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^ " ~ “ - ^Fortsetzung ilfichste Sdte)
nagw^-LEifziQ
Literatur:
KHfitL DbJBHNlä? Di^ deutedie Medaille in kunst» und kulturgesdiiciididier }^-
Sidit, nadi dem Bejsiande^^^ Mcdaillcdsaaninlting des Ällcrhödisteti Kaiscr-
RICHÄRD HOFFMÄNN. Die Kunstaltertumer im erzbisdiöflidien Knabenseminar
zu FrÖsinö»^(^ ^ ^ ^ ^ ^
GÄNZ, Dr. PHtlJ. und Die En^tebpng des Ämcrbadisdifen Kurist-
' Icabinetts und die ^Lme^a&cb^ IWvehtö jiVlarc j^pseub€j^;j
Mlri? iE SCHÜTZE. <Der sdiiiö^aW^^ (Philipp Äaria Halm.)
P. EICHHÖEZi Das jätte$|e dpute Wohnhaus, ^ein Steihbaü des 9. Jahrhunderts.
(H.'Ecrgner.j.:\:v.-.:/v^^ " .
^ W. WQERiNDER, Lnkas'^anach. (fiter m^ ^
ÄRTJBR LIjNDNER>^ Meister^ - Im Besitze des Museums
Wanra%Rkhartzs ztt KÖln^ ^Os kar Eiache^^^^^^^ . ^ ^ ^
HEINRICH WEIZSÄCKER E^nst pnd EünstlCT^^^^ a. JVi. imCl^ Jahr-
.-hundert. ;:(PnttlFeTd;>^dini|dt)' J--'" - ' 5-> ''
GüSTäWPÄULE
HILDEGÄRb HEYNE. Max Kling^^ iöj Rahmen der modernen Weltansdiauimg
' - und K^t.^ :s(G. Edrh.)- >- j ^ ' C; "'’ '- ^ "
V OTTO HÖERlfH. Das Äbendmahl des^Leonardo da Vinci. , (Paul S<hubilng.)
J. SÄNPERE^^V MlQüED. L^s cmdtrck:entistäs catalar^s. (Äug. U
PÄUE SCEüBRlNG. Rembrandt; (Franz Dülherg.) '
KL O S S p Ws K li^JHQnbre: Daumier, (U h d e - B e r n a g s.)
ÄRMäND PäVQT,; La peinture anglaise/ H. Meger.) '
"F. G, Waldmmiers handsdiriaiidierNadilaß. /AgoriEi. /Revue der Zeitsdirifteh, /Neue Publikationen. '
Bibliographie
Dö* Kcmatsamraler l
■’S^
Die Äufti^Iün^ dCT Sammlung Hadolf Kanm '
Ein wiedergejundener Porzeilanaposfel von KSßndier. Von^idiard Graul.
Ein Jubiläumskatalog. ^ ^ . ^ ::
Marc Rosenberg übdr Gobelins. ^ ^
Der Kunstmarkt.
Vermisddes. / Keuc Kataloge; ■
Heft 3 wird :voraussiätIich Originalbeiträge bringen von JaTÖ Springer (Berlin),
Hofstede de Groot (Den Haag), Krtur Weese <Bein), Papi Laf and (Pau),
Giovanni Poggi (Florenz), H. Ä. Sdimid (Prag). ' ^ *
Bezugspreis der Monatshefte für Kuastwisseiisdiaft :
Jährlidi 12 Hefte (50--^ Bogen) im Ähoitnorae^
Einzclhefte M. 2.—, " \ V
halbjährlich M. E.
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und Auslandes entgegen. Wo soldhe ni<ht errei(hbar> vi^He man si'di d^^^
den Verlag von KLINKHARDT & BIERMäNN, LEIPZIG, wenden.
Äbb. 3. Michelangelo Buonarroti □
Sammlung Chaix d’Est-Änge in Paris
4
50
Monatshefte für Kunstwissenschaft
So hat Jacopo del Conte in diesem Römischen Oratorium der Misericordia
von Florenz nicht nur dem größten Florentiner in Rom, sondern auch dem Bruder
von San Giovanni Decollato ein Denkmal gesetzt. Und dies Porträt, welches del Conte
mit so viel Sorgfalt und so viel Takt gemalt hat, in dem er aus den ehrwürdigen Zügen
Buonarrotis die Spuren der Freveltat Torriggianis verdrängte, hat vielleicht den Anlaß
gegeben, daß der Meister seinem jungen Landsmanne auch zu jenem Gemälde saß,
von welchem Vasari zu berichten weiß. Oder sollte gar Vasaris ganz allgemeine
Angabe nur auf der Tatsache beruhen, daß Michelangelo von del Conte in S. Giovanni
Decollato porträtiert worden ist? Bekanntlich haßte Buonarroti es ja, Bildnisse zu
malen und selbst porträtiert zu werden. Nur seinen vertrautesten Freunden gelang es,
ihn für Sitzungen zu gewinnen. So entstanden Bugiardinis Gemälde, Leone Leonis
Medaille und Wachsmodell und endlich die in zahlreichen Nachbildungen bekannte
Büste des Daniello da Volterra.
* *
*
Besonders günstigen Umständen verdanke ich die Möglichkeit, im Anhänge
dieser Studie noch zwei Ölporträts Michelangelos veröffentlichen zu können, die in
zwei glänzenden Privatversammlungen in Paris und ^ London bewahrt werden. In der
Juli-Nummer 1907 der Zeitschrift „Les Arts“ publizierte Baron Joseph du Teil zum
erstenmal die Schätze der Sammlung Chaix d’Est-Ange in Paris. Ein unediertes Por-
trät Michelangelos durfte auf die allgemeinste Aufmerksamkeit Anspruch erheben, und
so erbat und erhielt ich die Erlaubnis, das merkwürdige Bildnis auch in einer deutschen
Kunstzeitschrift publizieren zu dürfen. [Abb. 3.] Da ich noch keine Gelegenheit fand, das
Original dieses Porträts in Paris zu sehen, so muß ich mich im wesentlichen darauf
beschränken, in Kürze die Angaben zu wiederholen, die mir Baron du Teil mit größter
Liebenswürdigkeit über die Herkunft des Gemäldes gemacht hat. Er hat dieselben f
größtenteils schon selbst in der genannten Nummer von „Les Arts“ publiziert. Das j
Gemälde wurde von dem Baron Alquier i. J. 1801 in Florenz erworben und gelangte
nach seinem Tode im Dezember 1836 in die Sammlung Chaix d’Est-Ange. Schon !
i. J. 1823 hatte Wicar dies Gemälde für das schönste ihm bekannte Porträt Michel- j
angelos erklärt, und nicht weniger enthusiastisch lautete das Urteil Ingres’ über das- |
selbe: „Portrait chef-d’oeuvre, en effet parti de la main de ce colosse de genie! portrait I
vivant de ses mcEurs, histoire tout entiere de l’art!“ Das Porträt wurde, wie Baron du |
Teil ermittelt hat, zweimal gestochen, i. J. 1812 von J. G. Potrelle, i. J. 1846 von Alphonse j
Francois.
Sehr merkwürdig sind die Pentimenti, welche man auch auf der Photographie j
auf dem unausgeführten Teil des Gemäldes entdecken kann. Dort wo man den rechten
Arm Michelangelos sucht, auf der linken Seite des Gemäldes, erkennt man deutlich die
Beine eines Knaben und die Hände, welche ihn halten. Der Kopf eines bärtigen
Heiligen rechts neben dem Kopf Michelangelos ist, wie mir Baron du Teil versicherte,
deutlich im Profil zu erkennen, aber in der Reproduktion nicht sichtbar. Das Porträt
Michelangelos ist also auf eine Holzplatte gemalt, die ursprünglich für ein Madonnen-
bild bestimmt war.
Steinmann. Zur Ikonographie Michelangelos
51
Äbb. 4. Portrait Michelangelos, dem Salviati zugeschrieben
London, Sammlung Dr. Ludwig Mond □
52
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Schon Milanesi hat — was Baron du Teil entgangen ist — in seiner Vasari-Äus-
gäbe das Porträt der Pariser Sammlung erwähnt und, allerdings auf fremdes Urteil
sidi stützend, außerordentlich hoch eingeschätzt^) Milanesi glaubt das Gemälde mit
Bestimmtheit dem Salviati zuschreiben zu können, den er auch als Äutor für die
Madonnenskizze in Äuspruch nimmt, auf welcher das Porträt gemalt worden ist.
Jedenfalls gibt sich das Porträt der Sammlung Chaix d’Est-Änge als Prototypus-
der meisten Ölporträts Buonarrotis zu erkennen, die wir besitzen. Äm stärksten ist
von ihm das sogenannte Selbstporträt in den Uffizien beeinflußt worden und ein
weniger bekanntes Bildnis beim Earl of Wemyss, welches Symonds veröffentlicht hat.^)
Aber auch die Bildnisse in der Pinakothek des Capitols, in der Galleria Buonarroti und
in der Villa del Gallo erscheinen in starker Abhängigkeit von dem Pariser Gemälde,
das, obwohl unvollendet, ihnen allen durch die schlichte unverfälschte Charakterzeichnungi
überlegen ist.
* *
Gleichfalls dem Salviati schreibt J. P. Richter ein noch unveröffentlichtes Porträt
Michelangelos in der Sammlung von Dr. Ludwig Mond in London zu. Dank der
Güte des Besitzers kann ich auch dies Gemälde in dieser ikonographischen Studie
reproduzieren (Abb. 4). Das Bild ist auf einer schmalen Leinwand gemalt, die durch
gemalte Pilaster in fünf Flächen geteilt ist. In der Mitte erscheint Michelangelo
zwischen Giotto und Donatello zur Linken und Raffael und Brunellesco zur Rechten.
Über die Bedeutung und Herkunft dieses merkwürdigen Gemäldes wird J. P. Richter im
dem demnächst erscheinenden Katalog der Mond-Gallerie genaueres berichten.
1) Ä. a. 0. VII, 331.
2) The sonnets of Michael Ängelo Buonarroti sec. cd. London 1904.
Raffael und Manet
Von Gustav Pauli
Raffael und Manet in einem Ätem zu nennen, klingt absurd, etwa so, wie wenn
man Petrarca und Gerhard Hauptmann zusammentun wollte. Sie sind sich so fremd,
daß man sie nidit einmal in eine Antithese bringen kann. Zwischen den schärfsten
Gegensätzen besteht dodi immer noch eine gewisse Beziehung — und sei es nur die,
daß sie einander widersprechen. Zwischen Raffael und Manet gibt es keine Wider-
sprüche. Sie stehen einander so fern, wie Gestirne, die durch Millionen Meilen des
dunkeln Weltenraumes getrennt sind. Aber ebenso wie ein Lichtstrahl fernster Sterne
zu uns gelangt, mag es auch wohl geschehen, daß ein Formgedanke, der vor Tausen-
den von Jahren in einem Mensdienhirne aufblitzte, in unserer Zeit wieder neue Gestalt
gewinnt. Und das ist hier der Fall. Wenn Raffael an einem Gemälde Manets mit-
gearbeitet hat, so war seine Rolle nur die des Vermittlers, der dem Spätergeborenen
«inen antiken Gedanken, einen römischen, vielleicht einen griechischen, zutrug.
Daß Manets Dejeuner sur l’herbe eines seiner größten Meisterwerke ist, unter-
liegt keinem Zweifel. Die Feinheit und Kraft der Malerei läßt sich genießen, nach-
fühlen, aber nicht kritisieren. Die Komposition als solche zu beachten, ist zwar nicht
mehr Mode, wenn man aber das Bild auch in dieser Hinsicht würdigen will, wird
man gewiß finden, daß sie ganz besonders angenehm gerundet sei. Wie sich die drei
Hauptfiguren in einem elliptischen Umriß zusammenfügen, wobei die Lücke in der
Mitte durch den weiblidien Akt in der Ferne ausgefüllt wird, wie das sitzende Mädchen
den Ellenbogen auf das Knie stützt, das möchte man beinah klassisch nennen. Es ist
jedenfalls ohne Beispiel in Manets übrigen Bildern. Er komponiert sonst — ich will
nicht sagen schlechter, aber zum mindesten anders.^) Kein Wunder! Denn diese Kom-
position ist in der Tat klassischen Ursprungs und geht geradeswegs auf eine Zeichnung
Raffaels zurück, die Marc Anton gestochen hat — und hinterdrein Marco Dente noch
ein zweites Mal. Schon diese wiederholte Bearbeitung zeugt für den Beifall, den der
Entwurf gleich zu seiner Zeit gefunden haben muß.
Es handelt sidi um den berühmten Stich des Parisurteils (M. Anton B. 245, 246).
Deutsche Gelehrte, Otto Jahn und Anton Springer, haben es uns längst mitgeteilt, daß
die Raffaelische Zeichnung, die dem Stich zugrunde liegt, eine der späteren Arbeiten des
Meisters, aus den Motiven zweier antiken Sarkophagreliefs zusammengesetzt sei, die
sich noch heute in Rom befinden. Beide stellen das Parisurteil dar, und zwar steht
das eine Relief, dem die meisten Figuren auf der linken Hälfte der Raffaelischen Kom-
position entnommmen sind, in der Villa Pamfili, das andere, das der rechten Hälfte der
1) In dem Künstlerlexikon von H. W. Singer finde ich unter Manets Verdiensten auch „die
Befreiung vom Kompositionszwang“ aufgezählt.
RAFFAEL: Drei Flußgottheiten □ Ausschnitt aus dem Kupferstiche Marc Antons B.245
Pauli. Raffael und Manet
55
Zeichnung zum Vorbild gedient hat, in der Villa Medici.^) Äuf dieser rechten Hälfte
sehen wir oben in den Lüften Äpoll mit seinem Sonnenwagen, die Dioskuren, Jupiter
und Diana dargestellt, unten aber am schilfbewachsenen Ufer eines Gewässers zwei
Flußgötter und eine Nymphe. Sie sitzen beieinander, nackt und schön und haben
sich nichts zu sagen.
Eben diese Gruppe hat es Manet angetan. Er nahm die beiden Götter, zog
ihnen Röcke und Hosen an, versah sie mit Taschenuhren, setzte dem einen ein Barett
auf den Kopf und gab ihm statt des Sdißfstengels einen Spazierstock in die Hand.
Nur das Mädchen ließ er nackt, weil es ihm so wohlgefiel. Das heißt, um es ganz
genau zu sagen, er nahm drei Pariser Modelle und ließ sie in den von Raffael vor-
gezeichneten Stellungen posieren; wobei es sich dann ergab, daß man bei etwas ver-
änderter Haltung bequemer sitze.
Qu’est-ce que cela prouve? wird mich vielleicht nach berühmtem Muster ein
Künstler fragen. Je nun, es beweist nichts Neues, jedenfalls nichts gegen Manet. Um
alles in der Welt möchte ich nicht zu den Sykophanten gerechnet werden, die in der
Kunst und Literatur nadi Plagiaten schnüffeln. Was mit Recht so bezeichnet wird,
ist ein kümmerlicher Mundraub am geistigen Eigentum, der von den Geschädigten ver-
folgt werden mag, im übrigen aber nicht der Rede wert ist. Von Raffael zu Manet
gibt es indessen kein Plagiat, so wenig wie bei den Renaissancearchitekten, die in
ihren Kirchenbauten antike Tempelfassaden und Kuppelräume bearbeiteten, so wenig
Plagiat wie bei Shakespeare, der aus den Stoffen italienischer Novellen Dramen schuf.
Wenn ein Großer wie Manet sich überlieferter Formen bedient, so schafft er sie zu
seinem Eigentum, indem er sie neu gestaltet und bereichert. Er ist dann viel mehr
ein Gebender als ein Nehmender. Das Kunstwerk, das Manet in seinem Dejeuner
geschaffen hat, ist mehr wert als Raffaels Zeichnung und als die antiken Reliefs, die
ihm als Vorlage gedient haben. —
q E. Braun. Ännali dell’ Instituto Roma 1839. S. 215 ff.
0. Jahn. Berichte der kgl. sädis. Gesellsch. d. Wissenschaften I, 1849. S. 55 ff.
Ä. Springer. Raffael und Michelangelo. 2. Äufl. II. S. 122.
H. Thode. Die Äntiken in d. Stichen Marc Äntons, Leipzig 1881. S. 24.
Selbstverständlich hat Raffael das antike Vorbild mit aller Freiheit auf seine Ärt um-
gestaltet. Insonderheit hat er der Gruppe der Flußgötter nur die allgemeinste Anregung ent-
nommen. In ihrer Fassung auf den Stichen Marc Äntons und Marco Dentes ist sie durchaus
raffaelisdi. Die Nymphe und der Flußgott sind neu erfunden. Merkwürdigerweise sind diese
beiden Figuren dann wieder für die Ergänzung eines Reliefs mit dem Parisurteil in der Villa
Ludovisi benutzt. (Die Nymphe im Gegensinne.) Vgl. Jahn a. a. O. Taf. IV, 2.
Studien und Forschungen
Abb. 1. Aus GEILERS Granatapfel, Augsburg 1510
(Größe 0,123 br.; 0,172 h.) □
KÄNN EIN HOLZSCHNITT HÄNS
BÄLDUNGS ZUR TEILWEISEN
DATIERUNG VON GRÜNEWADS
ISENHEIMER ALTAR DIENEN? □
Da auf den Grünewaldsdien Tafeln des
Isenheimer Altares kein anderes Wappen an-
gebracht ist als das des 1516 gestorbenen Prä-
zeptors Guido Guersi, so nimmt man an, daß
das Altarwerk vor 1516 entstanden sein muß
und die auf dem Salbgefäß der Kreuzigung er-
sichtliche Jahreszahl 1515 gilt als Vollendungs-
termin des Werkes.^) Bei dem Mangel an
h Vcrgl. H. H. Sdimid, Mathias Grünewald, im Fest-
buch zur Eröffnung des Historischen Museums, Basel 1894.
Nachrichten über die Dauer der eigent-
lichen Arbeit Grünewalds sollte jeder An-
halt ausgenützt werden, denn für die Ent-
wicklungsgeschidite der oberrheinisdien
Malerei scheint mir in dem zweiten Jahr-
zehnt des XVI. Jahrhunderts jedes Jahr
von Wert und vor allem darf die Frage
interessieren, in welchem Jahr können die
am Oberrhein tätigen Maler zum ersten-
mal vor einem hier vollendeten Bild Grüne-
walds gestanden haben. Ich glaube da-
für spätestens den Beginn des Jahres 1511
in Vorschlag bringen zu können.
Bei Hans Otmar in Augsburg kam
1510 die erste Ausgabe des Buches Granat-
apfel „meerers tails gepredigt durch den
hochgeleerten doctor Johanem Gagler von
Kagsersperg“ mit sechs Illustrationen her-
aus, dereji vier das Monogramm H. B.
tragen und als Werke Hans Burgkmairs
gelten. Diese Illustrationen sind für die
zweite Ausgabe desselben Buches, die
Johann Knoblauch in Straßburg auf Frei-
tag nach Gregorij 1511 erscheinen ließ,
alle von Hans Baidung mit recht genauer
Anlehnung umgezeichnet worden, man
kann ruhig sagen kopiert worden, mit
Ausnahme des fünften Holzschnittes, der
die sieben Hauptsünden unter der Gestalt
von sieben Tierungeheuern zeigt. Bei
diesem Holzschnitt ist Baidung vollständig
abgewichen, seine Komposition und die
Einzelausmalung der Tiere sind der Augs-
burger Ausgabe gegenüber ganz neu, nur
bei der Bildung eines weniger auffallen-
den Tieres ist er abhängig geblieben. Diese
an sich auffallende Abweichung wird aber
‘^) Der Gregorientag ist nach H. Grotefend (Zeitrechnung
des deutschen Mittelalters, 1891. I. Bd. , S. 79.) der
12. März.
Ausführlidie Bibliographie der Schriften Gehers von
Kaysersberg bei L. Dacheux in: Die ältesten Schriften
Gehers, 1882, Freiburg i. B. — Das Buch Granatapfel,
Augsburg 1510 = Dacheux Nr. 44. -- Das Budi Granat-
apfel, Straßburg 1511 = Dacheux Nr. 45. — Muther, Die
Bücherillustration der Gotik und Renaissance, beschreibt
als Nr. 1394 eine illustrierte Ausgabe des Granatapfels
bei Grüninger 1510. Diese Angabe hat er, ohne ein Ex-
emplar zu nennen, aus Weigels Kunstkataloge (Nr. 13361)
— Ludwig Friedrich Vierling, Straßburg 1786, in seinen
scriptis Germanicis Geileri kennt keine Grüninger-Aus-
gabe von 1510, P. Kristeller in seiner Straßburger Bücher-
llustration Nr. 129 hat diese Ausgabe nie gesehen, der
sorgfältige Geiler Bibliograph Dacheux sagt Seite LIV.,
Studien und Forschungen
57
aus einem be-
sonderen Grund
interessant, weil
sich Baidung mit
seinem Holz-
sdinitt gleichzei-
tig dem Grüne-
waldschen Ältar-
flügel mit der
Versuchung des
Heiligen Änto-
nius nähert und
zwar in derGrup-
pierungderTiere
so sehr wie in
der Einzelgestal-
tung von einigen
derselben. Vor-
ausgesetzt, daß
die Ännäherung
einleuciitend ge-
nug ist, wäre da-
Mmit erwiesen,
daßldieser Flügel
Beginn des
jihreslSll schon
in der Durchbil-
dung seiner Ein-
zelheiten fertig
war.
Die Übertra-
gung Grüne-
waldscher Mo-
tive in den Holz-
schnitt des Hans
Baidung (Äbb. 2) ist, wie der Äugenschein lehrt,
nicht durdi direktes Nachzeidinen vor dem Ori-
ginal, sondern nur aus der Erinnerung geschehen.
Baidung muß nach einem Werkstattbesuch bei
Grünewald von dessen packender Phantasie noch
so erfüllt gewesen sein, daß er, als derÄuftrag zur
Umzeichnung der Äugsburger Illustrationen i)
an ihn erging, es sich nicht versagen mochte,
die Untiere aus der Erinnerung nach Grünewald
zu geben, anstatt die weniger originellen der
Äugsburger Vorlage zu kopieren. In dem Um-
stand der Abweichung allein dürfte also schon
€in gut Teil des Beweises liegen. In dem
daß er von dieser Ausgabe nirgends die geringste Spur
gefunden habe, mir gelang das auch nicht. Wer Muthers
Arbeit kennt, wird daraufhin kaum weiter suchen.
Die sechs Illustrationen der Augsburger Ausgabe
sind: 1. Christus, Lazarus, Martha und Maria, bezeichnet
H. B. — - 2. Pharaos Untergang im roten Meer, H. B. —
i. Elisabeth und spinnende Frauen, ohne Monogramm
(Abb. 3). - 4. Küche, in welcher ein Koch einen Hasen
ausweidet, H. B. — 5. Die sieben Hauptsünden, H. B. —
3. Die sieben Schwertscheiden, ohne Monogramm.
Augsburger
Holzschnitt (Ab-
bild. 1) gruppie-
ren sich die Tiere
in der sichtlichen
Absicht den
Raum gleich-
mäßig zu füllen
um ein Haupttier
in der Mitte, um
jenes mit dem
Schwert derHof-
fart, der Quelle
aller anderen
Fehler; bei Bai-
dung sind sie
aber, ganz wie
bei der Ver-
suchung des An-
tonius , rundum
angeordnet und
stürzen sich
wenn man so
sagen darf, auf
ein in der Mitte
fehlendes Ob-
jekt. Diese Lücke
in der Kompo-
sition verwehrt
es von Anfang
an, in Grünewald
etwa den Ent-
lehner aus Bai-
dung zu sehen,
was bei dem un-
gemeinen Phantasiereichtum des Malers in Isen-
heim auch sonst nicht ernstlich in Betracht käme.
Die Frage nach einer dritten gemeinsamen Quelle
wird wohl auch zu verneinen sein, zu Schon-
gauers Versuchung des Antonius z. B. haben die
Grünewalds und die beiden hier abgebildeten
Holzschnitte keine direkten Beziehungen.
Es empfiehlt sich noch, auf der einen Seite
die Abhängigkeit Baidungs von den fünf Augs-
burger Vorlagen, bei dem sechsten Holzschnitt
aber seine Übereinstimmung mit Grünewald
etwas näher zu erörtern. Die in den stark ver-
kleinerten Abbildungen 3 und 4 beigegebenen
Holzschnitte der heiligen Elisabeth mit ihren
spinnenden Frauen nach der Augsburger (Abb. 3)
und nach der Straßburger Ausgabe (Abb. 4)
zeigen, wie ähnlich der Gesamteindruck beider
ist, so daß das Auge erst genauer hinsehen
muß, um sich die immerhin nicht unerheblichen
Änderungen klar zu machen. Wer nicht Ge-
legenheit hat, selbst beide Ausgaben zu ver-
Abb. 2, Aus dem Granatapfel, Straßburg 1511
(0,137 br.; 0,171 h.)
58
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 3. Äus dem Granatapfel, Augs-
burg 1510 (0,122 br.; 0,171 h.)
gleichen, darf mir glauben, daß das Beispiel
richtig gewählt ist und daß größere Abweich-
ungen als wie sie hier zu erkennen sind, bei
keinem der anderen Holzschnittpaare Vorkom-
men, bei dem Bild vom „Has’ im Pfeffer“ aber
und bei den „sieben Scheiden“ jedenfalls nur
geringere.
Die Übereinstimmung von Baidungs sieben
Untieren mit Grünewalds Versuchungsbild, die
jedenfalls nur aus der Erinnerung stammt, be-
steht wie gesagt in der Anordnung und in dem
Einstürmen auf die Mitte, ferner in der Ge-
staltung von drei oder vier Tieren, die, und
das ist wichtig, auch an den gleichen Plätzen
auftreten. Da ist in Mitte oben der breitnasige
hundsköpfige „Zorn“, in halber Höhe rechts die
„Tragkait“ mit dem fleischigen Maul und halb-
offenem Rachen, in Mitte unten die „Geitikat“
als flaches, vierbeiniges Schalentier mit langem
Hals und links in halber Höhe die „Hochfart“,
zwar bei Baidung mit einem Vogelkopf ver-
Äbbildungcn der Versudiung des Heiligen Äntonius
vom Isenheimer Altar bei H. A. Schmidt, die Werke des
Mathias Grünewald, Straßburg 1907, ferner in der Grüne-
waldmappe des Kunstwart; klein aber recht gut bei
J. Fleurent, der Isenheimer Altar, Colmar 1903.
Abb. 4. Aus dem Granatapfel. Straßburg 1511
(0,136 br.; 0,172 h.)
sehen, der mit seiner Federklappe am Ohr an
den Vogel rechts unten bei Grünewald erinnern
kann, aber die Hoffart hat das sehr charakte-
ristische Bewegungsmotiv des bei Grünewald
an gleicher Stelle befindlichen Teufels deutlich
beibehalten, nämlich den über die Achsel ge-
drehten Kopf und den steif abgebogenen Ell-
bogen. Der Kopf dieses Teufels wieder und
seine Schmetterlingsflügel mögen in dem Bal-
dungschen „Neid“ rechts oben ihre Spuren
hinterlassen haben. Da wo ihn seine Erinnerung
verließ, hat Baidung rechts unten die bebrillte
Unkeuschheit aus Eigenem eingeflickt, für die
Fresserei aber die Trägheit aus Burgkmair her-
über genommen.
Sind nun die Ähnlichkeiten zu Grünewalds
Bild zwar nur bescheidene, so scheinen sie mir
bei Geizigkeit und Hoffart und in der allgemeinen
Anordnung doch sicher zu sein; rechnet man
das Abweichen von der Augsburger Vorlage
einzig bei dieser Szene hinzu, so gibt das zu-
sammen doch wohl mehr als bloßen Zufall.
Dann aber gilt auch die Frage nach der Datierung
des Altarflügels als beantwortet.
Hans Koegler,
g
Studien und Forschungen
59
zu DEN HILÄNDERÄS DES
VELÄSQUES
Wer zu öfteren Malen in dem Velasquez-
Saale des Prado geweilt hat, wird die Bemer-
kung gemacht haben, wie geringer Gunst beim
Publikum sich das Bild der Hilanderas erfreut,
trotz der zwei Sterne im Bädeker und trotz
einer Berühmtheit, die der der Meninas nur
wenig nachsteht. Es ist nicht die Ärt der Äuf-
stellung allein, das gesonderte Kabinett der
Meninas, das Neugierige und Ruhebedürftige
in gleicher Weise anzieht, im Gegensatz zu
der Einreihung in dem großen Saale, die die
Hilanderas sich gefallen lassen müssen. Äuch
die Übergabe von Breda hängt hier, und das
Bild hat noch nie seine Wirkung verfehlt.
Die künstlerische Äbsicht der Hilanderas
geht auf die starke Gegensatzwirkung des vor-
deren halbbeleuditeten Hrbeitsraumes zu dem
rückwärtigen, sonnendurchfluteten Raume, in
dem vornehme Damen die Teppiche betrachten.
Durch Nadit zum Licht. Was in trübem Dun-
kel geschaffen, wird in hellem Lichte genossen.
Die Tendenz ist deutlich genug. Äber es bleibt
ein Nebeneinander. Ein eigentlidhier Gesamt-
eindruck kommt nicht zustande. Die mächtige
Bewegung der Arbeit spricht nicht als solche.
Der Sonnenstrahl im rückwärtigen Raume will
nicht leuchten, und es bleibt dort hinten eine
peinliche Unklarheit in den räumlichen Ver-
hältnissen und im Nebeneinander des Wirk-
lichen und Unwirklichen.
Man wird dieses Urteil von unbefangenen
Betrachtern immer von neuem bestätigt hören.
Und der Schlüssel, der die Lösung des Unbe-
friedigenden gibt, ist, wenn man sich über
dieses selbst nur erst klar ist, unschwer ge-
funden. Das Bild ist — wie auch an jeder
Photographie leicht zu sehen — stark angestückt,
jederseits ist ein Streifen und zumal oben ein
breites Stück hinzugekommen. Oben verläuft
der Schnitt genau horizontal durch das obere
Ende der Leiter, die an der Rückwand lehnt,
links fällt der Vorhang beinahe ganz fort, in
dem die Ärme der Seitwärtsgreifenden ver-
schwinden, rechts bleibt von der Dienerin, die
den Korb hereinbringt, nur eben Kopf und Ärm.
Diese auffällige Tatsache konnte natürlich
nicht unbemerkt bleiben. Beruete erwähnt sie
und fügt hinzu: Einige nehmen an, daß das
Originalgemälde nur den Mittelteil umfaßte.
Aber damit geht der perspektivische Effekt
verloren, und es bleibt weniger Raum über den
Figuren, als ihn Velasquez in seiner letzten
Zeit liebte. Beruete scheint sich hier auf münd-
liche Äußerungen zu beziehen, da er kein Zitat
gibt. Auch in der einschlägigen Literatur ist es
mir bisher nicht gelungen, eine solche Andeu-
tung zu finden. Und doch enthält die von
Beruete kurz verworfene Ansicht sicherlich einen
richtigen Kern.
So ungewohnt es auf den ersten Blick
scheinen mag, deckt man die angesetzten Teile
ab, so wird man erstaunen, wie das Bild plötz-
lich lebendig wird. Es kom.mt Rhythmus und
starke Bewegung in die Gruppen der arbeiten-
den Frauen vorn, auch der rückwärtige Raum
wird durchsichtiger, klarer, und vor allem be-
kommt der Sonnenstrahl jetzt erst Helligkeit
und Leuchtkraft.
Man verlasse sich nicht auf eine Nachprüfung
an der Photographie, man muß es vor dem
Original selbst erlebt haben, wie das, was vor-
her stumpf schien, nun strahlend und farbig
wird. Man kann bei jedem Kopisten das
Streben beobachten, das Bild zu verbessern,
hier oben durch irgend ein Mittel der Wirkung
aufzuhelfen. Man sehe nur, wie in dem Holz-
schnitt, der Justis Buch beigegeben ist, nicht
nur die Tonwerte verschoben sind, sondern auch
der Sonnenstrahl selbst höher hinaufgezogen
ist, während er im Original bemerkenswerter-
weise genau in der Höhe der Schnittlinie ab-
setzt.
Was man auch an der Photographie nach-
zuprüfen vermag, ist die ganz andere Art der
Raumfüllung, die sich durch Ausschaltung der
angesetzten Streifen ergibt. Alles wird voller,
gedrängter, und den in engen Linien gefaßten
Figuren wohnt eine andere Spannkraft inne.
Nirgends bleibt die Fläche unbesetzt, Vorhang
und Leiter zur Linken, das schwere Bündel an
der Wand über dem Kopfe der Garnwicklerin
rechts, in der Mitte der Einblick in den hellen,
farbigen Raum. Das einzige Motiv des großen
Rundbogens, das der Beweglichkeit des surren-
den Rades unten durch Wiederholung der Form
mehr schadet als nützt, ist alles, was hinzu-
kommt. Sonst bleibt der obere Streifen un-
besetzt in auffälligem Gegensatz zu der ge-
drängten Fülle unten. Auch an den Seiten ist
durch die Verbreiterung nur die Energie der
Bewegungen geschwächt, ganz abgesehen von
der empfindlichen Unklarheit, die zur Linken
entsteht.
Aber — so meint Beruete — es bleibt we-
niger Raum über den Figuren, als ihn Velas-
quez in seiner letzten Zeit liebte. Offenbar ist
an die Meninas gedacht. Auch Stevenson zieht
diesen Vergleich: „Auf beiden Bildern ver-
schwimmt der obere Teil im Dunkel, obwohl
das gewölbte Zimmer der Spinnerinnen nicht
60
Monatshefte für Kunstwissenschaft
so hoch hinaufspannt, auch die Komposition
nidit so sehr beherrscht wie der obere Teil der
Meninas.“ Das Gefühl der Unbefriedigung, das
der feinsinnige Maler nicht verwinden kann,
spricht deutlich aus diesen Zeilen. Äber der
Vergleich tut dem Bilde ein Unrecht. Denn die
künstlerische Äbsicht ist eine durchaus ver-
schiedene. Nicht an das Porträtwerk, sondern
an die noch streng in Darockem Sinne kom-
ponierten Mythologien der Spätzeit des Meisters
hat man zu denken.
Äuch hier ist allerdings eine Korrektur vor-
zunehmen. Das Bild des Merkur und Ärgus ist
an allen vier Seiten angestückt und im ur-
sprünglichen Bestände weit massiger, barocker
in enger Fassung durch rahmende Linien. Die
ursprünglichen Bildgrenzen verlaufen überall
dicht um die Figuren, rechts und links je ein
Stück des Ärmes noch überschneidend. Man
vergleiche, wie auch der Mars fest in der Fläche
sitzt, wie sein Knie den Rahmen berührt, wie
kurz über dem Helm die Bildgrenze verläuft,
oder wie selbst in der flüssig und leicht be-
wegten Venus der Fuß zur Linken, der Ellbogen
zur Rechten vom Rahmen noch überschnitten
wird, wie auch der Engel mit Kopf und Flügel
knapper gefaßt ist.
Obwohl die Schmiede des Vulkan lockerer
komponiert ist als die späten Mythologien, die
in der Schwere der Figuren sich eher wieder
den Trinkern nähern, wird man sich doch auch
hier leidit davon überzeugen, daß zur Linken
und Rechten je ein Streifen nachträglich hinzu-
gefügt ist. Die ursprüngliche Bildgrenze ver-
läuft links durdi den wehenden, gelben Gewand-
zipfel des Hpoll, rechts hart an der Ferse des
letzten der Schmiede. So erst bekommt das
Bild Haltung und Festigkeit, die Menschen
stehen, während zuvor, namentlich beim Äpoll,
das Gefühl unsicheren Schwankens aufkam.
Und niemals sonst stehen Velasquez’ Figuren
so locker innerhalb der Rahmenlinien, immer
faßt er sie fest mit Überschneidungen — von
den Borrachos zum blutigen Rock, dem Christus
an der Säule, der Übergabe von Breda mag
man vergleichen, was man will. Das kurz ge-
öffnete zur Linken, wo Äpoll eintritt, das ganz
geschlossene zur Rechten entspricht dem Sinn
des Bildes so gut wie den Gewohnheiten des
Meisters. Zudem stimmen die Maße der
Schmiede in dieser Form genau mit denen des
blutigen Rockes überein, was vielleicht kein
Zufall ist.
Die Beispiele für nachträgliche Vergrößerung
von Bildern des Velasquez lassen sich noch
vermehren. Äm bekanntesten in dieser Hin-
sicht ist der Philipp zu Pferde. Die ursprüng-
liche Bildform ist in der verkleinerten Wieder-
holung im Palazzo Pitti gegeben. Nimmt man
dem Original im Prado die breiten Streifen,
die beiderseits angesetzt sind, so stimmen die
Maße zu denen des Olivarezbildes. Und so
erst bekommt das Bild Haltung. Die Figur
schwimmt nicht mehr in der Fläche, sondern
sitzt fest im Rahmen, die Bewegung des Pfer-
des gewinnt Spannkraft, erst in der knappen
Fassung kommt das Emporsteigen zur Wirkung.
Offenbar erst nachträglich wurde aus dem Por-
trät ein Pendant zum Bilde der Isabella. Äuch
die Reiterbildnisse Philipps III. und seiner Ge-
mahlin waren auf das gleiche Format gebracht,
und alle vier dienten nun gemeinsam dem
Schmucke eines Raumes, des Salon der König-
reiche im Buen Retiro.
Äuch dem Bildnis der Infantin Margarete
mag bei ähnlicher Gelegenheit jederseits ein
handbreites Stück angefügt worden sein, wieder
nicht zum Vorteil des Eindrucks. Der Reifrock
wirkt unförmig wie auf keinem Bilde sonst,
und man kann beobachten, daß Velasquez außer
im ausgesprochenen Kinderbildnis immer den
Rock vom Rahmen überschnitten gibt, niemals
die Figur so haltlos in die Breite gehen läßt
wie hier.
Es kann kein Zweifel sein, daß die Ver-
breiterung des Reiterporträts des Königs noch
unter Velasquez’ Äugen oder von ihm selbst
vorgenommen wurde. Daß aber damit einem
sich einstellenden Bedürfnis nach „größerer Ell-
bogenfreiheit“ genügt worden sei, wie Steven-
son annimmt (Gensei übernimmt das Wort),
will nicht einleuchten. Sicher bedingten rein
äußere Motive eine Vergrößerung, die gleichwie
die Erweiterung des ursprünglich im Halbrund
geschlossenen Bildes der zwei Einsiedler zum
Rechteck dem abgeschlossenen Werke nicht ein
Neues hinzufügt, sondern der Erscheinung nur
Schaden tut.
Schwieriger ist in den anderen angeführten
Fällen ein Urteil darüber zu gewinnen, wann
und von wem die Erweiterungen vorgenommen
wurden. Das Verhältnis des Velasquez zu
seinen Werken ist ja ein ganz besonderes da-
durch, daß er, als Verwalter des königlichen
Kunstbesitzes, auch die eigenen Werke immer
unter den Äugen behielt. So ist die Möglich-
keit, daß nachträgliche Änderungen von ihm
selbst stammen, gewiß besonders naheliegend.
Äus welchen Motiven solche vorgenommen
wurden, ist allerdings eine weitere Frage.
Handelt es sich um spätere Erweiterungen eines
ursprünglichen Planes, wie in dem Prachtbei-
Studien und Forschungen
61
spiel von Rubens, dem Mündiener Bacchanal?
Das Reiterbild des Philipp gibt ein Recht, an
solcher Interpretierung zu zweifeln. Und wir
glauben, gezeigt zu haben, daß die Ellbogen-
freiheit, die Stevenson rühmt, nidit unbedingt
als ein Vorzug anzusprechen ist, daß gerade
durch sie die Wirkung der Hilanderas empfind-
lich beeinträchtigt wird.
Das letzte Wort in der Frage ist mit dieser
Erkenntnis gewiß noch nidit gesprochen. Die
eigentlichen Gründe der Entscheidung liegen
tiefer, sie rühren an die allgemeine, stilgeschicht-
liche Stellung des Meisters, den eine einseitige
Änschauungsweise gern als den Vorläufer unse-
rer eigenen Zeit preist. Der Zweck dieser
Zeilen ist es aber vor allem, ein — gleidigültig
durch wessen Sdiuld — um seine beste Wir-
kung gebrachtes Meisterwerk in seiner Urform
und in ursprünglicher Schönheit wieder erstehen
zu lassen.
Dr. Curt Glaser.
s
gestellt und dies scheint mir durchaus berechtigt,
ebenso Langes Hnnahme, das Bild sei noch vor
1469 gemalt (vielleicht auch nicht ganz eigen-
händig). Äus der Zeit des Tiefenbronner Ältars
kann idi nun noch eine Enthauptung der hl. Bar-
bara im Besitze des Fürsten Waldstein in Dux
in Böhmen (in der dortigen Kirche befindlich),
aus etwas späterer Zeit eine Geiselung Christi
im Louvre namhaft machen. Beide Werke bis-
her nirgends erwähnt, sind formell wie kolo-
ristisch untrüglich Werke Schüchlins.
Friedrich Herlin :■
Ein außerordentlich bedeutendes Tafelbild
dieses Meisters, die hl. Änna in dunkelkarmin-
rotem Gewände mit der kleinen Maria und dem
Christkinde auf ihren Knien, befindet sich auf
Sdiloß Kreuzenstein im Besitz Seiner Excellenz
des Grafen Hans Wilczek, ein kleineres Bild
des hl. Georg und Florian besitzt Herr Gaston
von Mallmann (Berlin).
BEITRAGE
ZUM CEUVRE BEKANNTER MALERN)
Von Wilhelm Suida
Konrad Witz ^
In der Sammlung Cook in Richmond fand
ich als „altspanisch unter dem Einflüsse des
Hubert van Eyck“ ein Gemälde, offenbar Bruch-
stüch eines größeren Ganzen, das auf der jetzigen
Vorderseite einen auf einem Steinpostament
stehenden grüngewandeten Mann, auf der Rück-
seite die knieende Maria Magdelena (Hälfte des
Noli me tangere) darstellt. Meine Bestimmung
auf Konrad Witz glaube ich durch die nahe
Beziehung zu den Tafeln in Basel begründen
zu können. Ob hier wieder ein Bruchstück des
in seiner Gesamtform noch fraglichen Baseler
Ältars auf getaucht sei, wird erst eine weitere
Untersuchung ergeben.
Hans Sdlüchlin --=======
Nicht mehr als der Tiefenbronner Ältar von
1469 war bisher von diesem Meister bekannt.
Ein Tafelbild der Stuttgarter Galerie, die Verkün-
digung an Zacharias im Tempel, das schon ältere
Inventare dem Schüchlin zuschreiben, hat Konrad
Lange von neuem unter seinem Namen aus-
y In der Form kurzer Notizen teile idi beifolgende
Beobachtungen den Fachgenossen mit, da mir zu einer
breiteren Ausführung gegenwärtig die Zeit fehlt. Ich
hoffe jedoch bald auf die hier erwähnten Kunstwerke
zurückzukommen und dann durch Illustration und ge-
nauere Angaben meine Zuschreibungen ausführlich zu
begründen.
Michael Pacher — ■ ■ — r - ■ .
Man sollte kaum glauben, daß ein verhält-
nismäßig leicht zugängliches Werk der Tiroler
Kunst, das mir des großen Namens Pachers durch-
aus würdig scheint, bisher völlig übersehen zu
sein scheint: es ist ein Glasfenster in der Mar-
garetenkapelle am St. Peters Friedhof zu Salz-
burg, darstellend die Madonna und die hl. Katha-
rina, offenbar aus der Zeit von Pachers Tätigkeit
in Salzburg für den Ältar der Franziskanerkirche.
Im Änschlusse daran möchte ich eines Porträts
des Kaisers Maximilian Erwähnung tun, das
aus dem Besitze des Baron Schickler in Paris
auf der Brügger Äusstellung 1907 (Catalogue de
l’Exposition de laToison d’orNr.27) zu sehen war,
sicher tirolische Ärbeit vielleicht von Friedrich
Pacher, der zusammen mit Marx Reidilidi für
Kaiser Max um 1508 tätig war. Ein unbe-
achtetes Tafelbild dieses letzteren Künstlers,
Christus am Ölberg, befindet sich auf Schloß
Kreuzenstein.
Albrecht Altdorfer =
In der Sammlung des historischen Vereins
in Regensburg fiel mir in dem kleinen Raume,
der den aus Ältdorfers Schule herrührenden Ältar
von 1517 beherbergt, ein Porträt auf, das als
„Kopie nach Feselen“ bezeichnet und dement-
sprechend hochgehängt war. Eine nähere Unter-
suchung dieses Porträts eines Äbtes brachte
mich aber zu der Überzeugung, daß ich ein eigen-
händiges Werk Ältdorfers vor mir habe, das
in malerischer Durchführung, in der Ärt der
Modellierung des Kopfes und der Hände, in
62
Monatshefte für Kunstwissenschaft
der Hintergrundslandschaft allernächste Ver-
wandtschaft mit dem Straßburger Porträt auf-
weist.
Monogrammist WO, der Meister vonMeß-
kirch ■ ■ — =
Im Louvre befindet sich ein kleines Bild der
Vorführung Christi vor Pilatus, das augensdiein-
lich von dem Meister von Meßkirch herrührt.
Än demselben ist aber auch ein Künstlermono-
gramm angebracht, das Zeichen #, das viel-
leicht zu Ermittelung des Namens dieses Meisters
führen kann.
Tizian - " ■■■■ ■■
Äls ein bisher gänzlich unbeachtetes Werk
Tizians glaube ich das Brustbild eines schwarz-
gekleideten jungen Mannes auf schwarzem Grund
im Besitze des Rittmeisters der K. K. Ärcieren-
Leibgarde von Stefenelli in Wien bezeichnen zu
dürfen, ein sehr schlichtes, in der Durchführung
meisterhaftes Stück.
Domenico Theotocopoli ^ ^ ' •
In der Sammlung von Handzeichnungen im
Besitze des Fürsten von und zu Liechtenstein
in Wien fand ich unter „Carracci“ eine Kreide-
zeichnung, das Brustbild eines jungen Mannes,
der Schweigen gebietend den Finger an den
Mund legt und den Beschauer fixiert. Meine
Änsicht, es handle sich um ein höchst charakte-
ristisches Werk des Theotocopoli, und zwar die
erste Zeichnung, die von diesem Meister meines
Wissens überhaupt nachgewiesen werden kann,
fand die Zustimmung Seiner Durchlaucht des
Fürsten Franz von und zu Liechtenstein und des
Direktors der Älbertina Dr. J. Meder.
Jan Vermeer van Delft ■ ■ ■
Die bunte Reihe dieser kurzen Mitteilungen
möchte ich mit dem Hinweise auf ein Bild
schließen, das in der Münchener Pinakothek
unter dem Namen des Frans van Mieris aus-
gestellt ist: eine junge Frau ihr an der Wand
hängendes Porträt betrachtend (No. 423. Der
Katalog gibt irrigerweise an, daß die junge
Dame sich im Spiegel betrachte). Wenn ich
dafür den Namen des Jan Vermeer in Vor-
schlag bringe, der ja sonst in der Pinakothek
nicht vertreten ist, so muß ich doch auch gleich
auf den schlechten Erhaltungszustand des Bildes
hinweisen, der wahrscheinlich eine genauere
Prüfung desselben verzögert hat. Die Farben
und das äußerst anmutige Motiv lassen immer-
hin noch Vermeers Geist erkennen.
8
Karl Blechen. In der Sitzung der kunst-
geschichtlichen Gesellschaft in Berlin am 10. Januar
sprach Dr. Kern über die Ergebnisse seiner
Blechen-Forschungen. Wesentliche Ergänzungen
zu Blechens Lebensbilde schöpfte er aus ver-
schiedenen Kirchenbüchern von Kottbus und
Berlin, aus gleichzeitigen Äkten und Berichten,
aus Briefen über den Künstler, aus alten Äus-
stellungs - Katalogen und Zeitungsberichten.
Wichtig scheint das Merkmal der Rassenkreu-
zung, die in zahlreichen Bildnissen Blechens zum
Äusdruck kommt — seine Mutter war wendischer
Äbkunft — ein Zwist mit Henriette Sonntag, in-
folgedessen er seine Stellung als Dekorations-
maler am Königstädtischen Theater aufgab, die
Widerlegung der Legende, daß Blechen selbst
Hand an sich gelegt habe: er starb am 23. Juli
1840 an einem „hitzigen Fieber“. Für das Ver-
ständnis der künstlerischen Entwicklung Blechens
bringt eine eingehendere Würdigung seiner
Tätigkeit als Theatermaler neue Gesichtspunkte.
Das vielumstrittene Bild: die „Vampyrjagd“ (auf
Schloß Boberstein) ist K. zufolge eine Illustration
zu Webers „Freischütz“, III. Äkt, Szene 10. Die
Handlung ist in die „finstere Wolfsschlucht“
verlegt. Beziehungen zur Theaterdekoration
lassen sich auch für andere „Tafelbilder“ Blechens
nachweisen. Den Künstler befreite im Gegen-
satz zu anderen von der romantischen Stimmung
ein Äufenthalt in Italien (1828—29). Das Land
der Sonne lehrte ihn Licht und Luft ohne stoff-
liche Prätension malen; er wurde ein Land-
schafts-„Maler“, der sich in seinen besten
Studien wohl mit Bonington und Constable
messen kann. Der Einfluß der nordischen Hei-
mat erstarkte jedoch wieder so, daß der Künstler
in seinen letzten Jahren abermals sich roman-
tischen Stoffen zuwandte. Eine Doppelnatur,
nicht unähnlich dem stärkeren Turner.
Das angekündigte Buch von K. über Blechen
wird die gesamten Ergebnisse der Forschungen
zusammenfassend darstellen. S.
8
Donatello. In der Festsitzung des deutschen
kunsthistorisdien Instituts in Florenz am 16. No-
vember 1907 legte Dr. Corwegh seine neuesten
Donatello-Forschungen vor. Danach gehört dem
Meister eine Grabplatte aus Stein in S. Maria
del Popolo zu Rom , an der zweiten Säule
zwischen Seiten- und Mittelschiff. Äuch die
letzten an Donatellos Cantoria in der Opera
del Duomo in Florenz noch fehlenden Stücke
hat C. in zwei Bronzeköpfen des Bargello ent-
deckt.
8
Studien und Forschungen
63
DIE AUSGRÄBUNGEN IN
PERGAMON
Was an neuen Nadiriditen aus Pergamon
kommt, ist dem Archäologen besonders erfreu-
liche Kunde. Knüpft sidi an diesen Namen ja
die Hoffnung, endlich in ein intimeres Verhält-
nis zur hellenistischen Kultur und Kunst zu kom-
men, einen Stützpunkt zu gewinnen, von dem
aus die Ausfüllung der peinlich empfundenen
Lücke in unserer Kenntnis der griechischen Ent-
wickelung, die zwischen Alexander dem Großen
und Rom klafft, begonnen werden kann. Wie
fördernd nadi dieser Richtung die Auffindung
der Skulpturen des großen Altars von Perga-
mon sdion gewirkt hat, ist bekannt. Aber
schon die Grabungen an der Stätte des Altar-
baues wuchsen sich zur Aufdeckung des ganzen
Burgplateaus aus und führten zur Freilegung
des Athenaheiligtums mit den umlaufenden
Hallenbauten und der daran anschließenden
Bibliothek, des Trajaneums und der Theater-
terrasse am Abhang des Burgberges. Nachdem
diese Spatenforschungen zu einem vorläufigen
Abschlüsse gebracht waren, hat man nach mehr-
jähriger Pause den mit ihnen beschrittenen Weg
wieder aufgenommen. Dank der werbenden
und treibenden Energie Alexander Conzes sind
seit 1900 neue Ausgrabungen in Pergamon im
Gange mit dem Ziele, die ganze Attalidenstadt
freizulegen und damit ein möglichst vollständi-
ges Bild eines hellenistischen Fürstensitzes zu
gewinnen, ein Unternehmen, das in seinen Ab-
sichten aufs dankbarste begrüßt, in seinem
Fortschreiten aufs aufmerksamste verfolgt wer-
den ' muß. In regelmäßigen dreimonatlichen
Jahreskampagnen ist die Athenische Zweig-
anstait des Deutschen Archäologischen Instituts
mit ihrem Leiter Wilhelm Dörpfeld an der Spitze
in der Verfolgung dieses großen Zieles tätig,
und in den „Athenischen Mitteilungen“ wirci
über die gewonnenen Resultate Rechenschaft
abgelegt. Ein solcher Bericht, die Ausgrabungen
der Jahre 1904 und 1905 umfassend, ist soeben
in dem kürzlich zur Ausgabe gelangten Doppel-
heft 2/3 des 32. Bandes der „Mitteilungen“ wie-
der veröffentlicht; über seinen Inhalt soll im
Folgenden kurz referiert werden.
Der Ausgangspunkt war auch diesmal wieder,
wie in den Vorjahren, die Gegend um das
Haupttor am Südfuße des Burghügels, von dem
aus die Hauptstraße zur Höhe emporführt. Diese
stößt nach kurzem Verlauf auf die Agora der
Unterstadt und umgibt sie an zwei Seiten, um
an der westlichen Ecke wieder mit scharfem
Knick umzubiegen. An dieser Stelle wurde
nördlich der Straße die Ruine eines großen
Wohnhauses aufgedeckt. Es ist im Anfänge
der Königszeit errichtet, dann aber schon in
griechischer Zeit einmal umgebaut worden. Einen
zweiten, weit gründlicheren Umbau erfuhr es in
römischer Zeit, als es im Besitz eines Attalos
war, der die Würde eines römischen Konsuls
bekleidete. Seine inschriftlich bezeichnete, leider
des Bildniskopfes beraubte Herme war in einer
Ecke des Hofraumes aufgestellt. Dieser Hof,
von beträchtlichen Abmessungen, bildet den
Mittelpunkt des Hauses. Er ist auf allen vier
Seiten von einer doppelgeschossigen, in den
Interkolumnien durch Schranken geschlossenen
Säulenhalle — unten dorischer, oben jonischer
Version — umgeben, hinter der sich die Zimmer-
reihen ordnen, zum Teil gleichfalls in zwei-
geschossiger Anlage. Auf der einen Schmal-
seite nimmt den Mittelpunkt ein saalartiger
Raum von besonders großen Abmessungen ein,
nach dem die Mittelachse der Längsrichtung ge-
legt war. Dies der Typus eines vornehmen
griechischen Wohnhauses hellenistischer Zeit in
anschaulicher und gut erhaltener Vertretung mit
dem die Anlage beherrschenden peristglen Hof,
an dem der Unterschied des römischen Atrium-
hauses gut gemessen werden kann. Es ver-
dient Beachtung, daß in den großen, palast-
ähnlichen Anlagen des hellenistischen Pompeji
das Atriumhaus dominiert. Jetzt schon Schluß-
folgerungen aus dieser Erscheinung zu ziehen,
wäre verfrüht, aber als Erscheinung mag sie
festgelegt werden. Von der Dekoration und
der künstlerischen Ausstattung des Pergamener
Hauses hat sich wenig erhalten. In einigen
Räumen hat sich der Mosaikbelag des Fuß-
bodens gefunden, darunter in zwei Zimmern
aus griechischer, im übrigen aus römischer Zeit.
Dem römischen Umbau gehören auch die ge-
ringen Reste eines Marmorbelags der Wände
an. An einer Stelle ist darunter der alte Wand-
putz zum Vorschein gekommen, mit Malereien,
von denen Stücke grüner Ranken und Blätter
auf weißem Grunde zu erkennen sind. Erwähnt
sei noch, daß wahrscheinlich aus dem Attalos-
hause die früher gefundene Herme des Alka-
menes stammt; sie wird aus dem Hause in den
tiefer liegenden Magazinraum an der Straße, in
dem sie zutage kam, herabgestürzt sein.
Die Grabungen haben dann erneut die un-
weit gelegene, komplizierte Anlage des Gym-
nasions angegriffen, das sich über drei hinter-
und übereinanderliegende, durch künstliche An-
schüttungen gewonnene Terrassen ausdehnte.
Die untere und mittlere dieser Terrassen, das
Gymnasion der Knaben und der Epheben, waren
schon früher freigelegt worden, jetzt hat man
sich zur obersten Terrasse, die das Gymnasion
64
Monatshefte für Kunstwissenschaft
der Neoi trug, gewendet und sie wenigstens
zur Hälfte aufgedeckt. Die Anlage besteht aus
einem großen, unter freiem Himmel liegenden
Hofe in den respektablen Abmessungen von
etwa 36 zu 74 m, der rings von einer zwei-
geschossigen Säulenstellung mit anschließenden
Hallen umgeben ist. Auf die Hallen öffnen sich
in dem bisher ausgegrabenen Teile saalartige
Räume, darunter ein besonders stattlicher und
prächtiger mit apsidenartigen Absdilüssen an
seinen Schmalseiten, der, nach einer auf dem
Architrav eingemeißelten Inschrift zu schließen,
vermutlich dem Kaiserkult gewidmet war. Denn
die erhaltene Architektur gehört, wie aus ihrem
Charakter zur Evidenz hervorgeht, einem Um-
bau hadrianisdier Zeit an. Die ursprüngliche
Anlage aber geht in griechische Zeit zurüdc,
und von ihr haben sich Mauern und auch ver-
einzelte Bauglieder bisher gefunden. Über die
Geschichte des Baues wird sich erst Klarheit ge-
winnen lassen, wenn er in seiner ganzen Aus-
dehnung freigelegt ist.
Als dritter Gegenstand der Untersuchung
wurde das Theater ausersehen, das zwar schon
früher ausgegraben, aber inzwischen von neu
angehäuftem Schutt und Gestrüpp wieder über-
deckt worden war, von dem es befreit werden
mußte. Die Forschungen R. Bohns über diesen
Bau wurden dabei beträchtlich erweitert und
ergänzt. Schon Bohn hatte für das Skenen-
gebäude des Theaters drei Bauperioden fest-
gestellt. Die erste Anlage, aus hellenistischer
Zeit (2. Jahrh. v. Chr.) war ein hölzerner Bau,
der jedesmal für die festlichen Theaterspiele
neu errichtet wurde. An seine Stelle trat, eben-
falls noch in hellenistischer Zeit, ein fester Stein-
bau, der dann in römischer Zeit noch einmal
umgebaut wurde. Das zweite hellenistische
Skenengebäude hatte Bohn nur erschlossen,
ohne sichere Spuren davon nachweisen zu kön-
nen. Jetzt haben sich Architekturglieder davon
unter dem Baumaterial der römischen Bühne
nachweisen lassen. Wichtiger noch sind die
Resultate für den ältesten, aus Holz errichteten
Skenenbau. Aus der genauen Beobachtung der
Fußbodenöffnungen, in denen die Holzpfosten
eingezapft wurden, aus ihrer Lage und Ver-
teilung hat sich wenigstens der Grundriß dieser
ältesten Skene mit einiger Sicherheit feststellen
lassen. Selbst für den Aufriß ergaben sich aus
der wechselnden Stärke der Holzpfosten, wie
sie aus den verschiedenen Abmessungen der
gedachten Öffnungen im Fußboden zu erschließen
ist, wichtige Rückschlüsse und zwingen zu der
Annahme, daß sich über dem Proskenion die
eigentliche Skenenwand mit einem oberen Stock-
werk erhob. Die ganze Tragweite dieser Ent-
deckungen für die Geschichte und Entwickelung
des griechischen Theaterbaues ist in dem vor-
läufigen Ausgrabungsbericht nur angedeutet und
wird erst in einer von Dörpfcld verheißenen
ausführlichen Darstellung klar zum Bewußtsein
kommen.
Endlich wurden von den außerhalb der Stadt
im Kaikostalc liegenden Grabhügeln zwei größere
und zwei kleinere angeschnitten. In dem einen
der größeren, dem Mal-Tepeh, wurde eine aus
drei Kammern bestehende Bestattungsanlage, zu
denen ein stollenartiger Zugang führt, nach-
gewiesen. Alle Räume sind mit gut erhaltenen
Tonnengewölben überspannt, aber die Ver-
wendung von Kalkmörtel zur Hintcrfüllung der
Mauern und Gewölbe beweist, daß die Anlage
nicht hellenistisch sein kann, sondern in die
römische Kaiserzeit gehört. — Das Fehlen des
Kalkmörtels in der Umfassungsmauer des zwei-
ten großen Tumulus, Jigma-Tepeh, weist diesen
in die Königszeit, und die Ausgräber vermuten^
daß in ihm die pergamenischen Königsgräber
erhalten sind; in das Innere vorzudringen ist
noch nicht gelungen. In den beiden kleinen
Tumuli hat man im Jahre 1906, wie eine Nach-
schrift berichtet, zwei gut erhaltene Trachgt-
sarkophage mit den darin gebetteten Leichen
und ihren Beigaben gefunden. Zwei in den
Sarkophagen liegende Silbermünzen gehören
noch dem 4. vorchristlichen Jahrhundert an.
Genaueres über den Fund, also über die Anlage
der Gräber, die künstlerische Form der Sarko-
phage usw. ist dem späteren genauen Aus-
grabungsberichte Vorbehalten.
Neben den architektonischen Denkmälern
treten die Einzelfunde an Bedeutung zurück.
Den Marmorskulpturen, die in großer Zahl vor-
handen gewesen sein müssen — im Hofe des
Ggmnasions sdieint, wie aus den noch vor-
handenen Basen ersichtlich ist, vor den meisten
der 84 Säulen je eine Statue gestanden zu
haben! — ist von den Kalkbrennern arg mit-
gespielt worden. Interessant wäre unter den
Funden als Typus und als Vorbild gleichartiger
römischer Bildungen die Panzerstatue eines hel-
lenistischen Herrschers, wenn sie nicht gar zu
trümmerhaft erhalten wäre; das Fragment eines.
Porträtkopfes, das den hellenistischen Charakter
der Arbeit erkennen läßt, soll in scinerZugehörig-
keit zu dem nur in zahlreichen Bruchstücken
ans Licht getretenen Torso nicht einmal ganz
gesichert sein. Nach Erhaltung und künstlerischem
Wert steht an erster Stelle ein etwa lebens-
großer Herakleskopf griechischer Arbeit, der in
seinen Formen die hellenistische Weiterbildung
ly sippischer Stilelemente erkennen läßt. Griechisch
sind weiter der Oberteil einer nackten Jünglings-
Studien und Forschungen
65
Statue mit erhaltenem Kopf, von dem nur die
hintere Hälfte fehlt, und der Torso eines sitzen-
den Herakles. Für die römische Zeit war nament-
lich das Haus des Ättalos ergiebig, dessen
Peristgl eine Änzahl jener dekorativen Skulp-
turen barg, wie wir sie nach Qualität und Ver-
wendung aus den Häusern Pompejis, besonders
anschaulich dem derVettier kennen. Der Unter-
teil einer Poseidonstatue mit hochaufgestütztem
Bein mag als Vertreter eines bekannten statuari-
schen Motivs besonders genannt sein. — Von
Terrakotten und Tongefäßen wurden wie ge-
wöhnlich zahlreiche Fragmente gefunden, die
sich zu den bekannten Typen gesellen, ohne
deren Kreis zu erweitern.
Herrmann.
RUNDSCHAU
BERLIN =
Die Ausstellung älterer englischer Kunst^) in
der Königlichen Äkademie (26. Jan. bis 23. Febr.,
darf zweifellos als die bedeutendste Veranstal-
tung des letzten Winters angesprochen werden.
Wichtig ist für den Kunsthistoriker vor allem
die durch sie dargebotene Möglichkeit, den
Meisterwerken einer in sich geschlossenen
Kunstepoche einmal auf kurze Zeit gegenüber-
treten und damit unser Verhältnis zu jener
einer bedeutsamen Revision unterziehen zu
können. Das Resultat dieser Prüfung wird ne-
gativ sein. Es führen von der Gegenwart aus
keine Beziehungen zu dieser aristokratischen
Kunst zurück, ja selbst der künstlerische Wert
jener englischen Bildnismalerei ist heute nicht
mehr absolut zu bejahen. Wohl waren jene
Reynolds, Gainsborough, Raeburn, Hoppner,
Romney, Lawrence Künsterpersönlichkeiten, die
ihrer Zeit den Stempel auf gedrückt haben, in-
des dieselbe Zeit hat ihre Ärbeit Lügen ge-
straft. Darüber belehrt uns deutlich genug die
zeitgenössische Literatur jenes England, die
gar nichts von dieser holdseligen Pose, diesen
theatralisch zurechtgestuzten Ällüren an sich
hat, die auf die Dauer unerträglich wirken und
unserem modernen Gefühl so fremd sind wie
das schmachtende Liebesspiel des Rokoko über-
haupt. So wird auch heute niemand mehr be-
haupten können, die Kunst jener Großmeister
Englands sei überhaupt das Produkt der Zeit-
kultur gewesen. Die Beziehungen zu van Dyck
auf der einen, zum französischen Rokoko auf
der anderen Seite sind zu augenfällig, um uns
über den Ursprung dieser Kunst im unklaren
zu lassen. Es läßt sich ernstlich kaum be-
y Äusführlidier wird Herr Prof. Jaro Springer in dem
nächsten Hefte dieser Zeitschrift auf die Ausstellung zu-
rüchkommen. Die Red.
streiten, daß wir hier vor einem Epigonentum
künstlerischen Schaffens stehen, das von dem
Großvater van Dyck den malerischen Fein-
geschmack, vom Vater Rokoko die spielende
Grazie auf sich vererbte — vom Eigenen aber
so gut wie gar nichts dazutat, es sei denn, daß
man die Vorliebe zum Dekorativen überhaupt
als eines der eigenen Merkmale dieser eng-
lischen Malerei ansprechen will. Man kann
vor diesen Bildern nicht vergessen, daß sie
Zeitgenossen eines Goya waren, und daß die
Kunstgeschichte vor jenem einen Velasquez und
Rembrandt gesehen. Einige wenige männliche
Bildnisse ausgenommen, zeige man unter diesen
mehr als hundert Werken ein einziges Porträt,
das uns den Eindruck eines lebendigen, von
Charakter und Willen erfüllten Individuums zu
vermitteln vermöchte. Es gibt keins, das nur
entfernt an den schlechtesten Goya heran-
reichen könnte. Menschen zu bilden war diese
Kunst zu schwach. Ihre Stärke liegt in dem
Geschick, Grazie und klassische Ällüren fest-
zuhalten und alles das, was zum eigentlichen
Bildnis gar nicht hinzugehört, wie Kleider,
Shawls und Spitzen, mit höchster malerischer
Delikatesse wiederzugeben. Der Mensch aber
auf diesen Werken bleibt eine Puppe, die der
Arrangeur beliebig in diese oder jene Pose zu
verrücken weiß, die er geschickt in ein klassi-
sches oder landschaftliches Milieu hineinstellt,
zu dem ihr jede Beziehung fehlt. Diese Eng-
länder haben ihr Modell zurechtqerückt, wie es
heutigen Tages der Photograph mit seinem
„Bitte recht freundlich“ tut, und in der Tat
haben sie alle, die Miß Farren, Mrs. Gailwey
und wie sie alle heißen, solcher Aufforderung
getreulich Folge geleistet. Selbst Gainsboroughs
berühmter „Blue Boy“, der auch als Porträt
unter allen Werken dieses Meisters als das ge-
lungenste gelten darf, kann über die Statisten-
5
66
Monatshefte für Kunstwissenschaft
posG nicht hinwegtäuschen, ein wohlgestelltGr
Enkel jener van Dyckschen Prinzen, die leicht-
blütiger und selbstbewußter ansprechen als
dieser junge englische Master Jonathan Buttall.
Sucht man aber in diesem Kreise nach einer
stärkeren KOnstlerindividualität, die alle übrigen
um Haupteslänge überragt, so fällt der Blick
auf den einzigen Reynolds. Dieses Meisters
Menschen haben das meiste Eigenleben und
auf Bildern wie dem Porträt des Marquess of
Grauby erkennt man mit Überraschung, wie fein
sich die tonige Landschaft des Hintergrundes —
bei den übrigen ist sie nie mehr als Kulisse —
.als selbständiger und unentbehrlicher Bildfaktor
der Gesamtkomposition einfügt. Äuch der als
Cupido gekennzeichnete Gassenjunge „the link
boy“ muß als charakteristisch für Reynolds ur-
sprünglichere Ärt hervorgehoben werden.
Ebenso ist die Nelly O’Brien aus dem Besitz
von Charles Wertheimer das, was man selbst
nach unseren heutigen gesteigerten Ansprüchen
als ein gutes Porträt bezeichnen darf. Tritt in
Reynolds das Germanische stärker zutage, so
möchte man Gainsborough fast fransösisch
nennen, ein echtes Kind des Rokoko. Ihm
stehen auch Hoppner und Romney näher als
der Schotte Raeburn, den wesensverwandte
Züge enger mit Reynolds — um nicht zu sagen
mit Velasquez — zu verbinden scheinen. Das
Bildnis seiner Gattin ist eins der besten
Porträts dieser ganzen Ausstellung. Lawrence
endlich, der geschickteste vielleicht unter allen,
dessen Ideal ganz auf holdselige Lieblichkeit
hinausläuft, hat sich in seiner Miß Farren ein
unsterbliches Denkmal gesetzt — aber ist diese
Miß Farren nicht ebenso lieblich wie geistig
unbedeutend, die Vorläuferin jenes hohlen
Schönheitsideals, das die Menge heute noch bei
Fritz August vonKaulbach zu bewundern liebt.
Hat überhaupt Old England, das in dieser Aus-
stellung vor uns hintritt, das besessen, was
man wirkliche Höhenkunst nennen könnte, und
liegen in diesen Werken in der Tat Werte
verborgen, die fruchtbringend auf die Moderne
wirken könnten? Beides muß verneint werden.
Die beste Erkenntnis, die diese 27 Reynolds,
19 Gainsboroughs, 9 Hoppners, 8 Raeburns,
10 Romneys, 6 Lawrences vermitteln können,
ist die, daß wir glücklich sein dürfen, diese in-
teressante Veranstaltung nicht schon fünfzehn
Jahre früher erlebt zu haben. Heute fühlen
wir uns stark genug, den historischen Abstand
richtig zu bewerten und unsere eigenen Bahnen
unbeeinflußt von Old England weiterzugehen.
Ein Moderner freilich ist auch unter diesen
Alten, John Constable, der Landschafter. Über
ihn wäre ein eigenes Kapitel wohl am Platze.
Die wenigen Zeugnisse seiner Kunst, die unsere
Ausstellung beherbergt, lassen indes das Starke
und Eigene seiner Begabung mehr ahnen, denn
deutlich umreißen. B.
8
Personalveränderungen an den Museen. Am
Kunstgewerbemuseum tritt Geheimrat Lessing
von der Leitung zurück. Seit 1882 Direktor
des Museums, hat er die Sammlungen aus klei-
nen privaten Anfängen zu der Bedeutung ge-
führt, die sie heute, als eines der ersten Museen
der Welt für altes Kunstgewerbe, besitzen. Die
wesentlichsten Bereicherungen der Sammlung
in der Frühzeit waren der Ankauf des Lüne-
burger Ratssilbers 1874 durch Lessing und die
Einverleibung der entsprechenden Teile der
Königlichen Kunstkammer 1875. Seitdem wur-
den die Sammlungen systematisch ausgebaut
und nach beiden Richtungen hin organisiert,
nach der historischen und nach der technologi-
schen Ordnung, und bis zur Gegenwart fort-
geführt; da denn auch die neueren Richtungen
des Kunstgewerbes durch Ankäufe auf der
Pariser Weltausstellung 1900 durch Lessing
Berücksichtigung fanden. Als Hauptwerk seines
Lebens aber betrachtete er die alle Länder und
Zeiten umfassende Gewebesammlung, die von
Anfang an im Museum organisiert wurde, der-
gestalt, daß jetzt für die gesamte Textil-
kunst hier eine Zentralstelle geschaffen ist.
Seit etwa 1898 wurde mit der Publikation dieses
Materials in musterhaften farbigen Reproduk-
tionen begonnen. Die Erledigung dieses großen
Werkes hat sich Lessing Vorbehalten, so daß
er auch noch fernerhin mit dem Museum in
Berührung bleibt.
Sein Nachfolger wird Otto von Falke
(am 1. April dieses Jahres), der bisherige Leiter
des Kölner Kunstgewerbemuseums, der von
1887— 1894 Assistent unter Lessing war. Seine
Bedeutung beruht neben der Neuorganisation
des Kölner Museums auf einigen vorzüglichen
Büchern: dem Handbuch der Majolika (1895 und
1907), den Deutschen Schmelzwerken des Mittel-
alters (1904) und dem mittelalterlichen Teil der
großen Illustrierten Geschichte des Kunst-
gewerbes (M. Oldenbourg, I. Bd., 1907).
Auch das Kupferstichkabinett wechselt zum
1. Juli die Leitung. Max Lehrs geht wieder
ans Kupferstichkabinett nach Dresden znrück,
und zu seinem Nachfolger ist kürzlich Max
Friedländer ernannt worden, der bisherige
zweite Direktor des Kaiser Friedrich-Museums.
Als Direktor des prähistorischen Museums
ist ferner Professor Schuch har dt aus Hannover,
bisher Direktor des Kestner-Museums , zum
1. April berufen worden; zugleich soll er die
Rundschau
67
Oberaufsidit über alle Äusgrabungen in Preußen
erhalten.
Die Anstellung von jüngeren deutschen
Museumsbeamten im Äuslande hat mit der Be-
rufung Wilh. Valentin ers an das Metropo-
litan-Museum in New York begonnen. Man
hat dort die kunstgewerblichen Sammlungen zu
einer besonderen Abteilung zusammengefaßt,
um sie einem Kurator der nämlichen Art zu
unterstellen, wie sie an der Spitze der ver-
schiedenen anderen Abteilungen stehen. Für
diese neue Stellung ist auf Vorsdilag Bodes
und nach eingehenden Erkundigungen Valen-
tiner gewählt worden, welcher hierzu noch
mehr als durch seine holländischen Forsdiungen,
namentlich über Rembrandt und Architektur,
durch seine eingehende Spezialkenntnis in ver-
schiedenen Zweigen des Kunstgewerbes be-
fähigt erschien. Er war zuletzt am Kaiser
Friedrich-Museum wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter. ’
Was das Deutsche Museum betrifft,
dessen Bau — auf der Museumsinsel — eine
fest beschlossene Sache ist, so darf sich jeder-
mann freuen, daß gerade die deutsche Kunst,
ganz im Sinne des neuen Vereins für Kunst-
wissenschaft, eine Zentrale in der Reichshaupt-
stadt erhalten soll. Was der antiken und der
orientalischen Kunst recht ist, erscheint für die
deutsche zum mindesten billig. Die Sammlung
der deutschen Holzskulpturen und Tafelbilder
in den dunkelsten Räumen” des Kaiser Friedrich-
Museums verlangt gebieterisch eine Neuordnung;
es ist in den Berliner Museen überhaupt schon
Material genug für die beabsichtigte neue
Sammlung vorhanden, und was deren Ausbau
und Neuerwerbungen betrifft, über die man sich
in den Provinzen anscheinend beunruhigt hat,
so hat Generaldirektor Bode (in der National-
Zeitung vom 24. Dezember) die bestimmtesten
Erklärungen abgegeben, daß man nicht daran
denke, den Provinzial- und Landes-Museen
Konkurrenz zu bereiten. Ist doch ohnedies fast
die ganze deutsche Abteilung des Kaiser Fried-
rich-Museums im Auslande erworben, und hat
man von Berlin aus stets die Provinzialsamm-
lungen gefördert (die schöne Straßburger Ga-
lerie z. B. ist ihrerzeit durch Bode allein zu-
sammengebracht worden). Ein unritterliches
Rivalisieren mit jenen Museen, dies kann man
nach Bodes Ausführungen sicher annehmen,
wird sich zu jeder Zeit für das Deutsche Museum
* in Berlin verbieten, dessen Pläne viel allgemei-
nerer und weitschauender Art sein werden, sein
müssen, als die der Provinzialgalerien, die
ihrem Charakter nach lokaler begrenzt sind.
Neuerwerbungen der Königlichen Museen.
Das Kaiser Friedrich-Museum fährt fort,
deutsche Holzplastiken zu erwerben; namentlich
bayrische aus dem Anfänge des 16. Jahrhunderts.
Der Hauptnachdruck ruht aber nach wie vor
auf der Bildersammlung. Weniger Italiener
(Predellastück, sienesisch, angeblich von Fran-
cesco di Giorgio; ein Altärchen — Beweinung
Christi — von Pesellino u. a.) als Niederländer
und Deutsche sind von Bedeutung: ein un-
bekanntes niederländisches Triptychon der Zeit
Memlings; ein Johannes auf Patmos von
H. Bosch, mit einer geistreich skizzierten Rück-
seite; ein gutes Porträt von Scorel; die bedeu-
tende Kreuzigung von K. Witz, in einer weiten,
hell behandelten Seelandschaft (von Holz auf
Leinwand übertragen); dann, aus russischem
Privatbesitz, das anmutige Bildnis einer jungen
Frau, das Rogier zugewiesen werden konnte.
Aus der Sammlung Kann konnte noch eine
stattliche Anzahl hervorragender Bilder — leider
keines der, für unerschwingliche Preise nach
Amerika gewanderten, Hauptwerke — erworben
werden: ein ergreifender Christuskopf und eine
starke Skizze zu „Christus und die Samariterin
am Brunnen“ von Rembrandt; von Ruisdaal,
Aert van der Neer und Wouvermann je eine
Landschaft von verschiedener, eindringlicher
Stimmung; Gonz. Cocx: Familienbild; J. Fyt:
Stilleben von totem Geflügel; das Porträt eines
Deutschen, wahrscheinlich aus der Schule Bel-
linis; und das in Holz geschnitzte Reliefbildnis
des Bischofs Philipp v. Freising, von Friedr.
Hagenauer.
Die Bibliothek des Kunstgewerbe-
Museums hat die Kostümbilder, die nach
Freih. v. Lipperheides Tode ihr überwiesen
wurden, in den Lipperheidischen Sammlungs-
räumen aufgehängt; der Treue in den Kostümen
entsprechend sind es Werke mehr von mittleren
Begabungen, tüchtiger Berufsporträtisten, als von
Genies, denen die Kleidung meist wenig gilt.
Aus den Erwerbungen des Kupferstich-
kabinetts ragen die 56 Blatt von Charles
Merion hervor, die seit 1905 erworben sind
und deren Meister Lehrs selber in seinem Be-
richte den größten Radierer nach Rembrandt
nennt; Merion, der in den 50er Jahren des
19. Jahrhunderts in Paris in Armut lebte und
schuf und der im Irrenhause von Charenton
starb, dessen Blätter bei seinen Lebzeiten nie-
mand haben wollte, und die nach seinem Tode
Preise erreichten, welche jetzt bereits die für
Rembrandtsche Radierungen gezahlten teilweise
übersteigen! S.
Kunstgewerbe-Museum. Unter den
Neuerwerbungen des Kunstgewerbe -Museums
68
Monatshefte für Kunstwissenschaft
sind die Porzellane besonders reich vertreten.
Die Versteigerung der bekannten Sammlung des
Dr. Clemm (bei Lepke im Dezember 1907) bot
Gelegenheit zum Ankauf mehrerer wichtiger
Porzellanservice, eines mit Watteauszenen in
Eisenrot bemalten Berliner Kaffeeservices, das
nach sicherer Tradition Friedrich der Große 1764
dem General de la Motte-Fouque zum Geschenk
machte; eines noch vollzählig im alten Kasten-
futteral erhaltenen Berliner Kaffee- und Tee-
services im sogen. „Kurländer Muster“ (um
1780); endlich eines kleinen Wiener Services
(um 1775). Außerdem wurden mehrere Figuren
der Nymphenburger, Wiener und Berliner Ma-
nufaktur erworben, sowie eine Reihe vorzüg-
licher Gefäße in rotbraunem Böttgersteinzeug
aus dem Besitz eines Marquese in Lucca.
S. V. C.
s
Die Porzeüansammlütig Samuel im Kaiser
Friedrich-Museum, Durch Vermächtnis des im
Frühjahr 1907 zu Berlin verstorbenen H. Sigis-
mund Samuel gelangte das Kaiser Friedrich-
Museum in den Besitz einer Sammlung von
63 meist süddeutschen Porzellanfiguren und
-gruppen. Die Annahme dieses Vermächtnisses
durch ein Museum für hohe Kunst bedeutet
zugleich eine Anerkennung jener für das
18. Jahrhundert so wichtigen Kleinplastik, die
damit etwa auf die gleiche Stufe wie die
Tanagrafiguren der Antike, die Elfenbein-
schnitzereien und Kleinbronzen des Mittel-
alters und der neueren Zeit gestellt wird. Im
zukünftigen deutschen Museum wird die
Samuelsche Sammlung den Grundstock einer
ganzen Porzellangalerie bilden. Vorläufig ist
sie im Saal der englischen, französischen und
deutschen Gemälde des 18. Jahrhunderts in zwei
Vitrinen untergebracht. Die Frankenthaler Manu-
faktur ist am reichsten vertreten (21 Figuren u.
Gruppen), dann folgt Höchst (20), Ludwigsburg
(8), Wien (5), Nymphenburg (4), Meißen (2); je
eine Figur bez. Gruppe kommt auf Fulda, Straß-
burg (?), Vallendorf i.Th., und eine bisher noch
nicht bestimmte ausländische Fabrik. S.v. C.
8
Neuerwerbungen der Nationalgalerie, Es
soll in freier Auswahl nur auf einige der inter-
essantesten Stücke hingewiesen werden. Zum
ersten Male in der Galerie vertreten ist Fritz
Boehle mit dem charaktervollen Bildnis eines
Architekten. Erstaunlich in seiner delikaten
malerischen Haltung das aus der Sammlung des
Barons von Königswarter stammende Selbst-
bildnis von Raphael Mengs. Sympathisch das
Bildnis eines musikliebenden Bürgermeisters
von E. von Gebhardt vom Jahre 1874. Gleich
anmutig der Darstellung wie der Dargestellten
nach das Bildnis der ersten Frau des früheren
Direktors Max Jordan von Theodor Große,
endlich der flott und breit gemalte Studienkopf
eines bayrischen Artilleriehauptmanns von Hans
von Mare es. Mit charakteristischen Werken
ihrer Kunst sind vertreten M. von Schwind,
mit einem Türmer im Mondschein, groß im
kleinen Format und von einem bezaubernden
Klang eines silbrigen Blaugrün, Karl Schuch
mit zwei feinen Stilleben und einer seiner sel-
tenen Landschaften. Des Wiener Franz Eg bis
idyllische Szene eines Grabschmückenden Mäd-
chens, und A. von Pettenkofens kleine
Pußtalandschaft, sind von einer fast miniatur-
haften Feinheit der Malerei. Sehr erfreulich ist
auch der Zuwachs an Skulpturen. Von Gaul
die ruhenden Schafe, deren Material, gelblich
poröser Kalkstein, das Wollig-Massige dieser
Tiere fein charakterisieren hilft; in "bronzener
Straffheit, in sieghafter Bewegung, die Gruppe
„Krieger und Genius“ von Georg Kolbe; die
Bronzefigur des „Träumers“ von dem früh
verstorbenen Aug. Hudler. W. Kaesbach.
s
DRESDEN ■ ■ ^
Die Anfang Dezember 1907 von den Zei-
tungen gebrachte Nachricht, daß von der säch-
sischen Regierung eine Spaltung der General-
direktion der Königlich sächsischen Kunstsamm-
lungen in zwei Abteilungen beabsichtigt werde,
hat allenthalben berechtigtes Interesse gefunden.
Doch erst als die Motivierung der Regierungs-
vorlage durch weitere Zeitungsmeldungen be-
kannt und als man merkte, daß gerade die
Kunstsammlungen auseinander gerissen werden
sollten, ist die Angelegenheit von berufenen
Fachleuten einer sachlichen Prüfung unterzogen
worden. Auch im Sächsischen Landtag sind die
Dresdner „Museumsnöte“ am 7. Februar 1908
besprochen worden, als von einem für einen
Museumsbau geeigneten Terrain die Rede wan
In der Ersten Kammer meinte Dr. Naumann
(Königsbrück), daß ein Museumsbau nicht länger
hinausgeschoben werden dürfe, wenn sich nicht
„Sachsen, bezw. Dresden, mit seinen Samm-
lungen überflügeln“ lassen wolle. Auch hob der
Redner hervor, dass bei den nötig gewordenen
neuen Direktorstellen nur Bewerber von fach-
wissenschaftlicher Befähigung in Frage kommen
dürften. Wie die musealen Dinge in Dresden '
liegen, erfahren wir am besten aus einigen Auf-
sätzen der Kötschau’schen „Museumskunde“.
Das diesjährige 1. Heft der „Museumskunde“
bringt zunächst aus der Feder von Edgar von
Rundschau
69
Ubisch, des Direktors des königl. Zeughauses
in Berlin, eine Würdigung des Projektes eines
sächsischen „Fürstenmuseums“, wie es von
Woldemar von Seidlitz, dem Vortragenden
Rat der Generaldirektion in Dresden als einer
Ärt Äuslese des künstlerisch Besten aus allen
Sammlungen geplant wird. Seit einem Jahrzehnt
wird die Überfüllung der Dresdner Sammlungen
als ein alle Sti mmung, alle gute Wirkung aufheben-
der Mangel beklagt, mehr und mehr ist auch
von wohlwollenden Schätzern der Dresdner
Sammlungen beobachtet worden, daß man den
mählich steigenden Ansprüchen an eine bessere
Vorführung der Schätze alter Kunst ent-
gegenkommen müsse. Daß die Kulturmission
Dresdens für den Osten und Norden Europas
nachzulassen beginnen soll, das sagt uns Ubisch,
und er wird in dieser Beobachtung wohl Recht
haben. Ein Grund mehr also zur Errichtung
neuer Museumsbauten und Beseitigung der
mannigfachen Übelstände. Eine glänzende Lö-
sung der Museumskalamität wäre es, wenn in
absehbarer Zeit die Idee eines den höchsten
Anforderungen entsprechenden Museums ver-
wirklicht werden könnte, wie es von Seidlitz in
seiner Broschüre „Kunstmuseen, ein Vor-
schlag zur Begründung eines Fürstenmuseums
in Dresden“, 1907 angedeutet hat. Das Projekt
verdient, wenn es auch nicht gleich verwirklicht
werden kann, in der Tat alle Berücksichtigung,
es zeugt von einer hochgerichteten Kunstauf-
fassung. Dem Kenner der überreichen Dres-
dener Sammlungen braucht nicht erst nachge-
wiesen zu werden, daß eine solche repräsen-
tative Auslese, die die spezifisch sächsische
Kunstkultur in ihren höchsten Spitzen von der
ausgehenden Gotik bis an das Ende des XVIII.
Jahrhunderts vorführen will, so getroffen werden
kann, daß die bestehenden großen Sammlungen
kaum in ihrem Bestände und in der ent-
scheidenden Gesamtwirkung beeinträchtigt wer-
den. Und wenn man sich dazu entschließen
könnte, auch nur eine beschränkte Auswahl der
unendlich vielen, sehr unnötigen und platzrau-
benden Dubletten der Porzellansammlung zu-
gunsten der Museen zu veräußern, dann würde der
Erlös die Kosten des neuen Fürstenmuseums wohl
decken können, und der Ausfall des Überflusses
im Johanneum würde endlich dazu führen, aus
der Porzellangalerie eine wirklich mustergiltige
keramische Fachsammlung zu entwickeln, wie wir
sie dringend in Deutschland brauchen könnten.
Eine keramische Galerie ist da zu schaffen,
die, wie sie dem historischen Studium dienen soll,
ebenso den wechselnden Erfordernissen der
Praxis auf allen Gebieten der Keramik nützlich
werden müßte.
Ein zweiter Aufsatz der „Museumskunde“
knüpft an den Artikel von Ubisch an und behandelt
die Frage der Spaltung der Generaldirektion der
Königlich sächsischen Sammlungen. Geschrieben
ist er von Karl Kötschau, der ja lang genug
als Leiter des Historischen Museums in Dresden
gewesen ist, um einen guten Einblick in die
dortigen Verhältnisse gewonnen zu haben. Wie
jedem, der im sächsischen Staatshaushaltplan
für 1908 auf das Kuckucksei des Regierungsvor-
schlags gestoßen war, das Unzulängliche der
Begründung auffiel, so lehnt ihn auch Kötschau
als unannehmbar ab. Mit Recht führt er aus
— und damit trifft er sich mit Ausführungen,
die bereits in der Tagespresse zu lesen waren
— daß man die Einheit in der Verwaltung des
Kunstbesitzes aufrecht erhalten müsse und daß
es gerade in unserer Zeit not tue, die Zu-
sammengehörigkeit von Kunst und Ge-
werbe zu betonen. Wollte man hier teilen,
zerreißen, es könnte den Kunstsammlungen zum
Verhängnis werden.
Aber Kötschau geht in seinen Vorschlägen
sehr viel weiter, er entwickelt ein organi-
satorisches Zukunftsprogramm. Er empfiehlt,
nicht nur die Kunstsammlungen des könig-
lichen Hauses , sondern auch die Kunstge-
werbeschule mit ihrem Kunstgewerbemuseum,
kurz, alle staatlichen Kunstbildungsanstaiten
unter ein einheitliches Ressort des Kultus-
ministeriums zu gruppieren, und dann zu teilen
zwischen einem Vortragenden Rat für alle
Kunstsammlungen und einem anderen für
die Unterrichtsanstalten, Über beiden schwebt
dann einigend der Generaldirektor. Die natur-
wissenschaftlichen Sammlungen aber, die bisher
mit den Kunstsammlungen verbunden sind,
möchte er ganz abstoßen und der technischen
Hochschule zuweisen. Mit Recht fordert Köt-
schau, daß sowohi der Vortragende Rat für die
Kunstsammlungen, wie derjenige für die Unter-
richtsanstalten, Fachleute sein möchten. Ailes
sehr plausibel, dann aber meint er weiter, daß
eine zentralistische Generaldirektion imstande
sein werde, auch dem gegenwärtigen Gewerbe
Ziel und Richtung zu geben — und da können
wir nicht recht mit.
Es heißt in dem Aufsatz: „Werden die
Unterrichtsanstalten künstlerischen Charakters der
neuen Generaldirektion mit unterstellt, so kommt
ein großer einheitlicher Zug in die Ausübung
der Kunstpflichten des Staates, Sammiungen und
Unterrichtsanstalten können Hand in Hand ar-
beiten, die Gegenwart wird endlich die Schätze
der Vergangenheit voll für sich ausnützen können,
es wird eine fruchtbringende Durchdringung von
Altem und Neuem vor sich gehen und eine
70
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kultur sich entwickeln, die auf weiterer Grund-
lage ruht und der deshalb in der Zukunft der
Sieg gehören muß. Sachsen aber leistet dann
als erster der deutschen Staaten etwas, worauf
die Entwicklung in nicht allzu großer Ferne
sicherlich hindrängt: es übt eine einheitliche
Kunstpflege aus und gibt dem Lande eine ge-
schlossene künstlerische Kultur“. Wirklich?
Uns will das doch etwas zu viel gefolgert er-
scheinen. Der Gedanke von der fruchtbringenden
Durchdringung von Ältem und Neuem ist na-
türlich ohne reaktionären Beigeschmack zu ver-
stehen. Kötschau denkt gewiß nicht an eine
Abhängigkeit der neuen von der alten Kunst
und glaubt auch nicht, daß eine eklektische
Kunst der Rückgriffe auf die historischen Stile
der endlich lebenskräftig gewordenen modernen
Bewegung in Kunst und Gewerbe dienen kann.
Zeigt in eueren Sammlungen, daß ihr die
Kunstwerke alssolchezu schätzen wißt, gleich-
viel aus welcher Zeit sie sind, lehrt das Volk
und die Künstler den Respekt vor den Schätzen,
nicht nur wenn sie alt, sondern wenn sie gut
sind — bringt ihr das in euren Sammlungen
eindrucksvoll zustande, dann ist es gut und für
unsere Kultur wahrlich genug. Denn so erziehen
wir uns die Schätzer, Kenner und die anspruchs-
vollen Käufer der Kunst, die wir dringend
brauchen. Im übrigen aber laßt die Modernen
sich eigne Maßstäbe suchen und macht sie nicht
immer mit dem Beispiel der alten mundtot.
Gewiss ist alte Kunst voller Weisheit, voll ge-
heimer Lehre. Sie ist ein Mittel der Geschmacks-
bildung und eine feine Stimmgabel — und nur
in diesem Sinne ein Vorbild für unsere moderne
Kunst!
Der neuen Kunst möchten wir alle und
jede Freiheit der Anregung, der Entwicklung
lassen. Das Institut aber, das sich in der Zen-
tralstelle für sächsisches Kunstgewerbe
in Dresden gebildet hat, heraus aus den Er-
fahrungen der Dresdner Kunstgewerbe -Aus-
stellung und den Bedürfnissen der Zeit ge-
horchend, schiene uns mit seiner beweglichen
Organisation sehr wohl geeignet, der Kunst
Ziel und Riditung innerhalb der modernen In-
dustrie und des Gewerbes zu weisen und der er-
strebten allgemeinen Kunstkultur vorzuarbeiten,
— wenn es nur erst recht in Betrieb kommen
wollte!
So haben die Erörterungen der Fragen, die
an eine etwaige Änderung in der sädhsischen
Gcneraldirektion geknüpft werden, schon Per-
spektiven aufgesucht, an die zunächst kaum ge-
dacht wurde. Wurzelt der Regierungsvorschlag,
der diese Erörterungen hervorgerufen hat, in
der richtigen Erkenntnis, daß es gut sei, den
einen Vortragenden Rat der Generaldirektion zu
entlasten, dem außer den Kunstsammlungen zur
Zeit auch die naturwissenschaitlichen Samm-
lungen und die Bibliothek unterstehen, so wird
man gut tun, Kunst und Gewerbe fein bei ein-
ander zu lassen, wohl aber die naturwissen-
sdiaftlichen Sammlungen abzutrennen, wie das
auch von Kötschau recht einleuchtend dargelegt
worden ist. Das wäre logisch und wäre prak-
tisdi, und ist das zunächst Widitige.
s
FRANKFURT a. M. ---
Die B o e h 1 e - A u s s t e 1 1 u n g im
Staedel’schen Kunst-Institut.^) In den
Ausstellungsräumen des Staedel’schen Kunst-
Instituts befindet sich seit 4 Wochen eine Aus-
stellung von Gemälden von Fritz Boehle. In
den intimen Kabinetten und Gängen hängen
25— 30 Bilder des jungen Künstlers, die im wesent-
lichen einen neuen Begriff von seiner Schaffens-
art geben. Die Mehrzahl der ausgestellten Bilder
ist ein Produkt letzter Zeit, nur einige — teils
aus Privatbesitz — vertreten des Künstlers
früheres Können und charakterisieren nur um
so stärker seine heutige andere Art. Um in
der Verschiedenartigkeit des ausgestellten Reich-
tums Überblick zu gewinnen, will ich zunächst
die Porträts aussondern. Das früheste von 1894
zeigt den Künstler schon auf einer sicheren Höhe
seines Sdiaffens, namentlich hinsichtlich der Ge-
samterfassung des dargestellten jungen Mannes.
Aber wenn hier noch ein Kleben des Kopfes
auf dem grünen Untergründe auszusetzen wäre,
so zeigt das Bildnis des Kammersängers Perron
aus dem Jahre 1906, zu weldi großer Form der
Künstler sich durchgearbeitet hat. Seine Be-
schäftigung mit der Plastik gewinnt einen un-
erbittlichen Einfluß auf seine Malkunst, so daß
die Gesichtszüge des dargestellten Menschen in
flächiger Klarheit sich zusammenfügen, ohne daß
sein Pinsel an eigentlich malerisdier Qualität
einbüßt. Diesen beiden Porträts schließen sich
noch drei weitere an, unter denen hauptsächlich
das eines jungen Bauern (Bruder des Künstlers)
herrorgehoben zu werden verdient.
Eine zweite Gruppe bilden die religiösen Dar-
stellungen. Fast unvergeßlich in den verschie-
denen Nuancen des dargestellten Schmerzes cr-
0 Dem Programm der Monatshefte entsprechend soll
die moderne Kunst nur in Äusnahmefällen ausführ-
licher behandelt werden. Eine Ersdieinung wie der Frank-
furter Meister Fritz Boehle rechtfertigt indes diese Aus-
nahme vollauf. Die Red.
Rundschau
71
scheinen eine Kreuzigung, Beweinung Christi
und eine Kreuzabnahme. Diesen Bildern gliedern
sidi noch an eine Madonna mit dem Gnaden-
mantel, ein heiliger Christophorus und ein heiliger
Hieronymus. Die Gestaltung dieser religiösen
Vorwürfe führt in gerader Linie zu dem künst-
lerisdien Hauptinteresse Boehles, zur Darstellung
des nackten Menschen in Verbindung mit dem
Tier, im besonderen mit dem Pferd. Einige
Bildtitel werden zur Illustration dienen: Raub
der Europa, Centaur und Jüngling, Ädam und
Eva, nackte Jünglinge, und Pferde, Pferde in
der Schwemme, Jüngling und Pferd, ein Fries
reitender Jünglinge und sich angliedernd:
sprengender Ritter, der heilige Georg; denn
auch die Rüstung ist ja eine Ärt Äkt.
Somit wäre ungefähr ein Überblick über das
Gebotene gewonnen. Was an Boehle besonders
interessiert und ihm die beachtenswerte Stellung
unter den heutigen Künstlern zuweist ist neben
der zeichnerischen Gediegenheit und der kolo-
ristischen Feinfühligkeit die Kraft seiner Er-
findung und die Eigenart seiner Komposition.
Bei seinen Gestalten und Köpfen sucht man
umsonst nach tastenden Unsicherheiten; die
Körper seiner Menschen sind reine „gottgegebne
Form“; die Köpfe gehen stets auf das Typische;
damit soll gesagt werden, daß alles Einzel-
persönliche wegfällt zugunsten einer höheren
Konzentration.
Wenn auch die Maltechnik keinesfalls im-
pressionistisch ist, so erfrischt sie um so mehr
durch diesen Gegensatz, zumal sie in ihrer
Wirkung ein gleiches gibt.
Und nun gelangen wir mit zu dem Erstaun-
lichsten, was die Ausstellung uns gebracht hat,
zu dem Reichtum der Vorwürfe, der uns schon
bei der Aufzählung der einzelnen Gemälde ent-
gegentrat. Boehle zeigt sich wieder als einer
der genialen Menschen vom Schlage Böcklins,
die eine eigne innere Welt in Farbe und Form
uns eröffnen. Aber noch ein andrer Name ver-
dient hier genannt zu werden: Hans von Marees.
Was dieser hochstrebende Künstler erreichen
wollte, scheint sich hier vollenden zu sollen,
und zwar auch wieder in der eigenartigen Syn-
these von Akt und Pferd. Auch in der An-
ordnung des Vorwurfs verspürt man gleiche
Ziele. Boehle geht auf monumentale Kompo-
sition aus. Der große Eindruck seiner Bilder
ist bedingt durch das Kernige, man möchte fast
sagen Derbe ihres Schemas. Die fast logische
Schlichtheit der Einordnung der Gestalten in den
Bildraum und in die sie umgebende Natur er-
innert im höchsten Sinne an den Grundriß eines
bedeutenden Architekten. E. A. B.
s
MÜNCHEN ■'= ^
ln der Galerie Heinemann in München
war im Dezember eine vorzügliche Aus-
stellung von Werken der Schüler Wilhelms
von Diez zu sehen. Bedeutungsvoll wie
seit Jahren keine ähnliche Veranstaltung in
München, gab sie vor allem eine erstaunliche
Probe für das malerische Können zahlreicher
Münchener Künstler, deren Namen verschollen
sind oder die seither auf moderne Bahnen
abschwenkten, ohne hier eine ihrer ursprüng-
lichen Begabung entsprechende Leistung zu
schaffen. Duveneck-Herter-Breling, in diesen
drei Männern finden sich Eigenschaften, deren
künstlerisches Ausdrucksvermögen unbedenklich
neben dem Schaffen vielgepriesener und hoch-
bezahlter französischer Meister der gleichen
Zeitperiode (1870—1885) genannt werden darf
und muß. Münchens Kunstgeschichte hat ein
neues, reiches, abschließendes Kapitel. Wir haben
es einzuschalten vor dem Einsetzen der se-
zessionistischen Bewegung. Das Wichtige an
diesem Kapitel wird der Zusammenhang der
Diezschüler mit Leibi sein. Künftighin wird
man sich hüten müssen, die Kraft Leibis, des
Malers, allein aus seinem Verkehr mit Courbet
und dem in Paris gewonnenen Einfluß abzu-
leiten. Wer eben damals in München malen
lernen wollte, ging zu Diez, dessen Anregungen
und Lehren auch von anderen, wie von Marees,
befolgt wurden. Diezens Persönlichkeit als
Lehrer steht gewißlich nunmehr an der ersten
Stelle, wie es dem bescheidenen Meister voll-
auf gebührt.
Wie die Ausstellung von der Presse nur ge-
ringe Beachtung gefunden hat, so daß leider
der Besuch recht kläglich war, hat die An-
kaufskommission der Pinakothek hier
neuerdings ihre bekannte Fähigkeit bewiesen,
nur diejenigen Bilder zu wählen, welche die
geringste künstlerische Qualität besitzen. Das
Konventionellste des Konventionellen hat allein
vor ihren Augen Gnade gefunden. Sie ließ die
weichen, lichtvollen Interieurs von Löfftz bei-
seite, um eine wenig sagende Baumstudie an-
zukaufen, nahm zu den ohnehin bereits vor-
handenen Bildern von Herterich eine zerfahrene
historische Skizze. Entzückende kleine Land-
schaften blieben ohne Beachtung. Duveneck,
nach Muther in Amerika geboren — er stammt
aus Ingolstadt! — wurde wohl als lästiger Aus-
länder empfunden und deshalb übergangen.
Allein ein feiner Mädchenkopf von Herter mit
großen, träumerisch sinnenden Augen ist aus-
zunehmen unter den 17 Stücken, von welchen
16 wohl angetan sind, jeden davorstehenden
Künstler, jeden künstlerisch empfindenden und
72
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
vergleichenden Menschen in der Überzeugung
des Erstaunens über das bayerische Kommissions-
wesen in Kunstdingen zu bestärken.
