^. 
V Praze (Separatabdruck aus Beseda ucitelskä, XV. 
Jahrg.). 

1884. Goll, Jarosi: Br. Lukaäe Prazsk^ho v^^'klad na zjev^m sv. 

Jana (Ö. c...m. 1884, p. 99). 

Müller, J.: Über den Zusammenhang der erneuerten Brüder- 
kirche und der alten böhmischen Brüderunitat (Sitzgsber. 
d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1884, I.). 

Lenz: Uceni Petra Chelcick^ho o Eucharistii. V Praze. 

1885. Müller, J.: O souvislosti obnoven^ cirkve bratrsk^ se starou 

jednotou bratfi cesky^ch (Ö. c. m. 1385, pp. 93, 441). 
Müller, J.: Zprdva o archivu jednoti bratrsk^ v Lesnc 
polskdm (Sbornik historicky 1885, p. 207—208). 

1887. Müller, Jos.: Die deutschen Katechismen der böhmischen 
Brüder (Monumenta Germaniae paedagogica, Bd. IV.) 
Berlin, A. Hofmann & Co. 

1890. Albert, E. : PamiCtkv po Bratrlch öesky-ch v Äamberce 

(Ö. c. m. 1890, pp. ^147— 151). 

1891. Albert, E. : PamiCtky po Bratrfch cesk;fch v Kunwalde 

(Ö. c. m. 1891, pp. 209—214). 
NoviCk: Spor Bratff sp. Vojtechem z Pemäteina v Prost^- 

jove r. 1557 a 1558 (Ö.c.m. 1891, pp. 43—56, 197—214). 
Wolkan, R.: Das Kirchenlied der böhmischen Brüder im 

XVI. Jahrh. Prag, A. Haase. 

1893. Burckhardt, G.: Die Brüdergemeine. Gnadau, Unitäts- 
Buchhdlg. 

(Anmerkung: Die vorliegende Zusammenstellung kann in keiner 
Weise Anspruch auf Vollständigkeit machen ; eine solche wäre nur von Prag 
aus möglich und sehr erwünscht.) 

R. W. 



Besprechungen. 



Didaktik als Bildungnlehre nach ihren Beziehungen zur Social- 
forschung und zur Geschichte der Bildung dargestellt von Otto 
Willmami. Zweite verbesserte Auflage. Einleitung. Die geschicht- 
lichen Typen des Bildungswesens. S. XV u. 426. Braunschweig, 
Druck und Verlag von Friedrich Vieweg u. Sohn, 1894. Preis 
6 Mk. 50 Pfg. 

Bei der ungeheuren Zahl den Büchermarkt jahraus jahrein über- 
flutender schlechthin wertloser sogenannter pädagogischer Schriften, 
die leider immer Käufer finden, ist die zweite Auflage eines streng 
wissenschaftlichen pädagogischen Specialwerks wie die Didaktik Otto 
Willmanns, wenn sie auch erst nach 12 Jahren erscheinen kann, als 
ein nicht zu unterschätzender Erfolg zu betrachten. Referent begrüsst 
sie mit um so grösserer Freude, weil er für seine seit 10 Jahren an 
der Universität Halle gehaltenen Vorlesungen über Pädagogik keinem 
andern Werk soviel Anregung verdankt, als diesem. Willmann ver- 
dient in der wissenschaftlichen Didaktik der Gegenwart die Stellung, 
welche Lotze in den siebziger Jahren und darüber hinaus in der 
Philosophie einnahm. Irre ich nicht, so hat sich Willmann in der 
That Lotze, dem ich ihn vergleichen möchte, zmn Vorbild genommen. 
Wie Lotze legt auch Willmann auf die sprachliche Darstellung, ins- 
besondere darauf, den Ausdioick im einzelnen und kleinen zu einem 
treffenden zu gestillten, das grösste Gewicht. Dieses Streben, bei 
lieiden durchweg von glücklichem Erfolge gekrönt, führte aber doch 
auch hier inul da, bei Lotze in dem Mikrokosmos, bei Willmann in 
der ersten Auflage der Didaktik, zu einer gewissen die Klarheit in 
etwa beeinträchtigenden Künstlichkeit des Ausdrucks. Lotze hat 
diese Mängel des Stils, die im Mikrokosmos noch öfter die Lektüre 
behindernd hervortreten, in seinem Anfang der achtziger Jahre er- 
schienenen System der Philosophie völlig überwunden. Hier ist alles 
abgeklärt, die Darstellung fliesst leichthin, dem Verständnis keinerlei 
Schwierigkeiten bietend. Ahnliches gilt (auch die zweite Auflage der 
Didaktik hat, wie mich eine Reihe von Stichproben überzeugten, viel- 
fach die bessernde Feile erfahren, wie das auch Vorrede S. VIII 
betont wird) von dem eben erschienenen ersten Bande der gross an- 
gelegten auf drei Bände berechneten Geschichte des Idealismus von 
Willmann, ein Werk, das — wie ich schon hier einer späteren 
Besprechung vorgreifend bemerke auch darin mit Lotzes System der 

Monatshefte der Comeuius-Gesellscliaft. 1895. a 



50 Besprechungen. Heft 1 u. 2. 

Philosophie ähnlich — , wenigstens in der ersten Hälfte des ersten 
Bandes, trotz der mannigfachen und wertvollen Anregungen, die es 
bietet, des Problematischen und Anfechtbaren viel enthält und inso- 
fern, ebenso wie Lotzes System hinter seinem Mikrokosmos, hinter 
der Didaktik zurücktritt, die durch ihre vermittelnde versöhnende Art» 
ähnlich wie der unschätzbare Mikrokosmus, einen Widerspruch kaum 
aufkommen lässt. Auch sachlich steht Willmann vielfach Lotze nahe. 
Anklänge an Herbart, als dessen nicht sklavisch abhängigen, sondern 
frei denkenden Schüler sich Willmann einführt und bekennt, finden 
sich auch bei Lotze. Der Philosoph Lotze freilich bekämpft den 
Philosophen Herbart, der Pädagoge Willmann hingegen, wie natür- 
lich bei der unbestrittenen Vorzugsstellung, die Herbart als Pädagogen 
gebührt, sucht den Pädagogen Herbart zu verbessern und zu er- 
gänzen. Lotze ist Philosoph und steht als solcher mitten in der — 
wenn man will weltfremden — Wissenschaft; er ist Psychologe und 
Metaphysiken Willmann können wir nicht einen Psychologen, noch 
weniger einen Metaphysiker nennen ; er ist Pädagoge, steht als solcher 
mitten im Leben, ist vor allem gründlich soeiologisch und historisch 
— was Lotze abgeht — orientiert. Was Lotze dem Psychologen 
war und noch ist, ist Willmann dem pniktischen Schulmann. An 
die Stelle der psychologischen Analyse der Vorgänge Lotzes, wie sie 
das Ideal der philosophischen Vorlesungen bildet, tritt bei Willmann 
die logisch-sprachliche Analyse der Begriffe, die in der Praxis des 
Schulunterrichts die erste Rolle spielt. Beide sind in dieser Hinsicht 
durch ihre Schriften vorbildlich; man sieht sie so zu sagen, während 
man ihre Schriften liest, au der Arbeit, man empfindet sogar die 
Mühe der Arbeit mit und nimmt gern an derselben teil. Überall 
merkt man wie bei Lotze den beständig psychologisch reflektierenden 
Forscher, so bei Willmann den in der Praxis gebildeten und aus 
einer reichen Praxis wie aus dem Vollen schöpfenden Schulmann. 
Hervorragende, mitten in der Praxis stehende Schulmänner, wie z« B. 
der verstorbene Direktor der Frankeschen Stiftungen Otto Frick, 
sagten mir denn auch, dass sie für die Praxis des Schulunterrichts 
ebenso wie ich für meine pädagogischen Vorlesungen Willmanns 
Didaktik mehr als andern Werken zu Dank verpflichtet seien. Ähn- 
lich sind sich Lotze und Willmann auch darin, dass beide keine 
Lust am Einreissen und Zerstören, an bloss negativer Kritik zeigen, 
sondern aufbauend das Alte konservierend, rekonstruierend und mit 
dem Neuen verknüpfend wirken wollen. Lotze machte es sich zur 
Aufgabe, gegenüber der mechanischen Weltanschauung das Recht des 
Gemüts, des Glaubens zur Geltung zu bringen, Kopf und Herz, 
Verstand und Gefühl mit einander zu versöhnen. Man wird kaum 
sagen können, dass sein Streben in dieser Hinsicht von durch- 
schlagendem Erfolg begleitet ist. Willmann macht kein Hehl daraus, 
da«s ihm das Christentum und zwar nicht das rationalistisch zurecht- 
gestutzte, sondern das geschichtliche in seinen Grundzügen in allen 



1895. Besprechungen, 51 

Perioden seiner Entwicklung sich gleichbleibende Christentum — auch 
die Reformation hat ja nichts Neues gebracht, sondern nur das von 
Äusserlichkeiten überwucherte innere Wesen des Christentums frei 
gemacht und so zu sagen bloss gelegt — als Ziel- und Mittelpunkt 
als Herz und Seele wie der Menschheit so insbesondere auch ihrer 
Erziehung und ihres Unterrichts gilt. Wir alle haben uns in dieser 
Hinsicht natürlich langst praktisch entschieden, die einen zustimmend, 
die andern ablehnend; aber für unsere Kinder, für ihren Unterricht^ 
für die Leitung der Schulen, die sie besuchen, werden viele, auch 
wenn sie sich zur letzteren Gruppe rechnen, so inkonsequent es ist, 
geneigt sein, mit grösserer oder geringerer Entschiedenheit auf die 
Seite Wilbnanns zu treten. Die Ansicht bricht sich in immer weiteren 
Kreisen Bahn, dass es der Jugend wenigstens nicht schaden könne, 
ja sogar nützen müsse, wenn sie die strenge Zucht des Christentums 
an sich erfahre und, mit Piaton in den Gesetzen zu reden, so lange 
fremder Ansicht folge, als sie noch nicht zu eigener Einsicht heran- 
gereift sei. Diese praktische Rücksicht beiseite ist es allerdings die 
Frage, ob sich die Ansicht Willmanns von der Stellung des Christen- 
tums innerhalb der Menschheit und für die Erziehung und den Unter- 
richt wissenschaftlich rechtfertigen und gegen alle Einwürfe als stich- 
und probehaltig erweisen lässt. Den Versuch, das zu thun, macht 
Willmann natürlich nicht in der Didaktik, sondern im umfassendsten 
Sinne in seiner Geschichte des Idealismus, deren erster das Altertum 
behandelnder Band vorliegt. Von diesem Gesichtspunkt aus, den 
wir hier nicht weiter verfolgen können, muss diese Geschichte des 
Idealismus gewürdigt werden. (Man vergleiche, was Willmann selbst, 
Didaktik erster Band zweite Auflage Vorrede 8. VII und VIH, in 
dieser Hinsicht sagt.) Ich bemerke nur noch, dass das religiöse 
Element nirgends bei Willmann, ebenso wenig wie bei Lotze, in auf- 
dringlicher Weise sich geltend macht oder gar der rein sachlichen 
Behandlung Abbruch thut. Es war ein glücklicher Gedanke Lotzes, 
in seinem Mikrokosmos die Quintessenz der Philosophie mit Aus- 
schluss alles bloss akademischen und formalen Beiwerks zusammen- 
zufassen. In ähnlicher Weise hat Willmann in seiner Didaktik die 
Quintessenz der Pädagogik, soweit sie für den höheren Schulunterricht 
in Betracht kommen kann, dargestellt. Wie sehr man auch den 
Primat des Willens gegenüber dem Intellekt betonen mag, hier gilt 
sicher das Wort Dieters: Durch den Kopf zum Herzen, keine Wärme 
ohne Licht. Es ist das Verdienst Willmanns, die Didaktik als 
Bildungslehre zu einer selbständigen von der eigentlichen Erziehungs- 
lehre oder Pädagogik unabhängigen Disciplin gestaltet zu haben. 
(Über das Verhältnis von eigentlicher Pädagogik und Didaktik ver- 
gleiche man die vorzüglichen Ausführungen von Willmann, Didaktik I 
8. 82 — 84.) Lotze knüpft in seinem Mikrokosmos seine Ausein- 
andersetzungen überall an die Naturwissenschaft an. Willmann hin- 
gegen macht sich die Anschauungen der Gesellschaftswissenschaft 



52 Besprecliungeii, Heft 1 u. 2. 

oder Socialforschung zu nütze. Der Begriff der socialen Lebenn- 
erneuerung und des socialen Verjüngungsprozesses des Menschheits- 
organismus und die ihm entsprechende ethische (Pädagogik) und 
intellektuelle (Didaktik) Angleichung der jüngeren Generation an die 
ältere stehen bei Willmann, ebenso wie bei Lotze die mechanische 
Weltanschauung und die mechanische Lebenserklärung, im Vorder- 
grund. Ich begnüge mich für die Anzeige der zweiten Auflage des 
ersten Bandes der Didaktik Willmanns mit dieser Gegenüberstellung 
Lotzes und Willmanns, da ich auf den vorwiegend geschichtlichen 
Inhalt dieses Bandes in der Besprechung der Geschichte des Idealis- 
mus näher einzugehen gedenke. Eine genaue Analyse des Inhalts, 
wie sie zum Teil die ausführlichen Besprechungen der ersten Auflage 
von Otto Frick (Lehrgänge und Lehrproben 1890 Heft 23 8. 15—83) 
und von dem Jesuitenpater Heinrich Pesch (Stimmen aus Maria 
Laach 1891 Heft 7 S. 204—211) gegeben haben, liegt nicht in 
meiner Absicht. Sie könnte von dem wirklichei) Werte der Didaktik 
doch nur eine ganz oberflächliche Vorstellung geben. Den Lehrern 
aller Stufen rufe ich zu: Nimm und lies! Wenn sie das Buch ge- 
lesen haben, werden sie sicher sagen, dass sie ihm für ihre Unter- 
richtspraxis vieles verdanken. 

Halle a. d. Saale. Goswin K. Uphues. 

Uphues, Goswin K., Die Psyc^hologie des Erkeuneus vom 
empirischen Standpunkte. Erster Band. Leipzig. Engelmann. 1893. 
VIII u. 318 S. 

Der Verfasser bietet in diesem Bande ausser allgemeinen 
methodischen Vorbemerkungen eine Theorie des Bewusstseins uml 
der Wahrnehmung, um auf Grund derselben die Entstehung des 
Weltbildes des gewöhnlichen Bewusstseins zu erklären. Ein Anhang 
bespricht die Bewusstseins- und Wahrnehmungstheorie des Piaton 
und Aristoteles. 

Den Ausgangspunkt für alle Erkenntnis bilden die Thatsachen 
des Bewusstseins. Nichts ist uns so unmittelbar gewiss, wie unsere 
umeren Erlebnisse, unser Empfinden, Vorstellen, Fühlen und Wollen. 
Die innere Erfahrung ist im Verhältnis zu den Gegenständen, welche 
wir als unabhängig von unserem Bewusstsein bestehend annehmen, 
das primäre, nicht erst abgeleitete. Die Bewusstseins Vorgänge ent- 
halten stets einen Hinweis auf ein Jenseits des Bewusstseins, auf 
Tran scen den tes. Eine Erkenntnis des letzteren ist sicher nur vom 
Immanenten aus zu gewinnen. Die Erkenntnis ist nicht etwa auf 
das Iimnanente beschränkt; es giebt Bewusstseinsvorgänge, die ihrer 
Natur nach auf das Transcendente gerichtet sind, und gerade die 
innere Erfahrung drängt die Erforschung des Verhältnisses unserer 
Vorstellungen zum Transcendenten auf. Die Metaphysik hat zu 
erforschen, ob wir eine Erkenntnis des Transcendenten zu gewinnen 
vennögen und ob es überhaupt ein Transcendentes giebt. Sie kann 
eine wissenschaftliche Begründung einzig durch die Psychologie er- 



1895. Besprechungen. 53 

langen, da die Beantwortung jener Fragen psychologische Analysen 
des Bewusstseinsy seiner Thatsachen und Vorgänge voraussetzt 

Uphues steht auf dem Boden des Empirismus und sucht im 
strengsten Anschluss an die Thatsachen der Erfahrung seine Theorie 
der Wahrnehmung und der Entstehung unseres Weltbildes zu ent- 
werfen. Die Kenntnis des Transcendenten , sowohl der Dinge wie 
ihrer Vorgänge, wird uns zunächst in der Empfindung vermittelt, 
trotzdem müssen wir aber zugestehen, dass wir von der Überein- 
stimmung der Empfindungen mit dem Transcendenten ein auf Ein- 
sicht beruhendes, sicheres Wissen nicht zu gewinnen vermögen. 
Dennoch aber können wir auf mittelbarem Wege eine freilich nicht 
in einer sicheren, wohl aber in einer wahrscheinlichen Erkenntnis 
bestehenden Einsicht bezüglich des Transcendenten erreichen. Wir 
können uns über das Transcendente auch Gedanken und Vorstel- 
lungen bilden, die mit den Empfindungen nicht übereinstimmen. 
„Thun wir dies, so betreten wir das Gebiet der Hypothesen, worunter 
wir, sofern es sich um das Naturerkennen handelt, Annahmen ver 
stehen, die mit den Empfindungen, in denen uns das Transcendente, 
das wir Natur nennen, zum Bewusstsein kommt, nicht übereinstimmen. 
Ein Recht zu solchen Annahmen haben wir jedenfalls, wenn die 
Empfindungen, in denen wir uns das Transcendente vergegenwärtigen, 
entweder selbst mit einander in Widerspruch stehen oder doch zu 
widersprechenden Vorstellungen und Gedanken führen. Wo dies 
nicht der Fall ist, da scheint auch kein Recht zu solchen Annahmen 
vorhanden zu sein. Wir unterscheiden demnach berechtigte und un- 
berechtigte Hypothesen." Zu den unberechtigten Hypothesen rechnet 
Uphues die Annahme von Kräften und hervorbringender Ursachen, 
femer die animistische Theorie. Seine bezüglichen kritischen Be- 
merkungen sind von durchdringender Klarheit. Der Verfasser sucht 
zugleich Positives an die Stelle zu setzen, beziehungsweise eine wissen- 
schaftliche Fassung für diese Begriffe zu gewinnen. 

Die Psychologie des Erkennens hat nach Uphues alle meta- 
physischen Gedankengange zu vermeiden. Sie ist in erster Linie 
beschreibende Psychologie. Bei allen ihren Untersuchungen muss sie 
eine sorgfältige Analyse der zur Anwendung kommenden, in der 
Sprache ausgeprägten Begriffe vornehmen, da wir in der Sprache ein 
fertiges Erkenntnissystem erhalten, das uns oft in nicht wünschens- 
werter Weise beeinflusst, da selbes meist auf den naiven Voraus- 
setzungen des gewöhnlichen Bewusstseins über die inneren Vorgänge 
aufgebaut ist. Allerdings hat auch die reflexive Betrachtung ihre 
Gefahren, da man etwas in die Bewusstseinsvorgänge hineinträgt und 
das, was nur Ergebnis der Reflexion ist, als ursprünglichen Bestandteil 
betrachtet. Die Bewusstseinsvorgänge dürfen auch nicht als beharr- 
liche Objekte gleich den Dingen betrachtet werden, sondern sind 
wechselnde Vorgänge, die allerdings mit den früheren sich decken. 
Die Psychologie des Erkennens hat denn auch diese Ähnlichkeiten 



54 Besprechungen. Heft 1 u. 2. 

zu • erforschen ; sie gelaugt dadurch zu Klassenbegriffen von Bewusst- 
seinsvorgängen, d. h. Gesetzen. Die Bewusstseinsvorgange könnte 
man vielleicht am besten kennzeichnen, wenn man sie als Funktionen 
auffasst. Gesetzmässige Änderungen des Einen haben gesetzmässige 
Änderungen des Anderen zur Folge. Die Psychologie des Erkennen s 
fasst dementsprechend auch das Abhängigkeitsverhältnis der Bewusst- 
seinsvorgange ins Auge, insbesondere erfasst sie auch die Entwicklung 
des Bewusstseins vom Einfachen zum Zusammengesetzten, sie bedient 
sich ebenso der vergleichenden wie der genetischen Methode. 

Diese allgemeinen methodischen Grundsätze werden von Uphues 
gewissenhaft in den Einzelausführungen befolgt. Die Analysen des 
Bewusstseins und der Wahrnehmung und der Abschnitt „Entstehung 
unseres Weltbildes" zeichnen sich durch strenge Methode aus und 
bedeuten eine wirkliche Bereicherung der philosophischen Forschung. 
Eine Reihe von Ergebnissen ist unanfechtbar und giebt den Beweis 
dafür, da«8 die befolgte Methode die richtige ist, um auch in der 
Philosophie feste Erkenntnisse zu erlangen. Wenn in diesen Bahnen 
rüstig weitergearbeitet wird, dann ist Aussicht vorhanden, dass endlich 
auchiiin der Philosophie die Systembilderei ein Ende erreiche und 
dass auch sie zu einer Wissenschaft gleich den anderen erhoben werde. 

Man darf mit Spannung dem zweiten Bande entgegensehen. 

R. H. 

J. Böhm, Geschichte der Pädagogik mit Charakterbildern her- 
vorragender Pädagogen und Zeit<*n. Nürnberg, Fr. Korn, 2 Bände, 
310, bezw. 368 S. 

Einen Kommen tai* zu seiner „Kurzgefassten Geschichte der 
Pädagogik" nennt der durch zahlreiche Publikationen besonders in 
seinem engeren Heimatlande Bayern vorteilhaft bekannte Verfasser 
sein Werk. Li der That schliesst sich das grössere Werk dem 
kleineren in Anlage und Einteilung vollständig an. — Der Verfasser 
hat die pragmatisch - biographische Methode für seme Darstellung 
gewählt: in die fortlaufende Geschichte der Entwicklung der päda- 
gogischen Ideen sind Schilderungen des Lebens und Strebens grosser 
Pädagogen eingeflochten. — Nachdem der Verfasser euileitend den 
Begriff der Geschichte der Pädagogik festgestellt hat, spricht er 
weiter über Aufgaben, Ziele, Umfang, Methode, Wert, Quellen, Ein- 
teilung und Litteratur derselben. Zum Gegenstand seiner Darstellung 
selbst übergehend, sucht er zunächst der verhältnismässigen Be- 
deutungslosigkeit der Chinesen, Inder, Perser und Egypter abzu- 
gewinnen, was nur irgend abgewonnen werden kann. Mit der 
Geschichte der Erziehung bei den Juden gewinnt der Verfasser dann 
die Brücke zu der Darstellung der pädagogischen Ideen bei den 
Griechen. Sehr fesselnd ist insbesondere der Abschnitt über die 
berühmtesten Lehrer Griechenlands, von denen Sokrates eine ein- 
gehende Behandlung gefunden hat. Weit geringer ist die Ausbeute 
an pädagogischen Gedanken bei den Römern; doch bieten die Lebens- 



1895. Besprechungen. 55 

bilder von Cicero, Seneca und Quintilian immerhin manches Anregende. 
Ein Rückblick leitet hinüber zur Betrachtung der Zeit nach Christi 
Geburt. Ein warmer religiöser Sinn ohne Engherzigkeit und Un- 
duldsamkeit tritt uns in der Darstellung Christi selbst entgegen. 
Das lebhafteste Interesse erwecken in der Schilderung der folgenden 
Zeitabschnitte und weiterhin durch das ganze Werk Stellen aus zeit- 
genössischen Schriften; hier sei z. B. auf das Tagebuch Walafried 
Strabos, das ein sehr genaues Bild über das Getriebe in einer mittel- 
alterlichen Klosterschule giebt, sowie auf die bekannte Selbstbiographie 
Platters hingewiesen, welch letztere das Leben der fahrenden Schüler 
mit Anschaulichkeit schildert. Mit der Darlegung über die Ent- 
stehung der Universitäten und die Wiederbelebung des klassischen 
Altertums durch die Humanisten ist 'die Überleitung zur Reformation 
gegeben. Mit ersichtlicher Wärme verweilt der Verfasser bei der 
markigen Gestalt Luthers, dessen gesunde pädagogische Ideen ein- 
gehend dargelegt sind. Sein Schreiben „an die Bürgermeister und 
Ratsherren allerlei Städte in deutschen Landen" ist nahezu unverkürzt 
wiedergegeben. Kürzer werden die übrigen Reformatoren behandelt. 
Aus der Zeit der Gegenreformation finden die erzieherischen Be- 
strebungen der Jesuiten umfassendere Besprechung. Weiterhin sind 
mehrere Kirchenordnungen, die den Grund zur Entstehung einer 
eigentlichen Volksschule legten, im Auszuge mitgeteilt. Mit dem 
trüben Ausblicke auf den 30jährigen Krieg, der alle Ansätze zu 
einem, geordneten Volksschulwesen vernichtete, schliesst der erste Band. 
Der zweite Band führt uns zunächst die Männer vor, die in 
Gegensatz zu der streng kirchlichen Erziehung traten. Wir finden 
neben andern Baco, Ratichius, den „Vater der Didaktik", und als 
Grössten Johann Arnos Comenius gezeichnet. Mit ansprechender 
Wärme werden die Verdienste des grossen Böhmen um die Bildung 
der Menschheit dargelegt; aus seiner „grossen Unterrichtslehre" ist 
ein umfassender Auszug gegeben, aus seinem „Orbis pictus" der 
Abdruck zweier Seiten beigefügt. Der geistreiche Locke, dessen 
Anschauungen über Erziehung und Unterricht weiterhin geschildert 
werden, gehört ja eigentlich der Volksschule nicht an. Um so mehr 
ist dies der Fall bei den Pietisten, denen das folgende Kapitel ge- 
widmet ist. Hier erweckt die Gestalt des Gründers des Halleschen 
Waisenhauses und der damit verbundenen Anstalten unsere ganz 
besondere Teilnahme. Aus einem Werke Frankes sind dessen An- 
schauungen über körperliche Züchtigung mitgeteilt, Anschauungen, 
wie sie treffender auch heute noch nicht gedacht werden können. Der 
folgende Abschnitt beschäftigt sich mit Rousseau, von dessen „Emil" 
eine Inhaltsangabe geboten ist. Wie bei allen vorausgehenden und 
nachfolgenden Pädagogen geht der wörtlichen oder inhaltlichen Wieder- 
gabe aus den Hauptwerken eine kurze Lebensbeschreibung voraus, 
während eine erschöpfende Kritik folgt. Letzteres ist besonders im 
Interesse jüngerer Lehrer zu begrüssen. Gerade sie könnten durch 



56 Besprechungen. Heft 1 u. 2. 

80 geistreiche Ansichten, wie sie beispielsweise Rousseau vorbringt, 
sich blenden lassen. — Im weiteren wird die Thätigkeit der auf 
Rousseaus Schultern stehenden deutschen Philanthropisten geschildert, 
unter denen besonders der unstete Basedow und der edle Salzmann 
eingehende Darstellung finden. Aus Basedows Hauptschriften und 
aus Salzmanns „Ameisenbüchlein" sind Proben mitgeteilt. In ähn- 
licher Weise werden noch Rochow und Felbiger gewürdigt. Mit 
einem Rückblick auf den Zustand der Lehrerbildung und der Volks- 
schulen schliesst die Betrachtung des 18. Jahrhunderts. — Die Ein- 
leitung zur Behandlung, der deutschen Volksschule im 19. Jahrhundert 
bildet die Geschichte Pestalozzis. Mit warmer Begeisterung ist der 
Lebensgang dieses Mannes geschildert, sind seine schöpferischen Ideen 
gekennzeichnet, seine Leistungen gewürdigt. Der letzte Teil des 
Werkes besteht hauptsächlich aus dem Nachweise, wie die Bestre- 
bungen dieses Grossmeisters der Erziehungswissenschaft innerhalb und 
ausserhalb der Fachkreise immer mehr Anhänger und Vertreter ge- 
wannen und wie sie infolge dessen mehr und mehr in die That 
umgesetzt wurden. Unter den Nachfolgern Pestalozzis findet besonders 
noch Diester\i'eg eine ausführlichere Darstellung. Vielleicht dürfte 
hier der Wunsch angezeigt sein, es möge bei der wx'itgehenden Be- 
achtung, deren sich die sogenannte „wissenschaftliche Pädagogik" in 
Lehrerkreisen neuerdings zu erfreuen hat, bei einer Neuauflage Herbart 
und namentlich der nur flüchtig erwähnte Ziller eine etwas um- 
fassendere Bearbeitung finden. — Mit einem Anhange, in dem die 
Entwicklung des bayerischen Volksschulwesens dargelegt ist, schliesst 
das verdienstvolle Werk. 

Wenn der Verfasser es sich zum Ziele gesetzt hat, jüngeren 
Lehrern „eine tiefere Einsicht in ihren Beruf zu verschaffen" und 
sie „an den Beispielen edler und hochherziger Menschenbild ner für 
die heilige Sache der Jugendbildung zu begeistern", so ist ihm dies 
im vollsten Masse gelungen. Mit besonderem Geschick hat er Stellen 
aus den Schriften grosser Pädagogen so ausgewählt, dass dieselben 
nach und nach über alle wichtigeren Gebiete der Volksschulpädagogik 
zu Worte kommen. Durch das Ganze weht ein wanner Hauch der 
Begeisterung für Menschenwürde, wie sie jeden Erzieher beseelen 
sollte. Der jüngeren Lehrerwelt sei das Werk aufs angelegentlichste 
empfohlen; ältere Lehrer werden sich neue Begeisterung für ihren 
Beruf aus dem Werke holen und zugleich die vielseitigsten An- 
regungen daraus empfangen. Es sollte in keiner Lehrerbibliothek 
fehlen. 

München. K. Gutmann. 



Litteraturbericht. 



In der Revue internationale de Tenseignemet 13. Annee, 
Nr. 5 S. 441 ff. (Redacteur eu chef M. Edniond Dreyfus - Brisac) 
veröffentlicht Jacques Parmentier einen Aufsatz über Jean Louis 
Vives, de ses th6ories de TMucation et de leur influence sur les 
p^dagogues anglais, den wir der Aufmerksamkeit unserer Leser em- 
pfehlen. Er behandelt eine Seite aus der Geschichte des Vives und 
seines Systems, die bisher in Deutschland wenig oder keine Beachtung 
gefunden hat, nämlich sein Fortleben in England. Herr Professor 
Parmentier in Poitiers (der ebenso wie Herr Dreyfus-Brisac Mitglied der 
CG. ist) hat sich sehr eingehend gerade mit der Geschichte der Er- 
ziehungslehre beschäftigt und ist daher auf diesem Felde einer der 
zuständigsten Beurteiler, die wir heute besitzen. Was Herr Parmentier 
in seinem Aufsatz über die Vernachlässigung des Spaniers Vives 
seitens der deutschen Wissenschaft sagt, mag auf frühere Zeiten zu- 
treffen, heute wird aber Vives' Bedeutung gerade in Deutschland 
nachdrücklich anerkannt; wir haben den Namen des Vives mit gutem 
Grund im Arbeitsprogramm unserer Gesellschaft ausdrücklich genannt. 

K. 

Der vor kurzem vollendete 3. Band des im Auftrage der Görres- 
gesellschaft von A. Bruder herausgegebenen „Staatslexikons'' (Grotius 
bis Ökonomie) bringt u. a. Artikel über Hugo Grotius (von Brischar, 
Spalte 1 — 4), Krause (v. Grupp, Sp. 860 — 863), Leibniz (v.J. Bach, 
Sp. 1084—1092) und Locke (v. J. Bach, Sp. 1129—1235). Wenn 
auch der Aufgabe des Staatslexikons gemäss das Hauptgewicht auf 
die sozial-politischen Anschauungen dieser Männer gelegt worden ist, 
so findet doch beiläufig auch ihr religiöser, philosophischer und päda- 
gogischer Standpunkt eine Charakteristik und Würdigung. Wir können 
hier nur die Punkte kurz hervorheben, in welchen sich die Bestrebun- 
gen der Genannten mit denen unserer Gesellschaft berühren. Wie 
weit ihre Wege und Ziele im übrigen auch auseinandergingen, in 
einem Punkte treffen sie zusammen: in dem Streben nach Einigkeit 
und Frieden. Bei Grotius erinnert Brischar an die vielübersetzte 
Schrift „De veritate religionis christianae ", in welcher der Verfasser 
auf das hinweist, „was dem Menschen Ruhe, Trost und Freudigkeit 
geben mag im irdischen Leben und ihm eine fröhliche Aussicht er- 
öffnen in die Dunkelheit der unendlichen Zukunft". — Den Kern 
von Krauses Philosophie fasst Grupp in die Worte zusammen: 



58 Litteraturbericht. Heft 1 u. 2. 

„Die Menschheit organisiert sieh nach dem physischen Zusammenhang 
in Familien, Gemeinden, Stämmen, Völkern und Völkervereinen, nach 
den ethischen Lebenszwecken, Religion, Wissenschaft, Kunst, Er- 
ziehung, Sittlichkeit, Recht, in besonderen Vereinen. Das Ideal wäre 
ein Gesamtorganismus aller dieser Vereine, der das Göttlich-Mensch- 
liche in Einheit und Gemeinsamkeit pflegen würde." — An Leibniz 
rühmt Bach sein Trachten, das religiös und politisch zerrissene deutsche 
Volk durch Bildung und Gesittung zu seiner einstigen Grösse zurück- 
zuführen. Den Philosophen beseelt die grosse Idee der Wiederver- 
einigung der Protestanten mit der katholischen Kirche und unter sich. 
Er kämpft für die Pflege seiner deutschen Muttersprache, für den 
Ausdruck deutscher Gesinnung und Gesittung. Seine Wissenschaft 
soll dem Wohle des Volkes dienen, sie soll nützlich sein fürs Leben. 
Daher die Betonung des Anschauungsunterrichtes, daher die Pflege 
der Realien. Ausdrücklich weist Bach in diesem Punkte auf die 
Verwandtschaft mit Vives, Ratichius, Comenius uiid Aisted hin. — 
Auch Lgcke endlich hat der Gedanke einer „Vereinigung sämt- 
licher Konfessionen und Sekten auf dem Grunde der in der heiligen 
Schrift niedergelegten Fundamentallehren" vorgeschwebt B. 

Wir haben an dieser Stelle auch der Aufsätze zu gedenken, 
welche die Allgemeine Deutsche Biographie über die Männer 
unseres Forschungsgebietes bringt. Auf dem Gebiete des Huma- 
nismus kommt für uns aus dem im vorigen Jahre vollendeten 
35. Bande (Spalatin — Steimnar) besonders der Artikel „Spalatin" 
in Betracht, daneben vielleicht noch „Spangel", „Stabius", „Stein- 
berg" und „ Steinhöwel ". Der eingehende Bericht über Georg 
Spalatin (S. 1 — 29), von dem eine besondere Lebensbeschreibung 
bislang noch fehlt, trägt den Namen Georg Müllers. Der ehi- 
flussreiche Vertraute und gewissenhafte Biograph der sächsischen 
Kurfürsten Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen, 
der weitbekannte Humanistenfreund, gehört zu den Männern, die, 
„obwohl selbst nicht geistig hervorragend, durch die Förderung, die 
sie den führenden Geistern ihrer Zeit zu teil werden Hessen, sich 
ein Anrecht auf den Dank der Nachwelt erworben haben". — 
K. Hartfelder behandelt kurz den um die Universität Heidelberg 
verdienten Pallas Spangel (S. 32 f.), den Lehrer Wimpfelings und 
Melanchthons. — Johannes Stabius, der Schützling Kaiser Maxi- 
milians, engbefreundet mit Konrad Celtis (Berichterstatter: Krone s, 
S. 337), möge hier wegen seiner Verdienste auf dem Felde der Mathe- 
matik, Geographie und Astronomie genaimt sein. — Von dem Bres- 
lauer Nikolaus Steinberg, f 1610, führt Markgraf (S. 690) 
das ihn charakterisierende Wort eines seiner Schüler an, „er ziehe 
eine Schule mit guter Zucht und geringerer Wissenschaft einer solchen 
vor, an der das Verhältnis umgekehrt sei". — Grösseren Raum 
nimmt nieder der Aufsatz Philipp Strauchs über Heinrich 
Steinhöwel (S. 728 — 736) ein, einen der ältesten Vertreter der 



1895. Litteraturbericht. 59 

deutschen Frührenaij*sance, dem nein Bestreben, bekannte frenid- 
8prachige Werke in Übersetzungen zum Gemeingut seines Volke« zu 
machen — es sei nur an seinen Aesop erinnert — einen Platz in 
unsem Heften sichert B. 

Das soeben erschienene 1. Heft des 15. Jahrg. des Jahrbuchs 
für die Geschichte des Protestantismus in Österreich (Wien u. Leipzig, 
Jul. Klinkhardt) enthält einige Aufsätze und Nachrichten, die auch 
für die CG. von Interesse sind. Prof. Dr. Loesche in Wien setzt 
die Sammlung der evangelischen Kirchenordnungen Österreichs fort 
und bringt in dem vorliegenden Heft die Ordnung von Joachimsthal 
in Böhmen aus dem Jahre 1551 zum Abdruck. Th. Unger, Landes- 
arehiv- Adjunkt in Graz, bringt die Fortsetzung seines früher begonne- 
nen Aufsatzes über eine „Wiedertäufer-Liederhandschrift des XVII. 
Jahrhundert" d. h. die Handschrift eines Liederbuchs der mährischen 
Brüder, die später das Schicksal der böhmischen Brüder im 17. Jahr- 
hundert teilten. Wir haben schon früher bemerkt, dass Comenius 
diese Gemeinden gekannt und geschätzt hat. Unter den „Miscellen" 
bringt Dr. G. Bossert unter Bezugnahme auf das auch von uns 
besprochene Buch Nicoladonis über Joh. Bünderlin von Linz (s. M.H. 
der CG. 1894 S. 96 ff.) den Nachweis, dass der in den Täufer- 
Akten des IG. Jahrhunderts mehrfach genannte Hans Vischer aus 
Linz und Joh. Bünderlin ein und dieselbe Person bezeichnen. Bei 
der Bedeutung, die Bünderlin (z. B. für Seb. Francks geistige Ent- 
wicklung) gewonnen hat, sind die neuen Nachrichten, die uns dadurch 
erschlossen werden, von Wichtigkeit. K, 

Die ausführlichste Darstellung des deut«^chen Erziehungs- 
wesens im 16. Jahrhundert, die neuerdings erschienen ist, liegt in 
dem soeben ausgegebenen Bande von Johannes Janssens Ge- 
sohiohte des deutsohen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters 
(Freiburg i. Br. 1893) vor, den Ludwig Pastor aus dem Nachl&ss 
des Verfassers herausgegeben hat. Der Band führt den Untertitel: 
„Culturzustände des deutschen Volkes etc. Drittes Buch: Schulen 
und Universitäten. Bildung und Wissenschaft. Bücher-Censur und 
Buchhandel." Die Zeit des ausgehenden 16. Jahrhunderts, wo auf 
der einen Seite ein starrer staatskirehlicher Lutheranismus, auf der 
anderen die Gesellschaft Jesu herrschend waren, gehört in Bezug auf 
das Forschungsgebiet unserer Gesellschaft zu den unfruchtbarsten 
Zeitabschnitten, die wir kennen; hat doch selbst das 14. wie das 
15. Jahrhundert mehr Männer hervorgebracht, die für uns in Betracht 
kommen. Wir können daher die Schilderungen, die Janssen giebt, 
zum grossen Teil auf sich beruhen lassen; es ist nichts Neues, wenn 
er die Unerfreulichkeit der Zustände aktenmässig beweist und der 
Unterschied unserer Auffassungsweise besteht nur darin, dass wir 
weder auf der einen noch auf der anderen Seite unser Ideal finden, 
während die Vorliebe Janssens für die Gesellschaft Jesu ja bewusst 
oder unbewusst alle Urteile beherrscht. Gleichwohl muss das Buch 



60 Litteraturbericht. Heft 1 iL 2. 

(leshalb an dieser Stelle erwähnt werden, weil einige Äusserungen 
über Vorläufer des Comenius darin vorkommen, die von Wichtigkeit 
sind, und da muas denn gesagt werden, dass das Bild, das Janssen 
von diesen Männern entwirft, freundlicher ist, als fast alle anderen 
grau in grau gezeichneten Charaktere, die nicht zu den Konfessions- 
genossen des Verfassers gehören. Auf S. 602 ff. wird von Johann 
Valentin Andreae und Johann Arndt gehandelt^ die beide freilich 
schon wesentlich jener Epoche angehören, wo innerhalb des Protestan- 
tismus der Lutheranismus des 16. Jahrhunderts zurückzutreten anfing. 
„Ein der Polemik durchaus abholder, einem frommen, in Liebe 
thätigen Glauben zugewandter Mann", sagt Janssen, „war auch Johann 

Valentin Andreae Seine Selbstbiographie ist ein wichtige.*? 

Denkmal der Zeit. Über das ewige Polemisieren urteilt er: 

Auch hilft kein Zanken und Streitschrift 
So unser Leben bleibt vergift; 
Kein Buch Christum vertreten kann, 
Er will fromb Leut und Jünger han." 

„Die freundlichste Erscheinung", fährt Janssen fort, „unter 
der grossen Schaar der ,evangelischen Prediger* — dass er diese Be- 
zeichnung mit Anführungszeichen versieht, ist charakteristisch genug 
— ist unzweifelhaft der schon genannte Johann Arndt, auch von 
katholischer Seite nicht selten als ein ,christlicher Geistesheld* ge- 
rühmt .... Als Feind der scholastisch-polemischen Kanzelvorträge 
drang er in seinen Predigten ganz besonders auf »Reinigung des 
Herzens* und ,ungeheuchelte Liebe Gottes und des Nächsten*; der 
Glaube müsse sich überall durch Werke der Liebe bethätigen. Sein 
Hauptwerk, welches in protestantischen Kreisen bis auf die Gegen- 
wart eine Quelle religiöser Erbauung geblieben, sind die ,Vier Bücher 
vom wahren Christentum*, deren erstes Buch, aus Wochen predigten 
entstanden, im Jahre 1605 erschien; die erste vollständige Ausgabe 
des Werkes stammt aus dem Jahre 1610.** 

Sehr richtig schildert Janssen, wie Arndt, der von sich selbst 
nachdrücklich sagte', da.ss er seine Schriften durchaus im Sinn der 
Augsburgischen Konfession, der Katechismen Lutheri und der Con- 
cordienformel verstanden wissen wollte, im Grunde keineswegs luthe- 
risch war, und wie auch die lutherischen Zeitgenossen dies ganz richtig 
erkannten. Man predigte auf vielen lutherischen Kanzeln gegen ihn, 
als einen „Enthusiasten** und „Schwenkfelder**, und diese Anklage war 
tiefer begründet, als viele seiner damaligen Gegner ahnen konnten; 
denn ein Teil seiner „Vier Bücher vom wahren Christentum** war und 
ist in der That nichts anderes, als ein wörtlicher Abdruck alter 
täuferischen Traktate. Wir kommen vielleicht später einmal 
darauf zurück. — Verhältnismässig eingehend wird über Seb. Franck 
gehandelt, und obwohl das Urteil Janssens im ganzen ablehnend ist, 
so erhält Franck doch mi einzelnen hier und da eine recht gute 
Note. „Was Franck besonders auszeichnet**, sagt Janssen S. 302, 
„ist die Weite seines kulturgeschichtlichen Blicks, die scharfe Beobach- 



1895. Ldtteraturbericht. 61 

tung des Volkslebens, wie es sich unter seinen Augen entwickelte, 
vornehmlich der kirchlichen, der gesellschaftlichen und der wirtschaft- 
lichen Verhältnisse in den oberen und unteren Schichten des Volkes. 
Die deutsche Sprache handhabte er mit solcher Meisterschaft, dass 
er den besten Prosaisten des sechzehnten Jahrhunderts beizuzählen 
ist. Franck war Socialist, allein sein Socialismus ging nicht auf 
niedere Zwecke aus .... von der ,Thorheit des säuischen, rasenden, 
aufrührerischen, wankenden, vielköpfigen* Pöbels sprach er mit der 
grössten Geringschätzung." Dieser „Socialist" war nach Janssen „eine 
tief religiöse Natur", von dem nicht zu bezweifeln ist, dass die 
Religion ihm in Wahrheit „Sache des Herzens und der Liebe untl 
Mildthätigkeit gegen alle Nebenmenschen war, und da^'^s er lieber in 
Not und Armut leben, als um weltlicher Ehren und Vorteile willen 
seine Überzeugung hat opfern wollen". „Wie viele auch gegen ihn 
auftraten und ihn bekämpften, so konnte doch niemand mit Grund 
seinen Wandel verdächtigen." K. 

Die Vorlesung, die Dr. J. Evaosala beim Antritt seines Amtc^s 
als ord. Professor der historischen Theologie in Dorpat gehalten hat, 
behandelt die „Irenischen Bestrebungen zur Zeit des 30 jäh- 
rigen Kriegs'* (abgedruckt in den „Acta et coinmentationes Imp. 
Universitatis Jurieviensis [olim Dorpatensis]" 1894, Nr. 1). Kvacsala 
nimmt den Ausgang von dem durch die Bemühungen der böhmischen 
Brüder im Jahre 1570 zu Stande gekonnnenen Konsens von Sendomir, 
als dem ersten ernsten Versuch, eine Union von Lutheranern, Refor- 
mierten und böhmischen Brüdern zu vereinbaren; auch in Böhmen 
kam 1575 ehie sog. böhmische Konfession unter denselben Einflüssen 
zu Stande, der dann die Vereinbarung von 1609 zum weiteren Aus- 
bau verhalf. „Solche, die Einheit des Protestantisnms vertretende 
Männer, gab es (in Deutschland) . . . besonders unter den Reformier- 
ten, während die Lutheraner eine Annäherung fast ansnahmslos be- 
kämpften". Kvacsala weist dann auf eine Reihe von Vertretern dt»s 
Unionsgedankens besonders hin und nennt an erster Stelle den Lehrer 
des Comenius, David Pareus in Heidelberg; im Jahre 1618 ver- 
öffentlicht der Brüder-Pastor Bythner eine Schrift über die Ein- 
tracht der Evangelischen, die aber leider bis jetzt verloren ist. Näher 
besprochen werden dann die Bestrebungen des Duraeus, erwähnt 
werden Samuel Hartlieb, der Prediger Laubanus, Comenius, 
Hugo Grotius, Gotfried Hotton. Kvacsala verspricht auf S. 10 
Anm. 1 seiner Rede, dass er alle die für dieselbe benutzten Akten 
und Briefe wahrscheinlich noch im Laufe des Jahres 1894 mit Unter- 
stützung (ier Kaiserl. Franz-Josef- Akademie in Prag herausgeben werde. 
Wir können über die Rede selbst wie über diese Aussicht im Interesse 
unserer Bestrebungen nur unsere Freude aussprechen. K. 

Der böhmische Comenius- Verein in Prag hat im vorigen Jahre 
die sämtlichen homiletischen Werke, die Comenius hinterlassen hat, 
herausgegeben. Die Ausgabe ist von Pfarrer L. B. KaSpar besorgt 



62 Litteraturbericht. Heft 1 u. 2. 

worden und' tragt den Titel: Jana Amosa Komensk^ho Sebranä dila 
Kazatelskä. I. Umeni Kazatelsk^ 11. Käzäni. Prag 1893, 520 S. 
gr. 8®. Preis 2.50 fl. — Der erste Teil enthält Comenius' Homiletik, 
der zweite seine Predigten. Die Herausgabe ist eine verdienstvolle 
und dankenswerte Arbeit K. 

Unter dem Titel: „Bilder aus dem deutschen Leben des 17. Jahr- 
hundert. I. Eine vornehme Gesellschaft (Nach Harsdörffers Gesprächs- 
spielen)." Mit einem Neudruck der Schutzschrift für die deutsche 
Spracharbeit. Paderborn, Schöningh 1890 (81 8. M. 1,20) schildert 
R. Ho der mann die Zustande in Nürnberg mit Wendungen aus 
Harsdörffers „Frauenzimmergesprächen" in sehr geschickter und an- 
sprechender Weise; er führt uns in einen Kreis von Männern und 
Frauen, die in trauriger Zeit den Sinn für ideale Aufgaben pflegen 
und hoch halten. Harsdörffer, der die Seele dieses Kreises war, 
teilte die Vorliebe aller Männer von comenianischer Geistesrichtung 
für die Muttersprache und veröffentlichte im Jahre 1644 seine 
„Schutzschrift für die teutsche Spraeharbeit und derselben Beflissene", 
und es ist mit Dank zu begrüssen, dass Hodennann sie von neuem 
abgedruckt hat. K. 

Die von Dr. Joseph Reber, Kgl. Direktor der höh. weibl. 
Bildungsanstalt in Aschaffenburg, veröffentlichte Ausgabe von „John 
Miltons Essay „Of education". Englischer Text und deutsche 
Übersetzung mit Einleitung und erklärenden Erläuterungen (Aschaffen- 
burg. Wailandt'sche Druckerei Akt-Gesellsch. 1892. 23 und 46 8. 8®) 
enthält in der Einleitung ausser einer biographischen Charakteristik 
Miltons interessante und wohl manches Neue bietende Ausführungen 
über Lebensstellung und Bestrebungen zweier in des Comenius Lebens- 
gang, Entwicklung und Thätigkeit in bedeutsamer Weise eingreifender 
Männer, seiner Freunde Louis de Geer und Samuel Hartlieb, auf 
Grund der hierüber neuerschienenen Litteratur. Mit Recht erklärt 
der Herausgeber eine genauere Erforschung der geistigen Umgebung 
des Comenius für notwendig. — Die Schlussbetrachtung (S. 42 ff.) 
skizziert Miltons Erziehungsplan. K — r. 

Als 30. Bd. der Bibliothek pädagogischer Klassiker erschienen 
(Langensalza, Beyer u. Sohn, 1891) Ch. G. Salzmamis Ausgewählte 
Schriften* Mit Salzmanns Lebensbeschreibung, hrsg. von Ed. Acker- 
mann, 2. Bd. (Vn und 294 S.). — Salzmanns „Ameisenbüchlein 
oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher" ist, 
für Schule und Haus bearbeitet von Dr. Wimmers, in 2. Aufl. (1891) 
als 9. Bd. in der bekannten Sammlung von Schulz, Gänsen und Keller 
(Paderborn, Ferd. Schöningh) erschienen. K. 



0. Nachrichten. 



Wir haben in dem unter dem 23. Juli 1892 veröffentlichten Arbeitsplan 
der CG. (s. M.H. 1892 Geschäftlicher Teil S. 71 ff.) die Namen der Männer 
und Geistesrichtungen näher bezeichnet, deren Geschichte wir in erster Linie 
als Forschungsgebiet der CG. betrachten und in diesem Plan auch den 
Namen eines heute fast vergessenen Mannes, des Otto Brimfels (f 1534), 
ausdrücklich genannt. Es ist erfreulich, dass eine vor einiger Zeit erschie- 
nene Lebensbeschreibung von F. W. E. Roth, Otto Brunfels. Nach seinem 
Leben und litterarischen Wirken geschildert. (Zeitschr. f. d. Gesch. d. Ober- 
rheins, Neue Folge Bd. IX, Heft.2, S. 284 — 320) unsere Berechtigung erhärtet, 
ihn unter die Vorläufer und Geistesverwandten des Comenius zu zahlen. 
Wir verweisen hier auf den Inhalt der wertvollen Abhandlung und wollen 
nur die Charakteristik des Brunfels wiedergeben, die ßoth am Schlüsse seiner 
Darstellung liefert. Roth sagt: Waren seine (Brunfels) theologische Schriften, 
die Arbeiten über die h. Schrift teilweise auch Gelegenheitsschriften, sind 
seine Ausgaben medicinischer Schriftsteller, seine medicinischen Lehrbücher 
heute auch nur noch von historischem Wert, so bleibt doch ihm heute noch 
das Verdienst, der Vater der neueren Botanik und graphischen Dar- 
stellung wissenschaftb'cher Botanik zu heissen. Linn6 nannte den Brunfels 
den Vater der neueren Botanik. Die Pflanzengattung Brunfelsia trägt ihm 
zu Ehren seinen Namen. Noch lange nach seinem Tode galten seine Schriften 
als würdiger Gegenstand der Herausgabe und des Neudrucks, selbst bei 
katholischen Verlegern. Die Kirche setzte selbstverständlich seinen Namen 
in das Verzeichnis der verbotenen Bücher. Der geistige Entwicklungsgang 
des Bnmfels ist der der sogenannten Neuplatoniker, aus seinen Schriften 
über Theologie erhellt das Bestreben, eine über den Streit der Parteien und 
kirchlichen Lehren erhabene christliche Denkweise auf Grund echter Menschen- 
liebe zu schaffen. Das konnte auch damals am ersten erreicht werden durch 
gediegene Volksbildung, für die Brunfels in jeder Beziehung eintrat. 
Mit ahnendem Scharfblick erkannte er den ethischen Wert der Natur- 
wissenschaften für die Erziehung, der Medizin in ihrer Anwendung für 
das Volkswohl. In gleichem Sinne bearbeitet« er die Geschichte berühmter 
Männer verschiedener Gebiete, um der Jugend deren leuchtende Vorbilder 
zur Nachahmung vorzuführen. Sind auch die Schriften des Brunfels im 
Geiste der Zeit meist lateinisch abgefasst, so regt sich doch überall das 
Bestreben, der Muttersprache durch Übersetzungen gerecht zu werden, 
und die Sprache des Brunfels ist fürwahr eiiie volkstümliche und solche, 
die im Volke auch ihren Wiederhall faud.'^ 



64 Nachrichten. Heft 1 u. 2 

Es ist in der That überraschend, wie sehr die Geistesrichtung dieses 
„Neuplatonikcrs^^ nicht nur derjenigen des Oomenius, sondern auch aller 
jener „Platoniker** des 17. Jahrh. verwandt ist, die wir in dem Leitaufsatz 
dieses Heftes als „Naturphilosophen^' kennen gelernt haben. 



Wir haben, M.H. 1894 S. 283 Anm. 1, den Wunsch geäussert, Nach- 
weisungen über die drei ungedruckten Dialoge des Hans Sachs, auf die er 
in seiner „Summirung all meiner Gedicht" neben den vier gedruckten Refor- 
mationsschriften Bezug nimmt, zu erhalten. Darauf erhalten wir vom Herrn 
Oberschulrat Dr. von Bamberg in Gotha die Nachricht, dass ein fünfter 
Dialog in dem handschriftlichen fünften Sprüchbuch sich findet, das die 
königl. Bibliothek in Berlin besitzt, und dass auf diese Thatsacho bereits 
Rud. Gen^, Hans Sachs und seine Zeit, Leipzig, Weber 1894, hingewiesen 
habe. — Eine Ausgabe der früher bereits bekannten vier Dialoge hat 
Reinh. Köhler veranstaltet (Weimar, Böhlau 1858). — Bei dieser Gelegen- 
heit wollen wir nicht imterlassen, des Aufsatzes zu gedenken, den Albert 
Richter unter dem Titel „Ein Nachwort zur Hans-Sachs-Feier** in den 
Grenzboten, IV, 1894, S. 373 veröffentlicht hat. Richter weist nach, dass 
es eine, wenn auch kleine Hans -Sachs -Gemeinde zu allen Zeiten gegeben 
hat; er nennt aus gelehrten Kreisen besonders Hoffmannswaldau , Morhof 
und Thomasius. 



LTm die Mitte des 17. Jahrhimderts entwarf ein schwedischer Flücht- 
ling, Bendikt Skytte, in Anlehnung an Gedanken des Comenius und Baco, das 
Projekt einer Univereitat, zu der nicht nur Christen aller Bekenntnisse, son- 
dern auch Anhänger nicht christlicher Religionen freien Zutritt haben sollten. 
Dieses Projekt einer Universal -Universität griff der Grosse Kurfürst 
im Jahre 1G()7 auf und liess es von dem Geheimen Rat von Bonin daraufhin 
prüfen, ob es sich nicht für Berlin verwirklichen lasse. Der Plan ist, soviel 
uns bekannt, zueret von D. Kleinert (Mitglied unseres Gesamtvorstandes) 
in einer Rektorat-Rede von 1885 (wieder abgedruckt in dessen „Abhandlungen 
u. Vorträgen zur christl. Kultus- u. Kultur-Gesch." , S. 128 ff.) eingehender 
besprochen worden. Neuerdings ist auf den merkwürdigen Plan, für dessen 
Gelingen u. a die englischen Dissenters grosses Interesse zeigten, in der 
Rede hingewiesen worden, die C. Varren trapp bei Gelegenheit der Kaiser- 
Geburtstagsfeier der Universität Strassburg gehalten und unter dem Titel: 
„Der Grosse Kurfürst und die Universitäten" bei Ed. Heitz in Strassburg 
veröffentlicht hat. Die Geschichte dieses Entwurfs ist merkwürdig genug, 
um einmal genauer untersucht zu werden, und diese Aufgabe fällt im eigent- 
lichsten Sinne in das Arbeitsgebiet der CG. — Über Skytte bringt das 
Biographist Lexicon XI, 16 die neuesten Nachrichten. Besprochen wird 
das Projekt auch von Landwehr in dem Buch über die Kirchenpolitik des 
Grossen Kurfürsten 1894, S. 345 ff. Skytte war in Norköping geboren, 
Jjchrer Gustav Adolphs, dann Staatsminister und Kanzler in Upsala. Skyttcs 
Anträge gelangten an den Kurfürsten durch dessen I^eibarzt Nicolaus de 
Bonnet, der offenbar mit Skvttc nah befreundet war. 



1895. Nachrichten. 65 

In der erwähnten Rede, die Conrad Varrentrapp bei Gelegenheit der 
letzten Kaiser-Geburtstagsfeier der Universität Strassburg gehalten hat, weist 
er (8. 23) unter anderm darauf hin, dass Friedrich Wilhelm der Grosse 
Knrfllrst Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (der Akademie des 
Palmbaums) gewesen ist. In den Erzschrein der Fruchtbringenden Gesell- 
schaft trug er im Jahre 1644 — vier Jahre nach seiner Thronbesteigung — 
eigenhändig den Vers ein: 

Grosse Herrn thun wohl sich zu befleissen, 
Den Armen als den Eeichen Recht zu leisten. 
Friedrich Wilhelm führte als Mitglied des Palmcnordens den Unterscheidungs- 
Nanien: „Der Untadelige". In seinem sogenannten Reimgesatz heisst es: 
Der Nam' Untadelich ward mir daher erkiest 
Weil ohne Tadel nur soll sein Sinn und Geraüthe 
Und wer sein hohes Ambt wol ab in Demuth misst 
Befleisst daneben sich des Rechtens und der Gute 
Derselbe bringt gewiss untadelige Frucht etc. 
Näheres s. in dem Leitaufsatz dieWs Heftes „Comenius und die 
Akademie der Naturphilosophen". S. 19. 



Eine kleine Schrift von Dr. Joseph Reber, Direktor der höheren 
weiblichen Bildungs- Anstalt in Aschaffenburg, die soeben unter dem Titel: 
„Johann Amos Comenius und seine Beziehungen zu den Sprach- 
gesellschaften" erschienen ist, verdient die Beachtung unserer Mitglieder. 
Sie ist als „Denkschrift zur Feier des vierteltausendjährigen Bestandes des 
Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg" herausgekommen (Leipzig, Verlag 
V. Gust. Fock). Comenius fühlte sich nicht allein durch seine Bemühungen 
für die Pflege der Muttersprache zu den Sprachgesellsc^aften hingezogen, 
sondern es war auch eben die deutsche Sprache, deren Reichtum und Fülle 
er schätzte. Schon Kleinert hat (Studien u. Kritiken 1877, S. 31) hervor- 
gehoben, dass Comenius ebenso gern Deutschland wie Böhmen sein Vaterland 
nannte. Er spricht (im ludicium duplex) von Germania nostra und war 
ebensowohl der deutschen wie der tschechischen Sprache mächtig. Wir 
hoffen auf Rebers Ergebnisse zurückzukommen. — In Kürze wird von 
Herrn Direktor Dr. Reber eine neue Arbeit über Comenius bezw. eine Come- 
nius-Ausgabe erscheinen, auf die wir schon jetzt aufmerksam machen 
wollen. Es ist eine Ausgabe von Comenius' Physiea und zwar mit latei- 
nischem Texte, deutscher Übersetzung und zahlreichen erklärenden Anmer- 
kungen. Die Arbeit wird einen genauen Quellen-Nachweis liefern und die 
naturphilosophischen Auffassungen des C. gründlich beleuchten. Den Verlag 
hat die Buchhandlung von Emil Roth in Giessen übernommen. 

Wir haben früher (M.H. der CG. 1894, S. 236) aus Anlass der in 
der herrschenden Ldtteratur oft betonten Ansicht, dass die grossen reforma- 
torischen Denker des 17. Jahrhunderts Leibniz, Thomasius, Spener 
imdPufendorf gewesen seien, der Verwunderung Ausd nick gegeben, weshalb 
der Name des Comenius nicht auf gleicher Stufe mit diesen Männern genannt 

MonatPhofto dor Comonins-GowUschaft. 1895. r» 



66 Nachrichten. Heft 1 u. 2. 

wird, da doch feststeht, dass die drei erstgeoannten vielfach aus Comeniufi' 
Schriften ihre Anregungen geschöpft haben. Von Leibniz ist dies ja bekannt ; 
aber auch auf die Entlehnungen des Thomasius aus Comenius' Physik ist früher 
schon u. a. von Justus Brucker (Hist. Phil., Ed. 2., Lpz. 1756, p. 656/57, 
773 u. 775) hingewiesen worden. Die verschiedenen Darstellungen des Lebens 
und der Ansichten des Thomasius, die wir besitzen (Demburg, R. Prutz, 
Hettner u. s. w.) lassen die wichtigste Seite des Mannes, die religiöse viel 
zu sehr zurücktreten. Vielleicht ist die nachfolgende Notiz in dieser Rich- 
tung nicht ohne Interesse. 

Christian Thomasius war vom Jahre 1678 an einige Zeit in den 
Niederlanden und lernte dort u. A. den früheren Professor an der Universität 
Duisburg Joh. Georg Graevius kennen. Dieser Graevius (1632 — 1703), 
der unter dem Einfluss von David Blondel vom lutherischen zum reformierten 
Bekenntnis übergetreten war, war durch den Grossen Kurfürsten im Jahre 
1656 nach Duisburg bemfen, ging aber Ifißl erst nach Utrecht, dann nach 
Deventer, wo er grosse Erfolge als Lehrer erzielte und bald einen europäi- 
schen Ruf erlangte. — Es wäre wichtig. Näheres über die Beziehungen zu 
erfahren, die Thomasius in den Niederlanden angeknüpft hat. ThomaBius 
(geb. am 1. Jan. 1655) stand damals in den entscheidenden Jahren seines 
Lebens, und er hat sicherlich sehr wichtige Anregungen von dort mitgebracht. 

Die Bedeutung, die die Hugenotten-Einwandernng in geistiger wie 
in wirtschaftlicher Beziehung für die deutschen Länder, die die Verfolgten 
aufnahmen, gewonnen hat, ist ja im allgemeinen bekannt imd anerkannt. 
Um so mehr ist die Gründung des deutschen Hugenotten-Vereins, die 
sich die Aufhellung der Geschichte dieser Einwanderung zum Ziel gesetzt 
hat, mit Freude zu begrüsscn und wir wollen nicht unterlassen, unsere Mit- 
glieder auch an dieser Stelle auf die Geschichtsblätter des deutschen Huge- 
notten-Vereins hinzuweisen, von denen jetzt bereit« 34 Hefte von reichhal- 
tigem Inhalt vorliegen. (Magdeburg, Verlag d. Heinrichshofenschen Buchhdlg.) 
Herausgeber ist der um die hugenottische Geschichte hochveixiiente Pre- 
diger der evang.-ref. Gemeinde in Magdeburg, Lic. H. Tollin, der auch 
durch seine Arbeiten über Michael Servet bekannt geworden ist. Die Blätter 
empfehlen sich zur Anschaffung besonders für Kirchen- und Volks - Biblio- 
theken. Das erste Zehnt behandelt in einzebien Heften die Hugenotten in 
Magdeburg, Emden, Walldorf, Berlin, Erlangen, Otterberg, 
Bremen, Karlshafen; das zweite die Hugenotten in Annweiler, St. 
Lambrecht, Halberstadt, Heidelberg, Ziethen, Stade, Celle; das 
dritte zunächst die Hugenotten von Altona, Billigheim, Franken thal 
und Halle. Das je zehnte Heft bringt hugenottische Urkunden. 



Es ist erfreulich, dass der Hugenotten -Verein auch die Geschichte 
der italienischen Waldenser Gemeinden unter seine Aufgaben aufgenommen 
hat und dass die Hefte 5 imd 6 und 9 des dritten Zehnts der „Geschichts- 
blätter des d. H.-V." die Waldenser-Gemeindcu in P^rouse (Würtemberg), 



1895. Nachrichten. 67 

aus der Feder des Predigers W. Kopp, und zu Dornholzhausen (Hessen- 
Homburg) von Oberlehrer L. Achard in Homburg v. d. H. zum Abdruck 
bringen. 

Wenn man die rührige Thätigkeit auf dem Gebiete der romanischen 
Glaubonsflüchtlinge ins Auge fasst, muss man bedauern, dass für die Ge- 
schichte der bShmiseh-mtthrisehen Reftigi^s bis jetzt planmässig nichts 
geschehen ist. Es scheint fast, dass man die Bedeutung dieser Einwanderung 
in Deutschland unterschätzt, und doch braucht man ja mir an die Geschichte 
des Comenius, der Jablonskis und namentlich der Brüdergemeinde 
zu erinnern, um sich klar zu machen, da«s hier nicht minder wie bei den 
Hugenotten imd den Waidensem viele verschüttete Quellen von geschicht- 
licher Bedeutung aufzudecken sind. 

In Madrid ei*rtcbien : „Luis Vives por A. Lange, Autor de la „Historia 
del Materialismo". Traducciön dir^cta del Alemän, Kevisado por M. Me- 
n^ndez y Pelayo." Das einen Band (155 S.) der „Biblioteca de Juris- 
prudencia, Filosofia 6 Historia'* bildende Buch ist eine Übersetzung von 
F. A. Langes vortrefflichem Artikel über Vives in Schmids Encyklopädie 
des Erziehungs- und L^nterrichtswesens. Es ist erstaunlich und nicht zu 
billigen, dass dies nirgends angegeben ist, ebenso wenig wie die Zeit, in 
welcher der Aufsatz verfasst ist. Da ein Separat-Addruck der Langeschen 
Schrift nicht vorhanden ist, schafÜb vielleicht auch hier und da ein des 
Spanischen kimdiger Deutscher die Übersetzung an. Der Preis beträgt in 
Madrid 2 frcs. 50 c, stellt sich aber in Deutschland beträchtlich höher. 

Johannes Apacius Csere (geb. 1623), ein Ungar, der seine Bildung 
in den Niederlanden gewonnen hatte, hat sich um die Geschichte der Er- 
ziehung und des Unterrichts um dieselbe Zeit Verdienste erworben, in 
welcher Comenius dort wirkte. Apacius ward vom Fürsten Georg Räk6czy 
im Jahre 1656 zum Rektor der Schule in Klausenburg gemacht, wo er 
mehrere Jahre (f 1659) mit grossem Erfolg thätig gewesen ist. Die Rede, 
mit der Apacius sein Amt im Jahre 1656 antrat, hat Ludwig Felmeri, 
Professor der Philosophie und Pädagogik in Klausenburg (D.M. der CG.) 
kürzlich herausgegeben; sie führt den Titel: „Oratio de summa scholarum 
neces6itat>e, earumque inter Hungaros barbariei causis.^' (Ex Actis Musaei 
Trans. Sect. Phil. Hist. Klaudiopoli 1894.) 



68 



Inhalt neuerer Zeitschriften. 



Heft 1 u. 2. 



F. Inhalt neuerer 



Archiv für Philosophie. I. Ab- 
teilung = Archiv für Geschichte d^r Philo- 
Rophie. Bd. Vm. Heft 2. N. F. I. Bd. 
Heft 2. 1895: E. Zell er, Zu Anaxagoras. — 
G u M t a V G 1 o g a u , Gedankengang von Piatons 
Gorgias. — Emil Arleth, Die Lehre dos 
Anaxagoras vom Geist und der Seele. ~ Joh. 
Ue binger, Der Begriff docta ignorantia in 
seiner geschichtlichen Entwicklung. — Paul 
Barth, Zu Hegel's und Marx' Geschichts- 
Philosophie. — Jahresbericht über sämtliche 
Erscheinungen auf dem Gebiete der Geschichte 
der Philosophie. — m. Die polnische Litte- 
ratur zur Geschichte der Philosophie von 
Heinrich von Struve. — IV. Die deutsche 
Litteratur über die Vorsokratiker 1892. 1893. 
Von E. Well mann. — Neueste Erschein- 
ungen auf dem Gebiete der Geschichte der 
Philosophie. 

Vlert«U*hriiaehrlft für wlsAon- 
Mchaftllche Philosophie. 19. Jahrg. 
Heft 1: R. Avenarius, Bemerkungen zum 
Begriff des Gegenstandes der Psychologie. 
(III.) — A. Marty, Über subjektlose Sätze 
und das Verhältnis der Grammatik zu I»gik- 
und Psychologie. ^.VI.) — A. Spir, Von der 
Erkenntnis des Guten und Bösen. — Anzeigen. 
— R. Sommer, Erwiderung. — M. Des- 
s o i r , Sclilusswort. — Selbstanzeige : L. B u s se, 
Philosophie und £Irkenntnistheorie. — Philo- 
8oi>hischc Zeitschriften. — Bibliographische 
Mitteilungen. — Notiz : Psychologischer Ver- 
ein zu Berlin. 

Philosophische Monatshefte. 

J». Bd. 1894. Heft 5 u. 6: K. Vorländer, 
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. 
(I.) — 0. Külpc, Aussichten der experi- 
mentellen Psychologie. — A. Spir, 'Von der 
Unsterblichkeit der Seele. — P. Carus, De 
n'nim natura. — Litteraturbericht. 

Heft 7 u. 8: P. Natorp, Über So- 
krates. ~ K. Vorländer, Ethischer Rigo- 
rismus und sittliche Schönheit. (IT.) — Re- 
censionen, Litteraturbericht. 

Heft 9 u. 10: O. Klcinenberg, Das 
System der KDnste. ■-- W. P^noch, Trans- 
condentalpsychologie. — K. Vorländer, 



Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. 
(HI.) — Litteraturbericht. 

Mlitellmisen des Vereins ffllr 
Geschichte d. Deutschen In Böhmen. 

.S3. Jahrg. Nr. 2: H. GradI, Deutsche Volks- 
auffOhmngen. Beitri^ aus dem Egerlande 
zur Geschichte des Spiels und Theaters. — 
Anmerkungen Ober die Seelcnbeschreibung im 
Königreich Böheim im Jahre 17G8. Verfasst 
von dem Gubernialrat Frhr. v. Ceschi. — 
W. Mayer, Ein alter Foliant im Kladraiier 
Stadtarchive.— V. Schmidt, Die Fälschung 
von Kaiser- und Königsurkunden durch 
Ulrich von Rosenberg. 2. — Aus (Jrazer 
Handschriften. Kleine Beiträge zur böhmi- 
schen Geschichte, mitgeteilt von J. Lose rth. 

— J. Schindler, Set. Wolfgang in Böhmen. 

— Zollrilder. 

Revue Internationale de l*en- 
sel^rnement. 14. anneo. Nr. 10. E. Stro- 
peno, L'enseignement public en Angletorre, 

— P. G. la C h e s n a i 8 , Les <^li^ment8 seien ti- 
fiques de l'histoire. — Rene de Maul de, 
Les id^s de Marguerite de Valois. — Alfred 
Leroux, Histoirc de l'enseignement public 
en France. — L'^^colo mMecine v<?t6rinairc 
de Limoges. — GustaveAllais, La Philo- 
sophie h la licence des lettres. 

Mitteilungen der Gesellschaft 
fllr deutsche Ermlehnng^- nnd Schul» 
g^eschlchte. Jahrg. IV. (Schluss.) Heft 4 : 
Georg Steinhausen, Die Idealerziehung 
im Zeitalter der Perrücke. — Wilh. Richter, 
Aus dem Tagebuche des Paderbomer Studien- 
präfekten P. H. Rezing S. J, (1Ü65— 1667). 

— Dr. Falk, Schulmeister - Annahme und 
Schulmeister-Eid zu Steinheim am Main im 
Jahre 1518. — Karl Knabe, Lehrpläne von 
Bürger- und Realschulen der Provinz Hessen- 
Nassau aus der Zeit der französischen Fremd- 
herrschaft. - Verzeichnis der im Jahre 1892 
erschienenen Veröffentlichungen zur deutschen 
Erziehungs- und Schulgeschichte. Fortsetzimg. 

— Geschäftlicher Teil. VI. Lebensabrisse der 
in den Jahren 1893 u. 1894 veratorbcncn Mit- 
glieder des Kuratoriums der Gesellschaft : 
Hartfelder, Teutsch, Vormbaum, 
Gl an n er, Spitta, Rüge. — Anzf^igen. 



»•-• 



Buchdnirkeivi von Joliannos HinmIi, Mrinster i. Westf. 



Verzeichnis der Pflegschaften der CG. 

Eine vervollständigte Liste wird demnächst erscheinen. 



(Der Buchstabe B hinter dem Nainen bedeutet ,,BeTolImächUgter im Ehrenamtes der Buchstabe G 
„GeschAftsfahrende Buchhandlung" imd der Buchstabe T Vorsitxender einer C.Z.6. oder CK.) 



Altona: F. L. Mattigsche Buchh. G 
Altdorf: Sem.-Lehrer a. D. J. Böhm. B 
Amsterdam: Univ.-Prof. Dr. Eogge. V 
„ Buchh. V. Joh. Müller. G 

Augsburg: J. A. Schlossersche Buchh. G 
Baeharach: Pastor Theile. B 
Barmen: Buchh. v. Adolf Graeper. G 
Barteii8tein(08tpr.): Oberlehrer Dr. Lentz. B 
Bayreuth: Buclm. v. B. GiesseL G 
Berlin: Buchh. v. F. Schneider u. Co, W. 

Leipz. Str. 128. G 
Bremen : Dr. £. Brenning, Realgym.-Lehr. B 

„ Buchh. V. H. W. Silomon. G 
Breslau: Budhh. v. £. Morgenstern. G 
Bunzlau: Buchh. v. Ernst Muschket. G 
Cottbus: Buchh. v. Carl Brodbeck. G 
Crefeld: Weydmann, Pastor. B 
Czenowltz: Prof. Dr. Hochegger. B 
., Buchh. y. H. Pardini. G 

Chrisnanla: Buchh. v. Cammermeyer. G 
Danzlg: L. Sauniers Buchh. G 
Detmold: Sem.-Direkt. Sauerländer. B 

„ C. Schenks Buchh. G 
Dortmund: B;ealgymn.-Dir. Dr. Auler. B 
Dresden: H. Burdach, K.S. Hof-Buchh. G 
Düsseldorf: Buchh. v. Herrn. Michels. G 
Einbeek: Oberlehrer Dr. Ellissen. B 

„ Buchh. V. H. Ehlers. G 
Eisenaeh: Sem.-Dir. E. Ackermann. B 

„ Buchh. V. Bäreck. G 
Elblng: Oberlehrer Dr. Bandow. B 
„ Buchh. V. Leon Saunier. G 
Ell^rfeld: Buchh. v. B. Hartmann. G 
Emden: Haynelsche Buchh. G 
Frankftirt a. M . Detloffsche Buchh. 6 
Glossen: Ferbersche Univ.-Buchh. G 
Glogau: Oberlehrer Baehnisch. B 

„ Buchh. V. C. Eeissner's Nachfolger. 6 
Gotha: Oberschulrat Dr. von Bamberg. B 
Görlitz: Gymn.-Dir. Dr. Eitner. B 
Guben: Buchh. v. Albert König. G. 
Hagen (Westf.): Prof. W. Bottichen V 

„ Buchh. von Gustav Butz. G 

Halle a.S.: Univ.-Prof. Dr. Uphues. B 
Hamburg: Oberlehrer Dr. Dissel. B 

„ C. Gassmanns Buchh. G 

Hamm: Bektor Bartholomaeus. B 
Hannover: Beal^nm.-Dir. Ramdohr. B 

,. Budm. v. Ludwig Ey. G 
Heidelberg: Direkt. Dr. Thorbecke. B 
Herbom: Prof. Dr. Zimmer. B 
Kassel: Gymn.-Dir. Dr. Heussner. B 

Buchh. V. M. Brunnemann & Co. G 



99 



Königsberg!. Pr. Graefe&Unzersche Buchh. G 
Laulmn: Buchh. v. Denecke. 6 



Leipzig: J. C. Hinrichs'sche Buchh. G 
Lengerieh: Bektor O. Kemper. B 
Lennep : Prof. Dr. Witte, Kreisschulinsp. V 

„ Buchh. V. R. Schmitz. G 
Lippstadt: B«algymn.-Dir. Dr. Schirmer. B 
Llssal. F.: Prof. Dr. Nesemann. B 

,, Buchh. V. Friedrich Ebbecke. G 

London: Buchh. v. Williams and Norgate. G 
Lttdenseheld: Dr. med. Boecker. B 
Magdeburg: Buchh. v. Heinrichsfaofen. G 
Mainz: Bankdirektor Brand. B 

„ H. Quasthoffs Buchh. G 
Meiningen: Oberkirchenrat D. Dreyer B 
Monshelm: Prediger Ph. Kiefemdorf. B 
Mtthlhausen 1. Th. : Diakonus J. Clüver. B 
MUnehen: Schulrat Dr. Rohmeder. B 

„ Hofbuchh. v. Max Kellerer. G 
Mttnster : Buchh. v. Obertüschen (P.Hintze). G 
Neuwied: Prediger Siebert. B 
Nordhausen: OBerlehrer Dr. Nägler. B 
„ Förstemannsche Buchh. G 

Nürnberg: Buchh. v. Friedr. Korn. G 
Osehatz: Sem.-Oberl. Ernst Hänsch. B 
Osnabrück: Pastor Lic. theol. Spiegel. B 

„ Buchh. V. Rackhorst. G 

Paris: Buchh. v. Fischbacher. G 
Posen: Buchh. v. Friedrich Ebbecke. G 
Potsdam: Buchh. v. R. Hachfeld. B 
Prag: Buchh. v. Fr. Rivnä^. G 
Prerau (Mähren) Direktor Fr. Slam^nfk. B 
Quedlinburg: Rektor Ed. Wilke. B 

„ Buchh. V. Christ. Vieweg. G 

Remscheid: Hauptlehrer R. Lambeck. V 
„ Buchh. V. Herm. Krumm. G 

Rostock: Dir. Dr. Wilh. Be^mann. B 

„ StiUersche Hof- u. Univ.-Buchh. G 
Ruhrort: Buchh. v. Andreae u. Co. G 
Sagan: Kreisschulinspektor Arndt. B 

,, Buchh. V. W. Daustein. 6 
Schleswig: Buchh. v. Julius Bergas. 6 
Soest: Lehrer W. Handtke. B 

,, Rittersche Buchh. G 
Stade: Direktor Dr. Zechlin. B 

„ Schaumburgsche Buchh. G 
Stettin: H. Dannenbergsche Buchh. 6 
Stockholm : Dr. N. G. W . Lagerstedt. B 
„ Hofbuchh. V. C. E. Fritze. G 

Strassburg i. Eis. Sem.-Dir. Paul Zänker. B 
Wesel: Buchh. v. Karl Kühler. 6 
Wien : Buchh. v. A. Pichlers Wwe. u. Sohn. G 
Wiesbaden: Gymn.-Oberl. Dr. Hochhuth. B 

„ Buchh. V. Felix Dietrich. G 

Zchopau: Schulrat A. Israel. B 
Zürich: Buchh. v. Meyer & Zeller. G 
Zwickau: Oberl. Dr. P. Stötzner. B 



Die Comenius-Gesellschaft 

ist zur Pflege der Wissenschaft und der Volkserziehung 

am 10. Oktober 1891 in Berlin gestiftet worden. 
(Sitz der Yerwaltung in Münster.) 

Mltglicderzalil 1895 : 1200 Personen und Körperscliaften. 



-^ 



G esellschaftsschrirten : 

1. Die Monatshefte der CO. Deutsehe Zeitschrift zur Pflege der Wissen- 
schaft im Geist des Comenius. Herausgegeben von Ludwig Keller. 

Band 1—3 (1892-1894) liegen vor. 

2. Comenins-Blätter für Volkserziehung. Mitteilungen der Conieniu8-Ge.sell- 
schaft. Der erste und zweite Jahrgang (1893—1894) liegen vor. 

3. Vorträge und Aufisätse aus der CG. Zwanglose Hefte zur Ergänzung 
der M.H. der CG. 

Der Gesamtnmfang der Gcsell8chaft«schriften beträgt 30 — 32 Bogen Lex. 8*^. 

Bedlngnng'en der Mltgrlledschaf t : 

1. Die Stifter (Jahresbeitrag 10 M.) erhalten alle Schriften. Durch einmalige 
Zahlung von 100 M. werden die Stifteirechte von Personen auf Lebenszeit 
erworben. 

2. Die Teilnehmer (Jahresbeitrag 5 M.) erhalten nur die Monatshefte; Teil- 
nehmerrecbte können an Körperschaften nur ausnahmsweise verliehen werden. 

3. Die Abteilungsmitglieder (Jahresbeitrag 3 M.) erhalten nur die Comenius- 
Blätter für Volkserziehung. 

Anmoldungoii 

sind zu lichten an die Gefichäftstelle der CG., Münster i. W., Wolbeckerstrasse 4 a. 

Der Gesamt vorstand. 

Beeger, Lehrer u. Direktor der ComeniuB-Süftang, Nleder-PoyriU b. Dresden. Dr. Borgius, Ep., KonsistoriaJ- 
Rat, Posen. Dr. Höpftier, Geh. Ober-Beg.-Rat und Curator der UniverBitilt in Göttingen. Prof. Dr. 
Honlfeld, Dresden. M. Jablonskij Berlin. Israel, Schul-IUt, Zschopati. Archiv-Rat Dr. Ludw. KeUer, 
Staatsarxrhivar, MFinster I. W. D. Dr. Kleinert, Prof. und ObcrkonBistorial-Rat, Berlin. "W. J. IiOendertS, 
Prediger, Amsterdam. Prof. Dr. Markgraf, Stadt-Bibliothekar, Breslau. D. Dr. Q-. Iioesche, k. k. ordentl. 
Prof^ Wien. Jos. Th. MüUer, Prof. der Kirchengeschichte, Gnadcnfeld. Dr. Fappenheim, Prof., Berlin. 
Dr. Otto Pfleiderer, Prof. an der Universität Berlin. Dr. Bein, Prof. an der Universität Jena, Univ.-Prof, 
Dr. Bogge, Amsterdam. Bander, Schulrat, Bremen. Heinricfa^ Prinz zu Bchönaioh-Carolath, Schloss 
Amtitz. Dr. Schneider, Wirkl. Geh. Ober-Reg.-Rat u. vortragender Rat im Kultusministerium, Berlin. 
Dr. Schwalbe, Realgymn.-Direktor u. Stadtverordneter, Berlin. Dr. Th. Toeohe-Mittler, Hofbnchhändler, 
Berlin. Ä. V&vra, Prof., Prag. Dr. "Wätzoldt, Prov. - iSehulrat in Magdeburg. Dr. Wattenbach, 
Geh. Reg. -Rat u. Prof. an der Univ. B4>rlin. "Weydmann, Prediger, Crefeld. 

Stellvertretende Mitglieder : 

Dr. Th. Arndt, Prediger an S. Pein, Berlin. Dr. Benrath, Prof. an der Universität Königsberg. "Wilh. 
Böttioher, Prof., Hagon i. W. PhU. Brand, Bankdirektor, Mainz. Dr. Comba, Professor am theo!. 
Seminar der Waldenser, Florenz. Realgymn.-Direktor Dr. Gramer, Mülheim a. Rh. H. Pechner, Profossor, 
Berlin. Univ.-Prof. Dr. Hilty, Bern. Gymnasial - Direktor Dr. Heussner, Kassel. Oberstlieat. a. D. Dr. 
M. Jahns, Berlin. Dr. Herrn, v. Jirecek, k. k. Ministerialrat, Wien. Dr. Kunze, Gymnasial-Direktor, Liasa 
(Posen). Prof. D. Dr. Kvacsida, Dorpat. Launhardt, Geh. Regienmgs -Rat und Prof., Hannover. 
Univ.-Prof. Dr. H. Suchier, Hallo a. S. Prof. Dr. Nesemann, Lissa (Posen). Archiv-Rat Dr. Prümers, 
Staatsarchivar, Pos^. Rektor Bissmann, Berlin. Landtags-Abgeordneter von Schenokendorf^ OOriits. 
Dr. Q-. Schmid, St. Petersburg. Slamenik, BQraerschul-Direktor , Prerau. Univ.-Professor Dr. von 

Thudiohum, TObingcn. Freiherr Hans von "Wolzogen, Bayreuth. 

Schatzmeister: Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C2, Burgstrasee. 



Buchdnickerei von Johannes Bredt, MQneter i.W. 







Der Bezugspreis betragt im BiRhhnnde! und bei der Post JHhrltch ]Q Stark, 



Inhalt 

des dritten und vierten Heftes 1895. 



Abhandlungren. sküe 

Ludwig Keller, Coinenius und die Akadeniieii der Naturphilosophen dej< 

17. Jahrhunderts. Zweiter Teil G9 

Goswin K. Uphnes, Die psychologische Grundfrage 97 

K. Sudhoff, Ein Rückblick auf die Paracelsus- Jahrhundertfeier . . . 115 

Lltteraturberlcht. 

W. Stieda, Hamb. Handwerker als Studonton etc. — R. Kruske, Georg Israel. — The od. 
Längiii, Deutsche Handschriften der Grossh. Badischen Hof- und Landesbibliothek. — Anton 
(iindcly, Gesch. der Gegenreformation in Böhmen. — Albert Richter, Neudrucke pädagogischer 
Schriften. — Rud. Hochegger, Die Bedeutung der PhiloHophie d. Gegenwart f. d. PAdagogik. — 
Kich. Sachse, Jakob Thomasiua. — Beruh. Mfinz, Jakob Frohsehamracr. — E. Mclzor, Der 
Beweis fQr das Dasein Ciottes u. s. w 123 

Nachrichten. 

Auffassungen der m&hrisehen Brüder über das Alter des evangelischen (tlaubens. — Neuere 
Urteile über die Bedeutung des Meistergesangs. — Zur Geschichte des Johann Clauberg, Professors 
in Duisburg. — Eine seltene Ausgabe einer Schrift des Conienius (An ExhortJition of tho Churehes ^ 

of Bohemia etc. 1661) , . . . . 129 

Inhalt neuerer Zeitschriften 132 



Die Monatshefte der CG. erscheinen monatlich (mit Ausnahme des August 
und September). Die Ausgabe von Doppelheften bleibt vorbehalten. Der Ge- 
samtumfang betragt vorläufig 20 — 25 Bogen. 

Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge; falls die 
Zahlung der letzteren bis zum 1. Juli nicht erfolgt ist, ist die Geschäftstelle 
zur Erhebung durch Postauftrag unter Zuschlag von 60 Pf. Postgebühren 
berechtigt. — Einzelne Hefte kosten 1 Mk. 25 Pf. 



Jahresbeiträge und Anmeldungen, sowie einmalige und ausserordentliche 
Zuwendungen bitten wir an das 

Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C. 2, Burgstrasse 

zu senden. 



BesteUungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, 
die Postämter — Postzeitungsliste Nr. 4296^ — und die Geschäftstelle der 
Comenius- Gesellschaft, Münster i. W. Wolbeckerstrasse 4*- 

Anzeigen finden durch die Monatsschriften der CG. in den beteiligten 
Kreijien weiteste Verbreitung. Die gespaltene Nonpareillezeile oder deren Kaum 
kostet 20 Pfg.; bei grösseren Auftragen entsprechende Ennässigung. Anfragen 
und Anträge sind an Johannes Bredt, Veiiagsbuchhandlung in Münster i. W. 
zu richten. 

F'ür die Schriftleitung verantwortlich: Archiv-Rat Dr. KeUer in Münster i.W. 



Monatshefte 

der 



Comenius-Gesellschaft. 



IV. Band. -< 1895. ^ Heft 3 ii. 4. 



Comenius und die Akademien der Naturphilosophen 

des 17. Jahrhunderts. 

Von 
Ludwig Keller. 



Zweiter Teil. 



Am 1. Mai 1648 gründeten Philipp von Zcsen^ Dietrich 
Petersen aus Hambui^ und Christoph von Liebenau aus Preussen 
zu Hambiurg eine Gesellschaft^), die sich Ordnung und Aufgaben 
der Akademie des Palmbaums zum Vorbild nahm. 

Diese Gesellschaft — sie wählte als Abzeichen einen Rosen- 
stock mit drei weissen Rosen — interessiert ims besonders des- 
halb, weil wir über ihre Verfassung mid Bräuche genauer als über 
andere unterrichtet sind. 

Deutlicher als sonst tritt hier der Versuch hervor, die For- 
men und Bräuche von Gilden und Zünften auf die Akademien 
zu übertragen, und es ist sehr beachtenswert, dass sich hier die 
„Poeten", Gelehrten und Adligen solcher Handwerksformen und 
Namen bedienten. Es ist wohl möglich, dass einzelne dieser Männer 
zu Zünften in einem Verhältnis der sog. Liebhaber des Handwerks 
standen, sicher ist, dass einzelne Vertreter vornehmerer Zünfte, 
z. B. Maler und Zeichner, auch Mitglieder der Gesellschaft der 
,J)rei Rosen" oder der „Deutschgesinnten Genossenschaft" waren. 

*) Wenige Wochen nach Gründung der Gesellschaft begab sich Zesen 
nach London, wo er kürzere Zeit und dann in den Haag, wo er langer 
blieb. K. Dissel, Phil. v. Zesen u. d. Deiitschgcsinntc Genossenschaft. Progr. 
des Wilhelm-Gymnasiums zu Hamburg 1890, S. IG. 

Monalsheftc der Coiuenius-GoHfllscbaft. 1895. ^ 



70 Keller, Heft 3 u. 4. 

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass der Ausdruck „Liebhaber 
der Kunst" oder der jJCunstliebende" im vertraulichen Verkehr 
zur Bezeichnung eines Mitglieds häufig gebraucht ward. 

Der Vorsitzende der Brüderschaft der Drei Bösen — ihre 
Mitglieder namiten sich Brüder i) — ward der Oberzunft- 
meister genannt^); unter ihm standen neun Zunftmeister 
oder Schreinhalter, welche ihrerseits einer Bank von je neun 
Zunftgenossen vorsassen. Die Gesamtgemeinschaft war in vier 
Stufen gegliedert; die Mitglieder der ersten Stufe hiessen Ge- 
nossen der Rosenzunft, die der zweiten der Lilienzunft, die 
der dritten der Nägleinzunft u. s. w.^) Die Namen der Mit- 
glieder wurden in Zunftbücher eingetragen und das Gesellschafts- 
kleinod, das die Mitglieder bei den Zusammenkünften trugen, 
wurde der Zunftschmuck genannt; es bestand in einem rosen- 
farbenen seidenen Bande, das unten mit einem „Brustpfennig'', 
oberhalb zur Rechten mit dem Namen der Rosenzunft^ zur Linken 
mit der Zunftglieder eigenem Gesellschaftsnamen, gestickt in 
himmelblauer^) Seide, geziert war. 

*) In einem bei der 25 jährigen Stiftungsfeier der „Deutschgesinnten 
Genossenschaft" vorgetragenen Gedicht Zesens heisst es: 

„Wachset ihr Brüder 
In nützliche Glieder, 

Zieret einander durch nützlichen Fleiss" u. s. w. 
Dissel, a. 0. S. 44. 

*) Eigentümlich ist die Bezeichnung „der Grosse" oder „Magnus", 
die sowohl für Zesen als Leiter (Dissel, S. 27), wie für Joachim Jungius 
als Vorsitzenden der von ihm gegründeten Societät gebraucht wurde (Guh- 
rauer, Jungius S. 238). Der Zunftmeister oder Meister unterschied sich 
also von dem Ober -Zunftmeister durch den Namen der „grosse Meister", 
denn daher rührt offenbar der Ausdruck „der Grosse". — Fürst Ludwig 
von Aphalt nennt sich gelegentlich „der Älteste der fruchtbringenden Ge- 
sellschaft" (Krause, Ertzschrein u. s. w. S. 51). Dass dies kein Zufall ist, 
beweisen die Gesetze der Gesellschaft des „Schwans", worin es heisst: „Neben 
dem Haubt oder Fürsteher sollen zwei Älteste und ein Herold . . . allewege 
sein". (Candorins Deutscher Zimber-Swan, Lübeck 16G7, S. 172.) 

') Eine besondere Vorliebe zeigt sich für Zahlen-Symbolik, wie über- 
haupt für Symbolik. Die Kosenzunft umfasste 9 mal 9 Mitglieder, die 
Lilienzunft 7 mal 7, die Rautenzunft 12 mal 12 u. s. w. Schultz, Sprach- 
gesellschaften S. 92. 

*) Auffallend ist die Bevorzugung der blauen Farbe; man vergL die 
blauseidenen Bänder, die in der Gesellschaft des „Schw^ans" u. s. w. üblich' 
waren. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosoplien etc. 71 

Die Gesellschaft legte nach ihren Satzungen Wert darauf 
und machte es ihren Mitgliedern zur Pflicht, „die allertugend- 
haftesten und allertüchtigsten" Leute für den Bund zu gewinnen; 
so sehr sie auf die Pflege der deutschen Sprache bedacht waren, so 
wenig können von der Mehrzahl der Mitglieder, die ja zum Teil 
Ausländer waren, besondere Verdienste um die Sprache nachge- 
wiesen werden. Auch ward in den Satzungen der Bahmen der 
Thätigkeit viel weiter gezogen, indem den Mitgliedern zur Aufgabe 
gemacht ward, „die allernützlichsten Bücher in allerhand 
Wissenschaften und Künsten... herauszugeben". i) Diejenigen, 
die hierzu nicht im stände sind, sollen nach den Satzungen die 
Herausgabe solcher Bücher durch Geld oder andere Mittel unter- 
stützen. Die Bücher unterliegen vor der Veröffentlichung der 
Durchsicht des Erzschreinhalters oder des Obermeisters. Die 
Zunftmeister oder Schreinhalter sind verpflichtet, jährUch minde- 
stens dreimal an den Erzschreinhalter über die Entwicklung 
ihrer Zunft zu berichten. Es soll zwischen allen Mitgliedern 
„brüderliche Freundschaft" gepflogen werden und alles, was 
„dieses brüderliche Band entbinden und auflösen möchte", soll 
vermieden werden — eine Vorschrift, die freilich hier so wenig 
wie anderwärts treu befolgt wurde, da namentlich zwischen der 
Drei Rosen-Gesellschaft und dem Palmenorden, trotz Zesens Zu- 
gehörigkeit zu letzterem, persönliche Kämpfe ausbrachen, ohne 
dass wir sagen könnten, wer die erste Ursache zur Verstimmung 
gegeben hat 

Es verdient im Hinblick auf die engen Zusammenhänge der 
deutschen Akademien mit den Niederlanden, die wir kennen lernen 
werden, Beachtung, dass Zesen sich seit 1644 vorwiegend und von 
1656 bis 1667 dauernd in Amsterdam aufhielt *) Im Jahre 1668 
kehrte er nach Hamburg zurück und feierte hier im Kreise der 
Mitglieder das 25 jährige Stiftungsfest der Drei Rosen. 

Wer waren nun die Mitglieder? Natürlich waren Nieder- 
deutschland, Hamburg und die Hansastädtc stark vertreten, aber 
es fällt sofort auf, wenn wir die bekannt gewordenen Namen be- 
trachten, dass viele Auslander danmter waren, besonders wiederum 



') Diflsel, a. O. S. 20. 

'') Er schreibt 1667, dass er seit 22 Jahren die meiste Zeit als Gast 
in Amsterdam gelebt habe. 

6* 



72 Keller, Heft 3 u. 4. 

wie in der Akademie des Palmbaums viele Böhmen, Schlesier und 
Ungarn^ aber auch Holländer und Franzosen. 

Wir nennen hier u. a, den Joh. Theodor von Tschech 
(geb. 1595); der einst im Dienst des Winterkonigs gestanden hatte, 
dann Rat beim Herzog Johann Christian von Brieg wurde, spater 
fliehen muast« und in der Verbannung sich eifrig mit dem 
Studium der deutschen Mystik beschäftigte, auch einiges über 
Jakob Böhme herausgab; er war in Palästina und im Orient, lebte 
lange in Holland und starb 1649 zu Elbing in grosser Dürftig- 
keit; ferner Gotf ried Hegenitz aus Görlitz, Lic. juris und braun- 
schweigischer Rat, Stephan von Lamswärde aus Utrecht, 
Rüdiger Günther Graf zu Stahremberg aus Osterreich, 
der berühmte Verteidiger Wiens, Martin de Coq aus Wien, der 
Kunstzeichner der Genossenschaft, Jesajas Rümpler v, Löwen- 
h4lt aus Osterreich, P. Bense du Puis, ein Franzose, Paul 
John aus Prag, ein Johanniter-Ritter, Wenzel Scherffer von 
Scherf enstein aus Schlesien, Sigmund von Birken aus Eger, 
Ludwig von Hitzfeld aus Cleve, Heinrich Graf von Thurn 
aus Böhmen, Jakob Rümler aus Danzig, Dionysius und 
Matthias Palbitzky von Nemitz, Theod. v. Rolingswert aus 
Wesel, Benjamin Krause aus Danzig, Matthias von Langen 
aus Holstein, Frhr. Hans Adolf von Alewein, Joh. Phil. 
Schmidt aus Strassburg, Joh. Bellin, Rektor zu Wismar, 
David Schirm er aus Meissen und andere, die sämtlich in den 
Jahren 1644 bis 1647 aufgenommen wurden. 

Auch in späteren Jahren dauerte der Zugang aus den 
ungarisch-böhmischen Ländern^), sowie aus den Ostseeprovinzen, 
besonders aus Preussen, fort 2)^ woher auch der Mitbegründer 
Hans Christoph v. Liebenau stammte. 

Wir nennen aus Hamburg und den Nachbargegenden ausser 



^) Michael Zachäus aus Ungarn, Wilh. von Lilicnau aus Schlesien, 
Christ. Knorr von Rosenroth aus Schlesien, Michael Kreibitz aus Böhmen, 
Heinrich Böhmer aus Schlesien, Hans Georg Noski aus Böhmen, Balthasar 
Hartranft aus Schlesien, Georg von Schöbel aus Breslau, Kaspar Niebhng 
aus Schlesien, Daniel und Christoph Kieschen aus Iglo in Ungarn, Philipp 
Hentsche und Paul Kuntz, beide aus Ungarn u. s. w. 

') So Niclaus Weisse von Lilienau aus Biga, Christian Otter aus 
Danzig (1644), Martin von Kempen aus Königsberg, Andreas Brackenhauscu 
aus Elbing, Christian Stephan Tcsmor aus Danzig u. s. w. 



1895. ComeniuH und die Akademien der Naturphilosophen etc. 73 

dem Mitbegründer, Dietrich Peterson: Jakob Schweger aus Altona, 
Job. von Dorna und Job. Unkel aus Lübeck, Ad. Heinr. Martinetz 
aus Holstein, Karl Christ, v. Marschalk, Heinrich Friedrichson 
aus Hamburg, Peter Neukrantz, Georg Niclasson gen. Klausing 
und Heinrich Hacke ebendaher, Heiqr. Rothe aus Lübeck, Martin 
Pellizer aus Eutin, Kasp. Meier aus Bremen, Kasp. Eggeling aus 
Lübeck, Peter Finx aus Lübeck, Peter Hessel aus Hamburg, 
A. D. Habichthorst aus Rostock, P. Georg Bjiisike aus Hamburg, 
M. Bartold Vaget, Niclas Wohnras, Michael Steinfass und Esdras 
Markus ebendaher. Auch Erfurt, Jena und Dresden stellten Teil- 
nehmer, und eines der berühmtesten Mitglieder, Joost van den 
Vondel, ein „niederdeutscher Dichtmeister*', weist wiederum auf 
die Niederlande.*) 

In den Jahren 1668 und um 1670 wurden zwei Männer, 
die aus Elbing stammten, angenommen, Daniel Bärholtz und ein 
Mann, der uns besonders interessiert, Daniel Comenius. Johann 
Amos Comenius hatte vier Kinder, von denen die beiden jüngsten, 
die Tochter Susanna und der Sohn Daniel — der einzige Sohn 
— in den Jahren 1643 bis 1647 zu Elbing geboren waren. 
Daniel, der im Jahre 1663 zu Leeuwarden Studien gemacht hatte ^)," 
wurde Prediger und starb im Jahre 1694 auf einer Seereise von 
Amsterdam nach Danzig.^) Als Daniel der Akademie der Drei 
Rosen beitrat, war der Vater offenbar noch am Leben; was er 
that, wird nicht ohne jenes Vorwissen geschehen sein. 

Der Anschluss des Daniel Comenius an die Akademie wird 
um so erklärlicher, wenn man sich die Thatsache vergegenwärtigt, 
dass Zesen ebenso wie Johann Amos Comenius im Jahre 1656 
zu dauerndem Aufenthalt nach Amsterdam kam, und dass beide 
Männer hier in personlichem Verkehr standen.^) Durch Comenius 
angeregt besorgte Zesen eine deutsche Übersetzung von dessen 
Vestibulum % und es ist mehr als wahrscheinlich, dass Zesen den 
Daniel Comenius im Hause seines Vaters kennen gelernt hat 

Es ist merkwürdig, dass Harsdörfer gelegentlich an den 
Fürsten Ludwig v. Anhalt schreibt, Zesen habe „in Nieder- 



*) Siehe die Mitgliederliste bei Dissel, a. O. S. 58 ff. 

') Patera, Briefwechsel des Comenius S. 263. 

^ Kvacsala, Comenius S. 470. 

*) Dis-sel a. O. S. 42. 

^) Das Nähere in den M.H. der CG. 1894 S. 339. 



74 KeUer, Heft 3 u. 4. 

land^) eine neue Gesellschaft an- und aufgerichtet"; gleichviel, ob 
damit Holland oder Niederdeutschland gemeint ist, so scheint es 
kein Zweifel, dass die Mehrzahl der ersten Mitglieder in den 
Niederlanden gewonnen worden ist*) — eine immerhin merk- 
würdige Thatsache^ wenn das ausschliessliche Ziel auf Reinigung 
der deutschen Sprache gerichtet war. 

Die Beziehungen, in denen die Gesellschaft Zesens zu der 
«deutschen Societaf ' des Palmbaums stand, waren vielfach durch 
persönliche und, wie es scheint, auch durch sachliche Meinungs- 
verschiedenheiten getrübt Es fällt auf, dass die Zahl der Geist- 
lichen in der ,J)eutschgesinnten Genossenschaft" viel grösser war 
als im Palmbaiim, und das stimmt damit überein, dass Zesen 
sich kirchlicher hielt als viele Angehörige der deutschen Societat 
In einem sehr wichtigen Punkte aber dachte er ebenso wie alle 
Mitglieder des Palmbaums: er war ein entschiedener Verfechter 
der Glaubens- und Gewissensfreiheit und ein Gegner der 
Verfolgungssucht, wie sie damals in allen herrschenden Kirchen 
gebrauchlich war. In zwei eigenen Schriften, die er den Städten 
Zürich und Bern widmete, ist er für diese Grundsätze öffentlich 
in die Schranken getreten. „Lasset ab, ihr Gewissenszwinger", 
sagt er darin, „ihr Glaubensdringer, die ihr Gott die vollgewaltige 
Herrschaft über die Seelen der Menschen, die er allein ihm vor- 
behalten, abdringet, lasset ab von den bedrängten Christen, Euren 
freigeborenen Mitbürgern" u. s. w.^) 

Auch sonst teilte er die grossen Gesichtspunkte, die den Stif- 
tern des Palmbaums vorschwebten, indem er wie sie für die Aus- 
gleichung der Gegensätze der Nationen, der Kirchen und der Stände 
kämpfte, und es ist bezeichnend, dass er ernstlich beabsichtigte, für 
die Abschaffung überflüssiger Titel einzutreten und zu wirken.^) 

Überhaupt ist Zesen als Mensch eine achtungswerte Er- 
scheinung, und die ungünstigen Urteile, die über ihn noch heute 

') CaesiuB, der sich jetzt Zesicns schreibt, „habe in Nicdcrland eine 
neue Gesellschaft an- und aufgerichtet". „Und weilen auch in Welschland 
unterschiedliche dergleichen Akademien und vielmal8 Einer zweien oder 
dreien (Akademien) mit absonderlichen Namen zugethan, hat er des ^Spielen- 
den' (Harsdörfers) Person auch dazu eingeladen". (Krause, Ertzschrcin S. 336. 

») Vgl. Dissel, Philipp v. Zesen S. 22. 

») Dissel a. 0. S. 51. 

*) Dissel a. O. S. 57. 



1895. ComeDius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 75 

im Schwange sind, gehen auf dieselben trüben Quellen zurück, 
die wir zu Eingang unseres Aufsatzes charakterisiert haben. 



Es ist zu bedauern, dass wir über die ^^Strassburger 
Societät" (Societas Argentinensis), über die wir aus dem Jahre 
1633 die ersten Nachrichten erhalten, verhältnismässig schlecht 
unterrichtet sind. Um dies Jahr nämUch erscheint zu Strassbui^ 
die „Aufrichtige Gesellschaft von der Tanne", und als ihr 
Stifter gilt Jesajas Rumpier von Löwenhalt 

Das Geschlecht, aus welchem Rumpier stammte, war ein 
österreichisches, und Jesajas war um das Jahr 1610 in Wiener 
Neustadt geboren. Am 23. Sept. 1628 ward er als Studierender 
der Rechtswissenschaft in die Matrikel der Universität Strassburg 
eingetragen und erscheint hier als Schüler Matthias Bemeggers^ 
der sich seines Landsmannes wie ein väterlicher Freund an- 
nahm. ^) 

Da wir die Beziehungen Bemeggers zu den Naturphilosophen 
und zu den Mitgliedern italienischer Akademien bereits kennen 3), 
so ist die Annahme, dass Rumpier die Gesellschaft der Tanne 
ohne Yorwissen Bemeggers ins Leben gerufen haben könne, um 
so mehr ausgeschlossen, als die Tannen-Gesellschaft nach Rumpiers 
eignem Zeugnis nach dem Vorbild italienischer Akademien ge- 
gründet worden war und Rumpier die Schaffung solcher Akademien 
auch an anderen Orten zur Förderung der Wissenschaften für 
wünschenswert erklärt») 

Die uns bekannten Teilnehmer der Tanne waren meist 
Studenten, und die Zahl der Mitglieder war von vornherein be- 
schränkt Es ist kaum anzunehmen, dass diese jimgen Leute den 
Versuch hätten wagen können, eine Gesellschaft ziu* Förderung 
der deutschen Sprache zu gründen, wenn sie nicht an geistes- 
verwandten Männern und Richtungen einen Rückhalt besassen, 



') S. den Artikel Martins über R. in der Allg. D. Biogr. XXIX, 673. 

») M. H. der C. G. 1895 S. 20 ff. 

^ Im Ersten Gebüsch seiner Beimgedichte , die zu Strassbui^ im 
Jahre 1647 erschienen, sagt er: ,,Es wäre zu wünschen, dass man in löb- 
lichen Wissenschaften da und dort anlege, wie in Italien gebräuchlich ist, 
alwo beinahe in allen Statten Akademien (wie sie es heyscn) gefunden 
werden." 



76 KcUer, Heft 3 ii. 4. 

und gerade die Thatsache, dass es Studierende waren, legt die 
Vermutung nahe, dass es sich hier ebenso nur um die Schaffimg 
einer Pflanzschule handelte, wie es z. B. bei der Gesellschaft des 
Schwans der Fall war. 

Ausser Rumpier war auch ein anderer Schüler Bemeggers, 
dessen nachmaliger Schwiegersohn Joh. Freinsheim (1608 — 1660), 
Mitglied der Akademie der Tanne. Freinsheim, dessen hervor- 
ragende vrissenschafüiche Tüchtigkeit schon die Zeitgenossen an- 
erkannten,^) konnte in Deutschland keinen Wirkungskreis an einer 
Hochschule finden und folgte daher im Jahre 1642 einem Rufe, 
den der Freimd und Patron des Comenius, der Kanzler der Uni- 
versität Upsala, Joh. Skytte^), an ihn ergehen Hess; im Jahre 
1656 ernannte ihn Karl Ludwig von der Pfalz zum kurfürst- 
lichen Rat, derselbe Kurfürst, der auch ein anderes ausgezeich- 
netes MitgKed der Akademie der Tanne, G. R. Weck erlin, zu 
seinem Rat machte; vielleicht war es kein Zufall, dass Karl 
Ludwig Mitglied des Palmbaums war und beide Männer persön- 
lich kannte^). Femer werden als Mitglieder der Tanne Matthias 
Schneuber, der im Jahre 1648 auch Mitglied des Palmbaums 
wurde, Sam. Thiederich und Hecht (Lucius) genannt. Mit Zesen, 
Rist imd Harsdörfer war der Stifter der Tanne, Jesajas Rumpier, 
befreundet 

Unter den Mitgliedern verdient G. R. Weckerlin besondere 



S. über ihn AUg. D. Biogr. VII, 348 f. 

*) Über die Beziehungen Skyttes zu Ck)menius s. Patera, Briefwechsel 
etc. S. 59. 61 und 73. 

") In dem Schediasma de Institute Societatis Philoteutonico-Poeticae 
(Lipsiae 1722) S. 25 findet sich die Nachricht, dass Karl Ludwig dem 
Weckerlin einen goldenen Becher mit folgenden Versen geschenkt habe: 
Vom Goldhärigen Gott (?) empfange diss Geschenk 
Die Schwestern Neun hiemit sind Deiner eingedenk 
Seind (?) Gnad und ihre Gunst Dir klärlich zu beweisen 
Haben sie nicht gespahrt die silbern Hufeysen 
Des Pegasi, daraus sie dis Pocal formirt, 
Und mit der Quint-Eissenz 
Aganipps Quell geschmirt etc. 
Es sind in diesen Vereen offenbar verschiedene Druck- oder Lese- 
Fehler. Der „Goldhärige" ist unzweifelhaft ein Gesellschaftsnamc ; die Aus- 
drücke Quint-Essenz und Aganipps-Qucll deuten auf eine Socictät von 
„Alchymisten" hin, der beide Männer angehört haben. 



1895. Oomcniitö und die Akademien der Naturphilosophen etc. 77 

Beachtung; er war bereits ini Jahre 1584 geboren, und gehörte 
also der älteren Generation dieses Freundeskreises an. Von 
1601 an hatte er in Tübingen studiert, dann grosse Reisen ge- 
macht und war 1610 Sekretär des Herzogs von • Würtemberg 
geworden. Nach England berufen (wir wissen nicht von wem), 
arbeitete er als Sekretär in der Londoner Kanzlei unter vier 
Staats-Sekretären und starb zu London im Jahre 1653; auch mit 
Jul. Wilh. Zinlcgraf (1591-1635)1) war er befreundet und mit 
Oxenstiema stand er in Briefwechsel.*) 

Weckerlin tritt uns in London als Mitglied jenes Freimdes- 
kreises entgegen, dem auch Comenius angehörte. Th. Haack aus 
Worms, Samuel Hartlieb aus Elbing, Joachim Hübner, 
Joh. Paraeus, Joh. Pell u. s. w. waren seine Freunde und 
Gesinnungsgenossen, die er zum Teil in seinen Oden verherrlicht 
hat Er lebte seit mindestens 1622 in London und wurde 1624 
Unterstaatssekretär. Dabei miterhielt er sowohl mit den Nieder- 
landen — seine „Gaistlichen und weltlichen Gedichte" erschienen 
bei demselben Verleger in Amsterdam (Johan Janssen), der auch 
Schriften des Comenius druckte — wie mit Deutschland. Im 
Jahre 1649 wurde John Milton Weckerlins Nachfolger als Sekretär 
der auswärtigen Angelegenheiten.^) 

Noch im Jahre 1680 lebt die Gesellschaft in der Erinnerung 
Christian Weises als die Tannenzunft. 



Im Jahre 1644 stiftete Philipp Harsdörfer^), den wir ja in 
dieser Bewegmig bereits kennen, zu Nürnberg eine Gesellschaft 
gleichen Charakters, die später unter dem Namen des Blumen- 
ordens bekannt geworden ist und die, wie man weiss, sich als 
litterarische Gesellschaft bis auf diesen Tag erhalten hat 



*) Über Z. s. Goedeke, Grundriss III^ 35. 

*) über Weckerlin s. Beifferscheid , Quellen zur Gesch. des geistigen 
Lebens u. s. w. Register s. v. 

*) Vgl Greorg Rudolf Weckerlins Gedichte, hrsg. v. Hermann Fischer. 
Tüb. 1895. Bd. II. (Publ. des Litt.-Verein8. Bd. 200.) 

*) Harsdörfer war zugleich in mehreren Akademien Mitglied, wie dies 
auch in Italien bei einzelnen hervorragenden Gliedern Sitte war. 



78 KeUer, Heft 3 ii. 4. 

Harsdörfer bediente sich bei der Gründung besonders der 
Hülfe eines jungen Theologen Joh. Klai, der 1647 Lehrer an 
S. Sebald wurde, und Sigmunds von Birken; der letztere 
stammte aus •Böhmen (geb. 25. April 1626), wo sein Vater zuerst 
in Frauenreuth und dann in Wildenstein als Pfarrer wirkte ^) imd 
mit anderen böhmischen Flüchtlingen im Jahre 1632 nach Nürn- 
berg kam. Im Jahre 1645, kurz nach seinem Anschluss an den 
Orden, wurde er auf Empfehlung Harsdörfers an Justus Georg 
Schottelius 2) dessen CoUaborator als Hofmeister am Hofe Herzog 
Augusts von Braunschweig in Wolfenbüttel und Erzieher der 
Prinzen Anton Ulrich und Ferdinand Albrecht. ^) 

Weder über die ersten Anfänge noch über die frühesten 
Satzungen des Ordens sind bestimmte und verlässliche Nach- 
richten an die Öffentlichkeit gelangt Die älteren Satzungen 
sind nie bekannt gew9rden, obwohl solche, wie wir wjpsen, 
vorhanden waren ; im handschriftlichen Original sind sie ver- 
schwunden. Wir kennen Ordenssatzungen erst aus dem Jahre 
1718, wo der Charakter des Ordens bereits wesentliche Ver- 
änderungen erfahren hatte. Es scheint, dass Harsdörfer seiner 
Akademie die Satzungen der Akademie der „Intronati*^ zu Siena 
zu Grund gelegt hat In seinen „Gesprächspielen" (1645) lobt 
er diese Satzungen und empfiehlt sie als Vorbild; indem er sie 
auf deutsche Verhältnisse anwendet und umdeutet, erwähnt er als 
erste Satzung die Vorschrift: ,J)ie Feinde der Tugend und der 
Teutschen Heldensprache sollen hier nicht zugelassen werden", 
und empfiehlt als zweite Vorschrift: „Du aber bete andächtig, 



') Näheres in dem Aufsatz von Aug. Schmidt, Sigmund v. Birken, 
gen, Botulius (1626—1681), in der Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier 
des Pcgnesischen Blumenoi'dens in Nürnberg. Nümb. 1894. S. 481 ff. 

-) In Schottclius, dem Schüler des Jungius und dem Freunde von 
Leibniz, besassen die Akademien eine hervorragende Kraft. Schottelius war 
im Jahre 1612 zu Einbeck geboren, hatte in Leyden Eechtswissenschaft 
studiert, kam als Conrektor nach Einbeck und später an den braimschwei- 
gischen Hof. 1633 wurde er mit dem Brudemamen „der Suchende" Mitglied 
des Palmbauros, 1646 als „Fontano" der Akademie an der Pegnitz. Er 
schrieb 1669 eine „Ethica. Sitten- oder Wolleben kunst" und viele religiöse 
Schriften. Ein neuerer Forscher nennt ihn den Jacob Grimm des 17. Jahrh. 
S. Allg. D. Biogr. XXXII, 407 ff. 

^) Auffallend sind die Beziehungen Birkens zu Mystikern wie Joh. 
Georg Gichtel (t 1710) und anderen; sie verdienten eine nähere Untersuchung. 



1895. Cömenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 79 

studiere fleissig, sei fröhlichen Gemüts, beleidige Nie- 
mand."^) 

Der neueste Geschichtschreiber des Blumenordens ^ Th. 
Bischoff, hat die sehr wahrscheinliche Vermutung ausgesprochen, 
dass Harsdörfer sich die Akademie, die er gründete, ebenso als 
eine Art Pflanzschule für die über ganz Deutschland verbreitete 
AJcademie des Palmbaums dachte, wie Joh. Eist 2) dies erweislich 
mit dem von ihm gegründeten Schwanenorden gethan hat; die 
Bezugnahme Bists auf die gleiche Absicht des Pegnesischen 
Ordens ^) macht diese Vermutung doch nahezu zur Gewissheit 

Dass Sigmund von Birken in der Zeit, wo er den Orden 
an der Pegnitz leitete, die Gesellschaft des Palmbaums als einen 
Orden höherer Ordnung betrachtete, geht aus seiner eigenen Er- 
klärung hervor. Die Mitglieder des Bkimenördens tnigen das 
Ordens-Kleinod in der Form eines thalergrossen Silberstücks an 
einem Ordensband von grüner Seide und als Birken einst gefragt 
ward, weshalb die Mitglieder nicht ein goldenes statt eines silbernen 
Kleinods trügen, antwortete er: „Das Gold überlassen wir den 
höheren Orden" und deutete damit auf den Palmenorden, in den 
Birken selbst erst im Jahre 1658 Aufnahme gefunden hatte. ^) 
Im Jahre 1679 ward er auch Mitglied der Akademie dei Bicovrati, 
die in Padua und in Venedig wirkte.^) 

Unter den Begründern und ersten Mitgliedern des Blumen- 
ordens fehlt der Name Michael Dilherrs; gleichwohl hat er 

Th. Bischoff, a. a. O. S. 208. 

-) Ober Rist vgl. Th. Hansen, Joh. Rist u. s. Zeit. Lpz. 1872. 

^ Rists Absicht \var, dass „aus solcher Gesellschaft sowohl als aus 
dem Pegnesischen gleichsam wie aus einem Pflanzgarten ein und anderes 
geschicktes und würdiges Mitglied genommen und nach Abgang der alten 
und gelehrten fruchtbringenden Gesellschaf tem , in den höchstbelobten 
durchlauchtigsten Palmen-Orden möchten versetzet werden." Bischoff a. O. 
S. 209. 

*) Näheres bei August Schmidt, a. O. S. 511 f. Das Sinnbild des 
Kleinods war seit Birkens Zeit die GranadiUa (Passionsblume). Über der 
Blume stand: ,,Die Blumengesellschaft", unter derselben: „Alles zur Ehre 
des Himmels". Die Rückseite zeigte die siebenfache Rohr-Pfeife mit der 
Umschrift: „Alle zu einem Ton einstimmend." Es ist derselbe Gedanke, der 
auf dem Titelbilde eines Harsdörfcrschen Buchs durch die Darstellung von 
sieben Männern, die an einem Strick ziehen, zum Ausdruck kommt. 

^) Über diese Akademie s. unter anderen J. C. Wagenseil, De Civi- 
tate Norimbergensi conmientatio 1697 p. 451. 



80 Keller, Heft 8 u. 4. 

die mit der Zeit immer mehr hervortretenden religiösen Neigungen 
des Ordens wesentlich gefördert und sogar eine Stiftung zu Gunsten 
desselben gemacht, die diesem sehr zu statten kam. 

Wenn man die Beziehungen des Comenius zu Harsdörfer 
und der Endterschen Buchdruckerei ins Auge fasst,^) so verdient 
es Beachtung, dass schon im Jahre 1646 ein Böhme, der als 
Korrektor bei Endter thatig war, Johann Sachss, in aller Form 
Mitglied des Ordens wurde*) — eine besondere Auszeichnung, 
da die Auswahl mit grosser Vorsicht getroffen wurde und von 
1644 — 1658 nur dreizehn Aufnahmen stattfanden. 

Es ist überhaupt ganz unverkennbar, dass es überall — wir 
werden das betreffs der Londoner Akademie noch besonders dar- 
thun — die Glaubensflüchtlinge waren, und zwar nicht bloss 
die böhmisch-mährischen oder deutsch-österreichischen, die an den 
Gesellschaften stark beteiligt sind, teilweise sogar ihre Stifter 
waren. Dies tritt auch in Nürnberg hervor, wo seit der Schlacht 
am Weissen Berge sich eine immer grössere Zahl von Vertriebe- 
nen sammelte. So nahmen z. B. an dem Begräbnis eines Mit- 
glieds der Fremden-Gemeinde im Jahre 1639 nicht weniger als 
39 exulierende Geistliche teil , danmter der bereits erwähnte 
Daniel Betulius (von Birken, -j- 1642), der ausser seinem Sohn 
Sigmund noch zwei Söhne, Christian und Joh. Salomo, dem Orden 
zuführte. 

Gross war auch die Zahl der Vertriebenen von Adel, die 
mit den Nürnberger Patriziern, auch mit Harsdörfer (der ihnen sein 
Haus auf dem Rossmarkt überliess), in mannigfache Beziehung 
traten. An der Spitze der Adels-Colonie stand diu-ch Alter und 
Ansehn Gallus Frhr. von Räknitz (geb. 1590 zu St. Ulrich im 
Herzogtum Steyer, f 1658), der mit dem bekannten Mitglied des 
Palmbaums Ottavio Piccolomini befreundet war; ferner werden 
genannt die Dachsberg, Dietrichstein — Rud. v. Dietrichstein 
gehörte dem Palmbaum an — , Eyk, Emau, Herberstein, Hofmann, 
Hostelsberg, Heyleck, Jörger, KhevenhüUer, Leininger, Lichten- 
berg, Mordax, Moschkau, Prank, Praunfalk, Regal, Speidel, 



') Th. Biöchoff a. O. S. 215. 

-) Fast sämtliche Schriften der Mitglieder des Ordens sind in Nürn- 
berg bei Michael Endter gedruckt; über die Beziehungen des Comenius zu 
Endter s. Reber, C. u. die Sprachgesellschaften 1895 S. 40 ff. 