Uhde-Bernags.
s
NÜRNBERG — ^
Beim Rückblidc auf Ausübung und Pflege
der bildenden Kunst in Nürnberg während
des verflossenen Jahres bieten sich dem
Auge zwar keine bedeutsam hervorragende
Punkte dar, aber eine gewisse Stetigkeit der
Entwicklung zu höheren Zielen wird man, wenn
man den Blick nur nicht starr auf Nürnbergs
wunderbare Kunstblüte im 15. und 16. Jahr-
hundert gerichtet hält, doch nicht verkennen
können. Einen ansehnlichen Teil des Interesses,
der Pflege und der für Kunstzwecke zur Ver-
fügung stehenden Mittel wird ja freilich stets
die große Vergangenheit der Stadt und die Er-
haltung und Erforschung der uns aus ihr in ver-
hältnismäßig reicher Zahl überkommenen Denk-
mäler absorbieren müssen. So bildet ein Haupt-
kapitel in der Geschichte der Nürnberger Kunst-
pflege schon seit vielen Jahren die Wieder-
herstellung namentlich unserer ehr-
würdigen gotischen Kirchen, an denen
sich frühere Zeiten durch mangelhafte Aus-
besserung mit schlechtem Material nicht selten
arg versündigt haben und deren äußerer Skulp-
turenschmuck vollständigem Verfall durch Ver-
witterung anheimzufallen drohte oder bereits
anheimgefallen war. Nach der mustergültigen
Restaurierung der Sebalduskirche durch Pro-
fessor Joseph Schmitz hat sich dieser hoch-
verdiente Meister gotischer Baukunst bekannt-
lich der teilweise in noch schlimmerem Zustande
befindlichen Lorenzkirche zugewandt, und das
südliche Seitenschiff wie der südliche Turm,
bei dem es sich vor allem um die Ersetzung
der alten schadhaften Zinndeckung durch eine
Kupferbedachung und um die Restaurierung der
Steingiebel des Achteckaufbaues handelte, haben
im vergangenen Jahre fertiggestellt werden
können. An der Außenseite des nördlichen
Seitenschiffs ist der alte Ölberg in neuen, nach
Möglichkeit getreuen Figuren und wohl abge-
wogener Polychromierung wieder erstanden.
Nun aber ist in der Kasse des Vereins für die
Wiederherstellung der St. Lorenzkirche leider
eine bedenkliche Ebbe eingetreten, die durch
Veranstaltung einer Geldlotterie zu beheben ge-
sucht wird, worauf dann hoffentlich die Arbeiten
ihren ungehinderten Fortgang werden nehmen
können. Inzwischen hat sich Prof. Schmitz auch
der kleinen nördlich von der Sebalduskirche
gelegenen Moritzkapelle, in der vor kurzem
wertvolle frühe Wandmalereien aufgedeckt wur-
den, angenommen; bei der Restaurierung der
Jakobskirche, von der neuerdings gleichfalls ver-
schiedentlich die Rede war, wird es sich indessen
lediglich um einige nötig werdende Ausbesse-
rungsarbeiten von untergeordneter Bedeutung
handeln. —Die Inventarisierurig des gesamten
noch in Nürnbergs Mauern vorhandenen Kunst-
besitzes — mit Ausschluß natürlich der Samm-
lungen — hat sich seit einigen Jahren der „Verein
für die Geschichte der Stadt Nürnberg“, vom
Stadtmagistrat tatkräftig unterstützt, auf das
eifrigste angelegen sein lassen, und die Heraus-
gabe der ersten Lieferungen des Werkes über
Nürnbergs Bau- und Kunstdenkmäler, die den
mit der Inventarisierung betrauten Konservator
am Germanischen Museum, Dr. F. T. Schulz,
zum Verfasser haben werden, steht in Bälde zu
erwarten.
Weit über die Grenzen Nürnbergs oder
Bayerns, weit auch über die Grenzen der Kunst-
pflege und Kunstgeschichte hinaus auf planmäßige
Sammlung und Erforschung von Denkmälern
der gesamten älteren deutschen Kultur zielen
bekanntlich die ihm von seinem Begründer, dem
Freiherrn von Aufseß, eingepflanzten, von dessen
Nachfolgern weiterentwickelten Absichten und
Pläne desGermanischen Nation alm US eu ms.
Nach der bedeutenden Erweiterung der Samm-
lungen in den ersten sechs Jahren des neuen Jahr-
hunderts (Bauernzimmer,Volkstrachtensammlung,
Zimmerflucht mit Barock-, Rokoko- und Empire-
einrichtungen) ist in dieser Beziehung in der
letzten Zeit zunächst eine Pause eingetreten,
was teils in der begonnenen gründlichen Durch-
arbeitung einzelner Abteilungen, teils auch in
der allmählich wieder brennend werdenden Raum-
frage seinen Grund hat. So wurden 1907 die
Abteilungen Glas, Keramik, Zinn den heutigen
museologischen Anforderungen entsprechend neu
aufgestellt, die Ausstellung von Schriftproben,
wie von Erzeugnissen des Drucks und der
graphischen Künste neu geordnet, die Gewebe-
sammlung in neuen gesünderen Rahmen und
Schränken untergebracht. Für die letztere Ab-
teilung konnte namentlich auf der Auktion der
Sammlung Spengel eine ansehnliche Reihe wert-
voller Ergänzungen erworben werden, und auch
auf verschiedenen anderen Gebieten waren die
Zugänge während des vorigen Jahres beträchtlich.
Unter den neu erworbenen Werken der Plastik
sei eine aus Tirol stammende Madonna mit dem
Kinde aus dem Ende des 14. Jahrhunderts und
die Halbfigur einer ebensolchen Maria aus der
Werkstatt Tilman Riemenschneiders, unter den
wissenschaftlichen Instrumenten ein messingenes
Rundschau
73
Ästrolabium von Georg Hartmann, Nürnberg,
1548, unter den Goldschmiedearbeiten ein mäch-
tiger Weinhumpen aus dem Änfange des 18. Jahr-
hunderts, u. a. mit der getriebenen Darstellung
des Heidelberger Riesenfasses, und das vor-
trefflich gearbeitete silbervergoldete Monile eines
Osnabrücker Domherrn aus dem Geschlechte der
Hatzfeld, Kölner Ärbeit um 1630, ein wahres
Prachtstück, besonders hervorgehoben. Die Be-
stände des Kupferstichkabinetts erfuhren durch
Änkäufe von Blättern Israel von Meckenems
(Bartsch 28), Dürers (B. 66: die drei Genien,
und das Holzschnittbildnis Kaiser Maximilians
vom Jahre 1519, B. 153), Burgkmairs, Äldgrevers,
Cranachs, Brosamers, Daniel Hopfers, Hieronymus
Bangs, Paul Flindts, H. S. Lautensacks, Virgil
Solis’ Wenzel Hollars u. a. m. wichtige Er-
gänzungen, während für die Bibliothek u. a.
ein vollständiges Exemplar des seltenen Werkes
„Der Türckische Schau-Platz . . . Hamburg, gedruckt
und verlegt durch Thomas von Wiering . . . 1685“
mit nahezu dem gesamten Holzschnittwerke
des Melchior Lordi (1527 — 1586) in allerdings
späten Abdrücken erworben werden konnte.
Gegen den Schluß des Jahres hatte sich die
Bibliothek übrigens noch der sehr willkommenen
Schenkung ausgewählter Bestände einer Privat-
bibliothek (Beckh-Ratsberg bei Erlangen) zu er-
freuen, die, im ganzen an 1600 Bände, worunter
viele Sammelbände, vor allem freilich der literar-
historischen, philosophischen und lokalgeschicht-
lichen Abteilung der Bibliothek zugute gekommen
ist. Erwähnt sei hier, daß aus der gleichen
Privatbibliothek eine weit über hundert Blätter
umfassende Sammlung von Handzeichnungen
aus dem Besitze des Architekten und Kupfer-
stechers Paul Decker (1677—1713), des Erbauers
des Erlanger Schlosses, von den bisherigen Be-
sitzern der Universitätsbibliothek zu Erlangen
als Geschenk überwiesen worden ist. Die meisten
dieser Blätter rühren von Deckers eigener Hand her.
Wie das Germanische Museum den natür-
lichen Mittelpunkt der kunst- und kulturgeschicht-
lichen Studien in Nürnberg bildet, so gehen die
hauptsächlichsten und wirkungsvollsten künst-
lerischen Bestrebungen mit dem Nachdruck auf
das von Alters her in Nürnberg blühende
Kunstgewerbe vom Bayerischen Gewerbe-
museum und der Königl. Kunstgewerbe-
schule aus. Die letztere hatte zwar in den
letzten Jahren durch den Tod des Professors
Wilhelm Behrens (f 1904) und den Rücktritt
und Fortzug des um die Kunstentwicklung in
Nürnberg so verdienten Prof. Friedrich Wan-
derer schwere Verluste zu beklagen, aber neue
wertvolle Kräfte: Hermann Bek-Gran, Max Heil-
maier, Otto Lohr, sind mit jugendlichem Feuer
in die entstandene Bresche gesprungen. Das
Bayerische Gewerbemuseum wirkt nach wie vor
in weiteste Kreise namentlich durch belehrende
Vorträge aller Art und durch die seit 1901 regel-
mäßig abgehaltenen kunstgewerblichen Meister-
kurse, die im letzten Jahre unter der Leitung Paul
Hausteins aus Stuttgart standen. Gegenwärtig
ist überdies eben die Gründung einer Zweig-
niederlassung des Museums in Landshut im
Werke, gewiß ein Zeichen für den Anklang,
den die Bestrebungen der Anstalt fortgesetzt
finden, für die Beliebtheit, deren sie sich er-
freut und der sie zum guten Teil ihre Erfolge
zu verdanken hat. Auf die rein private Gründung
der „Noris-Werkstätten“ für angewandte
Kunst durch den Architekten Jakob Schmeißner und
den Kunstmaler Hermann Schwabe zu Ausgang
des Jahres 1906 soll gleichfalls an dieser Stelle
hinzuweisen nicht, unterlassen werden. Ist doch
aus diesen Werkstätten in der kurzen Zeit ihres
Bestehens schon eine beträchtliche Zahl hand-
werklich schöner Einzelstücke, wie ganzer
Zimmer- und Hauseinrichtungen, die den Ge-
schmack zu bilden und zu verfeinern geeignet
sind, hervorgegangen.
Auch der engere Zusammenschluß der Künst-
lerschaft Nürnbergs zur „Nürnberger Kunst-
genossenschaft“ ist erst in jüngster Ver-
gangenheit erfolgt. Die erste Frucht der neuen
Organisation war die Dürerbund-Ausstellung, die
vom 29. September bis zum 31. Oktober 1907
im Hörsaal des Bayerischen Gewerbemuseums
stattfand und von dem redlichen und ernsten
Streben unserer Künstler, deren Senior, den
Architekturmaler Professor Paul Ritter, leider
der Tod am 27. November aus der Reihe der
Schaffenden abgerufen hat, beredtes Zeugnis
ablegte. Insbesondere war Professor Bek-Gran
dabei durch eine Sonderausstellung seiner Werke
namentlich aus zeichnerischem Gebiete vortreff-
lich vertreten.
So steht zu hoffen, daß sich das noch zarte
Pflänzlein der neueren Nürnberger Kunst in
Zukunft noch zu wahrer Kraft und immer reicherer
Fülle entwickeln werde. Gewiß wird dazu auch das
neue Künstlerhaus am Königstor beitragen,
das der freien Künstlerschaft gewissermaßen
einen Mittelpunkt und eine Heimstätte gewähren
soll und nunmehr seiner Vollendung entgegen-
geht. Der Entwurf zu demselben rührt von
Professor Konradin Walther her, die Innenein-
richtung, für die am 8. Januar ein prächtig ver-
laufenes Künstleifest weitere Mittel flüssig ge-
macht hat, wurde den bewährten Händen des
Bauamtsassessors Ludwig Ullmann anvertraut.
Auch der Albrecht Dürerverein wird viel-
leicht nach Übersiedlung aus den lange inne-
74
Monatshefte für Kunstwissenschaft
gehabten unwürdigen Lokalitäten am Haupt-
markt in das zweckentsprediend eingerichtete
neue Gebäude, das auch ihn aufzunehmen be-
stimmt ist, eine Verbesserung seines Blutes
und und eine Hebung seiner Kräfte verspüren,
ja in fernerer Zukunft wohl gar aus dem Zu-
sammenwirken der verschiedensten Faktoren
eine moderne Gemäldegalerie erstehen, wie man
sie einer Stadt von der Größe und Bedeutung
Nürnbergs so sehr wünschen möchte, zu der
aber bisher in der städtisdien Sammlung auf
dem Rathaus nur erst geringe Ansätze vor-
handen sind.
Theodor Hampe.
FLORENZ —
In den Florentiner Sammlungen
schreitet die Arbeit der Neuordnung fort, Er-
werbungen finden statt, in den Kirchen wird
überall an Restaurationen gearbeitet, es ist
darüber viel zu berichten. Dies soll demnächst
ausführlidi geschehen. Schon heute sei jedoch
mitgeteilt, daß die Gerüste im Baptisterium,
welche viele Jahre lang die Mosaiken der Kuppel
dem Auge entzogen, nun völlig entfernt sind,
und jene Schöpfungen aus der Morgenröte der
italienischen Kunst wieder der Bewunderung
und dem Studium zugänglich sind. In S. Maria
Novella sind die Säuberungs- und Restaurations-
arbeiten an den Fresken Ghirlandajos ebenfalls
vollendet, mit großem Geschidk und mit Takt.
Während der Zeit, da die Gerüste noch auf-
gebaut waren, sind übrigens von dem Floren-
tiner Photographen Manelli eine große Serie
von Detailaufnahmen gemacht worden, die der
Forschung gute Dienste leisten können.
In Florenz ist ein französisches Institut
ins Leben getreten, das Renaissance -Studien
im weitesten Sinne fördern will, in Literatur,
Geschichte und Kunst. Es ist so gedacht, daß
französische Studenten an ihm ihre Studien
machen, indem sie gleichzeitig an der Floren-
tiner Universität eingeschrieben werden. Da-
neben will das Institut durch Vorträge sich an
die Florentiner Gesellschaft wenden und ferner
auch die gelehrten Beziehungen von Frankreich
und Italien durch Vermittlerdienste fördern.
In der am 25. v. M. stattgehabten Sitzung
des Kunsthistorischen Instituts brachten
Darlegungen des Malers Otto Hettner über
Zeichnungen Michelangelos sehr wichtige
Untersuchungen, welche in ihrer Methode
eine außerordentliche Verfeinerung der kritischen
exakten Behandlung von Handzeichnungen, in
ihrem Resultat neue Urteile über Echtheit oder
Unechtheit einiger Blätter und neue Einsichten
in den Schaffensprozeß Michelangelos bedeuten.
Sie bewiesen wieder von einer neuen Seite her,
daß die Quellen der Größe einer Leistung auch
beim Genie aus stiller energischer Arbeit fließen
und geben eine Illustration zu der Stelle Vasaris,
welche sagt, daß Michelangelo seine Studien-
blätter verbrannt habe, damit die Welt nicht
wisse, wie furchtbar schwer es ihm geworden
sei. Herr Hettner führte aus: Eigene Versuche
zur Darstellung von in der Luft schwebenden
Figuren brachten ihn dazu, diese scheinbar dem
direkten Modellstudium entzogenen Bewegungs-
motive dadurch unmittelbar nach der Natur zu
zeichnen, daß er wie auch schon der Maler
Bonnat getan hatte, sicherlich auch andere Künstler,
z. B. für eine vom Himmel steigende stark ge-
kurvte Gestalt den Ausweg wählte das Modell
über einen Sessel zu legen, es so zu zeichnen
und dann das Blatt herumzudrehen. Die vor-
gelegte Zeichnung bewies den Anwesenden aufs
schlagendste, daß die so erzielte Skizze (nach
einigen kleinen Detailkorrekturen) in der Tat,
glaubhaft und bestimmt einen raschen Sturz
darstellte.
Diese Arbeitsmethode hat der Vortragende
nun bei den großen Meistern der Renaissance
festgestellt und er beweist dies im einzelnen
an Handzeichnungen und Malereien Michel-
angelos. Bei seinen Werken in der Sixtinischen
Kapelle kommt nicht eine einzige Stellung vor,
die nicht nach der Natur studiert ist, obwohl
bei vielen dies auf den ersten Blick unmöglich
erscheinen möchte, wie z. B. bei der Kreuzigung
Hamans. Die Studien dazu (abgebildet bei
Steinmann, Sixtinische Kapelle, Bd. II, S. 633
und 634), welche im British Museum und im
Teyler Museum aufbewahrt werden, zeigen den
Gang, auf welchem Michelangelo zur völligen
Durcharbeitung des Gekreuzigten mit Hilfe von
Aktstudien gelangt ist, indem er nämlich die
Gesamtstudie (Steinmann 634) dadurch gewann,
daß das Modell auf eine Bank gelegt wurde,
und die durch die liegende Position sich er-
gebenden von der Endabsicht abweichenden
Einzelheiten durch Detailstudien korrigiert und
die Korrekturen in die zuerst gewonnene Ge-
samtstudie eingetragen wurden, wie wir dies
auf beiden Blättern verfolgen können. Die
logische Bedingtheit aller auf diesen beiden
Blättern sich findenden Zeichnungen unterein-
ander, die alle einem durchschaubaren Ent-
wicklungsgänge der den Haman vorbereitenden
Studien angehören, schließen es aus, daß diese
Blätter nach dem fertigen Werke gezeichnete
Kopien sind, wie Berenson meint. Beide Blätter
sind vielmehr eigenhändige Studien des Meisters
selbst.
Rundschau
75
Herr Hettner sdireitet dann zur Betrachtung
des auf beiden Seiten bezeichneten Blattes des
British Museum, welches Studien zu den Engeln
mit den Marterwerkzeugen enthält und bei
Steinmann a.a. 0., S. 663 u. 664 abgebildet ist.
Äuf diesem finden sich einige direkt umgekehrte
Zeichnungen. Um dieses nachzuweisen, gibt
der Vortragende ein Schema von mit der rechten
und mit der linken Hand gezeichneten Streich'-
lagen und stellt fest, daß eine Zeichnung, deren
Strichführung ganz oder großenteils von links
oben nach rechts unten oder von rechts unten
nach links oben geht, entweder von einem
Linkshänder gezeichnet ist oder anders herum,
als wie wir es zu betrachten gewohnt sind.
Dies ist z. B. der Fall bei der scheinbar sich auf
die verschränkten Ärme stützenden Figur. Das
Modell für diese Skizze lag in Wirklichkeit auf
dem Rüchen, wie die unbestimmt gegebene
Rückenlinie und die Strichführung zeigen. In
weiterer Änalgse werden dann beide Blätter
studiert unter interessanten Ergebnissen, die
dann wiederum dafür sprechen, in ihnen echte
Skizzen Michelangelos zu erkennen. Bei einer
ganzen Reihe von Gestalten des Jüngsten Ge-
richts und der Sixtinischen Decke ist die ge-
schilderte Arbeitsmethode von Michelangelo an-
gewendet worden, wie weitere Ausführungen
des Vortragenden beweisen; ferner ist sie auch
von Signorelli und Correggio geübt worden.
Herr Hettner beabsichtigt seine Studien zu ver-
öffentlichen, und es ist von ihnen in vielen
Punkten eine endgültige Klärung in der kriti-
schen Einschätzung der Blätter zu erwarten.
Herr Dr. Corwegh versuchte die Datierung
der Befreiung der Andromeda des Piero di
Cosimo, welche Knapp früher als die fürFrancesco
da Pugliese gearbeitete Andromeda-Serie an-
setzt, als ein Spätwerk des Meisters dadurch
nachzuweisen, daß er feststellt, Piero habe die
Gestalt des Platon aus Raffaels etwa 1510 ent-
standenen Schule von Athen für die Zeusstatue,
die im Hintergründe sichtbar ist, auf seinem
Bilde verwendet; denn diese Zeusstatue sei
durchaus unantik, die Alten hätten jene Wei-
sung nach oben nicht gekannt. — Dazu be-
merkt der Unterzeichnete, daß die Zeusstatue
auf dem Bilde Pieros den bekannten antiken
Zeusstatuen, wie die Zusammenstellung bei
Reinach (Repertoire de la Statuaire qrecque et
romaine. Vol. I, pag. 184—196) beweist, viel
entschiedener ähnle als dem Platon auf Raffaels
Fresko; denn der Arm der Zeusstatuen (auch
der vollständig erhaltenen) wird hoch über die
Kopfhöhe erhoben, und so stellt auch Piero das
Götterbild dar, während Platon nur den Unter-
arm erhebt und mit der Hand nicht ganz zur
Scheitelhöhe gelangt. Den erhobenen Finger
hat Piero aus der Darstellung der Propheten
herübergenommen, so daß man die Gestalt des
Zeus bei Piero als selbständige ohne Kenntnis
von Raffaels Werk geschaffene Leistung be-
trachten muß und sie nicht in dem von Herrn
Dr. Corwegh gemeinten Sinne zur Datierung her-
anziehen kann. Im übrigen besteht zwischen
dem Einzelbilde und der Serie ein so großer
Unterschied in der Malweise, daß sie zeitlich
nicht zusammgehören können. — Eine weitere
Mitteilung des H. Dr. Corwegh bezog sich auf
die großen Toröffnungen des Erdgeschosses bei
Florentiner Palästen, die als Loggien anzusehen
seien und welche nur so lange als offene Hallen
erhalten wurden, als der betreffende Palast an
einem offenen Platze lag und welche geschlossen
wurden, sobald der Raum davor schmal wurde.
Er stützt sich dabei auf das Bild des Granacci
in der Brera, welches den Einzug Karls VIII.
in Florenz darstellt und worauf vor dem Palazzo
Medici ein weiter Platz und die Parterrefenster
des Palastes noch als Tore sichtbar sind. —
Dagegen hat der Unterzeichnete anzuführen,
daß die Breite der Mauerstücke zwischen den
drei Öffnungen und die in ihnen angebrachten
kleinen Fenster den Loggiencharakter aus-
schließen. Im übrigen könne eine Lösung der
Frage nur durch Untersuchung des Mauerwerks
selber gegeben werden. Auf dem Bilde Granaccis
sei offenbar kein offener Platz gemeint, sondern
die Straße sei so erweitert gezeichnet worden,
um dem Künstler Platz zur Unterbringung des
Zuges Karls VIII. zu schaffen. Loggien und
hallenartige Gewölbe kamen, wie noch heute
der Augenschein lehrt, auch in den engsten
Gassen vor. Im allgemeinen hing die Zu-
mauerung der offenen Gewölbe der Florentiner
Paläste mit der veränderten Stellung der aus
dem Kaufmannsstande hervorgegangenen Adels-
familien zusammen, welche das Vorhandensein
von Verkaufsgewölben in ihren Häusern seit
dem Ende des Quattrocento nicht mehr als
standesgemäß ansahen. Es ist für diese Wen-
dung charakteristisch, daß die Absicht des Filippo
Slrozzi in seinem 1489 begonnenen Palaste
Läden einzurichten von Lorenzo Magnifico als
eine zu verhütende Unwürdigkeit bekämpft
wurde.
Herr Professor Brockhaus spricht über eines
der bekanntesten plastischen Werke aus der
ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts, das in Stutt-
gart steht. Dort befindet sich im Schloßgarten
gleich am Eingang ein Teich, an dem zwei
große steinerne Nymphen liegen, von Dannecker
ausgeführt. Auch dieses Werk wie so viele
andere habe seine Wurzeln in Italien und zwar
76
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in Florenz. Die Änregung dazu sei offenbar
ausgegangen von einer Gemme der Uffizien,
die eine antikisierende Ärbeit des 16. Jahr-
hunderts ist. Dannecker hat Italien besucht im
Jahre 1785, wo er, 27 Jahre alt, zu Fuß nach
Rom wanderte und dort die Bekanntschaft von
Goethe und Herder machte. Damals kann er
die Gemme kennengelernt haben, sie kann ihm
aber auch durch das Kupferstichwerk von Gori
„Museum Florentinum“ bekannt geworden sein,
dessen die Gemmen enthaltender II. Band schon
im Jahre 1732 erschienen ist.
Bei der Vergleichung beider Werke zeigen
sich Ähnlichkeiten und Abweichungen. Geändert
sind Einzelheiten nebensächlicher Natur. Andere
bedeutsamere Einzelheiten sind beibehalten: so
die selbstbewußte aufrechte Kopfhaltung der
einen, das Herüberneigen und das Herübergreifen
der anderen Gestalt. Angenommen ist nament-
lich die Hauptidee des ganzen Werkes.
Als Verdienst ist es dem modernen Künstler
dabei anzurechnen, daß er den Fingerzeigen der
alten Kunst gefolgt ist, und doch hat er weit
mehr geboten, als er vorgefunden hat. Was
ihm klein vorlag, hat er monumental gestaltet;
— was wie in einer Zeichnung oder einem Bild
in einfacher Vorderansicht gegeben war, hat er
so gestellt, daß man es von allen Seiten sehen
kann: die Gruppe zeigt, wenn man um sie
herumschreitet, eine solche Folge erfreulicher
Anblicke, daß man dem Künstler immer wieder
dankbar sein muß. Endlich: nur angedeutet
war in der Gemme die Umgebung, zu Füßen
Wasser, über den Köpfen Baumwipfel. Er hat
diese Umgebung wirklich geschaffen, und so
kommt zur Freude an der plastischen Gruppe
die Freude am immer leicht bewegten, blitzen-
den Wasser und die Freude an den herrlichen
grünen Baumgruppen rings umher.
Adolf Gottschewski.
s
ROM :3==r.'. -■ =
Die Gemäldegalerien Roms sind seit mehr
als einem Jahrzehnt in fast beständiger Neu-
ordnung begriffen. Schon seit Monaten wird
der obere Stock der Villa Borghese umgebaut
und muß voraussiditlidi noch längere Zeit
geschlossen bleiben. Die vollständige Neuord-
nung der Galleria Nazionale im Palazzo Cor-
sini, die schon von Venturi eingeleitet wurde,
ist nun von seinem Nachfolger Hermanin zu
einem höchst befriedigenden Abschluß geführt
worden. Anlaß zu größeren baulichen Ver-
änderungen gab zunächst die längst geplante
Aufstellung des Herakles-Kolosses von Canova.
Diese Mohumentalgruppe ist schon vor mehre-
ren Jahren mit anderen Kunstschätzen aus dem
niedergerissenen Palazzo Torlonia in den Pa-
lazzo Corsini gelangt. Sie stellt den Herakles
dar, welcher mit höchstem Aufwand heroischer
Kräfte den Lykas ins Meer schleudert. Ein be-
sonderer Raum und in diesem eine besondere
säulenflankierte Nische wurden mit vielem Ge-
schmack für den Marmorkoloß hergerichtet.
Bestellt wurde die Gruppe bereits vom Herzog
Onörato Gaetani i. J. 1796, an die Ausführung
seines Modells machte sich Canova aber erst
i. J. 1811, und zwar war der Besteller nunmehr der
Bankier Giovanni Torlonia, der sich später der
Päpstlichen Regierung verpflichten mußte, Ca-
novas Hauptwerk niemals aus Rom zu ent-
fernen.
Ebenso glücklich wie die Aufstellung des
Canova gelang, ebenso geschmackvoll ist im
allgemeinen die Anordnung der Gemälde in den
alten und neuen Sälen. Nur die häßlichen grünen
Wandbekleidungen wurden leider noch meistens
beibehalten. Hermanin hat das Kupferstich-
Kabinett in den oberen Stock verlegt. Er hat
den Schilderungen Roms im Sei- und Settecento
einen besonderen Saal eingerichtet, wie man
überhaupt die Malerei dieser Jahrhunderte in
Rom schwerlich irgendwo anders besser stu-
dieren kann als in der Galleria Nazionale. Aber
auch die Malerei der Renaissance ist heute
würdiger als früher repräsentiert, nachdem die
Galerie nach einer Reihe von glücklichen Erwer-
bungen neuerdings noch in den Besitz des herr-
lichen Pier di Cosimo aus der Sammlung Ba-
racco gelangt ist und eben jetzt ein wunder-
bares, kleines Madonnenbild des Correggio
erworben hat. Aus dem riesigen Depot sind
eine Reihe höchst bedeutsamer Meister des
Seicento der Galerie zurückgegeben worden, so
vor allem einige Kopien nach Michelangelo,
Landschaften Dughets und eine grausige Dar-
stellung des gefesselten Prometheus von Salva-
tor Rosa. E. St.
s
Villa Borghese, Für ein Porträt des Lorenzo
Lotto, eine Anbetung der Könige von Jacöpo
Bassano und einen Verkündigungsengel des Pier
Maria Pennacchi sind von der Generaiverwaltung
der Museen die beiden Porträtbüsten des Kar-
dinals Scipione Borghese für die Vila Borghese
eingetauscht worden. Im Jahre 1891 mußten
beide Büsten den Galerien von Venedig über-
lassen werden, um sie überhaupt für die Museen
Italiens zu retten. Jetzt ist in die Villa Pinciana
das Bild ihres Erbauers zurückgekehrt. Die Ge-
schichte beider Büsten wird uns von Baldinucci
Rundschau
77
ausführlich erzählt: wie Bernini die erste Büste
preisgab wegen eines Fehlers im Marmor und
dann mit dem zweiten Exemplar den Kardinal
überraschte, der schon mit dem ersten voll-
ständig zufrieden gewesen war. Die Büsten
sind einstweilen provisorisch in der prächtigen
Eingangshalle der Villa aufgestellt; leider ein
wenig weit von einander, denn es sollte dem
Beschauer die Möglichkeit eingehender Ver-
gleichung nicht vorenthalten werden. Es ist so
außerordentlich merkwürdig zu beobachten, wie
es Bernini unmöglich war, sich selbst zu kopieren,
wie er es verstand aus derselben Äufgabe gleich-
sam ein neues Problem zu schaffen. So bildete
er bei allen äußeren Ähnlichkeiten doch zwei
verschiedene Charaktere, die sich gegenseitig
nicht nur in der Stimmung des Äugenblicks,
sondern auch in der Offenbarung verborgener
Anlagen der Psyche zu ergänzen scheinen. Der
glänzende Name des Scipione Borghese begegnet
uns an unzähligen Denkmälern Roms, nun ist
auch sein Bild der Stadt, die ihm so viel ver-
dankt, zurückgegeben worden. E. St.
s
Die Baugeschichte des Vitforio Emanuele-
Denkmals — a stränge eventful historg —
scheint durch das energische Eingreifen des
Unterriditsministers in ein neues Stadium ge-
treten zu sein. Die in einer Kommissionssitzung
vom 5. Januar gefaßten Beschlüsse sind etwa
folgende: Das Monument soll i. J. 1911 einge-
weiht werden, wenn es auch noch nicht ganz
vollendet sein kann. Vor allem sollen die Archi-
tektur und die Statuen berühmter Männer fertig-
gestellt werden; die großen Reliefs dagegen
mit den historischen Darstellungen sind über-
haupt aufgegeben worden. Im übrigen wurde
der geniale Gesamtplan des verstorbenen Sacconi
seinen Nachfolgern aufs neue als höchste Norm
für ihre Aufgabe hingestellt. Eine Prämie von
je 20000 Lire wurde den drei Leitern des
kolossalen Werkes zugesichert, wenn i. J. 1911
alles jetzt geplante rechtzeitig zur Ausführung
gelangt sein wird.
Zunächst scheint es allerdings, daß man die
Rechnung ohne die scalpellini gemacht hat, ein
kleines Heer von Maurern und Steinmetzen,
dessen Unzufriedenheit so groß ist, daß es bei
dem letzten Besuche des Denkmals durch den
König eine sehr peinliche Demonstration ver-
anstaltete. E. St.
s
Esposizione delV ornamenfo feminile 1500
bis 1800. Die erste Ausstellung aus Römi-
schem Privatbesitz in Rom und als solche ein
Ereignis von Bedeutung! Elisa Ricci, die Gattin
des Generaldirektors, hat die schwierige Aufgabe
mit Geschick und Glück durch geführt. Sie hat
auch gleichzeitig ein Prachtwerk über die Spitzen
in Italienischem Privatbesitz herausgegeben, die
eben in dieser Ausstellung im Palazzo Rospi-
gliosi, am glänzendsten vertreten sind. Außer-
dem verdient die historisch angeordnete Fächer-
sammlung der Marchesa Buzzacarini Erwähnung,
von der auch ein Katalog erschienen ist. End-
lich sieht man zahllose kleine Köstlichkeiten;
Uhren, Porzellane, Miniaturen, — aber weniger
Schmuck als man erwarten sollte. Eine Perlen-
schnur der berühmten Connetable Colonna,
Maria Mancini, war wenige Tage ausgestellt.
Signora Ricci hofft diese Ausstellungen alljähr-
lich zu wiederholen. Etwas besonders glänzen-
des dieser Art wird für das Jahr 1911 geplant.
Villa Mills. Die kaum begonnenen Aus-
grabungen in der Villa Mills sind bis auf wei-
teres sistiert worden. Aber Villa und Kloster
mit den unvergleichlichen Gärten, die sie um-
geben, sind jetzt für alle Zeiten wieder mit
dem Palatin vereinigt worden. E. St.
s
LONDON ■ - - --- - =
Das Hauptereignis des Winters auf künst-
lerischem Gebiete ist hier stets die A 1 1 -
meisterausstellung der Royal Academy,
die für den Gelehrten wie den Kunstfreund sonst
oft unzugängliche Bilder aller Schulen vorführt
und, da sie sich auf englischen Besitz beschränkt
— eine stolze Beschränkung — immer wieder den
Reichtum und die Vielseitigkeit privater Kunst-
schätze hierzulande bewundern läßt. Mit diesen
Ausstellungen ist meist eine Sonderausstellung
eines einzelnen Meisters, diesmal Hogarths,
verbunden, die ein volles Bild der Kunst, wo-
möglich der Entwicklung des gewählten Künst-
lers zu geben sucht. Die Natur dieser Aus-
stellungen bringt es nun freilich mit sich, daß
eine ganze Reihe mittelmäßiger Werke ohne
besonderes Interesse mit aufgenommen werden
und dazu noch oft genug unter großen Namen
segeln, mit denen sie von ihren Eigentümern
allein bedacht worden sind. — Diesmal enthält
die Ausstellung eine Reihe der ehemaligen Kann-
schen Bilder, die ja Messrs. Duveen seinerzeit
angekauft hatten: Einige Gerard David: Flügel
zu Triptychen; Hochzeit zu Cana, die hier be-
stritten wird; Quentin Matsys u. a. m., sowie
ein Porträt des bedeutenden Malers Chardin
von Fragonard. W. G. Rawlinson sendet einen
78
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kopf, der Michelangelo darstellen soll, jedenfalls
ein interessantes Stück, das Giuliano Bugiardini
zugeschrieben wird. Von Domenichino , dem
Sibyllenmaler, findet sich ein ultranaturalistisches
Porträt eines Mannes aus Sir Edgar Sebrights
Kollektion. Ein außerordentliches Stück ist auch
die Königin Mary Tudor (die blutige Marie) des
Lucas de Heere (Sir W. Cuthbert Quilter). Die
englische Äbteilung bringt wohl eine große Zahl
von Bildern, namentlich viele Reynolds, aber '
kein wirklich erstklassiges Stück; sie dient eher
dazu zu zeigen, wie selbst die großen Meister
oft froh waren „Äufträge“ zu erledigen. Diese
können ja die Handschrift des Schaffenden nicht
verleugnen, aber statt innerer Teilnahme, die
belebend wirkt, zeugen sie von Zerstreutheit
und ärgern durch Maniriertheiten, die hier eben
viel stärker zutage treten. — Die Hogarth-
ausstellung betont mit Recht den Maler und
Künstler. Zwei Seelen wohnten ja in diesem
seltsamen Manne, und er besaß sozusagen zwei
verschiedene Ärten Äugen und Hände. Ein Mo-
ralist und Volksverbesserer war er, wie so
mancher englische Künstler und Dichter in seiner
Hrt, und dazu dodi ein ganzer Künstler und
ein echter Maler. Äls letzteren tun ihn hier
nun eine ganze Reihe Stücke kund: die Halb-
figur der berühmten irischen Schauspielerin Peg
(Woffington, Marquess of Landsdowne); ein
männliches Porträt (George Harland Peck) in
blauem Rock mit Goldbesatz, das in der Vor-
nehmheit und Harmonie der Farbengebung
Hogarth als Vorläufer Gainsboroughs erkennen
läßt. Mit welch innerer Teilnahme Hogarth
eine Szene ganz ohne den Nebengedanken,
Moral zu predigen, dann und wann darstellen
kann, zeigt die kleine Skizze zu „Hudibras“
(Mrs. Howard Stormont), die in Bewegung usw.
ein unvoreingenommenes Äuge verrät, während
ihn sonst sein Wollen zur Karikatur führt. Ein
Stück sichrer, lebendiger Charakteristik ist das
Porträt der Mörderin Sarah Malcolm (Sir Fre-
derick Cook). Die Doppelnatur des Künstlers
tritt am meisten und peinlichsten hier in den
Kinderbildnissen zutage. In Skizzen schafft
er aus reinem Vergnügen an der künstlerischen
Ärbeit; geht er über die Skizzen hinaus, führt
seine Äbsicht ihm vom Wege der Kunst und
vornehmlich der Malerei als solcher ab und auf
andere Bahnen, und dies wurde ihm derart zur
zweiten Natur, daß er auch Kinder oft zu hal-
ben Karikaturen macht, daß er ihren unent-
wickelten Körperchen alte Gesichter Erwachsener
aufsetzt zum Teil in jener Steife der Nadcen-
haltung und Unbeweglichkeit des Äuges, die er
von den öden Hofmalern seiner Jugendzeit an-
genommen hatte. Älles in allem bekommt man
in dieser Äusstellung den Eindruck, ein starkes,
eigenartiges und temperamentvolles Talent vor
sich zu haben, das einmal seinen menschlichen
Eigenschaften- und sodann seiner Zeit Tribut
zahlen mußte, das aber ganz andere Höhen er-
stiegen hätte, wäre es ihm beschieden gewesen
erst zu wirken, „wenn die Zeit erfüllet war“.
So mußte er den Sturmbock und den Schemel
für andere abgeben. — Äls Ergänzung zur Ält-
meisterausstellung dient die moderne der Inter-
nationalen Gesellschaft der Bildhauer, Maler und
Radierer in der New Gallery, für die wie bisher
Professor George Souter wieder eifrig tätig war.
Sie enthält ein vorzügliches Beispiel der Porträt-
kunst Renoirs, einige Monets von Bedeutung,
eine Büste Bernhard Shaws von Rodin, dessen
gewaltiges Werk: l’homme qui marche leider
nur im Äbguß zu sehen ist. Die deutsche
Kunst ist nur durch Zufälligkeiten repräsentiert;
ein vortrefflich durch geführter Charakterkopf
des Düsseldorfer Meisters E. v. Gebhardt fällt
da besonders auf. — Von bedeutenderen Äus-
stellungen, die augenblicklich in London statt-
finden, braucht sonst nur noch die der Land-
schafter um Peppercorn (Peppercorn selber,
Äusten Brown, Leslie Thomson usw.) erwähnt
zu werden, die die Landschaft vornehmlich als
Stimmungsmotiv behandeln, trotz einer sich da-
raus ergebenden gewissen Monotonie aber doch
sehr starke Eindrücke zu erzielen wissen. Eine
österreichische Kunstausstellung fand hier
kürzlich sozusagen unter dem Äusschluß der
Öffentlichkeit statt. In zahlreichen Londoner
Kunstkreisen erfuhr man nichts von ihrer Exi-
stenz; weit außerhalb des sehr enggezogenen
Londoner Äusstellunggebietes: Bond Street,
Piccadilly und Mall, in Southampton Row hatte
man sie einlogiert. Daß es vergebens ist. Lon-
doner Kunstfreunde aus ihrem gewohnten Ge-
biete herauszulocken, hatte vor zwei Jahren die
große deutsche Äusstellung in Knightsbridge zu
ihrem Schaden zu lernen. Wie ganz im mittel-
alterlichen Sinne die Goldschmiede, die Weiß-
warenhändler usw. noch heute fast Tür an Tür
nebeneinander hausen, ja selbst ganz moderne
Branchen wie die Fahrradgeschäfte das tun, so
ists von altersher bei den Äusstellungen Brauch,
und Äusstellungsveranstalter wie Kunsthändler
wissen das und richten sich danach. Schade,
daß so die Mühe der „Genossenschaft der bil-
denden Künstler Wiens“ wohl vergebens war.
Zweimal haben so die Österreicher um Än-
erkennung hier gerungen; das vorhergehende
Mal in den dunklen Räumen der populären
Earls Court Äusstellung, die für eigentliche Kunst
gar nicht in Betracht kommt; beide Male offen-
bar ohne das schwierige, ihnen neue Gebiet
Rundschau
79
vorher zu erforschen. Vielleicht gelingt es ein
drittes Mal. — In der National Gallery, deren
neuer Direktor eine Umhängung energisch in
die Hand genommen hat, ist diese nun fast
völlig durchgeführt. Ällen Wünschen konnte
nidit entsprochen werden, denn der zur Ver-
fügung stehende Raum ist zu knapp. Da nun
aber eine in der Nähe liegende Rekrutenkaserne
(die, ganz nebenbei bemerkt, den fremden
Galleriebesuchern das etwas mittelalterlich an-
mutende Bild des Rekrutenpressens oft mit ko-
mischen Intermezzi — Liebermann könnte da-
von etwas Köstliches erzählen! — gewährte)
jetzt fallen soll, und der dadurch freiwerdende
Raum zur Erweiterung der Gallerie bestimmt ist,
wird es damit wohl besser werden. Äm meisten
allerdings bedarf die anstoßende National Por-
trät Gallery neuen Raumes. — Zuletzt hat man
sich mit dem Umhängen an die englische Äb-
teilung der National Gallery gemacht, die manche
gern mit der Tate Gallery vereinigt wüßten,
um so die englische Kunst in ihrer Ent-
wicklung zu zeigen, was die Tate Gallery
aber für das 19. Jahrhundert gar nicht einmal
leisten kann. Hogarth hat das alte kleine und
dunkle Kabinet behalten, das seiner nicht wür-
dig ist. Reynolds tront in dem einen, Gains-
borough in dem anderen Saal, in dem am an-
deren Ende die Constables untergebracht sind. —
Älte englische Kunst: Reynolds, Gainsborough,
Romney, Hoppner und der jetzt auf dem Kon-
tinent so hochgeschätzte Raeburn u. a., werden
ja jetzt in Berlin zu sehen sein. Herr von
Seckendorff, der die Auswahl zu treffen hatte,
wandte sich deswegen an Messrs. Agnew, deren
Herbstausstellungen alter Meister mit Recht be-
rühmt sind. Auch eine Auswahl Mezzotintos
von Karls I. Zeit bis zum 18. Jahrhundert wird
in Berlin ausgestellt werden. — Das neue große
Victoria- und Albert-Museum, das den Platz des
alten South Kensington Museums, dieses richtigen
Kunstladens, einnehmen soll, ist nunmehr fast
vollendet, und man beginnt sich für die Frage
seiner Einrichtung und die Art der Aufstellung der
Kunstschätze sowie die ganze Organisation des
Museums lebhaft zu interessieren und sie zu dis-
kutieren. Mr. Lewis F. Day hielt vor einiger Zeit
vor der Society of Arts einen Vortrag über diese
Fragen, der darauf hinausging, daß das neue
Museum vornehmlich eines für den Kunsthand-
werker sein solle, in dem dieser Vorbilder und
Anregungen für sein Schaffen finden könne.
Deswegen wäre eine Ausgestaltung und Auf-
stellung wie in vielen deutschen Museen und
teilweise auch im Münchner Nationalmuseum
nicht empfehlenswert. Ein Museum, wie das
neue, wäre eben doch nur eine Art Ausweis-
bureau, nicht ein Ort, der uns fühlen lassen solle,
als befänden wir uns in einem von Menschen
bewohnten Zimmer, oder in einer Kirche, die
zum Gottesdienst bestimmt sei. Ein solches
Museum solle auch nicht die Geschichte illu-
strieren, das sei der Kunst nicht würdig; und
daher zeigten viele deutsche, in England oft
hochgepriesene Gewerbemuseen nur, wie man
es nicht machen solle. Mr. Day wünscht also,
daß das neue Museum in der Art des bisherigen
aufgestellt wird. Nur würde er ganz gern zur
Illustrierung der Kulturgeschichte einige passende
Räume mit Kopien der betreffenden Gegenstände
ausgestattet wissen; diese selber aber zu einem
solchen Zwecke nicht hergeben, da sie für den
Belehrung suchenden ausübenden Künstler auf
diese Weise verloren gingen. In einem Artikel
in der „Tribüne“ greift dann Day das bestehende
System der leihweisen Reiseausstellungen an,
die seitens des Museums den Provinzstädten
des Reiches auf bestimmte Perioden zugesandt
werden. Sie seien mit einem geordneten Be-
trieb unvereinbar und verminderten den Wert
der Sammlung, da Forscher und Studenten nie
wüßten, ob nicht, was sie gerade suchten, auf
der Wanderschaft begriffen sei. Die Schwierig-
keit besteht darin, daß ein Museum, das auf
öffentliche Gelder angewiesen ist, hierzulande
nicht bloß als ideales Eigentum, sondern mög-
lichst als tatsächlicher Besitz des ganzen Landes
und jedes einzelnen Steuerzahlers angesehen
wird. Residiert ein solcher nun in Manchester,
will er auch davon etwas haben. Dag tritt nun
dafür ein, einen Teil der Riesensammlung, die
selbst für das neue Gebäude zu groß sei, ein
für alle Mal als Reisesammlung zu etablieren
und dafür die Londoner Sammlung stabil zu
belassen; so werde beiden gedient. Das Mu-
seum hat übrigens im vergangenen Jahre eine
ganze Reihe wertvoller Neuerwerbungen in sich
aufgenommen. Erwähnt seien nur 12 Feder-
zeichnungen von William Morris und 107 Zeich-
nungen des großen Bildhauers A. Stevens, der
so großes gewollt und gekonnt und verhältnis-
mäßig so wenig vollendet hat. — Ihm ist jetzt
spät noch eine Art Rechtfertigung und Triumph
zu Teil geworden. Sein großzügiges, für den
Paulsdom bestimmtes und in Stil und Aus-
messungen demselben angepaßtes Grabdenkmal
Wellingtons unter einem der großen Bögen,
die Haupt- und Seitenschiff trennen, es stand
bisher fast nur wie ein verwaister Sochel da.
Die mächtige Reiterstatue fehlte. Stevens war
nie über die Skizze hinausgekommen und mußte
deswegen viel Böses während seines Lebens
hören. Mr. Tweed nun hat in langer Arbeit
das Reiterstandbild vollendet und, um den
80
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Effekt zu erproben, stellte man das Modell auf
einige Zeit auf. Äls Ganzes machte das Denk-
mal nun einen imposanten, trotz des anklingen-
den Barock (des Domes wegen) ruhigen und
vornehmen Eindruck. Jedoch war die Beleuch-
tung so schwach, daß von dem Reiterstandbild
nicht allzuviel zu erkennen war. Äber schon
in seiner Anpassung an seine Umgebung ist
dieses Werk ein Muster und hierorts eine stete
Warnung, wo man die herrliche Westminster-
Äbtei mit zahllosen Geschmacklosigkeiten innen
wahrhaft „verschandelt“ hat. — Die s. Z. auf
Befehl Karls I. von Rubens gemalte Decke der
berühmten Banketthalle in Whitehall, die jetzt
zum Armeemuseum gehört, ist nunmehr endlich
und zwar gründlich restauriert worden. Trotz
vorhergehender zweimaliger Restaurierung hatte
sich das Deckengemälde in einem bedauerns-
werten Zustande der Vernadilässigung befunden.
— Aus der Provinz ist zu melden, daß man
nun endlich — allerdings nur für Schottland —
den ersten Schritt zu einer Registrierung der
nationalen Kunstdenkmale getan hat. Eine
kgl. Kommission ist beauftragt worden „ein In-
ventar der alten und historischen Monumente
und Konstruktionen, die in einem Zusammen-
hang stehen mit der jeweiligen Kultur, der
Zivilisation und den Lebensbedingungen des
schottischen Volkes oder diese illustrieren und
zwar von den frühesten Zeiten bis zum Jahre
1707 (Datum der Union Schottlands und Eng-
lands) vorzunehmen und diejenigen besonders
anzuführen, die der Erhaltung wert erscheinen“.
Der Kommission gehören u. a. an: Kunst-
professor C. Baldwin Brown (Edinburger Uni-
versität) und Thomas Ross, Verfasser einiger
Bücher, die schottische Architektur behandeln.
Als Sekretär fungiert A. O. Curie, Sekretär der
Society of Antiquaries of Scotland. Man hofft,
daß dieser erster Schritt bedeutet, daß die Re-
gierung für die Erhaltung der so besonders an-
geführten „Monumente und Konstruktionen“
(letzterer Ausdruck soll ermöglichen Erdwerke,
Pfahlbautenüberreste usw. miteinzuschließen)
nunmehr auch Vorkehrungen treffen wird. Natür-
lich wünscht man nun auch eine gleiche Inven-
tarisation für England und Wales. Daß man
damit hier so lange gezögert, wird man in
Deutsdiland mit all seinen bereits ausgeführten
Inventarisationen der Kunstwerke kaum be-
greifen. — In Dublin ist soeben eine neue
moderne Gemäldegalerie eröffnet worden, die
freilich zunächst in einem alten Hause in Har-
courtstreet untergebracht ist, bis das städtische
Galeriegebäude selber gebaut sein wird. Diese
Galerie kann London eigentlich als gutes Bei-
spiel dienen, denn sie begnügt sich nicht wie die
Londoner Tate Gallery mit englischer Kunst,
sondern besitzt bereits zwei große Säle voll
ausländisdier Kunstwerke. Im Skulpturensaal
steht Rodins: Bronzezeitalter. Unter den Eng-
ländern befinden sich Meister von Constable bis
zu Wilson Steer, Clausen usw. Natürlich sind
die neuen Iren: I. I. Shannon, Mark Fisher
Lavery, Hone, I. B. Yeats, W. Orpen usw.
gut vertreten. — In Birmingham, der Stadt,
aus der einst Burne Jones kam, fand vor einiger
Zeit eine Ausstellung der „Maler der Birming-
hamer Schule“ statt. In ihrem Katalog nennen
sich diese Künstler — Southall, Gore, Maxwell
Armfield usw. — Nachfolger der italienischen
Präraphaeliten und versichern, daß sie in ihrer
Kunst nicht bloß darauf ausgingen, die Natur
nachzuahmen, sondern auch die verloren ge-
gangene Verbindung von Malerei und Archi-
tektur wieder herzustellen. So stellt ihre Kunst
eine eigentümliche Mischung von realistisdien
und dekorativen Elementen dar, die sich nicht
immer zu einer Einheit verbinden wollen, zu-
mal diesen Künstlern der heilige Feuerbrand
zu fehlen scheint, der in den Seelen jener Früh-
italiener lohte und sie zu immer neuen Erobe-
rungen trieb. — Von Persönlichem ist zu melden,
daß der Malerveteran W. P. Frith, der älteste
lebende Akademiker, der die englischen Prära-
phaeliten kommen und gehen sah, vom König
durch den Victoriaorden ausgezeichnet wurde. —
Soeben hat sich in London eine neue Künstler-
gruppe gebildet, die zu den vielen bestehenden
nun noch eine weitere hinzufügt. Es ist die
„New Association of Artists“. Ihre Gründer
sind W. J. Laidlay, Tom Robertson und T. F.
H. Sheard. Laidlay brachte seinerzeit die erste
Ausstellung des New English Art Club zuwege,
der in der Geschichte der neuesten englischen
Kunst eine bedeutende Rolle spielt. Die New
Association wird im Februar in der Goupil
Gallery ihre erste Ausstellung abhalten. F.
s
PARIS ■■ —
Es gehört in der Pariser Presse zum guten
Ton, über die Untätigkeit und Sorglosigkeit der
Verwaltung des Louvre herzufallen, nachdem
vor einigen Monaten einige Bilder von frev-
lerischer Hand beschädigt worden waren, wo-
gegen sich auch die beste Administration nicht
schützen kann. Aufs neue hat der Lärm be-
gonnen, als man eines Morgens entdeckte, daß
ein Unbekannter im Schutze der Dunkelheit ver-
sucht hatte im Louvre einzusteigen, natürlich um
den großen Diamanten in der Galerie d’Apollon
zu stehlen, wie die Presse einmütig schrieb.
Dieser Einbruchsversuch sieht etwas Operetten-
Rundschau
81
haft aus, trotzdem sollen nunmehr Wadihunde
die Sicherheit des Louvre in der Nacht erhöhen,
wodurch den Witzblättern wieder reichlicher
Stoff geboten wird.
Von wirklichem Interesse ist die Frage, ob
das Louvre einen Teil der Sammlung des am
13. Januar verstorbenen Ämateurs Camille
Groult erhalten wird. Die Hoffnungen scheinen
sich leider nicht zu bestätigen. Groult war einer
der exzentrischesten Pariser Sammler. Er hatte in
der Mehlindustrie ein ungeheures Vermögen er-
worben, das ihm ermöglichte, eine hervorragende
Sammlung von Werken des französischen und
englischen 18. Jahrhunderts zusammenzubringen.
Besonders hervorzuheben: seine Boucher, Fra-
gonard, Hubert Robert, Gainsborough und Turner.
Allerdings sollen sich in der Sammlung eine
nicht unbeträchtliche Anzahl gefälschter Stücke
befinden. Die Anekdoten über Groults Art
Kunstwerke zu sammeln und zu genießen sind
Legion. Es genügt an die in seinem Park von
seinem Gärtner geschaffenen Hubert-Roberts zu
erinnern. Alles in allem ein etwas derb orga-
nisierter Charakter, der, nicht gerade den feinsten
Sensationen zugänglich, in seiner Sammlung wie
im Leben Abgeschmacktes mit dem Köstlichsten
vermengte. — Die Freunde des alten Paris sehen
einen lauschigen Winkel nach dem andern da-
hingehen: jetzt wird das unterste Stück der
rue Saint Jacques und die rue du Petit Pont
verbreitert. Durch diese Demolierungsarbeiten
ist wenigstens ein Ausblick auf das bisher recht
vergraben gewesene Kirchlein Saint -Severin
geschaffen, der erhalten bleiben soll, wenn die
Societe du Vieux-Paris ihren Willen durch-
setzt. —
Unter den modernen Ausstellungen des Mo-
nats Januar sind lediglich zwei van Gogh-Aus-
stellungen hervorzuheben. Die bei Bernheim
zeigte in hundert Nummern Werke aus allen
Epochen, darunter viel Mittelgut, die an Um-
fang bedeutend geringere bei Druet brachte eine
Anzahl der besten Werke van Goghs aus der
Zeit von Arles und Auvers, darunter die schönen
dem Grafen Kessler gehörenden Werke.
In der Provinz scheint sich die Ausstellungs-
tätigkeit jetzt ein wenig zu regen. Der Salon
in Nizza hat eine merkliche Schwenkung nach
links gemacht, nachdem ihm le Havre in diesem
Sinne vorausgegangen ist. Wenn sogar die
französische Provinz erwacht!! —
R. A. Meyer,
s
SEVILLÄ -■■■■ =
Das Museo Provincial hat vor der Ma-
drider Gemäldegalerie des Prado den
Vorzug der Einheitlichkeit. Die Sammlung ist
nur klein, aber sie ist doch das wichtigste Denk-
mal der Geschichte Sevillaner Malerei. Dennoch
wird sie nur selten besucht, d. h. jeder geht
einmal hinein, um die Murillos zu sehen. Aber
selbst dieser Eindruck ist nur bei wenigen ein
starker. Denn wer sieht heute in Murillo ein
kunstgeschichtliches Problem? Und im beson-
deren die Spanier stehen augenblicklich ganz
unter dem Banne der Kunst des Greco; nicht
allein in Castilien, wo die durch die Unachtsam-
keit der Regierung — wenn ich recht unter-
richtet bin — ermöglichte Entführung der beiden
Toledanerbilder nach Paris auch Fernerstehenden
lebhaftes Interesse für Grecos Kunst eingegeben
hat. Auch erschien vor einigen Wochen die
Grecomonographie des Madrider Universitäts-
professors Cossio, der, ein Pädagog im Lehr-
amt, durch öffentliche Vorträge dem „spanischen
Analphabetentum in Kunstdingen“ — wie der
Heraldo von Madrid sich vor kurzem aus-
drückte — nach Kräften entgegenwirkt.
Die Sammlungen des Sevillaner Museums
sind schon seit der Mitte des letzten Jahrhun-
derts in dem alten Convento de la Merced
untergebracht, wo sie die ehemalige Kloster-
kirche und zwei Kreuzgänge mit einigen an-
gelehnten Räumen im Erdgeschoß füllen. Diese
Nebenräume, hauptsächlich der Saal des Valdes
Leal, haben fast Kellerlicht, die Bilder darin
sind also kaum zu betrachten. Die Kreuzgänge
mit wertvolleren Gemälden auszustatten, läßt
auch in Andalusien Wind und Wetter nicht zu,
so bleibt also nur die Kirche.
Die Kirche ist ein einschiffiger, tonnenge-
wölbter Bau des 17. Jahrhunderts mit kurzem
Querschiff. Man hat den Wänden die archi-
tektonische Gliederung durch die üblichen Doppel-
pilaster abgenommen, und erhielt so große,
glatte Flächen für die Bilder. Aber die Wände
sind unglücklicherweise gerade in dieser Kirche
besonders hoch, und Licht fällt nur durch die
in das Gewölbe eingeschnittenen, kleinen Fenster.
Das war nun zwar sehr ungünstig, aber nicht
gut zu ändern. Nur in der Wahl des Wand-
tones war man frei; und da entschloß man sich
zu dem allerschlimmsten, man wählte ein tiefes,
jedes Licht wegsaugendes, pompeianisches Rot.
Es war erreicht, die Wände in der Bilderzone
liegen zu jeder Tageszeit im Halbdunkel.
Etwas günstiger beleuchtet sind nur die
Wände an der Kuppel. Man bedachte sie mit
den Bildern Zurbarans, unter denen sich aber
6
82
Monatshefte für Kunstwissenschaft
hier auch schwache Produkte befinden. Das
Langschiff dagegen wurde für die wichtigsten
und zugleich dunkelsten Gemälde ausersehen:
die Werke Murillos.
Murillos Meisterwerke, arm an stärkeren
koloristischen Kontrasten, nur in der Nüance
fest und kraftvoll, sind hier in der Nüance nur
schwer zu genießen, man sieht zuerst nur große,
tote Flächen wie bei Riberas Massenprodukten.
Und dem den reifen Arbeiten Murillos eigen-
tümlichen, grüngrauen Grund, diesem nur ihm
eigentümlichen, bei seinen vielen Nachahmern
nie sich findenden Ton, gibt das Reflexlicht der
Wand einen dunkelroten Beigeschmack, der
nur bei wenigen Besuchern Beifa.l finden möchte.
Mit Gewalt kann man aber jedes Bild kraftlos
und süßlich machen. Und hier ist es mit Ge-
walt gelungen. Hier gibt es den Murillo im
Urteil des Tages, in typischer Form: diesen
Lieblingsmaler seniler Sonntagsästheten und
diesen „überwundenen“ Murillo der ernsthafteren
Leute, die ihn nicht genauer kennen.
Man sollte den einen der quadratischen
Klosterhöfe — vielleicht den sücllichen, weil
seine Architektur nicht von Bedeutung ist —
unter Glas bringen und so einen großen Mu-
rillosaal schaffen, den Boden der Kirche er-
höhen oder die Fenster herunterziehen, vor
allem aber die Wände mit einem vorteilhafteren
Ton bedenken.
Der Platzmangel im Museum des Prado hat
dort in der Verteilung der Bilder zu Miß-
ständen geführt, die trotz mehrfacher, die
Staatskasse belastender Umordnungen, wovon,
wenn ich nicht irre, auch der letzte Etat berichtet,
weiterbestehen. Man sollte die in Madrid jetzt
ohnehin schon wenig beachteten Werke der
Seviilaner Malerschule einschließlich der Werke
des Murillo an Sevilla abgeben, so wäre dem
Prado eine Last genommmen und das Museum
hier in der wünschenswertesten Weise ergänzt.
H. Wendland.
g
HOLLAND
In der h e u> i g e n Kunstsaison hat das
sonst so ruhige Holland einige erregte Ge-
müter gesehen. Und zwar wegen des von der
Regierung warm befürworteten Ankaufes von
39 Gemälden aus der Sammlung Six in
Amsterdam (dem Erbteil der Linie Six-Vromade),
unter denen als Hauptstück des Delfter Vermeer
bekanntes „Milchmädchen“ glänzte. Man hätte
zwar, um an den Staatssäckel nicht allzugroße
Anforderungen zu stellen, auf die 38 andern
Gemälde verzichtet. Aber die nach dieser Richtung
hin unternommenen Versuche, den Vermeer allein
zu erwerben, scheiterten. Die Eigentümer wollten
nur alles zusammen verkaufen — oder sonst
öffentlich versteigern. Hierzu durfte es der
Staat jedoch nicht kommen lassen. Denn der
großen Gefahr, daß dann ein amerikanischer
Milliardär — der auch bereits auf der Lauer
stand — das seltene Bild auf Nimmerwieder-
sehen ausführte, mußte vorgebeugt werden. An
der Zweiten Kammer lag es, den geforderten Preis
von 751 000 Gulden zu bewilligen, von welcher
Summe der Verein „Rembrandt“ 200000 Gulden
zu tragen versprach. Natürlich gab es Leute,
denen dieser Preis für „ein paar Bilder“ viel zu
hoch war. Sie maditen gehörig scharf und sparten
auch nicht mit durchaus ungerechtfertigten und
nicht zur Sache gehörigen persönlichen Angriffen.
Nach ihrer Ansicht konnte der Staat sein Geld
vorteilhafter anlegen, oder in anderer Weise
mehr Segen damit schaffen; denn dem Ruhme
der holländischen Kunst schade es durchaus nicht,
wenn ihn übeiall in der Welt Gemälde ver-
kündeten. Gewiß, dem Ruhme der holländischen
Kunst. Aber über das Volk selber, das so stolz
auf diesen Ruhm sein kann, und sich doch so
leichten Herzens von einem Kunstwerk wie das
„Milchmädchen“ hätte trennen können, hätte
man sich im Ausland doch seine eigenen Ge-
danken gemacht. — Um so erfreulicher war es,
zu sehen, daß die Volksvertreter in der Zweiten
Kammer am 18. Dezember ohne lange Debatte
mit großer Mehrheit den Ankauf beschlossen.
Heute hängt das „Milchmädchen“ bereits im
Rijksmuseum in einem der kleinen Seiten-
kabinette inmitten der 37 anderen Bilder (der
sogenannte Rubens hat in dem großen vlämi-
schen Saal seinen Platz gefunden), die es alle
hell überstrahlt. Die Amsterdamer wandern in
Scharen ins Museum, um nun endlich auch den
kostbaren Schatz in Augenschein zu nehmen,
um den sie sich bisher eigentlich wenig geküm-
mert hatten. Aber sie sind von dem kleinen
Bild, das auf etwa 500000 Gulden geschätzt
wurde, nicht enttäuscht.
Eine bedauernswerte Begleiterscheinung jenes
unerfreulichen Kampfes um die „Six-collectie“
war die Ankündigung des Herrn Prof. Jhr. Dr.
Jan Six, daß die in seiner Wohnung bleibenden
anderen Kunstschätze in Zukunft fremden Be-
suchern nicht mehr zugänglich sein sollen.
Diese Bereicherung der holländischen Samm-
lungen — zu der noch andere Neuerwerbungen
kommen, über die ich im Zusammenhang im
nächsten Heft berichten will — war wohl das
wichtigste Ereignis der letzten Monate.
Für die Entwickelung der Kunstwissen-
schaft in Holland bedeutet die Neuerrichtung
Rundschau
83
zweier besonderer Lehrstühle an den Universi-
täten Utrecht und Leiden einen wesentlichen
Fortsdiritt. Dort wirkt seit dem Beginn des
Wintersemesters als ordentlicher Professor —
für Ästhetik und Kunstgeschichte zugleich —
Herr Dr. Wilhelm Vogelsang, der bislang in
Amsterdam als Privatdozent kunstgeschichtliche
Vorlesungen hielt. In Leiden wurde Herr Dr.
W. Martin, zweiter Direktor der Königl. Gemälde-
galerie im Haag und seit einer Reihe von Jahren
Privatdozent an der Leidener Universität, zum
auBerordentlidien Professor für Kunstgeschichte
ernannt. Damit sind auch in Holland dem Stu-
dium der Kunstgesdiidite die Türen geöffnet.
Nur einen Haken hat die Sadie. Man kann
nicht eigentlich in Kunstgeschichte promovieren.
Die Dissertationen müssen in erster Linie histo-
risch sein; rein stilkritische Untersuchungen
können bis jetzt noch nicht als Promotions-
sdhriften zugelassen werden. Und an der münd-
lichen Prüfung beteiligen sich die Dozenten für
Kunstgeschichte nicht. Indessen hindert das ja
nidit, daß jener wichtige Zweig unserer Wissen-
schaft doch gepflegt wird. Vielleicht tut die
gründlichere historische Schulung sogar recht gut.
Ausstellungen alter Kunst in größerem
Stile hat das vergangene Jahr nicht aufzuweisen.
Nur eine verhältnismäßig kleine, intim gehaltene
Sammlung von holländischen Gemälden des
XVII. Jahrhunderts aus Rotterdamer Privat-
besitz hatte die dortige Künstlergenossenschaft
zusammengestellt und damit gezeigt, daß noch
manche Schätze im Lande verborgen sind. Die
Großmeister Rembrandt, Hals, Steen u. a. waren
zwar nicht vertreten, sondern nur Künstler
zweiten und dritten Ranges (an jenen gemessen).
Das Gesamtniveau der Ausstellung aber, deren
Hauptbestandteil dem Sujet nach Stilleben aus-
machten, hielt sich auf sehr beachtenswerter Höhe.
Man konnte so recht erkennen, welch echter
künstlerischer Zug jene Zeit durchwehte. Des
näheren kann auf diese Ausstellung jetzt an
dieser Stelle nicht mehr eingegangen werden.
Ich will aber wenigstens ein, zwei Stücke her-
vorheben, die besonders den Kunsthistoriker
interessieren. Das ist in erster Linie eine große
bezeichnete und 1652 datierte „Vanitas“ von
Frans Hals dem Jüngeren (im Besitz des Direk-
tors des Museums Bogmans, Herrn P. Haverkorn
van Rijsewijk). Von Hendrik ten Oever über-
raschte eine große Leinwand mit Hühnern, die
voll bezeichnet war und die Jahreszahl 1703
trug. Und dann sei hier noch des Kirmeßbildes
von Gerrit Lundens gedacht, weil seine Kompo-
sition der Figuren und Farben — auf solch eine
profane Szene übertragen — unliebsam an Rem-
brandts Nachtwache denken ließ. Lundens wirt-
schaftete hier, wie ich aus dem kurze Zeit nach
der Ausstellung erschienenen Werk von Gustav
Glück über die Sammlung Alexander Tritzsch
in Wien sah, aber nicht das einzige Mal mit
der einst so genau studierten Komposition. Dr.
Glück konstatiert auf dem dort befindlichen Ge-
mälde, einem bezeichneten und auch datierten
(1649) Hochzeitsfest, dieselbe enge „Anlehnung“
Lundens* an Rembrandts Nachtwachekomposition
und sieht darin einen neuen Beleg für die Ge-
nauigkeit der Kopie von Lundens in der National
Gallerg, d. h. für die Verstümmelung der Nacht-
wache: Ein Maler, dem nach etwa sieben Jahren
jene Komposition noch so sehr in den Gliedern
steckt, wird sich beim Kopieren sicherlich keine
eigenen Zusätze erlaubt haben. Mir scheint
jedoch, daß diese psgchologische Frage auch noch
anders beantwortet werden kann. Vielleicht
darf man ebensogut sagen: wer so wenig Takt
besitzt, für seine im Grunde doch minderwertigen
Kirmeß- und Hochzeitsbilder einfach jene Rem-
brandtsche Komposition, milde ausgedrückt, zu
übernehmen — denn Lundens wird schwerlich
immer dazu gesagt haben, daß das Kompositions-
schema nicht seines Geistes Kind — dem ist
auch zuzutrauen, daß er nach seinen Schönheits-
begriffen auf einerKopie „kleine Verbesserungen“
anbringt. Vielleicht kann dieser Punkt in jener
vielerörterten Frage einiges zur Klärung bei-
tragen, wenn dazu noch genau untersucht wird,
wie sich Lundens bei seiner Kopie nach einem
Schützenbild von Jacob Bäcker (in der Samm-
lung Achenbach in Düsseldorf) verhielt. Und
wie es ferner mit der Kopie nach Flinck steht,
die Dr. Bredius im Museum zu Valencia ge-
funden zu haben glaubt. (Vgl. „Amsterdam in
de XVII. Eeuw“, Band III, De Schilderkunst,
Seite 191). Ich meine: malte Lundens hier
sklavisch Stück für Stück nach, so wird er ebenso
bei der Nachtwache verfahren sein. Ist das aber
nicht der Fall, so gewännen die ein Plus, die
bisher gegen eine Beschneidung der Nachtwache
gesprochen haben. — Rein künstlerisch boten
auf dieser Ausstellung drei van Goyens aus dem
Beginn der dreißiger Jahre den höchsten Genuß.
Im Übrigen orientiert über die Ausstellung, die
wohl nur von wenigen Ausländern besucht
worden sein dürfte, ein brauchbarer illustrierter
Katalog.
Von der Entdeckung des „Mädchens mit der
Flöte“ von Vermeer durch Dr. Bredius in Brüssel
braucht jetzt wohl nicht mehr gesprochen zu
werden. Leider ist das Bildchen, das bei längerem
und öfterem Ansehen immer mehr gewann, nun
wieder aus dem Mauritshuis zu seinem Besitzer,
Jhr. de Grez in Brüssel, zurückgekehrt. Dagegen
interessieren wohl die Mitteilungen, die Herr
m
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Prof. Jhr. Dr. Jan Six in einer Äkademiesitzung
über die Entdeckung zweier neuer Vorstudien
zu Rembrandts Radierung des Bürger-
meisters Six machte. Die eine befindet sich auf
der Rückseite einer Kreidezeichnung mit Bettlern
im Museum Fodor in Amsterdam (H.d.G.Nr. 1223),
dessen Direktor, Herr ’t Hooft, zuerst den Zu-
sammenhang dieser ganz flüchtigen Skizze mit
der Radierung erkannte. Die andere ist die
Pause — in schwarzer Kreide — für die Original-
platte, beide im Besitze von Prof. Six. Aller-
dings ist das eine Vorzeichnung ohne jegliche
Details, die auch sonst bei der Ausarbeitung
direkt nach der Natur nodh Veränderungen er-
fuhr. Der hübschen Ölstudie der Sammlung
Leon Bonnat sprach bei der Gelegenheit Prof.
Six befremdender Weise die Originalität ab.
s
Was die moderne Kunst betrifft, so hat das
Städtische Museum in Amsterdam einen herben
Verlust zu beklagen. Die dort bisher leihweise
ausgestellt gewesene Sammlung moderner Ge-
mälde der holländischen und französischen Schule,
van Eeghen, ist zurückgezogen worden, um ver-
kauft zu werden. Da der Stadt die Mittel zum
Ankauf nicht zur Verfügung stehen, hat sich ein
Konsortium gebildet, um wenigstens einige Stücke
der Städtischen Sammlung zu erhalten. Andere
sind allerdings bereits in andere Hände über-
gegangen, so ein großer Willem Maris, den das
Museum Boymans in Rotterdam — auch durch
private Beiträge von Kunstfreunden — für
17000 Gulden erworben hat.
Von den zahlreichen größeren und kleineren
Ausstellungen moderner Künstler erwähne ich
nur die interessantesten. Die erste, die schon
im Frühjahr stattfand, gab einen Überblick über
das vielseitige Schaffen Jan Toorops. Die andere
war zu Ehren des 1897 verstorbenen Land-
schafters Willem Roelofs im Oktober im Haag
arrangiert worden und bot eine umfassende
Übersicht über den Entwicklungsgang dieses
für die moderne holländische Landschaftsmalerei,
speziell für die „Haager Schule“, wichtigen
Meisters. Ein Teil dieser Sammlung ist gegen-
wärtig noch auf der Wanderung durch Holland.
Und endlich wurde ganz kürzlich in Rotterdam
eine Sonderkollektion von Werken Vincent van
Goghs gezeigt. Kurt Freise.
8
DEUTSCHER VEREIN
FÜR KUNSTWISSENSCHAFT.
Die Versammlung für die endgültige Kon-
stituierung des Vereins ist in der ersten Hälfte
des März d. J. in Aussicht genommen. Über
die weitschauenden Unternehmungen, deren
Pläne mit dieser Gründung verbunden sind,
unterrichtet der erste Paargraph des Satzungen-
entwurfes am präzisesten.
§ 1.
Der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft
bezweckt die Förderung kunstgeschichtlichen
Wissens und die Hebung künstlerischen Lebens
in Deutschland.
Insbesondere setzt er sich zur Aufgabe:
1. Ein illustriertes kunstwissenschaftliches
Jahrbuch mit literarischem Jahresbericht heraus-
zugeben.
2. Die Herausgabe von Kunsthandbüchern
und photographischem Anschauungsmaterial so-
wie von sonstigen kunstwissenschaftlichen Ar-
beiten zu fördern.
3. Die vollständige Verzeichnung und Publi-
kation aller deutschen Kunstdenkmäler (Monu-
menta artis Germaniae) auf Grund der vorhan-
denen Vorarbeiten herbeizuführen.
4. Kunstwissenschaftliche Anstalten und Ver-
bindungen an geeigneten Plätzen des In- und
Auslandes herzustellen und zu unterhalten.
5. Dafür einzutreten, daß für Vertreter der
neueren Kunst Reisestipendien eingerichtet
werden.
6. Das allgemeine Interesse und Verständnis
für Kunst zu beleben, indem dahin gewirkt
wird, daß
a) an den Universitäten und andern Hoch-
schulen für ausgiebige Berücksichtigung
der Kunstwissenschaft gesorgt wird,
b) auch in den Schulen, namentlich in den
höheren Lehranstalten (Mittelschulen), der
kunstwissenschaftliche Unterricht in ge-
eigneter Weise im Anschluß an Geschichts-
und Zeichenunterridit und durch Veran-
staltung kunstwissenschaftlicher Vorträge
gepflegt wird,
c) die kunstgeschichtlichen Apparate an
Hochschulen und höheren Lehranstalten
(Mittelschulen) zureichende Ausstattung
erfahren,
d) angehenden Oberlehrern und Oberlehre-
rinnen die Möglichkeit geschaffen wird,
sich in der Fachprüf ung eine Lehrbefähigung
der Kunstwissenschaft zu erwerben,
e) die Kunstwissenschaft auch in dem der
allgemeinen Bildung gewidmeten Teile
der Prüfung der Oberlehrer und Ober-
lehrerinnen angemessen berücksichtigt
wird.
Rundschau
85
f) kunstwissensdiaftlidie Fortbildungskurse
für Oberlehrer und Oberlehrerinnen ein-
gerichtet werden,
g) auch bei allen Fortbildungseinrichtungen
auf die Förderung kunstwissenschaftlichen
Verständnisses durch geeignete Kurse be-
sonderer Wert gelegt und
h) durch kunstwissenschaftliche Vorträge und
Demonstrationen verschiedenster Ärt auf
immer weitere Kreise des Volkes ein-
gewirkt wird.
Das Bedürfnis einer alle kunsthistorischen
Bestrebungen in Deutschland und Österreich
zusammenfassenden Zentrale ist offensichtlich;
die Beschränkung auf deutsche Kunst eine
große Tat, deren Notwendigkeit in der von der
Wissenschaft so stark vernachlässigten Bedeutung
unserer einheimischen Kunst liegt; und das
Mittel, eine Sammelstelle für deutsche Kunst-
forschung in einer privaten Gesellschaft zu
schaffen, der beste, weil ein selbständiger Weg.
Die Nation selber, nicht der vielgeplagte Staat,
soll die Sache ihrer Kunst in die Hand nehmen!
Es ist zuversichtlich zu hoffen, daß dem Äufrufe,
an dessen Spitze Bode, Friedr. Schmidt und
Älthoff stehen, die nachdrücklichste Tat folge.
g
KLEINE NÄCHRICHTEN
Augsburg. Das sog. Badezimmer im Fuggerhaus
ist neu hergeriditet und dient nun zur Aufbewahrung der
bedeutenden Fuggersdien Kunstsammlung, die der Öffent-
lichkeit übergeben wird.
Berlin. G. Mackowski hat 7 Reliefs von Gottfried
Schadow wiedergefunden, die Gräfin Lindenau hatte sie
zur Erinnerung an ein früh verstorbenes Söhnchen von
dem Künstler in Gipsstuck modellieren lassen.
Darmstadt. Die stattliche Sammlung Handzeichnungen
und Skizzen von Bödclin im Besitze des Freih. Ehe-
paares V. Heyl ist von diesem dem Hessischen Landes-
museum als Geschenk überwiesen worden. Die 75 Blätter
reichen von der Schweizer Jugendzeit Böcklins bis in die
80er Jahre.
Dresden. Die Gemäldegalerie hat ihr erstes Bild
von Rayski, dem dur± die Jahrhundertausstellung 1906
bekannt gewordenen Autodidakten, erworben; es stellt
die Schwester des Künstlers Pompilia dar.
Düsseldorf. Josef Olbrich ist gelegentlich der Aus-
führung seines Warenhauses von Darmstadt hierher über-
gesiedelt. Eine Ausstellung seines bisherigen Werkes
ist gegenwärtig in drei Sälen des Kunstgewerbemuseums
zu sehen.
Hamburg. Es besteht noch die Gefahr, daß die
bekannte Galerie Weber — deren Katalog von Woermann
stammt — von der Witwe des Besitzers an ein Händler-
konsortium verkauft wird. Hoffentlich finden sich aber
Mittel, die Sammlung für Hamburg zu erhalten und mit
ihpn alten Meistern den Bestand der Kunsthalle aufs
günstigste zu ergänzen.
Frankfurt a. M, Die Errichtung eines Städtischen
Museums neben und in Zusammenhang mit dem Städel-
schen Institut ist im Prinzip beschlossene Sache. Die
Mittel der reichen Pfungstschen Stiftung waren für eine
moderne Galerie allerdings schon einige Zeit flüssig und
auch die gemeinsame Leitung beider Sammlungen bei
getrennten Administrationen war mit der Berufung
Swarzenskis vor zwei Jahren schon entschieden. Was
aber jetzt, nach Überwindung mannigfacher Schwierigkeiten,
als gesichert angesehen werden darf, und zwar sowohl
von seiten der städ ischen Behörden als der Städelschen
Verwaltung, ist die räumliche Verbindung der beiden
Museen (auf dem Gartengrundstück an der DürerstraBe)
und die Durchführung von Swarzenskis Programm. Dieses
behält für das Städelsche Institut prinzipiell die alte
Malerei vor; das Städtische Museum aber soll nicht nur
die im Plane Pfungsts liegende Moderne Galerie,
sondern auch eine Sammlung rein Frankfurter Kunst
und eine Skulpturensammlung enthalten. Es besteht
begründete Hoffnung, daß die reiche Stadt die zu diesen
großartigen Plänen notwendigen Gelder bewilligt, und
somit Frankfurt mit einem Schlage den bedeutendsten
neueren Museumsstädten, wie Hamburg, an die Seite ge-
rückt wird.
Dem Städelschen Museum ist das angebliche
Bildnis des Kaisers Matthias Corvinus von Rubens aus
der Slg. Rud. Kann als Geschenk überwiesen worden,
eines von Rubens besten und besterhaltenen Gemälden.
Köln. Rasch hintereinander sind beide Museen ihrer
Leiter beraubt worden, und die Verlegenheit der Stadt,
diese Stellen würdig wieder zu besetzen, ist eine doppelte,
da beide Sammlungen recht eigentlich Schöpfungen ihrer
hervorragenden Direktoren zu nennen sind. Der im vorigen
Herbst verstorbene Aldenhoven hat aus einer Raritäten-
kammer das stolze Wallraf- Richartz- Museum gemacht,
und das Kunstgewerbemuseum verdankt seine heutige
Gestalt und Organisation durchaus Otto von Falke.
Dieser, der seine Assistentenjahre bei Lessing in Berlin
zubrachte, übernahm 1895 das Kölner Museum, das am
1. Mai 1900 in den jetzigen Neubau übersiedelte. In dem
neuen Museum wurde das System des mittleren guadra-
tischen Lichthofes mit Rücksicht auf die Sonderausstellungen
des modernen Kunstgewerbes beibehalten. Die Samm-
lung selbst ist nach dem Prinzip historischer Stilentwich-
lung aufgestellt; bei ihrem Ausbau stand das rheinische
Kunstgewerbe durchaus im Vord rgrunde: rheinische Möbel
vom 14. bis 18. Jahrhundert, rheinische Glasmalerei und
Keramik. So hat v. Falke dem Museum einen aus-
gesprochen rheinischen Charakter verliehen.
Lugano. An der Kathedrale S. Laurenzo und an
S. Maria degii Angeli (in der Luinis Passionsfresko ist)
finden große Restaurationsarbeiten statt.
München. Die Sammlung Arndt, die ein unbekannter
Mäcen auf Veranlassung Furtwänglers angekauft und dem
bayrischen Staate geschenkt hat, ist provisorisch im assy-
rischen Saale der Glyptothek geordnet aufgestellt worden.
Die Sammlung umfaßt hauptsächlich Werke griechischer
und auch italienischer Kleinkunst, Terrakotten, Vasen,
Bronzen, Goldschmuck und Glasfragmente. So ist sie
eine sehr wertvolle Bereicherung des Antiguariums,
deren beträchtliche Lücken auf diese Weise ausgefüllt
werden.
Florenz. Die Besorgnis um das Schicksal des Pal.
Strozzi— der bekanntlich möglicherweise einem Ausländer
zufällt — ist noch keiner Entscheidung gewichen. Falls
der Staat ihn übernehmen sollte, weiß man nicht recht,
was mit seinen großen Räumlichkeiten anzufangen; zu
einem Museo civico, das noch der würdigste Inhalt sein
würde, fehlt es an Material, und die großen Kosten
machen hinter jedes derartige Projekt von vornherein ein
Fragezeichen. — Dagegen soll das Kloster Sant’ Apollonia
(mit Castagnos Abendmahlfresko) vom Militärfiskus
erworben und zu einer modernen Galerie verwendet
worden.
Paris. Die Verwaltung der National -Bibliothek be-
reitet für Mai 1908 eine große Ausstellung von Zeichnungen
und Radierungen Rembrandts aus öffentlichem und
privatem Besitze vor.
Speyer. Das historische Museum der Pfalz soll hier
nach Plänen Gabr. v. Seidls erstehen; und zwar gänzlich
in den Formen der späteren deutschen Renaissance , teil-
weise in direkter Nachahmung von Teilen des Heidel-
berger Schlosses. Es fragt sich, ob diese Art der forma-
len Lösung von Museumsfragen heute noch angebracht ist.
StraBburg. Die Wiederherstellung des Bischöflichen
Palais soll, unter der Leitung des Dombaumeisters Knauth
86
Monatshefte für Kunstwissenschaft
und des Pariser Innenarchitekten Hoentschel nunmehr in
Angriff genommen werden. Ein Anbau nach der 111
hinaus soll die Kunstgewerbesammlung von Str. auf-
nehmen, so daß, mit Einrechnung des Frauenhauses, alle
öffentlichen Kunstschätze hier vereinigt werden. Diese
Restaurierung befindet sich durchweg in guten Händen.
Rom. Die von Raffael 1509 begonnene Kirche S.Eligio
degli Orefici, am Tiber bei der Villa Giulio, droht ernst-
lich zu verfallen, da man nichts für ihre Erhaltung tut.
Rom. Die altchristliche Basilika S. Silvestro über
dem Grab der Priscilla an der Via Salaria ist von Marucchi
wiederhergestellt und die gesamte (unterirdische) Anlage
der Öffentlichkeit freigegeben.
Venedig. Nachdem die finanziellen Schwierigkeiten
beseitigt sind, wird nächstes Frühjahr mit der Wiederher-
stellung der Baudenkmäler auf dem Inselchen Torcello in
der oberen Lagune begonnen werden. Es sind dies die
im Jahre 1008 erbaute Kirche Santa Maria und dip aus
dem neunten Jahrhundert stammende Kirche Santa Fosca
in griechisch-römischem Stil.
Weimar. Als Assistentin am Goethe-Nationalmuseum
wie an den andern Großherzogi. Museen wurde zur
Unterstützung des Direktors Dr. Kötschau, Fräulein Dr.
M. Schütte, früher Hilfsarbeiterin am Kgl. Kupferstich-
kabinett in Berlin, angestellt.
Wien. Es ist nun endgültig entschieden, daß Otto
Wagner den Bau des Städtischen Museums auf dem Karls-
platz übernimmt: es scheint also, daß Wien um eine groß-
artige Architektur reicher werden soll, die sich an die alte
Karlskirche Fischer v. Erlachs dekorativ anschließt.
[s
VERMISCHTES
Kunsthistoriker oder Laie. Da an die Spitze der
Stuttgarter Gemäldegalerie der Ästhetiker Prof. Diez end-
gültig berufen ist, erscheint der Streit um diese Frage
beendigt: der neue Leiter muß nun beweisen, ob er ein
würdiger Nachfolger v. Langes ist. Prinzipiell ist zu
sagen: daß zwar der Beruf der Kunstforschung an sich
noch lange nicht die Gewähr bietet, daß der ihr An-
gehörende wirklich etwas „von Kunst versteht“ oder sich
zum Leiter eines Museums eignet: daß aber doch eben
für solche Dinge, wie über Kunst dozieren und Samm-
lungen verwalten, ein Stand von Leuten existiert, die sie
als Lebensaufgabe betrachten und im allgemeinen auch
wirklich mehr davon verstehen als Künstler und Ober-
lehrer. Das Mittel der guten alten Zeit, Museen durch
protegierte Maler oder Architekten verwalten zu lassen,
hat sich doch wohl nicht ganz als das Richtige erwiesen,
und ein moderner Großstaat würde sich aufs empfindlichste
der Gefahr der Lächerlichkeit aussetzen, wenn er zu jener
ehrwürdigen Institution zurückgreifen vyollte, statt unter
der großen Schar der gutgeschulten Museumsbeamten
und Kunsthistoriker den Tauglichsten zu wählen. Ein
völlig verfehltes und durch nichts zu rechtfertigendes Ex-
periment aber hat man in Graz unternommen. Als
Nachfolger Strzygowskis an der dortigen Technischen
Hochschule ist nicht ein Kunsthistoriker, sondern ein
Novellist und Bibliothekar, Dr. Emil Ertl, berufen worden.
Es tritt hier der Fall ein, daß Professorenkollegium und
Unterrichtsminister einen Novellisten für tauglicher halten
als einen Fachmann, über Geschichte der Architektur zu
lesen. Die weit verbreitete Meinung ist also immer noch
die, daß Kunstverständnis und Kunstwissenschaft lediglich
Attribute des überlegen lächelnden „gesunden Menschen-
verstandes“ seien.
Das Appartemento Borgia im Vatikan ist seit
einigen Monaten dem Publikum zurückgegeben worden.
Es ist jetzt wieder wie früher zweimal in der Woche ge-
öffnet. Besonders erfreulich ist es, daß auch die beiden
Räume der Torre Borgia nicht mehr geschlossen sind.
Hier steht die merkwürdige Büste Pius 11. wieder an
ihrem alten Platz, die seit Jahren unsichtbar war. Möchte
nun auch allmählich die Hoffnung sich verwirklichen , daß
sich die leeren Räume füllen! Die Säle des Appartamento
Borgia scheinen wie geschaffen für die Einrichtung eines
pästlichen Museums, für welches im Vatikan noch un-
schätzbares Material vorhanden ist. E. St.
Zum fünfzigjährigen Jubiläum Roms als Haupt-
stadt Italiens. Emesto Nathan, Roms neuer Sindaco,
hat einen vom 15. Januar datierten Aufruf erlassen, in
welchem er zur allgemeinen Teilnahme und Unterstützung
an den beiden im Jahre 1911 in Turin und Rom geplanten
Jubiläumsausstellungen auffordert. Die Rollen beider
Hauptstädte, de]rer, die es war, und derer, die es wurde,
sind so verteilt worden, daß in Turin eine internationale
Ausstellung für Industrie und Gewerbe veranstaltet werden
soll, während Rom seine verborgenen Schätze a ter Kunst
zeigen wird. Daneben wird in Rom auch eine historische
Ausstellung und eine große Ausstellung moderner Kunst
geplant. E. St.
Ein neuer Dürer? In München ist im Besitze des
Grafen Arco- Zinneberg angeblich ein früher Dürer (von
1489) entdeckt worden, eine Anbetung des Kindes.
Ein neuer Grünewald ist in dem Dörfchen Stuppach,
südwestlich von Mergentheim in Württemberg von K. v.
Lange entdeckt worden. Es ist eine Madonna in blühen-
der Landschaft.
UTERATUK
Karl Domanig. Die deutsche Medaille
in kunst- und kulturhistorischer Hin-
sicht, nach dem Bestände der Medaillen-
sammlung des allerhöchsten Kaiser-
hauses. Mit 100 Tafeln in Lichtdruck. Wien
(Verlag von Änton Schroll & Co.), 1907. Fol.
60 M.
Wer mit der Erwartung an dieses Buch heran-
treten wollte, hierin eine allgemeine Veröffent-
lichung über die deutsche Medaille in ihrer künst-
lerischen Bedeutung, und zwar mit Benutzung
aller größeren öffentlichen oder privaten Samm-
lungen jener herrlichen Werke der Kleinkunst
zu finden, der würde sich selbst täuschen, und vor
allem dem Verfasser Unrecht tun. Denn auf
der einen Seite soll das Werk ebenso, wie die
„Porträtmedaillen des Erzhauses Österreich“ des-
selben Verfassers von 1896, nur ein Teil der
trefflichen Veröffentlichungen aus den kunst-
historischen Sammlungen des österreichischen
Kaiserhauses sein, sich also naturgemäß auf den
Umfang der Wiener Medaillensammlung be-
schränken, andererseits aber zum ersten Male
umfassend versuchen, die außerordentliche Be-
deutung der Medaille auch in kulturgeschicht-
licher Hinsicht durch Text und Äbbildung klar
zu legen. So zerfällt das Buch in zwei, unter
sich gleich starke Abteilungen und gibt auf
Tafel 1 bis 50 454 Medaillen, die die künst-
lerische Entwicklung derselben von den ersten
medaillenartigen Geprägen der Haller Münzstätte
aus dem Ende des XV. Jhrh. bis zur Zeit der
Romantik um die Mitte des XIX. darstellen, auf
Tafel 51 bis 100 dagegen weitere 417 Medaillen,
die nur zu einem kleinen Teil die Hand eines
Künstlers verraten, in der überwiegenden Mehr-
zahl dagegen zeigen sollen, zu wie mannigfachem
Zwecke die Medaille in der Vergangenheit ver-
wendet worden ist. Um dies zu erweisen, reicht
aber die vorzügliche Wiener Sammlung voll-
kommen aus. Die Lichtdrucktafeln, in diesem
Fall mit Recht die Hauptsache, sind fast sämt-
lich scharf und klar ausgefallen, nur die Tafeln 12,
20, 27, 42, 63, 83, 89, 97 bleiben hinter den
übrigen zurück, und ich muß auch gestehen,
daß in diesem besonderen Falle eine künst-
lerisch-vornehme Wiedergabe, wie sie hier der
rauhe Karton bietet, hinter einer möglichst deut-
lichen auf glattem Papier hätte zurücktreten
sollen. Man vergleiche nur die Tafeln des vor-
liegenden Buches mit denen zu Domanigs Vor-
trag über die deutsche Medaille in der Wiener
Numism. Ztschr. XXIV (1892), die in Schrift und
Bild die Originale an Klarheit vollkommen er-
reichen. Zu bedauern ist auch, daß die Ab-
bildung der Stücke in natürlicher Größe sich
nicht immer hat erreichen lassen.
Im kunstgeschichtlichen Teil wird zu einer
jeden Gruppe von zusammengehörigen Meistern
eine besonclere, im kulturgeschichtlichen Teil eine
allgemeine Einleitung, dann aber für jede einzelne
Medaille der 100 Tafeln eine genaue Beschreibung
der Darstellung, die In- und Umschriften, die
geschichtlichen Beziehungen, die Bezeichnung von
G öße und Material, schließlich auch die Lite-
ratur, d. h. schlechterdings alles gegeben, was
das Interesse des Benützers des Buches nur
irgendwie erwecken kann. Aber größer noch
als die Belehrung ist namentlich beim ersten
Teil der ästhetische Genuß; man wird nicht
müde, immer wieder von neuem Tafel für Tafel
zu besehen, mit diesen so durch und durch aus
deutschem Geiste gebornen, charakteristischen
Kunstwerken, die trotz der oft feinsten Aus-
führung doch niemals kleinlich, sondern stets
monumental wirken. Mit Recht sind eigens
auch die für deutsche Besteller gelieferten und
außerdem auch auf deutschem Boden entstandenen
Medaillen italienischer und niederländischer
Künstler mit aufgenommen worden. Und wie
greifbar deutlich treten dem Beschauer die ein-
zelnen Perioden unserer Geschichte in diesen
lebensvollen Gesichtern entgegen. Von welcher
Bedeutung es ist, daß die Neuzeit die Medaille
jetzt wieder zu neuem Dasein erweckt hat, ohne
doch von der Vergangenheit mehr als die An-
regung empfangen zu haben, wird einem beim
Durchsehen dieser Tafeln ganz besonders klar.
Und doch weiß ich nicht, ob bei Domanigs vor-
trefflicher Arbeit nicht das Hauptverdienst auf
dem kulturgeschichtlichen Teil beruht. Man braucht
nur einmal die Übersicht der Kapitel auf S. VIII
durchzufliegen, um zu sehen, daß weder auf
öffentlichem noch auf privatem, weder auf pro-
fanem noch religiösem Gebiete irgend ein Er-
eignis denkbar ist, das nicht durch eine Medaille
hätte dargestellt werden können. Es ist wirk-
lich eine deutsche Kulturgeschichte in Münz-
bildern, die hier geboten wird, und es ist eine
wahre Freude, sich von dem unermüdlichen
Verfasser auf diesem vielverschlungenen Ge-
biete führen zu lassen, das man nur mit dem
aufrichtigsten Danke für den Genuß verläßt.
88
Monatshefte für Kunstwissenschaft
!
I
Zum Schluß bringt der Text zuverlässige Ver-
zeichnisse der Medaillen nach Personen, Orten,
Inhalt, dann aber auch ein Verzeidinis der Me-
dailleure mit biographischen Angaben, soweit
solche nicht bereits der Text selbst enthielt,
und endlich ein Verzeichnis der öfter benutzten,
umfangreichen Literatur, alles eine sehr will-
kommene Zugabe für den Benutzer des Budies.
Einige besondere Bemerkungen möchte ich
hier anschließen. Daß die Medaillen 79—101 und
716 wirklich Peter Flötner, wie Domanig schon
1893 ausgeführt hat, angehören, wird jetzt von
neuem bestritten und erscheint auch mir vor-
läufig wenigstens nicht bewiesen; Nr. 100 z. B.
gehört mit einem Buchsmodell des Braun-
schweiger Museums zusammen, das mit Flötner
nichts zu schaffen hat; auch sonst sind in diesen
Gruppen sicher mehrere Hände zu unterscheiden.
Auffallenderweise ist Domanig sodann geneigt,
die mit einem Monogramm aus P und V ver-
sehenen Medaillen 297—299, 664 und 703, die
nicht bloß durch ihre Bezeichnung, sondern auch
durch ihren sehr charakteristischen Stil sich als
Werke eines Meisters erweisen, an zwei
Künstler zu geben und in dem einen den Hof-
goldschmied Paul von Vianen zu erkennen. Es
scheint, als wenn dem Verfasser meine Aus-
führungen in Numism. Literaturblatt 1896 S. 838 f.
entgangen sind, in denen ich jene bis 1614 da-
tierten Medaillen dem genannten Künstler ab-
gesprochen habe, weil er bereits 1613, nicht erst
1614 gestorben ist; ihm gehört vielmehr nur
Nr. 456 an, die eine ganz andere Hand zeigt.
Zu Nr. 42 ferner ist der Aufsatz von W. Buchenau,
Blätter für Münzfreunde 1901, 164 ff. nachzu-
tragen. Die Modelle zu Nr. 96 und 154 be-
finden sich im Herzogi. Museum zu Gotha, die
Rückseite der in Wien einseitigen Medaille
Nr. 355 in dem zu Braunschweig. Nr. 304 scheint
mir niederländisch zu sein. Selbstverständlich
sollen diese wenigen Bemerkungen dem Ver-
dienst des Verfassers und der Güte seines Buches
keinerlei Eintrag tun. — Der Preis des Werkes
ist in Anbetracht der Ausstattung sehr niedrig.
P. J. Meier,
s
Bicfaard Hoffmann. Die Kunstalter-
tümer im erzbischöflichen Knabensemi-
nar zu Freising.
Seit die „Beiträge zur Geschichte, Topographie
und Statistik des Erzbistums München und Frei-
sing“ in „Neuer Folge“ erscheinen, bringen sie
nicht wenige Artikel über kunsthistorischeFragen,
die nicht nur zur Verbreitung des Kunstinteresses
in der Geistlichkeit beitragen, sondern auch
selbständige, abgeschlossene Forschungsresultate
darbieten. Im eben erschienenen IX. Bande sind
die Kunstdenkmäler des Klerikalseminars in Frei-
sing beschrieben. Die dort befindliche kleine
Kunstsammlung genießt in Kennerkreisen eine
nicht unbedeutende Wertschätzung; denn sie
gibt einen guten Überblick über die Entwicklung
der oberbagerischen Plastik vom 12. bis zum
16. Jahrhundert und enthält eine Sammlung von
Tafelbildern aus Tirol , welche deren Mittel-
stellung zwischen italienischer und bayrischer
Malerei trefflich charakterisieren.
Die Werke der figürlichen Plastik hat
größtenteils noch Sighart zusammengebracht,
dessen „Geschichte der bildenden Künste im König-
reich Bagern“ heute noch trotz aller inzwischen
erschienenen Detailarbeiten ihre grundlegende
Bedeutung für das Mittelalter behält. Sie be-
ginnen in dem vorliegenden Inventar von Rieh.
Hoffmann mit vier Figuren aus dem 12. Jahr-
hundert; ihnen reihen sich die Arbeiten aus
Holz, Stein und Ton bis zum Ende des 15. Jahr-
hunderts an^ welche meist charakteristische Typen
der Münchener, Mühldorf er und Salzburger
Schule bieten. Es sind aber auch Arbeiten über
dem Mittelmaß darunter, wie Nr. 129 Madonna
mit Kind, welche neben Werke von Riemen-
schneider gestellt werden darf. Unter den Ar-
beiten der Frührenaissance sind bemerkenswert
mehrere Stücke des neuerdings festgelegten
Hans Leinberger von Landshut. Die Gemälde
vom Schluß des 14. Jahrhunderts an umfassen
eine reichliche Anzahl von wichtigen Tafelbildern
der Brixener Schule, dann vielfach datierte
aus der Gegend von Mühldorf und Salzburg
stammend. Neben einzelnen schwäbischen Ar-
beiten ist auch die spätgotische Münchener
Schule charakteristisch vertreten. Unter den
kunstgewerblichen Objekten sind besonders
einige kirchliche Geräte des frühen Mittelalters
interessant.
Von dieser kurz skizzierten, fast 500 Nummern
umfassenden Freisinger Sammlung, an der kein
Forscher vorübergehen darf, hat Rieh. Hoff-
man n ein Inventar bergest eilt. Die Beschreibung
der Objekte ist knapp, aber ausreichend, die
Charakteristik präzis und meist treffend; ob-
wohl nicht selten die Provenienz der Stücke
unbekannt ist, scheint die Schulzuteilung fast
immer richtig zu sein. Nur macht sich die Tendenz
geltend etwas zu früh zu datieren. Für manchen
Hinweis auf nicht in der Freisinger Sammlung
befindliche Denkmäler wird man dankbar sein;
auch die mehrfachen ikonographischen Selten-
heiten sind gewürdigt worden. Die einschlägigen
literarischen Arbeiten von Semper, Riehl,
Stiaßny u. a., welche für die kunstgeschichtliche
Literatur
89
Beurteilung der Denkmäler eine meist sichere
Grundlage boten, sind überall angezogen worden.
So ist die Sammlung erst durch die vorliegende
Publikation R. Hoffmanns in vollem Umfang
fruditbringend gemacht worden. Höchstens über
die Äuswahl der tgpisdien Abbildungen, auf
welche der Verfasser wahrscheinlich keinen Ein-
fluß gehabt hat, wäre vielleicht manch ab-
weidiender Wunsch zu äußern. —
Dr. W. M. Schmid-München.
9
Ganz, Dr. Paul und Major, Dr. £. Die
Entstehung des Hmerbadi’schen Kunst-
kabinets und die Amerbach’sdien Inven-
tare. Basel 1907. Verlag von Carl Beck, Leipzig.
68 Seiten. M. 2.50.
Wer kennt nicht das schöne Bild von Holbein
in der Basler Galerie, welches den Humanisten
Bonifazius Ämerbach darstellt? Wieviele haben
nidit diese Persönlichkeit mit der berühmten
Ämerbach’sdien Hinterlassenschaft in Verbindung
gebracht, die den wertvollen Grundstock der
öffentlichen Kunstsammlung und des Histori-
schen Museums zu Basel bildet. In feiner psycho-
logischer Untersuchung, welche durch die Nach-
laßinventare unterstützt wird, legen die Ver-
fasser überzeugend dar, daß wohl Bonifazius
Amerbadi sich mit einer Reihe bedeutender
Kunstwerke zu umgeben wußte, daß er aber
durchaus nicht der Sammler war, der die fast
10000 Stücke des Kunstkabinetts zusammenge-
bracht hat. Dieses war vielmehr sein Sohn
Basilius Amerbadi (f 1591). Aus welchen Quellen
ihm der kostbare Besitz zufloß, ist durch Einzel-
beispiele in einer Art nachgewiesen, welche auf
das Sammlerwesen des 16. Jahrhunderts ein
interessantes Lidit wirft.
Die Verfasser haben sich bemüht, die Ge-
mälde und Kupferstiche, die bald in einem, bald
in mehreren Inventaren erwähnt sind, bis in die
jetzigen Bestände der öffentlidien Sammlungen
zu verfolgen. Für die Goldschmiedearbeiten sind
Untersuchungen nach dieser Richtung nicht vorge-
nommen, obgleich es sehr interessant gewesen
wäre, zu wissen, ob beispielsweise von den
Ringen und Bechern (darunter einer auf eng-
lische Manier gemacht), die noch von Erasmus
herstammen, ob etwas von den Modellen von
Peter Flötner in Nürnberg oder Jakob Hoffmann
in Basel erhalten ist. Des letzteren Risse meint
man unter den Goldschmiedezeichnungen des
Basler Kabinetts wieder zu erkennen.
In sechs Goldschmiedeladen befand sich eine
große Sammlung von Goldschmiedewerkzeugen,
die aber, wie mir die Verwaltung des Historischen
Museums in Basel mitteilt, heute nicht mehr vor-
handen sind. Lehrreich ist es im Inventar von 1586
zu lesen, daß man einen Ohrlöffel „orengrübel“
nannte, daß ein Sattelbogen und der hintere
Teil eines Sattels, beide (?) in einem Gipsabguß
vom Sattel Kaiser Maximilians I., eine Arbeit
Wenzel Jamnitzers, vorhanden waren, daß eine
in S.lber gestochene Arbeit von Martin Schon-
gauer existiert hat. Es war die Kapsel zu einem
Agnus Dei, wahrscheinlich eine ähnliche Arbeit
wie die Basler Siegelkapsel, das einzige er-
haltene Silberstück von Schongauer.
Sehr dankenswert ist es, daß sämtliche vor-
handenen Inventare auf den Seiten 31—68 im
Originaltext abgedrucht sind.
Marc Rosenberg.
9
MarieSchütte. Der schwäbische Schnitz-
altar. Mit 82 Lichtdrucktafeln in Mappe. 91. Heft
der Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Straß-
burg. J. H. Ed. Heitz. 1907.
Mehr als irgend ein anderes Gebiet deutscher
Kunst bedarf die Geschichte deutscher Plastik
zu einem gesunden Aufbau grundlegender Einzel-
forschungen, sei es in Form von Studien über
einzelne Meister und Lokalschulen, sei es in
Gestalt systematischer Behandlung und Unter-
suchung bestimmter Gruppen und Materien.
Werden jene für die Geschichte im engeren
Sinne, d. h. für die Entwiddung und Ausbreitung
einer Bewegung oder eines Stiles in erster Linie
in Betracht kommen, so werden systematische
Abhandlungen schon deshalb nicht zu umgehen
sein, da das uns überkommene Material an
Bildwerken nicht nur überaus zahlreich, sondern
auch weit verbreitet und deshalb in gewissem
Sinne schwer zugänglich ist. Das gilt ganz be-
sonders von den Schnitzwerken der Spätgotik.
Schon unter diesen Gesichtspunkten wird man
den „Schwäbischen Schnitzaltar“ von Marie
Schütte als eine höchst verdienstvolle Arbeit
anerkennen müssen. Ziehen wir aber noch in
Betracht, daß das weit verstreute Material meist
erst auf langen Wanderungen gewonnen sein
wollte, so werden wir das Verdienst der Ver-
fasserin um so höher einzuschätzen haben. Man
wird dessen eingedenk sein müssen an Stellen,
wo sich Wünsche nach einem Mehr geltend
machen wollen.
In der Einleitung ist die Absicht des Buches
gekennzeichnet als „ein Versuch an der Hand
der in Schwaben erhaltenen Altäre die Ent-
wicklung des schwäbischen Schnitzaltars darzu-
stellen“. Dies setzt zunächst eine streng syste-
matische Gliederung und Verarbeitung des reichen
90
Monatshefte ffir Kunstwissenschaft
Stoffes voraus. Mit Geschick hat Schütte dabei
das Ermüdende, Eintönige solcher Änalgsen ver-
mieden und oft werden uns wie z. B. bei der
Besprechung des Bilderkreises kunst- und kultur-
geschichtlich interessante Äusblid^e eröffnet. Es
erscheinen überhaupt die Kapitelüberschriften
vielfach zu knapp und zu eng gegriffen im Ver-
hältnis zu dem Gebotenen, so besonders in dem
Abschnitt über die Polgchromie, der unter anderem
auch die Frage über die Arbeitsteilung und das
Verhältnis von Maler und Bildhauer eingehend
behandelt. Für die Strigel- und Multscher-
forschung sind hier mannigfache beachtenswerte
Winke gegeben. Das Gleiche gilt für den Ab-
schnitt „Lokalschulen“, der uns zugleich mit
dem „Nachtrag“ eine ruhige klare Studie über
den Schnitzer Multscher gibt, dessen Lebens-
werk uns durch den Schmeizensmann von 1429
am Ulmer Münster und fünf Statuen vom Rat-
haus dortselbst in glaubhafter Weise bereichert
wird. Das Kapitel „Lokalschulen“ zählt über-
haupt zu dem Besten, was über schwäbische
Plastik bis jetzt geschrieben wurde und dürfte
für den Ausbau einer Geschidite derselben, zu-
mal der Holzbildnerei als die wichtigste Grund-
lage zu betrachten sein. Für diesen Zweck
steuert auch ein sehr sorgfältiges und umfang-
reiches Verzeichnis der schwäbischen Schnitz-
altäre im Bereich des alten Schwabens wert-
volles Material bei. Vor allem dankenswert
ersdieint hier die eingehende Beschreibung der
einzelnen Objekte und die ausführliche Literatur-
angabe.
Mit Schütte’s Buch haben wir zweifellos ein
Nachschlagewerk, ein „Handbuch“ von bleiben-
dem Wert erhalten. Ich verspreche mir von ihm
namentlich auch für die Geschichte der Plastik
der Nachbarländer Schwabens großen Erfolg,
insoferne als dadurch die Möglichkeit einer Ver-
gleichung nicht mehr von Einzelobjekten ab-
hängig sein wird, und die Grenzen, namentlich
die schwäbisch -fränkischen und schwäbisch-
bayerischen, sich klarer ziehen lassen werden.
Nicht minder schätzbar als die wissenschaftliche
Verarbeitung des großen, weit verstreuten Ma-
terials ist die reiche Sammlung von Abbildungen
(82 Lichtdrucktafeln), die in eigner Mappe dem
Textband beigegeben sind. Man wird bei dieser
Fülle des vielfach noch unveröffentlichten Ma-
terials über manche weniger gelungene Tafeln
ohne Tadel hinwegsehen müssen in Anbetracht
dessen, daß die Aufnahmen oft unter erschweren-
den örtlichen Umständen gefertigt werden
mußten. Unliebsam aber vermißte ich einen
engeren Zusammenhang zwischen Textband und
Abbildungsmappe; hier hätte durch wechsel-
seitigen Hinweis die praktische Benützung beider
wesentlich erhöht werden können. Das Verzeichnis
im Textband erfüllt nicht hinreichend den beab-
sichtigten Zweck; zum mindesten hätten in dem
großen Verzeichnis der Altäre die Nummern der
betreffenden Tafeln beigesetzt werden sollen.
Hat man sich aber einmal der Mühe unterzogen,
Text und Abbildungen durch Angabe der Tafel-
nummern bezw. Seitenzahlen gegenseitig zu er-
gänzen, so schätzt man die Brauchbarkeit und
den Wert des tüchtigen und dankenswerten
Werkes um so mehr und würdigt die ernste
Arbeit, die es gestaltete, erst in ihrem vollen
Umfang. Philipp Maria Halm.
s
P. Eidiholz. Das älteste deutsche
Wohnhaus, ein Steinbau des 9. Jahrh.
(Studien zur deutschen Kunstgesch. 84). 50 S.
8® mit 46 Abb. Straßburg, Heitz. 1907. M. 4.— .
Obwohl über dieses unscheinbare „graue Haus
in Winkel“ schon eine ganze Literatur erwachsen
ist, so war doch über die Zeitstellung noch keine
Einigkeit erzielt. Die meisten Forscher sprachen
sich gegen karolingischen Ursprung und die
Verbindung mit Rabanus Maurus aus. Eichholz
sucht beides mit schwer wiegenden Gründen zu
beweisen. Er padct insofern den Stier gleich
bei den Hörnern, als er die kleinen, monolithen
Fensterchen, wovon eins ein Teilungssäulchen
mit Würfelkapitell hat, als ursprünglich (Mitte
9. Jahrh.) erklärt, ebenso die beiden Türstürze
mit dem Flachgiebelornament, einen Kamin-
sturz mit Stabwerk und Rosetten, den Ziegel-
durchschuß der gewölbten Öffnungen und sogar
die Eichenholzsäule des Unterzugs. Wirklich
überraschend sind die guten Beobachtungen da-
hin deutend, daß das Häuschen ursprünglich nur
die größere Nordhälfte mit der Kapelle (und
eineFreitreppe) umfaßte, in derRekonstruktion ein
malerisch gruppiertes Refugium für einen Gelehr-
ten wie Rabanus. Denn auf diesen führen neben
der Überlieferung die Kreuze am Kapellentürsturz
und an dem einen Fenster, die ganz den Kreuz-
spielereien in seiner Schrift „de laude sanctae
crucis“ entsprechen. Er hätte es 847 kurz nach
seiner Wahl zum Erzbischof von Mainz erbaut,
in den nächsten Jahren schon um die Südhälfte
erweitert und bei der Hungersnot 850 die Küche
vorgelegt. Selbst die Bärenköpfe ließen sich
aus seiner Schrift „de universo“ in Anschluß an
die Eliasbären (II. Kön. 2. 23) „als Abwehr gegen
schmähsüchtige Feinde“ erklären. Hat der Verf.
der Versuchung des Zuvielbeweisens nicht hin-
reichend widerstanden, so sind seine faktischen
Beobachtungen doch sehr wertvoll und begründen
den lebhaften Wunsch nach einer neuen und
Literatur
91
eingehenden Äufnahme unter genauer Prüfung
des Verbandes und der Technik und besserer
bildlicher Darstellung des Details als sie bisher
vorliegt. H. Bergner.
s
W. Worringer, Dr. Lukas Cranach,
128 S. mit 63 Äbbildungen. (Klassische Illustra-
toren. Hrsg, von K. Bertels. Bd. III.) München,
Piper & Co. 1908.
Ein überaus geistvolles und feinsinniges Buch,
von verblüffender Plastik und Schlichtheit der
Diktion, ungemein klar im Äufbau und von
bezwingender Sicherheit in der Durchführung.
Und dabei so gar nicht „kunsthistorisch“ in dem
Sinne, wie es bei einem Buche über Cranach
eigentlich zu erwarten wäre.
Die Cranachforschung war bisher eifrig be-
müht, auf Grund gesicherter Arbeiten des Meisters
eine Zusammenstellung der Merkmale seines
Schaffens zu geben, um danach eine Ein- oder
Ausschaltung fraglicher Werke herbeizuführen.
Man suchte seinen Anteil an der gesamten,
fast fünf Jahrzehnte umfassenden Arbeitsleistung
der Cranachwerkstatt herauszudestillieren. So
kam es, daß die Cranachfrage bald von
der Pseudo -Grünwald- bald von der Hans
Cranach-Frage zurückgedrängt wurde und durch
die Feststellung zahlreicher Schüler und Ge-
hilfen, zu denen neuerdings Johann Kemmer
hinzukam, keine einheitliche Anschauung des
künstlerischen Schaffens Cranachs erzielbar war.
Worauf es jedoch in erster Linie ankam, das
war die Purifizierung und Rettung des „besseren“,
des „wirklichen“ Cranach, wie er sich in seinen,
noch die „unverdorbene Frische des persönlichen
Ausdrucks“ tragenden Werken darstcllt. Man
betrachtete ihn eben von der Renaissance aus,
ließ nur die Persönlichkeit gelten und lehnte
alles ab was nicht den Stempel derselben trug.
Worringer nimmt der Cranachfrage gegen-
über einen anderen Standpunkt ein. Er sieht
ihn von der Gotik aus und nimmt ihn als eine
mit der ihn umgebenden Kulturschicht aufs
engste verbundene Erscheinung, in der sich in
geradezu idealer Weise der Typus „Zeitgenosse“
verkörpert. Dadurch bleibt das Bedeutungs-
vollere nicht auf den Einzelfall beschränkt, und
alle die Momente die sich bisher um das Cranach-
problem gruppierten und das Bild des Künst-
lers zu einem Schwankenden machten, kommen
in Wegfall. Worringer zeigt uns Cranach als
den Chronisten der reformatorischen Bewegung,
als den artistischen Künder der aus dieser her-
vorgegangenen bürgerlichen Kultur; seine Kunst
als die „getreue Registrierung des künstlerischen
etat d’äme ihres Publikums“ und seine „Manier“
als das Resultat einer zielbewußten Entwicklung,
die nichts anderes bezweckte als die Kunstform
„gewissenhaft auf dem Niveau der allgemeinen
ästhetischen Wünsche zu halten, um sie so zu
einer über alles Persönliche und Problematische
hinausgehenden Erscheinung von Allgemein-
gültigkeit zu erweitern.“ Während man bisher
in Cranach den Vollzug einer tragischen Künstler-
existenz erblickte, deren verheißungsvolle Ju-
gendkraft im senilen Manierismus versandete,
faßt Worringer nur den Kollektivbegriff Cranach
ins Auge und findet, daß gerade die „Manier“
als ein der Zeit entsprechendes allgemein ver-
ständliches Idiom, einen letzten Versuch bildet,
an das innerste Wesen der deutschen Kunst
anzuknüpfen und ihre Elemente noch einmal
zusammenzufassen, „ihnen noch einmal den un-
persönlichen Charakter eines Stils zu geben.“
Hermann Popp,
s
Handzeichnungen alter Meister. Im Be-
sitze des Museums Wallraf - Richartz
zu Köln a. Rh. 25 Lichtdfucktafeln mit Text
herausgegeben von Dr. Arthur Lindner. —
Verlag von Wilhelm Abels, Köln a. Rh.
Durch diese Publikation werden wir beinahe
100 Jahre nach dem großen Reisenden am Rhein,
Main und Neckar wiederum „auf die Sammlung
des Herrn Professors und Kanonikus Wallraf
gewiesen, der seiner Vaterstadt leidenschaftlich
angeeignet, sein ganzes Leben und Gut ver-
wendete, ja die ersten Bedürfnisse sich öfters
entzog, um alles ihm erreichbare Merkwürdige
seinem Geburtsort Köln zu erhalten“.
Manchem wird es neu sein, daß das Kölner
Museum auch noch eine wertvolle Reihe von
Handzeichnungen besitzt; war es doch für die
Kölner seinerzeit die größte Überraschung, daß
sie Besitzer eines richtigen Kupferstichkabinetts
seien, obwohl für Wallrafs verstaubte Schätze
längst ein „hinreichendes Lokal“ geschaffen war,
wie Goethe es ihnen wünschte.
Hatte diese Erkenntnis etwas länger gebraucht
als sonst bei dem beweglichen kölnischen Geist
gewöhnlich ist, so kam um so rascher eine andere
hinterher. Man entsann sich plötzlich einer
stattlichen Zahl großer Schweinslederklebebände
aus dem Besitz des alten Jesuitenkollegiums,
die gleichfalls Zeichnungen und Stiche ent-
hielten und die einst eine berühmte, zur Zeit
Maria Theresias hochgeschätzte Sammlung ge-
bildet haben sollten.
Sie waren freilich stark gelichtet, als zu
Napoleons Zeit in Paris die Scheren der Louvre-
92
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Conservatoren darin hausen durften ; aber selbst
so dezimiert gaben sie noch manches Stück her,
das dem damaligen Kunstgeschmack zuwider,
heute hochwillkommen ist, vor allem interessante
deutsche Zeichnungen.
So lag der Gedanke nahe, was das Kölner
Museum so gut hat, wie andere, auch weiteren
Kreisen zu zeigen, ja manche Spezialität Kölns,
die bisher unbekannt geblieben, wie den lustigen
Zeichner Äntoine Peters, ins rechte Licht zu
rücken.
Das hat Ä. Lindner, der Ordner und Bear-
beiter dieser Schätze, jetzt unternommen und
die wohlbekannte Kölner Kunsthandlung Wilhelm
Äbels hat das für Fachleute und Liebhaber
gleich interessante Werk aufs würdigste aus-
gestattet: In vortrefflich gelungenen Lichtdrucken
liegen 25 Blätter, meist in Originalgröße vor.
Schon bekannt und des öfteren erwähnt ist die
Metallstiftzeichnung nach dem Frankfurter Bild
Rogiers van der Wey den: die heiligen Cosmas
und Damianus, ein Blatt, das, obwohl Kopie, doch
als altflandrische Zeichnung, die zeitlich dem
Original nahe steht, Interesse verlangt.
ÄIs Beitrag zu Dürers venezianischer Reise,
darum besonders wichtig, erscheint die inedierte
Studie zu einer Verlobung der heiligen Katharina,
eine durchgeführte etwas überarbeitete, aber
zweifellose Federzeichnung. Die Gestalt der
vom Rücken gesehenen Heiligen geht mit dem
bekannten Trachtenbild der Älbertina auf
Gentile Bellinis Kirchgängerin vor S. Marco
von 1496 zurück. Es folgen auf zwei großartige
Heiligengestalten von Schäuffelein — beide aus-
führlich bezeichnet — eine Änzahl Formschnitt-
vorzeichnungen von Erhard Schoen, darunter
Teile einer Planetenserie.
Die späteren Schweizer Renaissancemeister
sind vertreten durch eine sehr großartige lila-
getuschte Scheibenzeichnung Stimmers, ein in
Grisaille gemaltes Wappen von Hans Caspar
Lange, und ein charakteristisches Vorbild von
Lindmeger für ein Glasfenster.
Die italienischen Namen der kleinen Sammlung
klingen besonders stolz. Äm meisten Äufmerk-
samkeit verlangt natürlich Lionardo mit einer
großen Federzeichnung: Studien einzelner Fi-
guren und Gruppen zu einer Anbetung, im Stil
der berühmten Galichonschen Zeichnung. Die
sehr originelle Rückseite mit zwei feinen Studien
nach einem Taschenkrebs nicht publiziert. Es
darf nicht verschwiegen werden, daß in das
enthusiastische Lob der Skizze auch schon be-
denkliche Stimmen hineinklangen; doch stehn
die Urteile einander ziemlich unentschieden
gegenüber. Die Konturen lassen etwas die
spröde Energie von Lionardos flüchtigen Notizen
vermissen, die wenigen Schattenlagen erreichen
nicht so ganz sicher, wie man erwarten sollte,
die Wirkung von Verkürzung und Höhlung der
Körper. Im Kunsthandel existiert eine Wieder-
holung dieser Zeichnung, die sich Strich für
Strich als eine sklavische Nachahmung erweist.
Ganz unsicher ist das Raphael (>der seiner
Schule attribuierte Blatt mit Skizzen nach den
Farnesinazwickeln, die einst Morelli der wohl-
verdienten Vergessenheit entzogen hat. Die
Reproduktion ist gleichwohl willkommen, weil
sie ein Urteil ermöglicht. Die Ähnlichkeit mit
gewissen Zeichnungsgewohnheiten Raphaels und
seiner Schüler macht das Blatt nur verdächtiger.
Um so sicherer fühlt man sich bei der kraft-
vollen Doppelskizze Andrea del Sarto’s zum
heiligen Franz in der Harpyen-Madonna: einer
Studie nach dem Modell im Zeitkostüm für die
Haltung im Großen, und der Draperie vom Gürtel
abwärts, in breiten Röthelzügen souverän hin-
gesetzt. Die gute umbrische Zeichnung eines
toten Christus mag vom Spagna herrühren.
Schön und charakteristisch sind die zwei großen
Sepiazeichnungen von Guardi: S. Giorgio Mag-
giore und Einfahrt des Canal Grande, besonders
die erste mit dem klaren Spiegel von stark
silbrigem Effekt.
Den Beschluß macht als angenehme Über-
raschung der nur wenigen Eingeweihten bisher
vertraut gewordene Anton de Peters, ln seiner
früheren Zeit geschätzt und hochbegünstigt,
gehörte er, wie auch Debucourt zu den Opfern
der Revolution, die mit ihren Gönnern ihre
Geltung verloren. Sein Nachlaß ist beisammenge-
blieben, und nur dem Intimen des Kölner Museums
war es bekannt, daß hier ein Zeichner von
großen Gaben seiner Auferstehung harrte. In
Frankreich wäre er eher zu seinem Recht ge-
langt als in seinem Vaterlande. Nun wird ihm
hier in 5 Blättern wenigstens das Wort gelassen
und die Schuld eingelöst; hoffentlich hat es da-
bei nicht sein Bewenden, denn gerade seine
Pastellzeichnungen verdienen in größerer Zahl
bekannt zu sein.
Wie hier, so liegt in manchen unserer deut-
schen Museen noch irgend ein Schatz zu heben.
Handzeichnungen gäbe es zu publizieren in
Frankfurt, Weimar, Erlangen, Donaueschingen,
Hannover, Braunschweig, auch in Krakau; es
gilt erst einmal die Aufmerksamkeit auf diese
Stellen hinzulenken und die Sammlungen dem
Studium zugänglich zu machen. Eine Zeichnung
von Dürer z. B. dürfte in Deutschland nicht un-
bekannt bleiben. Hier mit nachahmenswertem
Beispiel vorangegangen zu sein, wäre nicht das
kleinste Verdienst dieser Publikation.
Oskar Fischel.
Literatur
93
Kunst und Künstler in Frankfurt a. M.
im 19. Jahrhundert. Herausgegeben auf Ver-
anlassung des Frankfurter Kunstvereins. Erster
Band. Das Frankfurter Kunstleben im 19. Jahr-
hundert in seinen grundlegenden Zügen ge-
schildert von Heinrich Weizsäcker. Frankfurt a.M.,
J. Bacr u. Co., Carl Jugel, H. Keller, F. Ä. C.
Prestel, M. Äbendroth. 1907.
Äuf der Jahrhundertausstellung 1906 wurde
die Bedeutung Frankfurts als Kunststadt er-
kannt; freilich noch nicht in vollem Umfange:
dieses Buch erst erlaubt eine wohlgeordnete
Übersicht über den Änteil, der Frankfurter
Künstlern an der deutschen Malerei (nur um
diese handelt es sich) gebührt. Es ist eine er-
staunliche Änzahl von bedeutsamen Namen für
den, der Frankfurt nicht kennt; nicht nur Lokal-
größen, sondern audi Männer, die an der Ent-
wicklung unserer Kunst im vorigen Jahrhundert
in erster Linie mitgeschaffen haben, deren
Äufenthalt in Frankfurt mehr oder weniger
bestimmend für sie selbst war, oder deren
Wirken djrt weitreichende Bedeutung gewann.
Es sind vier Gruppen unter ihnen zu scheiden,
die nicht nur die Zeit, sondern auch ihre Rich-
tung trennt. Für die Romantiker aus der ersten
Hälfte des Jahrhunderts war Frankfurt eine der
angesehensten Stätten, lange Zeit hindurch*
Cornelius wirkte hier (kürzlich gefundene Wand-
malereien werden publiziert); Pforr, Veit, Rethel,
Steinle gaben neben- und nacheinander den
Ton an. Schwind schuf hier von 1844—47 einige
seiner schönsten Werke. Die Zweiten sind die
Landschafter von eigentümlich deutschem resp.
Frankfurter Charakter; nach Vorläufern wie
Becker, die Cronberger; Dielmann, Burger, Bur-
nitz (er und auch L. Egsen werden wohl besser
zu dieser als zur nächsten Gruppe gerechnet,
wie Weizsäcker es tut). Dann die heroische
Zeit der großen Individualitäten, die in Paris
malen lernten und nach einem Monumental-
stile strebten; von ihnen sind in Frankfurt
Viktor Müller und Scholderer die größten;
Schreger und Hausmann gehören in die Nähe,
Thoma und Trübner aber sicherlich in diesen
Zusammenhang, wenn sie auch noch leben.
Die Letzten, die Gegenwärtigen, streben nach
anderen Zielen: Pidoll und Boehle sind ihre
markantesten Vertreter; neben ihnen Ältheim
und Roederstein und die impressionistisch ge-
schulten Landschafter um Nußbaum.
Das Buch, das diesen und einer Menge an-
derer Künstler und Nichtkünstler gewidmet ist
(und nebenbei einige Jüngere zu nennen ver-
gißt, die es wert gewesen wären), repräsentiert
sich dem ersten Blick stattlich und geschmack-
voll. Einband, Buchschmuck, Drucktgpe von
Künstlern; gutes englisches Papier; Lichtdruck-
tafeln und keine in den Text gestreuten Illu-
strationen. Man kann diesen modernen Geist
nicht genug rühmen; und über einige tgpo-
graphische Schnitzer leicht hinweggehn, die bei
dem ungeübten deutschen Geschmack nun ein-
mal unvermeidlich scheinen.
Viel schwerer wiegen Bedenken inhaltlicher
Ärt, die an einem so vornehmen Buche äußerst
auffallend sind. Weizsäcker hat sich der Huf-
gabe, die Kunstgeschichte einer einzelnen Stadt
im 19. Jahrhundert zu schreiben, mit Verständ-
nis entledigt; nicht bloß sind seine stilgeschicht-
lichen Erörterungen gut und erweitern unsere
Vorstellungen von deutscher Kurtst bedeutend;
sondern auch die Biographien und Analysen
der einzelnen Künstler sind bis zu Trübner und
Boehle vortrefflich und voll jener Sachlichkeit,
die es in zweifelhaften Fällen vorzieht, trocken
und zurückhaltend zu erscheinen, als in dichte-
rischem Schwung zu glänzen. Mit dieser er-
quicklichen Art der Kritik erscheinen aber ein-
zelne Partien unvereinbar; und zwar ist das
der vorletzte Abschnitt (über neueste Archi-
tektur und Plastik) und der letzte, über die
gegenwärtige Malerei, bis dahin, wo mit Thoma
die unangefochtenen großen Persönlichkeiten
beginnen. In den bedenklichen Teilen erscheint
eine Menge von Namen, die für die Kunst ab-
solut bedeutungslos sind, in wirrem Durch-
einander mit wenigen Künstlern; so daß etwa
Ottilie Roederstein oder Nußbaum mit den ob-
skursten Stadtgrößen in einem Atem, als
gleichen Ranges genannt werden; daß von den
Stilimitatoren in der Baukunst mit um so
größerem Enthusiasmus gesprochen wird, je
mehr man sich der Gegenwart nähert und je
unfähiger sie werden, und daß von den rühm-
lichen Werken einer wahrhaften Architektur,
die in den letzten Jahren auch in Frankfurt
entstanden sind, von Eberhardt, Bernoully,
Paravicini usf. überhaupt nicht die Rede ist,
es sei denn mit ignoranten Seitenblicken auf
die „sogenannte reine Linie“. Ein solches Ver-
fahren ist aufs schärfste anzugreifen, es ist
schlechthin unwürdig inmitten einer ernsthaften
kunstgeschichtlichen Darstellung, wie sie das
Buch im übrigen darstellt. Es gibt nur zwei
Möglichkeiten, diesen „Fall“ zu erklären. Ent-
weder hat der Verfasser es nicht besser ge-
konnt, er besaß nicht einen Funken kritischen
Vermögens gegenüber einer noch nicht amtlich
beglaubigten Kunst der Gegenwart; oder er
schrieb wie ein Lokalreporter, der den zahl-
reichen Honoratioren des Frankfurter Kunst-
vereins und Architektenvereins mit Kulanz
94
Monatshefte für Kunstwissenschaft
entgegenzukommen hatte (und zwar in Aus-
drücken, die öfters in das Gebiet der unfrei-
will gen Komik kleinstädtischen Zeitungsstils
übergehen). Und beide Möglichkeiten sind bei
Weizsäcker, dem ehemaligen Direktor vom
Städel, ausgeschlossen. Niemand wird mich
davon überzeugen können, daß diese an Ge-
sinnung so himmelweit auseinanderstehenden
Teile von einer Hand herrühren, und daß nicht
die brenzlichen Abschnitte als unbequem von
Weizsäcker auf einen Frankfurter Lokalschrift-
steller abgewälzt vorden sind. Das war ein
Ausweg, aber kein sehr redlicher. Man hätte
den Mut haben sollen, auch diese Partien kri-
tisch zu behandeln, oder aber sie ganz aus-
lassen. Durch' ihre jetzige Redaktion stellen sie
den Wert des Buches in Frage.
Paul Ferdinand Schmidt.
s
Aus der Bremer Kunsthalle. Vierzig
Gemälde und Bildhauerwerke, mit einleitendem
Text von Gustav Pauli. Verlag von Franz
Leuwer. Bremen. 1^07.
Gleichzeitig mit dem neuen Galeriekatalog
ist in dem obengenannten Verlag ein Mappen-
werk erschienen, das in unvergänglichen Kohle-
drucken vierzig Werke aus den Sammlungen
der Kunsthalle reproduziert. Darunter sind
zwölf Gemälde alter Schulen, das übrige um-
faßt moderne Arbeiten. In diesem Zahlenver-
hältnis ist ausgedrückt, auf welchen Gebieten
der Schwerpunkt der Sammlung liegt.
Als im dritten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts
der Bremer Kunstverein, dessen Eigentum die
Kunsthalle ist, gegründet wurde, war die Welt
der alten Gemälde bereits verteilt. Meister-
werke der deutschen und holländischen Malerei
— von den Italienern ganz zu schweigen —
waren nur mit sehr erheblichen Opfern erreich-
bar. So hat man sich schon früh entschlossen,
die Arbeiten der zeitgenössischen Meister an-
zukaufen, unter denen damals die Düsseldorfer
für Bremen in erster Linie standen. Aber nicht
nur damals, sondern auch später noch, als
längst andere Ziele proklamiert waren, war
dies die beliebteste Art von Kunst. Die neue
Zeit nahte für die alte Hansestadt mit dem
Schlußjahrzehnt des 19. Jahrhunderts, vielleicht
unter Einfluß der benachbarten Worpsweder
Schule, die sich langsam durchsetzte. Als dann
eine Änderung in der Verwaltung eintrat, wur-
den die Absichten des Institus festgelegt. In
der Erkenntnis, daß der Kunstverein auch mit
Hilfe eines neuerdings bewilligten Staatszu-
schusses in der Erwerbung alter Bilder mit
den großen deutschen Galerien in keiner Weise
wetteifern kann, soll der größte Teil der zur
Verfügung stehenden Mittel auch weiterhin zum
Ankauf zeitgenössischer Bilder dienen, dagegen
der Erwerbung alter Gemälde nur dann näher-
getreten werden, wenn es sich um bremischen
Privatbesitz handelt. Daß man auf diese Weise
immer noch wertvolle Stücke gelegentlich haben
kann, zeigen die Neuerwerbungen eines schönen
Cranach aus der Frühzeit (Heilige Dreifaltigkeit
über einer Landschaft) und einer ausgezeich-
neten späten Ansicht des Schlosses von Bent-
heim von Jacob v. Ruisdael. Dergleichen Meister-
werke reihen sich würdig dem alten Besitz an,
der in Tafeln von Dürer, Barthel Beham, Alt-
dorfer, Masolino, Montagna sowie einigen
Niederländern seine Höhepunkte hat, unter denen
ein früher Ter Borch nnd ein großer früher
Goyen hervorgehoben sein mögen. Besonders
aufmerksam möchten wir die Fachgenossen auf
eine Darstellung vom „Daniel als Richter“ machen,
die dem Lucas von Legden gegeben wird und
dem Berliner Exemplar des „Schachspiels“ tat-
sächlich sehr nahe steht.
Die moderne Sammlung, an deren Ausbau
unermüdlich gearbeitet wird, gibt heute schon
eine einigermaßen ausreichende Übersicht über
das Beste, was in unserer Zeit geschaffen wird.
Davon legt dies Mappenwerk Zeugnis ab.
Leider war es nicht möglich, alle Perlen der
Sammlung zu reproduzieren. Der „Abenteurer“
von Böcklin mußte fehlen, da die Erlangung
der Vervielfältigungs-Erlaubnis Schwierigkeiten
machte, und Liebermanns „Platz in Haarlem“
(1907) kam erst in den Besitz der Kunst-
halle, als die Publikation bereits vorlag.
Auch sonst hat manches bekannte Werk in der
Bremer Kunsthalle seinen Platz gefunden.
Thomas „Rheinfall“, Feuerbachs „Mandolinen-
spieler“ (1868/69), Mackensens „Frau auf der
Schiebkarre“, Trübners „Kainz“ seien genannt.
Daneben gute Franzosen, wie Pissarro (1869),
ein Doppelbildnis von Lucien Simon, Marinen
von Courbet und Zuloagas „Consuelo“. Als
unvergleichliches Meisterwerk wurde im Jahre
1905 Claude Monets „Camille“ (des Künstlers
erste Frau, im grünen Kleide) gekauft, der Zola
im Jahre 1856 eine begeisterte Seite gewidmet
hatte, eins der wenigen groß repräsentativen
Bildnisse, die es in der modernen Malerei gibt.
Das Bild hat 50000 Mark gekostet, viele Freunde
der Kunsthalle haben bei der Erwerbung mit-
geholfen. Leute, denen sonst die Kunst gleich-
gültig ist, teilten ihren Vertrauensmännern mit,
soviel sei das Bild nicht wert. „Was ist eine
Literatur
95
Fuge von Badi wert, oder eine Ärie von Mo-
zart?“, kann man dagegen fragen. Der Wert
eines Bildes ist oft unabhängig von seinem
Preis, und der Preis ist genau so hoch, wie die
Summe, die dafür bezahlt wird. Mehr kann
man darüber nicht sagen; aber dies muß man
manchmal betonen.
Nicht nur nebenbei, wie an anderen Plätzen,
wird die Sammlung von Kleinskulpturen ge-
pflegt, sondern es existiert dafür ein Verein,
der aus seinen Mitteln dieses Gebiet besonders
bearbeitet. Außer berühmten Stücken, wie denen
von Wrba und Stuck, findet man manches qua-
litätvolle Werk, wie Dittlers sdiöne „Melusine“.
Die Aufnahmen, die von R. Stickelmann ge-
macht wurden, sind fast durchweg gut. Es ist
sehr freudig zu begrüßen, daß zur Reproduk-
tion nicht die jetzt so grassierende Methode
des Pigmentdruckes gewählt wurde, bei der
man nicht wissenschaftlich arbeiten kann, son-
dern der Kohledruck, der auch einer genauen
Betrachtung mit der Lupe stand hält.
Der Mappe hat G. Pauli ein Vorwort bei-
gegeben, sowie zu jedem Bilde einige kurze,
die Abbildung ergänzende Notizen über die
Farben des Originals; ferner die nötigsten Daten
zur Geschichte des betreffenden Werkes.
Die Ausstattung ist würdig und schön.
W aldmann.
8
Hildegard Hegne: Max Klinger im
Rahmen der modernen Weltanschauung
und Kunst. Ein Leitfaden zum Verständnis
Klingerscher Werke. Leipzig, Georg Wiegand,
1907. Preis 1.20 M.
Die Verfasserin gibt im Vorwort und in der
Einleitung zu der Schrift ihr Programm an:
„Inhaltlich faßt die kleine Abhandlung die Re-
sultate der Klingerforschung und -Erklärung
zusammen, setzt sich in verschiedenen Fällen
mit Ansichten anderer Bearbeiter des Themas
auseinander und fügt einzelne Beobachtungen
hinzu. Zugleich aber sucht sie die Bedeutung
Klingers noch klarer zu stellen durch die Dar-
legung seines Verhältnisses zur modernen Welt-
anschauung und Kunst der Gegenwart.“ In
anspruchsloseren Worten läßt sich der reiche
Inhalt vorliegender Schrift kaum ankündigen.
In Wirklichkeit handelt es sich um einen auf
breitester Grundlage unternommenen, beachtens-
werten Versuch, durch die Kunst in den kom-
plizierten Organismus eines Kulturgenies ein-
zudringen. Die Untersuchung geht von der
Analyse der radierten Zyklen aus, die neben
•den Werken der „Raumkunst“ nach Klingers
eigenem Ausspruch (s. Malerei und Zeichnung)
auf der Grenze zwischen Malerei und Poesie
stehen, und daher zur Vermittelung geistiger
Inhalte besonders geeignet sind. Die Bildkunst,
das* Tafelbild, dient in erster Linie der „Augen-
freude“. Klingers Radierungen erheischen
eine Interpretation. Wer bei diesen Wer-
ken auf die Frage nach dem Inhalte der Dar-
stellungen keine Antwort zu geben weiß,
kommt nicht zu vollem Genuß. Den großen durch-
gehenden Ideenzug darzulegen, gilt der Ver-
fasserin bei der Besprechung der Zyklen als
Hauptsache. Der Zusammenhang der einzelnen
Blätter und Folgen (z. B. der „Intermezzi“) ist
bisher nie derartig systematisch untersucht wor-
den. Kühn beschränkt sich auf Hinweise, die
in der Wortfülle seiner Analysen untergehen.
Die Interpretation Heynes schließt andere Inter-
pretationen nicht aus, sie stellt selbst nur eine
Hypothese dar, aber eine Hypothese, die
den Vorzug hat, Klingers geistige Entwicklung
aus seinen Schöpfungen logisch und über-
zeugend zu erklären. Heyne deutet die „Ra-
dierten Skizzen“ und „Intermezzi“ als eine
Elegie auf das menschliche Leben. Zu-
erst behandelt der Künstler also das Thema
„Leben“, und zwar erfindet er dafür noch
nicht die Blätter, sondern stellt sie nur unter dem
erwähnten Gesichtspunkt zusammen. Jeder
über das Leben Nachdenkende empfindet Liebe
und Tod als seine Angelpunkte. Klinger be-
handelt darum nacheinander diese beiden
Themata. Zuerst die Liebe: Leicht in Amor
und Psyche, scherzhaft, echt jugendlich, mehr
im Sinne der Verliebtheit im Handschuh,
satirisch heiter in den Rettungen. Es folgt
eine philosophische Argumentation: „Eva und
die Zukunft“, eine soziologische Reflexion:
„Ein Leben“, „Dramen“, und endlich eine ethi-
sche Betrachtung: „Eine Liebe“. Geistig und
künstlerisch wächst Klinger in der Behandlung
des Themas. Er geht dann zur Bearbeitung
des Themas „Tod“ allein über, der bisher nur
als Endresultat der Liebe auftrat, zuerst in
leichterer Behandlungsweise, Phantasien über
die Tüdeslose nebeneinanderstellend, dann im
„Tod II“ zur Konstruktion eines großartigen
Ideengebäudes über den Tod und die Erlösung
zum Leben. Den Grundstein legt die Brahms-
Phantasie, denn während alle bis zu diesem
Zeitpunkte entstandenen Zyklen, die philoso-
phische Ideen enthalten, Schopenhauersche
Lebensverneinung verraten, sprechen die
„Brahms-Phantasie“ und der Zyklus „Tod II“
das Bekenntnis der Lebensbejahung im Sinne
Nietzsches aus.
Eine eingehendere Besprechung der Radie-
96
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
rungen und eine genaue Sinnerklärung jedes
Blattes nach der formalen Seite hin läßt das Buch
um so weniger vermissen, als die Verfasserin
ihre Aufgabe selbst begrenzt und bereits Kühn,
M. Schmid, Ävenarius u. a. die einzelnen
Blätter in ziemlich erschöpfender Weise be-
schrieben und interpretiert haben. Nur die
Blätter, die zum Nachweise der von H. dargelegten
philosophisch -ethischen oder formalen Ent-
wicklung nötig sind, werden ausführlicher be-
sprochen. So bei den „Intermezzi“ alle Blätter;
bei „Eine Liebe“ wird kein einziges Einzelblatt
herangezogen. Wo ein früherer Typus für ein
später weiter durchgearbeitetes Bildmotiv (z. B.
Narzißblatt, S. 17) gegeben wird oder umgekehrt
(S. 26), finden einzelne Blätter eine genaue for-
male Interpretation. Im allgemeinen richtet sich
eben das Bestreben der Verfasserin darauf, die
Logik der geistigen und künstlerischen
Entwicklung aufzuzeigen, indem sie chrono-
logisch fortschreitet und jede neue Etappe durch
einen Blick in die Vergangenheit und Zukunft
zu einem Ganzen zu verketten sucht. Diese
Einzelentwicklung aber versucht die Verfasserin
wiederum durch Ausblicke auf Kunstströmungen,
aus denen sie hervorgegangen, die sie berührt
oder bewirkt hat, zu einem Gesamtbild unserer
Zeit nach der künstlerischen Seite hin zu-
sammenzuschließen. Die Hauptperioden sind
durch fettgedruckte Überschriften über den ein-
zelnen Abschnitten gekennzeichnet, die einzelnen
Werke und der Inhalt der Abschnitte durch ge-
sperrten Druck.
Die Bilder und Plastiken werden eingehen-
der auf das Formale hin untersucht, weil sie
der Ideenwelt ferner stehen als die Radie-
rungen. Es wird gezeigt, wie der Künstler als
Maler und Plastiker dieselben Stoffgebiete, wie
in der Radierung: „Antike“, „Christentum“, das
„Rätsel des Lebens“ zum Ausdruck bringt. Die
einzelnen Stoffgebiete liegen neben einander
und gestalten sich immer mehr zu Problemen,
mit denen er ringt. Im Keim sind sie schon
alle in den Jugendzeichnungen enthalten. Die
Verfasserin wendet sich hier gegen Versuche,
wie sie u. a. Brieger-Wasservogel unternommen
hat, der eine der wirklichen Chronologie der
Werke nicht entsprechende Entwicklung Klingers
vom antiken Heidentum zum Christentum und end-
lich zum „dritten Reich“, dem „Gottmenschentum“
dartun will. Sie beweist ferner, daß Klinger
der Mithilfe aller Kunstgattungen zum Ausdruck
seiner unteilbaren Künstlerpersönlichkeit bedarf.
Reine „Augenfreudenkunst“ geht in seiner
Malerei und Plastik neben der geistige Inhalte
stark betonenden Radierung her, so daß man
danach die malerischen und plastischen Werke
in zwei Gruppen scheiden kann. Für die Ma-
lerei vertritt Klinger diese Anschauungen auch
theoretisch in seiner Schrift „Malerei und Zeich-
nung“.
Ferner beweisen malerische und plastische
Werke, obgleich letztere später in Angriff ge-
nommen worden sind, wiederum eine Entwick-
lung vom Pessimismus Schopenhauers zu
Nietzsches Lebensbejahung und zum Evolutio-
nismus. Soweit also die philosophisch-geistige
Seite der modernen Zeit in Betracht kommt,
ist Klinger direkt auch der Interpret unseres
spezifischen, „modernen“ Zeitgeistes.
G. J. Kern,
s
Otto Hoerth. D as Abendmahl des
Leonardo da Vinci. Ein Beitrag zur Frage
seiner künstlerischen Rekonstruktion. Mit 25 Abb.
in Lichtdruck auf 23 Tafeln. Leipzig, K. W.
Hiersemann 1907. 250 S. 20 M.
Diese sehr sorgfältige, freilich auch sehr um-
ständlich abgefaßte Untersuchung hat zwei Ziele.
Sie setzt sich zunächst mit Strzggowskis im
Goethe-Jahrbuch 1896, S. 138 ff gegebener Deu-
tung auseinander, wonach nicht das „Unus ves-
trum“ den klassischen Moment bezeichne, sondern
vielmehr die Stelle Matth. 26, 23; „Qui intigit
mecum manem in paropside, hic me tradet.“
Schon Weizsäcker (Goethe-Jahruuch 1898, S. 248 ff)
und Jansen (Beil. z. Allgem. Ztg. 1 '4. Aug. 1896)
hatten ablehnend geantwortet. Auch Hoerth
kommt zu einer ausführlichen Widerlegung zu-
gunsten der alten Goetheschen Deutung, geht
aber den Entwürfen zum Abendmahl (Windsor,
Louvre, Venedig usw.) nach, aus denen hervor-
geht, daß in der Tat die ersten Skizzen sich
eng an die Tradition anschlossen, den Judas
diesseits des Tisches setzten, Johannes „an des
Herrn Brust“ plazierten und daß die Schüssel
ein wesentlicher Träger der Aktion sein sollte.
Warum Leonardo dann diesen scheinbar drasti-
schen Moment des Eintauchens aufgab, ist leicht
zu erkennen; die Spannung des Zweifels, wer
der Verräter sei, wäre ja dann nicht möglich
gewesen. Übrigens schließt die Vulgata nicht
notwendig den Irrtum der Luther-Übersetzung
mit in sich; es handelt sich im griechischen Text
nicht um die Aufforderung, in diesem Augen-
blick in die Schüssel zu greifen, vielmehr sagt
Christus; Einer, der täglich mit mir aus einer
Schüssel gegessen hat, wird mich verraten.
Daß der durch solche Ankündigung des Meisters
hervorgerufene Schrecken der Jünger von Leo-
nardo durch das Zucken von 24 Händen illustriert
wird, hat schon Carl Justi als unmännlich ge-
Literatur
97
schölten; aber die Deutung des Unus vestrum
bleibt doch die einzig mögliche. Hoerth nimmt
nun jeden Äpostel vor und deutet die Gebärde;
eine Kühnheit für jeden Nordländer, der die
Gebärdensprache des Südländers nie ganz be-
herrschen wird, trotz eifrigster Umfrage. Vor
allem laufen wir Gefahr, zu viel hereinzulegen.
Im Änschluß an diese Diskussion wird nun auch
das Räumliche und Perspektivische noch einmal
vorgenommen. Hoerth sieht seltsamerweise in
den großen Wandbehängen eher Fresken als
Teppiche — schon das Format schließt dies aus.
Die psychologische Äbhandlung über Judas über-
rascht etwas in einem kunsthistorischen Buche;
daß Leonardo ihn nicht als Bösewicht schlecht-
hin aufgefaßt hat, geht doch schon aus dem
Kopf hervor. — Das zweite Thema des Buches
ist die Kritik der bekannten Äpostel- (und
Christus-) Köpfe in Straßburg und Weimar.
Hier wird noch einmal mit aller Äkribie, unter
Entlarvung der englischen Fälscher, nachgewiesen,
daß die Weimarer Köpfe nach den 6 in Straß-
burg und 6 anderen noch nicht wieder aufgefun-
denen Blättern gefälscht sind, und zwar erst
um 1815. Den Straßburger Blättern aber möchte
Hoerth die Äutorschaft des Meisters vindizieren,
der sie vermutlich bei seinem zweiten Mailänder
Äuf enthalt, kurz vor der Äbreise nach Frank-
reich, gezeichnet hätte, um darin die Grundlage
für eine von König Franz I. gewünschte Wieder-
holung zu haben. Dehio hatte an Boltraffio
gedacht und den Charakter der Nachzeichnung
betont, während Hoerth eine Ärt Selbstkopie
des Meisters annimmt. In jedem Fall fallen
die Weimarer Köpfe von jetzt an in jedem Sinne
fort; sie können auch nicht für die in Straßburg
fehlenden und im Original unkenntlichen Köpfe
als Änhalt verwandt werden, da die ganze
Weimeraner Folge nicht nur auf den Straß-
burger Blättern, sondern auch auf Stichen ruht.
Die Bedeutung der Straßburger Folge wächst,
selbst wenn man dem Verf. nicht beipflichtet in
der Zurüchführung auf Leonardo selbst. Die
Untersuchung ist äußerst gewissenhaft, nur, wie
gesagt, zu umständlich. Der lange Weg, auf
dem der Verf. zu seinen Resultaten kam, wird
uns nicht erspart, sodaß es nicht leicht ist, sich
durch die Fülle des Details durchzufinden. Im
Einzelnen sei noch bemerkt: Hoerth hält den
Christuskopf der Brera für echt. Bei Tafel XII
muß es oben rechts D^ nicht D heißen. Der
Verf. meint, angesichts des desolaten Zustandes
müsse sich ein Künstler an die Rekonstruktion
machen, und für diese liefert der Verf. eine
Menge wichtiges Material. Was aber kann von
diesem Werk kopiert werden, was nicht Neben-
sache w’äre? Älles Große hat seine Geschichte
und seine Zeit. Und der cenacolo Leonardos
bildet einen festen Besitz im geistigen Haus-
halt der letzten vier Jahrhunderte, den immer
wieder zu beleben das beschädigte Fresco noch
durchaus fähig ist. Dessen Zustand nach Kräften
zu konservieren, ist selbstverständliche Pflicht.
Äber alle Äbleitungen sind eher gefährlich, eben-
so wie alle Renovierungen und „Äusbauten“
architektonischer Denkmäler.
Paul Schubring.
S
S. Sanpere y Miquel: Los quatrocentistas
catalanes. Libreria „L’Ävenc“. Barcelona 1906.
Bd. 1. VII u. 319. Bd. II. 284 u. CI S. mit
180 Äbb.
Das vorliegende reich illustrierte Werk ver-
dankt seine Entstehung der Exposiciön de Arte
antiguo, die 1902 in Barcelona stattgefunden
hat; es ist mit außerordentlichem Fleiß gear-
beitet und zeugt von großer Liebe zur heimat-
lichen Kunst, ja von fast allzugroßer Liebe.
Denn hat Casellas, der verdienstvolle Heraus-
geber der „Veu de Cataluna“, bisher den Ein-
fluß der fremden Schulen auf die katalonische
Kunst überschätzt, so verfällt Sanpere ins Gegen-
teil und bemüht sich, uns eine große, nationale
katalonische Quatrocentokunst zu zeigen.
Katalonien hat sowohl als Grenzland wie
unter der Regierung seiner verschiedenen von
auswärts gekommenen Herrscher die mannig-
faltigsten Einflüsse in seiner Kunst erfahren;
die Meister, die über das bessere Mittelmaß
hinausragen, sind selten und dann, wie Älfonso
und Bermejo, keine Katalonier; Sanpere möchte
sie wohl gerne dazu machen, ist uns aber den
untrüglichen Beweis dafür schuldig geblieben.
In Kürze hier die Hauptresultate der Arbeit:
Juan I. (gest. 1396) war mit einer Französin
vermählt und führte französische Sitten in
seinem Lande ein; sein Nachfolger Martin, der
1397 von Sizilien kam, liebte neben italienischen
Gemälden flämische Gobelins. 1403 schenkte er
der Kathedrale von Barcelona eine „Veronika“,
ein sienisches Gemälde. Es wird nicht das ein-
zige Sieneser Kunstwerk gewesen sein, das die
katalonischen Meister zu Gesicht bekamen.
Ganz unter dem Einfluß dieser italienischen
Kunst steht, sowohl was Auffassung wie Ge-
wandbehandlung anbetrifft, vor allem Luis
Borassa, 1396—1426 als Künstler nachweis-
bar. Hauptwerke: Retablo S. Clara (Vieh. 1415),
Madonna von Manresa, Allerheiligenaltar S.
Cugat de Valles, S. Llorens de Morunys (1419).
Die Zuweisung des Johannesaltars in Paris an
Borassa halte ich nicht für berechtigt. Die Ge-
7
98
Monatshefte für Kunstwissenschaft
stalten sind hier viel strenger, männlicher als
die weichlichen Borassas, auch sind sie schlan-
ker; sicher stammt der Ältar aus dem Kreis
des Meisters.
Zu seinen Gehilfen und Schülern gehörte
auch sein Sklave Lukas, in seinen Arbeiten
flauer und trockener als Borassa; eine seiner
besten Leistungen ist der Georgsaltar in Villa-
franca de Penades.
Ein zweiter größerer Künstler ist Benito
Martorell, gest. 1453 oder 1454; erkenntlich
an den untersetzten Gestalten und der etwas
langweiligen Gewandbehandlung mit den großen
Längsfalten; mit das beste der Retablo der Di-
putados de Cataluna (Barcelona, Äudiencia).
Am bekanntesten von allen katalonisdien
Quatrocentisten dürfte wohl Luis Dalmau
de Viu sein. Wie Bertaux vor kurzem nach-
gewiesen hat (Revue de l’Art anc. et mod.
XXII. 107 ff.), war er 1428 Stadtmaler in Valen-
cia. Am 21. September 1431 erhält er als Haus-
maler des Königs Reisegeld für eine Fahrt nach
Flandern. Er kam also kurz vor Enthüllung
des Genter Altars dorthin. Sein berühmter
Ret. de los Concelleres in Barcelona wurde 1443
bestellt und 1445 vollendet. In Barcelona ist
Dalmau noch 1459 nachweisbar. Im Gegensatz
zu Casellas und Sert weist ihm Sanpere die
Pariser Caselverleihung zu, wohl mit Unrecht.
Nach Sanpere bediente sich der Maler hier
kastilianischer Modelle; das Werk sei nach 1459,
dem Ausbruch des Bürgerkriegs, entstanden.
Mit Recht dagegen spricht er Dalmau den ihm
von Dvorak zugewiesenen Madrider Lebens-
brunnen ab, wegen der allzugelehrten und zu
komplizierten Komposition und wegen völligen
Mangels spanischer Typen.
Jaime Huguet, der „Meister des Aus-
drucks“, ist von 1448, wo er ca. 30 Jahre zählt
bis 1483 nachweisbar. Das einzige doku-
mentarisch beglaubigte Werk, das erhalten
ist, ist der 1460 vollendete Ret. de S. Abdon y
S. Senen de S. Pedro de Tarrassa. Aufgeregte
Szenen liegen dem Meister nicht, der Ausdruck
der Ergebenheit seiner Märtyrer gelingt ihm
dagegen vortrefflich. Dann arbeitete er mit
den Vergos am Vicentealtar von Sarria, wo er
als derjenige erscheint, der am meisten von der
Renaissance autgenommen hat. In den Typen
erinnert er mehrfach an Gerhard David.
Mit Recht schreibt ihm Sanpere (im Anhang)
den Georgsaltar im Louvre zu, zusammen mit
dem in Barcelonaer Privatbesitz befindlichen
Drachenkampf, den er im ersten Band Martorell
zugewiesen hatte.
1473 malte Meister Alfonso den Retablo von
S. Cugat de Valles mit der Marter des S. Me-
din. Die Köpfe der Begleitfiguren, schon von
Justi gerühmt, gehören mit zum Hervorragend-
sten der damaligen Kunst, man denkt an Bel-
lini; der Akt freilich altertümlicher, mehr an
Antonello da Messina gemahnend.
Alfonso ist kein katalonischer Name. Haben
wir hier Pedro Alfonso de Baena vor uns?
Dieser, ein Cordobese, wird noch 1485 als Ma-
ler erwähnt.
Noch bedeutender ist Bartolome Ber-
mejo, auch Bartholomeus Rubeus genannt, um
den sich im Burlington fine Art Magazin, in der
Gazette des Beaux-Arts und in der Revue
de l’Art in den letzten Jahren ein kleiner
Kampf entwickelt hat. Was Sanpere anlangt,
so begeht er den Fehler, erst alle möglichen
dem Meister zugewiesenen Werke zu besprechen
und dann erst auf das beglaubigte Meisterwerk
einzugehen, das sich, wie Bertaux bemerkt, zu
den meisten zugeschriebenen Gemälden verhält
wie ein Roger van der Wey den zu einem Bel-,
lini. Bermejos „Piedad“ in der Kathedrale von
Barcelona, 1490 im Auftrag des Canonicus Des-
pla gemalt, ist (trotz aller Zerstörung) eines
der Hauptwerke der spanischen Quattrocento-
kunst, Maria namentlich von großartiger Herbheit.
Der St. Michael mit Stifter in London bei
Herrn Warnher stammt aus der Valencianer
Gegend und ist ein Frühwerk des Meisters; der
niederländische Einfluß noch sehr stark, eigen-
artig der Mantel, wie der einer Estofadofigur
behandelt. S. Engracia bei Gardiner-Boston
macht mehr einen französischen Eindruck. Die
Zuschreibung der Piedad von Villeneuve-les-
Avignon im Louvre an Bermejo hat ziemlich
viel für sich, obzwar ich auch hier lieber an
eine französische Arbeit denken möchte. Wenn
auch die Pietäskulptur am Barcelonaer Dom-
portal in der eigenartigen Lage Christi merk-
würdig mit dem Bild übereinstimmt, so ist doch
nicht nachgewiesen, daß der Maler wie der
Bildhauer Spanier waren.
Die Verkündigung und der Michael in Avignon
haben nichts mit dem spanischen Rubeus-Ber-
mejo zu tun. Es zeigt sich hier, namentlidi in
der Verkündigung, eine merkwürdige Mischung
von Niederländischem und Oberitalienischem.
Von grandioser Herbheit dagegen die „Santa
Faz“ im Museum von Vieh, eines der unver-
geßlichsten spanischen Frühwerke. 1495 ent-
warf der Künstler die Malereien der zehn Glas-
gemälde in der Taufkapelle der Barcelonaer
Kathedrale, von denen uns noch eins erhalten ist.
Ein großer Teil der Kunstwerke aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist in der
Werkstatt der Vergos entstanden. Die Haupt-
mitglieder dieser Künstlerfamilie sind Jaime
Literatur
99
Vergos II. (zuerst 1459 erwähnt, gest. 1503?),
der altertümlichste, seine Söhne Pablo (gest.
um 1495), der bedeutendste, und Rafael (zuletzt
1503 erwähnt). Die Scheidung der einzelnen
Hände ist oft schwierig. Vielleicht untersdiätzt
Sanpere den Änteil Rafaels ein wenig zugunsten
Pablos. Den bedeutenden Retablo del Condes-
table weist Sanpere den Vergos zu; von Jaime
rührt die Äuferstehung Christi her, von Pablo
die Anbetung der Könige und die Ausgießung
des heiligen Geistes. An dem Ret. de S. Vi-
cente de Sarria (Barcelonaer Museum) arbeiteten
Huguet, Jaime und Pablo Vergos. Auf dem
Pablo zugewiesenen Gemälde der „Ordensein-
kleidung“ sind die singenden Chorherren als
Weiterbildung der Genter singenden Engel von
größtem Interesse. Eines der tiefgehendsten
Werke Pablos ist Ret. S. Antonio Abad in
dessen Kirche zu Barcelona, zu rühmen nament-
lich der Antoniuskopf aus dem „Besudi des hl.
Paulus“. In den (Barcelonaer Museum und
gremio de Curtidores) erhaltenen Teilen des
Ret. de los Curtidores herrscht, soweit sie
Pablo angehören, eine ganz neue Großzügig-
keit, vor allem in der „Krönung“ wirklidier
Stil. Das Hauptwerk der Vergos ist der 1500
vollendete Stefansaltar von Granollers; von
Pablo die Propheten, bei denen Sanpere nicht
mit Unrecht an Slüter als mögliches Vorbild
denkt. Die Gestalten sind durch die Kunst Ber-
mejos angeregt (den Sanpere hier gern zum
Schüler der Vergos machen möchte).
Wenn Casellas die Vergos und ihre Kunst
„Stillstand und Verfall der katalonischen Kunst“
genannt hat, so ist dies etwas zu hart geurteilt.
Ebenso verkehrt ist aber auch das übertriebene
Lob, das ihnen Sanpere spendet. Die ständige
Wiederholung derselben Figuren auf den Cal-
varios, Teufelsbeschwörungen und Kranken-
heilungen zeugt doch von geringer künstlerischer
Phantasie.
Kastilische Künstler sind in jener Zeit in
ziemlicher Anzahl in Katalonien tätig, zu nennen
ist vor allem Camargo. Sanpere meint, sie
seien vom Ruhm der dortigen Schule angelockt
worden und hätten von den großen katalonischen
Meistern lernen wollen. Wie vereinbart sich
aber mit dieser Anschauung die Tatsache, daß
diesen „Schülern“ die zahlreichen Aufträge zu-
strömten?
Von großem Interesse ist das Fresco im Re-
fectorium der Pia Almogna (Barcelona): Eine
Tischgesellschaft von 13 Armen; sichtliches Vor-
bild eine italienische Abendmahlsdarstellung
(Ghirlandajo!). Die Stelle des Johannes nimmt
hier ein kleines Kind ein. Die Frage nach dem
Künstler (Pablo de Siena? oder Pablo de S.
Leocadio?) wird offen gelassen.
Ungefähr 1502 ist der Trinitätsretablo des
Gabriel Guardia in Manresa entstanden, eines
der eindrucksvollsten Werke jener Zeit.
Sehr zu rühmen ist die reiche Anzahl der
beigegebenen Photographien wie die Mitteilung
zahlreicher Dokumente im Anhang.
August L. Mager.
g
Paul Schubring, Rembrandt. Mit einem
Titelbild und 49 Textabbildungen, Leipzig,
Teubner 1907 (Aus Natur und Geistes-
welt 158.).
Rembrandt ist unendlich wie Goethe, Shake-
speare, Beethoven. Ewig sich gleich und immer
neu wie das holländische Meer und schluchten-
reich barock wie die Alpen. Man hat dem
Menschen und seinem Werk ehrfürchtigen An-
dachtsdienst entgegengebracht, man hat pfaffen-
hafte Kleinkrämerei und frevelnde Unzucht mit
ihm getrieben — ganz wie mit der Bibel. Es
gibt Bücher für 1000 Mark und welche für eine
Mark über ihn. Dies hier ist eines für eine
Mark, und gewiß nicht das Schlechteste. Die
Gesinnung des Verfassers war gewiß, dem Leser
möglichst viel geordnetes Material zu bieten,
die Musik mag sich nachher ein jeder selbst
dazu machen. Mit Recht wird bei dem persön-
lichsten aller Künstler die Persönlichkeit in den
Vordergrund gestellt. Hofstede de Groot’s un-
schätzbares Urkundenbuch ist hier für die brei-
teste Menge nutzbar gemacht. — Bei einem in
größter Auflage gedruckten Buche darf aber
nicht der Druckfehler stehen bleiben, Rembrandt
habe in der „Joodbeerenstraße“ (statt Jooden-
breestraat!) gewohnt. Einen Aufenthalt Rem-
brandts in England würde ich nicht als so
wahrscheinlich annehmen wie Schubring; eine
Notiz, die 44 Jahre nach dem Tode des Meisters
niedergeschrieben wurde, kann in der Zeit der
Reiseromane dem Wunsche entsprungen sein,
den in Ungnade Gefallenen im Auslande sein
Glück suchen zu lassen und ein Zipfelchen von
ihm sich für das eigene Land zu erobern. Ein
paar Wiederholungen in der Lebensgeschichte
(S. 46 und 56) hätten wohl vermieden werden
können. Feinsinnig und gerecht sind übrigens
die beiden Frauen Rembrandts, die zarte, etwas
eigensüditige Saskia und die derbere, ent-
schlossen gutmütige Hendrickje, kontrastiert. —
Gern hätte man auch in diesem engen Rahmen
etwas mehr darüber gehört, wie sich Rembrandts
Kunst aus der seiner Vorgänger herausentwickelt
100
Monatshefte für Kunstwissenschaft
hat. Geschickt ist sonst die Übersicht der zahl-
reichen Werke durch die verweilende Beschrei-
bung von Höhepunkten erleichtert: als solche
werden die Blendung Simsons, die Schubring
mit starken Szenen Shakespeares vergleicht und
das rubensartigste seiner Bilder nennt, die
Nachtwache, das Hundertguldenblatt, dessen Er-
klärung mir zu scharf zugefeilt erscheint, und
die Staalmeesters , auch diese zu sehr auf die
Novelle gedeutet! — herausgehoben. Bei Rem-
brandts Landschaften hätte stärker betont werden
müssen, daß der Meister die Natur mehr als
Romantiker, als selbstschöpferischer Dichter sieht
und ähnlich wie die grundlegenden Meister des
15. Jahrhunderts den gebirgigen Äufbau sehr
oft nicht entbehren kann. Äuch geht es nicht
gut an, zu sagen, die Italiener hätten den tiefen
Zusammenklang zwischen Mensch und Natur
nicht gespürt: Correggio, Dosso in Circe und
Äpoll und gar Giorgione sind doch voll davon.
Gut und zumal den Unkundigen trefflich ein-
führend wirkt das, was über die Radierung ge-
sagt wird. Das stofflich sehr reiche, für mein
Gefühl sogar etwas zu sehr mit Statistik ge-
stopfte Büchlein ist an allen Stellen flott und
klar geschrieben; nirgends werden wir mit ab-
geleiertem Enthusiasmus geplagt, oft finden
sich eigenartige, bisweilen eigenwillige Ver-
gleiche und Wortprägungen. — Die Biographien
Sandrarts und Baldinuccis (diese zum erstenmal
in deutscher Übersetzung) sind beigegeben; die
Äbbildungen sind verständig ausgesucht und so
gut wie sie für den Preis sein können.
Franz Dülberg.
g
Klossowski, Honore Daumier. Mit
133 Abbild, u. vier Lichtdrucktafeln. München
R. Piper u. Co. 1908.
Wir haben schon längere Zeit Ausschau ge-
halten nach einer größeren Arbeit, die endlich
imstande wäre, die vagen Begriffe, mit denen
wir in Deutschland die künstlerische Persönlich-
keit Daumiers, vornehmlich Daumiers des Malers
zu umschreiben pflegen, zu vertreiben. Die über
den Meister, von dem bei uns (wenn überhaupt
etwas) nur der monumental geprägte und doch
nicht einmal falsche Beiname „der Michelangelo
der Karrikatur“ gesellschaftlichen und feuille-
tonistischen Gesprächskurs erhielt, Klärung und
Belehrung zu geben verstünde. Klossowskis
Buch kommt also einem vorhandenen Bedürfnis
entgegen. Daumier, der Karikaturist vom Chari-
vari, dessen Blätter noch vor kurzem an den
Seinequais um einige Sous zu haben waren,
verdankt außerhalb Frankreichs seinen Ruhm
dem erheiternden Sonderheft des Studio, der
Maler Daumier hat erst kürzlich in das Hagener
Folkwangmuseum und die Nationalgalerie in
Berlin siegreichen Einzug gehalten. Außer dem
pointierten Kapitel Meier -Graefes „Delacroix
und Daumier“ gab es keinerlei Orientierung in
deutscher Sprache. Ist nun Klossowskis Buch
eine solche Orientierung? Will sie es überhaupt
sein und wendet sie sich nicht vielmehr an den
kleinen Kreis von Kunstfreunden , denen das oeuvre
Daumiers durch persönliche Kenntnis vertraut
ist, die in die Atmosphäre der französischen
Kunst sich so hineingeatmet haben, daß sie
außerhalb -derselben elendiglich zu ersticken
glauben? Das ist es. Die Atmosphäre Frank-
reichs ist für Klossowski scheinbar derartig Lebens-
bedingung geworden, daß er vom Leben der
Menschen „hinter dem Berge“ nichts mehr weiß-
Und er hat doch für diese Menschen ge-
schrieben, sogar in vorzüglichem Deutsch ge-
schrieben. So ist ein Mißverhältnis entstanden,
das bei der Durchnahme seines Daumier sehr
unbehaglich wirkt. Die Voraussetzungen an die
Kenntnis des Lesers sind auf eine Höhe ge-
schraubt, die nur durch langes Studium der
Pariser öffentlichen und privaten Sammlungen
zu erklimmen möglich ist; mit autonomer Selbst-
verständlichkeit wird beispielsweise die Kennt-
nis Delacroix’ beansprucht, die Namen und
Bildertitel zahlreicher französischer Künstler in
buntem Schwarm herumgeworfen. In dieser
Beziehung hat leider Meier-Graefe Schule ge-
macht, der Name „vente“ schlängelt sich ange-
nehm in manchen Auktionsbericht, Druet, Drouot,
Vollard, Durand-Ruel, rue Lafitte sind lieblich
klingende Sirenentöne auf der Schalmei sanfter
deutscher Kunstkritiker geworden, auch wenn
sie niemals nach Mekka gewallfahrtet sind.
Was bei Meier-Graefe persönlich-impulsiv wirkt,
stört bei seinen Adepten. Nun muß allerdings
anerkannt werden, was schon oben angedeutet
wurde, daß Klossowskis Stil schwerer und über-
legter, ernster und abstrakter einherschreitet als
Meier-Graefes flüchtig huschendes Wortgetänzel.
Der erste Satz des Daumier ist mit der gleichen
sprachlichen Korrektheit geschrieben wie der
letzte. Das Buch gibt sich als eine meisterliche
Analyse der malerischen Fähigkeiten, die Daumier
besessen hat. Chronologisch wird Bild auf Bild
durchgesprochen und mit kritischer Exaktheit
zerlegt. Das Biographische wird fast ängstlich
vermieden. In erfreulicher Steigerung schreitet
die Darstellung von Daumiers Anfängen, die sich
nur andeutungsweise feststellen lassen, zu dem
Höhepunkt, den dramatisch leidenschaftlichen
Arbeiten, fort und endet mit einem gehaltvollen
Abschnitt über die intime Art des Meisters.
Literafur
101
Eine knappe Zusammenfassung steht am Schluß,
dem ein sorgsam redigierter Katalog der Werke,
soweit sie sich nennen ließen, folgt. Wenn also
jene „Voraussetzungen“ nicht wären, von denen
so scharf und vorwurfsvolf gesprochen werden
mußte, verdiente Klossowskis Buch die höchste
Änerkennung. Diese wird ihm unstreitig zu
teil werden von den wenigen, die hierzulande
in der Lage sind, seinen Äusführungen so zu
folgen wie er es verlangt. Es ist eine Mono-
graphie über Daumier großen Stiles. Wer den
Künstler nicht kennt, wird verständnislos nach
wenigen Seiten das Buch fortlegen. Wer aber
Gelegenheit hatte, die Fülle seiner Originalität
angesichts seiner Bilder zu empfinden und zu
bewundern, wird es für vielfache Anregung und
Erläuterung dankbar bis zum Schlüsse mit zu-
stimmender Teilnahme verfolgen. Aus dem an-
geführten, immer wieder zu betonenden Grunde
ist es aber nicht das Buch über Daumier, eben-
sowenig wie das Buch Valerians von Loga
das Buch über Goya ist. Für uns Deutsche
nämlich. Würde die stilistische Eigenart Klossows-
kis nicht zu sehr leiden, so möchte eine Über-
setzung ins Französische recht empfehlenswert
sein: „Que faut-il qu’on en fasse? Monsieur,
si vous voulez le rendre ä vos amis!“
Die Ausstattung des Buches steht nicht auf
der Höhe. Die Tafeln gehen eben noch, aber
die übrigen Abbildungen geben keine Ahnung von
einem Daumier. Zur Entschuldigung des Ver-
lages, welchem der schöne Druck des Textes zu
danken ist, sei aber bereitwillig zugestanden,
daß nichts schwerer abzubilden ist als Daumier,
dessen Malerei nach Klossowskis richtigem Wort
aufs Dreidimensionale geht.
Uhde-Bernags.
s
Ärmand Dagot. La peinture anglaise. Paris
Laveur 1908. 363 S. 25 Heliogravüren. 282 Illustra-
tionen. 50 fs.
Armand Dagot, der bekannte Inspecteur des
Beaux-Arts und Herausgeber der Kunstzeitschrift
l’Art et les Artistes, gibt in diesem Werke die
erste große zusammenfassende Geschichte der
englischen Malerei in französischer Sprache,
nachdem ihm bisher nur die Einzelstudien von
Bürger-Thore, von Ph. Chasles, von Mantz und
Sizeranne vorangegangen waren, die nur einzelne
Teile dieses weiten Kunstgebietes umfaßten.
Es war in Frankreich ein starkes Bedürfnis nach
einer solchen zusammenhängenden Darstellung
wie sie uns Muther gegeben hat, vorhanden,
da die Wechselbeziehungen zwischen englischer
und französischer Kunst von jeher äußerst leb-
haft waren, wie dies Dagot in seiner Darstellung
treffend betont. Bekannt ist der außerordent-
liche Einfluß, den die Koloristik Constables auf
Delacroix ausübte, ebenso die Beziehungen zwi-
schen Constable und Turner einerseits und den
Fontainebleauern und Impressionisten andrer-
seits. Endlich hat die heutige mondaine Porträt-
malerei Frankreichs die weitgehendsten Ein-
wirkungen von Reynolds, Gainsborough und ihren
Nachfolgern erfahren. Dagot weiß in außer-
ordentlich geschickter und gewandter, in erster
Linie auf französische Quellen gestützter Dar-
stellung all diese Wechselbeziehungen, wie auch
die Entwicklung der einzelnen Zweige der eng-
lischen Malerei anschaulich vorzuführen. Neben
eine ausgiebige Behandlung der großen Meister
treten dokumentarisch wertvolle Notizen über
minder bedeutende Künstler, bei denen hie und
da noch einige Daten hinzuzufügen gewesen
wären. So bietet Dagots Werk ein ausgezeich-
netes Handbuch für den Liebhaber, der sich in
diesem Gebiete orientieren will. Unterstützt
wird DagotsText durch eine Fülle ausgezeichneter
Illustrationen, die beweisen, daß Frankreich auf
dem Gebiete der Reproduktionstechnik nicht mehr
nachsteht. Der enzyklopädische Charakter des
Werks wird auch dadurch gewahrt, daß in Text
wie Abbildungen auch die Schulen der Historien-
und Genremalerei in ihrer Entwicklung klar ge-
stellt sind, wenn auch dem heutigen Standpunkt
gemäß der Autor vielfach strenge Kritik walten
lassen mußte. R. A. Meyer.
8
Das Novemberheft der „Österreiciiisdien
Rundsdiau** (herausgegeben von Dr. A, Frhn.
V. Berger, Leopold Frhn. von Chlumecky, Dr.
Karl Glossy) enthält den Schluß der Mitteilungen
aus F. G. Waldmüllers handschriftlichem Nach-
laß, welchen A. Roeßler herausgibt. In dieser
Veröffentlichung haben wir einen bescheidenen
Teil der in dem großen, demnächst erscheinen-
den Waldmüllerwerk von Rößler ausführlich
abgedruchten Tagebücher des Künstlers zu
suchen und müssen daher nach dem Erscheinen
des Bandes kritisch nochmals darauf zurüdc-
kommen, um Waldmüllers Persönlickkeit ent-
sprechend den biographischen Mitteilungen rich-
tig aufzufassen. Besonders interessant sind in
diesem Novemberheft Waldmüllers drastisch
begeisterte Äußerungen über die franzö-
sische Kunst, die in folgenden Aussprüchen
gipfeln: „... Wo die Wissenschaft anfängt, an
einer künstlerischen Idee zu mäkeln, ist die
Kunst gefährdet. Der Genius und das Gefühl
für das Schickliche und Wahre ist des Künst-
lers einziger Leitstern, ihm muß er Folge leisten.
102
Monatshefte für Kunstwissenschaft
weil nur durch ihn Begeisterung möglich, und
nicht dem Geschwätz des Laien in der bilden-
den Kunst, Leute, die nie imstande waren,
irgend etwas zu schaffen, sondern mit Frech-
heit das von anderen Geschaffene mit ihrer
albernen, in jeder Zeile sich widersprechenden
Kritik besudeln. Die französischen Künstler
sind nicht durch die Journalistik auf diesen
Höhepunkt gelangt, sondern allein durch ihr
Genie.“ — u—
s
ÄGORÄ.
In der übrigens durchaus unbefangenen und
meine sicheren Ergebnisse freundlich anerken-
nenden und hervorhebenden Besprechung,
welche P. M. Halm meiner Studie über die
Ältartafel in Stams (erschienen in der Ferdi-
nandiums-Zeitschrift von 1906) in den „Monats-
heften“ vorigen Jahres, p. 162, hat angedeihen
lassen, ist ihm verzeihlicherweise entgangen,
daß ich auf S. 391 das Freskobild der Krönung
Marias im Chor der Pfarrkirche von Terlan aus-
drücklich als der nordischen (französisch-deut-
schen) Ikonographie sich anschließend bezeichnet
habe, wie ich denn auch in meinem Vortrag am
Internationalen Kongreß zu Innsbruck 1902 (Offi-
zieller Bericht S. 61) in demselben Sinne mich
folgendermaßen geäußert habe:
„Noch mehr deutsche Auffassung zeigt sich,
soweit noch ersichtlich, an den von mehreren
anderen Händen im Chor derselben Kirche aus-
geführten Fresken.“
Trotzdem bemerkt P. M. H. aus Anlaß
meiner ikonographischen Erörterungen über die
Darstellungen der Krönung Marias: „gerade
deshalb (weil ich in der Stamser Krönung ein
italienisches Vorbild nachgewiesen habe) wäre
es von großem Interesse gewesen, auch süd-
tirolische Darstellungen desselben Stoffes mit
deutschem Gepräge ohne italienische Anleihen,
z. B. die ungefähr gleichzeitige Krönung Marias
im Chor von Terlan, zum Vergleich heran-
zuziehen.“ Zugleich verweist P. M. H. auf
H. Braunes Schrift „Die kirchliche Wandmalerei
Bozens um 1400“ S. 71, wo dieser ebenfalls
diese Krönung Marias bespricht und als deutsch
bezeichnet.
Da ich unabhängig von B. und auch vor ihm
dieselbe Ansicht vertreten habe, so hat sich
P. M. H. mit obiger Äußerung, wie ersichtlich,
geirrt. — Ebenso hat sich, beiläufig bemerkt,
auch Braune geirrt, wenn er die Kompositionen
im Chor von Terlan als „flächenhaft, ohne den
mindesten Versuch einer Raumgestaltung“ be-
zeichnet, eine Behauptung, die am schlagendsten
durch die von ihm auf Tafel XIII veröffentlichte
Krönung Marias in Terlan widerlegt wird.
Hans Semper.
s
REVUE DER ZEITSCHRIFTEN
Albredit Dürers Tafelgemälde „Barmherzigkeit“
1523. (Fr. Schneider. MainzerZtschr.il.) Nachricht über ein
schon im 17. Jhrh. verschollenes Tafelbild Dürers, eines Ecce
homo von 1523, im Dom zu Mainz, von dem sich nur eine
Vorstudie Dürers in der Kunsthalle zu Bremen und t in großer
Kupferstich des Caspar Dooms von 1659 erhalten hat.
Über einige Werke der Salzburger Buchmalerei
des XI. Jahrhunderts. (P. Buberl. Jahrb. d.K.K. Zentral-
kommission 2. 1907). Swarzenskis Forschungen über die
süddeutschen Miniaturisten werden dahin ergänzt, daß
schon im Anfänge des 11. Jahrhunderts eine stark byzan-
tinisierende Buchmalerei in Salzburg einsetzte (Münchner
Perikopenbuch , Cim. 179), und daß dieser Stil in der
zweiten Hälfte des 11. Jahrh. seinen Meister in dem Kustos
Berthold fand. Diesen macht B. nämlich zum Vertreter
einer besonderen Salzburger Schule und teilt ihm selber
außer dem (von Swarzenski publizierten) Perikopenbuch
in S. Peter noch ein (bisher unbekanntes) Evangeliar in
Stift Admont, seiner Schule aber das Evangeliar kod. 805
in der Universitätsbibi. othek in Graz zu.
Un Raphael meconnu au Musee Poldi-Pezzoli
de Milan? (E. Durand-Greville. Rassegna d’arte 11).
Die bisher Perugino zugeschriebene kleine Madonna mit
2 Engeln im Museum Poldi-Pezzoli weist Durand-Greville
in der Ausführung (jedoch nach einer Zeichnung Peruginos)
dem 15jährigen Raffael zu; und er kommt, nach eingehen-
den Untersuchungen der strittigen Werke von 1498—1502,
überhaupt zu dem, wie es scheint, überzeugenden Schlüsse:
da es in den Alterswerken Peruginos von 1498 an zwei scharf
geschiedene Gruppen gebe, sei die eine von ihnen auf den
jugendlichen Raffael zurüdtzuführen , nämlich die Bilder,
welche in der Behandlung der Landschaft und der Figuren
eine schärfere , weniger von Manier getrübte Natur-
beobachtung und eine klarere Technik aufwiesen. Raffael
habe diese Stücke offenbar nach Vorzeichnungen des
Meisters ausgeführt; Peruginos Madonna in der Glorie
von 1498, in Perugia, sei nach der des Poldi-Pezzoli der
erste bedeutsame Beweis seines Könnens.
Les origines populaires de l’art. (E. Pottier. Gaz.
d. beaux-arts 606.) Die Kunst ist nicht Lüge, nicht Luxus,
sondern der Niederschlag des intensivsten Lebens: von
der prähistorischen und der Kunst der Wilden ausgehend,
die im.mer dem Aberglauben dient (Tierzeichnungen für
gedeihliche Jagd, Tätowierung, um sich magische Kräfte
zu verschaffen, Amulette usw.), bis zur heutigen Mode,
die ein barbarisches Überbleibsel aus der Zeit der Kleider-
ordnungen nach Kasten ist, bewahrheitet sich der Nütz-
lichkeitscharakter der Kunst; er dringt kraftvoll
wieder hervor in der neuen angewandten Kunst.
Ütudes sur le Greco. (P. Lafond. Gaz. d. b.-arts606.)
In der Kapelle des Hospitals de Afuera zu Toledo, einer
Schöpfung des Kardinals Don Juan Tavera: mehrere Bilder,
darunter ein Porträt des Kardinals und eine seltsame
Taufe Christi, sowie der Hochaltar, der ganz architek-
tonisch gehalten und mit Marmorstatuen besetzt ist, von
Theotokopolis Hand, der also auch plastisch und archi-
tektonisch tätig war.
Notes on some italian medals. (M. Rosenheim
and G. F. Hill. Burl. Magazine 57.) 1. Der Medaillist
A. A. ist nicht Ant. Abbondio, der Schüler L. Leonis;
5 Medaillen dieses Unbekannten werden publiziert. 2. Me-
daillen Niccolo III. von Este geschnitten von Amadeo da
Milano. 3. Verschiedene Medaillenporträts undMedailleure
der Renaissance.
La Collection de M. Gustave Dregfus. (P. Vitry.
Les arts 72). Vitry bespricht eingehend und auf Grund
der neuesten Zuteilungen die glänzende Sammlung von
Quattrocentro-Plastiken im Besitze von Dreyfus; haupt-
sächlich aus der Florentiner Schule (Donatello, Verrocchio
und ihreNachfo’ger); Laurana; Mailänder, Venezianer u.a.
norditalienische Schulen; zuletzt die zwei (neuerdings durch
Vöge bekannter gewordenen) Büsten von Konrad Meit.
Ausgezeichnete Abbildungen.
Literatur
103
Fälsdiungen alter Gemälde und Bildwerke. (W.
Bode. Kunst u. Künstler 3.) Bei der großen Raffiniertheit
der Fälscher hält Bode es an der Zeit, auf den Umfang
und die Gesdiicklichkeit der Fälschungen gerade an Ge-
mälden undSkulpturen nachdrücklich hinzuweisen, und bringt
aus seiner reichen Erfahrung einige schlagende Beispiele.
Adriaen Brouwer. (F. Schmidt- Degener. Onze
kunst 1.) In großen Zügen — das Heft enthält nur den
Beginn des Aufsatzes — wird Brouwers künstlerische
Entwicklung klargeleqt. Von Antwerpen, wo er unter
P. Breughel den archaischen Stil annahm, über Amster-
dam (1625) nach Hartem: hier erst der durchgreifende Ein-
fluß von Frans Hals, der ihm „die Zunge löste“ und seine
breite Malwcise vermittelte.
Ausstellung von altem Kunstgewerbe aus Privat-
besitz im Budapester Museum (Magyar Iparmüveszet 6.)
Abbildungen von Fayence, Porzellan, Uhren und Bronze-
arbeiten (Louis XVI.) usw.
Bartolomeus Rubeus. (F. Pellati. L’arte X, 6.)
Ausgehend von einem Triptychon im Dom zu Acqui, das
„Bartolomeus Rubeus“ bezeichnet ist und von ihm ent-
deckt wurde, gelangt Pellati, trotz der geringen Anzahl
der Werke dieses umstrittenen Malers, zu dem Schlüsse;
er sei ein Katalonier gewesen, der, wie noch andere Por-
tugiesen und Spanier im 15. Jahrh., bei van Eyck gelernt
und seine Weise beim Arbeiten in Italien und Spanien
modifiziert habe.
Per la storia dell’ arte nelle Marcfae. (A. Colasanti.
L’arte X, 6.) Unbekanntere Maler und Schulwerke des
14. u. 15. Jahrh. aus den Marken.
Ein neuer Roger. (F. Laban. Ztschr. f. bild. Kunst 3.)
Begleitworte zu der Reprodukt.on des für d. K. F. Museum
jüngst erworbenen Frauenporträts, das Friedländer und
Bode als Roger bestimmten, über dessen Porträtkunst
überhaupt und die sich daran knüpfenden Streitfragen.
NEUE PUBLIKATIONEN
Gebetbuch Kaiser Maximilians. Ein photolitho-
graphischer Faksimiledruck des ganzen Werkes in vier
bis elf Farben, von K. Gihlow besorgt und von den
Kultusministerien Preußens und Österreichs unterstützt,
ist erschienen, hergestellt bei A. Berger in Wien. Verlag
von Bruckmann in München. Preis 425 resp. 525 Mark.
Die Radierungen v. Chodowiecki sind in einer
Sonderausgabe, 83 Lichtdrucke, erschienen, besorgt von
G. Voß; bei J. Spiro, Berlin. Preis 4 Mark.
K. Stauffer-Bern. Ein kritisches Verzeichnis seiner
Radierungen und Stiche hat M. Lehrs herausgegeben, im
Verlage von E. Arnold, Dresden.
Niederländische Gemälde aus der Sammlung von
Al.Tritsch in Wien sind von der „Gesellschaft für verviel-
fältigende Kunst“ herausgegeben; 25Tafeln in Heliogravüre
und 21 Textbilder bringen die sämtlichen 46 Gemälde der
kleinen aber vorzüglichen Galerie. Text von Gust. Glück.
Die Gemäldegalerie des Prado erscheint in 84 He-
liogravüren bei Hanfstaengl, München. Text von K.Voll.
Subskriptionspreis 700 Mark.
Handzeichnungen alter Meister der vlämischen
Schule des 15., 16. u. 17. Jahrhunderts, als Ergänzung
zu den Handzeichnungswerken alter Meister, werden im
Verlag von H. Kleinmann u. Co. (London -Haarlem) in
Lieferungen zu je 4 Mark publiziert.
Meisterwerke im städtischen Museum der bilden-
den Künste zu Leipzig. Herausgegeben von Th. Schrei-
ber. Verlag von F. Bruckmann. A. G. München. Preis
60 M. Das Werk enthält mehr als achtzig ausgezeichneter
Reproduktionen in Lichtdruck mit begleitendem Text und
einem Vorwort des Herausgebers.
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Bull.Monumental,3— 4. L’eglise carolingienne
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de Chezal-Benoit. [Cher.] (F. Deshoulieres.)
Eglise de Duclair. (Ph. des Forts.)
Vitrg, P. et G. Briere. L’eglise abbatiale de
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Ältc Bau-
kunst
106
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Bull. Monumental, 3—4. Jean Äuxtabours,
architecte de la cathedrale de Chartres. (H.Stein.)
Discussion sur les voütes du dievet de
Morienval. (J. Brutails et E. Lefevre-Pontalis.)
Ämi des Monuments et desÄrts, 120. Sur
les fragments d’ardiitecture et de sculpture
ornementale de la maison du tresorier de la
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Berthele, J. et Brugiere, H. Exploration cam-
panaireduPerigord. In-S^de 657 pp. Dordogne,
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Ämi des Monuments et des Ärts, 119. Un
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l’abbaye de Saint -Ämand ä Rouen. (E. Dela-
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Bull. d. 1. soc. d. l’Historie d. protestantisme
Fran^ais, 5. La Maison des Tetes ä Valence.
Mättot, Ä. La renaissance fran^aise et le
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Älte Bau-
kunst
3c. Italien.
Joseph, Prof. Dr. D. Geschichte d. Ärchitektur
Italiens v. d. ältesten Zeiten bis zur Gegen-
wart. XVIII, 550 S. m. 340 Äbbild. Lex. 8».
Leipzig, Baumgärtner. 07. Geb. inLeinw. 20.— .
Atti e Memor. d. R. Deputaz. d. Storia p.
1. Provinc. Modenesi, 4. Chiesa e Monastero
di S. Cecilia presso Modena. (S. Cusmano.)
Boll. d. R. Deputaz. d. Storia p. TUmbria, 12.
Delle chiese della cittä o diocesi di Foligno nel
sec. XIII.
Builder, Okt. Ä Remarkable Italian Church.
[Madonna di vico in Vicoforte.]
Deutsch. Bauztg., 96. San Gimignano, ein
italienisches Rothenburg. (W. Fuchs.)
Quarterlg Review, 413. The Gardens of
Italy. (H. Sneyd.)
Arte e Storia, Die. Lo stile dei Luigi. (Ä.
Melani.)
Arte e Storia, Nov. La fauna scultoria mo-
struosa della basilica Ämbrosiana. (0. Sant’
Hmbrogio.)
L’art d^coratif, 5. La facciata della Catte-
drale di Siracusa. (E. Mancori.)
Atti d. R. Äccad. Peloritana, XX, 1. L’am-
pliamento della piazza del Duomo nel secol.
XVI ed il fonte Orione in Messina. (G. Ärena-
primo.)
Patzak, Dr. Bernh.: Die Renaissance- und Ba-
rockvilla in Italien. Lex. 8^ Leipzig, Klink-
hardt & Biermann. 111. Bd. Die Villa Imperiale
in Pesaro. Studien z. Kunstgesch. der Italien.
Renaissancevilla und ihrer Innendekoration.
(III, 435 u. 57 S. m. Äbb.) ’08. 32.— , geb. in
Perg. 35.— Bd. I u. II sind noch nicht ersch.
Riegl, Alois: Die Entstehung d. Barockkunst in
Rom. Äkadem. Vorles. Aus seinen hinterlas-
senen Papieren, herausgeg. v. Arth. Burda u.
Dvorak. (VIII, 214 S.) gr. 8». Wien, A. Schroll
& Co. ’08. 7.—
L’art, 818. La villa Medicis avant l’academie
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church of St. Candida and Holy Cross at White
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Cie. Kl. in -4^, XIV- 237 bldz., figg. en prenten
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travaux publics, 1907, n®84.)
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Siren, Oswald, Carl Gustaf Pilo. En Studie.
80 (26X20). 83 S. Stockholm, Ljus. Kr. 150.
Nationaltidende (Kopenhagen) Nr. 11388. En
Udtgdning af Rytterkamphilledet i Aal Kirke
og af beslägtede Kampscener i danske middel-
alderlige Kirker. (Figurmaler Eigil Rothe.)
Gaz. des beaux-arts 606. Le pagsage chez
les primitifs. (H. Bouchot.)
Trierisches Jahrbuch 1908. Über Monumen-
talmalerei. (F. Stummel.)
, Älte 4a. Deutschland.
Malerei
Anzeiger f. Schweiz. Altertumsk., 2. Die
Heilig-Kreuzkapelle bei Meis und ihre neuent-
deckten Wandgemälde. (K. Escher.) Hans
Caspar Galleti in Wil, der Glasmacher-Mono-
grammist H. C. G. (W. Wortmann.)
Archiv f. christl. Kunst, 10 u. 11. Joseph
Wannenmadier, Maler, Forts. (R. Weser.)
Blätter f. Gemäldekunde, 1. Ein allegorisches
Bild v. Matthäus Gundeladi. (Th. v. Frimmel.)
Baheim, 3. Kranachsche Bilder. (E. Heyck.)
Denkmalpflege, 14.Frühgotisdie Wandgemälde
im Chorbau der Martinspfarrkirche in Neuffen.
Gaz. d. Beaux-Arts, Nov. Conrad Witz et
son retable de Geneve. (E. de Mandach.)
Repertorium f. Kunstwissensdi., 5. Dürers
Landschaften. Ein Versuch ihrer Chronologie.
(L. Klebs.)
Zts^r. f. bild. Kunst, 4. Einige unbeaditete
Bilder altdeutscher Meister im Museo Civico
zu Venedig. (H. Voß.)
Blätter f. Gemäldek., 1. Versteckte Bi der im
Thomaskirchlein bei Villach. (Th. v. Frimmel.)
Anz. f. Schweiz. Altertumskunde, 3. Die
Wandgemälde in der Kirche von Brütten
(Zürich). (J. R. Rahn.)
Ztsdir. f. Christi. Kunst, 10. Konrad Witz u.
die Biblia pauperum. (A. H.)
Jahrb. d. K. K. Zentralkommission, 2. Ein
Werk aus der Schule Zeitbloms. (0. Fischer.)
Repert. f. Kunstwissensdi., 5. Beiträge zur
schwäbischen Kunstgeschichte. (K. Lange.)
Ztsdir. f. Christi. Kunst, 9. Zwei Altäre ohne
Altarstein. (A. Schmid.)
Mainzer Ztsdir. II. Albrecht Dürers Tafelge-
mälde „Barmherzigkeit“ 1523. (Fr. Schneider.)
Köln. Volksztg., 9. 1. Zur Wertschätzung des
ersten deutschen Koloristen (M. Grünewald).
(L. Pfleger.)
Westerm. Monatshefte, 12. 07. Mathäus
Grünewald. (v. Oppeln-Bronikowski.)
J. K. Hugsmans. La resurrection du Christ de
Grünewald du musee de Colmar. (Durendal,
1907, no. 3.)
W. Worringer. Lukas Cranach. Mit 63 Abb.
nach Gemälden, Zeichnungen, Kupferstichen
u. Holzschnitten. (128 S.) ’08. Geb. 5.—. Illu-
stratoren, klassische. Lex. 8®. München, R.
Piper & Co.
Kunstdironik, 7. Eine angebliche Radierung
Elsheimers. (W. Valentinen)
Blätt. f. Gemäldek., 2. Zwei Bildchen von
Norbert Grund. (Frimmel.)
Leipz. 111. Zeitg., 5. 12. Die Thoranebilder im
Frankfurter Goethehaus. (0. Heuer.)
Hammer, Heinn: Josef Schöpf 1745—1822.
Mit allgemeinen Studien über d. Stilwandel
der Fresko- und Tafelmalerei Tirols im 18.
Jahrh. (IX, 190 S. m. 1 Abb. u. 22 Taf.) gr. 8».
Innsbruck, Wagner ’08. 3.—
Rheinlande, 11. Die Soester Malerei im An-
fang des 15. Jahrhunderts. (H. Schmitz.)
Schles. Ztg., 11. 11. Zum hundertsten Todes-
tage Angelika Kauffmanns. (Dembski.)
Zeit, Wien 13. 11. Angelika. (R. Muther.)
Leipz. 111. Zeitg., 31. 10. 07. Angelika Kauf-
mann.
4b. Frankreich.
Ami des Monuments et des Arts, 118, 120.
Les primitifs fran(;:ais et leurs signatures.
(F. de Melg.)
Blätt. für Gemäldek. 1. Ein signiertes Werk
von Frangois Clouet. (Th. v. Frimmel.)
Kunst, redig. af Sophus Michaelis (Kopenhagen).
VII, H. 10. Aldre fransk Malerkunst paa et
dansk Herresäde (Louis Bobe). Med 3 Billeder.
L
Ältc
Malere
108
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Älte
Malerei
Macklinf Älys Eyre. Grcuze. Masterpieces in
Colour. Imp. 16mo. 8x6. pp. 78. Isödnet.
(Jack.)
Mercure de France, 253. Madame Grenze
ou „la Crudie cassee“ (E. Pilon).
Chardin, J. B. S. et Fragonard, J. H., L’GEuvre
de. Dcux Cent treize Reproductions. Intro.
par Ärmand Dayot, Notes par Leandre Vaillat.
Ryl. 4to. swd. (Simpkin.)
4c. Italien.
Ztsdir. f. bild. Kunst, 2. Cimabue in Ässisi.
(W. V. Seidlitz.) Erläuterungen zu den Äb-
bildungen von Kunstwerken auf der Äus-
Stellung zu Perugia.
Baget, C. Giotto. Les maitres de l’art, in-8^
3 fr. 50; cart., 4 fr. 50. Plon-Nourrit et Cie.
Boll. Storico Bibliograf. Subalpine, 1, 2.
Di un quadro di G. Quirico da Tortona. (Gl.
Ämbrosini.)
Ämeric. Journ. of Ardiaeologg, 3. Änto-
niazzo Romano. (H. Everett.)
Ztsdir. f. diristl. Kunst, 8. Der Madonnen-
meisten [Schluß.] (0. Wulff.)
Bollett, d’Ärte, 12. I Musaici di Casaranello
(A. Hascloff.)
Bollettino del Museo Civico di Padova, 4.
Ein Freskobild angeblich das Guariento im
Ferdinandeum zu Innsbruck. (H. Semper.)
Velh. u. Klas. Monatsh., 4. Madonnen der
Frührenaissance. (H. Rosenhagen.)
L’arte X. 6. Per la storia dell’ arte nelle
Mardie. (Ä. Colasanti.)
Phillipps, Evelyn M. Pintoricchio. Cheaper
re-issue. Cr. 8vo. 8x5i pp. 184, 3s. 6d. net
(Great Masters in Painting and Sculpture).
Bell, Jan. 08.
The Connoisseur, 77. On an unknown por-
trait of Botticelli. (P. G. Konody.)
Home, Herbert P. Sandro Botticelli, Painter
of Florence. Illus. Folio, boards, 210s net.
(Bell.)
Streeter, A. Botticelli. Great Masters in Pain-
ting and Sculpture. 8vo. 8x5. pp. 182. 3s 6d.
Williamson, G. C. Pietro Vannucci, called
Perugino. Cheaper re-issue. Cr. 8vo. 8x5,
pp. 144, 3s. 6d. net (Great Masters in Painting
and Sculpture). Bell, Jan. 08.
Cruttwell, M. Luca Signorelli. Great Masters
in Painting and Sculpture. 8vo. 8x5. pp. 160.
3s 6d.
Repert. f. Kunstwissenseb, 6. Zu Gentile
Bellini in der National Gallery in London,
(v. Hadeln.)
Vasari, G. Die oberitalienischen Maler. Straß-
burg, J. H. E. Heitz. ca. 10.50.
Berenson, B. North Italian Painters of the
Renaissance. 8vo. pp. 352. 6s.
(Putnam.)
Binns, Henry, B. Botticelli. Masterpieces in
Colour. Imp. 16mo. 8x6. pp. 78. Is 6d net.
(Jack.)
Waters, W. G. Piero della Francesca. Cheaper
re-issue. Cr. 8vo., 8x5, pp. 148, 3s. 6d. net
(Great Masters in Painting and Sculpture).
Bell, Jan. 08.
Gaz. d. Beaux-Arts, Oct. Deüx dessins in-
edits de Mantegna pour le „Parnasse“ du
Musee du Louvre. (F. Schmidt-Degener.)
Allg. Zeitg. (Beilage), 22, 1. Die Anfänge
Venezianer Kunst. (L. Brosch.)
Arte e Storia, die. Un’ anconetta Veneziana
del 1462 nel Museo di Porta Giovia
(D. Sant’ Ämbrogio.)
Hag, G. Bellini. Illus. 4to. 8X6, pp. 8vo, Is.
6d. net (Masterpieces in Colour). Jack, Dec. 07.
Bollett. d’Arte, 12. Antonio da Solario, Veneto
detto lo Zingaro. (E. Modigliani.)
Blätt. f. Gemäldek., 2. Zu Antonio da Murano.
(Frimmel.)
Bollett. d’Arte, 10. II Cima da Conegliano d
Casiglio nella Regia Pinacoteca di Brera.
(G. Frizzoni.)
Molmenti P. and Ludwig, G. The Life and
Works of Vittore Carpaccio. Translated by
R. H. H. Cust. 4to. 121/4X83/4. pp. 280.
52s 6d. (J. Murray.)
Zottmann, Ludw. Zur Kunst der Bassani. Mit
47 Abbildgn. auf 26 Taf. (V, 71 S.) 08. 10.-.
Lex. 8®. Straßburg J. H. E. Heitz. 57. Heft.
Zur Kunstgeschichte des Auslandes.
Bassegna bibliogr. dell arte ital., 12. Gio- ]
vanni Francesco da Rimini e Giovanni Grassi. j
(C. Grig.ri.)
Bassegna bibliogr. dell’ arte ital., 10—11.
Un nuovo pittore abruzzese del Rinascimento.
[Dionisio Capelli di Amatrice.] (E. Calcini.)
Repert. f. Kunstwissenseb., 6. Zum Pre-
dellenbild des Fra Filippo im Kaiser Friedridi-
Museum. (H. Mendelsohn.)
Bollett. d’Arte, 10. Un dipinto di Cesare da
Sesto destinato alla Pinacoteca di Brera.
(G. Sinigaglia.)
Daheim, 21. 12. 07. Andrea del Sarto als
Madonnenmaler. (Fr. Knapp.)
Künstler-Monographien. In Verbg. m. And.
hrsg. V. H. Knackfuß. Lex. 8®. Bielefeld, Vel-
haaen u. Klasing. XC. Knapp, Fritz, Andrea
del Sarto. M. 122 Abb. In Leinw. 4.—, Luxus-
ausg. in Ldr. 20.—.
Konstantinowa, Alexandra. Die Entwickelung
des Madonnentypus bei Leonardo da Vinci.
Mit 10 Lichtdr.-Taf. (V, 55 S.) 07. 6.-.
Lex. 8^. Straßburg, J. H. E. Heitz. Klaiber,
Dr. Hans. Leonardostudien. (VII, 144 S.) 07.
6.—. Heft 54 u. 56. Zur Kunstgeschichte des
Auslandes.
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6V4X4V21 PP- 124, 2s. 6d. net Duckworth,
Nov. 07.
fl&agdeb. Zeitung, 22. 12. 07. Leonardo da
Vinci u. die Jugendzeit der Änatomie.
Hoerth, Otto. Monographien, kunstgeschichtl.
Lex. 8®. Leipzig, K. W. Hiersemann. VIII.: Das
Äbendmahl des Leonardo da Vinci. Ein Bei-
trag z. Frage seiner künstler. Rekonstruktion.
Mit 25 Äbbild. in Lichtdr. auf 23 Taf. 250 S. 07.
Geb. in Leinw. 20. — .
Burlington Magazine, 56. R Portrait of a
Musician, bg Leonardo da Vinci. (H. Clook.)
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6V2— PP- 8^» Is. 6d. net; Ithr. 2s. 6d. net
(Langham Art Monographs). Siegle, H., Jan. 08.
L’art d^coratif, 5. La Vergine delle rocce di
Leonardo da Vinci. (W. v. Seidlitz.) L’educa-
zione artistica del Domenichino. (L. Serra.)
Appunti Sulla storia della pittura in Sardegna.
(E. Brunelli.) Un altare del Cima a Miglionico.
(M. Wackernagel.) Ritrovamento di un dipinto
di Lorenzo Solimbini diSanseverino. (R. Schiff.)
— Opere d’arte a Sulmona, due pittori ignorati.
[Eugenio Porsetta di Arpino und Paulus Ulmus
da Bergamo.] (P. Piccirilli.)
Köln. Volksztg., 12. 12. 07. Michelangelo u.
d. Sixtin. Kapelle. (J. Sauer.)
Germania, 7. 12. 07. Michelangelo u. d. Six-
tinische Kapelle. (K.— r.)
Repert. f. Kunstwissensdi., 6. Die Hand-
zeichnungen Michelangelos zu den Sixtina-
Fresken. (E. Jacobsen.)