1895. Comenius und die Akademien der NaturphiloBophen etc. 81 

Tannhauser^ Teuffenbach, Traun, Volkeredorf, Welz, Windisch- 
grätz, Wurmbrand, Zinzendorf^) u. a.*) 

Waren diese sämtlich Mitglieder der österreichischen Kolonie, 
so gab es auch noch andere Exulanten von Adel um diese Zeit 
dort, z. B. Joh. Philipp Geuder von Heroldsberg — Mitglied 
der Akademie des Palmbaums — , Hans Fuchs, G. Friedrich 
von Crailsheim, H. Georg von Mussloe, Hieronjmus von E^lof- 
stein, Hans Georg und Hans Karl Richter von Komberg^), und 
mit vielen von ihnen unterhielt besondere Dilherr regen geistigen 
Verkehr, auch erecheinen einzelne unter den Angehörigen des 
Blumenordens. Aus der Zahl der letzteren mögen hier folgende 
genannt sein: Johann Bist, J. G, Schottel, Phil. Jac. Osw. von 
Ochsenstein, Ferd. Ad. Frhr. von Pemauer, J. Ph. Geuder, J. K. 
Schürholtz, Joh. Fr. Biederer, Sam. Hund aus Meissen, Gotfried 
Polycarp Müller, Christoph Arnold, Christ, Frank, S. J. Holz- 
schuher, Christoph Fürer, J. K. Scheurl, Dan. Bärholtz, Johann 
Helwig, Joh. G. Volckamer, Anton Burmeister aus Lüneburg^ 
Fr. Lochner aus Oels in Schlesien.*) 

Haredörfer hat in seinen „Gesprachspielen" die Grundsätze, 
Absichten und Ziele des Blumenordens wie der übrigen Akademien 
weiteren Kreisen in harmlosem Gewände zu vermitteln und für 
die Anschauungen des Bundes Freunde zu gewinnen gesucht. Es 
wäre der Mühe wert, die „Gesprächspiele" darauf hin einer ein- 
gehenderen Prüfung zu unterziehen; hier sei nur darauf hin- 
gewiesen, wie der Verfasser im fünften Teile seiner Schrift für 
die Einführung der Muttersprache in den Unterricht der 
Schulen eine Lanze bricht.^) Auch sind die „Gesprächspiclc" 
die erete aus gebildeten Kreisen stammende Schrift, die den 
Meistersingern und ihren Bestrebungen Mieder Gerechtigkeit 
widerfahren lässt. 



*) Otto Heinrich von Zinzendorf zahlte im Jahre 1628 fiir l'/j Jahre 
500 Gg. Schutzgelder an die Stadt. 

*) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1855 S. 101 ff. (von 
Lochner). 

*) Anzeiger etc. S. 217. 

*) S. Goedeke, Grundriss III, 18 und Th. Bischoff a. O. S. 211 f. 

^) Derselbe Harsdörfer war der erste, der die Errichtung von Lehr- 
stühlen für die deutsche Sprache an den Universitäten forderte. Vgl. Beber, 
Comenius u. h. Beziehungen zu den Sprachgesellschaften. Lpz. 1895. S. 24. 



82 KeUer, Heft 3 u. 4. 

Wichtige Aufschlüsse über die Gesellschaft an der Pegnitz 
imd über die persönlichen Beziehungen, in denen namentlich 
Sigmund von Birken gestanden hat, dürften sich aus dem noch 
erhaltenen Archiv des Blumenordens gewinnen lassen. Es befindet 
sich darin u. a. ein Album Birkens, das „dem Theuren Frucht- 
bringenden auch Fürtrefflichen Blumengenossen und Kunstlieben- 
den" gewidmet ist und sehr viele Eintragungen angesehener 
Zeitgenossen enthält. Die der Zeit nach ältesten Einzeichner 
sind Christian Dietrichstein und Harsdörfer aus 1645. Auch 
Herzog August von Braunschweig steht mit einem Denkspruch 
darin (1648). In einem andern Album mit vielen Eintragungen 
findet sich folgender Vers: 

Was dort der edle Strephon (Harsdörfer) 

Hat ersonnen: 

Das Blumenband, 

Daran hat Floridan (Birken) hier fortgesponnen 

Am Pegnitz-Strand. 

Thut, was Ihr thut 

Belobte Hirten-Brüder! 

Gott, Tugend, Sprach! i) 



Um das Jahr 1660 begegnet uns in den Eibgegenden der 
Schwanen-Orden an der Elbe oder die elbische Gesellschaft 
des Schwans, als deren Begründer Johann Rist, damals Prediger 
zu Wedel bei Altena, genannt wird. In den Satzungen begegnet 
keinerlei Bestimmung, die den Mitgliedern die Sprachreinigung zur 
Aufgabe macht, und die Bruder-Namen, die die Gesellschaft in 
Gebrauch nahm, waren sämtlich fremdländischen Ursprungs. 

Unter den Mitgliedern werden genannt: G.W. v. Werthern, 
der das Amt des „Reichsthürhüters" bekleidete; femer Matthäus 
Merian, der als Maler, Radierer, Buchhändler und Kimstverleger 
bekannt ist (geb. 1621 in Basel) und vom Grossen Kurfürsten, 
den er porträtierte, zum brandenburgischen Rat ernannt wurde, 
Daniel Bärholtz, geb. 1644 zu Elbing, Erzieher mehrerer 



*) 8. Th. Bischoff a. O. 8. 237. — Wir sind gern bereit, wichtigere 
Nachrichten aus dem Archiv des Blumenordens in unseren Monatsheften zu 
veröffentlichen. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 83 

Grafen zu Solms und später Bürgermeister in seiner Vaterstadt 
(1685), Conrad von Hövel, G. Greflinger, Fr. S. Zamehl in Elbing, 
Christoph Hom, L. Kraust in Danzig, Fr. Hofmann^ Conrektor in 
Elbing, Joh. Gorgias aus Kronstadt in Siebenbürgen, J. Noltenius 
in Braunschweig, Jeremias Erbe, „Lautenist", d. h. Musiker, Martin 
Stubritz, Gotfried Wilhelm Sacer, Georgius Schöneberg, Anton 
Burmeister, Johannes Wolken, Franz Joachim Burmeister, Con- 
stautin Christian Dekekind, Friedrich Heinrich Sager, Gothilf 
Treuer, Georg Heinrich Weber, Karl Taut, Joh. Praetorius, Michael 
Franke, Brandanus Langejanus, Michael von Lankisch, Samuel 
Sturm, Jakob Sturm, Daniel Pauli, Phil. Jakob Oswald von 
Waldeneg, Daniel Neuberger, Benjamin Winkeler von Winkelfels, 
Joh. Grüwel, Martin Kemp, Georg Strube, Georg Nicolai aus 
Hamburg. Auch Gabriel Voigtländer, Hofmusikus des Königs 
Christian V. von Dänemark, ein Freund Rists, der selbst Musik- 
kenner war, scheint Mitglied gewesen zu sein, was der Thatsache 
entsprechen würde, dass in den Kreisen der Akademien ebenso 
sehr der Musik, wie der Dichtkunst — beide verschönten ihre 
Versammlungen — besondere Pflege zu teil ward.^) 

Auch in diesem Freundeskreise begegnen die Glaubensflücht- 
linge und zwar sind sie hier vertreten durch Joh. Brzetislaw 
Mislick, Freiherm von Hirschhof aus Böhmen, der, wie wir 
durch Bist hören, in der Alchymie und der Mechanik erfahren war. 
Rist widmete ihm im Jahre 1642 einen Teil seiner ,^mmlischen 
Lieder'^ Herr von Mislick war selbst deutscher Dichter und ver- 
fasste u. a. „Ein Hirten -Geräthe Eines Christlichen Hirten, der 
seine Schafe in der Fremde weidet". Er lebte noch im Jahre 
1658.2) Vielleicht liegt in dem Gebrauch des Ausdrucks „Christ- 
licher Hirte" ein Fingerzeig für die Deutung des in diesen Kreisen 
oft gebrauchten Wortes. Denn dass die aus dem Hirtenleben 
entnommenen Namen der „Pegnitzschäfer" ebenso lediglich eine 
Mummerei waren, wie manches andere, steht zweifellos fest, lässt 
aber zugleich vieles, was uns albern und geschmacklos vorkommt, 
vom Stande des Eingeweihten aus in anderem Lichte erscheinen. 
Es war die symbolische Hülle sehr ernster Qedanken und Ziele. 



*) Eß wird dies bestätigt von Goedeke, Grundriss zur Geschichte d. 
deutschen Dichtung III, 121. 

») Vgl. Goedeke, a. O. III, 92. 



84 Keller, Heft 3 u. 4. 

Im Jahre 1667 veröffentlichte Joh. v. Hövel, der den Ge- 
sellschafts-Namen Candorin führte, miter dem Titel ,J)eut8cher 
Zimber-Swan" zu Lübeck eine Verteidigungsschrift des Ordens, 
die uns über die Ziele und die Yerfassimg desselben einige 
Nachrichten giebt, die von Interesse sind^), die offenbar aber 
niu* das enthalten, was man der Öffentlichkeit preiszi^ben beab- 
sichtigte. 

In der ersten Abteilung (S. 22 f.) spricht der Verfasser 
seine Freude aus, dass „die Taube, so eine Weile etwas einfältig 
verborgen gewesen", jetzt „frei, ungehindert vor den Läster- 
mäulern, Lügen-Raben .... mit dem lieblichen Schwane . . . . 
zu Gottes Wohlgefallen und der Menschheit Wohlfahrt im hellen 
Lichte der Ehre einher- und auffliegen" könne. 

Dann folgt eine Aufzählung der sieben freien Künste, sieben 
Wissenschaften und sieben Haupttugenden; auf diese Sieben 
sowie auf die sieben Gaben des h. Geistes heisst es (S. 28) „ist 
der Hochlöbl. ' adele Swan-Orden gebauet". ,Jn Erwägung, (dass) 
er ein solcher Orden ist, drinnen man allerhand Erkenntnisse der 
Natur und Wissenschaften sich befleissct, manghe herliche Wärkc 
und Künste zu Gottes Ehren und der Menschen Basten zuwege 
bringt, stehet er freilich in Ehren zu halten und aller Ende und 
Orten hochzuachten". 

Der Verfasser liisst es sich angelegen sein, das Recht zur 
Errichtung einer solchen „Weisheits-Zunft" gegenüber ilu*en Feinden 
darzuthun und verweist dabei auf Baco von Verulam. 

Bei der Darstellung der Verfassung und Bräuche des 
„Schwans" beruft sich Hövel besonders auf das „Collegium Carpo- 
phororum" oder das „Collegium Solis"^), d. h. die frucht- 
bringende oder „Grosse Gesellschaft", nach deren Vorbild ebenso 

^) Candorins deutscher Zimber-Swan, darin des HochlöbL ädelen 
Swan-Ordens Anfang, Zunamen, Bewandniss, Gebrauche, Satzungen, Ordens- 
gcHätze samt der Hoch-ansähel. GescllBchaftcr Ordens - Namen entworfen. 
Lübok, verlägts Michael Volk etc. 16C7. (Univ.-Bibl. in Göttingen.) 

') In dem „Teutschen Pabnbaum" (1647) 8. 11 heisst es in ähnlich 
Hvmbolischer Weise: 

Das Teutsche Sprach- und Tugend -Licht 
Von treuen Händen aufgericht 
Noch endlich durch die Nächte bricht. 
Auch sonst kehrt vielfach auf Bildern und in Vorson die Sonne wie 
das Lieht wieder. 



1895. Comenius und die Akademien der Katurphilosophen etc. 85 

der elbische Schwanen-Orden wie andere Gesellschaften, eingerichtet 
seien (S. 62). 

In der dritten Abteilung (S. 84 ff.) will Hövel den Vor- 
hang des Schwanen-Ordensgerüstcs „aufziehen und den neugierigen 
Zuschauem eröffnen" und er erzählt dann vieles von Mönchs- 
orden, Ritterorden und angeblich dem Schwanen-Orden ähnlichen 
Gesellschaften, was mehr zur Irreleitung als zur Aufklärung ge- 
eignet ist 

Interessanter ist, was Hövel über die Abzeichen und Sym- 
bole des Elbe-Schwanes ^) zu erzählen weiss : „das rechte Ordens- 
zeichen, sagt er, so in der Zusammenkunft getragen wird, ist ein 
blaues Seidenband (von) des Hosenbändels (La Jarretiere) Farbe, 
unten mit einem güldenen dran hänkenden Swan geziret". (S. 119.) 
„Gleich wie einer Gesellschaft Kettenglider auf den Orden zilen, 
also sihet ein Gebäude auf die Bundgenossenschaft" .... „Ein 
Band bedeutet gute Wirkung, Einigkeit, Bestand; dass er (der 
Band) (von) Seiden, .weiset solches auf Herligkeit, Unstärbligkeit, 
Aufleben u. s. w.; die blaue Farbe ist eben so herrlich wie die 
weisse . . . Unser blauen Herolds -Farbe Bedeutung ist herzliche 
Andacht gegen Gott, Glaube, Gerechtigkeit, Herrligkeit, Treue 
u. s. w.; der Schwan ist eine «Anzeige der Treue, Liebe, Dicht- 
Sing- Spielekunst, Weisheit, Wissenschaft" u. s. w. 

Es tritt uns hier wie in den übrigen Akademien ein aus- 
gebildetes System von Zeichen und Symbolen entgegen, 
das weit mehr war als ein zufälliges Beiwerk, vielmehr einen 
wesentlichen Teil der ganzen Organisation bildete. Wir ver- 
zichten liier auf näheres Eingehen und verweisen nur auf die 
Figuren und Zeichen der Titel-Kupfer, wo sich neben dem Schwan, 
der von Gold an einer Kette hing, auch vier Rosen gemalt 
finden und wo ein Wappen angebracht ist, in dessen vierteiligem 
Schild sich wiederum zwei Roseij finden; über das Schild zieht 
sich ein Band, das drei Muscheln trägt. Es ist nicht zweifelhaft, 
dass hiermit ebenso Anspielungen bezweckt sind, wie mit einem 
anderen Bilde, auf dem der Schwan rechts von einem Kreuz 

^) Auffallend ist, dass der Zusatz Elb- Schwan oder eibischer Schwanen- 
Orden 90 besonders betont wird. Man wird daran erinnert, dass es nach 
den Angaben des „Teutschen Palmbaums" (1647) S. 14 auch eine „Schwanen- 
Gesellschaft'' in den clevischen Landen gab; über ihre Entstehung u. s. w. 
erfahren wir nichts; sie führte ebenfalls den Schwan im Kleinod. 

Monatshefte 4lcr Comeiüus-Oest'llMchaft. 18B5. <^ 



86 Keller, Heft 3 u. 4. 

(gebildet durch drei Arme) und links von einer Säule und einem 
nach rechte schreitenden Bitter mit geschlossenem Visir um- 
geben ist. 

Der ,^imber-Schwan" hat sich in Anlage und Ausführung 
den „Teutschen Palmbaum" Hilles zum Vorbild genommen, der 
ebenso wie jener eine Anzahl interessanter Kupfer mit bildliehen 
Darstellungen sjonbolischer Art enthält^ die dem Eingeweihton 
manches sagen sollten, was der Verfasser nicht durch den Druck 
gemein zu machen wünschte; man sieht daraus zugleich, dass die 
Symbolik beider Gesellschaften sich fast derselben Zeichen bediente. 

So sieht man auf dem Titelkupfer ^ des „Teutschen Palm- 
baums" im Vordergrunde zwei Säulen, die eine mit Lorbeer, die 
andere mit zwei verschlungenen Händen und drei Herzen belegt, 
die einen mit schwarzem Tuch belegten Altar, der sich in drei 
Stufen von cubischen Steinen aufbaut, flankieren. Vor letzterem 
stehen zwei sich umarmende Kinder, darunter der Spruch „Fried 
und Freud küsset sich mit der Einigkeit", die Worte „Fried und 
Freud" unter der linken, „Einigkeit" unter der rechten Säule. Auf 
dem Altar liegt ein Lorbeerkranz, ein Scepter und eine Krone, 
sowie eine Herzogsmütze. Im Hintergrund sieht man links vorn 
ein einzeln stehendes Gebäude, das Haus der Gesellschaft (Col- 
legium) versinnbildlichend, von Bäumen umgeben und dahinter 
einen gezackten Uferrand mit Landschaft, rechts eine Burg auf 
hohem Berg, die bekannte „Christenburg" oder die „Stadt auf 
dem Berge" (Matth. 5, 14) darstellend. 

Eben die hier gebrauchten Zeichen kehren dann in der 
verschiedensten Verbindung wieder. Unter der Überschrift: „Vier- 
ständiges Sinnbild des Suchenden" sieht man \äer Medaillons, 
auf dessen erstem man den Berg mit einer Kapelle, auf dem 
zweiten die Sonne, die eine Landschaft mit Palmen erhellt, auf 
dem dritten ein Zimmer, worin »ein mit einem Teppich bedeckter 
Tisch und einem offenen Buche, in einer Nische ein Zirkel, zwei 
Globen und ein Ritterhelm sichtbar sind; auf dem vierten sieht 
man eine auf einer Anhöhe stehende Säule, umhangen von dem 
Ordensband nebst Kleinod und umgeben von einer Versanmilung 
von Männern, die zu der Säule emporschauen. 

Gleich darauf bringt der „Palmbaum" ein ,J)reyständiges 
Sinnbild" in drei Medaillons, deren erstes links einen Beig dar- 
stellt, während rechts eine Landschaft mit Beiden, Gebäuden und 



1 895. Comeniuß und die Akademien der Natiirphilosophen etc. 87 

einem Fluss mit zackigem Uferrand sichtbar ist Das Ganze 
wird von der Sonne beschienen^ der ein Adler entgegenfliegt*) 

Auf einem andern „Dreyständigen Sinnbild" sieht man drei 
brennende Lichter abgebildet, deren jedes auf einem mit einem 
Teppich bedeckten Tisch steht; der Teppich ist in Rechtecke 
geteilt, deren jedes eine Rose zeigt. 

Sehr merkwürdig ist ein Kupfer, das sich auf S. 19 findet 
Der Beschauer sieht links in ein Gemach, in welchem vier Männer 
an einem Tisch sitzen und an dessen Eingang ein fünfter mit der 
Hellebarde bewaffnet Wache hält Auf dem Tische, der mit einem 
Teppich bedeckt ist, liegen oder stehen das Winkelmass, ein Zirkel, 
ein Globus und ein aufgeschlagenes Buch, in dem der eine der 
Männer liest, während ein anderer einen zweiten Zirkel in der 
Hand hält; auf dem Fussboden steht ein grosser Foliant, durch den 
ein Schwert gesteckt ist; auf der rechten Seite des Bildes ausser- 
halb des Gemaches sieht man die Darstellung einer Schlacht mit Toten 
und Verwundeten, im Hintergrunde eine brennende Stadt und vorn 
einen fliehenden Schüler, der die Bücher aus der Hand wirft. 

Auch die Kupfer, mit welchen die Mitglieder des Blumen- 
ordens an der Pegnitz die von ihnen veröffentlichten Bücher 
ausgestattet haben, enthalten mancherlei sinnbildliche Darstellungen, 
die freilich nur dem Eingeweihten verständlich waren und ver- 
ständlich sein sollten. So zeigt das Bild des sogenannten „Poeten- 
wäldchens" — der Name Poeten wird in diesen Kreisen fast in- 
demselben Sinn wie Philosophen, Platoniker oder Gesellschafter 
und Kunstliebende gebraucht — wie es sich in der „Pegnesis" 
findet, mancherlei symbolische Figuren und Andeutungen; auch 
die Porträts Harsdörfers, die der Orden besitzt, sind in der Um- 
rahmung teilweise mit sinnbildlichen Zeichen geziert und die 
Vignetten, die sich hier und da finden, zeigen bestimmte Symbole 
— z. B. die Figur des Schachbrettes — , die auch in den übiigen 
Akademien wiederkehren. 

Wir müssen uns an dieser Stelle auf diese Hinweise be- 
schriinken, auf deren Bedeutung wir später zurückkommen werden, 
wenn wir den Zusammenhang des Comenius mit den Akademien 
zu erörtern haben. 



*) Das Sinnbild hat in der Anlage eine grosse Ähnlichkeit mit dem 
bekaimtcn Buchzeichen des Comenius; wir kommen darauf zurück. 



7* 



88 KeUer, Heft 3 iL 4. 

Die Schrift Hövels, der Zimber-Schwan, die bisher, soviel ich 
sehe, von keinem neueren Forscher beachtet ist, liefert auch den 
Beweis, dass eine nahe Beziehung zwischen Comenius und dem 
Oberhaupt des Schwans, Joh. Rist (1607 — 1667), bestanden hat. 
Nach einer Notiz Hövels besass Rist eine handschriftliche Be- 
schreibung „über das immerbewegliche Treibewerk durch 3 Kugeln 
ungleicher Grössen" von dem „weltberühmten Comenius*'^); wer 
sonst als Comenius selbst sollte Rist in den Besitz dieser Hand- 
schrift gesetzt haben? Damit stimmt es überein, dass Comenius' 
Schwiegersohn, Petrus Figulus, am 13. November 1639 Rists Gast 
in Wedel war und mit eigenhändigen Aufzeichnungen und Versen 
beschenkt weiter zog. 2) 



Wie der Name Zunft konmit auch der Name Hanse oder 
Hansa (= Gilde), bezw. Hanseschaft zur Bezeichnung der Akade- 
mien vor und deutet von neuem auf den Zusammenhang mit 
Handwerks -Genossenschaften hin. Eine derartige „Hänseschaft^*, 
die auf neun Gliedern stand — daher die „neunständige Hänse- 
schaft" genannt — nennt Zesen in seinem „Rosenthal" nach der 
Rosen-Gesellschaft, indem er sagt: „Nicht lange darnach erhub 
sich auch die neunständige Hänseschaft, welche in geheim und 
gleichfalls wie die Strassburgische unter ihren neun Hänsegliedem 
geblieben." Hans Chr. v. Liebenau schreibt an den Frhm. Hans 
■Adolf V. Alewein — beide waren Mitglieder der Akademie der 
Drei Rosen — es sei dem Herrn „Bruder" ohne Zweifel die 
neunständige Hänseschaft bekannt, ihre Namen wünschten die 
Herrn geheim zu halten, „damit sie nicht möchten be- 
schimpft werden."^) 

Wie zahlreich und mannigfach solche Beschimpfungen der 
Akademien und ihrer Mitglieder waren, erhellt sowohl aus der 
früher besprochenen Verteidigungsschrift Karl Gustav von Hilles, 
dem „Teutschen Palmbaum" wie aus Hövels „Zimber-Schwan". AVir 
können hier darauf im einzelnen nicht eingehen, sondern müssen 
uns begnügen, auf einige Stellen aus den Satzungen zu verweisen, 
in denen ausdrücklich Vorkehrung getroffen wird, um solchen 



*) Deutscher Zimber-Swan S. 43. 
^) M.H. der CG. 1894 S. 314. 
«) Schultz, a. O. S. 103 f. 



1 895. Comeniu» und die Akademien der Naturphilosophen etc. 89 

Schmähungen zu begegnen. In den Satzungen des Schwanenordens 
heisst es ^) : „Daf erne sich es zutragen möchte, dass einiger Neider 
oder sonst ein höhnischer, stolzer oder aufgeblasener Phantaste 
sich unterstehen würde, einiges Mitglied dieser rühmlichen Gesell- 
schaft mit lästerlichen Schriften, Verläumdung oder sonst unge- 
bührlich anzugreifen, so sollen auf solchen Fall nicht nur der 
Uhrhäber, sondern alle und jede Mitglieder dieses löbl. Ordens 
gehalten und verpflichtet sein, ihrem angezapfeten und verfolgeten 
Ordensgenossen und Mitbruder unverzüglich beizuspringen und 
dessen guten Namen mit Hand, Mund und Feder gegen dessen 
Widersacher auf das äusserste zu vertheidigen" .... Eine ähn- 
liche Bestimmung findet sich m den Satzungen der Rosengesell- 
schaft, wo gesagt wird: „Wenn sich ein naseweises Lästermaul 
erkühnen würde, auch den Geringsten unter den Mitgenossen mit 
Schmähschriften oder anders ungebührlich anzutasten, so soll nicht 
allein der Erzschreinhalter, sondern auch ein jedes Zunftglied ver- 
bunden sein, solchem ihrem geschmähten und verleumdeten Mit- 
glied unverzügliche Hülfe zu leisten und dem Spottvogel dermassen 
das unnütze Maul stopfen, dass hinfürder dergleichen zweibeiniges 
Müllervieh unsere Rosen- und Liliengenossen unangegigacket lasse." *) 



Wenn die Mitglieder von Gesellschf^n, deren öffentliches 
Wirken sich auf die Pflege der nationalen Sprache und Litteratur 
beschränkte, gezwungen waren, derartige Vorkehrungen gegen Be- 
schimpfungen ihrer Mitglieder zu treffen, so kann man ermessen, 
dass Organisationen, die dem Verdacht ausgesetzt waren, Alchymie 
zu treiben, einer noch heftigeren Gegnerschaft begegneten und 
demgemäss zu grösserer Geheimhaltung ihrer Versammlungen, 
Symbole und Formen gezwungen waren. 

Obwohl auch unter den Mitgliedern der sogenannten Sprach- 
gesellschaften kaum ein hervorragender Schriftsteller war, der sich 
nicht ausser mit der Sprache auch mit naturphilosophischen Studien 
und religiöser Schriftstellerei beschäftigt hätte (man hat dies bisher 
zu wenig beachtet), so haftete doch weit mehr an den Vereinigungen 
der Naturphilosophen im engeren Sinn, d. h. der Naturforscher und 
Mathematiker, der Verdacht der „Schwärmerei", und man munkelte. 



') Zimber-Schwan S. 174. 

^ Dissel, Phil. v. Zesen etc. S. 26. 



90 Keller, Heft 3 u. 4. 

dass diese Alchymisten zugleich „Rosenkreiizei"^, d. h. Mitglieder 
einer, wie man wähnte, religiösen Sekte seien, die für die Kirche 
höchst gefährlich sei, die aber als Gesellschaft thatsächlich nie 
bestanden hat 

Es ist allerdings zweifellos, dass die „Alchymie" und die 
Pflege der venvandten naturwissenschaftlichen Zweige für die 
Akademiker ebenso nur das Kleid war, das ihre höchsten Ziele 
verhüllte, wie für die fälschlich sogenannten Sprachgesellschaften 
die Förderung der Muttersprache, obwohl diese wie jene Bestre- 
bimgen durchaus auf dem Wege der Platoniker lagen und ihre 
Förderung einen Teil des Arbeitsplans des Bundes bildete. In 
weit höherem Grade als die Sprachwissenschaft bot die Chemie 
oder Alchymie mit ihren seit Jahrhunderten überlieferten Formen 
und Zeichen die Möglichkeit für die Eingeweihten, sich unter 
einander durch symbolische Andeutungen zu verständigen, die für 
die Aussenstehenden gänzlich unverständlich waren, die dann frei- 
lich auch vielfach missverstanden winden und Anlass gaben, den 
„Alchymisten" die wunderlichsten imd thörichtsten Behauptungen 
in den Mund zu legen. 

Wenn wir selbst bei den Sprachgesellschaften das, was sie 
verschleiern wollten, kaum erfahren, so ist es nicht zu verwundem, 
dass der Schleier, der .über den Akademien der „Alchymisten" 
lagert, einstweilen noch weniger zu lüften ist Gleichwohl sind 
ganz sichere Spuren ihrer Organisation nachzuweisen, und es ist 
merkwürdig, wie vollständig die Ordnungen, Symbole und Grund- 
gedanken dieser Societäten mit denjenigen der bisher besprochenen 
Gesellschaften übereinstimmen. 

Um das Jahr 1664 erscheint zu Nürnberg eine organi- 
sierte Gesellschaft von „Alchymisten*^ und „Rosenkreuzem", wie 
die Aussenstehenden sagten, d. h. von Geistlichen, Gelehrten imd 
Künstlern, an der unter andern auch Harsdörfers Freund, Michael 
Dilherr^), beteiligt war. Wir würden vielleicht wenig von dieser 
Gesellschaft wissen, wenn es nicht ihren Gegnern gelungen wäre, 



*) J. M. Dilherr (dessen Vater Konsiüent der fränkischen Bitterschaft 
gewesen war, ehe der Bischof von Würzburg ihn seiner Lehen beraubte und 
in Armut stürzte) war am 14. Oktober 1604 zu Themar geboren. Trotz 
dürftiger LÄge gelang es dem Knaben, eine gelehrte Bildung zu ei-werben; 
er studierte 1627 in Altdorf, 1629 in Jena und wurde 1631 daselbst Professor 
der Beredsamkeit, 1634 der Geschichte und Poesie und 1642 Professor der 



1895. Conieniu« und die Akademien der Naturphilotnophcn etc. 91 

im Jahre 1696 ein scharfes obrigkeitliches Mandat gegen sie zu 
erwirken, und wenn nicht im Jahre 1667 Grotfiried Wilhelm 
Lelbniz ihr Mitglied^) und bald darauf auch ihr Sekretär ge- 
worden wäre^). Dadurch ist, trotz des tiefen Geheimnisses, mit 
dem sich die Gesellschaft umgab, manches bekannt geworden. 

Hierdurch wissen wir, dass sie damals sehr angesehene 
Männer der alten Reichsstadt zu Mitgliedern zählte. An ihrer 
Spitze stand Daniel Wülfer, derzeit Pastor an S. Lorenz, femer 
gehörten zu ihr Justus Jakob Leibniz, Pastor an S. Jakob und 
ein Verwandter von Gotfried Wilhelm, Joh. G. Volkamer, der 
ältere aus dem Patriziergeschlecht gleichen Namens, dem wir schon 
oben begegnet sind, Hieronymus Gutthäter, ein reicher Kauf- 
mann, Christoph Helling, ein Weber, Friedrich Kleinert, 
ein Stempelschneider und andere. ^) Wie fest G. W. Leibniz 
damals^) und später^) sich mit diesem Kreise verbunden fühlte, 
hat er selbst später gesagt und bewiesen, und schon daraus erhellt, 
dass diese „Alchymisten" weder „Narren** noch „Bösewichter** 
gewesen sind. 

Man muss, wenn man von den „Alchymisten** spricht, frei- 
lich ein allgemeines Urteil vermeiden. Es ist nicht zweifelhaft, 
dass sich an die Fersen der Naturphilosophen, welche in ernsten 
Studien der Chemie oblagen, Schwindler und Goldmacher hefte- 
ten, die unter dem Deckmantel von allerlei Geheimlehren und 
Zeichen die Geschäfte von Betrügern übten oder selbst Betrogene 
waren. Es mag sein, dass solche Leute gelegentlich auch Mit- 



Theologie und Philoeophie in Nürnberg; dann übernahm er 1646 die Stelle 
des Hauptpfarrers an S. Sebald. Eine Monographie über Dilherr wäre sehr 
erwünscht. Vgl. AUg. D. Biogr. V, 225. Und Ad. Schwarzenberg, Das 
Leben und Wirken J. M. Dilherrs, Dresden (Progr.) 1892. 

^) Näheres über seinen Eintritt bei Kopp, Gesch. d. Alchymie I, 233. 

') Leibniz wurde angestellt, um aus naturphilosophischen Schriften 
Auszüge zu machen, die an der Arbeitsstätte der GreseUschaft vorgenommenen 
Arbeiten zu verzeichnen und den Briefwechsel zu führen. Diese Geschäfte 
hat er ein Jahr lang verwaltet. 

') Murr, Lit. Nachrichten zur Geschichte des Goldmachens, Lpz. 1805, 
S. 79 ff. (Ein Exemplar in der Stadtbibl. Hamburg.) 

*) Leibniz schreibt an Bierling den 16. März 1712: D. Wulferum ego 
adolescens Norimbergae saepe adii et aliis eo tempore viris doctis Norim- 
bergensibus familiaris fui. Opp. omnia ed. Dutens V, 378. 

•) Im Jahre 1688 suchte er Nürnberg wieder auf und verkehrte mit 
Mitgliedern der Gesellschaft. Murr, a. O. S. 81. 



92 KeUer, Heft 3 u. 4. 

glieder der Akademien waren, sicher aber ist, dass die besseren 
Köpfe sich dieser Elemente allen Ernstes zw erwehren suchten. 
Es kam bald dahin, dass der Name „Rosenkreuzer**, den diese 
Akademien von sich nicht gebrauchten, auch von den Natiuphilo- 
sophen zur Kennzeichnung solcher Schwindler gebraucht ward, und 
so sehen wir, dass Männer wie Val. Andreae und Bernegger, die 
den Naturphilosophen sehr nah standen, sich mit Nachdruck gegen 
die „Kabbalisten*^ und ,Jlosenkreuzer'* erkläilen^); in der That 
hatten die Akademien ein dringendes Interesse daran, ihre Sache 
nicht durch solche Leute zu gefährden und ihren Übertreibungen 
oder Irrlehren entgegen zu treten. 

Die Eindrücke, welche Leibniz in dem für seine Geistes- 
entwicklung wichtigsten Abschnitt seines Lebens — er war damals 
21 Jahre alt — unter dem Einfluss so ausgezeichneter Männer 
in Nürnberg empfangen hat, sind ihm stets gegenwärtig geblieben, 
und so abfällig er über das Goldmachen urteilte, so hat er sich 
doch noch später gern mit der Deutung alchymistischer Rätsel 
beschäftigt und diese Wissenschaft selbst ebenso geschätzt, wie 
es z. B. Baco nachweislich gethan hat. 

Aus Leibniz eignen Äusserungen geht, wie schon Guhrauer 
bemerkt hat, deutlich hervor, dass er sich in Nürnberg ernster 
mit alchymistischen Arbeiten beschäftigt hat und tiefer in die 
gesamte Anschauungswelt dieser Männer eingedrungen ist> als man 
bisher angenommen hat^) 

Wir besitzen einen Brief des Joh. Jakob Leibniz (des Sohnes 
von Justus Jakob), der damals Prediger der deutschen Gemeinde 
in Stockholm war, an Gotfried Wilhelm, vom Jahre 1703, in 



*) Valentin Andreae, meint Bernegger, habe den Schwindel dieser 
Rosenkreuzer gründlich entlarvt. 

') Guhrauer, Jungius I, 47. — Im Jahre 1691 schreibt Leibniz an den 
Bruder des Christian Thomasius: „Mich hat Nürnberg zuerst in chemische 
Studien eingeweiht und es reut mich nicht, in der Jugend gelernt zu haben, 
was mir als Mann Vorsicht lehren sollte. Denn in späteren Jahren wurde 
ich oft, weniger aus eigenem Antrieb, als aus dem von Fürsten, bei denen 
ich Zutritt hatte, zu dergleichen angeregt; ich blieb mit meiner Neugierde 
nicht zurück, doch nicht ohne durch Vorsicht sie zu massigen. Wie viele 
von mir gekannte Personen sind daran gescheitert, in dem Augenblick, da 
sie mit dem günstigsten Winde zu segeln glaubten." — Vgl. auch Kopp, 
Die Alchemie I, 233: „Das Interesse für Alchemie blieb Leibniz bis in seine 
letzten Lebensjahre." 



1895. Comeniu8 und die Akademien der Natui*phüo8ophen etc. 93 

welchem sich ei-sterer auf die persönliche Berührung bezieht, in 
die er mit dem ,^ro88en Freunde" zu Nürnberg „bei den Nürn- 
berger Münzmeistern" ehedem getreten sei.^) 

Im Hinblick auf den Umstand^ dass Fr. Kleinert*'^) Münz- 
stenipelschneider und zugleich ebenso wie G. W. Leibniz Mitglied 
der Nürnberger Gesellschaft war, unterliegt es keinem Zweifel, 
dass in dieser Bemerkung ein Hinweis auf den Freundeskreis lag, 
dem die beiden Leibniz angehörten. An der städtischen Münze 
waren drei Beamte angestellt, der Münzmeister, der „Eisengraber" 
und der Wardein. In der Münzstätte fanden sich ausser den 
Räumen, wo mit dem sog. Taschenwerk und dem „grossen Druck- 
werk" gearbeitet ward, solche Räume, wo mit „geheimen Münz- 
zeug" geprägt wurde*), die also auch für Versuche chemischer 
Art, die man geheim halten wollte, sowie für Versammlungen 
sehr geeignet waren. Da in keiner Weise einzusehen ist^ was die 
beiden Gelehrten „bei den Münzmeistem" für gemeinsame Be- 
schäftigung hätten haben können, so muss man annehmen, dass 
in der Mfinzstätte Zusammenkünfte stattfanden, wie sie in den 
Zunfthäusem angesehener Gilden oft zwischen den Angehörigen 
der Zunft und den ,Jjiebhabem des Handwerks" (z. B. Ärzten, 
Rechtsgelehrten, Lehrern) vorkamen.^) 

Wie dem auch sein mag, so ist doch die Thateache, dass 
Gelehrte wie Leibniz, Dilherr und andere mit Webern, Silber- 
schmieden — nach Murr scheint auch ein Rofgiesser Mitglied 

^) Gnhrauer, Leben des Leibniz I, 47. 

') Eleinert gab einen Apparatus NumiBmatum recentiorum heraus, 
den Casp. Theoph. Lauffer im Jahre 1709 fortsetzte. Murr, a. O. S. 85. 
— Kleinert stammte aus Bartenstein in Ostpreussen (geb. 4. Juni 1633). 
Doppelmayr (Histor. Nachrichten etc. 8. 309) erzahlt von ihm, dass er eine 
„Aeademia historico-metallica" zu begründen versucht habe. Kleinert starb 
am 28. JnU 1714. 

') C. F. Gebert-Nümberg, Geschichte der Münzstätte der Reichsstadt 
Nürnberg. Nümb. 1891, S. 107. 

*) Es mag hier beiläufig bemerkt werden, dass unter den Münzbeamten 
der Stadt Nürnberg mehrfach Namen vorkommen, die sowohl in der Kunst- 
geschichte (die „Eisengr&ber'' waren auch Bildhauer und Steinmetzen) wie 
in der Geschichte der religiösen Bewegung bekannt sind. Im Jahre 1517 
war Hans Krug der Jüngere, der Vater Ludwig Krugs, ein „Bruder'' Hans 
Dencks, Eisengraber (s. Keller, Die Reformation S. 323 u. 422) und im 
Jahre 1535 — 1542 verwaltete das Amt des Münzeisenschneiders Hieronymus 
Formschneider. S. Gebert, a, O. S. 51 u. 54. 



94 Keller, Heft 3 u. 4. 

• 

gewesen zu sein — und Stempelschneidern eine Societät bilden, 
immerhin merkwürdig, um so mehr, als unsere Quelle ausdrücklich 
bestätigt, dass die Gesellschaft eine geheime gewesen sei. ^) 

Joh. Georg Volkamer (geb. 1616), der wie wir sahen seit 
dem Jahre 1646 auch Mitglied des Blumenordens an der Pegnitz 
war — er führte darin den Brudemamen Helianthus^) — war zu 
Padua, wo er studiert hatte, Mitglied der Academia dei Ricovrati *) 
geworden und imterhielt mit den italienischen Freunden fortge- 
setzte persönliche Verbindungen. Auch Dr. Joh. Helwig (f 1674), 
sein Freund und Genosse im Blumenorden, war Doktor Paduanus. 

Ebenso rege Beziehungen wie zu Oberitalien besassen manche 
Mitglieder dieses Freimdeskreises zu den Niederlanden, wie dies 
unter anderen der Briefwechsel Harsdörfers mit dem damals in 
Amsterdam lebenden Comenius ergiebf *) Im Jahre 1668 besorgten 
einige Nürnberger Freunde eine deutsche Übersetzung einer Schrift 
des Dr. Joh. Fr. Helvetius, des Leibarztes des Prinzen Moritz 
von Oranien, der zu den bekanntesten „Alchymisten" im Haag 
gehörte.^) Besonders eng war aus naheliegenden Gründen der Ver- 
kehr der Nürnberger Maler imd Künstler mit den Niederlanden 
und es steht fest, dass viele ausländische, besonders holländische 
und französische Künstler zeitweilig in Nürnberg weilten. 

Für den internationalen Zusammenhang, in dem diese Kreise 
standen, ist die Lebensgeschichte des Johann Wülfer, Sohnes 
von Daniel Wülfer, von Interesse. Geboren 1651, studierte er 
Mathematik und dann in Jena — wohin viele Spuren eines Zu- 
sammenhangs mit Nürnberg weisen — Theologie. Im Jahre 1674 
ging er nach Venedig, um, wie Doppelmayr berichtet®), „von dem 
Zustand der griechischen Kirche eine genaue Nachricht einzu- 
holen" und verkehrte dort sechs Monate laiig mit dem Patriarchen 
und dem griechischen Abt Grandamino. Von dort zog er nach 



*) Murr, a. 0. S. 82. 

•) Herdegen, Blumenorden S. 851. 

') Diese Akademie hatte zur Impresa (Sinnbild) eine von zwei Seiten 
geöffnete Höhle und den Wahlspruch: Bipatens animis asylum. Wagenseil, 
Commentatio etc. gibt eine Abbildung. 

*) .Tos. Reber, Joh. A. Comenius u. s. Beziehungen zu den Sprach- 
gesellschaften. Lpz. 1895. S. 45 ff. 

^) Kopp, die Alchemie I, S. 83 f. 

") Historische Nachr. v. d. Nümbcrgischen Mathematicis und Künstlern. 
Nürnberg 1730. S. 143 f. 



1895. Conienius und die Akademien der Naturphilo8ophen etc. 95 

Florenz, Rom, Neapel und zurück nach Wien, Prag, Braunschweig, 
Hebnstädt, Lüneburg, Hamburg, Bremen, Amsterdam und dann 
nach London, überall die Gesinnungsgenossen aufsuchend« In 
England verkehrte er mit Robert Boyle, Joh. Pell, Heinrich 
Oldenburg, Theodor Haack u. a., „die ihm sehr zugethan waren**. 

Von London begab er sich nach Oxford zu Joh. Wallis, 
wo er sieben Monate blieb, dann nach Cambridge und dann nach 
Paris, „wo er mit vielen Litteratis gute Freundschaft machte**; 
dann über Lyon nach Genf imd von dort nach Nürnberg zurück, 
wo er 1677 wieder anlangte. Später wurde er Mitglied der K. 
Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 



Eine ähnliche Entwicklung, wie wir sie im dritten TeUe unserer 
Untersuchung in Betreff der älteren Londoner Akademie und der 
späteren Royal Society kennen lernen werden, tritt uns in Deutsch- 
land bezüglich derjenigen Societät, der Leibniz seit 1667 angehörte, 
und der im Jahre 1700 von ihm und Comenius' Enkel unter dem 
Schutze Friedrichs I. in Berlin begründeten „Königlichen Societät 
der Wissenschaften" entgegen. Wie in London die Trager der 
freien „Academia Londinensis" (wie sie sich nannte) nachmals die 
Begründer der Royal Society wurden (1662), so haben die Mit- 
glieder der freien Societäten in Deutschland den Stamm für die 
Berliner Königliche Gesellschaft gebildet.^) 

Aber man würde fehl gehen, wenn man den Unterschied 
der freien und der Königlichen Akademien daran erkennen wollte, 
dass aus privaten Gesellschaften staatliche Körperschaften wurden: 
indem die letzteren sich zu Gelehrtengesellschaften im engeren 
Sinn gestalteten, erhöhten sie zwar ihre wissenschaftliche Leistungs- 
fähigkeit aber sie nahmen gleichzeitig gegenüber den älteren Socie- 
täten insofern einen wesentlich veränderten Charakter an, als diese 
ursprüngUch keine Gelehrtengesellschaft, sondern eine Lebens- 
und Gesinnungs- Gemeinschaft darstellen wollten, die eines 
ihrer Bindemittel und ihrer Ziele in der Reform der wissen8chaft>- 
lichen Methode und der Pflege der nationalen Eigenart fand. Es 
war daher ganz natürlich, dass manche hervorragende Mitglieder 



*) Ausser Geh. Wülfer wurde auch ein anderer Freund von Leibniz, 
der wie dieser Mitglied der älteren Societät gewesen war, nämlich der be- 
rühmte Arzt Fried r. Hoffmann (geb. 1660), im Jahre 1701 Mitglied der 
Königl. Societät zu Berlin. 



96 Keller, ConieniuH und die Akademien etc. Heft 3 u. 4. 

der älteren Akademien — wir kommen darauf zurück — die neue 
Entwicklung zwar insofern warm begrüssten, als die wissenschaft- 
lichen Studien der Societät an den Staaten, die deren Umwandhmg 
vornahmen, eine kräftige Stütze gewannen, dass sie aber das voll- 
ständige Aufgehen der älteren Gesellschaften in den neuen staat- 
lichen Anstalten keineswegs wünschten, sondern vielmehr einen 
Weg suchten, um die Organisation und die. Verfassung, die Gnmd- 
gedanken und die Symbolik der freien Akademien, für die in den 
Königlichen Gesellschaften natürlich kein Raum war, den kom- 
menden Geschlechtern zu erhalten. 

Immerhin ist die Thatsache, dass die Könige von Gross- 
brittanien und von Preussen zur Begründung der grossen und, 
wie die Folgezeit beweisen sollte, segensreichen Institute sich 
gerade der Männer bedienen zu sollen glaubten, die in den 
Societaten der „Alchymisten'^ ihre Schule gemacht hatten, ein 
hinreichender Beweis für den Umstand, dass die Verleumdungen 
und Beschimpfungen, denen die „geheimen Gesellschaften" der 
Naturphilosophen das ganze siebzehnte Jahrhundert hindurch aus- 
gesetzt waren — auch darüber werden wir später näher handeln — 
ein Ausfluss des Parteihasses und der religiös-politischen Kämpfe 
waren, an denen jene Zeit so reich gewesen ist 

Eben die Roheit und der Haas waren es, die jene Männer 
zwangen, ihre höchsten Ziele unter der Hülle von Sinnbildern 
und Zeichen zu verbergen und sie nur Einzelnen zu offenbaren. 
Kein geringerer als Valentin Andreae bestätigt diese, für ihn selbst 
sehr betrübende Zwangslage in seiner Lebensbeschreibung, indem 
er erzählt, dass seine brennende Liebe zur Sache des Christentums 
überall auf Hass und Hindemisse gestossen sei, wo er versucht 
habe, ihr auf offenem Wege nützlich zu sein; da habe er, fährt 
er fortj die Notwendigkeit begriffen, seine Ziele auf Umwegen zu 
erreichen und durch Anspielungen imd Lockungen die Menschen 
zu ernsten Dingen hinzuleiten. So ist es gekommen, dass die 
Formen und die Symbole jener Akademien, so geringfügig sie uns 
heute erscheinen, doch ein wesentliches Stück des gesamten 
Erziehungsplanes waren, der den Gründern der Socie- 
taten vorschwebte. 



Die psychologische Grundfrage.^) 

Im Anschluss an die neuere psychologische Litteratur 



untersucht von 
Goswin K. Uphues. 



Kein Zweig der philosophischen litteratur erregt heutzutage 
innerhalb der philosophischen Welt und weit über ihren Kreis 
hinaus ein so mächtiges Interesse als die Psychologie. Man geht 
von der Ansicht aus, dass in der Psychologie nach der jetzt 
herrschenden Methode am ehesten wissenschaftlich gesicherte 
Ergebnisse gewonnen werden können. Mit vollem Recht. Ob 
man aber auch die Schwierigkeit dieser Angabe hoch genug 
anschlägt, ist eine andere Frage, die bei dem Wirrwarr der 
Meinungen auf dem psychologischen Forschungsgebiete sicherlich 
verneinend beantwortet werden muss. Es mag deshalb gestattet 
sein, einen Punkt innerhalb dieses Durcheinander, der für alles 
andere entscheidend und massgebend ist, zu fixieren und mit 
Bezug auf die in den letzten vier Jahren in Deutschland er- 
schienenen psychologischen Werke zur Erörterung zu bringen. 
Ich bezeichne ihn als die psychologische Grundfrage. 

Versetzen wir uns in die Zeit, wo wir eben das Licht der Welt 
erblickt hatten, einige Wochen nach unserer Geburt und fragen uns, 
worin damals unser Bewusstsein bestand. Wir hatten Empfindungen, 
die, wie wir jetzt sagen, von dem Druck der uns berührenden 
Hände, Kleider herrührten, femer Gesichtsempfindungen, wie wir 

^) Litteratur: Ziehen, Leitfaden der physiologischen Psychologie, in 
14 Vorlesungen, 1. Aufl. 1891. 176 8. 4 Mk. — Uphues, Psychologie des 
Erkennens. 1893. 318 S. 6 Mk. 80 Pf. — Külpe, Grundriss der Psychologie. 

1893. 478 S. 9 Mk. — Kehmke, Lehrbuch der allgemeinen Psychologie. 

1894. 582 8. 10 Mk. — Twardowski, Zur Lehre vom Inhalt und Gegen- 
stand der Vorstellungen. 1894. 111 8. 2 Mk. 80 Pf. 



^i 



98 Uphues, Heft 3 u. 4. 

jetzt sagen^ von diesen Dingen; Geruehsempfindungen, Geschmacks- 
empfindungen mid ebenso Gesichtsempfindungen, vvie wir jetzt 
sagen, von der Flasche, der Mutterbrust, der Milch, die wir 
tranken, lauter Empfindungen, von denen wir jetzt sagen, dass 
sie unsere Empfindungen waren oder dass wir sie hatten. Von 
Händen, Kleidern, die uns berührten, von Flasche, Mutterbrust, 
die uns nährten, wussten wir damals nichts, ebenso wenig von 
einem Ich, das die Empfindungen hatte als seine Empfindungen. 
Kurz gesagt: unser ganzes Bewusstsein bestand aus diesen 
Empfindungen, die weder vorwärts auf Dinge, noch rückwärts 
auf ein Ich bezogen wurden. Für dies Bewusstsein gab es weder 
Subjekt noch Objekt, auch der Körper, den wir jetzt als eigenen 
Körper bezeichnen und oft als Ort und Träger der Empfindungen 
betrachten, war für dies Bewusstsein nicht vorhanden, das blosse 
Dasein und Zusammensein der Empfindungen bildete den einzigen 
Bestandteil dieses Bewusstseins, zu denen etwa noch Gefühle der 
Lust oder Unlust hinzutraten, wie wir jetzt sagen, der Annehm- 
lichkeit oder Unannehmlichkeit dieser Empfindungen, die also 
jetzt von uns, aber keineswegs schon in dem ursprünglichen Be- 
wusstsein des Neugebomen auf die Empfindungen bezogen werden. 
Man geht nicht zu weit, wenn man in Bezug auf diese Charak- 
teristik des Bewusstseins des Neugebomen eine Übereinstimmung 
unter den psychologischen Forschem der Gegenwart voraussetzt 
und auf ihre Zustimmung rechnet. Die nächste Frage ist, wie 
kommt das Kind von diesem Complex zugleich miteinander auf- 
tretender und auf einander folgender Empfindungen und Gefühle 
zum Bewusstsein des Subjekts und der Objekte, des Ich und der 
Dinge? Wir können sie, ohne Widerspruch fürchten zu müssen, 
als psychologische Grundfrage bezeichnen. Sie schliesst die 
Vorfrage ein, was unter dem Ich und den Dingen zu verstehen 
sei. Schon bei der Beantwortung dieser Vorfrage, noch mehr 
aber bei der Beantwortung der Gmndfrage, tritt der Wirrwarr 
und Widerstreit der Meinungen unter den gegenwärtigen Forschem 
in grellster Weise hervor. Viele gehen bei der Bestimmung 
dessen, was unter dem Ich und den Dingen zu verstehen ist, 
von bestimmten philosophischen Systemen aus oder suchen diese 
Bestimmung mit vermeintlich gesicherten naturwissenschaftlichen 
Anschauungen in Einklang zu bringen, während es sich offenbar 
doch nur um eine genaue Angabc dessen handeln kami, was sich 



1895. I^ie psychologische Grundfrage. öfl 

das gewöhnliche Bewusstsein, d. h. das Bewusstsein der gewöhn- 
lichen Leute unter dem Ich und den Dingen denkt. Denn zu 
diesem BewusstBcin gestaltet sich doch das Bewusstsein des Neu- 
gebornen, dieses Bewusstsein bleibt die Grundlage und Voraus- 
setzung seiner ganzen geistigen Entwicklung, welchen Einfluss 
immer philosophische Systeme und naturwissenschaftliche An- 
schauungen auf diese Entwicklung ausüben. Fragen wir uns nun^ 
was das gewöhnliche Bewusstsein in diesem Sinne unter Dingen 
versteht, so ist die Antwort eine überaus einfache: das, was 
nicht Bewusstsein, insbesondere nicht Empfindung und Gefühl 
ist; Hände, Kleider, Flasche, Mutterbrust, Milch sind ihm, was 
immer sie sein mögen, jedenfalls nicht Bewusstsein^ nicht Em- 
pfindung und Gefühl. Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, 
was das gewöhnliche Bewusstsein unter dem Ich versteht Sehen 
>vir ab davon, dass wir oft das Wort Ich in Verbindimg mit 
körperlichen Vorgangen gebrauchen, z. B. ich gehe, esse, trinke, 
wo wir natürlich unter dem Ich nur das leibliche Ich oder den 
eigenen Körper verstehen können, so verbinden wir mit dem 
Worte Ich zimächst nur die Wortvorstellung Ich, sei es die 
(akustische) Gehörsvorstellung des gesprochenen oder die (optische) 
Gesichtsvorstellung des geschriebenen Wortes Ich. Die Frage ist 
nur, ob sich mit dieser Wortvorstellung, die sich regelmässig dann 
einstellt, wenn wir, von dem leiblichen Ich absehend, an unser 
eigenes oder ein fremdes Ich als solches denken, auch eine 
Sach Vorstellung verbindet und worin diese besteht; wie sich denn 
an die Wortvorstellungen der gesprochenen Zahlen oder ge- 
schriebenen Ziffern, von denen wir beim Denken der Zahlen (die 
ganz kleinen, 1 bis 4 oder 5, deren Einheiten wir uns getrennt 
in Pimkten oder Strichen gleichzeitig vergegenwärtigen köimen, 
ausgenommen) immer ausgehen, stets entsprechende Sach- oder 
Wortbedeutungsvorstellungen anschliessen. Als solche mit der 
Wortvorstellung Ich verbundene Sach- oder Bedeutungsvorstellung 
finden wir, so oft und sorgfältig wir forschen, nichts anders vor 
als die Bewusstseinsvorgänge, vor allem die Empfindungen und 
Gefühle der Vergangenheit und Gegenwart, von deren Zusammen- 
gehörigkeit mit einander und mit diesem Bewusstsein ihrer Zu- 
sammengehörigkeit wir ein Bewusstsein haben, und die wir eben 
darum als unser Bewusstsein oder Ich bezeichnen. Wir finden 
nichts anders, so oft und sorgfältig \vir forschen. Wollen wir 



100 Uphues, Heft 3 u. 4. 

aber dennoch unter dem Ich oder Subjektsmoment etwas anderes 
von diesen Bewusstseins vorgangen Verschiedenes verstehen, so 
haben wir nur etwas Unbestimmtes^ Inhaltleeres unter Händen, 
das von Rehmke, der diesen Versuch machte mit Recht als durch- 
aus unvorstellbar (S. 153), ja für sich genommen, getrennt von den 
Bewusstseinsvorgangen als undenkbar (S. 493) bezeichnet wird, 
das ausserdem nach ihm ein und dasselbe in allen Bewusstseinen 
(S. 134) und über Raum und Zeit erhaben ist (S. 288). Können 
wir ims nicht zu diesen extremen Anschauungen Rehmkes be- 
kennen, so bleibt uns kaum etwas anderes übrig, als dass wir 
unter dem Ich die Gruppe zusammengehörender Bewusstseins- 
vorgänge verstehen, die durch das Bewusstsein ihrer Zusammen- 
gehörigkeit mit einander und mit diesem Bewusstsein ihrer Zu- 
sammengehörigkeit charakterisiert sind. Das ist der Grundgedanke 
der Bewusstseinstlieorie, die in meinem Buche (S. 126 — 140) ent- 
wickelt ist. In gewissem Sinne stimmt auch Ziehen hiermit 
überein. Nur dass ihm die Ich genannten Bewusstseinsvoigange 
mehr etwas durch Association Zusammengeratenes als Zu- 
sammengehörendes sind und er von einem Bewusstsein ihrer 
Zusammengehörigkeit mit einander kaum, mit diesem Bewusstsein 
aber sicher nichts wissen wül, wenigstens in Konsequenz seiner 
Grundanschauung dies Bewusstsein ablehnen muss, wie wir sofort 
sehen werden. Külpe glaubt von einem geistigen Individuum, das 
in den Bewusstseinsvorgangen bestände, nicht reden zu können, 
weil „diese Meinung keine wissenschaftliche Psychologie ergäbe". 
Es sollen zwischen den Bewusstseinsvorgangen keine notwendigen 
Abhängigkeiten bestehen (8. 3). Wir fragen, auch nicht zwischen 
Prämissen und Schlusssätzen, zwischen Urteilen oder Willens- 
vorgängen und den sie bedingenden Vorstellungen? Die Bewusst- 
seinsvorgänge als solche sollen nicht eindeutig bestimmt werden 
können, nur mit Bezug auf die körperlichen Vorgänge soll das 
möglich sein. Die Psychologie ist darum die Wissenschaft von 
den Abhängigkeitsbeziehungen der Bewusstseinsvorgänge vom 
körperlichen Individuum (S. 4). W'ir fragen, wie ein Konstatieren 
dieser Abhängigkeitebeziehungen möglich sein soll, wenn nicht 
zuerst die Bewusstseinsvoi^nge an sich fest und sicher erkannt 
sind. Abgesehen davon ist die genannte Wissenschaft nicht 
Psychologie überhaupt, die doch das Buch Külpes nach dem 
Titel geben will, sondern physiologische Psychologie. In der That 



1895. I^ie peychologißche Grundfrage. lOl 

hat Külpe nur eine physiologische Psychologie gegeben, 
und diesen Zweck als den beabsichtigten vorausgesetzt, ist sein 
Buch wertvoll. Die allgemeinen Erörterungen verraten wie die 
vorstehende eine nachlässige Denkhaltung, die unangenehm berührt 
und das Verständnis erschwert Ziehens Buch ist eine mit 
strenger Konsequenz diu'chgeführte Associationspsychologie, 
die als solche den psychologischen Thatsachen nicht gerecht 
werden kann, aber durch ihre Klarheit und Folgerichtigkeit, unter- 
stützt voii einer vorzüglichen sprachlichen Darstellung, den Leser 
fesselt und gewinnt Rehmke greift häufig über die Be>vusst- 
seinsv^orgänge hinaus zu Annahmen, die in keiner Analogie zu 
dem Gegebenen stehen und darum nach meiner Terminologie als 
Postulat e bezeichnet werden müssen; aber diese Postulate sind 
meiner Meinung nach, abgesehen von dem erörterten Fall des 
Subjektsmoments, durch das Denken wirklich gefordert und setzen 
danim die Bewusstseinsvorgänge in das rechte Licht Sein Buch 
ist charakterisiert durch eine vielfach glückliche Vereinfachung 
der Probleme; die sehr tiefgehenden und scharfsinnigen Unter- 
suchungen werden in schlichter, gemeinverständlicher Sprache 
vorgetragen. Mein Buch behandelt die dem Zwecke des Er- 
kennens dienenden Bewusstseinsvorgänge als solche oder an und 
für sich genommen, abgesehen von den ihnen entsprechenden 
körperlichen Vorgängen und ohne in der Weise Rehmkes über 
die Bewusstseinsvorgänge hinausgehende Annahmen im Sinne der 
Postulate zu machen. Ich möchte es deshalb als einen Beitrag 
zur introspektiven Psychologie bezeichnen, während Rehmkes 
Buch eben wegen dieser Annahme als metaphysische Psycho- 
logie charakterisiert werden müsste. Twardowski giebt eine 
sehr eindringende Untersuchung über das Gegenstandsbewusstsein, 
durch dessen Annahme meiner Ansicht nach einzig und allein 
die psychologische Gnmdfrage beantwortet werden kann. Auch 
seine Schrift bietet natürlich einen Beitrag zur introspektiven 
Psychologie. Das Buch erinnert in Gcdankenfühnuig und 
Sprache oft an die Analysis of thc phenomcna of human 
mind von James Mi 11 und kann wie dieses als beste Einfühnmg 
in die Psychologie überhaupt, als beste Einfühnmg in die schwierige 
Frage nach der Beschaffenheit des Gegenstandsbewusst- 
sein s bezeichnet werden. 

Nachdem wir über die Vorfrage, was (nach der Meinung 

MonatslifftP clor C'oiiiciiiiM-CtosollM'haft. 189.'». u 



102 Uphues, Heft 3 u. 4. 

des gewöhnlichen Bewusstseins) unter dem Ich und den Dingen 
zu verstehen ist, uns verständigt haben, können wir nunmehr die 
Beantwortung der psychologischen Grundfrage versuchen, 
wie das Bewusstsein des Neugeborenen, das lediglich aus gleich- 
zeitigen und aufeinanderfolgenden weder rückwärts auf ein Sub- 
jekt noch vorwärts auf ein Objekt bezogenen Empfindungen und 
etwa noch Gefühlen besteht, für das es also weder Subjekt noch 
Objekt, weder ein Inneres noch ein Äusseres gibt, zum Bewusst- 
sein des Ich und der Dinge gelangt. Nach Ziehen, der auch 
das Urteil und den Schluss (S. 128 u. 129) in letzter Instanz 
auf blosse Vorstellungsassociation zurückführt (dagegen Höfler 
Psychische Arbeit 1894, S. 96), soll das seinen Grund lediglich 
in einer Vorstellungsassociation haben. Ich leugne nichts dass das 
ganze tierische Bewusstsein, auch die dem Urteil und Schluss 
ähnlichen, analogen Vorgänge desselben, insbesondere das Unter- 
scheiden und Wiedererkennen durch Associationen erklärt werden 
können. Der Hund unterscheidet ein Stück Fleisch von einem 
Stück Holz, d. h. mit der Empfindung (Geruchs- und Gesichts- 
empfindung) von jenem ist ein Gefühl der Lust verbunden, dieses 
löst die Bewegung des Zuschnappens aus, bei der Empfindung 
von diesem fehlt das Gefühl und darum auch die ausgelöste Be- 
wegung. Der Hund erkennt seinen Herrn wieder, d. h. die 
Gesichtsempfindungen erwecken ein Lustgefühl, dieses löst das 
freudige Bellen aus, Lustgefühl und Bellen sind bei den Gesichts- 
empfindungen von Fremden nicht vorhanden. Es versteht sich, 
dass die Empfindungen hier ebensowenig nach vorwärts auf 
Objekte, als nach rückwärts auf ein Subjekt bezogen zu sein 
brauchen, um diese Erscheinungen zu erklären, es genügt, dass 
mit ihnen Gefühle und Bewegungen des Körpers und der Stimm- 
werkzeuge verbunden sind. Ist diese Erklärung ausreichend, dann 
beruhen die Voigänge des Unterscheidens und Wiedererkennens 
beim Tiere und ebenso die Analoga des Urteils und Schlusses 
bei ihm lediglich auf Association. Ich halte sie für ausreichend, 
behaupte aber, dass eben darum in allen diesen Vorgängen und 
im tierischen Bewusstsein überhaupt das Bewusstsein des Subjekts 
und Objekts durchaus fehlt, wenigstens haben wir gar kein Rechte 
sein Vorhandensein anzimehmen, so lange wir diese Vorgänge auf 
Grund blosser Associationen erklären können. Es springt indes 
in die Augen, dass das Unterscheiden und Wiedererkennen, das 



1895. I^ie peychologische Grundfrage. 103 

Urteilen und Schliessen beim Menschen etwas ganz anderes ist, 
als diese mit den gleichen Namen benannten Vorgänge des tieri- 
schen Bewusstseins. In jenen Vorgängen beim Menschen 
spielt immer das Bewusstsein von Objekten, häufig auch das Be- 
wusstsein des Subjekts eine Rolle. Ich behaupte nun, dass dies 
Bewusstsein nur durch das Gegenstandsbewusstsein in seinen 
beiden Formen als ßeflexion und Erinnerung oder Wissen 
um die gegenwärtigen und vergangenen Bewusstseins- 
vorgänge und als Wahrnehmung oder Wissen um etwas, 
das nicht Bewusstseinsvorgang ist, zu stände kommen kann. 
Ziehen hingegen will, dass das alles, Reflexion und Erinnerung, 
ebenso Wahrnehmung, in diesem Sinne nicht besondere auf 

etwas von ihnen Verschiedenes oder auf Gregenstände be- 
zogene Vorgänge sind, sondern lediglich in Vorstellungsassocia- 
tionen bestehen, deren eines Glied freilich sprachlich, aber ent- 
schieden irreleitend als besonderer Vorgang bezeichnet wird. (Vergl. 
Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik 1894 Heft 4, Ziehens 
Recension über Uphues Psychologie des Erkennens, S. 322 — 323.) 
,Jst die Empfindung bereits verschwunden, so ist die Reflexion 
identisch mit der Erinnerung, sie besteht in der Fortdauer des 
sogenannten Erinnerungsbildes der Empfindung." Wie oft ist 
diese handgreiflich falsche Darstellung des Erinnerungsvorganges 
seit Herbart von seinen Anhängern und andern schon wieder- 
holt worden! Die Empfindungen, gewöhnlich Vorstellungen ge- 
nannt, sollen auch nach ihrem Verschwinden fortdauern, sie sinken 
unter die Bewusstseinsschwelle, werden unbewusst und bleiben trotz- 
dem Eknpfindungen oder Vorstellungen, bleiben dieselben; sie steigen 
dann wieder über die Bewusstseinsschwelle empor, werden wieder 
bewusst als dieselben Empfindungen oder besser Vorstellungen. 
Ich sehe ab von dem augenscheinlichen Widerspruche der An- 
nahme eines Unbewusstwerdens von Empfindungen und Vorstel- 
limgen, die ihrem ganzen Wesen nach Bewusstseinsvorgänge sind 
und aufhören zu existieren, wenn sie unbewusst werden, von der 
unbewiesenen ja bei der Variabilität unserer Vorstellungen der 
Erfahnmg widersprechenden Annahme, dass die in uns wieder 
auftauchenden den früheren ähnlichen Vorstellungen mit diesen 
früheren identisch sind, muss aber fragen, was nützt diese Iden- 
tität der gegenwärtigen Vorstelhmg mit der früheren, die Ziehen 
hier als Fortdauer bezeichnet, für das Zustandekommen des Er- 

8* 



104 Uphues, Heft 3 u. 4. 

inneningsvorgangs? Erinnern kann ich mich der früheren Vor- 
stellung doch nur, insofern ich sie mir in der jetzigen vergegen- 
wärtige, zum Bewusstsein bringe, d. h. insofern sie Gegenstand 
der jetzigen ist, also niu* durch das Gegenstandsbewusstsein. ,Jst 
die Empfindung noch gegenwärtig, so besteht die Reflexion in 
der Anknüpfung bestimmter Vorstellungen an die Empfindung; 
wenn ich z. B. ein Blatt Papier sehe, so knüpft sich gelegentlich 
daran die Vorstellung meines Ich, d. h. einer sehr komplexen, 
allmählich entstandenen Vorstellung*^ (vorher: „Die Thatsache, dass 
die successiven Vorstellungen eines Individuums unter einander 
in durchgängiger associativen Verknüpfung stehen, genügt zur 
Abgrenzung eines individuellen Selbstbewusstseins*^ „zugleich mit 
gewissen Vorstellungen eines ausser mir gelegenen Gegenstandes, 
des Papiers*^ Es ist wahr, dass wir oft in den Anblick des Gegen- 
standes so vertieft sind, dass die sinnliche Vorstellung des leib- 
lichen Ich und noch mehr die Wort- und Sachvorstellung des 
geistigen Ich so zu sagen nur gelegentlich auftaucht. Aber das 
setzt eben doch voraus, dass wir sie längst gewonnen haben. 
Wird nun auch das Ich konstituiert durch die Thatsache, dass 
die successiven Vorstellungen eines Individuums in durchgängiger 
associativer Verknüpfung unter einander stehen, so ist doch damit 
noch keineswegs die Entstehung der Vorstellung des Ich er- 
klärt, um die allein es sich handelt, abgesehen davon, dass die 
blosse associative Verknüpfung der Vorstellungen oder die Eigen- 
tümlichkeit derselben, dass wenn eine von ihnen in einer neuen 
ähnlichen Vorstellung wieder auflebt^ auch die mit ihr gleichzeitigen 
oder ihr folgenden in neuen Vorstellimgen wiederauftreten, noch 
keineswegs zur Konstituierung des Ich ausreicht „Dadurch, dass 
wir gelegentlich in einem der zusammengehörenden Bewusstaeins- 
vorgänge die Zusammengehörigkeit der übrigen mit ihm erkennen, 
scliaffen wir das individuelle Bewusstsein nicht erst" (d. h. wir 
schaffen dadurch das Ich nicht, wie schon oben gesagt wurde), 
„sondern registrieren damit nur seine Existenz" (d. h. gewinnen 
die Vorstellung vom Ich). Hier gibt Ziehen alles zu, was wir 
nnr wünschen können, sogar auch das Bewusstsein der Zusammen- 
gehörigkeit der Bewusstseinsvorgänge nicht bloss miter einander, 
sondern auch mit diesem Bewusstsein, wie es immer in der Er- 
innerung, häufig in der Reflexion vorhanden ist. Zweifelhaft bleibt 
noch, ob er das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit als etwas 



1895. I^i«^ peychologiöche Grundfrage. 105 

von den übrigen Bewusstseinsvorgängen, die seinen Gegenstand 
bilden^ Verschiedenes betrachtet, insbesondere, ob er zwischen 
jenem Bewusstsein und den Bewusstseinsvorgängen das eigenartige, 
mit keinem andern vergleichbare Verhältnis annimmt, das wir als 
Bewusstsein von einem Gegenstand bezeichnen. Das letztere ist 
sicherlich nicht der Fall, da er das Bewusstsein der Zusammen- 
gehörigkeit und das durch dasselbe vermittelte Erkennen als ein 
blosses Registrieren charakterisiert, worunter er einen lediglich 
sprachlichen Vorgang versteht Wie das nach Ziehen zu denken 
ist, mag uns das Beispiel der Vergleichung zeigen: sie kommt 
dadurch zu stände, dass die mühsam erworbene Vorstellung Grosser 
in einem Rindenbezirk deponiert ist und von zwei intensiv oder 
extensiv verschiedenen Empfindungen jedesmal durch die grössere 
geweckt wird, so dass wir sagen: diese Empfindung ist grösser 
(Leitfaden S. 87). In dieser Weise kann dann auch nach Külpe 
„die psychologische Deutung des Weberschen Gesetzes vertreten" 
und dieses als Associationsgesetz bezeichnet werden (Grundriss 
S. 172). Die Schwierigkeit ist gewiss nicht allzugross, einen 
Papagei abzurichten, dass er bei Vorzeigung zuerst eines kleineren 
dann eines grösseren Stücks Zucker oder umgekehrt grösser oder 
kleiner ruft. Der so dressierte Papagei hätte dann nach Ziehen 
und Külpe den Vergleichungsvorgang, wie wir ihn für die Kon- 
statierung der ebenmerklichen Intensitätsunterschiede der Empfin- 
dungen in Übereinstimmung mit dem W^eberschen Gesetze nötig 
haben, >virklich vollzogen. Gesetzt den Fall, dass sich im ent- 
wickelten Bewusstsein des Menschen der Vorgang der Vergleichung 
oft in dieser mechanischen Weise abspielt, was ich nicht bestreite, 
so kommt für die Psychologie doch alles darauf an, wie die 
Voretellungen Grösser Kleiner Gleich Verschieden ursprünglich 
gewonnen wurden. Es ist klar, dass das nur durch einen Ver- 
gleichungsvorgang geschehen konnte, der in keiner Weise durch 
die Associationstheorien erklärt werden kann. Wie viel tiefer 
haben doch die Alten diesen Vorgang aufgefasst. Aristoteles (d. 
an. 426 b 23), Plotin (Enneaden IV 7 bei Kirchhoff Enneade II) 
betonen, jener, dass zum Zustandekommen der Erkenntnis der Ver- 
schiedenheit zweier Dinge die Vorstellungen beider (ohne inein- 
anderzufliessen) zugleich in der Seele sein müssen, dieser, dass zu 
diesem Zweck ein einheitliches Beurteilendes vorhanden sein müsse ; 
Aristoteles, die Schwierigkeiten dieser notwendigen Annahme ins 



106 Uphues, Heft 3 ii. 4. 

Auge fassend, setzt damit das Webersche Gesetz und seine Lehre 
von den Empfindungskreisen ins rechte Licht und gibt der Lehre 
von der Enge des Bewusstseins (insbesondere derjenigen von 
Theodor Waitz) die durch die Sache geforderte Begrenzung. In- 
sofern das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit sich sozusagen 
in der Ichvorstelhmg verdichtet, verbindet es sich oft genug als 
Wortvorstellung Ich mit den Bewusstseinsvorgängen auf Grund 
einer blossen Association oder wird durch diese geweckt Das 
soll in keiner Weise geleugnet werden, auch nicht, wenn man 
diese Association als Regel für das entwickelte menschliche Be- 
wusstsein hinstellt. Aber damit ist doch noch gar nicht erklärt, 
wie das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit oder das Ichbe- 
wusstsein lu^priinglich entsteht. Und hierauf kommt es in erster 
Linie für die Psychologie an. Das Bewusstsein nun der Zusammen- 
gehörigkeit der früheren Bewusstseinsvorgänge, die vergangen, ver- 
schwimden sind, mit den jetzigen, wie es der Erinnerung eigen- 
tümlich ist, kann offenbar nur dadurch zustande kommen, dass 
wir uns in diesem Bewusstsein, das ein jetziger, jetzt vorhandener 
Bewusstseinsvorgang ist, die früheren jetzt nicht mehr vorhandenen 
vergegenwärtigen, dass dies Bewusstsein mit andern Worten ein 
Gegenstandsbewusstsein in unserm Sinne ist. Sollen selbst die 
Inhalte dieses Bewusstseins, die natürlich auch jetzt vorhanden 
sind, uns selbst unbewusst die früheren Bewusstseinsvorgänge ver- 
treten, so müssen sie doch den Gedanken dessen, was sie selbst 
nicht sind, eben der früheren jetzt nicht mehr vorhandenen Be- 
wusstseinsvorgänge uns vermitteln, d. h. das Bewusstsein, zu dem 
diese Inhalte gehören, muss un6 die früheren Bewusstseinsvor- 
gänge vergegenwärtigen oder Gegenstandsbewusstsein sein. Richtig 
ist, was Ziehen bemerkt (Recension S. 322), dass wir von der 
Vorstellung keine Vorstellung haben können in dem Sinne, dass 
wir der gegenwärtigen Vorstellung keine zweite gegenüberstellen 
können. Versuchen >vir das, so ist natürlich die erstere ver- 
schwimden. Wohl aber können wir die eben verschwundene oder 
gestrige, allgemein die frühere Vorstellung in einer gegenwärtigen 
wiederholen, erneuern und sogar auch die neue mit der alten ver- 
gleichen, was aber nur dadurch möglich ist, dass wir uns in der 
neuen die alte, in der jetzigen die frühere vergegenwärtigen. Im 
Bewusstsein haben wir in diesem Falle immer nur die neue, jetzige, 
also nur Eine Vorstellung, die aber über sich hinaus weist oder 



1895. I^Je psychologische Grundfi-age. 107 

im Vorgang der Vergegenwärtigung zum Ausdruck oder Bild der 
alten oder fi-üheren für uns wird. Seine ganze Bewusstseinstheorie 
fasst der Associationspsychologe Ziehen in den Satz zusammen: 
„Wir haben Bewusstseinsvorgänge und unsere Sprache registriert 
sie; mehr ist uns empirisch nicht gegeben" (Recension S. 324). 
Wie stehts mit seiner Wahrnehmungstheorie? yj)ass die Mehr- 
zahl der Gebildeten heute bei ihren Empfindungen sehr oft die 
Spaltung in den empfundenen Gegenstand und in das empfindende 
Subjekt vollzieht bezw. hinzudenkt, ist eine sehr verbreitete Denk- 
gewöhnung ein idolum theatri, gehört aber nicht zum psycho- 
logischen Thatbestand der Wahrnehmung selbst Bei dem naiven 
Menschen und oft genug auch bei den Gebildeten — wenn die 
sogenannte Reflexion gegenüber dem Handeln zurücktritt — bleibt 
die Wahrnehmung ohne diese metaphysische Zuthat." Vorher 
wird das nach meiner Ansicht mit der Wahrnehmung verbundene 
Bewusstsein um ein TranscendenteSi d. h. um etwas , das nicht 
Bewusstseinsvorgang ist, „bei dem es den Metaphysikem über- 
lassen bleibt, ob ein solches Transcendentes wirklich neben der 
Wahrnehmung existiert'S als „psychologischer Thatbestand'^ be- 
zeichnet (Recension S. 323). Das ist seine Wahmehmungstheorie. 
Sollte Ziehen wirklich leugnen wollen, dass alle Menschen, Ge- 
bildete und Ungebildete, etwas, das nicht Bewusstseinsvorgang ist, 
was immer es sonst sein mag, wahrzunehmen glauben und ihre 
ganze Erkenntnis des Transcendenten in diesem Sinne auf Wahr- 
nehmungen zurückführen? Jedenfalls ist nach ihm das Bewusst- 
sein des Transcendenten „eine Zuthat" zu manchen Wahrnehmungen, 
die ihren Grund in „einer Denkgewöhnung'' hat und darum nach 
seinem Princip durch eine Association zu erklären ist Die Frage, 
wie das Bewusstsein des Transcendenten entsteht, bleibt leider 
wieder völlig unbeantwortet, gerade so wie vorher die Frage nach 
der Entstehung des Bewusstseins des Ich. Es ist nicht zu leugnen, 
dass die grösste Zahl der als Wahrnehmungen bezeichneten Vor- 
gange des ursprünglichen und des entwickelten Bewusstseins sich 
ims als Associationen darstellen. Mit den Gesichtsempfindungen 
sind Tastvorstellungen associiert, mit den Empfindungen der 
übrigen Sinne Gesichtsvorstellungen, diese Associationen nehmen 
sicher schon in der frühesten Zeit der Entwicklung des Bewusst- 
seins ihren Anfang. Diese von den Empfindungen geweckten und 
mit ihnen verbimdenen Tast- und Gesichtsvorstellungen kann man 



108 Uphiie«, Heft 3 u. 4. 

als ihre ursprünglichen Gegenstände beti*achten. Die Tastvor- 
stellungen von der Mutterbrust, von der Flasche sind es, woran 
die betreffenden mit ihnen associierten Geruchs-, Geschmacks- 
und Gesichtsempfindungen erinnern. Bald erlangt der Gesichts- 
sinn den Vorrang vor dem Tastsinn, Gesichtsvorstellungen spielen 
die erste Rolle im Bewusstsein, Tast-, Geruchs-, Geschmacks-, 
Gehörsempfindungen erinnern an sie und haben in ihnen ihre 
Gegenstände. Schliesslich verbinden sich mit diesen Gesichts- 
vorstellungen die Wortvorstellungen, welche so zu sagen den 
Niederschlag eines durch viele Empfindungen gebildeten Wissens 
enthalten. Gesichts- und Wortvorsteil uugen, mit denen- die 
Empfindungen, die Gesichteempfindungen und die Empfindungen 
der andern Sinne, associiert sind, an die sie uns erinnern, bilden 
anscheinend nunmehr die einzigen Gegenstände dieser Empfin- 
dungen. Wir sehen ein Haus heisst anscheinend nichts anderes 
als: wir haben eine Gesichtsempfindung und die mit ihr nach dem 
Associationsgesetz der Ähnlichkeit verbundene Gesichtevorstellung 
Haus und die* mit dieser nach dem Associationsgesetz der Be- 
rührung (des früheren häufigen Zusanunenauftretens) verbundene 
Wortvorstellung Haus. So in allen ähnlichen Fällen, wo es sich 
um eine Wahrnehmung sogenannter äusserer Dinge handelt Was 
versteht nun aber das gewöhnliche Bewusstsein aller Leute, ge- 
bildeter mid ungebildeter, auch der ersteren, sofern sie nicht 
Idealisten sind, unter einem Haus, allgemein unter äusseren Dingen? 
Sicher etwas, das nicht Bewusstseins Vorgang, insbesondei'c nicht 
Vorstellung ist So ist mit den Wahmehmmigen, insbesondere 
mit den Gesichts- und Wortvorstellungen und ebenso mit den 
Tastvorstellungen, die anscheinend ihre einzigen Gegenstände bilden, 
das Bewusstsein dessen, was nicht Bewusstseins voi^ang ist, also 
des Transcendenten gegeben, wenn man will, in associativer Weise 
verknüpft Aber wie sollen wir uns diese Association erklären, 
wo die Quelle, den Ursprung dieses Bewusstseins suchen? Sollen 
wir zu diesem Zweck auf die Gesichts- und Tastempfindungen 
zurückgehen — die Wortvorstellungen enthalten ja nur den Nieder- 
schlag der Empfindungen, zunächst dieser und dann der übrigen 
— wie wir der Regel nach zur Erklärung der Associationen auf 
die Empfindungen zurückgreifen ? Sollen wir den Ursprung dieses 
Bewusstseins in einem späteren Denkvoi^nge suchen, durch den 
wir den Empfindungen und Vorstellungen etwas, das nicht Be- 



1895. Die ppychologiöche Grundfrage. 109 

wusstsein ist, vielleicht als ihre Ursache gegenüberstellen? Aber 
das Ursachbewusstsein spielt in der Wahrnehmung gar keine 
Rolle, und die Frage bleibt, was soll uns zu dieser Gegenüber- 
stellung veranlassen, wenn nicht die Empfindungen und Vor- 
stellimgen selbst? Abgesehen davon haben wir von dem, was 
nicht Bewusstsein ist und ebenso von einer Ursache doch zunächst 
niu: eine Vorstellung, wenn nicht diese Vorstellung über sich 
selbst hinaus auf das hinweisen soll, was sie selbst nicht ist, was 
dann ebenso gut schon von den Gesichts- und Tastempfindungen 
angenommen werden kann. Die Schwierigkeit wenigstens ist dort 
wie hier völlig die gleiche. Es wird deshalb am geratensten sein, 
jedenfalls ist es einwandsfrei, wenn wir annehmen, dass das Be- 
wusstsein von dem Transcendenten in den Gesichts- und Tast- 
empfindungen (oder in den Tastempfindungen und dann durch 
Association dieser mit den Gesichtsempfindungen auch in den 
Gesichtsempfindungen) zu stände kommt, obgleich wir diesen 
Empfindungen das nicht ansehen können. Vielleicht müssen wir 
unsere Annahme' noch mehr einschränken und als letzte Quelle 
dieses Bewusstseins diejenigen Druckempfindungen (Tastempfin- 
dungen und Druckempfindungen sind qualitativ nicht verschieden) 
bezeichnen, welche uns ein Bewusstsein der Ausdehnung vermitteln, 
wodurch viele Hautempfindungen und alle Gelenkempfindungen, 
die ebenfalls Druckempfindungen sind, ausgeschlossen werden. 
Was Ziehen (Recension S. 323—324, 325) über Haut-, Gelenk-, 
dann über Geruchs- und Temperaturempfindungen bei mir gelesen 
haben will, dass ich denselben Hautempfindungen das Gegen- 
standsbewusstsein ab- und zuspreche, aus den Gelenkempfindungen 
mit Hülfe der Gesichtsvorstellungen Lageempfindungen entstehen 
lasse, die mechanischen Korrelate der Geruchs- und Temperatur- 
empfindungen als analoge Dinge behandle, findet sich in meinem 
Buch mit keiner Silbe angedeutet Daran halte ich fest, dass die 
Gelenkempfindungen, trotzdem sie ein konsequent durchgeführtes 
System von Zeichen für die Bewegungen und Lagen unserer 
Glieder bilden, doch keine Vorstellung von der Bewegung ver- 
mitteln; diese können wir nur durch Druckempfindungen, die 
auch das Bewusstsein der Ausdehnung mit sich führen, erhalten 
oder durch Gesichtsempfindungen. Auch daran, dass das Aus- 
gebreitetsein der Temperaturen, Gerüche, Töne in einem Baume 
(von den mechanischen Korrelaten ist hier keine Rede) nur die 



110 Uphues, Heft 3 u. 4. 

Bedeutung haben kann, dass ich an allen Stellen dieses Raumes 
die betreffenden Empfindungen habe. Unter der Undurchdring- 
lichkeit (Recension S. 324) verstehe ich nichts anders als die 
durch den Drucksinn wahrgenommene Ausdehnung^ in der die 
Eigenörtlichkeit der Dinge ihren Grund hat und das Wesen der 
Dinge besteht 

Külpe hat die zuletzt erörterte schwierige Frage, wie das 
Bewusstsein des Transcendenten entsteht, in seinem Grundriss 
der Psychologie gar nicht erörtert, kaum berührt. Granz nebenbei 
spricht er einmal (S. 23) davon, „dass ausser den fünf Sinnen 
noch eine Reihe anderer körperlicher Organe Empfindungen ver- 
mitteln, die zur Erkenntnis der Aussenwelt nichts beitragen." 
An einer andern Stelle (S. 91) erwähnt er wiederum bloss bei- 
läufig: „Ob eine Empfindung als Zeichen oder Erkenntnisgrund 
für äussere Reize dient, das kann auch von ihrer Intensität, 
Dauer u. s. w. abhängen.*^ In der Abhandlung „Das Ich und 
die Aussenwelt'^ (Wundts philosophische Studien VII, 3) stellt 
er einen Anhang in Aussicht, der „den experimentellen Beweis" 
dafür bringen soll, dass die Erlebnisse, welche der sinnlichen 
Wahrnehmung angehören, nur unter der Herrschaft gewisser er- 
fahrungsmässiger Kriterien für subjektiv oder objektiv gehalten 
werden." (S. 399.) Der Anhang ist meines Wissens nicht erschienen. 
Der Anhang würde auch, wie sofort einleuchtet, für die Ent- 
scheidung unserer Frage ebenso irrelevant sein, wie es thatsächlich 
die ganze Abhandlung ist Das ist alles, was man hierher rechnen 
könnte. In der Abhandlung (S. 394) wird unterschieden zwischen 
Erlebnissen, die wir haben, und imserm Wissen um solche Er- 
lebnisse, daa als Reflexion bezeichnet wird. Sogar Absichten 
sollen wir haben können, ohne um sie zu wissen. Das ist nun 
freilich zu weit gegangen. Absichten und ebenso Erinnerungen 
können wir nicht haben, ohne um sie zu wissen. Sonst ist die 
Unterscheidung richtig und bedeutsam. Für die Empfindungen 
vor allem gilt, dass wir sie haben können, ohne darum zu wissen. 
Im Grundriss wird sofort von der innem Wahrnehmung gesprochen 
(S. 3) und dann ohne alle 'nähere Erklärung die innere Wahr- 
nehmung des Psychologen der äussern Wahrnehmung des Physikers 
(S. 10) gegenübergestellt. Die iimere Wahrnehmung wird auf 
derselben Seite (8. 10) zuerst von der Aufmerksamkeit unter- 
schieden und dann mit dem aufmerksamen Erleben identifiziert. 



1895. I^ie psychologische Grundfrage. Hl 

Auf derselben Seite (S. 10) wird die Selbstbeobachtung zuerst 
verworfen und dann empfohlen. Natürlich können wir Empfin- 
dungen nicht unterscheiden, wenn wir nicht zuerst verschiedene 
Empfindungen haben, ja es leuchtet ein, dass die verschiedenen 
Empfindungen zugleich in demselben Augenblick im Bewusstsein 
sein müssen, wenn der Unterscheidungsvorgang stattfinden soll. 
Nach Külpe (S. 33) „bezeichnet der Name Unterschiedsempfind- 
lichkeit nicht eine unterscheidende Thätigkeit, die neben den ver- 
schiedenen Inhalten als besonderer Bewusstseinsvorgang bestände, 
sondern nur die allgemeine Thatsache, dass wir Verschiedenes 
erleben und als solches konstatieren, also die innere Wahrnehmung 
verschiedener Inhalte und die Aussage darüber." Hier wird die 
innere Wahrnehmung mit dem Erleben identifiziert; vorher (S. 10 
oben) wurde sie von dem Erleben unterschieden; denn die von 
ihr verschiedene Aufmerksamkeit sollte nicht ihr, sondern den 
Erlebnissen zu teil werden.*' Interessant ist> dass man das Ver- 
schiedene als verschieden konstatieren kann, ohne zu unterscheiden. 
Ferner: „Wir beurteilen zwei Bewusstseins vorgange daraufhin, ob 
sie gleich oder verschieden sind, wir stellen sie damit (!) gewisser- 
massen (!) unter die allgemeinsten Denkgesetze der formalen Logik, 
das Gesetz der Identität und des Widerspruchs." (S. 33.) Diese 
Proben mögen genügen. Külpe stellt die physiologisch-psycho- 
logischen Details mit vorzüglicher Klarheit und Sorgfalt dar, für 
die Schwierigkeit der Behandlung allgemeiner Fragen scheint ihm 
das Verständnis zu fehlen. Er thut sie mit einer Leichtigkeit 
ab, die wahrhaft beispiellos ist Sein Buch ist ein klassischer 
Beweis dafür, wie wenig auch die gründlichste Schulung in der 
physiologischen Psychologie für eine zweckentsprechende Behand- 
lung dieser Fragen nützt. 

Von den haltlosen Ausführungen Külpe s wenden wir uns 
zu den wohldurchdachten Untersuchungen Rehmkes. Das ist 
einmal wieder wirklich philosophische Arbeit, d. h. Gedankenarbeit 
auf psychologischem Gebiete. Seine Grundanschauung ist wie 
die seines Lehrers Biedermann, des gedankenmächtigsten unter 
den modernen Theologen der Bewusstseinsmonismus : das Alles 
seiende Bewusstsein ist die einzige Wirklichkeit. Die einzelnen 
Seelen, in ddn Besonderheiten der ihr Bewusstsein bildenden 
Bewusstseins Vorgänge bestehend, und die äusseren Dinge stehen 
zu dem iVlles seienden Bewusstsein in dem Verhältnis des Be- 



112 Uphuee, Heft 3 u. 4. 

sonderen zum Allgemeinen in der Weise, dass das Allgemeine 
in allem Besonderen als das Identische vorhanden^ nicht etwa 
bloss als das Gleiche wiederkehrt oder sich wiederholt Das 
Alles seiende Bewiisstsein ist das Bealprincip, diese Auffassung 
des Verhältnisses des Allgemeinen zum Besonderen das Formal- 
princip der Philosophie Rehmkes. Die äusseren Dinge sind (ebenso 
wie die Seelen) in ihrer Existenz dadurch bedingt, dass sie Be- 
sonderheiten des allgemeinen Bewusstseins bilden, die äusseren 
Dinge sind insofern unabhängig von den Seelen oder Einzel- 
bewusstseinen. In der Wahrnehmung und Vorstellung, die wir 
von ihnen haben, werden sie auch zu Besonderheiten der Einzel- 
bewusstseine und hören natürlich nach der Wahrnehmung und 
Vorstellung wieder auf dies zu sein. Auch hiefür gilt also das 
Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen. Nach meiner 
Meinung steht die Auffassung des Allgemeinen als des in dem 
Besonderen Identischen nicht in Übereinstimmung mit den That- 
Sachen der Erfahrung: wir lernen das Allgemeine nur als das in 
dem Besondem sich wiederholende Gleiche kennen. Noch weniger 
kann das Verhältnis der Walirnehmung oder Vorstellung zu den 
Dingen nach dem des Allgemeinen zum Besonderen erklärt werden; 
es ist ein eigenartiges Verhältnis, für das jede Analogie im Be- 
wusstseinsleben fehlt, das wir als Gegenstandsbewusstsein be- 
zeichnen. Natürlich müssen wir auch das Alles seiende Bewusst- 
sein ablehnen. Die Seele ist nach Rehmke sich selbst nur in 
ihren früheren und zukünftigen Bestimmtheiten Gegenstand, nicht 
als gegenwärtiges Bewusstsein (S. 144). Ein Bewusstsein der Zu- 
sammengehörigkeit der gegenwärtigen Bewusstseinsvorgänge und 
der vergangenen, wie es mit der Erinnerung immer und notwendig, 
der gegenwärtigen Bewusstseinsvorgänge unter einander, wie es 
mit der Reflexion häufig verbunden ist, überhaupt eine Reflexion 
und weiterhin ein wirkliches, nicht bloss in Wortvorstellungen 
bestehendes Ichbewusstsein, das nur auf Grund des Bewusstseins 
der Zusammengehörigkeit entsteht, wäre hiemach gar nicht möglich. 
Trotzdem sollen nach Rehmke auch die gegenwärtigen Bewusst- 
seinsvorgänge bewusst sein (S. 153), d. h. „Besitz eines bestimmten 
Bewusstseins oder wie man gewöhnlich sagt, Bewusstseinsinhalt" 
sein (S. 60), sie sollen „gedacht*^ werden können (S. 492). Was 
beisst das anders, als dass sie Gegenstand der Seele sind? Ich 
gedenke an anderer Stelle ausführlich über die metaphysischen 



1895. Die pAychologiftche Grundfrage. 113 

Untersuchungen Rehmkes zu sprechen und ihnen dort gerecht zu 
werden, was in einer Abhandlung über die psychologische Grund- 
frage nicht möglich ist 

Bei Twardowski können wir natürlich keine Erörterung 
über diese Grundfrage, weder über die Entstehung der VorstelUing 
des Ich, noch über die Entstehimg der Vorstellungen von Dingen 
erwarten. Wer aber mit mir die Lösung dieser Frage im Gegen- 
standsbewusstsein findet, wird nicht umhin können, Twardowskis 
Untersuchungen auch in dieser Hinsicht grosse Bedeutung zu- 
zuschreiben. Natürlich wird auch der Gegenstand, wenn wir ihn 
denken zum Inhalt, er muss zum Inhalt werden, wenn wir ihn 
denken sollen. Insofern führt die Gegenüberstellung von Inhalt 
und Gegenstand und die Unterscheidung beider nicht weiter. Und 
doch giebt es Gegenstände unseres Denkens, die ihrem Begriff 
oder ihrer Natiu* nach gar nicht Inhalte sein können: das Nichts, 
das weder innerhalb, noch ausserhalb des Bewusstseins existiert, 
und das Transcendente oder was nicht Bewusstsein ist, das in 
keiner Weise innerhalb des Bewusstseins weder als Vorgang noch 
als Inhalt existieren kann, sondern wenn überhaupt, dann not- 
wendig ausserhalb des Bewusstseins existieren muss. Ich behaupte 
darum im Gegensatz zu Twardowski (S. 21 — 23; S. 35), dass 
auch das Nichts ein Gegenstand ist und leugne ebenfalls im 
G^ensatz zu ihm (S. 35 — 36), dass sich „die Bedeutung des 
Wortes Gegenstand mit jener des Wortes Erscheinung oder Phä- 
nomen deckt" oder dass „der Gegenstand der Vorstellungen, 
Urteile, Gefühle sowie Wollungen etwas vom Ding an sich Ver- 
schiedenes" sein müsse. Um das Bewusstsein des Nichts und 
des Transcendenten zu erklären, müssen wir annehmen, dass in 
einem Bewusstseinsvorgang oder Bewusstseinsinhalt etwas ver- 
gegenwärtigt wird, das weder das eine noch das andere ist, und 
zwar unmittelbar vergegenwärtigt wird. Der vermittelnde Gedanke, 
Gegenstand oder Nicht-Bewusstsein, der dem Vorgang oder Inhalt 
im Bewusstsein gegenübergestellt wird, ist natürlich wiederum 
Inhalt des Bewusstseins und nützt zu diesem Zweck nichts. Auch 
bezüglich der Erinnerung und Reflexion gilt ganz das Gleiche: 
es nützt nichts, wenn wir neben diesen Vorgängen noch eine 
Gegenstand genannte Vorstellung annehmen, wenn nicht etwa 
diese Vorstellung über sich selbst hinaus auf das, woran wir uns 
erinnern oder worüber wir reflektieren, hinweist, also etwas ver- 



114 Uphues, Die psychologische Grundfrage. Heft 3 iL 4. 

gegenwärtigt) was nicht sie selbst ist Das kann dann aber auch 
schon von dem Erinnerungs- und Reflexionsvorgang selbst ohne 
diese Vorstellung angenommen werden. Bezüglich der Reflexion 
besteht nur der Unterschied, dass zugleich mit ihr das, worüber 
reflektiert wird, im Bewusstsein gegenwärtig ist, während das, 
woran wir uns erinnern, der Vergangenheit angehört, das Trans- 
cendente nur ausser dem Bewusstsein, das Nichts weder in noch 
ausser dem Bewusstsein sein kann« In dem Bewusstsein heisst 
bei uns nur: Vorgang oder Inhalt des Bewusstseins sein; ausser 
dem Bewusstsein sein heisst: weder Vorgang noch Inhalt des 
Bewusstseins sein. Diese Ausdrücke haben also keinen räum- 
lichen Sinn. 



Ein Rückblick auf die Paracelsus-Jahrhundertfeier/) 

Von 
K. SudhofiT. 



Man spottet vielfach über die Sucht unserer Zeit, Gedenktage 
festlich zu begehen. Das mag bei mancher Gedenkfeier vielleicht 
begründet sein; an Hohenheim aber hatte die deutsche Gelehrtenwelt 
so manches Unrecht wieder gut zu machen, welches vergangene Jahr- 
hunderte diesem Gewaltigen angethan haben. Darum ist die Ein- 
mütigkeit freudig zu begrüssen, mit der man allenthalben bei der 
vierhundertjährigen Wiederkehr des Tages seiner Geburt der Grösse 
des Mannes nach Kräften gerecht zu werden suchte, und wenn wir 
an dieser Stelle seiner gedenken, so geschieht dies, weil er einer der 
bedeutendsten Vorläufer der Naturphilosophen des 17. Jahrhunderts 
gewesen ist. 

Der Geburtstag Hohenheims steht nicht zweifellos fest. Über- 
liefert werden der 10. November und der 17. Dezember 1493 neben 
manchen sicher falschen Zeitangaben, wie dies in einer Studie des 
Berichterstatters in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung vom 10. No- 
vember 1893 dargelegt ist, in welcher gleichzeitig zusammengefasst 
wird, was sich über die ersten Jugendjahre des Gefeierten Verläss- 
liches sagen lässt^) 

Zur Feier selbst ist zunächst zu erwähnen, dass die beiden an 
Hohenheims Geburtsorte erscheinenden Kalender, der „Einsiedler 
Kalender" und der „Neue Einsiedler Kalender" für das Jahr 1893 
in kurzen Mitteilungen über den grossen Vaterlandsgenossen (mit 
Abbildungen seines angeblichen Geburtshauses und seiner Gesichts- 
züge) das Erinnerungsjahr eingeleitet haben und dass am Geburts- 
tage selbst dort eine Öffentliche Feier veranstaltet wurde, bei welcher 
Sekundarlehrer Eduard Kälin die Festrede hielt. Diese Rede ist 
im Einsiedler Anzeiger (Jänner und Februar 1894) veröffentlicht 
worden. Ein anderer bei der gleichen Gelegenheit gehaltener Vortrag 
des Bezirksammann Dr. Lienhardt über die Bedeutung des Para- 
■ — ^ . 

*) Durch viermonatliche schwere ICrankheit des Berichterstatters wurde 
diese Arbeit über Gebühr verzögert; sie sollte zum 17. Dez. 1894 erscheinen. 

*) Ohne Quellenangabe etwas gekürzt im „Boten der ürschweiz", 
Schwyz, 29. November 1893, wieder abgedruckt. 



116 Sudhoff, Heft 3 u. 4. 

celsiis für die Geschichte der Arziieikunde ist meines Wissens nicht 
im Druck erschienen. ^) Allenthalben in der deutschen Schweiz wurde 
Theophrastus in den Zeitungen gefeiert. 2) In Winterthur wurde der 

17. Dezember feierlich begangen durch einen Festvortrag des Herrn 
Prof. Dr. E. Bosshard im Hörsaale des dortigen Chemiegebäudes. 
(Vgl. die „Züricher Post" vom 19. Dezember 1893.) Der gehaltvolle 
Vortrag ist in der „Sonntagspost, Wochenbeigabe des Landboten" 
abgedruckt „zum Gedächtnis des Theophrastus Paracelsus" und giebt 
ein treffendes Bild von der Bedeutung des Mannes. St. Gallen, wo 
Paracelsus 1531 geweilt hat, bot zwar keine öffentliche Feier, aber 
das „Tagblatt der Stadt St. Gallen" veröffentlichte neben der eben 
genannten kurzen Mitteilung in dem Feuilleton seiner Nummern vom 

18. bis 22. Dezember 1893 eine längere Abhandlung aus der Feder 
Gottfried Kesslers über die St. Galler Episode im Leben des 
grossen Arztes, welche sich jedoch im wesentlichen auf eine Abschrift 
der betreffenden Abschnitte in Schubert und Sudhoffs Paracelsus- 
Forschungen beschränkt, ohne die Quelle zu nennen; beigefügt ist 
nur die Sage vom Stadtpfeifer Stücheler nach Kohlrusch's Schweize- 
rischem Sagenbuch. 

Hervorragend gefeiert wurde das Andenken des Weisen von 
Einsiedeln in der Stadt der Schweiz, wo er zugleich die grössten 
Ehren und die heftigsten Anfechtungen erlebt hat, in Basel. Im 
dortigen Stadttheater wurde das von Nationalrat Theodor Curti zum 
vierhundertjährigen Jubiläum geschriebene Trauerspiel „Paracelsus" 3) 
zur Aufführung gebracht und errang einen Achtungserfolg. Es spielt 
im Jahre 1527 und behandelt Hohenheims Baseler Erlebnisse, an 
welche sich frei erfunden sein tragisches Ende direkt anschliesst. 
Die Gestalt des Reformators ist mit Liebe gezeichnet, aber von der 
Grösse der Auffassung eines Robert Browning weit entfernt*), ohne 
dafür viel bühnengerechter geworden zu sein.^) — Einen vollen 
Erfolg bedeutete die Rede Prof. G. W. A. Kahlbaums, gehalten 
im Bemoullianum , welche in durchaus bedeutender Weise an der 
Stelle seines Wirkens als Universitätsprofessor und Stadtarzt Zeugnis 
ablegt von der Grösse des lange verkannten Mannes — eine späte, aber 



^) Vgl. das Luzerner „Vaterland" vom 12. Dezember 1893, die 
„Züricher Post" vom selben Tage, den „March-Boten", Lachen den 13. Dez. 
und die Baseler „National-Zeitung'^ vom gleichen Tage 1893. 

*) Siehe „Tagblatt der Stadt St. GaUen", 12. Dez. 1893; „Wynen- 
thaler-Blatt", Menziken 20. Dez. 1893; „Basler Nachrichten", 13. Dez. 1893, 
Beilage (von J. M.); Basler „National-Zeitung" vom 13. Dez. und „Sonn- 
tagsbiatt" derselben Nr. 51 vom 17. Dez. 1893 (C. Steinitz); „Neue Züricher- 
Zeitung", 10. Dez. 1893 1. Beilage (Dr. Joachim Sperber). 

») Zürich, Verlags-Maffazin (J. Schabelitz) 1894. 86 S. 8^ 

*) Vgl. dessen Poetlet Works, London 1883, Vol. I. p. 45—205. 

^) Kritiken in den „Baseler Nachrichten" v. 17. Dez. 1. Beilage; in 
dem Feuilleton der Baseler „National-Zeitung" vom selben Tage und vom 
22. Dez. von Dr. Widmann nach dem Berner „Bund" ; „Züricher Post" 
vom 17. und St. Galler „Tagblatt" vom 22. Dez. 1893. 



1895. Ein Ruckblick auf die Paracolsus-Jahrhundertfeier. 117 

gründliche Rechtfertigung gegenüber den vielen Verunglimpfungen, 
welche die Baseler Lästerchronik auf den Mann gehäuft hatte. Ich 
stehe nicht an, diesen Vortrag „gehalten zu Ehren Theophrastus von 
Hohenheim'' ^) als die schönste Gabe zu bezeichnen , welche uns die 
Jahrhundertfeier gebracht hat. Die rauhkantige Persönlichkeit ist 
mit Liebe und vollem Verständnis erfasst und ohne alle Schminke 
gezeichnet. Dass gerade die Baseler Episode des Hohenheim'schen 
Lebens besonders eingehend und treffend geschildert ist, brachte der 
Ort der Rede mit sich, auch verdient gerade diese Sonnenwende 
seines Lebens vorzüglich die Beachtung des Biographen; das Schicksal 
hatte bis dahin den Arzt schaffensfroh in aufsteigender Bahn der 
Sonne entgegen getragen, um ihn nun nach jähem Umschwung in 
den Winter des Elends zu stossen. Das Verhängnisvolle der Baseler 
Katastrophe liegt nicht allein in der gewaltsamen Beendigung seiner 
Lehrthätigkeit, welche den stetigen Ausbau seines Lehrgebäudes für 
immer unterbrach: sein ganzes Leben ist von da an ein harter, 
zweckloser Kampf mit den Widerwärtigkeiten seiner Lage, der die 
Kraft des Mannes vergeudete. Diese Baseler Zeit Hohenheims, Höhe 
und Wendepunkt seines Erdenlaufes, ist nirgends noch so kurz und 
treffend ins Licht gestellt worden wie bei Kahlbaum. Das Verhältnis 
zu den Brüdern Amerbach, Basilius und Bonifacius, ist selbständig 
aufgeklärt und aus der Amerbach'schen Briefsammlung der Beweis 
erbracht, dass Theophrastus im März 1527 in Neuenburg weilte und 
schon damals (von Basel her) mit den Brüdern in Freundschafts- 
verkehr stand. 

Dass man auch am Todesorte Hohenheims, in Salzburg, wo im 
städtischen Museum seit langen Jahren liebevoll alles für ihn Wichtige 
zusammengetragen wird, wo Aber le im Verein mit Dr. Petter Jahr- 
zehnte lang eingehend über Paracelsus gearbeitet hat, dass man dort 
den 400 jähr. Geburtstag nicht ungefeiert lassen werde, war zweifellos. 
So hielt denn die Gesellschaft für Salzburger Landeskunde am 
14. Dezember 1893 eine feierliche Festsitzung, bei welcher Dr. Alex- 
ander Petter in Wort und Bild den grossen Toten lebendig werden 
Hess. Am 16. Dezember sprach Dr. Alexander Nicoladoni aus 
Linz im „Oesterreichischen Hof" zu Salzburg in öffentlichem Vortrag 
über Hohenheim. Seit langer Zeit hat sich Nicoladoni mit Paracelsus 
beschäftigt, vfo» in seiner Rede 2) allenthalben zu spüren ist. Aus 
dem Wust der Überlieferung schält er heraus einen ernsten deutschen 
Gelehrten, wenn auch Parteimann durch und durch, der reinste Typus 
seiner vielbewegten Zeit. Namentlich die Bemerkungen des Redners 
über Hohenheims allgemeine philosophische Anschauungen und sein 
Verhältnis zur Religion in den Kämpfen seiner Tage sind aller 



') Verlag von Benno Schwabe, Basel 1894, 70 S. 8°; besprochen in 
der Baseler National-Zeitung vom 22. Dezember 1893. 

*) Abgedruckt in der „Linzer Tagespost" 1893 Nr. 290—293 und 1894 
Nr. 1—3. 

Monatiliefte der Coiiicniuii-Ci«iiell.<«chaft. 1895. l^ 



118 Sudhoff, Heft 3 u. 4. 

Beachtung wert. — Mit einer stillen weihevollen Feier am Grabe 
des Gewaltigen (17. Dezember) schlössen die Salzburger Paracelsus- 
tage. ^) 

Auch im übrigen Österreich hat man es nicht ganz vergessen, 
dass Hohenheim dort geweilt hat. So berichtet J. S. (Ignaz Schwarz) 
im „Neuen Wiener Tagblatt" vom 7. Dezember 1893 über „Para- 
celsus in Oesterreich". Aus derselben Feder brachte der „Pester 
Lloyd" im Morgenblatt vom 26. November 1893 einen Artikel 
„Paracelsus in Ungarn". Hohenheim erzahlt selbst, dass er Ungarn, 
die Wallachei, Siebenbürgen, Krabaten (Croatien) durchwandert habe; 
aus Griechisch-Weissenburg (Belgrad) berichtet er eine therapeutische 
Beobachtung. — Einen längeren trefflichen Aufsatz über Paracelsus 
Hess der durch Studien aus der Geschichte der Chemie wohlbekannte 
Prof. Dr. A. Bauer im Feuilleton der „Wiener Zeitung" vom 12., 
13. und 14. Dezember 1893 erscheinen, worin er neben der Schil- 
derung des Lebensganges namentlich die Grundgedanken seines 
philosophischen, chemischen und medizinischen Lehrgebäudes zur Dar- 
stellung bringt und den Vielgeschmähten von manchem ungerechten 
Vonvurf freispricht. ^) 

Die schwäbische Heimat des Geschlechtes der Bombaste von 
Hohenheim hat wenigstens in der Mittwochbeilage der schwäbischen 
Chronik des schwäbischen Merkurs vom 13. Dezember 1893 zum 
Gedächtnisse des Paracelsus das Wort ergriffen und sein Lob aus- 
gesprochen auf Grund recht wackerer Studien. 

Was die übrige deutsche Tageslitteratur über ihn gebracht hat, 
werde ich nur kurz erwähnen. 

In ihrer Nummer vom 9. Dezember 1893 brachte die Leipziger. 
„lUustrirte Zeitung" einen Aufsatz von Dr. Adolf Kohut, der zwar 
manche alte Unrichtigkeiten weiter verbreitet, aber doch dem Theo- 
phrastus gerecht zu werden sucht; ein Bild nach Odieuvres Stich ist 
beigegeben, besitzt aber keinerlei Authenticität. Reich mit guten 
Abbildungen seiner Geburtsstätte, seines Wohnhauses in Esslingen 
und Salzburg, seines Grabmales und seiner Gesichtszüge ausgestattet, 
ist die Arbeit des Historikers des Occultismus Karl Kiesewetter 
in „Ueber Land und Meer**^, 1893/94, Nr. 11, aber leider nicht frei 
von falschen Überlieferungen. Unbekannt mit manchen neueren 
Untersuchungen giebt Kiesewetter die Lebensschilderung mehrfach in 
recht wirrer Gestalt. N. J. Hartmann schreibt im ganzen richtig 
über Hohenheim in der „Illustrirten Welt" (1894, Nr. 13), welche 
zmn Teil dieselben Abbildungen bietet, welche sich in der „Katho- 
lischen Warte" (März 1894) finden, begleitet von einem den neuesten 



*) Vgl. den Bericht des Frciherm von Doblhoff im Berner „Bund" 
vom 24. Dezember 1893 und den Festartikel nach Adolf Warneck im 
Feuilleton der „Salzburger Zeitung** vom 16. u. 18. Dezember 1893. 

*) Vgl. auch die Mitteilung Prof. Pischmanns in der „Neuen freien 
Pres!*c" vom 23. Nov. 1893. 



1895. Ein Rückblick auf die. Paracclsus- Jahrhundertfeier. 119 

Forschungen gerecht werdenden Texte von Ludwig Heilmayer. 
Eine ausführliche Würdigung hat dem grossen Manne zuteil werden 
lassen Dr. Ludwig Kare 11 in der Zeitschrift „Vom Fels zum Meer** 
(Heft 4, 1893/94, S. 332—338 mit Abbildungen der verschiedenen 
überlieferten Typen paracelsischer Gesichtszüge . nach Aberle, des 
Vaters Wilhelm von Hohenheim und des Grabmals). Die Arbeit 
ist gut geschrieben unter allseitiger Benutzung der neueren Litteratur; 
manchmal wäre aber doch etwas mehr Kritik zu wünschen. — In 
der „Hygieia, Monatsschrift für hygieinische Aufklärung und Reform" 
(7. Jahrgang, Heft 3) bespricht der Herausgeber Dr. Carl Gerster 
Theophrastus Paracelsus als Vorläufer der hygieinischen Beform- 
bewegung und entwirft durch reiche Gtate aus Hohenheims Schriften 
ein anmutendes Bild des Reformators. Unter dem Pseudonym Caius 
lässt sich in der gleichen Zeitschrift (Heft 5, Februar 1894) ein 
warmer Verehrer des Arztes von Einsiedeln vernehmen unter aller- 
hand Beitenhieben auf heutige Zustände. — R. J. H. [artmann?] 
schildert uns in der Berliner National-Zeitung (Sonntagsbeilage Nr. 51 
vom 17. Dezember 1894) Hohenheim als echten deutschen Mann 
und Meister der deutschen Sprache; diese Meisterschaft hat sich noch 
immer nicht zur Anerkennung bei den Germanisten durchringen 
können, trotzdem neben Luther und Sebastian Franck kaum einer 
aus damaliger Zeit zu nennen wäre, welcher unsere Muttersprache 
gleich markig, gedankenreich und zu Herzen dringend zu handhaben 
wusste, wie Hohenheim. Verfasser weist dies an zahlreichen gut- 
gewählten Beispielen nach. — Den religiösen Standpunkt Theophrast's 
und seine Stellung zur Reformation hat R. Julius Hart mann ein- 
gehend dargelegt in den Blättern für württembergische Kirchen- 
geschichte (Beilage zum Evangelischen Kirchen blatt für Württemberg) 
Nr. 1 bis 4, Januar bis Mai 1894. Es ist dies der erste ernstlich 
ausgeführte Versuch, dem grossen durchaus selbständigen Geiste des 
Mannes auch auf diesem Gebiete gerecht zu werden. Ein schmach- 
volles Unterfangen früherer Zeit hatte den tiefreligiösen Mann, der 
seinem Gottesglauben allenthalben beredten Ausdruck giebt, als 
Atheisten darzustellen gewagt. Freilich sind seine Ansichten teilweise 
recht radikaler Natur, doch nicht minder von echt christlichem Geiste 
durchweht. Ebenso läppisch ist der Vorwurf des Arianismus, den 
man schon sehr früh gegen ihn erhob; unter irgend eine Schablone 
suchte man stets den Mann zu pressen, der in keine passt, weil er 
auf eigenen Füssen stand über allen Parteien. So ist denn seine 
Stellung zu der reformatorischen Bewegung seiner Zeit durchaus 
selbständig und eigentümlich, wie Hartmann mit Recht betont; 
Hohenheim wurde darum von allen Seiten als Ketzer betrachtet, von 
Rom sowohl als von den führenden Männern der Gegenpartei; 
Pfaffen und Prediger waren ihm feind, klein gewiss nur die Zahl 
seiner gleiehgesinnten „amici et so<lales". Anfangs war er der neuen 
Glaubens!) owegung geneigt, aber um 1532 ging eine entschiedene 

9» 



120 Sudhoff, Heft 3 u. 4. 

Wendung in seinen Anschauungen vor sich; der Papst, Luther, 
Zwingli, das Taufertum, alle schienen ihm gleichermassen von Christi 
Lehre abgewichen. Das hat auch Hartinann richtig erkannt und 
dargelegt. Die Schrift allein war Hohenheim die Richtschnur seiner 
religiösen Anschauungen; der Glaube allein macht selig, aber nur 
der ist der rechte, der Werke der Liebe erzeugt. Alles vorhandene 
Material zur Beurteilung von Hohenheims religiösen Ansichten hat 
Hartmann trefflich benutzt und man wird heute kaum erheblichere 
Bedenken gegen seine Ausführungen erheben können. Ob sich 
freilich alle seine Aufstellungen werden halten lassen, wenn einmal 
das grosse Material der theologischen Paracelsushandschriften zur 
Prüfung offenliegt, steht dahin. — In der Wochenschrift „Die 
Nation" vom 23. Dezember 1893 schreibt Kurd Lasswitz einen 
gehaltvollen Aufsatz über die Bedeutung des Paracelsus in der Ge- 
schichte der Chemie. „Fort mit der Autorität, zurück zur Natur, 
aus dem Bücherkram hinaus ins Freie", das war sein Leitmotiv, 
dadurch hat er in Praxis und Theorie neue Wege erschlossen. Den 
Kernpunkt dessen, was Hohenheim für die Naturerkenntnis geleistet 
hat, für die Möglichkeit einer messenden und wägenden Erforschung 
der Natur, findet Lasswitz in seiner Reform der Lehre von den 
Elementen. Dieses begrenzte aber typische Gebiet erörtert er sodann 
des Näheren in vorzüglicher Weise, wie es von dem Verfasser der 
Geschichte der Atomistik nicht anders zu erwarten war. Zum Schluss 
betont er noch mit vollem Rechte, dass man Hohenheims Bedeutung 
für die Geschichte der Chemie lange deshalb verkannt habe, weil man 
ihn als einen Nachfolger des Basilius Valentinus betrachtete, während 
die Sache sich gerade umgekehrt verhält. Die Basilianischen Schriften 
sind erst ein Jahrhundert nach Paracelsus verfasst, wie das Referent 
schon 1887 betont hat. Valentinus arbeitet vollständig mit Paracel- 
sischen Gedanken reihen ; praktisch ist er viel weiter vorgeschritten, 
theoretisch aber bedeutet er einen Rückschritt gegen Paracelsus. — 
Dr. Jul. Leopold Pagel gab in der „Deutschen Medicinischen 
Wochenschrift", Nr. 50 vom 14. Dezember 1893 zu Ehren Hohen- 
heims eine Schilderung des Ganges der Paracelsus-Forschung in den 
letzten Jahrzehnten, welche in den wohl noch lange Zeit der Er- 
füllung harrenden Wunsch nach einer neuen kritischeii Ausgabe der 
Werke Hohenheims ausklingt. — Von medicinischen Gesichtspunkten 
aus — einschaltend sei hier besonders darauf hingewiesen, dass unsere 
grossen medicinischen Zeitschriften nur ganz ausnahmsweise Artikel 
zur Paracelsusfeier gebracht haben — hat Dr. Max Neuburger in 
Wien den Einsiedler -Arzt in zwei Aufsätzen gefeiert: „Die Persön- 
lichkeit des Paracelsus" („Medicinisch - Chirurgisches Central -Blatt", 
Nr. 50 vom 15. Dezember 1893) und „Paracelsus und Vesalius. 
Zwei Typen" („Internationale Klinische Rundschau", Nr. 50, Wien, 
10. Dezember 1893). Seine Schriften sollen zwar jedes actuelleu 
Interesses entbehren, aber wenn man den Mann selbst aus seiner 



1895. Ein Ruckblick auf die Paracelsus- Jahrhundertfeier. 121 

t 

Zeit heraus betrachtet, wird man ihn hochschätzen als einen durch 
und durch originären Forscher von Faust'schem Typus, als einen 
Menschen von ausgesprochenster Individualität Heute sind auch in 
der Medicin der Individualität enge Schranken gezogen; früher waren 
es gerade die persönlichen Eigenschaften, welche die Grösse des Arztes 
ausmachten; aus solchen grossen Persönlichkeiten besteht hauptsächlich 
die Geschichte der Heilkunde; der grössten eine war die des Para- 
celsus, an der alles eigentümlich ist. Seine innere und äussere Re- 
volution gegen den überlebten Galenismus, sein eigenes Neuschaffen 
wird von Neuburger mit eindringenden Worten kurz geschildert, 
ebenso seine Anlehnung an den naturphilosophischen Neu- 
platonismus, das Deutsche in Form und Inhalt seiner Schriften, 
seine Wahrhaftigkeit, die ihm allenthalben Feinde erweckte, seine hohe 
Auffassung vom Berufe des Arztes, die Missachtung der Anatomie, 
welche ihm die Feindschaft der medicinischen Philologie, den Hass 
der Anatomen eintrug. Weil alles an ihm Persönlichkeit war, besteht 
seine Schule nur aus kleinen Geistern, welche die Lehren des Mannes 
verballhornten. Dass seine Beurteilung so verschieden ausfiel, kann 
nach dem allen nicht wundernehmen. Von einer allseitigen ge- 
rechten Beurteilung des „selten begabten und ganz ungewöhnlichen" 
Mannes, sind wir auch heute noch weit entfernt. — Die Parallele 
zwischen Paracelsus und Vesalius, die Zeitgenossen waren, wenn 
Vesal's grosses Werk auch erst zwei Jahre nach Hohenheim's Tode 
erschien, ist gleichfalls geistvoll geschrieben; beide sind Vertreter 
der medicinischen Renaissance und zweifellos die grössten derselben. 
In Paracelsus bewundert er mehr den Revolutionär der That, dessen 
aufs grosse Ganze gerichteter Geist im einzelnen wenig Bleibendes 
geschaffen und Einzelarbeit verachtet habe. Er, der Vater der phy- 
siologischen Chemie, richtete nur auf das Allgemeine der chemischen 
Vorgänge sein Auge und vernachlässigte (zum Teil allerdings nur 
scheinbar) die Thätigkeit der einzelnen Organe. Nur der lebende 
Organismus war ihm Gegenstand des Studiums; die Anatomie liess 
er nur zu sehr als nebensächlich ausser Acht. Und doch bereitete 
sich zu seiner Zeit das Werk vor, welches seinen Verfasser Vesal 
mit unsterblichem Ruhm bedeckte, die Schrift „De Corporis humani 
fabrica", welche der anatomischen Autorität des Galen den Todesstoss 
versetzte, ein ewig gültiges Muster angestrengtester Detailarbeit zum 
grossen allgemeinen Zweck der Erforschung der Lebensvorgänge. 
Was Paracelsus durch geniale Intuition im Vorausblick über die 
Arbeit von Jahrhunderten zu erreichen sucht, will Vesalius durch 
folgerichtigen Aufbau von Einzelarbeit auf Einzelarbeit langsam 
erschliessen ; so sind sie beide leuchtende Vorbilder zweier Forschungs- 
richtungen im Entwicklungsgange der Geschichte der Menschheit. — 
Das Verdienst, Hohenheim auch von pharmaceutischer Seite ein 
Denkblatt gestiftet zu haben, gehört Dr. Hans Heger in Wien, 
welcher in der von ihm herausgegebenen „Pharmaceutischen Post" 



122 Sudhoff, Ein Rückblick auf die Paracelöun etc. Heft 3 ii. 4. 

(Nr. 48 und 51 vom 26. November und 17. Dezember 1893, mit 
Bild des Paracelsus und des Grabmals) den Lebensgang und die 
Anschauungen Hohenheims darlegt. Vor allem ist er dadurch, d&ss 
er die Alchemie auf die Darstellung neuer Arzneistoffe hinwies und 
die Gewinnung wirksamer Präparate auf chemischem Wege lehrte, 
der Vater der pharmaccutischen Chemie geworden. 