Magdeb. Zeitg., 30. 12. Eine katholisierende
Ästhetik der Sixtinischen Kapelle. (F.)
Zukunft, 16. Die Sixtinische Kapelle. (K. Jentsch.)
Repert. f. Kunstwissensdi., 5. Die Hand-
zeichnungen Michelangelos zu den Sixtina-
Fresken. (E. Jacobsen.)
Phillipps, Evelin March. The Frescoes in the
Sixtine Chapel. Cr. 8vo. V/4X5. pp. 176.
2s 6d net. (J. Murrag.)
Spahn, Mart. Michelangelo u. die sixtinisdie
Kapelle. Eine psgchologisdi-histor. Studie üb.
d. Anf. d. abendländ. Religions- u.Kulturspaltg.
Mit 37 Abb. u. 1 Beil. VIII, 238 S. Lex. 8^. Berlin,
G. Grote. 07. 8. — ; geb. 10. — .
Stracheg, Henrg. Raphael. Great Masters in
Painting and Sculpture. 8vo. 8x5. pp. 160.
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Lamartine, A. de. Raphael. Pages de la ving-
tieme annee; par A. de Lamartine. Nouvelle
edition. Paris, impr. Capiomont et Cie; libr.
Hachette et Cie. 1907. (2. decembre.) In-16,
223 p. 1 fr. 25.
Ärte e Storia, Nov. I disandenti e l’ereditä
del pittore G. B. Salvi detto „il Sassoferrato“.
(R. Cecchetelli Ippoliti.)
Anzeiger f. sdiweiz. Altertumsk., 2. Einiges
über Tessiner Künstler des 17. und 18. Jahr-
hunderts. (S. Weber.) (Werke von Giovanni
und Bernardino Serodino, Baldassare, Giov.
Antonio und Giuseppe Orelli.)
4d. Niederlande.
Süddeutsche Monatshefte, 1. Die Altnieder-
länder in d. Münchener Pinakothek. (K. Voll.)
Baes, E. L’emotion chez quelques primitifs.
(Federation artist., 1907, n® 2.)
Art journal I. 08. Hubert and John van Egck.
(E. R. D. Maclagan.)
Weale, W. H. J. Hubert and John Van Egck.
4to. 105 s. (Lane.)
Coenen, J. Quelques points obscurs de la vie
des freres Van Egdk. (Leodium, 1907, no. 4.)
Ztsdir. f. bildende Kunst, 3. Ein neuer Roger.
(F. Laban.)
Memling, H. De meesterwerken van Hans
Memling. ’s-Gravenhage, M. Hols. Kl. 8®.
[15X10.] (6blz., m. 30pltn.) f. -.35. Vlaam-
sdhe kunst. No. 1.
Blätt. f. Gemäldek., 2. Ein neu aufgefundener
Lukas von Legden. (Frimmel.)
Rev. de Belgique, 11. Etudes sur la peinture
dans les Pags-Bas au XVe et XVIe siecles.
L’ecole de Tournai. (A. Wauters.)
van Bastelaer, R. Peter Bruegel l’ancien, son
Oeuvre et son temps. Etüde historique suivie
d’un catalogue raisonne de son oeuvre dessine
et grave, et d’un catalogue raisonne de son
oeuvre peint, Georges H. de Loo. Fascic. V.
— Bruxelles, G. van Oest et Cie. In-4®. (15 fr.)
Ce fascic. termine l’ouvrage.
Repert. f. Kunstwissensdi., 5. Zu Nicolaus
von Neufchatel. (W. Schmidt.)
Svenska Dagbladet 290. Pieter Aertsens
bilder i Sverige. Med anledning af ngare
„upptädeter“. (Aug. Hahr.)
Sädis. Arbeiter-Zeitg., 20, 1. Die Dresdener
Galerie. Hans Bol. (0. Sebaldt.)
Art Flamand et Hollandais, 12. Les fresques
de R. N. Roland Holst dans la rnaison de
l’association generale des diamantaires neer-
landais ä Amsterdam. (A. Pit.)
De Groot, C. H. A Catalogue Raisonne of the
Works of the most eminent Dutdi Painters
of the 17th Centurg, based on the work of
John Smith. Trans, and edit. bg E. G. Hawke,
Vol. I. Rgl. 8vo. 25s. net Macmillan, Jan. 08.
Algemeen Handelsblad, 19., 12. 07. Die
Haghe. (Vortrag v. Hofstede de Groot über
K. Fabrizius u. Vermeer van Delft.)
Onze kunst, 1. Adriaen Brouwer en de ont-
wikkeling zijner kunst. (F. Schmidt-Degener.)
Ostade. Hausschatz deutscher Kunst der Ver-
gangenheit. Hrsg, vom Jugendschriften-Aus-
schuß des allgemeinen Lehrervereins Düssel-
Älte
Malerei
110
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Alte
Malerei
dort. Berlin, Fischer & Franke. Jedes Heft:
Subskr.-Pr. —.80, Einzelpr. 1.20. 7. Ostade,
Ädriaen van: Äus den Radierungen. Aus-
gewählt und eingeleitet v. Severin Rüttgers.
” (35 Bl. m. 10 S. Text.) 8«. (07.)
Brown (G. Baldwin). Rembrandt. A Study
of his Life and Work. 8vo. SxüVo. pp. 354.
7s 6 d. (Duckworth.)
Bode, Wilh. Rembrandt u. seine Zeitgenossen.
Charakterbilder der großen Meister derholländ.
u. vläm. Malersdiule im 17. Jahrh. 2. verm.
Aufl. (Vll, 294 S. m. 1 eingeklebten Bildnis.)
8®. Leipzig, E. A. Seemann, 07. 6.— ; geb.
in Leinw. 7.50; in Halbfrz. 9.—.
Ärt 816. Le „Rembrandt de Croiset“ ä La
Hage. (S. v. Roogen.)
Oud-Holland, 4. Jets over de jeugd van Ga-
briel Mctsu. (A. Bredius.) De Schildersfamilic
Mgtens. (A. Bredius en E. Moes.) Nog iets
over Jacob van Geel. (A. Bredius.)
Ztsdir. f. bild. Kunst, 4. Zeichnungen van
Dycks in der Bremer Kunsthalle. (G. Pauli.)
Art Flamand et Holland, 10. Les annes
d’Etude et de Voyage de van Dyck, fin (M.
Rooses.) Quelques Artistes Liegeois: Emile
Berdimans. (M. des Ombiane.)
Hourticq, L. Rubens, Paris s. d. 8^. 175 p.
fr. 3.50. [Les maitres de l’art. Colleg. publ.
s. 1. patronage d. Minist, d. l’instruct. publ.
et d. b. a.
Rooses, Max. Jordaens’ leven en werken. Met
147 afoeeldingen in en 32 photogravuren en
autotgpieen buiten den tekst. Amsterdam,
Uitgevers-maatschappij „Elsevier“. Antwerpen,
De Nederlandsche boekhandel. [33x25.] (VIIl,
317 blz.) Geb. f. 27.50.
Blätt. f. Gemäldek., 2. Zu den Malern Tooren-
vliet. (Frimmel.)
4e. Spanien.
Revue de l’Ärt anc. et mod. 127. Les primi-
tifs espagnols. 11. Les disciples de Jean van
Eyck dans le Royaume d’Aragon. (E. Bertaux.)
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Historical Notes bg Charles H. Caffin. Imp.
8vo. 1172X7^2- pp. 186. 31s6d. (Macmillan.)
L’arte X. 6. Bartolomeus Rubeus. (F. Pellati.)
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Bensusan, S. L., Velasquez. lllustr. med 8
färgreprod. Cfvars. af Ivar Wall. 8® (21x16). ]
71 S., 8pl. Lund, Lindstedt’s bokh. Kart. 1.75.
Revue Bleue, 19. Velasquez. (G. Geffroy.)
Espaha moderna, 226, 227. Diego Veläzquez
y SU siglio. (C. Justi.) [Forts.)
Calvert, Albert F. and Hartley, C. G. Velaz-
quez. An Account of his Life and Works.
The Spanish Series. Cr. 8vo. pp. 238
and Plates. 3s 6d net. (Lane.)
Stevenson, R. A. M. Velasquez. Cheaper Re- {«
issue. Great Masters in Painting and Sculp- ä
ture. Cr. 8vo. 8x5. pp. 176. 3s.6d.net. (Bell.)
Köln. Zeitg., 13, 12. Goya.
5. Alte Plastik.
Kunst, redig. af Sophus Michaelis (Kooenhagen).
VII, H. 10. Plastiske Idealer i Renässancen.
(Vilh. Wanscher). Med 8 Billeder.
Short E. H. A Historg of Sculpture. 8vo.
872X574- PP- 344. (Heinemann.) 7s 6d
Hall (Mrs. Walter G.) — The Sculptor of Bruges.
New Edn. Cr. 8vo. pp. 172. Is W. P. Nimmo.
Onze kunst, 1. De grafmonumenten van Jan
van Polanen, te Breda, en van Adolf Vi, te
Kleef. (A. Pit.) „
Notten, M. van: Rombout Verhulst, beeldhower, ti
1624 — 1698. Een overzicht zijner werken.
’s-Gravenhage, Martinas Nijhoff. Fol. [36^X287.
(V, 108 blz., m. afb. in d. tekst en 53 pltn. in
lichtdr.). Geb. f 27.50.
Journ. of the R. Soc. of Äntiqu. of Ireland, |
37. A description of the Ancient Buildings
and Grosses at Clonmacnois, King’s County.
(Th. Westropp.) The Burke Effigg at Glinsk.
(H. Crawford.)
Arcliaeol. Journal. 3. On some alabaster
sculptures of Nottingham Work. (W. Hope.)
Espaha moderna, dez. El retablo monu-
mental de la catedral de Valencia. (E. Bertause.)
5a. Deutschland. ^
Anzeiger d. Germ. Nat-Museums 1907, 1. 2.
Die fränkisdien Epitaphien im 14. u. 15. Jahr-
hundert. (E. Redslob,)
Frkf. Kalender 1908. Freifiguren Unserer ^
Lieben Frau in Frankfurt a. M. (0. Lauffer.) i
Ztschr. f. Christi. Kunst, 10. Frühgotische Holz-
statuetten V. Mittelrhein. (Schnütgen.)
Trierisches Jahrbuch 1908. Über d. Eingang
der Renaissance in Trier. (J. Wiegand.) j
Kunst unsrer Heimat, 3/4. Der Babenhäuser
Altar. (F. Hoeber.)
Bibliographie
111
Bepert. f. Kunstwissensch., 6. Beiträge zur
schwäbisdien Kunstgeschichte. Der Hodialtar
der Augustiner Kirche zu den Wengen in
Ulm. (K. Lange.)
Kunstgesdiiditl. Gesellsdi., Bericht VII.
Conrad Meit in Brou. (Vöge.)
Württemberg. Vierteljh. f. Landesgesdi.,
Zur Geschichte des Bildhauers Sem Schlör.
(M. V. Rauch.)
Fastenau, Jan. Die romanische Steinplastik in
Sdiwaben. (V,91 S.m.82 Äbb.)Lex. 8®. Eßlingen,
P. Neff. 07. 4.—.
5b. Frankreich.
Ämi d. Monum. et d. Ärts, 118. Les Primitifs
fran^ais et leurs signatures: Les sculptures.
(F. d. Melg.)
Musees et Monuments de France, 8. Une
vierge fran^aise du XlVe siede. (P. Vitry.)
Ämi des Monuments et des Ärts, 120. Le
sarcophage du fondateur de Jumieges et son
corps ä Tournus. L’eglise Saint-Philibert de
Grandlieu. (R. de la Croix.)
Pillion, L. Les Portails lateraux de la cathedrale
de Rouen. Etüde historique et iconographique
sur un ensemble de basreliefs de la fin du
XII e siede. Paris, Picard, 1907. Un vol. in-8
de 250 p. av. 69 fig.
5c. Italien.
L’arte X. 6. Collaboratori di Donatello nell,
altare del Santo. (A. Venturi.)
Burlamacdii. Luca della Robbia. Great Masters
in Painting and Sculpture. 8vo. 8x5. pp. 142.
3s 6d.
Burlington Magazine 56. Two Venetian
Renaissance Bronze Busts in the Widener
Collection, Philadelphia. (W. Bode.)
Ämi des Monuments et des Ärts, 118. Le
Büste de Beatrix d’Este. Louvre. (G. Clausse.)
Ärte e Storia, Nov. Und. opera di Cristoforo
Solaro. (L. Luchini.)
Nuova Äntologia, 42. Michelangelo. (A. Ven-
turi.)
Knackfuß, H. Michelangelo. Mit 101 Abbildgn.
nach Gemälden, Skulpturen u. Zeidin. 10. Aufl.
(114 S.) ’08. In Leinw. kart. 3.—. Künstler-
Monographien. Hrsg. V. H. Knackfuß. (Neue
Aufl.) Lex. 8®. Bielefeld, Velhagen & Klasing.
Freg, Prof. Karl: Michelaqniolo Buonarroti.
Sein Leben u. seine Werke. I. Bd. Michel-
agniolos Jugendjahre. 2 Tie. (XL, 345 u. VIII.
147 S. m. 2 Plänen u. 11 Taf.) Lex. 8^ Berlin, K.
Curtius ’07. Geh. u. kart. 20. — ; geb. in Leinw.
u. kart. 23. — ; in Halbfrz. u. kart. 25.—.
Ärdiiv f. Christi. Kunst, 1. Der Plan von
Midiel Angelos Medicigräbern. (A. Groner.)
Etudes d.I. Compagnie de J^sus, 113. Jules 11.
et Midiel -Ange. Histoire d’une tombe. (G.
Sortais.)
Les arts, 72. La collection de M. Gustave
Dregfus. I. La sculpture. (P. Vitrg.)
L’arte X., 6. Le porte di bronzo di Castelnuovo
in Napoli. (M. Biancale.)
Rassegna d’Ärte, 11. Un’ opera finora scono-
sciuta di Agostino di Duccio. (A. Pointner.)
Donatello. Klassiker der Kunst in Gesamtausg.
Lex. 8®. Stuttgart, Deutsche Verl.-Anst. 11. Bd.
Donatello. Des Meisters Werke in 277 Abb.
Herausgeg. v. Paul Schubring. (LIV, 219 S.)
’07. Geb. in Leinw. 8. — Luxusausg. in Led.
bar 30. — .
6. Kunstgewerbe, alt.
Kunst unsrer Heimat, 5—6. Die alten Zimmer
der Sammlung Jul. Heyman in Frankfurt a.M.
(F. Hoeber.)
Bulletin of the Metrop. Mus. of art, 11.
Frendi furniture of the period of Louis XIV.
and his successors. (M. Mcl.)
Macquoid, P. A History of English Furniture.
Part. 15. 4to. swd. 7 s. 6d. net Lawrence
& B., Dec. 07.
The Connoisseur, 77. Litdifield’s „History
of furniture“. Reviewed by H. M.
De Prelle de la Nieppe, Edgar. Le mobilier
du prince d’Orange ä l’hötel de Nassau ä
Bruxelles en 1618. (B. des musees roy. des
arts decoratifs et indust., 1907, n® 6.)
Boletin de la sociedad Espahola de excur-
siones, 178. Sillas de Coro espanolas. [Chor-
gestühl.] (P. Quintero.)
V. Falke. Handbücher der königl. Museen zu
Berlin. 8®. Berlin, G. Reimer. V.Bd. Falke, Otto v.
Majolika. (Kunstgewerbemuseum.) 2. Auflage.
Mit 83 Abbildung, im Text. (IV, 208 S.) 1907.
2.— ; geb. n 2.50.
Äntiquarg, 1. The Bosses in Milton Abbey,
Dorset. (H. Pentin.) Enamelling (I. T. o.)
Stuttg. Mitteil, des Württ. Kunstgewerbe-
vereins , 1. Altludwigsburger Porzellan.
(E. W. Braun.)
Ärt Journal, I, 08. Sevres porcelain in the
Royal Collections. (M. L. Solon.)
Crisp, F. C. A Catalogue of Lowestoft China
in the Possession of Frederick C. Crisp, with
Plates in Colour. 4to. 10x13 (sub.) 21s. (270,
Walworth Rd.) Grove Park Press, Jan. o8.
The Connoisseur , 77. Russian porcelain.
(L. Cazalet.)
Rassegna bibliogr. dell’arte ital., 12. Pietro
Vannini e la scuola di oreficeria in Ascoli nel
Quattrocento. (P. Vincenzo.)
Builder, 3384—5. Ecclesiastical Goldsmith’s
Work in the Coast Towns of Istria a. Dalmatia.
112
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Posselt, F., Ämtsger.-R. Der Silbersdiatz der
Kirchen, Gilden u. Zünfte in der Stadt Schles-
wig. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Schles-
wig-Holsteins. Mit Originalzeidinungen von
Gymnasiallehrer E. Terno. (VII, 47 S. mit
9 Taf.) gr. 8®. Schleswig, J. Bergas Verlag.
1908; 1.50.
Alhambra, 230. La porcelana del Buen Retiro.
(M. Llopis g Bofili.)
Altpreuß. Monatssdir., 4. Ein Erzeugnis alter
Memeler Goldschmiedekunst. (J. Sembritzki.)
Antiquar^, 11. Carved Oak furniture in West-
morland. (S. Scott.) English Church Furniture.
(H. P. F.)
Anzeig. f. Schweiz. Altertumsk., 2. Die alten
Kachelöfen im Rathause zu Chur. (F. v. Jecklin.)
Art decorat., 109. Le surtout de table.
(M. Testard.)
Arte, 5. II tesoro del duomo di Siracusa. (G.
Manceri.) Bronzi nel Museo communale di
Trento. (Ä. Venturi.)
Bull. mens. d. mus. d. Tenseignement in-
dust. et prof. de Hainaut, 5. Sgllabus du
cours sur les stgles dans les metiers du bois
et dans l’ameublement. (van den Houten.)
Convorbiri Literare, 11. Odobescu si Mu-
zeele. [Über eine Stola im Kloster Bistnta.)
Kunst und Kunsthandwerk, 10. Mittelalter-
liche Knüpfteppiche kleinasiatischer und spa-
nischer Herkunft. (F. Sarre.)
Musees et Mon. de France, 8. Les portes
du Palais de Justice au Musee de Dijon.
(H. Chabeuf.)
Neue Mitteil. hist.-antiqu. Forschung, 23. 1.
Über die ehemaligen Ältäre des Doms zu
Merseburg. (0. Rademacher.)
Solon, M. L. Ä History and Description of
Italian Majolica. 8vo. IOX6V4. pp 224. Cassell.
Ztschr. f. Christi. Kunst, 8. Kupfervergoldetes
Ciborium des XV. Jahrh. (Schnütgen.) Der
Köln.GoldschmidtHermanLeeker. (H. Keussen.)
— 9. Kupfervergoldete Monstranz der spätesten
Gotik. (Sdmütgen.)
Biscuits (les) de la Manufacture de Sevres
(XVIlIe siede), 2e serie,20x30,15fr.Ä.Guerinet.
Graesse, J. G. T. Guide de l’Ämateur de Porce-
laines et deFaiences. 1 Ith Ed. 8vo. 10s. Nutt.
Jacquemart, Ä. Ä History of Furniture.
Edited by Bury Palliser. 8vo. 11x774. pp. 488.
31s 6d. Reeves & Turner.
Kunst- u. Wunderkammern d. Spätrenaissance
von J. V. Schlosser. (Bd. XI.) d. Monogr. d.
Kunstgewerb. Leipz. 08. Klinkhardt u. Bier-
mann. 6.—.
Laking, G. F. Sevres Porcelain of Buckingham
Palace and WindsorCastle.4to. 210s. Bradbury.
Martin de Montalbo, J. et R. Richeb^. Är-
moiries et decorations, in-47 20 fr. (31 /X).
Per Lamm.
Meger, Älfr. Taf. z. Gesch. d. Möbelformen.
Begonn. V. M. Fortgef. v. Ridi. Graul. V. Serie:
Truhen. (Äusg. f. Lehrzw.) (10 Taf.) 49x66 cm.
Mit Text. (54 S. m. Abbild.) 8®. Leipzig, K. W.
Hiersemann. 07. 15. — . Bibliotheksausgabe
(Taf. gefaltet) 15.—.
Bassegna d’arte, 8. Arazzi fiorentini a Bergamo
SU disegni di Al. Allori. (H. Geisenheimer.)
Burlington Magaz. 56. The lustred Till Pave-
ment of the Palais de Justice of Poitiers.
(M. L. Solon.)
Denkmalpflege, 1. Zwei Reliquienschreine und
ihre alte Bemalurg. (P. Klinka.)
Kluge, Dr. Thdr. Beschreibung der in den
Kirchenschätzen Hannovers u. Sachsens befindl.
geschnittenen Steine. 1. Heft. Die geschnittenen
Steine der Schatzkammer des Domes u. der
St. Magdalenenkirche zu Hildesheim. 14 S.
m. 1 Taf. 8®. Hildesheim, A. Lax. 07. 1.50.
Wissen und Leben, 7. Die Geschenke des
Papstes Julius II. an die Eidgenossen. (R. Dürrer).
Antiquarg, 11. London’s Moveable Monuments.
(J. Tavenor-Pery.)
Musees et Monuments de France, 8. Les
decorations du chäteau de Bercy. (L. Metman.)
Connoisseur, 75. Fire-Dogs. (J. H. Beckles.)
Jahrbudi der k. k. Zentralkommission, 2.
Sgraffiti im Schlosse zu Leitomisdil. (P. Hauser
und M. Dvorak.)
7. Flächenkunst, alt.
(Graphik, Buchkunst usw.)
Van der Haeghen, V. 1907. Rapport sur le
projet de reproduction de documents qraphi-
ques beiges du moyen äge, par V. Van der
Haeghen. Gand, A. Siffer. In-8®, 6 p.
Saturdag Review, 715. Drawings. (L. Bingon.)
Tjdsdir. V. Bode u. Billiot. wezen, 2. Merken
van Antwerpsche drukkers en boekverkoopers.
(V. dela Montagne.)
Graph. Kunst, 1. Eine Kopie nach dem Meister
E. S. (A. M. Hind.)
Ztsdir. f. Bücherfreunde, 10. Das Mönchs-
kalb vor Papst Hadrian und das Wiener
Prognostikon. (H. Koegler.)
Buchkunst, 4. VierKonstanzerblätt. (L. Gerster.)
— Das Benediktinerkloster Engelberg und seine
Ex-libris. (L. Gersten)
Repert. f. Kunstwissensdi., 6. Zu Cranachs
Missalien-Holzschnitten. (J. Beth.)
Anzeiger f. schweizer Altertumsk., 2 u. 3.
Beiträge zum Holzschnittwerk des Urs Graf.
[Schluß.] (H. Koegler.)
Baseler Nachrichten, 13. 12. Alte schwei-
zerische Kunst. [Handzeichnungen.] (H. K.)
Arte, 5. La prima Deca di Livio illustrata nel
Frecento a Veneria. (G. Fogolari.) Un disegno
di Stefano da Zevio nel British Museum. (A.
Hind.) Una stampa non descritta diBenedetto
Montagna. (A. Hind.)
Bibliographie
113
Ztsdir. f. Bücherfreundei 7. Die Kleinmeister.
(H. Singer.) Eine bisher unbekannte Original-
radierung Goethes. (0. Ulrich.)
Ztsdir. d. Vereins f. Volkskunde, 4. Bilder-
bogen des 16. u. 17. Jahrhunderts. (J. Bolle.)
The Connoisseur, 77. William and James
Ward and their work. (W. G. Menzies.)
Loga, Valerian v.: Goyas Zeichnungen. [Äus
„Graph. Künste“.] (18 S. mit Abbildung, und
4 Taf.) 41,5x31 cm. Wien, Gesellschaft für
vervielfältig. Kunst 08, bar 5.—.
Briquet, C. Les filigranes. Dictionnaire histori-
que des marques du papier des leur apparition,
vers 1282, jusqu’ en 1600. 39 fig. Hiersemann,
Leipzig.
Zentralblatt für Bibliothekswesen, 1—2.
Neue Donatstücke in Gutenbergs Urtype.
(P. Schwenke.)
Ztsdir. d. nordböhm. Gew.-Museums, 1. 2.
Ein Bucheinband nach Dürer. (L. Giehlow.)
Kunstgewerbeblatt, 3. Die Buchbindekunst
der alten Meister. (H. Vollmer.)
Ztsdir. f. Bücherfreunde, 8. Ein Beitrag zum
Werdegang der mittelalterlichen Pergament-
handschriften. (A. Björnbo.)
Ztsdir. f. diristl. Kunst, 8. Alte Glasgemälde
im Dom zu Xanten. (H. Derix.)
Anz. für Schweiz. Altertumskunde, 3. Die
Glasgemälde in den aargauischen Kirchen und
öffentlichen Gebäuden. [Fortsetz.] (H. Lehmann.)
Bull. d. 1. Soc. d’Archeol. Lorraine, 8—9.
Trois vitraux du prieure de Flavigny-sur-
Moselle. (E. des Robert.)
8. Buchmalerei,
(Bis 18. Jahrhundert.)
Beaufils, P. Notice sur l’application des ors
dans les manuscrits enlumines du moyen-äge.
Broch. Aubert, 1907. Versailles.
Jahrb. d. k. k. Zentralkommission, 2. Über
einige Werke der Salzburger Buchmalerei
des 11. Jahrhdts. (P. Buberl).
Ztschr. d. nordböhm. Gew.-Museums, 1. 2.
Das Graduale des Luditzer Literatenchores.
[Schluß.] (J. Kubina).
Ord och bild. 1907, H. 12. Emalj-och minia-
tyrmälaren Pierre Signac. (N. Sjöberg) Med
16 bilder.
Revue de l’Art anc. et mod., 127. Les
freres Huand miniaturistes et peintres sur
email. (H. Clourot.)
Ami des Monuments et des Arts, 119. Le
martyre de saint Denis et les tres riches heures
du duc de Berry ä Chantilly, (de Mely.)
Riehl, Berth. Studien über Miniaturen nieder-
ländischer Gebetbücher des 15. u. 16. Jahrh.
im bayerischen National-Museum und in der
Hof- und Staatsbibliothek zu München. [Aus
„Abhandlgn. der kgl. bayer. Akad. d. Wiss.“]
(S. 433—460, mit 7 Taf.) Lex. 8*’. München,
Verlag G. Franz, 07., 3.—.
9. Alfchristlich und Byzantinisch.
Leclerq, H. Manuel d’archeologie chretienne
depuis les origines jusqu’au 7e siede. In 8^
Letouzey et Ane, Paris.
Grisar, S. J., H. II sancta sanctorum ed il suo
tesoro sacro. Scoperte et studj dell’ autore
nella capella Palatina Lateranense nel medio
evo. In 8®. VIII — 200 pp. et 62 fig. Roma,
Civiltä cattolica, 1907. 10.— 1.
Röm. Quartalsschr. f. christl. Altertumsk.,
2 u. 3. Beiträge zur christlichen Archäologie.
Zum quadratischen Nymbus. — Das Porträt
in der Gruft des Oceanus. — Die „Konstantin-
Schale“ des British-Museum. (I. Wilpert.)
Delätre. Le culte de la sainte Vierge en
Afrique d’apres les momuments archeologiques.
Bruges-Bruxelles. In-8®, XII-233-4 p., (4 fr.).
Nuovo Bull, di Archeolog. Christ. XIII, 1—3.
Le pitture del dittico di Boezio nel Museo
Christiano di Brescia. (A. Munoz.)
— II sepolcro del Papa Marallino nel cimitero
di Priscilla. (0. Marbucchi.)
Röm. Quartalsschr. f. christl. Altertumsk.,
2 u. 3. Die Acheropita oder das Bild des
Emanuel in der Kapelle „Sancta Sanctorum“.
(I. Wilpert.)
Archiv, d. R. Soc. Romana, 30, 1—2. Gli
affreschi della Grotta del Salvatore presso
Vallerano. (A. Bertini Calosso.)
Terre Sainte, 18. Le clocher d’Etchmiadzine.
Une precieuse antiquite disparue. (E. Specht.)
Jahrbuch des k. deutsch, archäol. Instit. Lex. 8®.
Berlin, G. Reimer. 7. Ergänzungsheft. Führer, X.,
u. Vict. Schnitze, Die altchristlichen Grabstätten
Siziliens. (XII, 323 S.) 07. Kart. 28.-.
Röm. Quartalsschr. f. christl. Altertumsk.,
2 u. 3. Zur Chronologie d. Bassassarkophages
in den Grotten von Sankt Peter. (A. de Waal.)
Gaget, A. L’art byzantin d’apres les monu-
ments de l’Italie, de l’Istrie et de la Dalmatie.
Dalmatie; III. 30 pl. Gaillard, Paris.
Terre sainte, 16. Les eglises byzantines.
(M. Bareilles.) Le palais d’Hormisdas. (Mam-
bouline.)
10. Orient, China, Japan.
Acad. d. Inscript, et Beiles -Lettr., Jul.
Les travaux de la delegation scientifique en
Perse 1906/7. (J. Morgan.)
Zentralbl. d. Bauverwaltg., 87—89. Wan-
derungen im Orient. (H. Hartung.) [Grab-
mäler u. Moscheen.]
Memnpn. Zeitschrift für die Kunst- u. Kultur-
Geschichte des alten Orients. Hrsg. v. R. Freih.
V. Lichtenberg. Leipzig. R. Haupt. Jhrg. 20M.
8
114
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Ztsdir. f. bild. Kunst, 1. Die persischen und
indischen Miniaturen der Sammlung Walter
Schulz. (R. Graul.)
Herzfeld, E. Samarra, Äufnahmen und Unter-
suchung. zur islam. Ärchäologie. (VIII-92 p.),
16 m. Behrend u. Co., Berlin.
de Beglie, L. L’architecture hindoue en ex-
treme-Orient. In 8^ 416 pp., 336 fig. Leroux,
1907. Paris.
Journ. of the E. Äsiatic Soc., Oct. Är-
chaeological Exploration in India. (J. Marshall.)
Journ. of Indian Ärt, 100. Indian Teweleru.
[Forts.] (T. Hendley.)
Ärmorial China. Ä Catalogue of Chinese
Porcelain with Coats of Ärms in the possession
of F. Ä. Crisp. 4to. 42 s. net Ä. L. Isaacs.
Januar 08.
Burlington Magazine 56. Chinese Figure of
Kuan Yin painter with coloured Enamels of
the K’Äng Hsi Period. (S. W. Bushell.)
Connoisseur 75. Mr. Hrthur Morrison’s Col-
lection of Chinese and Japanese Paintinqs II.
(S. Dick.)
Kidson, H. E. Äbout Old China. Cr. 8vo.
8X5, pp. 90, bds. 2s. 6d. net Simpkin, Dec. 07.
Bull, of the Metrop. Mus. of arts 11. The
symbolism of Chinese porcelains. (M. Mcl.)
Münsterberg, Osk. Japanische Kunstgeschichte.
III. [Schluß.] TI. Töpferei, Waffen, Holzschnitte,
Gürtelhänger, Inro-Netzke. (LVI, 392 S. mit
346 z. Teil farbigen Abbildungen und 13 zum
Teil farbig. Tafeln.) Lex. 8®. Braunschweig,
G. Westermann, 07. Kart. 28.— ; Liebhaber-
ausgabe, geb. in Leder bar 40.—.
Kurth, Dr. Jul.; Utamaro. (390 S.) Lex. 8®.
Leipzig, F. Ä. Brockhaus. 07. Kart. 30. — .
Kunst u. Kunsthandw., 10. Blumen u. Blüten
in der japanischen Heraldik. (H. G. Ströfel.)
Education (Board of). Catalogue of Japanese
Colour Prints, IVsd. Wgman, Jan. 08.
s
II. Neue Kunst.
/. Städtebau, Gartenkunst.
Trierisdies Jahrbuch 1908. Trierer Straßen
und Plätze. (B. Schilling.)
Stochmann, H. München im Festschmuck. (Kaiser-
besuch 13. XI. 1906.) München, Braun und
Schneider. M. 10.—.
Werkkunst, 3. Die bauliche Ausgestaltung von
Groß-Berlin. (Th. Goecke.)
Baumeister, 4. Groß-Berlin. (H. Jansen.)
Hohe Warte, 2. Groß-Wien. (L.)
The builder, 14, 12. The architectural asso-
ciation: Laying out London.
Tidsskrift for industri, 11. Havebyer.
Städtebau, 1. Öffentliche Gärten und Park-
anlagen mit Randbebauung. (Th. Goecke.)
Bugssens, J. L’art des jardins et les plantations
publiques dans les villes. (Technique sanit.,
1907, n® 11.)
Tag, 6. 12. 07. Weltanschaung und — Garten-
kunst. (W. Lange.)
De Bosschere, Ch. Du Cinquantenaire ä Ter-
vueren: l’arcade; l’avenue; le parc de Woluwe;
le rond-point de Ravenstein; l’ecole de
Tervueren. (Belgique hortic. et agric., 1907,
n® 18.)
2. Moderne Baukunst.
Trierisches Jahrbuch 1908. Beiträge zur Ent-
wicklung des Kirchenbaus. (L. Becker.)
Frkf. Kalender 1908. Architektur und Archi-
tekturverständnis. (H. Eberhardt.)
Ärchitekten (Kopenhagen) Nr. 10. Architek-
turen og Virkeligheden. III. (Vilh. Wanscher.)
Mit 3 Abb.
Hevue, 23. L’Architect. de demain. (F. Jourdain.)
Deutsche Bauztg., 4. Zur Ästhetik der Eisen-
architektur. (W. V. Tettau.)
Wochenschr. d. Ärchit.- Vereins z. Berlin,
50. Hohe Eisengebäude in Nordamerika.
(S. Müller.)
Dekorative Kunst, 2. Amerikanische Archi-
tekten. I. W. Eyre u. a. (Clara Rüge.)
Studio, 178. An American country house.
(S. Howe.) — Professor Läuger’s gardens at
Mannheim. (L. Deubner.)
Ärt et decoration, 1. La jeune architecture
Finlandaise. (E. Avenard.)
Engels, A. Deplacement de la gare du Nord
et construction d’un nouvel opera ä Bruxelles.
(Chron. des travaux publics, 1907, n® 26.)
Boletin de la sociedad Espanol de excur-
siones, 178. Portadas artisticas de Monu-
mentos espanoles. (E. S. Fatigati.)
Hev. d. l’Ärt ehret. L’art gothique ä Burgos
au XXe siede. (E. Roulin.)
Kupffer, Doz. Archit. E. Das Arbeiter- Wohn-
haus auf der „Ausstellung f. Arbeiter- Woh-
nungen u. Volksernährung“, Riga 1907. Zu-
sammengestellt im Aufträge des Ausstellungs-
Komite. Nebst e. Nachtrag üb. die Lauben-
Gärten v. Stadtgartendir. G. Kuphaldt. (IV,
69 S. m. Abbildgn.) gr. 8®. Riga, G. Löffler 07.
2a. Deutschland.
Matthaei, Adelb., Die baukünstlerische Entwick-
lung Danzigs vom Ausgang des 18. Jahrh.
bis zur Gegenwart, mit einem Rückblick auf
die früheren Epochen. Vortrag. (23 S.) gr. 8®.
Danzig, A. W. Kafemann 08. M. —.50.
Berner Hundschau, 2. Das Bürgerhaus in der
Schweiz. (J. Coulin.)
Rheinlande, 10. Das alte und neue Schweizer
Bürgerhaus. (C. Baer.)
Bibliographie
115
Kunst u. Handwerk, 3. Die Tölzer Bautradi-
tion und deren Fortentwicklung. (E. Messerer.)
Ärdiitekt. Sdschau, 4. Preußische Dorfkirchen.
(L. Otte.) — Zierbrunnen. (E. Högg.)
Zentralbl. d. Bauverwaltg., 1—3. Stadt- und
Landkirchen. (0. Hoßfeld.)
Christi. Kunstbl., 11. Martin Elsäßer. Ein
Architekt für Kirchen und Schulen. (0. Koch.)
Kunst u. Künstler, 4. Die neue Nationalbank.
Zukunft, 23. 11. Peter Behrens. (K. Scheffler.)
Eheinlande, 12. Das Projekt von Peter Behrens
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(D. Koch.)
Kunst u. Künstler, 3. Peter Behrens. (K. E.
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Ärdiitekt, 1. Die Kirche Otto Wagners.
(O. Schönthal.)
Dekorative Kunst, 3. Ein Kirchenbau von
Otto Wagner. (K. M. Kuzmang.) [Die Kirche
„Am Steinhof“ in Wien.]
Fester Llogd, 27. 11. Otto Wagners Wiener
Stadtmuseum. (L. Hevesi.)
Moderne Bauformen, 1. Albert Geßner.
(E. Schur.)
Leipz. 111. Ztg., 3367. Zur Eröffnung des neuen
Weimarer Hoftheaters. (H. Scheidemantel.)
Baumeister, <1. Neubau der Allg.* Elektr. Ge-
sellschaft. — Kurhaus-Neubau in Bad Aibling.
(S. L.) — Das neue Waisenhaus d. Stiftung
Luisens Andenken in Westend.
Innen-Dekoration, I. 08. Das Hotel Adlon
in Berlin. (A. Jaumann.)
Kunst u. Handwerk, 1. Richard Berndl’s Neu-
ban des Hotels „Union“ in München. (K. Groß-
mann.)
Bheinlande, 11. Wiesbaden (Kurhaus v. Thiersch) .
(B. Rüttenauer).
3. Moderne Malerei.
Nuova Antologia, 860. La pittura della luce.
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Ä. Croquez. Nos peintres d’aujourd’hui. (Feder,
artist., 1907 no. 7.)
Burlington Ärt Miniatures. No. 5 — The
Luxembourg, Paris. In case, Is 6d net (Fine
Arts Pub. Co.)
Bie, Osc.: Constantin Soraoff. (Zeichnung des
Einbandes, des Titelbl. u. der Vignetten von
Const. Somoff.) 54 S. m. 40 Taf.) gr. 8®. Berlin,
J. Bard ’07. Kart 15.~; Luxusausg. bar 35.—
Westermanns Monatsh. Nov. Konstantin
Somoff. (0. Bie.)
E. Baes. Le procede dans la peinture. (Feder,
artist. 1907, no. 27).
Politiken (Kopenhagen) 1907. Nr. 357. Lorenz
Frölichs 70 Aars Kunstnerjubiläum (V. Wan-
scher.)
Dannebrog (Kopenhagen) Nr. 5585. Da jeg
malede „Niels Ebbesen“ (1892. Malerins Agnes
Slot-Möller). Mit Portr.
Frem (Kopenhagen) Nr. 11. Joakim Skoogaard
i Viborg Domkirche. En Rejseskizze. (Andreas
Aubert). Mit 3 Abb.
Illustreret Tidende (Kopenhagen) Nr. 11.
Wenzel Tornöe f. Mit Portr. u. 5 Abb.
Kunst, redig. af Sophus Michaelis (Kopenhagen)
VII, H. 10. Solon H. Borglum (P. Johannsen).
Mit 8 Bildern. VIII, H. 3. Albert Gottschalk
(Th. Thorup). Mit 16 Bildern.
Idun (Stockholm) 1907, Nr. 51. Magnus Enckell’s
och Hugo Simberg’s mälningar i Johannes-
kyrkan i Tammerfors. (Etzel). Mit Portr. u. Abb.
Larsson, Carl, Svenske koinnan genom seklen.
10 bilder med text och teckningar. 4® (36x26).
20 S., 10 pl. Stockholm, Iduns exp. Kr. 1.50.
(Iduns julnummer 1907).
Svenska Dagbladet 1907, 353. Tyra Klleen
har separatutställning i Berlin (— of). — 349.
Carl Larssons Gustaf-Vasa-mälning i National-
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märer hemma. Hos Theodor Lundberg (Am-
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Magdeb. Ztg., 28. 12. Neue amerikanische
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Wiener Ztg. 29. u. 31. 10. Neues von Ferdi-
nand Georg Waldmüller. (A. Roeßler.)
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Daheim, 14. Moritz v. Schwind. (H. Rosen-
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Rayski. (A. Dobsky.)
Hist, polit. Blätt. f. d. kathol. Deutsdil., 1.
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Lenz, Dr. Geo.: Karl Rettich. Lebensb. eines
deutschen Landschaftsmalers. Mit 25 Lichtdr.
u. 25 Autotypien Buchschmuck von Pet. Geo.
Saxen. (74 S.) 33x25 cm. Berlin, Schuster &
Loeffler ’08. Geb. in Leinw. 12.—
Moderne
Malerei
116
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Türmer, 3. Ein Meister der religiösen Kunst.
(Gebhardt.) (0. Beyer.)
Heilmeyer, Älex.: Wilh. v. Diez. [Äus: „Die
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36,5X27 cm. München, F. Hanfstaengl (’07).
Christi. Kunstbl., Dez. Paul Robert u. seine
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zu Neufchatel. (Kühner.)
Frankf. Ztg. 12. 11. Hans Thoma, Wilhelm
Steinhausen, Wilhelm Trübner. (H. Weizsäcker.)
Hamb. Korresp. 17. 10. Johann Michael u.
Erwin Spekter. (E. Beneze.)
10. 11. Otto Spediter. (E. Beneze.)
Hamburg. Nadiridit. 19. 11. Die drei Speckter.
(H. E. Wallsee.)
Kunst u. Künstler, 2. Die drei Speckter.
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Nord u. Süd, Nov. Ludwig von Hofmann.
(L. Brieger-Wasservogel.)
Neues Tagebl., Stuttgart 12. 11. Hermann
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und sein Kreis. (H. Kesser.)
Zeitsdir. f. bildend. Kunst, 2. Emil Nolde.
(G. Schiefler.)
Magr, Jul.: Wilhelm Leibi. Sein Leben u. sein
Schaffen. Mit 30 Taf., 69 Hbb. u. einem Fak-
sim. (VII, 225 S.) Lex. 8^. Berlin, B. Cassirer
(’07). 18.— ; geb. in Leder -Rücken u. Japan-
überzug 22.— ; Luxusausg. bar 40.—.
Brahm, Otto: Karl Stauffer-Bern. Sein Leben.
Seine Briefe. Seine Gedichte. Dargestellt, nebst
einem Selbstportr. d. Künstlers u. einem Briefe
von Gust. Frey tag. 6. Äufl. (VIII, 340 S.) 8®.
Leipzig, G. J. Göschen ’07. M. 4.50; geb. 6.—
Le Si^cle, 27. 12. Ärnold Böcklin. (L. Guerin.)
Revue de l’art, 10. 12. 1. Ärnold Böcklin.
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Meger, Rud. Adelbert. Manet u. Monet. [Aus
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F. Hanfstaengl, 08. 4.—.
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Moden?
Malere
m
U
I
Modern
Malere
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Italiens. (V. Rossi-Sacchetti.)
Politiken [Kopenhagen]. 270. Moderne italiensk
Malerkunst. (Louis Levy.)
3d. Niederlande. Moden
Male«
Maris, Jacob, en Willem Maris. De meester-
werken van Jacob en Willem Maris. 32 re-
producties naar hunne meest bekende schilde-
rijen. ’s-Gravenhage, M. Hols. Kl. 8«. [15x10.]
(69 blz.) f. — .35. Necierlandsche meesters. Nr. 4.
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Moderne
Plastik
Moderne
Plastik
118
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aus dem Großherzogtum Baden. (F. Mayer.)
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Werkkunst, 1. Bruno Paul. (E. Schur.)
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L’art, 818. Jules Buisson [Schluß]. (H. de
Chennevieres.)
. L’art, 815. Jules Buisson: Eaux-fortes ä la pointe,
eaux-fortes ä la plume sur papier. (H. de
Chennevieres.)
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Burridge. (Fr. Newbolt.)
Cruikshank, George. Flaskan och drinkarens
barn. 1 16 taolor, teknäde och etsade. 20 S.,
16 pl. (10x15). Lund (gedr. in Glasgow),
Lindstedts bokh. 75 Öre.
Laurin, Carl G., Skämtbilden. Heftl. 8» (23x15).
32 S. Stockholm, Narstedt. pr. Heft 75 Öre.
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mobil und Reklame. (J. Maru.)
— Das Malerische in der Graphik [Fortsetzung].
(0. Gebhardt.)
Werkkunst, 5. Die Buchkunst W. Tiemanns.
(J. Loubier.)
— Spielzeug u. Kinderbücher. (P. F. Schmidt.)
Jule-Älbum 1907, — darin u. a.: Lidt Passiar
om Bernebeger, sasrlig engelske, og disses
Billeder (Maler Lorens Frölich.) Mit Bildern
nach Kate Greenaway, Caldecott, Crane,
Robinson.
Ztschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissensch.,
1. Plakatkunst. (P. Westheim.)
Innen -Dekoration 1. 08. Über Kleinigkeiten
im mod. Kunstgew. I. Inserate. (W. Michel.)
Onze kunst, 1. De tegenwoordige drukletter.
(S. H. de Roos.)
Ztschr. d. Nordböhm. Gew.- Museums, 1. 2.
Buntpapiere. (P. Jessen.)
Fuchs, Eduard, Koinnan i karikatyren. Med
367 textillustr. och 50 konstbil. Öfvers af Tom
Wilson. Bd. 1—3. 4» (29x21). XII, m S.,
50 pl. Bilaga: Sjöberg, N., Koinnan i svensk
karikatyr. Med 35 Textill, och konstbil. 56 S.,
5 pl. Stockholm, Björck & Börjesson. Kr. 15.—.
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119
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(Ä. Hopfner.)
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Mit 21 Bildern. (120 S.) (’07.)
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Esdierich. Kunsthefte, deutsche. 32X24 cm.
Stuttgart, K. Ä. E. Müller. Jedes Heft 1.25;
geb. 2.—. 3. Escherich, Mela: Ludwig Richter
und seine Kunst. Mit 50 Äbbild. (40 S.) (’07.)
Münciin. Ztg. (Propgläen), 22. 1. Wilhelm
Busch. (Ä. Dresdner.)
Bheinlande, 12. William Straube (S.)
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Kromer.) Carl Melville. (H. Wailich.)
Czediische Revue, 10. V. Preissig. [Böh-
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Kunstdironik, 27. 11. 07. Max Klingers „Epi-
thalamia“. (H. W. Singer.)
Kunstdironik, 7. Max Klingers „Epithalamia“.
(H. Singer.)
Kunst u. Künstler, VI, I. Menzel als Illustrator.
(K. Scheffler.)
Werkkunst, 8. Ignatius Taschner. (P. F.
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Kunst unserer Heimat, 2. Otto Ubbelohde.
(Chr. Rauch.)
Sozialist. Montshefte, 2. Der Zeichner Karl
Walser. (M. Mornay.)
Buchkunst, 4. Der Meister Chr. Bühler und
seine Ex-libris-Blätter. (L. Gerster.)
Mitteil. d. Ex-libris-Vereins zu Berlin, 3.
Allerlei Ex-libris. (W. zur Westen.)
7. Kirchliche^ Kunst.
Trierisches Jahrbuch 1908. Von Gegenwart
und Zukunft der kirchlichen Kunst. (J. Popp.)
Archiv f. christl. Kunst, 1. Christliche Kunst
in Bild und Buch, Schule und Haus. (Fischer.)
Wahl, Thdr., Pfr. Glaube u. Kunst. (31 S.) 8».
Essen, M. 0. Hülsmann (07). — .60.
Monatsschr. f. Gottesdienst u. kirchliche
Kunst 11. 12. Kirchbautheorie und Dogmatik.
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Ällg. Rdschau, München, 18. I. Moderne
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Stimmen aus Maria-Laach, 1. Moderne
Kunst in katholischen Kirchen. (St. Beissel.)
Ztschr. f. Christi. Kunst, 10. Grenzen der
christlichen Kunst. (K. Bonn.)
Archiv f. christl. Kunst, 1. Katholische Kirchen-
kunst. (L. Baur.)
Archiv f. christl. Kunst, 11. Neue Krippen-
darstellungen in der Kirche. (L. Baur.)
Etudes Franciscaines , Dec. Un Peintre
franciscain moderne. (P. Girard.)
s
111. Ällgemeincr Teil.
/. Kunstnachrichten
(auch Zeitschriften und Besprechungen).
Bull, de l’Art,, 356, 357. La chronique des
ventes au XVIIIe siede. (E. Dacier.)
Bull. Monumental, 3—4. Le plan d’une
monographie d’eglise et le vocabulaire archeo-
logique. (L. Demaison.)
Lochwood’s Builder’s, Ärchitect’s, Contractor’s
and Engineer’s Price Book, 1908. Cr. 8vo. 4s.
(Lockwood.)
Gibbons, S. Priced Catalogue of Stamps of
Foreign Countries, 1907—8. Cr. 8vo. 2s. 6d.
net. Gibbons, Dec. 07.
Bollett. d’Arte, 12. II dono del barone
Franchetti al Bargello [betr. antichi tessuti]
Q. Errera).
L’art, 818. Les grandes ventes en 1907, Nov.
et Dec. (A. Raymond.)
Kunstdironik, 12. Pariser Brief. (K. E. Schmidt.)
— Florentiner Brief. (G. Gr.)
Morning post, 22. 11. und 27. 12. Art and
artists. — 26. 12. Six artists.
Dailg Telegraph, 20.12. Artnotes. (C. Phillips.)
Rev. univ. intern, illust., 589. L’art en Bel-
gique. (E. Niset.)
ConvorbiriLiterare,10. Artaruseascä a Paris.
(A. Trigara-Samurca§.)
Konservat. Monatsschr., 3. Kunstbriefe aus
Italien. 5. Florenz II. (H. Pudor.)
Scheurembrandt, Herrn., Archit. Architektur-
Konkurrenzen. II. Bd. (MitAbbild.) 30,5X22 cm.
Berlin, E. Wasmuth. Jedes Heft, Einzelpreis
1.80; Subskr.Pr. bar 1.25. 11. 12. Entwürfe
V. kleinbäuerlichen Gehöften (Büdnereien u.
Häuslereien) f. den Heimatbund Mecklenburg.
(60 S.) 07.
120
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Scheurembrandt, Herrn., Ärdiit. Ärdiitektur-
Konkurrenzen. III. Bd. (MitÄbbild.) 30,5x22 cm.
Ebd. 2. Evangelisch-lutherische Kirche f. Crim-
mitschau. (32 S.) 08.
— dasselbe. III. Bd. (Mit Äbbildgn.) 30,5x22,5 cm.
Berlin, E. Wasmuth. 1. Hotel W. Jacobsen
in Kiel. (30 S.) 07.
Neumeister, Ä., Prof. Deutsche Konkurrenzen.
XXII. Bd. (Mit Äbbildgn.) gr. 8®. Leipzig, See-
mann & Co. Einzelpreis des Heftes 1.80;
Subkr.-Pr. mit Beiblatt: Konkurrenz-Nach-
richten 1.25. 5. Heft. Nr. 257. Realschule f.
Villingen. (32 S. u. Konkurrenz-Nachrichten
S. 1055-1058.) (08.)
Werdandi. Monatsschrift f. deutsche Kunst u.
Wesensart, im Aufträge des Werdandibundes
hrsg. V. Prof. Dr. Frdr. Seeßelberg. 1. Tahrg.
1908. 12 Hefte. (1. Heft. 68 S. m. 2 [1 färb.]
Taf.) Lex. 8®. Leipzig, Werdandi -Verlag.
Vierteljährlich bar 4.— ; einzelne Hefte 2.—.
Warte, hohe. Illustrierte Halbmonatsschrift f.
Ärdiitektur, angewandte Kunst und alle mo-
dernen Kulturaufgaben. Hrsg. v. Jos. Äug.
Lux. 4. Jahrg. 1908. 24 Hefte. (1. Heft. 16 S.
m. 4Taf.) 30,5x25 cm. Leipzig, R. Voigtländer.
Vierteljährlich bar 4.50; einzelne Hefte —.75.
Connoisseur, The. Vol. XIX. September— De-
cember, 1907. 4to. 7s. 6d. net. (Office.)
2. Ausstellungen,
Politiken (Kopenhagen) 291. Efteraars-salonen
i Paris [bes. Eva Gonzales u. Berthe Morisotj.
(Louis Levg.)
Svenska Dagbladet 274. Legros-Brangwgn-
utställningen i Konstföreningen. (Ä. Brunius.)
277. Höstsalongen i Paris. („Volmar“.)
Tribüne Ärtistique, 8. Le Salon de Bruxelles.
(F. d. Smet.)
Hymans, H. L’exposition de la toison d’or ä
Bruges. Bruxelles, G.Van Oest et Cie. In-4^.
Forme le no 9 du 15 septembre 1907 de l’Ärt
flamand et hollandais.
Ärte e Storia, 19—20. Settima esposizione
Internazionale di Venezia, [conf.] (Ä. della
Rovere.)
Ärt et D^corat. 11. L’exposition de l’ecole
Beige. (L. Benedile.)
Ärts, 69. Exposition d’art italien moderne ä
Paris. (G. Mourey.)
Bibliographe moderne, 62. Salons et expo-
sitions d’art ä Paris au XIXe siede; essai
bibliographique. (M. Tourreux.)
Bull, de l’Ärt, 355. Le Salon triennal. (L.
Dumont-Wilden.)
356. L’Exposition de dessins de Rodin.
(M. Stephane.)
Christi. Kunstbl., 11. Die Mannheimer Jubi-
läumsausstellung. (K. Kühner.)
Gegenwart, 1. Zeichnende Künste. [Äusstellung
der Berliner Sezession] (H. King.)
Hassegna d’Ärte, 8. La Pittura all’ Esposi-
zione d’arte antica di Perugio. (F. Mason
Perkins.) Ärazzi fiorentini a Bergamo su
disegni di Äl. Ällori. (H. Geisenheimer.)
Politiken (Kopenhagen) 1907, Nr. 345. Jödiske
Kunstnere [die Äusstellung jüdischer Kunst in
Berlin] (Adolph Donath).
F. de Smet. Le salon de Bruxelles. (Tribüne
artist., 1907, n^’. 8.)
Les diefs-d’ Oeuvre d’art ancien ä l’expo-
sition de la toison d’or, ä Bruges en
1907. In 4^ 100 planches. Van Oest et Cie,
Bruxelles.
Catalogue sommaire de l’exposition retro-
spective de l’habitation privee en Belgique,
au nouvel hötel des postes ä Gand, juillet-
aoüt 1907. — Gand, Ä. Siffer. In-8®, 4 p.
(fr. 0.10).
Rheinlande, 11. Äusstellung für kirchliche Kunst
in Soest 1907. (H. Schmitz.) — Die Sonder-
Äusstellung für christliche Kunst in Aachen
1907. (S.)
Les arts, 71. L’exposition d’ancien art ombrien
ä Perouse. (Ä. Perate.)
Magyar Iparmüveszet, 6. (Äusstellung von
alt. Kunstgewerbe aus Privatbesitz imMüzeum-
bau.) (J. Radisics.)
Katalog der Sonder-Äusstellung v. Werken v.
Paul Croeber, Hans v. Loesch, Walther Max
Sachsse, Heino Otto in Emil Richters Kunst-
Salon, Prager-Straße. (9 S.) kl. 8^ Dresden,
bar —.30.
— der Äusstellung der englischen Abteil, der
intern. Gesellschaft v. Bildhauern, Malern u.
Radierern zu London. Veranstaltet vom sächs.
Kunstverein zu Dresden. 16. XI. bis 15. XII.
1907. (30 S. m. 4 Taf.) kl. 8«. Dresden (C. Hein-
rich) (07). bar -.50.
— der Künstler- Vereinigung Mappe, Dresden,
in der Kunst-Ausstellung Emil Richter, Prager
Straße 13. (8 S.) kl. 8®. Dresden (C. Heinrich)
(07). bar —.30.
— von Werken v. Joh. Walter Kurau, Frhr. v.
Schlippenbßch, Professor Belsen, Petras Kalpo-
kas, Fred Voelckerling. (8 S. m. 4 Taf.) 8®.
Dresden (C. Heinrich) (07). bar —.50.
Rheinlande, 12. Äusstellung von Handzeich-
nungen. (W. Gischler.)
Kunst u. Künstler, 2. Oktoberausstellungen
(Berlin). (K. Scheffler.)
Deutsdie Kunst u. Dekoration, 1. Zur Kunst-
ausstellung in Köln. (R. Klein.)
Leipz. 111. Zeitg., 3367. Aus dem Wiener
Künstlerhaus. (Ä. Friedmann.)
Kunstausstellung des Verbandes der Kunst-
freunde in den Ländern am Rhein zu Köln
1906. (Umschlag: Köln 1906.) (26 [2 färb.] Taf.)
49,5X33 cm. Berlin, E. Wasmuth (07). 30.-
Innen-Dekoration, I. 08. Äusstellungskunst
auf der Grundlage wirklicher Aufträge.
(0. Schulze.)
Bibliographie
121
Kunst f. Älle, 8. Die zweite Äusstellung der
Königlichen Äkademie der Künste zu Berlin.
(R. Schmidt.)
Gaz. d. Beaux-Ärts, Oct. L’Exposition de
la Toison d’Or ä Bruges. [Schluß.] (H. Hymans.)
Nov. La salon d’automne. (Ä. Perate.)
Kunstdiron. XIX, 1—2. Äusstellung hollän-
discher Gemälde aus Rotterdamer Privatbesitz
in Rotterdam. (K. Preise.) VII. Internationale
Kunstausstellung in Venedig. Schluß. (Ä. Wolf.)
3. Die Äusstellung für moderne christ-
liche Kunst in Äachen. (F. Deneken.) Der
Pariser Herbstsalon. (K. Schmidt.) Das Schick-
sal der Sammlung Six. (K. F.)
— 6. Berliner Äusstellungen. (M. Osborn.)
— 7. Kunstausstellungen in Madrid. (E. Kühnei.)
Kunst f. Alle, 5. Die deutsche Kunstaus-
stellung 1907 in Köln. (Ä. Fortlage.)
Kunst u. Kunsthandwerk, 10. Die Äusstellung
von Kleinbronzen im Kaiser-Franz-Joseph-
Museum zu Troppau. (E. W. Braun.)
3. Sammlungen
(mit Katalogen).
Kunstdironik, 12. Moderne Galeriefragen.
(R. Graul.)
— 7. Der Konservator. (F. Günther.)
Bull, de l’Ärt, 357. Encore les prisons de
l’art. (M. Eddy.)
Kunst und Künstler, 3. Fälschungen alter
Gemälde und Bildwerke. (W. Bode.)
Trierisdies Jahrbuch, 1908. Dorfmuseen.
(Ä. Brenning.)
Museumskunde, 4. Das historische Museum.
S. Wesen u. Wirken u. s. Unterschied v. d.
Kunst- u. Kunstgewerbe - Museen (Schluß).
(0. Lauffer.)
Museums Journal, 6. How to promote the
use of museums by an Institute of museums.
(H. Carter.)
— 5. some uses of a museum of industrial art.
(W. W. Watts.)
Seidlitz, W. v. Kunstmuseen. Vorschlag zur
Begründg. e. Fürstenmuseums in Dresden. (IV,
52 S. u. 20 S. Äbbildgn.) Lex. 8®. Leipzig,
E. Ä. Seemann ’07. 3.50.
Kunstchronik, 7. Ein neuer Vorschlag zur
Förderung der Dresdener Kunstsammlungen.
(R. Graul.)
fihein.-Westfäl. Zeitg., 19. 1. Das Museum
im Industriebezirk. (E. Gosebruch.)
Hegfelder, Erich. Die Äufgaben der Stuttgarter
Gemäldegalerie gegenüber d. heimischen Kunst.
(57 S.) 8®. Tübingen, G. Schnürten. 07. 60. —
Schweiker, Wilh. Jak. Schubart - Museum.
Äalener Kunst- u. Ältertums-Sammlg. Katalog,
verbunden m. e. Führer durch Stadt u. Gegend.
(226 S. m. Äbbildgn. u. 2 Bildnissen.) 8®. Äalen
(Württ.), Stierlinsche Buchdr. '07. (Nur direkt.)
bar 1.60.
Denkmalpflege, 1. Das Museum im Dorf St.
Moritz im Oberengadin. (Klimm.)
Hheinlande, 10. Die Museumsfrage in der.
Schweiz. (H. Preconi.)
Ztsdir. f. bild. Kunst, 4. Die Hamburger
Kunsthalle. (G. Scheffler.)
Bull, de l’Ärt, 355. Les Museen nationaux
en 1906/7.
Arts, 70. La Collection de M. R.-H. Benson,
Londres. (L. Cust.)
Ztsdir. d. Vereins f. Volkskunde. Das neue
vlämische Museum' für Volkskunde in Änt-
werpen. (R. Ändree.)
Geffrog, G. Les Musees d’Europe, Madrid, le
Prado, av. 150 ill. et 37 pl., en 20 livr. ä 0 fr. 75,
in-f®, 15 fr.; rel., 20 fr. (31 /X). Per Lamm.
Pica, V. La galleria d’arte moderna a Venezia.
Fascic. 1 ä 4, p. 13 ä 60. Bergamo, Istit. ital.
d’art graf. 4®. (Chaque fascic., fr. 4.25.)
Potgieter, E. J. Het rijksmuseum. Met een
voorwoord van Älbert Verweij. Haarlem, H.
D. Tjeenk Willink & Zoon. 8®. [20xl3 >.]
(VII, 144blz.,m. 18pltn.) f. 1.50; geb. f. 1.90.
In weelde-band f. 2.25.
Mesdagh, Äime. L’organisation de collections
sigillographiques de Paris, Bruxelles et Vienne.
(R. des bibliotheques et arch. de Belgique,
1907, t. V, n® 3.)
Alhambra, 230. Los Tesoros Ärtisticos de
Espana. (Bachiller Solo.)
Kunst u. Künstler, 2. Über Galeriekataloge.
(H. Wölfflin.)
Guide du musee de Pergame des musees royaux
de Berlin. Publie par Tadministration gene-
rale, traduit par G. Engelhardt et Jean Locquin.
(54 S. m. Äbbildgn. u. 3 Taf.) kl. 8®. Berlin,
G. Reimer. 07. 1.—.
Handbücher der kgl. Museen zu Berlin. 8®.
Berlin, G. Reimer. (2. Bd.) Lessing, Jul.: Gold
u. Silber. (Kunstgewerbe-Museum.) 2. verm.
Äufl. (VII, 166 S.) 07. 2.-.
Hgmans, H. Catalogue des estampes d’ornement
faisant Partie des collections de la bibliotheque
royale de Belgique, classe par nature d’objets,
suivi d’un Index alphabetique des noms d’au-
teurs et accompagne de planches. Bruxelles,
H. Lamertin. In-8®, 491 p. (12 fr.). Publicat.
du Minist, des Sciences et des arts.
Wauters, Ä.-J. Catalogue abrege des tableaux
anciens du musee de Bruxelles. Trois. edition.
Bruxelles, G. Van Oest et Cie. 8®, 80 p. (fr. 0.50).
— Catalogue abrege des tableaux anciens du
musee de Bruxelles, redige par Ä.-J. Wauters.
Quatrieme edition illustree. — Bruxelles, G.
Van Oest et Cie (imprimerie M. Weissenbruch).
In-8®, 83 p. et VIII pl. hors texte. (1 fr.)
Destr^e, Joseph. Le legs Montefiore-Levi
aux Musees royaux et l’art tournaisien. (R.
tournaisienne, 1907, n® 1.)
122
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Bollett. d’Ärte, 10. Galleria Nazionale al
Palazzo Corsini in Roma. Äcquisto di due
quadretti di Salvator Rosa ed Espositione di
antichi paesaggi. (F. Hermann.)
Ällg. Ztg. Mündien, 16. 10. Sammlg. Pourtales.
Amtl. Berichte a. d. Kgl. Kunstslgn., 2. Neue
Erwerbungen d. Gemäldegalerie. (Friedländer.)
Vorgeschichtliche Abteilung. (Götze.)
Ärt moderne, 41. Les musees en Sizile
(J. Destree.)
Deutsdie, 2. Zwei Heidemuseen. Das Kunst-
gewerbehaus in Worpswede. Das Heide-
museum zu Wilsede. (W. Lennemann.)
Musees et Mon. de France, 8. Le Musee
Remois au Musee de Reims. (H. Jadart.)
Revue de l’Ärt anc. et mod., 127. Les Musees
de Strasbourg. II. (A. Girodee.)
Revue des Bibliot. et Ärdiives, 4. Le Cabinet
des Medailles de I’Etat. (V. Tourneur.)
United States National Museum, Proceedings,
Vol. 32. Illus. 8vo. 9X6, pp. 767. ^I net.
Wesley. Dec. 07.
Carnegie Museum. Annals. Vol. 4, No. 2.
Rgl. 8vo. QVaXö, pp. 76, subscription per
volume 14s. 6d. net. Wesley, Dec. 07.
Ärt Journal, I. 08. Recent acquisitions by
Mrs. C. P. Huntington from the Kann Collec-
tion.—Notes on pictures in the Royal Collections
(Forts.) (L. Cust.)
The Connoisseur, 77. Mrs. Collis P. Huntingtons
Collection. (K. Grant.)
Pauli, Gust. Katalog der Gemälde u. Bildhauer-
werke in der Kunsthalle zu Bremen. (126 S.
m. 6 Taf.) 8®. Bremen, F. Leuwer. ’07. 2. — .
4. Sammelschriften,
Jahrbudi der bildenden Kunst, 1907/08. Hrsg.
V. Willy Pastor. 6. Jahrg. (86 S. m. Abbildgn.
u. z. TI. färb. Taf. u. 168 Sp.) 30,5X23 cm.
Berlin, Fischer & Franke. ’07. Geb.inLeinw. 6.—.
Kalender bayrischer u. sdiwäbisdier Kunst,
1908. Herausg. v. Jos. Schlecht. Verlag d.
Gesellsch. f. christl. Kunst, München. (Inhalt:
Straubing, v. J. Schlecht. Herzog Ludwig der
Bärtige u. s. Grabmal, v. K. Schlecht. Alto-
münster, V. J. Schlecht. Aus d. Bayr. National-
Museum, v. Ph. M. Halm. Zwei Cimelien des
St. Katharinenspitals zu Regensburg , von
J. A. Endres. Herzog Ludwig X. v. Bayern,
V. J. Schlecht. Aus d. Schatz d. Kgl. Residenz-
Hof-Kapelle, v. R. Hoffmann. Reliefskulptureh
d. Augsburger Domes, v. A. Hämmerle. Ein
Bildnis d. Mutter d. ersten bayr. Königs, von
Ph. M. Halm.)
Frankfurter Kalender, 1908. Herausg. von
E. Klotz, Fr. Kurz, Th. Schäfer. Umschlag u.
Monatsbilder v. Fr. Boehle. Frankfurt a. M.,
Diesterweg. M. 2.—
Internationale Wochensdir., 27. Der Charak-
ter der mittelalterlichen Kunst. (G. Dehio.)
Woermann. Führer zur Kunst. Herausg. v. H.
Popp. 8*^. Bdchn. 7.—. 11. 12. Woermann,
Karl. Von deutscher Kunst. Betrachtung, und
Folger. Mit 8 Tafeln in Tonätzung, u. 52 Ab-
bildungen im Text. (III, 85 S.) 07.
Reinach, J. Repertoire de peinture du moyen
äge et de la Renaissance, t. II, 10 fr. E. Leroux.
Saturday Review, 105. Old Masters at Burling-
ton House [Rubens, Rembrandt, Seghers, Botti-
celli, Filippino Lippi, Hogarth, Canaletto]. (L.
Binyon.)
Brown, J. Wood. The Builders of Florence.
IIV2X9. pp. 444. 18s. (Methuen.)
4a. Kunstgeschichten.
Lübke, Wilh. Grundriß d. Kunstgeschichte. Voll-
ständig neu bearb. v. Prof. Dr. Max Semrau.
I. Die Kunst des Altertums. 14. Aufl. Mit
13 Kunstbeilagen u. 572 Abbildgn. im Text.
(IX, 458 S.) Lex. 8». Eßlingen, P. Neff. ’08.
Geb. in Leinw. 8.—.
Kuhn, A. Kunst-Geschichte. 40. Lfg. Einsied.,
Verl.-Anst. Benziger & Co. 2.—.
Liditenberg, R. Frh. von, u. E. Jaff6. Hundert
Jahre deutsch - römischer Malerei. Textbd. u.
Mappenwerk. Berlin, Oesterheld & Co. M. 18.—.
Rooses, Max. De schilderkunst van 1400 tot
1800. De voornaamste schilderijen der groote
meesters in de musea en particuliere verzame-
lingen van Europa, door Max Rooses, con-
servateur van het museum Plantin-Moretus.
Antwerpen, De Nederlandsche boekhandel.
In-4®. Aflevering II; bldz. 33 tot 64, prenten
en portr. (fr. 0.90).
Daun, B. Die Kunst des 19. Jahrh. 12 Lfg.
Berl., Wattenbach. 1.20.
Kisa, em. Museumsdir. Dr. Ant. Die Kunst der
Jahrhunderte. Bilder aus der Kunstgeschichte.
(VIII, 820 S. m. 32 Taf.) gr. 8». Stuttgart,
W. Spemann (’07). Geb. in Leinw. 10.50.
Svenska Dagbladet, 1908, Nr. 334. „J. Thiis.
norske Malere og Billedhuggere“ (rec. v. Tor
Hedberg).
Weizsäcker, Heinr., u. Alb. Dessoff. Kunst u.
Künstler in Frankfurt am Main im 19. Jahrh.
Hrsg, auf Veranlassg. des Frankfurter Kunst-
vereins. 1. Bd. 32x22 cm. Frankfurt a. M.,
H. Keller. 1. Weizsäcker, Heinr. Das Frank-
furter Kunstleben im 19. Jahrh., in seinen grund-
legenden Zügen geschildert. (VII, 118 S. mit
53 Lichtdr.-Taf.) (07.) Geb. in Leinw. f. voll-
ständig 24.—.
Warnecke, Geo. Kunstgeschichtliches Bilderbuch
f. Schule u. Haus. 6. verm. Aufl. (49 S. mit
III S. Text) 34,5x27,5 cm. Leipzig, E. A.
Seemann ’07. Kart. 2. — ; geb. in Leinw. 2.70.
— Vorschule der Kunstgeschichte. Textbuch zu
dem kunstgeschichtl. Bilderbuch. 6. verm. Aufl.
(VI, 140 S.) 8®. Leipzig, E. A. Seemann ’07.
Kart. 1.20.
Bibliographie
123
Möller, Dr.Älfr. Die bedeutendsten Kunstwerke,
m. besond. Rücksicht auf R. Zeehes Lehrbuch
der Geschichte zusammengestellt u. bildweise
erläutert. II. (Schluß-) TL: Mittelalter u. Neu-
zeit. (144 S.) Lex. 8®. Laibach, I. v. Klein-
magr & F. Bamberg '07. Geb. in Leinw. 5.—.
Ficrens-Gevaert. L’art au XXe. siede et son
expression en Belgique. (Belgique artist. et
litt., 1907, n» 26.
4b. Kunsttopographie.
Bau- u. Kunstdenkmäler des Reg.-Bez. Wies-
baden. Hrsg. V. d. Bezirksverband des Reg.-
Bez. Wiesbaden. Lex. 8®. Frankfurt a. M.,
H. Keller. III. Luthmer, Ferd.: Die Bau- und
Kunstdenkmäler des Lahngebiets. Oberlahn-
kreis—Kreis Limburg —Unterlahnkreis. Im Auf-
träge des Bezirksverbandes des Reg.-Bez.
Wiesbaden bearb. (XX, 297 S.)
Darstellung, beschreibende, der älteren Bau-
u. Kunstdenkmäler des Königr. Sachs. Unter
Mitwirkg. des k. sächs. Ältertumsvereins hrsg.
V. d. sädis. Ministerium des Innern. Lex. 8®.
Dresden (C. C. Meinhold & Söhne). 30. Heft.
Gurlitt, Cornelius: Zittau (Stadt). (II., 292 S.
m. Abbildgn. u. 8 Taf.) 07. 10.—.
Annal. d. Hist. Vereins f. d. Niederrhein, 23.
Das Pfarrarchiv von S. Maria im Kapitol.
III. Kircheninventare.
Ludorff, Ä. Prov.-Baur. Prov.-Konservat. Baur.
Die Bau- u. Kunstdenkmäler von Westfalen.
Hrsg, vom Prov.-Verbande der Prov. West-
falen. 31,5X25 cm. Münster. (Paderborn,
F. Schöningh.) (XXIV.) Kreis Lübbecke. Mit
geschichtl. Einleitgn. von Reg.-Ässess. a. D.,
Mitgl. d. Heroldsamts, Dr. Frhr. v. der Horst.
3 Karten, 168 Abbildgn. auf 27 Taf. u. im Text.
(VII, 82 S.) ’07. nn 2.40; geb. nn 6.40.
Kunst- u. Altertums -Denkmale im Königr.
Württemberg. Ergänzungs- Atlas. 23. u. 24.
Lfg., 57. u. 58. Lfg. des Gesamtwerkes. (10 Taf.)
37X51,3 cm. Eßlingen, P. Neff ’07. Je 1.60.
Bau- u. Kunstdenkmäler des Herzogt. Braun-
schweig, im Aufträge des herzoglichen Staats-
ministeriums hrsg. V. Museums-Dir. Prof. Dr.
P.J. Meier. Lex. 8®. Wolfenbüttel, J. Zwißler.
IV. Bd. Steinacker, Dr. Karl: Die Bau- u. Kunst-
denkmäler des Kreises Holzminden. Mit 14Taf.
u. 247 Textabbildgn. (XXII, 430 S.) ’07. 15.-.
Ardiiv f. Christi. Kunst, 10 u. 11. Beiträge
zur Kunsttopographie und Künstlergeschichte
des bagr. Kreises Schwaben. (A. Schröder.)
Schuster, E. Burgen und Schlösser Badens
5 Lfg. Karlsr., Gutsch. 1.—.
Kunsttopographie, österreichische. Hrsg, von
der k.k. Zentral-Kommission f. Kunst- u. histor.
Denkmale unter der Leitg. ihres Präsidenten,
Sr. Exz. Jos. Alex. Frhrn. v. Helfert. Red. v.
Prof. Dr. Max Dvorak. 32x24,5 cm. Wien,
A. Schroll & Co. 1. Bd. Tietze, Dr. Hans: Die
Denkmale des politischen Bez. Krems. Mit e.
Beiheft: Die Sammlgn. des Schlosses Grafen-
egg. Mit Beiträgen v. DD. Mor. Hoernes u.
Max Nistler. 1 Karte, 29 Taf., 480 Abbildgn.
im Text. (XXIV, 609 S.) ’07. Ohne Beiheft 32.— .
Kunststätten, berühmte, gr. 8®. Leipzig, E.A.
Seemann. Nr. 37. Brinton, Selwyn: Mantua.
Mit 85 Abbildgn. (VII, 184 S.) ’07. Kart. 4.—.
Nr. 38. Renard.Edm.: Köln. Mit 188 Abbildgn.
(VIII, 216 S.) ’07. Kart. 4.-.
— dasselbe. (Neue Aufl. gr. 8®. Ebd. Nr. 5.
Ree, Paul Johs.: Nürnberg. 3., verb. u. verm.
Aufl. Mit 181 Abbildgn. (VIII, 260 S.) ’07.
Kart. 4.-.
Burlington art miniatures, No. 6. Amsterdam
and The Hague. in case, Is 6d net. Fine
Arts Pub. Co.
Hist.-polit. Blätt. f. d. kathol. Deutschi., 1.
Siena (W. v. Keppler).
Hare, A.J.C. Florence. 7thedit. 12mo. 6V2X4V4.
pp. 318, 3s. 6d. G. Allen, Dec. 07.
Revue de l’art chr^tien, 6. Inventaires et
monographies d’eglises.
Gauthier, R. Monographie de Busloup (Loir-
et-Cher). Son prieure; Sa commanderie; Ses
chäteaux; par l’abbe R. Gauthier, eure de
Busloup. Blois, impr. Riviere. 1907. In-8, 12 p.
M^moires de la Societe archeologique et histo-
rique de l’Orleanais. T. 31. Orleans, im-
primerie Pigelet et fils; librairie Herluison.
1907. In-8, 249 p.
4c. Quellenschriften.
Vasari, Giorgio: Die Lebensbeschreibungen der
berühmtesten Architekten, Bildhauer u. Maler.
Deutsch herausgeg. v. A. Gottschewski u. G.
Gronau. V. Bd. Die Oberitalien. Maler. Übers.
V. Geo. Gronau. (X, 452 S.) 8®. Straßburg,
J. H. E. Heitz ’08. 10.50; geb. bar 12.-.
Quellenschriften f. Kunstgesch. u. Kunsttechnik
des Mittelalters u. der Neuzeit. Begr. v. Rud.
Eitelberger v. Edelberg. Nach dem Tode Dr.
Alb. Ilgs fortgesetzt v. Dr. Camillo List. Neue
Folge, gr. 8®. Wien, K. Graeser & Co. —
Leipzig, B. G. Teubner. XIV. Bd. Ertinger,
des BiMhauergesellen Fr. Ferd., Reisebeschrei-
bung durch Österreich u. Deutschland. Nach
der Handschrift CGM. 3312 der kgl. Hof- u.
Staatsbibliothek München hrsg. v. E. Tietze-
Conrad. (XXV, 91 S.) 07. 4.—.
Archiv. Storico p. la Sicilia Orient. IV, 1. In-
ventar! mininesi ineditidel Quattrocento. [Forts.]
(F. Gabotto.)
Oud-Holland, 4. Waardschatting von Schil-
derijen in de XVIIe Eeuw. (A. Bredius.)
Ztschr. d. Vereins f. Volkskunde, 4. Ein
Innsbrucker Hausinventar aus dem Jahre 1626.
(A. Sikora.)
Cechische Revue, 10. Ein Inventar der Kunst-
denkmäler Böhmens. (Z. Wirth.)
124
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Miscellanea d. Storia Ital., 11. Inventario
dei beni mobili di Bianca die Monferrato.
(G. Giacosa.) Documenti inediti riguardanti
la Chiesa di ventimiglia. (G. Rossi.)
Monuments et Memoires publies par rÄca-
demie des inscriptions et belles-lettres sous
la direction de Georges Perrot et Robert de
Lastegrie, membres de l’Institut. Ävec le
concours de Paul Jamot, secretaire de la
redaction. T. 13. 2e fascicule. Chartres, impr.
Durand. Paris, libr. Leroux. In-4, p. 117 ä 256
avec fig. 1907. Fondation Eugene Piot.
4d. Lexika.
Spemann's, W., Kunstlexikon. Ein Handbuch
f. Künstler u. Kunstfreunde. (20 Lfgn.) 1. Lfg.
gr. 8*^. Stuttgart. 07.
Nagler, G. K.: Künstler-Lexikon. 2. Äuflage.
75 — 78. Lfg. Linz, Zentraldruckerei vormals
Mareis. Je nn 1. — .
Forrer,Dr.Rob.: Reallexikon der prähistorischen,
klassischen und frühchristlichen Ältertümer.
(VIII. 943 S. m. 3000 Äbb.) Lex. 8». Stuttgart,
W. Spemann (’07). Geb. 28.—.
Bibliographie, internationale, der Kunstwissen-
schaft. Herausgeg. v. Dr. Otto Fröhlich. 4. Bd.
Jahr 1905. (IX, 433 S.) gr. 8». Berlin, B. Behrs
Verl. ’08. 18.-
5. Denkmalpflege.
Ämi d. Monum. et d. Ärts, 118. La Conser-
vation des monuments.
Ärte e Storia, 19—20. Grandezza e deca-
denza dell’affresco. (0. Caroselli.) II Campa-
nile d. S. Marco risorge. (N. Bertoglio Pisani.)
Ärts, 69. Vandalisme official. Un tresor d’art
ä sauver. Les epaves du Musee des Monu-
ments Fran^ais. (Ch. Saunier.)
Builder, Okt. The preservation of our Cathe-
drals a National Interest.
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die Restaurierung alter Bauwerke. (M. Stokes.)
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einheit und Stilreinheit in ihren Beziehungen
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Unterstützung d. bad. Regierung. (187 S. m.
Äbb. u. 4 Taf.) Lex. 8®. Berlin. (W. Ernst &
Sohn) (’07). Bar nn 3.—.
Baugewerksztg., 4. Das Pastoratsgebäude
in Ältengamme u. die Bestrebungen des Vereins
f. Vierländerkunst u. Heimatkunde. (0. Hahn.)
Christi. Kunstbl., 10. Die Wiederherstellungs-
arbeiten an St. Lorenz in Nürnberg. (Schmitz
u. Schulz.)
Magdeb. Ztg., 17.12.07. Die Wiederherst.
d. St. Michaelskirche z. München (O. Doering.)
Rheinlande, 11. Noch einmal die Wormser
Dombaufrage. (C. Gurlitt.) — Heimatschutz am
Bodensee. (N. Jacques.)
Ztsdir. f. diristl. Kunst, 9. Die Erweiterungs-
bauten der Stadtpfarrkirche zu Leobsdiütz in
Oberschlesien u. der Pfarrkirche St. Mauritius
in Friedrichsberg bei Berlin. (M. Hasack.)
Deutsche Bauztg., 1. 2. Zur Erhaltung des
„Schönhofes“ in Görlitz. (K. Loris.)
Denkmalpflege, 14. Vom Äbschlusse d.'achten
Denkmaltages in Mannheim, in Wimpfen und
Zwingenberg. (0. Behr.) — Die Krypta des
ehemaligen Domes in Goslar. (Klemm.) —
Schutz und Erhaltung alter Wandmalereien
im Ärchidiakonatgebäude in Oschatz.
— 15. Instandsetzungsarbeiten in der Pfarr-
kirche in Dielingen in Westfalen. (Kanold.)
— Geraderichtung der Pallasmauer an der
Burg i.Ändernach d. Wasserdruck. (Hillenkamp.)
Kunstchronik, 7. Vom Ulmer Münster. (M. Bach.)
Ztsdir. f. Gesch. d. Ärchitektnr, 3. La res-
tauration du Hohkönigsbourg et les critiques
de M. Otto Piper. (H. de Gegmüller.)
Habets, Ä. — Restaurations importantes ä
l’abbage et au refuge de Herckenrode ä Hasselt.
(Äncien pays de Looz, 1907, n<^ 4-5-6.)
Lucion,H. — La devastation despaysages. (B.off.
du Touring Club de Belgique, 1907, n® 20.)
Christi. Kunstblatt, 11. Die Restauration von
Leonardos Abendmahl.
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DERKUNSrSÄAMLER
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ORGAN FÜR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER.
DIE ÄUFTEILUNG DER SAMMLUNG
□ RUDOLF KANN □
Die Schätze der Sammlung Rudolf
K a n n , die Ende vorigen Jahres aufgelöst worden
ist, wohin sind sie gekommen? Das ist die
Frage, die heute alle Kunstfreunde bewegt.
Nadi Amerika ist die Antwort — und leider
die richtige — , aber Bestimmtes hat bisher nidit
darüber verlautet. Jetzt gerade beginnt das
Burlington Magazine eine Serie von Artikeln,
weldie die Bilder bei ihren neuen Besitzern
jenseits des großen Wassers besdireiben sollen.
Der erste Aufsatz ist den Kunstwerken ge-
widmet, die Mrs. C.P. Huntington in Newgork, und
ihr Sohn Archer Huntington erworben hat. Außer
hervorragenden französischen Möbeln und De-
korationsstücken des 18. Jahrhunderts hat die
Witwe des bekannten Eisenbahnkönigs Rem-
brandts berühmten „Philosophen neben der Büste
Homers“ und sein köstlidhes, leicht hingehauchtes
Bildnis der „Hendrikje“ erworben; dazu die
beiden besten Bildnisse der Sammlung von
Frans Hals: den jungen Mann und das Frauen-
portät, endlidi die Madonna von Roger van der
Wegden. Mr. Ardier Hutchinson, der bekannte
Verehrer und Sammler spanischer Kunst, hat
sidi alle drei spanischen Bilder der Sammlung
gesidiert: das pikante Mädchenbildnis von
Velazquez, den Kardinal Quevera von Greco
und den Toreador Romero von Goya. Die beiden
Hauptkäufer waren aber Pierpont Morgan und
Henry Altman. Ersterer hatte wohl die erste
Auswahl und hat, gegen Erwarten, nur wenige
Holländer', aber die schönsten Primitiven ge-
wählt: neben dem Meisterwerke Metsus (la visite
ä i’accoudiee) die große Verkündigung von Roger
van der Wegden, die Ruhe auf der Flucht von
Gerard David, das Jünglingsporträt von Memling,
das berühmte Bildnis der jungen Tornabuoni
von Dom. Ghirlandajo, ein dem Andrea del
Castagno zugeschriebenes männliches Portät,
wahrscheinlich auch die Apfelschälerin von
N. Maes. Mr. Henry Altman, der Besitzer des
größten Warenhauses in Newgork, hat nicht
weniger bedeutende Bilder für sich gewählt:
u. a. von Rembrandt den „Pilatus die Hände
waschend“, die „Nägelschneiderin“ und den
„Titus“, den großen Hobbema, den „Wasserfall“
von Jacob Ruisdael, den Pieter de Hooch, die
Tänzerin von Gainsborough. In Europa sind
nur wenige Bilder geblieben. Die Komtesse de
Beara in Paris hat den berühmten Fragonard
gekauft, und das Berliner Museum veröffentlicht
soeben eine Liste seiner Erwerbungen: von
Rembrandt die Samariterin am Brunnen und
den Cristuskopf, von Jacob Ruisdael die „Wind-
mühlen“, von A. van der Neer den „Winter-
abend auf dem Eise“, den „Winter“ von Ph.
Wouwerman, die toten Vögel neben einer
Melone von Jan Fgt, die „Familie“ von Gonzales
Coques, sowie das große Porträt eines jungen
Deutschen mit langem blonden Haar und Trient
im Hintergründe, von einem Schüler Bellinis
um 1500. Das Städel- Museum hat das eine
Rubens-Porträt von einer Schwester R. Kann’s
zum Geschenk bekommen; und ein Schwager
desselben, Martin Bromberg, hat u. a. den köst-
lichen kleinen Jan Steen, den schönsten Sal. von
Ruysdael, den farbenprächtigen Hummer von
Fgt, den Greisenkopf Rembrandts von 1643
erworben. Unter den weniger bedeutenden
Bildern der Sammlung wird noch eine Anzahl
in Paris sein oder jetzt an europäische Liebhaber
gekommen sein, da dieselben von einigen Pariser
Händlern zum Weiterverkauf übernommen
worden sind, darunter auch die beiden geistvollen
kleinen Studienköpfe von Greisen. Auch ist
bekanntlich das Porträt eines sitzenden Mannes
von Th. de Kegser als Vermächtnis des ver-
storbenen Besitzers an den Louvre gekommen.
Alles in allem tritt aber das, was von der
Sammlung in Europa verblieben ist, wesentlich
zurück gegen das, was nach Amerika ge-
kommen ist. **
s
EIN WIEDERGEFUNDENER POR-
ZELLANAPOSTEL VON KAENDLER
Von Richard Graul.
Als August der Starke den Plan faßte, das
holländische, später „japanische“ Palais, das er
dem Grafen Flemming abgekauft hatte, mit
seinen Sammlungen ostasiatischen Porzellans
auszustatten, trat auch gleich die Absicht zutage.
126
Monatshefte für Kunstwissenschaft
KÄENDLER: Standbild des Äpostels Petrus (Rechte Hand ergänzt.)
Dresden, Königl. Gefäßsammlung
1
KÄENDLER: Äpostelstatue aus Porzellan, Höhe 96 cm
Leipzig, Stadt. Kunstgewerbe-Museum □
i
I die Meißner Manufaktur zu mannigfachen de-
j korativen Arbeiten heranzuziehen. Besondere
' Ansprüche an die junge Manufaktur stellte die
Dekoration einer Hauskapelle, in der die Kanzel,
die Orgelpfeifen, der Altar aus weißem Porzellan
mit Gold ausgestattet werden sollten.^) Außer-
dem sollten in dieser Kapelle die beinahe lebens-
großen porzellanenen Statuen der zwölf Apostel
auf hohen Sockeln zur Aufstellung kommen.
Von den Modelleuren der Fabrik kam für
dieses schwierige Unternehmen nur Johann
Joadiim Kaendler in Betracht, der im Sommer
Jean LouisSponsel, Kabinettstüdie der Meißner
Porzellan -Manufaktur von Johann Joadiim Kaendler.
Leipzig 1900, S. 25 ff. und passim.
1731 angestellt wurde. Er scheint sich gleich
an die fast lebensgroßen Apostelfiguren ge-
madit zu haben, denn in einem Verzeichnis der
plastischen Arbeiten vom 13. Dezember 1731
{Sponsel, S. 52, 53) werden auf geführt ein in
Ton modellierter 3^2 Ellen hoher Apostel Pau-
lus und ein in Porzellan gebrannter Apostel
Petrus, der infolge des Brandes auf 2^1. Ellen
geschwunden war. Von dem letzteren Petrus
waren drei Exemplare gebrannt worden. Kaend-
ler erwähnt diesen Petrus „mit den beiden
Sdilüsseln und auf romanische Art gekleidet“
am 22. Juni 1731 (Sponsel, S. 72), als er zu-
sammenstellte, was er bisher, d. h. bis zu seiner
definitiven Anstellung in der Meißner Manu-
faktur angefertigt hatte. Diese Petrusfigur, die
128
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in der Dresdener Gefäßsammlung bewahrt wird,
hat, da sie nidit genug trod^en war, im Brand
stark gelitten: sie ist verzogen, der Sodiel ist
ganz schief, und über und über zeigt die Figur
Brandrisse. Die Ärkanisten der Fabrik hatten
ihre liebe Not mit diesen großen Arbeiten, die
meist mißlangen, was aber weder den Eifer
Kaendlers noch den des Königs abzukühlen ver-
mochte.
Bisher galt die Dresdener Petrusstatue als
das einzige erhaltene Stück aus Kaendlers großer
Äpostelfolge. Kürzlich ist nun dem Leipziger
Kunstgewerbemuseum die Erwerbung einer
zweiten Figur aus dieser Serie geglückt. Daß
dieser effektvoll bewegte Barockapostel durch-
aus den Stil Kaendlers zeigt, braucht nicht erst
bewiesen zu werden: es genügt der Vergleich
mit anderen bekannten Arbeiten von Kaendler.
Im Vergleich zu dem Dresdener Petrus er-
scheint der Leipziger Apostel pathetischer
und großzügiger in der Drapierung. Auch
dieser Apostel hat im Brande gelitten, wenn
auch nicht so stark wie der Dresdener Pe-
trus. Die Menge seiner Brandrisse gibt denen
des Dresdener Petrus wenig nach. Da der
Leipziger Apostelfigur die Attribute fehlen
und da aus einer am 18. August 1732 einge-
reiditen „Specificatio“ der für das Japanische
Palais bestimmten Waren hervorgeht, daß noch
andere Apostel, große und kleinere, im ganzen
neun, worunter „ein Stück von 3 Ellen und ein
Stück von 3^2 Ellen lang“, gemacht worden
sind, können wir die Leipziger Statue nicht
ohne weiteres mit dem in den Akten ausdrück-
lich erwähnten Paulus identifizieren. Immerhin
bleibt die Möglichkeit bestehen, daß wir in der
Leipziger Figur den Paulus vor uns haben, denn
von den anderen, die nur als „roh“ oder „ver-
glüht“ in der „Specificatio“ gezählt werden,
hören wir nichts wieder, und es ist nicht un-
wahrscheinlich, daß sie im Gutbrande, falls er
überhaupt ausgeführt wurde, ganz mißglückten.
Wie dem auch sei, dem Leipziger Kunst-
gewerbemuseum ist durch diese virtuose Arbeit
ein weiteres Beispiel der plastischen Kunst
Kaendlers aus seiner ersten Periode zu-
gefallen. Schon früher kaufte es ein paar präch-
tige Barockvasen, die in ihrer Formengebung
dem dekorativen Stil Poeppelmanns am Zwinger
nahestehen, die aber ebenfalls für die erste Pe-
riode der Kunst Kaendlers charakteristisch sind,
die wir bis in die Mitte der dreißiger Jahre an-
setzen. Mit den letzten dreißiger Jahren wird
der Stil Kaendlers allmählig malerischer, zuweilen
auch bombastischer, auch nimmt die Teilnahme
von Mitarbeitern an seinen Werken zu. Die
bekanntere kleine Folge der zwölf Apostel
(wie sie im Wiener Hofmuseum bei einander
stehen), die 1741 fertig wurde und für deren Ge-
staltung italienische Vorbilder nachgewiesen wer-
den können, zeigt schon deutlich die veränderte
Stilweise, die dann in Werken weiter entwickelt
ist, wie in der Madonna mit dem heiligen Anto-
nius, in der Pieta, in dem Tod des heiligen
Franziskus, in der Kreuzigung Christi, — stau-
nenswerte Arbeiten, die alle im Dresdener Johan-
neum zu sehen sind. Auch von dieser Art
Kaendlerischer Figurenplastik besitzt das Leip-
ziger Kunstgewerbemuseum seit 1906 ein gutes
Beispiel in der ergreifenden Gestalt des Christus
am Kreuz, um den Johannes und Maria schmerz-
voll klagen, eine Gruppe, die dem Museum von
Frau Martina Limburger 1906 zum Geschenk
gemacht worden ist.
s
EIN JUBILAUMSKÄTÄLOG
Soeben erschien der dritte Teil des Katalogs
500, den das Frankfurter Buchantiquariat Joseph
Baer & Co., Frankfurt a. M., anläßlich seines
120jährigen Bestehens herausgegeben hat. Der
reich illustrierte Katalog (5 Tafeln’, 66 Text-
abbildungen) entspricht, was Ausstattung und
Inhalt betrifft, dem bereits vor einiger Zeit er-
schienenen ersten und zweiten Teil desselben
Bücherverzeichnisses. Er enthält dieBeschreibung
vonDrucken des 16. Jahrhunderts mit Illustrationen
französischer, italienischer und spanischer Künstler.
Die einzelnen Werke sind wieder nach kunst-
historischen Gesichtspunkten beschrieben und
unter die Namen der einzelnen Künstler, die sie
illustriert haben, geordnet. Im ganzen werden
89 verschiedene Künstlernamen aufgeführt nebst
kurzen Notizen über die Lebensdaten und biblio-
graphischen Angaben der über sie erschienenen
Literatur. Bei der Auswahl der Illustrationen
sind meist unpublizierte und kulturhistorisch
besonders interessante Bilder reproduziert
worden.
Den Anfang machen die französischen Bücher.
Darunter befinden sich einige sehr seltene
Ritterromane wie: Lorris, le romant de la
rose, (Nr. 1544), Meliadus, das Buch des Königs
Meliadus (Nr. 1550), die Lyoner Ausgabe der
4 Haimons-Kinder (Nr. 1572), die erste Ausgabe
von Amadis de Gaule (Nr. 1593—94) und das
Buch Ysaie le triste (Nr. 1605). Außerdem ist
erwähnenswert ein sehr hübsches Buch mit Illu-
strationen von Leonard Gaultier und Jean Gour-
mont, das Werk von Ramelli über alle möglichen
künstlichen Maschinen,, welches in Paris 1588
erschien (Nr. 1517). Der Katalog bringt eine
ganzseitige Abbildung eines Kupferstiches aus
Der Kunstsammler
129
Gravüre sur bois (maniere de Jean Bourdidion) des no. 1469 et 1547
Katalog 500 III. Teil des Äntiquariates von Joseph Baer & Co.
diesem Werke. Ferner enthält diese Äbteilung
zahlreiche Livres d’heures, Bücher mit Illustra-
tionen von Mercure Jollat, Jean Moni, Bernard
Salomon und vor allem von Geoffroy Tory, dem
Hauptmeister der französischen Renaissance.
Wir bilden hier einen prächtigen Holzschnitt ab,
die Madonna mit einem Stifter, der sich in
einer im Jahre 1522 in Lyon erschienenen Bibel
(Nr. 1469) befindet und deshalb bemerkenswert
ist, weil er an die Ärt des berühmten Miniatur-
malers Jean Bourdidion erinnert.
Die Meister der italienischen Holzschnitt-
bücher sind selten mit Namen bekannt. Meistens
haben sie sich nur durch Initialen bezeichnet,
oder sie werden, wie der Meister des Poliphilo,
nach ihrem Hauptwerke genannt. Von allen
diesen Monogrammisten verzeichnet dieser Ka-
talog zahlreiche Werke. Äber auch von be-
kannten Künstlern sind einige der Bücher illu-
striert. Von Zoan Ändrea wird ein kleines
Offizium aus dem Jahre 1518 angeführt (Nr. 1612).
Der Ärzt Berengarius hat ein medizinisches Buch
mit anatomischen Darstellungen ausgeschmückt
(Nr. 1627), Hugo Da Carpi verfertigte einen
Holzsdmitt zu dem Kochbuche des Michele
Savonarola (Nr. 1642), (Nr. 1641) Giovani Caroto
illustrierte Saraynas Beschreibung von Verona,
zwei Bücher mit Illustrationen von Ägostino
Carracci (Nr. 1643—44) werden angeführt. Gio-
vanni Battista Dossi, der Bruder des berühm-
ten Malers Dosso -Dossi, illustrierte mehrere
Äriost-Äusgaben (Nr. 1671—74). Einer der be-
deutendsten venezianischen Holzschnittkünstler
war Lucantino degli Uberti, von dem der
9
130
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Gravüre sur bois du no. 1815.
Katalog 500 III. Teil des Äntiquariates von Joseph Baer & Co.
Der Kunstsammler
131
Katalog mehrere Bücher anführt (Nr. 1849—62),
darunter eine Ausgabe von Gafurius Pratica
musica (Nr. 1854) mit einer prächtigen blattgroßen
Holzschnittabbildung (S. 499). Die beiden vene-
zianischen Verleger Gabriele Giolito de Ferrari
(Nr. 1711—15) und Francesco Marcolini (Nr.
1749— 55a), illustrierten teilweise selbst die
bei ihnen verlegten Bücher. Von letzterem
enthält eine Ausgabe von Aretins, Sette salmi
(Nr. 1750), ein sehr interessantes Holzschnitt-
porträt von Aretin nach Tizian, das für die
Gesdiidite des berühmten Chigi-Porträts Are-
tins, das kürzlich nach Amerika verkauft
wurde, von größerer Bedeutung ist. Der Spät-
zeit des 16. Jahrhunderts gehören die beiden
Salviati (Nr. 1822 und 1752—53) an, ferner An-
tonio Tempesta (Nr. 1837—39), Girolamo Porro
(Nr. 1803—06), Giovanni Battista Franco (Nr.
1696—99) und Domenico Zenoi (Nr. 1872—73).
Auch deutsche Künstler wurden oft zur
Illustrierung italienischer Bücher zugezogen. Das
zeigt ein in Venedig 1516 erschienenes Brevier
(Nr. 1635), dessen Titel-Holzschnitt offenbar von
dem Augsburger Leonhard Beck gefertigt ist.
Die berühmten Kostümbilder zu Veccellio’s
Habiti anticfai et moderni (Nr. 1724— 26) zeichnete
der Nürnberger Christoph Krieger, der sich in
Venedig Christoforo Guerra genannt hat. Einen
besonders interessanten Holzschnitt bilden wir
ab. Er gehört einer in Siena um 1560 gedruckten
Representatione di Santa-Cecilia (Nr. 1815) an,
ist jedoch augenscheinlich von einem Holzstock
abgedruckt, der bedeutend älter ist, ja der zu
den ältesten Produkten italienischer Holzschneide-
kunst gehören dürfte, die sich erhalten haben.
Die sehr lebendige Darstellung des Kindermordes,
scheint von der Kunst des Squarcione beein-
flußt zu sein.
Von niederländischen Drucken erwähnen
wir die kunsthistorisch sehr interessante Be-
schreibung der Niederlande von Lod. Guicciar-
dini (Nr. 1888), deren Kupferstichtafeln von
Crispin van den Broeck gestochen sind. Für
den berühmten Antwerpener Verleger Christoph
Plantin arbeiteten zahlreiche Künstler, unter
denen Peter van Borcht (Nr. 1885—87), Jean
Croissant (Nr. 1894—95), Joseph Gietleughen
(Nr. 1901 —02), Assuerus van Londerseel
(Nr. 1920-20a), Anton Silvius (Nr. 1930—33)
und Hieronymus Wierx (Nr. 1885) zu erwähnen
sind. Außerdem sind Werke des Goldschmiedes
Jean Collaert (Nr. 1891—93), des Architekten
Jacob Floris (Nr. 1896) und der Asopus des in
Brügge lebenden Marcus Gheeraerts (Nr. 1899)
zu erwähnen. Die hell-dunkeln Holzschnitte
(Nr. 1903—04) von Hubert Goltz und zahl-
reiche Kupferstiche von Lucas van Legden
(Nr. 1907—19) sind ebenfalls in dem Kataloge
angeführt.
Den Beschluß machen einige spanische
Bücher, unter denen besonders die sehr seltenen
Americana von Lopez de Gomara (Nr. 19^8),
Oviedo Y Valdes (Nr. 1952—53), Francisco de
Xerez (Nr. 1955) hervorzuheben sind.
Dann folgen noch umfangreiche Künstler-
register, Druckortverzeichnis und ein alphabe-
tisches Register. Ferner liegen dem Kataloge
ein Gesamttitel für alle 3 Teile, ein Literatur-
verzeichnis und ein Sachregister bei. Letzteres
ist ein Beweis, wie verschiedenartig der Inhalt
der in dem Kataloge verzeichneten Werke ist.
Da finden sich Bücher über Astrologie, Chi-
romantie, Jagd, Kochbücher, Kräuterbücher, Musik,
Mystik, Mnemotechnik, Reitkunst, Wappen, Em-
blemenbücher u. v. a. An Reichhaltigkeit des
Inhaltes und Sorgfalt der Ausarbeitung dürfte
wohl das besprochene die meisten in den
letzten Jahren erschienenen Bücherverzeichnisse
übertreffen. *
s
MÄRC ROSENBERG ÜBER GOBELINS
Bei der Eröffnung der Gobelin-Ausstellung
in Karlsruhe vom 28. Mai 1907 hielt Rosenberg
einen bemerkenswerten Vortrag über Gobelins:
Die frühesten Wirkarbeiten in Gobelintechnik
sind in koptischen Gräbern gefunden; nach einer
langen Zeit, im 12. Jahrhundert, folgt der Halber-
städter Teppich; eine regelmäßige Entwicklung
setzt erst im 15. Jahrhundert ein: burgundisch-
niederländische Kunst; dann Raffaels Teppiche
(„Arrazzi“); einen dritten Höhepunkt bedeutet
die Pariser Manufaktur Ludwigs XIV. Hieran
schloß sich eine Einführung in die Technik der
Gobelinwirkerei. Gut und anregend geschrieben,
kann der Aufsatz vortrefflich als Einführung in
die Kenntnis der Gobelins dienen. S.