Auch in den „Annales de TElectro- Homöopathie de Tinstitut 
electro-hom^pathique de Geneve, Aoüt 1894" finden wir einen hierher 
gehörigen Artikel des Herausgebers A. Saut er, welcher Hohenheim 
als Vorlaufer Hahnemanns, der Naturheilmethode und der Elektro- 
homöopathie in Anspruch nimmt. Eine gelungene Nachbildung des 
Tintoretto'schen Bildes Hohenheims (nach der Genfer Folio-Ausgabe 
von 1658) ist beigegeben, i) — Paracelsus als Parteiganger der öst- 
lichen Theosophie bildet das Thema eines „Gedenkblattes" in den 
„Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde", Band 
XXXIV, verfasst von dem eifrigen Apostel dieser Lehre, Franz 
Hartmann ^). Ein Teil von Hohenheims mystischen Anschauungen 
soll mit denen des Sankararharya und anderer indischer Weisen des 
Altertums identisch sein; vornehmlich wird die indische Lehre von 
den sieben Principien auseinandergesetzt und durch Parallelstellen 
aus Hohenheims Schriften -als auch bei ihm vorhanden nachzuweisen 
gesucht, wovon in Wahrheit nicht die Rede sein kann, wenn auch 
3 Principien -}- 4 Elemente die schöne Zahl 7 ergiebt. 

Als wertvoller Beitrag zur Paracelsuskunde, gedruckt zur Zeit 
der Jahrhundertfeier im Dezember 1893, wäre noch zu nennen die 
„Bibliography of the Paracelsus. Library of the late E. Schubert^ 
M. D., Frankfurt am Main", welche als Auktionskatalog bei William 
Wesley & Son in London erschien; die wertvolle Bibliothek ist ui 
den Besitz von Professor John Ferguson in Gla-^^gow übergegangen, 
welcher in 5 Heften „Bibliographia Paracelsica", Glasgow 1877 bis 
1893 sich um die Verbesserung und Vervollständigung des bekannten 
Mook'schen Werkes grosse Verdienste erworben hat. 

Des Neuen und Bedeutenden, das die Paracelsusfeier hervor- 
gerufen hat, ist also nicht viel, aber das Andenken des grossen 
deutschen Mannes ist allenthalben in würdiger Weise unserem schnell 
vergessenden Zeitalter gegenüber lebendig gemacht worden; mehr soll 
man von einer solchen Feier auch nicht verlangen. Viele Stimmen 
sind zu Worte gekonnnen und als Ganzes genommen bilden sie einen 
schönen Zusammenklang zum Lobe des genialen Mannes. 



^) Ein Kurhaus, welches derselben Gesellschaft für Electrohomöopathic 
angehört, in der Nähe Genfs gelegen, führt den Namen „Villa Paracelsia". 

') Gesondert erschienen unter dem Titel „TheophraÄtus Paracelsus als 
Mystiker'S Leipzig, Wilhelm Friedrich 1894, 55 S. 8° mit einer Nachbildung 
des A. Dürer zugeschriebenen Paracelsusbildnisscs in Lichtdruck. 



Litteraturbericht. 



Unter dem Titel: Haniburgische Gewerbetreibende im 
Auslände IL Hamburgische Handwerker als Studenten an der 
Universität Frankfurt a. O. bespricht W. Stieda in der Zeitschrift 
des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 9 (1893), S. 429 ff. 
zunächst die besonders in Frankfurt a. O. geübte eigentümliche Sitte, 
auch Gewerbetreibende, namentlich solche, die mit der Herstellung 
von Büchern sich berufsmässig befassten, wie Buchdrucker, Buchbinder, 
Formschneider, Buchstabengiesser, Büchermaler, Buchsetzer und Buch- 
händler zur Immatrikulation zuzulassen. Von den in Frankfurt a. O. 
1601 — 61 elf immatrikulirten Hamburger Gewerbetreibenden sind 5 
Buchbinder, 4 Buchdrucker. 

In einer Breslauer Dissertation von 1894 unter dem Titel: 
„Georg Israel, Erster Senior und Pastor der Unität in 
Grosspolen. Ein Beitrag zur Geschichte der Reformation 
in Polen'' feiert Biohard Eruske die bislang nicht genügend gewür- 
digten Verdienste Israels um die Einführung der Reformation in Polen. 
Das mit liebevoller Hand entworfene Lebensbild umfasst in 3 Teilen 
zunächst die Lehr- und Wanderjahre Israels, 1505 — 1553, in welchen 
er zusammen mit seinem Lehrer Augusta und Joachim Prostiborius 
als Abgesandter der böhmischen Unitat auch Wittenberg berührte 
und von Luther freundlich empfangen wurde, sodann Israels mit 
seiner Anstellung als Pfarrer von Ostorög beginnendes Lebenswerk 
in Polen, 1553 — 1579, und endlich seinen im Geburtslande Mähren 
verbrachten Lebensabend, 1579 — 1588. B. 

Als Festgabe zur Begrüssung des 6. allgemeinen deutschen 
Neuphilologen-Tages zu Karlsruhe, Pfingsten 1894, hat der Karlsruher 
Verein der Lehrer neuerer Sprachen ein von Theodor Längin ange- 
fertigtes Verzeichnis der „Deutschen Handschriften der Grossh. 
Badischen Hof- und Landesbibliothek (Karlsruhe, Ch. Th. 
Groos, 1894)" dargebracht. Das Verzeichnis zerfällt in 2 Teile. 
Im ersten wird die stattliche, von dem Benediktinerkloster St. Georgen 
in Villingen überkommene Handschriftensammlung besonders be- 
schrieben. Der zweite giebt eine systematische Übersicht des gesamten 
deutschen Handschriften - Bestandes der Karlsruher Bibliothek. In 
unser Forschungsgebiet greifen u. a. zunächst 3 mystische Sammel- 
bände: 1) Cod. Pap. LXXVIII (Eckhart; Tauler), 2) Cod. Pap. 



124 Litteraturbericht. Heft 3 u. 4. 

LXXIX (Heiiir. Herp; Eckhart; dochther von «yon; geistlich bouni- 
garten), 3) Cod. Pap. LXXX (Meisterbuch [„der kleine thaulerus**] ; 
Tauler u. a.), femer kommt für uns in Betracht „Franck von Word, 
Sebastian, Weltbuch -Spiegel. 1547. B. 8" und endlich „Der Glaub 
der Waldeser-Kezere. Bair. 15. Jahrh. K. 349", der jedoch von 
DöUinger in seiner Sektengeschichte II, 701, Nr. 68, schon abge- 
druckt ist. B. 

Die „Geschichte der Gegenreformation in Böhmen" von Anton 
Gindely (nach des Verfassers Tode herausgegeben von Dr. Theod. 
Tupetz, Landesschulinspektor in Prag) Leipzig, Duncker u. Humblot, 
1894, reiht sich den übrigen hervorragenden Arbeiten dieses Gelehrten 
würdig an. Wir erhalten hier zum ersten Mal ein Bild der ausser- 
ordentlichen Wirkungen, die die Schlacht am Weissen Berge zunächst 
für Böhmen und dessen staatsrechtliche und religiöse Verhältnisse 
gehabt hat „Die Schlacht auf dem Weissen Berge", sagt Gindely 
S« 83, „gehört zu jenen Kämpfen, die über das Schicksal eines Staates 
endgültig entschieden. Nicht bloss die Verfassung und die kirch- 
lichen Verhältnisse Böhmens wurden umgestaltet, auch die staatliche 
Selbständigkeit nahm zwar nicht verfassungsmässig, aber faktisch ein 
Ende . . . ." Die Sieger waren entschlossen, die völlige Niederlage 
ihrer Gegner so rasch und so vollständig als möglich auszunutzen, 
und ihr besonderer Hass richtete sich gegen die böhmischen Brüder. 
Die Katastrophe der Unität wird von Gindely folgendermassen ge- 
schildert (S. 265 f.): „Der neuentflammte Glaubenseifer richtete sich 
besonders noch gegen die böhmische Brüderunität. Sie hatte sich im 
Jahre 1609 bei Gelegenheit der Erteilung des Majestätsbriefes mit 
den übrigen Bewohnern des Landes zur Anerkennung der böhmischen 
Konfession vereinigt und an dem gemeinsamen Kirchenregiment, dem 
sogenannten Konsistorium, beteiligt, im übrigen aber ein selbständiges 
Gemeindeleben, selbständige Heranbildung ihrer Geistlichkeit und ihre 
alte strenge Disciplin gewahrt. Die allgemeine Achtung, die 
ihr deshalb zuteil wurde, bewirkte, dass ehemals utraquistische 
Gemeinden mit Vorliebe Geistliche der Brüderunität auf ihre Pfarren 
beriefen. Der Hauptsitz der Bi-üderunität war in Jungbunzlau, 
dort war ihre bedeutendste Lehranstalt, dort ihre Bibliothek und ihre 
Druckerei, dort auch der Sitz ihrer Vorsteher. Die kaiserlichen Aus- 
weisungsbefehle trafen anfangs wohl einen oder den andern ihrer 
geistlichen Führer in den königlichen Städten, nicht aber die Unität 
als solche, deren Einrichtungen in Jungbunzlau noch immer festen 
Bestand hatten. Als dies zur Kenntnis Caraffas gelangte, ersuchte 
er den Kaiser während seiner Anwesenheit beim Regensburger Depu- 
tationstage um die un verweilte Vernichtung der Unität Dieser 
kam selbstverständlich dem Ansuchen nach und erteilte dem Fürsten 
von Liechtenstein die entsprechenden Befehle (Fürst Liechtenstein war 
seit der Schlacht Statthalter in Böhmen). Unverweilt wurde von 
letzterem eine Kommission nach Jungbunzlau abgeschickt, welche die 



1895. Littefaturbericht. 125 

Hänimtlichen AnitHorgaiie der Unität auseimuulerspreiigte, ihre Lehr- 
anstalt auflöste und ihre Bibliothek nach Prag abführte. Letztere 
wurde einer strengen Untersuchung unterworfen; was für die katho- 
lische Kirche unverfänglich war, wurde ausgeschieden und aufgehoben, 
der Rest aber verbrannt. Die böhmische Litteratur erlitt durch dieses 
rohe Gebahren einen unersetzlichen Schaden. Die Brüderunität 
war damit in Böhmen vernichtet" K. 

Albrecht Richters im Jahre 1890 begründete ,^eudruoke 
pädagogischer Schriften^' (Leipzig, Verlag von Richard Richter) 
schreiten rüstig vorwärts. Die Ankündigung der Sammlung bezeichnet 
als deren Plan, in erster Linie solche Schriften zu bringen, die eine 
gewisse Seltenheit erlangt haben, und ferner nicht nur sogenannte 
„pädagogische Meisterwerke" zu berücksichtigen, sondern auch „Schrif- 
ten, die für die Geschichte der Schule und für die Kulturgeschichte 
im allgemeinen als Quellenschriften zu betrachten sind". Bis jetzt 
sind 14 Hefte erschienen. Aus ihrer Zahl geht uns direkt das 8. an, 
eine zum dreihundertjährigen Gedenktage der Geburt des Comenius 
dargebrachte Gabe, seine „Mutterschule" in der zuerst 1633 zu 
Lissa erschienenen deutschen Übersetzung, herausgegeben 
von Albert Richter. — Auch von den übrigen Veröffentlichungen 
der Samndungen liegen manche als wertvolle Quellenstücke im Be- 
reiche des Forschungsgebietes unserer Gesellschaft. Auf alle einzu- 
gehen, gestattet der Raum nicht. Hervorgehoben seien Heft 9 und 
12: „Ratichianische Schriften, I u. H, mit Einleitung und 
Anmerkungen herausgegeben von Dr. Paul Stötzner. 1892 
und 1893." Heft 9 enthält: 1) das Memorial des Ratichius über 
seine neue Lehrart, welches der Erzbischof von Mainz dem 1612 
in Frankfurt a. M. zur Krönung des Kaisers Matthias versammelten 
Reichstage vorlegte, 2) den 8 Tage später als Ergänzung veröffent- 
lichten Grundlichen und bestendigen Bericht des Ratichius, 3) den 
sogenannten Giessener und 4) den Jenaer Bericht, von Professoren 
der beiden Universitäten zur Empfehlung des Pädagogen geschrieben, 
endlich 5) den Giessener Nachbericht. Das 12. Heft bringt: 
1) die Artikel von der Lehrkunst, von Jungius und Helwigius in 
Giessen, 2) Wolfgangi Ratichii in Methodum Linguaiiim generalis 
introductio, 3) die Anleitung in der Lehrkunst W. Ratichii, wohl 
wieder aus der Feder Helwigs, 4) die den Unterrichtsbrauch des 
Ratichius aufs deutlichste charakterisierenden Köthener Lehrpläne, 

5) Drei kleine Schriften aus der Magdeburger Zeit des Ratichius und 

6) Meyfarts Bericht an Oxenstierna, ein Gutachten des mit Ratichius 
befreundeten Erfurter Professors für den schwedischen Kanzler. — In 
den beiden jüngsten Heften der „Neudrucke" erhalten wir „Bernhard 
Overbergs Schrift Von der Schulzucht. Mit einer Ein- 
leitung hrsgg. von Albert Richter (13) und J. B. Basedows 
Vorstellung an Menschenfreunde. Mit Einleitung und An- 
merkungen hrsgg. von Hermann Lorenz (14). Bi 



126 Litteratiirbericht. Heft 3 u. 4. 

In einer Reihe von Aufsätzen der ZeitHchrift: Neue Bahnen. 
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Gesellschafts-Erziehung. In Ver- 
bindung mit über 100 Mitarbeitern herausgeg. von Johannes Meyer 
(Gotha, Emil Behrend 1893. Preis viertel). 1,80 M.) behandelt Dr. 
Rudolf Hochegger, Professor der Philosophie an der k. k. Franz- 
Josef 8- Universität in Czernowitz, „Die Bedeutung der Philosophie 
der Gegenwart für die Pädagogik". Dieselben liegen auch in 
einer ebenso betitelten besonderen Schrift gesammelt vor (Pädagogische 
Zeit- und Streitfragen. Flugschriften zur Kenntnis der pädagogischen 
Bestrebungen der Gegenwart. Herausgegeben von Johannes Meyer 
in Osnabrück. 32., 33. u. 34. Heft (VI. Band, 2., 3. u. 4. Heft). 
Einzelpreis 1,80 M. 132 S. 8®). Nach einer Erörterung des Ver- 
hältnisses der Philosophie zu den Einzelwissenschaften, speziell zur 
Pädagogik, in der Einleitung (S. 1 — 17) lehrt uns der Verfasser 
einige der namhaftesten Philosophen der Gegenwart kennen, die er 
nach Massgabe der Bedeutung ihrer philosophischen Anschauungen 
für die Theorie der Pädagogik und der in dieser Beziehung besonders 
hervortretenden charakteristischen Ausprägung ihrer Lehren ausgewählt 
hat, und zwar — entsprechend seiner Unterscheidung von drei Haupt- 
richtungen in der gegenwärtigen Philosophie — als Vertreter der 
historisch-idealistischen Richtung: Jakob Frohschammer (S. 17 ff.) und 
Eduard von Hartmann (S. 34 ff.), als Vertreter- der naturalistisch- 
positivistischen : Herbert Spencer (S. 53 ff.), endlich als Vertreter der 
vermittelnden Richtung: Friedrich Paulsen (S. 67 ff.), Wilhelm Wundt 
(S. 87 ff.) und Wilhelm Dilthey (8. 116 ff.). Die einzelnen Systeme 
worden nach ihren Grundzügen dargestellt und der für die pädago- 
gische Theorie in Betracht kommende Ideengehalt herausgehoben und 
zusammengefasst. Der Schluss: Rückblick und Ergebnisse (S. 126 ff.) 
betont die Notwendigkeit einer philosophischen Grundlegung der 
Pädagogik, einer den Anregungen der modernen Psychologie folgenden 
erkenn tnis- theoretischen Bestimmung und voluntaristischen Ausbildung 
gegenüber der bisherigen einseitig intellektualistischen Richtung. „Eine 
Ausbildung der Pädagogik auf Grund der Analyse des ganzen 
Menschen ist noch Aufgabe der Zukunft. Wenn die Pädagogik sich 
der Philosophie der Gegenwart zuwendet, welche wieder das Bild 
des ganzen Menschen hervorholt, wird sie die Bausteine zu einer 
solchen wahrhaft allgemeinen Pädagogik finden. Nur vom Stand- 
punkt der Erkenntnis der ganzen Menschennatur wird auch der 
Streit der ideal-philosophischen und der realistischen Richtung in der 
Pädagogik Ausgleich finden. Die Wahrheit kann man nur in der Ver- 
mittlung beider, im Realidealismus, wie ihn die meisten modernen 
Philosophen vertreten, finden." K — r. 

Prof. Dr. Rieh. Sachse in Leipzig hat als Abhandlung zu dem 
Jahresberichte des Thomas-Gymnasiums in Leipzig für 1893/94 (1894 
Progr. Nr. 543) eine Untersuchung über den Rektor der Thomas- 
schule Jakob Thomasius veröffentlicht, die uns hier deshalb interes- 



1895. Litteraturbericht. 127 

sicrt, weil e« sich hier um den Vater des grossen Christian Thoniasius 
handelt. Besonders wertvoll sind die Nachrichten über die Familie 
Thomasius, die Sachse zusammenstellt. Danach stammte die Familie 
aus Franken, von wo der Grossvater des Schulrektors Jakob (geb. 
am 27. Aug. 1622) um 1570 nach Weida in Thüringen auswanderte. 
Christian Thomasius (geb. 1. Jan. 1655, f 23. Sept 1728) war der 
älteste von zehn Geschwistern. Merkwürdig ist, dass sich an der 
Thomasschule um jene Zeit die Trager zweier so berühmter Namen 
wie Thomasius und Leibniz zusammenfanden; Kollege des Jakob 
Thomasius war Joh. Friedrich Leibniz (geb. 1632), der Bruder 
des berühmten Philosophen, Sohn des Leipziger Professors Friedrich 
und Enkel des Ambrosius Leibniz, der Stadt- und Bergschreiber in 
Altenberg im Erzgebirge war. Seit dem Tode des Friedrich Leibniz 
(f 1652) übernahm Jakob Thomasius die Professur der Moral, die 
jener bis dahin inne gehabt hatte. Jakob hat sich als akademischer 
Lehrer ebenso wie als Schulrektor ausgezeichnet und verdient die 
Beachtung, die ihm Sachse in seiner Abhandlung widmet, in hohem 
Grade. K. 

Bemh. Münz: Jacob Frohschammer, der Philosoph der 
Weltphantasie. Breslau, Verlag von 8. Schottlaender. Dr. Bern- 
hard Münz in Wien, ein Schüler des am 14. Juni 1893 verstorbenen 
viel verkannten, aber auch treu bewährten charaktervollen Denkers, 
des ordentl. Professors der Philosophie an der Universität zu München, 
Dr. J. Frohschammer, bietet uns hier ein mit ebenso grosser Kenntnis 
als schriftstellerischer Virtuosität ausgeführtes Lebensbild seines hoch- 
verehrten Meisters, welches in hohem Grade geeignet ist, die über 
ihn noch vorhandenen Vorurteile zu zerstreuen. Er hat damit den 
Beweis geliefert, dass die Behauptung: seit Kant und seinen grossen 
Nachfolgern habe sich die philosophische Produktivität des deutschen 
Geistes für längere Zeit erschöpft, keineswegs begründet ist. Froh- 
schanmier ist kein blosser Durchforscher und Sichter des vorhandenen 
Gedankenmaterials. Er hat als einzelner Charakter eine neue Bahn 
in der Philosophie gebrochen, auf welcher dieselbe zu einer bisher 
noch nicht erreichten Fruchtbarkeit für das Leben gelangen kann 
und wird, er hat den wesentlichen Zusanmienhang des menschlichen 
Geistes mit der allgemeinen Natur mit einem Tiefblick in den Welt- 
process nachgewiesen, der einen festen Standpunkt für die Organisation 
der menschlichen Gesellschaft und zwar besonders ein friedliches 
und freies Zusammenwirken von Schule und Kirche im christlichen 
Kulturstaat möglich macht. Schon der hochverdiente Goschich tsch reiber 
der Philosophie, Dr. Heinrich Ritter, hat den Gedanken ausgesprochen, 
dass wir die Welt nur im Werden erkennen und wir ein absolutes 
Wissen über das, was jenseits dieses Werdens liegt, nicht erringen 
können. Frohschammer hat auf diesem Grundgedanken weiterbauend 
das Princip und die Gesetze dieses Processes nachgewiesen und da- 
durch der Philosophie eine vermittelnde Stellung zwischen dem pan- 



128 Litteratiirbericht. Heft 3 u. i. 

theiötincheii und nrnterialiBtischen Monismus eiTungeu, die ihr eine 
im höchsten Grade klärende und versöhnende Wirksamkeit sichert 
Wie wichtig sie dadurch für die Volkserziehung wird, und wie sehr 
sie dadurch zum Verständnis der durch Comenius begründeten Päda- 
gogik beiträgt, erhellt am deutlichsten aus dem organisatorischen 
Einfluss, den sie auf das Gesamtleben der menschlichen Gesellschaft 
übt. Dr. Münz hat darüber nur das Nötige angedeutet, aber es ist 
genug, um die denkenden Leser zum Studium der Werke Froh- 
Hchammers selbst aufzumuntern. Dazu möge auch diese Anzeige der 
ebenso lehr- als genussreichen Schrift des Dr. B. Münz dienen. 

B. B. 

Der Beweis für das Dasein Gottes und seine Persönlich- 
keit mit Rücksicht auf die herkömmlichen Gottesbeweise. Von Dr. 
E. Melzer, Neisse, J. Graveur (G. Neumann) 1895. 101 S., gr. 8^. 
Diese Schrift verdient, auch' in den Heften der Comenius-Gesellschaft 
anerkennend erwähnt zu werden. War doch für Comenius alles 
einzelne in der Welt und die ganze Welt eine Leiter, um sich zu 
Gott zu erheben. Freilich durch Kants einschneidende Kritik, der 
allenfalls den sogenannten moralischen Beweis für das Dasein Gottes 
als praktisch wertvoll gelten Hess, den theoretischen Wert aller solchen 
Beweise aber rundweg leugnete, ist das Zutrauen zu denselben in 
weiten Kreisen tief erschüttert worden. Melzer scheut sich nicht, 
abweichend von Kant, in Übereinstimmung mit dem katholischen 
Philosophen Günther, seine Überzeugung dahin darzulegen, diiss 
der verbesserte kosmologische Beweis, welchen man auch den psycho- 
logischen nennen könnte, wissenschaftlich unanfechtbar sei. Dieser 
gehe aus von dem Selbstbewusstsein oder dem Gedanken Ich, erkenne 
den eigenen Geist oder das Ich als eine Substanz und als Real- 
princip für alle Kräfte, Thätigkeiten und Zustände des Geistes an, 
schliesse aber von der Endlichkeit und Beschränktheit dieser Substanz 
auf das Dasein einer unendlichen und absoluten Substanz und zu- 
gleich aus der endlichen Persönlichkeit des geschaffenen Ich auf die 
absolute Persönlichkeit Gottes des Schöpfers. — Für den Fachmann 
ist Melzer 8 Schrift besonders wertvoll wegen einer aus den Quellen 
gearbeiteten trefflichen Darstellung aller Gottesbeweise vom Altertum 
bis auf die Neuzeit, welche zugleich einer eingehenden, umsichtigen 
Beurteilung unterzogen werden. Auch Krause ist an zwei Stellen 
berücksichtigt Mit Recht wird behauptet, dass die Wesenschauung 
oder Gottesidee Krauses eines Beweises nicht bedürfe, da sie ja in 
eigenem Lichte erglänzt und der Grund jeder Beweisführung ist. 
Was man sonst als Beweise für das Dasein Gottes aufzustellen ver- 
sucht hat, ist bei Krause zu dem aufsteigenden Teile der Wissen- 
schaft geworden, welcher vom Ich beginnt und streng wissenschaftlich 
jeden denkenden, wahrheitsuchenden Geist zur Anerkenntnis Grottes 
emporführt. Hohlfeld. 



Nachrichten. 



In Deutschland hatte schon im 17. Jahrhundert, wenigstens innerhalb 
der lutherischen Kirche, die Überzeugung die Herrschaft gewonnen, dass 
das Licht des Evangeliums, wie man 7AI sagen pflegte, im Jahre 1517 auf- 
gegangen sei und dass bis dahin die Finsternis des Papsttums allgemein 
geherrscht habe. Es ist nicht ohne Interesse, dass die offizielle Vertretung 
samtlicher Evangelischen in Mähren (nicht etwa bloss der mährischen Bruder) 
anderer Überzeugung war, indem sie glaubten, dass es Hingst vor Lnther 
Evangelische gegeben haben. Im Jahre 1(510 hatte im Namen des 
reformierten Kurfürsten von der Pfalz und der deutschen Union der Mark- 
graf von Jägemdorf, Johann Georg (der Bruder des Kurfürsten Johann 
Sigismund von Brandenburg, geb. Iö77, gest. 1624 zu Leutschau in Ungarn), 
bei dem Landeshauptmann und den evangelischen Ständen eine Werbung 
angebracht, die die Herstellung einer Verbindung zwischen der Union und 
den mährischen evangelischen Ständen bezweckte. Unter dem 15. Mai 1610 
gaben „Landeshauptmann und evangelische Stände" — die grosse Mehrlieit 
der Bevölkerung in Mähren war damals evangelisch — hierauf eine Antwort, 
die in Bezug auf die obige Auffassung interessant ist Die mährischen 
evangeb'schen Stände hatten, sagen sie, die Freiheit ihrer Religion nicht 
durch die Verleihung eines Fürsten erhalten, sondern als ein „natürliches 
Kecht" überkommen „und seit zweihundert Jahren in steter Dauer 
und ungestörter Eintracht mit den Ständen sub una specie (den 
Katholiken) genossen". „Bald von Bohemischen Kriegen an, so aus Ursach 
M. Johann Hussen, heiliger Oedachtnus, Tods entstanden, haben wir (die 
Stände) uns einer willkürlichen Vergleichnuss gemäss, welche zwischen unsem 
Vorfahren aufgerichtet, in einer solchen Freiheit, dass einem jeden unter 
uns, es seie zu dem Glauben unter einerlei oder zu dem Glauben unter 
beiderlei zu treten und sich desselben zu halten, frei stehen sollte, bishero 
betragen und erhalten." Bei Annehmung des Landesherm pflegten die 
Stände beider Konfessionen zu begehren, dass er weder den übrigen Frei- 
heiten, noch der Freiheit der Keligion irgend welchen Eintrag thue oder 
andern gestatte, zu thun. (S. die Urkunde bei Moritz Bitter, Der Jülicher 
Erbfolgekrieg, München 1877, S. 246.) Hieraus erhellt, dass die Evange- 
lischen in Mähren den religiösen Zustand, in dem sie sich um 1610 befanden, 
als eine unmittelbare, nicht veränderte Fortsetzung desjenigen evangelischen 
Gemeinwesens betrachteten, wie es bereits zu Anfang des 15. Jahrhunderts 
unter ihnen bestand. Dass die evangelische Lehre erst mit dem Jahre 1517 
in die Welt gekommen sei, davon wussten sie nichts. — Markgraf Johann 
Georg war, wie hier noch bemerkt sei, als Herzog von Jägerndorf in eine 



130 Nachrichten. Heft 3 ii. 4. 

nähere Beziehung zu den Evangelischen in Böhmen und Mähren getreten. 
Vielleicht hängt C8 damit auch zusammen , daj^ der Markgraf am 2. Sept. 
1613 zur reformierten Kirche übertrat. 



Die Hans Sachs -Feier des verflossenen Jahres hat vielfach Ver- 
anlassung gegeben, auch des, MelHtergesanges, seines Wertes und Unwertes 
eingehender zu gedenken, als es sonst in den letzten Jahrzehnten der Fall 
gewesen ist. Es ist bekannt, dass es üblich war, des Meistergesanges etwa 
in derselben Weise mit einer gewissen Nichtachtung, ja vielfach mit Hohn 
und Spott zu gedenken, wie dies bei den sog. Sprachgesellschaften der 
älteren Zeit (Palmenorden u. s. w.) der Fall war und ist. Es ist erfreulich, 
dass man neuerdings anfängt, von dieser ßeurteilungswcise einigcrmasscn 
zurückzukommen. In den Mitteilungen des germanischen Nationalmuseums 
Jahrg. 1894 S. 2ö ff. veröffentlicht Dr. Th. Hampe eine Abhandlung über 
„Spruchsprecher, Meistersinger und Hochzeitlader, vornehmlich in Nürnberg'', 
die auf genauer Kenntnis der Originalquellen beruht. Hier ist nun das 
Schlussurteil, das Hampe abgiebt, von besonderem Interesse. Es muss gesagt 
werden, meint er (S. 69), „dass der Meistergesang der guten Zeit als ein 
Ausdruck und Zeichen der höchsten Blüte deutschen Städtelebens betrachtet 
werden will, dass ohne ihn die Reformation eines starken Rück- 
halts und Untergrundes hätte entbehren müssen, dass ein Hans 
Sachs ohne ihn niemals das geworden wäre, was er uns noch heute ist, und 
dass selbst der Meistergesang der Verfallzeit noch unzähligen Menschen da» 
Leben verschönt und die bösen Gredanken gebannt hat. Auch die hohen 
Verdienste der Meistersinger um Ausbreitung und Weiterbildung der neu- 
hochdeutschen Schriftsprache harren noch immer der ihnen gebührenden 
Anerkennung und Würdigung. Mehr als ungerecht wäre es demnach, eine 
Erscheinung von solcher Bedeutung für unsere Kulturentwickelung mit Spott 
und Hohn zu übergiessen, nur weil sie auch Auswüchse zeitigte und weil 
sie im Alter welkte, krank und schwach und eben alt w^urde." — Wir wollen 
hier auf den oben angedeuteten Zusammenhang dieser Handwerker -Ver- 
einigung mit der religiösen Bewegung besonders hinweisen. Vielleicht findet 
sich Gelegenheit, später in diesen Heften einmal eingehender darauf zurück- 
zukommen. 



Eine ähnliche Bedeutung, wie sie Thomasius für Halle sich erworben 
hat, besitzt Johann Clanberg (geb. zu Solingen 1622, gest. 31. Jan. 160.')) 
für die Universität des Grossen Kurfürsten, für Duisburg. Clauberg war 
bis zu seiner im Jahre 1651 erfolgenden Berufung nach Duisburg Professor 
in Herbom gewesen. Hier hatte er sich sowohl das Vertrauen seines Fürsten 
wie die Liebe seiner zahlreichen Schüler envorben. In Duisburg erwarb 
er sich einen ausgebreiteten Ruf sowohl unter den Reformierten des Westens 
wie in den Niederlanden und Frankreich, wo er seine Studien gemacht 
hatte. Eine Gesamtausgabc seiner Werke erschien im Jahre 1691 zu 
Amsterdam; ihr ist eine Biographie des Verfassers von Hennin voraus- 
geschickt. Der Grosse Kurfürst nahm von ihm die Widmung der Schrift 
Do fognitione Dei et nostri an. Verwandt ist er Thomasius auch durch 



1895. Nachrichten. 131 

seine Betonung der Muttersprache. Leibniz und Wolff haben sich in sehr 
günstigem Sinne über Clauberg geäussert, der heute viel weniger bekannt 
ist, als er es verdient. Über Claubergs Stellung im Cartesianismus erschien 
im Jahre 1891 eine Schrift von Dr. Herrn. Müller. Wir werden gern ge- 
legentlich das Andenken des merkwürdigen Mannes in diesen Heften erneuem. 



Im Jahre 1660 erschien zu Amsterdam bei Joh. Ravestein folgende 
Schrift: De bono Unitatis et ordinis disciplinaeque et obedientiae. In 
ecclesia recte constituta vel constituenda Ecclesiae Bohemicae ad Anglicanam 
Paraenesis, cum praemissa ordinis ac disciplinae in ecclesiis F. F. Boh. iisi- 
tatae descriptione. Widmung an Carl II. von England mit der Unterschrift: 
Johann 4nios Comenlus, Beliquiarum Ecclesiae F. F. B. Episcopus indignus, 
solus adhuc superstes. (S. M.H. der G.G. 1892 S. 48.) — Comenius seihst 
erwähnt in einem Brief an die Synode vom 2. April 1662, dass dies Werk 
ins Englische übersetzt sei und dass die lateinische Ausgabe in Genf neu 
aufgelegt worden sei. Soviel uns bekannt, ist die englische Übersetzung 
bisher nirgends genauer beschrieben worden, weil, wie es scheint, Exemplare 
sehr selten sind. Kürzlich habe ich durch die Güte des Herrn Antiquars 
M. Spirgatis in Leipzig ein Exemplar einsehen können; es trägt den 
Titel: „An Exhortation of the Churches of Bohemia to the Church of 
England: Wherein is set forth The good of Unity, Order, Discipline and 
Obedience, in Churches rightly now, or to be Oonistifeuted. With a De- 
scription premised of the Order and Discipline used in the Churches of the 
Brcthren of Bohemia. Written in Latin, and Dedicated to his most excellent 
Majesty Charls the Second, in Holland, at his retuming into England; If 
possible it may be for an Accomodation amongst the Churches of Christ. 
— By J. Arnos Comenins, the only surviving Bishop of the Bemains of 
those Churches. — London , Printed for Thomas Parkhurst at * the Three 
Crowns etc. 1661. 

An erster Stelle findet sich die Widmung an Karl II., dann folgt 
ein Vorwort „To the Reader** unterzeichnet von „Joshua Tymarchus", an 
dessen Schluss der Verleger Parkhurst ein Verzeichnis der durch ihn be- 
sorgten Drucke giebt, das an erster Stelle die Geschichte der piemontesischcn 
Waldenser von Samuel Morland nennt. Daran schliesst sich ein Schi'eiben 
To the Church of England unterzeichnet: J. A. Comcnius of Moravia. 
Dann folgt „A Short History of the Slavonian Church etc." (S. 9—78) 
und das Ganze schliesst mit „An Exhortation to the Churches, particularly 
and by name that of England etc." Das Exemplar ist im Besitz des Herrn 
M. Spirgatis und kostet 25 M. 



132 



Inhalt neuerer Zeitschriften. 



Heft 3 u. 4. 



Inhalt neuerer Zeitschriften. 



Hlülorlftche ZeltiM^hrirt. N. F. 

ßd. i». 2. Heft: Aufsätzo: F. Kar»!, 
Alexander der Urosse und der HellcnismuB. 
2 (Schiusa). — K. Haebler, Die Columbus- 
Litteratur der Jubiläumniseit. -- MiRcellen: 
Zur Vorgeschichte der Revolutionskriege. — 
Litteniturbericht. - - Notizen und Nachrichten. 

— ErklAningen (von J. LuIv^s und G. von 
Below). 

Hlfltor. Jabrbiicta der GArreH- 
ipoiielliieliaru 15. Jahrg. Heft 4, 1894. 
Aufsätze: Lager, Raban von Helmstadt 
und Ulrich von Manderscheid, ihr Kampf um 
da» Erzbistum Trier. — Jostes, Die ,,Wal- 
denserbibeln" und Meister Johannes Rellach. 

— Kleinere Beiträge: Kampers, Über 
dio Prophezeiungen des Job. Rupcscissa. — 
SägmUllcr, Dietrich von Niem und der 
Liber pontificalis. — Paulus, Ein katholi- 
scher Augenzeuge Ol>er Luthers Lelx»n8ende. — 
Rezensionen und Referate. — Zeitschriften- 
schau. — Novitätensclian. — Nachrichten. -- 
Erkläningcn. 

Zeltüchrtfl für Phllonophle und 
phlloflophlnelie Kritik. N. F. 105. Bd. 
Heft 2, 1B94: Ludwig Busse, Zur Be- 
urteilung des Utilitarismus. -- R. Falckcn- 
berg, Die Entwickelung der I»tzc'Bchen 
Zeitlehre. — J. Zahnfleisch, Zur Kritik 
derAristotelischen Metaphysik. — Rezensionen. 

— Neu eingegangene Schriften. — Bibliographie. 

— Aus Zeitschriften. 

PhlloHophliiclieii Jalirbueh der 
GörresgefieUiiehaft. 8. Bd. Heftl. 1805: 
E. Rolf es. Die vorgebliche Präcxislenz des 
Geistes iK'i Aristoteles. - C. Gutberiet, 
Ül)er Mcssliarkeit psychischer Akte (Schluss). 

— J. N a s 8 e n , Über den platonischen Gottes- 
liegriff (SchlusH). — B. Ad 1 hoch, O. S. B., 
I)«n' GotteslK^wels des hl. Ansolm. — R<»- 
zensioni'n und Referate. — Philo.sopbischer 



Sprechsaal. — Zeitschriftensehau. — Miscellen 
und Nachrichten. 

Aretalv für ttaterrelehlnetae Ge* 
Hellichte. 81. Bd. 2. Hälfte 189Ö: J. 
Loser th, Sigmar und Bernhard von Krenis- 
mOnstcr. Kritische Studien zu den («oschichu- 
quellen von Kremsmünster im 13. und 14. 
Jahrhundert. (Mit 2 Tafeln.) — Franz von 
Krones, Beiträge zur Städte- und Rechts- 
gescbichte Oberungams. — Wilh. Erben, 
Die Frage der Heranziehung de.H deutschen 
Ordens zur Verteidigung der ungarischen 
Grenze. 

Jalirbueh der GeaellMehafll für 
die <i}e«chlclite de« ProtenUulUfimus 
In Aflterreleh. 15. Jahrg. Heft 3 u. 4: 
Arth. Schmidt, Das Evangelium in Gablonz 
und Umgebung. — Th. Elze, Die slavoni- 
schen protestantischen Ritual-, Streit^, Ix^hr- 
und Bekenntnis-Schriften des IG. Jahrh. — 
AI. Nicoladoni, Tanberiana. — Loesche, 
Ein nngednicktcs Gedicht von Joh. Major. — 
Scheuffler, Der Zug der österreichischen 
Geistlichen nach und aus Sachsen. — Th. 
Unger, Über eine WiedertÄufer-IJederhand- 
schrift des 17. Jahrhunderts. — F. Scheich I, 
Bilder aus der Zeit der Gegenreformation in 
Österreich. 

Revne Intemallonmie de IVn- 
■elffnemenl. 16. ann^ , No. 1 : M. A. 
Cartault, L'^volution du talent de Vir^gile 
des Bucoliques aux G^rgiques. — M.Charles 
(j i d e , Professions liberales et travail manuel. 
— M. Charles Barneaud, Jefferson et 
Teducation en Virginie. — No. 2: Leon O. 
P<^lis8ier, La inati6re et Ics materiaux de 
l'histoire du premier empire. — Georges 
Blondel, Notes sur l'enseig^ement des 
Sciences sociales dans les UniversiU^'S alle- 
niandes. — Jacques Parmentier, De 
Teducation de la noblesse anglaim» du XVIi* 
au XVnie siiVh«. 



Buchdrücken'! von Johannes Brt>dt, MUnster i. Westf. 



Die Comenius-Gesellschaft 

ist zur Pflege der Wissenschaft und der Vollcserziehung 

am 10. Oktober 1891 in Berlin gestiftet worden. 
(8Itz der Yerwaltuu^ In MUuster.) 



MItgliederzalil 1895: 1200 Pci-soiieii und Körperseliatteii. 



Oesellschartsschriften: 

1. Die Monatshefte der CG. Deutsche Zeitschrift zur Pflege der Wissen- 
schaft im Geist des Comenius. Herausgegeben von Ludwig Keller. 

Band 1—3 (1892-1894) liegen vor. 

2. Comenius-Blätter für Volkserziehung. Mitteilungen der Comenius-Gesell- 
schaft. Der erste und zweite Jahrgang (1893 — 1894) liegen vor. 

3. Vorträge und Au&ätze aus der CG. Zwanglose Hefte zur Ergänzung 
der M.H. der CG. 

Der Gesamturafang der Geaellschaftsschriften beträgt 30—32 Bogen Lex. 8**. 



Bedingrungen der Mitgliedschaft: 

1. Die Stifter (Jahresbeitrag 10 M.) erhalten alle Schriften. Durch einmalige 
Zahlung von 100 M. werden die Stifterrechte von Personen auf Lebenszeit 
erworben. 

2. Die Teilnehmer (Jahresbeitrag 5 M.) erhalten nur die Monatshefte; Teil- 
nehmerrechte können an Körperschaften nur ausnahmsweise verliehen werden. 

3. Die Abteilungsmitglieder (Jahresbeitrag 3 M.) erhalten nur die Comenius- 
Blätter für Volkserziehung. 

Anmeldungen 

sind zu richten an die Geschäftstelle der G.G., Münster i. W., Wolbeckerstrasse 4 a. 



Der Oesamtvorstand. 

Seeger, Ix^hror u. Direktor der Comcnius-Stiftung, Niedcr-Poyritz b. Drosden. Dr. Borgius, Ep., Konsistorial- 
Bat, Posen. Dr. HÖpfher, Geh. Gber-Reg.-Rat und Cttrator der Universität in ««ttingen. Prof. Dr. 
Hohlfeld, Dresden. M. Jablonski, Berlin. Ifa*ael, 8chul-Rat, Zschopau. Archiv-Rat Dr. fjud'w. Keller, 
Staatsarchivar, M&nsteri.W. D. Dr. Kleiuert, Prof. und Gberlconsistorial-Rat, Berlin. "W. J. Leendertz, 
Prediger, Amsterdam. Prof. Dr. Markgraf, Stadt- Bibliothekar, Breslau. D. Dr. G-. Loesohe, k. k. ordentl. 
Prof., Wien. Jos. Th. Müller, Prof. der Kirchengeschichte, Gnadenfeld. Dr. Pappenheim, Prof., Berlin. 
Dr. Otto Pfleiderer, Prof. an der üniversitÄt Berlin. Dr. Bein, Prof. an der Universität Jena. Univ.-Prof. 
Dr. Bogge, Amsterdam. Sander, Schulrat, Bremen. Heinrich, Prinz zu Schönaioh-Carolath, Schloss 
Amtitz. Dr. Schneider, Wirkl. Geh. Ober-Rog.-Kat n. vortragender Kat im Kultusministerium, Berlin. 
Dr. Schwalbe, Realgymn. -Direktor u. Stadtverordneter, Berlin. Dr. Th. Toeche-Mittler, Hofbuchhändler, 
Berlin. A. Vlivra, Prof., Prag. Dr. "Wätzoldt, Prov. - Schulrat in Magdeburg. Dr. "Wattenbach, 
Geh. Rcg.-Rat u. Prof. an der Univ. Berlin. 'Weydmann, Prediger, Crefeld. 

Stellvertretende Mitglieder : 

Dr. Th. Arndt, Prediger an S. Petri, Berlin. Dr. Benrath, Prof. an der Universität König«l>erg. "Wilh. 
Bötticher, Prof., Hagen i. W. Phil. Brand, Bankdirektor, Mainz. Dr. Comba, Professor am theol. 
Seminar der Waldenscr, Florenz. Realgymn. -Direktor Dr. Cramer, Mftlheira a. Rh. H. Fechner, Professor, 
Berlin. Univ.-Prof. Dr. Hilty, Bern. (Jymnasial - Direktor Dr. Heussner, Kassel. Oberstlieut. a. D. Dr. 
ML Jahns, Berlin. Dr. Herrn, v. Jireuek, k. k. MinisUmalrat, Wien. Dr. Kunze, Gymnasial-Din'ktor, Lissa 
(Posen). Prof. D. Dr. Kvacsala, Dorp^^t. Launhardt, Geh. Regierungs-Rat und Prof., Hannover. 
Univ.-Prof. Dr. H. Suchier, Halle a. S. Prof. Dr. N esemann , Lissa (Posen). Archiv-Rat Dr. Prümers, 
Staataarchtvar, Posen. Rektor Bissmann, Berlin. Landtags-Abgeordueter von Schenckendorff, (iöriitz. 
Dr. O. Sohxnid, St. Petersburg. Slamenik, BDrgerachul-Direktor, Prerau. Univ. -Professor Dr. von 

Thudichum, Tübingen. Freiherr Hans von "Wolzogen, Bayn?uth. 

Sehatzmeister: Bankhaus Molenaar &. Co., Berlin 2, ßurg9tra.sse. 



Vei*zeichiiis der Pflegscliaften der CG. 

Eine vervollständigte Liste wird demnächst erecheinen. 



(DtT Buchstabe B hinter dem Namen bedeutet „BevoUmarhiigter im Ehrenamt", der Buchstabe 
,,(iei>chilftsirihrende Buchhandhmg" und der Buchstabe V Vorsitzender einer C.ZAi. oder CK.) 



Altena: F. L. Mattigschc Buchh. G 
Altdorf: 8em.-Lehrer a. D. J. Böhm. B 
Amsterdam: Univ.-Prof. Dr. Rogge. V 
„ Buchh. v. Joh. Müller. G 

Augsburg: J. A. Schlosscrsche Buchh. G 
Barmeu: Buchh. v. Adolf Graeper. G 
Bartenstein (Ostpr.): Oberlehrer Dr. Lentz. B 
Bayreuth: Buchh. v. B. Giesscl. G 
Berlin: Buchh. v. F. Schneider u. Ca, W. 

Leipz. Str. 128. G 
Bremen: Dr. £. Brenning, Realgym.-Lehr. B 

,, Buchh. v. H. \V. Bilomon. G 
Breslau: Buchh. v. K Morgenstern. G 
Bunzlau: Buchh. v. Ernst Muschket. G 
Cottbus: Buchh. v. Carl Brodbeck. G 
Crefeld: Weydmann, Pastor. B 
Czeruawltz: Prof. Dr. Hochegger. V 

,, Buchh. v. H. Pardini. G 

Christlanla: Buchh. v. Cammermeyer. G 
Banzlg: L. Sauniers Buchh. G 
Detmold: Sem.-Direkt. Sauerländer. B 

„ C. Schenks Buchh. G 
Dortmund: Realgymn.-Dir. Dr. Auler. B 
Dresden : H. Burdach, K. S. Hof-Buchh. G 
Dttsseldorf: Buchh. v. Herni. Michels. G 
EInbeek: Oberlehi-er Dr. EUissen. B 

„ Buchh. V. H. Ehlers. G 
Elsenaeh: Sem.-Dir. E. Ackermann. B 

„ Buchh. V. Bäreck. G 
Elblng: Oberlehrer Dr. Bandow. B 
„ Buchh. V. Leon Saunier. G 
Elberfeld: Buchh. v. B. Hartmann. G 
Emden: Haynelsche Buchh. 6 
Frankfurt a'. M. Detloffsche Buchh, 6 
Olessen: Ferbei"sche Univ.-Buchh. G 
Glogau: Oberlehrer Baehnisch. B 

„ Buchh. V. C. Rcissner's Nachfolger. G 
Gotha: Oberechulrat Dr. von Bamberg. B 
Görlitz: Gymn.-Dir. Dr. Eitner. B 
Guben: Buchh. v. Albert König. G. 
Hagen (Westf.): Prof. W. B<Hticher. V 

„ Buchh. von Gustav Butz. G 

Halle a.S.: Univ.-Prof. Dr. Uphues. B 
Hamburg: Oberlehrer Dr. Dissel. B 

„ C. Gassraanns Buchh. G 

Hamm: Rektor Bartholomaeus. B 
Hannover: Realg^'mn.-Dir. Ramdohr. B 

,- Buchn. V. Ludwig Ey. G 
Heidelberg: Direkt. Dr. Thorbecke. B 
Herborn: Prof. Dr. Zimmer. B 
Jena: Inst.-Direktor Pfeiffer. V 

„ Döbereinersche Buchh. (Rassraann) B 
Kassel: Gymn.-Dir. Dr. Heussner. B 

„ Buchh. V. M. Brunnemann & Co. G 
Königsberg i . Pr. Graef e & Unzersche Buchh. G 
Lauban: Buchh. v. Denecke. G 



Leipzig: J. C. Hiniichs'sche Buchh. G 
Lengericb: Rektor O. Kemper. B 
Lennep : Prof. Dr. Witte, Kreisschulinsp. V 

„ Buchk. V. R. Schmitz. G 
Lippstadt: Realgymn.-Dir. Dr. Schirmer. B 
Lissal. F.: Prof. Dr. Nesemann. B 

„ Buchh. V. Friedrich Ebbecke. 6 

London: Buchh. v. Williams and Norgate. 6 
Lüdenscheid: Dr. med. Boecker. B 
Magdeburg: Buchh. v. Heinrichshofen. 6 
Mainz: Bankdirektor Brand. B 

„ H. Quasthoff 8 Buchh. G 
Meiningen: Oberkirchen rat D. Dreyer B 
Mttlilhausen 1. Th. : Diakonus J. Clüver. B 
Mttuehen: Schulrat Dr. Rohmcder. B 

„ Hofbuchh. V. Max Keller«r. G 
Mttnster: Buchh. v. Obertüschen. G 
Neuwied: Prediger Siebeit. B 
Nordhausen: Oberlehrer Dr. Nägler. B 

„ Förstemannsche Buchh. 6 

Nürnberg: Postmeister Aue. Schmidt, B 

„ Buchh. V. Friedr. Kom. G 

Oschatz: Sem.-Oberl. Ernst Hänsch. B 
Osnabrück: Pastor Lic. tbeol. Spiegel. B 

,, Buchh. V. Rackhoret. 6 

Falls: Buchh. v. Fischbacher. G 
Posen: Buchh. v. Friedrich Ebbecke. 6 
Potsdam: Buchh. v. R. Hachfeld. B 
Prag: Buchh. v. Fr. Rivnäc. G 
Prerau (Mähren) Direktor Fr. Slanienik. B 
Quedlinburg: Rektor Ed. Wilke. B 

„ Buchh. V. Christ. Vieweg. 6 

Remscheid: Hauptlchrcr R. Lambeck. V 

9, Buchh. V. Herrn. Krumm. G 

Rostock: Dir. Dr. Wilh. Begemann. B 

„ Stillersche Hof- u. Univ.-Buchh. 6 
Ruhrort: Buchh. v. Andreae u. Co. G 
Sagan: Xreisschulinspektor Arndt. B 

„ Buchh. V. W. Daustein. G 
Sclileswig: Buchh. v. Julius Bergas. G 
Soest: Lehrer W. Handtke. B 

,, Rittersche Buchh. G 
Stade: Direktor Dr. Zcchlin. B 

,, Schaumburgsche Buchh. G 
Stettin: H. Dannenbergsche Buchh. 6 
Stockholm : Dr. N. G. W. Lagerstedt. B 

„ Hofbuchh. V. C. E. Fritze. 6 

Strass bürg i. Eis. Sem. -Dir. Paul Zänker. B 
Wesel: Buchh. v. Karl Kühler. G 
Wien : Buchh. v. A. Pichlere Wwe. u. Sohn. 6 
Wiesbaden : Gymn.-Oberl. Dr. Hochhuth. B 

„ Buchh. V. Felix Dietrich. 6 

Zeliopau: Schulrat A. Israel. B 
Zürich: Buchh. v. Meyer & Zeller. 6 
Zwickau: Oberl. Dr. P. StÖtzner. B 



Buchdruckerei von Johannes Brcdt, Müni>ter 1. W. 



"©" ^^^Ml^i^g^^j^j^ 




Inhalt 

des fünften und sechsten Heftes 1895. 



Abhandlungren. Seite 

IfUdwig Keller, Gomenius und die Akademien der Naturphilosophen des 

17. Jahrhunderts. Dritter Teil (Schluss) 133 

Bernhard Baehring, Zur Erinnerung an Moriz Carriere 185 

Nachrichten. 

In Sachen der UniTerBal-UniTerBitftt des Grossen Kurfürsten. — Die Bedeutung von 
ZQnften und Oilden für die Entwicklung des religiösen Lebens in früheren Jahrhunderten. — 
Der Johanniterorden und die Akademie des Palmbaums. — Widerwille der Mitglieder des FSalm* 
baums gegen den Namen „Calrinisten". — Gomenius und die confessionelle Polemik des 
17. Jahrhunderts. — Vorlesungen über die Geschichte der böhmischen Brüder. — Die Stiftung 
einer ,, tugendlichen Gesellschaft" im Jahre 1619. — Zur Charakteristik der sog. Sprach- 
gescllschaften des 17. Jahrhunderts 193 



Die Monatshefte der C.6. erscheinen monatlich (mit Ausnahme des Juli 
und August). Die Ausgabe von Doppelheften bleibt vorbehalten. Der Oe- 
samtumfang beträgt vorlaufig 20 — 25 Bogen. 

Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge; falls die 
Zahlung der letzteren bis zum 1. Juli nicht erfolgt ist, ist die Greschaftstelle 
zur Erhebung durch Postauftrag unter Zuschlag von 60 Pf. Postgebühren 
berechtigt. — Einzelne Hefte kosten 1 Mk. 25 Pf. 



Jahresbeiträge und Amneldungen, sowie einmalige und ausserordentliche 
Zuwendungen bitten wir an das 

Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C. 2, Burgetrasse 

zu senden. 



Bestellungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, 
die Postamter — Postzeitungsliste Nr. 4296** — und die Geschäftstelle der 
Comenius- Gesellschaft, Münster i. W. Wolbeckerstrasse 4*- 

Anzeigen &den durch die Monatsschriften der CG. in den beteiligten 
Kreisen weiteste Verbreitung. Die gespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum 
kostet 20 Pfg.; bei grösseren Aufträgen entsprechende Ermässigung. Anfragen 
und Anträge sind an Johannes Bredt, Verlagsbuchhandlung in Münster LW« 
zu richten. 



Für die Schriftleitung verantwortlich: iürohiv-Bat Br. Keller in Münster i. W« 



l 



<"> 



1 



• J 



Monatshefte V4;-^^A?^ 

der 

Comenius-Gesellschaft 



IV. Band. -^ 1895. ^ Heft 5 u. 6. 



Comenius und die Akademien der Naturpliiiosoplien 

des 17. Jahrhunderts. 

Von 
Ludwig Keller. 

I 

Dritter Teil. 

Die Societät der ,^chymi8ten" zu Nürnberg, deren Mitglied, 
wie wir sahen, seit 1667 Gotfried Wilhelm Leibniz war, und 
deren Angehörige später zum Teil Mitglieder der „Königlichen 
Societät der Wissenschaften zu Berlin** wurden, ist keineswegs 
die älteste dieser Gesellschaften von Naturphilosophen, die wir in 
Deutschland nachweisen können. Schon vierzig Jahre früher als 
diese tritt uns eine andere gleichartige Gesellschaft entgegen, deren 
Begründer der Freund des Leibniz und Comenius Joachim 
Jungius gewesen ist. Joachim Jungius (geboren 1587 zu Lübeck) 
war nebst Christoph Helwig (1581 — 1617), dem Schwiegervater 
des nachmals durch seine verwandten Anschauungen bekannt ge- 
wordenen Balthasar Schuppius^), im Jahre 1612 zu Frankfurt a. M. 
Mitarbeiter des Wolfgang liatichius an dessen „Lehrkunst" ge- 
wesen, hatte sich aber dann mit letzterem überworfen, unter anderm 
deshalb, weil er und Helwig die Stiftung eines „Collegiums" zur 
Befördenmg der Sache forderten, Ratichius aber dies ablehnte.*) 



') Viele Nachrichten und Briefe, die des Schuppius Beziehungen zu 
den Kreisen der Naturphilosophen darthun, 8..bei Beiff erscheid, Quellen 
u. 8. w. 1889 (Register s. v.). 

•) S. den Brief des Meyderlin an Dr. Verbezius zu Ulm vom 26. Juni 
1615 bei Gid. Vogt, Ratichius, Progr. d. Gyimi. zu Kassel. 1876. S. 33. 
— Diese Angabe stimmt mit der Darstellung des Helwig überein, wonach die 
Ursache des Streites darin lag, dass Ratichius seine anfängliche Zusage, das 
Werk „mit gesamten Rat, Meinung, Wissen und Bewilligung'' zu treiben, 
nicht eingehalten hatte, sondern allein vorgegangen war. 
MonittBhefte der Comeiiius-Gesellschaft. 1895. 20 



134 KeUer, Heft 5 u. 6. 

Der Plan einer Gesellschaft, wie sie Jungius etwa acht Jahre 
später ins Leben rief ^ schwebte ihm also schon damals vor und 
es ist interessant, dass die Societat vor der Öffentlichkeit in 
diesem Falle nicht die Pflege der Muttersprache noch der Natur- 
wissenschaften, sondern die Förderung der Erziehimgslehre sich 
als Ziel setzen wollte. 

Im Jahre 1618 studierte und promovierte Jungius in Padua, 
an jener Hochschule der Republik Venedig, wo damals die natur- 
wissenschaftlichen und medizinischen Studien in hoher Blüte 
standen, wo viele Griechen studierten — Greta war im Besitze 
Venedigs — und wo Einflüsse des Griechentums und der plato- 
nischen Philosophie seit alten Zeiten stark hervorgetreten waren ^). 

Nach Deutschland zurückgekehrt (Sommer 1619) hielt er sich 
in Rostock auf und verlebte hier einige Jahre in unabhängiger Müsse. 

Gerade in Rostock lebten und wirkten manche Freunde und 
Gesinnungsgenossen Valentin Andreaes^ z. B. Stephan Stein, dem 
ersterer seine Schrift Turris Babel gewidmet hatte, und ein um 
seines Glaubens willen vertriebener Italiener, Angelo Sala, der später 
der Akademie des Palmbaums unter dem Namen der „Lindernde** 
angehörte. Hier stiftete Jungius nach dem Vorbild der italie- 
nischen Akademien — er war zweifellos in Padua ebenso Mitglied 
einer solchen geworden wie so viele andere deutsche Studierende 
— eine philosophische Gesellschaft und zwar unabhängig von der 
Universität, eine freie Vereinigung, die er Societas Ereunetica 
oder Zetetica oder auch Collegium philosophicum nannte. 
Mitbegründer waren Paul Tamovius und Adolf Tassius. 

In den Gesetzen der Societat, die späterhin bekannt ge- 
worden sind, heisst es ausdrücklich, dass sie „denjenigen^ welche 
ausserhalb stehen, nicht leichtsinnig bekannt gegeben werden 
sollen", und es ist zweifelhaft, ob das Aktenstück, das wir heute 
kennen^ alles enthält.*) 

^) Die zahlreichen Beziehungen, in denen sehr viele Naturphiloeophen 
zu den Griechen standen, verdienen eine besondere Untersuchung; es wird 
sich zeigen, dass das keineswegs ein zufälliges Zusammentreffen war. 

*) Es ist ein Entwurf eines Rundschreibens zur Beitritts- Aufforderung 
(Guhrauer, Jungius. 1850. S. 70) erhalten, der nach Inhalt und Form sehr 
starken Bedenken der Ek;htheit unterliegt; durch Circulare pflegte für die 
Akademien nicht gewirkt zu werden; das Schreiben selbst giebt sich ja auch 
nur als Entwurf, für den die Societat nicht verantwortlich ist. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphiloeophen etc. 135 

Die erste Satzung stellt als Zweck „die Erforschung der 
Wahrheit aus der Vernunft und Erfahrung*' hin oder das Streben 
,^le Künste und Wissenschaften von der Sophistik zu befreien"; 
die Wahrheit soll nach der besten Methode, die die proto- 
noetische ist — daher die Societat auch Societas protonoetica 
heisst — erforscht werden. Jede wissenschaftliche Arbeit gilt 
als Beitrag zu den Arbeiten der Gesellschaft, an der alle teil 
nehmen. Was in der Gesellschaft vorgebracht worden ist, dürfen 
die andern, sofern es nicht in „das Verzeichnis des zu Ver- 
schweigenden'' eingetragen worden ist, bekannt machen. 

Wir kennen einige Mitglieder der Gesellschaft, deren Liste 
bisher nicht bekannt geworden ist, aus dem vertraulichen Brief- 
wechsel des Jungius und wissen, dass z. B. Georg Bussius, 
Leibarzt des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein (des Mit- 
glieds des Palmbaums) „ akroamatisches Mitglied" (collega acroa- 
maticus) — es gab also auch andere Mitglieder — gewesen ist. 
Auoh hier waren die Hansastädte, besonders Lübeck, stark ver- 
treten, z. B. durch Leonhard Elver, Johann Engelbrecht 
und Sebastian Meier, femer waren Mitglieder Johannes Klein 
aus Rostock, Jodocus Stalins, Arzt am Hofe zu Wolfenbüttel 
u. s. w. Auch Stephan Hein wurde Mitglied und ebenso Simon 
Pauli aus Rostock (geb. 1603) i). 

Aus den Schriften des Jungius erhellt, dass er ebenso wie 
die Mitglieder der sog. Alchymisten-Societät zu Nürnberg nähere 
freundschaftliche Beziehungen zu Künstlern, Wcrkleuten und 
Handwerkern unterhielt; er liess sich von ihnen über natur- 
wissenschaftliche Fragen, die deren Erfahrung näher lagen, be- 
lehren und versäumte dann nicht, seine Quelle anzugeben.*) 

Den Freundeskreis des Jungius lernen wir aus einem Brief 
des Joh. Pömer an den Stifter des CoUegium ereuneticum von 
1639 kennen. Pömer, der aus der alten gleichnamigen Nürnberger 
Patrizier -Familie stammt, hielt sich damals in diplomatischen 
Geschäften seiner Vaterstadt in Danzig auf. Von hier aus schreibt 
er u. a.: „unser D. Hein ist noch in Dorpat, aber wie leicht zu 
achten in solcher Condition, dass er sie wohl um eine bessere 



^) Guhrauer, Jungius. S. 238. 

*) Guhrauer, Jungius etc. S. 303. So liest man bei manchen 
Artikeln über Mineralien: „£x relatione Zachariae, alchemistae Lubecensis; 
ex manuscripto illuminatoriB ; relatio artificis etc. 

10* 



136 KeUer, Heft 5 u. 6. 

vertauschen würde"; er bitte um Nachricht, fährt er fort, über 
„unsem David Riccius". „Unser Herr Hartlieb in England 
werde sich freuen, wenn Jungius oder Tassius ihm einmal schreibe ; 
auch Herr Wolzogen^) wundere sich, dass er von Tassius auf 
seinen Brief bisher ohne Antwort geblieben sei % Auch mit Daniel 
Wülfer, den wir bereits als Leiter der Nürnberger „Alchymisten- 
Societät" kennen, stand Jungius in vertraulichem Briefwechsel.^) 

Wir wissen, dass die Freunde in der Begeisterung für 
Valentin Andreaes Schriften sich zusammen fanden und dass ihre 
Ansichten über die nach ihrer Überzeugung notwendige Reform 
der wissenschaftlichen Methode auf Baco beruhten. 

Leibniz hegte in späteren Lebensjahren den Plan, eine 
Sammlung imgedruckter Schriften des Galilei, Campanella, Pascal 
und Jungius herauszugeben und in der Begründung spricht er 
das merkwürdige Urteil aus, dass er den Joachim Jungius 
keinem dieser Männer nachsetze^). Dieses Urteil ist dann 
später durch keinen geringeren als Goethe bestätigt worden^). 

^) In den Opera Leibnitü V, 352 findet sich folgende Stelle: Invectus 
est (Labadie) in librum Collegae sui (saltem consodalis) Lud. Wolzogenii 
elegantem admodum et eruditum. (Aus einem Briefe vom 7. April 1671.) 
Man beachte, was wir über den Ausdruck Collega wissen. 

^) Der Brief ist voUständig abgedruckt bei Av^-Lallemant, Brief- 
wechsel des Jungius, Lübeck 1863 S. 210 ff. 

^) Wir lernen aus den Jungius'schen Disputationen einige Namen 
seiner Schüler kennen, die hier eine Stelle finden mögen, da sie zum Teil 
in der späteren Entwicklung der Societäten eine Rolle spielen; es weiilen 
genannt: Barth. Beyer aus Hamburg, Woldek Weland aus Verden, Joh. 
Thomaeus, Jak. Schertling, Joachim Hagmeier, Beinh. Blomius, Job. Seide- 
ner, Jak. Haasius, sämtlich aus Hamburg, Heinrich Weghorst aus Holstein, 
Christ. Schelhammer aus Hamburg, Christ. Schwarz, Nie. Bopers, Erich 
Woerdenhoff, Vinc. Garmers aus Hamburg, Joh. Hokius, Friedr. Ploenniss, 
Beruh. Varenius aus Uelzen, Casp. Westermann, Martin Vogel aus Ham- 
burg. Guhrauer, Jungius S. 312 u. S. 315 ff. — Femer werd^ als Schüler 
genannt Benedikt Bahr aus Eutin, Joh. Blomius, Christ. Buncken, Bud. 
Capellen aus Hamburg, Casp. Danckwerth, Esdras Edzardus aus Ostfries- 
land, Daniel Fischer aus Lübeck, Joh. Garmers, Marq. Gudius aus Rends- 
burg, Pet. Lambecius aus Hamburg, Erich Mauritius, Marc. Meibom, Vinc. 
Placcius, Joh. Poltzius, Joachim Rachel, J. G. Schottelius, Joh. Vagetius, 
Joh. Vorstius aus Wesselburen. 

*) Guhrauer, J. Jungius und sein Zeitalter. 1850. S. 141. 

*) S. Leben und Verdienste des Doctor J. Jungius, Rektor zu Ham- 
burg, von Goethe. Aus Goethes nachgelassenen Papieren abgedruckt bei 
Guhrauer a. O., S. 183 ff. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 137 

Wenn man nicht wüsste, wie ungerecht das Andenken vieler 
dieser Männer bewusst oder unbewusst zurückgedrängt worden 
ist, müsste man sich wundern, dass trotz solcher Urteile das 
heutige Geschlecht nicht einmal den Namen dieses geistvollen 
und verdienten Mannes kennt, den seine Biographen nicht un- 
zutreffend den deutschen Baco genannt haben ^). 

Da das „CoUegium*', das Jungius gestiftet hatte — wir haben 
bereits früher gesehen, welchen Wert er für die Fortpflanzung 
seiner Ideen auf das Vorhandensein einer Organisation legte, die 
deren Träger sein sollte — sich gegenüber Aussenstehenden 
abschloss, so ist es ganz natürlich, dass wir über seine Verfas- 
sung, seine Formen imd Symbole nicht viel erfahren. Um das 
Jahr 1620, wo diese Gesellschaft entstand, war die volle Geheim- 
haltung aller Bräuche und Mitgliederlisten eine in den Zeitver- 
hältnissen liegende Notwendigkeit. Selbst die Akademie des 
Palmbaums hat, wie wir sahen, erst nach dem Abschluss des 
Westfälischen Friedens den Schleier, unter dem sie sich früher 
verbarg, gelüftet, wie denn überhaupt alle Nachrichten, die von 
Mitgliedern der Gesellschaften selbst stammen, erst seit etwa 
1648 auftauchen, wo eine grössere Bewegungsfreiheit auch für 
diese Bestrebungen gesichert war. 



Der heftige Gegensatz, in welchem die damals herrschenden 
Bichtungen zu den Naturphilosophen standen, ist ja bekannt genug 
und kommt in der gleichzeitigen Litteratur des 17. Jahrhunderts 
in zahlreichen Ausbrüchen des Hasses wider die „Alchymisten" 
zum deutlichen Ausdruck. Auffallend ist aber, dass diese Schriften 

*) Leibniz schreibt über Jungius, Opp. omnia Tom VI (Genevae 1768): 
Dederat ipse auctor Jungius mihi proxime ante obitum suum aliquod Phono- 
ramicae rudimentum pro collcgio, quod quondam habuerat, ex schedulis 
suis conceptum, elimandumque postmodum, ut, quid placeret, indicarem .... 
Placebat mihi tunc illud .... Sed illum non diu post viribus tum corporis 
tum animi deficientem occupabat mors, non sine desiderio et luctu 

omnium solide eruditorum Weitere Äusserungen des Leibniz 

über Jungius finden sich an vielen Stellen der Opera. Leibniz nennt ihn 
in Briefen an Freunde „unsern Jungius"; in einem Brief vom Januar 1671 
nennt er ihn den „grossen Jungius" (Magnus J.). Opp. V, 540. Leibniz 
war durch den Baron von Boineburg zuerst mit Jungius' Schriften bekannt 
geworden. 



138 KeUer, Heft 5 u. 6. 

der Gegner von den Oi^anisationen derselben, ihren Formen und 
ihren Mitgliedern durchschnittlich eine sehr geringe Kenntnis be- 
sitzen und daher für uns eigentliche Quellen kaum sein können. 
Hiervon macht, soviel ich sehe, nur eine einzige Schrift eine 
Ausnahme, die aber erst im 18. Jahrhundert durch den Druck 
bekannt geworden ist, nämlich des L.C. Orvius Occulta philoso- 
phia, deren im Jahre 1635 geschriebene Vorrede eine genauere 
Kenntnis verrat. 

Im Jahre 1737 erschien „Gedruckt in der Insul der Zu- 
friedenheit*' aus einem „sehr alten und raren Manuscript den lieb- 
habem der edlen Chimie . . zu Nutz herausgegeben von L. H. J. 
V. H. J. D. des Ludovici Conradi Orvii Occulta Philosophia"^) 
nebst „einer sehr curiösen Nachricht von dem Leben des Auctoris 
und einer Bande Adeptorum". Die „curiöse Nachricht* ' ist in der 
That in mehrfacher Beziehimg von besonderem Interesse. Sie ist 
im Namen der „rechten Artisten" geschrieben und wendet sich sehr 
nachdrücklich gegen die Gesellschaften der „Philosophi", die von 
sich behaupteten, im Besitz der ,p'echten Kunst*' zu sein. Der 
Verfasser — der Name Orvius scheint ein Pseudonym zu sein — 
erklärt, diese Dinge niedergeschrieben zu haben, damit die Nach- 
folger „sich vor dieser Sekte hüten, bei Lust ihrer Seelen Selig- 
keit .... Denn was hilfts den Menschen, wenn er die ganze Welt 
gewänne und litte doch Schaden an seiner Seele. Die Teufel in 
Gestalt der Engel im Licht (nämlich die Adepten) beneiden den 
Armen und Elenden, wenn er etwas findet und wenn es in ihrem 
Vermögen stände, sie corrumpirten die gantze Natur** u. s. w. 

Er behauptet, diese Gesellschaften der „Philosophi**, die 
unter „zweideutigen Bildern und Figuren** die „Erkenntniss der 

^) Der vollständige Titel — ich benutze dfus Exemplar der Hofbib- 
liothek zu Darmstadt — lautet: Ludovici Conradi Orvii Occidta Philosophia 
oder Coelum Sapientum et Vexatio stultorum^ Darinnen ordentlich, deutlich 
und gründlich als noch von keinem geschehen, gezeiget wird, wie man zu 
dem acidösischen solventen und wahren hermetischen Wissenschaft gelangen 
soll. Wobey zugleich eine sehr curiöse Nachricht von dem Leben des 
Auctoris und einer Bande Adeptorum befindlich ist. lezo zum erstenmahl 
aus einem sehr alten und raren Manuscript den Liebhabern der edlen Chimie 
und nicht den einfältigen Spöttern zu Nutz herausgegeben. Von L. H. J. 
V. H. J. D. Gedruckt, in der Insul der Zufriedenheit 1737. 80 S. kl. 8^ 
Nach J. F. Gmelins, Gesch. der Chemie II, 331 ist unter Orvius Ludwig 
Konrad von Berg zu verstehen. 



1895. OomeniiLB und die Akademien der Naturphilosophen etc. 139 

Materie"*) lehren und den Hochmut dieser „Pharisäer** genau zu 
kennen, denn er sei selbst „oft in ihren Versammlungen ge- 
wesen und habe die Ehre gehabt solchen beizuwohnen". 
Er sei aber „um eine geringe und liederliche Ursache, die sie Selb- 
sten als was gemeines unter sich ausüben, von ihnen in den Bann 
gethan worden . . . welches geschehen in der Hass*) Anno 
162 2". „Die Ursache war diese: ich war in Amsterdam auf 
meiner Schwester Hochzeit, wo ich lauter gute Freunde antraf 
und war unter andern auch ein eintziger solcher vermeinter guter 
Freund (ein Mitglied der Gesellschaft) dabei; wie es pfleget zu 
gehen, dass, wenn ich soviel als ein halbes Seidel Wein trunk, 
ich trunken war . . ." In dieser Trunkenheit habe er einiges aus- 
geplaudert, und jener Freund habe ihn dann bei der Gesellschaft 
verklagt, dass er das Mysterium verachtet und die geheimsten 
Sachen entdeckt habe. ,Jch bekam eine Citation, in die öffent- 
liche^) Versammlung zu kommen zu diesen grossen Pharisäern, 
wo sie mir mein Verbrechen mit hohen Worten als ein Crimen 
laesae Majestatis auslegten .... ich wurde ohne alle Gnaden in 
Bann gethan und aus ihrer vermeinten Gesellschaft gestossen". 
„Also siehet ja der Freund, wie es mir bei solchen Heil: Philo- 
sophen ergangen." . , . 

Das war aber nicht die einzige trübe Erfahrung, die Orvius 
mit den „Philosophen" gemacht hatte; schon einmal, natürlich vor 
seiner Ausstossung, hatte er einen schweren Streit mit ihnen ge- 
habt Er hatte nämlich einen Weg gefunden, angeblich durch ein 
Büchlein, um sich Kenntnisse zu verschaffen, die ihm bisher von 
den „Philosophen" vorenthalten worden waren und sich zugleich 
bei einem derselben beklagt, dass er „auf ihre Art um all das 
Seinige gekommen sei", d. h. dass er auf Grund der von jenen 
ihm gegebenen Ratschläge sein Vermögen in Experimenten ver- 

') Die ,,Erkenntniss der Materie" oder der ,,wahren Materie" spielt 
im Sprachgebrauch der Akademien eine grosse Rolle; merkwürdigerweise be- 
raten auch die Mitglieder des Palmbaums in ihren Versammlungen gelegent- 
lich über das Wort „Materie". 

^ So steht in dem Druck; es ist offenbar ein Irrtum, sei es des Ab- 
schreibers, sei es des Setzers, und es hat vielleicht gestanden ,,Jahr des 
Heils". 

•) Die deutsche Ausgabe ist zweifellos eine Übersetzung, die sehr 
mangelhaft ist; hier heisst es offenbar nicht „öffentliche", sondern etwa 
ordentliche Versammlung. 



140 KeUer, Heft 5 u. 6. 

braucht habe, ohne etwas zu erreichen. Darüber wurden, so erzahlt 
er, diese „Magi" grimmig, liessen ihn vorfordern und ward von 
dem Vornehmsten und Höchsten, welcher dasitzet in priesterlichem 
Schmuck also angeredet: „Weil Ihr unsere Liebe, die wir so lange 
zu Euch getragen und dieses ketzerische Buch zu missbrauchen 
Euch unterstanden habt, da wir doch allezeit grosses Mitleiden 
mit Euch gehabt; dass wir nicht sogleich unsere Mysterien haben 
eröffnen können, könnt Ihr uns nicht verdenken, weil wir, wie 
sie alle, die hier zugegen sein, bekennen müssen, dass solche 
Probierjahre uns alle betroffen, welche wir in Geduld aus- 
gehalten ^): weil Ihr aber solche grosse Liebe gemissbraucht habt, 
sollt Ihr gegenwärtige Punkte abschwören" u. s. w. 

Er habe dann auch gelobt, „ihre Freundschaft, Bekannt- 
schaft, Namen, Nester, wo diese güldische Vögel ihren Wohnplatz 
haben, was ich bei ihnen gesehen und gehört" nicht zu verraten. 

Darauf sei er von dem Ort aus, wo dies vorgefallen (es ist 
offenbar Amsterdam gemeint) beinah 46 Meilen Wegs zu Fuss in 
seine Heimat gegangen. Obwohl er durch viele Orter gekommen, 
wo solche „Philosophi" gewohnt, habe er doch keinen mehr mn 
eine „Ritterzehrung" dürfen ansprechen. 

In Mons habe ihm ein Apotheker den Theophrastus 
Paracelsus^) und „Abraham den Juden" zum Abschreiben ge- 
geben. 

Nach allen diesen Erfahrungen „will ich dich gewarnt haben, 
müssig zu gehen aller hochtrabenden Philos:, wie auch ihrer 
Schriften, so sie in Druck gehen lassen, absonderlich ihrer Chi- 
mischen Hochzeit/') wollte sagen Narrheit, und aller dergleichen 
Bücher." 

Nun habe er zwar geschworen, nichts zu entdecken, aber 
weil diese unbarmherzigen und lieblosen Menschen ihn also ver- 
lassen, wolle er die Geheimnisse verraten. Und nun folgen die 
Enthüllungen, die uns hier besonders interessieren. 

„So soll der Artiste wissen und sie daran erkennen, ihre 



*) Orvius hatte die Probejahre also nicht in Geduld ausgehalten. 

') Die Vorliebe für Paracelsus kehrt bei den Naturphilosophen 
überall wieder; auch Andreae huldigte der Weltaneicht des Paracelsus 
(s. Zöckler, Theologie und Naturwiss. I, 562). 

^ Es ist das Buch: Chymißche Hochzeit: Ghristiani Rosencreutz. 
Anno 1459 u. s. w. Strassburg 1(516 (u. später öfter) gemeint. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphiloeophcn etc. 141 

Personen und die Plätze ihres Aufenthalts. Im Haag haben sie 
einen Pallast^ wo sie zu gewissen Zeiten zusammenkommen. In 
Amsterdam^ in Nürnberg, in Hamburg, in Danzig, Mantua, 
Venedig, Erfurt (kommen sie zusammen), wie es ihrem Vorge- 
setzten beliebet und wo er am nächsten sein Haus und Hof hat. 
Es sind sowohl Hohe als Niedrige unter ihnen. Wenn sie reisen, 
gehen sie in sehr schlechter (schlichter) Kleidung . einher, führen 
aber alle zum Zeichen öffentlich eine schwarze Schnur von Seiden 
an ihren Röcken im obersten Knopfloch, welche sie bekommen, 
nachdem ihnen, wie sie sagen und nennen, etliche Elxtases sind 
offenbaret worden, ^) bei Leistung des Juraments und Verfluchung 
verschwiegen zu sein und lieber an einem solchen seidenen Stricke 
sich lassen eru'ürgen, als Gott und ihrem Nächsten zu dienen und 
solchem was zu offenbaren. Sie geben vor, diese seidene Schnur 
käme her von einem ihres Ordens Stifter, welcher soll Christian 
Rose geheissen haben, von welchem sie noch vieles dergleichen 
aufweisen, er soll solchen (nämlich den Strick) als einen Schurz 
um die Lenden getragen haben. Dieses halten sie hoch. Es 
ist aber falsch, dass der Christian Rose soll einer von ihren 
Ordensstiftem gewesen sem, denn vermuthlich haben sie ihren 
Anfang von dem Ritterorden der Johanniter. Wo dieser 
aber die Kunst bekommen, glaube von denen Altvätern. So haben 
auch solche die Creutz-Ritter gehabt. 

Das andere Signum, woran man solche öffentlich erkeimen 
kann, ist dieses, sie sind alle, wenn solche in eine Versammlung 
gehen, mit einem blauen Ordensbande, an welchem ein gül- 
denes Creutz mit einer Rose hanget, gezieret. Dieses tragen sie 
um den Hals und unter dem Rocke, wo man nicht viel von solchem 
zu Gesichte bekommt, als das güldene Creutz, so sie zum Theil 
auf der linken Seiten aushängen. Sie gehen auf den Strassen sehr 
andächtig und devot, leben dabei sehr abgeschieden." 

Die ganze Schrift — auch die hier mitgeteilten Proben 
lassen es erkennen — liefert den deutlichen Beweis, dass der 
Verfasser ein Mensch von grosser geistiger Beschränktheit, Ur- 
teilslosigkeit, Argwohn und Aberglauben gewesen ist. Er verrät 



*) Also bcsassen nicht alle diese Schnur und der Verfasser, der wäh- 
rend der „Probierjahre'* ausgestossen war, hat sie offenbar weder besesöcn, 
noch ihren Sinn gekannt. 



142 KeUer, Heft 5 u. 6. 

bei der Wiedergabe seiner Gedanken^ im Stil wie in der Satz- 
bildung einen sehr grossen Mangel an Bildung, ganz abgesehen 
davon, dass er sich unbeabsichtigt in seinem Charakter blossstellt 
Da er offenbar alles geglaubt hat, was ihm andere, die nicht 
wie er während der „Probierzeif' ausgestossen waren, weiss ge- 
macht haben (dahin gehören einige gänzlich missverstandene Be- 
merkungen über Kennzeichen der „Philosophi'*), so sind alle seine 
Angaben natürlich mit Misstrauen aufzunehmen. Stimmen aber 
die Nachrichten, die er giebt, mit Mitteilungen, die wir aus reineren 
Quellen besitzen, überein, so verdienen sie gerade im Hinblick 
auf die Beschränktheit des Verfassers, die jeden beabsichtig- 
ten Betrug ausschliesst, alle Beachtung; auch finden sich 
einige Einzelheiten in seinen Angaben, die nicht erfunden sein 
können und andere, bei denen zwar die Zuthaten falsch, aber der 
Kern unzweifelhaft richtig ist 

Besonders merkwürdig ist, aus Gründen die hier nur ange- 
deutet, nicht entwickelt werden können i), der Hinweis auf die 
Zusammenhänge der „Philosophen^^ mit den Johannitern 
und dem Deutschen Orden. Wir wollen hier weniger Gewicht 
darauf legen, dass auch Johanniter-Bitter Mitglieder der Akademien 
waren, aber auffallend sind die Anklänge in der Symbolik, die sich 
in beiden Orden finden. Das sechsspitzige weisse Kreuz, das die 
Johanniter auf der Brust trugen, kehrt in den Bildern und Zeichen 
der Societäten vielfach wieder, 2) und das rosenfarbene Kreuz, das 
die Johanniter-Fahnen zierte, ist es nicht merkwürdig verwandt 
mit dem Ordenskleinod, das einige dieser Akademien unzweifel- 
haft getragen haben? 

Es sind im Übrigen genau die Formen, Gebräuche, Zeichen 
und die Verfassung der „Akademien", die von Orvius als Kenn- 
zeichen der „Philosophen" beschrieben werden; kein einziger ab- 
weichender und selbst kaum ein neuer Zug — denn auch das 

^) Über die Zusammenhänge der Deutschhcrm und der Johanniter 
mit Waldensern, Begharden und sonstigen ausserkirchlichen Christen siehe 
Ludw. Keller, Johann v. Staupitz, Leipzig 1888, S. 377 ff. 

*) Man vergl. die oben erwähnte Schrift „Deutscher Ziraber-Swan" etc. 
8. 121; hier liegt auf dem Kreuz ein Adler. Das Wappen der Johanniter 
lag auf rotem Felde, darüber eine Krone ; daraus ging ein Rosenkranz hervor 
und legte sich um den Schild. Also erscheinen auch hier das Kreuz und 
die Rose. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 143 

Schurzfell findet sich in italienischen Akademien i) — tritt uns 
entgegen. Die Geheimhaltung, die Handhabung strenger Disciplin, 
die Probejahre, die Versammlungen, die Hinneigung zu Paracelsus 
und zu Valentin Andreae, das blaue Ordensband, das um den 
Hals getragen wird, die Namen „Kunst" und „Artist" (Kunst- 
liebender), 2) das Kleinod u. s. w. — es sind dieselben Ordnungen, 
die wir bereits kennen. 

Wichtig ist aber die Nachricht, dass es um das Jahr 1620 
solche Gesellschaften bereits im Haag, in Amsterdam, in Nürn- 
berg, Hamburg, Danzig, Erfurt, Mantua und Venedig gab; der 
Umstand, dass sie im Haag einen „Palast" besassen, deutet klar 
darauf hin, dass diese Gesellschaften nicht heute oder gestern 
entstanden waren, sondern bereits eine längere Geschichte besassen. 

Die Thatsache, dass diese Naturphilosophen die Schriften 
Andreaes schätzten, beweist mit nichten, dass dessen Konfession 
der Societät der Rosenkreuzer (1613) oder die Fama Fraternitatis 
(1614) oder auch die Chymische Hochzeit Christian Rosenkreutz 
(1616) den Anlass zur Stiftung jener Gesellschaften gegeben 
hätten; sicher ist nur, was wir auch ohnedies wissen, dass Valentin 
Andreae den Naturphilosophen nahestand und manche Oi'dnungen 
der Akademien kannte — Andreae war lange in Oberitalien — , 
die ja in den romanischen Ländern schon im 16. Jahrhundert und 
früher in grösserer Zahl bestanden. Dass die Vorschläge und 
Anregungen der erwähnten Flugschriften lediglich eine Mummerei 
waren, deren Zweck heute schwer genau festzustellen ist, sollte 



*) S. Vasari, Leben berühmter Künstler etc. in der Lebensbeschrei- 
bung des Joh. Fr. Rustici (Deutsche Ausg. v. Förster 1847 V, S. 77 ff). — 
Die Anspielung auf die Thätigkeit des Bauens, die in diesem Zeichen liegt, 
tritt auch in der Litteratur, die aus diesen Kreisen stammt, nicht selten 
hervor. M. Stephan Grunius schreibt in seiner Schrift Propugnaculum 
Vormatiae: Die veste Burg der Stadt Wormbs, auf den Ekikstein Jesum 
Christum gegründet etc. (1620), seine Absicht sei, eine „geistliche Burg 
und Festung aufzurichten" nach der Richtschnur von Psalm 19, denn 
Bischöfe und Lehrer seien nach Psalm 118 dazu berufen „geistliche Bau- 
leute zu sein" etc. In den Schriften des Nollius wird diese „geistliche 
Burg" auch die „Burg der Weisheit" genannt; es ist ein anderer Ausdruck 
für den „Tempel der Weisheit", das „Haus Salomonis" u. s. w. 

^ Comenius nennt in seinem „Weckruf" dasjenige, was hier die 
„Kunst" heisst, den „Weg des Lichtes" (Via lucis) oder auch den „König- 
lichen Weg". 



144 Keller, Heft 5 u. 6. 

doch allen denen nicht mehr zweifelhaft sein, die die Geschichte 
des Bundes einigermassen kenueD. Hier wie sonst kann die Ab- 
sicht mituntergelaufen sein, diejenigen irre zu leiten, die den 
Gesellschaften als Feinde gegenüberstanden und den Freunden 
einige heilsame Lehren und Warnungen zu geben und zugleich 
eine öffentliche Erörterung herbeizuführen, von der man sich 
Nutzen versprach.^) 

Wie dem aber auch sei, so gab das Erscheinen jener Schriften, 
die bekanntlich ungeheueres Aufsehen machten, zum Aufkommen 
eines neuen Namens für die Naturphilosophen Veranlassung, der 
bald den gehässigen Beigeschmack eines Sektennamens annahm 
und in der Art, wie er gebraucht ward, mehr dazu diente, die 
wahre Geschichte der Societäten zu verdunkeln, als sie aufzu- 
hellen. Die Societäten, deren keine sich yjlosenkreuzer*^ nannte, 
wiesen diese Bezeichnung und die ihr anhaftenden Merkmale 
alchymistischer Schwärmerei imd theosophischer Mystik ent- 
schieden zm*ück und suchte den gleichzeitig aufkommenden Ver- 
dacht ketzerischer Anschauungen von sich abzulenken. So hat 
dieser Name ebenso wie alle Sektennamen ähnlicher Art — ich 
erinnere an den Sektennamen „Wiedertäufer**, den ebenfalls nie 
eine Gemeinschaft von sich selbst gebraucht hat — zur Ver- 
bittening der Gemüter und zur Verdunkelung der geschichtlichen 
Thatsachen sehr wesentlich beigetragen. 

Wir würden in die Zusammenhänge einen klareren Einblick 
gewinnen, wenn in der Schmähschrift des Orvius auch einige 
Namen von Mitgliedern genannt worden wären; aber gerade in 
dieser Beziehung hat der Verfasser das von ihm abgelegte Ver- 
sprechen der Verschwiegenheit gehalten. 



Bei den Schwierigkeiten, die der Gründung jeder neuen Aka- 
demie im Wege standen, gelang es in der Regel nur wirklich hervor- 
ragenden Männern, eine Schöpfung von längerer Dauer zu stände 



*) In der „Fama fraternitatis des löblichen Ordens R. C." (1614) heisst 
es von einigen Schriften des Paracelsus, dasa ihnen die Absicht zu Grunde 
liege, „mehr der Fürwitzigen zu spotten, als sie ganz sehen zu 
lassen". Es kann kein Zweifel sein, dass dem Verfasser der „Fama" die 
gleiche Absicht vorschwebte. Dass die Schrift aus den Kreisen der ,,Akade- 
niien" stammt und deren Zwecken dienen sollte, ist freilich ebenso sicher. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 145 

zu bringen, und es darf nicht Wunder nehmen, dass vielfache 
Nachrichten über Versuche zu Neugründungen auftauchen, die 
schliesslich ohne Erfolg blieben. Bei dem Bedürfnis, eine gewisse 
Gleichartigkeit der Akademien herzustellen, war es sehr wichtig, 
dass in den oben erwähnten Schriften Valentin Andreaes gewisse 
Grundzüge der Verfassung wie der Ziele für die Eingeweihten 
festgelegt und gegeben waren. An der Hand dieser Winke konnte 
dann in vielen Städten und Ländern der Versuch einer Neugrün- 
dung auch von minder hervorragenden Brüdern gewagt werden 
und die Geschichte zweier zeitgenössischer Gelehrten H. NoUius 
und J. Moersius Uefert lehrreiche Beispiele in dieser Richtimg. 

Heinrich Nollius^) war zu Ziegenhain um 1590 geboren, 
besuchte die Universität Marburg (1609) und war im Jahre 1616 
Lehrer am Gymnasium zu Burgsteinfurt Von hier entlassen, ging 
er nach Giessen, wo er Freunde und Gesinnungsgenossen fand. 
Unter dem 12. Februar 1623 erliess Landgraf Ludwig V. von 
Hessen-Darmstadt eine Verordnung, durch welche die Verhaftung 
der Dr. Nollius und Mag. Homagius befohlen ward, weil sie nebst 
dem Univ. -Buchdrucker Chemlius, dem Univ. -Buchbinder u. a. 
heimlich und bei Nacht Versammlungen gehalten hätten,*) und weil 
sie Schwärmer seien, die der augsburgischen Konfession gefähr- 
lich werden könnten. Als Verdächtige und Genossen des Nollius 



*) Nollius ist deshalb beachtenswert, weil er sich in seinen zahlreichen 
Schriften offener und unumwundener ausspricht, als viele seiner vorsich- 
tigeren Gesinnungsgenossen. Die genauesten Nachrichten über ihn und seine 
Schriften giebt Hochhuth in Niedners Zts. f. d. hist. Theol. 1863 S. 192 ff. 
Nollius erklärt, drei Wege seien es, welche die Menschen zum Quell der 
göttlichen Weisheit führen, sieben Wege, die ihn das Innere der Natur er- 
kennen lassen. Nicht die Scholastiker seien die rechten Wegweiser, in der 
h. Schrift liege der höchste Schatz der Weisheit verborgen. Paracelsus 
habe in der Philosophie mehr geleistet, als der ganze Schwärm der Aristote- 
liker. Drei Mittel der Erkenntnis giebt es: 1. die h. Schrift, 2. die Welt 
(der Makrokosmus), 3. das Menschenherz (der Mikrokosmus), d. h. das innere 
Licht, das aber nur dann erleuchtet, wenn Gelassenheit und Gottesfurcht 
im Herzen wohnen. 

') Moersius an Jungius 1643 Aug. 26 (Guhrauer, J. Jungius 1850 
S. 234): Nollius beatac recordationis fraternitatem aliquam ad restitutionem 
Henneticae medicinae ac philosophiae sub nomine Fratemitatis Rotae cae- 
lestis engere moliebatur, cujus leges apud me sunt, quas puto Excell. Tuam 
et Optimum Dn. Tassium nostrum vidisse, sed morte praeventus, operi colo- 
phonem imponere non valuit. 



146 KeUer, Heft 5 u. 6. 

werden Dr. S. Stephani, Dr. Nebelkrae, Professoren der Rechte, 
u. a. bezeichnet. Es folgte eine langwierige Inquisition wegen 
Ketzerei, die für alle Beteiligten Ndel Unangenehmes mit sich 
brachte, deren Ausgang wir nicht kennen.^) 

Merkwürdiger noch als die Schicksale des Nollius sind die 
seines Freundes Joachim Mörsius, der im Jahre 1593 als Sohn 
eines Goldschmiedes 2) in Hamburg geboren war. Er studierte 
in Rostock Theologie und trieb humanistische und naturphiloso- 
phische Studien und übernahm 1615 die Verwaltung der dortigen 
Üniversitäts-Bibliothek. Er machte dann grosse Reisen in den 
Niederlanden, nach London, Oxford, Cambridge, nach Frankreich, 
ja durch ganz Eiu*opa und bis nach Afrika. Er galt als ausge- 
zeichneter lateinischer Dichter und stand mit den ersten Gelehrten 
seines Zeitalters in Beziehung: Janus Gruter, den wir schon ken- 
nen,^) der Engländer John Aven, der holländische Dichter Caspar 
Barläus, Daniel Heinsius, Aug. Buchner u. a. verherrlichten ihn 
in eignen Oden, und auch bei Herzog August von Wolfenbüttel 
und bei dem Landgrafen Moritz von Hessen war er angesehen. 

Aber alle diese Beziehungen schützten ihn nicht, als er in 
den Verdacht mangelnder Rechtgläubigkeit geraten war. Zuerst 
ward er Jahre 1629 unter der Anklage der Verschwendung zu 
Hamburg verhaftet, aber freigesprochen. Im Jahre 1633 erfolgte 
eine Anzeige gegen ihn beim Rate von Lübeck wegen „Schwär- 
merei" und Verbreitung „fanatischer Bücher**; im Jahre 1636 liess 
ihn der Rat zu Hamburg in den Pesthof sperren, wo er einige 
Jahre unschädlich gemacht wurde, bis es den Bemühungen seiner 
Freunde im Jahre 1640 gelang, ihn zu befreien; er starb einige 
Zeit später eines plötzlichen Todes.*) In betreff seiner religiösen 
Anschauungen wissen wir, dass er wie alle seine Freunde den 
altchristlichen Überzeugungen nahe stand, wie sie in den Lehren 
Taulers und Eckharts enthalten waren; dass sich die Mitglieder 
des Bundes eben durch die Übereinstimmung in der religiösen 
Frage verbunden fühlten, beweist der Schluss des gleich zu be- 

') Der Artikel über N. in der A. D. B. XXIII, 759 ist ungenügend. 

*) Es verdient Beachtung, dass viele „Naturphilosophen" die Söhne 
angesehener Handwerker waren, also zu Gilden und Zünften in einem über- 
lieferten Verhältnis standen. 

») M.H. der CG. 1895 S. 21. 

*) S. den Artikel in der A. D. B. 



1895. Oomenius und die Akademien der NaturphiloBophen etc. 147 

sprechenden Briefes, worin es heisst: Salvete iterum plus millies 
veteris fidei amiculi non immemores. In seinen Schriften nannte 
er sich Anastasius Philareta Cosmopolita. 

In Sachen der damals im Schwange gehenden Gründungen 
neuer Akademien imd Gesellschaften hat nun Mörsius am 26. August 
1643 aus Schleswig einen merkwürdigen Brief an seinen Freund 
Joachim Jungius geschrieben, i) Als er im Jahre 1629 zu Calw 
bei Valentin Andreae gewesen sei, erzählt er, habe ihm dieser 
je 12 Exemplare seiner Traktate Dextra amoris porrecta und 
Imago societatis evangelicae 2) geschenkt und Mörsius habe diese 
an folgende Herren weiter gegeben: 1. An Herzog August von 
Braunschweig, der über diese Schriften mit M. Berne^er später 
viele Briefe gewechselt habe; 2. an den Landgrafen Moritz von 
Hessen, der beide Schriften ins Deutsche übersetzt habe, um sie 
in Frankfurt herauszugeben, was Mörsius widerraten habe; 3. an 
den Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein, der sich gegenüber 
Herrn Joh. Adolph Hoyer in Schleswig zur Förderung eines 
solchen Kollegiums, wie Andreae es schildere, bereit erklärt habe; 
4. an den Herzog Ludwig von Anhalt, den Gründer der „frucht- 
baren Gesellschaft" durch Vermittlung seines Leibarztes Dr. Stock- 
mar; 5. an den dänischen Rat Öliger Rosenkranz, der in einem 
handschriftlich vorhandenen Buch seine hohe Meinung von dem 
Unternehmen kund gegeben habe; 6. an den schwedischen Ge- 
sandten Johannes Sylvius für seinen König und den Reichskanzler; 
7. an Heinrich von Qualen; 8. an Laurentius Grammendorf, 
Advocatus Berolinensis Aulae, einen sehr erfahrenen Manu in der 
Theologie, der Mystik, der Medizin und der Philosophie; 9. an 
Wendelin Sybilista, Arzt des Kaisers aller Reussen in Moskau; 
10. an Johannes Merian^), Patrizier zu Nürnberg und „püssimus 
chemicus"; 11. an Poemer, der den Nachruf an Schwender ver- 
fasste; 12. an M. Brasch, Pastor in Lüneburg. Durch diese 

^) Der Brief ist vollständig abgedruckt bei Guhrauer, Joachim 
Jungius, Stutt. u. Tüb. 1850 S. 232 ff. und bei Avö-Lallement, Brief- 
wechsel des Jungius S. 342 ff. 

*) Gemeint sind die im Jahre 1620 geschriebenen Schriften Christianae 
Societatis idea und Christiani amoris dextera porrecta, die die Grundlinien 
für die Schaffung solcher Gesellschaften enthalten. 

*) Ein Verwandter des Matthius Merian, welch' letzteren auch Oome- 
nius kannte (Patera, Briefwechsel des Oomenius. Prag 1892 S. 130). 



148 KeUer, Heft 5 u. 6. 

Männer seien Abschriften an andere Personen gelangt, ohne dass 
sie gewusst hätten, woher diese Traktate stammten. Die meisten 
hätten den Wunsch gehabt, dass nach den darin enthaltenen An- 
weisungen eine „christliche Brüderschaft" organisiert werde und er 
(Mörsius) werde es fjtnr eine sondere Glückseligkeit schätzen", wenn 
er unter den „Peregrinatores" oder „Observatores antiquitatis" oder 
„Observatores Naturae" oder den „Ministri" dieses CoUegiums auch 
nur den letzten Platz erlange. Er hoffe, „dass (wie es in den 
Weissagungen des Osorius heisse) in der alternden Welt eine Ge- 
sellschaft mit neuem und sonst ungebräuchlichem Namen 
geboren werde, die die aufgeblähten Magister zum Schweigen 
bringe und nach deren Emporsteigen wie nach der Sonne Auf- 
gang alle anderen Genossenschaften und Vereinigungen wie kleine 
Lichter, die mit erborgtem Lichte leuchten, den Augen der Men- 
schen entzogen werden.** 

Es war kein Wunder, dass solche überschwengliche Hoff- 
nungen nicht in Erfüllung gingen: auch Valentin Andreaes An- 
sehen und Begabung reichte nicht hin, um eine Gesellschaft zu 
begründen, die das Ansehn aller übrigen Societäten und Ver- 
einigungen, also auch das der Kirchen und der Staaten, über- 
strahlte. Merkwürdig aber ist, wie diese Wünsche an Gedanken 
imd Pläne des Comenius anklingen und erinnern. 

Wenn man die obige Liste überblickt, so tritt demjenigen, 
der die genannten Personen und ihre Stellung einigermassen 
kennt, sofort die Thatsache entgegen, dass sie alle einen Zug 
geistiger Verwandtschaft zeigen, teilweise auch unter einander 
verbunden waren. Die Verwandtschaft tritt unter anderem in 
einer sehr entschiedenen Religiosität zu Tage, die bei einzelnen 
mehr oder weniger kirchlich gefärbt, aber bei keinem konfessionell 
ausgeprägt und gerichtet war und die sich bei allen mit einer 
für ihr Jahrhundert ungewöhnlichen Toleranz gegen Anders- 
gläubige verband; das Band, welches die Mehrzahl umschlang, 
war die Zugehörigkeit zur „fnichtbringenden Gesellschaft" oder 
den dieser nachgebildeten Societäten, denen Herzog August von 
Braunschweig (1579 — 1660) ebenso wie Andreae, Landgraf Moritz 
ebenso wie Herzog Ludwig von Anhalt angehörten. Herzog 
Friedrich von Schleswig-Holstein (1597 — 1659) ist derselbe, der 
den aus Holland vertriebenen Remonstranten und Taufgesinnten 
in seinem Lande Aufnahme gewährte und dadurch gegenüber den 



1895. ComeniuB und die Akademien der NaturphiloBophen etc. 149 

bestehenden Reichsgesetzen, die diese Religion durchaus verboten, 
einen Beweis von ungewöhnlicher Selbständigkeit lieferte. Der 
schwedische Gesandte, Joh. Sylvius^ war ein Bekannter des Come- 
nius,*) und Bemegger gehörte, wie wir wissen^ zu dem Kreise, 
der sich in der sog. Tannengesellschaft zu Strassburg zusammen- 
gefunden hatte. 2) Joh. Ad. Hoyer ist sehr wahrscheinlich ein 
Verwandter des Hermann Hoyer aus Eiderstedt, des Gemahls der 
Anna Ovena Hoyer, geb. 1599, die durch ihre Dichtungen wie 
durch ihre Hinneigung zu Schwenkfeld bekannt geworden ist. 

Auch alle übrigen Namen, die Mörsius in diesem Briefe 
nennt — Tassius, Heinius, Georg Bussius, Leonh. Elver, Henning 
Petersen u. a. — , weisen auf enge Beziehungen zu den Akade- 
mien hin und die Bemerkung, dass D. Heinius in Dorpat dorthin 
für eine Professur der Medizin „einen Collega Arndianus und 
in der Chemie nicht ganz unerfahren Mann'' vorgeschlagen zu 
sehen wünsche, beweist, dass Mörsius selbst „Collega'^ war. ') Aber 
ähnlich wie Comenius und Hartlieb wünschten diese Männer, dass 
eine höhere Oi^nisation unter neuem Namen zu stände komme, 
die sich freilich der Natur der Sache nach auf den bisherigen 
Gesellschaften aufbauen musste. 

Einen unmittelbaren Hinweis auf die Kreise, in denen mit 
grösseren Mitteln und von grösseren Gesichtspunkten aus ver- 
wandte Pläne verfolgt wurden, giebt der Schluss des Briefs, worin 
Mörsius den Jungius bittet, „bei den Herrn Duraeus und 
Hartlieb und den übrigen Britten seiner im Bessten ein- 
gedenk zu sein." 



Landgraf Ludwig V. von Hessen -Darmstadt (1577 — 1626), 
der, wie wir sahen, die Naturphilosophen in Giessen unter der 



^) S. den Brief des Comenius an Jungius d. d. Norkoping 4. Sept. 
1642 bei Guhrauer a. O. S. 264. 

^ S. Schultz, Sprachgesellschaften S. 87, wo ihn ein Mitglied der 
Tannengesellschaft „unser aller treuer Doktor nennt". 

') Die Art, wie Möraius die Bezeichnung „noster'' von Männern 
braucht, (z. B. von Heinius und Tassius), deren Zugehörigkeit zu der Brüder- 
schaft ander^'eit bekannt ist, zwingt zu dem Schluss, dass es üblich war, 
in vertraulichen Briefen die Mitglieder in dieser Weise zu kennzeichnen, und 
zwar wird dadurch offenbar eine besondeiis enge Zusammengehörigkeit b^ 
zeichnet. Vgl. hierzu M.H. der CO. 1895 S. 17 Anm. 1. 

Monatshefte der Comenius-Qesellschaf t. 1895. ^ ]^ 



150 Keller, Heft 5 u. 6. 

Anklage der Ketzerei vor ein InquisitioDSgericht stellen liess^ ist 
durch seine Anhänglichkeit an die katholische Liga und durch 
seine Kämpfe gegen die reformierten Mächte — der Landgraf 
war Lutheraner — bekannt geworden. Aber die Auffassung, dass 
die Naturphilosophen Ketzer oder der Ketzerei verdächtig seien, die 
Ludwig damit zum Ausdruck brachte, war sowohl in den römisch- 
katholischen, wie in den lutherischen Ländern ziemlich allgemein 
und die Kämpfe, die dort gegen die Akademien und gegen die 
Akademiker geführt wurden, waren nur dem Grade nach ver- 
schieden: minder bedeutende oder unbekannte Männer wurden 
mit schweren Freiheits- oder auch Leibesstrafen, angesehenere 
Gelehrte mit Beeinträchtigungen, Zurücksetzimgen oder mit Ver- 
dächtigungen aller Art bekämpft ; man braucht sich, um in letzterer 
Beziehung Beispiele zu finden, ja nur an die Schicksale Andreaes, 
Berne^ers, Rists und vieler anderer von uns genannten Männer 
zu erinnern. 

Im Jahre 1623 liess der Magistrat der katholischen Stadt 
Mecheln, der hierin nur der Vollstrecker eines mächtigeren Willens 
war, einen gewissen Adam Haselmaker zur Galeerenstrafe aus 
keinem anderen Grunde verurteilen, weil dieser angeblich der 
Sekte der „Rosenkreuzer'* angehörte.^) Im Jahre 1630 liess die- 
selbe Stadt dem berühmten Chemiker Jean Baptist von Helmont 
(f 1644)*) unter der Anklage den Prozess machen, dass er 
Alchymist und Rosenkreuzer sei. 

Der seit 1615 aufkommende Sekten-Name „Rosenkreuzer'' 
und die sich daran anschliessenden religiösen Kämpfe gaben in 
den Ländern, wo der Einfluss des Klerus gross war, den Ver- 
folgungen einen neuen Anstoss und eine neue Unterlage. Die 
Ketzergesetze waren keineswegs aufgegeben und sobald es möglich 
war, philosophische oder religiöse Gegner mit diesen Gesetzen 
zu treffen, war eine sehr gefährliche Waffe gegen diejenigen ge- 
funden, die sich mit oder ohne Grund in den Verdacht der 
Ketzerei gebracht hatten. 

Indessen würde man irren, wenn man annehmen wollte, dass 
die Societäten und Fraternitäten, für welche seit der angegebenen 



^) Garessc, La doctrine curicuse 1623 soll hierüber nähere Nach 
ribhten enthalten. 

'j Über Helmont s. Hirsch, Gresch. der Medizin, Lpz. 1893 S. 94. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 151 

Zeit der neue Ketzemame Anwendung zu finden pflegte, vorher 
unangefochten bestanden hätten. Freilich ist es sehr erklärlich, 
wenn aus den Akten hierüber bisher nicht viele Nachrichten 
bekannt geworden sind : in katholischen oder lutherischen Ländern 
war der Boden für ihre Bestrebungen im Allgemeinen zu wenig 
günstig als dass die Schaffung grösserer Organisationen hätte 
gelingen können und mit Sorgfalt wurde seitens der Brüder, die 
in solchen Ländern lebten, das Geheimnis gewahrt In vorwiegend 
reformierten Ländern dagegen, wie am Niederrhein, wo eine 
schwache Regierung ernstliche Hindemisse nicht bereiten konnte, 
fanden sie leichter Gelegenheit, sich auszubreiten und feste Ver- 
bände zu bilden. Wir haben schon oben (S. 18) darauf hin- 
gewiesen, dass eine Reihe der frühesten Mitglieder des Palmen- 
ordens seit 1610 an den Jülich -cle vischen Kämpfen thätigen 
Anteil genommen hat und dass es nach der Angabe von Hilles 
„Teutschem Palmbaum" auch eine „Gesellschaft des Schwans", 
die der Akademie des Palmbaums verwandt war, in den clevischen 
Landen gab (s. oben S. 85 Anm. 1). 

Unter diesen Umständen ist es von Wichtigkeit, dass in 
den Verhandlungen, die im Jahre 1614, einige Zeit nach dem 
Übertritt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von der lutherischen 
zur katholischen Kirche über die Religions- Verhältnisse in Jülich- 
Cleve stattfanden, auch die „Societates seu fratemitates" auf- 
tauchen. 

Es handelte sich im Jahre 1614 um die Stellungnahme des 
Pfalzgrafen zu dem Revers vom 11./21. Juli 1609, in welchem 
der damals protestantische Fürst seinen neuen Unterthanen am 
Niederrhein die Gewährung der Religionsfreiheit versprochen hatte. 
Es wurden damals dem Pfalzgrafen zwei oder mehr Entwürfe 
einer Deklaration des Reverses von seinen Beauftragten vorgelegt. 
Eine derartige Deklaration („Declaratio Reversalium" nennt sie 
sich) wurde nun bei Gelegenheit der Ausgleichsverhandlungen, die 
unter Vermittelung einiger benachbarter Mächte im November 
1614 zwischen Brandenburg und Neuburg zu Xanten stattfanden, 
vom PfaLsgrafen den anwesenden Deputierten unterbreitet Sie 
gedenkt in sehr charakteristischer Weise in Artikel 4 der Gesell- 
schaft Jesu, die nach der Absicht des Entwurfs in Emmerich 
(sie bestand seit 1609 in den jülich-bergischen Landen nicht mehr) 
ein CoUegium erhalten soll, und sodann im fünften Artikel der 

11» 



152 KeUer, Heft 5 u. 6. 

„Societateß seu fratemitates", die in diesen Landern ohne Auto- 
risierung der Obrigkeit existierten und höchst verderblich seien; 
sie sollen, so verlangt es der Entwurf, bei Leibes- und Lebens- 
strafe verboten werden. Diese Leute, heisst es, geben sich den 
Anschein ernster Frömmigkeit — man erinnere sich der bezüg- 
lichen Schilderung des Orvius vom Jahre 1622 — und führen in 
Sachen des Lebens und der Sitte Aufsicht über ihre Mitglieder 
und sind gegründet, um die Laien zu Aufruhr und Em- 
pörung aufzustiften.^) 

Diese Charakteristik ^) und die bekannte Verdächtigung, die 
die Polizeigewalt gegen die Brüder in Bewegung zu setzen be- 
zweckte, passen genau auf die bisher von uns geschUderten 
Akademien, die von dem soeben bekehrten Wol%ang Wilhelm 
' mit Leibesstrafen verfolgt werden sollten, während die Väter der 
Gesellschaft Jesu nach der Absicht dieses Entwurfs eine rechtlich 
gesicherte Existenz erhielten. 

Die Pläne, die die neuburgische Regierung damals hegte, 
scheiterten an dem Widerspruch, den sie bei den in Xanten ver- 
tretenen Mächten fanden; vielmehr nahmen die „Gesellschaften** 
seit jenen Jahren, wie wir sahen, in ganz Deutschland einen neuen 
und mächtigen Aufschwung. 

Es ist zweifelhaft, ob alle die Männer, gegen welche in 
Mecheln, Hamburg, Lübeck, Giessen u. s. w. die alten Ketzer- 
gesetzc zur Anwendung gebracht wurden, im Sinn dieser Gesetze 



*) Der Entwurf findet sich in den Akten des Geh. Staats-Archivs zu 
Berlin Rep. 34 nr, 157b und ist abgedruckt bei Ludw. Keller, Urkunden 
und Akten zur Gesch. der Gegenreformation in Westfalen und am Nieder- 
rhein. Leipzig. S. Hirzel 1895, Bd. III. Nr. 175 a. Das Aktenstück trägt 
die Überschrift „Declaratio Reversalium in puncto Religionis sive ultimi 
postulati". Der hier in Rede stehende Artikel 5 lautet wörtlich: „Pemi- 
ciosae quoque et ad excitandas turbas et seditiones Laicorum institutae 
Societates seu fraternitates, in quibus sub praetextu vel specie 
pietatis de cujusque vita et moribus absque autoritate Magistratus inquiri 
solet admodum licentiose, omnino adeoque sub capitali poena prohibitae 
interdictaeque sint." 

*) Die Notiz über die Disziplin wird wahrscheinlich ebenso schief 
sein, wie die ganze Charakteristik; da^s indessen wirklich Disziplin auch in 
den Sociotäten geübt ward, bestätigt Barthold (a. O. S. 115), der darauf 
hinweist, dass in „I^a noble Academie des Loyales" „eine Art Sittenpolizei" 
stattfand ; es war im wesentlichen die Disziplin, wie sie jede festgeschloesene 
Gesellschaft übt und üben muss. 



1895. ComeDius und die Akademien der Naturphiloeophen etc. 153 

Ketzer waren; jedenfalls aber wissen wir, dass die Naturphilo- 
sophen ebenso wie die böhmischen Brüder darin mit den älteren 
„Ketzern" übereinstimmten^ dass sie dem Christentum und über- 
haupt jeder Religion^ die durch Strafgesetze erzwungen war, allen 
Wert absprachen. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gehörte 
in der Religion wie in der Erziehung zu ihren wesentlichsten 
Gedanken, und ich finde oft gerade bei diesen Natiuphilosophen 
des 17. Jahrhunderts den lebhaften Ausdruck des Unwillens, dass 
der Staat sich zum Büttel der einen Konfession wider die andere 
mache und indem er sich zum Werkzeug der einen Konfession 
erniedrige, den leidenschaftlichen Hass und die Verachtung der 
andern wachrufe, das gesamte religiöse Leben den Heuchlern aus- 
liefere imd jede echte Frömmigkeit vergifte. 



Es würde uns viel zu weit fähren, wenn wir hier in eine 
nähere Untersuchung über die ausserdeutschen Akademien^) 
im Allgemeinen eintreten wollten. Aber eine dieser ausserdeut- 
schen Akademien, die „englische Societät^' ist doch in Folge ihrer 
engen Beziehungen zu den deutschen Brüdern für das Ver- 
ständnis der ganzen Bewegung von zu grosser Bedeutung, als dass 
sie hier übergangen werden könnte, und gerade mit dieser Aka- 
demie hat Comenius in nächster Verbindung gestanden. 

Am 3. November 1640 waren zu London die Sitzungen des 
yjjangen Parlaments" eröffnet worden, und die Erfolge, welche 
dessen grosse Wortführer, Cromwell, Pym, Hampden u. a. er- 
zielten, weckten in weiten Volkskreisen die Hoffnung auf bessere 
und glücklichere Zeiten. In London hatten sich imter dem Druck 
der katholischen Reaktion seit der Schlacht am Weissen Berge 
(1620) manche Glaubensflüchtlinge, besonders verfolgte B^formierte 
und böhmische Brüder zusammengefunden, darunter auch Samuel 
Hartlieb aus Elbing, der Freund und Verehrer des Comenius, 
der dessen Grundgedanken, besonders die Idee der Vereinigung 
aller Evangelischen und die Forderung der Gewissensfreiheit, 



^) Über die Akademien in Italieni Spanien, Frankreich, England u. b. w. 
ist manches bekannt geworden; dass auch in Dänemark wenigstens Ansätze 
vorhanden waren, ist, soviel ich sehe, neu. Candorin berichtet in seinem 
„Zimber-Swan" 1667 S. 105, dass es eine dänische „fruchtbringende Gesell- 
schaft^' gegeben habe; sie habe aber keinen rechten Fortgang gehabt. 



154 Keller, Heft 5 iL 6. 

vertrat und teilte. Angeregt durch die Begeisterung jener Tage 
verfasste Hartlieb mehrere Schriften über die Ziele, die ihm vor- 
schwebten, darunter eine solche mit dem Titel: Eine kurze Be- 
schreibung des berühmten Königreichs Macaria u. s. w. (1641).*) 
Die merkwürdige kleine Schrift war „dem hohen und ruhmvoUen 
Parlamentshof^ gewidmet, von dem Hartlieb, wie er sagt, hoffte, 
dass er den Grundstein des Glücks der Welt legen werde. Es 
war der Gedanke einer grossen socialen und wissenschaft- 
lichen Keform, der ihm vorschwebte. Aber Hartlieb wollte die 
Arbeit an dieser grossen Au%abe nicht den Männern der Politik 
allein überlassen; er war der Ansicht, dass alle Freunde seiner 
Weltanschauung hierbei mitwirken müssten, und er setzte es durch, 
dass Comenius, den er ziu- Mitarbeit besonders befähigt hielt, einen 
Ruf nach England erhielt, dem er auch noch im Jahre 1641 Folge 
leistete. 

Hier in London verfasste nun Comenius im selben Jahre 
eine Schrift unter dem Titel: „Weg des Lichtes" (Via lucis)*) und 
machte in deren XVin. Kapitel als einen Weg, um das „Licht" 
unter allen Völkern zu verbreiten, den Vorschlag dass eine höhere 
und einheitliche Organisation der in vielen Ländern vor- 
handenen Akademien unter neuem Namen versucht werden 
solle, und dass die englischen Brüder sich au die Spitze dieses 
grossen Unternehmens stellen möchten.^) 



*) Die erste Schrift trug den Titel: A brief relation of that, which 
has beeD lately attempted to procure ecclesiafitical peace amoDg protestants 
(London 1641); die zweite hiess: A brief description of the famous Kingdom 
of Macaria etc. (London 1641). — Über die Schrift, in der Hartlieb für die 
Gewissensfreiheit gegen die Intoleranz der Presbyterianer auftrat s. Fried r. 
Alt haus, Sam. Hartlieb im Hist. Taschenbuch 1884, S. 221. Wie sehr 
musste er sich gerade hierin mit den böhmischen Brüdern begegnen, für 
deren Schicksale er ohnedies eine rege Teilnahme zeigt (s. Althaus, Hart- 
heb a. a. O. S. 265). 

^) Via lucis, vestigata et vestiganda, h. e. Bationabilis disquisitio, 
quibus modis intellectuaUs animorum lux, sapientia, per omnes omnium 
hominum mentes et gentes jam tandem sub mundi vesperam felidter spargi 
poesit. Libellus ante annos viginti sex in Angha scriptus, nunc demum 
typis exscriptus et in Angliam remissus. Anno Salutis MDCLXVIII 
Amsterodami apud Christ. Conradum Typographum Anno 1668. 

") Über Hartlieb s. Henry Dircks, A biographical memoir of S. H. 
London 1865 und Fr. Althaus, S. H., Ein deutsch-engl. Charakterbild im 
Hist. Taschenbuch 1884, S. 191 ff. 



1895. Oomenius und die Akademien der NaturphiloBophen etc. 155 

^lle die Kollegien, Genossenschaften und Brüderschaften", 
sagt er, „die bisher heimlich und öffentlich bestanden haben ^); 
haben zwar einigen Nutzen für Theologie und Philosopie gehabt, 
aber nur für einen Bruchteil der Menschheit, keinen für die Ge- 
samtheit . . . Jetzt aber, da die Zeit da ist, das Zerstreute zu 
sammeln und alle Summen mit den Summen der Summen zu 
vereinen, ist ein Collegium catholicum unter den Gelehrten des 
ganzen Erdkreises aufzurichten.*' Er beschreibt dann die Ver- 
fassung in einigen Hauptzügen und spricht den Wunsch aus, dass 
es Collegium des Lichts *) und seine Mitglieder Diener des Lichts 
(ministri lucis) heissen möchten. 

Es soll die Aufgabe dieser Vereinigung weiser Männer sein, 
auf den drei Grundlagen und Erkenntnisquellen, die Gott gesetzt 
hat, dem Buch der Natur, der Schrift und den „angeborenen Be- 
griffen'S die Lehre der Pansophie^) aufzubauen und fortgesetzt 
zu verbessern; femer sollen sie die Pflege der Sprachen und zwar 
ebenso einer Weltsprache wie der Volkssprachen sich angelegen 
sein lassen; drittens ist es ihre Pflicht, für die Errichtung von 
Schulen in allen Ländern zu sorgen und die oberste Aufsicht 
über sie zu führen, endlich sollen sie, sobald die „allgemeine 
Reformation*' in der Christenheit erfolgreich ist, das Licht auch 
den Mohamedanern und Heiden und den Juden bringen. Eine 
regelmässige Verbindung sollen die Glieder dieses Bundes mit 
ihrem Oberhaupte aufrecht erhalten. 



^) Es Bind darunter neben den Akademien und Bruderschaften, die 
heimlich bestanden haben — eben die uns bekannten Societäten — , auch 
Schulen und gelehrte Körperschaften verstanden, die Öffentlich wirkten. 

') Man erinnere sich der Bezeichnung Collegium solis, die der Aka- 
demie des Palmbaums gegeben wird. 

') Eine Geschichte des Wortes „Pansophie" wäre für die Erkennt- 
nis dieser Akademien u. s. w. von Wichtigkeit. Jedenfalls steht fest, dass 
bereits im Jahre 1623 der Name „Pansophisten*' den Charakter eines Schelt- 
namens und Sektennamens in der kirchlichen Litteratur der Gegner ange- 
nommen hatte. Im Jahre 1623 veröffentlichte ein lutherischer Greistlicher, 
Zacharias Theobald, eine Schrift „Wamungsschreiben vor den alten Wieder- 
täufern und neuen Schwärmern" und trat darin den Beweis an, „Dass 
Weigel und alle, die ihm nachfolgen, sie heissen gleich Bosen- 
kreuzer oder Pansophisten, Wiedertäufer sind". Näheres da- 
rüber bei Keller, Die Waldenser, Lpz. 1886 S. 20 ff. — Im Jahre 1617 
erschien eine Schrift des Theophilus Schweighart, Sub umbra alarum tuarum 
Jehova etc., in welcher sich der Verfasser einen Pansophiae Studiosus nennt. 



156 KeUer, Heft 5 u. 6. 

Diese Schrift hatte Comenhis nicht der Öffentlichkeit über- 
geben, sondern sie seinen einflussreichsten Freunden (auch dem 
Kanzler Oxenstierna, dem Mitglied der Akademie des Palmbaums) 
handschriftlich zugestellt i) und auch Hartlieb hatte ein Abschrift 
erhalten. Hartlieb erkannte ebenso wie Comenius, dass die zer- 
streuten Akademien so lange fremden Einwirkungen und der Ent- 
fremdung von ihrer eigentlichen Bestimmung im hohen Grade 
ausgesetzt seien, als sie nicht durch eine neue Organisation, eine 
gemeinsame Verfassung und allgemeinere Ziele eine grössere Aus- 
breitung und eine grössere Widerstandskraft erhielten. Während 
Comenius aber unter den Sorgen und Kämpfen jener Jahre und 
unter der Last drängenderer Arbeiten den Gedanken einstweilen 
fallen gelassen hatte, hatte Hartlieb ihn weiter verfolgt und die 
Anfänge zu seiner Ausführung gemacht 

Wir erhalten über diese Sache Auskunft durch einen merk- 
würdigen Brief, den Comenius am 12. Juni 1647 an Hartlieb 
schrieb*), worin es heisst: ,J)ie Gründung der Akademie zu 
London (aus den Gründen, wie sie in jener Schrift^ bezeichnet 
sind) halte ich für den Anfang einer Erfüllung unseres Wunsches, 
wie ich ihn im XVHI. Kapitel der Schrift „Weg des Lichts*' 
ausgedrückt habe. Es vollziehe sich also die Sache in Gottes 
heiligem Namen, ohne dass Hass und Neid ihr Hindemisse be- 
reiten. Du erinnerst Dich, was Hübner*) aus Frankreich schrieb, 
wie man murre über diese Sache: nicht London, sondern Paris 
sei der Mittelpunkt der Welt, sagen sie. Doch gelte hier der 
Spruch: der erste, der beste, und jener Grundsatz des Naturrechts: 
eine Sache, die Niemand gehört, gilt als Eigentum dessen, der sie 
zuerst nimmt. Meine Gründe (wie ich sie im ,Weg des Lichts* 
niedergelegt habe und wie sie in Euerem Gutachten ausgedrückt 
sind) gelten noch heute und werden in Zukunft gelten. Möge 
Gott nur die Herzen derer lenken, auf dass die, die so grosse 

^) Ob der Druck, den er 26 Jahre später veranstalten liess, die ur- 
sprüngliche Form der Schrift wiedergiebt, wissen wir nicht. 

*) Der Brief ist vollständig abgedruckt bei A. Patera, Jana Amoso 
Komensk^ho Korrespondence. Prag 1892, S. 133 ff. 

^) Es handelt sich um ein dem Briefe Hartliebs offenbar beigegebenes 
Gutachten in dieser Sache. 

*) Es ist nicht Tobias Hübner (f 1636), sondern Joachim Hübner 
gemeint, der von Comenius öfters genannt wird. Wir kommen auf ihn zurück. 



1895. ComeniuB und die Akademien der Naturphilosophen etc. 157 

Dinge ausführen können, sie auch ausführen wollen.^) Und 
weil es scheint, dass sie wollen, segne Gott die heiligen Absich- 
ten mit dem erwünschten Erfolge zur Ehre seines allerheiligsten 
Namens. Amen, Amen, Amen." 

Die „Motive", d. h. die Denkschrift, die Hartlieb nach diesen 
Äusserungen an Comenius gesandt hatte, kennen wir leider nicht 
Wir sehen aber aus dem übrigen Inhalt des Briefes, dass Hart- 
lieb und Comenius sich schon seit Jahren zur Ausführung dieses 
Planes verbunden hatten, dass die Schrift „De rerum humanarum 
emendatione consultatio catholica ad genus humanum, ante alios 
ad eruditos Europae", die Comenius im April 1645 handschriftlich 
beendete*), denselben Plänen dienen sollte, dass die Vorbereitungen 
im geheimen getroffen werden sollten imd dass Comenius, falls 
Hartlieb jetzt öffentlich handele, seinerseits im Stillen thätig sein 
zu müssen glaubte. 

Es war HarÜieb gelungen (das beweist eine zu Eingang 
von Comenius gemachte Andeutung) diejenigen Personen für 
die Sache zu interessieren, die diesem grossen Unternehmen aus- 
reichende Hilfe leisten konnten — Cromwell hatte mit seinem 
puritanischen Heere am 14. Juni 1645 seine Gegner bei Naseby 
geschlagen, und König Karl war im April 1646 zu den Schotten 
geflohen — und er hatte sich vorgenommen, jetzt diese Sache 
nicht mehr im geheimen, sondern öffentlich zu betreiben, ein 
deutlicher Beweis, dass das Geheimnis nicht Grundsatz, sondern 
nur eine Notwendigkeit war, die Comenius auf dem Festlande, wo 
er damals lebte, noch nicht für beseitigt hielt. 

Die grossen Pläne kamen nicht zur Ausführung; anstatt 
dass die Akademie zu London an die Spitze einer internationalen 
Organisation freier Gesellschaften getreten wäre, gelang es der 
Restauration, den König zum Stifter und Schutzherrn der nun- 
mehr „Königlichen Gesellschaft (Royal Society)" zu machen (1662), 
deren Einrichtung den Wünschen Hartliebs (und goviss mancher 
anderen seiner nächsten Freunde) nicht völlig entsprach, so dass 
er sich, obwohl er in der älteren Akademie eins der thätigsten 
Glieder war, nicht daran beteiligte. Thatsächlich war denn auch 



*) Das ist eine Hindeutung auf den Lord Protektor, dessen Schwager 
Dr. Wilkins Mitglied der Londoner „Akademie" war. 

') Ein Dnick erschien erst im Jahre J()66 zu Amsterdam. 



158 Keller, Heft 5 u. 6. 

die Königliche Gesellschaft insofern etwas anderes als die ange- 
strebte grosse Organisation, als jene lediglich der Pflege bestimm- 
ter Wissenschaften durch wie immer gerichtete Gelehrte gewidmet 
war, während dieses eine Gesinnungsgemeinschaft darstellte, 
die auf allgemeine und hohe Ziele ihr Absehen stellte. 

Die neue Gesellschaft Hess alsbald durch eine unter ihren 
Augen erschienene Schrift den Versuch machen, die Geschichte der 
älteren „Academia Londinensis^' nach ihren Gesichtspunkten dar- 
zustellen i); es wäre äu wünschen, dass wir auch eine Geschichte 
aus der Feder HarÜiebs besässen, die die notwendigen Berich- 
tigungen jener Darstellung geben würde. Die Mitglieder, die in 
das Lager der Restauration übergingen, hatten den begreiflichen 
Wunsch, ihre früheren Bestrebimgen in dem harmlosesten Lichte 
erecheinen zu lassen. 

Eine Organisation, wie sie Comenius und Hartlieb planten, 
von England aus ins Leben zu rufen, wäre ein mehr als thörichter 
Gedanke gewesen, wenn nicht zu der Zeit, wo er ausgesprochen 
ward (1641), verwandte Gesellschaften in England bestanden hätten. 
Dass wir von ihnen nicht sehr viel wissen, beweist lediglich, dass 
sie sich bis um die Zeit, wo Cromwell ihnen Schutz gewährte, 
im Stillen halten mussten; die Nachrichten, die seit dem Ende 
der vierziger Jahre auftauchen, beweisen nur, dass sie sich jetzt 
freier regen konnten. 

Gleichwohl entstammt alles, was wir von ihnen aus gleich- 
zeitigen Aufzeichnungen wissen, dem vertraulichen Briefwechsel 
einiger näher beteiligten Personen, und weitere Aufschlüsse sind 
auch erst dann zu erwarten, wenn aus diesem Briefwechsel zahl- 
reichere Stücke 2), als es bis heute der Fall ist, durch den Druck 
bekannt geworden sind. 

Auch in diesen vertraulichen Briefen aber bedienen sich die 



*) Thomas Sprat, The history of the Royal Society of London etc 
London 1667 (ich habe das Göttinger Exemplar benutzt) ifet für die Ge- 
schichte der älteren Akademie eine durchaus unzulängliche Quelle. 

') Es wäre eine sehr dankbare Aufgabe, den Briefwechsel Hartliebß 
einmal in seiner Gesamtheit herauszugeben. Seine Briefe an Pell von 1655 
bis 1657 sind in R. Vaughans Protectory of Oliver Cromwell, London 1839 
abgedruckt; ich habe sie nicht einsehen können. Auch in diesen Briefen 
finden sich Nachrichten über „Utopien" wie in dem Briefwechsel mit Boyle. 
Weitere Nachweise giebt Althaus a. O. S. 256. 



1895. Comenius und die Akademien der NaturphiloBophen etc. 159 

Absender und Schreiber in Sachen ihres Bundes fast durchweg 
solcher Ausdruck^, die lediglich den Eingeweihten verstandlich 
waren, und so ist es für uns doppelt schwierig, in diesen Dingen 
so klar zu sehen ^ als wir es wünschen müssen; an sich freilich 
ist die Art der Bezeichnungen, die teilweise alchymistischen 
Kunstausdrücken entnommen ist, bezeichnend genug. 

Wir müssen uns hier begnügen, aus dem durch den Druck 
bekannt gewordenen Briefwechsel Robert Boyles^), des berühm- 
ten Chemikers, einige interessante Stellen mitzuteilen. 

Gleich in den ersten Briefen, die wir aus der Feder Boyles 
an Hartlieb besitzen^) — sie stammen vom 19. März und 
8, April 1647 — nimmt ersterer auf Schriften Valentin Andreaes 
Bezug, die mit den Bestrebungen der Akademien auf das engste 
zusammenhängen. „Eure Imago Societatis," schreibt Boyle, „und 
Evu^ Dextera Amoris ^ zu lesen habe ich grosses Verlangen.*' Am 
8. April kann er dann berichten, dass er die Imago Socictatis 
nunmelir mit vielem Vergnügen gelesen habe. Von Campanellas 
Schrift Civitas Solls und von der Respublica Christianopolitana 
wünscht er die Herstellung einer englischen Übersetzung; auch 
der Utopia thut er Erwähnung. 

Im Mai 1647 stand Boyle im Briefwechsel mit Duraeus und 
mit Hartlieb, und am 8. d. M. schrieb er an letzteren : Sie inter- 
essieren sich so sehr für das unsichtbare Collegium und die 
ganze Gesellschaft ist so mit allen Ereignissen Ihres Lebens 
verflochten, dass sie mir keine Nachricht über ihre eigenen Ange- 
legenheiten geben können, die nicht (wenigstens beziehungsweise) 
die Natur Utopiens annimmt^) 

Am 22. Oktober 1646 schreibt Boyle an Mr. Marcombes 
aus London: „Die übrigen humanen Studien, denen ich mich 
widme, sind Naturphilosophie, Mechanik und Landwirthschaft, 



*) Robert Boyle war im Jahre 1627 als Sohn des Grafen von Cork 
geboren und hatte seine Erziehung in Genf erhalten. 

*) Works of Boyle ed. Birch I, 22. 

^) Es sind Andreaes Schriften Christian ae Societatis idea 1020 und 
seine Christian! amoris dextra porrecta 1620 gemeint. 

*) You interest yourself so much in the Invisible College, and 
that whole society is so highly concemed in alle the accidents of your 
life, that you can send mc no intelligence of your own affairs, that does 
not (at least relationally) assume the nature of Utopian. (a. O. I, 24.) 



160 KeUer, Heft 5 u. 6. 

gemäss den Grundsätzen unseres neuen philosophischen Collegiums, 
das keine Kenntnisse schätzt, die nicht eine Richtung auf die 
Verwerthung im Leben haben." Mr. Marcombes möge, wenn er 
könne, einige gute Bücher über diese Gegenstände beschaffen; 
dies werde ihn „unserm imsichtbaren Collegium" sehr willkommen 
machen. ^) 

Am 1. Mai 1650 sendet Boyle dem Hartlieb „thanks for 
the exact intelligence you are pleased to oblige me with from 
Utopia and Breda 2); my inclination as much conceming me in 
Republica Literaria, as my fortune can do in Republica 
Anglicana" (Works I, 27) und gebraucht damit Ausdrücke, die 
wohl für HarÜieb, aber nicht für uns völlig klar sind. Was ist 
unter den Nachrichten von Utopia und von Breda zu verstehen? 
Ist die Bezeichnung Utopia ein anderer symbolischer Name für 
das, was Boyle früher „the whole society** nennt? Der Ausdruck 
„utopische Nachrichten" im Sinn von Nachrichten über Utopia 
kehrt in manchen Briefen wieder, und der Sinn des Wortes Utopia 
wird vielleicht klar, wenn wir sehen, dass Hartlieb gelegentlich 
den Ausdruck Macaria oder auch Nova Atlantis oder Antilia in 
gleichem oder ähnlichem Sinn gebraucht: es ist der symbolische 
Name des Bundes, dem beide Männer angehörten. 

So spricht Hartlieb in einem Brief vom 15. November 1659 
von der Gesellschaft „Macaria". Er macht Boyle Mitteilung 
von einem Buche des Mr. Beale : A free discovery of true, lawful, 
holy and divine expidient for the propagation of the gospel and 
establishment of an universal peace all over the world und er- 
zählt, dass Mr. Bereton es ungünstig beiuiieile. Dann fährt er 
fort 3): „Die Wahrheit ist, dass ich beabsichtige, alle solche und 

>) Works of Boyle I, 20. 

*) Was die HiDdeutung auf Breda sagen soll, ist nicht recht klar; 
Johann Pell bekleidete längere Zeit eine Professur der Mathematik in Breda 
und natürlich bestand eine rege Verbindung zwischen den Freunden. 

^) The truth is, I design all such and the like works or tracts be 
printed upon the charges of Macaria, whose scope it is most pro- 
fessedly to propagate religion, and to eudeavour the refor- 
mation of the whole world. But it is scarce one day (or hour in day) 
or night being brimfull with all manner of objects of that publick and 
most universal nature, but my soul is crying out: 

Phosphorel redde diem, quid gaudia nostra moraris? 
Phosphore, redde diem! (Works of Boyle V, 293.) 



1895. Oomenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 161 

ahnliche Werke oder Schriften auf Kosten der Macaria drucken 
zu lassen^ deren Ziele es in erster Linie ist^ die Religion zu 
verbreiten und für die Reformation der ganzen Welt zu 
arbeiten." 

Wenn man diese Pläne der „Macaria" liest, so wird man 
doch sehr an die berühmte Schrift erinnert, die seit 1614 in ver- 
schiedenen Ausgaben erschien und die damals so grosses Aufsehen 
machte: „Allgemeine und General-Reformation der gantzen weiten 
Welt" und die noch im Jahre 1781 durch Friedrich .Nicolai wieder 
aufgelegt wurde. 

Wenn in den Jahren 1649 — 1650 nach Hartliebs Bericht 
drei Schriften des Duraeus auf „Veranlassimg einer christlichen 
Genossenschaft, deren Glieder sich gegenseitig und der 
Menschheit nützen wollen", herausgegeben wurden i), so ist dies 
sehr wahrscheinlich dieselbe Macaria, die Beales Buch heraus- 
geben wollte*). 

Am Schlüsse eines Briefes vom 8. Mai 1654 findet sich 
folgende Stelle: „Gestern war ich zu dem bekannten Thomas 
Bushel (ich nehme an, dass Sie seine im Druck erschienenen 
Mineral Overtures gesehen haben) nach Lambeth-Marsh einzuladen, 
um einen Teil der Stiftung oder des Gebäudes anzusehen, das 
bestimmt ist, Lord Verulams Neu-Atlantis zu verwirklichen." 
Im unmittelbaren Anschluss an diese Mitteilung kommt er auf 
die religiösen Pläne Duraeus^ und Pells und deren Abreise nach 
Deutschland zu sprechen imd verspricht, dem Hartlieb ein religiöses 
Buch, das er hatte drucken lassen, zu schicken. 

Die Ausdrücke Utopia, Macaria und Nova Atlantis — der 
Urspnmg ist ja leicht genug zu erklären — bedeuten die Gesell- 
schaft, die die Ideen von Morus^ Utopia, Hartliebs Macaria oder 
Bacos Atlantis zu verwirklichen suchte, es ist die Societät, die 



') Man erinnere sich der Bestimmung in den Satzungen der Societät 
des Jungius, wonach die Arbeiten der Mitglieder der Gesamtheit gehörten; 
der Vorsitzende prüfte sie und gab sie Auch wohl heraus. 

') Althaus, S. Hartlieb a. 0. S. 241. Die erste Schrift war: A 
reasonable discourse on Reformation in religion and leaming; die zweite: 
The reformed School". In der Vorrede zu dieser sagt Hartlieb, „das 
Reich Gottes nach seinem geringen Vermögen auszubreiten sei 
sein höchstes Ziel/' Die dritte Schrift heisst: The reformed library 
Keeper. 



162 Keller, Heft 5 u. 6. 

über oder neben den Collegien bestand, die sich ^^philosophische 
CoUegien" oder „philosophische Clubs" nannten.^) 

Im Jahre 1660 bestand die Macaria nicht mehr; am 10. Dez. 
1660 schreibt Hartlieb an Worthington: „Das Wort Antilia — 
es ist dieser Name, wie er selbst sagt, mit dem Namen Macaria 
identisch — gebrauchte ;ch im Hinblick auf eine frühere Ge- 
sellschaft, die . . . etwas vor dem Ausbruch der böhmischen 
Kriege (also um 1618) wirklich begründet wurde. Es war 
ein Geheimname jener Gesellschaft, dessen nur die Mitglieder 
sich bedienten . . ."*). 

Es ist möglich, dass wir diese Gesellschaft, die um 1618 
„wirklich begründet ward", unter anderem Namen kennen; aber 
bemerkt zu werden verdient, dass Joachim Mörsius in seinem 
oben erwähnten Briefe vom Jahre 1643 an Jungius die Bitte 
ausspricht, jener möge sich bei Tassius erkundigen, ob er nicht 
die Leges Andilianae besitze^); im Kreise der Mi^lieder der 
deutschen Akademien war der Geheimname jener Gesellschaft 
also bekannt 

Auch der unter den Naturphilosophen übliche Gebrauch 
von Ausdrücken und Zeichen der Chemie zur Andeutung all- 
gemeiner Begriffe oder Ideen kehrt in diesen Briefen vielfach 
wieder. Dass der obige Ausdruck „Phosphore, redde diem" eine 
symbolische Andeutung enthält, ist klar; ebenso wird der Aus- 
druck „der Stein der Weisen" symbolisch gebraucht; der ,4rdische 
Stein", heisst es in einer alchemistischen Schrift, ist eine Contra- 



') Wenn man diese Versuche neuer Organisationen und ihr Verhältnis 
zu den ^^philosophischen Collegien^' oder Akademien und 8ocietaten recht 
verstehen will, muss man sich erinnern, dass z. B. in der Akademie des 
Palmbaums Stufen und engere Kreise bestanden, die sich ,,Academie 
des vrais amants^' oder ähnlich nannten und zweifellos eine engere Ver- 
einigung solcher Mitglieder bildeten, die höhere Grade als die übrigen 
erreicht hatten und unter besonderen Namen und Formen sich versammelten. 
Es ist sehr wohl möglich, dass sich auch Mitglieder verschiedener Akademien 
zu solchen höheren Organisationen und zu besonderen Zwecken vereinigten, 
ohne dass sie deshalb die Mitgliedschaft in den Collegien aufgaben. Der 
Natur der Sache nach entstanden und verschwanden solche engere Ver- 
einigungen leicht, sobald deren Träger den Schauplatz verliessen oder sonstige 
Zwischenfälle eintraten. 

») Althaus S. 269. 

*) Guhrauer, Jungius 1850 S. 232. — Wir haben den Brief oben im 
einzelnen besprochen. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 163 

faktur des wahren, geistlichen himmlischen Steins Jesus Christus.^) 
Es sollten eben manche Aussprüche und Mitteilungen nur den 
Eingeweihten verstandlich sein. 

Wer den engen Zusammenhang der in England bestehenden 
Akademien mit den von uns bereits erwähnten Gesellschaften des 
Festlandes bezweifeln sollte, braucht nur darauf verwiesen zu 
werden, dass fast alle bekannteren Wortführer der festländischen 
Akademien in dem Briefwechsel der Engländer wiederkehren. Wie 
kommt es, dass Hartlieb die Gesetze der Societät des Jungius von 
diesem erhalten hatte, „die Aussenstehenden nicht mitgeteilt werden 
sollten", wenn nicht beide Männer innerhalb des Bundes standen?^) 

Wir wissen, dass es bei den Akademien des Festlandes 
üblich war, die Bilder der Mitglieder in dem Sitzungssaale auf- 
zuhängen; auch das „philosophische CoUegium" — man erinnere 
sich, dass sich die Alchymisten des Orvius in den Niederlanden 
ebenfalls Philosophen nannten — im Gresham College zu London 
befolgte diese Sitte und deutete damit zugleich an, dass es doch 
mehr als ein beliebiger wissenschaftlicher Verein sein wollte.') 

Auch die Glaubensflüchtlinge, abgesehen von Hartlieb, Haak, 
Comenius*), Figulus u. a. fehlen in diesem Freundeskreise nicht; 
die Böhmen sind durch einen Baron Misneck*) vertreten und die 

') Kopp, Alchemie I, 254. 

') In einem Briefe Hartliehs vom 8. Mai 1654 an R. Boyle findet 
sich folgende Stelle: ,,The author of Isagoge PhytoBCopica is Dr. Jungius 
of Hamburg, one of the best logicians in all Germany . . . Leges Collegii 
Protonoetici came from the same forementioned author: but they will 
scaroely be understood, without the general draught of bis philosophical 
undertakings, which I shall impart unto you bereafter, God willing/' Works 
of Boyle V, 261 f. 

') Doppelmayr a. a. O. S. 119 f. erzählt von Job. Christ. Sturm 
(geb. zu Hilpoltstein 1635) einem jüngeren Freunde Daniel Wülfers und 
Volkamers in Nürnberg , der in England Beziehungen zu John Wallis an- 
geknüpft hatte, dass dessen Bild im Sitzungszimmer der Akademie der 
Naturphilosjphen im Gresham College gehangen habe. 

^) Am 7. Januar 1658 schreibt Hartlicb an Boyle: ,J long to hear 
more particulars of Dr. WiUdns philosophical cbarakter. Mr. Comenius hath 
seat lately to Mr. Dalgamo bis idea of it; but it is so short and general, 
that it is not worth the imparting." (Works V, 271.) 

') Es ist unzweifelhaft der schon früher (S. 83) erwähnte Alcbymist 
Baron von Mislick aus Böhmen ; offenbar liegt ein Schreibfehler oder Druck- 
fehler der englischen Quelle vor. 



164 Keller, Heft 5 u. 6. 

vielfach verfolgten Quäker erscheinen in einem gewissen Antony 
Pearson^); ebenso wie in Nürnberg Künstler, Maler und Archi- 
tekten Mitglieder sind, so werden hier neben Christoph Wren, 
dem Erbauer der Paulskirche, auch Glasschleifer und sonstige 
vornehmere Techniker als Freunde der Naturphilosophen genannt 

Gleichviel, ob man annehmen will, dass das „philosophische 
Collegium**, das sich zeitweilig im Gresham College versammelte, 
mit der Gesellschaft Macaria im Zusammenhang steht oder nicht, 
so ist doch sicher, dass die Darstellung, die Dr. John Wallis etwa 
50 Jahre später von der Vorgeschichte der Royal Society giebt, 
sich niu" auf das „philosophische CoUegium" bezieht 

In einem Briefe vom 29. Januar 1697 erzählt Dr. Wallis: 
„Um das Jahr 1645, während ich in London lebte, hatte ich das 
Glück, die Bekanntschaft verschiedener ehrenwerter Männer zu 
machen, die sich mit der Naturphilosophie und anderen Zweigen 
menschlicher Wissenschaft beschäftigten, besonders mit dem, was 
man die neue oder Erfahrungs- Philosophie nannte. Wir kamen 
nach Übereinkunft, verschiedene von uns, wöchentlich an einem 
bestimmten Tage zusammen, um von solchen Dingen zu handeln. 
Zu dieser Zahl gehörten Dr. John Wilkins, später Bischof von 
ehester, Dr. Jonathan Goddard, Dr. George Ent, Dr. Glisson, 
Dr. Merret, Doktor der Naturwissenschaften, Mr. Samuel Fester, 
damals Professor der Astronomie am Gresham -College. Mr. 
Theodor Haak-), ein Deutscher aus der Pfalz und damals in 
London wohnhaft, gab, meine ich, die erste Anregung und den 
ersten Anstoss zu diesen Versammhmgen sowie einige andere. Sie 
wurden bisweilen in Goddards Hause (oder an einem passenden 
nähereu Platze) gehalten, weil Goddard in seinem Hause einen 
Handwerker unterhielt, der Gläser schliff für Fernrohre 
und Mikroscope, bisweilen an einem passenden Platze in 
Cheapside, bisweilen im Gresham-CoUege oder an einem Oite in 
der Nachbarschaft Unsere Beschäftigimg war (ausgenommen 
theologische und politische Sachen) die Besprechung und Prüfung 

*) Am 16. Dez. 1656 schreibt H. an Boyle: „Anthony Pearsoo, the 
Quaker, is gone away per post laßt Saturday, not having performed his 
promises towards me" (Works V, 282). — Beachtenswert ist die Stelle über 
Paracelsus' Schriften (Works V, 288). 

^) Über Haak s. die Allg. d. Biogr. X, 257 und das Biogr. Dictionary 
XVII, 1 ff. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 165 

philosophischer Untersuchungen und solcher Fragen, die hierzu 
gehören^ als Physik, Anatomie, Geometrie, Astronomie, Schiffs- 
kunde, Statik, Magnetik, Chemie, Mechanik und naturwissen- 
schaftliche Versuche und der Stand dieser Studien, wie sie damals 
bei uns und im Ausland gepflegt wurden. Um das Jahr 1648 
imd 1649, als einige sich nach Oxford wandten, erst Dr. Wilkins, 
dann ich und bald danach Dr. Goddard, teilte sich unsere Ge- 
sellschaft Die in London fuhren fort, sich wie zuvor zu ver- 
sammeln und wir mit ihnen, falls wir Gelegenheit hatten, dort zu 
sein. Und die unserige versammelte sich zu Oxford mit Dr. 
Ward, später Bischof von Salisbury, Dr. Ralph Bathurst, jetzt 
Präsident des Trinity - College und verschiedenen andern und 
brachte solche Studien dort in Mode, zuerst in Dr. Pettys 
Wohnung, im Hause eines Apothekers, wegen der Bequemlichkeit, 
Versuchsstoffe und ähnliches zur Hand zu haben, wozu hier 
Gelegenheit war, und nach dessen Entfernung nach Irland (ob- 
wohl nicht so regelmässig) in der Wohnung von Dr. Wilkins, 
damals Vorsteher am Wacham- College und nach dessen Über- 
siedelung an das Trinity-CoUege in Cambridge in der Wohnung 
des ehrenwerten Herrn Robert Boyle, der damals für einige Jahre 
in Oxford lebte. Diese Versammlungen wurden in London fort- 
gesetzt und nach der Rückkehr des Königs im Jahre 1660 ver- 
mehrte sich die Teilnehmerzahl diu-ch den Beitritt verschiedener 
würdiger und ehrenwerter Männer und später bildeten sie eine 
Körperschaft unter dem Namen Royal Society und so besteht sie 
bis auf diesen Tag."^) 

So hoch die Angaben der „Königlichen Gesellschaft" ge- 
steckt waren und soviel sie erreicht hat, so war sie doch nicht 
jene „Macaria", deren Aufgabe, wie Hartlieb sagt, es war, „zu 
arbeiten für die Reformation der ganzen Welt". 

Um das Jahr 1660 sah Hartlieb indessen ein, dass die Zeit 
für diese grossen Pläne noch nicht reif war, und er bestätigt in 
dem obigen Briefe an Worthington, dass sich die Organisation, 
die ihm vorschwebte, nicht hatte halten können. 

Hartlieb selbst gab die Hoffnung an das Gelingen seiner 
„antilischen Pläne" keineswegs auf: er hoffte nach wie vor, dass 
sein Ideal einer „allgemeinen Reformation", die mit einer grossen 



») Works of Boyle, ed. Birch. Lond. 1744. Vol. I, p. 25. 

Monatshefte der Comenius-Gesellschaft. 1896. 22 



166 Keller, Heft 5 u. 6. 

socialen Reform Hand in Hand gehen sollte, ihr Organ in 
einer grossen allgemeinen Verbrüderung finden werde. Am 28. Juni 
1661 schreibt er in diesem Sinne an Worthington: „Von der 
Antilischen Gesellschaft ist der Rauch verweht, aber das Feuer 
ist noch nicht ganz erloschen. Vielleicht wird es zur rechten 
Zeit wieder aufflammen, wenn auch nicht in Europa." 



Der erwähnte Briefwechsel des Comenius mit Hartlieb über 
diese Fragen fällt imgefähr in die Zeit, wo er die höchste Würde 
innerhalb seiner Gemeinschaft, das Bischofsamt, übernahm (1648). 
Es war dieselbe Zeit, wo er sich ernstlich mit dem Gedanken 
trug, das „Beiwerk seines Lebens" (me er sagt), die pädagogischen 
Fragen, aufzugeben Und zu „ernsteren Dingen" zurückzukehren: 
die Pläne und Entwürfe seiner Pansophie wollte er endlich zur 
Reife bringen, dieselben Pläne, die ihn seit der Zeit, wo ihn 
Andreae unter seine „Söhne und Schüler"^) angenommen hatte, 
beschäftigten. 

Seit 1622 in der Verbannung lebend, hatte Comenius natiu*- 
gemäss ein starkes Bedüi'fnis nach festem Zusammenschluss mit 
gleichgesinnten Männern, und auf den mannigfachen Reisen und 
Wanderungen ausserhalb seines Vaterlands und seiner Religions- 
gemeinschaft musste ihm daran gelegen sein, sich die Freund- 
schaft und Hilfe der weit verbreiteten Societäten zu sichern. Wir 
haben oben gesehen, dass es gerade die Glaubensflüchtlinge waren, 
die den Anschluss gerne suchten ; ^) es ist mehr als wahrschein- 

*) Dieser Ausdruck des Andreae ist kein zufälliger; er bedeutet viel- 
mehr ein sehr nahes Verhältnis der Zusammengehörigkeit. Wir haben früher 
(M.H. der CG. 1895 S. 18) die nahen persönlichen Beziehungen geschildert, 
in denen Fürst Christian von Anhalt (1568—1630) zu dem böhmischen Mag- 
naten und „Alchymisten" Peter Wok von Bosenberg stand. Bei M. Ritter, 
Die Gründung der Union, München 1870 S. 551 wird nachgewiesen, dass sich 
Christian in dem vertraulichen Briefwechsel als Sohn Rosenbei^ bezeichnet. 
Bei Orvius, a. a. O. S. 18 kommt die Bezeichnung Filius Artis ebenfalls vor. 

*) Gleichzeitig mit Comenius wurden in die Societät des Andreae zwei 
flüchtige Geistliche der böhmischen Brüder, Ursinus und Stadius und ausser- 
dem Joh. Johns ton (geb. 1603, gest. 1675), aufgenommen. Ein Benj. Ursinus 
war später Professor in Frankfurt a. 0. (M.H. der CG. 1894, S. 168. 236. 
239). — Näheres über Johnston bei Reber, Comenius und die Sprachgesell- 
schaften S. 28 f. Harsdörfer war ein eifriger Leser von Johnstons Werk 
De naturae constantia. Johnston hatte in Leiden studiert und lebte später 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 167 

lieh, dass Landsleute und Glaubensgenossen es waren, die ihm 
den Weg gezeigt hatten, i) 

Wie dem auch sein mag, so steht fest, dass Comenius im 
Jahre 1628 den Andreae in aller Form um die Aufnahme in die 
Societät ersucht hatte, an deren Spitze dieser damals stand, und 
dafis diese Aufnahme in demselben Jahr wirklich stattfand.^) Es 
ist zu bedauern, dass die Gesetze der Societät, die Andreae mit 
seinem Schreiben vom 4. September 1628 an das neue Mit- 
glied sandte, nicht erhalten zu sein scheinen, und dass wir die 
Namen der Männer, die im Jahre 1628 Mitglieder waren, nicht 
kennen.^) 

Die Begeisterung, mit der Comenius sich seit 1617 in die 
Schriften des Andreae vertieft hatte, war der erste Schritt auf 
dem Wege, der ihn allmählich den Überzeugungen der mass- 
gebenden Personen unter den Naturphilosophen näher führte. Je 
mehr er sich dem persönlichen und brieflichen Verkehr mit diesen 
Männern hingab und je eifriger er sich dann selbst mit der Natur- 
philosophie und Mathematik beschäftigte,*) — er erzählt selbst, 

in Schlesien, wo seine Familie noch heute blüht. Ein OriginalbUd 
des Johnston, welches die Umschrift trägt: Johannes Johnstonus ex generosa 
et perantiqua Jonstonorum de Crogbom familia, Cibeniaci Dominus, Phü. 
et Med. D. Ao. MDCLXXllI aetat. 70, ist in photographischer Nachbildung 
in meinem Besitz. 

') Im Jahre 1643 führte Comenius seinerseits den Naturphilosophen 
seinen Landsmann D. Joh. Sophronius Kozak a Prachyen (Arzt u. Theosoph 
aus Böhmen, f 1685 in Bremen) zu. Guhrauer, Jungius S. 264. 

') Wir haben den Briefwechsel zwischen beiden Männern, der sich 
auf diese Sache bezieht, in den M.H. 1892 S. 235 besprochen. Comenius 
hat diese Briefe für wichtig genug gehalten, um sie in seine Opp. did. II, 
283 aufzunehmen. Sie bezeichnen in der That einen wichtigen Schritt seines 
Lebens. 

^) Der Briefwechsel über diese Sache ist erst 40 Jahre später, d. h. 
um dieselbe Zeit bekannt geworden, wo auch andere Societäten (wie der 
^almbaum'') den Schleier wenigstens teilweise fallen liessen. Dass die 
Namen der Mitglieder wie der Gesellschaft nicht bekannt geworden sind, 
beweist, dass Andreae auch später noch einen Teil des Geheimnisses gewahrt 
zu sehen wünschte. Über den religiösen Zweck des Gesellschaft spricht er 
sich in dem Brief an Comenius bestinmit aus. 

*) Seine naturphilosophische Hauptschrift Physicae ad lumen divinum 
reformatae Synopsis 1633 weist zwar noch gewisse Spuren aristotelischer 
Einwirkung auf, ist aber doch auch stark von den neueren Bichtungen be^ 
einflusst. — In Lissa hielt Comenius Vorlesungen über Naturphilosophie. 

12* 



168 KeUer, Heft 5 u. 6. 

dass dies seit 1627 geschehen sei^) — um so mehr lenkte er in 
die Bahnen der grossen Reformatoren des 17. Jahrhunderts ein, 
und so kam es, dass er allmählich mit den geistigen Führern der 
Akademien in die engste Berührung trat und ihr Freund und 
Genosse wurde. 



Wenn man die Weltanschauung und die religiösen Grund- 
sätze sowie die Verfassung der Societäteii des 17. Jahrhunderts 
ins Auge fasst, so muss deren innere Verwandtschaft mit der 
Lehre und der Organisation der böhmischen Brüder und ihrer 
Vorläufer, der sog. Waldenser — wir fassen beide hier unter 
dem Namen der altevaugelischen Gemeinden zusammen -r- jedem 
auffallen, der die Geschichte und die Überzeugungen der letzteren 
kennt; das trifft nicht nur auf gewisse allgemeine Gedanken und 
Gnmdsätzc, sondern auch auf ganz nebensächliche, äusserliche 
Dinge zu, bei denen man es keineswegs vermuten sollte. 

Anton Gindely, einer der genauesten Kenner der Geschichte 
der böhmischen Brüder, hat mit Recht darauf hingewiesen, 2) dass 
keine andere Religionsgemeinschaft so nachdrücklich und so plan- 
mässig auf die Pflege der Volkssprachen und der Mutter- 
sprache sowie auf die Begründimg einer Volkslitteratur hinge- 
wirkt hat, wie die Brüder. 

Es war dies ein Streben, das nicht zufälligen Regungen, 
sondern tieferen Gründen und Bedürfnissen entsprang. Das geistige 
und religiöse Leben der Brüder beruhte mehr als in den herrschen- 
den Kirchen auf dem Zusammenwirken aller, oder, wenn man will, 
auf demokratischen Grundlagen. Obwohl die Brüder stets das Glück 
hatten, Mitglieder des höchsten Adels unter sich zu besitzen, wie 
dies auch Gindely mit Recht hervorhebt, so blieb doch bei ihnen 
der Grundsatz aufrecht, dass brüderliche Gleichheit aller Rechte 
und Pflichten anzustreben sei. Während in den herrschenden 

^) Bed quum nuper (anno 1G27) in plura id genus scripta incidissem, 
Khenii, Helvici, Eliae Bodini, Stephani Ritten, Glaumii, HolBtenii etc. tan- 
toBque ingcniorum conatus viderem (addo Campanellam et Verulamium, 
felices philosophiae instauratores) multum sperare coepi de exoriente 
saeculo novo etc. A. Patera, Briefwechsel des Comenius S. 8. 

') A. Gindely, Die dogmatischen Ansichten der böhmischen Brüder. 
Sitzungsber. der Akademie der Wissenschaften zu Prag. Bd. XIII, S. 349 ff. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 169 

Kirchen die Führung in den Händen des Klerus lag und tiefe 
Zerklüftung zwischen den Herrschenden und den Beherrschten 
die Regel war, hatte hier ein reger Sinn für echte Brüderlichkeit 
von je alle Glieder verbunden und die Gemeinschaft zu dem 
Versuche ermutigt, allen Gliedern thunlichsten Anteil an der all- 
gemeinen Bildung zu geben. 

Auch in anderen Kirchen hatte sich die Überzeugung Bahn 
gebrochen, dass ein gewisses Mass von Kenntnissen in thunlichst 
weiten Kreisen zu verbreiten sei; die Brüder aber hielten wenig- 
stens im Grundsatz daran fest, dass alle an allem Wissens- 
werten Anteil gewinnen sollten und dass auch in dieser Beziehung 
gleiches Mass für alle zu erstreben sei. 

Die Ziele, welche sie zunächst im Kreise der Brüder der 
Verwirklichung zuzuführen strebten, galten ihnen im weiteren 
Sinn auch für die ganze Menschheit als letzte Ideale. Die Er- 
kenntnis der christlichen Wahrheit, wie sie sie fassten, sollte 
ihrem Wunsche nach Allen zugänglich werden und es ist wichtig, 
dass in dieser Gemeinschaft von jeher ein ökumenischer, die ganze 
Menschheit umfassender Zug nachweisbar ist, der sie über allen 
Sektengeist weit erhob. Seit alten Zeiten war es ihre Freude 
gewesen, im Sü'eite der Parteien mehr das Verbindende als 
das Trennende zu betonen; bei allem Ernst, mit welchem sie 
ihre christliche Denkweise vertraten, war ihnen eine Weitherzig- 
keit eigen, die stets nur auf das Wesentliche der Religion, nicht 
auf Nebenpunkte gerichtet war, und sie sind der Lösung der 
schwierigen Aufgabe, die auf dem Boden der Hierarchie nicht 
erreichbar ist, nahe gekommen: religiöse Wärme mit freisinniger 
Duldung zu verbinden. 

Wie in der Betonung der Volkssprachen und des Unions- 
gedanken begegneten sich die Brüder auch in der Vorliebe für 
die Natur und die Naturerscheinungen mit den Naturphilosophen, 
und auch diese Eigentümlichkeit beruhte im letzten Grunde auf 
religiös-philosophischen Prinzipienfragen. 

In der Lehre der Brüder begegnet uns vielfach die Idee 
der Allgegenwart Gottes, der „über Allen und durch Alle und in 
Allen ist" (Eph. 4, 6) in einer von der Kirchenlehre abweichenden 
Färbung. Wie Gott sich in den Menschenherzen durch das innere 
Licht offenbart, so offenbart er sich auch in dem „Buch der 
Natur**, das des Studiums ebenso wert und bedürftig ist, wie 



170 KeUer, Heft 5 u. 6. 

die dritte Offenbarungsquelle, die h. Schriften. Über diese Liebe 
zur Natur, die in ihren Büchern oft in rührender Weise ihren 
Ausdruck findet, hatten es die Brüder freilich nicht weit hinaus 
gebracht, aber schon die Festhaltung dieser Bevorzugung der 
Natur war von grosser Wichtigkeit gegenüber einer Lehre, die 
die äussere Natur mehr als ein Werk des „Fürsten dieser Welt", 
d. h. des Satans, ansah und die gegenüber dem Übersinnlichen 
alles Sinnliche geringschätzte. 

Tief durchdrungen von dem Werte, den jede Menschenseele 
vor Gott besitzt, waren die Brüder ferner von jeher in besonderem 
Grade darauf bedacht, nicht bloss allen Gliedern eine gute Er- 
ziehung zu sichern, sondern auch die Erziehungslehre immer 
mehr auszubilden und zu vervollkommnen, i) 

Die brutale Disziplin, welche im 16. und 17. Jahrhundert 
die Schulen beherrschte, hing mit den allgemeinen sittlich-religiösen 
Auffassungen viel enger zusammen, als es scheint Wenn die 
Schulen, wie es der Fall war, mehr als Pflanzstätten des Wissens 
als der Weisheit, des Kennens als des Könnens gelten und ihre 
erziehende Bedeutung zurücktritt, so kann man hoffen, durch 
Zwang und Gewalt manches zu erreichen. Aber selbst dann, 
wenn der erziehende Zweck richtiger erfasst ist, wird die Theorie 
der Abschreckung überall dort das Feld behaupten, wo aus 
religiösen Gesichtspunkten der Satz gilt, dass das Licht der Ver- 
nunft seit dem Sündenfall im Menschen erloschen und das Herz 
nicht nur verderbt und zum Bösen geneigt, sondern gänzlich 
verdorben und alle „geistlichen Kräfte", wie die lutherische 
Kirche lehrte, „diu-ch die Sünde ganz und gar vertilgt sind". 2) 
Da diese Auffassung ihrer Natur nach nicht im stände war, die 
Achtung vor der Menschennatur zu steigern, so war bei der 
Kindererziehung um so mehr der Roheit und dem Zwang die 
Thür geöffnet 



^) DasB die gleiche Beachtung der Erziehungslehre und die Empfeh- 
lung derselben Eziehungsgrundsätze schon vor Comenius' Anschluss in den 
„Akademien" der „Alchymisten" üblich war, beweist die auch sonst be- 
achtenswerte Schrift des Andreas Libayius^ Wolmeinendes Bedenken von 
der Fama fratemitatis etc., Frankfurt 1616. Darin wird als Kennzeichen 
der „neuen Sekte", nämlich der Rosenkreuzer, angeführt, „dass sie sich 
vieler Sprachen annehmen und Batichii Didacticam empfehlen". Also waren 
die Societäten schon vor 1617 im gewissen Sinne „Sprachgesellschaften". 

*) Näheres darüber bei Keller, Joh. v. Staupitz, Leipzig 1888 S. 152 f. 



1895. ComeniuB und die Akademien der Naturphilosophen etc. 171 

Da der richtige Begriff der Erziehung mit dem Begriff der 
Entwicklung auf das engste verbunden ist, kann der erstere 
auf dem Boden jener religiösen Anschauung nicht gedeihen, und 
es ist kein Zufall, dass jene Begriffe, auf welchen die Neuge- 
staltung der gesamten Pädagogik mit der ausserordentlichen Be- 
deutung, die sie für unser Kulturleben gewonnen hat, von Männern 
zuerst zur Geltung gebracht worden sind, die nicht auf dem 
Boden der herrschenden Kirchenlehre standen. 

r 

Comenius fand in seiner Gemeinschaft die Thatsache vor, 
dass der Begriff der stufenweisen Entwicklung alle ihre 
Auffassungen und Mnrichtungen durchdrang. Er berichtet selbst 
in der Ratio disciplinae Fratrum Bohemorum (1632), dass deren 
Vorfahren ihr „Volk" je nach dem Grad der Arbeiten, (juxta 
gradus laborum), die ihnen oblagen, dreifach geteilt hatten, näm- 
lich in die Grade der Anfänger (Incipientes), der Fortge- 
schrittenen (Proficientes) und die Fertigen oder Vollkomme- 
nen (Perfecti, sive ad Perfectionem tendentes).^) 

Diese Dreiteilung des Gemeindelebens, die das Thun imd 
Denken der altevangelischen Gemeinden beherrschte, beruht auf 
der Grundanschauung, dass die Anlage zum Guten, wie geschwächt 
sie auch immer diut^h Sünde und Schuld sein mag, in jedem 
Menschen vorhanden ist, und dass hieran anknüpfend es für jeden 
eine fortschreitende Entwicklung zum Besseren giebt. 

Es liegt auf der Hand, wie sehr sie sich in diesen Auf- 
fassimgen mit den Akademien, die unter sich ebenfalls Stufen 
und Grade besassen, berührten, und es ist mehr als Zufall, dass 
die ersten Versuche, das Erziehungswesen nach den Grundsätzen 
der böhmischen Brüder umzugestalten, von Fürsten unternommen 
worden sind, die der Akademie des Palmbaums angehörten.^) 

Die Lehre der altevangelischen Gemeinden, die von jeher 
mehr eine Gesinnungsgemeinschaft als eine Bekenntnisgemein- 
schaft bildeten, wird gekennzeichnet durch die starke Betonung 

") Vgl. Jos. Müller, Die deutschen Katechismen der böhmischen 
Brüder (Mon. Genn. Paed. IV) 1887 S. 77. 

*) Herzog Ernst der Fromme von Gotha (1601—1675), der zu den 
ersten Fürsten gehörte, die comenianische Erziehungsgrundsätze in ihrem 
Lande einführten, wurde als 19. Mitglied im Jahre 1619 in die Akademie 
des Palmbaums aufgenommen. 



172 KeUer, Heft 5 u. 6. 

der Idee des Gottesreichs, die Christus selbst einst als den 
vornehmsten Inhalt seiner Botschaft hingestellt hatte. 

Dieses Reich, dessen Bau sie durch die Arbeit an der ein- 
zcluen Menschenseele beginnen wollten, war nach ihrer Über- 
zeugung in seinen Einrichtungen denjenigen der Familie 
gleich, und in ihm gab es keine andere Zwangsgewalt als die, 
welche der Vater gegen seine Kinder übt 

Im Zusammenhang mit diesen Vorstellungen hatten sie den 
Begriff und das Wesen des Zwanges und der Strafe von jeher 
anders gefasst als es in den Lehren der herrschenden Kirchen, 
die in dieser Beziehung auf dem Alten Testament fussten, üblich 
war. Gemäss ihrer Überzeugung, dass nach der Lehre Christi 
die Rache überhaupt verboten sei, konnten sie den Begriff der 
rächenden Strafe nicht gelten lassen und waren gezwungen, sich 
auf die Anwendung erziehender Strafe zu beschränken. 

Mit ihrer Auffassung vom Gottesreiche und seinen Ein- 
richtungen hing es zusammen, dass sie als wahre Glieder der 
Gemeinde niu* diejenigen betrachteten, die aus freiem Entschluss 
und kraft selbständiger Wahl ihr beigetreten waren. 

Dieser Grundsatz machte es ihnen unmöglich, auf dem Wege 
der Gewalt, sei es unmittelbar oder durch den Arm des Staates, 
ihrer Gemeinschaft Mitglieder zuzuführen und damit fiel für sie 
die Theorie wie die Anwendung des Glaubenszwangs von selbst 
hinweg; da sie den Grundsatz der Gewissensfreiheit als 
einen wesentlichen Teil der Lehre Christi, wie sie sie verstanden, 
betrachteten, so mussten sie in jeder Kirche, die diesen Grundsatz 
verleugnete, eine Gegnerin des Christentums erkennen. 

Es bedarf kaum der Erinnerung, wie vollkommen diese 
Anschauungen mit denjenigen der „Naturphilosophen", die wir 
kennen gelernt haben, übereinstimmen. Es ist merkwürdig, dass 
selbst die Idee der „Reformation der ganzen Welt", wie Gindely 
nachgewiesen hat, schon im 15. Jahrhundert bei den Brüdern 
sich vorfindet. 

Ich weiss nicht, ob man alle diese und viele andere Über- 
einstimmungen lediglich als zufällige Erscheinungen auffassen will. 
Wie dem auch sei, so steht fest, dass sich auch in dem geschicht- 
lichen Verlauf und in manchen rein äusserlichen Dingen ganz 
auffallende Anklänge finden. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 173 

Die Beziehungen der böhmischen Brüder und aller alt- 
evangelischen Gemeinden zum Orient und zur griechischen Kirche, 
besonders ihre Vorliebe für die älteren griechischen Kirchenväter, 
sind vielfach betont worden; wie mag es kommen, dass, was wir 
an anderer Stelle im einzelnen nachzuweisen hoffen, gleiche Spuren 
auf die Zusammenhänge der Akademien mit den Griechen hin- 
weisen? Jahrhunderte hindurch war der Mittelpunkt der ausser- 
kirchlichen Christen Oberitalien, und die enge Verbindung, in 
der die „Waldenser** mit den Zünften einerseits und mit den 
Ritterorden andererseits standen, ist ja bekannt genug; wir haben 
Gelegenheit gehabt, die gleichen Beziehungen der Akademien und 
Societäten nachzuweisen. 

Ja, die Verwandtschaft erstreckt sich bis auf Namen und 
Zeichen, die bei beiden gebraucht werden: das Wort Societas 
bedeutet im Sinn der Waldenser eine Gemeinde, die Mitglieder 
der höheren Grade bei den letzteren nannten sich „Väter^* und 
„Söhne" (vgl. oben S. 166), der Name Magistri oder Meister war 
bei beiden für verwandte Begriffe üblich, und der Gebrauch von 
Brüdemamen ist hier wie dort nachweisbar. Lebensgewohnheiten, 
wie sie Gindely bei den böhmischen Brüdern schildert, kehren in 
in derselben Art unter den „Alchymisten" wieder — kurz, es sind 
so viele Berührungspunkte vorhanden, dass der Versuch, dies alles 
als Zufälligkeiten zu erweisen, schwerlich gelingen wird. 

Im Bahmen dieser Arbeit freilich soll und kann ebenso 
wenig versucht werden, eine andere Erklärung aufzustellen, viel- 
mehr kommt es hier lediglich darauf an, darzuthun, dass Comenius 
und die übrigen Brüdergeistlichen, als sie im Jahre 1628 der 
Societät des Andreae beitraten, Mitglieder eines Bundes wurden, 
dessen Grundsätze und Bestrebungen denen der Brüder ausser- 
ordentlich verwandt waren. 

Wie eng die Verbindung war und wie sie für Comenius das ganze 
Leben hindurch fortdauerte, ist ja an vielen Stellen der Untersuchung 
schon zu Tage getreten. Man braucht nur die Namen Hartlieb ^), 

*) Hartlieb war es — so erzählt Ck>inenius selbst — der ihn „an das 
Licht zog, ihm die Gunst von Mäcenen erwarb, ihm Mitarbeiter verschaffte". 
S. den Brief des Comenius an Hartlieb v. 11./21. Januar 1647 bei Gindely, 
Sitzungsberichte der böhm. Akad. 1855 S. 546. — Über H.^s Beziehungen 
zu Ck)menius s. auch Masson, Life of Milton III, 201—215 u. 221—225. 



174 Keller, Heft 5 u. 6. 

Jungius^), Harsdörfer*), Dilherr*), Zesen*), Leibniz, Pömer*), 
Wolzogen^), Hübner ii. s. w. zu nennen, um jedem Kenner des 
Comenius die zahlreichen Beziehungen ins Gedächtnis zu nifen, 
die zwischen diesen und ihm vorhanden gewesen sind. 

Als Comenius im Jahre 1641 nach London kam, wurde er 
ausser von Hartlieb, Duraeus, Pelleus auch von Th. Haak und 
von Joachim Hübner empfangen. Wie nah Hübner — es ist 
zweifellos derselbe Gelehrte, der oft unter dem Namen des 
Fundanius in den vertraulichen Briefen des Comenius vorkommt 
— dem Comenius stand, erhellt aus dessen eignen Äusserungen 
über ihn, da er ihn im Jahre 1641 als einen der vornehmsten 
Genossen seiner pansophischen Arbeiten bezeichnet^) 

Leider wissen wir bis jetzt über die Lebensgeschichte Hübners 
wenig ^), aber was wir wissen, giebt wertvolle Fingerzeige auf 
Zusammenhänge mit den Societäten. Es ist uns von Georg 
Rud. Weckerlin, den wir als Mitglied der „Tanne*^ kennen, eine 



Er war en aber auch, der an allen Arbeiten des Comenius regen und ver- 
ständnisvollen Anteil nahm, der die pädagogischen wie die pansophischen 
Entwürfe und Forschungen mit seinem Interesse und seiner thätigen Teil- 
nahme begleitete. Wenn er, der Bescheidenheit seines Wesens entsprechend, 
mit seiner Person überall zurücktrat, so ist es doch die Pflicht der Ge- 
schichtschreibung, dort, wo CJomenius* Verdienste gerühmt werden, des 
Mannes nicht zu vergessen, der ihm Freund und Berater gewesen ist. 

') Zwei Briefe des Ck>menius an Jungius aus 1642 und 1643 s. bei 
Guhrauer, J. Jungius etc. 1850 S. 264. 

*) Reber, J. A. Ck)menius und seine Beziehungen zu den Sprach- 
gesellschaften 1895. 

^ Comenius spricht am 15./25. Januar 1657 in einem Brief an Hars- 
dörfer den Wunsch aus, dass „Christus unerschüttert der Kirche ihre Säule, 
den ehrwürdigen Herrn Dilherr lange erhalten möge". Reber a. O. S. 53 
und bei A. Pater a, Briefwechsel des C. Prag 1892. S. 192. 

*) M.H. der CG. 1894 S. 339. 

*) Kvacsala, J. A. Comenius 1892 S. 240. 

®) Joh. Ludw. V. Wolzogen war einer der zahlreichen Österreichischen 
Herrn von Adel, die Mitglieder der Akademien waren. Er gehörte den 
Socinianern an. Über 20 Briefe des C. an Wolzogen bei A. Patera a. 0. 
Prag 1892. Vgl. femer Reifferscheid a. 0. Nr. 269. 

^ Patera, Briefwechsel des Comenius. S. 37. Vgl. das Register unter 
Fundanius und Hübner. 

*) Weitere Aufklärungen wären sehr erwünscht. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 175 

Ode an Joachim Hühner erhalten, in welcher ersterer diesen seinen 
Freund nennt*) 

Als Hartlieb und Comenius über die bereits besprochene 
internationale Organisation der Akademien verhandelten, da war 
es Hühner, der aus Paris an Comenius die Nachricht schickte, 
dass man dort sich an die Spitze zu stellen beabsichtige.^) 

Im Jahre 1661 wünschte Comenius einige seiner Schriften 
zur Kenntnis Friedrich Wilhelms, des Grossen Kurfürsten zu 
bringen, und er benutzte dazu die Vermittlung Joachim Hübners, 
der sich damals in Cleve aufhielt, wo der Kurfürst im Herbst 
1661 anwesend war und wo auch Duraeus sich einfand und bei 
Friedrich Wilhelm Audienz erhielt.^) 

Es ist eine durch die Geschichte der Akademien bezeugte 
Thatsache, dass deren Mitglieder das Kleinod, das sie als Gesell- 
schafts -Angehörige besassen (den „Zunftschmuck'O gelegentlich 
benutzten, um Schriften, die sie veröffentlichten, durch dies Zeichen 
als ihr geistiges Eigentum kenntlich zu machen. So führt W^eckerlin 
als Buchzeichen sein Gesellschafts-Kleinod, einen Bienenkorb mit 
zwei Lorbeerkränzen*), Joachim von Sandrart (geb. 1606), der be- 



*) S. Georg Kudolf Weckerlins Gedichte, hrsg. von Herrn. Fischer 
II, 267 (Publ. des Lit. Vereins Bd. 200). — Bei Fischer findet sich das 
Faksimile der Handschrift Weckerlins (Bruchstück eines Briefes an Martin 
Opitz) mit W.'s Unterschrift. Er unterzeichnet am Schluss seines Namens 
mit folgendem Bandzeichen, das mit dem letzten Buchstaben seines Namens 

verbunden ist; "Tv — ^^^ einer Abbildung des Poetenwäldchens in 




Harsdörfers „Pegnesis" findet sich ein Schild mit folgenden Zeichen, oben: 

unten :^ ^S^ ; dazwischen das Wort „Pegnesis". In dem 




ß 



„Teutschen Palmbaum" findet sich das Bandzeichen in folgender Form: 
, aber nicht liegend, sondern hängend. Der „Zimber-Swan" 





Condorins zeigt folgende Form ^-^>^/-v^nC^ • Auch kommt diese 



Form vor: 



S3i 



*) Patera, Briefwechsel S. 135. 
») Patera a. O. S. 230. 

*) 8. die Ausgabe von Weckerlins Gedichten von H. Fischer in den 
Publ. des Litt. Vereins Bd. 200. 



176 KeUer, Heft 5 u. 6. 

rühmte Maler, Freund Galileis und Joost van den Vondels*), 
führte das Kleinod, das er als Mitglied der Akademie des Palm- 
baums besass, in gleicher Art als Abzeichen,*) und ähnliche Bei- 
spiele Hessen sich mehr beibringen. 3) 

Unter diesen Umstanden gewinnt das Sinnbild, das Comenius 
als Buchzeichen führte — es ist das bekannte Zeichen, das jetzt 
auch unsere Gesellschaft führt — ein besonderes Interesse. Das 
Abzeichen stellt das Weltall mit Erde, Sonne, Mond und Sternen 
dar und versinnbildlicht den Kampf des Lichtes mit der Finsternis; 
auf einer Anhöhe rechts im Vordergrunde sieht man drei Bäume^ 
und aus einer doppelt geöffneten Höhle ergiesst sich ein Quell, an 
dessen zackigem Uferrand Lilien wachsen — lauter Sinnbilder und 
Anspielungen, wie sie auch in den übrigen Gesellschaftskleinoden, 
deren wir viele kennen, erscheinen.*) Wir besitzen in dem Buch- 
zeichen das Bijou, das Comenius als Mitglied des Bundes führte. 

Auch andere sinnbildliche Darstellungen und Zeichen, wie sie 
Comenius gebraucht hat, finden in der Symbolik der Akademien, 
und zwar nur in dieser, ihre Erklärung. Das Titelbild zu der 
Ausgabe des Pansophiae Prodromus, die im Jahre 1644 zu Leiden 
erschien, ist in dieser Beziehung besonders beachtenswert: in der 
Mitte sieht man eine Frauengestalt (die Pansophia) mit Krone 
und Mantel, der rechts mit dem Bild der Sonne, links mit Mond 
und Sternen bestickt ist; um ihren Hals trägt sie die Kette. Zu 
ihren Füssen sieht man Winkelmass, Zirkel, Richtscheit und 
sonstige Werkzeuge und Hilfsmittel (Risse und Zeichnungen) der 
Baukunst 5); sie steht gelehnt an einen mit einem Teppich be- 

*) Sandrart ist eine der hervorragenderen Persönlichkeiten unter den 
Mitgliedern der Akademien und sein Leben verdiente im Hinblick darauf 
eine genauere Untersuchung. 

*) Dam Kleinod ist abgebildet bei Doppelmayr, Histor. Nachricht 
von dem Nürnb. Mathematicis etc. 1730. Tab. XIV, 

') Auch Doppelmayr führte sein Kleinod als Buchzeichen. D. 
wurde später ebenso wie Leibniz, Wülfer u. A. Mitglied der Kgl. Preuss. 
Societät der Wissenschaften zu Berlin. 

*) Sehr merkwürdig ist ein Vergleich mit dem Kleinod, das die 
Academia dei Ricovrati in Padua führte; auch auf letzterem erscheint die 
doppelt geöffnete Höhle (in deren Hintergrund man einen Mann mit einem 
Hammer thätig sieht), der zackige Uferrand, die drei Bäume auf einer An- 
höhe u. 8. w. (Wagenseil, De civitate Norimb. 1697 p. 451.) 

*) Wir haben das Diplom, das unsere Diplom -Mitglieder erhalten, 
mit einer ganz genauen Wiedergabe des Titelbildes ausgestattet. 



X895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 177 

deckten Tisch, dessen Muster eingewebte Lilien zeigt; auf dem 
Tisch liegt ein aufgeschlagenes Buch; im ESntergrunde sieht man 
einige Globen und eine Sphäre und eine Reihe grosser Folianten ^) 
— lauter Sinnbilder und Zeichen, wie sie z. B. im „Teutschen 
Palmbaum'' und in anderen Schriften der Akademien mit auf- 
fallender Übereinstimmung wiederkehren. 

Auch die eigentümliche Darstellung des Palmbaums ^), aus 
dessen brennender Krone sich ein Phönix erhebt, wie sie sich 
auf Kleinoded der ,^eutschen Societaf' findet, kehrt bei Comenius 
wieder.*) 

Es ist völlig ausgeschlossen, dass Comenius diese und andere 
Symbole, die seit alten Zeiten Eigentum der Akademien waren, 
sich ohne deren Zustimmung angeeignet haben könnte. 

Es trifft sich glücklich, dass gerade neuerdings eine kleine 
Schrift erschienen ist, die des Comenius Beziehungen wenigstens 
zu denjenigen Akademien, die als Sprachgesellschaften an die 
Öffentlichkeit traten, näher untersucht und darlegt.*) Daraus 
erhellt, dass der Verkehr viel regelmässiger und inniger war als 
wir bisher wussten, und es werden eine Reihe von Thatsachen 
und Briefen^ die dies beweisen, zum ersten Mal ans licht gezogen. ^) 

Wir wissen, dass es die Pflicht der Mitglieder war, für die 
Ausbreitung der Gesellschaft nach Kräften zu wirken. Dieser 
Pflicht ist Comenius sein ganzes langes Leben hindurch eifrig 
nachgekommen, selbst noch im höchsten Alter trug er sich mit 
dem Plan, in seiner Heimat, in dem damals von der Gesellschaft 

') Die Wiederkehr von Zirkel und Winkelmass ist um so auffallender, 
weil sie sich auch in der Symbolik des „Palmbaums" oft an Stellen findet, 
wo man sie keineswegs erwarten sollte. Vgl. M.H. 1895 3/4 S. 86 und 87. 

') Nebenbei sei hier bemerkt, dass die im Jahre 1702 in Halle ver- 
anstaltete Ausgabe der Panegersie eine Bandleiste enthalt, in deren Mitte 
der Palmbaum sichtbar ist. 

^) Das Sinnbild findet sich ebenfalls auf dem Mitglieds -Diplom der 
e.G., wo es wegen seines eigenartigen, nicht eben künstlerisch schönen 
Charakters auffallt. 

*) Dr. Jos. Reber (K. Direktor der höh. weibl. Bildungsanstalt zu 
Aschaffenburg), Johann Amos Comenius und seine Beziehungen zu den 
Sprachgesellschaften. Denkschrift zur Feier des yierteltausend jährigen Be- 
standes des Pegnesischen Blumenordens zu Nürnberg. Lpz. G. Fock 1894. 

*) Dass Comenius Freunde Job. Johnston und D. Vechner mit Matth. 
Bemegger in Briefwechsel standen, beweist Reif f erscheid, Quellen zur 
Geschichte des geistigen Lebens etc. 1889. S. 841. 



178 KeUer, Heft 5 u. 6, 

Jesu völlig beherrschten Böhmen, ein Collegium Lucis oder etwas 
Ahnliches mit dem Sitze in Prag zu gründen.^) 

Gerade die wichtigsten Schriften des Comenius, die pan- 
sophischen^ sind nirgends mit grösserer Zustimmung aufgenommen 
worden als bei den Naturphilosophen. Als Hartlieb im Jahre 1637 
den ersten Aufriss der pansophischen Gedanken, den ihm Comenius 
handschriftlich gesandt hatte^ herausgab^ war die Zustimmung 
unter Hartliebs Freunden grösser als unter der strengeren Rich- 
tung der eignen Gemeinschaft des Comenius; er vermische, sagten 
diese, Göttliches und Menschliches^ Theologie und Philosophie, 
Christentum und Heidentum 2), imd Comenius hielt es für not- 
wendig, sich gegen diese Vorwürfe in einer besonderen Schrift 
zu verteidigen. Mit welcher Teilnahme dagegen das Werk in 
den Kreisen aufgenommen ward, die wir oben geschildert haben, 
bezeugt unter Anderem die erwähnte Schrift Rebers; sie weist 
nach, dass Harsdörfer in einer seiner wichtigeren Schriften, dem 
Spccimen philologiae Germanicae, sich auf Aussprüche des Comenius 
in dessen oben erwähnter Schrift beruft ') und der Umstand, dass 
binnen weniger Jahre drei Auflagen des Prodromus Pansophiae 
nötig wurden — im Jahre 1644 erschien die dritte in Leyden — 
giebt eine Vorstellung davon, wie gross die Nachfrage in den 
Kreisen der Gesinnungsgenossen gewesen ist 

Comenius kennt, wie seine Schrift Novissima Linguarum 
Methodus darthut, die Geschichte der Akademien sehr wohl; 
nachdem er die Academia della Crusca und die ,4i*uchtbringende 
Gesellschaft" gelobt hat, spricht er den Wunsch aus, dass bei 
allen Völkern derartige Gesellschaften oder Kollegien gegründet 
werden möchten.*) 

Comenius wusste genau, dass eines der wichtigsten Ziele, 
das den Akademien vorschwebte, der religiöse Unionsgedanke, 
durchaus auf den Wegen lag, die er selbst und seine Religions- 



') Kvacsala, Kurzer Bericht über meine Forschungsreisen etc. (in 
den Acta et commentationes Imp. Universitatis Jurievensis 1895 Nr. 2) S. 19. 

*) Pappen heim, J. A. Comenius. Vortrag. Berlin 1892. ^S. 35. Es 
ist in der That richtig, dass Comenius den Gedanken der Humanität hier 
wie sonst betont; aber Xleinert (Studien und Kritiken 1878 S. 37) hat im 
Anschluss an Opp. did. II, 463 nachgewiesen, dass er diesen Gredanken 
niemals von dem christlichen Boden losgelöst hat. 

») Reber, a. O. S. 28 f. 

*) Keber, a. 0. S. 37. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 179 

gemeinschaft sich gesteckt hatte ; auch mochte er richtig erkennen, 
dass der Weg praktischer Organisationen wejt eher Erfolg ver- 
sprach als die lobenswerten^ aber aussichtslosen Bemühungen des 
Johann Duraeus und anderer Freunde, die auf dem Wege von 
Religionsgesprächen und Kompromissen demselben Ziele zu- 
strebten. 1) 

Gleichzeitig freilich blieb es ihm nicht verborgen, dass die 
Akademien in der Vereinzelung, in der sie damals wirkten, leicht 
zum Spielball mächtigerer Kräfte oder zum Tummelplatz persön- 
licher Liebhabereien werden könnten. Das sicherste Mittel, um 
solchen Entwicklungen vorzubeugen, wäre die einheitliche Organi- 
sation gewesen, die er und Hartlieb seit Cromwells Emporkommen 
planten. Als mit dem Eintritt der Restauration diese Entwürfe 
als gescheitert angesehen werden mussten, waren die Aussichten 
für das fernere Gedeihen der Akademien zunächst nicht günstig. 
Aber in der Not der Zeit blieb ihnen ein wichtiger gemeinsamer 
Besitz: die grosse Litteratur und die Erinnerung an diejenigen 
Männer, die sie in den besseren Zeiten die ihrigen hatten nennen 
dürfen, vor allem an Baco, Andreae, Leibniz und Comenius. 
Die Schriften dieser Männer enthielten einen Arbeitsplan und ein 
Programm, das in dem Augenblick grosse praktische Bedeutung 
gewinnen konnte, wo es gelang, dasselbe zur Grundlage einer 
zweckentsprechenden, grossen, unter neuem Namen wirkenden 
Organisation zu machen. 

Freilich waren manche alte Namen und Formen, besonders 
die Bezeichnung „Akademien" und „Societäten" von dem Augenblick 
an nicht mehr recht brauchbar, wo die königlichen und öffent- 
lichen Anstalten sie für sich in Anspruch nahmen und diese Namen 
zur Bezeichnung von Gelehrten- Vereinen oder hohen Schulen in 
über\viegenden Gebrauch kamen. Gerade in den Kreisen der Ge- 
lehrten nahm zudem das Verständnis und die Neigung für die 
Symbolik der älteren Akademien in demselben Masse ab, als das 
allmähliche Zurücktreten der religiösen Kämpfe seit der Wende des 
Jahrhunderts das Bedürfnis nach solchen Verständigungs-Mitteln 
und Erkennungszeichen der Eingeweihten verschwinden Hess. 



*) Interessant ist der Vorschlag Bemcggers, dass die Fürsten sich die 
Hand zum Bunde reichen möchten zur Unterdrückung des reh'giösen Haders 
(vgl. den Palmenorden), während dei-selbe Bemegger sich gegen Duraeus' 
Versuche ablehnend verhält (Bünger, M. Bernegger. S. 205 f.). 



180 Keller, Heft 5 u. 6. 

Indessen pflegen geschichtliche Erscheinungen wie diese, die 
eine lange und reiche Vergangenheit haben, nicht leicht ohne 
Nachwirkungen und ohne zeitentsprechende Neubildungen aus dem 
Leben zu verschwinden. 

Eine solche Um- und Neubildung der älteren Akademien 
tritt uns seit dem Ende des 17. Jahrhunderts in den sogenannten 
„Deutschen oder deutschübenden Gesellschaften^' entgegen, die in 
Hamburg und Bremen, besonders aber an den Sitzen einzelner 
Hochschulen, wie in Leipzig, Königsberg, Jena und Göttingen, 
auftauchen und in ihrer Organisation wie in ihren Zwecken den 
älteren Societäten verwandt sind^ auch einige Formen und Namen 
derselben übernommen haben. 

Im Jahre 1697 hatten mehrere Studierende aus der Lausitz, 
die sich damals in Leipzig aufhielten (darunter Joh. Christoph 
Urban, Joh. Ad. Schön, J. Ch. Hassfurth, J. H. Krause u. a.), 
eine poetische Gesellschaft (Collegium poeticum) gegründet*), die 
an dem im Jahre 1699 als Professor der Geschichte nach Leipzig 
berufenen Joh. Burkhard Mencke (1674 — 1732)*) einen Patron 
und Schützer fand. Mencke war lange in Holland und England 
gewesen und Mitglied der Royal Society ^) geworden und er nahm 
Gelegenheit, im Jahre 1717 diese poetische Vereinigung zu einer 
„deutschübenden Gesellschaft" umzugestalten. 

Wir würden wahrscheinlich nicht viel von dieser Gesell- 
schaft — der Name Akademie verliert sich seit dem Ende des 
17. Jahrhunderts zur Bezeichnung dieser „deutschübenden Gesell- 
schaften" vollständig — ; >vissen*), wenn nicht im Jahre 1724 
Johann Christoph Gottsched aus Judithenkirch bei Königs- 

^) Einen Auszug aus den Lcges et Statuta Collegii poetici giebt 
Bruno Stübel, die deutsche Gesellschaft in Leipzig von ihrem Entstehen 
bis zur Gegenwart in den ^^Mitteilungen der deutschen Gesellschaft" (Lpz., 
T. O. Weigel 1877) Bd. VI, S. 9 ff. 

') Über Mencke s. den Artikel Flathes in der A. d. B. XXI, 310 f. 

^) Mencke ist zweifellos auch Mitglied einer der älteren ,,freien Akade- 
mien" gewesen. 

*) Aus Anlass des 25 jährigen Stiftungsfestes erschien im Jahre 1722 
ein Schediasma de Instituto Societatis Philoteutonico-Poeticae, quae sub 
praesidio ..... D. Johann. B. Menckcnii . . . hie Lipsiae congregatur etc. 
(Ein Exemplar in Göttingen.) Sie schildert die Entstehung der Gesellschaft 
und knüpft unmittelbar an die Geschichte des „Palmbaums" und der ver- 
wandten Societäten an 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 181 

berg (gest 1700) ihr Mitglied und im Jahre 1727 ihr j^ltester*' *) 
geworden wäre*). 

Die Gesellschaft nannte sich selbst auch wohl „Collegium" 
und ihre Mitglieder hiessen „Poeten", gleichviel ob sie Dichter, 
Ärzte oder Mathematiker von Beruf waren; sie wollten Nach- 
folger der alten „Collegien" und ,JPoeten" sein, deren Geschichte 
ihnen genau bekannt war. Sie betrachtete die zu Hamburg 
durch Barthold Heinrich Brockes (1680 — 1747) um 1705 ge- 
gründete „teutschübende Gesellschaft", der J. A. Fabricius, Trie- 
wald, Richey, König, Hoeft und Joh. Hübner angehörten, als 
gleichstrebende Genossin ^. 

Die Erfolge und das Vorbild der unter Gottsched um- 
gebildeten „deutschen Gesellschaft" sind es dann gewesen, die die 
Gründung gleicher Gesellschaften in Jena, Halle und Göttingen 
befördert haben. Die erstere wurde 1728 ins Leben gerufen und 
1730 vom Senat bestätigt^) Einige Jahre später (1733) stifteten 
zwei Studierende in Halle, Immanuel Pyra und Samuel Gotthold 

^) Das ist offenbar nicht die einzige Bezeichnung, die diese deutsch- 
übende Gesellschaft aus dem Brauche der älteren Akademien übernommen 
hat. — Gottsched erzählt gelegentlich: „Das berühmte Exempel der vor- 
längst in Paris gestifteten französischen Akademie brachte uns (nämlich die 
Leipziger Societät) auf den Gedanken, dass auch unsere Gesellschaft ganz 
bequem die deutsche Gesellschaft würde heissen können Nun ver- 
langen wir uns zwar weder unserer Fähigkeit noch unseres Ansehens halber 
einer so grossen Akademie an die Seite zu setzen. Wir kennen unsere 
Schwäche gar zu wohl — unsere Absichten aber sind zum wenigsten 
mit den ihrigen einerlei." (Danzel, Gottsched und seine Zeit. Lpz. 
1848. S. 83.) 

^ Gottsched war schon in Königsberg Mitglied eines ,,Collegium 
poeticum" gewesen. Er war von Königsberg aus an Joh. Burkh. Mencke 
empfohlen und fand 1724 Aufnahme in dessen Hause und unterrichtete 
Mencke's Kinder. 

') S. das eben angeführte Schediasma S. 43. Quellen über dieses 
Hamburgische Oollegium sind die Vorrede zu Brockes ,,Bethlehemitischen 
Kindermord" von Fabricius, femer Weichmanns Poesie der Niedersachsen 
c. 1723. — Das Mitglieder -Verzeichnis der Leipziger Gesellschaft aus den 
Jahren 1697—1722 findet sich in dem Schediasma S. 49 ff. - Darin fallen 
die Namen Gottfried Hübner (1703), Joh. Christian Thomasius (1713), 
Joh. George Hamann (1719), Carl Heinr. v. Sebottendorf (1704), Joh. Friedr. 
Reichel (1719) und Siegmund Würffei (1704) auf. 

'*) Vgl. Sammlung und Schriften der deutschen Gesellschaft in Jena. 
In gebundener und ungebundener Schreibart hrsg. v. G. Stollen Jena 1732« 
Monatshefte der Comenius-Qesellschaft. 189Ö. ^3 



182 Keller, Heft 5 u. 6. 

Lange, ein zunächst im Stillen wirkendes CoUegium poeticum, 
das sich Opitz^ Haller und Günther zum Vorbild nahm xmd bald 
in die Wege der Leipziger Gesellschaft einlenkte.*) 

Einen warmen Freund besassen die deutschen Gesellschaften 
an Johann Lorenz Mosheim (geb. 1695), der seit 1723 als 
Professor der Theologie in Helmstedt wirkte. Er war es, der die 
Leipziger Gesellschaft (deren Mitglied er seit 1728 und Präsident 
seit 1732 war) seinem Landesherm empfohlen hatte und der später 
auch auf die Errichtung einer gleichen Societät in Göttingen 
hinwirkte. 

Im Mai 1738 nahm letztere Gesellschaft ihren Anfang und 
erhielt von der Landes -Regierung die Genehmigung. Ihr Zweck 
war, die deutsche Litteratur und Sprache zu pflegen, aber auch 
„auf Tugend und Freundschaft" war ihr Absehen gerichtet. Der 
Vorsitzende hiess der Alteste und wurde von den Mitgliedern 
mit dem Zusatz „Verehrungswürdiger'' angeredet — ein Beweis, 
dass manche Formen aus den älteren Akademien auch hier bei- 
behalten worden waren, während freilich im Übrigen die Be- 
ziehungen zu den älteren Akademien und deren Nachfolgern sich 
cinigermassen lockerten. Zwar gab es immer noch nicht wenige 
Männer, die hier wie dort Mitglieder waren 2), aber die Leitung 
der „deutschen Gesellschaften" ging mehr und mehr in die Hände 
staatlicher und kirchlicher Autoritäten über. 

Damit sind aber die geschichtlichen Nachwirkungen der 
älteren Brüderschaften nicht erschöpft Die engen Beziehungen, 
die zwischen diesen und der Royal Society vorhanden waren, 
haben wir bereits oben erörtert Alles, was dort über die Zu- 
sammenhänge und die Unterschiede gesagt worden ist, trifft auch 
auf die freien Akademien in Deutschland und auf die Königlich 
Preussische Societät der Wissenschaften in Berlin zu. 

*) W. Kawerau, Aus Halles Litteraturleben, Halle 1888, 8. 81. 

*) Die Mitglieder der älteren Akademien oder Brüderschaften befor- 
derten die Gründung solcher wissenschaftlicher Collegien oder Vereine, mit 
denen sie in Beziehung standen, kräftig und planmässig. — D. £. Jablonski 
teilt am 20. März 1700 Leibniz mit, dass sich in Berlin ein (Kollegium 
niedicum gebildet habe; er sieht dies ganz gern, weil er der Ansicht ist, 
dass man „die bessten Leute aus solchem Collegio an sich ziehen 
könne", um für die höhere Aufgabe der Königl. Societät, die ihm vor- 
schwebte, brauchbare Mitglieder zu gewinnen. Joh. Erh. Kapp, Sammlung 
vertrauter Briefe etc. Lpz. 1745 S. 152. 



1895. Comenius und die Akademien der Naturphilosophen etc. 183 

Ein grosser Teil der Gelehrten, deren Namen mit der 
Gründung und den Anfängen der Königlichen Societät, sei es als 
Mitglieder^ sei es als Beförderer, verknüpft sind — wir haben ja 
auch die engen Beziehungen des Kurhauses Brandenburg zur 
Akademie des Palmbaums kennen gelernt — haben ihre Schule 
in den freien Akademien gemacht und sind daraus hervorgegangen, 
z. B. Leibniz, Jablonski, Beruh. Friedr. von Krosigk 
(f 1714), Friedrich Hofmann, Sturm, Wülfer, Dohna, 
Doppelmayr, Herrn, v. d. Hardt und Georg Christoph 
Eimart und es lässt sich ebeuso wenig eine Geschichte der 
Berliner wie der Londoner AJ^ademie der Wissenschaften schreiben, 
ohne des wesentlichen Anteils zu gedenken, den die älteren freien 
CoUegien und Gesellschaften an ihrem Entstehen gehabt habeu.^) 

So eng indessen die äusseren wie die inneren Zusammen- 
hänge waren, so stellten die nunmehr staatlich organisierten Ge- 
sellschaften doch eine wesentliche Umbildung der älteren 
Collegien dar. Die Mitglieder der letzteren waren durch die 
Übereinstimmung der gesamten Weltanschauung zusammengeführt 
und wurden durch ein ausgebildetes System fester Formen zu- 
sammengehalten; die freien AJ^ademien waren bestimmt, den 
ganzen Menschen zu erfassen, allgemeine sittliche und philo- 
sophische Ziele zu verfolgen und für die Erziehung des Menschen- 
geschlechts im Sinne der christlichen Religion und des von ihr 
verheissenen Gottesreiches zu wirken; die Reform der Wissen- 
schaften, die Pflege der Sprachen u. s. w. waren für sie nur 
Mittel zum Zweck. 

In den Königlichen Aikademien änderte sich dies Verhältnis 

') Wir haben auf die starke Beteiligung gerade der Reformierten und 
besonders der Glaubensflüchtlinge an den älteren Akademien hingewiesen. 
Dieselbe Erscheinung tritt in den Anfängen der Berliner Königl. Societät 
hervor, bei der die Hugenotten und sonstige reformierte Geistliche und 
Laien eine grosse Zahl ausmachten. Unter den 8 Mitgliedern, welche der 
Sekretär der Akademie, Jablonski, deren Präsidenten Leibniz im Frühjahr 
1701 vorschlug, befanden sich ausser dem oben genannten „Medicus und 
Chymicus^' Friedrich Hof mann in Halle und dem D. Joh. Fabricius (Nach- 
folger Calixts in Helmstadt) zwei Mitglieder französischer Flüchtlings-Familien, 
M. des Vignoles, Prediger der französischen Gemeinde in Berlin, und Joh. 
Bemouilli in Groningen sowie der s. Z. bekannte ref. Theologe Gerhard 
Meyer in Bremen (Joh. £rh. Kapp, Sammlung einiger vertrauter Briefe u. s. w. 
Lpz. 1745. S. 304 f.). 

13* 



184 Keller, ComeniuB und die Akademien etc. Heft 5 u. 6. 

vollständig: die Pflege der Wissenschaften wurde Selbstzweck 
und die allgemeinen Ziele traten ebenso zurück wie das System 
von Formen und Symbolen, das für die älteren Akademien so 
wesentlich gewesen war; zwar gab es auch in den Königlichen 
Instituten Grade und Stufen von wirklichen und correspondierenden, 
von ordentlichen und ausserordentlichen Mitgliedern u. s. w., zwar 
ward der Grundsatz, dass Nationalität, Stand oder Bekenntms kein 
Hindernis für die Aufnahme bilde und manches andere Ideal, wie 
es Comenius in seinem „Weg des Lichtes" aufgestellt hatte, ver- 
wirklicht Aber die Eigenart einer Gelehrtengesellschaft im engeren 
Sinn wurde beibehalten und der Charakter der Brüderschaft, 
wie ihn die älteren Vereinigungen besessen hatten, wurde abge- 
streift und musste abgestreift werden. 

Man würde fehl gehen, wenn man glauben wollte, dass die 
Männer, die seit 1650 die Träger der freien Akademien gewesen 
waren, in den schwierigen Zeiten, die zunächst für sie anbrachen, 
die alten Ziele und Grundsätze aufgegeben hätten. Zwar drängte 
sich die Überzeugung, dass neue Namen und neue organisatorische 
Formen notwendig seien, wie sie schon Comenius und Hartlieb 
ausgesprochen hatten, allen Brüdern immer bestimmter auf; auch 
gewann der alte Gedanke, dass die englischen Brüder berufen 
seien, sich an die Spitze einer solchen Reform zu stellen, immer 
mehr Boden. Als im Beginn des 18. Jahrhunderts dann in London 
der Versuch gemacht wurde, die Reform zu wagen, zeigte es sich, 
dass die Zeit in der That dafür reifer war als vor 50 Jahren, 
wo Cromwells Freunde vergeblich an derselben Au^be gearbeitet 
hatten. Es gelang, eine neue Epoche der alten Akademien 
heraufzuführen und ihrer Entwickelung eine breitere Grundlage 
zu geben. Da man die Pflege der Wissenschaften und der 
Sprachen jetzt mehr als früher den neugegründeten gelehrten Ge- 
sellschaften überlassen koimte, so war die Möglichkeit gegeben, 
um so nachdrücklicher für die humanen und sittlichen Ziele zu 
wirken, und für die Ausgleichung der religiösen und 
socialen Gegensätze, wie sie bereits Comenius vorgeschwebt 
hatte, zu arbeiten. Die Darstellung dieses neuen Entwicklungs- 
abschnittes liegt ausserhalb des Rahmens der vorliegenden Unter- 
suchung. 



Zur Erinnerung an Moriz Carriere. 

Von 
Bernhard Baehring. 



Am 29. Januar d. Js. entschlief in einem Alter von 78 Jahren 
nach reich gesegneter Thätigkeit zu München der ord. Professor der 
Philosophie Dr. Morias Carriere, ein Denker, Gelehrter und Charakter, 
dem auch in diesen Blättern eine ehrende Erinnerung gebührt. 
Geistesverwandt mit Comenius stellte er sein umfangreiches Wissen 
stets in den Dienst der Menschheit. Nicht eigene Ehre suchend, 
noch einer Partei huldigend, arbeitete er mit unermüdlicher Ausdauer 
an der Klärung der Geister über die Grundlagen unserer Bildung 
und Gesittung. Durch eingehende Verständigung suchte er auch 
Gegner zu gewinnen. Die religiösen mit den politischen Aufgaben 
unseres Volkes in Einklang bringend suchte er ein friedliches Zu- 
sammenwirken aller edlen Kräfte in Staat und Kirche zu fördern, 
um dadurch von innen heraus dem durch Blut und Eisen begründeten 
deutschen Reiche ein gesundes Gedeihen zu verschaffen. Kein Gebiet 
der Wissenschaft, der Kunst, der Religion und überhaupt des mensch- 
lichen Lebens und Treibens war ihm fremd oder gleichgiltig. Überall 
wusste sein reichbegabter Geist Goldkörner zu finden, die er zur 
Hebung der allgemeinen Bildung und Gesittung geschickt zu zeigen 
und zu verwerten verstand. Seine zahlreichen Schriften und grösseren 
Werke, die bei Brockhaus in Leipzig in einer stattlichen Gesamt- 
ausgabe erschienen sind, geben das beredteste Zeugnis von der ausser- 
ordentlichen Bedeutung dieses aus Frankreich stammenden, aber acht 
deutsch gesinnten Philosophen, Kulturhistorikers und Dichters. 

Sein Leben hatte nach seiner Aussenseite den im ganzen ruhigen 
Verlauf eines deutschen Professors. Geboren zu Griedel im Gross- 
herzogtum Hessen, auf den Universitäten zu Giessen, Göttingen und 
Berlin, wo er sich (1837) die Würde eines Doctors der Philosophie 
errang, wissenschaftlich vorbereitet, begab er sich auf einige Jahre 
zum Studium der dortigen Kunstschätze nach Italien. Im Jahre 1842 
betrat er die akademische Laufbahn als Privatdocent der Philosophie 
in Giessen, erhielt aber erst im Jahre 1849 eine Professur, weil 
seinem Charakter das Kriechen und Hofieren widerstand. 

Desto reicher aber entfaltete sich nun sein inneres Leben nach 
allen Seiten hin. Schon auf seinen Wanderungen in Italien war 
seine dichterische Begabung erwacht. Rom, Neapel, der Ätna mit 



186 Baehring, Heft 5 u. 6. 

seinem Donnern in der Tiefe und seinen Flammen, die er empor- 
sendete, begeisterten ihn zu hohen Entschlüssen. 

„Traun, wir wollen, ein Gtöttergescblecht, 

Jeglichen Berg zum Olympos schaffen. 

Wollen des neuen Jerusalems 

Kreuzpanier auf die Türme pflanzen, 

Seli^ m lieb und Eintracht stark, 

Dulder und Sieger 

Aus unentweihtem Munde 

Dem deutschen Volk 

Vom heiligen Geist begeistert singen 

Mit feurigen Zun^n 

Wie keiner ein Lied." 

Und in Rom sang er (1840): 

„Aus den Farben, aus dem Steine 

Buft in innigem Vereine 

Alt' und neue Ootterschaar, 

Dass dem Wahren wie dem Schönen, 

Wir mit Eichenlaube krönen 

Einen heiigen Festaltar. 

Und in gottgeweihter Stunde 
■Schlägt zum ewigen neuen Bunde 
Freundeshand in Freundeshand, 
Unsre vollen Gläser klingen. 
Und wir schwingen sie und singen 
Deutschen Sang am Tiberstrande." 

Diese heilige Begeisterung für alles Schöne und Grosse in 
Natur und Geschichte fand in Giessen einen Lebensmittelpunkt in 
der Tochter des berühmten Chemikers Justus Liebig. Agnes Liebig 
war am 6. Juni 1829 zu Giessen geboren, also 12 Jahre jünger als 
Moriz Carriere. Mehrere Jahre dauerte die Werbung. 

„Es stehn die Stern am Himmel fest und sehn sich nur verlangend an; 
Mein süsses Lieb, o komm zu mir, wir können selig uns umfalm." 

Endlich im Jahre 1852 fand er Erhörung im Taunusbad Soden. 

„Alles Sehnen löst sich in Entzücken. 

Die Lieder alle, die ich je gesungen, 

Sie klingen dir, sie winden sich zum Kranze 

Bräutlich dein blondes Lockenhaar zu schmücken." 

Doch erst in München, wohm er mit Liebig übersiedelte, um 
eine besser dotierte Professur zu übernehmen, fand 1853 die Ver- 
mählung statt. 

Der ehelichen Liebe Glück und Leid hat er im reichsten Masse 
zu erfahren gehabt. Zwei Kinder schenkte ihm seine Agnes, deren 
Andenken er die im Jahre 1883 herausgegebene Sammlung seiner 
Gedichte gewidmet hat: Justus, geboren 1854 und Elisabeth, geboren 
1857. Schon im Jahre 1862, am 29. Dezember, entschlief seine 
teure Lebensgefährtin und liess ihn mit seinen zwei Kindern an 
ihrem Grabe trauern. 

„Hoffnun^grüne Epheuranken 
Hüllten em den zarten Leib, 
Und verklärt von Licbtgedanken 



1895. Zur Erinnerung an Moriz Carriere. 187 

Liegst du schlummernd, liebes Weib, 
Wie ein heilig Marmorbild 
Unter Blumen ernst und mild." 

Im Liede verklärte sich sein Leid. Er konnte den Verlust 

nicht nur mit Ergebung tragen, sondern er erkannte darin sogar die 

Vollendung seines Liebesglückes. 

„Und hätt' ich gewusst, wie tief in Leid 
Dein Tod mich werde versenken, 
Wie bald ich dein so lange Zeit 
In Schmerzen muss gedenken — 
Das ganze, volle Liebesglück 
Ich hätt' es doch erkoren 
Und preise selig mein Geschick, 
Dass du mir Treue geschworen." 

Carriere fand gerade in dieser Prüfung die Bestätigung seines 
Glaubens an ein Fortleben nach dem Tode des Leibes und zweifelte 
nichtr an einem beständigen Verkehr mit der abgeschiedenen Seele, 
weil er an den lebendigen Gott glaubte, der die Liebe ist. 

„Du lebst in mir! in trüb' und hellen Stunden 
Bewahrt sich dir die Heimat meiner Brust. 
Du lebst in Gk>tt: was er so schön erfunden, 
Dess bleibt er auch erinnernd sich bewusst." 

Aber der Blick auf die verwaisten Kinder reisst dann immer 

wieder die Wunde auf! 

„Ihr armen Kinder wisst noch nicht. 
Was wir verloren haben. 
Da ihr mit trübem Angesicht 
Die Mutter halft begraben. 

O könnte, was sie mir gethan. 
Ich ihr an euch vergüten! 
Es führ' ihr Geist euch himmelan, 
Eß mög euch Gott behüten." 

Ach, und beiden musste der liebende Vater ins Grab sehen. 
Elisabeth, das Ebenbild der Mutter, in der er eine schöne Zukunft 
geahnet, starb noch nicht sieben Jahre alt am 17. Mai 1864. Beinern 
Sohne Justus hatte er 1869, als er das väterliche Haus verliess, ins 
Stammbuch geschrieben: 

„Immer der Erste zu sein und vorzustreben den Andern 
Mahnt doch Vater Homer: folge dem herrlichen Wort. 
Was du thust, das thu nur re(3it und mit ganzem Gemüte, 
Heiter und wahr im Geist, mutig im Herzen und rein. 
Günstige Sterne, sie leuchteten dir ins Leben, es möge 
Sonnige Tage der Gott, Kränze des Sieges verleibn, 
Kraft, auch Schweres zu tragen. Es hat dein kindliches Auge 
Schon so früh mit mir Mutter und Schwester beweint; 
Seien sie Gewinn dir! Wenn Schmerz und Liebe der Seele 
Dir fürs Ewige reift, denke der Holden und mein!" 

Gott hat diesen väterlichen Wunsch erhört. Justus wurde 
Professor an der neubegründeten Universität zu Strassburg. Aber 
man kann den Schmerz des greisen Vaters ermessen, als er auch 
den einzigen Sohn und Nachkommen vor einigen Jahren zum Grabe 
geleiten musst«! 



188 Baehring, Heft 5 iL 6. 

Als mir der nun allem Leid enthobene seine Gedichte im 
Dezember 1882 übersendete, schrieb er mir: „Während 45 Jahren 
suchte ich, was mich tief bewegte, in Leid und Freud für mich selbst 
zu gestalten. Hier steht es zusammen als Bild meines Seelenlebens 
und seiner £ntwickelung, zu subjektiver Ergänzung meiner objektiven 
wissenschaftlichen Arbeiten. Das Buch bringt Vieles, aber nicht für 
die Menge und ich fürchte die ordinären Feuilletonisten, wenn die 
ihren Witz daran üben wollen, ohne Verständnis für die Gemüts- 
kämpfe, denen die Ideen entsprungen sind." 

Daraus aber erhellt, dass gerade unsere Comenius-Gesellschaft 
geeignet und wohl auch berufen ist, das Andenken dieses edlen 
Geistes der Nachwelt zu bewahren. Das „Odi profanum vulgus et 
arceos", gehört ja notwendig mit in unser Programm, wenn wir im 
Geiste des edlen Comenius auf unsere Zeitgenossen wirken wollen. 

Im Jahre 1882 war auch eine Prüfung anderer Art über ihn 
hereingebrochen. „Auf beiden Augen hatte ich den grauen Staar, 
schrieb er mir in jenem Briefe, bin seit Ostern auch auf dem zweiten 
Auge operiert, sehe für das gewöhnliche Leben jetzt ohne Brille 
erträglich, mit Brille geht es auch. Ich soll mich aber sehr schonen 
und so bin ich an den langen Winterabenden an Vorlesen und Ge- 
selligkeit gewiesen und fördere wenig an eigener Arbeit. Tags lese 
ich einige Zeit mit dem linken und schreibe mit der Rechten." 

Und wie viele Werke hat er dennoch zu Stande gebracht. Seine 
litterarische Thätigkeit war so rastlos, wie die seines Amtsgenossen 
Frohschammer und ihr Erfolg bisher noch bedeutender. Seine grösseren 
Werke liegen meist in dritter Auflage vor. Was er vor den meisten 
philosophischen Schriftstellern voraus hat, ist die klare, präcise Ent- 
wickelung der Gedanken und der wahrhaft klassische, anziehende 
Stil. Meisterhaft sind besonders seine „Lebensbilder", die er 1890 
herausgegeben hat. Aber auch seine Ästhetik, seine Kunst- und 
Kulturgeschichte, sein Buch über die Poesie, das über die philo- 
sophische Weltanschauung im Keformationszeitalter. Sie sind so ge- 
staltet, dass sie bei aller wissenschaftlichen Gründlichkeit jedem 
wahrhaft Gebildeten als genussreiche Lehr- und Lesebücher empfohlen 
zu werden verdienen. 

Was Carriere aber durch seine Schriftstellerei bezweckte, ist nicht 
bloss geistiger Genuss, sondern, wie er mir selber geschrieben hat, die 
Verbreitung einer Weltanschauung, wie sie unsere Zeit erfordert, um 
unserer Kulturent Wickelung einen friedlichen Verlauf zu sichern. 

Als er im Jahre 1888 bei seinem 50jährigen Doktor-Jubiläum 
von den verschiedensten Seiten her die wärmsten Glückwünsche er- 
halten hatte, fügte er seinem Dankschreiben nachfolgende Bemerkungen 
hinzu : „Was ich heute vor fünfzig Jahren erhofft und erstrebt, das 
hat Gottes Güte mich nach einigem Kämpfen und Harren erreichen 
lassen, eine Univereitätsprofessur der Philosophie, ein akademisches 
Lehramt der Kunstgeschichte und damit ein köstlich Ding dem 



1895. Zur Erinnerung an Moriz Carriere. 189 

Manne : einen Beruf, der mir die Tagesarbeit nicht zur Laet, sondern 
zur Lust gemacht hat und heute noch macht ; im Dienste des Vater- 
landes durfte ich und darf ich nun selber leben. Das Wahre, Gute 
und Schöne erneut zu schauen, im Forschen wie in der Darstellung 
der Wissenschaft die Stimme des Gewissens zu hören und das Gemüt 
zu befriedigen, Kopf und Herz in Einklang zu bringen war mein 
Ziel. Den Idealen der Jugend im Alter die Treue zu bewahren, 
auch da, wo es noch zu ringen und zu streiten gilt und noch Vieles 
zu hoffen bleibt, ermutigt mich das Glück, das uns in der Erfüllung 
unserer Sehnsucht auf staatlichem Gebiete durch die Einigung und 
freie Gestaltung des deutschen Reiches zuteil geworden. Wird mir 
noch Leben und Kraft vergönnt, so werde ich trachten, durch Wort 
und Schrift mich der wohlwollenden Anerkennung meines Strebens 
und Wirkens würdig zu machen und durch die That den Dank ab- 
zustatten, den ich hier aus vollem Herzen darbringe." 

Er hat treulich Wort gehalten, bis ihn der Herr über Leben 
und Tod aus seiner irdischen Arbeit abgerufen hat. Ein ebenso 
thätiges als erfahrungsreiches Leben hat am 29. Januar 1895 durch 
einen Schlagfluss unerwartet schnell seinen irdischen Abschluss ge- 
funden. Vielseitige und höchst interessante Erfahrungen hatte er 
durch seinen Verkehr mit den grössten Geistern und Künstlern seiner 
Zeit gemacht; nicht minder wichtige aber in seinem empfindsamen 
Herzen durch die oft recht schmerzlichen Fügungen Gottes. Er- 
fahrungen bringen Lehre, treiben den forschenden Geist in die Tiefe, 
um das Ewige zu suchen und geben die Kraft, von dem blendenden 
Schimmer der Weltgunst sich nicht hinreissen zu lassen. Seine 
wissenschaftlichen Werke sind dadurch für alle, die das Wohl der 
Menschheit durch wahre Bildung und Erziehung aufrichtig suchen, 
von ganz besonderem Werte geworden. Wir erlauben uns noch auf 
die Vorzüge derselben aufmerksam zu machen: die ihnen zu Grunde 
liegende philosophische Weltanschauung, die geistvolle Auffassung 
der Kulturgeschichte und die patriotische Tendenz, welche überall 
bei der reinsten Universalität hervorleuchtet. 

Carriere's philosophische Weltanschauung ist die des realen 
Idealismus. Die Welt ist ihm ein mit absoluter Weisheit geordneter 
und geleiteter Organismus von unendlicher Ausdehnung und Lebens- 
fülle. Er steht in entschiedenem Gegensatz zu dem materialistischen 
Pessimismus, der alles mit dem Unbewussten entstehen und in das- 
selbe zurücksinken lässt und trotz aller scheinbaren Verstandesschärfe 
für ein absolut giltiges Sittengesetz keine Erklärung gefunden hat, 
oder, indem er alles für subjektive Vorstellung erklärt, aus dem 
Zirkel nicht herauskommt, dass unser Gehirn, das selbst nur eine 
Vorstellung sei, unsere Vorstellungen erzeuge. Carriere steht mit 
seiner Weltanschauung in wesentlicher Übereinstimmung mit allen 
grossen Denkern, die wahrhaft bildend und erziehend auf ihre Mit- 
menschen eingewirkt haben, darum ganz besonders auch mit 



190 Baehring, Heft 5 iL 6. 

Comenius, den er selbst als einen Mann von weltgeschicht- 
licher Bedeutung geschildert hat. Besonderes Verdienst aber 
hat er sich erworben durch den wissenschaftlichen Beweis des Be- 
stehens der sittlichen Weltordnung, welcher entsprechend die Menschen 
ihr privates und öffentliches Leben zu gestalten haben, wenn es ihnen 
wohlgehen soll. 

Die Grundlage der gesamten Weltordnung ist das Naturgesetz 
der Gravitation, der gegenseitigen Anziehung aller Dinge. Dieses 
wird durch die sittliche Weltordnung vergeistigt. Der Zusanunenhang 
des Menschen mit der Natur kann nicht aufgehoben, aber er kann 
und soll ihm zum Bewusstsein gebracht und mit sittlicher Freiheit 
von ihm anerkannt und bethätigt werden. Darin ist der erste Schritt 
zum Eintritt in die sittliche Weltordnung, dass sich der Mensch als 
Vernunftwesen erkenne. Als solcher findet er in sich die Fähigkeit, 
Ideen zu haben, und darum auch den Beruf, nach höherer Voll- 
kommenheit zu streben. In diesem Streben findet er nicht nur seine 
wahre Freiheit, sondern auch die rechte Lebensordnung und das 
höchste Lebensglück. Er gründet Familien, bürgerliche und religiöse 
Gemeinden und zum Schutze derselben den Staat. Seine Geschichte 
wird trotz mancherlei Verirrungen und Missgriffen ein allmählicher 
Emporgang zum Vollkommeneren. Selbst Leiden und Rückschläge 
dienen dem einzelnen wie der Gesamtheit dazu. In der Kunst aber 
besitzt der Mensch das unvergleichliche Mittel, das Vollkommene 
sich zu veranschaulichen und das Unvollkommene erträglich zu machen 
und in der Religion, den Glauben an den lebendigen Gott, den 
Frieden der Seele und die selige Hoffnung sich zu bewahren. 

Das sind in Kürze die Grundzüge der Weltanschauung unseres 
nun zur unmittelbaren Schauung übergegangenen Denkers. Frei von 
aller künstlichen Sophistik ist sie hervorgegangen aus den unleug- 
baren Thatsachen der Wirklichkeit und des Lebens. Darum ist sie 
auch im stände, wirkliches Leben und höheres Streben zu wecken. 

Diese Weltanschauung entspricht seiner Auffassung der Kultur- 
geschichte, die er unter dem Haupttitel: „Die Kunst im Zusammen- 
hang der Kulturen t Wickelung und die Ideale der Menschheit" von 
den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart" in 5 starken Bänden 
meisterhaft dargestellt hat. 

In der Menschheit wie im einzelnen Menschen sind Natur, 
Gemüt, Geist die drei Umiomente, deren Ideale in drei Perioden 
gestaltet werden. Nach einleitender Erörterung über das Wesen und 
den Ursprung der Sprache, der Gottesidee und der Schrift wird 
zuerst die Kulturentwickelung bei den Naturvölkern, dann bei den 
Chinesen, Ägyptern, Semiten, Indern, Thraciern und im 2. Bande 
Hellas und Rom in Religion und Weisheit, Dichtung und Kunst 
dargestellt. 

Durch das Christentum ist die Kultur eingeführt in die Tiefen 
des menschlichen Gemütslebens. Dichtung, Kunst und Wissenschaft 



1895. Zur Erinnerung an Moriz Carriere. 191 

haben dadurch eine neue Weihe erhalten. Auch der Islam gehört 
dieser Richtung an. Neue Völker treten auf, neue Kräfte stellen 
sich in den Dienst dieser Kulturarbeit, neue Schöpfungen treten in 
allen Zweigen der Kultur ans Licht Das christliche Mittelalter ist 
durch die Entwickelung des inneren Seelenlebens der Menschheit ein 
Fortschritt im Vergleich zum Altertum, aber doch auch nur ein 
Übergang zu einem neuen Zeitalter, dem Zeitalter des Geistes, welches 
mit der Reformation seinen Anfang genommen hat. 

Der Drang nach persönlicher Selbständigkeit und rein mensch- 
licher Bildung ist mit der Reformation in Luther und seinen Kampf- 
genossen siegreich zum Durchbruch gekommen. Im Selbstgefühl 
beginnend, durch eigenes Wollen zum klaren Selbstbewusstsein sich 
erhebend, durch eigenes Denken die Wirklichkeit und den Quell 
der Wahrheit findend, haben die reformatorischen Geister des sechs- 
zehnten Jahrhunderts ein neues Zeitalter eingeleitet, in welchem auf 
allen Gebieten des Denkens und Lebens die Menschheit zu immer 
höheren Fortschritten gelangen kann und wird. 

„unser Leben, so schliesst Carriere den letzten Band dieses 
seines Hauptwerkes, ist ein Emporgang, aber ein Schmerzen s weg, 
doch er leitet zum Heil und führt zum Frieden und seliger Voll- 
endung, wenn wir uns mit der sittlichen Weltordnung in Einklang 
setzen. Der Glaube an die sittliche Weltordnung, das heisst der 
Glaube an den lebendigen Gott, in dem wir leben, weben und sind, 
an den Ewigen, der alles aus sich entfaltet, und in und über allem 
bei sich selbst bleibt, der den endlichen Geist zur Freiheit entlässt 
und beruft, um im freien Bunde mit ihm ein Reich der Liebe zu 
haben, ein Gottesreich, in welches Christus einging, als er seinen 
Willen dem ewigen Willen ergab, als er damit das Bewusstsein der 
Freundschaft, das die Menschheit durch die Sünde verloren, wieder- 
herstellte. Dieser Glaube an die sittliche Weltordnung macht uns 
zu ihren Gliedern, ihren selbstbewussten Organen gleich air den 
Helden und Weisen, gleich all' den grossen schöpferischen Künstlern, 
deren Werke wir in diesem Lichte betrachtet haben." 

Wollen wir aber in diesem Geiste für das Allgemeine wirken, 
so müssen wir das Allgemeine und Gemeinsame in seinen besonderen 
Erscheinungen suchen und zur Geltung bringen. Nicht ein abstrakter 
Kosmopolitismus, nicht ein unstätes Herumfahren zwischen Himmel 
und Erde kann uns vorwärts bringen und zu nützlichen Arbeitern 
im Zeitalter des Geistes machen, sondern die klare Erkenntnis des 
Wahren und Guten, welches jeder in seiner Nation, in seiner Heimat, 
in seiner Religion und Konfession, in seinem Stand und Benif finden 
kann, und die Überwindung aller Selbstsucht im Gehorsam gegen 
das Grundgesetz der sittlichen Weltordnung, Gott zu lieben über 
alles und den nächsten wie sich selbst Dadurch bringen wir in der 
Menschheit das Gesetz der Gravitation zur Geltung, welches die 
ganze Natur in ihrem geordneten Gang erhält. 



192 Baehring, Zur Erinnerung an Moriz Carriere. Heft 5 11. 6. 

Carriere verband mit seinem philosophischen Universalismus 
trotz seiner Abstammung aus Frankreich, die schon sein Name an- 
deutet, einen sehr regen Patriotismus. In Deutschland war er geboren 
und aufgewachsen, mit dem deutschen Volke fühlte er sich aufs 
Innigste verbunden. Ihm durch seine Gaben zu dienen erkannte er 
als höchste Pflicht. 

Schon sein erstes grösseres Werk, das er als Docent in Giessen 
im Jahre 1846 veröffentlichte: „Die philosophische Weltanschauung 
der Reformationszeit in ihren Beziehungen zur Gregenwart", war von 
patriotischem Geiste durchdrungen. Es sollte in jener Zeit des be- 
ginnenden theologischen Rückschrittes den Beweis liefern, dass die 
Reformation der Kirche keineswegs im 16. Jahrhundert abgeschlossen 
werden konnte, sondern eine beständige Fortentwickelung ihrer 
Principien von den lebenden Geschlechtern fordert. Er 
vertrat damit einen Gedanken, den vierzig Jahre später unsere Ge- 
sellschaft selbständig wieder aufgenonunen hat und für dessen An- 
erkennung sie zu wirken bestrebt ist. 

Die nationale Bewegung im Jahre 1848 veranlasst« ihn, in seiner 
Schrift „Religiöse Reden und Betrachtungen für das deutsche Volk von 
einem deutschen Philosophen" (1850) den Weg zu einer gesunden 
Lösung der wichtigsten Fragen zu zeigen. Er that dieses in Über- 
einstimmung mit Bunsen, dem damals sehr angesehenen preussischen 
Staatsmann. „Nichts kann Europa retten als eine sittlich - religiöse 
Wiedergeburt auf philosophischem sowohl als geschichtlichem Grunde 
und eine brüderliche Vereinigung der christlichen Völker zum grossen 
Werke der Gesittung", so lautet das vorangestellte Motto. Die 
Besorgung der dritten vermehrten Auflage dieser nie veraltenden 
Reden war eine seiner letzten Arbeiten. 

Im Jahre 1890 veröffentlichte er: „Lebensbilder", in denen 
sich sein patriotisches Herz am tiefsten aufgeschlossen hat. In Oliver 
Crom well, dem Zuchtmeister der Freiheit, schilderte er ein Vorbild 
Bismarcks; an einer Reihe deutscher Geisteshelden im Elsass zeigt 
er die nationale Zusammengehörigkeit dieses Landes mit dem deutschen 
Reich; in einem Brief an Ernst Renan erinnert er an Deutschlands 
und Frankreichs gemeinsame Kulturaufgaben. Dann folgen Börne, 
Peter Cornelius, Bettina von Arnim, Liebig und Platen, Hermann 
Imanuel Fichte, Hermann Ulrici, Johannes Huber, Melchior Meyer, 
Ferdinand Freiligrath, Emanuel Geibel und endlich ein Blick auf 
seine eigenen Erlebnisse in München. Lauter beredte Zeugnisse einer 
christlich-patriotischen Gesinnung und acht philosophischer Denkweise. 

Sollte ein solcher Genius der Comenius-Gesellschaft fem bleiben ? 
Neben seinem ihm ins bessere Jenseits vorausgegangenen Amtsgenossen 
Frohschammer verdient er um so mehr in ehrender Erinnerung von 
uns gehalten zu werden, als beide Denker im wesentlichen überein- 
stimmten, in wichtigen Beziehungen aber sich gegenseitig ergänzen. 



Nachrichten. 



Wir haben früher (s. M.H. der CG. 1895 S. 64) auf die UnlTersal- 
UnlTersItät hingewiesen, die der Grosse Kurfürst im Jahre 1667 für Berlin 
im Anschluss an Gedanken des Comenius und Baco plante. In der Histoire 
Philosophique de TAcademie de Prusse etc. von Christian Bartbelm^, 
Paris 1850 I, S. 5 finden sich Nachrichten über verwandte Pläne, die zehn 
Jahre älter sind. Barthelm^ schreibt: „D^ 1656 il (d. h. der Grosse 
Kurfürst) avait songö ä doter ses Etats d'un tribunal snpr^me de la litt^- 
rature et des sciences, en faisant b&tir une ville uniquement habit^e par 
d'habiles gens tir^ de toutes les nations polic^, ime ville savante, qui 
offrit un enseignement th^orique et pratique de tout ce que l'esprit humain 
avait ddcouvert et invcnt^, savait et pouvait. Cette r^publique, peutötre 
une imitation perfectionn^e de UUranibourg de Tycho-Brah^, mais qui fait 
penser tantöt ä l'Atlantide de Bacon, tantöt ä TUtopie de Thomas Morus, 
devait jouir d'une Jurisdiction propre et ind^pendante, et s'ouvrir particu- 
Uer^ment ä ceux qui manquaient dans leur patrie de la libert^ n^essaire 
aux ^tudes et ä la pens^e. La diff^rence de foi religieuse ne devait point 
6tre un motif d'exclusion. Chr^tien, Juif, Mahom^tan, chacun serait autoris^ 
ä professer ses croyances, sous la seule r^rve de se conduire en homme 
de bien, en citoyen honn^te, en sinc^re partisan de la tol^rance. Cette 
cit^ enfin, entrep6t universel des lumi^res et des connaissances, devait r^unir 
tous les agr^ments, qui peuvent chaimer une existence litt^raire, et attirer 
les hommes de goüt et de m^rite. Demeur riante et respectable de la 
science et de la sagesse, asile de la philosophie et de la hardiesse d'esprit, 
eile serait en m^me temps pour les Muses une retraite enchant^, a laquelle 
les souverains de FEurope s'empresseraient d'accordes le privil^ge d'une 
enti^re neutralit^ dans toutes les guerres ä venir. La langue latine devait 
ötre ridiome de l'universit^ brandenbourgeoise." — Barthelm^ beruft sich 
für diese Mitteilungen auf Oelrichs, Comm. bist. litt. 1751 Diss. 1. Es ist 
merkwürdig, wie nahe diese Pläne sich mit den Ideen berühren, die, wie 
wir oben sahen (M.H. 1895 S. 153 ff), die Mitglieder der Londoner Akademie, 
die sich Macaria oder Utopia nannte, vor allem Hartlieb und Comenius 
hegten. Man wird dabei doch lebhaft an die Thatsache erinnert, dass der 
Grosse Kurfürst seit 1643 Mitglied der Akademie des Palmbaums war 
(M.H. 1895 S. 65). 



194 Nachrichten. Heft 5 u. 6. 

Man hat die Bedeutung des Zunftwesens der früheren Jahrhunderte 
für die Entwickelung der städtischen Verfassung und für die Greschichte 
des wirtschaftlichen Lebens vielfach zum Gegenstände Wissenschaft- 
licher Untersuchungen gemacht, aber die Bedeutung, welche gerade die 
vornehmeren Zünfte und zumal diejenigen, die keinen lokalen Charakter 
besassen, für die Entwickelung des religiösen Lebens gewonnen haben, 
ist noch bei weitem nicht genügend erörtert worden, offenbar zam Teil 
deshalb nicht, weil diese Aufgabe besondere Schwierigkeiten darbietet. Es 
ist ein grosser Irrtum, zu glauben, dass das religiöse Leben von jeher nur 
durch die Gelehrten, durch Theologen und Professoren geleitet und bestimmt 
worden sei; die grossen Verbände, die in Gilden, Zünften und Bruder- 
schaften aller Art neben der Geistlichkeit und den Hochschulen bestanden, 
haben sich vielfach eine durchaus selbständige Stellung zu den religiösen 
Fragen gewahrt, und es wäre eine dankbare Aufgabe, diese Sache einmal 
klarzustellen, so weit sie, da die Bewegung sich vielfach im Stillen vollzogen 
hat, heute noch klar zu stellen ist. Es konmien hierfür in erster Linie die 
Zünfte der Weber und Steinmetzen (Bildhauer, Maler, Goldarbeiter und 
Schmiede u. s. w., d. h. aller Werkleute, „die nach der Geometrie arbeiten'',) 
in Betracht. — Es ist sehr merkwürdig, dass in den Ländern, wo die 
Gregenreformation im 17. Jahrhundert Fuss fasste, nicht bloss die Geistlichen, 
die Lehrer u. s. w., sondern in erster Linie die Zunfthäuser der Gilden 
als die Träger und die Sitze der Opposition galten (vgL Keller, die Cregenref. 
in Westf. u. am Niederrhein Bd. III Nr. 556 [im Druck]). Ebenso waren es 
un das Jahr 1520 in Nürnberg, Zürich, St. Gallen u. s. w. die Zunft- 
stuben der Weber, (der „Tuchknappen") Goldschmiede u. s» w., welche 
zuerst für Luther Partei ergriffen und wo die ersten Versammlungen und 
Gottesdienste der Evangelischen stattfanden (vgl. den Artikel Wolfg. Ullmann 
in der AUg. d. Biogr. und Keller, Job. v. Staupitz, Lpz. 1888 S. 316 ff.). 
Die Zünfte und Gilden waren es denn auch, die die religiöse Beform zuerst 
nicht bloss im Sinn einer Reform der Lehre oder der Dogmatik, sondern 
des ganzen Lebens fassten und die zugleich nach der wirtschaftlichen 
und sozialen Seite eine „allgemeine Reformation der ganzen Welt'' anstrebten. 



Es wäre von besonderem Interesse, einmal genauer festzustellen, 
welche Mitglieder der Akademie des Palmbaums — eine vollständige 
Liste findet sich bei G. Krause, Fürst Ludwig von Anhalt Bd. III (am 
Schluss) und, wenn auch kürzer, bei Goedeke, Grundriss der Litteratur- 
geschichte Bd. III — zugleich Mitglieder des Johannlterordens waren, wie 
er im 17. Jahrhundert unter dem Heermeister von Sonnenberg bestand. 
Dass einzelne Johanniter Mitglieder der „Akademien" des 17. Jahrhunderts 
waren, steht urkundlich fest. Im Jahre 1611 wurde der Bruder des Kur- 
fürsten Sigismund von Brandenburg, Markgraf Ernst, der bald darauf zu 
den Reformatoren übertrat, und nach ihm dessen Bruder, der Markgraf 
von Jägemdorf, Heermeister; beide brandenburgische Prinzen haben zu 
hervorragenden Brüdern Beziehungen besessen. Im Jahre 1624 wurde 
Markgraf Hans von Brandenburg als 95. Mitglied in die Akademie des 



1895. Nadirichteiu 195 

Palmbaums aufgenommen; ihm folgten 1637 der Kurfürst Georg Wilhelm 
und lt>43 der Grosse Kurfürst Friedrich Wilhelm. 



Es ist, wie an anderer Stelle nachgewiesen worden ist, ein Kennzeichen 
der bobmischen Brüder und ihrer Vorläufer und Nachfolger — wir fassen 
sie unter dem Namen der altevangelischen Gemeinde zusammen — dass 
sie von je einen starken Widerwillen gegen Sonder-Namen gehabt und 
es stets grundsätzlich abgelehnt haben, sich nach einem Menseben zu 
nennen und durchaus nur Brüder und Christen heissen wollten; selbst der 
Name „Waldenser'' ist bis in das 16. Jahrhundert hinein nur von Gegnern 
gebraucht worden. Ein ähnlicher Widerwille tritt uns in den Akademien 
entgegen. Dem Fürsten Ludwig war durch eine hohe Anverwandte ein 
„frommer Calvinist" zur Aufnahme empfohlen worden. Darauf erklärte der 
Fürst: „In diesem Lande sind und heissen wir keine Calvinisten, obschon 
andere sich Lutheraner und (sonst) nach Menschen nennen. F» ist bisher 
noch keiner mit dem Namen eines Calvinisten, sondern als ein guter 
Christ in die Gesellschaft aufgenommen worden, wird auch hinfüro mit 
dem rottischen Namen keiner eingenommen werden'^ 



Man weiss, wie sehr die theologische Litteratur des 17. Jahrhunderts 
auf beiden Seiten von einer wüsten Polemik erfüllt ist. Auch Comenius 
war Theologe und hat in seinem langen Leben ausserordentlich viel ge- 
schrieben und veröffentlicht, auch, wie man weiss, als Angehöriger schwer 
verfolgter Ketzergemeinden in heftigen Kämpfen gestanden. Da ist es 
nun doch merkwürdig, dass wir neben zahlreichen Unions- Schriften uod 
Friedensmahnungen nur eine einzige Schrift protestantischer Polemik von 
ihm besitzen. Und diese eine ist, wie Kleinert gelegentlich hervorgehoben 
hat, „ein für jenes Zeitalter fast einzig dastehendes Muster sitt- 
licher Würde und feiner Überlegenheit". 



Im Sommer- Semester 1895 hält Herr Direktor Joh. Th. Müller, 
Mitglied des Gesamt -Vorstandes der CG., am theologischen Seminar der 
Brüdergemeinde zu Gnadenfeld (Schlesien) eine vierstündige Vorlesung über 
die Gesehiehte der böhmlsehen Brilder. Es ist uns nicht bekannt, dass 
bisher an irgend einer deutschen oder ausserdeutschen Hochschule über 
diesen interessanten und wichtigen Gegenstand, dessen Zusammenhänge mit 
der Geschichte der Waldenser und aller altevangelischen Gemeinden der 
späteren Jahrhunderte ja beute anerkannt sind, ein ähnliches Colleg gehalten 
wäre. Irren wir uns, so wäre eine Berichtigung uns sehr erwünscht. 



In den „Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung 
vaterländischer Sprache und Altertümer in Leipzig" Bd. VI (Lpz. T. O. 
Weigel 1877) S. 41 ff. veröffentlicht Oberlehrer Franz Dix einen Aufsatz 
über „die tugendliche Gesellschaft", die am 5. September 1619 von 
neun fürstlichen Frauen in Gegenwart des Fürsten Ludwig von Anhalt 
gegründet wurde und auf die schon G. Krause in Der fruchtbringenden 
Gesellschaft ältester Erzschrein, Lpz. 1855 S. 19 Anm., hingewiesen hat. 



196 Nachrichten. Heft 5 u. 6. 

Der Aufsatz ist nach Akten gearbeitet, die sich zusammen mit zahh^ichen 
Handschriften von und über Ratke (Ratichius; in der herzoglichen Bücher- 
sammlung auf 8chlo8s Friedenstein in Grotha unter Cod. Ch. B. 831^ Ra- 
tichiana und in einer zugehörigen nicht näher bezeichneten Aktensammlung 
befinden. Die Geschichte dieser Gesellschaft, die durchaus in den Formen 
des Palmbaums organisiert war, giebt weitere wertvolle Belege für die That- 
sache, dass es dem Fürsten Ludwig von Anhalt und seinen Freunden um 
weit wichtigere Dinge als um Sprachreinigung zu thun war. 



Es ist dem Herausgeber der M.H. in vielfachen zustimmenden Er- 
klärungen, zum Teil von sehr zuständiger Seite, mitgeteilt worden, dass man 
die Charakteristik der sog. Spraehgesellsehaften des 17. Jahrhunderts, wie 
sie in dem ersten Teile des Aufsatzes „Comenius und die Akademie der 
Naturphilosophen" gegeben worden ist, für durchaus überzeugend und zu- 
treffend halte. In der That ist m'cht zu bezweifeln, dass, nachdem einmal 
der Weg gezeigt ist, jede weitere Forschung die gegebene Schildenmg und 
die veränderte Auffassung jener Körperschaften und Akademien bestätigen 
wird. Die Akademie des Palmbaums und alle ihr nachgebildeten Gresell- 
schaften haben in der That viel mehr erstrebt als die Beseitigung der Fremd- 
wörter. Wir verweisen hier zur weiteren Begründung auf ein Gedicht, das 
der Gründer des „Palmbaums", Fürst Ludwig von Anhalt zur Erläuterung 
des Sinnbilds seiner Akademie, des Palmbaums, gemacht hat: 

Lernet, die ihr wei"den wollt 

Dieses schönen Ordens Glieder — 

Lernet von des Palmenbaums 

Wunderfrücht' und Nutzgepräng' 

Ihm zu gleichen fort und fort: 

Bringet Frucht in reicher Mäng' 

Auch dass ihr nach dieser Zeit 

Seid der Ewigkeiten Brüder. 



Alle Monden trägt der Baum, 
Alle Monden bringt er Früchte 
Wohl dem, der auch also ringet, 
Dass er immei: nach und nach. 
Weil er lebet hier auf Erden, 
Alles Thun zu Nutzen richte.*) 
Von einem Hinweis auf die deutsche Sprache ist in den langatmigen 
Erläuterungen des Symbols auch nicht eine Andeutung zu finden. 

*) Teutscher Palmbaum S. 59. 



Biichdruckeroi von Johannes Bredt, MQnsteri.W. 



Die Comenius-Gesellschaft 

ist zur Pflege der Wissenschaft und der Vollcserziehung 

am 10. Oktober 1891 in Berlin gestiftet worden. 
Mitgliederzahl 1895 : 1200 Personen und Körperschaften. 



"=T=" 



Gesellsohaftsschriften : 

1. Die Monatshefte der CG. Deutsche Zeitschrift zur Pflege der Wissen- 
schaft im Geist des Comenius. Herausgegeben von Ludwig Keller. 

Band 1—3 (1892—1894) hegen vor. 

2. ComeniaB-Blätter für Volkserziehuiig. Mitteilungen der Comenius-Gesell- 
schaft. Der erste und zweite Jahrgang (1893 — 1894) hegen vor. 

3. Vorträge und Auf)9ätze aus der CG. Zwanglose Hefte zur Ergänzung 
der M.H. der CG. 

Der Gesamtumfang der GesellBchaftsschriften beträgt 30 — 32 Bogen Lex. 8^ 



Bedingoing'en der Mitg'liedsohaf t : 

1. Die Stifter (Jahresbeitrag 10 M.) erhalten alle Schriften. Durch einmalige 
Zahlung von 100 M. werden die Stifterrechte von Personen auf Lebenszeit 
erworben. 

2. Die Teilnehmer (Jahresbeitrag 5 M.) erhalten nur die Monatshefte; Teil- 
nehmerrechte können an Körperschaften nur ausnahmsweise verliehen werden. 

3. Die Abteilungsmitglieder (Jahresbeitrag 3 M.) erhalten nur die Comenius- 
Blätter für Volkserziehung. 

Anmoldangoii 

sind zu richten an die Geschaftstelle derC.G., Münster i. W., Wolbecker8trasse4a. 

Der Oesamtvorstand. 