8
DER KUNSTMÄRKT
Der deutsche Kunstmarkt hat in den ver-
gangenen Wochen nur wenige Ereignisse ge-
sehen, die für den Sammler von stärkerem
Interesse wären. Der Januar ist eine tote Zeit
für den Kunsthandel, der alle seine Kräfte auf
die großen Schlager in den Frühjahrsmonaten
konzentriert, an denen es auch heuer nicht
fehlen soll. Bei Keller & Reiner in Berlin
kam am 21. und 22. Januar die Galerie Fritz
Gerstel unter den Hammer, die an die 200 Bil-
der älterer und neuerer Meister in sich vereinigte,
nur wenig darunter, was die Durchschnitts-
132
Monatshefte für Kunstwissenschaft
qualität überragte. Die besten Stücke gehörten
der älteren Kunst an und einige davon erzielten
bemerkenswerte Resultate, die hier mitgeteilt
seien: Nr. 9, Simon Kick, Soldaten beim Spiel,
730 M.; Nr. 12, Sdiule des van Dyck, Ma-
donna, 950 M.; Nr. 27, B. van der Heist,
Herrenbildnis, 1515 M.; Nr. 28, Derselbe, Damen-
bildnis, 1370 M.; Nr. 29, Francois Boucher,
Le Torrent, 1500 M.; Nr. 40, Hgacinthe Ri-
gaud, Bildnis eines Malers, 1480 M.; Nr. 42,
Gainsborough, Damenbildnis, 1900 M.; Nr. 43,
Meindert Hobbema, Landschaft mit Wasser-
mühle, 2620 M.; Nr. 46, N. Maes, Damen-
bildnis, 1560 M.; Nr. 48, Jan Steen, Wacht-
feuer, 4100 M.; Nr. 49, David Teniers d. J.,
Die Wachtstube, 1380 M.; Nr. 55 u. 56, Cana-
letto, Änsichten von Venedig, 6820 M.; Nr. 60,
Godfrey Kneller, Kinderbildnis, 1490 M.;
Nr.61,JohnHoppner, Mädchenbildnis, 1530 M.;
Nr. 68, Meindert Hobbema, Wassermühle,
2010 M.; Nr. 70, J. van Ruisdael, Landschaft,
1260 M.; Nr. 114. Charles Hoquet, Markt-
platz, 645 M.
Hm 11. Februar versteigerte Rudolf Lepke
eine Sammlung von Gemälden alter Meister
sowie eine Anzahl Bilder des 19. Jahrhunderts,
unter denen folgende Ergebnisse notiert seien:
Nr. 53, Nicolas Berchem, Ital. Landschaft,
530 M.; Nr. 58, Cornelis Dusart, 300 M.;
Nr. 70, N. Lancret zugeschr., Interieur, 570 M.;
Nr. 75, Ch. Leichert, Holländ. Kanal, 300 M.;
Nr. 77, N. Largilliere, Damenbildnis, 320 M.;
Nr. 80, J. van Loo, König Friedrich V. von
Dänemark, 435 M.; Nr. 82, Claude Lorrain,
Abendlandschaft, 660 M.; Nr. 90, Joh. Bapt.
Francken, Jakob und Esau, 550 M.; Nr. 93,
Art des G. Dou, Einsiedler, 610 M.; Nr. 99 und
100, Aug. Knip, Bauernhof, 490 M.; Nr. 113,
W. van de Velde, Marine, 113 M.; Nr. 116,
J. V. Goyen, Dorflandschaft, 640 M.; Nr. 131
und 132, C. J. Morel, Landschaft und Fischer-
haus, 820 M.; Nr. 139, Ant. Coypel, Mme.
Pompadour, 610 M.; Nr. 141, A. Querfurth,
Früchte, 410 M.; Nr. 150, Art des Jan v. Goyen,
Flußlandschaft, 420 M.
Eine sehr interessante Auktion veranstaltete
dieselbe Firma vom 18. bis 20. Februar, näm-
lich Miniaturen aus dem Nachlaß der Frau
Gräfin Clotilde Lottum, sowie alte kunst-
gewerbliche Arbeiten aus dem gleichen Besitz,
insgesamt 506 Nummern. Die Miniaturensamm-
lung der Gräfin Lottum war in Sammlerkreisen
längst bekannt und zweifellos eine der besten,
die es in Deutschland gab, dessen Sammeleifer
der Miniatur nicht mit dem gleichen Interesse
gegenübersteht wie andere Länder, die innigere
kulturgeschichtliche Beziehungen zur Elfenbein-
malerei unterhalten. Der Reiz der Miniaturen
liegt einmal in den damit verknüpften histori-
schen Reminiszenzen. Weniger das Kunstwerk
an sich als das Sujet und das Porträt fesseln
das Interesse und man hat schon häufig genug
konstatieren können, wie gerade hier die Preise
nicht das Ergebnis künstlerischer Qualität, son-
dern in erster Linie des Sujets waren. Die
Miniaturensammlung der Gräfin Lottum stellt
eine Ahnengallerie von erlesenem Werte dar,
die zum Teil in engem Zusammenhang mit der
preußischen Geschichte steht. Über die Er-
gebnisse dieser Auktion, zu der ein reich illu-
strierter Katalog erschienen ist, werden wir in
der nächsten Nummer dieser Zeitschrift be-
richten.
s
Unter den bevorstehenden Ereignissen des
Berliner Kunstmarktes muß eine Versteigerung
besonders herrorgehoben werden, die Amsler
& Ruthardt in den Räumen ihres Kunstanti-
quariates am 23. und 24. März veranstalten
und auf deren Resultate man sehr gespannt
sein darf, zumal sich unter dieser Sammlung
von Originalradierungen und Hand-
zeichnungen erster deutscher und aus-
ländischer Künstler das vollständige ra-
dierte Werk von Max Klinger befindet. Und
zwar durchweg Blätter in allerersten Ausgaben
und Probedrucken, über deren Wert bei keinem
Kupferstichsammler heute ein Zweifel mehr
sein kann. Erinnern wir doch beispielsweise
an das im Dezember an gleicher Stelle ver-
steigerte frühe und seltene Blatt Klingerscher
Griffelkunst, das vom Leipziger Museum um den
Preis von 4500 M. erstanden wurde, ein Blatt,
das ob seiner künstlerischen Qualität allein nie
diese Summe rechtfertigen würde. Unter diesen
Klingerschen Originalradierungen, die bei Ams-
ler & Ruthardt unter den Hammer kommen,
erwähnen wir Opus I: Radierte Skizzen. Eine
vollständige Folge dieser Jugendarbeiten in
ersten Abdrücken von den unverstählten Ori-
ginalplatten, sogen. Brüssler Ausgabe, von der
nur 10 Exemplare hergestellt wurden. Opus II:
Rettungen ovidischer Opfer, ebenfalls vollstän-
diges Exemplar der Brüssler Ausgabe. Opus III:
Eva und die Zukunft. Exemplar Nr. 8 der
ersten Ausgabe vor der Widmung mit den zwei
verschiedenen Auffassungen für Blatt V. Opus IV :
Intermezzi. Frühe Abdrücke auf Chinapapier,
sehr selten. Opus V: Amor und Psyche.
Opus VI: Ein Handschuh. Handexemplar des
Künstlers. Opus VII: Landschaften. Opus VIII:
Ein Leben. Ebenfalls Handexemplar des Künst-
lers der ersten Ausgabe von den unverstählten
Der Kunstsammler
133
Platten. Opus IX: Dramen. Opus X: Eine
Liebe. Alles früheste Ausgaben, denen sich
Opus XI: Vom Tode, Opus XII: Die Brahms-
Phantasie und Opus XIII: Vom Tode II. an-
sdiließen. Dazu kommen noch zu jedem Opus
eine Reihe kostbarer Einzelblätter aus diesen
Werken, meist erste Probedrudte, über deren
Wert nicht gesprochen zu werden braucht,
ferner eine reiche Anzahl von Exlibris und an-
deren Einzelblättern, prächtige Federzeichnungen
und Studien zu des Meisters Bildern, Skulp-
turen und Radierungen. So darf man wohl
ohne Übertreibung behaupten, daß auf
absehbare Zeit hinaus eine zweite Klinger-
sammlung in solcher Reichhaltigkeit und Quali-
tät nicht wieder auf den Markt kommen dürfte.
Aber auch sonst wird die Versteigerung bei
Amsler & Ruthardt erhebliches Interesse er-
wecken, bringt sie doch neben Klinger noch
eine Reihe unserer ersten Graphiker mit kost-
baren Frühdrucken ihrer Werke zu Worte,
darunter Arbeiten von Fautin- Latour, Ernst
Moritz Geyger, Otto Greiner (darunter eine
Originalstudie zum „Inferno“), Seymour Haden,
Paul Helleu, Herkomer, Jacquemart, Legros,
Liebermann, Millet, Stauffer-Bern, Whistler u. a.,
kurz, eine Auslese moderner Graphik in ihren
glänzendsten Vertretern. Der reich illustrierte
Katalog kostet 1 M.
s
Auf dem Münchener Kunstmarkt sind in
den letzten Wochen ebenfalls keine Ereignisse
von weittragender Bedeutung zu verzeichnen
gewesen, aber die kommenden Wochen werden
auch hier eine lebendigere Tätigkeit erleben.
Die neue Saison hat bereits begonnen. Hugo
Helbing hat für die kommenden Monate bereits
drei große Versteigerungen angekündigt, von
denen die erste am 18. und 19. Februar
stattgefunden hat. Es handelte sich am ersten
Versteigerungstage um eine Sammlung von
Kupferstichen, Radierungen, Holzschnitten und
Lithographien, sowie Farbstichen des 15. bis
18. Jahrhunderts und einigen Handzeichnungen
alter Meister, am zweiten Tage um Original-
radierungen, Holzschnitten usw. hervorragender
moderner Meister, unter denen sich Arbeiten
von Corot, Greiner, Klinger, Liebermann,
Stauffer-Bern u. a. befanden. Über die Resul-
tate dieser beiden Auktionen werden wir noch
kurz berichten.
Eine wichtige Auktion zeitgenössischer
Malerei, auf die heute schon aufmerksam ge-
macht sei, wird Hugo Helbing am 7. April ver-
anstalten, bei welcher Gelegenheit die Samm-
lung F. Kalister (Triest) unter den Hammer
kommen soll, in der sich nicht nur Perlen deut-
scher Malerei (Achenbach, Lenbach. Fr.A.v.Kaul-
bach), sondern auch ausgezeichnete Werke der
italienischen (Favretto usw.), spanischen (Beul-
liure) und holländischen Malerei (Mesdag, Ver-
boekhoven u. a.) befinden.
Für Anfang Mai hat dieselbe Firma eine
Versteigerung kunstgewerblichen Charakters,
der Sammlung Leinhaas -München, in Aus-
sicht gestellt, über die noch zu sprechen sein
wird.
s
In Köln hat die Firma J. M. Heberle
(H. Lempertz’ Söhne), die seit langem einen
wohlbegründeten Ruf hat, ebenfalls ihre Tätig-
keit mit einigen Versteigerungen wieder auf-
genommen. Am 17. und 18. Februar kamen
eine Reihe von Gemälden alter und neuzeitiger
Meister, sowie Kupferstiche und Aquarelle
unter den Hammer, am 2^. Februar und fol-
gende Tage gelangt wiederum ein Teil der
wohlbekannten Sammlung Heinr. Lempertz sen.,
in der Hauptsache Zeichnungen von Osterwald,
Ramboux u. a., ferner Karikaturen, Porträts
zum Ausruf. Anschließend daran wird die
III. Abteilung der Kupferstichsammlung des ver-
storbenen Geh. Sanitätsrats Dr. C. v. Guerard
unter den Hammer kommen, die manches Be-
merkenswerte enthält und eine Reihe guter und
seltener Stiche in sich vereinigt.
Für den 27. April hat die genannte Firma
die Auktion der bekannten China-Samm-
lung N. J. Chlodowski, Odessa, angekün-
digt, über die noch näher zu berichten sein
wird.
s
Eine hochinteressante Versteigerung, die sich
an die verschiedensten Sammlerinteressen wen-
det, findet in Wien am 16. März und folgende
Tage durch die Firma Gilhofer & Ranschburg
statt. Es kommen bei der Gelegenheit drei
Sammlungen von ausgeprägtem Charakter unter
den Hammer, die des Hofrat Petzold, des Herrn
Z. V. Lachnit und des Prinzen C. . . . Der
Katalog verzeichnet in seinem ersten Teil Handr
Zeichnungen und Aquarelle des 15. bis 19. Jahr-
hunderts, darunter Arbeiten der Wiener Rud.
V. Alt, Fr. V. Amerling, Jos. Anton Bauer, Jos.
Binder, Franz Dobyaschofsky, J. M. Doffinger,
Franz Eybl, Peter Fendi, Jos. v. Führich, Heinr.
Füger und andere Namen von gutem Klang
und hervorragender Bedeutung im Rahmen der
österreichischen Kunstgeschidite. Unter den
Handzeichnungen alter Meister sind Werke von
Andrea del Sarto, Fra Bartolommeo, , Cara-
134
Monatshefte für Kunstwissenschaft
DELLÄ CROCE. MÄRIÄ ÄNNÄ MOZART
vaggio, Jan Steen, Teniers, Hans Bol u. a. ver-
zeichnet. Die Abteilung der Aquarelle und
Miniaturen mit Arbeiten von Doffinger, Eybl,
Füger, Führidi, Ranftl usw. hat in der Haupt-
sache ebenfalls österreichischen Charakter. Be-
sonderes Interesse beansprucht ferner die Ab-
teilung der Porträts. Als Piece de resistance
darunter das Porträt von Maria Anna Mo-
zart, Schwester des Komponisten, von der
Hand della Croces. Mozart selbst hat dieses
Bild wahrscheinlich in einem Briefe an seinen
Vater vom November 1780 erwähnt. Abgesehen
von dem rein historischen Interesse, das sich
einer solchen Arbeit von selbst zuwendet, ver-
dient dieses Bild (wir geben es als Probe in
einer stark verkleinerten Reproduktion wieder)
seiner hervorragenden künstlerischen Qualität
nach alles Lob. Audi einige Werke alter
Kunst aus der böhmischen Schule, ferner ein
dem Ambrosius Francken d. A. zugeschriebenes
Bildnis verdienen Erwähnung. Starken Zu-
spruch dürfte auch die Abteilung der französi-
schen und englischen Kupferstiche des 18. Jahr-
hunderts, darunter Arbeiten von Aubrg und
Bartolozzi usw. finden, die heute sehr hoch im
Preise stehen. Den Beschluß der Versteigerung
macht eine Sammlung früher Lithographien von
Schwind, Kriehuber u. a., sowie eine Anzahl
historischer Blätter, Militaria, Viennensia usw.,
sowie ein Anhang „alte Meister“, in dem wir
die Namen Rembrandt, Dürer, Sdiongauer u. a.
verzeichnet finden. Alles in allem eine reich-
haltige und qualitativ hochstehende Kollektion,
die auch außerhalb Österreichs die Liebhaber
und Sammler interessieren wird. -n.
s
PARIS =
Januar ist von jeher eine schlechte Zeit für
den Markt gewesen. Alle Welt ist mit gesell-
schaftlichen Verpflichtungen überhäuft und der
Monat, in dem die Bilanz des Jahres gezogen
wird, ist einer der ungünstigsten für den Kunst-
handel. In diesem Jahre ist die Geschäftsunlust
besonders groß, da die amerikanische Krise sich
überall fühlbar macht. So haben denn im ver-
flossenen Monat im Hotel Drouot kaum nennens-
werte Verkäufe stattgefunden. Während im
vorhergehenden Monate die Vente Robaut ein
Ereignis ersten Ranges gewesen war, bei dem
der Louvre seine Schätze um Corot’s entzücken-
den Stadtturm von Douai bereicherte (46000 fs.)
so lassen sich aus dem Januar nur erwähnen:
Gemäldeverkäufe: moderne Bilder am 11. Ja-
nuar: Georges d’Espagnat fünf große Deko-
rationsmalereien 4150 fs. (Boussod & Valadon),
am 20. Januar: Boudin, Hafen von le Havre
(54:74) 2700 fs., am 24. Januar: Thaulow,
D orf Straße (55 : 65) 1600 fs., am 30/31. Januar:
Salvator Rosa, Almosenverteilung im Kloster
(23:32) 1980fs. Rokkokodekorationen (14Stück)
5000 fs. Jacopo da Ponte, Lautenspieler 650 fs.
(Dies Bild hatte auf der vente Sedelmeger 1100 fs.
erzielt.) An andern Verkäufen wären zu er-
wähnen: Bücher: Sammlung des Grafen Leon
Werle. No. 78 Brillat Savarin, Physiologie du
goüt mit Radierungen von Lalauze 2000 fs. (am
Tage der Vente gestohlen). No. 101 Comte de
Chevigne, contes Remois, ill. von Meissonnier
1015 fs. No. 140 eine Kollektion von 3433 graphi-
schen Werken Daumiers in 32 Bänden 2150 fs.
No. 156 Diderot. Jacques le fataliste mit
Aquarellen von Leloir 4210 fs. No. 159 Jerome
Doucet: la chanson des mois mit Aqu. von
Leloir 3870 fs. am 13/14. Januar: Salongarnitur
Louis XVI. Tapisserie Aubusson (1 Canape,
8 Fauteuils): 20100 fs. Drei Wandteppicdie
18. Jhrhdt. Nymphengruppen 62000 fs. Andere
Tapisserien 17. u. 18. Jhrhdt.: je 3550, 4300,
5010 fs. Tapisserie d. Renaissance 10 250 fs., am
20. Januar: persische Fayencen, wobei eine Platte
aus dem 14. Jhrhdt. mit dem Basrelif einer
Moschee 960 fs. erzielte. — Herr Henri Baudonin
ist zum Nachfolger des bekannten, vor einigen
Monaten verstorbenen Kommissars Paul Che-
vallier ernannt worden. R. A. M.
8
Der Kunstsammler
135
VERMISCHTES
Rom, 11. Febr. Die italienische Regierung
scheint jetzt mit größerer Energie darauf aus-
zugehen, durch Änkauf Kunstschätze vor dem
Äuswandern zu bewahren, statt wie bisher einzig
und allein auf das gesetzliche aber immer um-
gangene Äusfuhrverbot zu vertrauen. Eine
Zeitungsnotiz bereitet auf einen neuen derartigen
Ankauf vor, der wahrscheinlich sehr bedeutende
Mittel beanspruchen wird: Ein römisches fürst-
liches Haus, welches einen der besten päpstlichen
Adelsnamen aus dem 17. Jahrhundert trägt, be-
mühe sich seit Jahren um den Verkauf ihres
alten Kunstbesitzes. Das berühmte Archiv wurde
mit seinen 10000 Manuskripten für die Vatika-
nische Bibliothek durch Leo XIII. erworben. Von
der Sammlung antiker Bronzen und Elfenbein-
schnitzereien habe man bisher geglaubt, daß sie
bereits in das Ausland gewandert sei. (Dieser
irrigen Meinung war allerdings einzig und allein
nur die italienische Regierung.) Nun habe man
aber festgestellt, daß sie sich noch in Italien,
und zwar bei einem Kunsthändler in Florenz
befinde. Daraufhin sei eine Kommission von
Archäologen eingesetzt worden, um die Samm-
lung zu prüfen und darüber zu berichten. — Fürden
Eingeweihten kann es keinen Zweifel geben,
daß es sich um die Antiken-Sammlung
Barberini handelt, auf welche die italienische
Kunstverwaltung ihre Hand legen will, nachdem
sie bisher gegen deren Export scheinbar nichts
einzuwenden gehabt hat. Es ist sehr bedauer-
lich, daß von keiner deutschen Museumsverwal-
tUng soviel rasche Entschlossenheit gezeigt
worden ist, um sich jene Sammlung, die aus-
gezeichnete antike Kunstgewerbeerzeugnisse,
darunter ein bedeutendes großes Bronzestück,
enthält, zu sichern, solange dazu die Möglich-
keit geboten war. Aus der Sammlung Barberini
stammt übrigens auch die kleine miniaturartig
gemalte Verkündigung Botticellis (nach der An-
sicht einiger Kenner ist sie allerdings nur ein
Schulwerk) , die sich heute im Besitz des
Berliner Sammlers Huldschinskg befindet. X.
Rom, 15. Febr. Wie die „Tribuna“ heute
mitteilt, erwirbt der italienische Staat aus vor-
handenen Fonds die Antiken-Sammlung des
Hauses Barberini von dem Kunsthändler Prof.
Volpi in Florenz, bei dem sie sich gegenwärtig
befindet. *
9
München. In der Bilderfälsdicrangclegenheit haben
die polizeilichen Erhebungen ergeben, daß sich die „Haupt-
fabriken“ in München und in Paris befinden , und daß in
einer ganzen Reihe von anderen Kunststädten Filialen
errichtet worden waren. Das Fälscherkonsortium ließ,
wie uns aus München gemeldet wird, nicht nur Fälschungen
toter Meister anfertigen, um sie als Originale in den
Handel zu bringen — die Gesellschaft hatte auch die Kühn-
heit, Originale noch lebender kursfähiger Künstler geradezu
fabrikmäßig herzustellen. Da sich die Absatzgebiete der
eigenartigen Kunstreproduktionsgesellschaft nahezu über
alle Kulturstaaten verteilen, gestaltet sich die Unter-
suchung außerordentlich schwierig , doch besteht Aussicht,
daß es gelingt, das ganze Konsortium zu fassen.
In München ließen die Händler oft für einige Mark
Kopien nach Lenbach, Defregger, Grützner, Schleich,
Schwind, Spitzweg usw. anfertigen. Jede Kopie ging
dann nach Paris, wo sie signiert wurde, und tauchte später
in einer Kunsthandlung als „Original“ auf, für die die be-
trogenen Liebhaber schweres Geld zahlten. So steht
unter anderem fest, daß für einen „echten Spitzweg“, der
für zehn Mark gemalt worden war, 3000 Mark verlangt
und bezahlt worden sind. In einer Kunsthandlung in
Breslau wurde ein falscher Schwind: „Amor und Psyche“
von der dortigen Polizei beschlagnahmt. Um die Fäl-
schungen als solche zu erkennen, wurde der Justizbehörde
eine aus Malern, Bildhauern und Kunsthistorikern ge-
bildete Kommission beigegeben, der unter anderen Pro-
fessor Franz v. Stuck angehört. Unter den verhafteten
Fälschern befinden sich auch die Münchener Kunsthändler
Politzer und Windhagen, von denen besonders der letztere
in falschen Terrakotten Geschäfte machte. Der Prozeß
dürfte sich zu einem der sensationellsten gestalten, der
seit langem die Gerichte beschäftigt hat. (Berl. Tagebl.)
Paris, Der bekannte Kunstsammler Groult in Paris
ist 60 Jahre alt gestorben. Seine Galerie, hauptsächlich
mit Werken von Watteau, Fragonard, Gainsborough,
Turner usw. wird auf 25 Millionen Franken geschätzt.
Berlin. Die Sammlung Gaston v. Mallmann ist mit
ihrem Besitzer aus Böhmen hierher (Anhaltstr. 17) über-
gesiedelt und Kunstfreunden zugänglich gemacht. Sie
enthält namentlich gute vlämische Gemälde.
Für die Redaktion verantwortlich: Der Herausgeber Dr. Georg Biermann, Leipzig. Zweigredaktionen: Berlin.
Dr. Paul Ferdinand Schmidt (zugleich Redakteur der Bibliographie). München. Dr. Hermann Uhde-Bernays.
Wien. Dr. Wilhelm Suida. Paris. Dr. Rudolf Adelbert Meyer. London. Frank E. Washburn Freund
in Harrowan Hill bei London.
136
Monatshefte für Kunstwissenschaft
ÄUKTIONSKALENDER
Februar
Frankfurt a. M. Rud. Bangel. Ge-
März
Frankfurt a. M. Philipp Bode.
25. u. 26.
mälde, Antiquitäten und Kunst-
16. u. 17.
Kupferstiche, Holzschnitte, Radie-
gegenstände.
rungen des 15. — 19. Jahrhunderts,
25. u. 26.
Amsterdam. C. F. Roos&Co. Im
sowie Handzeichnungen.
„Militie“-Zaal. Moderne Gemälde.
23. u. 24.
Berlin. Amsler & Ruthardt. Ra-
Nachlaß des Herrn R. G. Graadt van
dierungen, Handzeichnungen, Litho-
Roggen, des Fräul. G.H. Matthussen.
graphien erster moderner Meister,
März
Wien. Anton Stock 1. Gemälde aus
darunter vollst. Klingerwerk in
2. n. 3.
Privatbesitz und Nachlaß des Malers
hervorragend. Ausgaben u. Blättern.
Julius Radi in Wien.
25. u. 26.
Aadien. Anton Creutzer, vorm.
3.
Amsterdam. C.F. Roos&Co. Im
M. Lempertz. Gemälde, Aquarelle,
„Milit.“-Zaal. Nachgelass. Aquarelle
Zeichnungen alter und moderner
von J. H. Weißenbruch sowie die
Meister, Kunstgegenstände. Nach-
Aquarellsammlung des Herrn G. te
laß des Düsseldorfer Malers Wilh.
Kruyff van Dorßen.
i
Sohn.
7._
München. A. u. W. Bauers Kunst-
April
München. HugoHelbing. Sammlg.
auktionshaus. Gemälde mod. dtsch..
7.
F. Kalister— Triest, Ölgemälde und
französ. u. holl. Meister. Slg. B. von
Aquarelle hervorragender moderner
Braunhorst; dazu Antiquitäten.
Meister.
10. u. 11.
Frankfurt a. M. Rud. Bangel.
27.
Köln. J. M.Heberle (H. Lempertz
Sammlung Steiner, Wien. Japan
Söhne). Japan- und Chinasammlung
und China. Altertümer.
Cholodowski, Odessa.
16.
Wien. Gilhofer & Ranschburg.
Mai
München. HugoHelbing. Sammlg.
Sammlung Hofrat Petzold, Z. von
Leinhaas— München, Skulpturen in
Lachnit, Prince C Handzeich-
Holz und Stein, Gemälde, Kunst-
nungen des 16.— 17. Jahrhunderts,
gegenstände.
Aquarelle, Miniaturen. Französ. u.
Mitte
Kassel. Max Cramer. Griechische
engl. Kupferstiche des 18. Jahrhdts.
Altertümer und Goldsachen aus der
Seit. Porträts. Früh. Lithograph, usw.
Sammlung A. Vogell.
Bedeutende Kunstauktion
in der Galerie Helbing, München
:: Dienstag, den 7. April 1908 ::
Sammlung F. Kalistert, Triest
♦♦
Ölgemälde, sowie einige Aquarelle
hervorragendster moderner Meister
Dabei Arbeiten von : Oswald Achenbach, J. Benlliure y Gil, Giac. Favretto, M. Gaisser,
H. F. K. ten Kate, H. Kauffmann, Fr. A. von Kaulbach, Eg. Lancerotto, A. v. Kowalski,
Fr. von Lenbach, H. W. Mesdag, Mih. Muhkaesy, G. Puig-Roda, J. Tiren, E. F. Ver-
= = = = = = = boeckhoven, J. Weiser, E. Zimmermann. c= = = = == c= c=
3 Ausgaben: Ausgabe Ä, mit 34 Abbildungen in Autotypie auf 32 Tafeln
_ (Chromokarton), elegant broschiert, Preis M. 3. — • Ausgabe B, mit gleichen Ab-
bildungen auf 32 Tafeln (Kunstdruckpapier), broschiert, Preis M. 1.50. Einfadies Verzcidinis gratis.
nähcre'Auskunft durch Hugo Helbing, Mtindien, Liebigstr. 21.
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
137
NEUE KÄTALOGE:
J. Sdieible, Stuttgart, Hauptstätterstraße 79.
Katalog für Bibliophilen, Nr. 353— 365. (Selten-
heiten, Kupferstich- und Holzschnitt werke,
Kulturgeschichte.)
Max Ziegert, Frankfurt a. M., Hochstraße 3.
Katalog 7 u. 8: Städteansichten, topographische
Blätter in Kupferstich usw. von 1500—1900.
Kat. 9: Porträts von 1500—1900. Kat. 10:
Kupferstiche, Radierungen usw. von 1450 bis
1850, darunter Chodowiecki, Dürer, Rembrandt,
Callot, L. Richter usf. Francofurtensien.
Wilh. Jacobsohn u.Co.t Breslau V., Tauentzien-
straße 11. Kat. 223. (Erstausgaben, Branden-
burg, Illustrierte Werke usw.)
J. St. Goar, Frankfurt a. M., Junghof straße 5.
Kat. 97. Kunst und Kunst gewerbe.
Schuster & Bufleb. Berlin W. 30. Älmanach
für Architektur, Kunst u. Kunstgewerbe 1908.
K. W. Hiersemann, Leipzig, Königstraße 3.
Katalog 340. Kunstgeschichte.
— 341. Kunstgewerbe.
— 342. Graphisch. Kunst u.Buchgewerb.
— 343. Orientalische Kunst.
— 344. Antike Kunst.
Katalog über christliche Kunst. Kupferstiche,
Kupferätzungen, farbig. Reproduktionen, Stein-
drucke, Photographien. (64 S. mit Abbildgn.)
gr. 8®. Magdeburg, Ev. Buchhandlg. (07).
Woldemar Kuhnis. Dohna/Sa. Lagerkatalog 2.
Aquarelle und Handzeichnungen alter und
neuerer Meister. Der Katalog verzeichnet
612 Nummern.
Georges Bapillg. Paris. Katalog über Nach-
bildungen meisterlicher Blätter d. 15.— 17. Jahr-
hunderts in Heliogravüre.
Ämsler & Ruthardt, Berlin W. 64, Behren-
straße 29 a. Katalog 78. Sammlung D
Berlin. Das Werk von Max Klingen
Diesem Hefte liegen Prospekte der Firmen CARL BELLMANN in Prag, J.H.ED. HEITZ in Straß-
burg, KLINK HARDT & BIERMANN in Leipzig, PHOTOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT in
Berlin, ANTON SCHROLL & Co. in Wien, WILHELM WEICHER in Leipzig, E. A. SEEMANN
in Leipzig (für einen Teil der Auflage) bei, auf die besonders aufmerksam gemacht sei.
1
Kunstversteigerung zn Köln a. Rh.
Die hervorragende und weltbekannte
China - Sammlung
$r. Exzellenz des Generalleutnant N. J. Cholodowski, Odessa
Hervorragende Arbeiten in Stein, Lack, Bronze
Reiche Sammlung von Porzellan und Tabakflaschen
Versteigerung: Montag, den 27. April 1908 und folgende Tage
Besichtigung: Freitag, den 24. bis Sonntag, den 26. April
Illustrierte Kataloge mit 20 Volltafeln 5 Mark
I. M. Heberle (H. Lempertz’ Söhne)
Köln am Rhein, Friesenplatz 15
♦
-
138
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
24. Kunstauktion
GILHOFER & RÄNSCHBURG «WIEN
====^= 16. März und folgende Tage.
Versteigerung der Sammlungen Hofrat Petzold,
Z. von Lachnit, Prince C
Handzeidinungen des 16. — 17. Jahrhunderts
(Andrea del Sarto — Pierino del Vaga — Fra Bartolommeo — Cara-
vaggio — Jacob Toornvliet — David Teniers — Jan van Steen —
Bemmel — Hans Bol etc.)
Aquarelle und Miniaturen des 19. Jahrhunderts
(Daffinger — Ender — Eybl — Fendi — Füger — Führich — Gauer-
mann — Kininger — Kupelwieser — Marko — Peter — Ranftl — Saar
— Steinle — Theer — Treml etc.)
Französische und englische Kupferstiche
des 18. Jahrhunderts, gesdiabt, punktiert und in Farben gedruckt.
— — Seltene und schöne Porträts ~
Das berühmte Orig.- Ölporträt der Schwester
Mozarts, Marianna von Deila Croce (Kopie im Salzburger
Mozarteum).
Frühe Lithographien von Schwind, Kriehuber u. a.
Historische Blätter, selteneFlugblätter, Militaria
Austriaca, Viennensia, Theatralia (Die Prater-
fahrt von Bensa, komplett; zahlreiche Equipagenblätter und Originale
von Bensa, Gurk, Raulino, Perger, Ender, Wiegand).
Nebst einem Anhänge: Alte Meister
(Dürer — Rembrandt — Schongauer — Zasinger etc.)
- - Reich illustrierter Katalog erscheint Mitte Februar, ™
Kunst- Antiquariat Gilhofer & Ranschburg, WienI,
Bognergasse 2.
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
139
in den Räumen unseres Kunstantiquariats
die Kunstsammlung D Berlin
Originalradierungen und Handzeidinungen
erster deutscher und ausländischer Künstler
darunter das vollständige radierte Werk von
MAX KLING ER
in allerersten Ausgaben und frühesten Probedrucken von
erster Schönheit und größter Seltenheit. Prächtige Federn
Zeichnungen und interessante Studien zu seinen Bildern
Skulpturen und Radierungen
Ferner kostbare Frühdrucke meist vom Künstler
handschriftlich bezeichnet von
Gegger* G reiner ♦ Herkommer* Legros
Liebermann ♦ Millet ♦ Orlik ♦ Stauffer
Strang ♦ Vogeler ♦ Whistler ♦ Zorn
Der mit über 60 Abbildungen ausgestattete Katalog LXXVIII wird gegen Vor-
einsendung von M. 1. — franko verschickt. Sämtliche auf die Auktion
bezüglichen Anfragen bitten wir zu richten an
tharil
W. 64, Behrenstraße 29a.
140
Monatshefte für Kunstwissenschaft
GALERIE QflSTON VON nALLHANN
KUNSTHflNbLUNQ
BERLIN SW,
Elnhaltstraße 7
kauft und verkauft jederzeit erstklassige
alte Ölgemälde aller Schulen, alte Hand-
zeichnungen und Aquarelle
MUaiiia liliquaria Mora
KünstlerisGli illustrierte und Luxus -Werke
Wertvolle Werke i
Raritäten für Bibliophilen : Älte
Holzschnitt'' und Kupferwerke
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Bibliographie u. Publikationen
für Bücherliebhaber :: Seltene
Drucke und Ausgaben :: Buch"
kunst Seltenheiten :: Stiche
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115 Künstler. M. 5.—
III. Teil: Drucke des XVI. Jahrhunderts mit
Illustrationen französischer, italieni-
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erscheint halbjährlidi, Preis per Halbband M. 3. —
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literarischen Produktion, die in Bremen vertreten ist, auch die Erzeugnisse fremder
Kulturen, wie sie unser Städtisches Museum bewahrt. Indem wir nun als Bremer unsern
Kopf und unsere Feder in den Dienst der Bremer stellen, wird vielleicht manches erscheinen,
dem auch die Fernerstehenden „draußen im Reidi“ einige Äufmerksamkeit
gewähren.“
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
145
Soeben erschien in meinem Verlage:
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Tägliche Rundschau, Berlin: Das Werk gibt ein liebevolles und liebenswürdig anschauliches Bild
der Entwicklung der deutsch-römischen Erdlebenbildkunst, um den Ausdruck von Carus
zu gebrauchen, die die schon durch die Berliner Jahrhundertausstellung in weitere Kreise getragene
Überzeugung vertieft, daß das im fernen, uns so wohlbekannten Süden erblühte Reis deutschen
Kunstschaffens aus dem Stamm deutschen Empfindens emporgewachsen und kein Fremdkörper ist. Die
beigegebene Mappe mit ^ technisch tadellosen Vervielfältigungen ergänzt und belebt in glücklichster
Weise die textlichen Ausführungen.
Posener Zeitung: Selten haben wir ein Buch mit so großem Interesse gelesen wie dieses. Der Geist
Kanoldts, des Retters der Serpentara, schwebt über ihm. Es ist ein stark persönliches Buch. Es macht den
Eindruck des Selbsterlebten. Ein warmer Erzählerton spricht aus ihm, was um so wertvoller ist, als sein
Inhalt insofern von schätzbarer wissenschaftl icher Bedeutung ist, als hier die römische Blütezeit der deutschen
romantischen Landschaftsmalerei in einem übersichtlichen, umfassenden Bilde zusammengezogen ist.
Hamburger Fremdenblatt : Ein ganz außerordentliches Werk liegt vor uns, das Kunst und Kunst-
geschichte zu einer Einheit verbindet und mit seinem schönen, populären, begeisterten Stil sich an die
weitesten Kreise der Freunde deutscher Kunst wendet. Dieses bedeutende Werk besitzt den Anspruch,
in der Bibliothek eines jeden Kunstfreundes Eingang zu finden.
Schwäbischer Merkur, Stuttgart: Hier ist ein bedeutsames Stück deutscher Kunstgeschichte zum
erstenmal zusammenhängend bearbeitet. Auf den Tafeln ist von jedem der bedeutenderen Künstler
ein besonders bezeichnendes Werk, Bild oder Handzeichnung, wiedergegeben.
Breslauer Zeitung: Dieses Buch ist ein Stück Kunstgeschichte an sich, es führt vom alten Koch und
Reinhard über Richter und Catell zu Preller und Schirmer, dann aber in die neuere Zeit: Achenbach,
Feuerbach, Böcklin treten auf, und schließlich begegnen wir auch Schöpfungen von noch Lebenden, wie:
A. V. Werner, Paul Mohn und Albert Hertel. Der Textband gibt hierzu die geschichtliche Darstellung.
Der Atlas bringt gegen 50 stattliche Blätter, in denen teils die Motive der Serpentara, teils solche der
näheren Umgebung dieses Platzes wiederkehren.
Hamburger Nachrichten: Das vorliegende Werk, in dem wir eine der erfreulichsten Früchte der vor-
jährigen Jahrhundertausstellung der Nationalgalerie erblicken, hat in der Hauptsache in Wort und
Bild die Beschaffenheit der Beziehungen und der Einflußnahme auf die Entwicklung der deutschen Kunst
zum Inhalt. Voraus geht ein glänzend geschriebener geschichtlicher und kultureller Essai. Diese Ver-
öffentlichung gewinnt die Bedeutung einer kunstgeschichtlichen Tat, durch die eine bisher in der Geschichte
der deutschen Kunst offen gewesene Lüdee ausgefüllt wird.
Blätter für Gemäldekunde: Es ist eine anregende und lehrreiche Zusammenstellung, die besonders
denen empfohlen sei, denen Verständnis für stilvolle Auffassung der Natur gegeben ist. Denn die
meisten der nachgebildeten Werke zeigen eine vereinfachte, abgekürzte Wiedergabe* dessen, was der
Künstler vor Augen gehabt hat. Beim Durchsehen dieses Albums müßte es jeder verstehen lernen,
der es nicht schon längst wüßte, daß man sich für eine Gegend und nicht zuletzt für die Landschaft
zwischen Olevano und Civitella begeistern könne.
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des 18. Jahrhunderts
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r^s ist eine längst vergessene Welt, die in dem Werke vor unseren Augen ersteht L. Brosch
schildert sie in einem Feuilleton der „Wiener AbendposF mit folgenden Worten: „Leichte
kapriziöse Stuckdekorationen , die Freskos einrahmen, voll Duft, Eleganz mit in leichter
Atmosphäre verschwimmendem Hintergründe und matten, rosigen Wolken, auf denen Amoretten
schweben; heitere, sentimentale Szenen aus dem Schäferleben, zarte, schmachtende Blumen-
gruppen oder romantisch erträumte, wie hingehauchte Veduten — in einem solchen Milieu
lebte und herrschte die Patrizierin im vergnügten Venedig des 18. Jahrhunderts. Noch
kommt hinzu zerbrechliches Porzellan, Nippsachen jeder Art, Fächer, hinter denen ein
Lächeln oder Gähnen unterdrückt wurde, die unentbehrliche Schnupftabaksdose, weiche,
mit heller Seide überzogene Möbel, kostbare Spiegel, Kronleuchter aus Murano, von denen
Hunderte Kerzen strahlten. Es war das Zeitalter der weißen Perücken, knisternden Seiden-
schleppen, der tändelnden sentimentalen Grazie, wo man unbekümmert in Saus und Braus
ziemlich frivol dahinlebte. Längst hatten die Nobili auf gehört, berechnende Kaufleute,
kühne Segler, ernste Staatsmänner zu sein. Zügellos wurde der von den Ahnen mühselig
gehäufte Reichtum vergeudet. Immer herrschte Karneval, toller Liebestaumel, den längst
vergessene Dichter in schalen Madrigalen besangen. Es erklangen auch sentimentale
Menuetts von Cimarosa oder Porpora; Goldoni schrieb seine Lustspiele, welche die Sitten
jener Zeiten nachsichtig geißelten. Die bildende Kunst suchte sich diesem Milieu anzu-
passen. Der Tausendkünstler Tiepolo malte; Guardi, kapriziös, gefällig, immer in guter
Laune; Longhi schilderte das Leben in Palästen und Straßen und wurde der treueste Chronist
der damaligen Dogenstadt; und Ros alb a Carriera verewigte in ihren weichen Pastell-
porträts die blaßgeschminkte, parfümierte Patrizierin in hellseidenen Kleidern in graziöser,
schmachtender Haltung. — In Emilie v. Hoerschelmann hat eben diese vielgefeierte venezianische
Malerin eine Biographin gefunden, die mit Liebe, Fleiß und Kennerschaft dem Leben der
Meisterin nachgegangen ist. Nicht so bald war eine Feder berufener, eine Frauenseele zu
schildern. Die Verfasserin hat in ihrem neuen Buche ein abschließendes Werk geschaffen.“
Wiener Abendpost vom 30. Januar 1908.
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□ Spätrenaissance □
Ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens
von
1 Julius von Schlosser l
I (Monographien des Kunstgewerbes. Neue Folge, Band XI)
i Diese erste Geschichte des Sammelwesens hat den Direktor der Waffen- und Altertumssammliingen
= im Wiener Hofmuseum zum Verfasser
= Regierungsrat J. Folnesies schreibt über das Buch in der „Zeit“:
E ... überall umflutet uns quellendes Leben, anschaulich geschildertes Empfinden längst verschollener
= Zeiten, denn es ist keine von jenen trockenen, aus Tausenden von Zetteln mit gelehrten Notizen
i mühsam aufgebauten Schilderungen, die man in dankbarer Anerkennung des Fleißes ihrer Verfasser
= als „verdienstvolle Arbeiten“ zu bezeichnen pflegt, es ist ein aus der Fülle wissenschaftlicher
E Erkenntnis und gründlicher Fachgelehrsamkeit temperamentvoll hingeschriebenes Buch, einheitlich,
i anregend und fesselnd vom
Anfang bis zum Ende. ^L
Preis in Bütten geb. M. 5.-
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In Liebhabereinband M. 6.-
Verlag von Klinkhardt & Biermann in Leipzig
— ■■■■
T-:- " = Verlag von Dr. Werner Klinkhardt in Leipzig. S
Gustave Cohen • Gesdiidite der Inszenierung
im Geistlichen Schauspiele des Mittelalters in Frankreich.
Deutsch von Dr. Constantin Bauer.
XII, 256 Seiten und 8 Tafeln. Geh. M. 10.—, geb. M. 12.—.
Dieses von der Belgischen Äkademie der Wissenschaften preisgekrönte Buch bietet weit
mehr, als der Titel besagt, wie denn auch die französische Ausgabe, die in absehbarer
Zeit nicht wieder frisch aufgelegt werden wird, vollständig vergriffen ist. Der
Verfasser berührt — außer den Fragen, die unmittelbar mit dem interessanten Thema in
Zusammenhang stehen — vornehmlich die Gebiete der Kunstgeschichte, Kultur- und Literatur-
geschichte der Zeit. Besonders reich sind die kunsthistorischen Anregungen, aber auch die
Literaturgeschichte kommt zu ihrem Rechte, werden doch im ersten Teile die literarischen
Zeugnisse aller Kulturvölker des Mittelalters in den Kreis der Betrachtung gezogen.
Der „Fränkisdie Kurier“ schreibt über das Buch: Die erste Ausgabe dieses Buches, die als Auszug
der „Memoires couronnes de l’Acadcmie de Belgique“ in einer kleineren Anzahl von Exemplaren veröffent-
licht wurde, ist so schnell vergriffen gewesen, daß Dr. Bauer sich veranlaßt sah, im Verein mit dem Verleger
eine deutsche Ausgabe zu veranstalten. Der Verfasser hat dieser Neuauflage eine große Anzahl von Ver-
besserungen und Zusätzen beigefügt. Die Arbeit, das Ergebnis eingehender Spezialstudien, hat in
der wissensdiaftlidien Welt Frankreichs Aufsehen erregt und dem Verfasser viel Anerkennung
eingebracht. Und in der Tat besitzt das Buch in bezug auf Volkskunde, Kunstgeschichte und aus-
ländisches Theater einen ganz bedeutenden kulturgeschichtlichen Wert. Um so mehr ist es zu
begrüßen, daß Dr. Bauer sich der großen Mühe unterzogen hat, es ins Deutsche zu übertragen,
damit audi die deutsche wissenschaftliche Welt aus ihm lernen und zu ihm Stellung nehmen kann. ■
Die Übersetzung ist glänzend stilisiert. ■
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Die kulturellen Werte des
Theaters: Beiträge von Thomas Mann,
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Lautenburg, Otto Erler.
Univ.-Professor Friedridi Niebergall: Der in-
dividualistische Zweig der Zukunftspädagogik
Otto Julius Bierbaum: Ein Traum, Gedicht.
Gustav Falke: Dörten, Erzählung.
Professor Martin Philippson: Die ersten Polen
unter preußischer Herrschaft.
Josef Israels: Rembrandt van Ryn. (Mit einer
Kunstbeilage ).
Neuentdec<ite Beethoven-Briefe, mit Einleitung
von Major Alexander Hajdeckg.
Univ.-Professor Karl von Lilienthal: Das Ein-
greifen der Staatsanwaltschaft in die Privat-
klage. (Juristisches zum Hardenprozeß).
Dramatischer Monatsbericht.
Fritz Stahl: Altenglische Kunst.
Literarische Berichte.
Kunstbeilagen:
Ludwig van Beethoven (zu den neuentdeckten
Briefen Beethovens), Handzeichnung von Adolf
von Menzel.
Thomas Lawrence: Eliza Farren, zum Artikel
von Fritz Stahl.
Rembrandt: (siehe oben unter Israels).
Joshua Reynolds: Die Herzogin von Devonshire
und Tochter, zum Artikel von Fritz Stahl über
„Altenglische Kunst“.
Äutotgpie-B eilagen:
Gainsborough: Mrs. Robinson.
Romneg: Mrs. Long.
(Zum Artikel Altenglische Kunst.)
E. Haneke; Felix Hollaender.
Facsimile eines neuentdeckten Beethoven-Briefes.
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erlogen ge#^i|:Wlre::defi,FaiI Böckling deHihpxessiomsmus, der Wiener Sezessionsstil und die Kunst-
erziehnn^ragc/"dfet l^scr ptld~die. Kunst, Hodlern-Malcreien und . Minnes Plastiken; dies alles wird hier
jUi 'hnlcgender WMs^'^ije^^di^ imd von eineth festen
- ^ ^ W:-von SeiäUtz XDeaische Rundschäa, Heft 12. 33. Jahrg. 1907).
^ sb ^leX^^hgranlben und Pamphleten' ist es wahrhaft erfrischend, ein Buch über die
modgriic Kunsf^pjßsöi, das^esentlidi ybih Staridpunkte des Historikers aus geschrieben ist. Strzggowski
\kcnÄt.%nd: lib^Taicse i^unsh er glaubt an ihre Zukunft, und er bewundert aufrichtig die
, Energie und SelbstVcrieugnung, mit der sie ihren zielen nachstfebjt. Ttber er hat auch einen scharfen Blick
für dBs viele Ungesund^ und Vcrkehrte,j daS::1ibcraIl im trtodyrhen Schaffen hervortritt. . . .“
" ^ . ' — , " i - Prof. Semroü. in Breslau.
^ 'S ' ~ %
und ihr Verhältnis zur
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iSürp^ vorf ^cn ^^iten des heiligen LüIM^ bis^ Von Privat
. U. 24QVS. iiiit 50 unedierten Tafeln in
UchMuBc, ifl Butt^ brös<h.J^. ^ • • • • • > * • M. 18.—
Vorliegende Ärbeitist ein Beitrag zü den seit ^mehreren Jahren m'jlngriff genommenen Forschungen
- .-übet, die sp.ätmittelaltetJiÄe Kunst in Frankreich. Hat :s|ch das Interesse bisher wesentlich auf die Blüte-
" Mitteles 13. uhd_ in der zweiten Hälftendes 14. jährhunderts erstreckt, ^c> sucht der Verfasser
dir daizwischen liegende Übergangszeit an der Hand von 4vesentlicb unpubliziertem Material aufzoklären.
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duhsecer .Zeit mit lärfiäfier Freude begtüßen müSsen: Die gesamte cinschlägilge Literatur wird vom Verfasser
b€ireris^; '^'mr Bjm:kt “CS seiner elegant: gdsdiricbencn- Darstellung ^an^ wie sie aus' dem Vollen schöpft.
Gcr^gvpr den^^id in- die bfehandettert Probleme tiefer eindringen will, yirhd Meumanns Wcrkchcn ein
'aftcmbehrlidier Führer seju.^ Straßburger Post, 6. Dez, 1907.
DieBegründun^des idealistisch^
Prinzips in der modernen Ästhetik.
94 S. Geh/ • - • ♦ • ^ • • M- 3.“-
Uhter äHSeitiger Heranziehung Vöh SchelHngs Schriften weist Verfasser die Entwicklung nach, die
Schelliug auch in diesem Spezialgebiete seiner Philosophie durdigemacht hat, und ist insbesondere bemüht,
das Unycrgäfiglichc Uer idcalistischch Ästhetik in ihrem Zusammenhang mit den neueren Klassikern
■ herau'szuarbciteH.
M. 1.—
M. 1.25
I8r Süm (ni4 Wert des Lebens
für den Menschen der
Gegenwart von Gehelm-
tat Profi Dr. fc Enckcti in jena»" 168 Seiten, In’ Büttenumschlag . . . M. 2.20
In ÖrlgkaHeine^^ ÄL 2.80. > Numerierte Luxusausgabe auf ^ Büttenpapier, vom
Verfasser gczeidin^ In elegantem Halbfranzband . . . • • • • ♦ • • • M. 5.60
ünskr großer Jeiiaer Philosoph entwickelt hier den innersten. Kern seiher Weltanschauung, wendet
sich an die, jble nach Klarheit fiberdie Grundfragen menschlichen Seins ringen. Er stellt unser Leben in
seinen Verschiedenen Äußerungen in ein durchaus neues Licht, vermag so zu neuen positiven Ergebnissen
hl gelangeri imd'vibt neue Richtlinien für eine sinngemäße Lebensführung. .
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MQfläShjßflc KansJwlsscnsdiaft.
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Liebhaber-Ausgabe: §T^xe^i|^- aÄ ^OÜftarSr
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Graphisches rinstttut |iUius7inih)iharjdt'
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1^; als A.iU.onats^ft der Knnstwissensdiaftlidieji Literatur"
von E;rnSt Jaff6 und Curt Sachs.
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Ähhandluiigen:'%'’^^"'’'J''l^’ " ' ■ ■
"^J^^N^juerw^burigSft^ des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin^
P "2^^ Gemald^ aus der ^mmlung RudolLKann. Von Hans Posse.
^^La mäi^n Jdü Gre^o ä Tolcder Pai^Paul Lafond.
\ ßVauhder^ Kirchen. Von.Ärtur Weese.
^ ^ Die Idipo^aforenbitder in "der Mündhener-Residenz. Von Georg
mid Forsdiiifllgcn:'\ :^ '
ÄlhartihtapTQbleme I. '\^n Ernst Kühnd.^^, “
' 2u ^MöcettpV Von. E. Waldraann'^J ;v^ /
Die Äusgrabiingen’^n Von P. Hcrnnann. ^
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' -tx. . ^ßeHAte^aus Berlinf Br^rnen, Frankfurt a. M.,: München,
Florcnzf London, ""Paris, Belgien, Holland. / Der
.'Deutadie Verein für Kunstwissenschaft. / Kleine
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^aczugspreia der Monatshefte 'fuf "lCünstwfs^ii§<haft:„ 7'7- "
]&hrlidi 12. Hcftt ^70 Bbgc^ 1® iü>orf,ie©e^JV£ -iSj-^fliallJjäfirfifc.Älp'fe'^.^i
Einzelhefte M. 2.— .
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Bestellungen auf Probehefte und Äboimemejite ^IrSn# jbde7ltuähnfidl^^:^[€s;^^
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> -'7-f. ? Tt^rrVii'.^: .
Zur BeacHtüng V
Auf ausdrücklichen Wunsch der Herren Dr. Ernst Jaffc
und Dr. Curt Sachs weisen wir darauf hin, daß es in
Heft 1/2 der Monatshefte für Kunstwissenschaft ver-
sehentlich unterblieben war, auf dem Titel zu ver-
merken, daß die Monatshefte für Kunstwissenschaft
hervorgegangen sind aus den Monatsheften der kunst-
wissenschaftlichen Literatur, begründet von Ernst Jaffe
und Curt Sachs. ' ^ i
Klinkhardt & Biermann,
Äbb. 1. REMBRÄNDT: Christus und die Samariterin am Brunnen
Berlin, Kaiser Friedrich-Museum □.
□ Erwerbung aus der Sammlung R. KANN
iMONÄTSHEFTE
^KUNSTWISSENSCHAFT-
Herausgeber: DR- GEORG BIERMÄNN
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2
1. Jahrg.
Heft 3
1908
Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedridi-Museums
zu Berlin
Gemälde aus der Sammlung RUDOLF KÄNN
Von Hans Posse
Vor wenigen Wochen ist in dem den Neuerwerbungen vorbehaltenen Kabinette
des Kaiser Friedrich-Museums eine kleine gewählte Sammlung von Gemälden zur Aus-
stellung gelangt. Sie stammen aus dem Nachlasse des verstorbenen Rudolf Kann,
dessen Galerie einst zu den berühmtesten Privatsammlungen von Paris gehörte, und
die im letzten Sommer für 20 Millionen an die Londoner Kunsthandlung Duveen Bros,
verkauft worden ist. Das Gefühl des Bedauerns, daß auch diese an erstklassigen
Gemälden kostbare europäische Sammlung zerstreut wurde und den heute üblichen
Weg so vieler Kunstwerke, nach Amerika, gehen soll, wird wenigstens zum Teil
gelindert, wenn man die für Deutschland geretteten Kunstwerke beisammen sieht.
Zwar fällt wohl die Frage: warum so viele kleine Bilder anstatt weniger aber
bedeutenderer Stücke, an denen die Galerie Kann doch reich war? Der Generaldirektor
der Kgl. Museen Wilh. Bode hat sich in seinem amtlichen Berichte darüber ausgesprochen:
wie für die hervorragendsten Gemälde von vornherein ganz exzentrische Summen
gefordert und bezahlt worden sind, die aufzubringen hier unmöglich gewesen wäre,
und wie auch die Erwerbung der kleineren Bilder, wenigstens zu einem Teile, nur
einer Mode und Eigentümlichkeit der großen amerikanischen Sammler zu verdanken
ist, die kleine Bilder, Darstellungen ausgesprochen religiösen Inhalts oder namenlose
Werke nicht zu schätzen vermag.
Die neue Erwerbung ist trotzdem die wichtigste der letzten Zeit, vor allem
durch sorgsame Auswahl nach den Bedürfnissen und Mängeln der Berliner Sammlung.
Wer allerdings importante Erwerbungen nach dem Quadratmeter bemißt, wer große
Mittelstücke verlangt, wird kaum auf seine Rechnung kommen. Denn das Gros
dieser jetzt ausgestellten Vereinigung von acht Bildern und einer Holzskulptur sind
Werke der holländischen Kleinmalerei des 17. Jahrhunderts, Bilder von fast mono-
chromer, feiner Tonwirkung, ohne blendende Farbeneffekte, die das Auge zum Ver-
weilen auffordern, auch kaum interessant durch die Fülle packenden Inhaltes, sondern
156
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 2. PHILIPS WOUWERMÄNN: Winterlandsdiaft
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
Stücke von jenem tiefen und ehrlichen Ernst der Natur- und Lichtdarstellung, der uns
die holländische Malerei heute so liebenswert macht, und voller Vorzüge, an denen
nur der andächtige Beschauer sich zu ergötzen versteht.
Doch die Tatsache dieser Erwerbung bedarf ja keines entschuldigenden Geleit-
wortes! Zwei Rembrandts von hoher Qualität erworben zu haben, ist unter allen
Umständen schon eine Tat. Die Berliner Galerie gehört dadurch immer mehr zu den
ersten Bewahrerinnen Rembrandtscher Kunst. Von ihm sieht man unter den Neu-
erwerbungen „Christus und die Samariterin am Brunnen“ (Äbb. 1), eine der Varianten
des vom Meister in dieser Zeit mehrfach behandelten Motivs, unserem Geschmacke nach
vielleicht seine originellste und malerischste Lösung. Das Bild ist bezeichnet: Rembrandt
f. 1655; eine Vorstudie dazu befindet sich in Oxford. Wenn vorhergehende Bearbeitungen
desselben Stoffes noch den Eindruck einer in Rembrandts Hause bewahrten venetianischen
Komposition, die in seinem Inventar als „Giorgione“ erwähnt wird, verraten, spricht hier
Posse. Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin 157
Äbb. 3. GONZÄLES COQUES : Familienbildnis
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
die reinste Eigenart. Figürliches und landschaftliches Motiv schließen sidi zu höchster Ein-
heit zusammen. Das Bild scheint das Ergebnis einer Lichtvision zwischen alten Mauern
nach goldigem Sonnenuntergang, zu der sich der biblische Vorgang wie selbstver-
ständlich herbeiläßt. Hoch oben beugt sich über den Rand einer Zisterne die Samariterin;
sie vergaß den Eimer emporzuziehen beim Nachsinnen über die seltsamen Worte des
Fremdlings, der, zur Seite im Schatten sitzend, sich dem Beschauer nur verrät durch
die in eindringlicher Rede erhobene Hand. Das Weib trägt ein Gewand von gedämpftem
Gelbrot, und diese Farbe steht als stärkste Note gegen leuchtende rotgoldene Mauern;
ringsumher flutet warme Sonnenluft.
Um dieselbe Zeit mag das zweite Bild Rembrandts entstanden sein: das Brust-
bild eines jungen Juden in dem breiten markigen Pinselstrich dieser Schaffensperiode.
Es ist ein feingeschnittenes bleidies Äntlitz von dem milden, sinnenden Äusdruck, wie
ihn Rembrandt seinen Christusköpfen zu geben liebt, mit auf die Schultern herab-
fließendem dunklem Haar. In die Sammlung eingereiht wird diese Studie, die wohl zu
den Vorarbeiten für eine Christuskomposition gehört, ein passendes Gegenstück zu dem
früher entstandenen Studienkopf eines jungen Juden in der Galerie bilden.
158
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Dann verdankt die Berliner Gemäldesammlung der Kann’sdien Erwerbung vor
allem eine Bereicherung an Werken der holländischen Landschaftsmalerei. Wir treffen
eine kleine Landschaft aus Jacob van Ruisdaels früher Zeit an: Windmühlen am
Wasser, ein Bildchen schon voll des Zaubers stiller Einsamkeit, voll duftiger Weichheit;
unter grauer luftiger Atmosphäre ein gedämpftes Spiel von Licht auf smaragdgrünen
Büschen. Ein Aert van der Neer gehört zu den reizvollsten Arbeiten dieses oft ein-
tönigen Künstlers, der bisher mit keinem gleich guten Stück in der Galerie vertreten
war. Es zeigt, bewundernswert wie selten, die Neer eigene Zurückhaltung in der
Einheit des Tons: ein stahlgrauer Wintertag über der weiten Eisfläche eines Flusses,
am Horizonte Häuser, Windmühlen und Türme einer kleinen holländischen Stadt vor gelbem
Abendhimmel. Und wie flott und lustig ist die auf dem Eise sich vergnügende Menge
geschildert, jedes Figürchen eine gut beobachtete Studie für sich. Am überraschendsten
aber wirkt Philips Wouwermann (Abb. 2) als reiner Landschafter in seinem kleinen
Winterbilde mit dem pittoresk geschwungenen Steg, der über ein vereistes Wasser führt,
mit tiefverschneiten Hütten und frierenden Figürchen. Vom Horizont wallt wie ein weißes
Gespenst eine mächtige geballte Wolke herauf, dem Bild einen Zug phantastischer Größe
verleihend.
Die lebhaftere und dekorativ wirksamere Kunst der Vlamen ist durch zwei Bilder
vertreten. Auch das schöne Familienbild von Gonzales Coques (Abb. 3) — ein Maler,
von dessen Hand die Galerie bisher nur ein kleines Porträt besaß, — ist ein Gemälde kleinen
Formats. Und doch möchte man es nach der Reproduktion für ein Bild mit lebens-
großen Figuren halten, so monumental ist die Anordnung, so groß sind die Köpfe
charakterisiert trotz ihrer Kleinheit. An Vandyckes Porträtkunst wird der Betrachter
erinnert; den „kleinen Vandycke“ haben Coques schon seine Zeitgenossen zubenannt.
Solche Maler würden sich nicht in die holländische Kleinbürgeratmosphäre hineinfinden.
Sie sind die Maler des vornehmen Patriziertums, das sich in seinen behaglichen Genuß
bietenden Landhäusern porträtieren läßt. Atlas, Sammet und Seide, Statuen, Marmorsäulen,
kostbare Vorhänge und Luxustiere gehören zur Aufmachung. Selbst etwas kokette Ab-
siditlidikeit kommt hinzu: eine Kette von Gesten und Blicken verbindet die dargestellten
Personen untereinander und mit dem Beschauer. Auch in der Gesamttönung fällt
dieses Familienbild aus den es umgebenden holländischen Bildern heraus durch wärmere
vollere Farben: vor rotem Vorhang helle Gesichter, Gewänder in Schwarz und Rosa,
hier und da ein paar pikante Tupfen Zinnober wie in der entzückenden Gruppe der
beiden frischen Kinder rechts, und sattes Blau und Grün in der Parklandschaft dahinter,
die sichtbar von Rubens beeinflußt ist. Das Bild befand sich ehemals in der Marlborough-
Galerie zu Bienheim und gelangte aus der Sam^ilung Kann als Geschenk von Duveen
Bros, in den Besitz des Kaiser Friedrich -Museums. Es gehört wohl bereits der
späteren Schaffenszeit des Meisters an.
Über Coques’ Familienbild hängt ein Stilleben „Tote Vögel bei einer Melone“
(Abb. 4) von der Hand seines Landsmannes Jan Fyt. Mancher wird es neben den
Rembrandts für das schönste Stück unter den Neuerwerbungen erklären um des
koloristischen Geschmacks willen, mit dem das zarte Blau und Grau des Vogelgefieders
Posse. Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin 159
Äbb. 4. JÄN FYT: Stilleben
gegen ein helles Gelb gestellt ist. Selten sieht man auch von dem Meister selbst ein
Werk von solch kühlem farbigem Reiz.
Das letzte unter den Gemälden der Kannschen Erwerbung bietet noch eine NuB
für Kunsthistoriker: das Brustbild eines jüngeren Mannes, flachshaarig, mit blauen,
etwas verschleierten Äugen, die im Verein mit dem herben gekniffenen Mund ein
melancholisches Temperament vermuten lassen (Äbb. 5). Dem Physiognomiker möchten
der verbitterte Ausdruck, die Falten um den Mund und ein verächtlicher, abweisender
Zug um die Lippen wohl noch mehr verraten. Daß es das Bildnis eines Deutschen
ist, lassen Typus und Tracht nicht bezweifeln.
Auch seinen Urheber hat man bisher unter den „Tedeschi“ gesucht, da schon
die Verwandtschaft mit bekannten deutschen Bildnissen aus der Zeit um 1500 (z. B.
Dürers Bildnis des Hans Tücher in Weimar) und die Darstellung einer Alpenlandschaft
mit einer Stadt (Trient?) im Fensterausschnitt darauf hinzudeuten schienen. Trotzdem
Anordnung und Haltung (z. B. der vorn auf der Brüstung aufliegenden Hand), so
viele für die venetianische Porträtkunst zu Beginn des 16. Jahrhunderts charakteristische
Züge aufweisen, spricht doch noch manches dafür, den Autor unter den Malern
160
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 5. ObGritalicnisdicr'(?) Meister um 1500, Bildnis j\bb. 6. (Rüd^seite des Bildnisses Äbb. 5.)
Berlin, Kaiser Friedrich-Museum Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
Posse. Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedridi-Museums zu Berlin i6l
nordischer Herkunft zu suchen, die ihre Schulung in Venedig erhalten haben. Man
blicke zum Vergleich auf des Giorgione Bildnis eines jungen Mannes in der Berliner
Galerie: dort ein energischer Zusammenhalt der Linien, breite Flächen, Unterordnung
der Einzelheiten; hier eher eine gewisse Befangenheit, weiche verblasene Modellierung,
peinlidie Durchführung der Einzelheiten.
Dagegen zeigt die Rückseite der Holztafel (Äbb. 6) mit ihrer trotz teilweiser Zerstörung
auch heute nodi köstlichen Malerei echt venetianischen Charakter. Die Formen sind
strenger im Stil, straffer und großzügiger in Zeichnung und plastischer Bildung, die Farben
kräftiger und leuchtender, so daß die Vermutung nahe liegt. Vorder- und Rückseite
seien von verschiedener Hand. Ein nacktes junges Liebespaar ist dargestellt in einem
Gemache von rein venetianischer Renaissancearchitektur, das sich rückwärts durch eine
Tür in grüne Landschaft öffnet. Die junge Frau, in leichter freier Haltung, blickt in
einen Handspiegel, den sie in der erhobenen Rechten hält. Vorn steht auf der Brüstung
(wie in Dürers Dresdener Altar) ein Wasserglas mit einem Zweig, rechts hinten, neben
der Säule, leuchtet ein tief carminroter Vorhang, dem ein Saftgrün darunter als Gegen-
farbe dient.
Zum Schlüsse sei noch einer wertvollen Bereicherung der deutschen Abteilung
des Museums gedacht, die aus der Sammlung Kann erworben wurde: ein Holzrelief
mit dem fast lebensgroßen Profilbrustbild des Bischofs Philipp von Freising, Herzogs von
Bagern. Auf Grund einer nur wenig in Einzelheiten abweichenden Medaille, welche
dieselbe Persönlichkeit darstellt, von der Hand Friedrich Hagenauers läßt sich
das Relief als eine Arbeit dieses Meisters bestimmen. Man darf es vielleicht 1525—27,
in seiner Münchener Zeit, entstanden denken.
ÄUR. DE BERUETE: Un coin du vieux Tolede
La maison du Greco ä Tolede
Par Paul Lafond (Pau)
Tolede, l’expression la plus complete de Väme espagnole, se dresse fiere et heris-
see au sommet et sur les pentes de son roc de granit. Tour ä tour capitale des
Goths, des Maures et des Castillans, eile a toujours sa merveilleuse cathedrale ä la
tour dentelee, son alcazar si souvent detruit et rebäti, ses vieilles eglises, ses anciens
couvents, ses innombrables maisons renfrognees. Mais eile ri’a plus sa population de
deux Cents mille ämes qui permit ä Pradilla de tirer en une seule journee vingt mille
volontaires de ses boutiques et de ses ateliers. La place du Zocodover, le parvis de sa
prestigieuse basilique, les rues etroites et tortueuses de la eite ne fourmillent plus de cette
foule compacte et bigarree de gentilshommes, de soldats, de prelats, de pretres, de
moines, de bourgeois, d’artisans, de mendiants, de grandes dames et de femmes du
peuple qui s’y coudogaient aux temps oü eile etait la ville imperiale. Tolede renferme ä
peine aujourd’hui dix huit mille habitants. Elle n’oublie pas cependant ses grandeurs
passees; fiere et melancolique, eile se survit pour ainsi dire ä elle-meme, assoupie sous
son ciel implacablement bleu, sous son soleil en fusion, bercee par les flots du Tage
Lafond. La maisori du Greco ä Tolede
163
qui, comme ä l’cpoquc de sa vie intense, rugit contre les rodiers verticaux qui l’en-
serrent dans une ceinture mouvante.
Un peu au-dessous de randenne synagogue de Nuestra Senora del Tran-
site, non loin de I’eglise de San Tome qui abrite l’Enterrement du comte d’Orgaz
du Greco* juste ä l’oppose du pont d’Älcantara, sur la pente ravinee et abrupte qui
descend au nord-ouest vers le fleuve oü s’agrippent de miserables bicoques bran-
lantes, couleur de safran ou de poussiere, selon les heures du jour, au milieu des
eboulements et des pans de murailles croulantes — ruines de l’ancien ghetto — se
trouve ce qui reste du palais de Samuel Levy, le edebre argentier de Pierre le Justi-
cier, d’autres disent le Cruel. C’est une partie ou une dependance de cet edifice,
amenagc ä son usage, que Domenikos Theotokopuli habita, ainsi que le demontrent
les documents decouverts recemment par el senor Cossio.
164
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Porte de la maison du Greco ä Tolede
Ce precieux vestige d’un passe glorieux qui apres avoir ete l’habitation du
puissant et infortune financier, abrita un des plus grands maitres qui aient jamais existe,
a ete recemment acquis par le marquis de la Vega Inclan qui, avec un soin scrupu-
leux et un goüt exquis, dierche ä reconstituer ce logis tel qu’il etait au temps de l’ar-
tiste cretois.
Comme tous les palais toledans, sortes de bastions prets ä soutenir un siege,
ä resister aux assauts et aux guet-apens, l’exterieur en est rebarbatif et sombre; seul
le portail qui donne acces dans l’interieur appelle l’attention par sa lourde porte de
diene constellee de gros clous de fer ä dessins symetriques. Elle est surmontee d’une
elegante imposte Renaissance en pierre, soutenue par deux delicates colonnes ä diapi-
teaux de feuillages des plus fins, se deroulant en bandeaux.
A l’interieur, le palais se compose d’un rez-de-diaussee surmonte d’un seul
etage. Sous d’epaisses coudies de diaux, le marquis de la Vega a retrouve sur les
poutres de diene et de cedre qui soutiennent les plandiers, les dallages et les arca-
tures de l’escalier, de delicates sculptures juives et mudejares, aux lacis d’une extreme
Lafond. La maison du Greco ä Toledc
165
finessG, aux endievetrements d’une rare delicatesse. Sur les murailles, il a fait nettoyer et
remettre ä jour de curieux revetGiiients de faience aux dessins les plus ridies et les plus
capricieux.
D’immenses caves voütees, aux murs d’une epaisseur enorme, destinees sans doute
ä cadier les tresors de Samuel Levy, s’etGndent de tous cötes sous redifice et sous
SGS dependancGs.
Le Greco a passe la plus grande partie de son existence dans cette demeure
qu’il ne quitta guere; des petites fenetres grillees de son unique etage regardant le
Tage, d’oü la vue
s’etend sur la Cam-
pagne environ-
nante et la Sierra
voisinG,ilaGtudielG
fleuve tumultuGux,
CGs terrainsmaigres
parsemes de rares
touffes de thgm, ces
dechirures de rocs,
ces sentiers etroits
devalant entre les
pierrailles, ces crou-
pes de montagnes
sauvages et som-
bres plantees d’oli-
viers et de ebenes
liege qui servent
de fond ä ses com-
positions les plus
dramatiquGs et les
plus contrastees.
Dans un autre
Cour Interieure de la maison du Greco ä Tolede
c’est ici qu’il peignit la plupart de
sur une plaque de
marbre encastree
sur une ancienne
auberge, on lit:
«C’est ici rhotellerie
du Sevillan , c’est
ici quG Cervantes
Gcrivit sa fameuse
nouvelle: Tlllustre
Gcureuse.» Eh!
bien, sur les murs
de la maison si
heureusement re-
trouvee par el senor
Cossio , si artisti-
quement restauree
par le marquis de
la Vega Inclan,
ne faudrait-il pas
egalement apposer
une plaque de
meme espece et y
graver: «C’est ici
quG VGCut et mourut
SGS immortels diefs
quartier de Tolede,
Domenikos Theotokopuli
d’oeuvre.»
Combien il serait interessant de pouvoir retablir la maison du Greco teile qu’elle
etait de son vivant! reconstituer — helas! c’est impossible — la piece remplie des
maquettes en terre de ses ouvrages de sculpture ainsi que la diambre oü se trouvaient
les GsquissGs de tous les tableaux, qu’il montra, en 1611, ä Pacheco, le beau pere de
VelazquGz; d’accrocher de nouveau sur les murailles de ce logis, les portraits et
tableaux, qu’il y avait places lui meme.
De cGux-ci, nous connaissons un certain nombre. D’abord une toile retrouvee
par le marquis de la Vega Inclan, il y a quatre ou cinq ans, aux environs de Cor-
LE GRECO: La famille de l’artiste □
Äncienne collection du Marquis de la Vega Inclan
LE GRECO: „L’homme est de feu, la femme d’etoj^e, le diable passe et souffle.“
Paris, Collection de M. Christian Cherfils □
Lafond. La maison du Greco ä Tolede
167
douG incontGstablement du Greco.ct reprcscntant sa famille. La composition, beaucoup
plus large que haute, est un veritable tableau de genre comme l’aurait compris un
artiste contemporain , par exemple Fantin Latour; au centre: une jeune femme assise
brode; ä sa droite, une jeune fille se penche vers eile en filant au fuseau; ä sa gaudie,
une femme ägee la regarde par dessus ses besicles; tout contre la bordure, aupres de
la fileuse, un diat est assis sur un haut escabeau; du cöte oppose, une servante tient
ä l’aide de lisieres, un petit gar(;on de deux ä trois ans.
La jeune femme brodant est sans aucun doute la femme du Greco; la vieille
aux besicles, la mere de celle-ci; l’enfant, le fils de l’artiste; les deux autres femmes,
des domestiques et le chat, le commensal du logis.
Les deux principaux personnages du tableau offrent une incontestable ressem-
blance avec les deux Marie, du Baiser de Judas de la sacristie de la cathedrale de
Tolede et ses diverses variantes, du moins cell es brossees en Espagne; une plus grande
LE GRECO: Portrait presume de Jorge Manuel Theotokopuli □ Fragment
de la Vue de Tolede Musee de Tolede
168
Monatshefte für Kunstwissenschaft
encore, avec la Vierge et Ste Änne, de la Ste Familie du musee du Prado
et de la collection Grossen. L’on croit generalement que l’artiste fit poser sa
femme et sa belle mere pour ces diverses compositions; c’est effectivement probable.
Ce tableau viendrait d’ailleurs confirmer cette opinion. Pour l’enfant, nous serions
assez dispose ä le retrouver dans le garc^onnet place au premier plan de l’En-
terrement du comte d’Orgaz devant St Augustin et surtout dans le jeune
homme tenant le plan de la eite, dans la grande Vue de Tolede du musee
de cette ville, comme le veulent d’ailleurs certains critiques.
Llaguno
y Amirola qui
nous apprend
que le Greco se
maria äTolede—
probablement,
quoiqu’il n’en
dise rien’, aux
environsdel580
peu apres son
Installation dans
lavilleimperiale,
— neglige to-
talement de nous
renseigner sur
ses descendants.
Nous sommes
d’autre part suf-
fisamment docu-
mentes sur son
fils Jorge Ma-
nuel Theotoko-
puli, mais eut-il
d’autres en-
LE GRECO: Lg voile de Sainte Veronique □
Tolede. Eglise du couvent de Sto Domingo el antiguo
fants? Comme
tout le monde,
nous connais-
sons cette emo-
tionnante figure
de jeune femme
ä labeautemala-
dive et presque
fatale des etres
condamnes ä
quitter la terre
en pleine jeu-
nesse, de la
galerie Stirling
Maxwell prove-
nant de la col-
lection du roi
Louis Philippe,
qui passa au feu
des endieres ä
Londres en 1853
celebre sous le
nom de La
fille duGreco.
L’ Oeuvre est-elle meme de Domenikos Theotokopuli, represente-t-elle reellement la fille
du maitre? II est bien difficile de repondre ä ces deux questions, de resoudre le
Probleme. Ce qui est certain, c’est que le type cependant si personnel et si caracte-
ristique de la toile de la collection Stirling Maxwell se retrouve dans celui d’une
jeune femme figurant dans un autre tableau du Greco: ce sont les memes yeux, ici
baisses, le meme nez droit, la meme bouche aux levres presque sensuelles, le meme
ovale pur et regulier, mais l’ensemble est plus humain, plus terrestre. Cette peinture
dont il existe une Variante en Espagne, dans les provinces basques, fait partie de la
collection d’un amateur parisien au goüt fin et avise M. Christian Cherfils. Elle
represente une jeune femme tenant d’une main une etoupe enflammee et de l’autre, une
chandelle qu’elle met en contact avec la flamme pour l’allumer; au-dessus de son cpaule
Lafond. La maison de Greco ä Tolede
169
Le GRECO: Portrait presume de l’auteur
Madrid. Collection de Don Äur. de Beruete
170
Monatshefte für Kunstwissenschaft
1
apparait une tete de grand singe qui souffle pour attiser le feu et ä sa gauche, un [
jeune homme de profil, la tete couverte d’un chapeau ä bords rabattus, rit en montrant *
les dents. '
Cest la mise en scene d’un proverbe castillan: «rhomme est de feu, la »
femme d’ctoupe, le diable passe et souffle.»
Signaions au musee de Naples, un petit tableau du maitre execute dans ses
annees de jeunesse, sous la direction du miniaturiste Giulio Clovio dont le sujet a de
nombreuses analogies avec celui-ci, figurant un jeune gar(;on qui vient d’allumer une
chandelle avec un tison qu’il cherche ä eteindre.
Nous revenons ä la mise en scene du proverbe castillan: ne conviendrait-il
pas de reconnaitre dans la jeune femme, incontestablement la meme que le modde
du portrait de la galerie Stirling Maxwell, plutöt la femme que la fille du peintre,
dont il n’est fait mention nulle part? Dans les deux toiles, il s’agit evidemment de la
plus jeune des deux femmes figurees dans le Baiser de Judas de la cathedrale de
Tolede, les S^^^-Fa milles, les S*^-Veronique tenant l’image miraculeuse du Christ
dont une se trouve au couvent de S*o-Domingo el Viejo; les bustes de la
Vier ge, la tete recouverte d’un voile surmonte d’un capuchon, du musee du Prado
' et de celui de Strasbourg.
Le soi-disant portrait de la Fille du Greco, la mise en scene du proverbe
castillan, ont dü, ä un moment donne, decorer les murs de la maison de l’artiste,
n’etait-ce pas lä des tresors et des Souvenirs de famille?
Peut etre y aurait-on aussi trouve ce buste d’homme äge, faisant partie de la
Collection de Don Aur. de Beruete generalement admis comme representant le Greco
lui-meme. Nous l’avons dejä dit ailleurs, ce n’est pas certain, les preuves absolues
font defaut; mais, si ce n’est qu’une hypothese, il faut reconnaitre qu’elle s’appuie sur
de serieuses probabilites.
Inutile de rapprocher le vieillard chauve et ä barbe grisonnante du jeune
homme aux cheveux bruns separes par une raie mediane tombant sur les epaules,
au front droit, au nez long et aquilin, aux levres fortes, avoisinant le Titien, Michel-
Ange et Giulio Clovio des Vendeurs chasses du Temple de la collection Yarborough
de Londres, ainsi que du jeune gentilhomme debout sous le peristyle du palais de
La Guerison de l’Aveugle du musee de Parme, dans lesquels le Greco a reproduit
ses traits. La difference d’äge — plus de trente annees — ne permet guere, malgre
peut-etre la construction generale de la tete, de cherdier entre eux des rapports de
physionomie. Il n’en est pas de meme d’autres personnages de tableaux du maitre,
generalement acceptes pour ses portraits plus ou moins fideles. Il est incontestable
que le buste appartenant ä Don Aur. de Beruete offre une reelle similitude avec le
Centurion du Baiser de Judas, le Joseph des Fa milles, le masque du Christ
des Voiles de S*® Veronique. Cette ressemblance s’accentue Tage venant, avec
le gentilhomme de l’Enterrement du comte d’Orgaz oü il passe pour s’etre
represente; eile est encore plus grande avec le Paul, du tableau de Pierre et
S* Paul de la collection de la marquise de Perinat.
Lafond. La maison de Greco ä Tolede
171
LE GRECO: Saint Pierre et Saint Paul □
Madrid. Collection de la Marquise de Perinat
172
Monatshefte für Kunstwissenschaft
LE GRECO : Portrait presume de Jorge Manuel Theotokopuli
Musee de Seville
Naguere, dans la collection du duc de Montpensier au palais de San Telmo,
ä Seville, se trouvait le portrait ä mi-corps d’un elegant jeune homme de vingt-cinq ä trente
ans au plus, ä l’allure aristocratique, vetu de noir, la colerette tugautce au cou, des man-
chettes de dentelle aux poignets, une palette ä la main. A cause de la palette, on a
voulu voir dans ce personnage, incontestablement peint par le Greco et signe d’ailleurs,
son propre portrait. C’est certainement une erreur, tout au plus s’agit-il de son fils
Jorge Manuel Theotokopuli et encore rien de moins certain. La toile qui provenait de la
collection privee' du roi Louis-Philippe et avait ete acquise en Andalousie par le baron
Taylor, gräce ä la generosite de l’Infante Fernanda veuve du duc de Montpensier fait
aujourd’hui partie du musee de Seville.
Lafond. La maison de Greco ä Tolede
173
Que ce dernier portrait figurät ou non dans la maison toledane, peu importe.
Elle regorgeait d’ceuvres du maitre et renfermait plus de deux cents de ses toiles. Nous
en avons pour garant le peintre aragonais Jusepe Martinez qui ecrit moins d’un
demi siede apres la mort du Greco que «s’il gagnait beaucoup d’argent, il le depensait
ä mesure et qu’ä son deces, il ne laissa pour toute richesse, que deux cents tableaux
ebaudies.» Queis plus precieux tresors aurait-il pu laisser? Comment lui reprocher
ses depenses? Regardait-il ä l’argent quand glorieusement hospitalier, il conviait
l’aristocratie castillanne ä de somptueuses fdes, initiant ces rüdes et imperieux gentils-
hommes aux douces manieres venitiennes, leur offrant de delicats et plantureux festins,
pendant lesquels de nombreux musiciens donnaient des concerts?
Dans le centre de Tolede, par d’droites et sombres ruelles, au debouche de passages
voütes, on rencontre une petite place soHtaire bordee, de trois cötes, par d’antiques
maisons aux portes et aux fendres verrouillees et du quatrieme, par la haute et rigide
fa(;ade d’un couvent rebarbatif. Cest le monastere des religieuses de Domingo el
Äntiguo, que le Greco decora ä son arrivee dans la eite imperiale, vers 1576. Quand
il mourut, pres de quarante ans plus tard, en 1614, il y fut inhume. Il avait pres de
soixante-dix ans, plus exactement entre soixante-six ou soixante-sept ans, puisqu’il
semble avoir vu le jour en 1547 ou 1548.
L’eglise de S*® Domingo el Äntiguo, froide et nue, d’ordre ionique, au maitre-
autel ä deux corps, de style corinthien sur lequel il pla(;:a sa edebre Ässomption, passe
pour avoir ete executee d’apres ses dessins, tout au moins sa decoration interieure.
N’est-il pas naturel que ses restes aient trouve asile dans cet edifice qui est en
Partie son oeuvre?
CLUriY : Gesamtansicht □
Kupferstich des XVIII. Jahrhunderts
Burgunder Kirchen
(CLUNY, ÄUTUN, PONTIGNY)
Von Ärtur Weese-Bern
In Burgund wächst auf den Hängen der Cöte d’or der feurigste Wein, der
König der Weine, wie die Bourguignonen mit Stolz sagen. Nirgendwo zwischen
Frankreich und Deutschland ist auch das seelische Feuer und der zündende Gedanke
zu solchen Gluten erhitzt worden, wie in Burgund. Denn die nationale Leidensdiaft
der gallischen Volkskrieger gegen die Römer unter Verein getorix, in mittelalterlichen
Zeiten die Idee der Weltflucht und Askese, als Vorbote der Renaissance der eroberungs-
lustige Wille der autonomen Herzogsgewalt in Karl dem Kühnen, schließlich während
der großen Revolution die Idee, des neuen Menschentums — all diese feurigen Ge-
danken haben ihre radikalste Form und wildeste Kraft aus dem Boden von Burgund
gesogen. In dieser bewußten Ausbildung der Eigenart kennzeichnet sich die Gewalt-
samkeit des Temperamentes und die Unerschrockenheit des Willens, die in Grenzländern
häufig sind. Liegt doch gerade darin schon ein Teil der Abwehr, die sich gegen das
Fremde und Andersgeartete jenseits der Marken kehrt, selbst wenn kein Angriff oder
Kampf gewollt wird.
Die Kunstgeschichte von Burgund weist ähnliche Züge auf. Ihr Verlauf ist be-
stimmt von einem zähen und tiefverwurzelten Lebenswillen, der in verschiedenen Zeit-
läuften einen immer neuen Lebensinhalt ergreift und die Ziele dort sucht, wo die Ge-
samtkultur ihre Ideale aufgestellt hat. Aber der burgundische Charakter erfaßt sie mit
Weese. Burgunder Kirdien
175
der ganzen Glut seines dunkelgefärbten
Wesens und weiht ihnen Kräfte, die
aus germanischer Wucht und gallischer
Beweglichkeit seltsam gemischt sind.
Dieser Zusammensetzung entspridit auch
der opferfähige Ernst, mit dem ferne
Ideale erstrebt werden und der geist-
reidie Stimmungswechsel, der sich so
leicht einer neuen Idee zuwendet, so
CLUNY: Klosterhof. Kupferstich d. XVIIL Jahrh. viel es audi gekostet haben mag, das
eben erst Erkämpfte zu besitzen.
Die Geschichte der burgundischen Mönchskunst ist die Geschichte eines geistigen
! Kampfes, in dem erdgeborne Kräfte und eingewanderte Kultur seltsam verstrickt
s werden. Er hat die geschlossene Erscheinung eines rein landschaftlichen und nationalen
I: Ereignisses, ist aber in seinem Wesen und Willen durchaus bestimmt von der tiefauf-
wühlenden Leidenschaftlichkeit, die große allgemeine Zeitideen zu erregen pflegen. Wie
alles Mönchstum ist auch das burgundische losgelöst von der Stammesart und der
I Landessitte, in deren Bereidi es blüht und auf deren Kosten es sidi entfaltet; aber
I dennoch ist die burgundische Mönchskunst so eigenartig selbständig, als wäre sie der
5 echte Ausdrude der innersten Charaktereigenschaften des Volkes. Mönchskirchen und
/j Mönchsklöster sind innerhalb eines national geformten Landes selbst in mittelalterlichen
Zeiten, wo sie Kulturträger und mit allen Lebensfäden des Volkes verbunden waren,
ij eine Erscheinung aus fremder Welt. Sie haben etwas Zeitloses an sich. Sie könnten
i\ ebensogut tausend Meilen weiter stehen, wie just hier. Sie hüten ein Ideal, das
Ji außerhalb ihrer Mauern nicht verstanden wird, vielleicht mit Scheu und Ehrfurcht
► bewundert, doch nie als Richtschnur von der Aktivität des Weltkindes ergriffen werden
kann. Aber in burgundischen Klöstern wurden nicht bloß die Schätze des burgundischen
< Bodens und die Früchte burgundischen Fleißes aufgehäuft und ad majoram gloriam dei
in Bauwerke und Kostbarkeiten umgesetzt, sondern selbst der Ruhm des Landes, die
ungebrochenen und nie erschöpften Willenskräfte des seltsamen Volkes sind im Dienste
I der Klöster angespannt worden und haben sich in der symbolischen Deutlichkeit der
’i burgundischen Kunstformen künstlerisch verfeinert und verewigt. Die burgundische
i Ordensprovinz der Cluniacenser und
; Cistercienser ist das Mutterland der geist-
* liehen Institutionen geworden und sie
haben wie jedes Geschöpf aus dem
Mutterboden alle unfaßbaren und doch
so wirksamen und lebenstauglichen Säfte
und Kräfte herausgesogen. Dadurch ist
i burgundische Kunst und burgundischer
Charakter eine welterobernde Macht ge-
worden. Denn von den Kirchen und
Klöstern Burgunds ist in mittelalter- CLUNY: Fassade. Kupferstich d. XVIII. Jahrh.
176
Monatshefte für Kunstwissenschaft
liehen Zeiten die Mahnung und das Beispiel zur Verachtung des leiblichen Wohles
und der Weltgüter in seiner schärfsten Form ausgegangen. In Burgund ist der
Kreuzzug gepredigt worden, der hl. Bernhard von Clairvaux und Äbt Hildebrandt
haben hier ihre stillen Jahre der Sammlung und Selbsterzichung verlebt und all die
Kirchtürme, die untereinander so unverkennbare Familienähnlichkeit haben und fast in
jedem Dorfe wiederkehren, auf der Eisenbahnfahrt Meilensteinen gleich, bezeichnen
die Wegspur des einen Gedankens, der von hier aus durch die Welt gezogen ist. Der
Gedanke der Askese ist nicht burgundisch von Haus aus, aber in der burgundischen
Prägung ist er in vorgotischen Zeiten kosmopolitisch und von rein universalen
Bestrebungen. Die Natur hat hier von jeher alles darauf angelegt, einem arbeitsamen
Volk eine glückliche Heimat zu geben. Aber der spekulative Geist des Mittelalters
gewann gerade in diesen fruchtbaren Tälern die Spannkraft, um die Weltflucht als ein
Lebensziel zu erfassen und in strengen Bußübungen durchzuführen. Gewiß, der
Gedanke in seiner abstrakten und blinden Schärfe ist orientalischen Ursprungs und \
hat in der libyschen Wüste und im syrischen Sonnenbrand zuerst die Menschen-
phantasie erhitzt. In Zeiten ängstlicher Glaubenszweifel, als die fröhliche Gewißheit
antiker Weltanschauung verging, hat er zahllose Menschen in die Unwirtlichkeit von <
Einöden und Wüsteneien geführt, wo sie gegen den Lebenswillen kämpften, bis er
ohnmächtig dalag, das Opfer qualvoller Suggestionen. Wunder werden erzählt von
den seltsamen Heiligen, die Monate und Jahre auf einer Säule lebten unter dem ^
heißen Himmel Afrikas und von ihrer hohen Kanzel aus zu dem vielköpfigen Volk j
predigten, das sich um den Horst scharte, um zu hören und mit eigenen Augen zu i
sehen, wessen die neuen Glaubensboten fähig waren. Damals war Predigtstuhl und \
Bußzelle ein und dasselbe und jedes Wort zur Verachtung aller Lebensgüter wurde |
durch ungezählte schmerzliche Leiden bewiesen. Was für arme Teufel waren doch diese *
hohen Heiligen. Ihr wunderbares Beispiel war von unerhörten Wirkungen. Die Klöster
füllten sich und das ganze Mittelalter hindurdi war der Gedanke der Askese allgegen-
wärtig, gleichsam der Schatten, der das lichte Weltkind überallhin begleitete. Selbst
in der lachenden Fruchtbarkeit Burgunds nistete er sich ein und gewann hier neue
Kräfte. Sein bleicher Ernst färbte sich mit dem Lebensrot des Burgunder Blutes.
Sind doch auch die gewaltigen Kirchenmonumente von Cluny, Citeaux und Pontigny
anderen Geistes als die Leidenspranger der Säulenheiligen. Wie eine Tat der Lebens-
bejahung ragen sie in die Lüfte, das Werk eines mit der Welt versöhnten und an
der Scholle hängenden Lebensgeistes, die Arbeit freudigen Fleißes.
Der Gedanke der Askese tritt großmächtig auf, wie ein Sieger und Eroberer.
Er ruft mit eherner Stimme von den Glockentürmen und umschmeichelt in den weiten j
Kirchenhallen die Phantasie mit den sinnbetörenden Mitteln künstlerischen Schmuckes.
Wie merkwürdig, daß er sidi gerade an die feinste Empfindlichkeit der Sinne wendet,
obgleich er zum Kampf gegen die Sinne wirbt. Von unerschöpflicher Erfindungskraft in
der Eröffnung immer neuer Zugänge zu der Seele des Menschen hat die Kirdie zu allen
Zeiten die Intelligenz und das Temperament der lebenden Generationen mit immer neuen
Reizen gewonnen. Sie wechselt mit fast jedem Menschenalter den Stil ihrer Künste,
denn immer ist ihr Wille darauf gerichtet, daß die Jungen ihre Seele füllen, wenn die
lf
Weese. Burgundisdie Kirchen
Älten ihren Durst gestillt haben. So wird sie mit ihrer Arbeit niemals fertig. Aber
die unveränderlidie Kraft ihres prädestinierten und immer dauernden Willens geht
von den großen Bauwerken ihrer Kirchen und Kathedralen aus, in denen sie mit Musik,
Weihrauch, tiefsinniger Symbolik und dem alles überwältigenden Schweigen ver-
sonnener Andacht die Sinne gefangen nimmt. Mit solchen Mitteln dringt sie in die
verschlossenen Regionen des Herzens ein, die keine Rethorik und Logik, keine Dog-
matik und Dialektik zu öffnen vermag.
Cluny ist die gewaltigste und wohl die älteste der burgundischen Mönchskirchen.
Als Mutterkirche der Clunyacensischen Regel war sic die stolzeste und in ihrer Größe
und Pracht unerreichbare Schöpfung des Ordens. In Rom behauptete die alte Peters-
basilika den Ruhm des größten christlichen Gotteshauses. Aber die Abte von Cluny
erweiterten die Abmessungen ihrer Abteikirche derart, daß sic die päpstliche Hauptkirche
in Länge und Höhe übertraf. Heute ist Cluny ein kleiner Ort im Tale der Grosne, fast
nur aus einem einzigen Straßenzuge bestehend. Alles Leben des erstorbenen Nestes
sammelt sidi in dieser Hauptader vor den Türen der Läden und Werkstätten.
Der Cluniacenser von heute ist Kleinstädter, Provinziale, und von der Askese
will er nur so viel wissen, als er unter dem Druck des Lebens notgedrungen erfährt.
Er hört nicht mehr auf ihre Lehre in der mönchischen Fassung, obgleich sie noch aus
Resten und Ruinen der alten Klosterherrlichkeit vernehmlich zu ihm spricht.
Ein riesiger Turm mit romanischen Bogenarkaden burgundischer Bauweise be-
herrscht das ganze Tal, Stadt und Land, soweit das Auge reicht. Dieser Turm ist das
CLUNY: Nach dem Reconstruktionsmodell im Musee Ochier
178
Monatshefte für Kunstwissenschaft
einzige Überbleibsel der alten Kirche. Doch war er nicht ihr einziger Turm, auch nicht
der größte in der Gruppe von Türmen, die den alten Bau überragten. Er bekrönte den
einen Flügel des Querschiffes als flankierender Genosse eines polygonalen Vierungs-
turmes, der ebenso wie das ganze Mauerwerk der Schiffe und des Chores von der
französischen Revolution zerstört wurde. Än kleinen Modellen, die im Musee Ochier
und in der Industrieschule gezeigt werden, kann man die ursprüngliche Anlage studieren.
Die Kirche hatte eine Vorhalle von fünf Achsen, eine fünfschiffige Kirchenhalle für die
Laien von elf Achsen, zwei Querschiffe und einen absidialen Chor mit Umgang und
Kapellenkranz. Sechs große Türme überragten den Kirchenkörper. Im Innern der noch
erhaltenen Türme staunt man über die gewaltige Höhe bis zum Gewölbe, zumal wenn
man sich gegenwärtig hält, daß dieser Turm nur ein untergeordneter in der malerischen
Turmgruppe war, die die Kirche bekrönte. Allbeherrschend erhob sie sich im Tal, schon
in der Ferne sichtbar, ein Architekturbild von wunderbarer Vielgestaltigkeit, die Silhouette
dabei streng, massig und monoton, gewaltig im Unterbau. Aber der Außenbau war
kahl und ohne Zierrat. Alle Pracht entfaltete erst das Innere. Wenn irgendwo die
mittelalterliche Beschränkung der Bauphantasie deutlich wird, dann ist es in der gewalt-
samen Folgerichtigkeit, mit der gegen Wunsch und Gefühl ruhiger Einheit ein logisches
Prinzip durchgeführt wird. Die logische Tendenz war darauf gerichtet, den Altar als
Mittelpunkt des Baues zu markieren. Aber man machte ihn nicht zum räumlichen .
Mittelpunkt, sondern zum Fluchtpunkt der perspektivischen Linien. Die Tyrannei der -
Logik dokumentiert sich rein äußerlich schon in dem Linienzwang der parallelen Schiffe,
in denen das Gefühl der Breite und Weiträumigkeit kaum aufkommen kann. Im
Grunde ist alle mittelalterliche Raumkunst engräumig. Nur die Tiefräumigkeit kennt <
sie. Alles flieht in die Ferne des Presbyteriums, Blich, Gefühl, Ahnung, Sehnsucht. *
Dort steht der Altar. Dort ist das Sanctissimum. Das Dogma ist es, das den Wunsch
harmonischer Ordnung im Keim erstickt; ein deutliches Widerspiel der Anschauung
überhaupt, deren der Mensch vorwärtsdrängender Übergangszeiten fähig war. Alles :
auf einen Punkt zu beziehen und aus einem Grunde abzuleiten, war allerdings mittel-
alterlich, aber es war ein lediglich logisches System. Die Logik beherrscht auch die
Phantasie. Es fiel dem Architekten leicht, ihr alles zu opfern, was eine rein artistische
Lösung der Aufgabe gefordert hätte. Stärkere Willenskräfte trafen die Entscheidung,
über den Kopf des Künstlers hinweg. Er ist Organ, nicht Wille. Ihm diktieren das
Machtbewußtsein des Ordens und der Geist seiner Institutionen.
Ein wahrhaft großer Formensinn hat in dieser Kirche gewaltet, der in dem Eindruck
des unversehrten Hauptschiffes von überwältigender Macht gewesen sein muß. Doch
war zweifellos die architektonische Bedeutung des Baues nicht in der Höhenentwichlung i
begründet, auch nicht in dem komplizierten Spiel der lastenden und tragenden Kräfte, *
überhaupt nicht in den konstruktiven Elementen. Der Sinnenzwang und Stimmungs- /
Zauber des schönen Baugedankens lag vielmehr in der Steigerung der Mittel, durch ^
die die Phantasie aus der weltlichen Nüchternheit in den mystischen Bereich eines J
Allerheiligsten geführt wurde. — Von auserwählten und geweihten Händen wurde das i
kostbare Gut behütet. Die ungeheure Kluft zwischen Weltlichkeit und geistlicher :
Lebensführung wurde hier überbrückt und dabei blieb der Ausblick in eine Ferne frei, ^
Weese. Burgunder Kirchen
VEZELÄY: Fassade
180
Monatshefte für Kunstwissenschaft
VEZELÄY : Das Innere Nadi Photographie der monuments historiques
der aus dem Diesseits in das Dunkel des Übernatürlichen hinwies. Das ist die Grund-
aufgabe des Kirchenbaues überhaupt. Aber hier ließ ein Orden bauen, der durch
seine Regeln dem kirchlichen Lebensziel näher gekommen zu sein glaubte als alle
Christenheit und der in seiner unbeschränkten Macht den Lohn seines Strebens schon
auf Erden empfing. Demut vor Gott und dem Übersinnlichen, Stolz und Größe vor
dem Menschen und der Wirklichkeit, das sollte das Heiligtum den Sinnen nahebringen.
An das Gefühl wandte sich die Kunst und griff dabei in jene Region, von der der Mensch
das deutlichste Bewußtsein hat, denn für nichts ist er empfindlicher als für die Unter-
schiede der Macht zumal dort, wo ihm der Alleinbesitz eines höchsten Gutes vor
Augen gerückt wird. Dies Monopol der toten Hand, die das höchste Leben trug, ins
rechte Licht zu setzen, ist hier Hauptzweck.
Aus jener Geschichtsauffassung, die lediglich formale Typen und den technischen
Stil durch lustra et saecula verfolgt, erfahren wir, wie auch in dieser Möndiskirche
das basilikale Schema der altchristlichen Kirche die Grundform sei. Aber ist es nicht
deutlich, daß Cluny s Geist und der von S. Paolo fuori ebenso verschieden sind, wie
eine antike Bacchusfigur und die Statue eines hl. Josef oder Hohenpriesters aus der
Pisanoschule? Ist nicht das Neue und Selbstgewollte in diesem Bauwerk so groß und
überwältigend, daß das basilikale Oblong im Grundriß ein Nichts ist, in der Einschätzung
der historischen Komponenten, die das Faktum Cluny ausmachen? In der Basilika ist
Weese. Burgunder Kirchen
181
VEZELÄY: Vorhalle. Innere Portalwand
! das Christentum scheu und fremd, wie in einem Jupitertempel, denn es ist in ihre
j Marmorherrlichkeit hineingezerrt und wird von dem antiken Heidensinn mehr geängstigt
' und erdrückt, als von der Pracht der Säulen und der Festlichkeit der Halle gefeiert
I und erhoben. In Cluny aber wäre ein Olympier erblaßt und geflohen und die Kutten-
: träger hätten das Sakrileg nicht ertragen, daß ein Heidengott auch nur an die Tür-
I sdiwelle getreten wäre.
Langsam wurde der Laie durch eine Reihe von vorbereitenden Eindrücken zu
I dem Anblick des Mysteriums geführt, ohne daß ihm ein Anteil daran gewährt wurde.
: Nachdem er das Bild der turmgekrönten Kirche in sich aufgenommen hatte und in den
’ Klosterbezirk eingelassen war, stand er vor dem Heiligtum selbst. Und nun folgen sich
in wunderbarer Steigerung die künstlerischen Raumbilder von den stimmungweckenden
Szenerien der tiefen Vorhalle mit dem breiten Portal, zu der weiten Flucht der fünf
Schiffe in der hohen Halle bis zu jener Bannlinie, die der Ungeweihte nicht über-
schreiten durfte, wo sich Laienraum vom sacrosancten Presbyterium schied. Wie ein
retardierendes Moment, das besonders schwer akzentuiert wird, schiebt sich vor die
Längslinien der Schiffe das Querschiff, das hier in Doppelanlage dem Weltkind das
große Halt wiederholt und ihm nur noch gestattet, aus der Ferne auf den Hauptaltar
im Chor zu blicken, der, von hohen Säulen umstanden, sich feierlich abhebt von dem
dunklen Umgang der geheimnisvollen Kapellen, die als Nebenstätten der Andacht und
des Opfers den allbeherrschenden Punkt in der Mitte, wo der Hochaltar aufragt, wie
ein ausklingendes Finale abschließen.