Beeger, Lehrer u.Dircktor der Comenius-Stiftung, Nieder-Poyritz bei Dresden. Dr. BorgiuB, Ep., Konsistorial- 
Bat, PoAen. Dr. Höpfiier, Geh. Ober-Beg.-Rat und Ctirator der UnirersitAt in Göttingen. Prof. Dr. 
Honlfeld» Dresden. M. Jablonaki, Berlin. Israel, Schul-Bat, Zschopau. Arehiv-Bat Dr. Iiudw. Keller» 
Staatsarchivar, MOnster i. W. D. Dr. iQeinert, Prof. und Gberkonsistorial-Bat, Berlin. ^W. J. Leenderti, 
Prediger, Ajnaterdam. Prof. Dr. Markgraf ätaduBibliothekar, Breslau. D. Dr. O. Loesolie, k. k. ordentl. 
Prof., Wien. Jos. Th. Müller, Direktor des Seminars, Gnadenfeld. Prof. Dr. Nesemann, Lisaa (Poa.). 
Univ.-Prof. Dr. Nippold, Jena. Dr. Fappenheixn, Prof., Berlin. Dr. Otto leiderer, Prof. an der 
UnlTersität Berlin. Dr. Bein, Prof. an der Universität Jena. Unir.-Prof. Dr. Bogge, Amsterdam. Sander» 
Schulrat, Bremen. Heinrich, Frina ou Sohönaich-Carolath« Schlosa Amtita. Dr. Schneider, Wirkl. 
Geb. Ober-Beg.-Bat u. vortragender Bat im Kultusministerium, Berlin. Dr. Schwalbe, BeaigTmn.-Direktor 
und Stadtverordneter, Berlin. Hofrat Prof. Dr. B. Suphan, Weimar. Dr. Th. Toeohe-Mittler, Hofbuch- 
hindler, Berlin. A. Vdvra, Prof., Prag. Dr. 'Wätaoldt, Prov.-Schulrat in Magdeburg. Dr. 'Wattenbaoh» 
Geh. Beg.-Bat u. Prof. an der Univ. Berlin. 'Weydmann, Prediger, Crefeld. 

Stellvertretende Mitglieder: 

Dr. Th. Arndt, Prediger an S. Petri, Berlin. Dr. Benrath, Prof. an der Universität Königsberg. 'Wilh. 
Böttioher, Prof., Hagen i. W. Phil. Brand, Bankdirektor, Mainz. Dr. Comba, Professor am theol. 
Seminar der Waldenser, Florenz. H. Feohner, Professor, Berlin. Univ.-Prof. Dr. Hilty, Bern. Gymnasial- 
Direktor Dr. Heussner, Kassel. Oberstlieut. a. D. Dr. M. J&hns, Berlin. Dr. Herrn, v. Jlrecek, k. k. 
Ministerialrat, Wien. Prof. D. Dr. Kvaosala, Dorpat. Launhardt, Geh. Begierungs-Bat und Prof., 
Hannover. Univ.-Prof. Dr. H. Suohier, Halle a. S. Archiv-Bat Dr. Prümers, Staatsarchivar, Posen. 
Bektor Bissmann, Berlin. Landtags-Abgeordneter von Schenokendorff, Görlitz. Dr. Q. Sohmid, 
St. Petersburg. Slamjinlk, Bargerschul-Direktor, Prerau. Uni v-. Professor Dr. von Thudichum, Tübingen. 
Freiherr aMBB von 'Wolaogen, Bayreuth. Prof. Dr. Zimmer, Herbom. 

Schatzmeister: Bankhaus Molenaar L Co., Berlin C2, Burgstrasse. 

■ I iSi I ■ 



Verzeichnis der Pfle^chaften der CG. 

Eine vervollständigte Liste wird demnächst erscheinen. 



(Der Buchstabe B hinter dem Namen bedeutet „BeTollmAchtigter im Ehrenamt", der Buchstabe 
,, Geschäftsführende Buchhandlung" und der Buchstabe V Vorsitzender einer C.Z.G. oder CK.) 



Altona: F. L. Mattigsche Biichh. G 
Altdorf: Sem.-Iiehrer a. D. J. Böhm. B 
Amsterdam: Üniv.-Prof. Dr. Rogge. V 
„ Buchh. V. Joh. Müller. G 

Augsburg: J. A. Schlossersche Biichb. G 
Barmen: Buchh. v. Adolf Graeper. 6 
Bartenstein (Ostpr.): Oberlehrer Dr. Lentz. B 
Bayreuth: Buchh. v. B. Giessel. G 
Berlin: Buchh. v. F. Schneider u. Ck)., W. 

Leipz. Str. 128. G 
Bremen : Dr. E. Brenning, Realgym.-Lehr. B 

„ Buchh. V. H. W. Silomon. G 
Breslau: Buchh. v. E. Morgenstern. G 
Bnnzl^u: Buchh. v. Ernst Muschket. G 
Cottbus: Buchh. v. Carl Brodbeck. G 
Crefeld: Weydmann, Pastor. B 
Czernowitz: Prof. Dr. Hochegger. V 

„ Buchh. V. H. Pardini. G 

Christlania: Buchh. v. Cammermeyer. G 
Danzig: L. Sauniers Buchh. G 
Detmold: Sem.-Direkt. Sauerländer. B 

„ C. Schenks Buchh. G 
Dortmund: Realgyran.-Dir. Dr. Aulcr. B 
Dresden: H. Burdach, K. S. Hof-Buchh. G 
Düsseldorf: Buchh. v. Herrn. Michels. G 
Einbeck: Oberlehrer Dr. Ellissen. B 

„ Buchh. V. H. Ehlers. 6 
Eiseuacli: Sem.-Dlr. E. Ackermann. B 

„ Buchh. V. Bäreck. 6 
Elbiug: Oberlehrer Dr. Bandow. B 
„ Buchh. V. Leon Saunier. G 
Elberfeld: Buchh. v. B. Hai-tmann. 6 
Emden: Haynelsche Buchh. G 
Frankfurt a. M. Detloffsche Buchh. G 
Oiessen: Ferbersche Univ.-Buchh. G 
Glogau: Oberlehrer Baehnisch. B 

„ Buchh. V. C. Reissner's Nachfolger. G 
Gotha: Oberschulrat Dr. von Bamberg. B 
Görlitz: Gymn.-Dir. Dr. Eitner. B 
Guben: Buchh. v. Albert König. G. 
Hagen (Westf.): Prof. W. Bottichen V 

„ Buchh. von Gustav Butz. G 

Halle a.S.: Univ.-Prof. Dr. Uphues. B 
Hamburg: Oberlehrer Dr. Dissel. B 

,, C. Gassmanns Buchh. G 

Hamm: Bektor Bartholomaeus. B 
Hannover : Realgymn.-Dir. Ramdohr. B 

,, Buchh. v. Ludwig Ey. G 
Heidelberg: Direkt. Dr. Thorbecke. B 
Herbom: Prof. Dr. Zimmer. B 
Jena: Inst.-Direktor Pfeiffer. V 

„ Döbereinersche Buchh, (Rassmann) B 
Kassel: Gymn.-Dir. Dr. Heusener. B 

Buchh. V. M. Brunnemann & Co. G 



19 



Königsberg). Pr. Graefe&Unzersche Buchh. G 



Lauban: Buchh. v. Denecke. G 
Leipzig: J. C. Hiniichs'sche Buchh. G 
Lengerieh: Rektor 0. Kempcr. B 
Lennep ! Prof. Dr. Witte, Kreisschulinsp. V 

„ Buchh. V. R. Schmitz. G 
Lippstadt: R^algj^mn.-Dir. Dr. Schirmer. B 
Lissa i. P. : Prof. Dr. Nesemann. B 

„ Buchh. V. Friedrich Ebbecke. . G 

London : Buchh. v. Wilhams and Norgate. G 
Lüdenscheid: Dr. med. Boecker. B 
Magdebui'g: Buchh. v. HeinrichAhofen. G 
Mainz: Bankdirektor Brand. B 

,, H. Qu asthoff 8 Buchh. G 
Meiningen: Oberkirchen rat D. Dreyer B 
Mühlliauseni. Th.: Diakonus J. Clfiver. B 
Mttneiien: Schulrat Dr. Rohmeder. B 

„ Hofbuchh. V. Max Kellerer. G 
Münster: Buchh. v. Obertüschen. G 
Neuwied: Prediger Siebert. B 
Xordhausen: Oberlehrer Dr. Nägler. B 

„ Förstemannsche Buchh. G 

Nürnberg: Postmeister Aug. Schmidt. B 

,, Buclih. V. Friedr. Korn. G 

Oschatz: Sem.-Oberl. Ernst Hänsch. B 
Osnabrück: Pastor Lic. theol. SpiegeL B 

„ Buchh. V. Rackhorst. G 

Paris: Buchh. v. Fischbacher. G 
Posen: Buchh. v. Friedrich Ebbecke. G 
Potsdam: Buchh. v. R. Hachfeld. B 
Prag: Buchh. v. Fr. Rivnäc, G 
Prerau (Mähren) Direktor Fr. Slam^nik. B 
Quedlinburg: Rektor Ed. Wilke. B 

„ Buchh. V. Christ. Vieweg. G 

Remscheid: Hauptlehrer R. Lambeck. V 

,, Buchh. V. Herrn. Krumm. G 

Rostock: Dir. Dr. Wilh. Begemann. B 

,, Stillersche Hof- u. Univ.-Buchh. G 
Ruhrort: Buchh. v. Andrcae u. Co. G 
Sagan: Kreisschulinspektor Arndt. B 

„ Buchh. V. W. Daustein. G 
Soest: Lehrer W. Handtke. B 

,, Rittersche Buchh. G 
Stade: Direktor Dr. Zechlin. B 

,, Schaumburgsche Buchh. G 
Stettin: H. Dannenbergsche Buchh. 6 
Stockholm : Dr. N. G. W. Lagerstedt. B 

„ Hofbuchh. V. C. E. Fritze. G 

Strassburg i. Eis. Sem.-Dlr. Paul Zänker. B 
Wesei: Buchh. v. Karl Kühler. G 
Wien: Buchh. v.A.Pichlers Wwe. u. Sohn. G 
Wiesbaden: Gymn.-Oberl. Dr. Hochhuth. B 

,, Buchh. V. Felix Dietrich. G 

Zchopau: Schulrat A. Israel B 
Zürich: Buchh. v. Meyer Sc Zeller. G 
Zwickau: Oberl. Dr. P. Stötzner. B 



¥^4^¥^ 



§87 






m 




Monatsliefte - .^95 
Comeniüs-GesellscnäTt. 

Herausgegeben von Ludwig Keller. 




Vierter Band, 

Siebentes und achtes Heft. 
^Oktober 1895. 



"^ Berlin und Münster i./w. 

Verlag der Comenius-Geaellschaf t. 

Johannes Bredt in Knni; 
1805. 



^^^^Hg^m^r-ß^^-:^^'^;:^ 



Inhalt 

des siebenten und achten Heftes 189 5. 



AbhandluRgren« seit« 

Prof. Dr. Franz Ritten Ton Krones, Karl voi^ Zierotin und der Kreis 

seiner deutschen Freunde und Zeitgenossen. Eine Studie ... 194 
B.. Aron, Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen . . . 217 
Dr. Joh. V. NoväJL, Das älteste pansophische Werk des Comenius. (Das 

Theatrum universitatis rerum) 242 

Besprechungren. 

Th. Burckhardt - Biedermann, Bonifacius Amerbach und die Reformation. Basel, 
R. Reich 1894 ^'on K. S.). — Jos. Reber, J. A. Comenius und seine Besiehungen eu den Sprach- 
gi'seUschaften (Bötticher) 233 

Nachrichten. 

Adolf Lassons Urteil Ober die altdeutsche Mystik. — Die Grafen von Zierotin 
und die mährischen Brüder. — Die Idee eines Religion skon grosses bei Comenius. — Symbolik 
in der Gesellschaft des Palmbaums. — Kvacsala über Canipanella und Ck>menius. — Nuväks Arbeiten ^^ 

auf dem Gebiet der Comenius-Forschung 2di 



Die Monatshefte der CG. erscheinen monatlich (mit Ausnahme des Juli 
und August). Die Ausgabe von Doppelheften bleibt vorbehalten. Der Gre- 
samtumfang betragt vorläufig 20 — 25 Bogen. 

Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge; falls die 
Zahlung der letzteren bis zum 1. Juli nicht erfolgt ist, ist die Greschäftstelle 
zur Erhebung durch Postauftrag unter Zuschlag von 60 Pf. Postgebühren 
berechtigt. — Einzelne Hefte kosten 1 Mk. 25 Pf. 



Jahresbeiträge und Anmeldungen, sowie einmalige und ausserordentliche 
Zuwendungen bitten wir an das 

Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C. 2, Burgstrasse 

zu senden. 



Bestellungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, 
die Postämter — Postzeitungsliste Nr. 4296^ — und die Geschäftstelle der 
Comenius-Gesellschaft, Charlottenburg Berliner Str. 22. 

Anzeigen finden durch die Monatsschriften der CG. in den beteiligten 
Kreisen weiteste Verbreitung. Die gespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum 
kostet 20 Pfg.; bei grösseren Aufträgen entsprechende Ermässigung. Anfragen 
und Anträge sind an Johannes Bredt, Verlagsbuchhandlung in Münster i. W. 
zu richten. 



Für die Schriftleitung verantwortlich: Arohiv-Bat Dr. Ludw. Keller 

in Charlottenburg, Berliner Str. 22. 



Monatsheft 

der 




/ f 




Oomenius-Gesellschaft. 



IV. Band. -0 1895. ^ Heft 7 u. 8. 

De7' Unterzeichnete hat jetzt seinen Wohnsitx in Berlin- 
Cfiarlottenburg und wohnt 

Charlottenburg, Berliner Str. 22. 

Alle für die Schf^ftleitung dieser Zeitschrift und die Oe- 
schäftsteile der C. O, bestimmten Sendungen bitte ich daher bis 
anf weiteres an die angegebene Adresse xu richten, 

Charlottenburg , im August 1895, 

JLrobijr'Rat Dr. Ludw* JSleller. 



Karl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen 

Freunde und Zeitgenossen. 

Studie 
von Prof. Dr. Franz Ritter von Krones in Graz. 



Das Leben Karls von Zierotin, des mährischen HochadKgen 
und Staatsmannes, bewegt sich innerhalb der Jahre 1569 und 1636. 
Seine Kindheit verfliegt in den Tagen Kaisers Maximilian II., 
unter dessen Herrschaft die grossen Gegensätze im Reiche und 
in den Ländern des Hauses Habsburg zum Gewitter sich an- 
sammeln, das dann in den Zeiten seines unseligen Nachfolgers, 
Rudolf II., an der Wende zweier Jahrhunderte, losbricht, zunächst 
jenseits der Leitha, dann hüben, in Osterreich und in den böh- 
mischen Provinzen, während in Deutschland die Union^ das Auge 
bald ostwärts, bald westwärts, nach jenen Vorgängen und nach 
Frankreich wendet, und ihr planreicher Sachwalter, Fürst Christian 
von Anhalt-Bernburg, das Verhängnis Habsburgs als entschieden 
und den Sieg der eigenen Sache, der fürstlichen Libertät und der 
reformierten Kirche, gesichert vermeint 

Monatshefte der Comenius-Oesellschaft. 1896. 24 



198 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

Diese Hoffnung schlug allerdings fehl. Die ruckweise Ent- 
thronung Kaiser Rudolfs U. besagte noch immer nicht das Ende 
deutschhabsburgischer Herrschaft, und auch jenseits der Pyrenäen 
behauptet sich die Geltung der Schwesterdynastie. Heinrich IV. 
wird (1610) ermordet, und mit seinem Hinscheiden verflüchtigt sich 
der vielumfassende Plan einer Neugestaltmig des Abendlandes. 

Aber von 1612 — 1618 sammelt sich der Stoff zu dem 
Kriege, welcher die Gegensätze politischer und religiöser Natur 
in den Provinzen des Hauses Habsburg und in Deutschland ge- 
waltsam ausgleichen, oder, besser gesagt, durch den Sieg der einen 
Sache über die andere zum Austrag bringen soll. Seinen Aus- 
bruch und seine grössten Wandlungen erlebte Zierotin aber nicht 
mehr als leitender Staatsmann in seiner Heimat, sondern im Ruhe- 
stande, meist in der Fremde (zu Breslau), müde und vereinsamt. 

Seine Lehr- und Wanderjahre schliessen mit 1594. Dann 
sammelt sich der reichbegabte, welterfahrcne Kavalier von 30 
Jahren für grössere Aufgaben. Seit 1605 tritt er in den Vorder- 
grund des politischen Lebens seines Vaterlandes, und mit der 
Wahl zum Landeshauptmann, 16. Juli 1608, beginnt die Mittags- 
höhe seines thätigen Daseins; als er 1614, 26. Februai', seinem 
domigen Amte entsagte, hebt bald der lange, düstere Lebens- 
abend an. 

Zwei Ideale hatte bisher Zierotin fest- und hochgehalten, 
den Sieg seines Glaubensprinzips, des mit den Reformierten 
verschwisterten Bekenntnisses der böhmisch -mährischen Brüder- 
gemeinde, und die staatsrechtliche Vereinigung aller Län- 
der des kaiserlichen Hauses Deutschhabsburg in einem 
feudalen Reichsparlamente. Beide Ideale verwirklichten sich 
nicht. Das religiöse scheiterte an der Widerstandskraft der mäh- 
rischen Kirche und an dem heftigen Widerstreite, der das Luther- 
tum und die reformierte Kirche auseinanderhielt, — das politische 
an dem Partikularismus der ungarischen, böhmisch-mährischen und 
österreichischen Länder-Stände und an dem Übermass ihrer Forde- 
rungen. Vergebens liess Zierotin, der „Legitimist", der Anhänger 
der Erbmonarchie, seinen Warnungsruf erschallen: man möge 
nicht zuviel begehren, um dann vielleicht alles zu verlieren. Der 
Warnungsruf ward überhört, Zierotin musste es erleben, dass ihn 
die Bewegungspartei als „Reaktionär" verdammte; aber die Schlacht 
am Weissen Berge, der 8. November 1620, gab ihm Recht 



1895. Karl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 199 

Sechszehn Jahre verstrichen seither, der grosse deutsche Krieg 
entwickelt sich, er wird ein europäischer, endloser; inmitten dieser 
Krise stirbt Zierotin. Wohl blieb es ihm unbenommen, auf seinen 
Gütern in Mähren zu verweilen und seinem Bekenntnisse anzu- 
hängen; aber er erscheint in der Heimat nur ab und zu als Gast; 
nichts war ihm übrig geblieben als der Trost, den die Wissen- 
schaft und der Glaube spenden. Er hatte sich als Politiker über- 
lebt und lebte mehr in sich als in der Zeit, die ihm stets fremder 
wurde. 

Das Geschichtsleben Zierotins ist ein Stück der Geschichte 
der Jahre 1600 — 1615 und füllt längst ein bekanntes, gutes 
Buch^). Was der Verfasser dieses Aufsatzes zu bieten gedenkt, 
ist etwas anderes, die Stellung Zierotins in und zu der 
Geistesrepublik seiner Zeit, vornehmlich auf dem Boden 
Deutschlands. 

Zierotin ist so ganz und gar der beste Typus des mährisch- 
böhmischen Herrenstandes in der Schlusshälfte des 16. Jahr- 
hunderts in seinen bildungs- und wissensfreundlichen Elementen 
und anderseits der der Brüdergemeinde in Hinsicht ihrer univer- 
sellen Stellung. Rühmt doch Zierotin sein Geschlecht, das durch 
anderthalb Jahrhunderte dem rechten Glauben treu geblieben sei. 

Der Edelmann, dessen Schriften für die slavische Heimat- 
sprache seiner Zeit geradezu mustergiltig^) genannt werden müssen, 
ist auch des Deutschen mächtig; er korrespondiert im eleganten 
Latein, in gutem Französisch und Italienisch. Seine Briefe 
umfassen den ganzen Kreis der adeligen Stimmführer Mährens, 
Böhmens, Österreichs und Ungarns; sie sind an französische 
Staatsmänner und Diplomaten, an die gekrönten Häupter Frank- 
reichs und Englands, an britische Lords so gut wie an deutsche 
Fürsten, den Pfälzer und den Markgrafen Georg von Brandenburg 
vor allen, gerichtet 

Was uns aber am meisten fesselt, angesichts dieser Zeug- 
nisse weltbürgerlicher Bildung, eines universellen Verkehrs, 

^) Peter Ritt. v. Chlumeczky, Karl von Zierotin und seine Zeit 
1564-1615. Brönn 1862. XXIV u. 864 SS. 

') Die Audgabe der in böhmischer Sprache abgefassten Staatsschriften 
und Korrespondenzen besorgte der mährische Landesarchivar Dr. Brandl, 
Brunn, 1870—72. Vgl. d'Elvert, Mährens hist. Litteraturgeschichtc (Brunn 
1850, Nachtrage 1854). 

14* 



200 V. Kronee, Heft 7 ii. 8. 

der aus den Wanderjahren auswärtiger Hochschulstudien, aus 
weiten Reisen und aus der persönlichen Geltung des Mannes, 
daheini und in der Fremde, sich zwanglos ergab, sind Zierotins 
dauernde Beziehungen zur glaubens verwandten Gelehrten- 
welt Deutschlands^). Hier flössen das stetige Bedürfnis, lieb- 
gewordene geistige Beziehungen zu pflegen, die Stätten deutscher 
Bildung, dem adeligen Nachwuchs erschlossen zu halten, mit dem 
Drange des Genossen der „Brüderschaft*^ in einander, das Band 
der Glaubensinteressen durch Deutschland, die Schweiz und die 
romanische Protestantenwelt möglichst weit und fest zu schlingen. 
Da gab es keinen Raum für die nationale, bildungsfeindliche Ein- 
seitigkeit des Hussitismus, der im nationalen und Glaubenskriege 
wider Deutschtum und römisches Kirchenwesen erstand, erstarkte 
und erstarrte, wohl aber für Interessen, die kein Monopol eines 
einzelnen Volkes waren. 

Die grundlegende Bildung hatte Zierotin in der Heimat, an 
der von seinem Vater (1575) begründeten Brüderschule zu Eiben- 
schitz empfangen. Hier wirkte als „Rektor** E. von Rüdiger 
oder Rudinger, der Ostfranke, geboren 1523 zu Bamberg, der 
Eidam des berühmten Camerarius, er, der zu Wittenberg Philo- 
sophie, Physik und griechische Litteratur gelehrt hatte, und 1574 
als bestverläumdeter „Kryptokalvinist" es vorzog, die Hoch- 
schule des Sachsenlandes mit Nürnberg und dann mit dem stillen 
Mai'kte Westmährens in der oben erwälmten Berufsstellung zu 
vertauschen, die er bis zu seinem Scheiden aus dem Lehramte 
innehatte. Dass Zierotin auch sein Schüler war, bezeugt das 
Tagebuch des Letzgenannten vom Jahre 1588. 

Den häuslichen Unterricht erteilte und überwachte jedoch 
Lorenz Zirkler, früher zu Brunn, dann zu Eibenschitz. Er war 
es auch, der als „Studienleiter" („paedagogus" oder „studiorum 
director^*), mit Wenzel Lavinus von Ottenfeld (als „Präceptor^*, 
Hofmeister) zur Seite, den jungen Edelmann der höhern Ausbildung 



^) ZunäcliBt hat Monse u. d. T. ^^Epistolac selectac Caroli L. B. a 
Zierotin (Brunn 1781)" aus diesem Schatze Zierotinscher Korrespondenzen 
Proben geboten. P. v. Chlumeczky teilte dann 1854 (Schriften d. bist. 
Sektion, Brunn 7. Bd. 55 — 95 vgl. Notizenblatt d. bist. Sektion Brunn 1856, 
S. 64, 1857 S. 16) die Übersiebt der off. u. Priv.-Korresp., d. Tagebücher u. 
Akten-Samml. Zierotins mit. (S. w. u.j 



1895. Karl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 201 

an der Strassburger Universität zuführte i). Das geschah 1579, 
als Zierotin ins 16. Lebensjahr eintrat und bereits ein Stück Welt, 
Italien, besucht hatte. 

Laurenz Zirkler, ein Kind Schlesiens, geb. zu Goldberg, war 
Schüler Trotzendorfs und Melanchthons, dann Lehrer an der hei- 
mischen Schule und Erzieher der Fürstensöhne von Brieg, bis 
ihn ehrende Aufforderungen böhmisch-mährischen Adelsfamilien, 
voran dem Hause Zierotin, zuführten. Karl von Zierotin preist 
dies als „göttliche Fügung^^ Stets blieb er dem wackern aber 
etwas unsteten Manne, wie auch dessen Lebensstellung wechseln 
mochte, mit dankbarer Empfindung eigeben. „Alles, was ich weiss, 
verdanke ich ihm", schreibt er in sein Tagebuch, und es verlohnt 
sich der Mühe, sein Schreiben aus späterer Zeit (Oktober 1591, 
ßrandeis) an Zirkler zu lesen, worin Zierotin lebhaft beklagt, dass 
Zirkler ihm die Freude des Wiedersehens nicht vergönnt habe. 
Eines bleibe unwandelbar, schreibt er: „ich bin ganz Dein und 
werde es sein, so lange ich lebe" 2). 

Zu Strassburg waren namhafte Professoren Lehrer unseres 
Zierotin. So der Thurgauer Konrad Rauhfuss (Dasypodius, 
der Sohn Peters, der auch zu Strassburg gelehrt hatte, -j- 1559), 
ein tüchtiger Mathematiker und Herausgeber des Euclid in griechi- 
scher und lateinischer Sprache, dessen rechnerische Talente auch 
die astronomische Uhr am Strassburger Münster verewigte; ge- 
storben zu Strassburg 26. April 1600, — femer der Latinist 
Johann Lobecius, der Rhetor Melchior Junius und der 
Vertreter des Griechischen und der Geschichte Michael Bosch. 

Wenn Strassburg den ersten Grund der Hochschulbildung 
Zierotins gelegt hatte, so sollte sie in Basel foi-tgesetzt werden, 
wo die reformierte Kirche entschiedene Vertreter im Lehrstuhle 
vorfand, das Bekenntnis der Briider somit eine verwandtere 

^) Die Hauptsammlung der nicht-slavischen Korrespondenz 
Zierotins, auf welcher das Folgende vorzugsweise beruht, wurde nach dem 
Ableben Peters von Cblumeczky, seines Biographen, 1879 als Bcilagcnband 
von der bist. Sektion der mähr.-scbl. Ges. z. B. des A. d. M. u. L. durch 
d'Elvert veröffentlicht. 352 SS. 

') Vgl. meine Studie „Karl v. Zierotin u. sein Tagebuch vom Jahre 
1591 in d. Ztschr. f. Kulturgeschichte, hreg. v. Dr. G. Steinhausen, 
Weimar 1894, II. Bd. 1. H. 1—30, über Zierotins Reisen u. s. w. Dudik, 
gab 1850, i. d. Werke „Mährens Gcschicbtequellcn", Auszüge aus den Tage- 
büchern v. 1588, 1589 u. 1590. 



202 V. Krones, Heft 7 iL 8. 

theologische Nahrung empfing, als dies in Strassburg der 
Fall sein konnte. 

Hier, in Basel, wurde Joh. Jakob Grynäus, der Sohn 
Berns (geb. 1540), vom Luthertum zur reformierten Kirche über- 
getreten, als Professor des alten Bibelstudiums der einflussreichste 
Lehrer und Freund Zierotins. 1583 — 86 vollführte Grynäus die 
Neugestaltung der Heidelberger Universität im Sinne der refoi^ 
mierten Kirche, und hier traf Zierotin auf seiner späteren Reise 
mit dem geliebten Meister wieder zusammen, der dann dauernd 
sein Lehr- und Predigeramt in Basel neuerdings aufnahm. 

Von andern Professoren dieser Hochschide waren es Theodor 
Zwinger (ursprünglich Professor der griechischen Sprache und 
Moralphilosophie, dann der Medizin, f 1588, 10. März), der 
Franzose Wilhelm Aragosius, Jakob Covettus, Felix 
Plater^) und Castiglioneus (Bonaventura, aus MaUand), deren 
Unterricht Zierotin genoss. 

Aber auch nach Genf, an die Universität, wo der allge- 
mein verehrte Vorkämpfer des Kalvinismus, ein Theodor Beza, 
lehrte, wandte sich Zierotin, um seine Hochschulbildung abzu- 
schliessen. Besonders eifrig betrieb er hier das Studium der 
lateinischen und griechischen Klassiker. 

Von Genf aus hatte er zum erstenmale, 1588, Frankreich 
betreten, um die Vorkämpfer der Hugenotten, vorab Heinrich den 
Beamer, kennen zu lernen ^). Von Frankreich ging es nach Eng- 
land, in die Niederlande, dann zurück nach Deutschland. 

Voll bedeutender Eindrücke und Erinnerungen an hervor- 
ragende Menschen kam Zierotin nach Heidelberg. Hier machte 
er Bekanntschaft mit dem Humanisten und pfälzischen Hofdichter 
Paul Schede von Meirichstadt (Melissus, geb. 1539, gest 1602), 
seit 1586 Bibliothekar des Kurfürsten, und mit dem streitlustigen 
Kämpen der reformierten Kirche, DanielTossanus aus Mömpel- 
gard (geb. 1541, gest 1602 in Heidelberg). 

Die bekannt gewordenen Tagebücher Zierotins von 1588, 

^) oder Platter, Sohn des gelehrten Buchdruckers Thomas, ein tüch- 
tiger Mediziner, geb. 1536, gest 1614. Vgl. G. Frey tags Bilder a.d. deut. 
Vergangenheit. 

*) über diese Beziehungen vgl. meine Studie vom Jahre 1894 a. a, 0. 
Anm. 5. 



1895. Kftrl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 203 

1589, 1590 und 1591 1) beweisen am besten, wie gründlich er 
Deutschland kannte, wie beweglich und empfänglich sein physisches 
imd geistiges Auge war. 

Sein Brief buch 2) aber spricht am besten, wie sehr es auch 
späterhin sein innerstes Bedürfnis blieb, die persönlichen Be- 
ziehungen zu dem weiten Kreise von Bekanntschaften aus den 
Lehr- und Wanderjahren zu pflegen und zu nähren. Und darin 
ruht ein Schlüssel zu der vornehmen und weltbürgerlichen Denk- 
art Zierotins innerhalb des von seinem religiösen Empfinden ge- 
zogenen Gesichtskreises. 

Wir wollen nun aber die Bahn dieser allgemeinen Erwägungen 
verlassen und ausgiebige Proben aus der Korrespondenz Zierotins 
mit seinen Freunden und Zeitgenossen in Deutschland bieten. 

Die erste Stelle gebührt seinen Briefen, die sich um die 
Stadt und Hochschule Strassburg bewegen. 

Schon im fünfzehnten Lebensjahre (1579) hatte Zierotin auf 
seiner Reise aus Italien heimwärts die alte Reichs- und Bischofs- 
stadt kennen gelernt und hier, wie bereits oben gesagt worden, 
sein Universitätsstudium begonnen. Auch später führten ihn die 
Lehr- und Wanderjahre in die ehrwürdige Metropole des deutschen 
Oberrheins und knüpften so die Beziehungen des Strassburger 
Rates mit dem mährischen Barone und Glaubens verwandten fester, 
wie dies sein deutscher Brief vom 16. April 1600, geschrieben 
auf dem Rossitzer Schlosse, darlegt. 

„Der weitberühmte Name der kaiserlichen freien Reichsstadt 
Strassburg*' — heisst es hier^) — „sowohl auch die löblichen 
Ordnungen der Academia, wie auch die Freundlichkeit und der 
geneigte Wille der Inwohner für die Fremden, voniehmlich aber 
die gute Nahrung, Zucht und Institution, so ich alldort empfangen, 
haben mich dazu bewegt, dass ich dieselbe fast nicht anders als 
mein eigenes Vaterland schätze und achte, auch meine Landsleute, 
vornehmlich aber meine nächsten Verwandten und Blutsfreunde 
allenthalben veranlasse, dass sie ebenfalls ein solches Herz der 
gemeldeten Stadt entgegenbringen vne ich; daraus folgt denn auch, 

') Vgl. darüber meine Abhandlung und die bezüglichen Mitteilungen 
im Hauptwerke Peters von Chlumeczky. 

*) 8o nenne ich die Arbeit. Anm. 4 cit. Beilagenband zum Werke 
Chlumeczkys. 

^) Ich teile ihn wortgetreu, nur mit etwas veränderter Schreibweise mit. 



204 ▼. Krones, Heft 7 ii. 8. 

das8 ich mich aufs fleissigste bemüht habe, dass die edle Jugend 
meines Vaterlandes und ansehnlicher Herrn Kinder nirgend 
anderswo als zu den Herrn, in ihre Stadt und Academia zur Er- 
lernung der und andrer löblichen Tugenden geschickt wurden. Und 
dieweil mir bewusst, dass bei solchem und gleichem Vornehmen 
gute Exempel sehr behülflich sind, habe ich erstlich Ursache dazu 
gegeben und den Weg geöffnet, dass Herr Zdenko, Herr von 
Waldstein^), mein nächster Blutsfreund, alldahin geschickt werde, 
darnach habe ich in der Folge bald meinen Vetter, den ich nicht 
weniger als meinen eigenen Sohn schätze, dahin geschickt, daher 
es denn auch gekommen, dass etliche meiner Landsleute und 
Freunde ihre Kinder in oft genannte Stadt einer nach dem andern 
geschickt haben. Aber unangesehen all dies, damit ich den Herrn 
und ihrer hochbewährten Stadt meine gebührende, pflichtmässige 
Ehrerbietung und grosses Vertrauen, so ich zu ihnen habe, desto 
sichtbarer erzeigen möchte, habe ich nicht Umgang nehmen wollen, 
den gegenwärtigen meinen vielgeliebten „Oehm" (Vetter) und 
Pflegesohn, Berthold Herrn von Leipp (Lipa), Herrn auf 
Mährisch-Kromau, Obersten Erblandmarschall der Krone Böhmen, 
zu ihnen in die Academia zu schicken, welchen ich als sein näch- 
ster Blutsfreund in mein Gewahrsam und tutelam nach Absterben 
seinen Herrn Vaters bekommen, und der mir von den Obersten 
Landesoffizieren und Senatoren dieser Landschaft anbefohlen und 
vertraut ist worden, damit er einen Anfang seiner künftigen 
Studiorum allda fassen und einen guten Grund legen möchte. 
Sintemalen ich aber gerne sehe, dass bemeldeter mein Oehm 
zu Strassburg eine Zeit lang sich aufhalte und verweile*), auch 
seine angefangenen studia allda continuiren und vollenden könne, 
habe ich es für gut angesehen, ihm mit diesem meinem Schreiben 
insonderheit den Herrn als meinen günstigen imd geliebten Herrn 
und Freunden zu recommendiren und ferner freundlich zu bitten, 
dieselben wollen ihm die Zeit, so lange er allda verharren möchte, 

*) Die Häuser Waldstein und Zierotin waren eng versippt. Überdies 
heiratete Zierotin 1604 in dritter Ehe die Schwester Albrechts E. v. Wald- 
stein, des „Wallenstein" der Geschichte, und 1614 in vierter Ehe abermals 
eine Waldstein. 

^) In einem Briefe Zierotins an Melchior Junius in Strassburg 
(Rossitz, in Mähren, 8. Mai 1598) erörtert der Schreiber die löblichen Gründe, 
die ihn bestimmten, seinen Vetter an die Strassburger Hochschule zu senden. 



1895. l^Arl von Zierotiu und der Kreis seiner deutschen etc. 205 

in ihren günstigen Schutz nehmen, ihn meinet wegeij lieben und 
sich ganz und gar befohlen sein lassen. Ich zweifle gar nicht, 
nachdem er dann von mir genügsame Unterweisungen imd Be- 
fehle empfangen, er werde sich bei den Herrn also und dermassen 
zu verhalten nicht unterlassen, damit jedermann mit ihm wohl 
zufrieden bleibe, und, sobald ihm Gott der Allmächtige seine 
vollen Jahre zu erreichen gnädiglich vergönne, hoffe ich, er werde 
für alle ihm erzeigten Wohlthaten nicht undankbar sein, sondern 
mehr noch dessen um sämmtliche Herrn in aller Freundschaft zu 
verdienen wissen. Ich aber bleibe fortan bereit, die alte mir vor- 
mals erzeigte und empfangene Freundschaft und die vielfältigen 
Wohlthaten, so wie auch diese neue Gunst und liebe um die 
Herrn zu verdienen und ihr Schuldner zu sein, womit ich uns 
sämmtlich der göttlichen Gnade empfehle." 

Bietet dieses Schreiben den besten Beleg für die dankerfüllte 
Gesinnung Zierotins und seinen löblichen Eifer, der Strassburger 
Hochschule Zöglinge aus dem Kreise des böhmisch -mährischen 
Herrenstandes zuzuführen, so erscheinen seine beiden Briefe an 
einen solchen, an den seiner Obhut anvertrauten, gleichnamigen 
Vetter (K^rl Ferdinand Zierotin, Sohn des Erbherrn zu Ali>- 
Jitschin, Hustopotch, Holleschau und Goldstein in Mähren), 
vom 14. Januar 1600 und vom 6. Oktober 1601, äusserst be- 
merkenswert. 

Der erste ist eine in gutem Latein verfasste Strafpredigt 
für den jungen Herrn. Seit Monaten habe Zierotin von ihm 
keinen Brief aus Strassburg erhalten; nicht einmal zwei Zeilen, 
worin ihn sein „Präzeptor^^ in Hinsicht dieser Unterlassungssünde 
entschuldigt hätte. Es sei denn doch wahrhaftig kein Kunststück, 
ein paar Seiten Latein zu schreiben, auf dessen Aneignung der 
Vetter doch schon volle sieben Jahre verwendet habe. Aller- 
dings kenne Zierotin ganz gut das lockere und unthätige Leben 
seines Schutzbefohlenen. Dieser irre sich aber, wenn er meine, 
Zierotin werde die grossen Kosten für den Aufenthalt in Strass- 
burg ohne alle Erwägung, wie das viele Geld verthan werde, 
aufwenden. Weiui die von seinem Vetter vor Monaten geschrie- 
benen Briefe so alltäglich und allen Redeschmuckes baar lauteten, 
so habe dies Zierotin der Jugendlichkeit des Schreibers beige- 
messen ; jetzt wisse er, dass es nur Nachlässigkeit gewesen. Wie 
könne er auch wortmächtig imd gebildet schreiben, wenn er sich 



206 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

darum weder in der Schule noch auf seiner Stube kümmere. Er 
möge sich erinnern, dass ihn Zierotin seiner Zeit der Jesuiten- 
Erziehung entwand und alles aufbot, um ihm den Segen der 
Studien ans Herz zu legen. Würde Zierotin nicht besorgen, dass 
dieser Brief in andere Hände fallen könnte, so nähme es seinen 
Vetter derart ins (xebet, dass er diesem wohl Schamröte und 
Thränen ins Gesicht triebe. Im ersten Augenblick habe Zierotin 
Lust gehabt, seinen Vetter von Strassburg abzuberufen und seinem 
Vater wieder zuzuschicken, doch sei er nicht um seinetwillen, 
sondern aus Rücksichten für die gemeinsame Familie davon ab- 
gekommen. Die Strafe bleibe nur aufgeschoben. Zierotin gebe 
ihm zu bedenken, dass, wenn der Vetter sein lockeres und wüstiges 
Leben nicht ändere, er sich seiner weiterhin nicht annehmen, 
sondern ihn heimschicken wolle, damit er „bei der Spindel der 
Stiefmutter oder in gemeinen häuslichen Diensten den Rest seiner 
Jugendjahre verbringe." 

Mit den Beweggi'ünden dieses Schreibens Zierotins steht ein 
undatiertes, an Jakob Guetlin „nach Strassbm^', im Zusammen- 
hange. Zierotin rechtfertigt darin zunächst sein langes Schweigen 
durch ein langwieriges Fieber, das ihn zu Prerau, einem seiner 
Herrschaftssitze in Ostmähren, befallen habe. Dann bemerkt er, 
und das erweist die Stellung Guetlins zu dem Vetter in Strass- 
burg als die eines „Mentors", er habe aus mehreren Briefen des 
Genannten, den Avir somit als Präzeptor oder Hofmeister des 
jungen Heirn ansehen müssen, seine schlechten Fortschritte er- 
fahren und werde ihm bald den Text lesen. Aber auch Guetlin 
trage einige Schuld, wenn sein Z(')gling durch Gleichgiltigkeit oder 
Faulheit den Unterricht von Seiten des Lateinlehrers erfolglos 
machen durfte. Sein Vetter sei noch jung genug, um im Falle 
der Notwendigkeit die Ruthe zu kosten. Man müsse eben güt- 
lichen Zuspruch und wenn dieser nichts fruchte, harte Strenge in 
Anwendung bringen, um so einem Knaben seine Pflichten einzu- 
schärfen. Dann kommt der Brief auf Geldsendungen zu sprechen 
und giebt dem Wunsche Zierotins Ausdruck, dass sein Vetter 
erst um Ostern des nächsten Jahres die öffentliche Prüfung 
ablege und in die Oberklasse aufsteige, damit er das Studium 
des Griechischen, worin er griindlich untemchtet werden solle, 
mit dem des Latein verbinde. Die Communion dürfe er mu* 
bei „Rechtgläubigen", d. h. bei Reformirten, empfangen, — Zierotin, 



1895. 1^1 von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 207 

der Genosse der Brüdeninion betont dies in entschiedenster Weise, 
— Giietlin solle ihn daher um Ostern nach Basel bringen und 
jür seine gründliche Ausbildung in Glaubenssachen Sorge tragen, 
bevor er das h. Abendmal empfange. In dieser Beziehung mögen 
sie nach Genf reisen und wenn bis dahin dem Meister Beza 
nichts Menschliches begegne, den Besuch bei ihm als Erholungs- 
reise machen. Doch solle Guetlin vorderhand darüber reinen 
Mund halten, um seinen Zögling durch die Aussicht auf diese 
Beise nicht im Studium zu beirren. 

Der Brief Zierotins an seinen jimgen Vetter in Strassburg 
vom 6. Oktober 1601 beweist, dass der Schreiber nicht mehr 
grollte, sondern von liebevoller Teilnahme für seinen kränkelnden 
Vetter erfüllt war und ihn auf seine volle Genesung vertröstet 
Er teilt ihm femer mit, seinem „Präzeptor" (offenbar jenem 
Guetlin) geschrieben zu haben, dass sie, sobald es der Gesund- 
heitszustand des Vetters erlaube, nach Basel verreisen. Vorerst 
müsse der Junge von seinen Lehrern in Strassburg als dank- 
barer Schüler Abschied nehmen imd Basel sodann nicht als Statte 
des Müssigganges und der Vergnügungen, sondern als „Sitz der 
Musen*' betrachten. Vor allem verweise er ihn an die beiden ,4n 
ganz Europa berühmten Männer*', Jakob Grynäus und Amand 
Polanus. 

Wie Zierotin selbst von Basel daclftfe, beweist sein Schreiben 
vom 22. Mai 1603 an Guetlin: „Basel sei sein zweites Vater- 
land geworden." 

Aber auch die andern Freunde Zierotins alldort: den Ara- 
gosius, Covettus, Plater, Zwinger und Castiglioneus 
müsse er in Ehren halten^). 

Anbei erinnere sich Zierotin, sein Vetter habe ihn gebeten, 
sich auch der Musik widmen zu dürfen, und besonders für ein 
Instrument, welches man „Laute" (testudo) nennt, Vorliebe ge- 
äussert Sollte ein erfahrener Meister in dieser Kunst zu haben 
sein, so gönne ihm Zierotin das Lautenschlagen als Erholung von 
ernsteren Studien. 

^) Der meisten wurde bereits oben gedacht, nur bezüglich dieses 
Zwinger muss bemerkt werden, das» dieser der Sohn jenes Theodor, den 
Lehrers Zierotins des älteren, war, nämlich Jakob Zwinger, geb. 1569 zu 
Basel, seit 1594 Professor der griechischen Sprache, gest. 1610, 11. September 
an der Pest, im 41. Lebensjahre. 



208 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

Wir nannten oben als die nächsten Freunde Zicrotins in 
Basel: Grynäus und Polanus, Beide spielen in dem Briefwechsel 
des mährischen Staatsmannes keine untergeordnete Rolle. Ihnen 
fällt eine ausgiebige Zahl von Briefen zu, welche uns vom Schlüsse 
des 16. in das 17. Jahrhundert begleiten. 

Zunächst wollen wir uns mit den Zuschriften an Grynäus 
befassen. Sie bezeugen am besten die Vertraulichkeit^ welche den 
Schreiber beseelte. 

In dem Briefe aus Rossitz, einem seiner mährischen Herren- 
höfe, vom 2. Februar 1599, beklagt Zierotin zunächst empfindliche 
Todesfälle im Kreise seiner Verwandten und Freunde. Zunächst 
sei Friedrich von Zierotin i), einer der Weisesten unter den 
Standesgenossen, dahingeschieden, dann der durch Abstammung, 
Reichtum und Frömmigkeit namhafte Heinrich von Slawata, 
der Oheim seines jüngeren Halbbruders (Dionys)-). Aber auch 
unter den Priestern seines Bekenntnisses habe der Tod aufge- 
räumt; Georg Vetter, der wackere Kalyiner, sei gestorben und 
seinen Zirkler habe Zierotin eingebüsst, von dessen Ableben zu 
Speier Grynäus wohl Kunde habe. Man müsse Gott alles anheim 
stellen, und so setze er denn auf den Höchsten auch seine eigne 
Zukunft 

Der 2. Brief aus Rossitz vcmi 12. Mai 1600 teilt dem Em- 
pfänger zunächst mit, dass Zierotin den Heinrich Polanus als 
Präzeptor dem Junker Beilhold, Frhr. von Lipa'^), beigegeben 
und beide nach Basel ausgerüstet habe. Grj^näus sei da« nächste 
Ziel ihres Besuches. Er selbst aber bedürfe eines guten Rates. 
Er wolle einen Teil seiner Güter verkaufen und den Erlös im 
Betrage von beiläufig 50 000 Thalem an einem sichern Platze 
gegen Jahresverzinsung anlegen, da er eines solchen Überein- 
kommens bedürfe. Sein schwächlicher Köq)er sei den Mühen 
der Verwaltung seines Besitzes wenig gewachsen, anderseits näh- 
men ihn Staatsgeschäfte ganz in Anspruch, ferner — und das 
sei die Hauptsache — drohe ein Einfall der Türken und lasse 
in Mähren für Aller Besitz und Habe das Schlimmste befürchten; 
überdies habe er daheim Feinde vollauf, die es auf sein Gut und 



*) Von der sog. Bernhardschen Linie der Zicrotins, 1594 — 1598 
Landeshauptmann Mährens. 

*) Der beiderseitige Vater, Johann von Zierotin, gest. 1588 im Februar. 
'^) Siehe oben den Brief an die Strassburger. 



1895.. Karl von Ziei'otin und der Kreis seiner deutschen etc. 209 

Leben abgesehen hätten. Da man ihm nicht mit Gewalt bei- 
kommen könne, und es mit den Rechtsmitteln schlecht bestellt 
sei, so müsse er sich auf ein freiwilliges Exil gefasst machen 
und daher auch über Geldmittel verfügen. Da er jedoch sein 
Gewissen durch das Bedenken beschwert fühle, ob das 
Zinsennehmen nicht sündiger Wucher sei, so möge ihm 
Grynäus darüber seine Meinung mitteilen. 

Zwei weitere Briefe vom 10. Oktober und 13. Dezember 
1601, letzterer aus Prag datiert, sprechen am besten für das 
innige Verhältnis Zierotins zu dem Basler Theologen. 

Zierotin schüttet da sein, von religiösen Anfechtungen be- 
stürmtes Herz aus. Wenn ihn aber Giynäus warne, die Schriften 
zu lesen, welche gegen die h. Dreieinigkeit losziehen, so möge 
er überzeugt sein, dass er sich diesem „Gifte" fem halte. Das 
Lesen in der h. Schrift gewähren ihm den besten Trost. — Den 
14. September sei er vor dem Hofgerichte in Prag erschienen, 
zur Überraschung jener, die ihn als flüchtig von dort vennuteten. 
Es kam jedoch zu keiner Tagsatzung^ da sein Rechtsanwalt er- 
krankte. Anfangs Dezember durfte er in die Landeshauptstadt 
Böhmens zurückkehren. Man werde ihm auch — wie es heisse 
— seinen Glauben zum Verbrechen anrechnen, aber er 
hoffe bei dieser Anklage mit Ehren davon zu kommen. Zeugen 
würden wider ihn Kirchendiener, Henker und Schergen, offene 
Feinde, Nebenbuhler und laue Freunde würden seine Richter sein. 
Man wolle ihn aus verschiedenen Gründen verderben. Doch genug 
dessen; Grynäus möge ihm darüber seine Ansichten mitteilen. 
Vor aUem empfehle er ihm jedoch seinen Vetter, denn das Haus 
des Grynäus sei jederzeit „die Herberge der Zierotins" ge- 
wesen. 

Der Dezemberbrief aus Prag macht seinen Freund mit dem 
Hochverratsprozesse näher bekannt, der unserm Zierotin angehängt 
wurde. Der Hauptankläger sei SigismundvonDietrichstein^) 
und Gegenstand der Anklage der Glaube Zierotins, seine 
Reise nach Frankreich 2) und die Vormundschaft über den 
Frhrn. von Lipa. Man beschuldigte Zierotin, dass zur Zeit des 
Landrechtes und der Landtage in den Häusern Zierotins Predigten 

*) Ältester Sohn des Staatsmannes Adam Frhr. von Dietrichstein 
(gest. 1590). 

'; Vgl. darüber meine Studien vom Jahre 1894. 



210 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

von ketzerischen Geistlichen, insbesondere kahdnischen Glaubens, 
gehalten worden seien und wies eine bezügliche Verwarnung des 
Kaisers an Sigismund von Dietrichstein vor, dass er solches ge- 
duldet habe^). 

Unter den Belastungszeugen habe einer, dem Zierotin nicht 
geringe und dessen Vater unermessliche Wohlthaten erwiesen, ihn 
sogar mit dem bestverhassten Namen eines „Pikarditen" belegt 

Was Zierotins Reise nach Frankreich betraf, so wurde ein 
kaiserlicher Erlass vom Jahre 1591 vorgebracht, der den Unter- 
thanen des Böhmenreiches Kriegsdienste bei fremden Fürsten 
untersage. Als man jedoch Zierotins Schreiben aus Frankreich 
an eine vornehme Witwe, Wanecky mit Namen*), die der Eidam 
des Grjnäus (Amandus Polanus) kenne, verlesen hörte, und darin 
nichts anderes zu finden war als Dinge, die die Privatverhäitnisse 
Zierotins betraf, der jener Dame die Verwaltung seiner Güter und 
die Obhut über sein Töchterlein anvertraut hatte, verwunderte 
sich jeder über die Harmlosigkeit dieses Briefes, und Zierotin 
fand an diesem einen Verbündeten. ' Aber auch die Mitteilung 
des scharfen kaiserlichen Dekretes in Ansehung jener Vormund- 
schaft schuf dem Ankläger keinen Nut^sen, da er sonst nichts als 
Geklatsch und leere Redensarten vorbringen konnte. Zierotin ver- 
teidigte sich mit bestem Erfolge, denn man sprach ihn des Hoch- 
verrats -Verbrechens frei. Er hoffe zu Gott, dass auch sein ge- 
fährlicherer und schwierigerer Handel mit dem „Wälschen"^) ein 
gutes Ende finde. 

Das nächste, fünf Monate später (1602, Mai) an Giynäus 
gerichtete Schreiben setzt wieder mit dem Rechtshandel Zierotins 
ein. Seine Feinde, durch die Niederlage des vorgeschobenen 
Anklägers, Dietrichstein, erbittert, griffen nun nach neuen Waffen 
der Anklage. Man zog die Edikte Ferdinands I. imd Maxi- 
milians IL, sogar die Mandate des ,jguten, aber äusserst gefälligen 
und furchtsamen" Königes Wladislaw (gest. 1516) gegen die 
böhmisch-mährischen Brüder als „Pikarditen" hervor, wie nach 
Zierotins Angabe noch jetzt die „Antichristen" seine Glaubens- 

*) 1598 — 1602 war dieser mährischer Landcsunterkämmerer. 

') Von dieser Dame handelt auch das Tagebuch Zierotins von 1591 
(fl. meine Studie vom Jahre 1894). 

^) Es war dies ein gewisser Giovanni Battista Pierio, eine riclitige 
Abenteuerernatur; s. w. u. 



1895. Karl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 211 

genossen schelten. Es kam dann zur Vertagung des Reehtshandels 
bis zum nächsten Februar (1603). 

Inzwischen raffte das Gericht Gottes seinen Widersacher 
Sigmund von Dietrichstein aus dem Leben, als dieser nach Mähren 
heimgekehrt war, von harten Schlägen in seiner Familie getroffen. 
Aber nun erhoben sich neuerdings Zierotins Feinde, voran der 
Olmützer Kardinalbischof Franz von Dietr,ichstein ^) und 
denunzierten ihn wegen einer freimütigen im Landtage gehaltenen 
Rede beim Kaiser. 

Zierotin kehrte im Febniar 1602 nach Prag zurück. Der 
Handel mit dem Dietrichsteiner wurde mit Stillschweigen über- 
gangen, wohl aber die Streitsache mit jenem Welschen auf den 
März anberaumt. Der Oberstkanzler Böhmens 2), Zierotins 
geschworener Feind, erklärte ihm kurz und schroff im Namen 
des Kaisers, dass er Prag nicht verlassen dürfe, bevor er auf 
sämtliche Punkte der Anklage Rede und Antwort gegeben. Was 
man wider ihn sonst noch plane, konnte er bisher nicht eirunden. 

Als Zierotin sich im März in Prag wieder eingefunden, — er 
muss also dennoch die Erlaubnis erhalten haben, sich inzwischen 
auf seine Güter zu begeben, — kam die Anklage des „W^ eischen'* 
zur Verhandlung. Zierotin erscheint beschuldigt, seinen Ankläger 
trotz eines kaiserlichen Geleitsbriefes gewaltsam festgenommen, 
eingekerkert und acht Monate hindurch schmachvoll behandelt 
zu haben. Die vernommenen Zeugen sagten aber in einer so 
entlastenden Weise aus, dass sich die Anklage in eine Verteidigung 
Zierotins umsetzte. Denn dieser konnte nachweisen, dass jener 
den Kaiser, den Oberstkanzler imd die Richter hinters Licht ge- 
führt und Jahre hindurch in Mäliren unehrenhaft gelebt habe. 

So sei denn Zierotin auch aus diesem bösen Handel ge- 
rechtfertigt hervorgegangen. 

Das letzte Schreiben an Grynäus vom 20, Dezember 1605 
hebt mit dem Wunsche an, dass Grj^näus seinen Freimden und 
seiner Kii'che noch lange erhalten bleiben möge. Sie hätten 

*) Der jüngste Bruder des genannten Sigiamund von Diotrichstein, geb. 
1570 zu Madrid, wo sein Vater als Botschafter Österreichs gelebt; seit 1599, 
mit 29 Jahren, schon Kardinal und Bischof von Olmütz, gest. 163G als cin- 
flussreicher Regierungsmann. 

*) Zdenko Adalbert von Lobkowitz, der Vordermann der katholischen 
Hofpartei. 



212 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

bereits den Tod eines Beza^) zu beklagen und dürften nicht so 
bald auch ihn verlieren. Der Brief seines Freundes sei ihm nach 
Prag überbracht worden, wohin sich Zierotin Ende 1604 begeben 
habe. Sein dort anhängiger Rechtshandel sei noch immer nicht 
ausgetragen. Er wolle den Kaiser (Rudolf 11.) nicht anklagen, 
aber auch dieser werde einst Rechenschaft ablegen müssen, wie 
er es mit der Gerechtigkeit gehalten. Zierotins Feinde verflochten 
den Kaiser in den Prozess, um sich den Rücken zu sichern. 
Wenn Russworm^) vor nicht langer Zeit hingerichtet worden, 
so sei dies die Strafe für Verbrechen, aber auch für die an 
Zierotin verübte Missethat So mancher seiner Feinde sei bereits 
dahingegangen, das Häuflein derer, die Zierotins Untergang wollen, 
zusammengeschmolzen. Er erblicke darin die Güte Gottes, um 
seinen Schmerz über den Verlust der (einzigen) Tochter zu mildern. 

Über das Jahr 1605 reichen die vorliegenden Briefe Ziero- 
tins au Jakob GrjTiäus nicht hinaus; derselbe starb, 1612 bereits 
erblindet, aber noch immer auf der Lehrkanzel und im Prediger- 
stuhl thätig, 1617, 13. August im Alter von 77 Jahren. Er über- 
lebte noch seinen Eidam, Amand Polanus von Polansfeld, 
der schon 1610, 16. Juli, im Alter von 49 Jahren das Zeitliche 
segnete. An ihn, den hervorragenden kalvinischen Theologen, der 
vom Luthertum zur reformierten Kirche übertrat und seit 1596 
zu Basel das Fach des Alten Bundes vertrat, sind nachstehende 
Briefe Zierotins in den Jahren 1599 — 1606 gerichtet 

Das erste Schreiben vom 3. Februar 1599 aus Rossitz meldet, 
dass Zierotin nach Prag die willkommenen Briefe des Polanus 
und seines Schwähers Gr)'näu8, samt den vereinbarten Bedingungen 
der Genfer Disputation und dem Briefe Pistor^s^) an den Pastor 
von Zürich, erhalten habe. Zierotin befinde sich mit seiner Frau 
und den beiden Töchtern leidlich wohl. Aber im Lande wüte die 



*) Gest. 1G05, im Alter von 80 Jahren. 

*) H. Christoph Graf von RusBworm (Rosswurm), kaiserl. Feldmar- 
schall, geb. 1;)65, wollte Zierotin, da dieser zu Prag das Trinken auf die 
Gesundheit des Kaisers ablohnte, niedermachen. Zierotin liess sich von seinen 
Freunden zurückhalten, den trunkenen Poltrer mit dem Degen zu durch- 
bohren. 1605 wurde derselbe, ein sonst tapferer Haudegen, hingerichtet. 

') Offenbar Joh. Jak. Pistorius (Bäcker) von Nidda (Niddanus), geb. 
1546, gest. 1608, seit 1577 vom Luthertum zum Kalvinismus und 1586 von 
diesem zum Katholizismus übergetreten; ein bedeutender theolog. Polemiker. 



1895. K&rl von Zierotin und der Kreis seiner deutschen etc. 213 

Pest und habe unter andern den Eibenschitzer Pastor Felin^) 
dahingerafft^ einen frommen und gelehrten Mann. Vorläufig be- 
stände keine Kriegsgefahr für Mähren^ wohl aber drohten innere 
Fährlichkeiten^ denen man begegnen werde. Seit dem Tode 
Friedrichs von Zierotin habe sich in den öffentlichen Angelegen- 
heiten wenig geändert Wohl aber werde die Erbschaft einen 
heftigen Streit entzünden^ und alle Feinde des wahren Glaubens 
und des Namens Zierotin denselben zu schüren sich befleissen. 
Könnte er des Ausganges dieses Erbprozesses sicher sein, so hätte 
er Lust, nach dem Vorbilde der Zollikofers von St Gallen*) 
eine Schule einzurichten, doch an einer mehr sicheren Stätte. 
Denn die Feinde der Wahrheit böten alles auf, ihm Prerau, das 
„Kctzemest'S das er als Erbschaft vom Landeshauptmanne zuge- 
schrieben erhielt, zu entreissen. Polanus wolle ihm inzwischen 
über die Lehrer und den Kostenaufwand der von jenen „Kauf- 
leuten'* (Zollikofers) errichteten Schule Mitteilungen machen, damit 
er bis zum Austrage jenes Erbstreites mit sich zu Rate gehen 
könne. Er wünscht bald zu erfahren, wie es in Basel steht und 
was dort Neues zu hören. Ladislaus von Zierotin, Karls Vetter^, 
sei, nachdem er von seiner schweren Krankheit, die ihn zu Florenz 
niederwarf, genesen, wieder in so weit hergestellt, dass man seine 
Ankunft zu Limdenburg (in Mähren) erwarte. Zierotins Stief- 
bruder, Dionys, lebe nur der Landwirtschaft und Jagd. 

Der Brief vom 31. März des Jahres 1600 (aus Rossitz) 
bezieht sich vornehmlich auf den uns bereits aus der Korrespon- 
denz mit Grynäus bekannten Hochverratsprozess Zierotins und auf 
seinen Schutzbefohlenen, seinen Vetter Karl, den Zierotin, sobald 
er in Basel eintreffen werde, dem Wohlwollen des Polanus em- 
pfiehlt Auch erfahren wir, dass Zierotin den Brudersohn seines 
Korrespondenten (Heinrich Polanus) seinem Mündel, dem Erb- 



') Felin Adam, Sohn des Samuel Kocourka (lat. etwa in Form des 
Namens: Felinus), gest. zu Eibenschitz in Mähren 1598, 11. Dezember, in 

mm 

Wittemberg geschult, Übersetzer der Kyropädie in die czech. Sprache, seit 
1594 auf der Leipacher Bnldersynode zum Priester geweiht. 

*) Ein namhaftes patrizisches Geschlecht, seit dem 14. Jahrhundert 
in St. Gallen sesshaft, Inhaber des Fideikommisses Alten klingen bei 
St. Gallen. 

^ Nachmals (1619 — 1G20) Landeshauptmann von Mähren und ein 
Haupt der Bewegungspartei. 

Mouitshefte der Comenius-GesellBchaft. 1896. 25 



214 V. Krones, Heft 7 u. 8. 

Oberlandmarschali Böhmens Berthold von Lipa (s. o.), zum Lehrer 
bestimmt habe, wovon das nächste Schreiben, vom 12. Mai des- 
selben Jahres (Rossitz), ausführlicher handelt Polanus möge seinem 
Neffen auf die Seele binden, dass er vor allem die Pflichten des 
Lehrer erfülle. Leider sollte da Zierotin eine unangenehme 
Enttäuschung erleben, wie dies die Nachschrift zum Briefe vom 
26. Oktober 1600 an Amandus darlegt Heinrich Polanus sei 
bei Nacht und Nebel, ohne Abschied, mit trügerisch beschafftem 
Reisegelde verschwunden, ohne dass man wisse, wo er stecke. 
Er könne ihn deshalb aus Rücksichten für die Familie nicht 
wieder in die frühere Stellung aufnehmen. Habe er es doch, wie 
man höre, als er in Basel auftauchte, vermieden, sich vor seinem 
Ohme zu zeigen. 

Wie lebhaft Zierotin für die kirchlichen Streitfragen jener 
in religiösen Dingen so empfänglichen Zeit fühlte, beweist eine, 
diesem Briefe einverleibte Bemerkung. Er habe den Brief des 
Polanus, schreibt er, samt den beigeschlossenen Schriften über die 
Disputation des „Plessäus" mit „Pero" ^) und Polanus^ Büchlein über 
die Prädestination erhalten und gelesen und bete zu Gott, dass 
er ihn auf rechtem Pfade erhalten wolle. Auch den Türkenkrieg 
streift das Schreiben. Der Türke belagere Kanischa; erobere er 
diese Festung, so stünde Steiermark und Osterreich in der äusser- 
sten Gefahr. Dennoch seien die inneren Feinde verderblicher als 
die äusseren. 

Der Brief vom Ende des Jahres 1605 berührt die grosse 
Krise, die Friedensverhandlung zwischen Bocskay und dem Hause 
Osterreich. Man erwarte in Wien den Austrag. Die Ungarn 
werden auf der freien Ausübung des (protestantischen) Glaubens 
und auf der Wahrung ihrer politischen Freiheiten bestehen. Was 
seine Landsleute thun werden, stehe dahin, doch eines stehe fest, 
dass die „Päbstischen" nur durch die Notlage gezwungen der 
Glaubensfreilieit Raum geben werden. 

Zu den Korrespondenten unsers Zierotin zählte auch Otto 
Casmeru, der Theologe imd Philosoph, der Schüler des Goclenius, 
Schulrektor mid Prediger zu Stade (gest 1607, 1. August). An 



^) Du Plcssis - Mornay, Herr von Hugenotte und Jakob Davy 
du Perron, Karclinal-Almosenier von Frankreich, geb. 1556, gest. 16 IS; es 
handelte sich um das h. Abendmahl in diesem Streite. 



1895. Karl von Zierotin und der Kreis eeiDer deutschen etc. 215 

diesen ist einer der längsten Lateinbriefe Zierotins vom Ende 
Oktober 1603 gerichtet, der sich weitläufig in theologischen 
Fragen ^) und in der Schilderung seiner Kämpfe mit inneren An- 
fechtungen ergeht. „Ich siegte endlich" schreibt Zierotin, „aber 
ich siegte über mich, denn ich bin nicht der Mann, um anderen 
den Weg zum Siege zu weisen." 

Anderer Art waren die Beziehungen Zierotins zu Doktor 
Johann Martin Robmann, Rat des Markgrafen von Burgau, 
welche der deutsch geschriebene Brief vom 14. Oktober 1602 
(Rossitz) erläutert. Robmann sollte die Lebensbeschreibung des 
verstorbenen „Vetters" (Oheims), Karl von Zierotin, veröffentlichen. 
Zierotin selbst habe diesfalls den Sohn des Genannten zu bezüg- 
lichen Mitteilungen aufgefordert Robmann solle daher mit dem 
Drucke warten, bis Zierotin nach Prag gekommen sein werde; 
müsse „man aber mit dem Buche so sehr eilen", so bliebe nichts 
anderes übrig, als sich mit der Charakteristik des Lebens jener 
Persönlichkeit zu begnügen, welche Zierotin in lateinischer Sprache 
seinem Briefe einfliessen lässt^). 

Zur Erläuterung dieses Schreibens genügt die Bemerkung, 
dass Karl, Markgraf von Burgau, der Sohn Erzherzogs Ferdinands 
von Tirol (des Zweitgebomen Kaiser Ferdinands L) aus dessen 
morganatischer Ehe mit Philippine Welser, dem Erzieher und 

*) Zierotin erhielt von seinem Freunde, Wenzel Budowec von Budowa, 
einem Vordermanne der Adeligen vom Brüder -Bekenntnisse, die Schrift 
Gasmanns ^^schola tentationum^' zugesendet, die ihm als geistlicher Führer 
und Tröster so gefiel, dass er dem Verfasser 200 Dukaten als „ElhruDg** zu- 
schickte.. (Siehe Chlumeczky, Zierotin S. 258/9.) 

*) Vgl. Chlumeczky, Karl von Zierotin. „Carolus Baro Zerotinus, 
clarus apud Marcomannos, qui nunc Moravi, familia natus, primis adoles- 
centiae annis plerisque Europae regnis peragratis in patriam reversus, prima 
tyrocinii specimina apud Hungaros, sub exitum Begni Ludovici (1526) et 
primordia Ferdinand! edidit, reliquo aetatis tempore in Hungaria et Germania 
sub auspiciis Caroli et Ferdinand! impp. stipendiis meruit, tandem copiarum 
saepius duetor, clarus iam militia, Ferdinando archiduci summa cum potestatc 
in Hungariam, a Patre Caesare cum exercitu misso, juventutis ejus moderator, 
et consiliorum princeps adfuit: Interea legationibus et saepius honorifice per- 
functus, carus Caesari, carus arcbiducibus filiis praecipue a Ferdinando magna 
cum laude et autboritate in Aula residuae vitae annos confecit, vir spectatac 
in principem et serenissimum Domum Austriae fidei, gi'atus exteris, acceptus 
civibus Omnibus longc carissimus, magnum Patria et familia sua omamen- 
tum " 

15* 



216 V. Krones, Karl von Zierotin etc. Heft 7 u. 8. 

Kriegsgefährten ^) seines (1595) verstorbenen Vaters einen würdigen 
Nachruf widmen wollte. Wir besitzen auch einen Brief Zierotins 
vom 8. November 1602 (Rossitz) an seinen Agenten, Caspar Luck 
in Prag, worin dieser aufgefordert wird, dem Doktor Robmann 
mitzuteilen, dass die genaue Erzählung von den Thatcn des Feld- 
marschalls Karl von Zierotin aufgefunden worden sei, und Zierotin 
sie nach Prag mitbringen werde. Doch muss der Druck dieser 
Biographie unterblieben sein*). 

Zierotin, von dessen Leben und Beziehungen wir mm Ab- 
schied nehmen, konnte seit dem grossen Umschwünge der Dinge, 
den die Schlacht am Weissen Berge einleitet und welcher auch 
den Inhalt des reichen Vorlebens Zierotins, seine Ideen und Hoff- 
nungen begrub, Mähren weiterhin nicht leicht als Heim und Herd 
betrachten. Vorzugsweise lebte er zu Breslau. Hier schloss 
er seine Tage. Seine reiche Bücherei vermachte er dem Maria- 
Magdalenenkloster alldort; seine Habe und Güter erbten die 
Seitenverwandten, mit denen die „schlesische" Linie der Zierotins 
anhebt und in die Zweige Falkenberg (im Rgbz. Oppeln) und 
Gross- Wilkau-Johnsdorf (im Fürstentum Münsterbei^) zerfällt 



') Dieser Zierotin machte in seiner Jugend grosse Reisen, diente unter 
Kaiser Karl I. 1531 vor Tunis, 1541 vor Algier und war dann Feldmarschall 
in Ungarn gegen die Türken, gest. 1560, 51 Jahre alt. Er war der erste 
Zierotin, der das mährische Landeskämmereramt bekleidete. Als sein Wahl- 
spruch gilt: Omnia Deo, fortunae nihil! 

*) Vgl. Chlumeczky, Karl von Zierotin S. 130. 



Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 

Von B. Aroiiy Berlin O. 34. 



Die Ansicht ist allgemein verbreitet, dass Comenius auf seine 
Zeitgenossen durch seine pädagogischen Ideen von geringer Ein- 
wirkung gewesen sei. Eine genauere Durchforschung der in Frage 
kommenden Litteratur des 17. Jahrh. führt indessen zur entgegen- 
gesetzten Meinung. Seit dem Erscheinen der Janua (1631) wurde 
Comenius als ein leuchtender Stern von der pädagogischen Welt freudig 
begrüsst. Entschiedene Gegner erstanden ihm freilich auch, so weit 
ich sehen kann, aber erst nach seinem Tode. Im Gegensatze zu 
Ratichius wollte Comenius die ganze Welt beglücken. Um besser zu 
seinem Ziele zu gelangen, setzte er sich mit tüchtigen Schulmännern 
in Verbindung und überliess ihnen ganz selbstlos die Bearbeitung 
seiner Schulbücher. Auf diese Weise wirkte er am besten für die 
Verbreitung seiner Ideen. Von den bedeutenderen Bearbeitern nenne 
ich Mochinger in Danzig, Docemius in Hamburg, Schneider in 
Leipzig, Evenius in Weimar, Reyher in Gotha, Hartlieb in Lon- 
don und Georg Vechner in Berlin. Als rührige Buchhändler den 
grossen Absatz der Comenianischen Schulbücher bemerkten, begannen 
sie dieselben ohne weiteres nachzudrucken, da die für enge Grenzen 
berechneten Privilegien einiger Druckerfirmen ihnen nicht im Wege 
waren. Aus dem Grunde wird auch eine genaue Bibliographie dieser 
Bücher beinahe zur Unmöglichkeit. Das Vestibulum scheint am 
meisten eingebürgert gewesen zu sein, demnächst die Janua, dann 
erst der Orbis pictus, welcher sich am längsten im Gebrauch be- 
hauptet hat. 

Läge eine vollständige Topographie über die Verbreitung dieser 
Bücher vor, so wären wir über das Vordringen der Comenianischen 
Ideen besser unterrichtet. Wie lückenhaft auch die nachfolgende 
Zusammenstellung von deutschen Bildungsstätten sein mag, in denen 
ein oder das andere Schulbuch von Comenius gebraucht wurde, so 
führt die stattliche Reihe doch zu der Überzeugung, dass unser 
„pädagogischer Seher" im 17. und 18. Jahrh. bedeutungsvoller ge- 
wesen sein muss, als man gewöhnlich annimmt. 



218 Aron, Heft 7 u. 8. 

Wir finden Bücher von Conienius eingeführt in Schulen von^) 
Bayreuth, Berlin, Cassel, Corbach, Danzig, Eisleben, El- 
bing, Frankenthal (Pfalz), Frankfurt a. M., Görlitz, Gotha, 
Güstrow, Schwäbisch - Hall , Halle, Hamburg, Hanau, 
Idstein, Iglau, Itzehoe, Jena, Leipzig, Lissa, Moers, 
Nauen, Nürnberg, Ruppin, Soest, Sorau, Stargardt i. Pom., 
Stralsund, Stuttgart, Tilsit, Wernigerode, Zwickau; in 
den Schulen des Erzbistums Magdeburg, in denen von Braun- 
schweig- Lüneburg, von Oldenburg, Waldeck, Mainz, 
Hessen-Darmstadt und in der Grafschaft Sponheim. 

Welche freundliche Aufnahme die Janua 1631 fand, erfahren 
wir von Comenius selbst. Die zweite Bearbeitung derselben durch 



Bayreuth. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts. Leipzig 
1885. Pag. 319. — Berlin. Köpke, Geschichte der Bibliothek des Königl. 
Joachimth. G3rmn. 1831. — Gas sei. Weber, Geschichte der städt. Gelehrten- 
schule zu Cassei. Cassel 1846. Pag. 191. — Corbach. Genthe, Kurae 
Geschichte des Fürstl. Waldeck. Landesgymn. zu Corbach. Wengering- 
hausen 1879. Pag. 10. Vormbaum, Evangel. Schulordnungen. Gütersloh 
1864. 3. Bd. Pag. 164. — Danzig. Hirsch, Geschichte des academ. Gymn. 
in Danzig. Danzig 1837. Pag. 48. Kurtzer Begriff | Wie die Jugend künftig 
im Gymna- | sio und andere Schulen dieser Königli- | chen Stadt DANTZIG, 
in der Lateinischen | und andere Sprachen, auff gleichfornii- | ge Art sol 
unterwiesen und ge- | lehret werden, | Auff | Anordnung der itzigen Herren | 
Scholarchen in Druck ge- | geben. | ANNO M,DC,LIII, | Dantzig, | Gedruckt 
bey Seel. Georg Bheten Witwe. | — Eisleben. Eilend t, Geschichte des 
Königl. Gymn. zu Eisleben. Eisl. 1846. Pag. 143.-— Frankenthal. Joh. 
Joach. Becher, METHODVS DIDACTICA. Frankfurt 1674. Pag. 116 u. 
117. Redinger ist als ein Praeceptor unter Comraenio, Anno 16f>8 nach 
Frankenthal kommen, und hat allda eine Schul auf dess Commenii Weiss 
angerichtet, allwo er dise Sachen und Wörterthür introducirt und vertirt etc. 
(Orbis pictus u. Vestibulum.) — Görlitz. Paulsen, Pag. 319. — Gotha. 
Schulze, Geschichte des Gymn. zu Gotha. Gotha lb24. Pag. 133. — 
Güstrow. Paulsen, Pag. 319. — Schwäbisch-Hall. Joh. Georg Seybold, 
Compendium Grammaticae. Nürnberg 1698. Vorrede. — Halle. Vorm- 
baum, Evangel. Schulordnungen. Gütersloh 1864. 3. Bd. Pag. 186. — 
Hamburg. Doceraius, Der güldenen auffgeschlossenen Thür J. A. COMENII. 
Hamburg 1633. Vorrede. — Hanau. Vormbaum, Ev. Schulordn. 1863. II. 
Pag. 477. — Idstein. Spielmann, Schola et Methodus Gaertneriana. Mitt. 
der Gesellschaft für deutsche Erz.- u. Schulgesch. II, 20—29. — Iglau. 
Werner, Aus der Geschichte des Iglauer Gymn. Mitt. der Ges. f. deutsche 
Erz. u. Schulg. II, 54. — Itzehoe. Seitz, Aktenstücke zur Geschichte der 
lat. Schule zu Itzehoe. 1893. V, 12. — Jena. Erhard Weigel, Die be- 
reiteste EXECVTION — JENA 1685. Scblusszeilen. — Leipzig. Stephan, 
Lehr- und Lektionsplan einer Leipziger WinkeLschule von 1711. Mitt. der 
Gesellsch. f. deutsche Erz. u. Schulgesch. I, 145—148. — Lissa. Aus ver- 
schiedenen Umständen ist sicher anzunehmen, dass die Comenianischen 
Schulbücher hier eingeführt waren. — Moers. Paulsen, 319. — Nauen. 
Brummer, Zur Schulgeschichte der Stadt Nauen. Mitt. d. Ges. f. d. Erz.- 
u. Schulg. IV, 33—64. — Nürnberg. Vormbaum, Ev. Schulord. II, 755. 
Fikenscher, Das Gymn. in Nürnb. 1826. S. 78 u 79. — Ruppin. Glörfeld, 
Anzeige der Vorlesungen u. Uebungen, welche vom Octobcr 1776 bis zum 
October 1767 in dem Neu-Ruppinischen Lyceo gegeben worden sind. Berlin 
1767. (Orbis pictus.) — Soest. Paulsen, 319. — Sorau. Vormbaum, 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 219 

Mochinger — in Danzig bei Andreas Hünefeld 1634 erschienen*) — 
enthält von ihm eine interessante Beisteuer: eine Widmung an die 
Söhne seiner damaligen Gönner und eine längere Nachricht an den 
Leser über die Art der Verbesserungen der Mochingerschen zweiten 
Auflage. Aus der Widmung kommen folgende Sätze für unsern 
Zweck in Betracht: 

„Illustres Domini, januam linguarum reseratam censurae experi- 
undae caiisa nuper Liessnensibus nostris typis descriptam, publicoque 
applausu exceptam, magnorum nunc Virorum judicio, cum pleniorem 
nitidioremque in se, tum (ob Scholarum Regni hujus usum) triünguem, 
luci expositurus, cui potius prae Vobis dicarem, non reperi. Equidem 
non deerant, qui eousque novum eveherent inventum, ut ad Regia 
pulvinaria tuto & cum honore deponi posse existimarent, suaderentque. 



Ev. Schulord. II, 393. — Stargard i. P. TYTÜS Lectionum & Operarum 
publicanim in COLLEGIO GRÖNINGIANO & Schola Stargardiensi, Anno 
1608—69 — instituendarum — — Publicatus ä M. Christophoro Praetorio. 
Stetini. 4 Blätter. (Vestibulum.) — Stralsund. Zober, Zur Geschichte 
des Stralsunder Gymnasiums. Stralsund 1851. V. I. Pag. 27 u. 28. — 
Tilsit. Pöhlmann, Beiträge zur Geschichte des Gvmn. zu Tilsit. Tilsit 1873. 
S. 34. 1874. S. 36 u. 37. — Stuttgart. FVNDATION Und Ordnung 
dess Neu- auffgerichteten Fürstlichen GYMNASII Zu Stuttgart. Anno 1686. 
Pag. 40. (Vestibulum.) — Wernigerode. Ich besitze ein Vestibulum, 
welches in einer dortigen Schule gebraucht wurde. — Titel | Sententiae 
VESTIBULl I JOH. AMOS COMEN. | Multo emendatiores, guam hacte- 
nus alibi, excusae, | cum | VOC ABULIS. | ^ regione appositis, | In Usum 
juventutis scholasticae. | WERNIGERODAE | apud Michaelem Anton. 
Strukium, | Anno 1738. — Zwickau. Beck, Ein Stundenulan für die 
Zwickaucr Gelehrtenschule von 1676. Mitt. d. Ges. f. deutscne Erz. und 
Schulgesch. I, 238 — 242. — Magdeburg, Erzbistum. Vormbaum II, 486. 

— Braunschweig-Lüneburg. Schul -Ordnung vor die Churf. Braun- 
schweig -Lüneb. Lande. Goettingen 1738. Pag. 46 u. 47. (Orbis pictus.) 

— Oldenburg. Corpus constitutionum Oldenburgicarum selectarum, oder: 
Verordnungen, In denen beyden Grafschaften Olcienburg und Delmenhorst, 
Wie auch denenselben incorporirten Landen, als Stadt- und Butjadinger- 
Würder- und Stedinger Lande. Hersg. von J. Ch. v. Oetken. Oldenburg 
1722. Pag. 90—101. Lektionsplan. (Orbis pictus.) — Waldeck. Vorm- 
baum II, 150. — Mainz. Entwurf, nach welchem die bisher so genannten 
lateinischen Schulen in den churmain zischen Landen und besonders in der 
Churf ürstl. Residenzstadt Mainz werden eingerichtet werden. Mainz 1773. 
8 Bg. (Orbis pictus.) — Hessen - Darmstadt. Vormbaum II, 448. 
Hcppe, Beiträge zur Geschichte und Statistik des hessischen Schulwesens 
im 17. Jahrh. — 2ieitschrift des Vereins für hessische Greschichte. 4. Supple- 
mentheft. Kassel 1850. Darnach waren die Janua und das Vestibulum 
eingeführt in Kassel, Eschwege, Allendorf, Sooden, Sontra, Waldkappel, 
Lichtenau, Vacha, Spangenberg, Melsungen, Rotenburg, Felsberg, Hersfeld, 
Ziegenhain, Zierenberg, Liebenau, Neukirchen, Heimarshausen. — Kirchen- 
Ordnung Christian III., Pfaltz-(>rafen bey Rhein etc. Strassburg, 1721. 
Pag. 350. (Orbis pictus.) 

*) Ich gebe nier nur den deutschen Titel; Die eröffnete | Sprachen- 
thüre I oder | Pflantzschule aller Künsten, | Mit einer Vorrede, darinnen be- 
richtet, I was in dieser newen aussfertigung verbessert ist, | vnd wie sie mag 
gebrauchet werden. | Cum Gratid & Speciali Privilegio S. R. M. | Polen. & 
Svec. I DANTISCI. | Typis & Sumptibus Andreac Hünefoldii, 1 Anno M. 
DC. XXXIV. 



220 Aron, Heft 7 u. 8. 

Sed mihi vigum aliter. Et quamvis illi, verecundiae meae, & in 
recludendo opusculo morae impatientes nihilominus id Anglica & 
Gallica condecoratum versione, & Magnae Britanniae Regis filio, 
Walliae Principi dicatum Londini publicarint; Ego tarnen nihil de 
sententia muto/' 

Da er nämlich dem Grafen Raphael von Lissa, dem gütigen 
Gründer und Erhalter der „Provinzialsehule", dem Vater, bezw. Vor- 
mund der beiden mit der Widmung bedachten Söhne, seinem ge- 
wogenen Patrone, jede Hochachtung schuldig wäre, diese aber gegen 
sein erlauchtes Angedenken in würdiger Weise zu bethätigen über 
seine Kräfte gehe, so habe er gemeint, inzwischen die Erben der 
väterlichen Tugenden an seine Stelle zu setzen und durch diese 
öffentliche Widmung eine geringe Dankbarkeit zu bewähren. 

In der Ajirede an den Leser teilt uns Comenius über die Auf- 
nahme seiner Janua folgendes mit: 

„Variorum e vanis Regnis ac Provinciis de hac mea Janua 
linguarum anno hoc expertus judicia, & ä diversis Typographis de 
auctiore exemplari, ut & Judice sive Lexico, aliisque quorum spes 
fuit facta, crebro soUicitatus, teneri me sentio, Sed dolet liberari fidem 
in totum non licere. Seminarium quidem ipsum multo castigatius 
damus & auctum septingentis ad minimum vocibus; Sed Lexicon & 
Phraseologia, & caetera illa, nondum sufficientem paßsa sunt limam. 
Et quamvis ea qua mihi jam extant facie, illa vellem exponere, defuit 
tarnen mihi vel semel ea revidendi (quod necessarium omnino) otium: 
ob quod autem editionem, tantopere ä plurimis flagitatam remorari, 
non placuit." 

Nun folgt eine längere, sehr interessante Auseinandersetzung 
wegen der gemachten Verbesserungsvorschläge. Wir übergehen die- 
dieselben und hören, was J. Docemius in der Vorrede zu seiner 1633 
in Hamburg^) erschienenen Bearbeitung der Janua mitteilt: 

„Gunstiger lieber Leser, nun übergebe ich dir endlich die höchst- 
begehrte vnd von vielen, bevorab meinen guten Freunden, bey nahe 
abgenötigte des Hochgelahrten H. Comenii meines grossgünstigen Herrn 
vnd sehr werthen Freundes Sprach-Thür, welche in Vergleichunge 



^) Der Güldenen auf f geschlossenen | Thür J. A. COMENII | Oder 
Des Pflantz-Garten | aller Sprachen, Wissenschaff- | ten, vnd Künsten. | Das 
ist : I Des kurtzen vortheilhafftigen We- 1 ges, die Lateinische (vnd alle andern) 
Spra- I eben, nebenat dem ersten -Grund, der Wissen- | schafften vnd der 
Künsten wol zu lernen, vnter Hun- | dert Titeln, vnd Tausend Sätzen | be- 
griffen. I Newe Aussfertigunge. | Vber die vorigen vielvermehret mit hinzu- | 
gethaner Deutschen Vbersetzunge, vnd einem sehr | ausführlichen beydes 
Lateinischen vn Deutschen Register, | darein nicht allein dieselben Wörter, 
so in der JANUA, sondern | auch vielmehr der gestalt hinein ^esetzet, dass 
es kan an stat eines Lexici seyn, | zu dem auch die quantitet der Syllabeu, 
der Nominum Genera, vnd Decli- | nation; der Verborum aber eigentliche 
Formirung, sämptlich | begiiffen werden. | Welchem aber diss gleichsam als 
der Schlüssel ein Form zu | compariren, moviren, decliniren vnd conjugiren 
angehangen wird. | Befordert durch J. DOCEMIUM. | Hamburg, Gedruckt 
vnd verlegt bey Michael | Hering, Buchfübr. Im Jahr 1633. 



1895. ComeniuB als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 



221 



derer, so die Irländischen Patres gemacht, gantz recht vnd billich, 
den Namen der güldenen Thür hat. Sintemal dieselbe von vor- 
nemen Leuten so hochgehalten vnd noch geschätzet wird, dass sie den- 
selben von aller Kunst vnd Geschickligkeit entfremmd (vngeschickt) 
halten, der diss vortreffliches vnd mit wunderlichem Fleiss gemachtes 
Werk nicht für eine sonderliche Gabe Gottes des allmächtigen er- 
kennet Als nun dieselbe fürm Jar mir erst aus Polen zugebracht 
worden, habe ich dem Authori verheissen, das inkünfftig ich dieselben 
Teutsch vbersetzen, nach vnserer Art verdolmetschet, auch an etlichen 
orten vermehret-, mit seinem Vorwissen der Jugend zum besten wolte 
fürdersampst lassen aussgehen. Habe demnach meinem Versprechen 
nachzusetzen, solches nicht länger verschieben mögen, be vorab weil 
der Author selbst im nechsten an mich gethanen Schreiben dasselbige 
mit ermahnen vnd emsigem bitten von mir erfordert hat. Ob nun 
wol auch sich Missgünstige finden möchten, welche hierinne, als in 
dergleichen, so nach etwas neues schmecken, embsig suchen werden, 
darein sie jhre Zäne wetzen können, vnd die, wie pfleget, nach dem 
das erste Eyes gebrochen, sich als treffliche Redener herfür thun, vnd 
mit eines andern Kalb pflügen werden: So habe ich doch vngeachtet 
solches Geschwätzes, mein geneigtes Gemüt der Jugend Studia zu 
befördern, mit dieser meiner geringfügigen Mühe bezeugen, vnd zu- 
gleich auch meinen guten Freunden die schuldige Willfahrung be- 
zeigen wollen, vngezweiff elter Hofnung, diese meine Arbeit nicht 
allein vielen erspriesslich, sondern auch dem Authori selbst, vnd 
andern redlichen Leuten, so etwas rechtschaffenes vrtheilen können, 
nicht vnangenehm sein werde." 

Von allen, welche die Janua lobten, scheint Mochinger ihre 
Vorzüge am klarsten erkannt zu haben. Das zeigen die folgenden 
Strophen, welche er in seiner schon erwähnten zweiten Bearbeitung 
(1634) dem ,',hochberühmten" Comenius widmete: 

Dulcibus exactus patriae Cbmenius oris 

Fallere dum curas quaereret exilii. 

Nee semper tetricis tantum impallescere Musis, 

Jüngere sed studio vellet amaena gravi 

Sic tamen ut vultus haec lenimenta severi 

Non minus e re aliis, quam graviora, forent. 

Aggreditur Latiae nobis recludere linguae 

Obex quas varius, sepserat ante, fores. 

Nee caret eventu Studium, Namque ecce remoto 

Obice nunc omni Janua clausa patet. 

lamque licet recto Latium contingere cursu. 

Quo licitum paucis ante venire fuit 

O felix ergo exilium, quod fecit, ut exul 

A Latio nemo, ni velit, esse queat. 

Pars totum ut capiat, fiere quod posse negarunt 

Omnes, Comeni tu modo posse doces. 



222 Aron, Heft 7 u. 8. 

Orbis hie immensi pars est quantilla libellus; 

Hac tanieu in parva parte sui Orbis inest. 

Janua quod nielior tua sit, quam Lexica quotcjuot 

Hactenus aetati scripta fuere rudi, 

Inde patet, verbis quod Janua res tua jungit, 

Lexica sed puero quid nisi verba dabant? 

Non equidem est, fateor, tua prima Caniaena Comeni 

Linguarum tentet quae reserare fores. 

Hoc te namque prior tentavit Hybernia, & Orbem 

Quae clausit, linguas ausa aperire fuit. 

Sed coUata tuae tarnen haec quam pandit Hybernus 

Janua vix dici rima pusilla meret. 

Et si quas merita est laudes, hoc nomine tan tum est 

Janua ad hanc quaedam quod fuit illa tuam. 

1639 veröffentlichte Hartlieb in London wider des Comenius 
Willen Teile aus dessen Arbeiten unter dem Titel „Pansophiae 
Prodronms." Dass diese bedeutsame Publikation auch als solche 
sogleich erkannt wurde, geht äusserlich betrachtet schon daraus 
hervor, dass 1644 eine dritte Auflage^) notig wurde. Erfreulich 
ist es, aus dem Jahre 1649 einen Pädagogen nachweisen zu können, 
welcher seine didaktischen Ansichten durch Citate aus der 1644 
erschienenen Ausgabe von Pans. Prodr. begründet. Es ist dies 
Johann Justus Wynkelmann von Giessen in seinem Buche „Ein- 
fältiges Bedenken" etc. Marpurg 1649 2). Nach vier Blättern Wid- 
mungsgedichten findet sich auf S. 1 — 188 der eigentliche Text in 
2 grösseren Abschnitten. Im ersten zeigt Wynkelmann die Schäden 
des damaligen Schulwesens und findet diese begründet in einem 
Mangel an der Obrigkeit, in einem an den Eltern, in einem an den 
Schullehrern und an der Jugend. Im zweiten Teile gibt er Mittel 
zur Besserung an, eins für die Obrigkeit, eins für die Eltern, ein 



') Joannis Arnos Comenii | V. cl | PANSOPHIAE | PRODROMUS, | 
Et I Conatuum Pansophiconim ! DILVCIDATK). | acccdiint | DIDACTICA 
DISSERTATIO | de Sennonis I^ini Studio | perfeote absolvendo, | ALIAQVE 
EIVSDEM. I Lugduni Batavorum | Ex Officina Davidis Lojxjz de Haro, 
I 1644. 

*) Einfältiges Bedenken | und Anzeige, | Woher es komme, dass | 
heutiges Tages die Jugend sehr verzo- | gen, Sprachen und freye Künste 
nicht« geachtet, \ und in Erlernung deroselben grose Müh, lange Zeit und | 
viel Kost(>n oftoi-s vergeblich angewendet | werden. | Darbey allerhand Gat- 
tungen und Mit- I tel geeignet werden, auf was Weise eine eute Gott- | 
wolgefällige Kinderzucht anzustellen; Wie die 8tudicn wie- | der in Auf- 
nahme zubringen; und wie die Sprachen und freye | Künste mit geringerer 
Müh und Kosten in kurtzerer | Zeit, alss bisshero geschehen, zu- | lernen 
seyen. | Gott zu Ehren, Christlicher Übrigkeit, Ehrlieben- | den Eltern, treuen 
Zucht meistern , und der lieben her- | wachsenden Jugend zum besten. | Zu- 
sammen getragen, verfertiget und verlegt. | Durch j JOHAN-JUSTUM 
Wynkelmann | von Giessen. | Gctruckt zu Marpurg | Bei Joseph Dieterich 
Hara|>eln, dero Universität | verordneten Buchtruckern. | Im Jahr, M. DC. 
XLIX. 4°. 



1895. Ck)meniu8 als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 223. 

drittes für die Lehrmeister und ein viertes für die Jugend. Gleich 
in der Einleitung (8. 4) bezieht sich Wynkelmann auf einen Come- 
nianischen Ausspruch. Er schreibt: „Gleich wie die Kunst nichts 
sonderliches würcken kan ohne die Natur, also kann auch die Natur 
nichts würcken ohne Gott. Die Natur ist viel sicherer, gewisser und 
vollkommener, wan die Kunst darzu komme." Hierzu citiert er: 

J. A. Com. in Prodr. Pansoph. pag. 64 „Ars sine natura nihil potest: 
Ars est natume aemula: Ars imitatur naturam: Ars est naturae f^ia. 

Im Kapitel „Zweiter Mangel an den Eltern" heisst es auf 
S. 40 über die frühzeitige Behandlung der Neugebornen „Von diesen 
und andern nötigen Punkten können treue erfahrne Aerzte und Heb- 
ammen die Mutter ferner unterrichten. Es kan auch hiervon mit 
mehrerm gelesen werden, das herrliche Büchlein Informatorium ma- 
ternum, die Mutterschule ^), cap. 5 — gedruckt zu Nürnberg im 
Jahr 1636." Wynkelmann hält es für eine Pflicht der Mutter, ihr 
Kind selbst zu säugen und führt Beispiele von der Schädlichkeit 
der Ammenmilch an. S. 38 sagt er „Reiche Eltern übergeben gleich 
anfangs ihre Kinder den ums Gelt gedingten Ammen zu säugen, 
tragen hergegen lieber ein kleines Hündlein im Schooss, an der Brust 
und Armen, als ihre eigene Leibesfrucht, welches wider Gott, wider 
die Natur und wider die Erbarkeit streitet." 

Auf S. 60 u. 61 schreibt Wynkelmann im Kapitel „Dritter 
Mangel an den SchuUehrern": „Bisweilen ist ein Lehrmeister von 
solcher grausamer Ungestümigkeit, dass er die Kunst mit Prügeln 

und Streichen auf einmal einblauen und einschlagen will. Wan 

man durch solche übermässige Schläge etwas aussrichten könte, wehre 
es rahtsamer, dass die Eltern ihre Kinder den Fassbindern oder den 
starken Dreschern als gelahrten Leuten untergäben. Ein furchtsamer 
Anfang hat langsam ein gutes End, dan wie manche statliche ingenia 
werden hierdurch abgeschrecket, verliehren alle Lust und Liebe zu 
lernen." Bei dieser Stelle verweist Wynkelmann auf J. A. Comen. 
Pans. Prodr. pag. 22: „Quomodo literae poterunt esse faciles inter 
trepidandum discendae! qualiter in nuUa mechanica arte addiscenda 
fit. Severitas necessaria inducit metum, metus autem necessario con- 
fundit, & intricat mentem; ut ubi sit nesciat, & si paulo debilior, 
vertiginem quandam patiatur." 

Wie die „Lehrmeister" in der Zucht sich verhalten sollen, er- 
örtert Wynkelmann im Kapitel „Drittes Mittel für die Lehrmeister" 
8. 168 ff.: „Fünftens sol ein Schul-Lehrer seyn massig in der Zucht. 
Maass ist in allen Dingen nutz. Gleichwie ein Medicus oder Artz 
die bittern Pillulen mit Golt zu überziehen, und andre bittere Artz- 
neyen mit süssem lieblichem Saft zu vermengen pflegt, damit er 
durch solche Süssigkeit und Liebligkeit dem krank darniederliegenden 
zu seiner Gesundheit verhelfen möge: also sol auch die Bitterkeit 



*) Informatorium der Mutter-Schul. Nürnberg, gedruckt und verlegt 
durch Wolfgang Endter 1636. 



224 Aron, Heft 7 u. 8. 

der Straf wort und Ernsthaftigkeit eines Praeceptoris mit der Lieblig- 
keit, Gelindigkeit und Sanftmuht vereinbaret seyn, also dass keine 
ohne die andere seyn, und nachfolgen einer Ammen, welche ihr zum 
schreyen bewegtes Kind mit den Brüsten wieder zu stillen und zu 
schweigen pflegt: Ein sanftmühtiger und lieblicher bringt mehr zu- 
wegen, lehret bässer, und alles mit Lüsten, als gar zu streng seyn." 
Cfr. J. A. Comen. Paus. pag. 23: „Arte opus est ad capiendos, 
ine^candos, demulcendosque animos. Quae ars partim docentium 
humanitate, partim methodi prüden tia constabit; ut literarum studia 
ingeniorum illecebrae fiant, & lusus menis videantur." 

Es würde zu weit führen, alle auf Comenius bezügliche Stellen 
aus dem interessanten Buche auszuheben. Übrigens zeigt sich Wynkel- 
mann ungemein belesen; er erwähnt Ratichius, Helwig, Moscherosch, 
Herzog Ernst und viele andere. 

In seinem 1648 erschienenen Buche „Neue wahrhafte Zeitung 
aus dem Parnassus von der Gedechtniss-Kunst" ^) citiert Wynkelmann 
auf der zweiten Seite «der Vorrede Comenius. Die Stelle lautet : 
„Demnach ich nun in der ungez weif feiten Hofnung stehe, mit diesem 
von mier zuem Theil ausgearbeiteten Werklein der Jugend dienlich 
zu seyn, als bin gleichsam zwangsweiss angehalten worden, dieses 
heraus zu geben, bevorab auch, weil alle dieser Kunst-Schreiber viel 
hoochtrabende Wort und der gantzen Welt kundbahre Verheissungen 
darvon so wohl mündlich als schriftlich herausgegeben, und sich wohl 
unterstehen dörfen eine Laus zu anatomiren oder zu zerlegen, und 
wissen doch nicht, wieviel Füsse sie hat, von welchen Klaumianischen 
Gross-Sprechem J. A. Komenius in der Vorrede seiner aufgeschlossenen 
güldenen Spraachen-Thür redet, inn der Taht und Werckschmitung 
aber bleibet man biss über die Ohren stekken, dass es wohl heisen 
mag: Viel Stroh, wenig Korn: Gran rumor, poca lana: Grooss Ge- 
schrey, und wenig Woll, sagt der Teuffei und schoer eine Sau mit 
der Liechtputze." — Auf Seite 19 dieses höchst sonderbaren Buches 
nennt Wynkelmann in 24 Reihen zu je 5 Namen alphabetisch seine 
Schüler und Freunde. Unter B finden wir in der zweiten Reihe als 
letzten Johann Buno aufgeführt. Daraus geht mit ziemlicher Sicher- 
heit hervor, dass dieser seine mnemotechnischen Kunststückchen dem 
Wynkelmann ablauschte. 

Durch J. Buno 2) werden wir nach Danzig geführt, wo um 1648 



Stanisl: Mink von Weunssheim | RELATIO NOVISSIMA | ex 
PARNASSO I DE | ARTE REMINISCENTIAE | Das ist: | Neue wahrhafte 
Zeitung aus dem Parnassus | Von der Gedechtniss-Kunst. | 8 Zeilen Gedicht 
I Gedruckt | In dem Parnassus von J. K. M. | wohlbestclten Buchdrukkem. | 
Im Jahr M. DG. XLVIII. 4«. 

'^) Christian Schöttgen, Rector der Creutz-S(^hule zu Dressden, Von 
Schul-Bu ehern. Dressden 1742. Abfälliges Urteil über Buno. — Acta 
Scholastica. Leipzig u. Nürnberg, 1747. VII. 6. Stck. R. Aron, Zur 
Methodik des Geschichts- Unterrichts. Mitt. d. Ges. f. deutsche Erz. und 
Schulg. I, 97—102. 



1895. Ck)ineniu8 als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 225 

noch ein anderer pädagogischer Neuerer — Johann Raue oder Ravius *) 
— von sich reden machte. Dem Rate der Stadt Danzig gelang es, 
im Jahre 1646 den rührigen, mit radikalen Schul Verbesserungsplänen 
sich beschäftigenden Raue behufs Erneuerung des dortigen Schul- 
wesens zu gewinnen. Ebendahin wurde auch Buno berufen, um, wie 
er selbst sagt, „einen kürzeren und milderen Weg aufzuspüren, die 
Kinder lesen und lateinisch zu lehren." 

Raue drang mit seinen Reformvorschlägen nicht durch, weshalb 
er 1651 Danzig verliess. Nicht viel besser erging es dem Buno, 
welcher mit Freuden 1653 einer Berufung als Rektor nach Lüne- 
burg folgte. Die Idee Raue-Buno*8, die sinnliche Anschauung beim 
Unterrichte benutzen zu müssen, deckt sich vollkommen mit der des 
Comenius; doch weichen beide in der praktischen Durchführung dieses 
Prinzips von Comenius ab. Bei ihm vertritt das Bild die Stelle 
des wirklichen Dinges, ja ist manchmal ein nicht zu vermeidender 
Notbehelf. Bei Raue-Buno dagegen wird das Bild als mnemotechnisches 
Hilfsmittel verwendet. Dies wollte Raue nicht wahrhaben und be- 
mühte sich nachzuweisen, dass „die Fabular-Grammatic dem Operi 
Comeniano nicht entgegen sey." Cfr. Kurtzer Bericht, welcher massen 
die von M. Johanne Bunone angelegte Grammatica recht und wol 
gegründet sei." Danzig 1649. — In der Vorrede von „Vralter 
Fusssteig der Fabular und Bilder-Grammatic" Danzig 1650, ergeht 
sich Buno darüber, dass durch Bilder und Fabeln Kinder besser be- 
weget werden, Geschichten zu behalten, denn durch blosse Worte 
und Lehren — und fährt fort, „Herr Comenius treibet diese Lehrart 
heftig, und will, dass man die Information vom Gesicht und Gehör, 
vermittels welcher Sinnen alle Künste und Wissenschaften zum Ver- 
stand müssen gebracht werden, durch Historien, Fabulen und Bilder 
bey Kindern anfangen solle. Aus welchem allem genugsam abzu- 
nehmen, dass die hochgelährte Männer, in dem Sie den Grund dieser 
Lehrart gesetzet, fürnemlich beobachtet, wie durch die Sinne dem 

Verstand alle dinge müssen vorgemahlet und abgebildet werden." 

Bei dieser Stelle verweist Buno auf Comenii Method. noviss. c. X. 
In der Vorrede zu der 1651 in Danzig erschienenen „Neue Latei- 
nische Grammatica In Fabeln und Bildern Den eusserlichen Sinnen 
vorgestellet" 2) stützt sich Buno für seine Ansicht ebenfalls auf die 

^) Martin Diterich, Zufällige Anmerckungen von allerhand zum Schul- 
wesen und Grundlegung der Gelahrtheit gehörigen Sachen. Berlin, Bey 
Johann Andreaa Rüdigem. 1716. 2. Stck. S. 43. 3. Stck. S. 145. — 
A. Ziel, Johann Baues Schulenverbesserung. Dresden 1886. 

') Neue Lateinische | Grammatica | In | Fabeln und Bildern | Den 
eusserlichen Sinnen vorgestellet, und also | eingerichtet, dass durch solches 
Mittel dieselbe, benebens | etlich tausend dannnen enthaltenen Vocabulis, 
in kurtzer | Zeit mit der Schüler Lust und Ergetzune kan | erlernet werden, 
[Auf Begehren eines Edlen Hoch weisen | lUhts der Königlichen Stadt { 
Dantzig, | Der wehrten Jugend zeitigen Wachsthum | in heUsamen Studiis 
zube I fordern, | Wolmeinend verfertiget | und ausgegeben | von | M. Joh. 
Buno. I Gcdrukt zu Dantzig bey Andreas Hünefcld, | Jm Jahr Christi 1651. 4?. 



226 Aron, Heft 7 u. 8. 

Idee des Comeiiius von der Notwendigkeit der sinnlichen Anschauung. 
Es heist daselbst „Darnach hab ich die Mittel und Wege, welche 
die Natur zu Erkundigung der Dinge dem Menschen verliehen, eigent- 
lich beobachten müssen: da dann nicht alleine Aristoteles in seinen 
Büchern de Anima und sonst hin und wider, sondern auch alle 
Physici und Naturkündiger, ja die Erfahning selbst auf die euser- 
lichen Sinnen weisen, als welche die Thüre und Thore sind, ver- 
mittelst derer alle Erudition und Wissenschaft zum Verstände ein- 
gebracht wird." Cfr. Comenius Method. noviss. c. X. 

Johann Haue gab 1635 in Erfurt den Cornelius Nepos heraus 
als „Autorum primus, qui post Comenii Januam pro inchoando apud 
Juventutem stylo posthac edentur". Comenius hatte diese Ausgabe 
und den Autor gelobt und ihn zur Mitwirkung an seinen didak- 
tischen Arbeiten aufgefordert. Cfr. Opera didactica omnia I. Pag. 
364, 135 Cujus rei nescio an optari debeat alius, aut sperari possit 
melior artifex, illo, qui sibi publice spartam hanc deposcere, eamque 
adeo jam ornare orsus est: florentissimus in effloresceute Gedana 
Academia Eloquentiae & Historiarum Professor, D. Joannes Rave. 
136 Qui editum nuper in lucem, notisque illustratum, & Indice 
pulchro instructum, Cornelium NeiK)teni, non solum titulo illo, Autorum 
primus, qui post Comenii Januam, pro inchoando apud Juventutem 
stylo posthac edentur, oniare voluit: sed & in praefixa operi de 
emendatione vitiosae per Germaniam eloquentiae Disscrtatione, (para- 
grapho 18) sibi provinciam hanc illis verbis despondit. Dabunt alii 
in aliis operam: ego pro mea, & bono cum Deo, aunitar, ut in Latinis 
Auetoribus adolescentia a nie quoque adjuta sit. 137 Macte vero 
hac promptitudine pietateque in Patriam, Vir optimel Deus Tibi 
annos & animos addat, ut feliciter, quam professus es operam, com- 
pleas." Der Gedanke beschäftigte den Raue auch lebhaft, „das von 
Comenius angesponnene grosse Werk der Pansophie" fortzusetzen, 
wozu ihn das 1639 in London erschienene Buch „Pansophiae Pro- 
dromus" anregte. 

Die wichtigste Quelle zur Erkenntnis des pädagogischen Systems 
Raues ist jedoch seine 1653 geschriebene „Wohlgemeinte Deduction 
Schrifft über die algemeine höchstnötige Schuelen Verbesserung**^), 
in welcher er in vielen Dingen mit Comenianischen Ideen überein- 
stimmt. Nachdem er in dieser Schrift auf die Hauptschäden des 
damaligen Schulwesens aufmerksam gemacht, dass es nämlich an 
guten Schulbüchern und an guter Lehrart fehle, kommt er auch auf 
Comenius und schreibt von ihm im 2. Teil der „Innerlichen Schulen- 



*) Wohlgemeinte Deduction | Schrifft | über | Die algemeine höchst- 
nötige Schuelen ver- | besserung, so weit dieselbe auff den | Mcthodum vnd 
Dexteritatem | Docendi beruhet, vnd durch Got- | tes Gnade, ohne einige 
difficul- I täten sonst mit vertheile- | ten vnd also weniger vn- | kosten ohn- 
fcilbar kan | erhaltenn wer- | den | Auffgesetzet | von | Johann Rauen Prof. | 
Honor. Cicdanens. 97 beschrieb. Blätter in folio. Dies Werk ist nur in 
einigen Abschriften vorbanden; eine neuere besitze ich. 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile »einer Zeitgenossen. 227 

Verbesserung" § 9: „Diesen Fehlern hatt Johann Arnos Comenius 
mit seiner Janua abhelffen wollen, undt derowegen auff die Verbindung 
der Cognitionis rerum ac verborum gar recht vndt wohl sein absehen 
gehabt, dabey einen Context der Sachen, welche gleicher Natur vndt 
Eigenschafft sindt, angeleget, damit selbige in dem ersten Grad der 
Wissenschaft, vndt also vor sich selbst, zuförderst erkennet vndt 
verstanden, nachmals das Judicium ovvxqitihöv darauff mit Nuz vndt 
bestandt gesezet werden konte." 

Doch hat Raue an der Janua manches auszusetzen, so die 
allzugrosse Kürze, die zu schematische Anordnung und hauptsächlich 
die Latinität, welche ihm nicht rein genug ist. Schliesslich gestattet 
er doch den Gebrauch der Janua. § 88 des 2. Teiles schreibt er: 
„Hierauff hatt eine Janua folgen müssen, vndt auch des Comenii 
können behalten werden, dabey ich aber dieses bedinge, dass nicht 
eben alles zu urgiren, sondern ein vieles so mit sonderbahren signis 
gezeichnet werden soll, daselbst vnvonnöthen gar wohl vorbey ge- 
gangen vndt ausgestalt sein können." 

Vorhin teilte ich mit, dass der Danziger Rat Schulreformer 
berief, um seine Schulen zu verbessern. Auch die Rektoren der 
städtischen Lehranstalten wurden beauftragt, einen für alle verbind- 
lichen Lehrplan auszuarbeiten. Dieser erschien als amtliche Publi- 
kation 1658 unter dem Titel „Kurtzer Begriff, Wie die Jugend 
künftig im Gymnasio und andern Schulen — sol unterwiesen und 
gelehret werden."^) 

Auf S. 25 der „General- und Spezial - Nachricht" heisst es:. 
„Die Autores aber, so der Jugend nach solchen Schulbüchern (Rhenius, 
Weller, Vossius, Scharf) sollen erkläret werden, sind diese: Vestibulum 
Comenii, und mit denen, so etwas weiter kommen, desselben Janua" etc. 

S. 59 „In den Autoribus designandis aber muss man sonder- 
lich der Knaben profectus beobachten, und von dem leichtern zum 
schweren hinauff steigen, damit die zarte Jugend nicht allzu sehr 
beschweret, und vom Studieren abgeschrecket werde. Denn, ob man 
gleich einen vornehmen Autorem mit ihnen nehmen, und denselbigen 
fleissig expliciren könte, dass sie auch zugleich mit den Verbis realia 
im Kopff brächten, so lest sichs doch nicht so wol practiciren, als 
wenn der Jugend, so die Sprachen lernen soll, die Realia albereit 
bekand seyn. Vor die kleinen kan man Vestibulum und Portulam 
Seidelii; bey denen aber, so schon etwas profectus haben, könte man 
des Comenii Januam — — und dergleichen, so nicht allzu schwer 
seyn, nützlich gebrauchen." Eine genauere Einsicht in diesen Danziger 
Methodus lässt uns Comenianische Einflüsse erkennen. Unter den 
sieben Rektoren, welche diesen luntlichen Bericht unterschrieben, kann 
ich Jacobus Zetzkius als einen Anhänger des Comenius nachweisen. 
1634 widmete er seinem Freunde Mochinger für die 2. Auflage 



1) Siehe Note auf Seite 218. 



228 Aren, Heft 7 u. 8. 

seiner Januabearbeitung ein Auagramm, aus dem ich folgende Verse 
mitteile: „HErr Comenius zuvor bawte diss Lateinsche Thor — — 
Jugend, wilt du durch diss Thor, lass ja nicht daheim dein ohr: 
Sonsten mag hie nichts verschlagen. Wer sich in das Schloss wil 
wagen, Da ihn diese Thür hinführt, Sey mit obren wol stafiert Hie 
sind lauter kunst- gemacher Vnd nach dem viel ehren -fächer. Du 
komst nie ohn' ohr vnd lehr Jns gemach der kunst vnd ehr: Ihm 
daneben danck gebühret, Der dich hatt hinein geführet." 

Comenius veröffentlichte ein ihn überschwenglich lobendes 
Sendschreiben von Peter Colbovus von Gadebusch aus Mecklenburg *). 
Aus demselben mögen folgende Stellen hier einen Platz finden: 
„Sende-Schreiben an den Wol Ehrwürdigen, Grossachtbahren, Hoch- 
gelärten, vnd vmb die allgemeine Christliche Schul Jugend trefflich 
verdieneten wehrten Mann, Herren Johannem Amosum Comenium, 
betreffend dessen neueste Lehr Künstlichste gewünschte Schul 
Bücher etc. Dancke nun dem nach zu färderst Gott in Himmel, 
durch Vnsern lieben Herrn Jesum Christum, in tieffester Demuth, 
von gnind meines hertzens, für solchen gegebenen edlen Schulschatz 
E. W E genandte lang gewüntschte Lehr-künstlichste schöne Bücher. 
Hertzlich bittende, das» wie Er sich nun mehr über das zu gründe 
verderbte Schulwesen so genädiglich erbarmet, Vnd durch E W. E 
Vnd Ihre treue Mitarbeiter zu einer mercklichen hochnötigen besserung, 
in Wissenschaften, Künsten, Vnd Sprachen, beydes so einen über- 
auss schönen festen grund geleget, vnd auch ferner den gantzen 
Baw so herrlich hinaus führen will. — — Dann Dancke Ich auch 
daneben beydes für mich, Vndt in Nahmen der gantzen vngezogenen, 
vn verständigen , lieben Jugendt, sehr fleissig vnd dienst -freundtlich 
E. W. E Vnd allen Ihren trewen Mitarbeitern, für den angewandten 
treuesten fleiss, vnd die volbrachte sehr sawre, sehr schwere, vnd 
verdriessliche, aber ja recht hochnötige vndt überaus nützliche vnd 
herrliche Arbeit." 

1657 gab Comenius in Amsterdam auf Kosten seines Gönners 
L. V. Geer seine sämtlichen didaktischen Schriften heraus; allen 
vorauf liess er, gleichsam als pädagogisches Programm, die Didactica 
magna gehen. Von der Wirkung der grossen Lehrkunst zeugt die 
unter dem 14. Oktober 1658 von Hall aus publizierte „Schul -Ord- 
nung, womach man sich in gantzem Ertz-Stifft Magdeburg unver- 
änderlich zu achten und hinführe zu richten hat" 2). 

Im Abschnitt „Vom Methode informandi" lesen wir Caput III. 
De Objecto Informationis. § 8: „Weil es aber heist, Natura non 
facit saltum, so muss man einen jungen Menschen 1. in den ersten 
sechs Jahren, als ein junges zartes Keisslein wohl und fleissig, so 



') J. A. COMENII I OPERA | DIDACTICA | OMNIA. | Amsteniam 
1657. II, 459—62. 

*) Vormbauni II, Pag. 486 ff. u. Sämptliche Fürstliche Magdeburgische 
Ordnungen u. s. w, Leipzig 1673. S. 271—325. 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 22d 

wohl an seiner Gresundheit und Ijeibe, als an der Seelen in Acht 
nehmen y damit bey ihme kein Schade, durch unordentliches Leben» 
oder gegebenes Aergemüss von bösen Leuten , mit welchen er um- 
gehet, entstehen möge. 2. in den folgenden sechs Jahren, vom 
sechsten biss zum zwölfften die schönen Blatter und anfahendes 
Wachsthum vorsichtig befördern, damit bey seiner Fortsetzung, in 
die öffentliche Schule keine Raupen oder böse Gresellschafft das Gute 
verderben. 3. in den nechsten sechs Jahren, vom zwölfften biss zum 
achtzehenden die schönen Blüthen, und allbereit hervorblickende 
Hoffnung zu den künfftigen heilsamen Früchten, noch genauer in 
Acht nehmen, und vor aller Verführung, .in Lehr und Leben, fleissig 
bewahren. 4. Damit endlich vom 18. biss 24. Jahre, derselbe, als 
ein schöner wohlgerathener Baum, mit seinen Früchten erfüllet, zu 
einem nützlichen Ambte gebrauchet werden könne. 

Caput IV. De Officina & Loco Informationis. § 1. Soll 
nun ein junger Mensch den Zweck seines studirens gewündschter 
Massen erreichen, so muss ordentlich nach einander 

1. die Mutter-Schule, oder Haus-Zucht^ 

2. die Stadt- und Dorff-Schule, 

3. die öffentliche Land-Schule oder Gynmasium, 

4. die Hohe Schule oder Academia, 
das Ihre dabey thun. 

In den folgenden Paragraphen wird in grossen Umrissen jeder 
ünterrichtsstufe ihr Pensum zugewiesen. Für die Mutter-Schule soll 
das 1636 zu Nürnberg erschienene Informatorium gründliche Anleitung 
geben. „Wann solches gebührend verrieb tet^ alsdenn und nicht ehe, 
soll man die Geschicklichkeit also befördern, dass alle und jede mit 
Fleiss angeführet werden 1. im Schreiben, Rechnen und Singen. 
2. in der männiglich nöthigen Wissenschaft, durch die zu Gotha zu 
solchem Zweck hiebevor aussgefertigte teutsche Büchlein. § 10. 
Wozu denn auch insonderheit dess Comenii Orbis sensualium pictus 
anzuwenden, also, dass man zum wenigsten in ieder Schule ein 
Exemplar desselben habe, und allen und jeden Knaben, ehe sie 
anheben die lateinische Sprache zu lernen, sie mögen zum studiren 
tüchtig seyn oder nicht, die generalia auss dem Anfange und Ende, 
item die Capita von Gott und seinen Wercken, von Tugend und 
Lastern teutsch zum öfftem vorlese, und diejenigen, so das Buch 
wegen Armuth selbst nicht kauffen können, die wenigen Blatter so 
hiervon handeln, an Statt anderer unnöthigen Dinge abschreiben 
lasse." Für den lateinischen Unterricht sollen neben andern Büchern 
auch gebraucht werden die Janua und das Atrium Comenii samt 
dem dazu gehörigen Lexico. 

Ein treuer Anhänger des Comenius war Jakob Redinger^), 

^) F. Sander, Jakob Bedinger, ein Anhänger des Comenius im 
17. Jahrb. Beilagen zur Allg. Zeitung vom 2. u. 3. Sept. 1892. Nr. 205 
u. 206.. — 1. Latinisher Buns | der | Tütshen Sprachkwäl, | Oder: | Latinish 

Monatahefte der Gomenius-Gesellschaft. 1895. 2(j 



230 Aron, Heft 7 u. 8. 

welcher als Bearbeiter vom Vestibulum und als Übersetzer von Schola 
ludus bekannt geworden ist. Fast vergessen sind seine eigenen, zum 
Gebrauche für Schüler geschriebenen Bücher, in denen er (wie die 
damaligen deutschen Sprachgesellschaften) zu erweisen sich bemüht, 
dass viele lateinische Wörter aus der „uralten teutschen Spraclie" 
abstammen. Durch diesen „Nachweis" glaubte er den Schülern das 
Erlernen der lateinischen Sprache zu erleichtem. In seinem 1659 
gedruckten Schulbuche „Verwandschaft der Teutschen und Lateinischen 
Sprache" bezieht sich Redinger mehrfach auf sein grosses Vorbild. 
Pag. 7. „Es hat der weitberühmte Kunstsprachlehrer J. A. Komenius 
disen trefflichen, leichten, kurzen weg erfunden die Lateinische und 
andere Sprachen zu lehren und zu lehrnen, dass er erstlich die 
Stammwörter nach Ordnung der natürlichen. Künstlichen, Sittlichen 
und Göttlichen dingen zertheilet, und die bilde beifüget, dass ein 
Knab das dingbild sehende und das sachwort lesende und hörende, 
die Dinge und Wörter, welche ein andere entsprechen, leichtlich be- 
greiffen kan. Wann nun jetzt zu den dingbilden und diugwörtem 
auch noch käme die Wortgleichheit in des Knaben Mutersprach und 
der überigen, diö er lehnien soll: so halte ich, dass ihme aber umb 
vil geholffen wünle, die Wörter noch bälder und steiffer zu behalten. 
Ich thue hie einen Versuch mit zusammenlesung der verwandten 
Teutschen und Lateinischen Wörteren aus etlichen Wortbücheren 
und eigner beobachtung etlicher, welche ich dem Rheinstrom nach 
von desselben Ursprung bis an das Meer gehöret habe." — 



Tütshes wort — | büchlin: | In welchem durch aincn lichten griff, | mit 
etlich hundert bispilcn gewisen wird, | wie die Latinishe Sprach us der 
Tutshen | geflossen: | Gegraben, gcsamlet, gclaitet, | fon | H. Jakob Redinger. 
I Getrukt | in Bchaffhilsen, | bi | Johann Kaspar Süter. | M DC LVI. 8°. 
8 Blätter Vorrede , 72 Seiten Text. — 2. VERWANDSCHAFT | der Teut- 
schen und Lateinischen Sprache, | Oder : GLEICH STIMENDES | WORT- 
BÜCHLEIN: | In welchem gezeiget wird: dass etlich hun- | dert Lateinische 
Wörter, theils aus der uralten | Teutschen Sprache herkomen; theils mit 
derselben | durch leichte Richtigmachung ihrer Ver- \ wirrung zu der Ur- 
sprach können | gerechnet werden: | Für die Franken thalischc Schuler, und 
[andere Teuteche Sprach-lieber gesamlet, | von | JAKOB REDINGER. | 
Druckerstock. | Getruket zu Hanaw | Bei JAKOB LASCHE. | Im Jahr M. 
DC. LIX. 8°. 96 Seiten. ~ 3. Des Johan Arnos Komenius |, Spielschule | 
oder Lebendiger Kunsten-Krcis: [ Das ist | Schawspielige Übung | Der 
Sprachen- und Sachen-Thiir, | Ein anmuthiges Kunststuk darstellende, | Alle 
dmge mit der Namengebung bekleidet, | den Sinnen nach dem Leben vorzu 
I tragen. | In Franckfurth bey Thomas Matthias Gözen. | In Verlegung des 
Ubersezers. | Mit Churpfälzischer Befreiung. | Gcdnickt bei Jacob Laschö, 
Buchdrucker in Hanaw. | Im Jahr IGoO. 8^ 055 Seiten Text. — 4. (Ab- 
gekürzter Titel.) Job. Arnos Comeni Erster Teil der Schuhl-Gelchrtheit, 
genennet die Vortvhre: Welche begriffet Die Grunlage der Dinge, und 
unserer Weisheit um die dinge, als auch der Lateinischen Sprache, mit der 
Muttersprache; zugerichtet nach den Gesetzen der neuesten Lehrart, und 
mit vielen Bildern erklähret, auf Zulassung und billigung des Verfassers, 
von Jakobo Redinger usw. Amsterdam, Jon. Ravestein. 1(373. — Aus dem 
Jahre 1678 besitze ich ausserdem noch einen Nürnberger Nachdruck. 



1895. ComeniiiB als Pädagoge im Urteile seiner ZeitgeDOfisen. 231 

Dem eigentlichen Wortbüchlein geht ein Schulgespiach vorauf 
zwischen dem Schweizer Kunrad, dem Niederländer Rudolf, dem 
Pfälzer Heinrich und dem Lehrmeister, einem Alemannen. Kunrad 
und Rudolf wollen nach Frankenthal, um in der dortigen Redinger- 
sehen Lateinschule Sprachen zu lernen „nach dem Lehrweg des 
hochgelehrten Herrn Komenius". Sie freuen sich, ^en Schüler Heinrich 
aus Frankenthal dicht bei der Stadt zu treffen, und hoffen, von ihm 
mancherlei für sie Wichtiges zu erfahren. Es entwickelt sich folgendes 
Gespräch : 

K.: Wohin, wohin guter Fründ? 

H.: Ich gehe durch dises Feld an den Rhein, mich ein wenig 
an und mit den Geschöpfen Grottes zu erlustigen. 

K.: Mit was für Geschöpfen? 

H.: Mit kräutern, Sträuchen, bäumen, vögeln, fischen, vier- 
füssigen thieren, und dergleichen. 

K.: Das hab ich dahaim alle tag gesehen, und jez den Rein 
ab auch ein theil. 

H.: Kennestu aber alles, und kanstu es nennen? 

K.: Nein, und was nüzte es mich, wann ich es könte? 

H.: Ich wolte ein schönes geben, dass ich dise, und andere 
Sachen alle kennete, und nennen könte. 

K.: Lieber myn, warum? 

H.: Ich könte die Lateinische Sprach vil besser lehrnen, und 
were bald gelehrt. 

K.: Kann man dardurch gelehrt werden? 

H.: Ja freilich. Wahrhafftig gelehrt sein ist nicht anders, als 
die Dinge unterscheiden, und nennen können. 

K.: Wer hat dir das gesagt? 

H.: Unser Lateinische Lehrmeister, bei welchem ich solte die 
Lateinische sprach lehrnen, und sihe erst, dass ich mehr als den 
halben theil Teütscher Wörter, und Sachen nicht weiss. 

K.: Muss man dann in der Latinischen Sprache alle Wörter 
lehrnen ? 

H.: Fast alle, so man alle Lateinische bücher verstehen will. 

K.: Wie vil Zeit muss man wol darzu haben? 

H.: Zwei, oder drei Jahr. 

K.: Lehrt man neben der Sprach auch etwas anders? 

H.: Ja freilich: die Natürliche, Künstliche, Sittliche, Göttliche 
Sachen. 

K.: Was für Bücher muss man haben? 

H.: Im ersten Jahr die sichtbare Welt (orbis p.), im andern 
die Spielschule (schola ludus) mit zugehöriger Sprachlehr und Wortbuch. 

K.: Was begreifft die sichtbare Welt? 

H.: Aller fürnemsteu weltdingen und Lebens Verrichtungen Vor- 
bildungen, und benahnmngen. 

K. : Was begreifft die spielschule? 

16* 



232 Aron, Heft 7 u. 8. 

H.: Aller dingen benamung und fürstellung in acht spielen. 

K.: Wer spilet dise lustige und nuzliche spiele? 

H.: Die Schuler unter einander. 

K.: Also glustet mich je langer je mehr in dise Schul: er 
lieber, führe uns zu einem ehrlichen Kostherren, und hernach in die 
Schule. • 

Bald darauf gesellt sich der Lehrmeister zu den drei Schülern 
und beginnt nach kurzem Zwiegespräch seine Lektion. 

Das Buch schliesst Pag. 95: „L. So ihr Lust zu Griechischer 
Sprache habt, sollt ihr sie lernen, aber ihr müsst erstlich die Latei- 
nische sprach mit angedeuteten Sachen recht lernen. Darum so 
überleset hie alle tag ein oder zwei blätlein fleissig, und lasset uns 
nun zu der Sichtbaren Welt (Orbis pict) fortschreiten." 

Li der Vorrede zu dem in Züricher Mundart geschriebenen 
Latinischen Run's (Rinnsal) denkt Redinger offenbar auch an Comenius, 
wenn er von dem Fleiss und der rühmlichen Arbeit gelehrter Männer 
spricht, einen kürzeren und leichteren Weg zur Erlernung der Sprachen 
zu zeigen. 

„Liebe Tütshe; Demnach eüwere lobliche begird alerlai sprachen 
zu lernen, um dersälben im gaist- und wältlichen stand euch zu be- 
dienen, aler wält bekant: in glichem etlicher gelertcr männeren flisa 
und rumliche arbäit bewusst, welche sich bemühend ainen kürzeren 
und lichteren wäg zur erlemung der sprachen zu zaigen, als aber die 
zithar in den Schulen gebrucht worden, sonderlich mit ordenlicher 
fügung der sachen und sachbedütender werten: hierin aber noch 
manglet ain grundlichere undersuchung der änlichkäit und glichhait 
der sprachen, nähend dem augenschin in wisung der sachen sälbsten, 
oder durch mitel der gemaleten bilder: welche baide stuk ainen noch 
fil kürzeren und lichteren sprachwäg machen werdend: so understande 
ich mit Gotes, vnd sprachliebender lüten hilf, die glichhait der 
sprachen uf ainen andren srot zu zaigen, als bishar fon etlichen 
arbaitsamen männeren geschähen" etc. 

Inbezug auf den realen Realismus des Comenius will ich ein 
Urteil aus dem Jahre 1669 mitteilen. Eccard Leichner stellt in 
seinem „Apodictischen Prüfe-Spiegel" *) auf Seite 21 Comenius neben 
Verulam, Campanella und Cartesius als einen Gelehrten, welcher die 
übele Philosophie irrig und verführerisch gehalten, welche nicht auf 
wahrer Betrachtung der Natur und Naturwerke beruhe. 

Ich komme nun auf zwei in ihrer Zeit hochgeachtete praktische 
Schulmänner, von denen wir umfangreiche Anweisungen haben, wie 

*) D. Eccardi Leiebneri | Apodictischer | Prüfe -Spiegel | Wissen- und 
Gewiesen-haffter Lieb- | haber des Christlichen Schul- und | allgemeinen 
Wol- Wesens: | Worinne zugleich eine Summarische | Abbildung | Wahrer 
und Irriger | Logica, auch Pnysica, Methaphysica | und Ethica; | Nebst ge- 
wiehrieer Anzeige, | wie leicht-müglich die Apodictische Emen- | dation seye 
I Abtntts- Weise | Zu endlichem reiffern Nachdenken Man- | niglich trew- 
meinend Yor Augen gesteilet. | Erffurth, In Verlegung des Autoris. 1669. 



1895. ComeDius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 233 

das Vestibulum und die Janua wohl am vorteilhaftesten in den 
Schulen anzuwenden wären. Es sind dies Johann Sebastian 
Mitternacht^ Rektor in Gera, und Johann Georg Seybold, 
Lehrer am Gymnasium in Schwäbisch-Hall. Bei Mitternacht handelt 
es sich imi die 1665 in zweiter Auflage erschienene Schrift „Paedia, 
das ist: Un vorgreif fliches und wolgemeintes Bedenken von der Er- 
ziehung und Unterweisung der Kinder" i). S. 185—187, 217, 222, 
224 — 229 finden wir die betreffenden Stellen. 

Folgende kleine Auslese möge zur Kennzeichnung der Stellung 
genügen, welche Mitternacht den Comenianischen Schulbüchern gegen- 
über einnahm. „Neben dem Donat, so bald der Discipul die Para- 
digmata Declinationum & Conjug. etlicher massen gefasset, kan man 
das Vestibulum C!omenii brauchen, und die Nomina und Verba nach 

dem gelernten paradigmatibus flectiren lassen. Jetzt ist genug, 

dass ich Ursach gebe, warum ich das Vestibulum allernechst nach 
dem Donat gesetzet. Weil nemlich simplicissimae constructiones, 
dergleichen den Kindern anfänglich gegeben werden müssen, darinnen 
Vorlauf fen, und die Wörter gutes Theils in ihrer eigentlichen Be- 
deutung, dessgleichen die epitheta oder adjectiva, nicht weniger die 
verba, so rerum propria bedeuten, zu ihren gehörigen Subjectis ge- 
setzet werden. — Im decliniren und conjugiren kan man sich mit 
Nutz richten, nach dem, was der Auetor Vestibuli in praefat ad 
Lect. numer. IV. & V. de Vestibuli usu erinnert" — 

Seybold veröffentlichte 1663 in Schwäbisch-Hall „Kurtze doch 
Gründliche Anleitung"«) etc. — S. 155—158, 160-162, 172—180 
lesen wir seine praktischen Ratschläge, das Vestibulum und die Janua 
mit Nutzen bei Kindern zu verwenden. Er ist noch mehr als Mitter- 
nacht von der Vortrefflichkeit der Comenianischen Schulbücher ein- 
genommen. Caput XXVni. Pag. 161 „Das Vestibulum Comenii 
ist ein fein nutzlich Büchlein, darauss die Tirunculi Latinitatis allerley 
Wort, als Verba und Nomina, Adjectiva und Substantiva, dessgleichen 
auch allerley andere Partes Orationis, deren man in examinatione 

^) Büttner, B«ktor J. S. Mittemacht u. s. Wirksamkeit am Geraer 
Gymnasium 1646—67. Gera 1888. 4^ — M. JOH. SEBASTIANI | Mitter- 
nachts. I PAEDIA, I Das ist: | Un vorgreif fliches und | wolgemeintes | Be- 
dencken, | Von j der Erziehung und Un- | terweisung der Kinder, | Auff die 
Privat-Information, die | bey den Eltern im Hause geschieht, | eingerichtet, | 
Jetzo auffs neue ausgefertiget, und | mit etlichen absonderlichen Gutachten 
I das Informations-Werck betref- | fend vermehret. (Gera 1665.) 8^ 

^ Praeceptor Methodicus, | sive | METHODUS | INSTITUTIONIS | 
PUERILIS I Das ist: Kurtze doch Gründliche | Anleitung, wie man einen 
Kna- I ben, neben guter Zucht und wahrer Got- | tesforcht, vom Alphabet 
an, durch die Lectio- | nes Classicas ordenlich führen soll, dass er zu | dem 
Grund der Lateinischen Sprach, und an- | derer darzu nothwendig-gehörigen 
Stück I schleunigst gelangen möge; | So wol den Docentibus als Discentibus 

Lzu lesen nutzlich; | Beniercket und beschriben: | von Johann Georg Sey- 
)lden, I Gymnasii Halensis Coli. | Schwäbischen Hall | In Verlegung Johan. 
Christoph Gjäters | gedruckt bei Hans Beinhard Laidigen, 1663. 



234 Aron, Heft 7 u. 8. 

formularum nicht wol entrathen kann, die sie zur Practicirung der 
Grammatic, und auch in kurtzen formulis loquendi zu gebrauchen, 
ßollen angewehnt werden. Dieses Büchlein muss aber von Anfang 
biss zu End ausswendig gelernt werden, und damit solches desto 
füglicher geschehen möge, können sie das Teutsche absonderlich in 
ein Büchlein, darzu gebunden, abschreiben, und dasselbe im recitiren 
vorlesen, und dann drauf das Lateinische hersagen. — Caput XXIX. 
8. 172 „Wann das Vestibulum tractirt und absolvirt worden, so kan 
man nachgehends die Januam selbsten mit besserm und grösscrm 
Nutzen mit der Jugend vornemen. Wiewol aber diese der Jugend 
umb etwas zu schwer von etlichen möchte gehalten werden, fst sie 
doch umb folgender Ursachen willen hoch zu commendiren. 1. Weil 
es kein gross weitlaufftig Werck, welches in einer Particular-Schul 
nicht könte absolvirt, und nach nothdurft repetirt werden. 2. Weil 
es einen doppelten Indicem, darauss die Jungen die Wort, so ihnen 
entfallen, können aufsuchen, welche doch noch weit nutzlicher wären, 
wann beede Sprachen in den Indicibus wären zusammen gefast 
worden. 3. Weil die res cognatac in einer feiner Ordnung und Ver- 
stand in gewissen Capitibus beysammen. 4. Hat man auch darauss 
materiam, Etymologiam, & Syntaxin examinandi,,wie auch praxin 
totius Grammaticae exercendae. 5. Finden sich darinnen feine for- 
mulae und idioüsmi Latinitatis, welche man in solutis & separatis 
phrasibus nit haben kan. 6. Gibt es den grossem eine feine Manu- 
duction, so wol zu Practicirung der Participiorum, als zu Ergreiffung 
allerhand Disciplinen und Künsten." — 

In seinem „Compendium Grammaticae, Nürnberg IG 98" — er- 
fahren wir von Seybold über die Janua und das Vestibulum noch 
folgendes: „Die Herrn Scholarchen haben nach reif f er Erwägung, 
Januam Latinitatis Johann Amosii Comenii hinfort in unserer Schul 
zu tractiren envehlt, weil es in einer feinen verständlichen Cohaerentz 
die vornehmste Wort der gantzen Sprach in 100 Capitibus und 1000 
Paragraphis begreifft, so nun auch der Jugend zum besten in kürtzere 
Paragraphos oder Commata resolvirt sind. Darbey ist auch ein 
Vestibulum, so für die untere Classes zu gebrauchen nützlich." 

Der Verfasser von „Kurtzcr und Leichter Kinder-Donat, Magde- 
burg & Heimst. 1G72" schlägt in seiner Vorrede für die ersten 
Übungen im lateinischen Sprachunterricht gleichfalls die Benutzung 
des Vestibulums vor. 

„Dabey solte das Vestibulum, als welches zum Anfange sehr 
bequemlich, werden Tractiret, und der Knabe angeführet, etwas aus 
demselben, dass er fein deutlich hergelesen zu exponieren, resolviren 
und construiren. — — Wann ein fleissiger Praeceptor das Vestibu- 
lum zu ein oder mehr mahlen wird durch tractiret haben, ist kein 
Zweiffei, es werde der Discipul, wann er embsig gewesen, durch 
Hülffe GOttes so weit gekommen sein, dass er das Lateinsche fein 
wird verstehen, und nach den gemeinen Grund-Regulcn zu gebrauchen 
wissen." — 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgcnoesen. 235 

„Wohlgemeyntes, zumahlen wohl überlegt- und Gründliches Be- 
denken", Augsburg 1693^). — 17. Abschnitt: ,,Man hat lang, hin 
und wieder, in grimmigem Eyfer wider dess guten Comenii Januam 
geschmähet, und zwai* gewisser Ursachen halben nicht unbillich : aber 
die neueren Teutsch- Lateiner, mit ihren Officinis, und dergleichen 
Saalbadereyen, machen den Comenium gantz wieder redlich. Dieses 
seine Janua ist so gross nicht, und setzt zum scopo die Auetores 
probatos: Aber biss ein ehrlicher Gesell, mit jenem Schneider- Weber- 
Schuster- Keller- und Küchen -Latein, durch alle Werckstätte sich 
hindurch beisset, müssen gute Scribenten gar zu lang, ja öffters 
gäntzlich zurück bleiben." — 

Über den Orbis pictus urteilt Martin Difenbach, evange- 
lischer Prediger in Frankfurt a. M., in seinem Buche „Unterricht von 
den Pflichten Christlicher Schullehrer", Frankfurt a. M. 1691 «) — 
Pag. 446 „Auff Comenii Orbem Pictum weiss ich wol, dass viele 
wenig halten, sonderlich nachdem Herr Böcler, Mechovius, Beccherus 
und andere etwas harte Urtheil darüber gefällt haben, aber ich weiss 
auch, dass andere viel darauf f halten, und gern erkennen, ob wol 
nicht alles Latein gantz rein darinnen sey (das den Knaben in den 
untern Classen so nicht eben schaden kan. Und welch Buch wird 
ihnen ausser den alten Scribenten recommendirt werden, das aller- 
dings pur Latein in sich halte?) so könne es doch mit gutem Nutzen 
von der Jugend gebraucht werden, sonderlich wegen der darin be- 
findlichen Bilder." 

Ein Anonymus empfiehlt 1691 in seinem Buche „Nöthiger und 
wolgemeinter Unterricht zur Information ^) — Braunschweig" ebenfalls 

*) Wohlgemeyntes, zumahlen wohl | überlegt- und | Gründliches Be- 
denken, I Von verschiedenen, theÜB offenbahren, | theils nicht allerdings 
bekandten Missbräucheu , so | geraume Zeit hero in die Schulen eingerissen, 
und überhand | genommen : aucii wie die Sach eigentlicher und mit ocsserer 
Manier möchte eingerich-tet werden. | Zu mehrerem Nachdenken, kurtz und 
I einfältig cntworffen von einem, der schon lang, | und nun je länger je 
mehr sich, Ampts- und Gcwis- | sens halber, umb den Schaden Josephs | 
bekümmert. | Augspurg | In Verlag Lorenz Kronigers, und Gottlieb Göbels 
sei. Erben, | Druckts Anthon Nepperschmid. | Im Jahr 1693. cfr. auch 
Sammlung selten gewordener pädagog. Schriften des 16. u. 17. Jahrh. 
Hcrausge^. v. A. Israel. Heft 8. 

*} Gründlicher und Wolgemeynter | Unterricht | Von den | Pflichten | 
Christlicher Schul- | Lehrer, die an Gymnasiis | stehen. | Worinnen zugleich 
nächst ei- | nigen Vorschlägen von Verbesse- | rung der Lateinischen Schulen, 
verschiedene | einflicssende Theologische materien wider die | Quäcker und 
andere Irrgläubige | abgehandelt werden. | Mit Hoch-Ehrw. Theologi- l.schen 
Facultät zu Giessen Approbation | heraussgegeben | Von | Martin Difenbach, 
I Evangelischen Prediger in Franckfurt | am Mayn. | Franckfurt am Main, | 
Verlegts Job. David Zunner, | Druckts Martin Jacquet, 1691. 

•^) Nöthiger und wohlgemein- | ter Unterricht | Zur | INFORMATION 
I Der zarten und anwachsenden | Jugend von den ersten Jahren an biss | 
ms sechste, vom sechsten biss zum zwölff- | ten, vom zwölfften biss zum 
I zwantzigsten. | Zu dieser letzten Zeit, bey je mehr und | mehr einreissenden 
grossen | Ignorantz, j Zum gemeinen und besondern | Nutzen kürtzlich und 



236 Aron, Heft 7 u. 8. 

den Orbis pictus. Nachdem er dem „andern Alter vom sechsten bis 
ins zwölfte Jahr" für die Aneignung der Anfangsgründe in der 
lateinischen Sprache ein kleines Yokabelbuch (nämlich das Vesti- 
bulum) vorgeschrieben, sagt er Seite 19: ,,Hierauff müssen nun die 
Lateinischen Autores selbst angegriffen werden, und kan man den 
Anfang machen etwan von der Historia Eutropii, oder vom Terentio, 
oder von den kleinen Epistolis Ciceronis (wobey zur Lust des Comenii 
Orbis pictus um der Vocabulen willen mag fleissig gelesen werden), 
denn die Autores selbst machen die beste Lust, auss dem Brunnen 
trincket sichs am allerfrischesten." 

Dass Leibniz unsem Pädagogen schätzte, ist bereits ander- 
weitig bekannt gegeben^). 1668 erschien von ihm in Frankfurt a. M. 
„Nova methodus discendi docendique iuris"; hierin wird der Orbis 
pictus den Knaben nach ihrem sechsten Jahre zur Erlangung einer 
Kenntnis der Pflanzen, Bäume, der Minerale, Tiere und mechanischen 
Instrumente etc. als dienlich empfohlen. 

Schliesslich interessiert vielleicht noch die Mitteilung, dass 
Erhard Weigel in seiner berühmten, auf die Aretologistik gegrün- 
deten Tugendschule in Jena in den sogenannten Schwebeklassen die 
Sprüche des Vestibulums singen liess, um sie dem Gedächtnisse desto 
sicherer einzuprägen. In seiner Schrift „Die bereiteste Execution des 
Allerleichtesten Vorschlags, Jena 1685" 2) — teilt er uns folgendes 
mit; „Unterdessen habe ich noch den Ton die Sprüche Vestibuli 
zu memoriren hier anfügen, und das übrige dem Willkühr eines ieden 
der die Kinder liebet heimgestellt seyn lassen wollen. 



P 



i P" T Y I T T .1 1 1 J | 



Sal'Ve-te pu - e-ri, seit gegrüst ihr Knaben, 

Nachdem wir die dem C!omenius freundlieh gesinnten Zeitge- 
nossen vernommen, müssen wir auch seine Gegner auf pädagogischem 
Gebiete kennen lernen. 

Die hervorragendsten sind Becher, Böcler, Mechovius, 
Scheffer, Christian Weise, und am Ende des Jahrhunderts noch 
Bayle und Morhof. 

insffemein, | doch deutlich und or- | dentlich { Auf Begehren gestellet | Vom 

VCnristlichen Liebhaber Einer | Lobwürdigen Zucht. | Braunschweig, | In 
erlegung Caspar Grubers, Buchh. | 1691. 

^) Hülsen, Leibniz als Pädagoge und seine Ansichten über Pädagogik. 
Charlöttenburg 1874. 4*^. 

*) E. Spie 88, Erhard Weigel, der Ijchrer von Leibnitz und Pufendorf. 
Leipzig 1881. — A. Israel, Die pädagodschen Bestrebungen Erhard Weigels. 
Zschopau 1884. — Die bereiteste | ßCECVTION | Des | Allerleichtesten 
Vorschlags, | Wie | Nach der Art der alten Weisen, | Der Grund aller Kunst 
und Tugenden, nechst dem Latein, | auch den kleinen Kindern, mit Freuden 
einzuflössen. | Unmassgeblich entworffen | von | ERHARDO WEIGELIO, | 
Mathem. Prof. P. | JENA, I In Verlegung Johann Bielkens Buchhändlers. 
I Gredruckt mit Nisischen Scnriften. 1685. 4^ 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 237 

Das in den Comenianischen Schulbüchern auftretende Latein 
ist es vornehmlich, was keine Gnade bei ihnen finden konnte. Die 
menschlichen Dinge waren mit dem Aufhören der lateinischen als 
einer lebenden Sprache in fortlaufender Entwickelung begriffen und 
fanden in dem Latein der Klassiker keine entsprechenden Benen- 
nungen. Comenius konstruierte sich deshalb, um für jedes Ding den 
rechten Namen zu haben, ein eigenes Latein. Gegen diese soge- 
nannten Barbarismen erhoben die Philologen ihre Angriffe und warn- 
ten vor dem Gebrauch der Schulbücher von Comenius. Andern 
Gegnern erschienen sie wieder in der Schule gefährlich, weil in ihnen 
ein Abfall von dem Princip der Anschaulichkeit, eine verkehrte An- 
wendung des Bildes (besonders im Orbis pictus) enthalten sei. Wir 
wissen, dass Comenius ein ausgesprochener Empiriker nicht bloss in 
der Theorie, sondern auch in der Praxis war. In seiner Didactica 
magna dringt er darauf, alles den Sinnen darzubieten, was nur immer 
angeht; das Sichtbare dem Gresicht, das Hörbare dem Gehöre, die 
Gerüche dem Geruchssinn u. s. w.; überhaupt muss man alles durch 
den Augenschein und den sinnlichen Beweis lehren. In der Vorrede 
zum Orbis pictus sagt er: „Es sollen den Knaben die benennten 
Sachen nicht allein in der Figur, sondern auch an ihnen selber ge- 
zeiget werden, als nämlich die Leibesglieder, die Kleider, Bücher, 
Hausgeräte. — Wenn etliche Sachen, deren hierin Meldung geschieht, 
nicht können vor Augen gestellt werden, wäre es den Lehrknaben 
gar fürträglich, wenn man ihnen dieselben seiblich vorzeigte; z. B. 
die Farben, die Geschmacke u. dgl., welche hier mit der Drucker- 
farbe nicht haben können ausgebildet werden. Es wäre deswegen 
wohl zu wünschen, dass in einer jeden vornehmen Schul die seltenen, 
zu Haus nicht gemeinen Sachen beigelegt würden, damit man, so oft 
man mit den Lehrknaben davon handelt, dieselben vorweisen könnte." 
Comenius will durch das Bild das Ding an sich mit Weglassung 
alles Nebensächlichen und Zerstreuenden zeigen. Das Kind soll 
gewöhnt werden, durch Vergleichung mit den entsprechenden wirk- 
lichen Gegenständen das Wesentliche des Dinges an sich durch das 
Bild zu erfassen. Durch die Janua hatten die Kinder die Dinge 
äusserlich von einander unterschieden; nun sollten sie auch angeleitet 
werden, darauf zu achten, was jede Sache ihrem Wesen nach ist. 
Comenius wollte diese Idee noch weiter ausbauen und zu dem Zwecke 
eine Vorratskammer der gesamten Weisheit — eine Pansophie — 
schreiben, wozu er aber nicht gekommen ist. Jedenfalls ist er in 
seiner Zeit mit Unrecht wegen seiner sogen, falschen Anwendung des 
Bildes angegriffen worden. 

Den unruhigsten Gegner erhielt Comenius an Joh. Joach. Becher 
von Speyer, welcher als Autodidakt sich auf alles legte, alles Wissen 
verbessern und die Welt durch seine Ideen umändern wollte, der 
aber griesgrämlich wurde, als sie nicht den gewünschten Erfolg hatten. 
In seinem Buche „Methodus didactica — und dem Appendix dazu 



238 Aron, Heft 7 u. 8. 

— Frankfurt a. M. 1674"*) — finden wir ihn fortlaufend in der 
GegenHtellung zu Comenius. Einige Auslassungen von ihm mögen 
dies bezeugen. S. 77: „Ich weiss wol, dass Docemius, Redinger, 
Colbovius, und mein vormals gewester indignus Rector, Weinheimer, 
auch andere Comeniänium Janitores dise meine Censur über einen 
Mann, den sie so sehr gelobt, ungern hören werden, sed amicus 
Plato, amicus Seneca, magis aniica veritas. — Was in beyden Sprachen 
(Lateinisch und Deutsch) von mir gethan ist, mehrer als Conunenius 
in Latein, und Schottelius in Teutsch, das wird die Combination 
weisen, wann man es wird gegen einander einmal halten können, 
sage nochmal, ich wünsche von Herzen, beyde Schottel und Com- 
menius hätten mehr gethan, so wäre ich vieler Mühe überhoben, 
zumalen in den Teutschen Radicibus, doch hat Commenius respectu 
suae professionis hundertmal mehr, als Schottel und die gantze 
Teutsche Fruchtbringende Gesellschaft in der ihrigen gethan, es ist 
doch alles gute Beginnen zu loben. — Commenius hat bey dem 
Herrn von Geer mehr Beförderung gehabt, als mancher König nun- 
mehro einem gibet, derentwegen besagter von Geer sich auch dar- 
durch einen unsterblichen Namen gemacht, solch Glück darff ich 
nicht hoffen, als der es etwan nit meritire, noch disen Leuten in 
der Erudition gleich gehe, aber nachdeme die Gaben unterschiedlich, 
so hab ich das meinige und doch dises gethan, was keiner in hoc 
genere von vorigen gethan, also vermeinet, ich hätte so viel verdienet, 
dass ich etwan ein Trüncklein Wein thun, und also die grosse Mo- 
lestien, so ich in diesen studiis gehabt, durch ein vinum Theologicum 
verdauen könte, so aber gönnet man mir nicht einmal das Wasser 
so ich trincke. — Commenius hat seinen orbcm pictum lassen aus- 
gehen, hat Kinder damit informiret, welche ihre eigne Mutter-Sprach 
noch nicht recht können. Aber je mehr man die Memori in die 
Enge, und von der Sachen selbst auff die gemählde, oder Bilder, 
von disen aber auff die Wörter bringen will was thut man änderst, 
als was M. Buno mit seiner Bilder Grammatic gethan, nemblich man 
multiplicirt die Entia, und führet die Jugend von lebendigen auf 
todte Dinge, von dem Original auff die Copey, und bringet durch 
dise Kupfferstück und Bildnussen ein drittes neues unnöhtiges Ens 
in die Memori der Kinder, das ist an stat des Liechts einen Schatten, 



1) Joannis Joachimi Becheri I SpireDsis, | METHODVS 1 DIDACTICA 
I Seil I CLAVIS ET PRAXIS i Super novum suum | ORGANON | PHILO- 
LOGICVM, I Das ist: | Gründlicher Beweis, dass die ! Weg und Mittel, 
welche die Schulen biss- j hero ins gemein gebraucht, die Jiieend zu Erler- 
I nung der Sprachen, insonderheit der Lateinischen, zu fün- | ren, nicht 
gewiss, noch sicher seyen, sondern den Regalen | und Natur der rechten 
Lehr, und Lcrn-Kunst schnurstracks | entgegen lauffen, derentwegen nicht 
allein langweilig son- | dern auch gemeiniglich unfiiichtbar, und vergeh- | lieh 
ablauffen: | Samt Anleitung zu einem besseren. [ Zweyte Edition. | Franck- 
furt, in Verlag Johann David Zunners, | Druckts Balthasar Christoph Wust, 
1074. 8°. 



1895. Comenios als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 239 

wordurch nur die Einbildung vermehrt, und geschwächet wird, ich 
hab durch dergleichen Possen meine Memori zimlich verdorben. — 
Man soll dahin sehen, dass man die Jugend auss dem Fundament 
lehre, worzu nit allein das Latein lernen auss den Lexicis, sondern 
auch auss den Nomenclaturn nicht führen noch bringen wird, und 
was ich bisshero von den Nomenclaturn geredet, das sage ich auch 
von der Janua Commenü, welche nichts anders ist, als ein zusammen 
construirtes Werck aller Wörter unter jedem Titel in einer Nomen- 
clatur — , zumalen, da so absonderlich Latein nicht darinnen ist, 
welches den guten alten Exempeln bewährter Autorum in dem Syntax 
vorgehen solte, ist also mit der Janua nichts weiteres gethan, und 
der Jugend geholffen, als mit den gemeinen Nomenclaturen auch, 
ohne dass etwan Commenius in der letzten Edition mehr Wörter hat, 
als andere, hingegen mehr Weitläuffigkeit und Mühe die Wörter 
unter den Titeln zu finden, ich will nur eines von seinen Operibus 
nehmen, die er vor die Kinder gemacht, und also gar einfältig seyn 
solt, nemlich seinen Orbem pictum sensualium, unter was vor einem 
Titel meinet der günstige Leser, wolte er am nechsten und füglichsten 
das Wort Zangen suchen, in der Schmidt, oder in der Kuch? Ck)m- 
menius setzet sie unter die Malefitz-Straffen, da man die Ubelthäter 
zwicket, als ob die Zangen proprius hieher, als in die Schmidte ge-. 
hörten, oder nirgends könten gebraucht werden, als die Ubelthäter 
mit zu zwicken, dergleichen Dinge hat er viel hundert, dass er also, 
weder in Partirung der Titeln, noch näherem Vortheil der Erlernung 
der Wörter was anders gethan, als alle Nomenclaturn auch gethan. 
— Ich habe selber in meiner Jugend seine Januam dreymal auss- 
wendig gelernt, aber in der Application nie sehen können, was ich 
vor Vortheil darinnen hätte, vor einer jeder andern Nomenclatur." 

Joh. Heinrich Boeder bemühte sich auf den ersten 40 Seiten 
seines Buches „Kurtze Anweisung, Wie man die Authores Classicos 
bey und mit der Jugend tractiren soll" — Strassburg 1679 — nach- 
zuweisen, dass Comenius ein barbarisches Latein geschrieben habe. 
Es würde zu weit führen, aus dem Buche auch nur einige philo- 
logische Auseinandersetzungen abzudrucken, da dieselben doch gar 
zu lang ausgesponnen sind. Ich teile deshalb bloss sein Gesamt- 
urteil mit. „Wie dan eben dem Hr. Comenio die transpositio seines 
eigenen gemachten Textes nicht zum besten gerathen. — Massen 
dan die janua und Atrium Comenii mit barbarismis und soloecismis 
angefüllet sindt, auch die löbliche und kunstgemesse Art eines 
lateinischen contextes nicht halten." 

Joh. Scheffer, „De generosi nobilisque informatione literaria 
dissertatio" — Holmiae 1678 — Pag. 14: „Commendant aliqui 
Vestibulum & Januam Comenii. Verum sunt non pauca, quae in 
eis opusculis desideres, alibi ä nie iudicata satis copiose. Itaque misi 
plurimum fuerint emendata, non possunt, non damnosa esse Latini- 
tatem incorruptam cupientibus acquirere." 



240 Aron, Heft 7 u. 8. 

Das absprechende Urteil des Zittauer Rektors Christian Weise 
über den Orbis pictus übei^ehe ich, da es bereits anderweitig mit- 
geteilt worden ist.*) 

Mechovius schreibt in seiner Hermathene: „Affricuit Johannes 
Comenius foedam scabitudinem optimis literis per inficetam Januam 
suam, tanquam Pseudo tyro quodam in omnes Europaeos intromissam. 
— Pag. 593: Comenius, inquam, non vulgaria Tropica nobis in- 
stituit, cum Januam suanl sacram & horribilem portam in via Latina, 
nescio quo fato, in vita tamen Minerva, discentibus exstruxit, qua 
hodie magna pars Europae ad barbariem & inscitiam delabitur.'' 

Christian Fritsch, Antwort -Schreiben an einen guten Freund, 
Auff die Frage etc., Leipzig 1691.*) — Pag. 6 und 7: „Man ver- 
suche meinen Vorschlag mit denen Vocabulis, so der gelehrte Cel- 
larius aus Fürstl. Befehl gedachter teutscher Grammatic in libro 
memoriali Latinitatis probatae & exercitae fürgesetzet, und dann mit 
der reinen und guten Phraseologia nebst denen andern Lectionibus 
auff gedachte Weise, ich versichere ihm, er wird mehr ausrichten 
als mit der Janua Comenii, darzu ich kein Hertz habe, ob schon 
andere noch so viel drauff halten.*' 

J. Abraham ä Gehema, Entwurf f Einer Veruunfftmässigen 
Kinder-Zucht, Frankfurt u. Leipzig 1691^) — Pag. 46 — 48: „Man 
machet heutiges Tages bey den Schülern den Anfang mit auswendigen 
erlernung der Vocabulen (denn wir nennen einen Schüler, welcher 
schon im Lesen fertig ist) zu solchem Ende müssen sie gemeiniglich 
zu Anfanges das bekante Schulbuch, genannt Orbis pictus oder die 
gemahlte Welt des embsigen Amsterdam sehen Schullehrers Johannis 
Arnos Comenii auswendig lernen, als worin alle Geschöpfe, Menschen 
und Thiere, und was in der gantzen Welt vorhanden und bekant 
ist, wie auch alle Künste und Handthierungen, auf kleinen in Holtz 
oder Kupfer geschnitten Figuren abgebildet, und dabey die Kunst- 
wörter und Nahmen, wie ein jedes in Lateinischer und Deutscher 
Sprachen genennet wird, angefüget sind, damit die Knaben alsobald 
dasjenige in seiner Gestillt und Wesen abgebildet sehen mögen, was 
sie nennen sollen. Diese Methode ist nicht wohl zu billigen, denn 
erstlich, so sind die Figuren dermassen klein, dass man wohl ein 
Microscopium nötig hette, selbige zu erkennen, wie solte sich dann 

*) R. Hiller, Die LÄtein-Methode des J. A. Comenius. 2i8chopau 1883. 

*) Christian Fritschene | Antworts-Schreiben, | an einen guten Freund, 
I Auff die Frage: | Wie, und auff was Weise die Infonna- | tion bey der 
kleinen Jugend wol und glück- | lieh anzustellen, | Und | Wie absonderlich 
die Lateinische Sprache, da- | mit man insgemein so viel Zeit zubringen 
müsse, I derselben zeitlicher und besser als sonst geschiehet, | beyzubringen? 
I LEIPZIG, I Bey Johann Heinichen, Buchh. 1691. 4^ 

') Entwurff | Einer | Vcmunfftmässigen | Kinder- | Zucht, | Beydes in 
Sitten und in | Wissenschaften, | vorges teilet | von | JANO ABRAHAMO | 
k GEHEMA, | Eq. Med. Doct. | Franckfurt und Leipzig, | In Verlegung 
Jeremias Schreyen, und | Joh. Heinrich Meyers sei. Erben, | Anno 1691. 
Kl. 8°. 



1895. Comenius als Pädagoge im Urteile seiner Zeitgenossen. 241 

ein Knabe dasjenige was sie abbilden, imprimiren können? Fürs 
andere, wann sie gleich alles darin kennen und begreiffen, so stellet 
man ihnen dennoch dadurch die Wahrheiten, eigentliche Grösse, und 
Beschaffenheit der Sachen nicht für, wie sie an sich selbsten sind, 
sondern meistentheils Falschheiten ; und bin ich versichert, dass wann 
ihnen dieses oder jenes in seinem Wesen solte verzeiget werden, sie 
es gantz anders befinden würden, als sie davon vorhin eine Ideam 
gefasset: Damit sie nun diesen Betrug der fürgebildeten Dingen 
entgehen mögen, so were das beste Mittel, dass man den Knaben 
alles in seinem Wesen zeigetc, und nachdem man ihnen dieses oder 
jenes mit seinem gewöhnlichen Nahmen fürgesaget, sie solches nach- 
sagen liesse, auf solche Weise würden sie alle Dinge mit geringer 
Mühe, gleichsam spielend, und ohne Bücher nennen können. Solcher 
Gestalt kan man ihnen erstlich alles was ein Hauswesen ist, und 
man täglich im Gebrauch hat zeigen und vorbenennen, hernacher 
mit ihnen hinaus aufs Feld spatziren, und was zum Ackerbau ge- 
hörig, sambt den zahmen und wilden Thieren, Gewächsen der 
Erden etc. vorweisen und benennen, endlich sie zu allen Künstlern 
und Handwercken führen, und derselben Werckzeug vor Augen 
stellen, so lernen sie zugleich alle Dinge kennen imd nennen. Was 
ihnen cörperlich nicht kan gezeiget werden, entweder weil es Spirituali 
und Geistlich ist, als Gott, die Engel, die Seele etc.: item frembde 
Thiere, Gewächse und alles was nur bey andern Nationen, und in 
weit- abgelegenen Ländern zu finden ist, solches muss ihnen, so gut 
man kan, bedeuten, damit sie so viel immer möglich ist, davon die 
rechte Ideam concipiren; jedoch könte dieses letztere durch Bilder 
und Figuren vorgezeiget und gewiesen werden." 

In dem verdienstlichen Schriftchen Walter Müllers „Comenius: 
Ein Systematiker in der Pädagogik" Dresden 1887 — möge man 
Bayle's und Morhofs Urteile über Comenius nachlesen; wie Job. 
Balth. Schuppe über ihn dachte, findet man bei CHirt Henschel, Job. 
Balth. Schupp, Döbeln 187C. 

Durch vorstehende Sammlung von Urteilen über den Pädagogen 
Comenius glaube ich den Nachweis geführt zu haben, dass er in 
seinem Jahrhundert bei der Schulwelt doch mehr Beachtung fand, 
als man bisher anzunehmen gewohnt war. Für einen zweiten Artikel 
„Der Pädagoge Comenius in der Beurteilung des 18. Jahrb." ist es 
mir ebenfalls gelungen, ein umfangreiches Material zusammenzutragen. 



Das älteste pansophische Werk des Comenius. 

Von 
Dr. Joh. V. Noväk in Prag 

(Kgl. Weinberge). 



Im Briefe an den Buchdrucker Petras Montanus, worin be- 
kanntlich eine Aufzähhing der Schriften des Comenins enthalten ist, 
finden wir an zweiter Stelle ein „opns principale'' erwähnt, durch 
welches der Verfasser seine Muttersprache emporheben und zugleich 
seinen Landsleuten die Möglichkeit verschaffen wollte, daraus In- 
formation über alle möglichen Sachen in der Welt zu schöpfen. Er 
nennt das Werk „Amphitheatrum universitatis rerum" und sagt, 
dass es in 28 Bücher eingeteilt gewesen, wovon das IL Buch, 
125 Kapitel enthaltend, durch die Katastrophe in Lissa zu Grunde 
gegangen sei. Die letzte Korrektur und Herausgabe des Werkes 
sei durch Verbannung des Verfassers verhindert worden. 

Sonst war bis zur letzten Zeit von diesem Werke nichts mehr 
bekannt. Erst durch den neuen Fund in Ungarn, welcher jetzt fUr 
das böhmische Museum gewonnen ist, kam auch eine Handschrift zum 
Vorschein mit dem Titel: 

Theatrum Unlrersltatls Bemm, 

To gest Diwadlo Swßta a wssechnßch wssudy pf«diwn;fch w6c^ 
geho, kterei na Nebi, na Zemi, pod Zemj, v Woddeh, w Pow^tfj a 
kdekoli w Sw6t^ gsau aneb 8e dSgj a djti budau od Poöätku Swöta 
a2 do ekonänj geho a ai näwöky wßküw. — Podte, wizte skutky 
Hospodinowy. 2abn 46, 8, d. h. Theatrum universitatis rerum, 
das ist das Theater der Welt und ihrer sämtlichen überaus wunder- 
baren Dinge, welche im Himmel, auf Erden, unter der Erde, in den 
Gewässern, in der Luft und wo immer auf der Welt sich befinden 
oder geschehen und geschehen werden vom Anfang der Welt bis zu 
ihrem Untergange und von Ewigkeit zu Ewigkeit. — Kommet, sehet 
die Werke des Herrn. Ps. 46, 9. 

Die Handschrift rührt gewiss von Comenius her, obzwar nur 
einige Korrekturen und Randglossen auf seine eigene genug bekannte 
Handschrift verweisen und unter der Widmung nur die drei Buch- 
staben JAN sichtbar sind, wovon der dritte durchstrichen und 



1895. ^^ älteste pansopIliBche Werk des Comenius. 243 

daraaf von einer späteren Hand (des Verfassers?) geschrieben stebt: 
,iComenias in Moravia natns**. Nach der Tendenz und der Zeit 
der Verfassung dieser Schrift kann man auch darin das bis jetzt 
vennisste Werk, von dem wir oben Erwähnung gethan, erkennen, 
wovon freilich nur ein ganz kleiner Teil übrig geblieben ist, wie 
man aus der Disposition und aus dem ganzen Projekt erkennen kann. 

Gewidmet ist das Werk (S. 3) dem „ Aller durchlauchtigsten, 
allmächtigsten und unüberwindlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Jesu 
Christo'', und der Verfasser wendet sich in dieser Widmung an 
Christus und sagt, es sei zwar allen Menschen bekannt, dass er in 
seiner Allmacht und Vollkommenheit nie etwas entbehrt habe, und 
doch habe er die Schöpfung unternommen, auf dass sie seinen Kuhm 
erzähle den Menschen, die Gott endlich auch geschaffen habe, und 
über ihnen noch edlere Geschöpfe, die Engel. Diese erhielten sich 
in Gnaden aufrecht, die Menschen dagegen wandten sich von Gott 
ab, und die Schöpfung preist nun auf der Welt allein Gott für die 
Menschen. Doch trachten auch manche von den Menschen, dass der 
Ruhm Gottes auf Erden sich mehre, und der Verfasser dankt da 
Gott dafUr, dass er auch einer von denselben sei. Um aber selbst 
in sich zu mehren, was von Gott in ihm angefangen wurde, will er 
mit dieser Schrift das Theater seiner Werke vorbereiten für sich und 
diejenigen, welche seine Thaten zu schauen begierig sind. Zu diesem 
seinem Unternehmen fleht er Jesum zu Ende seiner Widmung (S. 6) 
um Hilfe an. 

Es folgt eine ausführliche Vorrede (S. 7 — 30) über das wahre 
menschliche Wissen und Erleuchtung, worin sie bestehe und wie man 
zu ihr gelange; auch sind zu Ende die Gründe des Unternehmens 
zusammengestellt. — Viele Menschen, meint zu Anfang dieser Vor- 
rede der Verfasser, sprechen viel von Weisheit, aber selbst sind sie 
wenig von ihr erfüllt und trachten auch in gehörigem Masse nicht 
nacli ihr: 1. Weil nur wenige von ihnen wissen, worin sie eigentlich 
bestehe, 2. weil sie ihren Nutzen nicht kennen, 3. weil ihnen auch 
die Wege und Hilfsmittel zu ihr unbekannt sind. Darum will der 
Verfasser von diesen drei Umständen ausführlich sprechen. 

Ad. 1. Worin die Weisheit bestehe, erfahren wir von Männern, 
welche sie kannten, so von Aristoteles und Cicero, unter den unsrigen 
von David, Salomon und Jesus Sirach. 

Ad. 2. Der Nutzen der Weisheit ist vielseitig: 1. Sie bringt 
ein fröhliches Leben mit sich, 2. verschafft Vorsicht in allen Hand- 
lungen, 3. macht den Menschen zu einem brauchbaren und geschätzten 
Mitglied der Kirche und der Welt, 4. bringt Ruhm und Ehre vor 
den Menschen (fehlt S. 13 — 14), 5. macht die Menschen zu Gottes 
Freunden. 

Ad. 3. Die Weisheit erlangen wir aus der Welt und aus der 
hl. Schrift. Auch die Kenntnis der Welt gehört zur Weisheit, ob- 
zwar die Vollkommenheit unserer Weisheit aus der Offenbarung und 



244 Nov&k, Heft 7 u. 8. 

anB der bl. Schrift uns zukommt, und man soll sich die Bekannt- 
schaft mit den weltlichen Dingen aus folgenden Gründen verschaffen: 
1. Tn der hl. Schrift wird ebenfalls die Erkenntnis der menschlichen 
Dinge und der Welt anempfohlen. Auch hat Gott die Welt nicht 
auf einmal, plötzlich, sondern nach und nach erschaffen, auf dass wir 
auf ähnliche Weise zu deren Kenntnis gelangen; in der Schöpfung 
ist uns gleichsam die Methode dieses Studiums angezeigt. 2. Auch 
bringt eine solche Erkenntnis grossen Nutzen mit sich, indem sie 
a) zur Erkenntnis Gottes führt, wie auch überhaupt alle Sachen zum 
Vorteile der Menschen geschaffen sind. In allen Sachen erkennt 
man die Allmacht, Weisheit und Güte Gottes, es erzählt davon der 
Himmel, die Erde^ das Meer, die menschlichen Thaten; b) sie fHhrt 
den Menschen dazu, vor der Allmacht Gottes sich zu beugen; c) sie 
ist auch für das Verständnis der hl. Schrift fast unumgänglich nötig, 
d) Die Vorteile und das Entzücken, welche mit der Kenntnis der 
Welt verbunden sind, müssen notwendig zur Liebe Gottes führen, da 
diese Erkenntnis den Menschen Gott näher bringt und die Sterblichen 
gleichsam dem Unsterblichen ähnlich macht, e) Auch die Pflicht 
zwingt uns zum Suchen des Wissens, da Gott den Menschen zum 
Verwalter der Welt gemacht hat. f) Endlich das Streben berühmter 
und heiliger Männer (wir lesen da Moses, Daniel, Job, Salomon, den 
hl. Apostel Paulus, Anton den Einsiedler, den hl. Bemard, Aristoteles, 
Pythagoras, die Römer) zieht uns als leuchtendes Beispiel nach sich. 
— Der Verfasser will also zuerst die Welt und ihre Dinge in der 
natürlichen Ordnung auseinandersetzen, dann ein Theater der gött- 
lichen Geheimnisse in der hl. Schrift (Theatrum scripturae) zu- 
sammenstellen. Diese andere Arbeit passt zwar zu seinem geistlichen 
Stande mehr, als die gegenwärtige, aber doch will er zuerst die 
Welt untersuchen, weil auch diese gegenwärtige Arbeit eine Stufe 
ist zur göttlichen Weisheit, und weil er das Material dazu grössten- 
teils schon gesammelt hatte, bevor er zum Priesteramt berufen wurde. 
Er that es in der Art, dass er bei dem Studium der artes liberales 
alles sich notierte und diese wichtigen Noten dann in eine gewisse 
Ordnung brachte. Das Material wuchs ihm in einigen Jahren so an, 
dass er über die ganze Welt und sämtliche Dinge in ihr etwas zu- 
sammenzustellen beschloas. Er wollte das in seiner Muttersprache 
(böhmisch) schreiben, nicht wohl darum,- weil er sich dazu für be- 
sonders geeignet hielte oder zum Bücherschreiben sehr eilig wäre, 
denn er weids, wie gefährlich es sei, vor. allen Menschen ans Licht 
zu treten und sich zu einem solchen allgemeinen Examen herzugeben, 
wo ein jeder sein Urteil, oft ohne Bedenken ausspricht und den 
Verfasser schilt, wenn etwas nicht nach seinem Geschmacke ist, ohne 
zu wissen, warum das so gesagt wird. Vielmehr bewog ihn zum 
Zusammenstellen dieses Werkes die aufrichtige Liebe zum teueren 
Vaterlande und der Schmerz über die Nachlässigkeit der Landsleute« 
Seine Muttersprache liebt er sehr, darum will er sie vielfach aus- 
gebildet und ausgeöchmückt wissen. Er will sich darin zuerst selbst 



1895. ^^ älteste pansophiscbe Werk des Comenius. 245 

genügend aasbilden und dann aach andern Landslenten dazu ver- 
helfen. Und wenn er auch darch diese Arbeit nicht das leistet, was 
er gedenkt, so will er wenigstens dadurch den Weg ebnen and zam 
weiteren Nachdenken über diese Sache führen, da ihm ja gat bekannt 
ist, dass es aach in seinem Volke viele solche Männer gebe, die einen 
geratenen and der schönen Sachen begierigen tSinn haben. Manchen 
ist freilich darin alles gleichgiltig, andere befolgen das griechische 
Sprichwort: Ovqt rig piv^ov ekeyeVj 6 de ra corcr hdvet. Für die 
Wissbegierigen hat er das Werk antemommen, am die Vergänglich- 
keit aller Dinge der Welt za zeigen, da nar in Gott alles aafhört, 
und zar Erkenntnis Gottes za führen, den Menschen aber dadarch 
weise and glückselig za machen. 

Das ganze Theatram aniversi will er nar karz aasführen 
and bald zam Theatram scriptarae eilen. Was er für dieses 
Theater gründlich and aasfÜhrlich angesammelt hatte, dabei will er 
es verbleiben lassen, was er noch nicht aasgesacht hat, das will er 
nicht mehr Sachen, nar die Titel and Namen aller Dinge will er in 
einer gewissen Ordnang zasammenstellen, damit ein jeder Gelehrte, 
was er sich zar Mehrang and Ergänzung der Weisheit selbst an- 
sammelt, aach anter einen bestimmten Titel stellen könnte. Aach 
setzt er za allen Sachen die Namen der Autoren, in welchen man 
dazu mehr Stoff finden könnte. Übrigens sei es nicht einmal einem 
Menschen möglich, alles über alle Sachen zu sagen, die Erweiterung 
des Einzelnen können andere unternehmen und durchführen. Für 
den Anfang dieser seiner Arbeit erbittet er sich Gottes Hilfe. 

Es folgt (S. 30—35) eine lateinische Ansprache „Ad eru- 
ditos gentis meae**. Er redet sie an, um einem voreiligen, schroffen 
Urteil über seine Arbeit vorzubeugen und zu einem grösseren Fleisse 
zum Vorteile des Vaterlandes anzueifem. Niemand habe es bis zu 
seiner Zeit unternommen, seine Landsleute in verschiedene Wissens- 
zweige einzuführen, und doch vermöge auch seine Muttersprache alles 
auszudrücken, wenn sie gehörig gebildet werde. Er habe also, aus 
fremden Sprachen entnehmend, auf seine eigene Muttersprache überall 
Bücksicht genommen und getrachtet, in ihr alles gut und verständlich 
auszudrücken. In seinem Streben wolle er sich gern von einem 
andern den Vorzug entreissen lassen, oder er wolle auch seine Arbeit 
mit einem andern Gelehrten theilen, aber was er in kurzer Zeit bei 
Beschränktheit seiner Mittel zu leisten vermochte, das habe er gethan. 
Auch Tadel und Zurechtweisung wolle er nicht verschmähen, wenn 
er dieselben verdiene, und er bittet die Gelehrten seines Volkes, ihn 
auf mögliche Fehler aufmerksam zu machen. Diese seine Schrift 
solle ja auch eigentlich nur eine Delineatio enthalten, worin seine 
gelehrten Landsleute das Übrige leisten könnten: Einer könnte aus 
Aristoteles, Plinius, Aelianus, Gesner, Franzius ein specielles Werk 
Über die Natur der Tiere sammeln, ein anderer eine Schrift über 
den Menschen und seine Thaten verfassen, ein dritter die Astronomie 

lionaUhefte der ComemuB-Gtosellacbaft. 1895. yj 



246 NovÄk, Heft 7 u. 8. 

ausfOhrlicher durchnehmen, ein anderer wieder die Optik, die Geo- 
metrie, die Geodesie, die Geographie, besonders von Böhmen und 
Mühren schreiben^ ein anderer die Ereignisse der Welt zusammen- 
stellen. Wegen der Sprache bittet er um Nachsicht, da er sich ge- 
zwungen sah, der Sache wegen manches Neue einzuführen. Auch 
einige hundert böhmische mit Mühe in vielen Jahren gesammelte 
Sprüche habe er hier benützt ; später wolle er sie in einem besonderen 
Büchlein herausgeben, aber jetzt habe er sie auch gleich hier auf- 
genommen. Es folgt die Unterschrift: „Vestrum observantiss : JAN 
(Nivanus?)**. 

Das Theatrum universitatis rerum wird vier Teile ent- 
halten: 1. Theatrum naturae, die Auseinandersetzung^ was bei 
der Schöpfung geschehen und bis jetzt noch fortdauert. 2. Theatrum 
vitae humanae, die Erklärung der menschlichen Dinge. 3. Thea- 
trum Orbis terra rum, die Beschreibung der Welt. 4. Theatrum 
seculorum, eine Geschichte der Jahrhunderte und der Zeiten. Em 
jeder von diesen vier Teilen hat wieder vier Bücher inne: I. Teil: 
1. Buch: Über die Welt überhaupt. 2. Buch: Über den unteren 
Teil der Welt, wo wir wohnen. 3. Buch: Über den oberen sicht- 
baren Teil der Welt, das Firmament. 4. Buch: Über die unsicht- 
baren Teile der Welt, den Himmel und die Hölle. — H. Teil: 
1. Buch: Über das Verderben, die Verwirrung und Verworrenheit 
der Menschen an Leib und Seele. 2. Buch: Über die göttlichen 
Mittel dagegen. 3. Buch: Über verschiedene wunderbare Dinge, 
Vorsätze und Künste, womit sich die Menschen auf der Welt be- 
fassen. 4. Buch: Über verschiedene wunderbare Ereignisse, welche 
auf der Welt vorkommen können. — HI. Teil: 1. Buch: Geo- 
graphia generalis. 2. Buch: Über Europa. 3. Buch: Über Asien. 
4. Buch: Über Afrika, Amerika und Magellanien. — IV. Teil: 
1. Buch: Die Konjekturen über die Länge der bemessenen Zeit und 
die opiniones chronologorum, wie viel Zeit schon von Anfang der 
Welt verflossen sei. Die Reihe der Ereignisse in der Welt. 2. Buch : 
Die Geschichte der Welt. 3. Buch : Die Geschichte der Kirche von 
Anfang bis zur Gegenwart. 4. Buch: Über die künftige Art der 
Welt und der Kirche bis zum Schluss der Zeiten, sowie auch wann 
und wie das geschehen werde. — Zu Ende dieser Einteilung (S. 38) 
findet man den griechischen Spruch : y^^H ßovd^eia i^ov Tiaqa xvqiov 
TtoirflavTog tov ovqovov ycal XTpf yijjy. Ä^jirpf»*^ 

Es folgt die Ordnung der Kapitel des I. Buches (1 — 18), 
welche allein von dem ganzen Werke in der Handschrift erhalten sind. 

Kap. L Über die Welt überhaupt, wo sie herkam, 
wozu sie erschaffen wurde und auf welche Art. Gott hat 
die Welt erschaffen und sie in jeder Hinsicht seinem eigenen Wesen 
ähnlich gemacht, durch ihn wird die Welt erhalten und dient' zu 
seinem Buhme von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

£[ap. n. Dass die Welt nur eine einzige sei. Zu An- 
fang des Kapitels werden die andern folgenden Kapitel aufgezählt, 



1895. ^^ älteste pansophische Werk des Ck)meniu8. 247 

dann folgt die Beweisführung, dass es nur eine einzige Welt gebe. 
Viele heidnischen Philosophen glaubten an mehrere Welten, aber 
Aristoteles sagt : Unus primus motor, unum ergo primum mobile. Die 
Welt ist in Wirklichkeit des unsichtbaren Gottes sichtbares Bild. 
Gott konnte zwar in einem Augenblicke Tausende solcher Welten 
erschaffen, aber er fand dazu keinen Anlass. 

Kap. in. Dass die Welt von Gott sei. Über den Ursprung 
der Welt haben verschiedene weise Menschen verschieden gedacht, 
haben sie für ewig gehalten oder durch Zufall entstanden gedacht. 
Dagegen spricht das Wort Gottes: 1. Auch ftlhrt uns die Ordnung 
der ganzen Schöpfung dazu, an GU>tt zu denken, besonders dass die 
Sonne und der Mond ihre Bahnen wandeln, dass der Himmel sich 
so schnell drehe u. s. w. 2. Auch muss bei der Welt ein Ordner 
und Erhalter dasein, damit die Welt nicht untergehe. 3. Die Ver- 
nunft selbst ftthrt uns zur Erkenntnis Gottes, denn bei jeder Sache 
denkt man an ihren Urheber, so auch hier. Auch müsste ein anderer 
Schöpfer der Welt, wenn einer da wäre, Gott gleichkommen. 

Kap. IV. Dass die Welt nicht von Ewigkeit da sei. 
Die Schöpfung zeigt auf beständige Veränderlichkeit und hat also 
auch einen Anfang. Nach Moses ist die Welt noch nicht 6000 Jahre 
alt. Und doch will man neben dieser Zeitrechnung noch manches 
Andere wissen, z. B. wo Gott vor der Erschaffung der Welt gewesen 
sm, was er gethan habe u. s. w. Darauf wird hier geantwortet, 
dass er in sich gewesen sei. Die Zeit ist grundverschieden von der 
Ewigkeit, diese ist fortwährende Gegenwart, hat keinen Anfang, also 
auch kein Ende. Was man Zeit nennt, hat erst zugleich mit der 
Welt angefangen. 

Kap. V. Dass die Welt aus Nichts da sei. Man hat 
früher an die ewige Materie, an das Chaos als Ursprung der Welt 
gedacht, aber Gott hat die Welt aus Nichts erschaffen. Zuerst hat 
er sich dazu die Materie gebildet (hat Himmel und Erde erschaffen), 
dann erst sie verschönert. 

Kap. VI. Welche Werkzeuge Gott bei der Schaffung 
der Welt benutzt habe. Durch sein Wort hat Gott Alles er- 
schaffen, d. h. der Wille Gottes hat die ganze Schöpfung vollbracht. 

Kap. VII. In welcher Ordnung das Werk der Schöpfung 
der Welt vor sich gegangen sei. Zuerst wurde der Himmel 
und die Erde erschaffen, der Himmel mit seinen Bewohnern, den 
Engeln, die Erde leer und wüst. Dann geschah die weitere Schöpfung 
in der Art, wie sie Moses erzählt. ^) Gott hat die Welt in sechs 
Tagen erschaffen, um den Menschen zu zeigen, dass er mit Vorsicht 
vorgegangen sei, und um uns auf die Art auch zur Vorsicht bei der 
Betrachtung der Welt zu führen. 



*) Die Schöpfung der 4 ersten Tage sollte da (S. 65— (38) durch Bilder 
dargestellt werden, aber diese vier Bilder sind nicht ausgeführt, nur die 
SteUe für sie ist leer gelassen. 

17* 



248 NovÄk, Heft 7 u. 8. 

Kap. VIII. Dass die Welt rund sei. Bei der Betrachtung 
der Gestalt der Welt irrt man gewöhnlich, wenn man nicht gut 
darüber unterrichtet ist, die £rde hält man für flach, den Himmel 
darüber wie ein Zelt ausgespannt, aber die hl. Schrift selbst zeigt 
auf die runde Gestalt der Welt. Gott wollte auch dadurch die Un- 
endlichkeit und Vollkommenheit seines eigenen Wesens zeigen. 

Kap. IX. Dass die Welt gross, aber doch bestimmt 
abgegrenzt sei. Die Erde selbst ist sehr gross und noch nicht 
ganz bekannt, von Jahr zu Jahr werden auf ihr neue Entdeckungen 
gemacht. Doch noch grösser ist der Umfang der Luft (pow^tifj), 
welche sie umschliesst. Das Firmament aber ist unendlich grösser, 
da es so viele grosse Sterne umschliesst, und unsere Erde kommt 
darin einem kleinen Stäubchen gleich. Der Himmel ist aber noch 
darüber und Grott über alles. 

Kap. X. Wie viele unzählige Geschöpfe die Welt be- 
wohnen? Die ganze Welt ist von Geschöpfen erfüllt, der Himmel, 
das Firmament, die Luft, das Wasser, die Erde. Und wie viele 
Menschen sind schon auf der Welt gewesen I In der Markgrafschaft 
Mähren selbst sind gegen 18 000 Dörfer. Nehmen wir an, dass in 
einem jeden Dorfe es an 20 Häuser gebe, in jedem Hause durch- 
schnittlich 5 Personen, so kommt die Summe von 1 800 000 Menschen 
heraus. Dazu noch die Hälfte dieser Zahl in den Städten, so be- 
kommt man die Zahl 2 700000 Menschen. Wie denn nun in der 
ganzen Welt! Dazu noch die Sachen, die Tiere, die Teile des 
menschlichen Körpers u. s. w. Gott aber kennt das alles und 
regiert alles, man muss also seine Allwissenheit bewundern. 

Kap. XI. Dass alles, was Gott auf der Welt er- 
schaffen, gut sei. Gott ist die Güte selbst, also hat er auch alle 
Dinge gut und zu einem gewissen Ziele erschaffen, wie hier im ein- 
zelnen gezeigt wird. Nicht einmal den Teufel hat Gott böse gemacht. 
Das Gift ist auch nur dadurch böse, dass es meiner Natur zuwider 
ist, an sich aber ist es gut. Die Giftigkeit der Schlangen rührt von 
der grossen Bitterkeit ihrer Galle her, welche aus grosser Hitze ent- 
standen ist, so dass sie die menschliche Natur nicht ertragen kann. 
Der menschliche Speichel ist wieder für die Schlangen sehr giftig; 
das Blut der Schlangen heilt ihr Gift. Das Feuer ist dem Salamander 
angenehm und erhält ihn am Leben. Einige Gelehrten (Lamb. Danaeus, 
Phys. Chr. c. 42) wollen wissen, dass die Welt erst nach dem Falle 
der Menschen angefangen habe schlecht zu sein. Wenn wir aber 
den Nutzen einzelner Dinge nicht kennen, ist daran unsere Be- 
schränktheit schuld. 

Kap. XII. Dass die Welt und alles in ihr schön sei. 
Die Welt ist mit Recht genannt: „Koofio^t Mundus". Ihre Schön- 
heit beruht in ihrer Mannigfaltigkeit — was für eine Schönheit muss 
nun erst in Gott enthalten seini Auch ist eine jede Sache auf der 
Welt für die Sinne des Menschen schön. 



1895. I^ älteste pansophische Werk des Comenius. 249 

Kap. XIII. Dass die Welt vollkommen sei. Manche 
Menschen stellen die Frage auf, warum die Welt nicht in allem 
vollkommen sei! So wollte Alfons X. von Spanien (nach Zwing, 
Theatr. vitae hum. p. 3196) die Welt viel besser erschaffen haben. 
Aber man kann die Welt doch als vollkommen anerkennen aus 
folgenden Gründen: 1. wegen ihrer Fülle, 2. wegen der vollkommenen 
Mannigfaltigkeit der Geschöpfe, 3. wegen der Verschiedenheit der 
elementaren Dinge, 4. wegen der Güte einer jeden Sache an sich 
selbst. Wenn einzelne Geschöpfe über den Menschen durch ihre 
Sinne hervorragen, so hat sie Gott doch zu seinem Nutzen und 
Vorteil geschaffen. 

Kap. XIV. Über den Ort, wo die Welt steht (zu Ende 
dieses Buches, Kap. XIX). 

Kap. XV. Warum die Welt erschaffen worden. Die 
Welt ist für die Engel und für die Menschen erschaffen, auf dass 
sie Gott erkennen, ihn ehren und lieben. Für sie hat er auch die 
Welt geschaffen, besonders die sichtbare Welt für die Menschen, der 
Mensch allein ist aber für Gott erschaffen. Wenn nun die Menschen 
ihre Bestimmung nicht erfüllen wollen, dann sind sie für die Hölle 
geschaffen. Wir hoffen aber für die Zukunft, dass sich die Zahl 
der Guten immer mehren werde. 

Kap. XVI. Dass die Welt unter der Verwaltung Gottes 
stehe. Der Handwerker lässt das einmal vollendete Werk stehen 
und kümmert sich nicht mehr darum, Gk>tt aber sorgt für die Welt, 
indem er 1. die Sachen bestehen lässt und sie 2. ihrem Ziele zu- 
führt. Man bemerkt das 1. aus dem Fortbestande der Welt, welche 
sonst in sich selbst leicht zu Grunde gehen würde. Das sieht man 
aus dem beständigen Kampfe der Elemente, wie er besonders bei 
der Sintflut hervorbrach. 2. Alle Geschöpfe bestehen fortwährend, 
und bei dem Schaffen ähnlicher Geschöpfe haben sie auch manchmal 
kein Ziel. 3. Alles besteht auf der Welt in einer gewissen Ordnung 
und Gleichgewicht. 4. Auch die Zeugung der Individuen geschieht 
nicht nach dem Willen des Menschen, und so ist es auch bei anderen 
Geschöpfen. 5. Die Sachen, welche zur Erhaltung des Lebens nötig 
sind, kommen immer in genügender Fülle zu. 6. Auch sieht man 
die Sorge der Vorsehung in der Sorgsamkeit unverständiger Geschöpfe 
um ihr Leben und ihre Nachkommen. 7. Sogar die Geschöpfe, 
welche keine Seele besitzen, weisen auf Gottes Verwaltung der Welt. 
8. Was Gott eigentlich für den Menschen erschaffen, wendet er 
freilich manchmal als Mittel zu seiner Bestrafung an. 9. Auch die 
zufälligen Ereignisse rechnet sich Gott bei. Man muss also stets 
Gott für seine gütige Vorsehung loben. 

Kap. XVH. Dass die Welt nicht ewig bestehen, sondern 
sicher zu Grunde gehen werde. Man bemerkt, dass manche 
Menschen an den weltlichen und menschlichen Dingen und Thaten 
Gref allen finden , aber man kann ihnen wie Christus seinen Jüngern 



250 NovÄk, Heft 7 u. 8. 

sagen, dass alles ein Ende nehmen werde, denn 1. Gott hat es 
verheissen, 2. der Verstand selbst zeigt es an. Wer dagegen sprechen 
und diese Meinung verlachen wollte, dem kann man 1. die Ver- 
gänglichkeit seiner eigenen Natur entgegenstellen, welche bald zu 
Grunde gehen wird, 2. die Vergänglichkeit anderer weltlichen Dinge. 

Kap. XVIII. Warum die Welt zu Grunde gehen werde: 
1. Weil sie nicht immer nötig sein wird, 2. wegen ihrer Sündlichkeit. 

Kap. XIX. Die Zusammenstellung der Welt. Grott hat 
sie in drei Seiten eingeteilt. Die unterste die Erde, die mittlere das 
Firmament, die oberste der Himmel. Die Erde mit allem, was auf 
ihr lebt, ist veränderlich, das Firmament zwar beständig, aber dreht 
sich um die Erde, der Himmel ist die unendliche Ruhe, Stille, Ruhm 
und Schönheit. Auf der Erde sind die Elemente abgesondert, am 
Firmamen te sind einige Sphären, wo die Sterne verteilt sind. Die 
niedrigsten und der Erde nächsten haben nur je einen Stern (Mond, 
Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn), die achte Sphäre ist 
der Himmel der Sterne, die neunte, der noch höhere krystallene 
Himmel, das primum mobile, darüber erst erhebt sich der eigentliche 
Himmel. ^) 

Die kurze Inhaltsübersicht zeigt wohl genügend den Charakter 
des erhaltenen Bruchstückes an, sowie auch die Zeit, in welcher die 
Schrift verfasst wurde. 

Die Handschrift selbst ist in klein 4®, mit einer deutlichen 
Schrift geschrieben, enthält im ganzen 110 Seiten, wovon S. 13 — 14 
fehlt. Anfangs sind die einzelnen Blätter am unteren Rande und 
an der äusseren Seite etwas beschädigt, die späteren dagegen sind 
gut erhalten. Auf einigen Seiten findet man einzelne Korrekturen 
von der Hand des Verfassers, sonst hat das Buch ein Abschreiber 
geschrieben ; die Ähnlichkeit der Schrift mit derjenigen der böhmischen 
Didaktik müsste noch gründlicher untersucht werden. 

Die Abfassung der Schrift kann man bestimmt in den Auf- 
enthalt des Comenius in Mähren setzen, wahrscheinlich in die 
ruhigen Jahre seiner Wirkung als Priester und Seelsorger in Fulnek. 
Darauf deutet S. 25 hin, worin sich der Verfasser direkt Priester 
nennt und von einer seiner Würde mehr angemessenen Arbeit über 
die hl. Schrift spricht. Auch das Zusammenstellen des vor der Be- 
rufung zum Seelsorgeramte angesammelten Materials zeigt den frohen 
Anfang einer Thätigkeit, wodurch er seinem Vaterlande und seiner 
Muttersprache besonders zu nützen gedachte. Wenn damals die 
Greuel des dreissigj ährigen Krieges bereits im Zuge waren, so waren 

^) Auf der letzten Seite der Handschrift (S. 110) sehen wir dazu die 
Abbildung, nämlich in einigen konzentrischen Kreisen die Welt veranschau- 
licht. In der Mitte die Erde, darauf abgesondert das Wasser und das 
Festland, darüber zuerst die Luft, dann das Feuer, worauf erst die erste 
Himmelsphäre mit dem Monde folgt, dann die mit Merkur u. s. f. Da 
endet die Handschrift. 



1895. ^as älteste panRophische Werk des Comenius. 251 

sie über das Vaterland des Verfassers noch nicht hereingebrochen, 
und nach dem Prager Fenstersturz erfreuten sich besonders die Evan- 
gelischen einer vollständigen Ruhe und Religionsfreiheit ; die schwachen 
Seiten der Regierung des neuerwählten Königs blieben besonders den 
entfernteren Gegenden der böhmischen Krone verborgen, und die 
Evangelischen Böhmens und Mährens sahen in dieser Zeit den An- 
fang einer neuen Blüte der Wissenschaften und des Wohlstandes in 
Böhmen herankommen. Diese frohe Zuversicht bestimmte gewiss 
auch den jungen Gelehrten zum Abfassen einer Schrift, wodurch er 
seinen Landsleuten gleichsam eine Handhabe zu den verschiedensten 
Wissenszweigen bieten wollte, da etwas derartiges in seiner Mutter- 
sprache noch nicht abgefasst war. Es passte auch gut zu seinem 
ersten Vorhaben, ein vollständiges Lexikon seiner Muttersprache und 
der Gelehrtensprache, des Lateins, zusammenzustellen, um so seinen 
Landsleuten die Pforte zu allen dermals gepflegten Wissenschaften 
zu öffnen. An diesem Werke arbeitete er dann freilich über vierzig 
Jahre, und als es zum Drucke vollständig fertig war, ging es bei 
der Verwüstung von Lissa zu Grunde. Das Theatrum dagegen hatte 
Comenius mitgenommen, als er von Fulnek zu fliehen und die 
Bibliothek zurückzulassen gezwungen war, und so überlebte es teil- 
weise auch den Brand von Lissa. Freilich finden wir zwischen der 
Disposition der erhaltenen Handschrift und der Erwähnung in der 
Epistel an Montanus eine Incongruenz, indem da von einer Schrift 
von 28 Büchern und in einem Buche von 125 Kapiteln gesprochen 
wird. Wie dieser Mangel an Übereinstimmung der Disposition zu 
erklären wäre, kann man jetzt nicht mehr einsehen, indem von dem 
II. Buche, welches da Comenius speziell als 125 Kapitel enthaltend 
erwähnt, nicht einmal die Disposition und der Inhalt erhalten ist.' 
Vielleicht wäre dieser Anfang des ganzen Werkes der dem Brande 
entrissene Teil, nach welchem das II. Buch zu Grunde ging, die 
folgenden Bücher aber müssen wo anders untergegangen sein. 

In dieser Schrift finden wir den jungen Comenius ganz in der 
Methode seiner beiden vorzüglichsten Lehrer von Herbom arbeitend. 
Das Universum und die hl. Schrift sind die hauptsächlichsten Gegen- 
stände, womit er sich jetzt beschäftigen will, und das waren auch 
die Lieblingsgegenständc des Pansophen Joh. H. Aisted und des 
vorzüglichen Bibelerklärers Joh. Piscator. In der Sammlung des 
verschiedenen Materials sehen wir da Comenius direkt die Methode 
des Aisted befolgen, der als junger Mann gleich die Welt mit 
einer langen Reihe grossartiger Folianten über alle möglichen Wissens- 
zweige überraschte, wozu er sich Stoff mit einer solchen Ausdauer 
ansammelte, dass man seinen Namen bald mit dieser Tugend (sedu- 
litas) zusammenstellte. Auch mit Theologie beschäftigte er sich, doch 
für diese Seite der Studien war Comenius mehr sein Lehrer Piscator 
massgebend, wie er später selbst bekannte. 

In einer Sache aber bemerkt man doch eine grundverschiedene 
Anschauung zwischen Comenius und Aisted. Als Mitglied der 



252 Noviky Das älteste pansoph. Werk des Comenius. Heft 7 u. 8. 

Brüderunitat, welche besonders für ihr Volk wirken und ihr Wissen 
dem Volke, welchem sie angehörte, widmen wollte, arbeitete G>menius 
diese seine Schrift in seiner Muttersprache aus, wie er auch den 
Thesaurus Linguae Bohemicae für sein Volk vorbereitete, wie er die 
Didaktik zuerst in böhmischer Sprache verfasste; Aisted dagegen 
schrieb seine grossen Werke in der allgemeinen Gelehrtensprache 
und für die gelehrte Welt, um darin derselben einö Übersicht des 
gessunten Wissens der Welt zu bieten. Comenius befolgt darin das 
löbliche Beispiel seiner Vorgänger, des Peter Chelöick^ und Johann 
Blahoslav, der Herausgeber der Kralicer Bibel, welche für ihre Mutter- 
sprache so vieles geleistet haben, dass ihre Schriften auf der trocknen 
Heide der gleichzeitigen Humanistenlitteratur einer lieblichen grünen 
Oase gleichen. Der weit grössere Teil der Angehörigen dieser 
Religionsgesellschaft gehörte dem Volke, der breitesten Masse der 
gemeinen Leute an, und für sie nun wollte man schreiben, sie wollte 
man zu sich emporheben, ihnen wollte man möglichste Bildung ver- 
schaffen. In wie weit das Comenius durch die gegenwärtige Schrift 
erzielen wollte, bleibt freilich dahingestellt, da von dem ganzen gewiss 
ausführlichen Werke in der Handschrift nur ein ganz kleiner Teil 
erhalten ist. 



Besprechungen. 



Th. Burokhardt- Biedermann, Bonifacius Amerbach und die 
Reformation. BsÄel, R. Reich 1894. VIU -\- 407 S. S^. Mk. 6,40, 

Eine fesselnde Erscheinung in der Baseler Humanistengemeinde 
bilden die Brüder Amerbach, Bruno, Basilius und Bonifacius, nament- 
lich der letztgenannte, Rechtsgelehrter und Universitatsprofessor, vor 
allem naher Freund des grossen Erasmus. Die vorliegende schone 
Arbeit beschäftigt sich mit der eigentümlichsten Seite der liebens- 
würdigen Persönlichkeit des Bonifacius, mit seiner Stellung zu den 
religiösen Parteien, besonders in seiner Vaterstadt. Er gehört zu der 
seltenen Art von Männern — ein Glück, dass es solche Erscheinungen 
gibt! — die in keines der von Menschen gezimmerten Fächer passen, 
die ohne Parteien und über denselben leben. Es entsprach nicht 
seiner mehr zarten, fast weichen Persönlichkeit, schroff nach allen 
Seiten mit seinen Ansichten hervorzutreten. So hat er denn auch 
keine äussere Wirksamkeit geübt; dafür fesselt uns imi so mehr 
der schwere innere Kampf, den er durchkämpfen musste, äusseren 
Anforderungen gegenüber. Während des heftigen Streites in seiner 
Vaterstadt stand er einsam, wenn auch nicht kalt ohne Teilnahme: 
erst in stilleren Zeiten konnte seine Art zur Wirkung kommen. Die 
Schilderung des Amerbachschen Lebensganges nimmt da den Faden 
auf, wo ihn der Biograph des jungen Bonifaz, Daniel Albrecht 
Fechter, hatte fallen lassen; sie greift nur insofern etwas zurück, 
als es die Zeichnung der reformatorischen Bewegung verlangt. An- 
fänglich ganz Begeisterung für „unseren Luther'^ und seine mächtige 
That auf dem Reichstage zu Worms! Auch das Auftreten des 
Baseler Reformators Johannes Oecolompadius fand anfangs die Zu- 
stimmung des Freundeskreises der Amerbach, aber bald wurde man 
über die Folgen stutzig ; das leichte Abwerfen der Mönchsgelübde 
erschreckte unsern Bonifacius und versetzte ihn in Entrüstung; dem 
widerstrebte die sittliche Strenge seines Charakters. Auch anderes 
erregte nach^und nach sein köpf schüttelndes Befremden. Sein Freund 
Erasmus zog sich immer ängstlicher und behutsam zurück. Die gute 
Sache erschien Bonifacius durch den bösen Willen einiger übel zu- 



254 Besprechungen. Heft 7 u. 8. 

gerichtet. Die ganze Entwickelung des Dramas der Reformation, 
welche sich nicht nur auf die Abschaffung der Missbrauche der 
Greistlichen beschrankte, sondern mit vielem andern aufräumte, schoss 
weit hinaus über das, was ihm zweckdienlich und nötig dünkte. 
Wiedertäufer, Bauernkrieg u. s. w. regte ihn noch mehr auf. Der 
ganze Widerstreit der vielerlei Meinungen war ihm widerwärtig. 
Den Papisten und den Evangelischen gegenüber schlug er mit 
Erasmus einen Mittelweg ein nach dem Vorbild der alten Kirchen- 
lehrer. Auch sein Freund, der Freiburger Jurist Ulrich Zasius 
hatte sich nun ganz von Luther abgewendet, den er nicht scharf 
genug verdammen konnte, und da sollte der von Besorgnissen ge- 
quälte Bonifacius gar im Auftrage des Rates ein Urteil abgeben 
über Oecolompad's Abendmahlsschrift, und er war doch selber in 
seinem Innern so zerrissen und ungewiss! Die Ereignisse in Basel 
gingen ihren Gang; aus der religiösen Reformation drohte eine 
politische und sociale Revolution %u werden. Amerbach wurde es 
immer unbehaglicher; er wollte auswandern, blieb aber doch in 
der Heimat, trotzdem er den Eid auf die Neuordnung der Dinge 
nicht geleistet zu haben scheint und als Konfessionsloser den neuen 
Gottesdienstübungen fem blieb. Aber das „Profanbleiben" war nicht 
leicht, eine Mittelstellung erschien unmöglich. Der Kirchenbann 
forderte ihn endlich amtlich vor seine Schranken ; ein langer äusserer 
und innerer Kampf entspann sich, der mit einem Ausgleiche schloss, 
welcher Amerbach die Teilnahme an den Heilsmitteln der neuen 
Kirche ermöglichte. Ein weiteres Eingehen auf diese inneren Kämpfe 
des Mannes ist hier nicht möglich; es muss auf das Buch selbst 
verwiesen werden, welches nach allen Seiten Schlaglichter wirft auf 
das religiöse und politische Leben seiner Tage. Es beginnt mit einer 
zusammenhängenden Schilderung der Schicksale des Bonifacius und 
seiner kämpfenden Umgebung. Angefügt sind reiche Auszüge aus 
dem kostbaren Amerbachschen Briefwechsel, der durch den vorzüg- 
lichen Stil des Humanisten genussreich gemacht ist und besonders 
auch zur Gelehrtengeschichte seiner Zeit vielfach wertvolle Mitteilungen 
bringt, fruchtbar gemacht durch zahlreiche litterarhistorische An- 
merkungen des Herausgebers und dem Verständnis nahe gebracht 
durch einleitende Einführungen in den Inhalt der einzelnen nur teil- 
weise gegebenen und oft durch Zwischenbemerkungen ergänzten Briefe 
(1519 — 1562). Des weiteren wird ein Tagebuch Amerbachs aus dem 
Jahre 1531 zum Abdruck gebracht, veranlasst durch seine Befragung 
und Massregelung durch Bannherren und Rat wegen seiner Weige- 
rung, das Abendmahl der Evangelischen zu besuchen. Den Schluss 
bilden einige Aktenstücke, das Edikt gegen die, welche sich vom 
Abendmahl fernhielten, Amerbachs Eingaben und Glaubensbekenntnis. 
Eine schöne Wiedergabe des Holbeinschen Bildes Amerbachs gereicht 
dem Buche zur Zierde. K. S. 



1895. Besprechungen. 255 

Johann Arnos Comenius and seine Beziehungen bu den 
Spraohgesellsohaften. Denkschrift zur Feier des vierteltausend- 
jährigen Bestandes des Pegnesischen Blumenordens zu Nürnberg von 
Dr. Joseph Reber, kgl. Direktor der höheren weibl. Bildungsanstalt 
zu Aschaffenburg, Leipzig, Verlag von Gustav Fock, 1895. 

Der Verfasser sucht in seiner Schrift darzuthun, dass unter 
vielen mehr oder minder bedeutenden Mannern auch Comenius es 
verdient, „in die Erinnerung der Gründungszeit des Blumenordens 
verwoben zu werden". Zum Beweise hierfür dient ihm eine Stelle 
aus dem 28. Kapitel der Novissima Linguarum Methodus des Comenius. 
Wir ersehen aus ihr, dass er an der auf Schutz und Pflege der 
Muttersprache gerichteten Bewegung seiner Zeit lebhaften Anteil 
nimmt und auch überall solchen zu erwecken sucht, indem er auf 
die Sprachgesellschaft della Cnisca in Italien und auf die frucht- 
bringende Gesellschaft in Deutschland als nachahmenswerte Beispiele 
hinweist, dass er sogar schon die Sammlung heimatlicher Altertümer 
als eine für vaterlandische Geschichte und Sprache nützliche Auf- 
gabe empfiehlt. Auffallend ist nur, obwohl Reber davon schweigt, 
dass er gerade den Pegnesischen Blumenorden nicht erwähnt. Viel- 
leicht hatte er von ihm noch keine Kenntnis, da er höchstens ein 
Jahr bestand, als des Comenius Neueste Sprachenmethode der Voll- 
endung nahe war. Wohl aber erwähnt er Philipp Harsdörffer, den 
Stifter des Blumenordens, aber nur um an ihm zu zeigen, wie man 
bei der Ableitung und Erklärung von Wörtern irre gehen könne, 
wenn man keine umfassende Sprachkenntnisse besitze. Dieses Urteil 
— so nimmt Reber an — führte zu persönlichen Beziehungen 
zwischen beiden Männern. Sie traten in brieflichen Verkehr. Doch 
besitzen wir nur zwei Briefe von Comenius an Harsdörffer, welche 
uns der Verfasser wörtlich mit nebenstehender Übersetzung mitteilt. 
Vergebens suchen wir aber in ihnen irgend eine Auslassung des 
Comenius über Sprachen und Sprachgesellschaften. Dasselbe gilt von 
den bald teilweise, bald vollständig mitgeteilten Briefen des Valentin 
Andreae, eines Mitgliedes der fruchtbringenden Gesellschaft, an 
Comenius, des Comenius an diesen und an den Tübinger Professor 
Hesenthaler, des Esslinger Pfarrers Weinheimer an Hesenthaler, des 
Adlerberger Abtes Hainlin an Comenius. Die Briefe beweisen nur, 
dass diese Männer alle durch ihre wissenschaftlichen Arbeiten mit 
einander bekannt und einige von ihnen in Nürnberg Beziehungen 
hatten, vor allem Comenius durch Harsdörffer und den berühmten 
Buchdrucker Endter. Für diejenigen, welche Comenius noch wenig 
kennen, war es notwendig, seine Ansichten über die Muttersprache 
und die Spraohgesellschaften in Zusammenhang zu bringen mit seiner 
sprachwissenschaftlichen Bedeutung, und daher schildert ihn uns der 
Verfasser zuerst als Sprachgelehrten und Sprachforscher, der, selbst 
vieler Sprachen mächtig, alter wie neuer, ein für seine Zeit ungewöhn- 
liches Verständnis der grammatischen und auch der prosodischen 



256 Besprechungen. Heft 7 ii. 8. 

Eigenart einer jeden bekundet. So zerfällt denn die ganze Schrift 
in folgende Abschnitte: 1. Des Comenius Sprachkenntnisse, 2. Seine 
Kenntnis der deutschen Sprache, 3. Seine dichterischen Arbeiten, 
4. Sein Urteil über deutschen Versbau, 5. Die Gründung der Sprach- 
gesellschaften, 6. Der Nürnberger Ratsherr HarsdÖrffer, 7. Des 
Comenius Urteil über HarsdÖrffer und den Pahnenorden, 8. Comenius, 
HarsdÖrffer und Valentin Andreae, 9. Des Comenius Briefe an Hars- 
dÖrffer, 10. Comenius, Hesenthaler, Weinheimer und Hainlin. Jeder 
Abschnitt verrat den gründlichen Kenner der geschichtlichen Ver- 
hältnisse, besonders der Schriften des Comenius. 

Böüicher- Hagen 1. W. 



Nachrichten. 



Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass den bohmiBchen 
Brüdern wie den altevangeÜBchen Gemeinden überhaupt ein ökumenischer, 
die ganze Menschheit umfassender Zug eigen war, der sie über allen Sekten- 
geist in ihren beaseren Männern weit erhob und sie im besten Sinn zu 
Tragern einer echten Katholicität machte. Diese Eigenschaft beruht auf 
der Fcsthaltung der religiösen Grundsatze und Gedanken, wie sie die 
altchristliche Latteratur und mit ihr übereinstimmend die altdeatsehe 
Mystik eines Eckard und Tauler oder des berühmten Büchleins von der 
„Deutschen Theologie" vertritt. Über diese altdeutsche Mystik hat Adolf 
Lasson sich sehr richtig vor einigen Jahren in folgender Weise aus- 
gesprochen: „Auch solche Mystiker'', sagt dieser Philosoph (Preuss. Jahrb. 
1891 S. 226), „die der römischen Kirche angehörten, haben sich gerade so- 
weit, als die Gesichtspunkte der Mystik bei ihnen vorwalteten, den Evange- 
lisch-Protestantischen genähert. Andererseits freilich möchten wir keineswegs 
bestreiten, dass in der Mystik ein Element wahrhaft christlicher Katho- 
licität in der That enthalten ist und dass der Mystiker sich in geistiger 
Einheit mit der gesamten alten Kirche von der Zeit der Apostel an wissen 
und fühlen darf. In diesem Sinne ist der Mystiker wirklich ein wahrhaft 
katholischer Christ.'' 



Die Beziehungen des Comenius zum Hause der Grafen yon Zlerotin 
bestimmten die ersten Schritte, die der junge Gelehrte nach der Rückkehr 
von den Hochschulen that. Graf Karl der Altere machte den (Domenius 
zum Rektor der Schule in Prerau (1614), wo er bis 1616 blieb. Das be- 
rühmte Geschlecht der Zierotin hatte in Übereinstimmung mit der Mehrheit 
der mährischen Ritterschaft und Stände die Brüder seit alten Zeiten be- 
schützt. Dies gilt keineswegs bloss von den böhmischen, sondern auch 
von den mährischen Brüdern im engeren Sinne, die in letzterem Lande 
ein weit wichtigerer Bestandteil der Gesamtbevölkerung waren, als die böh- 
mischen Brüder in Böhmen. Denjenigen, welche mit den Schriften des 
(Domenius genauer vertraut sind, wird der Unterschied nicht unbekannt sein, 
den er zwischen den böhmischen und den mährischen Brüdern macht (vgl. 
Comenius, Admonitio iterata de iterato Sociniano irenico. Amstel. 1661, 
p. 36, 46 ff.) und der sachlich ganz begründet ist. Die „mährischen Brüder" 
hatten die Glaubenstaufe, die die böhmischen Brüder ebenfalls geübt, im Jahre 
1535 aber unter dem Druck der damals herrschenden Verfolgung eingestellt 



258 Nachrichten. Heft 7 u. 8. 

hatten, beibehalten und trotz schwerer Kämpfe unter dem Schutze mächtiger 
Geschlechter (z. B. auch der Herren von Lichtenstein, aus deren Hause sich 
Leonhard von Lichtenstein im Jahre 1526 selbst die Taufe hatte erteilen 
lassen) durchgeführt. Zu diesen Beschützern gehörten auch die Grafen von 
Zierotin und im Jahre 1596 ward der Landeshauptmann Friedrich von 
Zierotin von der Kaiserl. Hofkammer zu Wien deshalb beauftragt, bei den 
mährischen Brüdern eine Anleihe aufzunehmen, weil man in Wien wusste, 
dass er viel bei den Brüdern vermochte und bei ihnen besonderes Vertrauen 
genoss. (Loser th. Zur Gesch. der Wiedertäufer in Mähren. Ztschr. für allg. 
Gesch. 1884, S. 446.) Auf den Gütern der Zierotins waren die Brüder gern 
gelittene Verwalter und noch im Jahre 1579 hatte Graf Joh. v. Zierotin, 
trotz des ihm auferlegten Ausweisungsbefehles, seine schützende Hand über 
sie gehalten. (Beck, Geschichtsbücher der Wiedertäufer, S. 273. Es ist 
offenbai* derselbe Joh. von Zierotin, welcher auf seinem Schlosse Ki'alitz 
wähi'end der Jahre 1579 — 1593 die acht Theologen beherbergte, welche die 
unter dem Namen der Kralitzer Bibel bekannte tschechische Übersetzung 
verfertigt haben.) Voll Erbitterung sprach sich im Jahre 1004 Ch. A.Fischer 
gegen die „Herrschaft'^ der Brüder aus, indem er schrieb: „Weil ihr die 
Herrn in Mähren also habt eingenommen, dass sie Alles thun nach Eurem 
Rath — heisst das nicht hernichen?'' Es war bei der inneren Verwandt- 
schaft, welche die mährischen und böhmischen Brüder verband — eine Ver- 
wandtschaft, die im Laufe der Zeit im Bewusstsein der Brüder selbst freilich 
deshalb mehr und mehr schwand, weil die böhmischen sich mehr der refor- 
mierten Kirche, die mährischen mehr den Taufgesinnten anschlössen — , 
ganz folgerichtig, dass die Grafen von Zierotin beiden Gemeinschaften in 
gleicherweise geneigt blieben, und die böhmischen Bruder bedurften dieses 
Schutzes um so mehr, weil sie in diesem Lande weit weniger als die mäh- 
rischen in geschlossener Gemeinschaft aufzutreten im stände waren. 



Der Gedanke eines RelJgioiiBkoiigresses, wie er im Jahre der Welt- 
ausstellung 1893 zu Chicago zur Ausführung gekommen ist, ist nicht neu, 
sondern hat schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Comenius und 
seinen Freunden einen Vertreter besessen, mit der Massgabe freilich, dass 
Comenius zunächst alle Christen zu einer grossen ökumenischen Synode 
berufen wollte, deren Aufgabe die Beseitigung der Glaubenskämpfe sein 
sollte. Im Jahre 1643 veröffentlichte Comenius eine Schrift: De dissiden- 
tium in rebus fidei Christianorum reconciliatione hypomnemata (wiederabge- 
druckt in dem Sammelwerk Irenica quaedam scripta pro pace ecclesiae 
J. A. Comenii; ein Exemplar in der Univ.-Bibl. in Göttingen). Dort heisst 
es u. a. (p. 18 unten), an der Stelle, wo von der Einigung die Rede ist: 
quod non alia ratione fieri posse videtur, quam ut ad generalem Oecumenicam 
synodum Orbis convocetur Christianus. Und weiter: Ergo soUicitandos 
esse ad unionem et communionem sanctam redintegrandam existimo, Graecos 
et Romanos, Armenios et Abyssinos, Waldenses et Hussitas, Lutheranos et 
Calvinianos, Anabaptistas item et Socinianos et quidquid novarum sectarum 
est christiano sub nomine. Dass ihm dabei auch die Bekehrung aller Nicht- 



1895. Nachrichten. 259 

Christen und deren Anschluss an das Christentum vorschwebte und dass er 
persönlich eifrig darauf hin wirkte, ist ja bekannt genug. 



In dem „Teutschen Palmbaum<< (1647) findet sich (S. 17) folgende 
Stelle: „Drittens sollen auch alle Gesellschafter zu gebürender Dankbe- 
zeugung der erwiesenen Ehre sich belieben lassen, ein in Gold geschmeltzetes 
€h3mähle, worauf einseitig der Baum und das Wort der Fruchtbringenden 
Gesellschaft zugeordnet, anderseitig aber des Gesellschafters selbst eigenes 
Gemahl an einem sittiggrünen Seidenband zu tragen, damit die Ge- 
sellschaftsgenossen sich unter einander bei begebenden Zusammenkünften 
desto leichter erkennen ,...*' Und es ist interessant, die Deutung zu lesen, 
die dem Seidenband von den Mitgliedern des „Palmbau ms^' selbst gegeben 
ward; Harsdörfer dichtet (a. a. O. S. 65): 

„Reichbelobtes Tugendband 
Wann Du keine Gleichheit findest 
Unter hoch- und schlechtem Stand 
Sag, wie Du sie gleich verbindest? 
Teutschgesinnter Tugendmut 
Ist das reich- und gleichste Gut."') 

Weder im Symbol des Bandes noch des Palmbaums noch in irgend einem 
andern findet sich eine Hindeutung auf die Pflege der deutschen Sprache 
— gewiss recht sonderbar für eine Gesellschaft, deren vornehmster Zweck 
eben diese Sprache gewesen ist. Während die Sprachbestrebungen, die ja 
unzweifelhaft vorhanden waren, ihre starke Betonung nur den Aussenstehen- 
den gegenüber fanden, tritt innerhalb des Bundes als einer der vornehmsten 
Zwecke die Pflege des Unionsgedankens deutlich hervor. Der dritte Ab- 
schnitt des „Teutschen Palmbaums" handelt „Von der Fruchtbringenden 
Gesellschaft Vorhaben und Zweck" und darin heisst es (S. 70), der Gesell- 
schaft „höchstes Vorhaben" beruhe auf drei Beobachtungen: erstlich in der 
Weisheit, zweitens in guten Satzungen, drittens in „Teutschem Ver- 
trauen" und erläutert diese Sätze mit den Worten: „Ob nun wohl unter- 
schiedlichen Glaubensbekenntnissen Zugethane (Männer) in die hochlöbl. 
Fruchtbringende Gesellschaft eingetreten, sind sie doch alle in diesem Stücke 
einig, dass Gott fürchten und christlich leben die höchste Weisheit und fast 
überirdische Glückseligkeit zu nennen sei, welche hundertfältige Frucht 
bringet in Geduld, versichert, dass hierinnen (d. h. in der Gesellschaft) nicht 
von den strittigen Glaubenssachen gehandelt werde, sondern von Fortpflan- 

*) Derselbe Harsdörfer veröffentlicht in seinen Gesprächspielen in 
gleicher Symbolik ein Gedicht von der Kette, deren Glieder, mit Magnet 
bestrichen, fest verbündet aneinander halten (a. a. O. S. 05): 

„Also werden insgemein 

Gleichsam durch den Eisenstein 
Alle Glieder angehalten 

Deren Früchte nicht veralten 
Die in der Gesellschaft Schrein 
Nun ein Jeder leget ein. 



260 Nachrichten. Heft 7 u. 8. 

zung der Teutschen Aufrichtigkeit und Frömmigkeit^ als den Früchten unsere 
Christenthums .,,.*' £ben in diesem Sinne wird von der Gesellschaft als 
von der Fried- und Einigkeits-Säule gesprochen. 



Kvacsala bezeichnet es in seiner Biographie des Comenius (Belege 
und Erklärungen S. 24) als eine dankbare Aufgabe, einen allgemeinen Ver- 
gleich zwischen Campanella and Comenivs zu veranstalten. Kvacsala selbst 
hat einigen Aufschluss über das Verhältnis in seiner Leipziger Dissertation 
von 1886 ,,Uber J. A. Comenius' Philosophie, insbesondere dessen Physik'' 
gegeben. Kvacsala weist femer auf die bezüglichen Äusserungen des Maresius 
in seinem Antirrheticus 1668 p. 37 hin. Maresius sagt a. a. O. „Quantum 

ad Campanellam, non miror (Domenium ejus lectione delectari 

Fuit autem Campanella, ut plane monströs! vultus, sie etiam portentoei 
ingenii et facile oetenderem, noetrum Prometheum (Comenium) magnam 
partem suorum ignium fatuorum ex illius coelo suffuratum fuisse''. Es wäre 
namentlich auf die Verwandtschaft von Comenius pansophischen Schriften 
mit denen des Campanella zu achten. 



Professor Joh. V, NovAk in Weinberge bei Prag — D.M. der CG. — , 
der auf dem Gebiete der Comenius-Forschung sich bereits mehrfach bekannt 
gemacht hat, wird noch im Jahre 1895 eine Arbeit über des Comenius 
Labyrinth imd seine Bedeutung im Verhältnisse zu denjenigen Philosophen, 
welche ebenfalls Utopien verfassten (Plato, Th. Monis, Th. Campanella, 
J. V. Andreae) veröffentlichen. — Derselbe Verfasser ist mit einer historischen 
Darstellung der pansophischen Gedanken des Comenius beschäftigt. 



»<#»<' 



BucbdruckerL'i von Johannes Brudt, Munster i.W. 



Die Comenius-Gesellschaft 

ist zur Pflege der Wissenschaft und der Vollcserzieliung 

am 10. Oktober 1891 in Berlin gestiftet worden. 
Mitgliederzahl 1895 : 1300 Personen nnd Körperschaften. 

zf: 

Oesellschaftsschriften : 

1. Die Monatshefte der CG. Deutsche Zeitschrift zur Pflege der Wissen- 
schaft im Geist des Comenius. Herausgegeben von Ludwig Keller. 

Band 1—3 (1892—1894) liegen vor. 

2. Comenius-Blätter für Volksendehnng. Mitteilungen der Comenius-Gresell- 
Schaft. Der erste und zweite Jahrgang (1893—1894) liegen vor. 

3. Vortrage nnd Aofliätze aus der CG. Zwanglose Hefte zur Ergänzung 
der M.H. der CG. 

Der Gesamtumfang der Gesellschaftsschriften betragt 30—32 Bogen Lex. 8^ 



Bedingrungren der Mitgrlledschaft: 

1. Die Stifter (Jahresbeitrag 10 M.) erhalten alle Schriften. Durch einmalige 
Zahlung von 100 M. werden die Stifterrechte von Personen auf Lebenszeit 
erworben. 

2. Die Teilnehmer (Jahresbeitrag 5 M.) erhalten nur die Monatshefte; Teil- 
nehmerrechte können an Körperschaften nur ausnahmsweise verliehen werden. 

3. Die Abteüangsnütglieder (Jahresbeitrag 3 M.) erhalten nur die Comenius- 
Blätter für Volkserziehung. 

Anmeldaiif en 

sind zu richten an die Greschäftstelle der CG., Charlottenburg, Berliner Str. 22. 



Der Oesamtvorstand. 

Beeger, Lehrer u.Dircktor der Comcniiis>Stiftang, Nieder-Poyritz bei Dresden. Dr. Borgius, Ep., Konsistoriat« 
Bat, PoBeo. Dr. Höpfiier, Geh. Ober>Reff.-Rat and Ciimtor der Universität in GOttingen. Prof. Dr. 
Hohlfeld, Dresden. M. Jablonsld, Berlin. Israel, Schal-Rat, Zschopau. Archiv-IUt Dr. Ludw. KeUer, 
Geh. Staatsarchivar, Berlin. D. Dr. Kleinert, Prof. nnd Oberkonsistorial-Rat, Berlin. "W, J. I«eendertBt 
Prediger, Amsterdam. Prof. Dr. Markgraf, Stadt-Bibliothekar, Breslau. D. Dr. Q. Iioesche, k. k. ordentl. 
Prof., Wien. Jos. Th. Müller, Direktor des Seminars, Gnadenfeld. Prof. Dr. Xesemann, Lissa (Pos.). 
Univ.-Prof. Dr. Xippold, Jena. Dr. Fappenheixn, Prof., Berlin. Dr. Otto Pfleiderer, Prof. an der 
Universität BerUn. Dr. Bein, Prof. an der Universität Jena. Univ.-Prof. Dr. Bogge, Amsterdam. Sander» 
Schalrat, Bremen. Heinrich, Prina bu Sohönaioh-Carolath, Schloss Amtiu. Dr. Schneider, Wirkl. 
Geh. Ober-Beg.-Rat u. vortragender Rat im Kultusministerium, Berlin. Dr. Schwalbe, Realgvmn.-Direktor 
nnd Stadtverordneter, Berlin. Hof rat Prof. Dr. B. Suphan, Weimar. Dr. Th. Toeche-MitÜer, Hofbuch- 
hftndler, Berlin. A. VÄTra, Prof., Prag. Dr. 'Wäteoldt, Prov. -Schulrat in Magdeburg. Dr. Wattenbach, 
Geh. Reg.-Rat u. Prof. an der Univ. Berlin. Waydniann, Prediger, Crefeld. 

Stellvertretende Mitglieder : 

Dr. Th. Arndt, Prediger an S. Petri, Berlin. Dr. Benrath, Prof. an der Universität Königsberg. Wilh. 
Bfltticher, Prof., Hagen i. W. Fhil. Brand, Bankdirektor, Mainz. Dr. Comba, Professor am theol. 
Seminar der Waldenser, Florenz. H. Fechner, Professor, Berlin. Univ.-Prof. Dr. Hilty, Bern. Gymnasial- 
Direktor Dr. Heussner, Kassel. Oberstlleut. a. D. Dr. M. Jahns, Berlin. Dr. Herrn, v. Jireuek, k. k. 
Ministerialrat, Wien. Prof. D. Dr. Kvacsala, Dorpat. Iiaunhardt, Geh. Begienmgs-Rat und Prof., 
Hannover. Univ.-Prof. Dr. H. Suphier, Hallo a. S. Archiv-Rat Dr. Frümers, Staatsarchivar, Posen. 
Rektor Bissmann, Berlin. Landtags-Abgeordiieter von Schenckendorff, Görlitz. Dr. Q. Schmid, 
St. Petersburg. Slamenik.BQrgerschui -Direktor, Prerau. Univ-. Professor Dr. von Thudichiim, Tübingen. 
Freiherr Hans von Wolzogen, Bayreuth. Prof. Dr. Zimmer, Herbom. 

Schatzmeister: Bankhaus Molenaar & Co., Berlin 2, Burgstrasse. 



Verzeichnis der Pfle^chaften der C.Cr. 

Eine vervollständigte Liste wird demnächst erscheinen. 



(Der Buchstabe B hinter dem Kamen bedeutet „BeTollmftchtigier im Ehrenamt'% der Buchstabe G 
j^GeschAftsführende Buchhandlung'* und der Buchstabe Y Yorsitsender einer C.Z.6. oder C.K.) 



Altena: F. L. Mattigsche Buchh. 6 
Altdorf: Sem.-Lehrer a. D. J. Böhm. B 
Amsterdam: Univ.-Prof. Dr. Kogge. V 
,, Buchh. V. Joh. MüUer. 6 

Augsburg: J. A. Schlossersche Buchh. G 
Barmen: Buchh. v. Adolf Graeper. G 
Bartenstein (Ostpr.): Oberlehrer Dr. Lentz. B 
-Bayreuth : Buchh. v. B. Giessel. G 
Berlin: Buchh. v. F. Schneider u. Co., W. 

Leipz. Str. 128. 6 
Bremen : Dr. £. Brenning, Realgym.-Lehr. B 

,, Buchh. V. H. W. Silomon. 6 
Breslau: Buchh. v. E. Morgenstern. 6 
Bnnzlan: Buchh. v. Ernst Muschket. G 
Cottbus: Buchh. y. Carl Brodbeck. G 
Crefeld: Weydmann, Pastor. B 
Czemowitz: Prof. Dr. Hochegger. V 

,, Buchh. V. H. Puäini. 6 

Christiania: Buchh. v. Cammermeyer. G 
Danzig: L. Sauniers Buchh. 6 
Detmold: Sem.-Direkt. Sauerländer. B 

„ C. Schenks Buchh. 6 
Dortmund: Bealgrmn.-Dir. Dr. Auler. B 
Dresden : H. Bumach, K. S. Hof-Buchh. G 
Düsseldorf: Buchh. v. Herm. Michels. 6 
^Einbeck: Oberlehrer Dr. EUissen. B 

„ Buchh. y. H. Ehlers. G 
Eisenach: Sem.-Dir. E. Ackermann. B 

„ Buchh. V. Bäreck. 6 

Elbing: Oberlehrer Dr. Bandow. B 
„ Buchh. y. Leon Saunier. G 
Elberfeld: Buchh. y. B. Hartmann. 6 
Emden: Haynelsche Buchh. G 
Frankfurt a. M. Detloffsche Buchh. G 
Giessen: Ferbersche Uniy.-Buchh. 6 
Glogau: Oberlehrer Baehnisch. B 

„ Buchh. y. C. Beissner's Nachfolger. 6 
Gotha: Oberschulrat Dr. yon Bamberg. B 
Görlitz: Gymn.-Dir. Dr. Eitner. B 
Guben: Buchh. y. Albert König. G. 
Hagen (Westf.): Prof. W. Bötticher. V 

„ Buchh. Yon Gustay Butz. G 

Halle a.S,: Uniy.-Prof. Dr. Uphues. B 
Hamburg: Oberlehrer Dr. Dissel. B 

„ C. Gassmanns Buchh. G 

Hamm: Eektor Bartholomaeus. B 
HannoYer: Eealgymn.-Dir. Ramdohr. B 

„ Buchh. y. Ludwig Ey. G 

Heidelberg: Direkt. Dr. Thorbecke. B 
Herborn: Prof. Dr. Zimmer. B 
Jena: In8t.-Direktor Pfeiffer. V 

„ Döbereinersche Buchh. (Rassmann) B 
Kassel: Gymn.-Dir. Dr. Heussner. B 

Buchh. y. M. Brunnemann & Co. G 



«9 



Königsberg i. Pr. Graefe&Unzersche Buchh. G 



Lauban: Buchh. y. Denecke. G 
Leipzig: J. C. Hinrichs'sche Buchh. 6 
Lengerieh: Eektor O. Kemper. B 
Lennep : Prof. Dr. Witte, Kreisschulinsp. V 

,, Buchh. y. R. Schmitz. 6 
Lippstadt: Eealgymn.-Dir. Dr. Schirmer. B 
Lissa i. P. : Prof. Dr. Nesemann. B 

„ Buchh. y. Friedrich Ebbecke.. G 

London : Buchh. y. Williams and Norgate. 6 
Lttdenseheid : Dr. med. Boecker. B 
Magdeburg: Buchh. y. Heinrichshof en. 6 
Mainz: Bankdirektor Brand. B 

,, H. Quasthoffs Buchh. G 
Meiningen: Oberkirchenrat D. Dreyer B 
MUhlhausen i. Th. : Diakonus J. Clüyer. B 
Mttnehen: Schulrat Dr. Eohmeder. B 

„ Hofbuchh. y. Max Kellerer. 6 
Münster: Buchh. y. ObertGschen. 6 
Keuwied: Prediger Siebert. B 
Kordhausen: Oberlehrer Dr. Nägler. B 

,, Förstemannsche Buchh. 6 . 

Nürnberg: Postmeister Aug. Schmidt. B 

,, Buclih. y. Friedr. Korn. G 

Oschatz: Sem.-Oberl. Ernst Hänsdi. B 
Osnabrück: Pastor Lic. theol. Spiegel. B 

„ Buchh. y. Eackhorst. G 

Paris: Buchh. y. Fischbacher. 6 
Posen: Buchh. y. Friedrich Ebbecke. G 
Potsdam: Buchh. y. E. Hachfeld. B 
Prag: Buchh. y. Fr. Eiynäc. G 
Prerau (Mahren) Direktor Fr. SlamSnfk. B 
Quedlinburg: Eektor Ed. Wilke. B 

„ Buchh. y. Christ. Vieweg. G 

Remseheid: Hauptlehrer E. Lambeck. V 

„ Buchh. y. Herm. Krumm. 6 

Rostock: Dir. Dr. Wilh. Begemann. B 

9, Stillersche Hof- u. Uniy.-Buchh. G 
Ruhrort: Buchh. y. Andreae u. Co. G 
Sagan: Kreisschulinspektor Arndt. B 

„ Buchh. y. W. Daustein. 6 
Soest: Lehrer W. Handtke. B 

„ Rittersche Buchh. G 
Stade: Direktor Dr. 2^chlin. B 

9, Schaumburgsche Buchh. G 
Stettin: H. Dannenbergsche Buchh. G 
Stockholm : Dr. N. G. W. Laeerstedt B 

„ Hofbuchh. y. C. E. Fritze. G 

Strassburg i. Eis. Sem.-Dir. Paul Zänker. B 
Wesel: Buchh. y. Kari Kühler. 6 
Wien: Buchh. v.A.Pichlers Wwe. u. Sohn. G 
Wiesbaden : Gymn.-Oberl. Dr. Hochhuth. B 

„ Buchh. y. Felix Dietrich. 6 

Zehopau: Schulrat A. Israel. B 
Zürich: Buchh. y. Meyer & Zeller. G 
Zwickau: Oberl. Dr. P. Stötzner. B 



-M^M- 



Bnchdruckerei von Johannes Bredt, affinster i.W. 







'M 

.ii«- 



m 



Monatslie: 

<ler I 

Comenius-Gese 




Herausgegeben von Ludwig Keller. 




Vierter Band. 

Neuntes und zehntes Heft. 
Xovember — Dezember 189'). - 



f^^ 






m 




Das Pereonen- und Drts-Reglater zum IV. Bande wlnt mtt dem 1. Hefte des V. Bandee ausgegeben 



Inhalt 

des neunten und zehnten Heftes 189 5. 



Abhandlungren. seite 

Dr. Faul Natorp, Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Greschichte der Ein- 
führung Pestalozzischer Gnuidsatze in die Volksschule Preussens . 2G1 

Dr. Karl Dissel, Der Weg des Lichtes. Die Via lucis des Comenius . 295 

Dr. Georg Schmid, Sigismund Evenius 306 

Llttepaturberlcht 3U 

G. Voigt, Bischof Bortnun von Meu U1K>— 1212). — H. Haupt, deutsch-bdhmischc Wal- 
donsH^r. — Uebinger, B<'itrftge zur itesohichte Nicitlaus von Cusaa. ~ Knaake, Job. Pupper von 
(roch. — Fr. Wächter, ßrie^ an Erasinu». — K. K rafft, Gerh. Oenüken. — A. Wirth, Die ev. 
Schule des 16. u. 17. .Tahrh. — U. S. Burrage, The Anabaptists of the 16. Century. — Alfr. 
Rausch, Christian Thomasiu» und Erh. Weigel. — Alb. F^ camp, 1>. G. Morhof. — W. Fa- 
bricius. Die iStudentenordcn des 18. Jahrh. 

Preisaufgrabe der Comenius-Gesellschaft für 1896 . 3is 

Nachrichten • . . . . 319 

E. Troeltsch (Prof. in HoidoUjprgl, Über Ileligion und Kirche. — K. Burdach (Prof. in 
Halle), ül>er den Zusammenhang zwischen Luther und den böhmischen Brüdern. — „Pickarden" 
und Reformierte. — Jos. Rebers Ausgabe d<*r Naturkund<> de» Comenius. — Der Jesuit B. Bal- 
binus Qlter Comenius. — Die Bibliothek des Comeniu«« in Fulnek. — Giordano Bruno begründet 
eine , .Akademie" in Loudon (löKi). — Briefwechsel zwischen Wok von Rosen berg und Christian 
von Auhalt. — Briefwechsel des H<!ntogs August von Braunschweig-LQneburg. — AiÄorderung. 



V' 



Die Monatshefte der CG. erscheinen monatlich (mit Ausnahme des Juli 
und August). Die Ausgabe von Doppelheften bleibt vorbehalten. Der Ge; 
samtunifang beträgt vorläufig 20 — 25 Bogen. 

Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge; falls die 
Zahlung der letzteren bis zum 1. Juli nicht erfolgt ist, ist die G^schäftstelle 
zur Erhebung durch Postauftrag unter Zuschlag von 60 Pf. Postgebühren 
berechtigt. — Einzelne Hefte kosten 1 Mk. 25 Pf. 



Jahresbeiträge und Anmeldungen, sowie einmalige und ausserordentliche 
Zuwendungen bitten wir an das 

Bankhaus Molenaar & Co., Berlin C. 2, Burgstrasse 

zu senden. 



BesteUungen übernehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, 
die Postämter — Postzeitungsliste Nr. 4296** — und die Geschäftstelle der 
Comenius-Gesellschaft, Charlotten bürg, Berliner Str. 22. 

Anzeigen finden durch die Monatsschriften der CG. in den beteiligten 
Kreisen weiteste Verbreitung. Die gespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum 
kostet 20 Pfg.; bei grösseren Aufträgen entsprechende Ennässigung. Anfragen 
und Anträge sind an Johannes Bredt, Verhigsbuchhandlung in Münster i. W. 
zu richten. 

Für die Schriftleitung verantwortlich: Archiv-Bat Dr. Ludw. KeUer 

in Charlottenburg, Berliner Str. 22. 



Monatshefte 

der 




Comenius-Gesellschaft 



IV. Band. --0 1895. ^ Heft 9 u. 10. 



Ludwig Natorp. 

Ein Beitrag zur Geschichte der Einführung Pestalozzischer 
Grundsätze in die Volksschule Preussens^). 

Von 
Dr. Paul Natorp, 

UnWenitätflprofessor in Marburg. 



,,Than wir für unsere Zeit, was wir thun kOnnen, so 
wird in der folgenden Zeit manches That und Wahrheit 
werden, was wir jetzt bloss fOr Trftume halten." 

Ludwig Natorp. einem Freunde ins Stammbuch, 
Halle, 1. Aug. 1798. 

Eine Mischung von Scham und Stolz will den Patrioten 
nicht verlassen, der sich in jene Tage zurückversetzt, wo Deutsch- 
land unter der geistigen Führung Preussens den Grund zu seinem 
Volksbildungswesen legte, die Zeit etwa vom Beginn dieses 
Jahrhunderts bis zu dem verheissungsreichen doch erfolgarmeu 
Süvernschen Entwurf. Eine ehrliche Vergleichung dessen, was 
damals in kurzer drangsalvoller Zeit für die Volkserziehung ge- 
leistet worden, mit dem, was heute unter dem Glänze des Reichs, 
in langem Frieden und wachsendem Wohlstand auf diesem Felde 
geschieht und nicht geschieht, führt zu Ergebnissen, die den, der 
es mit dem Vaterlande gut meint, nicht anders als trüb stimmen 
können. Damals eine Frische und Allgemeinheit der Begeisterung 
für die Sache der Nationalerziehung, ein Ernst der wissenschaft- 
lichen Besinnung auf ihre wahren Grundlagen, eine hingebende 
Treue langwieriger, oft enttäuschter Arbeit, um das als notwendig 

*) Es ist unser Wunsch, zugleich zur Erneuerung des Andenkens Joh. 
Heinrich Pestalozzis (geb. 12. Janaur 1746) durch die Veröffentlichung des 
vorstehenden Aufsatzes einen Beitrag zu liefern. 

Die Schriftleitung der M.H. der CG. 

Monatshefte der Comcnius-Qesellschaft. 1895. j[g 



262 Natorp, Heft 9 u. 10. 

Erkannte ins Werk zu setzen, die um so heller hervorleuchtet, 
wenn man die Verwahrlosung, in der sich das niedere Schulwesen 
bis dahin befand, wenn man die Zerrüttung der politischen Lage 
und damit zusammenhängende Erschöpfung der Finanzen mit ihren 
vielseitig trüben Folgen bedenkt. Und heute — doch ich mag den 
Satz nicht vollenden, denn nicht auf Klagen und Anklagen ist es 
hier abgesehen. Bei der bestimmtesten Absicht, auf Gegenwart und 
Zukunft eine heilvolle Wirkung zu üben, sind diese Hefte doch an 
erster Stelle der Geschichte gewidmet. Nur ein bescheidener Bei- 
trag zur Geschichte jener Tage ist denn auch hier beabsichtigt 

Man kennt einigermassen und lernt immer besser kennen und 
würdigen die Männer, die, sei es als Theoretiker und Experimen- 
tatoren der Pädagogik, sei es in der Praxis der Schul-Einrichtung 
und -Verwaltung, die damalige Bewegung geführt und ihr eine 
bestimmte Richtung zu geben gestrebt haben. Aber neben diesen, 
oft in nächster Beziehung zu ihnen entdeckt die genauere For- 
schung eine erfreulich grosse Zahl solcher, deren Leistung minder 
auffällig hervortritt und doch zum Gesamterfolg durchaus unent- 
behrlich war. Nicht zu den Vergessensten unter diesen zählt der 
Mann, dessen Andenken wir hier erneuern möchten, Ludwig 
Natorp. Seine westfälische Heimat wenigstens hat ihn auf alle 
Weise geehrt; durch Diesterwegs und andrer warmes Lob ist 
ihm in der Erinnerung der Lehrerwelt ein fester Platz gesichert. 
Doch zählen seine pädagogischen Schriften nicht zu den gelesenem; 
man sucht sie auch in grösseren Bibliotheken meist vergeblich. 
Und von seinem unmittelbar praktischen Verdienst um die Volks- 
schule haben wohl nicht allzu viele selbst unter den Fachleuten 
eine bestimmtere Vorstellung. Es fehlte bis vor kurzem an einer 
eingehenden Darstellung seines W^irkens^). Mit einer solchen hat 
uns nun einer seiner Enkel, Professor Oskar Natorp in Mülheim 
a. d. K., beschenkt 2). Das glücklich angelegte, schon durch die 

') Wer sich ein Bild davon machen wollte, sah sich, ausser einigen 
abgelegenen Broschüren und Zeitechriftaufsätzen , auf die knappen Artikel 
von Binder in der AUg. Deutschen Biographie und von Gustav Natorp 
(einem Enkel des Verewigten) in Schmids Encyklopädie angewiesen. 

*) B. Chr. Ludwig Natorp, Doktor der Theologie, Oberkonsistorialrat 
und Vize-Generalsuperintendent zu Münster. Ein Lebens- und Zeitbild aus 
der Geschichte des Niederganges imd der Wiederaufrichtung Preussens in 
der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts von O. Natorp. Essen, G. D. Bädeker. 
1894. (Ich citire durch 0. N.) 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 263 

I 

Wärme des Tons unmittelbar ansprechende Buch wird dem Manne, 
dem es ein so würdiges Denkmal setzt, gewiss neue Freunde er- 
werben. Der Wert seines Lebenswerks tritt in dem von Schritt 
zu Schritt vei*folgten zeitgeschichtlichen Zusammenhang hell ans 
Licht, durch nichts so wie durch die Schlichtheit überzeugend. 
Natorp hat einmal das überschwängliche Lob seiner Schullehrer 
mit der Antwort abgewehrt: „Ich habe ja nur meine amtlichen 
Obliegenheiten Schuldigermassen zu erfüllen mich bemüht Wer das 
gethan, von dessen hohen Verdiensten darf nicht die Rede sein." 
In richtigem Gefühl vermeidet auch sein Biograph fast jede Lob- 
preisung ausser durch einfache Vorführung der Thatsachen und 
allenfalls Wiedergabe der Urteile so stimmfähiger Zeitgenossen wie 
Wilhelm von Humboldt, der ihn im Jahre 1809 auf Vinckes 
Empfehlung zum geistlichen Bat im Ministerium, zugleich Schul- 
und Regierungsrat bei der kurmärkischen Regierung berief ^). Auch 
mir, dem Urenkel, stände es schlecht an, hier ein Loblied anzu- 
stimmen; sondern, wie mein Oheim als zugleich theologisch vorge- 
bildeter praktischer Schulmann das ernsteste sachliche Interesse zu 
seiner Aufgabe mitbrachte, so möchte ich vom Standpunkt meines 
Fachs, der Philosophie und theoretischen Pädagogik, das Wenige, 
was ich zur Würdigung Natorps ergänzend beizutragen habe, hier 
niederlegen. Ich füge nur die nötigsten Angaben über sein Leben 
bei, indem ich in dieser Hinsicht auf die Biographie verweise. 

Die Familie entstammt einem alten Bauernhof bei Unna in 
der Grafschaft Mark, der noch den Namen führt; doch sind schon 
seit der Reformationszeit studierte Männer, Prediger wie Juristen, 
in stattlicher Zahl aus ihr hervorgegangen. So war der Gross- 
vater unseres Lud\\dg Jurist in Hagen und Bochum, der Vater 
Bernhard (1741 — 1819) ein hochangesehener Prediger in Werden, 
Gemen und Gahlen. Seine Mutter, eine Büi^ermeisterstochter 
aus Werden, die ihm daselbst am 12. November 1774 das Leben 
gab, war eine Nichte J. J. Heckers, des Begründers der Real- 
schule, das pädagogische Interesse also in der Familie bereits 
eingewurzelt Das Gymnasium zu Wesel, welches in alter Weise, 
von „Überbürdung*' weit entfernt, der persönlichen Ausbildung 
der nicht zu zahlreichen Schüler freie Bahn liess, entsandte den 

*) Drei aus diesem Anlass an Natorp gerichtete Briefe Humboldts, 
die auch um des letzteren willen von Interesse sind, teilt O. N. S. 82 ff. 
mit. Einiges daraus weiter unten. 