I
182 Monatshefte für Kunstwissenschaft
Gerade diese Entwiddung abwechselnder, sich ergänzender und immer gesteigerter
Architekturbilder, gleichsam in der Richtung einer Prozession vom hellen Tageslicht
draußen bis zum dämmer-dunklen Schlußraum drinnen, diese epische Entfaltung immer
stärkerer und tieferer Phantasiereize bis zum mystischen Ausklang, diese künstlerische
Gliederung und rhythmische Spannung mit ihren triumphierenden Höhen und dem feier-
lichen Abschwellen — all das gehört zu den besonderen Erfindungen der Mönchskunst,
die notwendig den Unterschied zwischen der geweihten Korporation und dem Laientum
mit dem skrupellosen Nachdruck betonen mußte, den der Priesterstand gegenüber den
Weltkindern allerorten, aber selten mit dieser künstlerischen Potenz hervorgekehrt hat.
Wir können, obgleich Cluny zugrunde gegangen ist, darüber doch vollkommen klar
urteilen, da die von dem Hauptdenkmal abhängigen Kirchen von Paray-le-Monial, Autun
und Vezelay, in kleineren Verhältnissen denselben Grundgedanken in schöner Deutlichkeit
wiederholen. Auch in Clermont-Ferrand zeigt ihn Notre-Dame reich und prachtvoll.
In Cluny selbst ist heute davon nichts mehr zu sehen. Dort, wo im Mittelschiff
die langen Reihen der Mönche zum Altäre wallten, steht jetzt das Hotel.
Cluny ist Ruine. Dasselbe Volk, das diesen einzigen Riesenbau aufrichtete,
hat ihn in unfaßlicher Leidenschaft während der großen Revolution mit 75 Minen in
die Luft gesprengt. Unfaßlich in seiner Barbarei und doch klar in seiner blinden Wut
hat der Volksinstinkt den innersten Gedanken des Bauwerkes getroffen. Die Sichtbarkeit
der Macht, ihr Symbol wollte er vom Erdboden vertilgen, als schon die reale Macht
des Ordens längst vernichtet war. Er fühlte die Kunst nicht als Symbol sondern als
Tatsache, als Realität. Deshalb unterwühlte er die Mauern der alten Abtei und ließ die
ganze Herrlichkeit auffliegen.
Tagelang sind wir auf den umliegenden Höhen herumgestreift, an Schloß- und
Burgruinen vorüber, ganz hingegeben an den romantischen Zauber der mittelalterlichen
Klosterreste. Stadt und Abtei liegen still wie erstorben im Tal. Nur von Zeit zu Zeit
schmettern die hellen Trompetensignale der Kavalleristen durch die Luft, die die feurigen
Hengste des Gestütes auf den Straßen unter uralten Bäumen die Wonne der Bewegung
kosten lassen.
Was Cluny nicht mehr geben kann, den Gesamteindruck einer wohlerhaltenen
Kirche, das gibt Vezelay in hohem Maße. Die Kirche liegt auf der Höhe, umgeben
von weitvorgebauten remparts, so wie eine Burg, die ein Tal sperren soll.* Sehr sorg-
sam und eingehend restauriert, nimmt der Bau, der in außergewöhnlich harmonischen
Verhältnissen durchgeführt ist, den Rang eines Nationalmonumentes ein. Gotische
Kathedralen sind immer als Außenbauten ruhmrednerisch, sie erwecken ungeheure Vor-
stellungen, sie ragen auf mit dem Monumentalanspruch von Pyramiden. Aber Vezelay
hat alle Schönheit nach innen gekehrt und überrascht dadurch unendlich viel mehr. Und
doch ist diese Schönheit hundert Jahre nach der Vollendung des Baues nicht mehr
verstanden worden, da die alles aus dem Felde schlagende Gotik gerade die tiefsten
und nachhaltigsten Wirkungen des älteren Stiles verkümmert hatte. Den wundervollen
Reiz der weiten Vorhallen hat sie ganz auf gegeben oder doch nur notdürftig in den
drei Portiken der Fassadenportale anklingen lassen. Ihr Bedürfnis nach Licht und
Weese. Burgunder Kirchen
183
aufgeschlossenen Raumbildern stand den tiefsinnigsten Baugedanken der älteren Mönchs-
kunst feindlich gegenüber, was wir heute oft vergessen. Doch sollten die modernen
i Kirchenbaumeister den allein seligmachenden Glauben an die Gotik abschwören und
I einmal in Burgund Kirchenfeierlichkeit und Ändachtsversenkung an originalen Werken
der älteren Kunst auf sich wirken lassen. Ich glaube, daß wir dem Kunstwillen dieser
j älteren Zeit näher stehen, als der klipp und klar, logisch und mathematisch und immer
j unzweifelhaft und notwendig arbeitenden Gotik der zünftigen Dombauhütten. Damals
' war die Kunst schon ein Wissen geworden. Im XII. Jahrhundert aber und der ersten
Hälfte des XIII. Jahrhunderts hat sie noch die köstliche Ursprünglichkeit der Ähnung.
Der klassische Bau dieser Schule aber ist Äutun, wenngleich es keine Kloster-
kirche ist. In mehr als einem Sinne ein klassischer Bau. Er ist das besterhaltene
! Werk, auch das reifste und klarste. Äber er ist auch der antiken klassischen
Kunst durch geheime Verbindungen näher, als die anderen Mönchskirchen derselben
Schule. Eine Anzahl klassisch -antiker Formelemente, wie kannelierte Pilaster, schön
gezeichnete Akanthuskapitelle, feinstilisierte Rundbogenarkaden machen zuerst auf die
hohe Ahnenreihe dieser Formen aufmerksam. Aber stärker wirken andere Elemente,
die mehr dem Raumgefühl entspringen. Der schwere Ernst des dunkelgehaltenen
Mittelschiffes ist nicht rein asketisch-christlich, da über allem eine imperiale Grandiosität
184
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
!
liegt, die an die imposanten Architekturbilder kaiserlich römisdier Baukunst gemahnt.
Die unbezwingliche Steinsolidität des Mauerwerkes, der herbe Materialcharakter des
tiefgrauen Quaderbaues, die starre und schwere Tonnenwölbung im Verein mit den ins
Breite gezogenen Proportionen des Hauptraumes sind die einzig stolzen Ausdrucksmittel
einer Monumentalität, die den Kampf mit der Vergänglichkeit gelassen auf nehmen
konnte. Römische Architektur ist Trotz gegen den alles vernichtenden Feind, gegen die
Zeit. Sie baut für die Ewigkeit und die Absicht auf das Unendliche wird selbst in
ihren kleinsten Werken spürbar bleiben, weil in jedem Stein und jeder Fuge das
charaktervolle Verantwortungsgefühl lebt, das immer zum besten Material greift, und
dasselbe in der besonnensten Technik behandelt. Gotische Kathedralen sind niemals
fertig. Sie sind eine ewige Schuld, die von Geschlecht sich auf Geschlecht vererbt;
immer von neuem wird der Verzweiflungskampf gegen Wetter und Wind aufgenommen,
um das üppige Zierwerk vor dem Verfall zu retten. Einmal wird man dieser Müh’
ohne End überdrüssig sein. Denn es ist eine unhaltbare und unlösbare Aufgabe.
Aber wo römische Baugesinnung geherrscht hat, sind selbst die Ruinen kriegerischer
Zerstörung wetterhart und ewiggroß gleich dem Urgestein, das in furchtbaren
Erdkatastrophen gesprengt wurde und nun zutage liegt. In der Kathedrale
von Autun ist dieser Geist noch heute leibhaftig wahr. Er ist unvergänglich und daß
ihn auch Laien spüren und seinen Sinn deuten, das ist notwendig. Wir sehen den
Stil als Ausdrude allein von Material und Technik an. Aber er ist noch viel mehr der
Zeuge eines klaren Willens, der eine redende Form für seine Absicht gefunden hat.
Wahl des Steines und seine Behandlung sind eine Tat, das Zeugnis eines Bewußtseins.
Sie sind Erfindungen und künstlerische Erfolge in einem Kampfe, durch den der Mensch
gegen die ewigen Mächte Herr geworden ist; wenigstens im Symbol.
Vor soldien Werken muß die Gegenwart Halt madien und sidi besinnen. Noch
ist es bloß der Historiker, der dem eiligen und flüchtenden Geschlecht von heute den
Weg vertritt, um den Arm emporzustrecken und hinzuweisen auf den Bau, der stumm
und ernst die Jahrhunderte überdauert. Er will aber nicht zeigen, was war, sondern
was ist, nicht das Vergangene, sondern das Lebendige. Er sieht nicht die Form,
sondern den Willen. Nun lebt hier noch dieser Wille, dessen Atemzug tief und feierlich
weht wie ein Haudi aus Ewigkeiten. Was schiert es uns, ob Gotik oder Klassik, ob
kirchlich oder weltlich, christlidi oder heidnisch. Das alles ist sub specie aeternitatis
betrachtet, nur gesdiichtlicher Formalismus.
Wie sich aber Zeiten und Völker mit den unabänderlichen Gesetzen von Werden
und Vergehen auseinandergesetzt haben und wie sich der ewig bejahende Geist gegen
das ewige Nein der Vergänglichkeit behauptet hat, wenigstens durch einen Gedanken
und für einen Augenblick, das ist eines Blickes wert. Denn das ist der niemals be-
friedigende und immer wieder neu geschöpfte Trunk, den die Dürstenden tun aus
dem Strome des Lebens. Mächtig rauscht er vorüber, mit hohler Hand stehen die
Verlangenden an den Ufern, Geschlechter und Rassen, eine unendliche Kette.
Auch das Mittelalter hat diesen Zauber gefühlt, den die Werke der Alten aus-
üben. Niemals ist das klassische Altertum vergessen worden. Doch wenn antike
Weese. Burgunder Kirchen
185
CLERMONT-FERRHND. Chor
Formen und antike Baugesinnung immer wieder in den Frühzeiten des christlichen
Lebensideals auftauchen, wie der Geist des Toten, der nicht zur Ruhe kommen kann,
so sind das nicht Stilwandlungen und Rückfälle in das längst Gewesene und ein für
allemal Überwundene. Es wäre Frevel, ihresgleichen als atavistische Erscheinungen zu
deuten oder launische Einfälle der spielenden Künstlerphantasie, die es einmal wieder
mit altrömischen Formen probieren wollte — und solche standen ja gerade in Autun
in schönen und bewundernswerten Resten vor Augen. Nein, solchen in die Vergangen-
12
186
Monatshefte für Kunstwissenschaft
heit zurückgreifenden Schöpfungen — und sie sind ebenso Schöpfungen wie die in die
Zukunft vorgreifenden — liegt eine Sehnsucht zugrunde, die die eigentliche Seele
oder der Wille zur Kunst ist. Sie benützt das längst Gefundene weil es ihre Absicht
klarer ausdrückt als die Form der Gegenwart. Die Form ist ihr nur ein unzulängliches
Mittel für den Begriff. Sie weitet sich im Gefühl von Glück und Erlösung, wenn
der Geist vergangener Epochen diesen Wunsch weckt und zum Selbstbewusstsein klärt.
Es ist ein seelischer Prozeß, nicht ein technischer. Es handelt sich dabei nicht um eine
Metamorphose des Stils, sondern um ein Wiedererwachen eingeschlummerter Vor-
stellungen. Von solchen Ahnungen wurde gewiß der mittelalterliche Baumeister in der
Mönchskutte berührt, und es ist ein lustiges Schauspiel, daß der gute Christ und tapfere
Asket noch ein heidnisches Fleckchen in seinem Herzen besaß, wo ihn dieser Gedanke
treffen konnte. Dies Fleckchen war nicht das unfruchtbarste, noch das schlechteste in
ihm. Und es wäre betrübend, wenn unsere reizbare, oder wie man heute sagt, reiz-
same Psyche, nicht auch noch reaktionsfähig wäre für solche unsterblichen Kräfte.
Deswegen haben wir aufzuschauen, und in dem mittelalterlichen Dunkel der hehren
Kirche die Spuren jenes Sinnes aufzuspüren, der sich im grauen Altertum die Werke
seines Willens auferbaute und der seitdem durch alle Geschichte hindurch das Auge
magisch anzieht und zur Bewunderung zwingt und immer wieder die begabtesten
Hände in seine Dienste zieht. Was ist der Geist des Altertums in der Mönchskirche?
Es ist der Glaube an die geistgeborrien Fähigkeiten des Menschen, die über den Tod
hinaus reden und zeugen; nicht für das Kreuz noch für irgend ein anderes Symbol,
sondern für die Einigkeit des Menschen mit dem unerschaffenen Geiste.
In den Frühstunden eines regnerischen Morgens waren wir in Pontigny. Da
standen wir nun vor der mächtigen Abteikirche, der wir uns wie aus dem Hinterhalte
genähert hatten, so daß wir beinahe überrascht vor sie hintraten. Vezelay lag auf der
Höhe, ebenso Autun und Paray-le-Monial. Pontigny aber liegt im Tale. Durch einen
prachtvollen Bestand von rauschenden Erlen gewannen wir den ersten Ausblick auf
den hochragenden Kirchenkörper des steilen Hochschiffes. Der Himmel war verhängt,
ein trübes Grau drückte die Stimmung. Um den kahlen Bau, dem Turm und Fassade
fehlen, wehte es wehmütig. Als ob ihm in Kriegsläuften alle Zier geraubt sei, stand
er einsam, inmitten niedriger Scheunen und Nutzbauten. Er war verlassen. Je mehr
wir uns näherten, desto mehr verstärkte sich der Eindruck von etwas Nacktem und
Unfertigen. Die großen Abmessungen des Bauwerks standen im Widerspruch zu den
knapp gehaltenen Ausdrucksformen. Alle tektonischen Glieder entbehrten der ver-
geistigten und künstlerischen Durchbildung. Schwere Mauermassen, enge Fenster, ein
hohes und lastendes Dach. Etwas konstruktiv Karges, bis auf die äußerste Grenze des
Möglichen getrieben, war von allen Mauern abzulesen. Die Streben waren noch
nirgends so deutliche Stützensurrogate, ein Notbehelf für eine Kunstform. Ein phan-
tasieloser Rechenkopf war hier am Werke gewesen. Gab es schon im Mittelalter Bau-
bureaux, in denen jeder Heller für gefälligen Schmuck vom Budget abgestrichen wurde?
War diese fabrica ecclesiae von Künstlern geleitet, oder von einem Prototyp unserer
modernen Fabrikherren?
Das Innere war nichts als eine leere Halle. Weiße kahle Mauern, helle Glas-
WeesG. Burgunder Kirdien
187
fenster, kein Ältar, kein Bild. Wie ausgeplünderi Unter dem Dache der katholischen
Kirche haben alle guten Geister der schmückenden Künste Unterschlupf gefunden. Die
ernsten und andächtigen, ebenso wie die weltlustigen und farbenfreudigen. Selbst
Witz und Burleske, Spott und Ironie, kecker Übermut und volkstümliche Derbheit, alle
die lauten und dreisten, die stillen und frommen Gesellen aus der großen fabrica
ecclesiae der Dombauhütte sind aufgenommen worden in dem Schoße der alleinselig-
machenden Kirche.
Äber in dieser Urkirche des Cistercienser Ordens hat auch nicht einer der
kunstreichen Köpfe an die Arbeit gehen dürfen; nur der Baumeister hat geschafft.
Als sollten die Handwerker, die Maler und Gipser, die Schreiner und Tüncher, die
Schlosser und Steinmetzen, die Bildschnitzer und Glasmaler erst einziehen, so erwar-
tungsvoll und schmuckbedürftig standen die Wände, Pfeiler und Altäre und riefen nach
Farbe und Bild.
Vor soldien Bauten verstummt das fachwissenschaftliche Interesse für Stil- und
Schulfragen, die nach rückwärts Zusammenhänge suchen. Das sind deutlich Anfänge.
Sie haben etwas vom Ernst des ersten Schöpfungstages. Hier redet ein Wille der klar
und groß, aber auch hart und rücksichtslos auf sein Ziel gegangen ist. Er will nicht
gewinnen, sondern abwehren. Er ist nie verlegen um Ausdrucksmittel, weil er immer
nur ein „Nein“ und abermals ein „Nein“ zu sagen hat. So streng herrisch ist die
Kunst nie angepackt worden wie von diesen Bauherren. Als dienende Magd hat sie
sidi zu beugen und nichts darf sie aus dem großen Schatz ihrer Bilder und Herrlich-
keiten einschmuggeln, denn dieser Wille haßt alles Spiel und jeden Traum, er kennt
nur Verzicht und Entbehrung als Ziel und Dank des Lebens. Er würgt die Phantasie
und blendet „der Augen weit- und erdgemäß Organ“. Er ist der Todfeind der Frau
Welt und ihrer schönsten Gespielin, der schmuckfreudigen Kunst. Wo keine Lust ist,
ist keine Kunst; alles Puritanertum wird aus dem Paradies der freien Künste hinaus-
getrieben in die Wüste der Abstraktion. So hat auch das Mönchswesen, wenn es seinen
innersten Willen durchsetzen konnte alle Blüten der malerischen und schmückenden
Phantasie verdorren lassen. Ob sich diese Zeloten den Himmel ihrer Sehnsucht auch
so kahl und erstorben vorgestellt haben? Wer hätte es da nicht als echtes Weltkind
vorgezogen, bei dem dichtgedrängten Sündervolk in der wohltemperierten Vorhölle
zu sitzen.
Pontigng ist die Urkirche des Cistercienser Ordens. Nirgendwo hat sich die
mittelalterliche Weltflucht ein Bauwerk geschaffen, das so dogmatisch und kanonisch
den Geist des Mönchtums ausgesprochen hätte. Die Cistercienser waren eine purifizierte
Neugründung auf dem Boden der alten Benediktinerregel. In Cluny und seinen Tochter-
klöstern war der Geist der Üppigkeit eingezogen. In Citeaux und Clairvaux sollte die
reine und echte Klösterlichkeit wieder hergestellt werden. Die strengste Askese und
die unbedingte Treue gegen die drei Gelübde wurde zur hehrsten Pflicht gemacht und
als ein sichtbarer Ausdruck der radikalen Verschärfung der Ordensregel entstand eine
Bauordnung für die neuen Kirchenbauten, die sich deutlich Satz für Satz gegen den
hochmütigen Machtausspruch der Clunyacenser Baugewohnheit wendete. Die Cister-
188
Habidi. Monatshefte für Kunstwissenschaft
cienserkirchen durften keine Türme, keine Ornamente, keine Skulpturen, keine Glas-
malereien und Bildtafeln, keine Mosaik und keinen Zierrat haben. Die Benediktiner,
die Clunyacenser und die Cistercienser stellen in ihrer historischen Folge eine immer
höhere Stufe der mönchischen Feindschaft gegen die Schmuchtriebe der Kunst dar.
Das eigentliche Symbol der Klosterkunst ist die nackte, weißgekalkte Zelle. In Pontigny
entspricht die Ordenskirche, wenn auch als höchste Monumentalform der kargen Sach-
lichkeit der Urzelle. Die Architektur hat selten große Aufgaben in dieser abstrakten
und nur auf ihre eigenen Mittel angewiesenen Beschränkung zu lösen gehabt. Immer
wenn die dienenden Töchter, Malerei, Plastik, Ornamentation und alle kunstgewerblichen
Betriebe der Erzkunst Architektur zur Hand gehen, wird die reine Prägnanz ihres
Willensausdruckes Schaden leiden. Deshalb ist auch hier in Pontigny der architek-
tonische Eindruck ausschließlich Wille. Aber er hat ein totenstarres Angesicht. Vor
seinem Auge vergeht das Leben und vor seiner eisigen Hoheit. Das Weltkind fühlt
sich wie gestorben, kalt und ohnmächtig, und ein wenig schleicht sich die Furcht in -
sein Herz, es könnte dieser Raum ein Vorspiel der himmlischen Seligkeit sein.
Nun begreift es sich, wie dankbar alle Welt dem Franziskanerorden zufiel, denn j
unter seinem warmen Lebensgefühl erblühte eine tiefsinnige und herzensfrohe Kunst, ^
die mit ihrer farbigen und erzählerischen Menschlichkeit auch das Wunderbarste dem i
Glauben nahe führte. Franziskus von Assisi war ein Erlöser, denn er war ein J
Menschenfreund. — ■
Die Iraperatorenbilder in der Münchener Residenz
Von Georg Habich
In den Jahren 1537—38 malte Tizian eine Reihe von zwölf Imperatorenbildern
für den Palast in Mantua, die 1628 in den Besitz König Karls I. von England über-
gingen und über deren Verbleib nach dem Tode des unglücklichen Fürsten (1649)
nichts Sicheres bekannt ist. — Älle Spuren, die teils nach Spanien, teils nach Prag
und Wien, wie auch auf englischen Privatbesitz wiesen, haben sich bisher als unzu-
verlässig herausgestellt.
In den (1730—32) von Frangois Cuvillies d. Ä. erbauten und ausgeschmückten
„Reichen Zimmern“ der Residenz in München finden sich 12 Bildnisse römischer
Imperatoren als Supraporten verwandt. In die Wandverkleidung einbezogen und um-
spielt von den Ärabeskenphantasien des geistreichsten aller Rokokodekorateure, überdies
mangelhaft beleuchtet und durch die scharlachroten Damasttapeten um jede Wirkung
gebracht, blieb die Serie bis vor kurzem völlig unbeachtet. Das offizielle Inventarwerk
sah in den Bildern Arbeiten des späteren XVII. Jahrhunderts (Kunstdenkm. d. König-
reichs Bayern, Lief. 16. S. 1121).
In zehn von diesen Imperatorenbildern erblickt nun der Münchener Maler
M. Wieland (nach Ausscheidung zweier Stücke, die er für nicht zugehörig hält oder
hielt) die verloren geglaubten Originale von Tizians Hand und hat dieser Anschauung
in der Zeitschrift für bild. Kunst 1908, S. 101 motivierten Ausdruck gegeben.
Mit einem Aufgebot von archivalischem Studium, das bei dem Nichtfachmann in
respektvolles Staunen setzt, sucht Wieland den historischen Beweis zu erbringen, daß
die Bilder im Jahre 1628 von England dem kunstfreundlichen Kurfürsten Maximilian I.
von Bagern auf diplomatischem Wege — „aus Staatsgründen“ — ausgeliefert worden
seien. Der Beweis, den Wieland führt, ist ein Wahrscheinlichkeitsbeweis, aber der
Schein der Wahrheit war ein trügerischer. Unmittelbar nachdem Wieland sein Plaidoy er
vollendet hatte, konnte Dr. A. Buchheit (Beil. z. Allg. Zeitg. No. 26) darauf hinweisen,
daß die Mündiener Bilderserie bereits in einem Inventar von 1598 als in der Residenz
befindlich aufgeführt wird, zu einer Zeit also, da die Tizianischen Originale noch
unverrückt im Palast von Mantua hingen.
Hiermit scheint Wielands Aufstellungen die Basis entzogen. Was hilft es dem
eifrigen Anwalt, wenn eine Folge von Kupferstichen, die Ägidius Sadeler mit der aus-
drücklichen Bezeichnung „Tizianus inventor“ bald nach 1600 ausgehen ließ, mit
den Münchener Bildern soweit übereinstimmt, als ein Barodckupfer überhaupt mit
dem Originale übereinzustimmen pflegt? — Widerspenstige werden gleichwohl auf
ihrem Widerstand beharren: „die Stiche sind eben nicht in Mantua vor den Tizian-
bildern, sondern in München vor den Residenzbildern gemacht, die damals freilich noch
eine bessere Fa^on hatten als gegenwärtig, wo sie als Surportes teils zugeschnitten
teils angestüdct sind. — Und mit der Kontrasignierung Tizians hat der Stecher seine
Ware vielleicht nur schmachhafter, verkäuflicher machen wollen.“
190
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Es wäre indes entweder ein täppisches Verkennen oder ein trauriges Zeichen
mangelnder Wahrheitsliebe, wollte man Wielands Darlegungen jeden Wert bestreiten.
Was lehren die Bilder, auf die er, der Maler, zum ersten Mal die Augen der Zünf-
tigen hingelenkt hat, nachdem deren Blicke doch nur flüchtig darüberhin irrlichteliert |
hatten? Was lehren sie für das verloren gegangene Werk des Tizian? — |
Die Antwort mag für die Ohren mancher Leute vom Fach nicht angenehm
klingen, aber sie lautet klar: die Bilder der Residenz geben von den ver- i
schollenen Imperatorenbildnissen des Tizian derzeit sowohl in Komposition,
wie in der Farbe die relativ beste Vorstellung und sind daher als kunst- j
historisches Anschauungsmaterial von nicht zu unterschätzender Bedeutung. »
Was ex actis nicht zu lernen war, das lehrt um so klarer der Augenschein. Diese \
Figuren sind Tizians Erfindung, und von seiner schönen warmen Farbe bewahren die
Bilder audi in ihrem gegenwärtigen Zustand genug, um mit Bestimmtheit lehren zu
können, daß es auch Tizians Palette ist. Ob freilich auch sein Pinsel, ist mehr als
zweifelhaft. Abgesehen von dem Erhaltungszustand, scheint die Qualität der Bilder '
so verschieden, daß man, wie übrigens auch Wieland selbst schon andeutet, überhaupt '
kaum an eine Hand wird denken dürfen. Neben einem wundervoll weich und breit
hingestrichenen Profilbild („Otho“) von jener charakteristischen echt Tizianischen Licht-
führung, die man von seinen Geharnischtenbildnissen kennt, stehen, hart und fleckig
hingesetzt, krustige Schwarzmalereien unerfreulicher Art, und auf dem harmonisch ge-
stimmten Nerobild findet sich ein meisterhaftes Stück fein vertriebener Fleischmalerei
neben einem mesquin verzeichneten Kopf.
Aber das alles sind curae posteriores gegenüber der Tatsache, daß die ganze ;
Serie doch einen geschlossenen Zyklus bildet und als solcher wenigstens die Be- >
Zeichnung „Tizianus inventor“ keineswegs zu Unrecht trägt. Ist die Haltung der j
Halbfiguren da und dort wohl auch sichtlich beeinflußt von den statuarischen Vor- ;
bildern, die ihnen erwiesenermaßen zum Modell dienten, zeigen die Profile bisweilen
eine gewisse klassizistische Härte, die ihnen von den antiken Kameen und Münzen her
anklebt, die Tizian notorisch benutzte, so fehlt es nicht an überzeugenden, unverkennbar
Tizianischen Motiven: der stolze Blick über die Schulter, die bekannte, deutende Geste mit
dem Kommandostab, die typisch aufgestützte Rechte, das lässige Lehnen und die bewußte
Pose — alles echt Tizianische Ausdrucksmittel, nur dem Gegenstand entsprechend ein
wenig gesteigert und akzentuiert: mit einem Schuß Römerpathos versetzt. Die Figur
des Generals Vasto auf der bekannten Adlokution im Prado oder das — übrigens nicht
eigenhändige — Bildnis des Giovanni delle bande nere in den Uffizien möchten die
nächsten Vergleichsobjekte im Werke des Meisters sein. Die Proportionen sind freilich
mächtiger und gedrungener als es in seiner Porträtkunst die Regel ist; insbesondere
zeigen die nackten Arme bisweilen ein geradezu gladiatormäßiges Muskelspiel.
Aber diese „barocken“ Anwandlungen sind auch sonst Tizian nicht fremd. Sie
finden sich überall da, wo sich sein Stil ins Dekorative erhebt, so in den beiden
Prado-Bildern Prometheus und Sisyphus, auf den alttestamentarischen Darstellungen
in S. Maria della Salute (Abraham, Goliath, Kain und Abel), und schon früh tritt diese
Die Impcratorenbilder in der Mündiener Residenz
191
heroisierende Tendenz greifbar hervor in dem Christophorusfresko des Dogenpalastes,
welches 1523 gemalt ist.
Im übrigen verrät auch das antiquarische Detail durchweg Tizians Anschauung
von der Antike. Da sind die gleichen Phantasie- und Prunkharnische wie auf dem
Auferstehungsbild in Urbino oder auf dem Ecce homo in Wien: dieselben eng am Leibe
anliegenden Schuppen- und Kettenpanzer wie auf dem Schlachtenbild der Uffizien ode
auf der späten Dornenkrönung im Louvre usw. Kurzum, cs gehört nicht allzuvic
Erinnerung aus dem Werke des Tizian dazu, um, nachdem sein Name einmal genannt
ist, seine Art hier wieder zu erkennen. Hoffen wir, daß sich diese Erkenntnis all-
mählich ausbreitc, damit nichts unterlassen werde, was zur völligen Klärung der Frage
dienen kann. Vor allem wird es nunmehr an der zuständigen Hofstelle gelegen sein,
die Bilder von ihrer unzugänglichen Höhe herabnehmen und einer sorgfältigen Rei-
nigung unterziehen zu lassen. Erst dann kann die Frage: Atelier- oder Schulbilder,
gleichzeitige oder spätere Kopien? wirklich aktuell werden.
Inzwischen braucht die archivalische Forschung nicht zu ruhen. Wann sind die
Bilder nach München gekommen? — Das ist wichtig zu wissen auch für das Problem
ihrer Entstehung. Hingen sie schon in dem von Herzog Albrecht V. 1569 gegründeten
Antiquarium, wie dies aus dem oben angeführten Inventar hervorzugehen scheint, so
wären sie noch zu Lebzeiten Tizians entstanden; und bei den Beziehungen, die den
Herzog durch seinen Agenten Strada mit dem alten Tizian verbanden (s. Stockbauer,
Kunstbestrebungen am bayr. Hof. S. 92), wäre die Provenienz der Bilder aus Tizians
Atelier alsdann nidit ausgesdilossen. Näher liegt allerdings der Gedanke — bei dem
nahen Verhältnis des Mantuanischen zu dem Münchner Hofe — daß die Bilder in
Mantua selbst von einem der in Diensten der Bayernherzöge arbeitenden Meister vor
den Originalen hergestellt worden sind.
Studien und
ÄLHÄMBRÄPROBLEME I.
Ergebnisse und Ziele der neuen Restau-
rierungsarbeiten.
Die Restaurierungen der Älhambra sind fast
ebenso alt wie diese selbst, und soweit sie sidi
auf die Dekoration bezogen, haben sie meist
in sehr geschickten Händen gelegen, deren
Kunstfertigkeit die Pracht der alten Stückarbeiten
so gut nachzuahmen verstand, daß hervorragende
Kenner arabischer Ornamentik viele Erneue-
rungen oder Ergänzungen, von denen die Do-
kumente des Älhambraardiivs berichten, von
den authentischen Teilen nicht zu unterscheiden
vermochten.
Notorisch haben bis ins 17. Jahrhundert
„Moriscos“, welche zu diesem Zwecke von der
Ausweisung, die die ganze arabische Bevölke-
rung traf, ausgenommen waren, die durch
Brände und Zerfall beschädigten Teile der
Älhambra neu ausgeschmückt, und die Kunst
ihrer Zunft hat sich bis auf unsere Tage fort-
geerbt. Die Mißgriffe, die auch in dieser Hin-
sidit hie und da vorgekommen sind, erscheinen
nun verschwindend im Vergleich zu der heil-
losen Verwirrung, die nicht nur die Zerstörungen,
Verschüttungen und Umbauten einzelner Be-
festigungen und Wohnräume, sondern vor
allem auch die ersten Herstellungsversuche des
gegenwärtigen Bestandes in der ganzen Palast-
anlage hervorgerufen haben. Diese Mauren-
burg gehört nicht, wie etwa das Heidelberger
Schloß, zu den Bauten, die auch als Ruinen
oder gerade als solche gefallen. Ihre Schön-
heit beruht nicht in einer Fassadenwirkung,
sondern ausschließlich in dem Luxus ihrer Innen-
ausstattung. Diese also muß unter allen Um-
ständen erhalten werden, und zu ihrem Schutze
sind umfassende Restaurierungsarbeiten unum-
gänglich, die wiederum sich dem Burgcharakter
des Ganzen einordnen und sowohl den ursprüng-
lichen Plan der Befestigungen als auch die durch
ihre Zweckverschiedenheit bedingte Scheidung
der einzelnen Wohn- und Prunkräume zur Richt-
schnur haben sollten.
Was nun in dieser Hinsicht im vorigen Jahr-
hundert von den Contreras getan worden ist,
war, abgesehen von der letzten faulen Wirt-
schaft, zweifellos nützlich und ersprießlich. Aber
erst der neue Direktor, Gcknez Tortosa, hat
Arbeiten eingeleitet, die vor allem dem Verfall
Forschungen
ernstlich gefährdeter Palastteile Vorbeugen
sollen, Arbeiten, die längst nötig gewesen
wären und deren Aufschub Befürchtungen her-
vorgerufen hatte, die oft genug in Fachkreisen
lebhaft erörtert wurden. Der neue Leiter ist
Ingenieur, und als solcher hat er seine Aufmerk-
samkeit vor allem den Gängen und Leitungen
der alten Kanalisation zugewandt, diese
schon zum großen Teil wieder auf gedeckt und
hergestellt. So werden also bald die zahlreichen
Wasserläufe, die den Burghügel durchrieseln
und, ihrer ursprünglichen Regulierung beraubt,
bereits den Grund der Alhambra durchsickert
und gelockert hatten, von neuem ihr künstliches
Bette finden und zum Darro abgeführt werden.
Dadurch ist zweifellos die größte Gefahr be-
schworen.
An dem schon lange Einsturz drohenden
Komaresturm hat man dann neben äußeren
Flickarbeiten die Erneuerung der inneren Unter-
wölbung in Angriff genommen; es besteht dem-
nach Hoffnung, daß auch er und der berühmte
Gesandtensaal, den er birgt, uns gerettet werden.
Schlimmer als um diesen, stand es infolge
gröbster Vernachlässigung noch bis vor Kurzem
um den sog. Frauen türm („Torre de las Ha-
mas“ oder „del Principe“), ein wahres Kleinod
der Alhambra und den fremden Besuchern in
der Regel unbekannt, an dessen Wiederher-
stellung jetzt mit großem Eifer gearbeitet wird.
In beispiellos barbarischer Weise waren die
reizenden Wanddekorationen übertüncht, die
zierlichen Fenster vermauert und statt ihrer
neue in die Mauer gebrochen, um moderne
Wohnungen zu schaffen, und der letzte Besitzer,
ein Deutscher, besaß noch die Geschmacklosig-
keit, sich die einzigartige Turmdecke mitzu-
nehmen, als er den Palast dem Staate schenkte.
Wegen der Baufälligkeit der alten Teile kann
die Beseitigung der neuen nur mit größter Vor-
sicht geschehen. Zweifel bestehen wegen der
ursprünglichen Konstruktion glücklicherweise
nicht, und auch die Motive der Ausstattung
haben an allen Stellen genügend Spuren zurück-
gelassen, um ihre stilgemäße Ergänzung zu er-
möglichen. Die Ornamente sind von außerge-
wöhnlicher Zartheit und Tiefe, und wenn es ge-
lingt, diese unvergleichlich kunstvolle Anlage
auch nur annähernd in ihrem früheren Glanze neu
erstehen zu lassen, wird die Alhambra um ein
Wunder reicher sein. Die Aussicht von dem
Studien und Forschungen
193
Mirador spottet jeder Beschreibung und über-
trifft bei weitem die vom Generalife. Der Teich,
der vor dem Eingang lag, war versdiüttet; das
Bassin ist jetzt wieder in der alten Form aus-
gemauert.
Man hat nidit ohne Grund vermutet, daß
diese „Torre del Principe“ der schmucke
Palast war, den Mohammed V. seinem Bruder
Ismael „in der Nähe des Residenzschlosses“
(nach der Äussage Älchatibs) erbaute, „mit
allen Bequemlichkeiten ausgestattet.“ In der
Tat scheint auch die kleine Moschee, die
unmittelbar daneben liegt und deren Inneres in
scheußlicher Weise „aufgefrisdit“ wurde, dazu
gehört zu haben.
Andererseits läßt sidi feststellen, daß dieser
Bau mit dem Königlichen Palast in Verbindung
stand, und zwar, wie ich meine, mit der Rück-
seite der sogen. Sala de la Justicia, die die
Ostseite des Löwenhofes bildet. Wie wir uns
den Zusammenhang zu denken haben, wird erst
eine Untersuchung der Mauerreste neben und
unter den dort befindlichen Wohnbauten, deren
Ankauf und Niederlegung die Direktion beab-
sichtigt, ergeben. Ferner müßte erwogen
werden, ob nicht diese Teile mit dem ältesten,
der Rauda, die bekanntlich bereits seit dem
ersten der Nasriden als Königsgruft diente, und
deren Bild jetzt sehr verwischt ist, in Beziehung
waren. Eine solche Feststellung wäre insofern
von Wert, als sidi daran die Vermutung knüpfen
ließe, daß hier nicht nur der Anfang des Königs-
palastes, sondern eine ganze Anlage bestand,
die alle Bedingungen einer Residenz erfüllte
und diesem Zwedee so lange diente, bis die
späteren Bauten, vornehmlich die beiden großen
Höfe, vollendet waren. Dann hätte der jetzt
völlig unverständliche Name der „Sala de la
Justicia“ (die sich doch nie und nimmer im
Harem, den der Löwenhof bilc^ete, befunden
hat!) seine Erklärung darin, daß an ihrer Stelle
tatsächlidi der erste Meschuär zu suchen ist,
daß also dort Recht gesprochen wurde, während
wir in der schönen „Torre de las Damas“ nicht
den Palast Ismails, sondern den ersten Harem
zu erkennen hätten; ließe sich erweisen, daß
dessen Ornamente früher sind, als die der
übrigen Säle, so würde diese Hypothese, der
idi vorderhand noch nidit die Form einer Be-
hauptung zu geben wage, wesentlich verstärkt
sein. Denn unvermeidlich ist dodi die Frage:
wo wohnten die Frauen der Sultane, ehe Mo-
hammed V. die Räume um den Löwenhof, als
dessen Erbauer ihn die Inschriften bezeugen,
vollendete?
Der Meschuär (fälschlich audi „Patio de la
Mezquita“ genannt) ist nicht, wie gemeinhin an-
genommen wird, der älteste Teil, sondern eben-
falls erst von Mohammed V. angelegt. Von
ihm rührt also wahrscheinlich die Orientierung
des Palastes von Westen nach Osten über-
haupt her.
Ich nehme an, daß der ursprüngliche Eingang
am entgegengesetzten Ende und demnach der
Aufgang von der Stadt durch die berühmte
„Puerta Siete Suelos“ war. Auf dem Platz
vor der ehemaligen großen Moschee — deren
Verbindung mit der Rauda sich übrigens rekon-
struieren läßt — hätte sich dann dieser Weg
mit dem von der Torre de los Picos herauf-
kommenden getroffen. Denn man darf nicht
außer Acht lassen, daß die „Puerta de la Ju-
sticia“, die jetzt den Hauptaufgang zur Alhambra
bildet, erst unter Mohammeds V. unmittelbarem
Vorgänger, Yusuf I., erbaut wurde.
Hoffentlich wird nun auch der Meschuär,
vorläufig immer noch der problematischste Teil
der Alhambra, unter Benützung der alten Reste
und nach Niederreißung der Überbauten bald
seiner eigentlichen Bestimmung wieder gegeben
werden. Denn der gegenwärtige Eingang, der
direkt in den Mgrtenhof führt, ist zwar sehr
beqeum, macht es aber dem Besucher schwer,
wenn nicht unmöglich, sidi von der authen-
tischen Anordnung eine Vorstellung zu bilden.
Zu demselben Zwecke wäre auch die Öffnung
zweier völlig zugemauerter Korridore sehr
wünschenswert: der eine führte vor dem Ge-
sandtensaal vorüber, der andere trennte voll-
ständig Myrten- und Löwenhof, d. i. Empfangs-
und Frauenräume. Von den letzteren sind die
oberen, unzugänglichen, reich dekoriert, aber
z. T. arg verfallen. Baldige Abhilfe wäre auch
hier zu empfehen.
Wenn es Herrn Gömez Tortosa, unter dessen
Direktion mit lobenswerter Energie und erfreu-
licher Umsicht vorgegangen wird, gelingt, seine
geplanten Konsolidierungs- und Rekonstruktions-
arbeiten glücklich durchzuführen, so wird er
uns bald mehr halten, als seine Vorgänger ver-
sprochen haben.
Ernst Kühnei, Granada.
s
ZU MOCETTO.
Das Interesse, das uns Girolamo Mocettos
Kupferstiche gewähren, ist nicht zum geringsten
Teil gegenständlicher Natur. Beiwerk, das er
seinen Kompositionen gab, Beziehungen literari-
scher und symbolischer Art, die er in sie hinein
verarbeitete, sind oft für uns wichtig und
neu. So findet sich auf der Darstellung
194
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
der „Hpelles-Ver-
leumdung“ (B. 10)
bekanntlidi eine
im Gegensinn ge-
treue Abbildung
des Colleonidenk-
mals und der Kir-
che SS. Giovanni
e Paolo in Vene-
dig, in der ja
der Künstler ein
großesGlasfenster
sdiuf.i)
Von humanisti-
schen Neigungen
gibt dann das Blatt
mit der ruhenden
Nymphe Kunde
(B. 11). Aber es
ist kein gläubiger,
begeisterter Klas-
sizismus, sondern
ein satirischer, mit
obszöner Fär-
bung. DieDeutung
des Blattes ist nicht
ganz gesichert. Am
nächsten wird der
Sache wohl die
Erklärung kom-
men, die Galichon
in der Gazette de
Beaux Arts (1859, p. 330) gab und die Passa-
vant (V, 137) zitiert — Amymone mit Poseidon,
der die schöne Danaide vor der unzüchtigen
Gier des Satyrs retten wird. Man hat aber
Ursache anzunehmen, daß die innere Anteil-
nahme des Künstlers auf Seiten des Satyrs
war. Die rätselvolle Inschrift, die nach Renouvier
zu lesen ist: „sepe eadem anas te jam sat parit“
scheint mir einen Hinweis für das Vorwiegen
des obszönen Gedankens zu enthalten. Paläo-
graphisch beweisen läßt sich das zwar nidit mit Be-
9 Die Zeichnung mit der Menschen-Gruppe dieser
Verleumdungsszene (reproduziert in „Dürer-Society 111,18,
mit Text von Campbell Dodgson) wird dem Mantegna
zugeschrieben, doch hat Kristeller sie nicht in die Liste
seiner Mantegnazeichnungen aufgenommen. Daß sie für
eine graphische Arbeit bestimmt war, geht vielleicht aus
dem Umstande hervor, das der Zug der Figuren in der
Schilderung bei Lukian, die als literarisches Vorbild ge-
dient hat, nach rechts geht, während er sich auf der
Zeichnung nach links bewegt. Der Zeichner hat sie also
im Gegensinn zu Lukians Schilderung entworfen, sodaß
sie nachher, beim Drude, richtig erschienen wäre. Mocetto
hat diesen Umstand aber nicht bedacht und die Szene
seinerseits umgezeichnet. Die Zeichnung ist nicht nach
dem Stich entstanden; das beweisen abgesehen von allem
Anderen, schon die Beischriften, die von Mocetto falsch
gelesen wurden. (S. Förster. Jahrb. d. preuß. Kunst-
sammlg. Vlll. S. ^/47.)
stimmtheit, denn
die Buchstaben,
die im wesent-
lichen die Charak-
tere griechischer
Dokumente inVer-
bindung mit
Schnörkelungen
karolingisdier
Kaiserurkunden
reproduzieren,
sind willkürlich
und spielerisch or-
namental gestal-
tet. Aber das
merkwürdige Ge-
bilde, das Renou-
vier für ein t in
dem prädentierten
Worte sat nimmt,
hat — soviel kann
man sagen — mit
einem t gar keine
Ähnlichkeit, weder
mit einem lateini-
, sehen, noch grie-
chisdien, auch
nicht in der Ver-
. schnörkelung.Viel-
mehr ist es ein
griechisches Sig-
ma, nur im Gegen-
sinn ersdieinend. Ich möchte vermutungs-
weise die Lesung Vorschlägen : „sepe eadem änas
tettaras pascit“. Dann steht allerdings ein griechi-
sches Wort zwischen lauter lateinischen, aber
bei dem spielerischen Charakter der ganzen In-
schrift, in der auch griechische und lateinische
Buchstaben durcheinandergehen, hat diese Ver-
mutung kaum etwas Ungeheuerliches, zumal da
ja doch die ganze Inschrift sichtlich mehr zur
Verwirrung als zur Erklärung angebracht ist,
wie der komisdie, prüfende Blidc des lesenden
Frosches genugsam beweisen mag. Dann gibt .
die Beischrift wenigstens einen plausiblen Sinn —
das „tettaras“ bezieht sich auf die vier dar-
gestellten männlichen Wesen, before and after.
Es ist nidit nötig, die Situation der einzelnen
auszudeuten — die Geste des Satyrs z. B., dem
die Flöten gereicht werden, spricht deutlidi. Die
Ente, „anas“, hatte im Altertum eine aphrodisi-
sche Bedeutung; oft wird das Wort synonym |
verwendet mit „Gans“, und die Zusammenfügung
von wirklichen Enten mit einer ruhendenNymphe,
auf die sich die Inschrift bezieht, ist in diesem
Zusammenhänge gewiß bedeutungsvoll. Bis ins
Letzte geklärt sind die Beziehungen allerdings
GIROLAMO MOCETTO: B. 10.
Die Verleumdung des Apelles
195
Studien und Forschungen
GIROLÄMO MOCETTO:
Ruhende Nymphe □
nicht; aber es mag hier darauf hingewiesen
werden, daß bei dem Nymphenbilde des Palma
vecdiio, weldies das Städelmuseum in Frank-
furt erwarb — also gleichfalls einer veneziani-
schen Ärbeit — auch bei den Nymphen eine Ente
im Wasser sdiwimmt. Und zwar ist sie nicht
ursprünglich mit entstanden, sondern erst später
von fremder Hand aufgemalt. Vielleicht hat sich
ein Kollege des Meisters mit dessen Bilde einen
frivolen Scherz erlaubt.
Wenn die für unseren Stich ausgesprochenen
Vermutungen zutreffen, so braucht Galichons
Deutung damit nicht hinkllig zu sein; besonders
für das Haupt des Enkelados wird man keinen
Ersatz finden. Äber auf alle Fälle sind die mytho-
logischen Beziehungen einigermaßen lodcer, auch
die zu Äpollo und Marsgas. Doch ist interessant,
daß es neben handgreiflich lasziven Persiflagen,
wie dem bekannten Blatt vom entweihten
Parnaß, damals aucii spöttisch überlegene Komik
auf diesem Gebiete gab.
Es sei daran erinnert, daß auf unserem Stich
die Linie zwischen derHmymone und Poseidon
keinen gegenständlichen Hinweis enthält, sondern,,
wie schon Bartsch wußte, ein Stichelglitscher ist.
E. Waldmann,
s
DIE ÄUSGRÄBUNGEN IN MILET.')
Dem organisatorischen Talent Th. Wiegands
verdankt die wissenschaftliche Bearbeitung der
in Milet betriebenen Ausgrabungen die preisens-
werte Anlage in einzelnen Heften handlichen
Umfangs und Formates, die „in zwangloser
Zeit- und Reihenfolge“ einzeln veröffentlicht
werden. „Es handelt sich dabei um Objekte,
y Milet. Ergebnisse der Ausgrabungen und Unter-
suchungen seit dem Jahre 1899. Herausgegeben von
Th. Wiegand. Heft II: Das Rathaus von Milet, von
Hub. Knadcfuß, mit Beiträgen von C. Fredrich, Th. Wie-
gand, H. Winnefeld. Mit 20 Tafeln, 2 Beilagen und
107 Abbildungen im Text. Berlin, Georg Reimer 1908.
Fol. 15 M.
196
Monatshefte für Kunstwissenschaft
deren Äusgrabung und Erforschung so abge-
schlossen ist, daß neuer Zuwachs an Material
nicht mehr zu erwarten steht“, und die deshalb
der Kenntnis interessierter Kreise nicht unnötig
vorenthalten, vielmehr auf dem geschilderten
Wege möglidist rasch der wissenschaftlichen
Verwertung zugänglich gemacht werden sollen.
Nachdem im 1. Heft eine Karte der milesischen
Halbinsel vorgelegt war, wird in dem eben
ausgegeben 2. Hefte zum ersten Male über eines
der aufgededcten monumentalen Bauwerke, das
MILET: Gesamtansicht des Rathauses
Rathaus von Milet, berichtet, ein besonders
wichtiges Denkmal, insofern es unsere so lücken-
hafte Kenntnis der griechischen Profanarchitek-
tur bereichert, noch dazu für jene Periode der
griechischen Kunstentwickelung, die der Äuf-
hellung so besonders bedürftig ist, der helleni-
stischen. Denn der Bau läßt sich genau datieren
auf Grund der doppelt angebrachten und in
Fragmenten aufgefundenenWeihinschrift, die be-
sagt, daß Timarchos und Herakleides ihn für
König Äntiochos (IV.) Epiphanes errichteten:
das ergibt die Jahre zwischen 175 und 164 v. Chr.,
also die Blütezeit des Hellenismus.
Trotz weitgehender Zerstörung hat sich die
Änlage mit annähernder Sicherheit rekonstruieren
lassen, eine Aufgabe, der sich Hubert Knadcfuß
mit Glück und Geschick unterzogen hat. Dem
eigentlichen Sitzungshaus ist ein weiter Hof
vorgelagert, von Säulenhallen umgeben, die an
der Schmalseite von einem überhöhten vier-
säuligen Propylon durchbrochen werden. Die
Säulenform der Umgangshallen hat sich nicht
feststellen lassen, das Propylon war korinthi-
scher Version, mit einem Äkanthos von eigen-
tümlich scharfer, kantiger Zeichnung und flächi-
ger Wirkung, dessen Einzelformen mehr durch
Stechen und Bohren in die Tiefe gewonnen
sind im Gegensatz zu der räumlich plastischen
Modellierung des Blattes, wie sie schon am
Kapitell von Epidauros auftritt und in höchster
Steigerung das römisch-korinthische Kapitell
charakterisiert. Die technische Behandlung des
milesisdien Kapitells scheint mir durchaus (nach
den Abbildungen zu schließen) wesensverwandt
derjenigen, die auch am Waffenfries des Torbaus
auftritt und deren Eigenart von Winnefeld mit
Recht hervorgehoben wird: eine Anlage der
Formen in der Fläche und ein Herausarbeiten
durch Auschneiden der Ränder und Tiefen-
bohrung. Es ist abzuwarten, ob diese Erschei-
nung am milesischen Bau vereinzelt bleibt, oder
ob künftige Entdeckungen sie noch an anderen
hellenistischen Denkmälern Kleinasiens oder
Syriens nachweisen werden. Wie sie sich jetzt
darstellt, scheint sie den Anfang jener Richtung
zu bezeichnen, die in der byzantinischen Kunst
vollendete Tatsache ist, jenes Stiles, den Strzy-
gowski aus einem Wiedererwachen und Er-
starken nationaler Elemente des Orients ab-
leiten will, die den Hellenismus, der einst Asien
erobert hatte, wieder zurückdrängen und ab-
werfen. Zeigen sich aber die Urelemente dieses
Stiles an einem Bau aus der Blütezeit des
Hellenismus, und lassen sich die hier ange-
stellten Beobachtungen künftig erweitern und
verallgemeinern, so ergeben sich daraus Folge-
rungen von so weittragender Bedeutung im
Umkreise der von Strzygowski aufgeworfenen
Fragen, daß es geboten erschien, auf diesen
Punkt recht fest den Finger zu legen.
Der eigentliche Sitzungsbau in Milet ist in
seiner Anlage und seinen Abmessungen be-
stimmt dadurch, daß es galt, einen isoliert
stehenden Felskegel, in dem die Sitzbänke nach
Art eines kleinen Theaters ausgehöhlt wurden,
zu ummanteln. Dieser feste, massive Mantelbau
bildet ein Untergeschoß mit geschlossenen
Quaderwänden, abgeschlossen durch ein Gurt-
gesims, über dem sich ein zweites, von Fenstern
durchbrochenes, mit vorgeblendeten Halbsäulen
dekoriertes Stockwerk erhebt, das ganze über-
deckt durch ein Satteldach mit Giebeln über den
Schmalseiten. Die Existenz der Fenster ist an
zwei Seiten durch Fundstüche gesichert, für die
beiden anderen aus der Notwendigkeit genü-
gender Lichtzufuhr für den großen Raum wohl
mit Sicherheit zu erschließen.
Im Innern wird das Untergeschoß [einge-
nommen durch die annähernd im Halbkreis an-
geordneten, hinter einem in ganzer Breite des
Gebäudes vorgelagerten Vorflur ansteigenden
Sitzbänke, die in der Rekonstruktion so hoch
hinauf geführt sind, daß an der Kurve der obersten
Studien und Forschungen
197
Bank die Umfassungsmauern Tangenten bilden.
Es bleiben dann nur in den hinteren Ecken zwei
relativ winzige Zwickelpodeste in der Höhe des
ersten Stockwerkes übrig, die durch Treppen
von der Rückseite des Gebäudes her zugänglich
sind. Im Obergeschoß werden dann, nadi der
Rekonstruktion von Knackfuß, einfadi die auf-
steigenden Fensterwände sichtbar, die mit ihrer
rechtwinkligen Anordnung zu den Kurven der
Sitzbänke redit dissonierend gewirkt haben
müßten, wie denn überhaupt die Ansicht des
Innenraumes in der Rekonstruktion einen her-
vorragend nüchternen Eindruck macht. Das
Befremdliche des Bildes wird noch gesteigert
durch die von Knackfuß gewählte Anordnung der
Deckenstützen, die bei der großen Spannweite
des Raumes nötig waren, und deren Existenz
durch Auffindung von Säulentrümmern im Innern
der Ruine gesidiert ist. Knackfuss setzt zwei
von den Säulen mitten in die Reihen der Sitz-
bänke hinein, zwei andere auf die Parodoswände
zwischen „Orchestra“ und Vorflur, die er zu
diesem Zwecke bis zur Höhe des ersten Stock-
werkes emporführen muß. Ist diese Rekon-
struktion, die ästhetisch mehrfach anfechtbar ist,
durch den Zustand der Ruine zwingend nahe
gelegt? Diesen Eindruck gewinnt man nach der
Zeichnung des tatsächlichen Befundes auf Tafel I
nicht, namentlich scheint es mir nicht nötig, die
Sitzreihen bis zur Tangierung mit den Um-
fassungsmauern emporzuführen. Erhalten sind
nur neun Reihen, von einer zehnten die Unter-
mauerung aus Porosblöcken. Da bleibt noch
viel Raum bis zu den Umfassungsmauern. Muß
dieser notwendig mit weiteren Sitzbänken aus-
gefüllt gewesen sein? Der Vergleich mit dem
Ekklesiasterion von Priene legt den Versuch einer
andern Rekonstruktion nahe mit dem Ziele,
einen oberen Umgang mit Stützenstellungen zu
gewinnen, welche die in der Spannweite ver-
ringerte Decke aufnehmen und tragen könnten.
Das würde erreicht, wenn man in Milet die
Sitzreihen in einer bestimmten Entfernung von
den Wänden aufhören läßt und hinter der obersten
eine der Kurve folgende Podestmauer bis zur
Höhe des äußeren Gurtgesimses aufgeführt denkt,
die den Boden eines Umganges in eben dieser
Höhe stützte. Am inneren Rande dieses Um-
ganges könnten dann die Säulen gestanden
haben, welche das Balkenlager der Decke trugen
und zugleich den harten Zusammenstoß gerader
und gekrümmter Linien und Flächen milderten,
wie er in der jetzt gegebenen Rekonstruktion
so empfindlich wirkt. Gleichzeitig würde dann
im oberen Geschoß eine gewisse Fußbodenfläche
gewonnen, die man wegen des doppelten Treppen-
zuganges dorthin voraussetzen möchte, während
im andern Falle die Treppen als Zugang zu den
winzigen Zwickeln ziemlich deplaciert erscheinen
wollen. Ob die so gewonnene Verringerung der
Spannweite genügt, um ohne weitere Mittel-
stützen, vielleicht gar ohne die beiden Säulen
auf den Parodoswänden auszukommen, müssen
Kundigere entscheiden. Bei der Bibliothek von
Ephesos war eine Spannweite von 16,50 m ohne
Innenstützen zu bewältigen. Auf ein ähnliches
Maß müßte in Milet auf dem angedeuteten Wege
wohl zu gelangen sein.
Zu erwähnen ist noch ein besonderer kleiner
Zierbau, der sich frei in der Mitte des peristglen
Vorhofes erhebt. Er ist mit der Erbauung des
Rathauses nicht gleichzeitig, die Verwendung
von Kalkmörtel weist seine Errichtung in römische
Zeit. Auf einem Unterbau von drei Stufen erhebt
sich ein massiver, mit Girlanden geschmückter
Sodcel, darüber eine Säulenstellung mit reichem
Gebälk vor geschlossenen Wänden, die in den
Interkolumnien, diese ganz ausfüllend, mit Reliefs
geschmückt sind. Die Bedeutung des Denkmals
ist nicht klar. Man möchte an einen Altar
denken, den man im Zusammenhang mit der
Rathausanlage ungern vermißt, wie er denn auch
im Ekklesiasterion von Priene vorhanden war,
der aber an anderer Stelle des milesischen Baus
nicht nachweisbar ist. Die Entdecker machen
gegen diese Erklärung die späte Entstehung des
Denkmals geltend und daß es schwierig sei, die
für eine Altaranlage erforderliche Treppe zu
rekonstruieren. Bruchstücke eines in der Nähe
gefundenen steinernen Sarkophages, die man zu
dem besprochenen Bau in Beziehung setzte,
haben zu der Vermutung geführt, daß in ihm
ein „Ehrengrab“ erhalten sei. Das letzte Wort
in dieser Sache scheint mir noch nicht gesprochen.
Rätselhaft wie der Bau selbst, sind ihrem Stil
nach auch die Reliefs, die ihn schmückten. Wenn
auch flüchtig in der Ausführung, haben sie doch
einen bestimmt ausgesprochenen künstlerischen
Charakter, zu dem ich in römischer Plastik keine
Analogien finde. Wenn Wiegand die Reliefs
neben die Sarkophage der römischen Kaiserzeit
setzt, so kann ich darin nicht folgen, empfinde
hier und dort vielmehr alles gegensätzlich. Das
Formengefühl, die Behandlung des Stofflichen,
die Anlage in großen, breiten Flächen, die durch
schwere, lastende Faltenzüge unterbrochen sind,
überhaupt der Zug zum Großen und Massigen,
wie er sich namentlich in den beiden Reliefs auf
Tafel XVII ausspricht, findet am ersten eine
Parallele in den Skulpturen von Magnesia, und
zwar eher in denen der älteren Reihe, dem
Fries vom Altar der Artemis Leukophryene, als
in den jüngeren. Als Besonderheit zeigen aber
die milesischen Reliefs einen Zug zum Malerischen,.
198
Monatshefte für Kunstwissenschaft
wie er sidi in der diagonalen, in die Tiefe ge-
richteten Anordnung der linken Eckgruppe auf
den eben bezeichneten Reliefs ausspricht. Dabei
ist diese Gruppe im Aufbau wie in den Motiven
der einzelnen Figuren, namentlich des im Vorder-
gründe gelagerten und halb vom Rücken ge-
sehenen Mädchens von hohem Reiz. Zu dem,
was wir unter römischer Plastik verstehen, ge-
hören diese milesischen Reliefs ganz sicher
nicht, ihr besonderer Stil in seinem Zusammen-
hänge mit den magnetischen Skulpturen weist
auf eine festgewurzelte, lang dauernde lokale
Tradition, in deren Wirkung wir einen flüchtigen
Blidc erhalten. Es ist griechische, kleinasiatisch-
hellenistische Plastik aus der Zeit, da die römi-
schen Cäsaren das Szepter der Weltherrschaft
hielten, aber keine „römisdie Reichskunst“, son-
dern von der am Tiber betriebenen im Kern
des Wesens versdiieden.
P. Herrmann.
s
GOTLAND =z— — -
Die Kunstgeschichte Qottands im 13. und
14. Jahrhdt. behandelte Dr. Roosvaal in einem
Vortrag am 10. Januar in der Kunstgeschidit-
lichen Gesellschaft zu Berlin. Aus der ersten
Periode, dieR. von 1050— 1150 ansetzte, ist von
den holzgebauten Kirchen nichts erhalten; da-
gegen eine Anzahl Taufsteine in Sandstein, mit
wirkungsvollen bewegten Reliefs. In der zwei-
ten Periode (1150 — 1250) wurden steinerne
Kirchen gebaut, doch sind auch von ihnen nur
Einzelheiten der AuBendekoration erhalten, ein-
gemauert in spätere Bauten. Diese, wie einige
Gemälde vom Ende des 12. Jahrhunderts in
Gade, zeigen russisch -byzantinischen Einfluß.
Einwirkung von Deutschland (Westfalen) her
weisen die Bauten der dritten Periode auf
(1250—1300). Die Bautätigkeit steigt, auch wird
viel nach Norddeutsdiland exportiert, namentlich
Tauf- und Grabsteine. Die vierte Periode
(1300—1400) kennzeichnet die Herrschaft der
Gotik in den Einzelformen; die Hauptformen
bleiben die alten einheimischen. Exportiert
werden hauptsächlich gravierte Grabplatten und
Figuren-Kapitelle. Ende des 14. Jahrhunderts
endet die reiche Kunstblüte Gotlancls durch den
Sieg der deutschen Hanse. — Dr. Schmitz er-
gänzte den Vortrag von R. durch Erläuterungen
über die Beziehungen zwischen Westfalen und
Gotland im 12. und 13. Jahrhundert. S.
RUNDSCHAU
BERLIN ============
Von den Neuerwerbungen der Kgl. Museen
fallen nur die für das Kaiser-Friedrich-Museum
ins Äuge. Äußer einem guten Raeburn (Portrait
des Sir James Montgomerg), dem dritten eng-
lischen Gemälde, das die Sammlung erworben
hat, sind es nordische Plastiken, über welche
Vöge zusammenfassend und klar berichtet.
Eine Äntwerpener Ärbeit vom Ende des
15. Jahrhunderts ist die Gruppe der Trauernden
unter dem Kreuz. Die geringe Zahl der elsässi-
schen Sdinitzwerke im Museum wird durch ein
sehr anmutiges Relief vermehrt, Christus am
Ölberg (bemalter Stuck, nach dem gleichen Vor-
bild gearbeitet wie das entsprechende Relief
am Passionsaltar von Kagsersberg, also u. 1520) ;
ein zweites Stüch aus dem Elsaß ist der schla-
fende Johannes in einer Landschaft, 1553 be-
zeichnet, von dem Meister Hans R., der den
Kienzheimer Ältar (jetzt in Kolmarer Privat-
besitz) und wohl auch den eben erwähnten
Kagsersberger Ältar geschnitzt hat. Dann ein
Äugsburger Relieftäfelchen mit undeutbarem
Sujet, um 1525; und zwei Ältäre, einer von
einem Pacherschüler (vielleicht Wolf Äßlinger,
von dem ein schöner Ältar im Bagr. National-
Museum); und ein schwäbischer Ältar von 1512,
der aus Äugsburg stammen soll.
g
Die Verkehrsverhältnisse am Brandenburger
Tor bedürfen längst der Umgestaltung; die
Schwierigkeit liegt aber darin, daß man das Tor
selbst, wie es sich von selbst versteht, mit
seinen Flügelbauten schonen möchte. Nun hat
der Oberhofbaurat v. Ihne, der wegen des
Kaiser Friedrich-Museums in einem nicht näher
zu definierenden Rufe steht, dem Kaiser einen
Entwurf vorgelegt, welcher dessen volle Zu-
stimmung erhalten hat. Das Tor soll vollstän-
dig erhalten bleiben, an die Stelle der sich an-
schließenden Häuser aber zwei große seitliche
Säulenhallen mit Durchfahrten zu Seiten des
alten Tores. Diese Idee erscheint freilich am
günstigsten; wenn einmal etwas fallen muß, so
mögen es lieber noch die Privatbauten sein,
wenn sie auch den Pariser Platz neben dem
Tor aufs würdigste abschließen. Äber wenn an
ihre Stelle eine Doppelkolonnade von Ihne
kommen soll, so muß man zum mindesten auf
seiner Hut sein, daß nicht etwas Fürchterliches
Erreignis werde.
g
Die Ausstellungen in den Berliner Kunst-
salons brachten in den letzten Monaten wunder-
volle Vergleichsmöglichkeiten: sie stellten die
problematische Malkunst der Corinth, Slevogt
und Greiner der geschlossenen Einheit der Maler
von der Münchener Scholle gegenüber und zeig-
ten deutlich den unüberbrückbaren Spalt, der
zwischen Sachdarstellung und Monumental-
malerei besteht. Näher darauf einzugehen ist
hier nicht der Ort; ein paar Ändeutungen mögen
Platz finden. Louis Corinth (bei Cassirer, im
Januar) repräsentiert die malerische Technik an
sich, nackt, kahl, ohne künstlerischen Ehrgeiz,
ohne Gesinnung, ohne Tradition; eine brutale
und abstoßende Kraftäußerung, aber keine Kunst
im rechten Sinne. Max Slevogt (bei Cassirer,
im Februar), eine höchst reiche Natur, so be-
schäftigt mit Problemen, daß er nie zu ihrer vollen
Lösung kommt; seine überquellende Fruchtbar-
keit, seine nervöse Persönlichkeit hindert ihn
am Äusreifen. Otto Greiner (bei Schulte, im
Februar) strebt, im Gegensatz zu den beiden,
nach Monumentalität; allein auf falschen Wege:
statt der Synthese, der hohen Form, will er
durch peinlichste Formanalyse und ungereinig-
ten Naturalismus zur Klassizität gelangen; und
muß freilich hieran scheitern: seine Bilder be-
stehen aus mehr oder minder guten Fragmen-
ten. Demgegenüber bedeuten die Leistungen
der Münchener Scholle (bei Gurlitt, im Februar)
die Synthese aus guter Malerei und dekorativem
Können. Der Stärkste an malerischer Fülle und
Lebenskraft ist Leo Putz (unvollkommen ver-
treten) ; seine Malerei ist längst über den platten
Impressionismus zu einer lebensvollen Äus-
drucks- und Phantasiekunst gelangt. Nach der
Seite des Dekorativen aber bedeutet Fritz Er 1er
einen Höhepunkt nidit nur innerhalb der Scholle,
ja nicht nur in Deutschland, sondern in unserer
Zeit überhaupt: er kann sich neben Maurice
Denis und Hodler völlig behaupten. Er hat,
durch eine gewaltige Energie der Formzusammen-
fassung, einen modernen Stil der Wandmalerei
gefunden; seine Fresken für das Kurhaus in
Wiesbaden beweisen es jedem, der ein Organ
für Monumentalstil besitzt. Die Kartons dazu.
200
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in den ursprünglidien Farben, sind im März im
Künstlerhaus ausgestellt. Daneben eine Reihe
kleinerer Werke, von denen ein paar Porträts
die Bedeutung in sich tragen, weldie hoher
Kunst eignet. Erler ist einer der Führer zu
neuen, ganz großen Äufgaben unserer Kunst;
denn nidit einer Staffeleimalerci gehört die Zu-
kunft, sondern dem Fresko, das Flächen großer
Architektur im Zusammenhang mit dem Raume
ausschmüdct. S.
s
BREMEN :
Große deutsche Kunstausstellung, Februar bis
Mitte April.
Alle zwei Jahre findet in Bremen eine große
Frühjahrsausstellung statt. Die letzte war eine
„Internationale“, die jetzige ist eine deutsche.
Nur eingeladene Werke sind ausgestellt, nichts
zufällig Eingesandtes. Auf diese Weise ist das
Niveau sehr hoch, trotzdem die Zahl der Ge-
mälde allein über 300 Nummern beträgt. Es
leuchtet ein, daß natürlidi nicht nur neue, un-
bekannte Werke gezeigt werden — in keinem
Lande werden wohl jährlich 300 sehr gute
Bilder gemalt; sondern auch ältere, oft gesehene
Werke paradieren hier, wie z. B. Liebermanns
„Kartoffeladcer“, Kalckreuths „Sommer“ und
Gebhardts „Christus und Nikodemus“. Aber
man kann ja gute Bilder in Wirklidikeit nie oft
genug sehen. Eine Überraschung freudigster
Art bietet der Trübner-Saal. In ihm sind eine
große Zahl alter und neuer Bilder seiner Hand
vereinigt. Die „Ämazonenschlacht“ vom Jahre
1880 sieht man hier zum ersten Male. Daneben
hängen dann „Stilleberi“ von Schuch, ein ganz
prachtvoller früher Thoma, eine Ansicht von
Tivoli (aus bremischem Privatbesitz), von Leibi
eine stehende Dadiauerin, die Herrn E. Simon
in Berlin gehört, sowie eine Studie aus der Zeit
der „Cocotte“ und noch manches andere aus
den glücklichen süddeutschen Jahren gleich nach
dem Kriege. Von Liebermann sieht man
außer dem schon erwähnten Bilde eine neuere
Landschaft von Nordwijk, silbern und grün und
prachtvoll bewegt in abendliher Luft, wieder
ein Werk von stetig erneuter Jugend. Außer-
dem ein Porträt eines Bremer Kaufherrn (1907).
Die Berliner Sezession ist im übrigen gut ver-
treten — von Slevogt macht ein Erdbeer-
stilleben berechtigtes Aufsehen durch seine Ein-
fachheit und Schönheit, und von Corinth ist
eine flimmernd weiche Freilichtsporträtstudie
das Beste. An diese Protagonisten schließen
sich Leistikow und Ulrich Hübner mit
schönen Landschaften, E. R. Weiß, H. Hübner
und G. Mosson mit Stilleben an, von denen
Weiß der bedeutendste scheint. Von den
Münchenern wirken besonders Stucks „Laster“
sowie Herterichs „Morgen“. Aus Stuttgart
hat Carlos Grethe ein Hafenbild und die
„Crevettenfischer“, zwei sehr schöne Bilder, ge-
schickt. Eine neue Persönlichkeit für Bremen
ist der Schweizer Max Buri, dessen großes
Gemälde „0 mein Heimatland“ voll von ehrlicher,
starker und eigener Kunst ist. Auch Karl
Hofer sahen wir hier noch nicht. Die beiden
dekorativen Bilder von ihm, gut aufgebaut im
Körperlichen und in der Komposition, und schön
im blaugoldenen Ton lassen den Wunsch leb-
haft werden, daß dieser Kraft einmal eine
große Monumentalmalerei an einer der besten
Wände Deutschlands auf getragen werden möchte.
R. Tewes, ein in Paris lebender junger Bremer
hat sich durch Spott und wohlwollende Be-
lehrungsversuche nicht abhalten lassen, zwei
starke Porträtarbeiten auszustellen.
Auf dem Gebiete der Plastik dominiert
Georg Kolbe, der vielleicht eines unserer
stärksten bildhauerischen Temperamente bei be-
deutendem Können, darstellt, mit einer großen
Zahl von Arbeiten. Dann Hermann Hahn
mit einem ausgezeichneten Wandbrunnen. Von
Hoetger sind zwei riesige archaisierende
Marmorköpfe aufgestellt, gegen deren Kraft
man sich auf die Dauer nicht wehren kann,
auch wenn man zunächst dem Archaismus (Olym-
pia plus Samos) mißtraut. Als Porträtplastiker
zeichnen sich Cipri A. Bermann,Th. v. Gosen
und F. Klimsch aus; in der Gestaltung der
menschlichen Figur dann Wackerle mit einem
bronzenen „Sandalenbinder“. — Eine große
Kollektion von Graphik vervollständigt dieses
Bild deutscher Kunst.
An die Ausstellung schließen sich einige Säle
der „Vereinigung nordwestdeutscher Künstler“
an, mit eigener Jury und Hängekommission.
Außer den ziemlich sciiwach vertretenen Worps-
wedern sind als kräftige Persönlichkeiten W.
Laage, Feddersen und Eitner zu nennen.
Unter den Plastikern steht Paul Peterich an
erster Stelle. E. W.
g
FRÄNKFURT a. M.
In dem Hause des verstorbenen Privatmannes
Ludwig Pfungst, dessen Vermögen bekanntlich
der Stadt Frankfurt als Kunststiftung zufiel,
befindet sich zur Zeit eine Ausstellung;
Rundschau
201
plastischer Werke, die den Grundstock der
städtischen Kunstsammlungen bilden werden.
Es handelt sich um Ankäufe, die Dr. Swarzenski
meist auf Reisen im Verlaufe der letzten ein
einhalb Jahre mit besonderem Geschicke zu-
sammengebracht hat. Schon jetzt ist im Kleinen
der leitende Gedanke der städtischen Skulp-
turensammlung ausgeprägt, indem jede Kunst-
epoche nadi Möglichkeit durch eine Anzahl von
Werken vertreten ist. In drei Sälen der Villa
befinden sidi die versdhiedenen Zeiten dermaßen
zusammengestellt, daß im ersten Werke der
Antike, der italienischen und vlämisdien Re-
naissance, in einem zweiten und dritten solche
der deutschen und französisdien Kunst des XV.
und XVI. Jahrhunderts zur Aufstellung gelangt
sind. Die Aufmadiung der Räume ist denkbar
schlicht und für die Wirkung der Kunstwerke
i äußerst günstig, so daß ihrem provisorischen
I Verbleib in der Pfungstschen Villa nichts im Wege
zu stehen scheint. Nun zu den Kunstwerken
selbst.
Der herrliche Marmortorso einer tanzenden
Mänade repräsentiert die Antike in hervor-
ragender Weise um so mehr, als von diesem
statuarischen Typus bis jetzt nur ein ähnliches
Stück in Berlin bekannt war. Es kann nicht
Wunder nehmen, daß sonst die griechische Kunst
nur mit zwei halblebensgroßen Köpfchen auf-
tritt, deren eines an die Formengebung Polg-
klets erinnert, während das eines lachenden
Fauns einer späteren Epoche anzugehören scheint.
Die römische Kunst ist dann durch zwei männ-
liche Köpfe, wenigstens zuerst für das Gebiet
des Porträts bezeichnend vertreten. Reichhaltigere
Schätze bietet die Sammlung für das Studium
der italienischen Renaissance. Ihre frühesten
Anfänge stellen sich dar in zwei Marmorstatuen,
des Verkündigungsengels und der Maria, aus
dem Kreise der Nachfolger der Pisani. Das
Quattrocento ist nach Möglichkeit durch je einen
Typus seines reichen Kunstschaffens dargestellt,
i An erster Stelle rangiert die lebensgroße, be-
j malte Portätbüste Niccolö Machiavellis, die durch
I ihre Kraft und Frische den großen Staatsmann
I erstaunlich lebendig vor die Augen zaubert.
Ferner zu erwähnen ist ein florentinischer Jo-
j hannes der Täufer in Holz in alter Polydiromie,
j die charakteristisch die Farbenfreudigkeit der
Frührenaissance in Italien wiedergibt. Das Hagere
und das Asketische der Formengebung verweist
j die Figur in die Richtung Donatellos. Ferner
noch einige Madonnenreliefs und die Holzfigur
' eines lebensgroßen Sebastian mailändischer
Herkunft.
Das XVI. Jahrhundert stellt sich in ober-
italienischen Terracotten dar und in einigen
kleineren Bronzestatuetten, deren eine in die
Nähe Michelangelos zu setzen ist.
XV. und XVI. Jahrhundert der vlämischen
Kunst zeigen sich in einem bemalten Putto und
dem Porträtkopf eines älteren vornehmen Mannes,
der an Myts unvergeßliche Jugendbüste Karls V.
in Brügge erinnert.
In zwei weiteren Räumen hat die Skulptur
Frankreichs und Deutschlands Aufstellung ge-
funden. Die französische Gotik kommt zu ihrem
Recht mit der Steinfigur eines Bischofs in alter
Bemalung (aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts) ;
ferner mit einem steinernen Antonius auf dem
Feuer aus dem burgundischen Kunstkreise und
einer Madonna mit dem Kind und Schlüssel-
blumen in jener weichen Gewandbehandlung,
wie sie in der Schule von Tournay sich findet.
Wie aus einem Bilde des Dirk Bouts mutet dann
die Holzfigur eines heiligen Jakobus, der in
einem Buche lesend aufrecht dasteht, an (etwa
1470).
Die Art der deutschen Kunst ist trefflich durch
den heiligen Georg auf dem Drachen von Syrlin
dem Älteren, einem Prachtstück der Sammlung ge-
kennzeichnet. Daneben ein Gethsemane in lebens-
großen Holzfiguren aus dem Kreise der schwä-
bisch-bayrischen Kunstübung. Diese Gruppe
zeichnet sich besonders durch den Gegensatz des
harten fast bäurischen Realismus mit der seelen-
vollen Belebung der Hände und Gesichtszüge
Christi aus. Zudem ist in den Figuren der
schlafenden Jünger das Problem der gelösten
Glieder erstaunlich mannigfaltig gegeben.
Noch sei aus der großen Zahl desVorhandenen
— die Sammlung birgt ungefähr 30 größere
und 10 kleinere Stücke — eine Erwerbung der
jüngsten Zeit genannt, eine Maria und ein
Johannes, Holzfiguren aus einer großen Kreu-
zigung; sie gemahnen in der Ausarbeitung der
Hände und des tief erregten Gesichtsausdruckes
an die Kunstart des Isenheimer Altars in Colmar.
Der Ankauf der Antikensammlung des ver-
storbenen Archäologen Adolf Furtwängler, die
letzte Erwerbung der städtischen Kunstsamm-
lungen, hat inzwischen seinen Abschluß gefunden
(siehe Kleine Nachrichten). E. A. B.
s
MÜNCHEN ■ -=
Die Winterausstellung der Münchener Se-
zession hat getreu ihrer Tradition auch diesmal
wieder drei Künstler zu Worte kommen lassen.
Unter ihnen steht Albert von Keller mit etwa
150 Bildern an erster Stelle. Keller gehört zu
den größten Malern, die Münchens Kunst um
13
202
Monatshefte für Kunstwissenschaft
die Jahrhundertwende zu den ihrigen rechnet.
Der geborene Schweizer hat das glückliche Erb-
teil seines Heimatlandes zum Ruhmestitel seiner
künstlerischen Wünsche zu erheben vermocht:
Freiheit. Erstaunlich ist seine Selbständigkeit,
die unbeirrt dem großen Ziel entgegendrängt.
Dieses Ziel heißt für Kellers Wollen: intensives
Erfassen der sämtlichen malerischen Fähigkeiten
des darzustellenden Gegenstandes in einem öko-
nomisch entsprechenden Raum. Das hat er ge-
konnt schon als ein ganz Junger, und deshalb
bewegt sich seine Entwicklungslinie nicht aufwärts,
sondern ebenmäßig fort, von Höhe zu Höhe.
Die Ausdrucks mittel wechseln. Es kommt ein
äußerliches Moment psychologischen Problem-
künstelns dazu, äußerlich nur, so ernsthaft es
behandelt wird. Das Gegenständliche versucht
seine dramatische Herrschaft auszuüben. Immer
wieder aber gerät die sinnliche Freude am Malen
zum Durchbruch, und in der Verteilung der Far-
ben im Raum leistet der Künstler, dem in ruhiger
Selbstverständlichkeit diese Wirkungen gelingen,
mehr als die aufdringlich berechnenden moder-
nen Franzosen, die sich mit der subtilen Ab-
wägung der Farbwerte auf Grund chemischer
Gesetze brüsten. Kellers Bilder aus der Sphäre
der vierten Dimension haben seinen Weltruf
geschaffen. Sie machen hier eine eigene, dem
natürlich Empfindenden nicht sonderlich sym-
pathische Gruppe aus. Die Aufmerksamkeit des
Malers ersah sich in jenem seltsamen, auf die
erotische Seite der weiblichen Psyche gebannten
Sonderbewußtsein, das fremdem Willen ge-
horcht, ein neues Moment künstlerischer Cha-
rakterisierungsmöglichkeit. Kellers Frauen haben
sämtlich etwas Krankhaftes an sich. Das Ge-
sunde und Kräftige hat er mit der gleichen ver-
feinerten Geschmacksbildung von sich gewiesen,
wie es etwa Wilde getan hat. Er ist der Maler
par excellence des gesellschaftlichen Snobismus,
jener unglaublich ästhetischen Dekadenz, deren
geistige Attribute aber leider schon unter der
Guillotine geblieben sind.
Entsprechend dem Programme unserer Zeit-
schrift, welche nur in Ausnahmefällen moderne
Kunst in den Rahmen der Betrachtung zu ziehen
beabsichtigt, habe ich mich mit der Nennung
der beiden Namen zu begnügen, deren vorzüg-
liche Werke Keller zur Seite treten: Philipp
Klein, Charles Tooby. Dafür muß der Aus-
stellung gedacht werden, die Bruno Piglheins
Witwe zum 60. Geburtstag des Künstlers im
Münchner Kunstverein veranstaltet hat. Man
hatte keine Kosten gescheut, das Werk des
ersten Präsidenten der ersten deutschen Se-
zession, dessen Andenken noch heute bei seinen
alten Genossen in hohen Ehren steht, in möglichster
Vollzähligkeit zusammenzubringen. Die National-
galerie, die Hamburger Kunsthalle, das Züricher
Künstlergütli und die neue Pinakothek, aus-
wärtige und einheimische Private hatten das .
ihrige beigesteuert, um den Eindruck von dem j
Lebenswerk des mitten in seinem besten \
Schaffen abgerufenen Künstlers vollständig zu
machen. Nicht zu vergessen auch das mancher-
lei Interessante, was aus den Ateliers der Kol-
legen und Freunde des Meisters bei dieser
Gelegenheit zum erstenmal an das Licht der
Öffentlichkeit kam. Neben guten alten Aus-
stellungsbekannten aus den neunziger Jahren,
der berühmten, allzu berühmten „Blinden“, dem
großen Kruzifixus der Nationalgalerie, der „Diva“,
der Grablegung usw. erschien eine stolze Reihe
von Porträt- und Modellstudien, die zum Geist-
reichsten gehören, was der vielgewandte Mei-
ster gemacht hat. Ausgeführte Charakterschilde-
rungen neben skizzistisch hingehauchten Im-
pressionen ; keine eindringlichen Seelen-Analy sen,
aber liebenswürdige, humoristisch gewürzte
Charakteristiken aus dem Freundeskreise wech-
seln mit üppigsten, pikanten Frauenbildern in
bunten Reihen. Das meisterhafte Jugendbild-
nis des Freiherrn von Habermann und die
flüchtig hingemalte Sarah Bernhardt mochten
die Spannweite von Piglheins Befähigung zum
Porträtisten, aber auch die Begrenztheit seiner
Begabung bezeichnen.
Der äußere Erfolg der Ausstellung war enorm.
Seit Lenbachs Tode hat der Kunstverein keinen
solchen Zusammenfluß an Publikum erlebt. Aber
soll ich den endgültigen Eindruck dieser Aus-
stellung festhalten, so muß ich gestehen, daß
sie für den Neuling wohl ein Ereignis be-
deutet, für die älteren Verehrer Piglheins aber
eine Enttäuschung. Gerade die Menge und
Vielgestaltigkeit des Gebotenen wirkte fatal er-
nüchternd. Es ist ein stupendes Können, das
sich hier spielend an den verschiedensten Gegen-
ständen und in den verschiedenartigsten Ma-
nieren bewährt. Hunde und Affen, Mondänen
und Heilige, Engel und Balleteusen, Pierrots
und Zentauren — schon die einfache Aufzäh-
lung verwirrt. Noch proteischer muten die dar-
stellerischen Mittel an: von der improvisieren-
den Manier des leichtbeschwingten Chikisten
(wie man in den Anfängen der Sezession selbst-
gefällig sagte) bis zur großen biblischen Historie
akademischen Kalibers hat der bewegliche Künst-
ler nichts unversucht gelassen. Er war ein Vir-
tuose, freilich einer mit selten solider Schulung.
Wie süß und glatt wirkt heute das Kleider-
und Toilette-Stilleben, das er „Diva“ nannte, und
wie oberflächlich diese Pastellparaphrasen über
schöne Frauenköpfe. Selbst der groß konzi-
Rundschau
203
ierte Kruzifixus in Berlin und die nicht weniger
bedeutend aufgefaßte Münchener Grablegung
sprechen nicht mehr wie früher zu uns; die
die Plastik der Figuren, die keine Verbindung
mit ihrer Umgebung sucht, überschreitet die
Grenze der Bildmäßigkeit erheblich in das Ge-
biet des Panoptikums hinein.
Wie solid trotz alledem die Grundlage von
Piglheins Kunst war, lernt man eigentlich nur
nebenbei: eines von den Hundebildern, das sich
in Hamburg befindet, zeigt es vielleicht am
klarsten; es steht — sans comparaison in Be-
zug auf die Technik — dicht neben Trübners
Tiermalereien. Ergreifend und erhaben, wie
ein Gesang Homers, bleibt nach wie vor noch
das imposante Zentaurenpaar am laut auf-
rauschenden Meer, mit dessen Erwerbung (aus
dem Nachlaß!!) das Künstlergütli in Zürich einen
meisterlichen Griff getan hat. Älles in Ällera:
die Äusstellung brachte auch dem eingefleisch-
testen laudator temporis acti zu Bewußtsein,
wie viel ernster die Münchener Sezessionskunst
geworden ist, seit sie nicht mehr im Pariser
Zylinder geht, wie viel anspruchsvoller aber
auch wir selbst geworden sind, dank der künst-
lerischen Erziehung, die uns die lebendige Kunst
unmerklich tagtäglich angedeihen läßt.
Da über die wichtigsten Ereignisse im Kunst-
leben Münchens, die Kaiserbilder aus Tizians
Werkstatt in der Münchner Residenz und die
durch Schenkung erworbene Sammlung Ärndt
von berufener Seite an andrer Stelle (über die
Sammlung Ärndt voraussichtlich im nächsten
Heft) berichtet wird, habe ich lediglich auf
^wei Veranstaltungen hinzuweisen, die im
Lauf der nächsten Zeit in München statt-
finden sollen. Die (übrigens zum Teil schon
auf der Äusstellung in Mannheim und in
Berlin gezeigten) van Goghs und Gau-
guins der Pariser Sammlung Schuffenecker
werden im Äpril in der Kunsthandlung von
Zimmermann zu sehen sein. Für den Sommer
plant der Münchner Kunstverein eine mög-
lichst umfangreiche Äusstellung von Bildern,
Zeichnungen und Äquarellen Karl Spitzwegs,
des Münchner Ältmeisters, wobei zum ersten
Mal der liebevoll bewahrte Nachlaß des Künst-
lers wie auch ein besonders wichtiger Teil der
Spitzwegschen Kunst, seine Zeichnungen in den
ersten Jahrgängen der fliegenden Blätter ge-
wiesen werden soll.
Über eine Neuerung im bayerischen
Nationalmuseum wird mir folgendes mit-
geteilt. Die neue Äbteilung der Sammlung
von Gipsabgüssen ist vom 5. März an für
den allgemeinen Besuch geöffnet. Dieselbe ist
in neun Räumen des Untergeschosses in chro-
nologischer Ordnung aufgestellt. Wir finden
im ersten Raum die romanischen Denk-
mäler wie die Erztüre des Domes von Äugs-
burg, Teile der Westportale von S. Zeno in
Reichenhall, die Steinskulpturen der Vorhalle
von St. Emmeran in Regensburg, den Thassilo-
kelch von Kremsmünster usw. Daran schließen
sich die Werke der Gothik so vor allem
zahlreiche Hochgräber aus Regensburg, die Skulp-
turen der Äfrakapelle von Seligental, Türbogen-
felder und Einzelfiguren der Frauenkirche in
München und der Sebalduskirche in Nürnberg,
die oberbayerische Gruppe der Spät-
gotik mit dem Grabstein Luclwig des Bayern,
den Äpostelfiguren von Blutenburg, dem Stifter-
grab in Ebersberg, die Nürnberger Gruppe mit
Werken von Ädam Krafft, Veit Stoß, Tilmann
Riemenschneider usw. Zwischen den Äbgüssen
sind Photographien aufgehängt. Die Äbgüsse
sind die Ergänzung der in den oberen Räumen
befindlichen Originalwerke und werden für das
Studium der bayerischen Kunst künftighin er-
freuliches Material bilden.
Uhde-Bernay s.
g
Eine rettende Tat der bayerischen Reichsrats-
kammer.
Niemand, der München betreten, wird sich
dem gewaltigen Eindruck haben entziehen
können, den der Komplex kirchlicher Bauwerke
in der alten Neuhauserstraße, trotz mancher
übler moderner Einbauten in der Umgebung,
noch heute macht. Noch heute lösen diese
hohen, ernsten Mauermassen jene stillen Schauer
aus, die einst dem grünen Heinrich beim Be-
treten der nächtlichen Stadt über den Leib
rieselten. Noch steht die dunkle Silhouette der
Äugustinerkirche, phantastisch und doch monu-
mental wie damals, überragt von den berühm-
ten Frauentürmen im Hintergrund, und die
mächtige Horizontale ihrer Seitenansicht wird
von den Gesimsen der benachbarten Michaels-
hofkirche zielbewußt aufgegriffen und fort-
gesetzt, gleich einer meisterhaft aufgebauten
Fuge.
Vor kurzem schien der Untergang dieses
einzigen Städtebildes, das den letzten bedeuten-
den Rest des vornehmen alten München dar-
stellt, so gut wie besiegelt. Die zweite Kam-
mer hat bereits sein Urteil gesprochen. Eine
merkwürdig unglüchliche Konstellation war es,
die schließlich hierzu geführt hat. Das liberale
Bürgertum der inneren Stadt war aus Geschäfts-
204
Monatshefte für Kunstwissenschaft
gründen für Abtragung der Augustinerkirche
eingetreten, die kirchliche Behörde hat von
dem Gebäude, das einst Tintorettos riesen-
hafte Kreuzigung (jetzt in Schleißheim) beher-
bergte, jetzt aber längst profanen Zwecken dient,
für alle Zeiten ihre Hand endgültig abgezogen,
auch unser Gabriel von Seidl, der treue
Vorkämpfer für die Erhaltung der Kirche, hatte
durch ein ihm in unglücklicher Stunde ein-
gefallenes Kompromiß-Umbauprojekt die Lage
nicht verbessert. Dazu kam ausschlaggebend,
daß das bayerische Generalkonservatorium für
Erhaltung der Kunstdenkmäler den ardiitekto-
nischen Wert der Kirche verneint hatte. Ein
verhängnisvolles „Nein“, für das natürlicher-
weise jetzt „die“ Kunstgelehrten von der auf-
gebrachten Künstlerschaft verantwortlich ge-
macht werden. Aber man mag über die Ant-
wort denken wie man will: jedenfalls war die
Fragestellung verfehlt. Verfehlt, weil unsach-
lich, unfachmännisch, unlogisch. — Nicht auf die
arme, alte, halbzerfallene Kirche kam es an,
sondern auf das Ensemble, von dem sie ein
Teil ist. Daß aber auch ein Städtebild — ein
„Bild“, ein unantastbares Kunstwerk sein kann,
scheint bei jener Fragestellung niemand einge-
fallen zu sein.
Die Schlacht war bereits so gut wie ver-
loren, als in der denkwürdigen Sitzung des
bayrischen Reichsrats vom 13. März 1. J. eine
unerwartete Wendung eintrat. Dank des Zu-
sammenwirkens dreier starker Männer, des
Prinzen Rupprecht von Bagern, des Erz-
gießers Ferd. von Miller und des Frei-
herrn von Cramer-Klett wurde der Antrag
auf Abbruch der Kirche nochmals zur Beratung
an den Ausschuß zurückgegeben. Es ist also
noch Zeit zur Überlegung! — Die Angelegen-
heit wird sich in Bälde zu einer sehr prak-
tischen Frage zuspitzen. Wird man kurzsichtig
genug sein, an dieser Stelle mitten in der
besten Geschäftslage, wie von der Regierung
projektiert ist, ein riesenmäßiges Polizei-
gebäude mit Amtsgefängnis (!) und Schutz-
mannskaserne (!) zu errichten? — Oder wird
sich das Kapital finden zur Anlage eines groß-
zügigen Passagebaues in der Art der Mailänder
Galerie, wie er ein solcher hier einzig und
allein am Platze ist? — Im ersteren Fall wäre
die viel umstrittene Kirche freilich ein Unding;
sie müßte fallen. Im anderen Fall aber ließe
sie sich (durchaus als Hallenbau) erhalten: man
vermehre nur die Zahl der seitlichen Tor-
eingänge entsprechend der Länge des Ganzen
und man hat für die projektierte „Passage“ den
monumentalsten Portalvorbau, der sich denken
läßt. Es kommt nur auf die Baukünstler an,
für die Verbindung der zu errichtenden Galerie-
umgänge mit dem Kirchenbau eine architekto-
nische Lösung zu finden.
Georg Habich.
s
FLORENZ — -- ’ =
Von den Statuen, die Michelangelo in Flo-
renz für das Juliusgrabmal arbeitete, war die
Gruppe des „Siegers“ bis zum Jahre 1565
in der Werkstatt Michelangelos in der Via
Mozza, der jetzigen Via Zanobi geblieben; in
jenem Jahre gelangten sie als Geschenk der
Erben des Meisters in den Besitz des Herzogs
Cosimo und wurde im großen Saale des Pa-
lazzo Vecchio aufgestellt. Bei der Gründung
des Museo Nazionale im Jahre 1868 gelangte
sie in dessen Räume. Sie war also stets der
Bewunderung der Welt zugänglich. Nicht so
erging es den vier angehauenen Blöcken,
aus welchen Michelangelo große Einzelfiguren
schaffen wollte und die in seinem Werke die
Funktion von tragenden Kräften erfüllen sollten.
Sie wurden in den die Reisenden so lebhaft
anziehenden romantisch - barocken Grotten der
Boboli- Gärten zu Florenz in die Tropfstein-
dekoration einbezogen und so zum größten Teil
verdeckt. In den letzten Tagen sind sie nun
von dort entfernt und in die „Opera delle
Pietre dure“ geschafft worden, wo sie in Gips
abgegossen werden sollen. Gipskopien sollen
sie an ihrer alten Stelle ersetzen; die Originale
selber werden aber in der Tribuna des David
in der Akademie aufgestellt werden. Wir wer-
den nun durch die unbehinderte Prüfung einer
ganzen Reihe von mitten in der Arbeit ver-
lassenen Statuen in der Lage sein, neue Er-
kenntnisse über den Arbeitsprozeß des Meisters
zu gewinnen; nach der Untersuchung eines der
Blöcke, die dem Unterzeichneten ermöglicht war,
hat Michelangelo das Verfahren der schicht-
weisen Ablösung des Steins von der Haupt-
ansicht her, wie es Hildebrand als das dem
Meister gewohnte Vorgehen annimmt und wie
es beim Matthäus angewendet ist, nicht be-
folgt, sondern sofort von drei Seiten her die
Freilegung der Gestalt in Angriff genommen.
Die Herausholung dieser angefangenen Werke
ist zum Teil wenigstens durch die neuen For-
schungen über Michelangelo, welche die letzten
Jahre gebracht haben und welche das Floren-
tiner Publikum sehr beschäftigten, angeregt
worden. Solches erneute starke und lebendige
Interesse ist es auch, welchem wir es bald ver-
danken werden, daß eine getreue Marmorkopie
Rundschau
205
des David des Michelangelo wieder den Platz
links vom Portal des Palazzo Vecchio ein-
nehmen wird, auf welchem der Gigante am
8. September 1504 als dem von den bedeu-
tendsten Künstlern von Florenz und von
Michelangelo selbst erwählten Standorte auf-
gestellt wurde und welchen das durchaus für
eine Äufstellung im Freien gedachte Werk erst
in neuester Zeit verlassen mußte, um der
Galerie der Äkademie von Florenz eine starke
Anziehung und einem Florentiner Architekten
die Gelegenheit zu einem tristen Bau zu geben.
In der Galerie der Akademie hat deren
Ispettore Dott. Peleo Bacci einige sehr erwünschte
Umhängungen vorgenommen; die vier kleinen
Predellentafeln Botticellis, zu denen die eigen-
tümlich reizvolle Salome gehört, sind vereinigt.
Der große Altar Filippo Lippis aus S. Croce
hat wieder seine Predella erhalten, die drei
Stücke freilich nur, die sich noch in Florenz be-
finden; zwei andere sind in Louvre. Ein un-
gewöhnliches Werk der Kunst des Luca Signo-
relli, die Kreuzigung mit dem weißen Hinter-
gründe hängt aber immer noch an schlechter
Stelle in der oberen Reihe der Bilder; wenn es
seinen Platz mit dem unter ihm hängenden
Perugino vertauschte, würde es ein Gewinn für
beide Meister sein. Aus dem Bestände der
namenlosen Trecentisten haben zwei große
Altartafeln mit den gesicherten Namen des
Giovanni del Biondo bezw. des Rossello di
Jacopo Franchi versehen werden können. Ein
mit der Signatur des Alessandro Allori und
der Jahreszahl 1575 signiertes Bild ist aus dem
Magazin in die Galerie gebracht worden.
In der Sitzung der Kunsthistorischen
Institute vom l.März suchte Herr Professor
Dr. Brockhaus Antwort auf die Frage zu
geben, ob der David des Michelangelo ein-
fach als Schmuck des Palastes oder des Platzes
dienen oder ob seine Gestalt eine besondere
Bedeutung haben sollte. Einige Jahre vor der
Aufstellung des David war Savonarola der
volkstümlichste und einflußreichste Mann in
Florenz gewesen. In einer seiner Psalm -Pre-
digten spricht er nun davon, in welchem Sinne
man David ansehen soll: er sei der Christ, wie
er sein soll, mit reinem schönem Gewissen,
starker Hand, kühner Tatkraft. Als solchen
hat Michelangelo seinen David erfaßt. Die
vollständigen Ausführungen des Herrn Prof.
Brockhaus sollen demnächst in einer Schrift,
welche sich mit den inhaltlichen Problemen der
Schöpfungen Michelangelos eingehend beschäf-
tigt, als Ganzes veröffentlicht werden. —
Der Unterzeichnete untersuchte das Pro-
blem, in welcher Weise der Block verhauen
war, aus welchem Michelangelo seinen David
schuf. Seine Ausführungen werden im näch-
sten Hefte vollständig wiedergegeben. — Wei-
tere Darlegungen des Unterzeichneten be-
faßten sich mit dem bildnerischen Arbeits-
prozesse Michelangelos überhaupt. Es sei ein
Vorurteil, daß Michelangelo nach einem kleinen
Wachsmodell und nach Zeichnungen seine Fi-
guren direkt aus dem Steine schlug. Er hat
vielmehr, ebenso wie beim Zeichnen, auch beim
plastischen Arbeiten die Hilfsmittel und Kunst-
griffe angewendet, die das Resultat seiner
Arbeit sicherstellten. Er hat sich des Punk-
tierens für seine Plastiken bedient; selbst beim
Matthäus können wir unten einen solchen
Punktierpunkt feststellen. In ganz unverkenn-
barer Weise ist ein solcher Punkt beim David-
Apollo des Bargello wahrnehmbar. Allerdings
muß man sich bei diesen Zeichen des Punktier-
verfahrens vor Augen halten, daß es zur Zeit
der Renaissance in anderer Weise gehandhabt
wurde als heute. Die Voraussetzung für seine
Anwendung ist aber ein ziemlich großes und
weitgearbeitetes Modell. Das Vorurteil ver-
lange aber, daß Michelangelo „allenfalls Wachs-
modelle in kleinem Maßstabe bosselte, nicht
aber Tonabozzi“, wie Frey in seinen Studien
zur Michelangelo-Biographie (S. 21) wieder ein-
mal wiederholt. Mit Hilfe eines solchen gene-
rellen Satzes wird natürlich leicht auch ein
wirklich positiver Beweis für die Unwahrheit
der Ansicht, wie er in dem so gut wie nur in
irgend einem Falle urkundlich beglaubigten und
stilistisch für sich selbst sprechenden Flußgott-
Modell der Akademie gegeben ist, widerlegt.
Durch die Aussage von Benvenuto Cellini
(Trattato dell’ oreficeria. Firenze 1857. S. 197 ff.)
wird aber in striktester Weise dargetan, daß
Michelangelo, nachdem die Arbeit an kleinen
Modellen ihm ungenügende Ergebnisse gegeben
habe, „dazu geschritten sei, mit größter Be-
scheidenheit (con grandissima ubbidienza) große
Modelle genau von den Maßen, wie das Werk
aus dem Marmor herauskommen sollte, anzu-
fertigen: und solches haben wir (sagt Cellini)
mit unseren eigenen Augen in der Sakristei
von San Lorenzo gesehen.“
Modelle von Ton werden ferner in der
Korrespondenz Michelangelos wiederholt er-
wähnt, in bezug auf die Medici-Gräber z. B. in
dem Brief Fattuccis vom 5. März 1524. Aus
den Ricordi des Meisters können wir außerdem
Fall für Fall verfolgen, wann Michelangelo ein
neues Modell begonnen hat und zwar aus
dem Einkauf genau der gleichen Materalien,
die er für den Flußgott-Modell-Torso verwendet
hat: Werg, Bindfaden, Scheerwolle. Daß sie
206
Monatshefte für Kunstwissenschaft
aber eigenhändig von ihm gemacht wurden,
das geht hervor aus der Fassung des Zahlungs-
vermerks für eine Halbtags-Ärbeit eines Hand-
langers, „der mir half, eine Figur aufzubauen,
um sie inScheerwoll-Erde auszuführen.“ (20. Mai
1524). Ein solcher Zahlungsvermerk wiederholt
sich mehrfach.
Herr Dr. Hoeber besdiäftigte sich mit den
„idealen Zentralbauten des späten Quattrocento
und dem Stilo Lionardesco.“ Schon Burckhardt
habe auf die in Gemälden, Miniaturen usw.
dargestellten Baulichkeiten, als Quelle der Kennt-
nis des Baugeistes der Renaissance hingewiesen:
in ihnen seien ungehemmt auch solche Gedanken
verwirklicht worden, welchen die Husführung
versagt war. Die Frage nach der Gestaltung
des kirchlichen Zentralbaues, war das architek-
tonische Hauptproblem des späten Quattrocento.
Äuf bildlichen Vorstellungen der Zeit erscheint
er als Ächteck- oder Rundbau, auf die Form
des Baptisteriums zurückgehend. Durch nie-
drige Kreuzarme mit Sattel- oder Zeltdach als
Vorlagen wird diese einfachste Form kompli-
ziert. Pinturicchio, Perugino, Rafael verwenden
diesen Typus.