18* 



264 Natorp, Heft 9 u. 10. 

>1 8 jährigen bereits ziemlich weit gefordert zur Universität Halle, 
die er 1792 als Theologie-Studierender bezog. Neben den Leh- 
rern seines Fachs regten ihn hier Niemeyer als Pädagoge Wolf 
als Philolog vorzüglich an. Bei einer theologischen Societät, die 
auch die Pädagogik pflegte, beteiligte er sich eifrig; auf einer 
pädagogischen Reise durch Thüringen und Sachsen besuchte er 
Schnepfenthal, lernte Salzmann und Gutsmuths kennen. In seinem 
Berufsfach blieb er dem massvollen, vorwi^end praktisch ge- 
richteten, dabei warmherzigen Rationalismus, dem schon der 
Vater anhing, unverändert treu; der in seiner Heimat verbreitete 
mystische Pietismus Tersteegens wie der nach den Freiheitskriegen 
überhand nehmende orthodoxe, mit dem er durch freimdschaft- 
liche, dann auch verwandtschaftliche Beziehungen zum Knim- 
macherschen Hause in nächste Berührung kam, blieb auf ihn ohne 
Einfluss. Von der grossen philosophischen und litterarischen Be- 
wegung jener Tage zeigt er sich nicht so tief als man erwarten 
könnte, berührt. Desto entscheidender ei^ff ihn der Sturm und 
Drang der neuen Pädagogik. Zwar missachtet er auch hier nicht 
die Alten, namentlich Rochow ist ihm stets ein leuchtendes Vor- 
bild geblieben. Aber mit ungleich wärmerer liebe doch fühlte 
er sich zu Pestalozzi hingezogen. Lehnt er die Methodensucht 
der Pestalozzianer vom Schlage Zellers ^), die ein praktisches 
Wirken im Geiste des Meisters nur erschwerte, mit allem Recht 
ab, so bezeichnet er sich doch selbst in theoretischer Hin- 
sicht aufs bestimmteste als Anhänger des Schweizers *). Man 
kann die Bedeutung dieses Bekenntnisses unterschätzen, weil er, 
durch eine seltene Gabe der persönlichen Einwirkung und ein 

*) S. die eiDgehende DarstelluBg in Diltheys Art. Süvem (Allg. D. 
Biogr.), und L. W. Seyffarth, Pestalozzi in Preussen. Liegnitz 1894. 

') Nur um eine Schattinmg entferne ich mich hier von dem urteil 
O. N.'s, der Natorp bisweilen fast in einen Gegensatz zu Pestalozzi bringt. 
Nicht ohne Grund, sofern es sich um Einseitigkeiten Pestalozzischer Lehr- 
weise handelt; aber das, was die eigentliche Bedeutung des Mannes doch 
ausmacht, wodurch er auf die Fichte, Nicolovius, Süvem und Humboldt so 
bedeutend gewirkt hat: die „Idee" der Elementarbildung hatte N., wie seine 
Schriften allenthalben bezeugen, aufs innigste in sich aufgenommen; sein 
ganzes pädagogisches Denken hat daher seine Richtung erhalten. Das er- 
kennt übrigens im wesentlichen auch O. N. an, wenn er 8. 67 sagt: „Die 
Grundgedanken des grossen Schweizers fanden ja an ihm einen Anhänger; 
des weiteren aber schlug er vielfach seine eigenen Wege ein." Das Letztere 
versteht sich bei einem selbstdenkenden Manne von selbst. 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 265 

grosses Organisationstalent ganz auf die Praxis hingewiesen und 
in diesem Punkte nicht bloss den Pestalozzianem^ sondern dem 
Meister selbst jedenfalls überlegen, auf die Grundfragen der päda- 
gogischen Theorie weniger zu sprechen kommt Doch lässt sich bei 
genauerer Nachforschung nirgend verkennen, auf vde durchdachten 
theoretischen Grimdlagen seine vielgestaltige Thätigkeit auch im 
kleinsten beruhte, und da grade beweist er sich allenthalben als einen 
der treusten^ verständnisvollsten, nur ebendarum zugleich freisten 
und selbständigsten Nachfolger des Schweizer Reformators^). 

Das Lehramt selbst hat Natorp nicht bloss als Geistlicher 
nebenher geübt Nachdem er die Universität verlassen, trat er, 
erst zwanzigjährig, in ein tüchtiges Privatinstitut zu Elberfeld als 
Lehrer ein. Schon nach einem Jahre wurde ihm die Mitleitung 
des Instituts angetragen; er schlug sie aus, um 1796 eine wenn 
auch äusserst bescheidene Pfarrstelle zu Hückeswagen anzunehmen. 
Zwei Jahre später öffnete sich ihm ein grösserer Wirkungskreis, 
indem er zum Pfarrer an der lutherischen Gemeinde zu Essen 
berufen wurde. Die dortigen Schulzustände gaben ihm bald 
Gelegenheit zu eingreifender Bethätigung seines pädagogischen 
Reformeifers. Es wurde (1802) eine Kommission eingesetzt, zu 
deren Mitgliedern Natorp zählte^ um über die Mängel der be- 
stehenden Schulen Bericht zu erstatten und Vorschläge zur 
Besserung zu thun. Natorp legte sein Gutachten nieder in der 
meisterlichen Schrift: „Grundriss zur Organisation allge- 
meiner Stadtschulen*^ (Duisburg und Essen, Bädeker, 1804). 
Wie schon der Titel verrät, beschränkt sich sein Entwurf nicht 
auf den besonderen Fall der Essener Schulen; ihm steht ein all- 
gemeiner Organisationsplan vor Augen, gemäss welchem sich diese 
bestimmte, etwa unserer Realschule entsprechende Schulgattung 
in ein organisches System der öffentlichen Schulen einreihen sollte 
(s. bes. S. 20 f.). Daher lädt schon diese Schrift uns zum Ver- 
weilen ein ; einige Mitteilungen daraus werden um so willkommener 
sein, da die Schrift vergriffen und auch in Bibliotheken selten 
zu finden ist^. 

») Vgl. Note 2 auf Seite 264. 

*) Ein Neudruck der Schrift (etwa mit einigen Kürzungen) wäre 
schon des historischen Interesses wegen um so erwünschter. Auch Lorenz 
V. Stein (Bildungswesen III 507) hebt sie als „sehr eingehende und höchst 
verständige Arbeit" besonders hervor. 



266 Natoi-p, Heft 9 u. 10. 

Nur zwei Jahre früher war Pestalozzis epochemachendes 
Werk „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt*' erschienen ; kein Wunder, 
dass unter Natorps Schriften am fühlbarsten gerade diese, bei 
übrigens grosser Selbständigkeit, vom Pestalozzischen Geiste erfüllt 
ist Schon in der unverzagten Kritik, die wie Ungewitter in die 
Staub- und Schmutzwinkel des damaligen Schulwesens hineinfährt 
zum fröhlichen Kehraus; vollends in den positiven Vorschlägen. 

Menschenbildung geht der Berufsbildung vor. Ergeht 
(S. 40) „von dem unumstösslich wahren Satze aus : der gebildetere 
Mensch ist auch der geschicktere und brauchbarere Bürger. Die 
Bürgerbildung betrachte ich also als der Menschenbildung 
untergeordnet Den absoluten Wert der Gegenstände des 
Unterrichts habe ich folglich mehr im Auge als den hypo- 
thetischen Weil derselben. Ich frage bei diesen Unterrichts- 
gegenständen eher: wird durch den Unterricht in diesen Punkten 
das Menschliche im Menschen ausgebildet? als: was für 
einen Nutzen für das bürgerliche Leben wird mir derselbe ge- 
währen? Lange genug hat man in den Schulen, wie in zu vielen 
andern Dingen, mehr für den Staat als für die Menschheit, mehr 
für den Bürger als für den Menschen, mehr für die politische 
Ex- und Subsistenz, als für die Veredelung des Geistes, des 
Herzens und des Lebens gewirkt Die Erfahrung lehrt es, wie 
weit man es bringt, wenn bei der Bildung des Menschen die 
Kultur des Menschlichen in ihm über der Kultur des Bürger- 
lichen an ihm versäumt wird.*' Eine rechte „Elementarschule" 
müsste folglich von den wahren „Elementen der Menschen- 
bildung** ausgehen (S. 25). Ihre Nichtbeachtung hat eine „Stumpf- 
heit des äusseren und des inneren Sinnes** verschuldet, die ohne 
die traurige Beschaffenheit des Elementarunterrichtes „beinahe 
unerklärlicher^* wäre, „als dass weiland Bileams Esel redete** 
(ebenda). Denn an sich ist die menschliche Natur einer ge- 
sunden Bildung durchaus fähig (S. 23): „Nein, wahrlich nur der 
inwendige natürliche Mensch kann uns diux;h seine göttliche 
Kraft vor dem Verderben retten, welches uns negativ und positiv 
in den gewöhnlichen Schulen bereitet ward. Dass wir bei der 
unvernünftigen Bildung, die man uns zu geben von Amts wegen 
bemüht ist, nicht an Geist und Herz gänzlich verkrüppelt werden,** 
ist ihm „ein untrüglicher Beweis, dass Gottes unvergänglicher 
Geist in uns wohne** (Buch der Weisheit 12, 1). — Demge- 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Greschichte etc. 267 

mass ist seine Schule als allgemeine Bildungsanstalt völlig im 
Geiste des Comenius gedacht; es soll (S. 20) „durchaus jeder 
Mensch ohne Unterschied des Geschlechts und ohne 
Unterschied seines künftigen Standes und Berufes 
zweckmässige Anleitung zu einer wahrhaft edlen und wohlthätigen 
Bildung stufenweise darin empfangen"; während die Bildung zu 
einem besondern Stande und Berufe speciellen Instituten überlassen 
bleibt. Dadurch unterscheidet sich seine „allgemeine Stadtschule" 
scharf von der „Realschule" Heckers, die eigentlich eine Summe 
von Fachschulen war. Besonders warm nimmt er sich, eben- 
falls ganz im Geiste des Comenius, der bis dahin „auf das 
unerhörteste vernachlässigten" (29) Bildung des weiblichen Ge- 
schlechts an. Wenige der vorhandenen Institute, klagt er (27), 
„haben echte Weiblichkeit erzeugt; aber echtes weibisches Wesen 
ist häufig genug aus ihnen entsprungen. Noch wenigere haben 
im Weibe den Menschen gebildet". Mit Schärfe wendet er sich 
gegen die Erziehung in Klöstern: „Erziehung zur Humanität 
und eigentlichen Weiblichkeit ist man nicht berechtigt von Frauen- 
zimmern zu fordern, welche einen wichtigen Teil der weiblichen 
wie der menschlichen Natur öffentlich und von Amte wegen aus- 
gezogen haben" (28). Im Hinblick auf die allgemeine Verkürzung 
des andern Geschlechts an seinem Anspruch auf volle Menschen- 
bildung ruft er aus: „Wahrlich, es gehörte, um in einer An- 
gelegenheit, die vor allen andern mit Vernunft behandelt werden 
sollte, so unvernünftig zu Werke zu gehen, jener Sklavensinn und 
jene Geistesverstocktheit dazu, die zur Schande und zum Ver- 
derben der Menschheit aus der Hierarchie und den Systemen 
kirchlicher Theologen hervorgegangen sind" (30). Auch die 
Vereinigung von Knaben und Mädchen in Einer Schule findet 
er ebenso wie Condorcet^) „für die Sittlichkeit wenigstens bei 
weitem nicht so gefährlich, als manche neuere Pädagogen be- 
hauptet haben"; die absichtliche Trennung kann ebenso gefährlich 
werden (223 f.). — Der hohen Auffassung der Elementarbildung 
entspricht die Hochstellung des Berufs des Elementar- 
lehrers. Er nennt es (55) „ein entsetzliches, höchst verderbliches 
Vorurteil", wenn man dem Elementarlehrer einen niederen Rang 
anweist als dem Lehrer einer höheren Schulanstalt. „Wenn ja 

^) Vgl. Monatsb. der CG. 1894, S. 137. 



268 Natorp, Heft 9 u. 10. 

ein Unterschied statthaben soU^ so muss jeder Sachkundige der 
Meinung sein, dass gerade für den ersten Unterricht und die erste 
Bildung der Jugend in den untersten Klassen ein geschickterer 
und fähigerer Lehrer erfordert werde als für die Unterweisung 
und Bildung der reiferen und selbstthätigeren Jugend in einer 
höheren Klasse; und dass daher ein Elementarlehrer, der das ist^ 
was er sein soll, ganz vorzüglich unsere Achtung verdiene." — 
Der specielle Teil der Schrift behandelt in trefflicher Ordnung 
1. den Stoff des Schulunterrichts, 2. die Schuldisciplin oder den 
„Schulmethodus", d. L die eigentliche innere Organisation des 
Unterrichts wie der Zucht, 3. die Schulpolizei, d. i. die äussere 
Schul-Einrichtung und -Verwaltung. Eine systematische Ableitung 
der Lehrfächer ist wenigstens angestrebt Die Pestalozzi^schen 
„Elementarpunkte" finden Beachtung, ohne zwar eine beherrschende 
Stellung einzunehmen; die Abhängigkeit des Schreibens vom 
Zeichnen wird anerkannt, die „anschauliche" vor der „symboli- 
schen" Lehrart grundsätzlich bevorzugt^); in der Keligion ein 
natürlicher, undogmatischer Lehrgang ohne Katechismus, biblische 
Historien u. s. w. ganz im Geiste Pestalozzis vorgeschrieben; 
denn „es ist nur ein Lumpenkram um alle gelernte Religion 
und alle gelernte Moral, wie „unser philosophischer Landsmann 
F. H. Jacobi" sagt. Im Lesen wird die Lautiermethode dringend 
empfohlen; übrigens umfasst der Stundenplan eine, erst in Pesta- 
lozzis Sinne elementare, dann wissenschaftliche Geometrie; Natur- 
kunde, Technologie, Bürgerkunde; Denkübungen; besonderes 
Gewicht wird auf die Gesaiiglehre gelegt, um deren methodische 
Bearbeitung sich Natorp nachmals hervorragendes Verdienst er- 
worben hat In Hinsicht der Zucht teilt er ganz die humanen 
Grundsätze, in denen, wie er nachdrücklich betont, die besten 
Pädagogen aller Zeiten einig gewesen sind ; er stützt sich besonders 
auf Charron, aus dem er ausführliche Auszüge giebt Unter 
Voraussetzung allerdings von Klassen bis zu höchstens 20 Schülern 
vei*wirft er grundsätzlich alles Strafen und Belohnen, alle Spomung 
des Ehrgeizes; man sollte, wie Pestalozzi das Beispiel gegeben, 
die Schüler ohne Lob und Tadel, allein nach Massgabe ihres 

^) S. 118: ,,Deim es ist ausgemacht, dass die anschauliche Erkenntnis 
vor der symbolischen den Vorzug hat, und dass das leidige Buchstabenwesen 
die lebendige Kinderseele tötet". Er beruft sich hier auf das, was „schon 
der vor 132 Jahren verstorbene berühmte Comenius" gesagt habe. 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 269 

Talents unterweisen, und einen jeden nicht mit andern, sondern 
nur mit sich selbst wetteifern lehren (72). „Der Lehrer soll an 
den Kindern, die in seiner Schule sind, Eltemstelle vertreten; er 
soll ihnen mit väterlicher Fürsorge die Augen ihres Verstandes 
aufthun; er soll mit väterlicher Treue die Keime des Guten in 
ihrem Herzen beleben. Ein Mann, der den rechten Lehrersinn 
hat, muss sich nirgends lieber befinden, als da, wo sich eine 
Schaar von Unmündigen um ihn her versanmtielt. Wer sich aber 
von solchen Unmündigen belästigt fühlt oder es für zu gering 
achtet, sich derselben anzunehmen, der mag Sklaven befehlen und 
Tiere abrichten können, er kann nicht Menschen bilden und ist 
der Freude nicht wert, so vieler Unmündigen Vater und Erzieher 
zu sein« (89 f.). 

Diese wenigen und allgemeinen Züge werden hinreichen, 
von der Richtung des Entwurfs einen Begriff zu geben. Es ist 
ein Ideal (S. 22), allerdings von keiner gewöhnlichen Schule ab- 
strahiert; doch hat man „die einzelnen Teile dieses Ideals hier 
und da auch schon in der wirklichen Welt erblickt*^. ,Jn der Sache 
selbst liegt kein Hindernis, welches die Ausführung unmöglich 
machte ; ja, da ich hier fast nur reine Resultate vielfacher eigener 
Erfahjnng niedergeschrieben habe, so möchte ich wohl behaupten, 
dass selbst nicht einmal einzelne Punkte in der hier vorgeschlagenen 
Organisation unausführbar seien: die Principien, von welchen 
ich bei dem Entwerfen dieses Grundrisses ausging, vertragen ja 
die Prüfung, und in der Anwendung derselben wird man doch 
wohl die Konsequenz nicht verkennen" (238 f.). Auf den Ein- 
wurf, dass das Unterrichtsziel zu hoch gesteckt sei, antwortet er: 
1. jeder nicht ganz verwahrloste Mensch hat aus den meisten der 
angegebenen Fächer mehr oder weniger Kenntnisse ; 2. man kann 
es darin nicht zu weit bringen; 3. kein einziges dieser Fächer 
ist überflüssig oder unwichtig; 4. es fehlt der jugendlichen Natur 
nicjit an Kraft zu fassen, zu durchdenken, zu behalten, wie 
Basedow, Rousseau, Pestalozzi gezeigt haben; und 5. es kann bei 
guter Methode auch nicht an der Zeit mangeln, wie wiederum 
Pestalozzi und andere der Methodik kundige Männer praktisch 
bewiesen haben (216). — 

Nicht allzu oft haben erfahrene Praktiker so aus „Principien" 
zu folgern verstanden; und nicht allzu oft haben sich Behörden 
gefunden, die eine so gründliche Kritik bestehender Einrichtungen 



270 Natorp, Heft 9 u. 10. 

nicht bloss vertrugen, sondern ermutigten und ihr unverweilt Folge 
gaben. Der Oberpräsident Freiherr vom Stein liess die Schrift 
diu'ch den Pfarrer Eylert in Hamm begutachten und das Gut- 
achten, das etwas engherzig theologisch ausfiel, mit der Gegen- 
kritik Natorps in der von diesem herausgegebenen „Quartalschrift 
für ßeligionslehrer'' (Jahrg. 1804, 2. Quartal, S. 307—344) ver- 
öffentlichen. Auch wurde verfügt, das bisherige Gymnasium zu 
Essen nach dem von Natorp eingereichten Plane in eine Bürger- 
schule zu verwandeln (s. das. S. 309). Fernerhin wurde ihm das 
Amt des Schulkommissars für den Bochumer Schulkreis über- 
tragen, welches ihm weitere Gelegenheit gab, sich mit den Zu- 
ständen der Schulen, jetzt auch der ländlichen, vertraut zu machen 
und allenthalben zu ihrer Besserung Hand anzulegen. Eine von 
ihm ins Leben gemfene „Gesellschaft von Schulfreunden in der 
Grafschaft Mark" diente dem lebendigen Austausch der Erfahrungen 
unter allen Beteiligten, ganz in der Art, wie es in dem Haupt- 
werke Natorps, dem bald zu erwähnenden „Brief Wechsel*', an- 
schaulich dargestellt wird. Mit welchen Schwierigkeiten da oft 
zu kämpfen war, welcher ausharrenden Geduld es bedurfte, um 
die unscheinbarsten, dennoch schliesslich entscheidenden Erfolge 
zu erringen, darin gewährt besonders lehrreichen Einblick eine 
in die „Quartalschrift« (IV, 2, S. 53—118, 1808) eingerückte, nach- 
mals im „Briefwechsel" (als 18. Brief) wiederholte Epistel. 

Die politischen Verwickelungen konnten diese unermüdliche, 
mehr und mehr von schönem Erfolg gekrönte Thätigkeit wohl 
für einen Augenblick stören; aber sie gaben ihr zugleich einen 
neuen Sporn, ja sie sollten dahin führen, ihr ein ungleich weiteres 
Feld zu eröffnen, sie in einen bedeutenderen Zusammenhang ein- 
zufügen und so zu desto höherer Wirksamkeit zu entwickeln. 

Das Verhängnis von 1806, von dem auch die Stadt Essen 
halt betroffen wurde, griff dem warmblütigen Patrioten ans Herz. 
„Ich habe," schreibt er zwei Jahre später (bei O. N. S. 80), ,4nit 
tiefer Wehmut das Schicksal unseres deutschen Vaterlandes be- 
trauert und werde es bis an meinen Tod betrauern. Gebe uns 
Gott nur, ehe wir scheiden, die Freude, in der deutschen Nation 
den alten Geist wieder aufleben zu sehen! Hundertmal habe ich 
schon in meinen akademischen Jahren, als hätte ich die Zukunft, 
die jetzt Gegenwart ist, geahndet, die olympischen Spiele cum 
aiinexis herbeigewünscht, und hundertmal ist mir eingefallen, was * 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 271 

Stephani so bedeutungsvoll in seinem „Grundriss*' geschrieben hat: 
In dem Charakter einer Nation der Erde scheint, bis der ewige 
Friede geschlossen wird, der militärische Geist ein notwendiges 
Ingredienz zu sein; er ist ein Ferment zur Hervorbringung des 
Nationalgeistes, der gegen Stürme und Wetter hart macht/' 
Welche Aufgabe für solchen Mann, die Festpredigt zum Namens- 
tag Napoleons zu halten! 

Doch ihm war ein besseres Los vorbehalten. Der Frei- 
herr von Vincke, der als Kammerpräsident von Münster und 
Hamm den Mann und sein Wirken schätzen gelernt hatte, wurde 
1809 Präsident der brandenburgischen Regierung; er bewirkte 
alsbald die oben erwähnte Berufung Natorps nach Potsdam 
durch V. Humboldt, der um dieselbe Zeit die Leitung der Kultus- 
abteilung im preussischen Ministerium des Innern übernommen 
hatte. So fand sich der schlichte Stadtpfarrer auf einmal in 
unmittelbarer Fühlung mit den grossen Weltereignissen versetzt 
Er hatte gerade in den Jahren der Demütigung oft vor dem Könige 
zu predigen; dieser nannte ihn einmal „seinen geistlichen Feld- 
marschall", ich denke wegen der fortreissenden Begeisterung seiner 
Vaterlandsliebe, die sich, wie in die erhaltenen Briefe aus jener 
Zeit, gewiss auch in seine Predigten ergoss. So schreibt er 1813 
dem Bruder, den die betagte Mutter bedenklich machen wollte, 
ins Heer einzutreten : „Höre, man kann jetzt auf deutschem Grund 
und Boden nach meiner Meinung nichts Vernünftigeres thun, als 
Franzosen, die ihn aussaugen, tot zu schlagen oder fortzujagen. 
Alles andere, was man sonst Vernünftiges treiben kann, ist einst- 
weilen nur Nebensache. Wenn wir wieder reine Bahn haben, 
dann werfen wir den Feuerbrand bei Seite und kehren mit frohem 
Mute zu dem alten Tagewerke zurück. Wer brav geholfen hat, 
der hat dann lebenslängliche Freude darüber und erzählt in den 
alten Tagen der aufwachsenden Jugend von dieser herrlichen Zeit, 
da die Tenne gefegt wurde. Ich glaube, ebenso werden alle guten 
Deutschen urteilen; ich sage, alle guten Deutschen, die den 
Boden lieb haben, auf dem ihnen und ihren Vorfahren der liebe 
Gott so oft Frühregen und Spätregen geschenkt hat, und die 
Tugend und Ehre höher schätzen als ihr Fleisch und Bein .... 
W^ir leben in einer herrlichen Zeit, mein lieber Bruder! Eine 
bessere konnten wir nicht erleben. Dieser Freiheitskrieg wird 
ewig denkwürdig bleiben. Er wird die Deutschen zu einem neuen 



272 Natorp, Heft 9 u. 10. 

und herrlichen Volke machen, und die Schwächlinge, denen bei 
jedem Winde die Haut zusammenschaudert, werden dadurch auf- 
gereizt und gestärkt werden. Wer in seiner Schlaffheit sich 
gewöhnt hat, den Wert seines Lebens mit der EUe auszumessen, 
wird einsehen lernen, dass es einen besseren Massstab giebt Wer 
seines Lebens in Ruhe geniessen will, der wird dinnch den Drang 
der Umstände gezwungen werden, sich zusammenzunehmen, und 
notgedrungen lernen, dass handeln mehr gilt als gemessen.^' (O. 
N. S. 130.) Und nach der Leipziger Schlacht (ebend. S. 127): 
„Was ich hier erlebt habe, ist grosser und herrlicher, als was wir 
in den Büchern der Griechen oder IWmer lesen. Grösseres werde 
ich nie erleben, und darum könnte ich allenfalls jetzt wohl aus 
der Welt gehen, wenn ich nicht noch Lust hätte zu sehen, ob in 
diesem Freiheitskriege nicht auch die Schulmeister ein wohl- 
thätiges hitziges Fieber bekommen würden .... Ich glaube, dass 
Kirche und Schule durch diesen Krieg einen starken und wohl- 
thätigen Anstoss bekommen haben . . . Wenn die jetzige Zeit 
gut benutzt wird, dann wird unser Volksschulwesen von 
Grund aus eine Umgestaltung erfahren und in eine ver- 
nünftige Beziehung zum Staate und Volke gebracht 
werden. Schon vor Ausbruch des Krieges war unser Departe- 
ment damit beschäftigt, eine Instruktion über die Einrich- 
tung der Schule zu entwerfen. Wahrscheinlich wird diese in 
kurzem erlassen und veröffentlicht werden; und sie wird hoffent- 
lich für das Schulwesen in allen deutschen Landen eine 
wichtige Erscheinung sein." 

Die so bedeutsam angekündigte „Instruktion^^ ist nichts 
anderes als der Süvern^sche Entwurf einer einheitlichen 
Regelung des gesamten preussischen Schulwesens. Natorp hat an 
dem die Einrichtung der Elementarschulen betreffenden Teile 
dieses Entwurfs her\'orragenden Anteil. „Am 11. Oktober 1812," 
teilt DUthey (Art. Süvem, AUg. D. Biogr. XXXVH, 238) aus 
den Akten mit, „hatte Natorp von Süvern den Auftrag erhalten, 
eine Instruktion aufzustellen, welche die allgemeinen Grundsätze, 
nach denen Elementarschulen einzurichten sind, für die admini- 
strierende Behörde, die Schul vorstände und Lehrer enthalte; am 
5. Dezember lief diese ein und wurde dann von Süvern seinem 
Entwürfe zu Grunde gelegt." 

Über die Bedeutung des Entwurfs urteilt derselbe Autor 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 273 

(S. 239): ^^um ersten Male fasste eine deutsche Verwaltung den 
Plan, das ganze Schulwesen als ein integrirendes Glied 
des ganzen Staatsorganismus zu ordnen. Eine solche 
Organisation hatte in revolutionärem Geiste Condorcet^) 1791/92 
entworfen, Napoleon hatte sie im Sinne des französischen Cäsaris- 
mus ausgeführt: mm stellte dieser Organisation des französischen 
Schulwesens Deutschland seine eigene gegenüber. Wie überlegen 
waren zunächst die Intentionen dieser deutschen Beform der 
mechanischen Trennung der heutigen Schulen. Damals versuchte 
man dem Schüler die Möglichkeit zu geben , von einer Anstalt 
auf eine höhere überzugehen.*' — Der Grundgedanke der ein- 
heitlichen Organisation des gesamten nationalen Bildungswesens 
war Gemeingut der bedeutenden Männer alle, die für die Ver- 
bessenmg des preussischen Schulwesens damals thätig waren. 
Der Freiherr vom Stein hatte ihn in seinem berühmten „Ab- 
schiedsschreiben'' gleichsam als Vermächtnis hinterlassen: es komme 
darauf an, „die Disharmonie, die im Volke stattfindet, den Ejunpf 
der Stände unter sich, der uns unglücklich machte^ zu vernichten, 
gesetzlich die Möglichkeit aufzustellen, dass jeder im Volke 
seine Kräfte frei in moralischer Richtung entwickeln könne"; und 
in dieser Hinsicht sei „am meisten von der Erziehung und dem 
Unterricht der Jugend zu erwarten". Mit der Forderung aber 
einer „auf die innere Natur des Menschen gegründeten 
Methode", durch die „jede Geisteskraft von innen heraus ent- 
wickelt, jedes edle Lebensprinzip angereizt und genährt und so 
alle einseitige Bildung vermieden" werde, hatte er sich auf den 
Boden der Pestalozzischen Grundsätze gestellt Ganz die 
gleichen Gesinnungen äussert der Frh. vonVincke in einem kurz 
vor der Übersiedelung nach Potsdam aufgezeichneten Entwurf. 
Auch er verlangt „für den öffentlichen Unterricht die plan- 
mässige hierarchische Ordnung der verschiedenen Schul- 
anstalten" ; auch er beklagt, dass die öffentlichen BUdungsanstalten 
bisher allein für die höheren Stände zu existieren schienen; 
für die andern sei bloss geschrieben. Und er verlangt, ganz im 
Sinne des Natorp^schen Grundrisses, „die Verbannung alles 
Religionsunterschiedes aus den Schulen mit Übertragung 
des Religionsunterrichtes an die Prediger jedes Glaubens". Diese 

') Vgl. M.H. d. CG. 1894, S. 128—146. 



274 Natorp, Heft 9 u. 10. 



längst gestellte Forderung einer einheitlichen Ordnung des Schul- 
wesens auf Grundlage der allgemeinen Volksschule war der 
Süvemsche Entwurf zu verwirklichen bestimmt Dem entsprechen 
seine grundlegenden Paragraphen: Die öffentlichen und all- 
gemeinen Schulanstalten bezwecken die allgemeine Bildung 
des Menschen an sich, nicht seine unmittelbare Vorbereitung 
zu besonderen einzelnen Berufsarten; sie bilden, als Stamm und 
Mittelpunkt für die Jugenderziehung des Volkes, die Grundlage 
der gesamten Nationalerziehung. Die Erziehung der Jugend für 
ihre bürgerliche Bestinunung soll auf ihre möglichste allgemein- 
menschliche Ausbildung gegründet werden. Zu solchem Zweck 
sollen diese Anstalten die allgemeine Jugendbildung vom Anfange 
des Schulunterrichts bis zu der Grenze, wo die Universität sie 
aufnimmt, durch drei wesentliche Stufen durchführen: allgemeine 
Elementarschule, allgemeine Stadtschule, Gymnasium. „Alle diese 
Stufen müssen auf ihren Endzweck so fest gerichtet sein, das» 
sie zusammen wie eine einzige grosse Anstalt für die 
National-Jugendbildung betrachtet werden können. Es 
muss daher ihre ganze Anlage auf einem in sich übereinstimmenden 
System der letzteren beruhen", so dass jede Stufe, indem sie 
ihre eigenen Zwecke verfolgt, zugleich auf die nächste höhere 
Stufe vorbereiten kann. Im einzelnen beweist die Auswahl der 
Fächer für die Elementar- und allgemeine Stadtschule, die Ver- 
knüpfung des Zeichnens mit der „Form- und Massverhältnislehre", 
die Betonung des Gesangunterrichts u. a. nicht bloss den Einfluss 
des Pestalozzischen Geistes überhaupt, sondern erinnert noch 
besonders an Natorps „Grundriss". 

Der Entwurf ist, wie man weiss, nicht Gesetz geworden; 
die damit gestellte Aufgabe harrt noch ihrer Lösung, ja die Aus- 
sicht auf eine solche ist mit jedem neuen Anlauf leider femer 
gerückt. Von dem Geist jener Tage ist in den folgenden Ent- 
würfen immer weniger und bald nichts mehr zu spüren. Doch 
war es unschätzbar, dass zum wenigsten einzelne Männer, die 
von solchem Geiste beseelt waren, in der Verwaltung bleiben imd 
so doch im kleinen und besonderen wirken durften, was für 
\ ihren Staat im ganzen zu leisten ihnen versagt blieb. Und da 

war ein Praktiker wie Natorp so recht an seinem Platze. 

Bei seinem Amtsantritt hatte Humboldt ihm geschrieben 
(14. März 1809): „Es ist mir nicht gelungen, mir hier alle Ihre 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geachichte etc. 275 

Schriften zu verschaffen ; allein diejenigen, die ich fand, habe ich 
mit Aufmerksamkeit durchgelesen, und mich auch dadurch über- 
zeugt^ wie viel der Staat sich für einen der wichtigsten Teile 
der Nationalerziehung von einem Manne zu versprechen hat, 
der so richtige und aufgeklärte Grundsätze, einen so reinen und 
warmen Eifer für das Gute und eine so reife Erfahnmg in sich 
vereinigt Seit dem ersten Augenblicke, da ich mich mit dem 
Gedanken an meinen jetzigen Posten beschäftigte, lag mir die 
Erziehung des Volkes, d.i. die Einrichtung der Land- und 
niederen Bürgerschulen, als der wirklich dringendste 
Teil meines Geschäftes und die Basis aller Erziehung 
vorzüglich am Herzen, und ich empfinde eine wahre Beruhigung, 
hierin einen solchen Gehülfen zu erhalten.'^ Und am 23. Mai: 
„Sie und der brave und thätige Herr von Vincke sind gerade die 
Männer^ zu denen ich das sichere Vertrauen hegen kann, dass 
die Schulen der Kurmark zu einem solchen Grade der Güte und 
Vollkommenheit gebracht werden können, dass sie denen der 
anderen Provinzen zum Muster und zur Nachbildung dienen.'^ 
Damit war Natorp seine Aufgabe vorgezeichnet. Das Schulwesen 
der Kurmark war in schlimmerer Verfassung, als damals bereits 
das westfälische. Eine allgemeine Reform blieb vorbehalten, bis 
die Erfolge der in der Provinz Preussen damals durch Zeller 
unternommenen Versuche mit der Pestalozzischen Methode sich 
gezeigt hätten; inzwischen war Natorp in seiner Provinz freie 
Hand gelassen. Auf unermüdlichen Inspektionsreisen griff er 
überall persönlich ein; er machte den SchuUehrem das Unter- 
richten selbst vor, indem sie die Schüler spielen mussten; war 
ein Pensiun eingeübt, so machte einer der vorherigen Schüler den 
Lehrer u. s. f. „So wurde (berichtet er) innerhalb zweier Tage 
eine Stufe nach der andern erstiegen, und wir standen so weit 
oben, wie für jetzt die Elementarschule kommen sollte. Nichts 
von Theorie; alles ein Vor- und Nachmachen!" (O. N. 109.) Er 
sorgt für Beschaffung der Schiefertafeln, Fibeln, Wandtafeln, 
Einrichtung von Lehrerkonferenzen, Lesezirkeln, vor allem für 
Kenntnis und Einführung der besseren Metlioden. Tüchtige 
Lehrer wurden in Fehrbellin ausgebildet, um dann in der Provinz 
„hin und wieder Funken zu schlagen", d. i. durch an verschiedenen 
Orten eingerichtete Kurse die gewonnenen Vorteile weiter zu 
verbreiten. Ein Schullehrerseminar wurde in Aussicht genommen^ 



276 Natorp, Heft 9 u. 10. 

eine Bürgerschule zu Potsdam nach Natorps Vorschlagen ein- 
gerichtet 

Allenthalben war es sein Bestreben, wie er im Vorwort zur 
2. Auflage des „Briefwechsels" sagt, „den Übeigang aus der 
vorigen Periode des Volksschulwesens in die jetzige befördern 
und an das bisherige Gute das in der neuesten Zeit gewonnene 
und bewährt gefundene Bessere auf eine nicht stürmische Weise 
anknüpfen zu helfen." Das „Bessere" sind, wie das ganze Buch 
beweist, die Pestalozzischen Grundsätze; in der Abwehr der 
„stürmischen Weise" der Einführung liegt zugleich eine deutliche 
Kritik der Art, wie die Pestalozzianer vielfach auftraten; diese 
allein machte das ,3essere" ungerechtfertigter Weise zum Feind 
des „bisherigen Guten", das ein so besonnener Praktiker unmög- 
lich übersehen oder geringachten konnte. So wendet er sich 
(ebenda I 36) nicht ohne Schärfe gegen den „neumodischen 
Schwindel", die „pädagogische Sektiererei" der Pestalozzianer; und 
erkennt doch in demselben Satze wiederum den Anbruch einer 
„neuen Periode der Pädagogik" an. 

In den drei Bändchen: „Briefwechsel einiger Schul- 
lehrer und Schulfreunde" (1811, 1813 und 1816) findet man 
annähernd das niedergelegt, was er zur Hebung der Volksschule 
zunächst angestrebt und durch direktes persönliches Eingreifen 
in zwei Provinzen durchzuführen sich bemüht hat Das Werk 
war ursprünglich nur als veranschaulichende Beigabe eines um- 
fassenden „Grundrisses der Volksschulkunde" gedacht; die Aus- 
arbeitung des letztem unterblieb vielleicht nur deshalb, weil der 
„Briefwechsel" nach und nach so ziemlich das, was der „Grund- 
riss" behandeln sollte, in sich aufgenommen hatte. Thatsächlich 
bleibt kaum ein wesentlicher Punkt darin unberührt Ene Analyse 
des ganzen Werkes geht über die Absicht dieser Skizze hinaus; 
doch soll, was irgend von grundsätzlicher Bedeutung ist, hier zu- 
sammengetragen werden. 

„Ich fange nicht am Ganzen, sondern nach einem 
das Ganze umfassenden Plane am Einzelnen an; ich suche 
das vorfindliche Gute zu befestigen und weiter zu fördern." 
So spricht er einmal vorzüglich klar die Eigenheit seines Wirkens 
aus (II 176). Diesen „das Ganze umfassenden Plan" haben wir 
nun darzulegen. Schon das frühere Werk stellte eine ausge- 
zeichnete Disposition auf; diese wird im „Briefwechsel" in der 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 277 

Hauptsache festgehalten^ doch weiter ausgearbeitet und vertieft 
(s. den 16., 23. und vorzüglich den 28. Brief). In einem „voll- 
standigen Grundriss zu dem Gebäude des Schulunterrichts^' (III 
18) muss die Schule 1. an und für sich selbst, 2. in ihrem Ver- 
hältnis zu der Gemeinde betrachtet werden; in ersterer Hinsicht 
sind die beiden Hauptbestandteile Unterweisung und Zucht (HI 
175). Hinsichtlich der Unterweisung ist das Erste die Festsetzung 
der Lehrgegenstände. Da will es ihm nicht genügen, wenn 
,,nach der gemeinen Weise" Lesen, Schreiben, Rechnen imd der 
Katechismus als das Quadrat der Schulbildung im Unterrichtsplan 
aufgestellt wird (III 176); Lesen und Schreiben sind gar nicht 
Hauptimterrichtsgegenstände, sondern nur etwas zu einem Haupt- 
unterrichtsgegcnstande gehöriges (19 f.). Seine Fächer sind: 1. aus 
dem Gebiete der Sprachen die Muttersprache; der Sprachunter- 
richt schliesst in sich Lesen, Rechtschreiben und sog. Denk- 
übungen; 2. aus dem Gebiete der Wissenschaften: Mathematik, 
ein Inbegriff gemeinnütziger Kenntnisse aus den Fächern der 
Naturkunde, der Gewerbkunde, der Erdbeschreibung und der Ge- 
schichte (S. 11 als ,36alkenntnisse" zusammengefasst), und Re- 
ligionslehre; 3. aus dem Gebiete der Kunstgeschicklichkeiten 
Musik und Zeichnen^ einschliessend das Schreiben als blosses 
richtiges Nachbilden der Schriftzeichen. Endlich wird ,4n der 
Hoffnung^ dass auch in Hinsicht der Bildung des Körpers den 
Schulen einmal wieder ihr Recht wiederfahren werde", die Gym- 
nastik hinzugefügt (176 ff.) ^). Das zweite Hauptstück ist die 
Abgrenzung der Unterrichts -Kurse für jedes einzelne Lehrfach^ 

') Das warme Interesse für Gymnastik spricht sich oftmals aus (vgl. 
oben S. 273). So III 16 f. ^^Lassen Sie mich's kurz sagen: ich halte die 
Gynmastik für eins der Hauptfächer unter denen, welche den Kreis der 
Erziehung unsrer Volksjugend bilden, und jede Schule, welche die gym- 
nastischen Übungen ausschliesst , halte ich für eine einseitige Erziehungs- 
anstalt." Er weist hin auf den ,,Wink, der hier durch die grossen Ereignisse 
der Zeit gegeben wird. Möge das gegenwärtige Zeitalter uns auch in diesem 
Stücke aus der Verblendung, in welche die neue Welt geraten ist, heraus- 
reissen und zu der Weisheit der Gesetzgeber und Erzieher imter den ge- 
bildeteren Völkern der alten Welt zurückführen." Er „hofft und glaubt 
(297), dass man in der gegenwärtigen Zeit der politischen und pädagogischen 
Krise diese vergessenen Übungen endlich wieder hervorrufen und allgemein 
einführen werde." Er weist hin auf die Jahnsche Tumschule, auf Jahn 's, 
A^ndt's u. a. Schriften. 

Monatahefte der Comenius-GesellBchaft. 1895. 29 



278 Katorp, Heft 9 u. 10. 

und demnächst die Festsetzung des in jedem Lehrfach und jedem 
Kurs innezuhaltenden Stufenganges der Unterweisungen und 
Übungen, in dessen Befolgung das Wesen der wahren Lehr- 
methode besteht (18L 185; vgl. 20 imter 2. und 3. Die genauere 
Ausführung dieses wichtigsten Kapitels weiter unten). Auf dieser 
Grundlage lässt sich dann drittens der vollständige Lehrplan 
(Lektionsplan) aufstellen (192 fi. vgl. 21 unter 4. und 5.). Be- 
treffen diese drei Stucke den Unterricht, so ist der andere Haupt- 
teil die Disciplin oder Schulzucht (194. 21 ff.). Es muss endlich 
das Verhältnis der Schule zu Gemeinde und Staat erwogen 
werden (198 ff.; weniger scharf ist dieser Teil im 23. Brief ab- 
gegrenzt). — Die sonst vorzügliche Disposition lässt allenfalls 
eines vermissen, was in der Schrift „Bell und Lancaster*' (1817, 
S. 123) als „Lehrform" von der „Methode" unterschieden wird. 
Gemeint ist, im Unterschied von der Befolgung des Stufengangs 
in den einzelnen Fächern, dasjenige Allgemeine, was bei aUem 
Unterrichten auf jeder Stufe vorkommt: das Verfahren des Ab- 
fragens, der „sokratisierendcn" Unterredung, des Vortrags u. s. f. 
Hier beschränkt sich Natorp wesentlich darauf, statt des Zwanges 
einer einzigen Lehrform die Mannigfaltigkeit der Formen, je nach 
den verschiedenen Zwecken des Unterrichts, die Bewegungsfreiheit 

_ » 

des Lehrers und genaue Anpassung des Verfahrens an die Indi- 
vidualität des Schülers zu empfehlen. Hauptsächlich dies hat er 
im Sinn, wenn er öfter gegen das Mechanisieren des Unterrichts 
eifert; wenn er allgemein ausspricht (O. N. 67): „In Fesseln kann 
sich kein Mensch gut bewegen, am wenigsten ein Schulmann.*' 
Sonst aber hat er den Wert der Methode walirlich geschätzt, ja 
einer „weisen Mechanisierung*' des Unterrichts (Brfw. I 100, ähn- 
lich Grundr. 57) öfters das Wort geredet, vollends auf strengste 
Pünktlichkeit, Ordnung und Zeiteinteilimg in der Schule jederzeit 
gedrungen. 

Eine überzeugende Ableitung der Unterrichtsgegen- 
stände aus einer einzigen Wurzel war schon Pestalozzi nicht 
recht gelungen, so tief und entwicklungsfähig an sich der Hinweis 
auf die formalen als die Grundbestandteile der menschlichen 
Bildung war. Es fehlte dazu ihm, und es fehlte auch Natorp zu 
sehr an eigentlich philosophischer Schulung; so kamen beide über 
ein äusserliches Nebeneinander eines formalen und eines materialeu 
Einteilungsgrundes nicht hinaus. Prinzipiell weiss dagegen Natorp 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 279 

sehr gut zu sagen, dass es auf Ausbildung der menschKchen 
Fähigkeiten und Kräfte, nicht auf blosse Entwickelimg einer 
„bestimmten Summe von Wissen, Kenntnis und Geschicklichkeit" 
ankomme (I 176). So gilt ihm der Unterricht im Schönschreiben 
vornehmlich als Übung der Aufmerksamkeit und des Nachdenkens, 
als Übung der Hand, als Vorübung zum Zeichnen (so wie uipge- 
kehrt), und als mathematische Vorübung (ebenda). So vermisst 
er (I 46) im Rochowschen Lehrsystem den Unterricht in der 
Formenlehre und dem „darauf gegründeten" Zeichnen; von diesem 
sei der Schreibunterricht nur ein Teil, den Rochow überdies zu 
gering geachtet und nicht methodisch genug bearbeitet habe. So 
unterscheidet er allgemein mit Pestalozzi die intensive von der 
extensiven Bildung (I 64; Lanc. 238); auf jener beruht die 
Weckung des Schülers zur Selbstthätigkeit, die endlich so weit 
führen muss, dass es nur noch der methodischen Anleitung zimi 
eignen Lernen bedarf (I 63 f.): „Ich helfe dem Schüler auf die 
Spur, zeige ihm den Weg, aber den Weg muss er selbst gehen, 
zum Führen habe ich weder Zeit noch Lust." 

Li der für seine pädagogische Grundauffassung überhaupt 
interessanten Vergleichung der Rochowschen und Pestalozzischen 
Prinzipien (3. Brief, I 37 ff.) wird die Frage wenigstens gestreift, 
welches wohl die menschlichen Grundkräfte sein möchten. Er 
entscheidet sich, als echter Rationalist, dahin, dass „das Denk- 
vermögen, im weitem Sinne genommen, die Grundkraft und 
der Grund aller Thätigkeiten und Regungen des menschlichen 
Geistes" sei. Wenn man ausserdem noch ein Gefühls vermögen und 
ein Begelirungsvermögen als Grundkräfte anführe, so sei das „eine 
Zersplitterung des Gemüts, die genau genommen nicht stattfinden 
darf. Der menschliche Geist ist nur Einer, und nur FAne 
ist die Grund- oder Urkraft desselben . . . Das was man Ge- 
fühlsvermögen und Begehrungsvermögen zu nennen pflegt, wird 
von selbst gebildet, wenn dem Denken nur die gehörige Richtung 
gegeben wird auf das, was wahr, schön, recht, gut und edel ist." 
In dieser Richtung sei das Rochowsche System (der Denkübungen) 
„ganz richtig begründet, und namentlich trifft nun auch Pesta- 
lozzi hierin mit Rochow völlig zusammen." Es ist immerhin 
bemerkenswert, dass ein solcher Rationalist die Vielheit der „Ver- 
mögen" zu Gunsten einer einzigen Grundkraft — nicht etwa der 
Herbartschen „Vorstellungen" — aufzuheben geneigt ist; aber 

19 ♦ 



280 Natorp, Heft 9 u. 10. 

freilich bleibt so im Dunkeln, woher die Mehrheit der Bewusst- 
Seinsrichtungen, die man mit ,J)enken, Fühlen, WoUen" etc. 
bezeichnen wollte, eigentlich stammt 

Hat also Natorp hier einen Grundmangel des Pestalozzischen 
Systems nicht zu überwinden gewusst, so hat er sich desto reiner 
und klarer das zu eigen gemacht, worin dessen vorzügliche Stärke 
lag: die prinzipielle Forderung eines ,^ach psychologischen Grund- 
sätzen bestimmt abgemessenen Stufenganges des Unterrichts." 
Das hauptsächlich ist es, was er bei der Rochowschen Methode 
vermisst; und doch hiess es, dass darin überhaupt das Wesen der 
Methode enthalten sei (S. I 51; II 230 ff. 235 Bell u. Lanc; 112 f.). 
Eine besonders schöne Ausführung über diesen Punkt findet sich 
im 28sten Brief (III 180 ff.). Das Wesen des „elementarischen 
Verfahrens" (II 235) besteht darin: zuerst den Lehrgegenstand 
in seine Elemente oder Bestandteile zu zerlegen, wodurch man 
den „naturgemässen Gang kennen lernt, welchen in Jedem Lehr- 
fache die Unterweisung nehmen muss^', und demnächst, wenn die 
Auflösung vollendet ist, „vom ersten Anfangspunkte an den G^en- 
stand aus seinen Bestandteilen wieder zusammenzusetzen". So 
wii'd aus den Bestandteilen eines Lehrgegenstandes ein in sich 
zusammenhängendes geordnetes Ganzes, indem man sie ,4ii einer 
seiner Natur entsprechenden Ordnung zusammensetzt und unter 
einander verbindet" (180. 185). Und zwar lässt sich ein jeder 
Lehrgegenstand in gewisse Hauptabteilungen oder Hauptglieder 
zerlegen. Es gilt daher zunächst in einem jeden der für den In- 
begriff des Schuluntemchts aufgestellten Lehrfächer die Haupt- 
oder Grundteile aufzusuchen; dann lässt sich desto sicherer 
und leichter die Ordnung und Folge auffinden, in welcher die 
Elemente eines jeden Hauptteils zusammengesetzt und unter ein- 
ander verbunden werden müssen; so wie, wer die Hauptstationen 
einer Strasse kennt, desto leichter den Weg von einer Station 
zur andern und so bis ans Ziel findet. Daraus ergeben sich denn 
die beiden oben unterschiedenen Hauptpunkte der Methodik: die 
Kurse und der Stufengang des Unterrichts (181). Ist dieses 
beides für ein jedes Lehrfach bestimmt, so ist es eine wahre 
Freude zu sehen, wie der Lehrer, ohne seine Freiheit und seine 
natürliche Eigentümlichkeit ungebührlich beschränkt zu fühlen, bei 
seiner Unterweisung einen durchaus festen und in allen seinen 
Teilen geregelten Gang geht; wie er nirgends in Gefahr kommt 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 281 

vom rechten und sicheren Wege sich zu verirren; wie er auf 
jedem Schritt seiner Sache gewiss ist, den sichern Erfolg vor 
Augen sieht; wie der Schüler alles, was er thut, mit deutlichem 
Bewusstsein thut, von allem Rede und Antwort geben kann, und 
alle seine Arbeiten, die ersten wie die letzten, das Gepräge einer 
gewissen Vollkommenheit tragen (186 f.). Solches Gelingen ist 
das gewisse und unausbleibliche Resultat eines methodischen 
Verfahrens (188). Schliesslich wird auch das erreicht, dass die 
geübtem Schüler selbst die Methode und den Gang der Unter- 
weisung richtig aufgefasst haben und imstande sind, selbst wieder 
Kinder methodisch zu unterweisen (I 84). Besonders lehrreich 
und überzeugend ist die Anwendimg, die Natorp von diesen 
methodologischen Grundsätzen auf sein Lieblingsfach, die Gesang- 
lehre macht (s. den 22 sten Brief, 11 234 ff., auch III 236 f., und 
„Anleitung zur Unterweisung im Singen*', zuerst erschienen 1813» 
dann in einer Reihe von Auflagen). Durch scharfe Auseinander- 
legung der „Grundteile" des Gesangs (Rhythmik, Melodik, Dyna- 
mik) bis auf die ersten Anfangspunkte des Unterrichts (Brfw. 
III 236) erreicht er auch hier ein streng „elementarisches" Ver- 
fahren, die bis dahin auch von den Pestalozzianem (Nägeli-Pfeiffer) 
verfehlte bestimmte Abgrenzung der Kurse, und damit eine 
„lückenlose Reihenfolge" der Unterweisungen und Übungen. Die 
Natorpsche Gesanglehre ist ein Musterbeispiel Pestalozzischer 
Methode. 

Neben dem „Unterricht" wird die „Zucht" nicht vernach- 
lässigt Wenn die „Grundkraft" der menschlichen Bildung nur 
eine ist, nämlich das Denken, so erwartet man fast die Konse- 
quenz, dass das Wesentliche der moralischen Erziehung im 
Unterricht mitenthalten sei. Natorp vertritt in der That die 
Auffassung, dass der richtig erteilte Unterricht schon „der be- 
deutendste Teil der Erziehung^* sei (Grundr. 217, ähnlich Brfw. 
III 194). Doch verfällt er darum nicht in die Einseitigkeit der 
Herbartschen Theorie des „erziehenden Unterrichts", als ob der 
Unterricht geradezu das Ganze der Willensbildung in sich auf- 
nehmen könnte. „Es müssen zum Unterricht auch noch gewisse 
Veranstaltimgen hinzukommen, durch welche man alles, was in 
der Schule geschieht, geradezu auf die Erziehung hinrichtet, die 
Schüler als Glieder eines Vereins oder als Bürger eines 
kleinen Staates aufstellt, in welchem sie auf das praktische 



282 Natorp, Heft 9 u. 10. 

Leben, welches die Schule im kleinen abbildet, vorbereitet wer- 
den" (in 194). Das ist ein Lieblingsgedanke seiner Pädagogik: 
die Schule eine „Darstellung des bürgerlichen Lebens im Kleinen" 
(in 22). Daneben wird auch hier (vgl. oben S. 269) die väter- 
liche Stellung des Lehrers zum Schüler betont (24); in „Bell und 
Lancaster*^ (S. 67) verbindet sich beides: die Schüler sollen in 
ihrem kleinen Schulstaate das Bild der häuslichen und staats- 
bürgerlichen Verfassung sehen . . .; was der Hausherr in der 
Familie und der Landesregent im Staat ist, das ist der Schul- 
meister in der Schule u. s. f. Auf jede Weise giebt sich als 
Grundgedanke zu erkennen: das Leben in einer gesetzlich geord- 
neten Gemeinschaft ist es, welches erzieht; die Schule ist er- 
ziehend, nicht allein weil und sofern sie unterrichtet, sondern weil 
und sofern sie eine eigene und bedeutsame Form der Gemein- 
schaft darstellt Damit streitet nicht, sondern harmoniert aufs 
beste, dass als oberstes Prinzip der sittlichen Erziehung die Ach- 
tung der Vernunft im Kinde vorausgesetzt wird (so bes. Lanc. 
267 ff.; Bell u. Lanc. 87 ff.). Es ist für ihn „ausgemacht, dass 
man sich bei den Bestrafungen aller unmenschlichen und ent- 
ehrenden Strafmittel schlechterdings und ohne alle Ausnahme 
enthalten müsse und dass die Misshandlung der Unmündigen ein 
doppeltes Verbrechen, ein Verbrechen gegen den Menschen im 
Kinde und ein Verbrechen gegen das Kind im Menschen sei" 
(Bell u. Lanc. 93). „Im Ideal einer guten Schule ist es ein 
wesentlicher Charakterzug, dass alle positiven Belohnungen und 
Bestrafungen überflüssig erscheinen und dass jeder Schüler nicht 
sowohl mit andern als mit sich selbst wetteifere" (95). Für die 
Durchführbarkeit dieses Grundsatzes bezieht er sich auch hier 
auf das Beispiel, das Pestalozzi (nach Horstigs Bericht) gegeben 
habe (96 f.; Brief w. III 25 führt er Rousseau an). 

Stärkere Beweise für den bestimmenden Einfluss Pesta- 
lozzis auf Natorp kann man nicht verlangen, stimmt doch das 
Angeführte Punkt für Punkt, dem Geist und oft dem Buchstaben 
nach mit Pestalozzi überein. Die volle Wärme der damals so 
allgemeinen Begeisterung für den Unvergleichlichen bricht denn 
auch mehrmals^) durch; so im 8. Brief (I 145 ff.), wo in einer 

*) Einen wahren Hymnus auf den „Propheten" Pestalozzi stimmt der 
Schluss der oben erwähnten Epistel (Quartalschr. IV, 2, 1808, S. 117) an. 
Der fragliche Passus ist indessen im „Briefwechsel" gestrichen. 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 283 

geschilderten Zusammenkunft von Schullehrem ein Beteiligter von 
einem Besuche bei Pestalozzi selbst erzählt: „Da hätten Sie das 
frohe Staunen und das Herandrängen sehen und das Ausfragen 
hören sollen . . . Einige wollten mich sofort zur Schule hinreissen, 
dass ich mit Kindern aus der Nachbarschaft, die sie sogleich 
beitreiben wollten, auf pestalozzische Weise Schule halten sollte, 
damit sie, wie sie sich ausdruckten, endlich einmal mit Augen 
sähen, wie Pestalozzi es mache." Einer besonders, der sich mit 
Pestalozzi schon eingehend beschäftigt hat, ist gar nicht zu er- 
sättigen; er zeigt sich bereits „tief in den Geist der Pestalozzi- 
schen Systems eingedrungen"; es beweist sich an ihm, „wie weit 
es ein Schullehrer von gesunden Fähigkeiten und unverschrobenem 
Urteil bloss durch einen kräftigen Eifer bringen kann, sobald ihm 
nur eine bestinmite und helle Ansicht des Wesens der Ele- 
mentarbildung eröffnet worden". Besondere Veranlassung gab 
ihm die Auseinandersetzung über „Bell und Lancaster", die Über- 
legenheit des deutschen, durch Pestalozzi auf den rechten Weg 
geleiteten Elementarunterrichts über das neue, vom Ausland her 
mit vielem Pomp angepriesene System in helles Licht zu stellen. 
Der von ihm äusserst geschätzte Vorzug der pünktlichsten Ord- 
nung und damit erreichten Zeitersparnis lässt ihn über den rohen 
Mechanismus des Bell-Lancasterschen Verfahrens nicht hinweg- 
sehen. Er findet die Behauptung einer Verwandtschaft desselben 
mit dem Pestalozzis völlig unbegründet. „In Pestalozzis Schrift 
»Wie Gertrud ihre Kinder lehrt« ist freilich auch irgendwo von 
dem Mechanisieren und von dem Mechanismus des Unterrichts 
die Rede, aber in einem andern Sinn des Worts, und der Aus- 
druck, statt dessen man lieber den Ausdruck Organisieren und 
Organismus des Unterrichts hätte gebrauchen sollen, hat zu vielen 
Miss Verständnissen und irrigen Ansichten Veranlassung gegeben. 
Indess hat Pestalozzi niemals eine Schule als ein Maschinenwerk 
und die Unterweisung als ein maschinenmässiges Getreibe an- 
gesehen und behandelt wissen wollen. Vielmehr geht sein Haupt- 
bemühen dahin, allen geistlähmenden Mechanismus aus den Schulen 
zu verbannen .... Fast alles, was in der Lancaster-Bellschen 
Schule in Betreff der Materie und der Form des Unterrichts 
geschieht, liegt imter dem Gesichtskreise der Pestalozzischen 
Schule . . . Und anders als so kann man überhaupt nicht darüber 
urteilen. Bei der höheren Idee, welche wir Deutschen von einer 



284 Natorp, Heft 9 u. 10. 

Volksschule haben, und nach dem, was wir von einem Volks- 
schullehrer zu verlangen gewohnt sind, müssen wir über den uns 
so laut angepriesenen neuen britischen Unterricht stutzig werden" 
(S. 101 f.). 

In derselben gehaltreichen Schrift, die eine wichtige Ergänzung 
zum ,J3riefwechsel" bildet, finden sich bedeutsame Ausführungen 
über das Verhältnis der Schule zu Staat und Gesellschaft 
Die Lancaster- Methode war ersichtlich hervorgerufen durch das 
Entstehen der neuen Klasse des industriellen Proletariats. 
Es ist von socialpsychologischem Interesse, dass sich die Herab- 
würdigung des Arbeiters zur Maschine, welche die nächste Folge 
des Wachstums der Grossindustrie war, bis auf die pädagogische 
Theorie und Praxis erstreckte ; verglich doch Lancaster selbst den 
Schulbetrieb nach seiner Methode unbefangen mit dem Getriebe 
einer Fabrik, und war doch seine Methode ausdrücklich auf die 
Kinder des Proletariats berechnet. In Deutschland gab es damals 
kein industrielles Proletariat; um so weniger war man versucht, 
ein derart manchesterliches Verfahren der Volksbildung auf 
deutschen Boden zu übertragen. Man glaubte gegen dergleichen 
auf immer geschützt zu sein durch die grundsätzliche An- 
erkennung der Schule als Staatsanstalt. „Unsere Volks- 
schulen," erklärt Natorp (a. a. O.), „sind ursprünglich zwar grossen- 
teils aus der Kirche und dem kirchlichen Bedürfnis hervorgegangen; 
aber sie sind auch sehr bald Angelegenheit des Staats geworden." 
Privatschulen werden nur als augenblicklich notwendige Übel 
angesehen (58). Überall ist man bemüht, dem öffentlichen Volks- 
schulwesen eine solche Verfassung und einen solchen Umfang zu 
geben, dass es nicht mehr nötig ist, Privatschulen zu dulden. 
Durch weitere Ausdehnung der Privatschulen würde das deutsche 
Volksschulwesen einen bedeutenden Rückschritt thun (59). Es 
ist „nicht ungewiss, dass eine Verwaltungsarf, welche mit der 
Verfassung und den übrigen Einrichtungen im Lande in einem 
genauen Zusammenhange steht, ein festeres und kräftigeres Be- 
stehen haben müsse, als eine Verwaltung, welche unter dem 
zufälligen Drange der Umstände aus einem pädagogischen Enthu- 
siasmus hervorgegangen ist und nur durch die Fortdauer dieses 
Enthusiasmus . . . aufrecht erhalten werden kann . . . Das Oi^n 
für die Begeisterung ist auch in Deutschland noch nicht erstorben. 
Die Begeisterung hat aber in allen Ländern und unter allen Völkern 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 285 

das Eigentümliche, dass sie keine bleibende Gemütsstimmung ist, 
und dass man so wenig Schulhäuser als andere Häuser darauf 
bauen kann*' (61 f.). Der entscheidendste Vorzug der Öffentlich- 
keit des Schulwesens aber ist seine Unabhängigkeit von dem 
Gegensatz der gesellschaftlichen Klassen , die Erhaltimg einer 
gewissen Gleichheit, wenigstens auf dem geheiligten Boden der 
Menschenbildung. „Ist von Freischulen für die Jugend der armen 
Yolksklassen die Rede," sagt Natorp, „so wissen wir solche 
bei uns gar nicht anzubringen. Wir haben nirgends solche zahl- 
reiche Scharen von armen gedrückten Menschen, die als eine 
besondere Klasse in der bürgerlichen Gesellschaft anzusehen 
sind und für deren Kinder besondere Schulen zu errichten 
nötig ist Auch können wir es gottlob nicht übers Herz bringen, 
die Kinder der Armen von den Kindern ihrer vermögenderen 
Mitbürger abzusondern und in besondere Schulen zu verbannen." 
Unsere deutschen Volksschulen stehen als „wirkliche Volks- 
schulen" da. In ihnen „kennt man ebenso wenig als auf 
unsern Turnplätzen den Unterschied der Stände . . . . 
Volksschulen heissen sie bei uns, nicht weil sie für die verwahr- 
losete Jugend aus den gemeinsten Klassen der Nation bestimmt 
sind, sondern weil sie die Jugend aus der Gesamtheit des 
Volks ohne Unterschied des Standes und des künftigen 
Berufs in den Elementarunterricht aufnehmen. Diese Einrichtung 
hat die überaus heilsame Folge gehabt, dass weniger Pöbel unter 
uns aufwachsen kann, dass die gemeiner erzogene Jugend an der 
besser erzogenen sich veredelt, und dass kein wirklich Vernünftiger 
und Gebildeter unter den Vornehmen Anstoss daran nehmen darf, 
wenn er seine Kinder unter andern Kindern sitzen und lernen 
sieht, welche minder vornehm sind als die seinigen" (29 ff.). — 
Diese Ausführungen bieten gegenwärtig ein besonderes Interesse, 
wo wir im Widerspruch mit unseren besten nationalen Überliefe- 
nmgen in eine ausgeprägte Klassenpädagogik hineingeraten sind^). 

^) Das ist leider nicht bloss meine pessimistische Ansicht. Unbefangene 
ausländische Berichterstatter haben regelmässig diesen Eindruck erhalten. 
So der nordamerikanische Bep. of the CommiBS. of Ed. 1888/89, I 33 f. : 

The Grerman school is not a common school There is nowhere in 

Germany a eystem of national schools . . . Different strata of society 
in Germany have different schools. Ebenda XLIII wird als besonders 
auffällig die Kluft zwischen dem niedern und hohem Schulwesen, die plan- 
massige Erschwerung des Übergangs von der Volks- und Bürgerschule zur 



286 Natorp, Heft 9 u. 10. 

Vielleicht ist jene Ansicht der deutschen Volksschule selbst für 
damals zu günstig; doch sicher war die verhältnismässig grosste 
Annäherung an das bezeichnete Ideal damals erreicht und sind 
seitdem, namentlich in Preussen, nur Rückschritte gemacht worden. 
Noch ein besonders wichtiger Punkt bleibt zu erörtern : das 
Verhältnis der Volksschule zur Religion nach Natorps Begriffen. 
Diesterwegi) führt als Zeugen für den interkonfessionellen 
Religionsunterricht neben Rochow, Dinter, Pestalozzi und 
Fröbel auch Natorp an. Der „Briefwechsel" enthält darüber aller- 
dings niu" eine leise Andeutung, nämlich im 25. Briefe, wo in 
einem pädagogischen Reisebericht die günstigen Zustände eines 
ländlichen Bezirks geschildert werden (III 79 f.): „Bei den Schulen 
findet keine Verschiedenheit nach dem kirchlichen Glaubens- 
bekenntnisse statt; sie sind allgemeine Erziehungsanstalten für 
die Jugend .... Die Schulordnung ist so bestimmt, dass der 
Konfessionsunterschied weder bei dem Unterricht, noch bei der 
Wahl der Lehrer in Betracht kommen kann." Ausführlich und 
rückhaltlos dagegen äussert Natorp seine Überzeugung im „Grund- 
riss" vom Jahre 1804 und in einigen Aufsätzen der „Quartal- 
schrift" aus demselben Jahre. „Von Kirchentum und Sektentum 
muss eine allgemeine Schule durchaus frei bleiben" (Grundr. 173). 
Der „eigentlich biblische" Religionsunterricht ist den Religions- 
lehrern der verschiedenen Konfessionen zu überlassen, „wenn nicht 
ein unglücklicher hierarchischer esprit dti corps in den Schulen 
herrschend bleiben soll" (176). Für die untern Stufen der all- 
gemeinen Stadtschule ist ein besonderer Religionsunterricht in 
Natorps Entwurf überhaupt nicht vorgesehen; doch bezwecken 
die „Verstandesübungen" oder „Unterredungen über wichtige An- 
gelegenheiten des Geistes und Herzens" hauptsächlich moralisch- 
religiöse Unterweisung. Was die Art derselben betrifft, erklärt 
sich Natorp unumwunden gegen den „herztötenden Mechanismus 
des leidigen Katechismuswesens", durch den „die moralische Bildung 

höheren Schule und Universität bemerkt. Eine organische Verbindung unter 
den verschiedenen Schulgattungen existiert nicht (vgl. oben S. 273, was 
Dilthey von der „mechanischen Trennung" der heutigen Schulen sagt). Der 
Republikaner weiss sich diesen Zustand nur aus der — monarchischen Ver- 
fassung zu erklären, die als Piedestal eine Aristokratie fordere! In Deutsch- 
land gab es wenigstens zu Anfang dieses Jahrhunderts eine andere Auf- 
fassung der Monarchie. 

') Ausgew. Sehr. IV 203. 



1895. Ludwig Natorp. Eio Beitrag zur Geschichte etc. 287 

nur aufgehalten, verhindert und missleitet werden kann" (103 f.). 
Er nennt es (139) ein „verjährtes Vorurteil, dass der Sinn für 
Tugend und Religion vorzüglich durch das Lesen biblischer 
Historienbücher, durch das Erlernen der mosaischen Gesetzes- 
tafeln, der Busspsalmen und vieler biblischer Sprüche befördert 
und überhaupt durch biblische Vorstellungen genährt werden 
müsse : Der Weg zum Tempel der Weisheit, der längs Sinai und 
Horeb führt, ist, aufs gelindeste gesagt, wenigstens ein Umweg." 
Die Tugend geht auch nicht aus der Kenntnis ii^end eines Systems 
hervor; es ist durchaus nicht nötig, dass die Unmündigen von 
Geboten und Pflichten etwas zu sagen wissen; sie beruht weit 
mehr auf Beispiel und Übung (104 f.). Soweit auf höherer Stufe 
die Lehre etwas dazu thun soll, ist sie rein als Vernunftlehre 
gedacht: man soll (150) den religiösen Glauben moralisch be- 
gründen und demselben durch physikotheologische Betrachtungen 
und durch genaueres Einblickenlassen in die menschliche Natur 
Kraft und Lebendigkeit geben. Auf der obersten Stufe soll der 
Lehrer die allgemein anerkannten praktischen Resultate derMoral- 
und Religionsphilosophie klar und einfach darlegen (173). 
Das Leben Jesu mag man dabei benutzen, um das Ideal reiner 
Moralität und wahrer Religiosität in den jugendlichen Seelen zu 
begründen (175). — Seinem Rezensenten Eylert, dem diese Auf- 
fassung „nicht christlich positiv genug** schien, antwortet er nicht 
ohne Schärfe (Quartalschr. 1804, 2, S. 339): „E. will . . . mehr 
das Historische und Bildliche des Christentums zur Basis 
der Anerkennung der Autorität Jesu gemacht wissen ; ich hingegen 
mehr den inneren Gehalt der christlichen Religion, ohne jedoch 
jenes Historische zu beseitigen .... Er dringt als Volkslehrer 
auf moralischen Sinn und Wandel mehr aus der Überzeugung, 
dass der Autoritätsglaube eine zuverlässige Stütze der Volks- 
tugend und der Volkswohlfahrt sei; ich mehr aus der Über- 
zeugung, dass die Anerkennung des durchaus vernunftgemässen 
Inhalts der Religion Jesu und dieser vernunftgemässen Gebote 
des Christentums als göttlicher Gebote eine durchaus unumstöss- 
liche Basis sei ... . Nach E.'s Meinung soll beim Volke der 
historische Glaube die Moralität begründen; nach meiner 
Meinung kann es in einem Menschen nicht mehr Religion als 
Tugend geben, weil die Religiosität aus der moralischen 
und ästhetischen Bildung hervorgehen soll." Noch be- 



288 Natorp, Heft 9 u. 10. 

stimmter im Kantischen Sinne äussert er sich in einem andern 
Aufsatz desselben Jahres (Epistel an den Pred. Busch, Quartal- 
schrift 1804, 3, S. 493 ff.). „Wir sind bei unserem Religions- 
unterrichte vom Wege der Natur ^) dergestalt abgewichen und 
so lange abgewichen gewesen, dass es schwer hält, aus dem un- 
natürlichen Gange, der uns zur Gewohnheit geworden ist, wieder 
zurückzukommen." Er verlangt einen solchen Unterricht, der die 
vorherrschenden eudämonistischen Gnmdsätze verwische, die 
Tugendlehre als Pflichtgebot und als Gesetz Gottes, nicht als 
ein positives statutarisches Landrecht erscheinen lasse. Er 
tadelt an einem Katechismus, dass dadiux^h Blick und Herz des 
Katechumenen auf eine zu gewinnende Glückseligkeit gerichtet 
werde. „Nehme man diese Ansicht durch Demonstration oder 
durch Sophistereien in Schutz: es giebt eine edlere der Mensch- 
heit und der Gottheit würdigere Ansicht, die sich der 
natüi'liche Mensch auch mit grösserer Freude und Teilnahme er- 
öffnen lässt, als der Anhänger des Eudämonismus glaubt" Er 
beruft sich auf Pestalozzi und seine Anhänger, auf Kant, auf 
Jacobi; und er bringt (498) Herders Unterscheidung der 
„Religion Jesu" von der „Religion an Jesum", d. i. „Anbetung 
seiner Person und seines Kreuzes" in Erinnerung. 

Ich wüsste diese Reihe schlichter Anführungen nicht besser 
zu schliessen als mit dem schönen Wort, das uns gleich auf der 
ersten Seite seiner Biographie empfängt und die Menschenliebe 
als den tiefsten Grund seiner Religionsauffassung enthüllt: „Uns 
Menschen alle trägt doch der nämliche Erdboden; wir alle wandeln 
den nämlichen Weg zum Grabe und zur Ewigkeit: was wären 
wir denn, wenn wir unter solchen Verhältnissen über verschiedene 
Meinungen ims entzweien, auf Andersdenkende mit Unwillen und 
Abneigung herabblicken, unsere Herzen einander entfremden, 
zwischen unsem Gemütern eine Scheidewand errichten, Genossen 
anderer Kirchenparteien verketzern, drücken, kränken wollten? 
Wunderliche Kinder, die dem Willen ihres Vaters widerstreben, 
die Liebe gegen Bruder und Schwester verleugnen; thörichte 
Wanderer, die ihren Gefährten ein freundliches Wohlwollen ver- 
weigern, weil diese einen anderen Gang haben als sie." — 



M So hatten nicht bloss Rousseau und Pestalozzi, sondern ebenfalls 
Kant gesagt, in der Pädagogik Bosenkr. IX 431. 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 289 

Mit diesem allen ist das pädagogische Verdienst Natorps 
keineswegs erschöpft. Auf seinem eigensten Felde ist er erst da, 
wo es sich um die praktischen und einzelnen Fragen der Schul- 
Einrichtung und -Verwaltung, vorzüglich aber der Lehrerbildung 
handelt Da ist er unerschöpflich in Erfindungen und Mass- 
nahmen, deren Anwendbarkeit und sichere Wirksamkeit unwideiv 
Stehlich einleuchtet. Aber auch da spricht nirgends der kalte 
Techniker; alles ist bis ins kleinste beseelt und durchwärmt von 
heiliger Begeisterung für die unermesslich wichtige Au^be der 
Volksbildung, von herzlicher Liebe für die Kinder und Kinder- 
lehrer. Vor allem hatte er begriffen, dass man, um „das Schul- 
elend bei der Wurzel anzugreifen" (Brfw. I 4), bei der Lehrer- 
bildung einsetzen müsse; denn „eine jede Schule ist eine gute 
Schule, wenn der Lehrer ein guter Lehrer ist"; sein Augenmerk 
war daher „auf die Lehrer gerichtet, und fast nur auf diese allein" 
(1. Br., vgl. II 121, III 171). Die Lehrer haben es ihm gedankt 
durch eine seltene persönliche Anhänglichkeit, von der die Bio- 
graphie rührende Beweise anführt. Doch diese Seite seines Wirkens 
eignet sich weniger zur Darstellung, und es bedarf auch dessen 
nicht, denn eben dies ist unnachahmlich dargestellt in seinem 
„Briefwechsel". Höchst glücklich hat Natorp die Grundzüge seiner 
praktischen Pädagogik nicht in einem trockenen System, sondern 
in der lebendigen Form persönlicher, brieflicher Mitteilungen unter 
direkt beteiligten „Schullehrern und Schulfreunden" dargelegt; da 
gewinnt alles Farbe und Gestalt, wie es in keinem abstrakten 
„Grundriss der Volksschulkunde" möglich war. Wie anziehend 
ziunal für den Lehrer, über die ihn sonah angehenden Fragen vor- 
zugsweise Lehrer zu Lehrern sprechen zu hören! Auch ist nicht 
allzu vieles in diesem Briefwechsel eigentlich veraltet zu nennen. 
Gar manches zwar, was damals erst neuer Vorschlag war, ist in 
unserm Volksschulwesen längst eingebürgert; aber vieles andere ist 
noch heute imd immer wieder neu, und auch was wir jetzt wie selbst- 
verständlich hinnehmen, wird neu belebt, indem wir in eine Zeit 
zurückversetzt werden, wo* es noch nicht so selbstverständlich war ^). 

M Auch dieses Werk mit der ergänzenden Schrift über Bell und 
Lancaster wüi'de daher einen Neudruck etwa in einer unserer pädagogischen 
Bibliotheken, nötigenfalls mit einigen Kürzungen, wohl verdienen. Beide 
sind zwar in Bädekers Verlag noch vorrätig, doch für die Lehrer vielleicht 
wohl zu kostspielig. 



290 Natorp, Heft 9 u. 10. 

Indem ich daher von dieser Seite der Natorpschen Päda- 
gogik absehe, bleibt mir nur übrig, die wichtigsten Daten seines 
ferneren Lebensgang mitzuteilen. Der ,3riefwech8el*' war noch 
in Potsdam zum Abschluss gediehen. Nach wiederhergestelltem 
Frieden verlangten die neugewonnenen westlichen Provinzen be- 
sondere Fürsorge. Vincke wurde Oberpräsident von Westfalen; 
ihm musste daran liegen, die bewährte Kraft Natorps der engeren 
Heimat wiederzugewinnen. Und er selbst folgte gern dorthin, 
um auf dem wohlbekannten Boden die liebgewordene Thätigkeit 
fortzusetzen. Er kam 1816 als Oberkonsistorial- und Schulrat^ 
zugleich Gemeindeprediger nach Münster. Er wurde, auch von 
katholischer Seite, mit Wärme aufgenommen, und alle Bedingungen 
eines erspriesslichen Wirkens fanden sich zusammen, so dass er 
schreiben konnte: ,^uletzt fühlt sich unter allen versetzten Be- 
amten niemand so wohl wie ich. Mich hat hier bis auf diesen 
Augenblick noch nichts gequält Die Zufriedenheit verfolgt mich" 
(O. N. 141). Noch dreissig Jahre schöner Arbeit waren ihm 
vergönnt. Sie betraf indessen fast mehr kirchliche als Schul- 
angelegenheiten. In ersterer Hinsicht sei nur die ausharrende 
und erfolgreiche Sorge um die Hebung des Gemeindegesanges 
hier erwähnt, von der die schöne Schrift „über den Gesang in 
den Kirchen der Protestanten" (1817) und die Mitherausgabe des 
viel gebrauchten „Natorp-Rinckschen Choralbuchs" (zuerst 1829) 
Zeugnis geben. Sein Wirken im Schulfach konnte nicht mehr 
im gleichen Masse wie früher ein unmittelbar eingreifendes sein, 
es beschränkte sich mehr auf die Oberleitung; doch fand sein 
warmherziger Anteil am Ergehen seiner Lehrer auch so noch Ge- 
legenheit genug sich zu bethätigen. Besonderes Verdienst hat er 
um die Reorganisation des Lehrerseminars zu Soest (1817) und 
um die Gesangespflege auch unter den Lehrern. Seine im Zu- 
sammenhang mit der Durchführung der neuen kirchlichen Ver- 
fassung erfolgte Ernennung zum Vice-Generalsuperintendenten der 
Provinz Westfalen (1836) geschah fast wider seinen Willen. Die 
Wendung der inneren Politik seit dem Regienmgsantritt Fried- 
rich Wilhelms IV. konnte ihm vollends wenig sympatliisch sein, 
übrigens blieb er in seinem Wirken unbehelligt. Am 8. Februar 
1846 setzte ein Ner\"enschlag seinem thätigen und in Thätigkeit 
i fröhlichen, auch in Familie und Freundschaft reich beglückten 

I Leben ein sanftes Ende. Die Lehrer Westfalens ehrten sein 



1895. Ludwig Natorp. Ein Beitrag zur Geschichte etc. 291 

Andenken durch eine auf seinen Namen gegründete Stiftung zu 
Gunsten der Lehrer -Witwen und -Waisen. Seine Büste wurde 
bei einer Nachfeier seines 100. Geburtstages 1875 in der „mär- 
kischen Ruhmeshalle'' auf dem Kaisberg bei Herdecke neben der 
des Frh. vom Stein aufgestellt. 

Mit einem Worte seiner Essener Abschiedsrede (1809), 
welches die Grundzüge seines Wesens: Menschenliebe und selbst- 
lose Pflichttreue, rein und warm ausspricht und so den Sinn seines 
ganzen Wirkens bezeichnet, wollen auch wir von ilim Abschied 
nehmen : 

„Es ist uns ja allen das nämliche Tagewerk auf- 
gegeben: unseres Gottes Werk zu wirken, Gutes zu 
thun, die Sünde zu meiden, Menschenelend zu mildern, 
Frömmigkeit und Frieden zu verbreiten, unser Herz zu 
läutern, unsern Geist zu verklären . . . Die Güter, die 
wir besitzen, sind nicht unser Eigentum, sie gehören 
der Menschheit; und was wir davon haben, ist uns von 
Gott zur Verwaltung anvertraut, damit wir sie wieder 
zum Besten der Menschheit, zur Beförderung der allge- 
meinen Wohlfahrt verwenden." 



Verzeichnis der Schriften B, C. L. Natorps 

in chronologischer Folge ^). 

1. Beiträge in Tellers uod Löfflers Magazin für Prediger. (Ich finde in 
einem unvollständigen Exemplar des Magazins nur eine Predigt, unter- 
zeichnet =rp, Bd. X 1, 171 ff., 1801.) 

2. a. Die kleine Bibel. Für Freunde einer zweckmässigen Bibellectüre 

und zunächst für die erwachsene christliche Jugend beai'beitet von 
B. C. L. Natorp, Prediger in Essen. 1. u. 2. Tl. Essen, G. D. Bädeker, 
1802. 
*b. Die kleine Bibel. Herausgegeben von B. C. L. Natorp, 2 Teile. 
2. verb. Aufl. Essen, G. D. Bädeker, 1823. 
*3. B. C. L. Natorp Predigers zu Essen Erinnerungen über den 
Zw^eck, die Einrichtung und den Gebrauch des von ihm 
herausgegebenen Bibelauszugs. Den Jugendlehrem , die sich 
desselben bey der Unterweisung der Schuljugend bedienen wollen, 
gewidmet. Essen, G. D. Bädeker, 1802. 

*) Die mit * versehenen Nummern sind bei G. D. Bädeker, Essen, 
noch käuflich. 



292 Natorp, Heft 9 u. 10. 

4. a. Verzeichnis einiger auserlesenen Schriften zur Anlegung 

einer Elementarschulbibliothek. Von B. C. L. Natorp. Essen, 
Bädeker, und Dortmund, Mallinckrodt, 1802. 

b. Dass., 2. Ausg. 1805. 

c. Kleine Schulbibliothek. Ein geordnetes Verzeichnis auserlesener 
Schriften für Lehrer an Elementar- und niedern Bürgerschulen. Von 
B. C. L. Natorp. 3. ganz umgearb. Ausg. 1809. 

d. 4. verb. Ausg. 1811. 

*e. Kleine Schulbibliothek. Ein literarischer Wegweiser für Lehrer an 
Volksschulen. Von B. C. L. Natorp. 5. ganz umgearb. Aufl. Essen, 
Bädeker, 1820. 

5. Predigten über das Buch Buth. 1803 (citiert Quartalschr. 1804, 

3, 480). 

6. Grundriss zur Organisation allgemeiner Stadtschulen. Ent- 
worfen von B. C. L. Natorp. Duisburg u. Essen, Bädeker u. Co. 
1804. (Ausf. Becension von Eylert, im Auftrag des Frh. vom Stein, 
mit N.^8 Gegenerinnerungen in Quartalschr. 1804, 2, 307 — 344.) 

7. Quartalschrift für Beligionslehrer. Bearbeitet von einer Gesellschaft 
westphälischer Gelehrten und herausgegeben von B. C. L. Natorp, 
Prediger zu Essen. 4 Jahrgänge (1804, 1805, 1806 je 4 Quartalshefte, 

4. Jahrg. 1. Quart. 1807, 2.-4. Quart. 1808), Duisburg u. Essen, 
Bädeker u. Co. ^) 



*) Darin Aufsätze und Becensionen von Natorp, soweit solche in den 
mir vorliegenden Heften eines unvollständigen Exemplars enthalten oder in 
andern Schriften N.'s citiert sind: 1804, 1. Über die Erfordernisse eines 
Gesangbuchs (cit. Üb. d. Ges. 230). 3. Über das Buch Tobias in ascetischer 
Hinsicht, 480—490. Epistel an H. Pred. Busch, 490—506. Rec. über 
Nicraeyer, Grundr. d. unm. Vorbereitungswissenschaften zur Führung des 
Christi. Predigtamts, S. 521—533; über Predigten von Eylert 567—582. 

4. Über die Bildung der Elementarschullehrer in Seminarien, von Busch 
und Natorp, S. 630—667. 1805, 1. Über die zweckmässige Einrichtung 
des Ex. Studios, theol. pro matur. ad acad. 1 — 40. Schluss in H. 3, 

5. 393 — 441. Noch ein Mittel zur Beförderung einer zweckmässigen Leetüre 
der Bibel und der Achtung gegen dieselbe, 488 — 499. 4. Die Confirmations- 
feyer in der ev.-luth. Kirche zu Essen am 26. May 1805. 686—693. 
4. Jahrg. 1. Qut. Die Confirmationsfeyer in der ev.-luth. Kirche zu Essen 
am 10. May 1807. 104—117. Kec. über Predigten von Scheibler 118—122; 
über Dieterich, Grunds, einer zweckm. Jugendbildung 122 — 123; über Pre- 
digten von Eylert 141 — 150. Eine pädag. Preisaufgabe (Hasenclever und 
Natorp; betr. ein prakt. Handbuch zu Denkübungen) 160 — 167. 2. Qut. 
Bericht eines Landpfarrers über seine Pfarrschule (nicht unterzeichnet, aber 
im Briefw. als 18. Brief wiederholt; vgl. auch Lanc. 260) 53 — 118. Rec. über 
Pred. V. Colin 139 — 145. Jos. Lancaster in London (mit Selbstanz. seiner 
Ubers.) 169 — 176. 3. Qut. Rec. v. Zellers Schulmeisterschule und Grundl. 
einer bess. Zukunft 146—152. 4. Qut. Ein Jahrgang Texte und Themata 
117 — 128. Rec. von Kottmeyer über die cxtcmporane Redekunst 171 — 178. 



1895. Ludwig Natorp. fön Beitrag; zur Gesctiichte etc. ^93 

8. Beyträge zur Veredelung der kirchlichen und hauslichen 
Andachten. 1. Slg. Mit einer Vorr. von D. Hufnagel. Crefeld 1805 
(cit. Quartalschr. 1805, 4, 692). 

9. In Gutsmuthe Bibliothek 1805, Stück May: Über das Lesen der Bibel 
und Bibelauszüge (cit. Grundr. 139). — Von „mehreren Aufsätzen'', 
die in dieser Zeitschrift erschienen seien, spricht O. N. 70. 

10. Entwürfe zu Predigten. Eine Beylage zur westphälischen Quartal- 
schrift für Religionslehrer. 1. Bd. a. u. d. T.: Entwürfe zu Pre- 
digten über die sonn- u. festtaglichen eyangelischen Perikopen. Von 
B. C. L. Natorp, Pred. zu Essen. Essen, G. D. Bädeker 1806. 

2. Bd.: Entwürfe zu Predigten von B. C. L. Natorp, Pr. z. E., 
2. Band: Predigtentwürfe über die sonn- u. festtäglichen Episteln 
des ganzen Jahres. Essen, G. D. Bädeker, 1809. 

11. a. Fibel oder Elementarbuch für den ersten Unterricht in deutschen 

Schulen. Mit Holzschnitten. Schwelm bey Scherz. 1806. Wohlf. 
Ausg. eingeb. 2 Ggr. Schönere Ausg. mit sehr vielen rothgedr. 
Holzschn. zum Behufe des ersten Unterrichts im Zeichnen, brosch. 
8 Ggr. — (Cit. Lanc. 255. Briefw. I 274.) 

b. Neue verb. Ausg. (Essen, Bädeker) 1816. 

c. Neueste Ausgabe 1820 (erw. Schulbibl. 82). 
*d. 8. (Stereotyp-) Ausg. 

12. Ein einziger Schulmeister unter tausend Kindern in Einer 
Schule. Ein Bey trag zur Verbesserung der Lehrmethode und Schul- 
disciplin in niedern Volksschulen von Joseph Lancaster. - Aus 
dem Englischen ins Deutsche übersetzt u. mit Anm. begleitet von 
B. C. L. Natorp. Duisburg u. Essen, Bädeker u. Kürzel 1808. 

*13. Das Confirmations-Fest, mit der ev.-luth. Gemeinde zu Essen 
am 23sten April 1809 gefeyert von B. C. L. Natorp. Essen, G. D. 
Bädeker. 

*14. Abschiedspredigt, gehalten vor der ev.-luth. Gemeinde zu Essen 
am 2. Juli 1809. 

15. a. Briefwechsel einiger Schullehrer und Schulfreunde. Heraus- 

gegeben von B. C. L. Natorp. 1. Bändchen. Duisb. u. Essen 1811. 
*2. Bdch. 1813. *3. Bdch. 1816. 
♦b. 1. Bdchn., 2. verb. Aufl. 1823. 

16. a. Anleitung zur Unterweisung im Singen für Lehrer in Volks- 

schulen. I. Leitfaden für den ersten Cursus. Potsdam, Horwath, 1813. 
b. 2. umgearb. u. verm. Ausg. Essen u. Duisb. 1816. 
c-*e. 3. 4. 5. Aufl. 1818. 1824. 1837. 

f. II. Leitfaden für den zweiten Cursus. Essen 1820. 
*g. 2. Aufl. 1834. (Auch eine holländische Übersetzung ist erschienen.) 

17. a. Lehrbüchlein der Singekunst. Für die Jugend in Volksschulen. 

I. Cursus. Essen u. Duisb. 1816. 
b— g. 2.-7. Aufl. (4. Aufl. 1820, 7. Aufl. 1832.) 
h. II. Cursus. 1820. 
i. 2. Aufl. 1827. 

Monatshefte der Comenius-GesellBchaft. 1896. 20 



294 Natorp, Heft 9 u. 10. 

*18. AndreaR Bell und Joseph Lancaster. Bemerkungen über die 
von denselben eingeführte Bchuleinrichtung, Schulzucht und Lehrart 
von B. C. L. Natorp. Essen u. Duisburg, G. D. Bädeker, 1817. 

*19. Über den Gesang in den Kirchen der Protestanten. Ein 
Beytrag zu deu Vorarbeiten der Synode für die Veredelung der 
Liturgie von B, C. L. Natorp. Essen u. Duisburg, G. D. Büdeker 1817. 

* 20. M c 1 o d i e n b u c h f ür den Gemeindegosang in den evangelischen Kirchen. 
Her. von B. C. L. Natoip. Essen, Bädeker 1822. 

*21. Über den Zweck, die Einrichtung und den Gebrauch des 
M e l o d i e n b u c h 8. Ein nötbiges Vorwort zu demselben an die Lehrer. 
Essen, Bädeker, 1822. 

22. a. Choralbuch für evangelische Kirchen. Die Choräle kritisch be- 
arbeitet und geordnet von B. C. L. Natoi-p und Fr. Kessler, vier- 
stimmig gesetzt und mit Zwischenspielen versehen von C. H. Rink. 
Essen, G. D. Bädeker, 1829. 

b. 2. verb. Aufl. (angck. 1834 auf d. Umschl. d. Anl. II- und Üb. 
Rinks Präludjcn). 

c. 3. verb. u. vorm. Aufl. Die Choräle neu geordnet und historisch 
bestimmt von B. G. A. Natorp, revidirt, mit meist neuen Zwischen- 
spielen und mit Schlüssen vorschon von W. Greef. Essen, G. D. 
Bädeker, 1807. 

*d. 4. Aufl.] 
*23. Über Rinks Präludien. Ein Beytrag zur Verständigung angehender 

Organisten über kirchliches Orgclspicl. Von B. C. L. Natorp. Essen, 

G. D. Bädeker, 18U. 
24. Choralmelodien in Ziffern, nach Natorps Choralbuch. (O. N. u. J.) 

Essen, G. D. Bädeker. 



Der Weg des Lichtes. 

Die Via lucis des Comenius 

besprochen von 
Dr. Karl Dissel in Hamburg. 



Im Jahre 1637 veröffentlichte Samuel Hartlib in London, 
ohne Vorwiesen des Verfassers, einen ihm übersandten Entwurf der 
pansophischen Pläne des Comenius unter dem Titel Conatuum Come- 
nianorum Praeludia. Er wollte die Welt auf diese grossartigen Be- 
strebungen aufmerksam machen und die Urteile der Gelehrten darüber 
hören. Die Schrift fand Freunde und Gegner in grosser Zahl. Zur 
Widerlegung der letzteren schrieb Comenius die Conatuum panso- 
phicorum dilucidatio, die an Hartlib 1638 gedruckt übersandt, von 
diesem 1639 zusajnmen mit der erstgenannten Schfift unter dem 
Titel Pansophiae Prodromus et Dilucidatio herausgegeben wurden. 
Die "Veröffentlichung hatte den gewünschten Erfolg. Die englischen 
Freunde, vor allen Hartlib, setzten es durch, dass Comenius im Jahre 
1641 durch das Parlament nach London berufen wurde, um hier 
mit staatlicher Unterstützung das grosse Werk zu beginnen, dessen 
Grundlinien er in den genannten Schriften gezogen hatte. Leider 
erwiesen sich die politischen Verhältnisse dem Unternehmen wenig 
günstig. Als Comenius im September 1641 in London ankam, fand 
er das Parlament auf drei Monate vertagt; und auch, als es wieder 
zusammentrat, bot sich ihm keine Müsse mehr, die Vorschläge des 
Comenius einer näheren Prüfung zu unterziehen. Man liess ihn nur 
wissen, dass man die Absicht habe, ihm ein Kollegium mit den ent- 
sprechenden Einkünften zu übergeben, das Sabaudeum in London 
oder ausserhalb der Stadt das Winthoniense Kollegium oder das 
Chelseum, teilte ihm auch deren Inventare und Einkünfte mit, die 
es ermöglichen sollten, neben ihm noch einigen andern gelehrten 

20* 



ä96 Öiflsel, Heft 9 u. 10. 

Männern aus verschiedenen Nationen auf einige Jahre oder lebens- 
länglich Unterhalt zu gewähren. 

£s war somit Aussicht vorhanden, dass der Plan, den Baco 
gehegt hatte, die Gründung eines Kollegiums von Männern, die sich, 
ungehindert durch die Sorge um den Lebensunterhalt, einzig und 
allein der Erforschung und Verbreitung der Wissenschaften widmen 
sollten, auf englischem Boden verwirklicht würde. Da brachen die 
Unruhen in Irland aus, der König verliess London, und auf lange 
Zeit hinaus war in England für das grosse Werk, dessen Ausführung 
lange Jahre des Friedens erfordert hätte, nichts mehr zu hoffen. 
Obwohl Hartlib ihn zum Bleiben zu bestimmen suchte, verliess 
Comenius in richtiger Würdigung der Verhältnisse London schon im 
Frühjahr 1642. Er hoffte an anderm Orte seine pansophischen Pläne 
besser fördern zu können. 

Aber die Zeit des Wartens hatte er nicht ungenützt verstreichen 
lassen. Er hatte sie benutzt, die in ihm gährenden Gedanken in 
einer neuen Schrift niederzulegen, die aus den Gesprächen hervor- 
gegangen zu sein scheint, welche er in jener Zeit mit seinen Freunden 
in hoffnungsfroher Erwartung auf baldige Verwirklichung seiner Pläne 
gehabt hatte, und die also in gewissem Sinne keineswegs bloss eine 
persönliche Meinungsäusserung des Comenius, sondern ein Programm 
des Freundeskreises zu sein scheint, der sich damals in London um 
Comenius gesammelt hatte. Der Titel dieses merkwürdigen Buches 
lautet: Via lucis vestigata et vestiganda, h. e. rationabilis disquisitio, 
quibus modis intellectualis animorum lux, sapientia per omnes omnium 
hominum mentes et gentes jam tandem sub mundi vesperam feliciter 
spargi possit. Es ist im Jahre 1642 geschrieben, aber nach der 
Angabe des Titels erst 1668 in Amsterdam gedruckt, und der Regia 
Londinensis Societas gewidmet^). Die pansophischen Pläne werden 
in diesem Buche nicht ins einzelne ausgeführt, wie in andern Schrif- 
ten, sondern nur im allgemeinen entwickelt und mit warmer Be- 



^) Näheres über die Schrift ß. in den M.H. der CG. 1892 S. 34 und 
1894 8. 168 f. — Exemplare des Druckes von 1668 siod äusserst selten und 
bisher nur in drei Bibliotheken ermittelt worden, in der ßodleyana zu Oxford, 
in der Stadtbibliothek zu Hambiurg und im Mus. Boh. zu Prag. Der Aus- 
zug, den wir an dieser Stelle mitteilen, wird daher vielen willkommen sein. 
Die Herstellung eines Neudruckes bleibt vorbehalten. Es wäre erwünscht, 
wenn sich Freunde fänden, die der CG. die Mittel zur Verfügung stellten^ 
um schon bald damit vorgehen zu können. 



1895. Der Weg des Lichtes. 297 

geisterung dem Leser vorgetragen. Jede Zeile verrat, dass es dem 
Verfasser heiliger Ernst ist mit dem, was er vorschlägt, und dass er 
von der Durchführbarkeit und Notwendigkeit des Vorgeschlagenen 
vollständig überzeugt ist. 

Die ganze Welt, beginnt er, ist eine Schule der göttlichen 
Weisheit, die der Mensch durchzumachen hat, bevor er zur „himm- 
lischen Akademie" zugelassen wird. Drei Lehrbücher hat Gott für 
diese Schule gegeben, die sichtbare Welt, den nach dem Bilde Gottes 
geschaffenen Menschen, dessen denkende Seele das Mass aller Dinge 
bildet, und die heilige Schrift. Aber in dieser Schule ist arge Ver- 
wirrung eingetreten. Aus einer Schule der Weisheit ist ein Tummel- 
platz der Thorheit und Verblendung, eine Synagoge des Satans ge- 
worden. Innerhalb und ausserhalb der Kirche herrschen Verwirrung 
und Streit, Krieg und Mord; Atheismus und Epikureismus suchen 
grade in der Finsternis das Licht. Es könnte demnach der Welt 
keine grössere Wohlthat erwiesen werden , als wenn man einen wirk- 
samen Weg fände, die Finsternis zu vertreiben und das Licht der 
Weisheit über die ganze Welt auszustreuen. Die zu diesem Zwecke 
bisher versuchten Mittel, wie Philosophie, Gesetze und Strafen haben 
nichts gefruchtet; auch die Bildung von Sekten vermag nichts zu 
nützen. Denn selbst, wenn eine von ihnen die Wahrheit wüsste, so 
wärö der Welt wenig damit geholfen, da ja eben durch ihren Ab- 
schluss von der übrigen Welt die Möglichkeit der Verbreitung der 
Wahrheit gehindert wird. Denn nicht der Allgemeinheit, sondern nur 
sich selbst nützt, wer sich vor der Welt verschliesst. 

Das Heilmittel, durch das die Welt gesunden könnte, muss 
also erst gefunden werden; es muss ein universales, leicht zu neh- 
mendes und kräftiges Mittel sein. Wie nun in der sichtbaren Welt 
die Sonne es ist, die alles erfreut, bildet, umbildet und die Finster- 
nis vertreibt, so müsste ein universales Licht auch für die geistige 
Finsternis gefunden werden, das ähnlich, wie die Sonne auf die Welt 
der Dinge, so kräftig auf die Geister wirkte, dass nichts sich dem 
entziehen könnte. Dies Mittel wäre gefunden, wenn man alles, was 
Gott in seinen Büchern geschrieben und den Menschen enthüllt hat, 
in dies zusammenfasste und in eine solche Ordnung brächte, dass es 
nicht nur allen Menschen entgegengebracht, von jedermann deutlich 
verstanden und aufgcfasst werden könnte, sondern auch von jeder- 
mann aufgenommen und geliebt werden müsste. Wer hiergegen ein- 
wenden wollte, dass ein solches universales Licht nicht wünschens- 



298 J>i88el, Heft 9 u. 10. 

wert sei, der könnte kein Freund des Menschengeschlechts sein; eher 
wäre der Einwand zu verstehen, dass ein solches Unternehmen mensch* 
liehe Kräfte übersteige und dass es verwegen sei, an seine Ausführ- 
barkeit zu glauben. 

Dass aber ein solches Licht noch vor dem Ende der Welt er- 
scheinen wird, folgt zweifellos aus der Natur der Methode, die Gott 
in allen seinen Werken angewandt hat; es folgt ferner aus der hei- 
ligen Schrift, da der in dieser für das Ende der Welt ge weissagte 
Zustand sich noch nicht erfüllt hat, denn die Buchdruckerkunst ist, 
wie manche irrig geglaubt haben, dies universelle Licht nicht. — 
Nachdem dann etwaige Bedenken, ob es auch dem Menschen erlaubt 
sei, selbst die Wege der Verbreitung eines solchen Lichtes zu suchen, 
widerlegt sind, werden die Natur und Beschaffenheit des irdischen 
Lichtes erörtert, da dessen Gesetze auch für das geistige Licht Gel- 
tung haben. Letzteres ist bis jetzt in 6 Stufen zur Erscheinung 
gekommen, eine siebente, ganz universale ist noch zu erwarten. Die 
erste Stufe war die Autopsie, vermöge deren der Mensch erkannte, 
dass ihm eine Lebensgenossin fehle, die zweite das wechselseitige 
Gesprach, die dritte die Gewohnheit, heilige Zusammenkünfte zu halten, 
die vierte die Schrift und die öffentlichen Schulen, die fünfte die 
Buchdruckerkunst, die sechste die Schiffahrt. Die beiden letzteren 
bilden die Vorstufe zu der siebenten und höchsten, deren baldiges 
Erscheinen die augenblickliche Gestalt der Welt wahrscheinlich macht. 
Nachdem durch die Buchdruckerkunst und die Schiffahrt alle Völker 
der Welt einander nahe gebracht sind, muss aus allen bisher auf- 
gedeckten Lichtem ein grosses, die ganze Welt bestrahlendes Licht 
zum gemeinsamen Nutzen des ganzen Menschengeschlechtes sich er- 
heben. In diesem Lichte wird, was bisher nur einzelne geschaut und 
erforscht haben, allen ohne Ausnahme zu leicht erwerbbarem Besitze 
werden, leicht wegen der gemeinsamen in allem erkennbaren Harmonie. 
Wenn die Menschen diesen breitesten Weg des Lichtes betreten, 
werden alle alles, was ihnen zur Glückseligkeit notwendig ist, ganz 
und gar und ohne alle Täuschung erkennen. Dieser siebente Weg 
des Lichts ist der letzte irdische, nach ihm folgt als der selige achte 
die Autopsie im Himmel. 

Bei diesen sieben Wegen ist eine schöne Steigerung zu erkennen, 
indem immer die nächste Stufe die frühere, ohne sie aufzuheben, in 
sich begreift und zu ihrer Festigung dient. Die gleiche Steigerung 
herrscht auch im Umkreise derer, welche sich dieser Stufen bedienen. 



1895. l>er Weg des Lichtes. 299 

Denn die Autopsie betrifft nur einen, das Gesprach zwei, die Predigt 
wirkt auf viele, die Schrift ebenso, aber zugleich auch auf Abwesende; 
selbst Tote können in ihr zu Lebenden reden; die Typographie ferner 
verbindet das Licht der Jahrhunderte, die Schiffahrt endlich mit 
Hülfe des Kompasses alle Völker. 

Nach dieser Betrachtung über die Stufenfolge der Wege des 
Lichtes wird das dreifache Ziel des universalen Lichtes, dass alles, 
allen, vollständig gelehrt werde, näher dahin erläutert, dass Ewiges 
und Zeitliches, Geistiges und Leibliches, Himmlisches und Iniisches, 
Natur und Kunst, Theologie und Philosophie gelehrt werden solle; 
auch auf den Unterschied von Gut und Schlecht, ferner auf das 
Einzelne nicht minder als das Allgemeine habe sich die Lehre zu 
erstrecken, da die wahre Kenntnis der Dinge auf dem Speziellen, 
nicht auf dem Generellen beruhe. All dies soll allen gelehrt werden, 
so dass niemand übergangen werde. Drittens sollen die Dinge voll- 
ständig, nicht obenhin und bloss der Form wegen, sondern so gelehrt 
wenlen, da«s was gelehrt wird, auch gewusst werde. Denn nicht das 
Lernen, sondern das Wissen soll das Ziel dieser Schule sein; das 
Weissen aber soll nicht um seiner selbst willen erstrebt werden, 
sondern, um es im Handeln zu üben, üben aber sollen die Schüler 
nicht um des Übens willen, sondern damit sie das Ziel alles Wirkens, 
Friede und Glückseligkeit erreichen. 

Von einzelnen speziellen Vorschriften, die hier gegeben werden, 
verdient etwa besondere Erwähnung die, dass das, was die Grundlage 
bildet, zuerst, das Wichtige vorzugsweise gelehrt werde und zwar 
durch fortwährende eigene Übung. Von allen menschlichen Autori- 
täten abgewandt, folge man nur dem, was Gott, Natur, Schrift und 
Gewissen lehren, ohne sich zu scheuen, auch die menschlichen Er- 
findungen und Lehren zu betrachten. — Das Ergebnis einer in 
solcher Weise betriebenen Bildung ist schliesslich die Panaugia 
(splendor universalis). Um zu ihrem in dem Vorstehenden näher 
begrenzten Ziele zu kommen, sind vier Mittel erforderlich: 1. univer- 
sale Bücher, 2. universale Schulen, 3. ein universales Kollegium 
weiser Männer, 4. eine universale Sprache. Die drei ersteren sind 
schon jetzt teilweise vorhanden, denn die Welt, die Schrift und das 
Gewissen sind von Gott gegebene universale Bücher, das Leben ist 
eine universale Schule, und universale Kollegien sind die der Engel 
und Heiligen. Dagegen ist eine universale Sprache einst zwar vor- 
handen gewesen, aber verloren gegangen. Da diese vier Mittel das 



300 IHßsel, Heft 9 u. 10. 

universale Licht über den ganzen Kreis des menschlichen Intellekts 
verbreiten sollen, so können sie heissen: 

Libri lucis = Lampades 

Scholae lucis = Candelabra 

Collegium lucis = Lucis ministri 

Lingua lucis = pabulum (Ol). 
Die universalen Bücher sollen wahre und bestgeordnete Pan- 
dekten von allem Wissenswerten sein mit dem dreifachen Vorzug 
der Vollständigkeit, der besten Ordnung und der Wahrheit. Es sind 
drei Hauptbücher auszuarbeiten: 

1. Eine Pansophie, welche die Wurzeln und Quellen alles Wissens 
enthalt Diese sei das universellste Buch, welches alles enthält, 
was dem Menschen für dieses und das zukünftige Leben zu 
wissen und zu glauben, zu thun und zu hoffen nötig ist; femer 
das regelrechteste, das die Begriffe der Dinge nach der ihnen 
innewohnenden Harmonie verknüpft; endlich das geordnetste, 
welches aus den einmal festgestellten und zugestandenen Prin- 
zipien alles so ableitet, dass sich eins aus dem andern ergiebt 
und nichts Zweifelhaftes übrig bleibt. Es soll so leicht sein, 
dass auch der Beschränkteste das Wichtigste davon verstehen 
kann. 

2. Die Panhistorie. Diese soll alle die mannigfaltigen Einzel- 
erscheinungen vom Anfang der Dinge bis auf die Gegenwart 
enthalten, der natürlichen sowohl als der künstlichen, der sitt- 
lichen wie der geistigen, femer eine politische und eine kirchliche 
Geschichte. 

3. Die Pandogmatia. Diese soll ein Kompendium sein der Mei- 
nungen aller Autoren, natürlich nur der bedeutendsten und zwar 
in chronologischer Ordnung. 

Über die universalen Schulen spricht sich Gomenius in dieser 
Schrift nur kurz aus. Er verlangt, dass die Bildung von der zarte- 
sten Kindheit an beginne und sich auf alle ohne Ausnahme erstrecke. 
Wenn die Begüterten, meint er, jeder so viele Kinder erziehen Hessen, 
als sie selbst hätten, so würden nur noch wenige übrigbleiben, für 
deren Bildung dann der Staat einzutreten habe. 

Um nun diese universale Reformation der Litteratur ins Werk 
zu setzen, bedarf es der Arbeiter, welche mit Gottes Hülfe das Ge- 
dachte zu einem erwünschten Ende führen. Es bedarf hierzu aus- 
erlesener Männer aus dem ganzen Erdkreise, sowohl weltlicher als 



1895. I>er Weg des Lichtes. 301 

geiBtlicher, welche begabt, fleissig, fromm und von glühender Liebe 
zum öffentlichen Wohle erfüllt sind. Diese sollen, gleichsam auf 
der Warte für das Wohl des Menschengeschlechts stehend, alle mög- 
lichen Wege, Weisen und Gelegenheiten suchen, um allen Nützliches 
zu finden, -das Gefundene verbreiten und das Verbreitete vor Ver- 
unstaltungen bewahren. Denn ein einzelner ist der Grosse und 
Schwierigkeit einer solchen Aufgabe nicht gewachsen, da ja nicht für 
ein Volk oder eine Kirche, sondern für die Welt geschaffen 
werden soll. Auch dürfen es nicht Männer sein, die schon einen 
Beruf haben, da diese Arbeit den ganzen Mann erfordert Am besten 
wäre es, wenn man bei den einzelnen Völkern Ehrenprofessoren 
(professores honorarii), oder lieber ganze Kollegien einsetzte, die aus 
öffentlichen Mitteln zu erhalten wären. Mit Recht hat sich schon 
Baco gewundert, dass unter so vielen vortrefflich ausgestatteten Kol- 
legien keins für die freien und universalen Studien da sei; denn alle 
die Kollegien, Genossenschaften und Brüderschaften, die bisher, heim- 
lich und öffentlich, bestanden haben, haben zwar einigen Nutzen für 
Theologie und Philosophie gehabt, aber nur für einen Bruchteil der 
Menschheit, keinen für die Gesamtheit Jetzt aber, da die Zeit da 
ist, das Zerstreute zu sammeln und „alle Summen mit den Summen 
der Summen zu vereinen", ist ein Collegium catholicum unter den 
Gelehrten des ganzen Erdkreises aufzurichten^). 

Unter diesen Hütern der Weisheit muss eine gewisse kollegiale 
Verfassung bestehen. Einer unter ihnen soll sein, den die übrigen 
als ihren Vorstand (praeses) achten. An ihn haben die einzelnen 
alles Notwendige zu schreiben, damit er es an die anderen über- 
mittele. Zum Sitze dieses Oberhaupts hält Comenius England für 
das geeignetste Land, teils aus geschichtlichen Gründen, als Heimat 
von Drako und besonders Baco, der zuerst den Gedanken einer all- 
gemeinen Reformation der Wisseuvschaften angeregt hat, und zum 
Danke dafür, dass es zuerst einem so heilsamen Plane hat Förderung 
angedeihen lassen, indem es ein mit Einkünften ausgestattetes Kol- 
legium zur Ernährung so vieler Mitglieder und Gehülfen, als die 
Sache erforderte, überlassen hat, teüs aus dem praktischen Grunde, 
weil England zu Schiffe von der ganzen Welt aus erreicht werden 
kann. Neben diesem Oberhaupte könnte dann noch in jedem ein- 

*) An anderer Stelle bezeichnet er die Mitglieder dieser Akademie auch 
als Makler der allgemeinen Glückseligkeit (proxenetae communis felicitatiB). 



302 r>w»el, Heft 9 u. lO: 

zelnen Lande der besseren Ordnung halber ein Vorstand eingesetzt 
werden. 

Folgende Gesetze sollen für die Mitglieder des universalen 
Kollegiums bindend sein: 

1. sollen sie zum Danke für die hohe Ehre, zu Lehrern des Menschen- 
geschlechts benifen zu sein, allen Fleiss und Eifer auf ihre 
Thätigkeit verwenden ; 

2. sollen sie auf den Grundlagen unseres Wissens, die Gott gesetzt, 
Natur, Schrift, angebornen Begriffen, beharren; 

3. sollen sie die vollständigste Kenntnis der universalen Bücher 
haben und diese zu verbessern sich bemühen; 

4. was jemand an verborgenem Geheimnis entdeckt hat, soll er 
nicht nach eigener Willkür veröffentlichen, sondern den Brüdern 
mitteilen, damit es in die gemeinsamen Akten (thcsauri) einge- 
tragen >verde; 

5. sollen sie sorgen, dass überall Schulen errichtet werden und die 
Oberaufsicht über diese Schulen führen; 

6. sollen sie, wenn in der Christenheit die universale Reformation 
durchgeführt ist, dafür sorgen, dass auch den Muhammedanern, 
Heiden und Juden das neue Licht gebracht werde; 

7. soll jeder Kollege einmal im Jahre an das Oberhaupt schreiben 
und dieser ebenso oft an alle Kollegen des Lichts. 

Eine grosse Schwierigkeit steht aber diesem Verkehr der Mit- 
glieder untereinander und mit den Völkern entgegen, die Verschieden- 
heit der Sprachen. Deshalb müssen die Gelehrten entweder alle 
Sprachen kennen, oder es ist eine zum allgemeinen Gebrauche fest- 
zusetzen. Der erste Weg ist zu schwierig und darum der zweite 
vorzuziehen. Ludwig Vives wollte als allgemeine Gelehrtensprache 
die lateinische Sprache beibehalten ; dagegen spricht sich aber Comenius 
aus mehreren Gründen aus. Die Universalsprache, wie er sie sich 
denkt, muss vor allem leicht, die reichste von allen und zugleich ein 
Mittel gegen die Verwirrung der Begriffe sein. Sie soll nicht mehr 
Worte enthalten, als Begriffe vorhanden sind und diese genau so 
verbinden, wie die Dinge unter einander verbunden sind, endlich soll 
sie djis Wesen der Dinge durch den Klang der Worte ausdrücken, was 
bisher in keiner der vorhandenen Sprachen geschieht. Die Sprache 
soll ganz logisch, ganz analogisch, ganz harmonisch sein. 

AVie kann eine solche Sprache g(*schaffeu werden? Auf zwei 
Wegen: 1. an der Hand der schon bekannten Sprachen, in dem man 



1895. Der Weg des Lichte«. 303 

die Vorzüge aller in einer vereinigt; 2. an der Hand der Dinge. 
Comenius hält den zweiten Weg für den besten. Wenn die Worte 
der zu erfindenden Universalsprache auf Grundlage der Pansophie 
geschaffen werden, so wird der obeii ausgesprochenen Forderung der 
Harmonie zwischen Wort und Begriff am leichtesten entsprochen 
werden. 

Der Zweck dieser so bestimmten Universalsprache soll jedoch 
nicht der sein, die vorhandenen Sprachen zu verdrangen. Bleiben 
müssen 1. die drei Sprachen, welche am Kreuz des Herrn gestanden 
haben, 2. die heimatlichen Sprachen der Völker, deren Ausbildung 
und Verbesserung besonders anzustreben ist. 

Nachdem Comenius so seinen Plan der Schaffung eines univer- 
salen Lichts entworfen hat, preist er den Zustand der Welt, der nach 
Annahme und Ausführung seiner Vorschläge eintreten würde. Die 
Finsternis würde verschwinden und das Licht der AVahrheit überall 
siegreich durchdringen. Vermöge der Pansophie würden die Menschen 
die göttlichen Geheimnisse nicht nur glauben, sondern auch verstehen. 
Mit diesem Geschenk habe Gott das letzte Jahrhundert zu bereichern 
beschlossen. Durch die universalen Schulen würde das Licht über 
alle ausgebreitet, infolge der Vereinigung der Weisen könne es nie 
erlöschen und der Finsternis werde der Weg verschlossen, durch die 
Ausbreitung der universalen Sprachen endlich werde diese Welt allen 
Einwohnern geebnet werden. Dann würden alle sein ein Stamm, 
ein Volk, ein Haus, eine Schule Gottes. Alle Länder würden der 
Herrschaft Christi unterthan sein. „Sic implebitur Christi de uno 
avili et uno pastore promissio ! con vocatis ad gregis unitatem leonibus 
etiam et lupis et pardalibus eritque Saeculum vere aureuni plus quam 
Salomonicum. Hoc erit Sabbathum ecclesiae, septimä mundi aetas, in 
qua post sex mille annorum continuos labores, sudores, luctus, clades 
requiescere dabitur, ante quam beatae aeternitatis octava intonet." 
Solche Hoffnungen gewährt ihm nicht der Rausch oder ein Traum, 
sondern das Vertrauen auf die göttlichen Verheissungen und die Be- 
trachtung des gegenwärtigen Zustandes der Welt, der die baldige 
Erfüllung der Verheissungen wahrscheinlich macht. „Utinam qui 
sie inebriare parat amicos suos et qui dilecto suo dat semnim (Psalm 
127, 10) torrente voluptatum suarum omnes homines sie jam inebriaret." 

Zuletzt erörtert der Verfasser noch die nächsten Erfordernisse, 
um diese allgemeine Reformation ins Werk zu setzen. Es sind ihrer 
sieben : 



304 Diflsel, Heft 9 u. 10. 

1. ein Geist voll gewaltiger Zuversicht, 

2. heisses Flehen zu Gott, 

3. der Fleiss und die unermüdliche Arbeit vieler Weisen, 

4. die Gunst der Mächtigen, da ja viele Bücher, Bibliotheken und 
grosse Hülfsmittel erforderlich sind, 

5. Klugheit und bestimmte Ordnung, 

6. rasche Einführung des Ausgearbeiteten in die Praxis, 

7. allmählicher Übergang von dem einen zum andern bis zur Uni- 
versalität 

Dabei handle man möglichst im Verborgenen, um nicht 
die Welt aufmerksam zu machen, nicht einmal diese Schrift über 
den Weg des Lichts soll andern bekannt werden als denen, die zur 
Ausführung des Werkes hinzugezogen werden*). Was die Ordnung 
betrifft, so ist die Reihenfolge zu beobachten, dass zuerst durch die 
Wohlthat der Methode die Bücher reformiert werden, dann die Schulen 
eingerichtet werden, hierauf die universalen Kollegien als Aufseber 
der Schulen und endlich die Universalsprache begründet werden. 

Bei der Ausarbeitung der Bücher könnte man entweder mit 
den wichtigsten, den pansophischen, anfangen oder mit denen, die 
für den ersten Gebrauch bestimmt sind. In letzterem Falle ginge 
der Weg ab eruditione per experientiam ad sapientiam. 

Die Universalsprache darf nicht eher geschaffen werden, als 
bis die Pansophie beendigt ist. Sie darf nicht das Werk eines Ein- 
zelnen sein, sondern muss von dem ganzen Kollegium der Weisen 
bearbeitet werden. 

Die Hauptsache ist, dass bald vom Erwägen zur That über- 
gegangen werde, die Bücher sollen sogleich in den Gebrauch einge- 
führt werden, es ist nicht nötig, dass sie von vornherein gleich voll- 
kommen sind. Auch das Kollegium des Lichts kann zuerst 
von wenigen begründet werden, ein Haus, ein Volk kann den 
Anfang machen. Dann gehe man über zu den Muhammedanem, 
von diesen zu den Heiden, zuletzt zu den Juden. 

Die paena rerum (sive metaphysica pansophica), nach den wahren 
Gesetzen der universalen Harmonie geschaffen und in allen Sprachen 
herausgegeben, wird ein Trichter sein können, durch den jede Sprache 
und die Grundlage der neuen Sprache gelernt werden kann. 

^) Darauf beruht es, dass die Schrift in den ersten Jahrzehnten ledig- 
lich handschriftlich verbreitet ward. Am 18. April 1642 hatte übrigens 
Comenius „capitum^ seriem" bereits an Hotton geschickt. 



1895. Der Weg des Lichtes. 305 

Mit einem inbrünstigen Gebet an den Vater des Lichts für 
die letzte Erleuchtung des Menschengeschlechts schliesst die Schrift. 

Der hohen Begeisterung, mit der sie abgefasst, dem .hoffnungs- 
frohen Glauben an die endliche Verwirklichung seiner Ideale, haben 
die 26 Jahre, die bis zu ihrer Drucklegung vergingen, und die mannig- 
fachen Enttäuschungen, die sie dem Verfasser bereiteten, keinen Ab- 
bruch gethan. Dies beweist die Widmung an die Regia Londinensis 
Societas, welche das Vertrauen auf die Wahrheit seiner Gedanken 
und die Notwendigkeit ihrer Ausführung ungemindert zeigt. Die 
Gründung der Londoner königlichen Gesellschaft entsprach dem 
Ideale einer Akademie oder eines Kollegiums, wie es seinem hoch- 
fliegenden Geiste vorgeschwebt hatte, keineswegs, und der im Jahre 
1668 veröffentlichte Entwurf einer Universalsprache befriedigte CJome- 
nius nicht vollständig. In den Widmungsworten zollt er den Zielen 
der Royal Society, die sich die Erforschung der Natur zur Haupt- 
aufgabe gemacht hatte, zwar volle Anerkennung, doch meint er, die 
vollständige Erkenntnis der Natur besitzen, hiesse erst das Alphabet 
der göttlichen Weisheit kennen. — Der Versuch einer Universal- 
sprache, welcher in demselben Jahre, wie die Via lucis, von John 
Wilkins, Mitgliede und Mitgründer der Royal Society, unter dem Titel 
An Essay towards a Real Character and a Philosophical Language 
mit Unterstützung der königlichen Gesellschaft herausgegeben wurde, 
konnte den Wünschen des Ck)menius schon deshalb nicht entsprechen, 
weil er vor Vollendung der Pansophie entworfen war, trotzdem aber 
erfüllt dies bedeutsame Werk sonst im w^esentlichen die Anforde- 
rungen, die er an eine solche Sprache gestellt hatte, dass sie näm- 
lich auf der Harmonie zwischen Wort und Begriff beruhen solle, 
und die Vermutung scheint schwer abzuweisen, dass Wilkins von 
den Vorschlägen des Comenius Kenntnis gehabt habe, wenn er auch 
seinen Namen an keiner Stelle nennt. 



Sigismund Evenius. 

Von 
Dr. Georg Schmid in St. Petersburg. 



Wer sich genauer mit der Entwickelung der Gedanken be- 
schäftigt, die der Schulreform des Herzogs Ernst des Frommen zu 
Grunde liegen, wird bahl zu der Einsicht kommen, dass dessen 
„Kirchenrat", der Mag. S. Evenius, darauf einen hervorragenden Ein- 
fluss geübt hat. Er wird bedauern, dass Eckstein in dem Programme 
von 1850 und in der Allg. D. Biographie über Andeutungen dieses 
Einflusses nicht hinausgekommen ist. Um so willkommener wird es 
ihm sein, da,ss nunmehr der verdienstvolle Herausgeber der Ratichiana 
diese Aufgabe übernommen und im allgemeinen abschliessend gelöst 
hat^). Stötzner ist es gelungen, sämtliche Schriften des Evenius, 
auch solche, die bisher so gut als unbekannt waren, mit Ausnahme 
einer einzigen, einzusehen; sie sind im dritten Abschnitt S. 28 — 32 
zusammengestellt (nur hätte auch hier die „Fonnul" von 1618 auf- 
genommen werden müssen). Auf Grund dieses reichen Materials hat 
er ein Bild von Evenius* Lebensgang, seiner Pädagogik und Didaktik 
entworfen, das im ganzen vollkommen mit dem übereinstimmt, welches 
Ref. bei seinen Studien über ihn und den Schubnethodus gewonnen 
hat, die er hoffentlich in nicht allzufemer Zeit im IV. Bande der 
Geschichte der Erziehung den Lesern vorlegen kann. Im einzelnen 
glaubt er da und dort etwas berichtigen zu können. 

Zu Evenius' Lebensgang bieten Wichtigeres Gotth. von Hansens 
„Geschichtsblätter des Revaler Gouvernementsgymnasiums" (jetzt G. 
des Kaisers Nikolaj I.) „zu dessen 250 jährigem Jubiläum am G. Juni 
1881" (Reval 1881), obwohl die im Gymnasialarchiv erhaltenen 
Nachrichten auch recht lückenhaft sind. Danach war das Gymnasium 
auf Grund einer Vereinbarung Gustav Adolphs mit der Stadt zu- 
stande gekommen, und zwei Legaten der letzteren hatten den Auftrag, 
die Lehrkräfte zu gewinnen. In ihrem Namen trug der schwedische 

*) Paul Stötzner, Sigismund Evenius. Ein Beitrag zur Qeschichte 
des Ratichianismus. Beilage zum Jabrcsberiehte des Gymnasiums zu Zwickau 
Ostern 1805. 4°. 32 S. 



1895. Sigismund Evcnius. 307 

Feldprediger Fabrioius in Wittenberg, wohin Evenius nach der Zer- 
störung Magdeburgs sich geflüchtet hatte, diesem das Rektorat und 
die Professur der Theologie an; es waren noch drei andere Professuren 
errichtet, für Beredsamkeit, Poesie und griechische Sprache — zu 
lateinischem Unterricht waren alle verpflichtet — , so dass also an 
ein höheres Gymnasium gedacht war. Evenius nahm den Ruf an, 
traf aber erst lange nach Eröffnung des Gymnasiums in Reval ein; 
bei dieser wurde nur der Professor der Beredsamkeit Heinrich Vogel- 
mann eingeführt. Die Zeit seiner Ankunft läset sich mit Wahr- 
scheinlichkeit aus der Nachricht erschliessen, er habe seinen Schüler 
David Gallus überredet „mitzureisen". Dieser ging, wie ausdrücklich 
erzählt wird, am 7. September zu Schiff von Stralsund ab und kam 
am 17. in Jleval an. Nach derselben Quelle kehrte Evenius noch 
1G31, nicht erst 1632, wieder nach Deutschland zurück. Wahr- 
scheinlich lag das Motiv nicht im Klima, wie Stötzner annimmt, 
sondern in den Verhältnissen, die, wie man aus Angaben über die 
nächsten Jahre schliessen kann, nicht sehr erfreulich gewesen sein 
müssen, obwohl Evenius einen zweiten Schüler, Timotheus Polus, 
ebenfalls nach Reval gezogen hatte, der die Professur der Poesie 
erhielt; 1632 findet sich noch ein dritter verzeichnet, der Mathema- 
tiker Gebh. Himsel. Gallus kam übrigens nicht an das Gymnasium, 
sondern musste Hauslehrer werden. Die Angabe von einem Rektorat 
des Evenius in Riga beruht wohl einfach auf einem geographischen 
Irrtum. 

Bei der Beurteilung des Charakters des Evenius ist sein Ver- 
halten dem Ratichius gegenüber massgebend. Stötzner bringt hier 
Neues bei; so die Angaben, dass Evenius den Didaktiker 1620 in 
Halle bei sich aufnahm, dass dessen Anhänger, der Magdeburger 
Prediger Andreas Gramer, in seiner „Anleitung" (1622) Evenius als 
einen „fürnehmen wohlbegabeten und wohlgeübeten Schul-Rektor zu 
Halle" bezeichnete und sein Gymnasium lobte, sowie dass Evenius 
mit diesem Ratichianer, mit dem er allerdings in Magdeburg in einen 
ziemlich heftigen, erst durch Ratsdekret vom 31. Januar 1625 be- 
endigten Streit geraten war, auf seiner Reise in Lübeck 1631 aus- 
söhnte. Gramer musste doch längst von Evenius' Bedingung bei der 
Annahme des Magdeburger Rufes („dass die widerwertigen didactici 
sampt ihren adhaerenten conpesciret würden") gewusst haben und 
hatte wohl auch Kunde von dem in moralischer Hinsicht schlimmsten 
Schritte, den Evenius gegen Ratke gethan hat, seinem Versuche, 
jenen beim Anhalt-Cöthener Hofe anzuschwärzen, wobei er bat, seinen 
Namen in dieser Sache zu verschweigen. Söhnte sich nun Cramer 
mit ihm aus, so konnte es doch nur auf Grund des Eingeständnisses 
geschehen, für das Stötzner die Stelle aus einem Briefe Kromeyers 
an den Superintendenten Ewald in Königsberg i. Pr. von 1629 an- 
führt: neque vero velim te aut alios absterreri denuo ab hoc laudabili 
instituto nomine Ratichii, Non amplius enim Ratichiani 



308 Schmid, Heft 9 u. 10. 

audimus. Dafür mu8s ohne Zweifel wenigstens zum Teil der Grund 
in dem Didaktiker gelegen haben, wenn auch dessen herbe Lebens- 
schicksale als mildernder Umstand für ihn gelten. Aber dies kann 
freilich die Handlungsweise des Evenius, soweit wir über sie unter- 
richtet sind, nimmermehr als gerechtfertigt erscheinen lassen. Doch 
muss immerhin mit Stötzner in die Wagschale gelegt werden, dass 
Herzog Ernst, selbst ein unentwegter Ratichianer, Evenius ein so 
grosses Vertrauen schenkte, was er sicherlich nicht getban hätte, wäre 
dieser ein schlechter Mensch gewesen. 

Dass er auch in der Methodi . . . veritas nicht gerade heraus 
bekannte, er verdanke der Hauptsache nach seine Reformideen 
Ratichius, darf ihm nicht zu hoch angerechnet werden, hatte er doch 
anderweitig ihn als „den Anfänger** anerkannt. Wenn er Thes. IV 
XXII Helvicus in der Delineatio und Rhenius in paedagogia als Ge- 
währsmänner anführt, so musste der Kundige sehen, dass die Didaktik 
Ratkes gemeint war. Seinem Bestreben, ältere Autoritäten für die 
neue Methode ausfindig zu machen, sind einige wertvolle Notizen zu 
verdanken. So führt er aus Augustin Conf. I c. 14 col. 71 an: 
absque grammaticis praeceptionibus se latiuam linguam didicisse, aus 
Luther Tom. HI de novissimis verbis Davidis fol. 102 b.: jede 
Sprache werde richtiger und besser gelernt ex usu domestico quo- 
tidiani colloquü, aus Melanchthon die Von*, zur syntaxis (eine Stelle, 
die übrigens nicht ganz beweisend ist), aus Neander die epistola bei 
der Dialektik und Rhetorik (nach einer Ausgabe von 1563). Am 
interessantesten ist vielleicht eine Stelle, die beweist, dass schon weit 
früher, als M. Montaigne die bei ihm von seinem Vater angewandte 
Methode veröffentlichte (1580), Paracelsus eine ähnliche empfohlen 
hatte, nämlich aus der Cyclopaedia translata atque edita a. 1583 a 
Samuele Siderocratore (d. h. von dem Professor und Leibarzt des 
Markgrafen zu Baden, des Kurfürsten von Köln, der Bischöfe von 
Strassburg und Speier S. Eisenmenger, geb. 1534, seit 1556 Prof. 
der Mathematik zu Tübingen, 15 64 Doktor der Medizin, gest in 
Brüssel 1585). 

In einem anderen Schriftchen, dem auch erst durch Stötzner 
wieder bekannt gewordenen Pentaphyllum scholarum pestiferum cor- 
rectum (1622), erwähnt Evenius allerdings den Ratichius. In auf- 
fallend grosser Schrift gedruckt steht am Schlüsse die Frage, ob 
dieser irgend wem seine Methode mitgeteilt habe, aut saltem tradere 
valuerit (Druckfehler für voluerit?); er fordert alle die zur Beant- 
wortung auf, die dem Schulwesen durch die Ratichianische Methode 
aufhelfen wollen, damit endlich sich zeige, was unter den dem Rate 
gemachten Versprechungen enthalten sei, und um dies zum Besten 
der Schüler zu benützen. Dies möchte doch schwerlich als Gehässig- 
keit auszulegen sein, sondern nur als der Ausdruck des auch sonst 
bezeugten allgemeinen Unwillens über Ratkes Schweigsamkeit in be- 
treff seiner Methode, die für seine Sache verhängnisvoll wurde. 



1895. Sigismiind Evenius. 309 

Die Methodi . . . veritas (Ex. in der K. öffentl. Bibliothek in 
St. Petersburg), welche für die Gelehrten, also lateinisch, geschrieben 
ist, dient zur Begründung der Schulordnung, der „Formul", die in 
ihrem für den Rat und die Bürgerschaft bestimmten Teil deutsch, 
soweit sie die Lehrer speziell angeht, lateinisch abgefasst ist. Auch 
hier hält sich Evenius durchaus frei von dem Schein eines Anspruches, 
als sei er der Erfinder der neuen Methode. Er will nur über sie 
und die Gedanken ihrer Anhänger aufklären. Sie stützen sich, sagt 
er an einer bemerkenswerten Stelle (Thes. XI, lxxii), 1. auf die Be- 
obachtung, dass das Kind die deutsche, so reiche und schwere Sprache 
in einem Jahre durch häufige Übung so lernt, dass es seine meisten 
Gedanken ausdrücken kann; warum sollte dies nicht auch beim 
Lateinischen, Griechischen und Hebräischen der Fall sein, da doch 
die Erfahrung dadurch bestätigt wird, dass die französische, italienische, 
spanische und andere Sprachen in kürzester Zeit gelernt werden? 

2. Sie sprechen von Jünglingen von achtzehn und mehr Jahren, bei 
denen die Übung durch die Regeln unterstützt werden kann; Knaben 
von sieben, zehn oder zwölf Jahren werden ohne Zweifel (bei der 
Methode durch Regeln zu lehren) langsamer vorwärts kommen. 3. 
Ist die Rede von lebhaften und zum Studieren von Natur geschick- 
ten Köpfen; den langsameren und unbegabten werden die mechanici 
von ihrer Kunst nicht viel beibringen. 4. Sie unterscheiden zwischen 
Gewandtheit in der Sprache und Eleganz ; erstere erfordert, wie jemand 
sich ausgedrückt hat, einen Monat oder ein Jahr, letztere Monate 
und Jahre (diese Unterscheidung spielt später, bei der Ordnung des 
Gothaer Gymnasiums, wieder eine Rolle). 5. Ebenso zwischen der 
alten und der neuen Methode, dem „infelix literarum seculum" und 
dem „felicius"; bei diesem ist es erreichbar, bei jenem nicht. Denn 
die Methode hat 6. den Vorteil der Kürze: 1. Die Sprache wird an 
dem Autor geübt und zwar 2. durch beständige Unterredung, so dass 

3. die Wörter nicht einzeln gelernt werden, sondern verbunden in 
den Sätzen selbst, und so 4. nicht bloss viele zugleich, sondern alle 
auch in ihrer Anwendung, wobei 5. die Variation in numeri, casus, 
tempora und personae neue und mannigfaltige Sentenzen bilden lässt, 
so dass man G. nicht nötig hat, alle Synonyma zu lernen, da 7. 
das Meiste durch Periphrase wiedergegeben werden kann. 8. Auch 
die grammatischen Regeln brauchen nicht gelernt zu werden, sondern 
werden nur in den kürzesten Zügen oder auf Tabellen gewiesen und 
durch die Praxis verstanden und gelernt. 

In der Begründung ist Evenius nicht selten originell. So be- 
gründet er den Satz, der Autor müsse vorangehen, Thes. IV, xvii so: 
sensibilia illa sunt, quae autor tradit, in quibus facilius ars traditur 
atque docetur, quam in mere intelligibilibus (dem Abstrakten), sicut 
geometram vidimus facilius figurae cognitionem tradere, quando in 
visibili aliquo corpore aut in tabula ostendit, quid sit acutus aut 
obtusus angulus, quid quadratum, circulus, piramis, ein Satz, der nicht 

Monatshefte der Comenius-Gesellschaft. 1895. Ol 



310 Schraid, Heft 9 u. 10. 

bloss wegen des Anklanges des Orbis sensualium pietus beachtens- 
wert ist, sondern auch wegen der Einsicht in die Wichtigkeit der 
Anschauung für die Gewinnung des Verständnisses, worin Evenius 
dem Ck>menius lange vorangeht. Dass er zum Autor nicht den Terenz 
wählt, erklärt sich aus dem Gesch. der Erz, III 2 S. 69 Anm. an- 
geführten Grunde. Die Wahl der coUoquia geschah im Anschluss 
an Ratke, der ja auf Terenz „ganz nicht*^ bestand. 

Jedenfalls hat Evenius durch den von Stötzner angeführten 
Satz: fundamenta methodi Ratichianae certissima atque firmissima 
semper judicavi sein Verhältnis zu Ratke ziemlich genau formuliert. 
Der Nachweis, wie er auf diese „fundamental^ seinen Schulorganismus 
aufbaute, ist von Stötzner in allen Hauptsachen überzeugend ge- 
geben. Nur ist einmal hervorzuheben, dass schon in der folgerichtigen 
Durchführung der Ratkeschen Ideen mit Bezug auf den vollständigen 
Organismus eines Gymnasiums ein bedeutender Fortschritt über Ratke 
hinaus liegt, und dann, dass sich nun auch Gedanken ^nden, die 
ganz unzweifelhaft nicht ratichianisch sind. Dahin ist „die deutsche 
Kunstschule" (III Klasse) zu rechnen, in der „diejenigen, welche zu 
Handwerkern oder anderen weltlichen Händeln schreiten, können 
geübt werden". Diese Anordnung ist in ihrer Art epochemachend, 
denn es ist nicht daran zu zweifeln, dass auf sie der spätere Ver- 
such des Herzogs Ernst am Gothaer Gymnasium, und als dieser 
nicht gelungen war, die Einführung der Realien in den „Methodus" 
und in die Volksschule zurückgeht. Und zwar erscheint Auswahl 
und Umfang dieses neuen Wissensgebietes im Methodus rationeller, 
als in der späteren Anordnung des Comenius, von dem die Idee der 
Kunstschule, was schon chronologisch klar liegt, völlig unabhängig 
ist, so dass man mit Recht sagen kann, als die Vorschläge des 
Comenius bekannt wurden, habe man in Gotha schon das Bessere 
gehabt. Jedenfalls ist Comenius aus diesem Entwicklungsstadium 
der deutschen Volksschule ganz auszumerzen. Auch in der Ver- 
wertung des Bildes beim Unterricht ist ihm Evenius vorangegangen, 
da er es in der christlich gottseligen Bilderschule (1630) zum ersten 
Mal für den Unterricht in der biblischen Geschichte verwendet hat 
Ja, auch für die Methode des Sprachunterrichtes gilt dies, da Evenius 
schon 1628 eine Janua Ebraismi et Graecisini herausgegeben hat, 
von der Stötzner leider keine genauere Beschreibung giebt (sowenig 
als von der Bilderschule, von der sich ein im Anfang defektes Ex. 
der Ausg. von 1670 in der Bibl. der Akad. d. W. W. befindet); 
man kann nur die Vermutung hegen, dass sie der von J. Habrecht 
1617 in Strassburg erschienenen nachgebildet war, die aber auch so 
gut als unbekannt ist. (Mit der lateinischen Janua (1631) blieb 
übrigens in Gotha Comenius Sieger; sie wurde am Gymnasium ge- 
braucht.) Vielleicht füllt Stötzner diese Lücke noch aus und fügt 
dann auch die Beschreibung der „christlich gottseligen Katechismus- 
schulo" hinzu. 



1895. Sigismund Evenius. 311 

Etwas anders, als Stötzner thut, ist wohl die Schola latina 
philosophica scu artium perfecta, die VII. Klasse der „Formul", an- 
zusehen. Sie hatte nicht propädeutischen Charakter im Verhältnis 
zur Akademie, sondern wollte, für alle zum Studium Bestimmten 
obligatorisch, dies ganze Wissensgebiet der Akademie abnehmen. Es 
war ein auch von anderen hervorgehobener Übelstand, dass die Uni- 
versitäten in diesen dem Fachstudium vorangehenden Wissenschaften 
nichts Rechtes leisteten. Die akademischen Lehrer, so sagt Evenius 
Thes. IX xxxxvni ff., sind nicht gut in der Lage sie zu lehren, und 
doch sind sie unentbehrlich. Die jungen Studenten finden ihr Haupt- 
vergnügen in der Freiheit, Ungebundenheit und im Nichtsthun; sie 
lassen sich durch die zahlreichen schlechten Beispiele sofort auf Ab- 
wege reissen; sie lassen sich durch den Ekel an der Weitläufigkeit 
der Vorlesungen leicht abschrecken; sie sind ohne private Leitung 
oder auch ohne pekuniäre Mittel; es wird ihnen daher von grösstem 
Nutzen sein, wenn sie die Fundamente der einzelnen Disziplinen 
der Philosophie und der Fakultäten unter einer strengeren Zucht 
(sub rigorosiore ferula) gelernt haben, und also auf die Universität 
schon mitbringen: justa et sufficiens ad Academias in Artium Facul- 
tatumque initiis praeparatio, nennt er es im Honor . . . restitutus 
von 1622. 

Einen davon verschiedenen Charakter dagegen tragen, wie eben- 
falls abweichend von Stötzner nachzuweisen ist, von den oberen 
Klassen die IX. und X. Jene, die schola Hebraea, ist nicht für 
alle bestimmt, sondern nur für die späteren Theologen, wie aus dem 
Zusätze hervorgeht: „Da man einen Knaben oder wie viel derselben 
wären, auch in den fontibus hebraeis unterweise." Diese, die schola 
theologica, hat den Zweck, „in h. göttlicher Schrift und in den Ar- 
tikeln christlichen Glaubens" zu unterweisen, so dass die Schüler 
nicht allein „vor sich den richtigen und wahren Verstand erlangen, 
sondern auch andern lehren und die wahre seligmachende Lehre ver- 
teidigen und die Widrigen widerlegen könnten". Daraus ergiebt sich 
allerdings, dass die schola theologica eine abschliessende theoretisch- 
praktische Bildung für das Pfarramt gewähren sollte; denn die 
Schüler sollten auch Anleitung und Übung im Predigen erhalten und 
„summative also ihr Amt verrichten lernen, dass sie es zu verant- 
worten und damit viel Nutzen schafften". Aber wer theologus 
werden wollte, musste doch noch auf die Akademie, „wo er das Ge- 
lernte der Zeit und sumptuum und Gelegenheit nach supplierte". 
„Man würde Theologos haben und erziehen, darauf wir uns zu ver- 
lassen, daneben auch pastores in doctrina seu fide integros et in 
vita inculpatos und also ein wohlbestalltes ministerium ecclesiasticum." 
Es ist also ein doppelter Charakter, der dieser Klasse zukommt; 
wie die IX. nur für künftige Geistliche und Theologen bestimmt, 
tritt sie Einrichtungen an die Seite, wie sie IGIG J. M. Meyfert in 
Coburg, später Dilherr in Nürnberg u, a. schufen. 



Ol ♦ 



312 Schmid, Heft 9 u. 10. 

Nicht ganz klar ist dagegen der Charakter der zwei weiteren 
Klassen, die Evenius anzugliedern für möglich hält, über deren wirk- 
liche Errichtung aber nichts bekannt ist, der Jurisprudentia und der 
Medicina. Man sollte denken, sie bilden eine Analogie zur theolo- 
gischen IGasse, so dass auch für diese Beruf sarten die Schule dem 
stadtischen Gemeinwesen eigene Kräfte herangebildet hätte. Evenius 
spricht Methodi . . . ver. Thes. IX lvih und in der „Formul" von 
den fundamentis juris ex decalogo et lege naturae desumptis, die 
hier zu lehren seien (wobei übrigens die griechische Sprache als für den 
Juristen notwendig bezeichnet wird und auch wegen der griechischen 
Übersetzung der Institutionen von Theophilus, die Grothofredus oft 
citiere); er empfiehlt die Methode Glaums, über den Stotzner in 
dankenswerter Weise manches beigebracht hat (er wird auch von 
Comenius erwähnt). Aber die Begründung der Nützlichkeit beider 
Klassen lässt darauf schliessen, dass Evenius bei ihnen an allgemeine 
Beteiligung gedacht hat; es heisst nämlich: die Kenntnis jener Funda- 
mente sei deswegen allen nötig, weil im gemeinen Leben dem Leben, 
Ruf und Gut eines jeden Gefahren drohen, und die Unkenntnis der 
allgemeinen Mittel, sie abzuwenden, zu ertragen und zu strafen, für 
jeden wissenschaftlich Gebildeten nicht bloss schimpflich, sondern 
zuweilen auch nachteilig sei. Ebenso bei der Medizin: eine allge- 
meine Kenntnis derselben sei nicht so sehr nützlich für jeden, als 
notwendig; es wird der Ausspruch des Kaisers Hadrian turba medi- 
corum Caesarem perdidit (der bei Dio C. Epit. 69 als gemeine, vom 
Kaiser angewandte Redensart erwähnt wird), sowie die Stelle Cic. de 
off. II 24 über die Gesundheit angeführt. Übrigens weiss Evenius 
für die scholae medicinae offenbar nicht besonderen Rat, er hofft 
nur, dass sich ein geeigneter Lehrer finden lasse. Schwerlich würde 
sich in der Praxis die Sache so gestaltet haben, dass alle oder nur 
die Mehrzahl der zu anderen Fächern bestimmten Schüler diese beiden 
Schulen durchgemacht hätten. Berechnet waren sie jedenfalls, dem 
allgemeinen Grundsatz des Evenius nach, der freilich erst in Thes. 
XI durchgeführt wird, auf die Dauer eines Jahres. 

Wenn Evenius dem Rektor, wie Ratke, nur die Inspektion 
übertragen wissen will, so geschieht dies schwerlich, um die Scholar- 
chen überflüssig zu machen, sondern weil der Rektor, gewöhnlich zu 
zwei, manchmal zu drei täglichen Stunden verpflichtet, entweder diese 
vernachlässigen oder jene wichtigste Aufgabe erfüllen könne (Thes. 
I IX rectorum niodernorum officia sunt imparia, cum illi ordinarüs 
laboribus horarum cujusÜbet diei ad minimum duarum, aliquando 
trium adstricti aut hos negligere aut illis abesse cogantur). 

Eine interessante Charakteristik der Art, wie die von Herzog 
Ernst gewählten Mitarbeiter zusammenwirkten, führt Stotzner aus 
Krausens Antiquitates et Memorabilia Historiae Franconicae an: „im 
Hauptwerk hatten sie Einen Zweck, alles nach Ratichii Lehrart ein- 
zurichten. Ein jeder aber hatte ein besonderes Geschäft: Evenius 



1895. Sigismund Evenius. 313 

arbeitete so zu reden mit dem Herzog im Kabinett und entwurf die 
verschiedenen Schul-Methoden, Instructiones und Verordnungen . . und 
präparierte daneben etliche Kandidaten zum Schulwesen; Reyher hatte 
seine volle Arbeit in der Schul mit Docieren, ausser der Schul mit 
Verfertigung der Schulbücher nach dem Sinne des Ratichii . . .; der 
Hofprediger Brunchorst hatte . . vornehmlich mit Besuchung der 
Schulen zu thun, ob's drinnen recht zuging nach der neuen Lehrart". 
Damit stimmt der Satz überein, den Stötzner aufstellt: Evenius war 
der geistige Urheber aller Reformpläne des Herzogs. Eine genaue 
Untersuchung des Thatbestandes führt zu einer Einschränkung des 
Krauseschen Urteils: Evenius ist in vielen wesentlichen Punkten, so 
z. B. in seiner immer wiederholten These gegen das mechanische 
Auswendiglernen des Katechismus, erheblich über Ratke hinausge- 
gangen und von ihm unabhängig. Sodann ist sicherlich das her- 
kömmliche Urteil über Reyhers Mitarbeit zu ändern, sofern er nichts 
mehr als der Redaktor des Schul-Methodus ist. Ausserdem bekommt 
seine Stellung zu der Gothaer Reform einen gänzlich anderen Charak- 
ter durch die Thatsache, die freilich seinem Biographen entgangen 
ist, sich aber aus seiner Palaeomathia ganz sicher ergiebt, dass er von 
Hause aus ein ganz entschiedener Anhänger — Aisteds war, also 
auf einem dem Ratichianismus zum Teil schroff entgegengesetzten 
Standpunkt stand. Den Nachweis dieser Behauptung hoffe ich eben- 
falls in kurzem vorlegen zu können. Endlich muss ohne Zweifel 
auch L. V. von Seckendorff unter den Beratern des Herzogs ge- 
würdigt werden. 

Einen Briefwechsel zwischen Evenius und Reyher erwähnt Dr. 
Heyne im Programm des Gymnasiums zu Holzminden 1882 (Rektor 
Mag. A. Reyher, Verfasser des Gothaischen Schulmethodus), S. 16 
Anm. 4 als in seinem Besitz befindlich. 



Litteraturbericht. 



Eine umfangreiche und bemerkenswerte Strassburger Dissertation 
von Günther Voigt über „Bischof Bertram von Metz. 1180 
bis 1212" (Metz, Druckerei der Lothringer Zeitung. 1893) befasst 
sich im 4. Kapitel bei Aufzählung der religiösen Streitigkeiten, die 
der gelehrte und thatkraftige Bischof auszuf echten gehabt hat, mit 
den Waldensern, die von des Stifters Wohnsitz Lyon früh nach 
Lothringen gekommen waren. Wir erfahren bei Voigt, wie schwer es 
Bertram trotz der Beihülfe des Papstes Innocenz III. geworden ist, 
ihre Lehren aus seiner Stadt zu verdrängen. Noch im Jahre 1221 
waren sie nach dem Bericht des Cäsarius von Heisterbach dort nicht 
völlig beseitigt. B. 

In der Zeitschrift für Kirchengeschichte XIV, s. S. 148, findet 
sich ein Aufsatz H. Haupts über deutsoh-böhmisohe Waldenser 
im Jahre 1340. Die Abhandlung ist bearbeitet auf Grund eines 
Verhörsprotokolls, das Ferd. Menöik jüngst aufgefunden und in den 
Sitzungsberichten der königl. Böhmischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften (Philos.-hist.-philol. Kl. 1891 S. 280—287) veröffentlicht 
hat. Das Protokoll betrifft Waldenser aus dem Gebiet der süd- 
böhniischen Herrschaft Neuhaus. K. 

Im Historischen Jahrbuch der GÖrres-GescUschaft 14, 3 bringt 
Uebinger zwei Beiträge zur Lebensgeschichte des Nioolaus von Cusa 
(eine autobiographische Nachricht aus 1449 und sein Testament). 
In derselben Zeitschrift 13, 4 handelt Birck über „Nicolaus von 
Cusa auf dem Konzil zu Basel". Nach einem anderen Aufsatz des- 
selben Verfassers in der Theologischen Q.uartalschrift 74, 4 hat Cusa 
auch nach seiner Schwenkung denselben Grundsätzen gehuldigt, „die 
das Papsttum in seinen innersten Grundlagen bedrohen", wie er sie 
in der concordantia catholica ausgesprochen hat. K. 

Über Johann Pupper von Qooh sind zwei eingehende Unter- 
suchungen erschienen, die zu sehr verschiedenen Ergebnissen kommen. 
Die eine ist von A. Knaake in den Theologischen Studien und 
Kritiken 1891, Heft 4, S. 738—774, veröffentlicht worden; sie er- 
giebt, dass sich bei Goch sehr entschiedene reformatorische Ansätze 
finden; die andere hat J. Nieraöller in Wetzer u. Weites Kirchen- 
lexikon, 2. Aufl. Bd. VI S. 1678—1684, drucken lassen; sie hebt 
die starken Gegensätze hervor, die zwischen der Lehre des Prote 
stantismus und Gochs vorhanden seien. K. 



1895. Ldtteraturbericht. 315 

Unter der wertvollen Büchersammlung, die der Stadt-Bibliothek 
zu Breslau von dem 1536 verstorbenen Breslauer Patricier Thomas 
Rehdiger vermacht wurde, findet sich eine Handschrift (Cod. Nr. 254), 
welche eine Reihe von Originalbriefen an Erasmus enthält. A. Hora- 
witz wurde durch den Tod an der beabsichtigten Publikation derselben 
verhindert. Die wichtigsten sind soeben von Archivar Dr. Franz 
Wächter im 30. Bd. der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, 
Elberfeld 1894, S. 200—212, veröffentlicht worden: „Briefe 
Niederrheinischer Humanisten an Erasmus (1529 — 1536)". 
Da die meisten kulturhistorisches Interesse haben, geben wir Wächters 
Regesten hier wieder: 1. Jungherzog Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg 
übersendet Erasmus einen Becher. Büderich, 1529 Nov. 10; 2. Thiel- 
mann von Grave wegen der Aufführung seines Sohnes Bemard. 
Köln, 1530 Aug. 17; 3. Joh. von Vlatten an Erasmus über die 
kirchliche Lage. Augsburg, 1530 Sept. 17; 4. Joh. von Campen 
schildert die Gesinnung des Cardinais von Lüttich gegen Erasmus; 

5. Georg Wicel über die religiösen Verhältnisse in Deutschland; 

6. Joh. Caesarius erwartet die Antwort des Erasmus auf eine Schmäh- 
schrift des Stephan Doletus, kündigt ihm neue Anfechtungen durch 
die Karthäuser an und bittet ihn um ein Heilmittel gegen Stein- 
leiden. Köln, 1533 (?) März 29; 7. Jacob Omphalius teilt Erasmus 
seine Aufnahme in das Juristenkollegium mit. Die Verteidigungs- 
schrift desselben gegen Petrus Cursius hat er mit Vergnügen gelesen 
und kündigt ihm Briefe hervorragender Gelehrten an. Toulouse, 
1536 Febr. 9. B. 

In demselben Bande der Bergischen Zeitschrift (S. 269 — 273) 
teilt K, Krafft aus der lange vergeblich gesuchten und endlich vor 
einigen Jahren in Wolfenbüttel gefundenen Selbstbiographie des 
W^estfälischen Reformators Gerhard Oemiken die Vorrede in neu- 
hochdeutscher Übersetzung mit. Eine neuere vollständige Lebens- 
beschreibung dieses 1485 zu Camen in der Mark geborenen, in den 
westfälischen Städten Soest, Lippstadt und Minden mit Eifer für die 
Reformation eingetretenen, 1562 als Superintendent zu Güstrow in 
Mecklenburg verstorbenen kernigen Westfalen, der u. a. auch die 
Schmalkaldischen Artikel mitunterzeichnet haben soll, fehlt bislang 
noch. B. 

Alexander Wirth führt uns im Programm der Realschule 
zu Meerane i. S. von 1894 in ,J)ie evangelisohe Schule des 16. 
und 17. Jahrhunderts*'. Auf Grund von K. Vormbaums evangeli- 
schen Schulordnungen schildert er bis in die kleinsten Einzelheiten die 
Einrichtung und den Studiengang der Lehranstalten jener Zeit und 
zwar zunächst der nach Melanchthons Vorbild organisierten Latein- 
oder Gelehrtenschulen und sodann der in Knaben- und Mädchen- 
schulen zerfallenden niederen deutschen Schulen, für die Luther durch 
seine Bibelübersetzung und den kleinen Katechismus den Boden 
geschaffen. Als charakteristisch für das durch die Reformation um- 



316 Litteraturbericht. Heft 9 u. 10. 

gestaltete Schulwesen kennzeichnet Wirth zunächst den Umstand, dasa 
der öffentliche Unterricht nicht mehr von Privatpersonen, sondern 
von der städtischen und landesherrlichen Obrigkeit eingerichtet und 
erhalten wird. Im Gegensatz zu früher giebt es einen selbständigen, 
besoldeten Lehrerstand, der von einem regelmässig zu zahlenden 
Schulgeld unterhalten wird. Zum Zwecke einer allgemeinen Volks- 
bildung erhalten auch die kleinsten Dörfer ihre Schulen. Damit tritt 
der Unterricht in den Elementarfächern, namentlich im Lesen und 
Schreiben, in den Vordergrund. Ein besonderes Gewicht aber wird, 
auf den höheren Schulen nicht minder als auf den niederen, auf die 
Religion gelegt, die als obligatorische Disciplin unter die Unterrichts- 
fächer aufgenommen wird. B. 

H. S. Burrage, der schon im Jahre 1881 eine History of the 
Anabaptists in Switzerland (Philadelphia American Baptist. Publ. 
Society 1420 Chestnut Street) veröffentlicht hat, hat in den Papers 
of the American society of Church history III, 145 — 164 einen 
Aufsatz über „The Anabaptists of the 16. Century" drucken 
lassen. K. 

Die beiden verschiedenen pädagogischen Richtungen seines Zeit- 
alters sah Christian Thomasius am vollkommensten in dem Jenenser 
Mathematik- und Astronomie-Professor Erhard Weigel und dem 
Kieler Daniel Georg Morhof verkörpert. Morhof: der humanistisch 
Gebildete, bemüht den Sprachunterricht der Lateinschulen als Haupt- 
bildungsmittel beizubehalten und nur in vernünftiger Weise zu 
reformieren, Weigel: der praktische Schulmann, eintretend für die 
vernachlässigten Realien und die Pflege einer frommen und tugend- 
haften Gesinnung. Thomasius verurteilte beide Bestrebungen für sich 
als einseitig. Gegen Morhof macht er geltend: „Der Mensch ist 
nicht auff der Welt der Sprachen halber, und die Sprachen machen 
für sich keinen gelehrten Mann, sondern die Sprachen sind erfunden, 
dass die Menschen dadurch ihre Gedanken einander eröffnen sollen, 
und die Gelehrsamkeit bestehet nicht in zierlich gesetzten Worten, 
sondern in wahrhafftiger und mit der Sache selbst übereinstimmenden 
Gedanken." Dagegen betont er Weigel gegenüber die Notwendigkeit 
des Sprachunterrichts, wxil viele Bücher, die für die wissenschaftliche 
wie für die sittliche Erziehung in Betracht kämen, in fremden Sprachen 
geschrieben seien. Thomasius hielt es für notwendig, die beiden 
Richtungen, d. h. also Sprach- und praktische Wissenschaft mit ein- 
ander zu verbinden, in derselben Erkenntnis, die zu Anfang unseres 
Jahrhunderts Herbart in dem Satze ausgesprochen hat: „Das Gewicht 
der Gründe auf beiden Seiten und die Hochachtung, welche so 
manchen Männern gebührt, die mit ihrem Ansehen beide Teile unter- 
stützt haben, lässt wohl kaum zweifeln, dass beide notwendig zugleich 
Recht haben müssen." — Ein Element, das sowohl Morhof, als 
Weigel übersehen, will Thomasius in das Erziehungssystem neu auf- 
genommen wissen. Das menschliche Thun imd Lassen hat 4 Stücke 



1895. Litteraturbericht. 317 

der Vollkommenheit, es soll ehrbar, artig, nützlich und belustigend 
sein. 3 von diesen fördern die früheren Systeme, das zweite aber, 
„die artige Höflichkeit der Sitten", „die Manierlichkeit in Thun und 
Lassen" hat Thomasius bislang vergeblich gesucht. — Diese Gesichts- 
punkte erörtert in verdienstlicher Weise Alfred Rausch in einem 
Aufsatze der Festschrift des Jenaer Gymnasiums zur 350 jährigen 
Jubelfeier des Eisenacher Gymnasiums am 18. Oktober 1894. Er 
führt den Titel: Christian Thomasius als Gast in Erhard 
Weigels Schule zu Jena. Ein Beitrag zur Geschichte der 
Pädagogik im 17. Jahrhundert. Nachdem Rausch nämlich in 
der oben gekennzeichneten Weise das Verhältnis des Thomasius zu 
Morhof und Weigel eingehend charakterisiert hat, geht er dessen 
persönlichen Beziehungen zu dem letzteren nach und berichtet speciell 
über den Besuch, den Thomasius der Kunst- und Tugendschule 
Weigels in Jena wahrscheinlich bei Gelegenheit ihrer Wiedereröffnung 
nach dem 3jährigen Probekursus am 10, November 1689 abge- 
stattet hat. B. 

Baniel Georg Morhof ist in jüngster Zeit eine Pariser Disser- 
tation von Alb. F6camp gewidmet worden: „De D. G. Morhofio 
Leibnitii in cognoscendis linguis et Germanico sermone 
reformando praecursore. Monspelii ex typis Ludovici 
Grollier patris 1894." F6camp nimmt einen guten Teil des Ruhmes, 
den Leibniz um seiner Sprach- Verdienste willen geniesse, für Morhof 
in Anspruch, der die meisten Leibniz'schen Auseinandersetzungen, 
nicht nur auf dem Gebiete der neuzubelebenden deutschen Sprache, 
sondern in der Sprachwissenschaft überhaupt, meist schon klarer und 
bestimmter dargelegt habe, und nur in der Gewandtheit und Schön- 
heit des Stils von jenem übertroffen werde. B. 

Nicht ohne Interesse auch für unser Forschungsgebiet ist die 
kleine Schrift von Wilh. Fabricius „Die Studentenorden des 
18. Jahrhunderts und ihr Verhältnis zu den gleichzeitigen 
Landsmannschaften". Ein kulturgeschichtlicher Versuch (Jena, 
Döbereiners Nachfolger 1891). Diese Verbindungen waren geheime 
und die akademischen Behörden hielten sich für verpflichtet, dagegen 
einzuschreiten; es scheint, dass sie teilweise bei den Freimaurern 
Anlehnung fanden, doch sind sie nicht zu verwechseln mit den 
akademischen Logen, welche Professoren, Studenten und Beamte 
umfassten, die aber im Sinne der obigen Arbeit keine „Studentenorden" 
waren. Immerhin weist Fabricius nach, dass die Studentenorden in 
der Form, wie sie um 1770 bestanden, erst seit dem Aufkommen 
der Freimaurerei in Deutschland (etwa seit 1740) nachweisbar sind. 
Sehr beachtenswert scheint auch der Hinweis auf Zusammenhänge 
mit den älteren „Akademien", besonders mit dem Blume norden 
in Nürnberg (S. 33), dessen 100 jähriges Stiftungsfest (1744) ein 
Ereignis in der gebildeten Welt war. K. 



Preisausschreiben der Comenius-Gesellschaft 

ffir 1S96. 

Der Gesamtvorstand der CG. hat beschlossen, für das Jahr 1896 
eine neue 

Preisaufgabe 

auszuschreiben. 

Die Errichtung der Universität Berlin hat eine Vorgeschichte, die bis 
auf die Zeiten Friedrich Wilhelms, des Grossen Kurfürsten, zurückreicht und 
die mit den Bestrebungen und Plänen des Comenius und der „Akademien^' 
der Naturphilosophen des 17. Jahrhunderts zusammenhängt. In neuerer 
Zeit hat zuerst D. Kleinert in einer Berliner Rektoratrede von 1885 
(wiederabgedruckt in dessen Abhandlungen und Vortragen zur christlichen 
Kultus- u. Kulturgesch. 1889 S. 128 ff.) auf die Pläne des Grossen Kur- 
fürsten und auf ihren Zusammenhang mit Ideen des Comenius hingewiesen. 
Indessen fehlt bis jetzt eine genauere Untersuchung dieses kurz vor seiner 
Ausführung gescheiterten Unternehmens, über das ein ziemlich vollständiges 
ungedrucktes Material erhalten ist. In Rücksicht auf die Bedeutung, die 
das Projekt für die Charakteristik der Bestrebungen des Grossen Kurfürsten 
auf geistigem Gebiete besitzt, wünscht die CG. eine Darstellung 

der projektierten Universal-UiiiTersitlit des Grossen KarfUrsten. 

Die Arbeit soll zugleich den Zusammenhang dieser Pläne mit den 
Bestrebungen und Ideen der Akademien der Naturphilosophen und des 
Comenius untersuchen, auf Grund selbständiger Nachforschungen in den 
Quellen in allgemein verständlicher Form abgefasst und in deutscher Sprache 
geschrieben sein. 

Die Arbeit soll den Umfang von 5 — 6 mittleren Druckbogen nicht 
wesentlich überschreiten. 

Der Preis betragt 200 M. 
Sic ist bis zum 31. Dezember 1896 unter Beifügung eines mit Sinnspruch, 
versehenen Briefumschlags, der den Namen des Verfassers enthält, bei der 
Geschäftstelle der CG., Berlin-Charlottenburg, Berliner Str. 22, 
einzureichen. 

Die preisgekrönten Arbeiten gehen in das Eigentum der CG. über. 
Sie werden von der Gesellschaft unter ihre Publikationen aufgenommen und 
herausgegeben. Die nicht gekrönten Arbeiten können die Verfasser selbst 
herausgeben, doch bleiben die eingereichten Handschriften ebenfalls Eigentum 
der Gesellschaft. 

Die Namen der Preisrichter werden im nächsten Heft bekannt ge- 
macht. 



Nachrichten. 



In den Preuss. Jahrb. (1895 S. 215 ff.) veröffentlicht E. Troeltsch, 
Professor der Theologie in Heidelberg, einen Aufsatz über ,,Religioii and 
Kirehe^*, den wir der Beachtung unserer Leser empfehlen. Wir verweisen 
hier nur auf die Charakteristik der verschiedenen protest. Kirchen, die aus 
der Refonnationsbewcgung hervorgingen. ,,Auch für Luther war (sagt P.], 
wie für den Katholizismus, die Kirche eine von Christus gestiftete Anstalt 
des Heils, auf festem, objektivem Grunde gebaut und von einem göttlich 
bestellten Amte getragen . . . Nur war diese Autorität für ihn nicht der 
durch Succession und Gnadenbegabimg zu rechtsgiltiger Entscheidung be- 
fähigte Bischof, sondern die heilige Schrift, das . . . Wort Gottes. . . . Von 
diesem festen Punkte, von der reinen Schriftlehre aus, werden die neuen 
Kirchen organisiert. Die Lehre, die durch sich selbst klar und fertig ist, 
muss in ihrer Eeinheit aufrecht erhalten werden, gegenüber allen Trübimgen, 
Häresie und Irrthümem, sie muss in ihrer Wirksamkeit unterstützt werden, 
durch . . . Unterstützung, Versorgung und Kontrolierung der Beamten, der 
Ausleger der Schrift. Beides wird als Aufgabe der Landesgewalt 

bezeichnet Die Folge davon war die Auslieferung der Kirchen 

an die Landesherren und deren Hoftheologen, die volle Unmündigkeit der 
Gemeinden .... Eine weitere Folge der Begründung des Instituts auf die 
so zu behütende Reinheit der Schriftlehre war ein ungeheurer Doktrinaris- 
mus. Die Schrift ist Grundlage der Lehre, des Gottesdienstes, aller Kasual- 
handlungen, des Unterrichts. Überall muss die reine Lehre ertönen, welche 
von selbst das Heil wirken wird. Die lutherischen Kirchen predigen ohne 
Unterlass, ja ihr Idealismus besteht gerade darin, dass nichts gethan wird 
als gepredigt .... Diese tief innerliche Frömmigkeit des Herzensglaubens 
schuf sich eine auf die reine Lehre gebaute Kirche und verwuchs so selbst 
unlösbar mit der reinen Lehre" . . . 

Sehr richtig bemerkt Troeltsch im Anschluss an diese Ausführungen, 
dass der moderne Toleranzstaat mit und durch sein Emporkommen 
diese Kirche und ihre Organisation tief erschüttert hat, ja dass 
der Gedanke des Toleranzstaates in einem völligen Widerspruch zu den 
obigen Gnuidgedanken steht und dass beide nicht vereinbar sind. 

Leider ist Troeltsch aber weder auf die Frage, wer die Schöpfer dieses 
Toleranzstaates waren, noch auf die Schlussfolgerungen, die sich aus dem 
eingestandenen Widerspruch ergeben, näher eingegangen. 



320 Nachrichten. Heft 9 u. 10. 

Wir übergehen hier die Schilderung der reformierten Kirchen calvi- 
nischer Richtung, in denen Trocltsch sein Ideal nicht erblickt, deren Lehr- 
und Sittenzucht nach T. leicht ausarten. „Wo aber**, fährt Troeltsch fort (S. 238), 
„die Lehr- und Sittendisziplin erheblich beschränkt und der individuellen Über- 
zeugung und Lebensgestaltung grössei'er Raum gelassen wurde, da gediehen 
auch keine grossen und schlagkräftigen religiösen Gemeinwesen, wie Inde- 
pendenten, Quäker und Unitarier zeigen. Gleichwohl haben diese 
kleinen Gemeinwesen sich behauptet und sehr segensreich ge- 
wirkt. Es mag daher die Ansicht derjenigen nicht ohne Berech- 
tigung sein, welche in diesen kleinen Gemeindebildungen das 
Ideal der zukünftigen Form der christlichen Kirchen sehen, 
das sich in der Zersetzung der Staats- und Landeskirchen, 
sowie der Kirchen des Lehrzwangs vorbereite." 

Die Bemerkung, dass jene kleineren Gemeinschaften — Troeltsch meint 
offenbar alle diejenigen Gemeinschaften, die wir unter dem Namen der alt- 
evangelischen Gemeinden zusammenfassscn — , keine grossen Gemein- 
wesen zu bilden im Stande gewesen sind, ist für den nicht verwunderlich, 
der die Kirchen geschichte kennt und der weiss, in welcher Art diese auf 
dem Grundsatz der Freiwilligkeit beruhenden und dadurch naturgemäss 
zunächst an die besseren Elemente verwiesenen Gemeinschaften von Katholiken 
und Protestanten bekämpft worden sind. Selbst aber, wenn man jene That- 
sache aus inneren Mängeln des Systems herleitet, muss man doch zugeben, 
dass viele Ideen und Grundsätze jener „kleinen Gemeinschaften" sich im 
Lauf der Jahrhunderte einen breiteren Boden erkämpft haben, als die Ideen 
irgend einer anderen „grossen Kirche". Und wir stehen ja noch nicht am 
Ende aller Tage. 

Für die Geschichte der religiösen Volksbewegungen des Mittelalters (oder, 
wie unser Arbeitsplan sagt, der alt-evangelischen Gemeinden) und ihre Nach- 
wirkungen im 16. Jahrhundert ist die Frage des Zusammenhangs zwischen 
Luther und den btfhmisehen Brüdern nicht ohne Bedeutung. Von jeher 
haben wir in diesen Heften einen sehr engen Zusammenhang zwischen den 
Brüdern und Luthers erstem Auftreten (bis 1525) vertreten und angenom- 
men, während sehr viele protestantische Theologen denselben bestreiten oder 
in seiner Bedeutung abzuschwächen suchen. Neuerdings hat K. Burdach 
in Halle (D.M. der G.G.), dessen geistvolles Buch „Vom Mittelalter zur 
Reformation. I. Halle 1893" unsere Mitglieder kennen werden, sich über diese 
Frage im Litterarischen Centralbl. (1895 Nr. 30 Sp. 1054) bei Gelegenheit 
einer Besprechung über Rudolf Wolkans neuestes Werk (Geschichte der 
deutschen Litteratur in Böhmen bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts) aus- 
gesprochen und wir wollen nicht unterlassen, dies Urteil hier wiederzugeben : 
„Die Darstellung des 16. Jahrhunderts hat der Verfasser im Wesentlichen 
aus eigner Kraft geliefert. Überzeugend weist er die Kulturgemcinschaft 
zwischen Böhmen, Schlesien, Meissen seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts 
und während des 16. Jahrhunderts nach. Auf ihr beruht, wie Ref. sich hier 
zu bemerken erlauben möchte, die Entwicklung und das allmählich zuneh- 
mende Übergewicht der ostmitteldeutschen Bildung und Schriftsprache 



1895. Nachrichten. 321 

Auch die Tschechen nahmen damals daran Teil. Die Beziehungen 
Böhmens zu Luther (, böhmische Brüder') und zu Melanchthon, der 
dort ausgezeichnete Schüler findet, zum Humanismus, verdienen die Beach- 
tung aller derer, die unbefangen nach geschichtlicher Wahrheit streben. 
Hervorragende Personen, wie Bohuslav Lobkowitz von Hassenstein und 
andere sind von Wolkan gut beleuchtet, die Bedeutung der reichen Bergstadt 
Joachimsthal und des böhmischen Erzgebirges für deutsche Dichtung und 
Bildung nach Grebühr gewürdigt: hier ist die Pflege der Lateinschule und 
des Humanismus zu Hause, Gedicht, Volkslied, Kirchenlied, Drama gleicher- 
massen; Namen, wie Nikolaus Hermann, dessen Sonntagsevangelia von 1561 
der Verfasser soeben neu herausgegeben hat (Prag und Wien, Tempeky 
1894), Matthesius, Krüginger, sind allbekannt. Böhmen exportiert auch im 
16. Jahrhundert noch eine Fülle geistigen Lebens und den Zusammen- 
hang zwischen der reformatorischen Lehre, Schriftstellerei und 
Liederdichtung und der hussitisch-wiclifitischen kann eine ob- 
jektive Geschichtschreibung nicht bestreiten. In dem Versuch 
Kaweraus (Weimarische Lutherausgabe Bd. 9 ß. 677 ff.) z. B. für Luthers 
„Passional Christi und Antichristi^' diesen Zusammenhang anzuzweifeln oder 
doch nur als möglich hinzustellen, vernimmt Referent mit Bedauern den 
Nachklang eines eingewurzelten Vorurteils einer konfessionel- 
len Behandlung der deutschen Reformationsgeschichte.''*) 



Nichts hat der zum Teil absichtlichen Verdunkelung der Geschichte 
der ausserkirchlichen Christen -Gemeinden, die man Ketzer nannte, grösseren 
Vorschub geleistet, wie der Gebrauch von Scheltnamen oder Ketzemamen, 
die mit der Absicht der Herabsetzung erfunden und in Umlauf gesetzt, 
schliesslich selbst in wissenschaftlichen Werken und Darstellungen in Ge- 
brauch kamen und vielfach heute noch — ich erinnere z. B. an den Schelt- 
namen „Wiedertäufer" — zur Bezeichnung von Religionsgemeinschaften 
in Gebrauch sind, die sich nicht nur selbst keineswegs so genannt, sondern 
sogar diese Namen als eine Beschimpfung bezeichnet und zurückgewiesen 
haben. Auch zur Bezeichnung der böhmischen Brüder waren seit dem 
15. Jahrhundert eine Reihe von Scheltnamen — z. B. die Namen Gruben- 
heimer, Waldenser u. s. w. — aufgekommen, allmählich aber wieder stärker 
zurückgetreten; nur ein Ketzername, nämlich die Bezeichnung Pikarden, 
die aus dem Namen Begharden entstanden ist, hielt sich mit zäher Dauer- 
haftigkeit und es ist von Interesse, da^s er selbst noch im 17. Jahrhundert 
vielfach, selbst noch in diplomatischen Korrespondenzen, wiederkehrt (Vgl. 
Felix Stieve, Briefe u. Akten zur Gesch. des 30j. Kriegs. Bd. IV München 
1895 S. 429, 459, 574). Öfters werden sie auch Hussiten genannt. Merk- 
würdig ist, dass in den gegnerischen Berichten aus dem Anfang des 17. Jahr- 
hunderts zwischen den Reformierten und „Pikarden" gar kein Unterschied 
gemacht und dass z. B. Wenzel von Budowec, der Mitglied der Brüdergemeinde 
war, als „Erzkalvinist" bezeichnet wird ; wohl aber ist den Gegnern klar, da^w 



*) Die gesperrten Stellen sind von uns gesperrt worden. 

Die Schriftleitung. 



322 Nachrichten. Heft 9 u. 10. 

die „Pikarden" und die Lutherischen verschiedene Gemeinschaften sind. 
Wenn man sich diese Thatsache vergegenwärtigt, erklart es sich, wie der 
Name ,, Beformierte" allmählich auch ausserhalb Böhmens vielfach für 
Personen und Gemeinden in Umlauf kam, die im Grunde den böhmischen 
Brüdern viel näher standen, als den strengen Kalvinist^n. 



Die neueste und wichtigste Erscheinung auf dem Gebiete der Comenius- 
Litteratur ist die Ausgabe der Xatnrkande (Joh. A. Comenii Physicae ad 
Lumen divinum reformatae Synopsis), die Herr Direktor Dr. Jos. Reber in 
Aschaffenburg besorgt und im Verlag von Emil Roth in Giessen veröffent- 
licht hat. Wir werden in Kürze eine eingehende Besprechung dieses Buches 
aus der Feder eines unserer sachverständigsten Mitglieder — Prof. Xurd 
Lasswitz in Gotha — bringen und wollen uns heute mit einem Hinweise 
auf das Buch begnügen. Wir haben in den ersten Heften dieses Jahrgangs 
auf die Beziehungen des Comenius zu den Naturphilosophen des 16. und 
17. Jahrhunderts verwiesen und es ist interessant, in der Einleitung, die 
Reber zu der Ausgabe geschrieben hat, die Bestätigung unserer Wahrneh- 
mungen zu finden. Reber sagt von der Alchymie, dass sie das ganze Werk 
des Comenius in allen seinen Teilen durchzieht. Des Comenius Physik ist nach 
Reber ohne Kenntnis der Alchymie ebensowenig verständlich, wie Bacons 
„Novum Organon". Begründer dieser Wissenschaft (der Alchymie) war, wie 
Reber hervorhebt, Bombastus Theophrastus Paracelsus von Hohen- 
heim, dessen Einfluss wir auch bei der Darstellung der Geschichte jener 
Akademien und Sodalitäten der „Alchymisten" hervorgehoben haben. Es wäre 
sehr erwünscht, wenn einmal festgestellt werden könnte, ob jene „Akademien^' 
bereits zur Zeit des Paracelsus bestanden und ob er selbst Mitglied einer 
solchen gewesen ist. Auch die Feststellung des Anteils der Sodalitäten an 
der Verbreitung und dem Neudruck der Schriften des Paracelsus wäre eine 
Aufgabe, die in mehrfacher Beziehung Licht verbreiten würde. Wir sind 
gern bereit, unseren Herren Mitarbeitern für diese Themata entsprechenden 
Raum in unseren Monatsheften zur Verfügung zu stellen. 



Bei Bohuslaus Balbinus, S. J., Bohemia Docta ed. ab R.-Ungar. 
Pragae 1788 Pars IL S. 314 f. findet sich folgendes Urteil über Comenius: 
„Joannes Arnos Comenius Moravus natione fuit, sed apud nos in Bohemia 
educatus, omnes huius Viri lucubrationes ab elegantia sermonis patrii, et 
recondita eruditione laudantur. Evulgavit Januam linguarum primns iam 
ante an. 1616 latine, germanice, bohemice, isqne liber ita placuit, ut vis 
Ulla hodie Europae lingua nominari possit, qua Comenius non legatur. 
Post victoriam Pragensem, cum in Bohemia haeretici consistere vetarentur, 
in HoUandiam exulatum abiit, saepe tamen ut peregrinus Patriam et 
Bohemiam revisebat. Quam plurima cdidit, nihil tamen nnquam, 
quod catholicae fidei adversaretur, ac mihi opera legenti. 
semper visus est ita comparatus scripsisse, ut nuUam notare, 
aut damnarc rcligioncm vellet. Labyrinthus mundi et Paradisus 
animae bohemica lingua conscriptus et a]i 1631 Carolo neniori de Zerotin 



1895. Nachrichten. 323 

dedicatus est. Quantus ille Vir fuerit, satis ostendit elocutione illimi, 
proprietate verborum, altitudine seneuum, descriptione inanitatis mundi, 
et cruditione rarissima et intima laudatiseimus, et lectu 
dignissimus. 

Eine wärmere Empfehlung kann man von einem grundBätziichen 
Gegner wie es Baibin us als Mitgb'ed der Gesellschaft Jesu war, nicht ver- 
langen. Balbinus gehört zu den angeseheneren Schriftstellern der Jesuiten 
im 17. Jahrhundert. 



Das Schicksal der Bibliothek, welche sich ComeniiiB in Falnek 
imd vielleicht auch schon während seiner Studienjahre angeschafft hatte, 
erfahren wir aus einem Briefe des Kapuzinermönches P. Bonaventura aus 
Köln an d&n Kardinal Ludovisi, der damals Präfekt der „(Jongregatio de 
Propaganda Fide" war (erhalt, im Archiv der Propag., Germania 1029, 
I. Nr. 330, Fol. 206—208, gefunden in Bom durch Dr. J. Kollmann). 
Der P. Bonaventura wurde im Frühjahr 1023 vom Olmützer Quardian nach 
Fulnek als Missionär geschickt, und bald gelang es ihm, dort viele Evange- 
lische zum Katholizismus zu bekehren. Auch die ehemalige Brüderkirche 
nahm er ein und predigte daselbst zweimal in der Woche, da sehr viele 
von den Brüdern die katholische Kirche nicht besuchen wollten. Unter 
die Kinder verteilte er Bosenkränze und lehrte sie beten mit solchem Er- 
folge, dass sie lieber die Eitern verläugnen wollten, als dem katholischen 
Glauben entsagen. Die den Neubekehrten abgenommenen häretischen Bücher 
wurden am 1. Mai 1623 auf dem Marktplatze verbrannt. Als sie so 5 Stunden 
brannten, liefen die Kinder, welche zusahen, unaufgefordert auseinander, 
drangen in verschiedene Häuser, eigene und fremde, ein und brachten von aUen 
Seiten Bücher, deren sie habhaft werden konnten, und warfen sie ins Feuer. 
Den andern Tag untersuchte der Kapuziner die im Bathause aufbe- 
wahrte Bibliothek „des Predigers Arnos" (Comenius), und als die 
Knaben es erfuhren, kamen sie in grosser Menge herbei, packten die Bücher 
und verbrannten sie in einer Stimde zu Asche auf dem früher erwähnten 
Orte mit solchem Eifer und Schnelligkeit, dass sie den Kapuziner beinahe 
mit zerrissen hätten, und dass sich bei dem Eifer die einen Kleider, die 
andern Haare mitverbrannten. Es gieng also nach diesem Bericht die Bücher- 
sammlung des Comenius nicht allsogleich nach seiner Flucht aus Fulnek zu 
Grunde, sondern erst nach zwei Jahren. N. 



Glordano Bruno und die Akademien. Herr Pastor em. J. H. Maronier 
in Amheim (D.M. der G.G.), der sich durch sein Buch über „Das innere 
Wort" (Het inwendig Woord. Eenige Bladzyden uit de Geschiedenis der 
Hervorming, Amsterdam 1890) und die Reformationsgeschichte bekannt ge- 
macht hat, teilt uns folgende Stelle aus Frith, Live of Bruuo p. 128 in holl. 
Übersetzung mit: „Toen Giordano Bruno in 1583 van Oxford naar London 
kwam vond hy daar een kleinen Kring van geleerden en stichtte met hen 
een Vereeniging in navolging van de Italiaansche akademien. Onder hai'e 
leden behoorden: Sidney, Grevelle, Dyer en Temple." — Dass Bruno der- 
jenigen Geirttesrichtung angehört, die die Akademien vertraten, ist längst 



324 Nachrichten. Heft 9 u. 10. 

bekannt, daes er aber in aller Fonn Mitglied und Bruder gewesen ist, ist 
bisher, so viel ich weiss, nirgends hervorgehoben worden. Wir haben Bruno 
schon seit 1892 in den Arbeitsplan der O.G. aufgenommen. 



Wir haben früher (M.H. der CG. 1895 S. 18) erwähnt, dass Peter 
Wok Ton Rosenberg (Schwager des Kurfürsten Joachim II. von Branden- 
burg) mit dem Fürsten Christian von Anhalt (15()8— 1030) einen Briefwechsel 
unterhielt, der unter Formen und Sinnbildern, die der Alchymie entnommen 
waren, sehr ernste Pläne und Ziele zum Gegenstände hatte. Es wäre sehr 
wünschenswert, dass von diesem Briefwechsel mehr bekannt wurde, als bis 
jetzt bekannt ist. Vielleicht enthält das Bembarger Archiv Aufschlüsse, 
aus dessen Beständen (AbtL I, F. 1. 231) M. Ritter, Briefe und Akten 
zur Gesch. des 30 j. Kriegs S. 420 f. einige Stücke abgedruckt hat. Peter 
Wok, einer der angesehensten und reichsten Magnaten Böhmens, war Mit- 
glied der Gemeinschaft der böhmischen Brüder. Merkwürdig ist (s. Ritter, 
Die Gründung der Union, 1870 S. 551), dass sich in dem ei*wähnten Brief- 
wechsel Fürst Christian als „Sohn" Rosenbergs bezeichnet, ebenso wie 
sich Comenius „Sohn" Valentin Andreaes nennt. 



Um die Akademie des „Palmbaums" hat sich seit dem Jahre 1634 
kein Fürst grossere Verdienste erworben, als Herzog August von Braun- 
Hchweig-Lüneburg. Der Briefwechsel dieses Fürsten ist zum grossen 
Teil erhalten und beruht in 30 Foliobänden in der Herzoglichen Bibliothek 
za Wolfenbttttel. Da dieser Briefwechsel für die Geschichte der gesamten 
Geistesbewegung, deren Träger die Akademien waren, sehr viel Material 
enthält, so wäre es dringend wünschenswert, dass wenigstens die wichtigeren 
Stücke allmählich bekannt würden. Damit würde diesem merkwürdigen 
und hochbegabten Fürsten zugleich ein würdiges litterarisches Denkmal ge- 
setzt werden. 



Die Geschichte der „Akademien der Naturphilosophen des 

17. Jahrhunderts", die in den Beiträgen unserer Hefte zum ersten Mal 

eingehender behandelt woixlen ist, bedarf natürlich weiterer Aufhellung und 

Ergänzung. Es ist möglich, dass einige unserer Mitglieder, die sich mit der 

Naturphilosophie, mit I^ibniz, Galilei oder anderen Männern beschäftigen, 

im Stande sind, neue Aufschlüsse zu geben und wir bitten zutreffenden 

Falles freundlich darum. 

Die Schriftleitung. 



►♦^♦►♦^ 



Buohdruckcrei tob Jobanncs Bn*dt, MQnstcr i. W. 



r* 



Personen- und Orts-Register 

zum vierten Bande (1895) der Monatshefte der CG. 



Das Rogistcr ist im Hinblick auf die Namen geschichtlicher Personen und Ortsnamen 1)earbeitet. 
Die BuchstalMMi C und K, F und V, I und J sind verbunden. 



A. 

Aberle 117. 119. 

Achard, L. 67. 

Ackermann, E. C2. 

Adelung 2. 

Albert, E. 48. 

Alewein, H. A. v. 72. 88. 

Alfona X., König von Spanien 249. 

Allendorf 219. 

Aisted, A. K., Frau des J. H. S-i. 

Aisted, J., Bruder 29. 

Aisted, J., Vater 29. 30. 

Aisted, J. H. 29 ff. 58. 251. 313. 

Aisted, K., Schwester 30. 

Aisted, R., Mutter 29. 

Altdorf 20. 90. 

Althaus, F. 154. 158. 161. 162. 

Althusius, J. 30. 

Am erb ach, Basilius 117. 253. 

Amerbach, Bonifacius 117. 253. 
254. 

Amerbach, Bruno 253. 

Amocna Amalie, Tochter des 
Grafen Aniold von Steinfuit 17. 

Amsterdam 73. 94. 95. 130. 131. 
141. 143. 

Andrcae, J. V. 23. 24. 25. 60. 92. 
134. 136. 140 ff. 255. 256. 260. 324. 

Anna, Gattin Christians I. von An- 
halt-Bernburg 14. 



Anna Maria, Markgräfin v. Baden 

18. 
Anna Sophia, Fürstin zu Schwarz- 

burg-Rudolstadt 14. 

Anton Ulrich, Prinz von Braun- 
schweig 78. 

Aragosius, W. 202. 207. 

Arndianus 149. 

Arnd, J. 17. 60. 277. 

Arnim, B. v. 192. 

Arnim, H. G. v. 17. 19. 

Arnold, G. 6. 

Aron, R. 217 ff. 

Aschaffenburg 62. 65. 177. 

August von Braunschweig -Lüne- 
burg, Herzog 17, 23. 78. 82. 147. 
148. 324. 

August, Herzog von Wolfenbüttel 
146. 

Av^-Lallement 136. 147. 

Aven, J. 146. 

B. 

Bach, J. 57. 58. 

Baco, R. 1. 4. 55. 64. 84. 92. 137. 
168. 179. 193. 232. 29(). 301. 322. 

Baehring, B. 185 ff. 

Bärholz, D. 73. 81. 82. 

Bahr, B. 136. 

B albin u s, B. 322. 323. 

Ballersbach 29. 

Bamberg, v. Dr. 64. 



326 — 



Ban^r, schwedischer Feldmarschall 

19. 
Barläus, C. 146. 
Barthelmfess, C. 193. 
Barthold 19. 27. 28. 152. 
Basedow, J. B. 56. 125. 269. 
Basel, 30. 116. 117. 201. 202. 207. 

208. 212. 213. 253. 254. 3J4. 
Bathurst, R. 165. 
Bauer, A. 188. 
Bayle 2. 236. 241. 
Bayreuth 218. 
Beale 160. 161. 
Becher, J. J. 218. 235 ff. 
Beck 219. 258. 
Beckmann, C. 36. 
Bell, A. 280. 282. 283. 289. 294. 
Bellin, J. 72. 
Bense du Puis, P. 72. 
Bereton 160. 
Berg, K. v. 138. 
Berlepsch 19. 
Berlin 64. 95. 133. 152. 176. 182. 

185. 218. 318. 
Bern 74. 118. 202. 
Bernburg 324. 
Bernegger, M. 4. 6. 20. 21. 22. 24. 

75. 92. 147. 149. 150. 177. 179. 
Bernouilli, J. 183. 
Bertram, Bischof von Metz 314. 
Betulius, D. 80. 
Beuthen 21. 
Bever, B. 1.36. 
Beza, T. 202. 212. 
Bicken 29. 
Biedermann 111. 
Bierling 91. 
Binder 262. 
Birck 314. 

Birken, S. v. 72. 78. 79. 82. 
Bischoff, T. 20. 79. 81. 82. 
Bismarck, Fürst v. 192. 
Bisterfeld, J. H. 32. 34. 
Blahoslav, B. J. 45. 252. 
Blomius, J. 136. 
Blomius, R. 136. 
Blondcl, D. 66. 



Bochum 263. 270. 

Bocskay 214. 

Böcler 235. 236. 239. 

Böhm, J. 54. 72. 

Böhmer, H. 72. 

Börne 192. 

Boineburg, v. 137. 

Boiti, C. 33. 

Bonaventura, P. 323. 

Bonnet, N. de 64. 

Borth, von der 18. 

Bosch, M. 201. 

Bossert, G. 59. 

Bosshard, E. 116. 

Boyle, R. 95. 158. 159. 160. 164. 
165. 

Brackenhausen, A. 72. 

Brah^, Tycho 193. 

Brandl, V. 46. 

Brasch, M. 147. 

Braunfels 30. 

Braunschweig 95. 

Braunschweig-Lüneburg (Land) 

218. 219. 

Breda 160. 

Bremen 95. 180. 

Breslau 216. 315. 

Bricg 28. 

Brischar 57. 

Brockes, R. H. 181. 

Browning, R. 116. 

Brucker, J. 66. 

Bruder, A. 57. 

Brüder, Böhmische 20. 45 ff. 59. 
61. 67. 124. 153. 154. 168. 173. 195. 
198. 210. 257. 320. 321. 322. 324. 

Brüder, Mährische 59. 198. 210. 
257. 

Brummer 218. 

Brüssel 308. 

I Brunchorst 313. 

Bruno, G. 44. 323. 

Brunfcls, O. 63. 

Buch, Herrn v. 19. 

Buchner, A. 146. 

Budowec, W. v., Frhr. v. Budowa 
: 18. 21. 215. 321. 

! Bülow 19. 



- 327 — 



Bünderlin, J. 59. 
Bünger, C. 6. 20. 22. 179. 
Büttner 233. 
Bullinger, H. 44. 
Buncken, C. 13G. 
Buno, J. 224. 225. 238. 
Bunaen 192. 
Burckhardt, G. 48. 
ßurckhardt - Biedermann , Th. 

253. 
Burdach, K. 320. 
Burgsteinfurt 145. 
Burmeister, A. 81. 83. 
Burmeister, F. J. 83. 
Burrage, H. S. 31Ü. 
Busch, Fred. 288. 292. 
Bushel, T. lül. 
Bussius, G. 135. 149. 
Bythner, Brüder-Pastor 61. 

Kälin, E. 115. 

Gäsarius, J. 314. 315. 

Kahlbaum, G. VV. A. 116. 117. 

Kaisberg 291. 

Calixt, G. 183. 

Calw 147. 

Cambridge 21. 95. 146. 165. 

Camerarius 200. 

Campanella, Th. 21. 22. 136. 159. 

168. 232. 260. 
Campen, J. v. 315. 
Candorin 153. 
Kant 127. 128. 288. 
Capellen, R. 136. 
Kapp, J. E. 182. 183. 
Caraffa 124. 
Kardorf, Herrn v. 19. 
Karl L, Kaiser 216. 
Karl, König von England 157. 
Karl, Markgraf von ßurgau, 215. 
Karl Gustav, Pfalzgraf bei Rhein, 

König von Schweden 17. 
Karl Ludwig, Kurfürst von der 

Pfalz 76. 
Karrel, L. 119. 
Carriere, J. 187. 



Carriere, M. 185. 187 ff. 

Cartesius 232. 

Gasmann 215. 

Casmeru, O. 214. 

Kaspar, L. B. 61. 

Kassel 133. 218. 219. 

Castiglioneus, B. 202. 207. 

Kawerau, W. 182. 321. 

Keckermann 37. 44. 

Celakowsky, J. 47. 

Cellarius 240. 

Keller, L. 1 ff. 62. 69 ff. 133 ff. 194. 

Celtis, K. 58. 

Kemp, M. 83. 

Kempen, M. v. 72. 

Kessel, Herrn v. 19. 

Kessler, F. 294. 

Kessler, G. 116. 

Keudel, Herrn v. 19. 

Chamier, D. 44. 

Oharron 268. 

Chelcicky, P. 47. 252. 

Chemlius 145. 

Khevenhüller 80. 

Chicago 258. 

Chlumeczky, P. v. 47. 199. 200. 
203. 215. 216. 

Christian, Markgraf von Branden- 
burg 19. 

Christian von Anhalt 18. 166. 197. 
324. 

Christian III., Pfalzgraf bei Rhein 
219. 

Christian V., König von Däne- 
]nark 83. 

Christoph von Padua 11. 

Kiesewetter, K. 118. 

King, J. 19. 

Clauberg, J. 130. 131. 

Klausenburg 67. 

Klai, J. 78. 

Klein, J. 135. 

Klcinert, D. 64. 65. 195. 318. 

Kleinert, F. 91. 93. 

Clenardus 37. 

Kieschen, C. 72. 

Kieschen, D. 72. 

Clevc 175. 



328 — 



Knaake, A. 314. 

Xneeebeck; Herrn, v. 19. 

Knorr, C. 72. 

Knyphausen 19. 

Coburg 311. 

Kocourka, S. 21.3. 

Köhler, R. 64. 

König 181. 

Königsberg 180. 181. 307. 

Köpke 218. 

Köthen 27. 

Kohlrusch 116. 

Kohut, A. 118. 

Colbovius, P. 228. 238. 

Kollmann, J. 323. 

Kottmeyer 292. 

Comenius, D., Sohn des J. A. 73. 

Condorcet 267. 273. 

Kopp, H. 26. 163. 

Kopp, W. 67. 91. 92. 91. 

Corbach, 218. 

Cornelius, P. 192. 

Kospoth, F. 17. 

Coq de, M. 72. 

Covettus, J. 202. 207. 

Kozak, J. S. 167. 

Kracht 18. 

Krafft, K. 315. 

Crailsheim, G. F. 81. 

Cramer, A. 307. 

Krause, B. 72. 74. 128. 

Krause, G. 11. 12. 13. 14. 19. 20. 

23. 25. 27. 28. 57. 70. 194. 195. 
Krause, J. H. 180. 312. 
Kraust, L. 83. 
Kreibitz, M. 72. 
Krell, N. 24. 
Crellius, J. 43. 
Crenius 44. 
Criegern 29. 
Crocius, L. 30. 32. 
Cröger, E. W. 46. 
Kromeyer 307. 
Cromwell, O. 15. 153. 157. 179. 

184. 192. 
Krones, F. v. 58. 197 ff. 
Krosigk, B. v. 12. 15. 183. 



Krosigk, C. v. 15. 

Krüginger 321. 

Krüsike, P. G. 73. 

Krug, H. 93. 

Krug, L. 93. 

Krummacher 264. 

Cruske, R. 123. 

Csere, J. A. 67. 

Külpe 97. 100. 105. 110. 111. 

Kuntz, P. 72. 

Cursius, P. 315. 

Curti, F. 116. 

Cusa, N. V. 314. 

Kvacsala, J. 29. 61. 174. 178. 260. 

Czernowitz 126. 

Dachsberg 80. 

Dalgarno 163- 

Danaeus, L. 248. 

Danckwerth, C. 136. 

Danzel 181. 

Danzig 19. 135. 141. 143. 218. 225. 

Darmstadt 138. 

Dauber, H. 30. 

Dedekind, C. C. 83. 

Delmenhorst, Grafschaft 219. 

Denck, H. 93. 

Dernburg 66. 

Deventer 66. 

Diesterweg, M. 56. 262. 286. 

Dietrichstein, A. v. 209. 

Dietrichstein, C. v. 32. 

Dietrichstein, F. v. 211. 

Dietrichstein, R. v. 25. 80. 

Dietrichstein, S. v. 209. 210. 211. 

Difenbach, M. 235. 

Dilherr, J. M. 24. 25. 79. 81. 90. 
91. 93. 174. 311. 

Dillenburg 30. 

Dilthey, W. 126. 264. 272. 286. 

Dinter 286. 

Dircks, H. 154. 

Diskau, H. v. 17. 18. 

Dissel, K. 22. 69 ff. 295 ff. 

Dieterich, M. 225. 

Ditfurth 19. 



— 329 — 



Dix, F. 195. 

Docemius, J. 217. 218. 220. 238. 

DöUinger, J. v. 124. 

Dohlhof f, Frhr. v. 118. 

Dohna 17. 183. 

Doletus, S. 315. 

Doppelmayr 13. 03. 94. Iü3. 17Ü. 
183. 

Dordrecht 31. 32. 

Dorna, J. v. 73. 

Dornau, C. 21. 

Dorothea Maria, Herzogin von 
Weimar 12. 

Dorpat 61. 135. 149. 

Drako 301. 

DreBden 73. 

Dreyfuß-Brisac, M. E. 57. 

Dudik. B. 47. 201. 

Dürer, A. 122. 

Duisburg 66. 130. 

Duraeus, J. 61. 149. 159. 161. 174. 
175. 179. 

Dvorsky, F. 47. 

Dyer 323. 

Eckhart 146. 257. 
Eckstein 306. 
Edzardus, E. 136. 
Eggeling, K. 73. . 
Eglofstcin, H. v. 81. 
Ehrenberger, J. 45. 
Eibenschütz 200. 213. 
Eimart, G. C. 183. 
Einbeck 78. 
Eisenach 317. 
Eisenmenger, 8. 308. 
Eisleben 218. 
Elberfeld 265. 
Elbing 218. 
EUendt 218. 
Elver, L. 135. 149. 
Elvert, de 199. 202. 
Emmerich 151. 
Endter 80. 255. 
Engelbrecht, S. 135. 
Ent, G. 164. 
Er asm US, D. 253. 254. 315. 



Erbe, J. 83. 

Erfurt 73, 141. 143. 226. 

Ernau 80. 

Ernst der Fromme, Herzog von 
Gotha 171. 224. 306. 308. 310. 
312. 313. 

Ernst, Markgraf 194. 

Eschwege 219. 

Essen 265. 270. 291. 

Evenius, S. 217. 306 ff. 

Ewald, Superintendent 307. 

Eyk 80. 

Eylert 287. 292. 

F. V. 

Fabricius, J.A. 181. 183. 307. 

Fabricius, W. 317. 

Vacha 219. 

Vaget, M. B. 73. 

Vagetius, J. 136. 

Falkenberg 216. 

Varenius, B. 136. 

Varrentrapp, C. 64. 65. 

Vasari 143. 

Vaughan, R. 158. 

Favaro 22. 

Fecamp, A. 317. 

Vechner, D. 177. 

Vechner, G. 217. 

Fechter, D. A. 253. 

Fehrbellin 275. 

Felbiger 56. 

Felin, A. 213. 

Fclm^ri, L. 67. 

Feifalik, J. 45. 

Venedig 79. 134. 141. 143. 

Verbezius, Dr. 133. 

Ferdinand Albrecht, Prinz von 
Brandenburg 78. 

Ferdinand, Erzherzog v. Tyrol 215. 

Ferdinand L, Kaiser 210. 215. 

Ferguson, J. 122. 

Vesalius 120. 121. 

Vetter, G. 208. 

Vicentz, A. S. v. 19. 

Fichte, H. J. 192, 264. 

Fiedler 46. 

Vignoles, M. de 183. 



380 — 



FiguluH, P. 8S. 1ü:{. ' 

Vincke, Frhr. v. 20:j. 271. 273. 275. 

Finx, P. 73. 

Fischer, C. A. 258. 

Fischer, D. 13(5. 

Fischer, H. 175. 

Vischer, H. 59. 

Fischer, H. 77. 

Vives, J. L. 57. 58. 07. 301. 

Flathe 180. 

Vlatten, J. v. 315. 

Florenz 11. 05. 213. 

Förster 143. 

Vogel, C. D. 29. 36 ff. 

Vogel, M. 13(5. 

Vogelmann, H. 307. 

Voigt, G. 314. 

Voigtländcr, G. 83. 

Volkelius, J. 43. 

Volckamer, J. G. 81. 91. 94. 1U3. 

Volkersdorf 81. 

Vondel, J. van den, 73. 17(5. 

Vormbaum, K. 218. 228. 315. 

Formschneider, H. 93. 

Vorstius, J. 136. 

Vossius 227. 

Foster, S. 1(54. 

Franck, C. 81. 

Franck, S. 59. (50. 61. 119. 124. 

Franke, M. 55. 83. 

Frankenthal 218. 

Frankfurt a. M. 30. 31. 125. 133. 
218. 235. 

Frankfurt a. O. 123. 166. 

Frciligrath, F. 192. 

Freimaurer 317. 

Freinsheim, J. 76. 

Freytag, G. 202. 

Frick, O. 50. 52. 

Friedrich L, König v. Preussen 95. 

Friedrich der Weise, Kurfürst von 
Sachsen 58. 

Friedrich, Kronprinz von Nor- " 
wegen 41. 

Friedrich IV., Kurfürst von der 
Pfalz 17. 21. 

Friedrich V., Kurfürst von der 
Pfalz 17. 



Friedrich, Hci*zog von Schleswig- 
Holstein 17. 135. 147. 148. 

Friedrich von Weimar 15. 

Friedrich Wilhelm, Grosser Kur- 
fürst 19. 64. 65. 66. 82. 130. 175. 
193. 195. 318. 

Friedrich Wilhelm IV., König 
von Preussen 290. 

Friedrichson, H. 73. 

Friesen 19. 

Frieth 323. 

Fritsch, C. 240. 

Fröbel, F. 286. 

Frohschammer, J. 126. 127. 128. 
188. 192. 

Fuchs, H. 81. 

Fürer, C. 81. 

Fulnek 250. 251. 323. 

G. 

Gabriel, Graf zu Oppeln, Herzog 
von Ratibor 43. 

Gabriel, Fürst von Siebenbürgen 
33. 34. 

Gahlen 2(53. 

Galenus 121. 

Galilei 1. 4. 21. 22. 136. 176. 324. 

Gallen, St. 116. 194. 213. 

Gallus, D. 307. 

Gänsen 62. 

Garesse 150. 

Garmers, J. 13(5. 

Garmers, V. 13(5. 

Gebert, C. F. 93. 

Gecr, L. de 62. 228. 238. 

Geibel, E. 192. 

Gehema, J. Abraham a 240. 

Gemen 263. 

Gen^e, R. 64. 

Genf 95. 202. 207. 

Genthe 218. 

Georg, Markgraf von Brandenburg 

199. 

Georg, Graf von Nassau-Dillenburg 
31. 32. 

Georg Rudolf, Herzog v. Liegnitz 
und Brieg 17. 28. 

Georg Wilhelm, Kurfürst von 
Brandenburg 19. 195. 



331 — 



Gera 233. 

ücrsdorf 19. 

Gerstcr, C. 119. 

Gesenius 6. 

Geuder, H. P. 17. 

Geuder, J. P. 81. 

Gichtel, J. G. 78. 

Giessen 145. 149. 1.52. 185. 186. 

192. 
Giotzwitzky, M. 19. 
Gindely, A. 18. 22. 23. 45. 4ü. 124 

168. 172. 173. 
Gl asenapp 19. 
Glaum 312. 
Glisson, Dr. 164. 
Glörfeld 218. 
Gmelin, J. F. 138. 
Gnadenfeld 195. 
Goch, J. P. V. 314. 
Goclenius, Prediger 214. 
Goddard, J. 164. 165. 
Goedeke 77. 81. 83. 
Görlitz 21. 218. 
Goethe, W. 136. 

Göttingen 180. 181. 182. 185. 258. 
Goll, J. 47. 48. 
Goltz, V. d. 19. 
Gorgias, J. 83. 
Gotha 196. 218. 309. 310. 313. 
Gottsched, J. 0. 180. 181. 
Graevi iis, J. G. 66. 
Graminondorf, L. 147. 
Grandamiuo, Abt 94. 
Grave, T. v. 315. 
Graz 59. 
Greef, W. 294. 
Greflinger, G. 83. 
Grevelle 323. 
Greyde, J. 44. 
Grimm, J. 78. 
Grollier, L. 317. 
Gronovius, J. F. 21. 
Gross-Wilkau-Johnsdorf 216. 
Grotius, H. 21. .57. 61. 
Griibenheimer 321. 
Grüwel, J. 83. 
Grunius, M. S. 143. 



Grupp 57. 

Gruter, J. 21. 146. 

Grynäus, J. J. 202. 207 ff. 

Gudius, M. 136. 

Günther 128. 182. 

Guertler, N. 14. 

Güstrow 218. 315. 

Guetlin, J. 206. 207. 

Guhrauer 3. 6. 9. 70. 92. 93. 134 ff. 

Gustav Adolf, König v. Schweden 
64. 306. 

Gutmaan, K. 56. 

Gutsmuthß 264. 293. 

Gutthäter, H. 91. 

H. 

Haag 94. 141. 143. 

Haak, Th. 77. 95. 163. 164. 174. 

Haasius, J. 136. 

Habichthorst, A. D. 73. 

Habrecht, J. 310. 

Hacke, H. 73. 

Hagen 263. 

Hagmeicr, J. 136. 

Hahnemann 122. 

Hainlin, Abt 255. 256. 

Hall 2-28. 

Halle 49. 52. 181. 182. 218. 261. 
263. 307. 

Haller 182. 

Hamann, J. G. 181. 

Hamburg 69. 71. 91. 95. 141. 143. 
146. 152. 180. 181. 218. 296. 

Hamm 271. 

Hampden 153. 

Hampe, T. 130. 

Hanau 31. 218. 

Hans, Markgraf von Brandenburg 
194. 

Hansen, T. 79. 306. 

Hardenberg, Herrn v. 19. 

Hardt, H. v. d. 183. 

Harsdörffer, G. P. 20. 22. 25. 27. 
62. 73 ff. 87. 166. 174. 175. 178. 
255. 256. 259. 

Hartfelder, K. 58. 

Hartlieb, S. 22. 61. 62. 77. 136. 
149. 153 ff. 193. 217. 222. 295. 296. 



— 382 



Hartmann, E. v. 126. 

Hart mann, F. 122. 

Hartmann, N. J. 118. 

Hartmann, R. J. 119. 120. 

Hartranft, B. 72. 

Haselmaker, A. 150. 

Hasenclever 292. 

Hassenstein, B. L. v. 321. 

Hasflfurth, J. C. 180. 

Haupt, H. 314. 

Hecht 76. 

Hecker, J. J. 263. 267. 

Hegenitz, G. 72. 

Heger, H. 121. 

Heidelberg 21. 30. 58. 61. 202. 
319. 

Heiling, C. 91. 

Heilmsyer, L. 119. 

Hein, D. 135. 

Hein, S. 135. 

Heinius 149. 

Heinrich IV., König von Frank- 
reich 198. 

Heinsius, D. 146. 

Helmarshauscn 219. 

Helmont, J. ß. v. 150. 

Helmstädt 95. 182. 183. 

Helvetius, J. F. 94. 

Helvicus 308. 

Helwig, J. 81. 94. 125. 133. 224. 

Hennin, v. 130. 

Henschel, C. 241. 

Hentsche, P. 72. 

Heppe 219. 

Herbart 50. 56. 103. 279. 281. 316. 

Herberstein 80. 

Herborn 29 ff. 130. 251. 

Herdecke 291. 

Herdegen 27. 94. 

Herder, J. G. 288. 

Hermann, N. 321. 

Heroldsberg, J. P. G. v. 81. 

Hersfeld 219. 

Hertefeld 18. 

Herzog, B. 29. 

Hesenthaler, Professor 255. 256. 

Hessel, P. 73. 



Hessen- Darmstadt (Land) 218. 

219. 
Hettner 66. 
Heyden, Herrn v. 19. 
Heyleck 80. 
Heyne, Dr. 313. 
Hilgards, U. 34. 
Hille, G. K. V. 14. 16. 27. 86. 88. 

151. 
Hiller, R. 240. 
Himsel, G. 307. 
Hirsch 150. 218. 
Hirschhof, v. 83. 
Hitzfeld, L. v. 72. 
Hochegger, R. 126. 
Hochhuth, K. W. 5. 145. 
Hodermann, R. 62. 
Höfler 102. 
Hoeft 181. 
Hövel, C. V. 83. 
Hövel, J. V. 84. 85. 88. 
Hoffraann, F. 80. 83. 95. 183. 
Hoffmannswaldau 64. 
Hohenheim siehe Paracclsus. 
Hohenlohe, G. F. v. 17. 
Hohlfeld 128. 
Hokius, J. 136. 
Holbein 254. 
Holzminden 313. 
Holzschuher, S. J. 81. 
Homagius, M. 145. 
Horawitz, A. 315. 
Hörn, C. 83. 
Hörn, J. 46. 
Horstieg 282. 
Hortledcr, F. 17. 
Hostelsberg 80. 
Hotton, G. 61. 304. 
Hoyer, A. 147. 149. 
Hradil, J. 45. 
Huber, J. 192. 
Hübner, G. 181. 

Hübner, J. 77. 156. 174. 175. 181. 
Hübner, T. 15. 16. 18. 20. 156. 
Hückeswagen 265. 
Hülsen 236. 
Hugenotten 66. 67. 183. 202. 



333 — 



Humboldt, W. v. 263. 204. 271. 
274. 

Hund, S. 81. 

Hubs, J. 12i). 

Hussiten 321. 

Jablonski, D. E. C7. 182. 183. 

Jacobi, F. H. 268. 288. 

Jägerndorf, Markgraf v. 194. 

Jahn 277. 

Janssen, J. 59. 60. 

Idstein 18. 

Jena 73. 90. 94. 180. 181. 218. 
236. 317. 

Iglau 218. 

Jirecek, J. 45. 46. 47. 

Joachim II., Kurfiiret v. Branden- 
burg 324. 

Joachimsthal 321. 

Jörgor 80. 

Johann Christian, Herzog von 
Brieg 21. 72. 

Johann Ernst von Weimar 12. 15. 

Johann Georg von Anhalt 17. 

Johann Georg, Markgraf von 
Jägemdorf 129. 

Johann Sigismund, Kurfürst von 
Brandenburg 17. 31. 129. 

Johannes der Beständige, Kur- 
fürst 58. 

John, P. 72. 

Johnston, J. 166. 167. 177. 

Israel, G. 123. 236. 

Itzehoe 218. 

Jungius, J. 3. 6. 9. 70. 78. 125. 
133 ff. 

Junius, M. 201. 204. 

L.. 

Längin, Th. 123. 
Lambecius, P. 136. 
Lamswärde, St. v. 72. 
Lancaster 280. 281. 283 ff. 
Landwehr, H. 64. 
Lange, A. 67. 
Lange, S. G. 182. 
Langejanus, B. 83. 
Langen, M. v. 72. 



Lankisch, M. v. 83. 

Lasson, A. 257. 

LasBwitz, K. 120. 322. 

Laubanus, Prediger 61. 

Lauffer, C. T. 93. 

Lavinheta, 6. de 44. 

Lehndorf, Herrn v. 19. 

Leibniz, A. 127. 

Leibniz, G. W. 1. 7. 36. 57. 58. 
65. 66. 78. 91 ff. 131. 133. 136. 
137. 174. 176. 179. 182. 183. 236. 
317. 324. 

Leibniz, J. F. 127. 

Leibniz, J. J. 91. 92. 

Leichner, E. 232. 

Leininger 80. 

Leipp, B. V. 204. 

Leipzig 126. 180. 195. 218. 272. 

Lenz 48. 

Leyden 78. 

Libavius, A. 170. 

Lichtenau 219. 

Lichtenberg 80. 

Lichtenstein, L. v. 258. 

Liebenau 219. 

Liebenau, C. v. 69. 72. 88. 

Liebig, A. 186. 

Liebig, J. 186. 192. 

Liechtenstein, Fürst v. 124. 

Lienhardt, Dr. 115. 

Lilien au, W. v. 72. 

Linde, v. der 29. 30 ff. 

Lingelsheim, G. M. 17. 21. 

Linn^ 63. 

Linz 117. 

Lipa, B. V. 208. 209. 214. 

Lippstadt 315. 

Lissa 125. 218. 242. 251. 

Lobecius, J. 201. 

Lobkowitz, Z. A. 211. 

Lochner, F. 81. 

Locke 55. 57. 58. 

Löffler 296. 

Loesche, Dr. 59. 

Löwenhalt s. Rumplcr. 

London 22. 80. 95. 146. 153. 154. 
156. 157. 165. 184. 295. 296. 305, 
323. 



— 334 



Lopez, F. J. 19. 

Lorenz, H. 120. 

Loserth 258. 

Lotze 40, 50. 51. 52. 

Luck, C. 210. 

Ludowisi, Kardinal 823. 

Ludwig, Fürst von Anhalt-Köthen 
11 ff. 15. 20. 24. 25. 27. 28. 70. 
73. 147. 148. 104. 105. 19(). 

Ludwig V., Landgraf von Hes.scn- 
Darmstadt 145. 140. 

Ludwig Heinrich, Graf v. Nassau- 
Dillenburg 33. 

Ludwig Philipp, Pfalzgraf bei 
Pthein 17. 

Ludwig Philipp von Pfalz-Sim- 
mern 17. 

Lübeck 38. 135. 146. 152. 307. 

Lüneburg 05. 147. 225. 

Lukaszcwicz, J. 47. 

LuUius, R. 36. 

Lundenburg 213. 

Luther, M. 55. 60. 110. 120. 123. 

120. 101. 104. 253. 254. 315. 310. 

320. 321. 
Lyon 05. 314. 

Magdeburg 66. 21S. 210. 22S. 307. 

Mainz 218. 210. 

Manteuffel 10. 

Mantua 141. 143. 

Marburg 14.'). 261. 

Marcombes 150. 160. 

Marcs ins 260. 

Markgraf 5S. 

Marcus, Esdras. 73. 

Maroni er, J. II. 323. 

Marschalk, K. C. v. 73. 

Martin, E. 75. 

Martinetz A. H. 73. 

Martini US, M. 30. 

Massen, W. 20. 

Masson 173. 

Mathias, Kaiser 125. 

Matthesius 321. 

Mauritius, T. 136. 



Maximilian IL, Kaiser 58. 107. 

210. 
Mecheln 150. 152. 
Mechovius 235. 236. 240. 
Meibom, M. 136. 
Meier, K. 73. 
Meier, S. 135. 
Melanchthon 58. 201. 3(K 315. 

321. 
Melsungen 210. 
Melzer, E. 128. 
Mencik, F. 314. 
Mencke, J. B. 180. 181. 
Men^ndez, M. 67. 
Merane 315. 
Mercy, C. de 10. 
Mercv, F. de 10. 
Merian, J. 147. 
Merian, M. 16. 82. 
Merret, Dr. 164. 
Mevd erlin 133. 
Meyer, G. 183. 
Meyer, J. 126. 
Meyer, M. 102. 
Mevfart 125. 
Meyfert, J. M. 311. 
Mifl, J. 101. 
Milton, J. 62. 77. 173. 
Minden 315. 

Mink von Weunsheim, S. 224. 
Mislick, J. R V. 83. 163. 
Misneck, Herr v. 163. 
Mitternacht, J. S. 233. 
Mochinger, J. 21. 217. 210. 221. 






Mömpelgard 202. 
Moers 218. 
Moersius, J. 145 ff. 
Moller, C. 30. 
Molnar, A. 35. 
Monse 200. 
Montaigne, M. 308. 
Montanus, P. 242. 251. 
Mook 122. 
Mordax 80. 

Morhoff, D. E. 64. 236. 241. 316. 
317. 



— 335 — 



Moritz, Landgraf von Hessen 17. 

37. 146. 147. 148. 
Moritz, Prinz von Oranien 94. 
Morland, S. 131. 
Morus, T. IGl. 193. 260. 
Moscherosch 224. 
Moschkau 80. 
Mosheim, J. L. 182. 
Müller, G. 58. 
Müller, G. P. 81. 
Müller, H. 131. 
Müller, J. 48. 171. 195. 
Müller, W. 241. 
München 127, 166, 186. 192. 
Münster 262. 271. 290. 
Münster, J. v. 17. 
Münz, B. 127. 128. 
Murr 91. 93. 94. 
Mussloe, H. G. v. 81. 

Nägeli 281. 
Napoleon I. 271. 273. 
Natorp, B. 263. 
Natorp, B. C. Lud. 261 ff. 
Natorp, O. 262. 
Natorp, P. 261 ff. 
Naturphilosophen 1 ff. 35. 36. 

64. 65. 69 ff. 115. 133 ff. 318. 322. 

324. 
Nauen 218. 
Neander 308. 
Neapel 95. 185. 
Nebe, A. 29. 34. 36 ff. 
Nebelkrae, Dr. 146. 
Nebesky 45. 
Neuberger, C. 83. 
Neuburger, M. 120. 121. 
Neukirchen 219. 
Neukrantz, P. 73. 
Neunkirchen 30. 
Niceron 36. 

Niclasson gnt. Klausing, G. 73. 
Nicoladoni, A. 59. 117. 
Nicolai, F. 161. 
Nicolai, G. 83. 
Nicolovius 264. 



Niebling, K. 72. 

Niemeyer 264. 292. 

Niemöller, J. 314. 

Nollius, H. 5. 143. 145. 146. 

Noltenius, J. 83. 

Noski, H. G. 72. 

Nostiz 19. 

Noväk, J. V. 48. 242 ff. 260. 

Nürnberg 20. 24. 25. 62. 65. 77. 
78. 80. 90 fr. 130. 133. 1.35. 141. 

143. 157. 164. 177. 194. 200. 218. 
229. 255. 311. 

O. 

Ochsenstein, P. J. 0. v. 81. 
Occolampadius, J. 253. 254. 
Oelrichs 193. 
Oemiken, G. 315. 
Oetken, J. C. v. 219. 
Oldenburg, Grafschaft 218. 219. 
Oldenburg, H. 95. 
Omphalius, J. 315. 

Opitz, M. 11. 16. 19. 21. 27. 175. 

182. 

Ortenburg, F. C. v. 11. 

Orvius, L. C. 138. 139. 140. 142. 

144. 152. 163. 166. 

Osnabrück 126. 

'Ottenfeld, W. L. v. 200. 

Otter, C. 72. 

Otto, Graf zu Holstein - Schauen- 
burg 17. 

Overberg, B. 125. 

Oxenstierna 17. 77. 125. 156. 

Oxford 95. 146. 165. 296. 323. 

P. 

Padua 79. 94. 134. 176. 

Pagel, J. L. 120. 

Palacky, F. 46. 

Palbitzky, D. 72. 

Palbitzky, M. 72. 

Pappenheim 178. 

Paracelsus, Th. 5. 115 ff. 140. 143. 

144. 145. 164. 308. 322. 
Paraeus, J. 77. 
Pareus, D. 61. 
Paris 95. 156. 



— 336 



Parmenticr, J. 57. 

Pascal 13Ü. 

Pasor, G. 31. 

Passaun, Graf zu 19. 

Pastor, L. 50. 

Patera, A. 17. 21. 73. 70. 147. 156. 

168. 174. 175. 
Pauli, D. 83. 
Pauli, S. 135. 
Paulsen, F. 126. 218. 
Pawel, Herrn v. 19. 
Pearson, A. 164. 
Pell, J. 77. 95. 158. 160. 161. 
Pelleus 174. 
Pellizer, M. 73. 
Pernauer, F. A. v. 81. 
Perron, J. D. du 214. 
Pesch, H. 52. 
Pestalozzi, J. H. 56. 261 ff. 
Petersburg 306. 309. 
Petersen, H. 149. 
Peterson, D. 69. 73. 
Petter, A. 117. 
Petty, Dr. 165. 
Pfeiffer 281. 

Philipp Moritz, Graf zu Hanau 17. 
Piccolomini, O. 19. 80. 
Pierio, G. B. 210. 
Pikarden 321. 322. 
Pincier, J., Pfarrer 29. 
Pincier, J., Professor 30. 
Pincier, L. 38. 
Piscator, J. 30 ff. 251. 
Piscator, P. L. 33. 34. 
Pischmann, Professor 118. 
Pistor, J. J. 212. 
Placcius, V. 44. 136. 
Platen 192. 

Platter, F. 5'). 202. 207. 
Plessis-Mornay, du 214. 
Plitt 46. 

Ploenniss, F. 136. 
Plotin 105. 
Pühlmann 219. 
Pömcr, J. 135. 147. 174. 
Polanus, A. 207. 208. 212. 213. 214. 
Polanus, H. 208. 213. 214. 



Poltzius, J. 136. 

Polus, T. 307. 

PontanuB, J. 44. 

Posth, C. 34. 

Postdam 271. 276. 290. 

Praetorius, C. 219. 

Practorius, J. 83. 

Prag 61. 95. 178. 209. 211. 212. 
215. 216. 296. 

Prank 80. 

Praunfalk 80. 

Prerau 21,3. 257. 

Pressburg 34. 

Pröck, Herrn v. 19. 

Prostiborius, A. 12.3. 

Prutz, R. 66. 

Pufendorf, S. 65. 236. 

Pym 153. 

Pyra, J. 181. 

Qualen, H. v. 147. 

R. 

Rab, A. K. 34. 

Rab (Corvinus), C. 33. 34. 

Rachel, J. 136. 

Räknitz, G. v. 80. 

Räköczy, G. Fürst 67. 

Ramus, M. P. 37. 

Rantzau 19. 

Ratichius (Ratkc), W. 12. 14. .55. 
58. 125. 133. 170. 196. 217. 224. 
.307. 308. 310. 312. 313. 

Rauc, J. 225. 226. 227. 

Rauhfuss, K. 201. 

Rausch, A. 317. 

Ravestcin, J. 131. 

Reber, J. 62. 65. 81. 94. 166. 174. 
177. 178. 255. 322. 

Redinger, J. 218. 229. 230. 231. 
' 232. 238. 

' Regal 80. 

I Rehrake 97. 100 101. 111. 112. 

Rcichel, J. F. 181. 

! Reif f erscheid, S. 17. 20. 21. 22. 
77. 133. 177. 

Renan, E. 192. 

Reumont, A. v. 11. 



337 — 



Reval 306. 307. 

Reyher 217. 313. 

Rhediger, T. 315. 

ßhenius 227. 308. 

Riccius, D. 136. 

Richey 181. 

Richter, A. 64. 125. 

Richter von Kornberg, H. G. 81. 

Richter von Komberg, H. K. 81. 

Riederer, J. F. 81. 

Riga 307. 

Rinck, C. H. 290. 294. 

Rist, J. 25. 26. 76. 79. 81. 82. 83. 
88. 150. 

Ritter, H. 127. 

Ritter, M. 129. 166. 

Robmann, J. M. 215. 216. 

Rochau 19. 

Rochow 56. 264. 279. 286. 

Rolingswert, T. v. 72. 

Rom 95. 185. 

Ropers, N. 136. 

Rose, C. 141. 

Rosenberg, P. W. v. 166. 324. 

Rosenberg, W. v. 18. 

Rosenkranz, O. 147. 

Rosenkreutz, C. 140. 143. 

Rossitz 208. 212. 214. 215. 

Rostock 134. 146. 

Rotenburg 219. 

Roth, F. W. E. 29 fr. 63. 

Rothe, H. 73. 

Rousseau, J. J. 55. 56. 269. 288. 

Rouyer, F. 19. 

Rudolf IL, Kaiser 18. 23. 197. 198. 
212. 

Rüdiger, E. v. 200. 

Rümler, J. 72. 

Rukopis 45. 

Rumpier, J. 72. 75. 76. 

Rupin 218. 

Russworm, H. C. v. 212. 

Rusticus, J. F. 143. 



H. 



Sacer, G. W. 83. 
Sachs, H. 64. 130. 



Sachse, R. 126. 

Sachs 8, J. 80. 

Sadoletus, D. 44. 

Safafik, P. J. 46. 

Sager, F. H. 83. 

Sala, A. 134. 

Salustc, G. de 20. 

Salzburg 117. 118. 

Salzmann, C. G. 56. 62. 264. 

Sander, F. 229. 

Sandrart 176. 

S auter, A. 122. 

Scaligcr, J. C. 38. 

Scharf 227. 

Schede, P. 202. 

Scheffer, J. 236. 239. 

Scheibler 292. 

Schelhammer, C. 136. 

Scherfer von Scherfenstcin, W. 72. 

Schertling, J. 136. 

Scheurl, J. K. 81. 

Schirm er, D. 72. 

Schleinitz, Herrn v. 19. 

Schlick, J. A. 19. 

Schmid, G. 67. 262. 306. 

Schmidt, A. 78. 79. 

Schmidt, J. P. 72. 

Schneider 217. 

Sehnepfenthal 264. 

Schneuber, M. 76. 

Schöbel, G. v. 72. 

Schön, J. A. 180. 

Schönaich, G. v. 18. 

Schönaich, J. v. 37. 

Schöneberg, G. 83. 

Schöttgen, C. 224. 

Schot tel, J. G. 78. 81. 136. 238. 

Schubert, E. 116. 122. 

Schürholz, J. K. 81. 

Schulenburg, v. der 19. 

Schulz 62. 

Schultz, H. 14. 28. 70. 149. 

Schuppe, B. 133. 241. 

Schwarz, C. 130. 

Schwarz, J. 118. 

Schwarzenbcrg, A. 91. 

Schweighart, T. 155. 



— 338 — 



Schweinitz 19. 

Schwender 147. 

Schwenkfeld 149. 

Schwerin 19. 

Schwieger, J. 73. 

Scultetus, A. 21. 

Schotte ndorf, C. H. v. 181. 

Seckendorf 19. 

Seitz 218. 

Seidener, J. 130. 

Sendomir (51. 

Servet, M. (3(3. 

Seybold, J. G. 218. 233. 234. 

Seyffarth, L. W. 2(34. 

Siderocrator, S. 308. 

Sidnev 323. 

Siena 78. 

Sigismund, Kurfürst von Branden- 
burg 194. 

Sigmund, Markgraf 19. 

Simon, Graf von der Lippe 17. 

Skytte, B. Ü4. 

Skytte, J. 7(3. 

Slavata, H. v. 2(kS. 

Slavik, K. 46. 

Smaha, J. 47. 

Soest 218. 290. 315. 

Solms, Graf v. 18. 

Sonnenberg, v. 194. 

Sontra 219. 

Sooden 219. 

Sophia, Tochter des Kurfürsten 
Joachim II. von Brandenburg 18. 

Sorau 218. 

Spalatin, G. 58. • 

Spangel, P. 58. 

Spangenberg 219. 

Speidel 80. 

Spencer, H. 120. 

Spener ()5. 

Spielmann 218. 

Spiess, E. 230. 

Spirgatis, M. 131. 

Sprat, Th. 158. 

Stabius, J. 58. 

Stade 214. 

Stadius 10(3. 



Stahremberg, F. v. 18. 

Stahremberg, G. v. 18. 

Stahremberg, R. G. v., Graf 72. 

StaliuB, J. 135. 

Stargard 218. 219. 

Starschedel 18. 

Staupitz, J. V. 142. 170. 194. 

Stein, L. V. 265. 270. 273. 291. 292. 

Steinberg, N. 58. 

Steinfass, M. 73. 

Steinhövel, H. 58. 

Stcinmar 58. 

Stephan 218. 

Stephani, S. 140. 271. 

Stieda, W. 123. 

Stieve, F. 321. 

Stockholm 92. 

Stockmar, Dr. 147. 

Stötzner, P. 125. 306 ff. 

Strabo, W. 55. 

Stralsund 218. 219. 307. 

Strassburg 20. 21. 24. 30. ()4. (55. 
75. 149. 201 ff. 310. 314. 

Strauch, P. 58. 

Stromberg, H. 32. 

Strube, G. 83. 

Stubritz, M. 83. 

Stübel, B. 180. 

Stücheler 116. 

Stuhlweissenburg 32. 33. 34. 

Sturm, J. 83. 1(33. 183. 

Sturm, S. 83. 

Stuttgart 218. 219. 

Sudhoff, K. 115 ff. 

Süvern 201. 204. 272. 274. 

Sybilista, W. 147. 

Sylvius, J. 147. 149. 

Szabö 30. 

Szatmäry, K. v. 29. 

T. 

Tanne, J. v. dfer 39. 44. 
Tannhauser 81. 
Tarnovius, P. 134. 
Tassius, A. 134. 13(3. 149. 162. 
Tauler 124. 140. 257. 
Taut, K. 83. 



— 339 - 



Terstcegen 2(54. 

Tesnier, C. S. 72. 

Teuffenbach 81. 

Teutleben, C. v. 12. 15. 

Theobald, Z. 155. 

Thiederich, S. 70. 

Thomacus, J. 13(). 

Thomasius, C. 64. Oo. GO. 92. 127. 
130. ISl. 317. 

Thomasius, J. 12(). 127. 

Thurn, H. v., Graf 72. 

Tieftrunk, K. 40. 47. 

Tilenus, D. 21. 

Tilsit 218. 219. 

Tintoretto 122. 

Tollin, H. 0(5. 

Tossanus, D. 202. 

Traun 81. 

Treuer, G. 83. 

Triewald 181. 

Troeltsch, E. 319. 320. 

Trotzendorf 201. 

Troylo, N. 19. 

Tschech, T. J. v. 72. 

Tschernembl, E. v. 18. 

Tübingen 77. 308. 

Tupez, T. Dr. 124. 

Twardowrtki 97. 101. 113. 

Tymarchus, J. 131. 

Uechteritz 19. 

Ulimann, W. 194. 

Ulrici, H. 192. 

Unger, T. 59. 

Unkel, J. 73. 

Unna 203. 

Uphues, G. K. 52. 53. 54. 97 ff. 

Upsala 04. 70. 

Urban, J. C. 180, 

Ursinus, B. 100. 

Utrecht 00. 

Wächter, F. 315. 
Wackernagel, P. 40. 
Wagenneil, J. C. 79. 94. 170. 
Waitz, T. 10<). 



Waldcappel 219. 

Waldeck (Land) 218. 219. 

Waldeneg, J. O. v. 83. 

Waldenser 14. 40. 00. 07. 131. 
155. 1(58. 173. 195. 314. 321. 

Waldstein, Zdenko, Herr v. 204. 

Wallenstein, A. E. v. 204. 

Wallis, J. 95. 103. 104. 

Wanecki 210. 

Ward, Dr. 1(55. 

Warneck, A. 118. 

Wartenberg, H. G. v. 19. 

Weber, G. H. 83. 105. 100. 218. 

Weck erlin, G. R. 7(3. 77. 174. 175. 

Weghorst, H. 130. 

Weichmann 181. 

Weigel, E. 15.5. 218. 230. 31(5. 317. 

Weigel, T. O. 180. 

Weimar 27. 28. 

Wein heimer 238. 255. 250. 

Weise, C. 77. 23(). 240. 

Weisse, N. 4(5. 72. 

Weisscnburg 29. 

Weland, W. 13(5. 

Weller 227. 

Welser, P. 215. 

Welz 81. 

Werden 203. 

Werder» D. v. dem 11. 15. 18. 

Werner 218. 

Wernigerode 218. 219. 

Wesel 31. 203. 

Westermann, C. 130. 

Wicel, G. 315. 

Widmann, Dr. 11(5. 

Wiedertäufer 59. 155. 254. 258. 
321. 

Wien 95. 120. 121. 214. 258. 

Wiesbaden 29. 

Wilhelm , Herzog von Sachsen- 
Weimar 12, 15. 

Wilhelm, Jungher/og von JüUch, 
Cleve, Bi»rg 315. 

Wilhelm Heinrich, Graf v. Bent- 
heim-Stcinfurt 17. 

Wilkin, Dr. 157. 103. 104. 1(55. 305. 

Willmann, O. 49. 50. 51. 52. 

Wi ramers, Dr. 02. 



— 340 — 



Wimpfeling 58. 

Windischgrätz 81. 

Winkeler von Winkefelfl, B. 83. 

Winterthur 116. 

Wirth, A. 315. 

Witkowski, G. 11. 20. 

Wittenberg 200. 213. 

Wladislaw, König von Böhmen 
20. 210. 

Woerdenhoff, E. 13G. 

Wohnras, N. 73. 

Wok, P. 18. 

Wolf 131. 264. 

Wolfenbüttel 315. 324. 

Wolfgang Wilhelm , Pfalzgraf 
151. 152. 

Wolframsdorf 19. 

Wolkan, R. 45. 48. 320. 321. 

Wolken, J. 83. 

Wolzogen 136. 174 

Worms 143. 253. 

Worthington 162. 

Wren, C. 164. 

Wülfer, D. 91. 94. 136. 163. 183. 

Wülfer, G. 95. 176. 

Wülfer, J. 94 

Wundt, W. 110. 126. 

Würffei, S. 181. 

Wurmbrand 81. 

Wynkelmann, J.J. 222. 223. 224. 

Z. 

Zachäus, M. 72. 
Zahn , J. 46. 



Zamehl, F. S. 83. 

Zasius, U. 254. 

Zeller 264. 275. 292. 

Zepper, W. 30. 

Zerbst 20. 

Zesen, Ph. v. 22. 69 ff. 174. 

ZetzkiuH, J. 227. 

Zezschwitz, G. v. 46. 

Ziegenhain 219. 

Ziehen 97 ff. 

Ziel, A. 225. 

Zierenberg 219. 

Zierotin, D. v. 213. 

Zierotin, F. v. 208. 213. 258. 

Zierotin, Karlv. 18. 37. 47. 198 ff. 

215. 216. 257. 258. 322. 
Zierotin, K. F. v. 205, 
Zierotin, J. v. 208- 258. 
Zierotin, L. v. 213. 
Ziller 56. 

Zinkgraf, J. W. 21. 77. 
Zinzcndorf, O. H. v. 81. 
Zirkler, L. 200. 201. 208. 
Zober 219. 
Zöckler 140. 
ZoUikofer 213. 
Zoubek, F. 46. 48. 
Zürich 74 194. 212. 
Zwickau 218. 219. 3(X). 
Zwing 249. 
Zwinger, F. 202. 
Zwinger, J. 207. 
Zwingli 120. 



Biichdruckt'rtü von Johannea Bn?dt, MQtistori.W. 



Die Comenius-Gesellschaft 

ist zur Pflege der Wissenschaft und der Voll(serzieliung 

am 10. Oktober 1891 in Berlin gestiftet worden. 
Mltgliedcrzalil 1895 : 1300 Personen und Körperschaften. 



"^T^ 



Gesellschaftsschriften : 

1. Die Monatshefte der CG. Deutsche Zeitschrift zur Pflege der Wissen- 
schaft im Geist des Comenius. Herausgegeben von Ludwig Keller. 

. Bftnd 1—3 (1892-1894) liegen vor. 

2. Comenius-Blätter für Volkserziehung. Mitteilungen der Comenius-Gesell- 
schaft. Der erste und zweite Jahrgang (1893—1894) liegen vor. 

3. Vorträge und Aufsätze aus der CG. Zwanglose Hefte zur Ergänzung 
der M.H. der CG. 

Der Gesamtumfang der Gescllschaftsschriften beträgt 30 — 32 Bogen Lex. 8^ 



Bedingrungren der Mitgrliedschaf t : 

1. Die Stifter (Jahresbeitrag 10 M.) erhalten alle Schriften. Durch einmalige 
Zahlung von 100 M. werden die Stifterrechte von Personen auf Lebenszeit 
erworben. 

2. Die Teilnehmer (Jahresbeitrag 5 M.) erhalten nur die Monatshefte; Teil- 
nehmerrechte können an Körperschaften nur ausnahmsweise verliehen werden. 

3. Die Abteüungsmitglieder (Jahresbeitrag 3 M.) erhalten nur die Comenius- 
Blätter für Volkseraiehung. 

A n m e 1 d n n g e n 

sind zu richten an die Geschäftstelle der G.G., Gharlottenburg, Berliner Str. 22. 



Der Gesamt vorstand. 

Beeger, Lehrer u. Direktor der Ck)ineniu8-Stiftung, Nieder-PoyriU bei Dresden. Dr. BorgiuB» Ep., Koiisistorial- 
Sat, PoBcn. Dr. HÖpfher, Geh. Obcr-ReK.-ilat und Curator der Universität in Göltingen. Prof. Dr. 
Hohlfeld, Dresden. M. Jablonski, Berlin. Israel, Schul-Rat, Zschopau. Archiv-Rat Dr. jüudw. Keller, 
Geh. Staatoarchivar, Berlin. D. Dr. Kleinert, Prof. und Obcrkonsistoiial-Rat, Berlin. Dr. Kvaosala, Univ.- 
Prof., Dorpat. "W. J. Leendertz, Prediger, Amsterdam. Prof. Dr. Markgraf, Stadt- Bibliothekar, Breslau. 
D. Dr. G. XiOesclie, k. k. ordeutl. Prof., Wien. Jos. Th. Müller, Direktor des Seminars, Gnadenfeld. 
Prof. Dr. Nesemann, Llssa (Posen). Univ.-Prof. Dr. Xippold, Jona. Prof. Dr. Novdk, Prag. Dr. 
Pappenheim, Prof., Berlin. Dr. Otto Pfleiderer, Prof. an der Universität Berlin. Dirt»ktor Dr. Keber, 
Aschaffenburg. Dr. Rein, Prof. an der Universität Jena. Univ.-Prof. Dr. Rogge, Amsterdam. Sander, 
Schulrat, Bremen. Heinrich, Prinz zu Schönaioh-Carolath, Schloss Amtitz. Dr. Schneider, Wirkl. 
Geh. Ober- Reg. -Rat u. vortragender Rat im Kultusministerium, Berlin. Dr. Schw^albe, Roalgymn.-Direktor 
und Stadtverordneter, Berlin. Hofrat Pnjf. Dr. B. Suphan, Weimar. Dr. Th. Toeche-Mittler, Hofbuch- 
händler, Berlin. Dr. 'Wätasoldt, Reg.- u. Schulrat in Magdeburg. 'Weydmann, Prediger, Crcfeld. 

Stellvertretende Mitglieder : 

Dr. Th. Arndt, Prediger an S. Petri, Berlin. Wilh. Böttdcher, Prof., Hagen i. W. Phil. Brand, 
Bankdirektor, Mainz. H. Pechner, Professor, Berlin. Univ.-Prof. Dr. Hilty, Bern. Gymnasial-Direktor 
Dr. HeuBsner, Kasst^l. Oberstlieut. a. D. Dr. M. Jahns, Berlin. Dr. Herrn, v. JireÖek, k. k. Ministerial- 
rat, Wien. Xiaunhardt, Geh. Regierungs-Rat und Prof., Hannover. Pfarrer E. Mämpel, St>ebach hei 
Eisenach. Univ.-Prof. Dr. Natorp, Marburg a,L. Univ.-Prof. Dr. H. Suchier, Halle a. S. Archiv-Rat 
Dr. Prümers, Staatsarchivar, Posen. Rektor Hissmann, Berlin. Landtags-Abgeordneter von Schencken- 
dorff, Görlitz. Staatsrat Dr. G. Schmid, St. Petersburg. Slamenfk, Burgerschul-Direktor , Prerau. Univ.- 
Professor Dr. von Thudichum, TQbingen. Univ.-Prof. Dr. Uphues, Hallo a. S. Freiherr Hans von 

"Wolzogen, Bayreuth. Prof. Dr. Zimmer, Herbom. 

Schatzmeister: Bankhaus Molenaar &. Co., Berlin G2, Burgstrasse. 



Verzeichnis der Pflegschaften der CG. 

Eine vervollständigte Liste wird demnächst erscheinen. 



(Der Buch8tal>e B hinter dem Namen bedeutet ,, Bevollmächtigter im Ehrennrat**, der Buchstabe G 
„Cicschilft«führendc Buchhandlung" und der Buchstabe V Vorsitzender ehier C.Z.G. oder CK.) 



Altoun: F. L. Mattigsche Buchh. G 
Altdorf: Sem. -Lehrer a. D. J. Böhm. B 
Amsterdam: Univ. -Prof. Dr. Rogge. V 
„ Buchh. V. Joh. Müller. G 

Augsburg:: J. A. Schlossei-sche Buchh. G 
Bannen: Buchh. v. Adolf Grae})er. G 
Bartenstein ( Ost pr.): Oberlehrer Dr. Lentz. B 
Bayreuth: Bnchli. v. B. Gicssel. G 
Berlin: Buchh. v. F. Schneider u. Co., W. 

Leipz. Str. 128. G 
Bremen: Dr. E. Brenning, Realgym.-Lehr. B 

„ Buchh. V. H. W. Silomon. 6 
Breslau: Buchh. v. E. Morgenstern. G 
Bunzlan: Buchh. v. Ernst Muschket. G 
Cottbus: Buchh. v. Carl Brodbeck. G 
Crefeld: Woydraann, Pastor. B 
Czernowitz: Prof. Dr. Hochegger. V 

,,* Buchh. V. H. Pardini. G 

Christianin: Buchh. v. Cammenneyer. G 
Danzig: L. Sauniera Buchh. G 
Detmold: Scm.-Direkt. Sauerländer. B 

„ C. Schenks Buchh. G 
Dortmund: Realgymn.-Dir. Dr. Auler. B 
Dresden : H. Burdach, K. S. Hof-Buchh. G 
Düsseldorf: Buchh. v. Herrn. Michels. G 
Einbeck : Oberlehrer Dr. EUissen. B 

„ Buchh. V. H. Ehlei-8. G 
Elsenacb: Sem.-Dir. E. Acfcermann. B 

,, Buchh. V. Bäreck. G 
Elblug: Oberlehrer Dr. Bandow. B 
„ Buchh. V. Leon Saunier. G 
Elberfeld: Buchh. v. B. Haitmann. G 
Emden: Haynelsche Buchh. G 
Frankfurt a. M. Detloffsche Buchh. G 
Giessen: Ferbereche Univ.-Buchh. G 
Glogan: Oberlehrer Baehnisch. B 

,, Buchh. v. C. Rcissner's Nachfolger. G 
Gotha: Oberechulrat Dr. von Bamberg. B 
Görlitz: Gvmn.-Dir. Dr. Eitner. B 
Gnben: Buchh. v. Albert König. G. 
Hagen (Westf.): Prof. W. Botticher. V 

„ Buchh. von Gustav Butz. G 

Halle a.S.: Univ.-Prof. Dr. Uphues. B 
Hambiu'g: Oberlehrer Dr. Dissel. B 

,, C. Gassmanns Buchh. G 

Hamm: Rektor Bai-tholomaeus. B 
Hannover: Kealgymn.-Dir. Ranidohr. B 

„ Buchh. V. Ludwig Ey. G 

Heidelberg: Direkt. Dr. Thorbecke. B 
Herborn: Prof. Dr. Zimmer. B 
Jena: Inst,- Direktor Pfeiffer. V 

„ Döbereinersche Buchh. (Rassmann) B 
Kassel: Gvmn.-Dir. Dr. Heussner. B 

Buchh. V. M. Bninnemann & Co. G 



^f 



Königsberg i. Pr. Graefe &Unzei*sche Buchh. G 



Lanban: Buchh. v. Denecke. G 
Leipzig: J. C. Hinrichs'sche Buchh. 6 
Lengerieh: Rektor O. Kemper. B 
I^nnep : Prof. Dr. Witte, Kreis.schulinsp. V 

,, Buchh. V. R. Schmitz. G 
Lippstadt: Realgymn .-Dir. Dr. Schirmer. B 
Liss4i i. P. : Prof. Dr. Nesemann. B 

„ Buchh. V. Friedrich Ebbecke. G 

London : Buchh. v. Williams and Norgate. G 
Lüdenseheid: Dr. med. Boecker. B 
Magdeburg: Buchh. v. Heinrichshofen. G 
Mainz: Bankdirektor Brand. B 

„ H. Quasthoffp Buchh. G 
Meiningen: Oberkii-chenrat D. Dreyer B 
Miihlhuuseni. Th.: Diakonus J. Clüver. B 
München: Schulrat Dr. Rohmedcr. B 

„ Hofbuchh. V. Max Kellerer. G 
Münster: Buchh. v. Obertüschen. G 
Neuwied: Prediger Siebert. B 
Nordiiuusen: Oberlehrer Dr. Nägler. B 

„ Förstern annsche Buchh. G 

Nürnberg: Postmeister Aug. Schmidt. B 

,, Buchh. V. Friedr. Korn. G 

Oseliatz: Sem.-Oberl. fernst Hänsch. B 
Osnabrück: Pastor Lic. theol. Spiegel. B 

,, Buchh. V. Rackhorst. G 

Paris: Buchh: v. Fischbacher. G 
Posen: Buchh. v. Friedrich Ebbecke. G 
Potsdam: Buchh. v. R. Hachfeld. B 
Prag: Buchh. v. Fr. Rivnäc. G 
Prerau (Mähren) Direktor Fr. SlamSnlk. B 
Quedlinburg: Rektor Ed. Wilke. B 

„ Buchh. V. Christ. Vieweg. G 

Remscheid: Hauptlehrer R. Laiubeck. V 

„ Buchh. V. Herm. Krunun. G 

Rostock: Dir. Dr. Wilh. Begemann. B 

„ Stillersche Hof- u. Univ.-Buchh. G 
Ruliroil: Buchh. v. Andreae u. Co. G 
Sagan: Buchh. v. W. Daustein. G 
Soest: Lehrer W. Handtke. B 

„ Rittersche Buchh. G 
Stade: Direktor Dr. Zechlin. B 

„ Schaumburgsche Buchh. G 
Stettin: H. Dannenbergsche Buchh. G 
Stockholm: Dr. N. G. W. Lagersted t. B 

„ Hofbuchh. V. C. E. Fritze. G 

Strassburg i. Eis. Sem.-Dir. Paul Zänker. B 
Wesel: Buchh. v. Karl Kühler. G 
Wien: Buchh. v.A.Pichlers Wwe. u. Sohn. G 
Wiesbaden: Gymn.-Oberl. Dr. Hochhuth. B 

„ Buchh. V. Felix Dietrich. G 

Zchopau: Schulrat A. Israel. B 
Zürich: Buchh. v. Meyer & Zeller. G 
Zwickau: Oberl. Dr. P. Stötzner. B 



-»-►♦♦M- 



Buchdruckerei von Johannes Bredt, Monster i.W. 



I