Durch Lionardo und Bramante erfährt, wie
Gegmüller dargetan hat, der Zentralbaugedanke
namentlich in Mailand Förderung. Der durch
eine übermäßige Differenzierung charakterisierte
Stilo Lionardesco ist nun die gemeinsame
Erscheinung der am Ende des Quattrocento auf
Bildwerken vorkommenden Zentralbauten, wie
der Vortragende an der Hand einiger solcher
Darstellungen nachweist. — Herr Dr. Hoeber
konstatierte des weiteren, daß von dem Stoffe,
aus welchem das Kleid der Eleonora von To-
ledo auf dem bekannten Bilde des Bronzino
(Uffizien) gemacht ist, noch ein Stück im Museo
Nazionale zu Florenz (Sammlung Carrand 2402)
vorhanden sei. Durch jenes Bild ist das Jahr
1555 als spätestes Datum für den Stoff fest-
gelegt. Sein Herkunftsort dürfte Mailand sein.
Ein anderer dem erwähnten stilverwandter Stoff
aus der Sammlung Carrand komme auf dem
Bilde Cigolis in der Äkademie zu Florenz (Nr.
286) als Dalmatica des hl. Stefanus vor.
Die Handzeichnungssammlung der Uffi-
zien hat im letzten Jahre einen bedeutsamen
Zuwachs aus dem Besitz des Barons von Gey-
müller erhalten. Es sind drei Bände von Zeich-
nungen, herstammend aus der berühmten Samm-
lung des Hauses Gaddi in Florenz, welche von
Geymüller aus dem Besitze der Grafen Bernar-
dino di Campello erworben und im Jahre 1907
den Uffizien für den geringen Preis von 10000
Lire überlassen wurden. Es handelt sich da-
bei um Blätter, die in der Wissenschaft nament-
lich durch die Studien ihres letzten Besitzers
von Wichtigkeit geworden sind. Der erste Band
enthält meist architektonische Zeichnungen von
Äntonio da Sangallo dem Alteren und seinem
Neffen Francesco da Sangallo. Der zweite Band
birgt eine Serie sorgfältig ausgeführter Feder-
zeichnungen Vignolas. Im dritten Bande größ-
ten Formats sind Zeichnungen verschiedener
Meister, der Sangallo, Vascier, Cigolis usw.,
vereinigt. Besondere Wichtigkeit hat darin ein
Blatt, welches auf beiden Seiten Skizzen Bra-
mantes für die Kuppel von S. Pietro auf weist
und über welches Gegmüller in seinem Werke
„Les projects primitifs pour la basilique de
Saint-Pierre de Rome“ gehandelt hat. Endlich
haben eine Reihe von Blättern dieses Bandes
die Erkenntnis der Zeichnungen Fra Giscondos
außerordentlich gefördert.
Unter Leitung von Lamberto Loria und unter
Mithilfe von Privatleuten ist in Florenz ein
Museum für italienische Volkskunde
(Museo di Etnografia Italiana) in der
Bildung begriffen und soll demnächst dem Pu-
blikum geöffnet werden. Es wird sicherlich auch
für den Forscher im Gebiete der alten Kunst
des Landes Anregungen enthalten, denn eine
Fülle von Formen aus der Vergangenheit des
Landes hat sich im ländlichen Kunstgewerbe*
erhalten. Äls z. B. der römische Goldschmied
Castellani vor einer Reihe von Jahren Bauern-
schmuck in den Provinzen des Landes sammelte
und ordnete, stellte sich heraus, daß in den
Formen dieses scheinbar nur von der weib-
lichen Eitelkeit bestimmten Schmuckwerks die
ganze Geschichte mancher Landesteile zur Sprache
kam. In Mittelitalien fand man gotische, longo-
bardische, byzantinische, selbst griechische und
römische und sogar etruskische Formen, in Si-
zilien byzantinische, normannische, arabische,
griechische. Mit Recht wird von den Männern,
welche das neue Unternehmen begründen, be-
tont, daß man sich mit der Sammlung der volks-
tümlichen landständigen Hervorbringungen be-
eilen müsse, da die Welle des europäischen
Industrialismus immer mehr davon hinwegspült.
Ädolf Gottschewski.
8
LONDON ^
Äuf der Kandidatenliste für die
Ehre auswärtiger Mitgliedschaft der Royal Äca-
demy standen diesmal keine geringeren als
Rodin und Claude Monet. Ob ein Witzbold
unter den ehrwürdigen Herren Akademikern,
Rundschau
207
ob ein ehrlicher Bewunderer sie darauf gesetzt
hatte, ist nicht bekannt geworden, doch wurden
sie beim akademischen Wägen sidierlidi zu
leicht befunden. Die Äcademy wählte sich lieber
die Herren Dagnan-Bouveret und den Bildhauer
Äntonin Mercie zu Mitgliedern. Der erstere
hat diese Auszeichnung sicher verdient, denn
sein Bild „Impfung“ schmückte einst eine Aca-
demyausstellung und wurde dann bei Christie
für 1500 Gs. verkauft. Was Herrn Mercie grade
die Ehre verschafft hat, ist nicht so ersichtlich.
Mr. George Clausen ist endlich zum vollen Aka-
demiker gemacht worden. Da er seine Indivi-
dualität den akademischen Regeln nicht opfern
wollte, so hat er dreizehn Jahre darauf warten
müssen. Auch die internationale Gesellschaft
der Bildhauer, Maler und Radierer hat ihre
Wahlen abgehalten und u. a. Professor Freiherrn
V. Habermann zum Ehrenmitglied erwählt. Die
Gesellschaft eröffnet dieser Tage eine zweite
Ausstellung, die Porträts schöner Frauen aus
den letzten fünfzig Jahren bringen wird, darunter
auch Werke von Lenbach. Die im vorigen Jahre
gegründete „Modern Society of Portrait Painters“
hält jetzt ihre zweite Ausstellung in den Räumen
des Royal Institute ab. Die Ausstellung ist
eine Enttäuschung ; viel Nachahmung und Mittel-
mäßiges macht sich breit. Dagegen bringt die
Ausstellung der „Society of Twelve“ (Messrs.
Muirhead Bone, John, Charles Shannon, Legros,
George Clausen usw.) eine Reihe individuell be-
deutsamer Stücke, wie denn die Ausstellungen
dieser jungen Gesellschaft überhaupt zu den be-
deutenderen Ereignissen des Jahres gehören.
In Messrs. Agnews Ausstellungsraum in Bond
St. sind Aquarelle älterer wie neuerer Zeit in
interessanter Entwicklung vereinigt. In der
Galerie der „Fine Arts Society“ deuten einige
Gartenskulpturen der Lady Chance auf den
Wechsel im Geschmack für Gartenanlagen hin.
Die Behandlung des Gartens als eine Fort-
setzung des Hauses scheint jetzt auch im klassi-
schen Lande des „englischen Gartens“ Anklang zu
finden. Aus Glasgow und aus Edinburgh liest
man gute Berichte über die Ausstellungen der
„Glasgow Society of Artists“ und der „Royal
Scottish Academy“, welch letztere wenigstens
es nicht unter ihrer Würde hielt Rodin zum
Ehrenmitglied zu ernennen. Er steuert denn
auch ein Stück, „Love the Conqueror“, bei.
Ein seltsamer Rechtsfall beschäftigte hier
jüngst die Künstlerwelt. Mitglieder des „United
Arts Club“ sahen ihre Werke plötzlich beschlag-
nahmt, weil der Grundbesitzer eine Forderung
gegen den dem Club sein Ausstellungslokal ver-
mietenden Hausinhaber geltend machte, und da-
her alles, was in dem Hause zu finden war, zur
Deckung dieser Forderung dienen mußte. Für
Künstler also besteht jetzt hier ein neues Risiko;
sie müssen für die Schulden anderer mit ihren
Werken haften.
Das wichtigste Ereignis des vergangenen
Monats war die Entscheidung bezüglich des
neuen Rathauses für den Londoner County
Council. Für lange Zeit bedeutet es die hervor-
ragendste Monumentalaufgabe, die London zu
vergeben hat. An der Themse, schräg gegen-
über dem Parlament soll es sich erheben, 100
Fuß über dem Wasser und 700 Fuß lang, —
wahrlich eine Gelegenheit ersten Ranges für
einen großen Architekten. Aber die in Frage
kommenden Autoritäten wünschten vor allem,
daß es möglichst wenig kosten solle. So wurden
denn schon bei der Ausschreibung allerlei Be-
schränkungen auferlegt, und was herausge-
kommen ist, ist denn auch nur ein riesiger Nutzbau-
kasten in sogenannter englischer Renaissance, der
zwar all die vielen Schreiber schönstens beher-
bergen, sonst aber zum Ruhme Londons wenig
hinzufügen wird. Die Juroren, unter ihnen der
greise Norman Shaw und Sir Aston Webb,
Erbauer des riesigen neuen Victoria- und Albert-
Museums , erkannten einem Mr. R. Knott,
einem dreiundzwanzigjährigen jungen Architek-
ten, einstimmig den Preis zu. Da Knott ein
Schüler Webbs ist, und sein Entwurf nichts von
einer besonderen Note aufweist, kann man wohl
eigentlich sagen, daß Webb der Vater desselben
ist. Erstaunlich ist es allerdings, wie sehr der
Entwurf allen gemachten praktischen An-
forderungen gerecht wird. Um die furchtbare
Monotonie der siebenhundert Fuß langen Fluß-
front einigermaßen abzuschwächen, hebt Knott
den Mitteltrakt des Gebäudes durch eine wuch-
tige Säulenstellung heraus und gibt wenigstens
den Enden der zwei Seitenflügel durch durch-
gehende Rustikapilaster einen gewissen Charak-
ter. Die Dachproblemlösung scheint am wenigsten
gelungen; acht Schornsteine, je vier auf den zwei
Seitenflügeln, erheben sich schüchtern einige Fuß
hoch, als wäre die Vertikale hier ganz verpönt.
Und die kleine Laterne auf dem Mitteltrakt
kann da auch keine Abhilfe schaffen. Eine ge-
wisse utilitarische Würde wird man ja dem Ge-
bäude nicht absprechen können, denkt man aber
an das gegenüberliegende Parlament und seine
historische Bedeutung für die Architektur des
neunzehnten Jahrhunderts, so muß man die Spar-
samkeit der Stadtväter doppelt bedauern, denen
es nur um die Befriedigung ihrer Not, nicht um
den Ruhm und die Schönheit ihrer Stadt zu
tun war.
Daß diese Herrschaften natürlich keinen
Pfennig übrig hatten, um die alte Crosby Hall
208
Monatshefte für Kunstwissenschaft
ii
in Bishopsgate St. vor dem Einbruch zu retten,
ist begreiflich. Diese Hall ist eines der wenigen
Gebäude der City, die s. Z. dem großen Feuer
entgangen waren. Sie stellte ein sehr bedeut-
sames Beispiel häuslicher Ärdiitektur des aus-
gehenden Mittelalters dar, wenn auch nur
einzelne Teile, so die Banqueting Hall, als wirk-
lich alt gelten konnten. Obwohl der König sidi
persönlich für die Erhaltung von Crosbg Hall
aussprach, und obwohl gegen ^ 50,000 zu diesem
Zwecke gesammelt worden waren, scheiterten
doch alle Rettungsversuche, weil weder die City
noch „Greater London“ irgendwelche Opfer zu
bringen bereit waren. Jetzt ist das alte Ge-
bäude völlig abgerissen, und ein Bankhaus wird
sich bald an seiner Stelle erheben. Die alte
Eichendecke der Banketthalle, sowie andere
Stücke von künstlerischem Wert hat man sorg-
fältig aufbewahrt, um sie wenigstens so zu
retten. Was aus ihnen werden wird, ist noch
unsicher. So geschehen im London des zwan-
zigsten Jahrhunderts!
Lord Battersea, der Ende vorigen Jahres
starb, hat der Londoner Tate Galery Burne-
Jones’ „Goldene Treppe“ testamentarisch ver-
macht, jenes Bild, das eine größere Änzahl
Burne-Jones’scher Mädchentypen in verschie-
denen reizvollen Stellungen vorführt. Da die
Galery bisher nur ein Bild des Meisters („König
Cophetua“) besitzt, so ist dieser Zuwachs sehr
erwünscht.
Eine Versammlung, die der Lord Mayor im
Februar einberufen hatte, verhandelte über den
im nächsten Äugust hier stattfindenden inter-
nationalen Kongress zur Äüsgestaltung des
Kunst- und Zeichnenunterrichtes. Der erste
dieser Kongresse war 1900 in Paris während
der Äusstellung abgehalten worden, der zweite
in Bern 1904; an ihm hatten achthundert Mit-
glieder von einundzwanzig Nationen teilge-
nommen. Für Äugust erwartet man eine noch
viel umfassendere Beteiligung. Eine Äusstellung
von Zeichnungen, die die Lehrmethoden der
verschiedenen Nationen vorführen soll, wird
während der Tagung des Kongresses im South
Kensigton Museum abgehalten werden. F.
s
PARIS =-
In regelmäßigen Zwischenräumen wird in
Paris die Frage aufgeworfen, wann endlich das
Kolonialministerium den Pavillon de Flore der
Tuilerien verlassen wird, um so die für die Kunst-
sammlungen seit Jahren so dringend notwendige
Erweiterungsmöglichkeit zu schaffen und um i
wenigstens eine der das Louvre ständig be- j
drohenden Feuersgefahren zu beseitigen. Es |
ist zu hoffen, daß es mit dem Umzug der Ko- ’
lonien nunmehr endlich Ernst werden wird, ]
nachdem vor einigen Tagen im Kolonial- ]
ministerium ein regelrechter Brand ausgebrochen j
ist, der gerade noch rechtzeitig von der Feuer- ;
wehr gelöscht werden konnte. Mit diesem Um- ‘
zuge wäre allerdings nur eine der Gefahren '
beseitigt: nach wie vor kochen die Frauen der
Äufseher ihren Pot-au-feu unter den Dach- i
Stühlen des Louvre, nach wie vor werden in
Erdgeschossen die französischen Rententitel mit
Hilfe eines Gasmotors gedruckt und die Kessel
der Zentralheizung mit vollen Kohlenschaufeln
gespeist, nach wie vor bleibt das Finanz-
ministerium unter gleichem Dache mit den
Schätzen der Kunst aller Zeiten.
Äus der Provinz sind einige Funde zu be-
richten. In Lapte (Departement Haute Loire)
fand ein Bauer in seinem Felde eine wohl-
erhaltene mit gallischen Münzen gefüllte Urne.
Unter den Münzen sind besonders eine Änzahl
Goldstateren hervorzuheben, die einem von
Münzen Philipps II. von Mazedonien abge-
leiteten Typus angehören. Im Gerichtsgebäude
zu Etampes ist man im Begriff, sehr inter-
ressante Wandmalereien aus dem fünfzehnten
Jahrhundert aufzudecken, dieselben sollen die
Schenkung der Baronie Etampes durch Philipp
den Schönen an Louis von Evreux (1307)
darstellen.
Äuch um die Erhaltung der vorhandenen
Kunstschätze bemüht man sich. Äuf dem Mont
Saint Michel ist die Äbtei selber Staatsbesitz
und so vor den Vandalen geschützt, doch zu
den Füssen der Merveille sind die Schmarotzer
am Werk: Eine Poldergesellschaft wird in ab-
sehbarer Zeit die ehrwürdige Insel mit dem
Festlande verbunden haben, auf der Insel selbst
haben allerhand industriöse Leute, besonders
das fruchtbare Geschlecht der mere Poulard,
die Flanken des heiligen Berges mit allerhand
Dependancen, Hotels und Kitschmuseen ge-
schändet, jetzt wollte man anscheinend auf der
Nordseite unter dem Schatten der ehrwürdigen
Reste des Waldes von Scissy Terrassen mit
„Blick aufs Meer“ anlegen. Rechtzeitig hat sich
der Staat die betreffenden Grundstücke gesichert.
Äuch in den Kolonien beginnt man auf die Er-
haltung der von den europäischen Kulturträgern
unversehrt gelassenen Kunstdenkmale bedacht
zu werden, so hat die Republik dieser Tage
eine Kommission zur Erhaltung der Kunstdenk-
male in Indochina errichtet, an deren Spitze der
verdiente Ärchäologe und Sekretär des In-
Rundschau
209
stitut Georges Perrot steht. Da in der Kom-
mission außerdem noch eine Reihe Kenner von
Indodiina sich befinden und da der Vorsitz
wohl nur als eine Repräsentationspflicht aufzu-
fassen ist, wird man sagen können daß the
right man on the right place ist.
Den Beweis des gleichen wird hoffentlich der
bekannte Romanschriftsteller und Kunstkritiker
Gustave Geffroy erbringen, der zum Ersätze
des Herrn Guiffreg zum Direktor der Teppich-
manufaktur der Gobelins ernannt wurde. Seit
dem Äbgange des verdienten Chemikers Chev-
reul hat man behauptet, daß der technische
Betrieb der Gobelins nicht mehr ganz auf der
Höhe und ein wenig schläfrig sei. Wünschen wir,
daß Herr Geffroy, der gerade augenblicklich am
Odeon ein Stück mit größtem Erfolg heraus-
gebracht hat auf dem Gebiet der Teppich-
fabrikation die Fäden ebenso geschickt unter-
einander verknoten wird wie in seinem Stück
„l’apprentie“.
Die verschiedenen Salons und Privatgesell-
schaften überschütten uns mit der Flut der
Ausstellungen, zu erwähnen lediglich eine Re-
trospektive Boudins in dem sonst tödlich lang-
weiligen Salon de l’Ecole Fran^aise, eine Retro-
spektive Guys, im Cercle de la librairie, gute
Aquarelle in der von Gaston Latouche geleiteten
Societe de la peinture ä l’Eau, schöne deko-
rative panneaux von Manzana- Pissarro bei
Druet und entzückend intime Vuillards bei den
Bernheims. Die Societe Nationale bereitet in
diesem Jahre in dem Schlösschen Bagatelle eine
Ausstellung von Portraits markanter Persönlich-
keiten der zweiten Republik (1848—52) vor.
Rudolf Adelbert Meyer.
s
BELGIEN =
Nachdem an allen größeren Sammlungen der
Europäischen Hauptstädte Gallerievereine be-
stehen, die dann mit ihren Mitteln einspringen,
wenn der schwerfällige Mechanismus der staat-
lichen Organisationen nicht schnell genug bei
der Hand ist, so hat sich endlich auch in Brüssel
ein Verein der Museumsfreunde gebildet, an
deren Spitze der Minister Beernaert, der Vize-
präsident der Königlichen Museumskommission,
steht. — Die Sammlung der Stadt Brügge befand
sich bisher in einem ungünstig beleuchteten und
ziemlich feuchten Raume in der KatharinaStraat,
der der dort auf bewahrten Meisterwerke nicht ge-
rade würdig war, wenn er nicht gar die Er-
haltung derselben gefährdete. Der Magistrat
von Brügge hat jetzt die erste Rate eines
Kredits bewilligt, um ein neues Museum zu er-
richten, daß durch Gartenanlagen dem Kom-
plexe der Vrouvenkerk, dem Gruuthuse und
dem Johannesspital angegliedert werden soll.
— Die Ausstellung der von Octave Maus ge-
leiteten Libre esthetique soll dieses Jahr be-
sonders umfangreich gestaltet werden, da die
Libre esthetique auf ihr fünfundzwanzigjähriges
Bestehen zurückblickt. Argus.
s
HOLLÄND =
Die Erhaltung, beziehungsweise der Abbruch
von zwei alten Amsterdamer Gebäuden gaben
im Februar Anlaß zu Erörterungen, ohne daß
man bis jetzt zu einem endgültigen Resultat
gelangt wäre. Das eine Mal handelte es sich
um die Instandsetzung des in der Jodenbreestraat
gelegenen Rembrandthauses, das die meisten
Besucher Amsterdams, die um Rembrandts willen
dorthin kamen, wenigstens von außen kennen.
Das Innere war völlig verwahrlost. Nichts ist
dort mehr erhalten, was an jene Zeit erinnern
könnte, da Rembrandt in diesen Räumen so
glückliche und auch so traurige Tage durchlebte.
Nun endlich soll das Rembrandthaus vor dem
gänzlichen Verfall bewahrt und in eine würdigere
Verfassung gebracht werden. Die ersten Schritte
dazu wurden bereits im Jahre 1906 getan, ge-
legentlich der großen Rembrandtfeier. Damals
wurde das Gebäude von der Stadt erworben
und die weitere Sorge für dasselbe einem eigens
zu diesem Zwecke gegründeten Verein „Rem-
brandthuis“ anvertraut. Über das Wie der
Restaurierungsarbeiten, vor allem auch, wozu
die freiwerdenden inneren Räumlichkeiten be-
nutzt werden sollen, gingen die Ansichten aus-
einander. Der eine dachte an eine Wieder-
herstellung der alten Einrichtung, wie sie zu
Rembrandts Zeit war. Ein Plan, der — auch
bei der glücklichsten Phantasie — zu einem be-
friedigenden Resultat wohl schwerlich führen
kann. Andere schlugen vor, die einfach möb-
lierten Räume etwa als Sitzungslokale Vereinen
zur Pflege der Kunst zur Verfügung zu stellen.
— Wieder andere, darin eine Art Rembrandt-
archiv zu gründen, in dem alles gesammelt wer-
den soll, was auf dem Meister Bezug hat. So
ohne weiteres läßt sich keinem dieser Vor-
schläge zustimmen. Hier spielen Gefühl und
Takt dem großen Künstler gegenüber zu sehr
mit hinein. Denn es gilt eine Gedächtnis-
stätte zu schaffen in einem Gebäude, mit dem
so viel Rembrandt’sche Schicks als geschichte
verbunden ist. Im Augenblick sind über diese
210
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
letzten Fragen noch keine endgültigen Beschlüsse
bekannt geworden. Es sollen zunächst nur die
notwendigen baulidien Äusbesserungen des
ganzen Gebäudes in Angriff genommen werden.
Für diese Arbeiten hat sich der Verein „Rem-
brandthuis“ der Mitwirkung des Architekten
K. P. C. de Bazel in Bussum versichert.
Eine trübere Perspektive eröffnet sich für
die Erhaltung der zwischen Kalverstraat und
Rokin in Amsterdam gelegenen sogenannten
„Nieuwe-Zijds-Kapel“, eines der ältesten Amster-
damer Baudenkmale, mit dem auch ruhmvolle
historische Erinnerungen verbunden sind.^) Zu
dieser „heiligen Stätte in Amsterdam“ wall-
fahrteten die Kaiser Maximilian (1484, als er
noch Erzherzog war, nach der Genesung von
einer Krankheit, die ihn im Haag befallen hatte)
und Karl V. (1531/32). Auf Beschluß des all-
gemeinen Kirchenrates der niederländischen
reformierten Gemeinde in Amsterdam soll jetzt
dies altehrwürdige Bauwerk abgebrochen wer-
den. Diese Absicht ist nicht mehr neu. Sie
hat schon 1898 Anlaß zu Kundgebungen gegen
solche Maßnahmen gegeben. Nachdem seit jenem
Jahre für die Instandhaltung der Kirche nichts
mehr getan ist, soll jetzt mit ihrer Niederlegung
Ernst gemacht werden. Dagegen erheben sich
aber energische Proteste. Herr J. F. M. Sterck,
der bereits 1898 in einer interessanten Broschüre
über die „Nieuwe Zijds-Kapel“ gegen die Reali-
sierung jener Absichten das Wort ergriff, wendet
sich jetzt in einem die Überschrift „Kirchen-
schändung“ tragenden Artikel in der „Kath.
lllustratie“ in schärfstem Tone gegen den Kirchen-
rat, der den „traurigen Mut besitze, an eines
der schönsten und merkwürdigsten Werke mittel-
alterlicher Baukunst Hand anlegen zu wollen“.
Auch von anderer Seite werden Anstrengungen
gemacht, die Kirche vor dem Untergange zu
bewahren. Sowohl der Nederlandsche Oud-
heidkundige Bond wie die Koninklijk Oudheid-
kundig Genootschap haben sich an den Kirchen-
rat gewandt. Zum mindesten solle man doch
nicht eher an die Niederlegung gehen, bevor
nicht ganz sicher durch fachmännische Gutachten
festgestellt ist, daß aus technischen Gründen die
Erhaltung des Bauwerkes unmöglich ist. Dann
ist es noch immer Zeit, die geplante kleinere
neue Kirche mit Verkaufsläden darum aufzu-
stellen. Die „Nieuwe -Zijds-Kapel“ verdankt
ihre Gründung einer Wundergeschichte : daß eine
zufällig in ein Kaminfeuer geworfene Hostie
') Es ist die Kirche, die man links auf der fälschlidi
Rembrandt zugeschriebenen Zeichnung in der Älbertina
mit der Ansicht des Rokin in Amsterdam sieht. Sie ist
abgebildet auf Seite IX in Rosenbergs „Rembrandt“
(Klassiker der Kunst).
dort nicht verbrannte. Zur Aufbewahrung der-
selben wurde an der „heiligen Stätte“, wo am
15. März 1345 das Wunder geschehen sein
soll, die Kirche erbaut, zu deren wundertätigem
Heiligtume alljährlich feierliche Prozessionen
stattfanden. Aus dem Jahre 1361 stammt
die erste urkundliche Erwähnung der „Kapelle“,
die allerdings später zwei Mal abbrannte
(1421 und 1452), aber wieder neu aufgebaut
wurde. Es würde zu weit führen, näher auf
ihre Geschichte und die nicht mehr erhaltenen
reichen Kunstschätze, mit denen sie einst ge-
schmückt war, einzugehen. Nur sei erwähnt,
daß Jacob Cornelisz van Oostzanen für die Kirche
(wahrscheinlich kurz vor 1518) eine Reihe von
Gemälden gemalt hat, die jene Wundergeschichte
der Hostie darstellten. Leider existieren davon
nur noch acht Fragmente, die von R. de Vries
zum ersten Mal mit Jacob Cornelisz vanOostzanen
zusammengebracht wurden („De Gids“, 1876,
Sept. Seite 536. Weiteres über diese bisher so
gut wie völlig unzugänglichen Gemälde gibt
J. F. M. Sterck in Oud Holland, 1895, Seite 193
bis 208). Von Jacob Cornelisz van Oostzanen
ist auch noch ein monogrammierter und 1518.
datierter Holzschnitt mit dem Hostienwunder
bekannt, der als „Bedefartprentje“ an die zahl-
reichen Wallfahrer zu der heiligen Stätte ver-
teilt wurde. Die reformierte Gemeinde gibt als
Grund für ihr Vorgehen an, sie besitze nicht
die Mittel für eine Restaurierung der Kirche,
die in diesem Falle so gut wie ein völliger
Neubau wäre. Man nimmt aber als sicher an,
daß die Regierung eine materielle Beihülfe ge-
währen würde. Sie ist bis jetzt aber noch nicht
darum gebeten worden.
In Sachen der würdigeren Einrichtung des
Nachwache-Saales im Rijksmuseum wurde am
22. Februar von der „Nachwache-Kommission“
eine Versammlung abgehalten, über deren Er-
gebnis nichts in die Öffentlichkeit gedrungen ist.
Im Rijksprentenkabinet in Amsterdamm wurde
Anfang März eine Ausstellung von Handzeich-
nungen und Stichen niederländischer Künstler
mit Darstellungen der Ruinen in und um Rom
eröffnet.
Kurt Freise.
DER DEUTSCHE VEREIN FÜR KUNST-
WISSENSCHAFT.
Am 7. März hat in Frankfurt a. M. im
Sendcenbergischen Institut die Gründung des
Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft unter
dem Vorsitz von Wilhelm Bode, Exzellenz Alt-
hoff und Geh. Rat. Schmidt stattgefunden. Es
Rundschau
211
ist damit eine Idee zur Tat geworden, deren
Folgen für die Entwicklung der deutschen Kunst-
wissenschaft auf der einen Seite — und die
Pflege nationaler Kultur im weitesten Sinne
des Wortes auf der anderen Seite heute noch
gar nicht zu übersehen sind. Eine erlesene Ver-
sammlung, in der überwiegenden Mehrzahl Ver-
treter der Wissenschaft aus allen Teilen des
Reiches — aus Wien war als Delegierter Prof.
Dvorak, aus Bern Prof. Ärtur Weese erschienen
— hatte sich zu der wichtigen Tagung ein-
gefunden. Äm Äbend vorher hatte in einem
kleinen geschlossenen Kreise von Delegierten
und Freunden des Vereins eine Vorberatung
stattgehabt, in der die Statuten einer ein-
gehenden Erörterung unterzogen wurden, die
dann am nächsten Tage ohne erhebliche Ände-
rungen im Plenum der Versammlung angenom-
men wurden.
Trotz der Einwendungen Prof. Lichtwarks,
der prinzipiell von einer Heranziehung der
Lehrer im Dienste der künstlerischen Vorbildung
der Jugend nichts wissen wollte, erblickt der
Deutsche Verein für Kunstwissenschaft die Haupt-
aufgaben seiner Wirksamkeit nach zweierlei
Richtungen hin: Einmal in der Erforschung und
systematischen Bearbeitung der deutschen Kunst-
denkmäler, für die eine große Publikation ge-
schaffen werden soll, die „Monumenta artis
Germaniae“, oder wie sie auf Thodes Vorschlag
richtiger heißen wird, „Die Denkmäler deutscher
Kunst“, zweitens aber — und darin liegt, wie
Exzellenz Älthoff und der Großindustrielle Ge-
heimrat von Böttinger sehr richtig bemerkten,
die eigentlich werbende Kraft — soll es sich der
Deutsche Verein zur Äufgabe machen, die all-
gemeine Kunstbildung im Volke zu heben. Ob-
wohl die eigentlichen Bestimmungen hierüber
auf den Äntrag Lichtwarks aus den Statuten
gestrichen wurden, so wird doch dies auch für
die Zukunft eine wichtige Seite der Betätigung
sein, die man nicht aus dem Äuge verlieren
darf, soll der Verein in der Tat sein großes
Werk auf breiter Basis und unter Beteiligung
der Gebildeten aller Stände aufbauen.
In der Nadimittagssitzung wurde sodann ein
Ausschuß von 100 Mitgliedern, davon nur die
Hälfte Kunsthistoriker, und von diesen wiederum
der Vorstand von 25 Mitgliedern gewählt. Zum
Ehrenvorsitzenden, der aber zugleich Mitglied
bleibt, wurde unter allgemeiner Zustimmung
Exzellenz Älthoff ernannt. Erster Vorsitzender
ist Wilhelm Bode, zweiter Geheimrat Schmidt
als Vertreter des preußischen Ministeriums,
dritter Geheimrat Winterstein im bayrischen
Ministerium. Zu Schriftführern wurden Hofrat
Koetschau -Weimar und Prof. Goldschmidt-Halle,
zu Schatzmeistern Dr. Eduard Simon und Ver-
lagsbuchhändler Ä. Scherl, beide in Berlin, er-
nannt. Unter den übrigen Mitgliedern des Vor-
standes seien die Herren v. Seidlitz, Dresden,
V. Rebe r, München, Thode, Heidelberg, Licht-
wark, Hamburg, v. Oettingen, Reichenberg,
Dehio, Straßburg, Wickhoff, Wien, v. Böt-
tinger.Elberfeld, v.Bezold, Nürnberg, genannt.
Die vorbereitende Arbeit für die Denkmälerpubli-
kation, die naturgemäß verschiedenen Arbeits-
sektionen übertragen werden muß, liegt in
Händen der Herren Prof. Dvorak, Wien und
Prof. Goldschmidt, Halle.
Inzwischen ist es bekannt geworden, daß
der deutsche Kaiser das ihm angetragene Pro-
tektorat des Vereins angenommen hat. Es ist
vorauszusehen, daß auch die übrigen deutschen
Fürsten sowie die hohen geistlichen Würden-
träger gern dem Beispiel folgen werden, um
einer Gesellschaft, die die Pflege deutscher Kunst
sowohl in wissenschaftlicher wie populärer Form
zu ihrer vornehmsten Aufgabe gemacht hat,
Förderung und tatkräftige Unterstützung zu ge-
währen.
Die Gebildeten aller Stände aber werden die
Idee Bodes hoffentlich mit der Begeisterung
aufgreifen, ohne die noch nie in der Welt-
geschichte wahrhaft Großes vollführt werden
konnte. Der Anfang ist gemacht. Wir haben
allen Grund, der Zukunft unserer deutschen
Kunstwissenschaft und der künstlerischen Bil-
dung des deutschen Volkes mit froher Zuversicht
entgegenzusehen. B.
s
KLEINE NACHRICHTEN
Augsburg. In der Barfüßerkirche ist ein großes
Fresko entdeckt worden, das aus dem Mittelalter stammt,
(13. oder 15. Jahrhundert?); es sind fünf überlebensgroße
Engel schwebend dargestellt.
Berlin. Geheimrat Julius Lessing, der Direktor des
Berliner Kunstgewerbe-Museums, ist in der Nacht vom
13. zum 14. März im Krankenhause nach längerem Leiden
gestorben; kurz vor der Übergabe der Museumsleitung
an seinen Nachfolger, Otto v. Falke, die am 1. April statt-
finden sollte. Eine kurze Würdigung seiner Persönlichkeit
und Verdienste haben wir bereits in Heft 1/2, S.66 gegeben.
Ein anderer sehr schmerzlicher Verlust hat die Kgl.
Museen in diesen Tagen betroffen: Hugo v. Tschudi hat
aus Gesundheitsrüdcsichten einen Urlaub von einem Jahr
genommen. In Wirklichkeit bedeutet das wohl seinen
Rüchtritt von der Leitung der Nationalgalerie, die er in
wahrhaft künstlerischem Sinne geführt hat. Als sein Nach-
folger wird von der Frankfurter Zeitung Prof. Dr. Ludwig
Justi, Sekretär der Kgl. Akademie der Künste in Berlin,
früher Direktor des Städelschen Instituts in Frankfurt,
genannt. — Über die ganze Angelegenheit ist von den
Tageszeitungen so ausführlich berichtet worden, daß es
sich erübrigt, an dieser Stelle näher darauf einzugehen. S.
Düsseldorf. Nicht Olbrich, sondern der Dresdener
Architekt Wilhelm Kreis ist als Direktor an die Kunst-
gewerbeschule berufen worden und hat den Ruf ange-
nommen.
Frankfurt a. M. Das neue städtische Museum ist
nun von der Stadt selber finanziell fundiert worden. Von
Plan und Organisation der Sammlungen war im letzten
212
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Heft die Rede. Jetzt haben die Stadtverordneten den Be-
schlüssen des Magistrats ihre Zustimmung erteilt, wonach
die Summe von 252000 Mk. zu den Zwecken der Galerie
sogleich zur Verfügung gestellt wird; für das nächste Jahr
sind 100000 Mk. und für die drei folgenden je 30000 Mk.
vorgesehen, und diese ganze Summe soll gleichfalls schon
jetzt in Rechnung gezogen werden. Diese Aufwendungen
kommen vornehmlich der Sammlung Frankfurter Kunst
und der Skulpturensammlung zugute: an beiden Stellen
ist von Direktor Swarzenski schon ein bedeutender Grund-
stock geschaffen worden. Die in der letzten Zeit ausge-
stellten 28 Bilder von Boehle sind so gut wie angekauft,
und die Skulpturensammlung besitzt schon eine größere
Anzahl von meist deutschen, zum Teil sehr interessanten
Plastiken. Über die neueste Erwerbung auf diesem Ge-
biet berichtet die „Frankfurter Zeitung“:
Die Verhandlungen mit Frau Furtwängler, der Witwe
des großen Münchener Archäologen, sind zum Abschluß
gekommen und haben zur Erwerbung der Furtwängler-
schen Antikensammlung für die plastische Abteilung der
neuen städtischen Galerie geführt. Die Sammlung umfaßt,
von den Fragmenten abgesehen, über hundert Stücke, die
durchweg von künstlerischem und wissenschaftlichem Inte-
resse sind, darunter eine große Anzahl von Werken, die
zu dem hervorragendsten gehören, was wir aus den be-
treffenden Gebieten der antiken Kunst besitzen. Es handelt
sich ausschließlich um Werke der Kleinkunst, und zwar
vornehmlich um Werke der Kleinplastik: Bronzen und
Terrakotten. Diese geben in erlesenen Exemplaren einen
fast vollständigen Überblick über die Entwickelung der
riechischen Plastik, von der archaischen Zeit bis zur
ellenistischen Epoche. Entsprechend der künstlerischen
Persönlichkeit Furtwänglers überwiegt bei allen Stücken
der rein künstlerische Charakter über das eugere archäo-
logische Interesse. Es ist nur dem persönlichen Entgegen-
kommen und der Opferwilligkeit von Frau Furtwängler
zu danken, daß die Sammlung schließlich doch für Frank-
furt erworben werden konnte; ein viel höheres Angebot
von amerikanischer Seite wurde ausgeschlagen, um die
Sammlung als geschlossenes Ganzes in Deutschland zu
erhalten. Überdies wurde ein schöner lebensgroßer Ala-
basterkopf Alexanders des Großen, aus Ägypten stammend,
von Frau Furtwängler der jungen Frkf. Samml. gestiftet.
Hannover. Der 18. Dclegiertentag des Verb. Deutscher
Kunstgewerbevereine, der am 22. März dieses Jahres
in Hannover Zusammentritt, hat eine sehr umfangreiche
Tagesordnung zu erledigen. Er hat nicht nur die Berichte
über die geschäftlichen Angelegenheiten des Verbandes
entgegenzunehmen, er wird sich auch nicht allein, wie
schon mitgeteilt, mit der kunstgewerblichen Gebühren-
ordnung, mit dem Rechte der Angestellten an ihren Ent-
würfen, mit Lehrwerkstätten und Wanderausstellungen
beschäftigen, sondern er wird auch über kunstgewerbliche
Fachzeitschriften, über Kunstgewerbe- und Gewerbe-
museen, über den Austausch von Jahresberichten, über
das Abhalten eines Kunstgewerbetages, über die Be-
ziehungen zum Deutschen Werkbunde und endlich über
den Wert der technischen Arbeit als Erziehungsmittel
beraten. Von Seiten der Deutschen Regierungen werden
maßgebende Vertreter zu dem Delegiertentage erscheinen.
St. Johann. In dem neuen Saar-Museum, dessen Er-
öffnung im April d. J. stattfinden soll, sind neben der
naturwissenschaftlichen und der Industrie-Abteilung (die
den wesentlichsten Bestandteil bilden) auch zwei Säle für
Kunstgewerbe vorgesehen. Man hofft aus dem Kunst-
besitz alter Familien im Saargebiet eine interessante
Sammlung zusammenzubringen.
Köln. Zum Direktor des Kunst- und Gewerbemuseums
wurde als Nachfolger Otto von Falkes der bisherige
Assistent am Berliner Kunstgewerbemuseum Dr. Creutz
ernannt.
München. Die Obliegenheiten Prof. Furtwänglers sind
nach seinem Tode geteilt worden. Prof. Wolters aus Würz-
burg übernimmt außer der Professur an der Universität die
Leitung der Glyptothek und des Gipsabgußmuseums, und
Furtwänglers Assistent Dr. Sieveking Vasensammlung und
Antiquarium.
Weimar. Der Großherzog hat dem Staatsmuseum
die einen Wert von ungefähr 30000 Mk. repräsentierende
Sammlung von Münzen und Medaillen des Dresdener
Sammlers Dr. Spitzen geschenkt. Die Sammlung ent-
hält besonders viele Stücke aus der Reformationszeit.
Der Umbau des alten großherzoglichen Museums in
Weimar, der sich auf alle Räume, die Preller-Galerie aus-
genommen, erstrecken soll, ist vom Großherzog genehmigt
worden. Die Kosten des Umbaues, der nach den Plänen
des Professors van de Velde erfolgen soll, werden auf
etwa 250000 Mark geschätzt.
Rom. Auf Grund des Übereinkommens zwischen der
österreichischen Botschaft und dem Ministerium der öffent-
lichen Arbeiten wird das Palazetto di Venezia abgetragen
und auf einem Raum zwischen Piazza di San Marco und
Via degli Astalli wieder aufgebaut werden. In Wien
wird unterdessen über den Palazzo di Venezia ein großes
Werk vorbereitet, dessen Verfasser J. P.Dangel,M.Dvoräk
und H. Egger sein sollen.
— Die Villa Bonaparte, welche vor einem Jahre vom
preußischen Staate angekauft wurde, ist leider nicht für
ein deutsches Künstlerheim (in der Art der französischen
Akademie) bestimmt worden, worauf die Künstler in Rom
schon gehofft hatten. Der Vertreter Preußens beim Vati-
kan wird die Villa beziehen. Ein kleiner Trost ist es,
daß die Villa Falconieri bei Frascati vom Kaiser zum
Aufenthaltsort für deutsche Künstler bestimmt ist; zu
welchem Zwecke auch Ateliers für Maler und Bildhauer
angebaut werden sollen (von v. Ihne).
Die Hebung der künstlerischen Kultur des Ita-
lienischen Klerus ist ein Wunsch, welcher Pius X. be-
sonders am Herzen zu liegen scheint. Der Kardinal Staats-
sekretär Merry del Val hat an die Erzbischöfe und Bischöfe
Italiens ein Rundschreiben erlassen, in welchem um-
fassende Maßregeln getroffen sind, die Geistlichen des
Landes zu verständnisvollen Hütern der ihnen anver-
trauten Kunstschätze zu machen. In jeder Diözese, so
hat Pius X. angeordnet, soll eine Kommission eingesetzt
werden wenigstens aus zwei Mitgliedern bestehend, die
zu verhüten haben, daß aus den Kirchen irgend etwas
entfernt werde und daß nichts zugrunde gehe. Diese
Kommissionen, in welche Geistliche und Laien berufen
werden können, sollen vollständige Kataloge verfassen
und die Vorgesetzte geistliche Behörde dauernd über alle
Vorgänge auf dem laufenden erhalten. Den Bischöfen
wird überdies empfohlen, bei ihren Besuchen in den Diö-
zesen sich persönlich zu überzeugen, ob diese Anord-
nungen pünktlich befolgt werden.
Als eins der wichtigsten Mittel den Geistlichen ein
Verhältnis zur Kunst zu geben, welches ihnen bisher
meistens gefehlt hat, empfiehlt Pius X. die Errichtung
Kunstwissenschaftlicher Lehrstühle in den Seminarien oder
doch wenigstens die Einrichtung von Vorträgen über
Kunstgeschichte. So ist in Mailand bereits ein geistlicher
Lehrstuhl für Kunstwissenschaft errichtet worden und an-
dere werden vorbereitet. Der Papst bringt diesem Unter-
nehmen, wie versichert wird, das größte persönliche
Interesse entgegen. Die entlegenste Kirche, so soll er
sich geäußert haben, muß einen Katalog ihrer Kunst-
schätze besitzen und unter verständnisvoller Aufsicht
stehen. Denn sie könnte ein Kunstwerk von unschätz-
barem Wert enthalten, welches durch dauernde Vernach-
lässigung sicherem Untergange geweiht sein würde.
Sollten die Pläne Pius X. so ausgeführt werden, wie
er es wünscht, so würde damit in der Tat für die Denk-
malspflege in Italien etwas unendlich wichtiges und segen-
bringendes geleistet worden sein. E. St.
Verona. Ein bemerkenswerter Fall von gesetzlichem
Denkmalsschutz gereicht Verona zur Ehre; ein Bürger ist
verurteilt worden, weil er die Balkone an seinem Hause
verkauft hatte, obgleich diese staatlich nicht in das In-
ventar der unverkäuflichen Kunstgegenstände aufgenommen
waren. Das Gericht hat also die unzulänglichen Ausfuhr-
verbote durch ein Präjudiz ergänzt, das den ästhetischen
Bestand der Immobilien zu erhalten strebt.
Barcelona. Die hiesigen Kunstsammlungen erfahren
zur Zeit eine Neuordnung. Die Gemälde moderner Meister
sind jetzt im ehemaligen Museo de Rcproduciones unter-
gebradit, während die älteren Gemälde im Palacio Real
ein neues Heim finden. Neben zahlreichen hochromani-
schen und gotischen Plastiken wurde in letzter Zeit vom
Museum das Hauptwerk des Maestre Alfonso, die Marter
des heil. Mena aus S. Cugat de Vallas, sowie ein großer
katalonischer Retablo aus dem Anfang des XV. Jahr-
hunderts mit Szenen aus dem Leben des heil. Petrus und
heil. Georg erworben.
UTERATUR
Budolf Sillib. Schloß und Garten in
Schwetzingen. Heidelberg, Carl Winter’s
Universitätsbuchhandlung, 1907.
Das hübsch ausgestattete kleine Buch stellt
eine vollständige, sehr sorgsam ausgearbeitete
Monographie dar, welche vor so mandien an-
deren Publikationen in den bekannten Mono-
graphiensammlungen den Vorzug wissensdiaft-
lichen Wertes hat, ohne des Reizes liebens-
würdiger Darstellung zu entbehren. Der Ver-
fasser, Bibliothekar in Heidelberg, der es seiner
Vaterstadt Mannheim zu- ihrem 300-jährigen
Jubiläum gewidmet hat, zeigt sich durch große
Vertrautheit mit seinem Gegenstände — wie sie
sich nur durch ein liebevolles Verhältnis und
durch langjährige Änschauung ergibt — zu seiner
Aufgabe von vornherein wie berufen. Indem
er durch dankenswerte archivalische Forschung
eine ganze Reihe interessanter neuer Notizen
beibringt und die Schwetzinger Anlagen nach
ihrem kunst- und kulturgesdiichtlichen Werte
zu würdigen weiß, hat er uns einen vorzüglichen
Beitrag zur Kenntnis jener Tage geliefert, wie
wir nur wünschen können, daß in solcher Weise
noch manche von den Fürstensitzen des 18. Jahr-
hunderts behandelt werden möchten, an denen
Deutschland, Dank der vielgeschmähten und doch
so segensvollen Kleinstaaterei, noch heute so
reich ist.
Sillib vermag die Geschidite von Schwetzingen
in sehr früher Zeit mit einigen Streiflichtern zu
beleuditen. Wir erfahren, daß die anfängliche
ritterliche Herrenburg im 15. Jahrhundert in pfalz-
gräflichen Besitz übergeht, und wie hier lang-
sam eine kurfürstliche Residenz entsteht, die
aber unter den Stürmen des 30-jährigen und
des Orleans’schen Krieges zu leiden hat, ja zer-
stört wird, bis dann unter den drei Kurfürsten
des 18. Jahrhunderts jene bezaubernde Schöpfung
hervorgerufen wird, die als eine der groß-
artigsten Leistungen der Fürstenkultur jener
Tage mit an erster Stelle zu nennen ist. Der
Anteil, den einige der bedeutendsten Künstler
ihrer Zeit und ihres Faches, sei es am Sdiloß,
sei es am Garten in Schwetzingen haben — ich
nenne nur Alessandro Galli Bibiena, Nicolas
Pigage, E. Bouchardon, A. v. Verschaffelt, Gabriel
Grupello, und die Gartenkünstler August Petri
und L. F. Sckell (der später in Ngmphenburg
und in München am englischen Garten tätig) —
zeigt allein schon, weldien Wert eine Mono-
graphie über diese Anlage für die allgemeine
Kunstgeschichte hat. Wie hier Barock, Rokoko
und schließlich der englische Stil sich nach-
einander die Hände gereicht haben und wie
trotz dieser Stilabwandlungen Schwetzingen
doch eine Schöpfung von einheitlicher, unver-
gleichlich harmonischer und anmutiger Wirkung
geworden ist wie wenige andere der Art, das
schildert Sillib in sehr eingehender und anschau-
licher Weise. Er entrollt ein Bild einer einzelnen,
allerdings besonders großartigen Stätte und gibt
damit eine für die Kenntnis und das Ver-
ständnis jener merkwürdigen und glänzenden
Epoche geradezu typische Schilderung.
A. Peltzer.
s
Melhop, Alt-Hamburgische Bauweise.
Mit 274 Abbild. Hamburg, Boysen & Maasch.
1908 (brosch. M. 16.—).
Alte Architektur gibt es in Hamburg kaum
noch. Was der große Brand von 1842 übrig
gelassen hatte, ist der modernen städtischen Ent-
wicklung zum Opfer gefallen. Melhop hat das
Verdienst, alle erreichbaren Abbildungen wich-
tiger Profanbauten gesammelt und dem Studium
zugänglich gemacht zu haben. Ein reiches Ma-
terial an Photographien, Stichen, Handzeich-
nungen aus dem Besitz von Behörden und
Museen sowie nach eignen Aufnahmen des Ver-
fassers. Die hübschen Zeichnungen gehören zu
den von Lichtwark angeregten, zuerst im „Pan“
veröffentlichten Darstellungen von alten Häusern
und Dielen.
Das Buch ist aus Liebe zu Hamburg ent-
standen. Eine kunstgeschichtliche Behandlung
lag nicht in der Absicht des Verfassers. So über-
wiegt im Text das lokalgeschichtlich Interessante.
Das umfänglichste Kapitel, das die Fassaden-
entwicklung verfolgt, beschränkt sich auf eine
chronologische Aufzählung der einzelnen Gebäude
und ihrer Schicksale. Eine Charakterisierung eines
besonderen hamburgischen Stiles wird kaum ver-
sucht.
Von mittelalterlichen Häusern können nur
wenige Abbildungen eine Vorstellung geben.
Erhalten ist keins. Mit abgetreppten Giebeln
und einer Lisenen- oder Pfeilergliederung der
Front, gewöhnlich erst an der Giebelwand be-
ginnend, unterscheiden sie sich nicht von denen
214
Monatshefte für Kunstwissenschaft
anderer norddeutscher Städte. Die Renaissance ist
zunächst, vom ersten Drittel des 16. Jahrhunderts
an, nur durch Fachvverkbauten vertreten, denen
Melhop ein eignes Kapitel widmet. Als frühester
Massivbau der Renaissance wird die Fassade
bezeichnet, die man 1602 aus Ziegel- und Hau-
stein in holländischem Geschmack vor das lang-
gestreckte gotische Rathaus setzte. Zwischen
den breiten Fenstern standen Kaiserfiguren in
Nischen. Ein Giebel fehlt merkwürdigerweise,
wenigstens auf der erhaltenen Ansicht. Dagegen
ist der charakteristische Dachreiter da. Das „rote
Haus“ (1617) und der „Kaiserhof“ (1619), dessen
Front im Museum für Kunst und Gewerbe kon-
serviert wird, sind die einzigen wichtigen Zeugen
für die Aufteilung der Fassade durch ein Gerüst
von Pilastern resp. Halbsäulen und Gurtgesimsen.
In den so gebildeten rechteckigen Feldern machen
sich die Fenster derart breit, daß kaum ein
schmaler Wandstreifen übrig bleibt. Ein solches
konsequent durchgefflhrtes System von Trägern
und Gesimsen, das sonst in Norddeutschland
schon früher, in Danzig z. B. in den 60er Jahren
des 16. Jahrhunderts auftaucht, geht mehr auf
süddeutsche Anregungen zurück, als auf Holland,
wie Melhop meint. Für längere Zeit eingebürgert
hat sich dieser Aufbau im Norden nirgends. Man
empfand eine gesunde Abneigung gegen das
vorgelegte Rahmenwerk, das weder eine or-
ganische Funktion hat noch rhythmisch gliedert.
Die holländische Architektur mit ihrem male-
rischen Fläciienciiarakter wurde als sinnesver-
wandter willkommen geheißen. Neben den be-
deutenden auswärtigen Denkmälern dieses Stiles
(Rathaus in Münden, Zeughaus in Danzig, Börse
in Kopenhagen) ist das hamburgisdie Rathaus,
nadi der dürftigen Abbildung zu urteilen, nur
ein bescheidenes Beispiel.
Bedeutungsvoller für Hamburg sind die zahl-
reichen, durdi Photographie und vereinzelt noch
im Original erhaltenen Fassaden aus der 2. Hälfte
des 17. Jahrhunderts, in denen Melhop „franzö-
sischen Einfluß“ wahrnimmt. Sie sind ebenso-
gut der klassizistischen Richtung in Holland an-
zugliedern, deren Hauptdenkmal, das Stadthaus
zu Amsterdam, 1648 begonnen wurde. Man
überträgt die Kolossalordnung von Pilastern auf
die schmalen, oft nur dreiachsigen Fronten und
führt die mittleren Vertikalen am Giebel auf-
wärts. Überschlanke Pilaster (aus Holz) ziehen
sich auch an den Rändern der bis zu 3 Stock
hohen »Ausluchten“ hinauf, die den Häusern
einen charakteristischen asymmetrischen Akzent
geben. Diese Vorbauten, auf schmalem recht-
eckigen Grundriß in Fachwerk errichtet, sind je-
doch nur ein beweglicher, von der massiven Wand
lösbarer Schmuck, unabhängig von der eigent-
lichen Fassade. Diese bewahrt ein flaches Relief.
Es schieben sich nicht, wie in Süddeutschland,
zwei Träger, Pfeiler und Säule, voreinander. Ein
breiter flacher Pilaster ist die Regel. Säulen
fehlen gänzlich. Die Fenster sitzen rahmenlos
und ohne vorspringende Verdachung in der
Wand. In der Folge der Fenster findet kein
Wechsel statt. Das Mezzaningeschoß ist eine
Ausnahme. Kommt einmal Schmuck an der
Fassade vor, dann sind es schwere, üppig zu-
sammengedrängte Frucht- und Blumenguirlanden,
die glatte Fläche ringsum eher betonend als ne-
gierend. — Gegen Ende des Jahrhunderts tauchen
einzelne breit sich streckende Palastbauten
zwischen den hohen Fronten auf, zum Teil völlig
im internationalen Modestil, wie das Görzische
Palais (1710).
Eigenartiger entwickelt sich die Physiognomie
des bürgerlichen Hauses im 18. Jahrhundert. Ja,
man kann sagen, daß die hamburgische Archi-
tektur nun ihren eigensten Ausdruck findet. Der
abwägende, zurückhaltende Charakter, den die
Fassade bereits im 17. Jahrhundert angenommen
hatte, steigerte sich zu einer kühlen, harten Vor-
nehmheit. Die Kolossalordnungen verschwinden.
Kapitäle, jede Schmuckform scheiden aus. Schlichte
Lisenen bilden mit glatten Gesimsen die Rahmen
der ganz wenig zurückliegenden Fensterfelder.
Ein flach aufliegendes Band markiert die Stock-
werke. Der Hauptmeister dieser Zeit, Sonnin
(1713 — 1794), pflegt seine Fronten seitlich durch
rustikaartig gegliederte Streifen zu begrenzen,
die der Flächenbewegung ein neues, aber nicht
vorlautes Moment zufügen. Hier und da ist der
Mittelteil der Fassade als Risalit um ein Geringes
vorgezogen. In dieser Folge knapp und kantig j
sich voneinander absetzender Schichten scheint ^
jeder Zentimeter Stein genau berechnet, der
schmälste Schlagschatten berücksichtigt. Es ist :
charakteristisch, daß man den Ziegel roh läßt
und die weichen, verwischenden Übergänge des
Verputzes vermeidet. Eine norddeutsche, ver- |
standesmäßige, wenn man will, etwas pedan- 1
tische und phantasiearme, aber für unser mo- 'J
dernes Empfinden höchst geschmackvolle und f
distinguierte Kunst, aus der auch Messels Fas- |
saden ihren Ruhm schöpfen. Einmal hat man j
versucht, einer Front durch Rokokoornament 1
und eine bewegtere Giebelsilhouette einen sprü- ^
henderenZug zu geben. Zwischen süddeutschen ^
Fassaden würde sie sich ausnehmen wie ein i
Hamburger, der in einen Münchner Karneval I
hineingeschneit ist. J
Die allgemeine Wendung zur klassizistischen j
Architektur am Ende des 18. Jahrhunderts be-
deutete für Hamburg keinen „völligen Um- ^
Schwung in der Bauweise“, wie Melhop glaubt.
Literatur
215
Nirgends führte der Weg direkter darauf los als
hier. Die Leistungen beweisen allerdings neben
den Werken der Sonninsdien Zeit einen trau-
rigen Niedergang. Das Äuge reagierte nicht
mehr wie im 18. Jahrhundert auf das leise Vor-
und Zurücktreten der Flächen. Man gibt das
Risalit auf, ebenso die Stockwerkbänder und
Fensterfelder. Eine philiströse Nüchternheit glättet
die Fassade zu einem Brett mit so und so viel
Lödiern. Zum Teil hängt das mit dem Äuf-
kommen der Mietshäuser zusammen, über deren
großes Format man nicht Herr werden konnte. —
Äus der Periode der „historischen Stile“, die
Melhop etwa bis 1860 verfolgt, hat das archi-
tektonische Gesicht Hamburgs keine wesentlich
individuellen Züge gewonnen.
In einem besonderen Kapitel wird das Innere
des alten hamburgischen Kaufmannshauses behan-
delt. Hierfür liegt weniger Material vor als für die
Fassade. Es scheint auch in Hamburg an Grund-
rißaufnahmen alter Häuser zu fehlen. Im Prinzip
ist die Disposition der Räume auf den schmalen,
tiefen Grundstüdcen die gleiche wie in anderen
norddeutschen Handelsstädten von Bremen bis
Danzig: ein Vorderhaus mit Diele und Wohn-
zimmern durch einen am Hof liegenden Ärm vom
Hinterhaus getrennt, das als Speicher diente. Die
aus dem niederdeutschen Bauernhaus her-
stammende Diele, die fast ein Drittel der ge-
samten Grundfläche einnimmt, hat sich seit dem
17. Jahrhundert über den bloßen Nutzwert für
den Geschäftsverkehr hinaus zu einem Empfangs-
und Gesellschaftsraum entwichelt, der mit seinen
überraschenden Äbmessungen, dem hellen, von
Straße und Hof hergeführten Licht, der breiten
Treppe und reichen Stuckdekoration den bürger-
lichen Stolz der hanseatischen Patrizier ebenso
würdevoll repräsentiert wie der Saal eines Ädels-
palastes.
Eingeleitet wird das Buch durch instruktive
Mitteilungen über mittelalterliche Baumaterialien
und staatliches Bauwesen in Ält-Hamburg. Den
Beschluß macht eine Führung durch die Gänge
und Höfe der Ältstadt. Diese malerischen Gassen
sind der einzige Ort, wo der Reisende sich heute
zwischen der Vergangenheit noch leibhaft er-
gehen kann, nachdem er sich am neuen Bahnhof
gefreut, an anderen modernen Gebäuden mög-
lichst vorbeigesehen und bei Cölln gefrühstückt
hat.
Äugust Grisebach.
s
Deutsches Leben der Vergangenheit in
Bildern. Ein Ätlas mit 1760 Nachbildungen
alter Kupfer und Holzschnitte aus dem 15. bis
18. Jahrhundert. Mit Einführung von Dr. Ä.
Kienzle herausgegeben von Eugen Diede-
richs. Band I. Jena 1908.
Äuch diejenigen unter den Nicht-Fachleuten,
die von alter deutscher Kunst mehr kennen als ein
paar Meisterwerke Dürers und Holbeins, be-
sitzen doch von alter deutscher Graphik meist
nur eine ganz vage Vorstellung, die selten über
eine Kenntnis der populären Dürerschen Holz-
schnittfolgen hinausgeht. Bei dem starken
gegenständlichen Interesse der Graphik, das
geeignet ist, ihr gerade die Gunst des Laien
schnell zu erwerben, liegt der Grund hierfür
gewiß in erster Linie an dem Mangel an ein-
schlägigem, wohlfeilem Reproduktionsmaterial.
Diesem Übelstand sucht der von Eugen Diede-
richs in Jena herausgegebene zweibändige Ätlas
„Deutsches Leben der Vergangenheit in
Bildern“ abzuhelfen, von dem der erste Band
soeben erschienen ist, der zweite im Frühjahr
dieses Jahres nachfolgen wird. Beide Bände
werden vereint ein Kompendium von nicht
weniger als 1760 Nachbildungen alter deutscher
Kupferstiche und Holzschnitte zu dem billigen
Preise von 27 M. broschiert (33 M. geb.) um-
fassen. Der Ätlas stellt sich dar als eine Er-
gänzung zu den reich illustrierten „Mono-
graphien zur deutschen Kulturgeschichte“, die
Professor Dr. Georg Steinhausen in gleichem
Verlage vor einigen Jahren herausgab, ist aber
so angelegt, daß er auch selbständig benutzbar
ist. Eine Einleitung von Dr. Ä. Kienzle orien-
tiert in knappen Worten über die historische
Entwicklung und das Wesentliche der Tech-
niken. Im übrigen beschränkt sich die textliche
Beigabe zu den einzelnen Äbbildungen auf
kurze Unterschriften mit Ängabe des Verfassers,
der Technik, Provenienz, Datierung und Haupt-
literatur, wozu im Notfall einige wenige das
Sachliche erläuternde Worte kommen, die prak-
tischerweise nicht in einem Änhang, sondern
unter dem dazugehörigen Bilde stehen. Än
Äußerlichkeiten der Einrichtung ließe sich nur
aussetzen, daß die Querblätter auf den rechten
und linken Seiten nicht nach derselben Richtung
angeordnet sind, wodurch das lästige zwei-
malige Herumdrehen des schweren Buches ver-
mieden wäre.
Der Ätlas will nicht eine vollständige Ge-
schichte des deutschen Kupferstiches und Holz-
schnittes in Bildern geben, sondern beschränkt
sich auf Schilderungen aus dem geselligen
Leben und Treiben, bringt dazu nur Bilder, die
216
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in den Monographien nicht veröffentlicht wur-
den, das will heißen, meist also überhaupt noch
nicht reproduzierte Abbildungen. Er will die
Kenntnis der deutschen Volkskultur verbreiten,
verfolgt aber erst in zweiter Linie speziell
wissenschaftliche Zwecke, und diese Absicht
rechtfertigt vollkommen die Anordnung des
Stoffes nach sachlichen und chronologischen Ge-
sichtspunkten.
Die Inkunabeln des Kupferstiches machen
den Anfang. Die überragende Bedeutung des
Meisters E. S. und des Meisters des Hausbuches
kommt gut zum Ausdruck. Die übrigen Früh-
stecher sind mit charakteristischen Blättern ver-
treten, so der Meister mit den Bandrollen mit
dem originellen Streit der Weiber um die
Männerhosen, der Meister der Liebesgärten mit
seinen beiden Hauptblättern, der Meister b x 8
(merkwürdigerweise bg gelesen !) mit dem reiten-
den Liebespaar. Auch unter den Holländern
fehlt kein bedeutenderer Name; der Meister
von Zwolle, der sehr gut vertretene von Mecke-
nem, von dem man u. a. das große Fest des
Herodes sieht, jene wahre Fundgrube für den
Kostümforscher, der Meister M. Z., dessen Ball-
fest passend der Tanzgesellschaft des Lucas
van Leyden gegenübergestellt ist. Die Inku-
nabeln des Holzschnittes setzen mit einigen
interessanten Tafeldrucken ein, darunter dem
kuriosen Blatt des Hanns Paur, das in 24 Ab-
bildungen eine Inventaraufnahme der haupt-
sächlichsten zur Ehe nötigen Hausgeräte gibt.
Von der frühesten illustrierten Buchliteratur fin-
det man das Wichtigste in meist mehreren Bei-
spielen vor; der Augsburger Frühdruck ist durch
Schnitte aus Drucken des Johannes Bämler, der
Melusine, der Historie der Sigismunda und
Rodoricus Zamorensis: Spiegel des mensch-
lichen Lebens vertreten. Den Basler Frühdruck
lernt man in Schnitten aus dem Spiegel der
menschlichen Behältnis, den Lübecker aus Ru-
dimentum Noviciorum, den Kölner aus der 1499
datierten Koelhoffschen Chronik von Köln, den
Ulmer aus dem von Leonard Holl 1484 ge-
druckten Buch der Weisheit kennen. Von 1500
rund gerechnet an werden die Techniken nicht
mehr getrennt, der Gegenstand der Darstellung
wird Haupteinteilungsprinzip. Zunächst wird
uns das Leben des Bauern, zuerst das des
arbeitenden Bauern vorgeführt, vorzüglich
eingeleitet durch neun Schnitte aus Crescentius,
Nutz der Ding, die im Acker gebaut werden.
Wir werden bekannt mit dem Metier des Hir-
ten, des Pflügers, des Säemanns, des Gärtners,
des Schmiedes, des Imkers, des Fischers, kurz
in alle Vorkommnisse der bäuerlichen Arbeit
eingeweiht. Der feiernde Bauer hat in H. S.
Beham seinen Hauptinterpreten gefunden. Aus-
gelassene Tanzszenen, wüste Saufgelage, die
mit Schlägereien oder Unanständigkeiten enden,
sind das übliche, aber auch das ehrbar im Sonn-
tagsstaat zur Kirche wandelnde Bauernpaar
kommt vor. Darauf folgen Darstellungen aus
dem Leben des Bürgers, eingeleitet durch
24 Schnitte aus den kulturhistorisch wie künst-
lerisch gleich wertvollen Illustrationen des Hans
Weiditz zu Petrarka Trostspiegel. Daran
schließen sich einige Trachtenbilder, Darstel-
lungen aus dem Gewerbe des Buchdruckers,
daran die einzelnen Gelehrtenberufe, endlich
Porträtschnitte berühmter Gelehrter und Refor-
matoren. Über die das Zeitalter bewegenden
religiösen Vorstellungen berichten Blätter
wie der Antichrist aus der Schedelschen Chro-
nik, die Prozession aus dem Schatzbehalter,
Ablaßverkauf, Luthersche Thesenanschlag usw.
Die Schrecknisse des mittelalterlichen Rechts-
wesens illustrieren besonders drei Schnitte
aus dem bei Othmar in Augsburg 1509 er-
schienenen Laienspiegel, darunter eine wahre
Musterkarte der mittelalterlichen Strafen. Mit
dem Gerichtswesen hängen Aberglauben und
Hexenwesen eng zusammen. Das Kapitel
„Kunst und Künstler“ macht uns bekannt
mit den Beschäftigungen des Malers, Bildhauers,
Goldschmiedes, des Instrumentenbauers, Geo-
meters, Astronomen. Namentlich die beiden
Monatsbilder des Mercurius, wovon das eine
einem älteren niederländischen Blockbuch ent-
nommen ist, das andere H.S. Beham zum Ver-
fasser hat, sind in dieser Hinsicht aufschlußreich.
Nach einigen Todesdarstellungen, unter
denen man ungern Burgkmairs „Tod als Wür-
ger“ vermißt, folgt der Abschnitt „Frauen und
Liebe“, der die Freuden der Liebe, Ehe und
Mutterschaft, aber auch die Kehrseite der Me-
daille: Weiberlaunen, Ehezwistigkeiten, käuf-
liche Liebe und Ehebruch behandelt. Daran
reihen sich Tanz- und Musikszenen, so-
dann Bilder aus Hauswesen und Küche,
letztere eröffnet mit dem Faksimile eines mit
Holzschnitt gezierten Flugblattes mit dem lau-
nigen Hans Sachssdien Gedicht: Rat zwischen
dregerley Hegrat. Die Geheimnisse des Küchen-
betriebes bereiten auf die Tafel- und Trink-
szenen vor. Über das Handwerk orien-
tieren 12 Blätter von Jost Amman aus: Be-
schreibung aller Stände'. Unter den Spielen
interessiert besonders Die Kegelbahn im Freien
nach einem Christoph Maurerschen Schnitt.
Szenen aus dem Schützen wesen leiten end-
lich zu den Bildern aus dem Leben der Vor-
nehmen über, dessen Schlagworte Turnier und
Jagd lauten. Mit Darstellungen aus dem Kriegs-
Literatur
217
leben, interessanten alten Stadtbefestigungen,
Kämpfen, Belagerungen schließt der erste Band,
der das 15. und 16. Jahrhundert umfaßt.
Diese knappe Inhaltsangabe möge zeigen,
welch eine Fülle von Änschauungsmaterial hier
niedergelegt ist. Die Ärt der Vervielfältigung der
Bilder ist die Strichätzung, die dem feinen Linien-
gefüge des Kupfers gegenüber ja allerdings bis-
weilen versagt, im allgemeinen aber durchaus
befriedigt. Für diejenigen, deren Betrachtung
über das Gegenständliche der Darstellung hin-
ausstrebt, ist die Korrektur durch das Stu-
dium der Originale natürlich überall unerläß-
lich, schon weil die meisten Abbildungen des
Diederichsschen Atlasses die Größenmaße des
Originales willkürlich verkleinern. Damit soll
aber einer Benutzung des Werkes auch für den
Kenner durchaus nicht das Urteil gesprochen
sein. Denn der Atlas ist mehr als ein Bilder-
buch für Leute, die lediglich antiquarische Inter-
essen befriedigen wollen. Dank eines für den
Schluß des zweiten Bandes versprochenen Re-
gisters, das sowohl über die Abbildungen des
Atlasses wie über die der Monographien, d. h.
über ein streng wissenschaftlich bestimmtes
Material von rund 3500 Bildern orientiert, kann
der Atlas ein nützliches Nachschlagewerk für
den jungen Kulturhistoriker werden, das be-
dingt selbst die Zwecke eines Lehrbuches zu
erfüllen imstande ist, indem durch häufige glück-
liche Konfrontationen von Wiedergaben des-
selben Gegenstandes der Betrachter zu formalen
Vergleichen und stilistischen Analysen angeregt
wird.
Hans Vollmer,
s
Karl Woermann. Von deutscher Kunst
(Führer zur Kunst Nr. 11/12). Eßlingen, Neff. 1907.
Die nationale Eigenart der Kunst des eigenen
Volkes zu kennzeichnen, ist eine reizvolle, aber
schwierige Aufgabe. Allzuleicht trübt die Nähe
den Blick, macht gegen das Entferntere ungerecht.
Fast alle populären deutschen Schriften über
deutsche Kunst kranken daran, daß der Gesichts-
kreis ihrer Autoren zu eng oder freiwillig be-
schränkt ist. Den verdienstvollen Direktor der
Dresdner Gemäldegalerie und Verfasser einer
„Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker“
wird man nun nicht gerade eines engen Hori-
zontes zeihen können. Und doch scheint es, als
ob sogar ihn ein derart zum Tendenziösen heraus-
forderndes Thema, wie die volkstümliche Dar-
stellung des Wesens der heimatlichen Kunst, bei
aller Unparteiischkeit zuweilen zu einer leichten
Überschätzung des Deutschen geführt habe.
Allgemeiner Wert und Wesen einer Kunst
sind zweierlei. Vielleicht indes leitet der neu-
tralste Weg zum Verständnis ihres Wesens über
die Feststellung ihres Wertes für die Kunst der
anderen Völker und der Bedeutung der fremden
Kunst für sie. Dieser Weg führt zu der Er-
kenntnis: Die deutsche Kunst hat viel mehr
empfangen als abgegeben. Sie hätte sich ohne
den Einfluß Frankreichs und Italiens nicht zu
dem entwickelt, als was sie uns heute erscheint.
Ohne Frankreich besäßen wir keine Gotik, keine
Barockschlösser, keine Rokoko, keinen Klassi-
zissimus, ohne Italien keine Renaissance. Was
wäre aus Dürer, Holbein, Burgkmair, was aus
unseren größten Architekten des 16. und 17. Jahr-
hunderts ohne dieEinwirkung Italiens geworden?
Was umgekehrt wir Frankreich und Italien
gegeben haben, sind vereinzelte Anregungen,
die für die Entwicklung der Kunst jener Länder
nichts bedeuten.
Untersucht man, worin das Wesen der meisten
Kunstrichtungen besteht, die Deutschland ein-
geführt hat, so ergibt sich: in ihrer Monumen-
talität. Die deutsche Kunst mußte von außen
her ergänzen, was ihr von Natur aus fehlte.
Selbständig groß ist sie nur im Übergangsstil
und dann noch in vereinzelten Fällen, wie in
den Werken des Grünewald und Veit Stoß. Ihr
eigentliches Kennzeichen aber ist nicht Größe,
sondern gerade Kleinheit, Intimität. Auf dem
Gebiete der Graphik und des Kunstgewerbes
hat Deutschland sein Eigenstes geschaffen. Dieser
Sachverhalt sollte billigerweise anerkannt werden.
Der einzige Mangel an Woermanns Büchlein
ist, daß es zuweilen die Vorzüge und die Priorität
der fremden Kunst nicht recht gelten läßt und
anderseits Eigenschaften der deutschen Kunst
von zweifelhaftem Werte als besonders gut hin-
stellt. Kein Wort darüber, wie oft in Deutsch-
land die Prinzipien der Monumentalkunst des
Auslandes durch Doktrinarismus zu Tode gehetzt
oder in Dekoration ersticht wurden; man ver-
gleiche den gotischen Kathedralgrundriß, etwa
Amiens mit Köln, die gotische Turmbildung, etwa
St. Nicaise in Reims mit dem ungeheuerlichen
Entwürfe zu der eintürmigen Regensburger Dom-
fassade, den italienischen Renaissancepalazzo
mit dem deutschen Renaissanceschloß.
Zu Einzelheiten ließe sich noch mancherlei
bemerken, so zu der Behauptung, in den Domen
von Naumburg und Limburg sei „fast ein be-
sonderer in sich abgeschlossener deutscher Bau-
stil“ zu erblichen, und zu den Versuchen, die
Hallenkirche als eine nationaldeutsche Schöpfung
hinzustellen. Allerdings sind diese Behauptungen
stets wieder derart eingeschränkt, daß man sie
nicht widerlegen kann. Aber in dem Laien, für
14
218
Monatshefte für Kunstwissenschaft
den doch das Buch bestimmt ist, müssen sie
falsche Vorstellungen erwecken. . Ich verweise
nochmals auf das Beispiel der Hallenkirche. Von
St. Martin in Landshut sagt der Verfasser: „Nie
vielleicht vor der Zeit des Eisenbaus ist ein so
weiter und hoher Raum mit so wenig Pfeiler-
und Wandmasse gestützt und umschlossen
worden wie hier“. Das mag wohl richtig sein.
Daß indes im Änjou und Poitou Jahrhunderte
vor St. Martin nicht viel niedrigere und engere
Räume mit nicht viel weniger Pfeiler- und Wand-
massen gestützt und umschlossen wurden, daß
die italienischen Kirchen vom Typus des Floren-
tiner Domes trotz der größeren Wandflächen
viel weiträumiger wirken, das erwähnt der Ver-
fasser nicht.
Nun, das sind Einzelheiten. Den feinen Be-
merkungen Woermanns über Kupferstich und
Holzschnitt, über unsere Renaissancemaler, über
die Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts wird
jeder gerne beipflichten. Dem Laien wird das
reichhaltige und vorzüglich gewählte Illustrations-
material des Büchleins eine besondere Freude
bereiten.
Stuttgart. Julius Baum,
s
Paul Ferdinand Sdimidt. Frankfurt a.M.
(Stätten der Kultur, Band II.) Buchschmuck
von L. Pollitzer. Leipzig. Klinkhardt & Bier-
mann, 1907. 151 S.
Daß Schmidt als Kunsthistoriker ein sehr
schätzenswertes Können besitzt, hat er durch
sein Buch über Kloster Maulbronn gezeigt. So
mag es Verwunderung erregen, wie wenig Kunst-
geschichtliches in dieser Monographie enthalten
ist, die durch die Sammlungsbezeichnung „Stätten
der Kultur“ nicht ganz vor dem Verlangen ge-
schützt wird, daß man nicht nur ein wenig Bau-
geschichte, Einiges über Burger, Thoma, Boehle
finden möchte. Der Verfasser gleicht einem Ge-
lehrten, der freiwillig das herkömmliche Rüstzeug
in die Ecke warf, um den bequemeren Hausrock des
Historikers und Archivars anzulegen. Von vorn-
herein sei bemerkt, daß er die Aufgabe, in engem
Rahmen eine Stadt- und Kulturgeschichte Frank-
furts zu geben, ausgezeichnet gelöst hat, aber
Bücher wie diese rücken denn doch die Gefahr
nahe, vor der neulich auch Karl Voll in einer
Besprechung von Worringers Cranachbuch
(Beil, zur Allgem. Zeitung Nr. 221, 19. Dez. 1907)
warnte, daß die Kunstgeschichte, nachdem sie
sich endlich als Fachdisziplin freigemacht hat,
wiederum freiwillig älteren Schwestern den Vor-
tritt läßt. Auch darf nicht der Eindruck auf-
kommen, als ob man derartige Städtebilder an *
der Hand der Quellen, Aktensammlungen, Me- |
moiren und Handbücher bequem in seinem Studio b
kompilieren könnte. I
Dieses allerdings ist gerade in Schmidts Buch }
nicht der Fall. Man merkt überall, wie eigene An- |
schauung die Freskomalerei einer im wesentlichen '
historischen Darstellung gleichsam mit einem an \
guten Einfällen reichen, in lebhaften und lustigen
Farben ausgeführten Friesstreifen geschmückt hat. (
Es scheint ein Grundsatz des Verlages zu sein,
bei der Auswahl der Monographen nicht Ein-
heimische, sondern eingewanderte oder ganz
fremde Gelehrte zu bevorzugen; eine Unbefangen-
heit des Urteils wird dadurch erreicht, die einen
an sich löblichen, aber literarisch fast immer un-
genießbaren Lokalpatriotismus so gut wie aus-
schließt. Der Verfasser hat lange genug in
Frankfurt gelebt, um, was Frankfurt war, ver-
stehen, würdigen und lieben zu können, aber
nicht lange genug, um, was Frankfurt ist, un-
befangen mit dem Vergangenen in lebendige Be-
ziehung zu setzen. Er vergleicht; und das Re-
sultat ist für ihn nur sterile Nachahmung im
heutigen architektonischen Schaffen, besonders
in dem der Behörden; Kopie, überall Kopie, wo
eine gebärtüchtige Vorzeit schuf und erfand. Man
fühlt die Enttäuschung, die dieser sehr leiden-
schaftliche Gegner jedes Stileklektizismus bei sei-
nem Rundgang durch das neue, Frankfurt empfand,
und erlaubt sich, seine in starken Worten zutage
tretende Erbitterung manchmal ein wenig über-
hitzt zu finden. Schmidt hat Recht, der neue Römer
ist kein Meisterstück. Aber wo ist es anders in
Deutschland? Die Pseudo -Gotik des neuen
Münchner Rathausanbaues, das noch unvoll-
endete Stadthaus in Hannover .... Ach, die
zornigen Worte nützen hier so wenig! Ein
Königreich für mutige Bauherren und geniale
Architekten I Und was der Frankfurter Magistrat
auf diesem Gebiete gesündigt haben mag, das
hat er auf anderem, dem des Museumswesens
beispielsweise, wieder gut gemacht. Das hätte
Schmidt erwähnen sollen (ausführlicher, als es
auf S. 146 geschehen ist), um nicht in den Ver-
dacht einer gewissen Animosität zu kommen.
Vielleicht liegt es an diesen scharfen An-
griffen, daß man jetzt in Frankfurt den Versuch
zu machen scheint, das unbequeme Buch tot-
zuschweigen. Das ist schade. Denn die Frank-
furter können sich kaum besser über das Werden
und Wachsen ihres Gemeinwesens unterrichten,
als durch die Lektüre dieser aus zuverlässigen
Quellen schöpfenden und dazu flott und lebendig .
geschriebenen, außerdem sehr interessant illu-
strierten Abhandlung.
Walter Cohen.
Literatur
219
Karl Sdiaefer. Bremen. (Stätten der
Kultur, Band III.) Buchschmuck v. C. Weide-
meyer-Worpswede. Leipzig. Klinkhardt & Bier-
mann. 1907. 136 S.
Bremen ist nicht so reich an Zeugen alter
Kultur, wie manche andre deutsche Stadt, wie
vergleichsweise Lübeck oder Danzig. Die Denk-
mäler bürgerlicher Baukunst z. B. sind dünn
gesät; eine lokal bremische Malerei hat es im
Mittelalter nicht gegeben — , Änfang und Zentrum
dafür war eben Hamburg. Äuch eine bremische
Plastik gab es damals nicht, so daß die Fülle
des Materials für die frühen Zeiten den Forscher
nicht verwirrt. Äber das einzelne Objekt ist ja
auch nie das Wesentliche in einer Kultur, das
tiefer Liegende äußert sich viel eindringlicher
in der Gesamtgestaltung einer Stadt, und diesen
Fragen ist der Verfasser dann auch besonders
nachgegangen und hat fast rein auf der Basis
des Stadtbildes und der Baugeschichte uns die
ganze Kulturgeschichte des bremischen Mittel-
alters erzählt. Er hat die Stadtpläne studiert
und ist durch die alten Teile cier Stadt ge-
wandert, und mit scharfem Blick hat er ihre
Physiognomie beurteilt und ihren Charakter
gedeutet. Das alles wird in diesen ersten
Kapiteln „Entwicklungsgeschichte des Stadt-
bildes“, „Mauern und Tore“, „Dom und Pfarr-
kirchen“ in einer klaren Schilderung seltsam
lebendig. — Mit der Darstellung von „Roland
und Rathaus“ ist man schon fast an die Schwelle
der Neuzeit herangekommen — die Hansestadt
seit dem 15. Jahrhundert zeigt tatsächlich ein
unmittelalterliches Gesicht. Künstlerischer Höhe-
punkt war dann die Renaissance, und ihre
schönste Perle ist das Rathaus, so wie der Um-
bau Lüder von Bentheims das ehemalig gotische
Bauwerk in den Jahren 1609—12 umgestaltet
hatte. Die Formensprache dieses Meisters ist
hier noch von zartem Reichtum; man kann sie
noch nicht Barock nennen. Äber es war das
letzte Wort der Renaissance — als es verklungen
war, zogen die Barockkünstler ein, zunächst
1616, in den Schnitzereien der oberen Rathaus-
halle, als Innenarchitekten, dann 1618 die Bau-
meister mit der Fassade des Essighauses und
mit der des Krameramtshauses (1620). Die reine
Renaissance hatte hier aber, wenn sie auch
ziemlich spät (1537) einsetzt, doch fast ein halbes
Jahrhundert geherrscht. Erhalten sind außer
dem herrlichen Finale des Rathauses nur zwei
größere Bauten: Kornhaus und Wage. — Dieses
Kapitel über „Zunftgebäude und Bürgerhaus“
enthält in seinem ersten Teil die hauptsächlichste
kunsthistorische Arbeit, mit der jeder, der über
Renaissance im Norden arbeitet, zu rechnen
haben wird. Seinen Untersuchungen laufen dann
die Bemerkungen über die Form des bürger-
lichen Wohnhauses parallel; es hat sich aus
dem niedrigen Bauerndielenhaus zur Höhen-
gestaltung entwickelt und wurde in der Re-
naissancezeit reicher ausgebildet. — Für den
Außenbau muß aber im 15. Jahrhundert der
Typus des hochaufgerichteten Giebelhauses schon
fixiert gewesen sein. Huch zu diesen Thema
finden sich reiche kunsthistorische Hinweise, und
zwar nicht nur einseitig formal, sondern mit
gründlicher Durchdringung aller Fragen z. B.
der hier besonders interessanten Materialfrage
(Ziegel. — Sandstein).
Ich brauche nicht den Inhalt der weiteren
Abschnitte, über Entwicklung von Handel und
Gewerbe und über das Bremen nach dem
30jährigen Kriege einzugehen; ich müßte doch
nur wieder abschreiben und will mich daher
damit begnügen, auf das kunsthistorisch
Wichtigste hingewiesen zu haben — nicht als
ob es noch immer so wäre, „daß die Kunst-
geschichte bis 1620 geht“, sondern weil die Be-
handlung dieser Blüteepochen einen Prüfstein
bildet für die Qualität des Übrigen, das dann
auch durchaus ebenso gediegen, anschaulich und
aufschlußreich behandelt ist.
Zu den Details sei bemerkt, daß die Ver-
mutung über den Roland, der ursprünglich an
einer Fassade und zwar an der eines früheren
Rathauses, gestanden haben soll, vollkommen
wissenschaftlich begründet ist und mehr als einen
Wahrscheinlichkeitsbeweis für sich hat. — Ob
die gotischen Statuen der Rathausfront, Kaiser
und Kurfürsten, wirklich als Bildnisse angesehen
werden können, ist nicht ausgemacht. Für drei
von ihnen läßt sich an der Hand glaubhaften
Materials der Gegenbeweis bringen, und so wird
man auch die anderen als frei symbolische
Standesrepräsentationen auffassen dürfen. —
Das merkwürdige bronzene Taufbecken im Dom,
das um 1200 entstanden sein mag, zeigt aller-
dings in den Gestalten seiner auf Löwen reiten-
den Träger, die an die Füße des Krodoaltars
erinnern, einen etwas anderen Stil als die etwas
flauen Reliefs am Kessel. Doch befinden sich
an eben demselben Kessel oben am Rande zwei
plastisch gebildete Köpfe (wohl zur Aufnahme
für die Zapfen des ehemaligen Deckels) von
genau demselben Stil und derselben Form wie
die Köpfe der Träger, so daß über diesen Punkt
noch Zweifel möglich sind. Vielleicht werden
diese aber durch eine zusammenfassende Unter-
suchung über Taufbecken in Nordwestdeutschland,
die in einer Hallenser Dissertation vorgelegt
werden soll, beseitigt.’
■ Das sehr instruktiv ausgewählte und im
Einzelfall geschickt und geschmackvoll aus-
220
Monatshefte für Kunstwissenschaft
geschnittene Äbbildungsmaterial des Buches ist
durchweg ausgezeichnet photographiert und
klischiert. Der Buchschmudc, der von Carl Weide-
meyer stammt, wirkt stilvoll und leicht, einige
Initialen und Vignetten sind mit Geschick alten
Bremensien angenähert. Nur die Sdirift auf
demÄußentitel ist eine unbegreifliche Entgleisung,
so schön das Zierstück ist. Wohl mag die
Sdirift zu ihm passen, aber man muß von der
Schrift ausgehen, und danach das Dekorative
einrichten, nicht umgekehrt. Die Zeit, wo un-
leserliche Schrift als künstlerisch galt, ist doch
nun seit fast einem Jahrzehnt vorüber.
E. Waldmann.
s
Edmund Henard,Cöln. Berühmte Kunst-
stätten Nr. 38. Mit 188 Äbbildungen. Leipzig,
E. Ä. Seemann. 1907.
Der Verfasser bemerkt im Vorwort: „Ein
Buch wie das vorliegende soll gar vielen Herren
dienen; es wird den versdiiedenartigsten An-
forderungen begegnen, denen allen zugleidi es
sicherlich nicht gerecht werden kann.“ Nun, das
ist freilich richtig: dem kunstbeflissenen Laien
wird die Arbeit Renards gewiß allzu wissen-
sdiaftlich und nüchtern erscheinen. Nicht so dem
Fachmann! Er weiß, mit welchen Schwierig-
keiten die zusammenfassende Darstellung einer
so überaus reichen und komplizierten künst-
lerischen Vergangenheit wie sie just dieser
berühmten und alten Kulturstätte am Rhein be-
schieden gewesen ist, zu kämpfen hat, und er
ist dankbar, für den Fleiß und die Gewissen-
haftigkeit, mit der dieser erste Versuch einer
zusammenfassenden Behandlung des weiten
Gebietes unternommen worden ist. Von den
Anfängen römischer Kultur in der Ubierstadt
an, geht Renard den Fluß der künstlerischen
Entwicklung bis in die neueste Zeit hinein Schritt
für Schritt bedächtig nach, nichts vergißt er,
alles wird sorgsam registriert und an seiner
Stelle innerhalb des historischen Verlaufs ein-
geordnet. Die beiden Brennpunkte der Cölner
Kunstgeschichte, die unvergleichliche Blüte ro-
manischer und gotischer Kirchenbaukunst und
die nicht minder bedeutsame Cölner Maler-
schule, erfahren eingehende Behandlung, aber
kaum weniger ausführlich wird von der Re-
naissance und den Zeiten des Baroch und Rokoko
berichtet. Wo es da an Werken monumentaler
Kunst gebricht, vertieft sich der Verfasser in
die Schöpfungen der bürgerlichen Kleinkunst
und des Kunsthandwerks und weiß von Cölner
Bortenweberei, Glasindustrie und Steinzeug-
fabrikation, Buchdruck und Möbelkunst, von
Dielen und Wendeltreppen, ja sogar von der
architektonischen Ausbildung der kölnischen
Weißbierwirtschaft vielerlei zu sagen. Diese
gleichmäßig breite Behandlung des Wichtigen
und Nebensächlichen ist eine Schwäche des
Buches. So dankeswert das fleißige Zusammen-
tragen des Materials ist, eine straffere, poin-
tiertere Gruppierung des Stoffes, ein strengeres
Sichkonzentrieren auf die Höhepunkte der Ent-
wicklung wäre hier manchmal wünschenswert
gewesen. Auch hat sich Renard verschiedentlich
allzu streng an die äußere Zeiteinteilung ge-
halten; so bricht er das Kapitel über die Cölner
Malerschule mit dem Meister des Bartholomäus-
alters jäh ab, um erst gegen Schluß des folgen-
den Kapitels „Das Jahrhundert der Renaissance“
zwischen Plastik und Kunstgewerbe die fehlen-
den Meister der Malerschule zu erledigen. Das
allzu Systematische des Vorgehens (so oft die
Schattenseite der Gewissenhaftigkeit!) verdrießt
da zuweilen. Aber aus derselben Quelle ist
doch auch ein ganz vortreffliches Kapitel über
Werke der romanischen Goldschmiedekunst in
Cöln geflossen, das zum ersten Mal den bei-
spiellosen Reichtum der Cölner Reliqienschreine
aus dem 12. Jahrhundert einer systematischen
Darstellung und Stilprüfung unterzieht und die
merkwürdige Durchkreuzung der kölnischen Ent-
wicklung durch die Emailkunst des Maastales
in helles Licht rückt! Da zeigen sich dann wieder
die Vorzüge der Renardschen Behandlungsweise.
Alles in allem: das Wichtigste ist wohl erreicht,
der unerhörte Reichtum künstlerischen Schaffens
im alten Cöln spiegelt sich, in tausend Einzel-
zügen, getreulich in diesem Buche. Das Material
ist nun sortiert und ausgebreitet. Eine Muster-
karte von Streitfragen und unerledigten Themen,
die zur Behandlung locken, liegt da. Renard hat
gute Vorarbeit getan, es wäre nun dringend zu
wünschen, wenn die zünftige Forschung sich in
speziellere Untersuchung der vielen kaum halb-
erschlossenen Einzelgebiete einlassen wollte,
damit die Gesetzmäßigkeit und der geheime
innere Zusammenhang all dieses Blühens und
Werdens endlich klar erkannt und für unsere
Wissenschaft nutzbar gemacht werde!
Egbert Delpy.
s
Julius Baum. Die Bauwerke des Elias Holl.
Mit 51 Abb. und 33 Tafeln. Straßburg. J. H. Ed.
Heitz (Heitz u. Mündel). 1908. Studien zur
deutschen Kunstgeschichte. Heft 93.
Elias Holl als monographische Einzelaufgabe
rechtfertigt sich allein schon durch die eigen-
Literatur
221
sinnige Sdiwabenart und charakterfeste Energie,
mit der der Äugsburger Meister die Äufgaben
des deutsdien Städtebaues im Sinne des italie-
nischen Kunstkanons der Spätrenaissance um-
formte und ihnen eine einheitlich Äugsburgische
Lösung gab. Innerhalb der Stadtmauern hat
daher Elias Holl eine Bedeutung, die der eines
Älleinherrschers in architektonischen Dingen
gleidikommt, denn er hat dem Stadtbild ein
stolzes und unverkennbares Gesicht gegeben.
Äber auch über die Mauern hinaus ist der starke
Mann eine historische Figur von großen Zügen
und außerordentlichen Wirkungen. Dodi stand
er bisher grad nicht in vollem Licht historischer
Erkenntnis. Die vielen Zweifel, die über Statistik
und Chronologie seiner Werke bestanden, sind
in dem Buche Baums mit vertrauenerweckender
Gründlichkeit untersucht und meist erklärt oder
beseitigt. Lokalgeschichtlidi hat es seinen vollen
Wert. Äber die „synthetische Darstellung seiner
Entwid^elung“, die der Verfasser in der Ein-
leitung verspridit, ist er schuldig geblieben.
Denn die mager skizzierten Kapitelchen über
den inneren Weg, den Holl als Schwabe zurück-
legen mußte, um zu Palladio zu gelangen und
wieder von ihm loszukommen, heben sich
nicht über die Genügsamkeit der historischen
Vereinsliteratur provinzialer Region hinaus. Die
findige Geschäftigkeit des Ärchivkenners , der
aus allen Ecken Material herbeisdileppt und
jede Frage mit einer Fülle von Notizen und
Vermerken überschüttet, ist kein Ersatz für die
historische Charakteristik und künstlerische Be-
wertung, auf die Holl Änspruch hat. Die
Synthese zerfällt in eine beträchtliche Zahl von
Änalysen. Uns wird versichert, daß die Kunst
des Elias Holl ein Ausdruck seiner Persönlich-
keit sei. Äber wir begegnen nicht einmal dem
Versuch, diese Begriffe aus dem reichen Stoff
seiner Werke mit Inhalt zu füllen. So ist mit
dieser gewissenhaften Arbeit vor allem jener
Historiker zu beglücicwünschen, der den Künstler
Elias Holl in großem Stile darstellen wird. Das
Material dazu hat Julius Baum in musterhafter
Weise geliefert.
s
Fritz Knapp. Perugino. Bielefeld und
Leipzig, Velhagen & Klasing. 1907. Künstler-
monographien von H. Knackfuß, Bd. LXXXVII.
Ein Buch über Perugino wird man immer
mit einer gewissen Spannung in die Hand neh-
men, weniger vielleicht deshalb, weil man ein
neues künstlerisches Erlebnis erhofft, als viel-
mehr der Organisation des an sich spröden
künstlerischen Stoffes wegen. Denn Perugino
war ein Künstler, der sich nur wenig und, wie
es scheint, nicht zu seinem Vorteil entwickelt
und außerdem nur eine einzige Saite des klang-
reichen menschlichen Empfindungslebens anzu-
schlagen verstanden hat. Man wird Knapp zu-
gestehen müssen, daß er seine schwierige Auf-
gabe trefflich gelöst hat und sich in objektiver
Kritik vor einer Überschätzung seines Helden
zu bewahren weiß.^) In ruhiger, sachlicher Dar-
stellung versucht hier Knapp uns das Lebens-
werk Peruginos in entwichlungsgeschichtlicher
Reihenfolge vor Augen zu führen. Ferner-
stehende werden sich freilich bei der Lektüre
des Buches zunächst fragen, was die einleiten-
den Schilderungen von Perugias blutiger politi-
scher Vergangenheit mit der sentimentalen Lyrik
der Kunst Pietro Peruginos zu tun haben. Man
würde an dieser Stelle vielleicht lieber einige
Hinweise auf das bodenständige Element der
umbrischen Kunst, als deren „Klassiker“ doch
Perugino recht eigentlich zu gelten hat, gesehen
haben, und eher eine Bloßlegung der Fäden
erwarten, die ihn, den Johannes Rafaelscher
Kunst, mit dieser Heimatskunst verknüpfen. Hier-
durch hätten sicherlich die feinsinnigen Aus-
führungen über Peruginos Lehr- und Wander-
jahre an Reiz und wissenschaftlichem Wert ge-
wonnen.
Als Lehrer Peruginos nimmt Knapp im
Gegensatz zu Crowe und Cavalcaselie Fiorenzo
di Lorenzo an, der ihm die Kunstweise Ver-
rocchios übermittelt haben mag. Der Einfluß
Piero della Francescas ist bei Perugino wohl
nur im allgemeinen wahrzunehmen, das heißt
nicht stärker als wie er sich damals fast überall
in Italien bemerkbar macht. Die Werke dieser
etwa bis 1491 dauernden Frühzeit erfreuen
durch ihre schlichte Grazie, den intimen Reiz
und den milden religiösen Geist, dem jede
theatralische Extase fremd ist. Dazu kommt
die unbestimmte Lichtführung, die relativ reiche
Skala zarter Halbtöne, die die Körper umspie-
len und die Anmut und Weichheit der Linien
im Sinne eines einheitlichen Gesamteindruckes
glücklich zu steigern wissen. Von Anfang an
ging Peruginos Kunst auf monumentale Ruhe
im Gegensatz zu der im Barock endenden floren-
tinischen Kunst aus, und dadurch ist er doch
einer der ersten geworden, die der Hoch-
renaissance mit die Wege bereitet haben. Aber
das Evangelium, das er predigte, stieß zunächst
auf taube Ohren, zudem kam es von sdiwachen
Lippen.
y Die Behauptung, daß Perugino der bedeutendste
Landsdiaftsmaler Italiens im Quattrocento gewesen sei,
ist vielleicht die einzige Überschätzung des Künstlers, die
in dem Buche auffällt.
222
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äm Schlüsse dieser Periode wird er von
Signorelli beeinflußt, der mit ihm gemeinsam
an der Kreuzigung der Äkademie in Florenz
arbeitet. Freilich ist der Änteil Signorellis an
diesem Bilde doch wohl größer als Knapp an-
nimmt.
Die zweite Epoche Peruginos 1491 bis 1496
ist die fruchtbarste und glänzendste Schaffens-
zeit, die mit einem Äufenthalte in Florenz zu-
sammenfällt. In diesen Jahren sind seine Haupt-
Schöpfungen, wie die Vision des heiligen Bern-
hard in München und das monumentale Fresco
in Santa Maria della Pace in Florenz entstanden.
Hier wird ein neuer Hymnus auf ein stilles,
keusches Schönheitsideal gesungen, das dann
auch teilweise die Hochrenaissance beherrschen
sollte. Äber man darf nicht glauben, dies neue
Ideal würde etwa bewußt als eine Ärt Protest
dem energisch temperamentvollen Naturalismus
in Florenz und seinen Begriffen der künstleri-
schen Wahrheit entgegengesetzt. Es handelt
sich eben hier nur um eine auf anderem Boden
gewachsene Kunst, die stark genug war, in der
anderen schärferen Luft von Florenz zu ge-
deihen. Der Mangel an dramatischer Kraft
und ursprünglichem Temperament ist übrigens
in dem Bilde in München geradezu zur Tugend
geworden. Filippino Lippi erscheint kleinlich
gegenüber dieser grandiosen Feierlichkeit. Das
Visionäre kommt durch die ätherische Empfin-
dungsweise und den durchsichtigen Glanz der
Farben vorzüglich zum Äusdruck. Dagegen zei-
gen nun die größten Monumentalgemälde, wie
die Himmelfahrt Christi in Borgo San Sepolcro
deutlich genug die Grenzen der Kunst Peru-
ginos. Seine figürlichen Kompositionen bleiben
ganz in der Bildfläche haften, deren Silhouette
freilich ohne sinngemäße lineare Tendenz allein
die künstlerische Wirkung des Ganzen über-
nimmt. Der Sinn für Proportionierung der
Massen geht Perugino vollkommen ab. Äuch
macht sich der Mangel einer scharfen Mar-
kierung des Vordergrundes unangenehm fühlbar.
Perugino organisiert seine Gruppen nur der
Breite, nicht auch der Höhe und Tiefe nach.
Vielleicht hätte das von Knapp mehr betont
werden sollen. Der kurze Äufenthalt in Vene-
dig, der in der Madonna im Louvre den künst-
lerischen Niederschlag am deutlichsten erkennen
läßt, war, abgesehen vielleicht von dem Heiligen-
bilde in Sant’ Ägostino in Cremona für die
folgende Zeit nicht von weittragender Bedeu-
tung. Im Gegenteil, in den Jahren 1496 bis
1499 setzt bereits langsam ein Niedergang der
Kunst Peruginos in koloristischer Hinsicht ein.
Perugino wird als vielbegehrter Künstler mehr zu
einem fa presto Maler, dem das Geschäft über
die Kunst geht. Brach doch sogar der Volks-
unwille los, als er sich in der für S. Maria
Ännunziata in Florenz gemalten Himmelfahrt
teilweise selbst wiederholte. Äber ganz so
stupide war die Wiederholung doch nicht: Bei
näherem Zusehen ergeben sich sehr feine, aber
sehr bedeutungsvolle Unterschiede, die Knapp
vielleicht doch hätte andeuten sollen, da sich
da deutlich die Entwicklung der Kunst Peru-
ginos manifestiert. Die untere Gruppe versucht
unter klarer Unterscheidung von Vordergrund-
und Mittelgrund — maßgebend ist das quanti-
tativ vollkommen andere Verhältnis der beiden
Jünger im Vordergründe zu den nunmehr ganz
mit Rücksicht auf diese angeordneten Gruppen
des Hintergrundes — nach der Tiefe hin sich
zu entwickeln, während der obere Teil durch
verschiedene kleine Änderungen, besonders der
Änordnung der Seraphimköpfe einen linearen,
rhythmischen Zusammenschluß nach oben hin
versucht. Äus demselben Grunde bleibt es auch
zu bedauern, daß Knapp es sich hat entgehen
lassen, an der Hand der Madonnendarstellungen
im Vatican, in Fano und Sinigaglia anzudeuten,
daß hier trotz der Wiederholungen und trotz
des Verfalls ein nicht zu leugnender Fortschritt
in der Organisation des Raumes und der Figuren-
gruppen sich vollzieht, der manche seiner Schwä-
chen in milderem Lichte erscheinen läßt.
Neben Signorelli ist vor allem Ghirlandajos
und Lorenzo di Credis Kunstweise für Perugino
in dieser Periode seines Schaffens von Bedeu-
tung geworden.
Die nächste Epoche seines Schaffens steht
für uns in dem Zeichen der Lehrjahre Rafaels.
In diese Zeit fällt die Äusmalung des Collegio
del Cambio, die entschieden zu viel gelobt
wurde, immerhin ein interessantes Gemisch von
antiken, philosophischen und religiösen Begriffen
und Ällegorien, wie es für die Zeit charakteristisch
und in ähnlicher Weise ja auch anderwärts, wie
etwa der Sassettikapelle in Santa Trinitä in
Florenz u. a. vorkommt. Sicherlidi macht sich
hier der vollständige Mangel an dramatischer
Belebung wie andererseits die Eintönigkeit des
Äusdruckes und das Schemenhafte der Bewegung
am stärksten fühlbar. Äber ganz ohne Fort-
schritt sind hinsichtlich der Raumkomposition
einige dieser Fresken doch nicht. Es steigert
sich das Volumen der Gestalten und die Ge-
wandung geht mehr als bisher auf eine monu-
mentale Wirkung aus. Dieses Streben geht
freilich auf Kosten der Koloristik. Äuch die
Typen lassen eine Wandlung im Sinne der
Hochrenaissance erkennen. Die Intimität der
Empfindung ist freilich nun zu einer hier und
da fast grotesken schauspielerischen Floskel ge-
Literatur
223
worden, die den Bewegungen der Gestalten an-
hängt. Die Mitarbeit Rafaels an diesen Fresken
ist wohl wahrscheinlich, läßt sich aber mit Sicher-
heit nicht nadiweisen.
Das früher Holbein und von Morelli dem
Rafael zugeschriebene Porträt in der Gallerie
Borghese in Rom gibt Knapp wohl mit Recht
dem Perugino, ebenso wie er die Äutorschaft
Rafaels in dem bekannten Bilde der Anbetung
des Kindes in der Nationalgalerie in London
ablehnt. Ähnliches gilt auch bezüglich des für
die Mönche von Vallombrosa gemalten, 1500
datierten Altarbildes in der Akademie in Florenz.
Eher könnte Rafaels Mitwirkung bei dem Ma-
donnenbild in Bologna und in der Pinakothek
in Perugia in Betracht kommen, wo die beiden
auf der Erde knieenden Heiligen fast genau so
in einem Jugendwerke Rafaels, der Kreuzigung
in der Sammlung Mond, wiederkehren. Mit
Recht wird dagegen die Anteilnahme Rafaels
an der Auferstehung im Vatikan von Knapp
abgelehnt, ein Werk, das ja schon von Vasari
als Arbeit des Perugino bezeichnet wurde. Das
Bild Peruginos in Caen, das Morelli, wie nach
ihm besonders Berenson angezweifelt hat, der
es unbegreiflidierweise dem Lo Spagna zu-
schreiben wollte, gibt Knapp dem Perugino
zurüdc.
Während der Jahre 1504 bis 1506, in denen
sich Perugino vorwiegend in Florenz aufhielt,
ist neben dem Triumph der Keuschheit wohl
auch das seinerzeit um eine so riesige Summe
als echter Rafael angekaufte Bild, Apollo und
Marsyas darstellend, im Louvre entstanden.
Apollo erinnert hier sehr an den David des
Donatello im Museo nazionale, wie ja überhaupt
Perugino wiederholt figürliche Kompositionen
von Donatello her übernommen hat. Auch das
gleichfalls früher von Morelli Rafael zuge-
schriebene Frauenbildnis in den Uffizien gehört
in diese Zeit.
Aus der letzten Periode des Künstlers, 1506
bis 1509, ist vor allem die thronende Madonna
in Marseille zu nennen. Schade, daß Knapp
es sich hat entgehen lassen, einen Vergleich
dieser Madonna mit den früheren ähnlichen
Darstellungen auszustellen. Gewanddrapierung
wie allgemein die Proportionierung der Madonna
zeigt doch manch auffallende Neuerungen, so
daß es sich schon verlohnt hätte, etwa auf die
Herkunft derselben etwas näher einzugehen.
Mit den Malereien in Rom hat Perugino
bereits den Höhepunkt seines Schaffens über-
schritten ; was nachher folgt, trägt den Stempel
des Alters an sich. Trotzdem wird man auch
hier wie etwa in der Pieta in San Pietro in
Perugia einen interessanten kompositioneilen
Fortschritt gegenüber der Pieta in Santa Maria
in Fano konstatieren können und dasselbe gilt
für die Anbetung der Könige in Trevi. Der
Einfluß Leonardos macht sich hier in der Kom-
position deutlich genug fühlbar, und es wäre in-
teressant zu wissen, von wann ab der Einfluß
dieses Großmeisters der Renaissancemalerei in
Peruginos Kunst datiert. Das Problem einer
monumentalen Gruppenverbindung unter klarer
Unterscheidung von Vorder- und Mittelgrund,
Haupt- und Nebenpersonen, das Problem einer
innigen Verbindung von Figuren und Landschaft
hat ihn innerlich ernstlich beschäftigt, und der
75jährige bleibt doch nicht unberührt von dem
Hauche der neuen Zeit. Aber es ist nur ein
Hauch. Langsam geht die künstlerische Ent-
wicklung Peruginos vor sich. Der Künstler in
ihm ist doch allmählich in dem eigenen Phlegma
erstickt. Es ist ein Jammer, zuzuschauen, wie
seine Kunst dahinsiecht. Perugino hat zu lange
gelebt. Man möchte ihm gerne einen rühm-
licheren Abgang von der Bühne des künst-
lerischen Lebens gönnen. Die Madonna in der
Glorie kann sich in Bologna schon neben der
Cäcilia Rafaels sehen lassen. Aber in der Trans-
figuration in Perugia, die in demselben Jahre
entstanden ist, in dem Rafael seine analoge
Darstellung vollendet, macht sich doch die Stick-
luft des Philisteriums Rafael gegenüber recht
unangenehm fühlbar. Die Hand ist steif, das
Auge müde geworden, das leidenschaftslose
Herz schlägt langsamer denn je ... . längst
rauschen die mächtigen Fluten der neuen Zeit
über seine Kunst hinweg, aber er war doch
einer und nicht der geringste ihrer Propheten.
Man hat später im 18. wie im 19. Jahrhundert
in ihm mit Recht den Vertreter einer besonde-
ren künstlerischen Weltanschauung gewittert,
die uns Modernsten freilich ein Greuel geworden
ist. Das soll uns aber nicht hindern, seiner
Kunst Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und
dem dankbar zu sein, der uns sein Lebenswerk
vor Augen führt. Die zeitliche Anordnung der
Gemälde wird wohl nur wenig Widerspruch bei
Fachgenossen hervorrufen.
Fritz Burger,
s
J. Strzygowski. Kleinarmenische Mi-
niaturmalerei. Die Miniaturen des Tübinger
Evangeliars MA XIII, 1 vom Jahre 1113 bezw.
893 n. Chr. — 27 S. mit 2 Tafeln im Vierfarben-
druck, 2 Lichtdrucktafeln und 12 Abbildungen
im Text (Veröffentlichungen der Kgl. Univer-
sitätsbibliothek in Tübingen. Bd. 1. S. 17—43.
Taf. VlI-X).
224
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äls in die selbständige Forschung großen
Stils eben eintretender Privatdozent an der
Universität Wien hat Strzggowski im J. 1891
seine Byzantinischen Denkmäler mit der
Behandlung des armenischen Etsch miadzin-
Evangeliars vom J. 989 eröffnet. Heute kehrt
der zum Bannerträger einer neuen kunstgeschicht-
lichen Schule gewordene Gelehrte von Weltruf
zu dem Gebiet der armenischen Buchmalerei
zurück, um an der Hand eines im J. 1113 nach
einer Vorlage vom J. 893 geschriebenen Evan-
gelienkodex, Ma XIII, 1 der Universitätsbiblio-
thek zu Tübingen, in die Bedeutung speziell der
kleinarmenischen Miniaturenmalerei einzuführen.
Man bedarf nicht erst seiner eigenen dies-
bezüglichen Äusführungen S. 11 f., um inne zu
werden, weldien gewaltigen Fortschritt des
Verfassers über sich selbst hinaus die um ein
Vierteljahrhundert jüngere Publikation bezeich-
net. Dem Sospitator des Etschmiadzin-Evan-
geliars schien eine Frühperiode syrischen Ein-
flusses ein „ursprünglich so kunstarmes Gebiet
wie Armenien “ für ein maßgebendes Zeitalter
byzantinischer Kunst vorbereitet und eine nur
recht allmähliche Emanzipation von der künst-
lerischen Weise Konstantinopels sich in der
armenisdien Buchmalerei durch „sarazenisdie
Motive“ angebahnt zu haben. Die Tübinger
Handschrift enthält von ihren Evangelisten-
bildern nur mehr die drei letzten und den über-
aus reichen ornamentalen Schmuck ebensovieler
Evangelientitelblätter, sowie zahlreicher Initialen
und Randdekorationen zu Anfang jedes Text-
kapitels. Aber dem durch eine unglaublich
emsige Forschungsarbeit immer tiefer in die
grundlegende Bedeutung des eigentlichen Orients
für die mittelalterliche Kunstentwicklung ein-
geführten, vor allem dem frisch von seinen
genialen Untersuchungen überMschatta kommen-
den Gelehrten genügt dieses Material, um eine
völlig neue und ungleich tiefere Auffassung von
der Stellung — zunächst einmal des kilikischen
— Armeniens im Rahmen der „byzantinischen
Frage“ zu begründen, und mit einem nur dem
echten und ganzen Meister eigenen Freimut
sagt er klar und scharf, wie vieles er umgelernt
hat, auf verhältnismäßig sehr engem Raume
wieder eine Arbeit von grundlegender Bedeutung
liefernd.
Nicht eine vom spätantiken Hellenismus aus-
gegangene byzantinische Hauptstadtkunst ist es
mehr, von welcher das Tübinger Evangelien-
buch seinem Bearbeiter Armenien einseitig ab-
hängig zeigt. Der Typus des sitzenden Autoren-
bilds mag den Evangelistenblättern dieses Budies
aus dem ursprünglich hellenistischen Kleinasien
gekommen sein. Aber sein Mutterboden ge-
hörte von vornherein „künstlerisdi in die Ein-
flußsphäre von Antiocheia, Edessa und Nisibis“,
und was sich — vor allem im Ornament —
übermächtig hier ausdrückt, ist ein durch und
durch Orientalisches, in dem kaum „mehr als
ein vereinzeltes Motiv der Antike“ sidi „nahe
bringen“ läßt, dessen Durchbruch vielmehr „ir-
gendwie zusammenzuhängen“ scheint „mit der
Überflutung Kleinasiens durch die seldschukischen
Türken“ : der Einfluß des sassanidisdien Persiens,
vermittelt durch denjenigen „der ungeheuer aus-
gedehnten islamischen Kulturwelt“. Die „christ-
liche Enklave“, welche das armenisdie Kilikien
in dieser Welt darstellt, ist wesenhaft nicht der
Schuldner eines von Westen kommenden Ein-
flusses Konstantinopels, sondern „Vermittler von
Kunstformen“, die von Osten her ihrerseits „den
Ornamentstil der byzantinischen“ ebensogut als
der „armenischen und slavischen Miniaturen-
malerei für alle Zeiten bestimmten.“ Was diese
Erkenntnis für die Gesamtwürdigung der kultur-
geschichtlichen Stellung des persisdi-islamisdien
Orients bedeutet, liegt auf der Hand. Jedes
überflüssige Wort könnte hier den Eindrudi nur
abschwächen. Die sdiarfsinnige und umsichtige
Begründung der neuen These wird man ohne-
hin bei Strzggowski selbst nadizulesen haben.
Ein Doppeltes kommt in Frage. Zunächst er-
weist S. 8—21 eine sorgfältige Typenvergleichung
Schritt für Schritt für die Flächenornamente der
armenischen Handschrift und deren einzelne Ele-
mente wie Palmette, Ranke, Bandgeflecht und
geometrische Muster ohne Ende, für ihreStreifen-
und Zickzackornamente, für die Initialen mit
ihren, Nabengelenke, Achter und Herzformen
durchsetzenden, Stielen, ihren Halbpalmetten
und Bandgeflechtsenden und vor allem für die
aus Bandverschlingungen und Halbpalmetten
gebildeten Randzierden auf dem Wege direkter
kunstwissenschaftlicher Prüfung „die Tatsache
der persischen Wurzel“. Die Bedeutung einer
historischen Gegenprobe auf die Richtigkeit der
so gewonnenen Ergebnisse hat es alsdann,
wenn Strzggowski S. 21 — 26 über die Miniaturen-
schule des Königsklosters von Drasark handelt,
in welchem wie die vorliegende Handschrift
vom J. 1113 so auch schon deren Original vom
J. 893 gefertigt werde. Denn hier kann er zeigen,
wie vermöge seiner „einzigartigen Lage“ jenes
„Florenz im geistigen und künstlerischen Leben
des kilikischen Teiles von Armenien“ zu „einem
der wichtigsten Knotenpunkte der mittelalter-
lichen Welt“ werden mußte, wie leicht eben von
Drasark aus, wo „die große Verkehrsstraße“
„nach Persien, Zentral- und Ostasien“ einmün-
dete, „persische Art“ zunächst die armenische
Kunst zu erobern vermochte, um „vielleicht
Literatur
225
gerade durch armenische Vermittlung“ später
audi „in Byzanz festen Fuß“ zu fassen. Idi
möchte in diesem Zasammenhang etwa noch
auf das letzterschienene Heft von Chabots
Ausgabe der Weltchronik Michaels des Syrers
hinweisen. Was man hier in den BB. XIII— XV
liest, ist in besonders hohem Maße geeignet,
uns die Bedeutung ahnen zu lassen, welche die
Kriege und Siege des Nikephoros Phokas, Tzi-
miskes und Basileios II dem Gebiet zwischen
Taurus und Euphrat als Transitland orientalischen
Einflusses auf Byzanz verleihen mußten. Wichtig
scheint mir vor allem auch die Nachricht des
syrischen Historikers (XV 7 ed V. Chabot III 185)
über das Bestehen je einer armenischen wie
einer syrisch-jakobitischen Gemeinde in Kon-
stantinopel, in denen beiden das Kaufmanns-
element eine hervorragende Rolle spielte und
die bis in die Zeit des Alexios Komnenos sich
des ruhigen Besitzes ihrer von einem heimischen
Priester verwalteten Kirchen erfreuten.
Anhangsweise signalisiert Strzygowski S.26 f.,
auch noch den Buchschmuck zweier weiterer
armenischer Evangelienhandschriften in Tübingen,
Ma XIII 3 und Ma XIII 4, von welchen die letztere
im J.1644 inKonstantinopel entstanden, die erstere
„wohl etwas älter“ ist. Diese gehören ganz
eng zusammen mit der Hauptmasse der in Jeru-
salem und Bethlehem mir zugänglich gewordenen
armenischen Tetraevangelien, über deren vom
J. 1263 bis zum J. 1733 reichende Reihe ich
Röm. Quartalschr. f. christl. Archäologie
u. f. Kirchengeschichtel906, S.180— 185 in vor-
läufiger Kürze orientiert habe. Auch hier konver-
giert denn alles nach Kilikien, wo drei der Jerusa-
lemer Handschriften selbst entstanden sind und
von wo aus wir die armenischen Gemeinden Jeru-
salems, Konstantinopels und der Krim gleich-
mäßig in ihrer künstlerischen Betätigung ab-
hängig sehen. Das Tübinger Tetraevangelium
Ma XIII 1 bedeutet dem allem gegenüber und
gegenüber weiteren verwandten Erscheinungen
in den Bibliotheken der Mechitharisten zu S.
Lazzaro und in Wien, in der Kgl. Bibliothek in
Berlin und in den Beständen des ehemaligen
Museo Borgiano zu Rom um seines höheren
Alters willen einen „Eckstein“ zwar nicht so-
wohl, wie Strzygowski S. 25 sich etwas miß-
verständlich ausdrückt, „der Kunstentwicklung“
selbst, als vielmehr unserer Einsicht in „den
Ursprung der jüngeren armenischen Miniaturen-
malerei überhaupt“. Wie beispielsweise ihr
Johannesbild mit beinahe photographischer Treue
in einer Handschrift vom J. 1415 in Jerusalem
wiederkehrt, ist mir zur Beleuchtung des Sach-
verhaltes unschätzbar. Freilich führen — dies
möchte ich hier betonen, um einer Überschätzung
der Tübinger Handschrift vorzubeugen — auch
von späteren Denkmälern armenischer Buch-
malerei entwicklungsgeschichtliche Richtlinien an
ihr vorüber weit über sie zurück. Schon der
hellenistisch -kleinasiatische Typus des Evan-
gelistenbildes ist weit ursprünglicher als in dem
Evangelienbuch vom J. 1113 in dem erst im
J. 1263 geschriebenen und ausgemalten des Königs
Leo II zu Jerusalem erhalten. Dann aber und
vor allem bietet das Problem der armenischen
Buchmalerei noch eine Seite dar, welche dies-
mal bei Strzygowski mehr in den Hintergrund
getreten ist.
Auch der grundlegende altsyrische Einfluss,
den seinerzeit die beigehefteten Vollbilder des
Etschmiadzin-Evangeliars ihm festzustellen ge-
statteten, hat neben Erbstücken des kleinasiati-
schen Hellenismus wie dem Typus des sitzenden
Autorenbilds und neben der Hochflut persischer
Ornamentik eine dauernde und maßgebliche Be-
deutung im Miniaturenschmuck armenischerHand-
schriften behauptet. Auf ihn der weit hinter der
Entstehungszeit auch der unmittelbaren Vorlage
von Ma XllI 1 in Tübingen zurückliegt, weist in
den Tetraevangelien des 14. bis 18. Jahrhs. ein
Zweifaches: eine reiche Randillustration des
Evangelientextes, deren innigen Zusammenhang
mit derjenigen der Eusebioskanones in orien-
talisch-altsyrischen Handschriften wie dem Rab-
bülä-Kodex und dem Tetraevangelium Syr. 33
der Bibliotheque Nationale denn auch Strzy-
gowski S. 26 anlässlich von Ma Xlll 4 richtig
betont, und eine ursprünglich syrisch-hellenis-
tische Serie seitengrosser Vorsatzbilder, die trotz
vielfacher und teilweise schon unter neuzeitlich-
abendländischem Einfluß stehender Modifizie-
rungen im Grundstoch ihrer ikonographischen
Typen mit den Vollbildern eines syrischen Evan-
geliars vom J. 1122 im jakobitischen Markus-
kloster zu Jerusalem zusammengehört. Aber
auch in Ma Xlll 1 wird eine aufmerksame Be-
trachtung Spuren dieses altsyrischen Einschlags
erkennen. Hierher ist einmal die Darstellung
der Evangelisten im Rahmen rundbogiger Ar-
kaden zu rechnen. Eine entsprechende Umrah-
mung von Evangelisten in einigen mit dem
syrischen Kunstkreis zusammenhängenden grie-
chischen Tetraevangelien des 11. bis 13. Jahrhs.
wie "Jysov Tacpov 47 und 49 zu Jerusalem oder
Ä. a. 1 ZU Grottaferrata, bezw. einiger Kreuzi-
gungsdarstellungen und einiger Exemplare des
syro-ägyptischen Muttergottestypus der OJ-
riyriTQLa in der Elfenbeinplastik werden mir Ge-
legenheit geben, dem spezifisch altsyrischen
Charakter dieses Motivs noch näher zu treten.
Für heute genüge dieser flüchtige Hinweis.
Ferner ist nach meiner Erfahrung die eigentüm-
226
Monatshefte für Kunstwissenschaft
lidie ornamentale Randdekoration der Tübinger
Handschrift, wo sie im armenischen Tetraevan-
gelienschmuck auftritt, ein unter dem Einfluß
persisch-islamischen Ornamentstils vollzogener
Ersatz für eine aufgegebene Randillustration
altsgrischen bildlichen Schmuckstils. Jedenfalls
eine solche, wenn nicht zugleich eine Serie
seitengroßer Vorsatzbilder, hat also zweifellos
schon das älteste Glied derjenigen Entwicklungs-
reihe gehabt, die mit der vorliegenden Tübinger
Handschrift des 12. Jahrhs. abschließt. Das
fragliche Äusgangsglied ist nun nach der vom
Schreiber des J. 1113 kopierten und zwar nicht
in dessen Kopie selbst, wohl aber in einer mo-
dernen Äbschrift derselben erhaltenen Subscrip-
tio der Vorlage vom J. 893 nicht erst in dieser
sondern in einem wiederum ihr zugrunde liegen-
den „wahren und auserwählten Exemplar“ von
der Hand oder aus dem Besitz des hl. Katho-
likos Sahak „des Übersetzers“ (390— TO) zu
erblicken. Daß der Buchschmuck dieser Hand-
schrift des 5. Jahrhs. ein durchaus altsgrischer
war, liegt in der Natur der Dinge. Man wird
ihn sich vorzustellen haben als bestehend
aus einem unter eine Ärkade gesetzten Titel-
bild und den paarweise unter Ärkaden ange-
ordneten Bildern der stehenden Evangelisten
nach Ärt der syrischen Vorsatzblätter des Et-
schmiadzin-Evangeliars (Byz. Den km. I Taf.
II 2. III), mit oder ohne weitere Vollbilder, den
dekorativen Kanonesarkaden und einer bild-
lichen Randillustration neben diesen oder dem
Texte. Die vier selbständigen Evangelisten-
blätter mit dem hellenistisch-kleinasiatischen
Äutorentypus müssen sodann wenigstens grund-
sätzlich auf die Kopie vom J. 893 zurückgeführt
werden, da der Kopftypus des Lukas, wie Strzy-
gowski S. 6 hervorhebt, noch nicht der schon
im J. 902 durch das Evangelienbuch der Köni-
gin Melke bezeugte aller späteren armenischen
Kunst ist. Was sodann die von ihm S.24 nur
aufgeworfene Frage betrifft, ob* schon 893 oder
erst 1113 „die persischen Ornamentmotive“ zum
Durchbruch gekommen seien, so möchte ich
glauben, daß man sich auch bezüglich ihrer zu-
nächst für das frühere Datum zu entscheiden,
aber anzunehmen haben wird, der Miniator von
1113 sei die hier prinzipiell von seinem Vor-
gänger schon eingeschlagenen Bahnen noch sehr
über diesen hinaus weiter gegangen. In Sonder-
heit könnten beispielsweise sehr wohl erst durch
ihn die Randornamente des neuen Stils an
Stelle der altsyrischen Randillustrationen gesetzt
worden sein. Ruch dürfte er die Evangelisten-
blätter noch modifiziert haben. Denn der im
Tetraevangelium Leos II wieder fehlende archi-
tektonische Hintergrund wird schwerlich bis
zum J. 893 hinaufreichen. Schließlich könnten
sogar die Initialen aus Stielen, Geflechten und
Palmetten erst im J. 1113 ältere Tierbuchstaben
ersetzt haben, wie sie in Übereinstimmung mit
dem Etschmiadzin-Evangeliar in den späteren
Handschriften des kilikischen Kreises gleich der
bildlichen Randillustration vermöge eines höchst
bedeutsamen Rückschlages gegen die Ällein-
herrschaft des neuen persisch-islamischen Orna-
mentstils wieder stark hervortreten.
Es ergibt sich bei einem Überblich über diese
Entwicklung meines Erachtens so klar als mög-
lich, welche Beachtung das Gebiet der armeni-
schen Buchmalerei seitens der Orientalisten und
der Kunstwissenschaftler verdient, wie von ge-
radezu fundamentaler Bedeutung für das Ver-
ständnis der kunst- und kulturgeschichtlichen
Entwicklungsströmungen des mittelalterlichen
Vorderasiens und Südosteuropas die Beschäf-
tigung mit ihm wird werden müssen. In typi-
scher Klarheit tritt uns hier das Nacheinander
und Durcheinander dieser Strömungen entgegen.
Der eigentliche Untergrund ist der frühchristlich-
syrische, in welchem bereits seinerseits östlicher
Hellenismus der Küstenzone und sassanidischer
Orientalismus des Hinterlands ineinander fließen.
Konstantinopel, für dessen Kunst und Kultur
der orientalische Hellenismns Kleinasiens den
nächsten Mutterboden abgegeben hat, macht
sich, aber nicht in entscheidender Weise, geltend.
Eine Sturzwelle innerasiatischer Herkunft droht
in Gestalt des persisch-islamischen Einflusses
alles zu verschlingen, behauptet dauernd auf
dem ornamentalen Gebiet maßgebende Bedeu-
tung, ebbt aber hier und dort wieder von Sand-
bänken mehr oder minder byzantinisch durch-
setzter altsyrischer Ärt, wie den Tierbuchstaben,
der Randillustration, den seitengrossen Vorsatz-
bildern zurück, bis endlich — man denke an
Ma XIII 4 in Tübingen — seit dem 16. und
17. Jahrh. im Ikonographischen auch der Ein-
fluß des durch die Renaissance hindurchge-
gangenen Äbendlands fühlbar wird. Ich hatte
damit gerechnet, daß mir selbst dieÄrbeit über
die armenischen Tetraevangelien in Jerusalem
und Bethlehem Gelegenheit geben würde, zuerst
dies alles näher zu beleuchten. Wenn Strzy-
gowski mit seiner schönen jüngsten Publikation
am Kernpunkt der Sache — und dies ist zwei-
fellos der rein ostwestliche Gang der persischen
Ornamentwelle über Kleinarmenien nach dem
erst später von ihr erreichten Byzanz — mir
zuvorgekommen ist, so empfinde ich, weitentfernt
von jeder Regung enttäuschter Findereitelkeit,
nur aufrichtige Genugtuung, daß sein eigenes
Eingreifen es mir erspart, gegen seine früheren
noch ungereiften Änschauungen vom geschieht-
Literatur
227
liehen Werdegang des armenischen Buchschmucks
als Erster eine polemische Stellung einnehmen
zu müssen.
Ä. Baumstark,
s
F. K. Benndorf, Bou Saäda. München,
Piper & Co. 1907.
Eine stimmungsvolle Skizze, in der der Ver-
fasser seine reichen Eindrücke von diesem
Glückswinkel am Rande der Sahara wiedergibt.
Einige Betrachtungen über arabische Sitten im
allgemeinen sind nicht ganz zutreffend, und vor
allem hat die äußerst interessante kunstgewerb-
liche Tätigkeit der Juden von Bou Saäda und
der Ouled Nai‘1 nicht Erwähnung gefunden.
Äuch den Frauentrachten dieses Stammes und
seinen einzigartigen Tänzen hätte man gerne
eine ausführliche Schilderung gewünscht.
E. Kühnei.
s
□ NEUE JAHRBÜCHER □
Trierisdies Jahrbudi für ästhetisdie Kultur. 1908.
Herausg. v. Job. Mumbauer. Trier 1908. Verl. Lintz.
Frankfurter Kalender. Ein Jahrbudi für 1908. Her-
ausgegeb. v. E. Klotz, Fr. Kurz u. Th. Schäfer. Frank-
furt a. M., Diesterweg. 1908.
Die Kunst unserer Heimat. Mitteil. d. Vereinig,
z. Ford. d. Künste in Hessen u. im Rhein-Maingebiet.
1907. Heft 1-6.
Im Sinne der Dezentralisation unserer Kunst und ihrer
Durdidringung aller Gegenden und Volksschichten kann
man Neuerscheinungen von der Ärt der vorliegenden mit
uneingeschränkter Freude begrüßen. Sie führen den Be-
weis, wie stark die Kulturbewegung auch an Stätten ge-
worden ist, die man vor kurzem unbedenklich für künst-
lerisches Brachland erklärt hätte (Hessen ist davon natür-
lich ausgenommen!); und gerade die Beschränkung auf
ihre lokalen Verhältnisse macht sie fruchtbringend, da es
zweifellos wertvoller ist, im engen Kreis intensiv zu
wirken, aus der Kenntnis der Gegend und der Menschen,
als aufs Geradewohl hin sich an eine Ällgemeinheit zu
wenden, von der nur verstreute Einzelne sidi sympathisch
berühren lassen. Will man der künstlerischen Kultur
einen Boden zubereiten, auf dem sie Wurzel schlagen
kann, so muß man das Interesse breiter lokaler Schichten
wecken.
Äm glücklichsten redigiert erscheint das Trie rische
Jahrbuch, dessen Herausgeber Mumbauer nicht nur ein
sehr feines Gefühl für Kulturwerte besitzt, sondern auch
organisatorische Rüstigkeit. Das Buch ist einheitlich von
Anfang bis zum Ende; Scheffler und Muthesius, zu Gaste
geladen, geben seinem Geiste die Weihe; und ein vor-
nehmer sympathischer Ton geht durch alle Aufsätze. Da
man sich hier ganz auf bildende Kunst beschränkt hatte,
so kommen fast alle Probleme der neuen Kunst zur
Sprache, Mode wie Volkskunst, Kirchenkunst, Museen
und Denkmalspflege, Schulwesen und schöne Stoffe, um
einiges herauszugreifen. Das Dasein einer guten ein-
heimischen Kunst in Trier ist mit Genugtuung festzustellen,
und zum Schluß kommt auch die alte Kunst Triers in
besonderer Rubrik zu ihrem Recht.
Vielseitiger ist der Frankfurter Kalender; und
darum noch exklusiver im Ton, der mit Recht „frank-
fortisch“ bleibt. Die bildende Kunst nimmt nur einen
Bruchteil des Ganzen ein, entsprechend der Stellung, die
ihr von der alten Reichsstadt zugewiesen ist. Das
Interesse verteilt sich dort mehr auf andere schöne Dinge,
als daß für gute Architektur und moderne Kunst über-
haupt viel übrig bliebe. Geschichte, Naturwissenschaften,
Medizin, Theater, Musik und Presse kommen neben den
Fragen der ästhetischen Kultur ausgiebig zur Erörterung.
Was aber dem Frankfurter Kalender einen dauernden
und für die Allgemeinheit gütigen Wert verleiht, sind
die Zeichnungen Fritz Boehles für das Kalendarium,
welche die große Zeichenkunst dieses Meisters in das
neue glänzende Licht der Volkstümlichkeit rücken.
Die Kunst unserer Heimat will alle künstlerischen
und literarischen Bestrebungen sammeln, die in dem ge-
segneten Lande um die Mündung des Maines in unseren
Tagen und in früheren Jahrhunderten blühten. Es gibt
am Rheine schon eine Zeitschrift ähnlichen Charakters,
die aber umfassender und allgemeiner ist: die „Rhein-
lande“, in Düsseldorf; und darin zeigt die neue Schrift
Verwandtschaft mit ihr, daß sie nicht denkbar ist ohne
ihren Herausgeber. Dort ist Schäfer, hier Daniel Greiner
die Seele des Ganzen. Greiner aber will weniger und
mehr: er will sich auf sein Hessenland beschränken, hier
aber alle Kräfte konzentrieren zur eindringlichen Arbeit
auf dem ganzen Gebiete der Kunst und der Dichtung und
der Kunstgeschichte. Er selber ist der nie rastende viel-
seitig begabte Organisator; er dichtet und schreibt Auf-
sätze, er zeichnet Buchschmuck und Holzschnitte, und er
ist vor allen Dingen Bildhauer. Die Gründung und er-
folgrei±e Fortführung dieser Zeitschrift aber ist ein
Unternehmen, dessen Gedeihen jeder billigerweise nur
wünschen kann; die Mannigfaltigkeit und der innere
Reichtum der bisher erschienenen Hefte sprechen durch-
aus für seine Berechtigung.
P. F. Schmidt.
S
REVUE DER ZEITSCHRIFTEN
Monuments et Souvenirs des Borgia dans le
rogaume de Valence. (E. Bertaux. Gaz. des beaux-
arts, 608). Eine Anzahl sehr interessanter und wenig
bekannter Kunstwerke wird von Bertaux erörtert, deren
Gemeinsames lediglich in ihrer Beziehung zur Familie
der Borgia steht. Deren ursprünglicher Sitz war Jätiva
in der Provinz Valencia; auch in Gandia und natürlich
in Valencia selber finden sich von den Borgia gestiftete
Sachen. Von Gemälden: ein Triptychon, dessen Mitte
Anna selbdritt darstellt (ein auch in Spanien häufiges
Motiv), von Jacomart Ba^o, c. 1450; ein Hauptwerk der
spanischen Primitiven, die, unter niederländ. Einfluß auf-
gewachsen, später mit Italien in Berührung kamen. Dann
eine stehende Madonna mit dem Stifter, Francisco Borgia,
eines der feinsten und farbigsten Bilder Pinturicchios,
wohl von 1497. Unter den Goldschmiedearbeiten erscheint
neben den Kelchen spanischer Arbeit, von Calixtus III.
gestiftet, am merkwürdigsten einReliquiar in Monstranzen-
form (in Gandia); sein Aufbau ganz in italienischer Re-
naissance, sein Schmude — Plastik und Emailmalerei —
fast ausschließlich aus profanen, ja heidnischen Motiven
bestehend: dieses Reliquiar, von Alexander VI. gestiftet,
war früher (wie der berühmte Spiegel der Königin Isabella
im Dom von Granada) sicherlich ein Spiegel entweder des
Alexander oder des Cesare, den man mit geringen Ände-
rungen zum Heiligtum umschuf. Es ist aber auch stilistisch
höchst interessant (so wie sein Seitenstück, eine große
Custodia, in Granada); der Stil der Schmelzarbeit floren-
tinisch-umbrisch , deren Technik venezianisch, die Gold-
schmiedearbeit mailändisch: also wohl in Rom selber von
verschiedenen Künstlern gearbeitet. — Endlich eine kost-
bare wohlerhaltene Kapsel Alexanders VI., Goldbrokat
mit auffallend großem Granatapfelmuster (im Dom von
Valencia). (Die Puklikation wird fortgesetzt werden.)
La donation Octave Homberg au Musee du
Louvre. (G. Migeon. Gaz. d. beaux-arts, 609). Eine
kleine, aber erlesene Sammlung gelangte durch Schenkung
der Erben aus dem Nachlaß von H. in den Louvre: eine
romanische Madonna, wohl von einer Verkündigung,
Steinrelief (aus Souvigny?); ein Kopfreliquiar , Kupfer
vergoldet, von Ende des 13. Jhrh. aus Limoges (ursprüng-
lich Maske von einem Grabmal); ein köstlidies Glas-
fenster, 13. Jhrh., mit Szenen aus dem Leben des heiligen
Nicasius und Eutropius, wahrscheinlich aus dem (in der
Revolution zerstörten) S. Nicaise zu Reims. Orientalisches
228
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kunstgewerbe: vor allem einer von jenen seltenen hohen
Glasbediern mit Emailmalerei, die im 14. Jhrh. in Ärabien
gefertigt wurden.
Maurice Denis. (S. Staudhamer. D. diristl. Kunst, 5).
Der Wert dieses Äufsatzes besteht besonders in dem
reichen Äbbildungsmaterial , das den Künstler in seiner
größten, der monumentalen Tätigkeit zeigt. Der Text
bringt, nadi einer kurzen und ansdiaulidien Übersicht
über die Entwicklung der neueren französischen Malerei,
gute Angaben über den Entwicklungsgang von M. Denis,
der liebevoll geschildert wird, sowie eine Chronologie
seiner wichtigeren Arbeiten; Näheres über die Wand-
malereien in der hl. Kreuzkapelle zu Paris und in zwei
Kapellen der Pfarrkirche von Le Vesinet, die Denis voll-
ständig ausgemalt hat.
Un palais de la Musique par Francois Garas.
(F. Garas. L’art decoratif, 2). Dieses Projekt eines
modernen französischen Architekten, über welches er
selbst mit Aufwand vieler Phrasen berichtet, ist so be-
zeichnend für den Zustand der tektonischen Künste in
Frankreich, daß ein paar Worte darüber am Platze sind,
Garas will dem hohlen Akademismus seiner Zeit ent-
gegentreten. Aber was er dafür bietet, ist in keiner
Weise etwas Besseres: es ist einfach die Kehrseite des
Akademismus, eine bloße Negation aller Regeln und zu-
gleich eine Negation aller Architektur. Wenn man nicht
mit den Ordnungen des Vitruv baut, so baut man über-
haupt nicht, sondern man stülpt eine ungeheuerliche Masse
lärmender Ornamente übereinander und hat dann aller-
dings eine Kunstrevolution, nämlich die gründlichste: die
Anarchie, das absolute Nichts. Dimensionen, Raumver-
geudung, Formen sind in gleicher Weise gesetzlos, ohne
einen Hauch von Organischem, maßlos und, vor allem:
die Phrase tritt an die Stelle ehrlicher Architektonik.
Dieser Musiktempel, der aus toll gewordenen Ornamenten
in Quallen- und Polgpenformen in schwindelhafte Höhen
aufquillt, dessen Grundriß die nutzbare Fläche im Ver-
hältnis zur Raumphrase beinahe winzig erscheinen läßt,
und dessen Urheber der ehrlichen Überzeugung ist, ein
bedeutendes, praktisches und ideales Kunstwerk geschaffen
zu haben — ist ein Symbol der französischen „ange-
wandten“ Kunst, die auch bei redlichstem Willen nicht
wirklich modern empfinden kann, und die in Phrasen und
unorgarnischen Ornamenthaufen erstickt, wenn sie sich von
dem Schema des 18. Jahrhunderts befreien will. Wer
will den Gründen dieser Ohnmacht nachspüren? Sie
wurzeln sicher sehr tief in der französischen Volksseele,
BIBLIOGRAPHIE
Der folgende Teil der Bibliographie war für das erste Heft gesetzt, konnte aber aus Raum-
mangel nicht aufgenommen werden und wurde deshalb hierher versetzt
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Deutsche Literaturztg., 46. Das russische
archäologische Institut in Konstantinopel. (J.
Strzggowski.)
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wängler. (G. Leithäuser.)
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(Ä. Lindner.) Friedrich Schneider f. (F. R.)
Christi. Welt, 1. Ruskin (H. Hackmann.)
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Bull. d. Cercle hist, et ardieol. de Courtrai, 5.
Le baron Bethune et son oeuvre dans le Cour-
traisis. (G. Claegs.)
Kunstchronik, 6. Henry Hgmans zu seinem
fünfzigjährigen Dienstjubiläum. (M. Lehrs.)
Sdiwäbisdier Merkur, 18. 1. Der Fall Grüne-
wald. (K. Lange.)
Tägl. Rundschau, 23. 11. „Monumenta artis
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Verein f. Kunstwissensch. u. d. Monumenta
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Kunstwissenschaft. (J. Baum.)
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Ztsdir. f. bild. Kunst, 2. Rembrandts Dar-
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Gerechtigkeit. (E. v. Moeller.)
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Kupka, Paul; Zur Genesis der Totentänze. (24 S.)
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grafisk Studie I. (Osw. Siren) Med 16 Fig.
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Groot, P. mag. J. V. de: Het leven van den
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druk. Utrecht, Wecl. J. R. van Rossum. Gr. 8®.
[245x16^. (XX, 396 blz.). f 2.75; geb. f 3.50.
Dal-Gal, N. Sant’ Äntonio de Padova tauma-
turgo francescano (1195—1231). Studio dei
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introduction to hagiography, translated by V.
M. Crawford. — London, Longmans, Green
& Co. 8°. XV- 241 p. (fr. 4.35.) 07.
8. Kulturgeschichte.
Ärdiiv f. Frankfurts Gesch. u. Kunst. 3. Folge.
Hrsg. V. dem Vereine f. Gesch. u. Ältertumsk.
zu Frankf./Main. 9. Bd. VII, 406 u. XXXIX S.
Lex. 80. Frankf. a/M., K. Th. Völcker. 07. 6.-.
Ärt public, 1. La ville de Paris et l’art public
au XVIe siede. (M. Vachon.)
Hist, polit. Blätter f. d. kathol. Deutsch-
land, 9. Der Roraffe im Münster zu Straß-
burg. (R. E.)
Lill, Geo. Hans Fugger u. die Kunst. Leipzig,
Duncker & Humblot.
Stätten d. Kultur. Eine Sammlung künstlerisch
ausgestatteter Städtemonographien. Herausg.
V. Dr. Georg Biermann. 8o. Leipzig, Klink-
hardt & Biermann. Jeder Bd., geb. in Lein-
wand 3.— ; in Leder 5.—.
— Oettingen, Wolfg. V. Berlin. Buchschmuck v.
Meinhard Jacoby. (111, 157 S. m. 19Taf.) 07.
— Schmidt, Paul Ferd. Frankfurt a. M. Buch-
schmuck v.L. Pollitzer. (111, 151 S. m. 19 Taf.) 07.
— Schaefer, Karl. Bremen. Buchschmuck von
C. Weidemeyer. (136 S. m. Abbildungen und
20 Vollbildern. 07.
— Uhde-Bernays, Herrn. Rothenburg ob der
Tauber. Buchschmuck v. M. Ressel. (IV, 131 S.
m. 17 [1 färb.] Taf.). 07.
Green, Mrs. J. R. Town Life in the Fifteenth
Century. 2 Vols. 8vo. 9x5^ pp. 458 , 484.
20s net. Macmillan.
Brinton, S. The Renaissance: its Art and Life.
Florence 1450— 1550. Edit. de Luxe on Japanese
paper. Ryl. 4to. 42os. net. Goupil, Dec. o7.
Berner Rundsch., 11. Burgundisches. (A.Weese.)
Sandvig, Anders, De Sandvigske samlinger
i tekst og billeder. Et bidrag til Gudbrand-
sdalens kulturhistorie. Med 616 billeder. 304 S.
(27X20). Lillehammer 1907. Stribolts efterf.
Kr. 7.50.
9. Bildnis und Kostümkunde.
Anz. d. German. Nationalmus., 1—2. Bei-
träge z. Geschichte d. Bildnisses. (G. v. Bezold.)
Arts, 69. Exposition des Porträts peints ou
dessines du Xllle ou XVIIe siede. (P. Lemoisne.)
Un tableau ä identifier. (P. A.-P.)
Bull. d. Comm. Archeol. di Roma, 35, 1 3.
La statua della Papessa Giovanna. (P. To-
massetti.)
Bull. d. mus. rog. d. arts decor. et indust., 12.
Un portrait de Philippe le Beau. (J. Destrce.)
Oud Holland, 4. Zu einem Porträt von Anth.
van Dyck in der Gemäldegalerie in Cassel.
(E. Waldmann.)
Rassegna d’Arte, 8. Busto di Prelato dei
XVI. secolo nella chiesa d. J. Alessandro in
Milano. (D. Sant’ Ambrogio.)
Repert. f. Kunstwissensdi., 5, Wer ist das
Gothaer Liebespaar? (K. Siebert.)
Porträt, das. Herausg. v. Tschudi. 46,5x37 cm.
Berlin, J. Bard und B. Cassirer. Jede Lieferg.,
Subskriptionspreis 3.50; Einzelpr. 4.—.
— Bie, Osc. Das bürgerliche Porträt d. 19. Jahr-
huncierts in Deutschland. Chodowiecki, Graff,
Krüger, Runge, Oldach. (11, 4 S. m. Abbildung,
u. 5 Taf.) 07.
— Schaeffer, Emil. Das Porträt der italienisdien
Hochrenaissance. Eine Umrißzeidinung. (11,
8. S. m. Abbilddung. u. 5 Taf.) 07.
Cechische Revue, 2. Wie sah Hus aus?
(K. Mädl.)
230
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Leipz. Illustr. Zeitg., 3368. Der Frauenhut
in den letzten hundert Jahren. (L. Sdiulze-
Brück.)
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retas Klädning. Studie i Upsala domkgrka
(Ägnes Branting). Mit 7 Äbbildg.
Hev. d. Biblioth., 7—9. Notes sur l’evolution
du portrait enlumine en France du Xllle au
XVIIe siede. (Ä. Lemoisne.)
Wactzoldt, Wilh. Die Kunst des Porträts.
Mit 80 Bildern. (IX, 451 S.) Lex. 8®. Leipzig,
F. Hirt & Sohn, 08. 12.— ; geb. in Leinw. 14.50.
Nordisk Tidsskrift, 1907, H. 7. Gustaf I.’s
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Sjöberg, N. Svenska porträtt i offentliga sam-
lingar. Utg. under medo. af Personalhisto-
riska samfundet. Ävec un resume fran^ais.
4®. (33x25.) Bd. 2: Gripsholm. Vasatiden.
XIV, 69 S. Stockholm, Tullberg. Kr. 15.—.
Ami d. Monum. et d. Arts, 118. Documents
sur le Musee du Louvre. Le Büste de Beatrix
d’Este. (G. Gaum.)
Zeitschrift für histor. Waffenkunde, 8. Die
Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster.
[Forts.] (0. Potier.)
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V. Hartstein.
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und ihre Geschichte. (P. Herrmann.)
Tourneur, V. L’art de la medaille ä
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(G. Hoecke.)
Fiala, Eduard. Münzen u. Medaillen der welfi-
schen Lande. Teil: Das alte Haus Braunschweig,
Linie zu Grubenhagen. Mittelbraunschweig.
— Mittellüneburg. [Sammlungen Sr. königl.
Hoheit des Herzogs v. Cumberland, Herzogs
zu Braunschweig u. Lüneburg.] (VII, 112 S.
mit 5 Tafeln u. 2 Stammtafeln.) 33,5x26 cm.
Wien, F. Deuticke, 1906—07. 15. — .
Amtl. Berichte a. d. Kgl. Kunstslgn., 2. Das
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Kunde, 4. Die Bildwerke der Stadt Saalfeld
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Eve G. W. Heraldry as Ärt. An Account of
its Development and Practice, chiefly in Eng-
land. 8vo. 9X572- pp. 318. 12s 6d. Batsford.
Siebmacher, J. Großes u. allgemeines Wappen-
buch in einem neuen vollständig geordneten
und reich vermehrt. Auflage mit heraldisch-
genealog. Erläuterung. Lex. 8^ Nürnberg,
Bauer & Raspe. — VI. Bd. 12. Abteil. Mül-
verstedt, Geh. Archivrat G. A. v. Der abge-
storbene Adel der sächsischen Herzogtümer.
(IV, 118 S. m. färb. Titel u. 88 Tafel.) 1907.
bar 37,50; geb. 40.—.
11. Kultur.
Möbel u. Dekoration, 2. Werkstattkultur u.
Wohnkultur. (E. Vogel.)
Innen-Dekoration, I, 08. Das Sitz-Zimmer.
(R. Schaukal.)
Kunst f. Alle, 5. Das Bild im Zimmer. (K.
Scheffler.)
Cechische Bevue, 10. National-individueller
Hausschmuck. (Novökovä.)
Lux, Jos. Aug. Der Geschmack im Alltag. Ein
Buch zur Pflege des Schönen. (IX, 422 S. m.
Abbildung.) 8®. Dresden, G. Kühtmann, 08.
4.— ; geb. in Leinw. bar 5. — .
H. D. Le concours de balcons et fenetres
fleuris. (R. de l’hortic. beige etrangere, 06, n® 10.)
Chevalier, Ch. Fenetres, balcons et hottes
fleuris. (Tribüne hört., 1907, n® 51.)
Berner Bundschau, 6. Gedanken über Kind
und Kunst. (E. Schneider.)
Christi. Kunstbl., 10. Wo steht die Bewegung :
Kunst in der Schule? (D. Koch.)
Mon. d. instituteurs prim., 35. L’art ä l’ecole.
(X. X.)
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. Beitrag zur Kunsterziehg. (94 S.) 8®. Leipzig,
Modernes Verlagsbureau. 07. 1.50.
Gurlitt, L. Schule u. Gegenwartskunst. (83 S.)
8®. Berlin-Schöneberg, Verlag der Hilfe. 07.
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(C. Oehring.)
Berner Bundsdiau, 11. Volkskunst und An-
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Frankf. Kalender, 1908. Das Wiedererwachen
der künstlerischen Kultur in der angewandten
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Innenausbau, 3. Die Rolle des Handwerks in
der Kulturarbeit. (H. Kükelhaus.)
Trierisches Jahrbudi, 1908. „Ästhetische
Kultur.“ (J. Mumbauer.) — Wie kamen wir
doch zum „Jugendstil?“ (J. Mumbauer.)
— Kunstmöglichkeiten im Ärbeiterheim. (J. Ä.
Lux.) — Betrachtungen über das gewerbliche
Fortbildungs-Schulwes. in Preuß. (0. Erath.)
Kunstwart, 8. Die Wiederoberung harmonisch.
Kultur. (F. Schumacher.)
12. Kunst und Künstler.
Mündin. N. Nadir., 6. 12. 07. Der Kaiser u.
die Kunst. (F. v. 0.)
Mitteil. d. Ver. f. d. Gesdi. Berlins, 11. Der
Kaiser und die Kunst. (Voß.)
Onze Kunst, 10. Nationale Kunst? (J. van
den Bosch.)
Kunst unsrer Heimat, 2. Der Mensch und
die Kunst. (W. Kinkel.)
Gaulke, Führer z. Kunst. Hrsg. v.Dr. Herrn. Popp.
8®. Eßlingen, P. Neff. 9. Gaulke, Jobs.:
Religion und Kunst. Mit 8 Taf. in Tonätzg.
(52 S.) 07. Jedes Bdchn. 1.— .
Gugau, M. Die Kunst in Beziehung zum so-
zialen Leben. Deutsch von P. Prina. Leipzig,
Dr. W. Klinkhardt.
Frkf. Zeitg., 7. I. Kunstcliquen (Werdandi-
‘ bund.) (ago.)
Jul. Ärg. 20 (1907). Utg. af Konstnärs-
klubben. Fol. (41x32). 22 S. Stockholm,
Wahlström & Widstrand in Komm. Kr. 1.25.
darin u. a,; Mälaren och motivet (Georg
Nordensvan). Mit zahlr. Hbb. v. Gemälden
mit biblischen Motiven. Düsseldorf (C. Hell-
ström). Mit Illustr.
Kunst u. Künstler, 4. Secession und Akademie.
Frkf. Zeitg., 29. 11. Künstler und Kunst-
schriftsteller. (J. Burghold.)
Der Tag, 4. 1. Künstlerbücher. (H. Rosenhagen.)
L’art, 818. Un paquet de lettres inedites de
Carle et Horace Vernet. (P. Bonnefon.)
Allg. Zeitg. (Beilage), 22, 1. Henriette Feuer-
bach. (Bertolzheimer.)
Kunst u. Künstler, 2. Drei Briefe Goyas.
(V. V. Loga.)
Hohe Warte, 2. Betrachtungen über die Kunst.
(G. Segantini.)
März, 24. Meine Lithographien zur Ilias.
(M. Slevogt.)
Kunst u. Künstler, VI, 1. Aus meinem Leben.
(W. Trübner.)
Österreidh. Rundschau, 3 u. 4. Aus F. G.
Waldmüllers handschriftlichem Nachlaß. (Mit-
geteilt V. A. Roeßler.)
Julebogen, Aarg. 1907. Köbenhavn, Hagerup.
Kr. 2.—. Darin: Optegnelser om de äldre
Kunstnere der have bidraget til min Udvikling
(Lorenz Frölich).
Delacroix, E. La peinture anglaise jugee par
Delacroix. (Feder, artist., 1907, no. 29.)
13. Technik.
Bull. Italien de Bordeaux, 4. Nicolas de
Cues et Leonard de Vinci. (P. Duhein.)
Ridderhof, W. C. A. Leerboek der perspectief
ten dienste van candidaten voor de akten
Middelbaar onderwijs (M^ en M-) in het hand-
en rechtlijnig teekenen, ten gebruike op teeken-
scholen en voor zelfstudie. Met 155 figuren
tusschen de tekst. [2] uitslaande platen, bene-
vens 280 opgaven.D1.2.Deventer,/E.E.Kluwer.
Gr. 8®. [25X16,5]. (VIII, 153 blz.) f. 2.25.
Richer, P. Anatomie f. Künstler. Die Formen
des menschl. Körpers in der Ruhe u. in den
hauptsächl. Beweg. Übers, v. CeciliaC.Schmidt-
Risse. Mit 110 Taf. nach Zeichn. des Verf.
Text u. Atlas. (XX, 271 S. m. Abb.) 34, 5x25, 5cm.
Stuttgart, W. Spemann.07. In Lnw.-Mappe40.—
Archiv f. d. gesamte Psychologie, 1. Ex-
perimentelle Untersuchung der Komplementär-
verhältnisse gebräuchlicher Pigmentfarben.
(A. Kirschmann n. D. Dix.)
Gussow, C. Maltechnische Winke u. Erfahrung.
(95 S.) 8®. München, E. Reinhard. 07. 1.6Ö.
Walsh (Furze). How to Paint in Oil. 16 mo.
pp. 58. Is net; sewed, 6d net. Fifield.
Werner, C., Kurs i penselteekning. 8®. (24X11).
S. u. 26 Bl. Stockholm, Fritze. Kr. 1.25.
Saturdag Review, 105. Carpaccio and van Eyck.
(Technik der Ölmalerei.) (L. Bingon.)
Vasari on technique, translated into English
by Loüisa S. Maclehose, edited with intro-
duction and notes by professor G. Baldwin
Brown — London, Dent, 1907. — In-8® de
328 p. avec 30 gravures dont plusieurs en
Couleurs.
The art Journal, Jan. 08. The making of
carpets. (A. Miliar.)
232
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Werkkunst, 3. 5. 6. 7. 8. Äufforderung zum
Kampf gegen die unechten Farben. (P. Krais.)
Ärchitcctural review, 134. The principles
of dorne construction. (W. Dünn.)
Sdiroot, P. Ä. Bouwkunde. De materialen
enz. voor het metselvak. Een overzidit der
bij eigen Studie te behandelen onderwerpen
voor aanstaande leeraren en bouwtechnici.
Deventer, IE. E. Kluwer. Gr. 8®. [25x16®.]
(56 blz., m. afb.) f. -.90.
Ärt et decoration, 1. La procede de Gravüre
en trois couleurs. (M. P. Verneuil.)
Mitteil, des £xlibris»Vereins z. Berlin, 3.
Ein neues Reproduktions verfahren. (Ä. Weber.)
Mathies^Masuren. Die Kunst. Slg. ill. Mongr.
Hrsg. V. Rieh. Muther. kl. 8*^. Berlin, Mar-
quardt & Co. 59. und 60. Bd. Matthies-
Masuren, Fr.: Künstlerische Photographie.
Entwicklung u. Einfluß in Deutschland. Vor-
wort u. Einleitung v. Prof. Älfr. Lichtwark.
Mit 1 Gravüre und 30 Tonätzgn. (117 S.)
(07.) Kart. 3.—; geb. in Ldr. 5.—.
14. Kunstunterricht
Pearce, Dora. Modelling in Relief. Lessons
showing how to Model Maps and Objects
from Nature. Illus. 4to. 8V4X6V2. pp. 46.
2s. net. (G. Philip.)
Kunstgarten, Zeitschrift f. soziale Kunstpflege,
Zeichen-Unterricht, Fachsdiulwesen. Hrsg. u.
Red.: C. Kulbe. 5. Jahrg. Oktbr. 1907— Septbr.
1908. 24 Hefte. (1. Heft. 12 S. m. 1 Taf.)
Lex. 8®. Groß-Lichterfelde, C. Kulbe. Viertel-
jährlich 1.50; einzelne Nrn. —.35.
Van den Bosdi, F. Quelques observations
sur les methodes de l’art dans les ecoles.
Gand. Siffer. In-8o. fr. 0.25. 07.
Fredion, H. Traite pratique de composition de-
corative, ä l’usage des jeunes filles, repondant
aux programmes des cours complementaires
des ecoles primaires, des ecoles primaires
superieures et professionelles, des ecoles nor-
males; par Henri Fredion, professeur de dessin
au College, ä l’ecole normale et ä l’ecole pri-
maire superieure des jeunes filles de Melun.
Paris, impr. Lahure; libr. Masson et Cie. 1908.
(27. Novembre.) In-4, 96 p. avec fig.
Grüber, Frz., Realggmn.-Zeidienlehr. Pinsel-
Spiele im Dienste der Kunsterziehung und
Kunstübung. 11. TI. 2. Heft: Zwei neue
Blockierverfahren zur Darstellung v. bewegl.
Lebensformen f. das Gedäcktnis- u. Phantasie-
zeichnen. (10 Taf. m. Text auf der Rückseite
u. dem Umschlag.) 18,5x24 cm. W.-Jena,
Thüringer Verlagsanstalt (07). 1. — .
Pletinckx, Th., et Äbbeloos, Th. Le mode-
lage ä l’ecole primaire. Son röle dans l’edu-
cation esthetique. Namur, Äd. Wesmael-Char-
lier. 80, 104 p. (fr. 1.50.) 07.
Teubner. Des Kindes Kunst in Schule u. Haus.
Für Handfertigkeit u. Phantasiebildg. Zugl.
Ergänzg. z. Wegweiser nach neuen Bahnen
des Zeidienunterridits. (37 Taf. mit 41 S. Text.)
Lex. 80. Oschatz, (B. Krasemann Nachf.) 07.
ln Mappe 3.60.
15. Kunstlehre.
Verworn, Max. Zur Psychologie der primitiven
Kunst. Ein Vortrag. [Äus: „Naturwiss. Wochen-
schrift.“] (47 S. m. 35 Äbbildgn.) 80. Jena,
G. Fischer ’08.
Haendcke, Prof. Dr. Berth. Kunstanalysen aus
19 Jahrhunderten. Ein Handbudi f. die Be-
trachtg. v. Kunstwerken. (VII, 274 S. m. Ab-
bildungen u. Taf.) Lex. 80. Braunschweig,
G. Westermann ’07. Kart. 10.—.
Hamann, Rieh. Der Impressionismus in Leben u.
Kunst. Mit 16 Äbbildgn. u. zahlreichen Noten-
beispielen. (320 S.) gr. 80. Köln, M. DuMont-
Schauberg ’07. 7.50; geb. in Leinw. 8.50.
Pädagogische Blätter, 10. Ästhetische Pro-
bleme (Itschner.)
Gaz. des beaux-arts, 606. Les Origines po-
pulaires de l’art. (E. Pottier.)
Hamb. Nachr., 28. 12. Der neue Stil (H. van
de Velde). (R. S.)
Van de Velde. Der neue Stil. Vortrag von
Prof. Van de Velde, gehalt. in der Versammlg.
des Verbandes der Thüring. Gewerbevereine
zu Weimar. Weimar. Carl Steinert. Kl. in-8o.
15. S. (fr. 0.75).
Werkkunst, 8. Über die Linie, (van de Velde.)
Wilde, Osk. Zwei Gesprädie v. der Kunst u.
vom Leben. (Übers, v. Hedw. Lachmann u.
Gust. Landauer; Titel- u. Einbandzeichunng
von Fritz Adolphy.) (III, 158 S.) 80. Leipzig,
Insel-Verlag 07. 4.— ; geb. in Halbldr. 6.—.
Hofmann, Alb. v. Die Grundlagen bewußter
Stilempfindung. III. Das Wesen des Künstle-
rischen. (VIll, 116 S.) kl. 80. Stuttgart, W.
Spemann 07. 3. — .
Blaubudi, 23. 1. Moral u. Kunst. (B. Sielmann).
Deutsche Zeitung, 22. 12. 07. Künstlerisck
u. sittlich. (K. Sckultze.)
Hodiland, 1. 12. 07. Kunst, Schönheit und
Seelenleben (Schluß). (E. Hasse.)
Umschau, 1. Entwicklung und Renaissance.
(W. Ostwald.)
Äftonbladet (Stockholm) 4. u. 7. X. Bild odi
ord. (01a Hansson.)
Memnon. I, 1. Biologisdie Gedanken zur
Archäologie. (F. Solger.)
Naturwiss. Wochenschrift 17. 11. Zur Psycho-
logie der primitiven Kunst. (M. Verworn.)
Neue metaphgs. Rundschau, 4. Was ist
Schönheit? (H. Zillmann.)
Fester Llogd 14. 10. Nippons Ästhetik.
(P. Vay.)
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keit. Biologische Voraussetzgn. der Ästhetik.
(93 S.) gr. 8®. München, E. Reinhardt. 07. 2.—.
Buskin, John. Writings: Selections. 8vo.
pp. 512. 2s 6d. Ä. Melrose.
Taine, H. Philosophie de l’art. (1. partie.)
Mit Einleitg. u. Änmerkgn. hrsg. v. M. Fuchs.
Heidelberg, C. Winter, Verl. ca. 1.60
Vogelsang, W. Aesthetiek en kunstgeschiedenis
aan de universiteit. Rede bij de aanvaarding
van het hoog-leeraarsambt aan de rijks-uni-
versiteit te Utrecht, den 23sten September
1907. Utrecht, Ä. Oosthoek. 8». [22,5x17,5]
(44 blz.). f. —.60.
Wgneken, K. Der Aufbau der Form beim
natürlichen Werden u. künstlerischen Schaffen.
Gemeinverständlich dargestellt. 2. TI. Der
Kanon der schönen Form. Anleitung zur Her-
stellg. der rhgthm. Grundlage f. jedes Kunst-
werk in jed. Stilart. Ein Handbuch f. Künstler,
Techniker u. Gewerbetreibende. Text u. Atlas.
Freiburg i. B., J. Bielefeld. 07. 25.— ; geb.
26.50; zusammenbezogen 24.— ; geb. 25.—.
Gegenwart, 42. Was ist Architektur? [Forts.]
(J. Lux.)
Jule-Älbum 1907. Köbenhavn, A. Christiansens
Forlag. Folio. Kr. 1.50. Darin u. a.: Den ideale
Yngling (Den unge Mand i Künsten) (Docent
Peter johansen). Mit 29 Reprod. nach Giotto,
Tizian, Masaccio, Botticelli, Gozzoli, Fran-
ciabigio, Perugino, Mantegna, Rafael [Hand-
zeidin. im Nationalmuseum, Stockholm], Hol-
bein, Metsu u. a.
Gegenwart, 21. 12. Über Malerei (Aphorismen).
(W. Kirchbach).
Hoppner, John. Essays on Art. Edited and
with an Introduction by Frank Rutter. 12mo.
7X4/V4. pp. 108. 2s 6d net. F. Griffiths.
Fester Llogd, 25.12. Die Zukunft der Malerei.
(M. Nordau.)
Über Land und Meer, 8. Wandlungen des
Landschaftsideals in der Kunst. (Fr. Knapp.)
PreuB. Jabrb., 1. Architektur und Ästhetik.
(A. V. Hartmann.)
Ztsdir.f. Ästhetik u. allg.Kunstwissensdi., 1.
Das Wesen des Plastischen. (R. Hamann.)
Hamburger Nadir., 4. 12. 07. Von gotischer
Baukunst (Ruskins, „Steine von Venedig“.
(M. Goos.)
Ztsdir.f. Ästhetik u. allg.Kunstwissensdi., 1.
John Ruskin, Steine von Venedig. (S. Saenger.)
Wissen u. Leben, 7. Die Grundlagen der
Volkskunst, (de Praetere.)
Kunsidhronik, 10. Strzygowski. Die bildende
Kunst der Gegenwart. (W. v. Semetkowski.)
16. Reproduktionen.
Hülsen, Jul. Der Stil Louis Seize im alten
Frankfurt. Innen-Architektur: Ganze Fassaden
u. Einzelheiten. 40x32 cm. Frankfurt a/M.,
H. Keller. 07. 24.-.
Hoffmann, Stadtbaur. Geh. Baur. Dr. Ludw.:
Neubauten der Stadt Berlin. Gesamtansichten
u. Einzelheiten nach d. m. Maßen versehenen
Orig.-Zeidin. der Fassaden u. d. Innenräume,
sowie Naturaufnahmen d. bemerkenswertesten
Teile der seit d. J. 1897 in Berlin errichteten
städt. Bauten, 6. Bd. Rud. Virchow-Kranken-
haus. (50 Tafeln mit III, XX S. illustr. Text)
53,5X41 cm. Berlin, E. Wasmuth ’07. In
Mappe 50.—.
Älbum de la maison moderne — Bruxelles,
Imprimerie des travaux publics. In-4®. (15 fr.)
Collection de 48 phototypies, publiees ä raison
de quatre par mois.
Details v. ausgeführten Bauwerken. 6. Bd. 2—5.
(Schl.-)Lfg. Berl., Wasmuth. Je 6.—.
Raumkunst, die, in Dresden 1906. 7. (Schluß-)
Lfg. (10 Lichtdr.-Tf. m. 1 Bl.Text.) 49,5x33,5cm.
Berlin, E. Wasmuth. 07. 7.—.
Menzel, Adolph v.: Architekuren. Herausgeg.
V. Arth. Biberfeld. 4. u. 5. (Schluß-)Lfg. (40 Taf.)
49,5X33,5 cm. Berlin, E. Wasmuth (’07). In
Leinw.- Mappe je 20.—
Mohrmann, K. u. F. Eidiwede. Germanische
Frühkunst. 120 Taf. in Lichtdr. m. erläut. Text.
12. (Schluß-)Lfg. 47,5x34 cm. Leipzig, Ch. H.
Tauchnitz. 07. 6.—.
(Vollst. in 2 Abtlgn. in Mappe je 38.50.)
Niedling, Archit. Prof. A.: Altäre im röm. u.
got. Stil mit zahlreichen Detailzeichnungen.
32 Licht- u. Farbendr.-Taf. 4. Aufl. (IV S. Text.)
45,5X32 cm. Berlin, B. Hessling (’07). In
Mappe 40.—.
— Kirchen -Malereien im roman. u. got. Stile.
Vorbilder z. Ausschmückg. d. christl. Gottes-
hauses durch ornamentale u. architektonische
Malereien, wie Gewölbe, Wand- und Sockel-
Malereien, Teppichmuster, Fensterlaibgn. und
Umrahmungen. 2. Aufl. (28 Taf. m. V. S. Text.)
45,5X32 cm. Berlin, B. Heßling (’07), In Mappe
48.—
Denkmäler d. Malerei d. Altertums. Herausgeg.
V. Herrmann. I. Serie. 4. u. 5. Lfg. München,
Verl.-Anst. F. Bruckmann. Je 20.—.
Album d. Casseler Galerie. 40 Farbendr. Mit
hist. Einl. u. begl. Texten v. Osc. Eisenmann
u. Ad. Philippi. (IX S. u. 40 Bl. Erklärungen.)
34.5X27 cm. Leipzig, E. A, Seemann ’07.
Geb. in Leinw. 20.—.
Meisterwerke der Galerie Nostitz, Prag. (In
4 Lfgn.) l.u.2.Lfg. (Je 10 Bl.) 45,5 X35,5 cm.
Prag, C. Bellmann (’07). Je 8.—.
Chefs-d’ceuvre (les) de Jakob Jordaens. —
Bruxelles, L. J. Kryn. In-16, 3 p. de texte et
32 grav. hors texte avec legende en regard
(f. 0.80).
15
234
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Ausstellung, die Leidener, von 1906. Zur Er-
innerung u. Feier des 300jährig. Geburtstages
Rembrandts, 15. VII. 1606. Heliographische
Reproduktionen v. 25 d. eingesandten Gemälde.
Mit einer Einleit. d. reproduz. Meisterwerke
V. Dr. Ä. Bredius. (In 5 Lfgn.) 1. Lfg. (5 BI.
u. 10 Bl. Text.) 67,5X48,5 cm. Haarlem ’07.
Leipzig, Maas & van Suchtelen. Bar 45. — ;
Luxusausg. auf Japan. Büttenpapier 70. — .
de Mont, Pol. Van de gebroeders van Eyck
tot Pieter Breughel. Vijftig meesterwerken der
vroegste nederlandsche schilderkunst, uitge-
kozen door Pol de Mont. Äflevering 7. —
Berlin, Fischer et Franke; Amsterdam, Uitge-
vers - Maatschappij Elsevier. Gr. in Folio
(Elke äflevering, 135 fr.).
Galerien, d., Europas. 16. — 24. Heft. Leipzig,
E. A. Seemann, je 3. — .
Gemälde -Galerie im Musenm des Prado zu
Madrid. 2. — 5. Lfg. Mündien, Hanfstaengl.
Je 50.—.
Gemälde- u. Bildhauerwerke, 40, aus den
Sammlungen der Kunsthalle zu Bremen. Mit
einleit. Text v. Gust. Pauli. (11 S.) 37x29 cm.
Bremen, F. Leuwer (’07). 120.—.
Schreiber, Museumsdir. Theod.: Meisterwerke
des städt. Museums der bildenden Künste zu
Leipzig. Im Aufträge des Rates der Stadt
Leipzig herausgeg. (85 [1 färb.] Taf. m. VII,
66 S. illustr. Text.) 40X30,5 cm. München, F.
Bruckmann ’07. Geb. in Leinw. 60. — .
Meesterstukken, De, in het rijksmuseum. Afl. 4.
Leiden, A.W. Sijthoff’s uitgevers-maatschappij.
Fol. Pit. 16—20, m. beschrijv. tekst.
Meister d. Farbe. 4. Jahrg. 4— 11. Heft. Lpzg.,
E. A. Seemann. Je 2.—.
Steinle-Mappe. 10 Bilder u. 1 Leiste. Ausw.
u. künstler. Einführung v. Dr. Jos. Popp. (14
S. Text.) 36,5x27,5 cm. München. Allgemeine
Verlags-Gesellschaft (’07). 3.50.
Stückelberg, E. Ä.: Denkmäler zur Basler Ge-
schichte. 33 Taf. mit begleit. Text u. 10 Ab-
bild. III, 108 S.) Lex. 80. Basel, B.Wepf&Co.
’07. In Mappe 17.—.
Erler, Fritz. Fresken im Kurhaus zu 'Wiesbaden.
München,* F. Hanfstaengl. In Mappe ca. 15. — .
Seelengärtlein. Hortulus animae. Herausgeg.
V. Dörnhöffer. 2. u. 3. Lfg. Frankf. a/M., Baer
& Co. Je 60.—.
Kartenspiel, das älteste deutsche, vom Meister
der Spielkarten vor 1446 in Kupfer gestochen.
32 Blätter auf Japanpap. in Lichtdr. Menschen,
Vögel, Raubtiere, Hirsche. (As, König, Dame,
Bub- Ober, Bub-Unter, Siebener, Achter,
Neuner). Aus: „Geisberg, Max, das älteste
gestochene deutsche Kartenspiel“.] 8^. Straß-
burg, J. H. E. Heitz (’07). In Karton 10. — .
Einblattdrucke des 15. Jahrh. Herausgeg. von
Paul Heitz. 36,5x28 cm. Straßburg, J. H. E.
Heitz. Major, Emil: Holzschnitte des 15. Jahrh.
in der öffentl. Kunstsammlung zu Basel. Text
V. M. Mit 20 Taf. in Hochätzung, wovon 13
handkoloriert. (15 S.) ’08. nn. 40.—.
Heitz, Paul. Eine Abbild, der Hohkönigsburg
aus der 1. Hälfte des 16. Jahrh., gefunden u.
beschrieben. 9 S. m. 3 Vignetten und 2 Taf.
43,5x33 cm. Straßburg, J.H.E. Heitz. 07. bar 2.50.
Dilich’s, Wilh., Federzeichnungen kursächs. u.
meißnisch. Ortschaft, a. d. J. 1626—1629. Hrsg.
V. Paul Emil Richter u. Christian Krollmann. 3 Bde.
(Aus d. Schriften der königl. sächs. Kommission,
f. Geschichte.) (30 S. Text, 49, 56 u. 40 Taf.)
20x31 cm. C. C. Meinhold u. Söhne. 07. 28.— .
Einblattdrucke des 15. Jahrh. Hrsg. v. Paul Heitz.
36,5X28 cm. Straßburg, J. H.E. Heitz. Leidinger,
Geo.: Einzel-Holzschnitte des 15. Jahrh. in der
kgl. Hof- u. Staatsbibliothek München. Mit Text
hrsg. I. Bd. 46 handkolor. u. 1 unkolor. Nachbld.
in Hochätzg. (47 S. m. 27 S. Text.) 07. nn 80.—.
Sillib, Rud.: Holz- u. Metallschnitte a. d. großh.
Universitäts-Bibliothek Heidelberg. Mit 13 Taf.
8 handkolor. (13 S.) 07. nn 30.— .
Breviarium, das, Grimani, in der Bibliothek v.
San Marco in Venedig. Vollständ. photogr.
Reproduktion, hrsg. durch Bibl.-Dir. Scato de
Vries u. S. Morpurgo. 8. Lfg. 131 z. TI. färb.
Taf. 49,5x35,5 cm. Leiden, A. W. Sijthoff.
Leipzig, K. W. Hiersemann. 07. In Lwd.-Mappe
nn 200.—.
Maximilians I., Kaiser, Gebetbuch. Mit Zeich-
nungen V. Albr. Dürer u. anderen Künstlern.
Fksm.-Druck der Kunstanstalt Albert Berger
in Wien. Mit Unterstützg. des k. k. Ministe-
riums f. Kultus u. Unterricht in Wien u. des
königl. Ministeriums der geistl., Unterrichts-
u. Medizinal-Angelegenheiten in Berlin hrsg.
V. Karl Giehlow. (157 Doppels, u. 31 S. Text.)
40x29 cm. Wien 07. (München, F. Bruck-
mann.) In Buckram-Kassette nn 425. — ; geb.
in Ldr. m. Messingbeschlägen nn. 525. — ; vom
15. III. 1908 ab: nn 500. — ; bezw. nn 600. — .
Zeidinungen alter Meister im Kupferstich-
kabinet d. k. Museum zu Berlin. 19. u. 20. Lfg.
Berlin, G. Grote. Je 15.—.
Handzeichinungen alter Meister a. d. Albertina.
12. Bd. 3. u. 4. Lfg. Wien, F. Schenk. Je 3.—.
— alter Meister der holländischen Schule.
VII. Serie. 1. Lfg. (8 Taf.) 38x28,5 cm.
Haarlem, H. Kleinmann & Co. (07). 4.—.
Handzeidinungen alter Meister im Besitze des
Museums Wallraf-Richartz zu Köln am Rhein.
25 Lichtdr. -Taf. m. Text. Hrsg. v. Dr. Arth.
Lindner. (5 Bl. Text.) 38x29,5 cm. Köln,
W. Abels (07). In Mappe 20.—.
Michelagniolo Buonarroti. Handzeichngn.
3.-5. Lfg. Berlin, J. Bard. Je nn 16. — .
Handzeidinungen altholländischer Genremaler.
Hrsg. u. eingeleitet v. Wilh. Bode. Mit Text
V. Wilh. R. Valentiner. (50 Taf. m. 60 S. Text.)
gr. 8®. Berlin, J. Bard 07. Geb. in Leinw.
15.—; Luxusausg. geb. in Ldr. bar 35.—.
Bibliographie
235
Chodowiedti, Dan. Bilder aus der branden-
burg-preußischen Geschichte. Radierungen.
Hrsg. V. Prof. Dr. Geo. Voß. (54 Bl. m. Text
auf der Rückseite u. XIIIS. Text.) 13x19,5 cm.
Berlin, J. Spiro (07). bar 4.—.
Klinger, Max. Epithalamia. Umrahmungen in
Federzeichngn. (Eingedruckter) Text v. Elsa
Äsenijeff. (16 Photograv.) 68X52 cm. Berlin,
Ämsler & Ruthardt 07. In Leinw.- Mappe
bar nn 250.—.
Bichter-Mappef vierte. Hrsg, vom Kunstwart.
(6 [2 färb.] Bl. u. II S. Text mit Bildnis und
1 Äbbildg.) 38,5x28 cm. München, G. D. W.
Callweg (07). bar 1.50.
8
I. Alte Kunst.
I. Baukunst.
The principles of Dome construction.
(Schluß.) (W. Dünn. Ärchitect. Review, 135.)
The origin and prospects of gothic ar-
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Los templos antiguos de la provincia de
Valencia en Quintanaluengos g Revilla de
Santullän. (M. Vielva. Bol. d. 1. R. Äcad. d.
1. Historia, Madrid, 6.)
Kristkirken i Nidaros (Centralvinduet i Fron-
ten og Hvälvhöjden). (Fr. Macodg Lund : Teknisk
Ugeblads Ärkitektafd., Kristiania, 1908 Nr. 1.)
Flere Indläg i Domkirkesagen. (O. Nord-
hagen, H. M. Schirmer, J, Meger. Ebenda.)
Storkgrkans i Stockholm restaurering.
(Svenska Dagbladet Nr. 10. Mit Äbb.)
Soest och Gottland (JohnngRoosval. „Svenska
Dagbladet“ Nr. 32. Mit 2 Zeichn.)
E. Swiegkowski. »Palac w Krgstgnopolu“.
(D. Palais in K. nach zeitgenöss. Plänen.)
Krakau 1907. 4». 24 S.
J. S. Zubrzg cki. „Skarb architekturg w Polsce«.
(Polnische Ärchitektur.) Krakau 1908. Heft III,
IV u. V. ä Kr. 1.50.
St. Tomkowicz. „Wewn^trzne urz^dzenie
Zamku krakowskiego i jego losg“. (D. innere
Einrichtung d. Krakauer Schlosses u. sein
Schicksal). Krakau 1907. 8». 24 S. u. 9 Taf.
u. Äbb. —.80 h.
Casa Me§krului Äntonie Mogo§. (Ä. Tzi-
gara-Samurca§. Convorbiri Librare, 1.)
la. Deutschland.
Die Äbteikirche Knechtsteden. (J. Mar-
chand. D. christl. Kunst, 5.)
Ein altes Fürstenschloß (Heilsberg i. Ostpr.).
(H. Mankowski. D. christl. Kunst, 5.)
Die Burg Gieselwerder. (F. Pfaff. Hessen-
land, 3.)
Über die Bauten von Ält-Berlin. (Berin-
guier. Mitteil. f. d. Gesch. Berlins, 8.)
Ält-Hamburgische Bauweise. (K. Mühlke.
Denkmalspflege, 3.)
Ältschweizerische Baukunst. (P. Weber.
Denkmalpfl., 1.)
Das Hessendenkmal z. Frankfurt a. M.
(V. Fettmilch. Rheinlande, 2.)
Ib. Frankreich und England. Baukunst
Ärchitektur- u. Landschaftsskizzen aus
d. Provence. (H. Hildebrandt. Beil. z. Ällg.
Ztg. 29 ff.)
Die Kirche von Romainmötier. (J. Zemp.
Ztschr. f. Gesch. d. Ärchitektur, 4.)
Miltoun (F.). — The Cathedrals of Northern
France. With 80 Illustrations frgm original
drawings bg Blanche Mac Manus. Decorative
cover, cloth gilt. Fr. 7.50.
Miltoun (F.). — The Cathedrals of Southern
France. With 90 Illustrations bg Blanche
McManus. 568 pages. 8vo, cloth gilt. Les
Eglises de la France du Nord et de Sud,
richement illustre, reliure de luxe. Fr. 7.50.
F. Laurie.
Äbbeg Owneg, Countg Limerick. (J. Segmour.
Journ. of the R. Soc. of Äntiqu. of Ireland.)
Carrigogunnel Castle and the O’Briens of
Pubblebrian in the Countg of Limerick. (Th.
Johnson Westropp. Journ. of the R. Soc. of
Äntiqu. of Ireland.)
Winchester Cathedral. (Saturdag Review,
25. Jan.)
Students’ drawings of the Institute of
Ärchitect s. (Builder, 3390.)
2, Alte Malerei.
Qui est l’auteur du tableau de la Collec-
tion Prince Youssoupoff, represant
un Savogard jouant la vieuille devant
deux petites filles et un veillard? (Ä.
Somoff u. Ädrien Prochoff, Les Tresors d’Ärt
en Russie X, XI u. XII 07).
M. Olszewski. „Rozwöj polskiego malarstwa.“
(D. Entwickelung d. poln. Malerei, Th. I vom
Barock bis Matejko). Krakau 1908. Kr. 1.10.
2a. Deutschland.
Alte
Malerei
Zwei Reliquienschreine und ihre alte
Bemalung. (P. Klinka. Denkmalpfl., 1).
Zu Zeitblom. (Fr. Haack. Kunstchronik, 7.2.)
Ein neues Cranachbuch. (von Worringer).
(Th. Heuß. Die Hilfe, 15. 12).
Eine Monographie über Lucas Cranach.
(Bespr. V. Worringer). (H. Eßwein. Hamb.
Nachr., 26. 1.)
236
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Ältc
Malerei
Alte
Malerei
Alte
Malerei
Der Fall Grünewald. (K. Lange. Sdiwäb.
Merkur, 18. 1.)
Mathias Grünewalds Stuppacher Ma-
donna. K, Lange. PreuB. Jahrb., 1.)
2b. Frankreich u. Spanien.
Ä portrait of Eleonora of Spain, attributed
to Jean Clouet. (Ä. E. Hewett. Burl.Magaz.,59.)
Un dessin inedit deWatteau. (M.Tourneux.
Gaz. d. beaux-arts, 608).
Fürst (Herbert) — Chardin and his Times.
(18mo. sewed, 6d net Gowans & G.)
Chardin (J. B. S.) et Fragonard (J. H.)
L’CEuvre de. 213 reproductions. Intro. par
Ärmand Dagot, notes par Leandre Vaillat.
Rgl. 4to. swd. 42s. Simpkin.
Los primitivos Espanoles. (Espana fuera
de Espana). (E. Bertaux. La Espana mo-
derna, 230).
Diego Velazquez g su siglo. (C. Justi. eod.)
Pacheco, the master of Velazquez. (H.
Cook. Burl. Magaz., 39).
Goga. (R. Oertel. Daheim, Febr. 08).
2c. Italien.
Rose (G. B.) — Renaissance Masters. 3rd
edition, Cr. 8vo., 5s. net. Putnam.
Deckengemälde. (K. Doehlemann. Umschau, 4)^
Mason (J.) — Fra Ängelico. Illus. Imp. 16mo.
8x6, pp. 80, Is. sd. net (Masterpieces in
Colour). Jack.
Zwei Schriften über Fra Ängelico da
Fiesoie. [v. M. Wingenrot und v. Ä. Wurm].
(Hist, polit. Blatt, f. d. kathol. Deutschland, 3.)
Studien zu Pesellino und Botticelli. (W.
Weisbach. Preuß. Jahrb., 1.)
Cust (R. H. H.) — Botticelli. 12mo., pp. 102,
Is. net (Miniature Series of Painters). Bell.
Ricordi della vita e delle opere di Leo-
nardo daVinci raccolti dagli scritti di Gio.
Paolo Lomavro. (E. Solmi. Ärchivio Storico
Lombardo, 4.)
„Le Concert“ de Giorgione au Palais
Pitti. (H. Gronau, Stargje Godg XI. 07.)
Etudes de Titien pour les „ Bacchanales “
de Londres et de Madrid. (E. Jacobsen. Gaz.
d. beaux-arts, 608).
Die verschollenen Imperatorenbilder
Tizians in der Kgl. Residenz zu München.
(M. Wielandt. Ztschr. f. bild. Kst., 5.)
2d. Niederlande.
Dutch Painters, Catalogue, De Groot (C. H.).
Vol. I. 255.
Durch berühmte Kunststätten (Niederlande).
(Küffner. Fränk. Kurier, 4. II.)
Konodg (P. G.) — The Brothers Van Egck.
12 mo., pp. 80, Is. net (Miniature Ser. of
Painters.) Bell.
Memlincs Passion picture in the Turin
Gail erg. (J. Weale, Burl. Magaz., 59.)
Marinus von Rogmerswale. (W. Cohen,
Les arts anciens de Flandre, Okt. 07.)
Rembrandt van Rhgn. (J. Israels, Nord und
Süd, 1.)
Israels (J.)— Rembrandt. Imp. 16mo. 8X6, pp.
80, 1 s. 6 d. net (Masterpieces in Colour). Jack.
Un portrait de jeune femme par Rem-
brandt, dansla Collection Huldschinskg
ä Berlin. (Wilhelm Bode, Stargje Godg XI. 07.)
Notes on pictures in the Rogal Collec-
tion s. XI. Great piece, bg Sir Änth. van
Dgck. (L. Cust. Burl. Magaz., 59.)
La peinture murale de la Collegiale de
Termonde. (van den Ghegn. Ännal. de
l’Äcad. R. d’Ärcheol. de Belgique, 3—4.)
David Vinckboons, peintre, et son oeuvre et
la famille de ce nom. (H. Coninckx. Änn.
de l’Äcad. R. d’Ärcheol. de Belgique, 3—4.)
Die Dresdner Galerie. Frans Pourbus u. s.
Schule. (0. Sebaldt. Sächs. Ärbeiterzeitung,
31. I.)
3. Alte Plastik.
D. Meister d. Kreuzigungsgruppe in
Wechselburg. (J. Bachem. Ztschr. f. ehr.
Kunst, 11 u. 12.)
Zwei Gedenksteine der Herren von Ba-
den auf Siel. (Ä. v. Dachenhausen. Deut-
scher Herold, 1.)
Verborgene Kunstschätze in Tirol. (F.
Pollak, Ztschr. f. bild. Kst., 5.)
Zwei unerkannte Werke des Veit Stoß
in Florentiner Kirchen. (H. Voß. Preuß. Jahrb., 1.)
F. Kopera. „Wit Stwosz w Krakowie“ (Veit
Stoß in Krakau. Publikation d. Ges. d. Freunde
d. Geschichte u. Denkmäler Krakaus). Krakau,
1908. 40. 121 S. m. 7 Taf. u. 91 Äbb. Kr. 15.—.
Kleinbronzen der Söhne d. ält. Peter
Vis eher. (W. Bode. Preuß. Jahrb., 1.)
Tierbronzen der Renaissance. (W. Bode.
Kst. u. Kstler., 5.)
Eine Holzstatue des Äntonio Rizzo. (Ä.
Gottschewski. Ztschr. f. bild. Kst., 5.)
Det stora Michelangelo — fgndet i Uffizierna
i Florens. (S. St. „Värt Land“, Stockholm,
28. XII. ’07.) Mit 3 Äbb.
DerPlan v.MichelÄngelos Medicigräbern.
(Ä. Groner. Ärchiv f. christl. Kunst, 2.)
The Market Cross of Äberdeen. (G. M.
Fraser. Scottish Historical Review, 18.)
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gerald. Journ. of the R. Joe of Äntiqu. of
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Churdi Chests of the twelfth and thirteenth
Centuries in England. (P. Mainworing John-
ston. Ärdiaeolog. Journ., 4.)
Ämagertorkläder og Huenakker. (Leon
Ehlers: Tilskueren, Januar. Mit 9 Äbb.)
Temperantisfatet i Nationalmuseum. (Dr.
E. G. Folcker. Svenska slöjdföreningens tid-
skrift, Stockholm, 1907, H. 4.)
Udstilling afTönder’ske Kniplinger. (Ä.:
Vort Land, Kopenhagen, Nr. 19.)
I camini a Firenze nei secoli XIV e XV. (H.
Sdiiaparelli, Ärdiiv. Storic. Italiano, 4.)
Zwei Gobelin-Kissendecken des 15. Jahr-
hunderts. (Sdinütgen. Ztschr. f. ehr. Kunst, 11.)
Jones (E. Ä.) — The Old Silver Sacramental
Vessels of Foreign Protestant Churches in
England. 4to. 21s net Dent.
Nos armures ä l’exposition de la Toison
d’or. (G. Macoir. Bull. d. Mus. Roy. ä
Bruxelles, 1.)
Die Kunst- u. Wunderkammern der Spät-
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Folnesics. Zeit, 26. 1.)
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English China. 8vo. 9^UX5'-U, pp. 150,
Is. net. London Opinion.
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lOd. net, swd. 4s. net .... Simpkin, Jan. 08.
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(Forts.) (H. Pfeifer. Archit. Rundschau, 5.)
Vor Tids Bygningskunst i Danmark.
(Referat u. Kritik eines Vortrags v. Dr. Francis
Beckett. „Köbenhavn“, Kopenhagen, 1908,
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(T. Frank Green. Architect. Review, 135.)
Recent designs in domestic architecture.
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Nordiska museet (Axel R. Bergman: Arki-
tektur och dekorativ Konst, Stockholm, Jg. 38,
H. 1 U.2. Mitzahlr. Illustr.v. architekton. Details
u. plast. Schmuck.)
Ett svensk Pantheon (Carl Larsson: Ord
och bild. 1908. H. 1. Mit 2 Zeichn. v. Verf.)
LesFinlandais (finländ. Architektur). (A. Lippich
de Korongh. Magyar Iparmüveszet, Jan. 08.)
Utländska arkitekturstudier. (Frederik
Sundbärg. Svenska Dagbladet, Nr. 4. Durham.
Nr. 6: Amsterdam. Nr. 27: Bryssel.) Mit Zeichn.
la. Deutschland.
The Architecture of Vienna. (The Builder,
3387.)
Wettbewerb f. d. archit. Ausbildung d.
Möhnetalsperre. (Kullrich. Zentralbl. d.
Bauverwaltg., 9.)
Peter Behrens. (Hohe Warte, 3.)
Bruno Schmitz: Das Eigenhaus des Künst-
lers. (A. Jaumann. Innendekoration, Febr.)
Ein neues Denkmal Schwab. Bau - u. Maler-
kunst. (Pfullinger Volkshaus.) (H. Weiz-
säcker. Frkf. Ztg., 20. II.)
Theodor Fischers Werke in Schwaben.
(F. Rimmeie. Zentralbl. der Bauverwaltung,
11, 13.)
Ein neues Schulhaus von Th. Fischer.
(D. K. Christi. Kunstblatt, I. 08.)
Zwei moderne Predigtkirchen in Zürich
u. Bern. (K. eod.)
Die Mittelschule an der Torstraße in
Halle a. S. (Archit. Rundsch., 5.)
2, Neuere Malerei,
The last phase of impressionism. (Burl.
Magaz., 59.)
Det svenska vinterlandskapet i vär
moderna mälarkonst. (Maler Lennart
Nyblom. „Varia“, Göteborg. Mit zahlreichen
Illustrationen.)
Les dessins de Hubert Robert ä l’Alber-
tina de Vienne. (I. Schoenbrunner. Chronique
des Arts, 41.)
La peinture contemporaine italienne.
(A. de Rinaldis, Wjessy, Xll. 07.)
Carlo Fornara, an Italian „luminist“. (Alfr.
Melani. Studio, 179.)
Flemish painter: Franz Courtens. (Fern.
Khnopff. Studio, 179.)
Ein moderner böhmischer Maler. (Max
Svabinsky.) (0. Fleischer. Über Land und
Meer. 18.)
Jan Stanislawski. (Z. Przesmycki, Chimera
Heft 30.)
Baukunst
238
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Neuere
Malerei
Neuere
Malerei
Neuere
Malerei
Kunst in Frankfurt. (F. Läszlö.) (-emo.
Frkf. Ztg., 4. III.)
2a. Deutschland.
Spitz weg. (Ävenarius. Kunstwart, 9.)
Der Maler der deutschen Kleinstadt.
(Spitzweg.) (P.L. Chemnitzer Ällgem. Ztg. 30.1.)
Karl Friedrich Lessing. (P. L. Hamburger
Nachr., 4. 2.)
K. F. L es sing. (Voss. Ztg., 5. II.)
Erinnerungen an H. Makart. (B. Groller.
Velh. u. Klasings Monatsh. 6.)
Die Gemälde d. Boehle-Äusstellung im
Städelschen Inst., Frkf. a. M. (W. Haenlein.
Münchn. Ällg. Rundsch., 22. 2.)
Otto Greine r. (Fr. Stahl. Berl. Tagebl. 7. 2.)
Franz Matsch. (Ä. Leitich. Kunst f. Älle, 12.)
Oskar Zwintsdier. (W. P'astor. Deutsche
Kunst u. Dekor., 6.)
Älbert V. Keller. (J. Popp. Kunst f. Älle, 10.)
H. Hendrich unci seine. Tempelkunst.
(Ä. Koeppen. Westermanns Monatsh., 2. 08.)
DieBeuroner Kunstschule. (Kunst f. Älle 11.)
2b. Frankreich.
Der Wert der französischen Kunst. (Bespr.
V. Meier-Graefe.) (P. Fechter, Bresl. Ztg., 25. 1.)
Eugene Delacroix. (E. Klossowski. Kst. u.
Kstler., 5.)
Les artistes Lyonnais. (Schluß.) (Ä. Ger-
main. Gaz. d. beaux-arts, 608.)
L. -Ed. Fournier, decorateur. (M. Testard.
L’art decoratif, 2,)
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D. Ausstell, altenglischer Kunst in d. Berl.
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L’exposition des pcintres Anglais ä
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Die Äusstellung englischer Meister-
werke. (R. Lothar. Berl. Lok.-Anz. 25.1.)
Altenglische Meister in Berlin. (M. Os-
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Englische Meisterwerke in d. Berl. Aka-
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(O. Anwand. Dtsche Tagesztg. 25.1.)
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Alte und neue Porzellanplastik. (R. Graul. |
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Die Tapete. (R. E.Bernoulli. Werkkunst, 11.12.) |
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239
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Die Stickerin Florence Jessin Hösel. (Ä.
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Runge u. Scotland, Bremen. (K. Schäfer.
Innendekoration, Febr.).
Wie ich Töpfer wurde. (J. Ä. Lux. Rhein-
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Der Holzschnitt u. d. Plakatkunst (Sdiluy
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Die Plakatausstellung im Hohenzollern-
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Das Plakat. (P. Westheim. Werkblatt, 4.)
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Josef Kriehuber. (R. Ämeseder. Grazer
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Hermann Gattiker. (Schäfer. Rheinlande, ^)
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Austin 0. Spare. R. E. D. Sketchleg. Art
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Exposition d’art chretien ä ^ix-La-Cha-
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Perouse et l’Exposition d’Art Ombrien.
(A. Gottschewsky, Staryje Gody Xll, UL)
L’Expositon de la Toison d’Or ä
(Fierens Gevaert, Staryje Gody, Xll, 07.)
The eiqth exhibition of the International
Society at the New Gallery. (T. M.W. Studm, 179.)
Te Burlington House Loan Exhibition.
(Builder, 3388.) (Bilder v. Hogarth.)
Den jödiske Udstilling. II. Maleriopoisningen
(Nationaltidende, Kopenhagen, Nr. 11426.)
Den iödiske Udstilling 1 Industriforeningen
(Maler Soya-Jensen: Dannebrog, Kopenhagen,
Nr. 5602.) ^ r u i
Chr. Dalsgaard-Udstillingen. (Sl^ph^
M[ichaelis].: Köbenhavn, Kopenhagen, Nr. 23.)
Cottet-Rodin-Zoir-utställningen i Sto^-
holm. (G. Nordensvan. Dagens Nyheter, Stock-
holm 22/1.)
Kunstforeninqens Udstilling. (V.Wansdier.
„Politiken“, Kopenhagen, Nr. 12.)
Wystawka Rysunkow i ^stampow. (Aus-
stellung V. Zeichnungen u. Graphik m a.
KaiserL Rkademie d. Kün^, St
Jan. 1908.) Petersburg 1908. kl. 8 . 43 i.
m. 16 Abb.
2. Sammlungen.
(G,
e Kunsthalle in H a m b u r g. (Forts.)
iohn. Hamburg. Korresp., 2. 2.)
ntliche Berichte a. d. Kgl.Kunstsamnilungen
^onatl. ersch. Beiblatt z- jahjb. d 1^1. Pr
Nr. 4—6. lanuar bis Marz IWö.
240
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Museum für tirolisdie Volkskunst und Ge-
werbe. (E. Diez. Österreich. Rundschau, 3.)
The Dublin Gallery of modern art. (Burl.
Magaz., 59.)
The catalogue of the pictures in the
National Gallery. (J. Weale. Burl. Ma-
gaz., 59.)
Ny Carlsberg Glyptoteks Nyerhoervelser.
S. M.: Köbenhavn 29. I 08.)
L’istituzione del Museo Civico diVerona.
(Änt. Ävena. Madonna Verona, 4.)
H Standard for Ämerican Collections.
(C. J. Holmes. Burl. Magaz., 59.)
Neuerwerbungen d. Berl. National-Gale-
rie. (Cohen. Kunstchronik, 16.)
Die Generaldirektiond. Dresdener Samm-
lungen. (eod.)
Neuerwerbungen des British Museum.
(0. V. Schleinitz. Kunstchronik, 13.)
La donation Octave Homberg au Musee
du Louvre. (G. Migeon. Gaz. d. beaux-
arts, 608.)
Collection du Musee de Vilna au Musee
Roumiantzeff ä Moscou. (La Toison
D’Or, XI u. XII, 07.)
Les tresors d’art au Grand Palais de
Pavlovsk. (Ä. Pradioff, Les Tresors d’art
en Russie X, XI— XII, 07.)
Collection Prince Youssoupoff ä St.
Petersbourg. Tableaux de Hubert Robert.
(Ä. Prachoff, Les Tresors d’Ärt en Russie, X, 07.)
Collection M. P. Botkine ä St. Peters-
burg. Pinturicchio. (Ä. Prachoff, Les Tre-
sors d’art en Russie, XI u. XII, 07.)
Collection Prince Youssoupoff ä St.
Petersbourg. Ecole Frangaise: Hubert Ro-
bert, Ä. Ch. Caraffe, H. Vernet, N. T. Charlet,
Leopold Robert, P. Delarodie. (Ä. Prachoff,
Les Tresors d’art en Russie, XI u. XII, 07.)
Galerja Miejska we Lwowie. (Führer durch
d. Städtische Galerie zu Lemberg.) Lemberg
1907. 80. 18 S. —.40 h.
Das neue Deutsche Museum in Berlin u.
seine Stellung z. d. Provinzial- u. Landes-
Museen in Deutschland. (W. Bode. Nat. Ztg.,
24. 12.)
Die Generaldirektion der Kgl. sächs.
Sammlungen. (K. Kötschau. Museums-
kunde, 1.)
Mitteil, aus d. Laboratorium d. Kgl. Mu-
seen z. Berlin. (F. Rathgen. eod.)
Künstler,Kunsthistorikeru. Museen. (Zur
Stuttgarter Galeriefrage.) (K. Kötschau. eod.)
Das Fürstenmuseum in Dresden. (E. v.
Ubisch. Museumskunde, 1.)
Wie sollen wir unsere Kunstmuseen or-
ganisieren? (Ä. Langel. Straßb. Post, 26.,
27., 28. Jan.)
Elsässer Museumsfragen. (R.Forrer. Straßb.
Post, 1. u. 10. Febr.)
Der freie Museumseintritt (in Frankreich).
(Zeit, 23, 2.)
3. Sammelschriften. Kunststätten.
Von alter schwäbischer Kunst. (Nachwort
z. Vorträgen Weizsäckers. P. S. Stuttg. Neues
Tagebl., 22. 2.)
Monuments et Souvenirs des Borgia dans
le royaume de Valence. (E. Bertaux. Gaz.
d. beaux-arts, 608.)
Dons de la famille van Brouckhoven ä
l’eglise de Rumpst. (F. Donnet. Änn. de
l’Äcad. R. d’Ärcheol. de Belgique, 3—4.)
Sprawozdaniekomisjidobadariahistorji
sztuki w Polsce. (Berichte d. Kommission
zur Erforschung der Geschichte d. Kunst in
Polen.) Heft 1 u. 2 d. VIII. Bd. Krakau 1907.
40. 268 S. u. 3 Taf. u. 396 Äbb. Kr. 30.-.
Inhalt: Zwei Goticismen, der Wilnaer u. Kra-
kauer, in d. Ärchitektur u. Goldschmiedekunst
u. die Quellen ihrer Eigenart (M. Sokobowski),
D. Philipinenkirche in Gostyn (N. Pajzderski),
D. Reliquiarium Jasienki im Czartoryski-Mu-
zeum (W. Gorzynski), Ein Äusflug ins König-
reich Polen (St. Tomkowicz), Bericht über die
1894 zur Erforschung d. volkstüml. Kunst ge-
machten Äusflüge (K. u. T. Moklowski).
Florene and Northern Tuscany, By Ed-
ward Hutton, author of „The Cities of Um-
bria“. With 32 Illustrations of wich 16 are
in colour by William Parkinson. Crow 8vo.
(Florence et Toscane du Nord, par M. Ed-
ward Husson. 8^ avec 32 illustrations (16
coloriees), toile. Fr. 7.50. (R) Methuen.
Fr. Maczynski. Ze starego Krakowa. (Äus
d. alten Krakau, Straßen, Tore, Höfe.) Kra-
kau 1908. 40. 16 S. u. 91 Taf. Kr. 15.—
Fr. Jaworski. „Pr^ewodnik po Lwowie“
(Führer durch Lemberg mit Umgegend, Zol-
kiew u. Podhorce). Lemberg 1908. Ib''. 179 S.
m. Plan.
Zur Beachtung.
Wir bitten alte Fachgenossen, die in ent-
legenen Zeitschriften und Zeitungen speziell
im Auslande kunstgeschichtliche Beiträge
veröffentlichen, im Interesse einer möglichst
vollständigen bibliographischen Berichterstat-
tung Mitteilung darüber direkt an Herrn Dr.
Paul Ferd. Schmidt, Zehlendorf (Berlin),
Charlottenburgerstr. 20, gelangen zu lassen.
DERKUNSrWMLER
ORGÄN FÜR DEN INTERNÄTIONÄLEN KUNSTMARKT
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER.
□ EIN ELFENBEINWERK □
DES ÄLESSÄNDRO ALGARDI.
Von Christian Sdierer.
Durch die gründlichen Untersuchungen Hans
Posses^) ist unsere Kenntnis von Alessandro
Algardis bildhauerischer Tätigkeit großen Stiles,
sowie von dem Wesen seiner Kunst im allge-
meinen und des Künstlers Verhältnis zu seinem
ungleich bedeutenderen und temperamentvolleren
Rivalen Bernini erheblich gefördert und be-
reichert worden. Dagegen fehlt es uns bis jetzt
leider immer noch an einer ausreichenden Vor-
stellung von Algardis Leistungen auf dem Gebiet
der Kleinplastik und des Kunstgewerbes. Und
doch scheinen, wie wir aus den Nachrichten
seiner Biographen Beilori und Passeri schließen
können, gerade die Arbeiten dieser Art, die er
entworfen und modelliert oder auch selbst in
Silber, Erz und Elfenbein ausgeführt hat, einen
breiten Raum in Algardis gesamtem Schaffen
eingenommen zu haben. Denn sie waren es,
die ihn nicht nur am Hofe von Mantua, wohin
er 1622 als Zwanzigjähriger berufen war, sowie
in der ersten Zeit seiner Übersiedelung nach
Rom (1625) fast ausschließlich beschäftigten,
sondern die auch später noch während seines
ganzen Lebens stets sehr gesucht waren und daher
immer wieder gelegentlich in seiner Werkstätte
angefertigt wurden.
Leider scheinen die meisten dieser Arbeiten,
darunter vor allem auch die, welche in Mantua
entstanden waren, schon frühe in alle Winde
zerstreut worden oder im Laufe der Zeit ver-
loren gegangen zu sein. Viele — und unter
ihnen wohl besonders auch seine Elfenbein-
schnitzereien—mögen auch mit ähnlichen Werken
von anderer Hand vermischt worden sein und
dadurch allmählich den Namen ihres wirklichen
Urhebers in Vergessenheit gebracht haben. Das
dürfte in erster Linie von jenen „putti“ und
„crocifissi“ gelten, die uns Bellori neben „figurine,
teste ed ornamenti“ als die hauptsächlichsten
Arbeiten dieser Art nennt. Denn gerade diese
Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen 1905 (Band 26)
p. 169ff und Thieme-Becker, Künstlerlexikon I, p. 281 ff.
beiden Gruppen kleinplastischer Kunst haben ja,
bei der großen Fülle ihres Materials und einer
gewissen äußerlichen Verwandtschaft fast aller
dieser Werke unter sich, der Stilkritik von jeher
besondere Schwierigkeit bereitet, sobald es sich
um eine schärfere Unterscheidung der einzelnen
Werke und ihre Zuweisung an bestimmte Meister
oder Schulen handelte.
Es beruht daher auf bloßer Vermutung, wenn
man einige solche Werke, wie z. B. das schöne
Elfenbeinkruzifix in der Reichen Kapelle zu
München oder ein anderes, das der Katalog der
retrospektiven Kunstgewerbe -Ausstellung zu
Brüssel (1888) unter Nr. 1389 verzeichnet, unserem
Künstler zuzuweisen versucht hat. Ebenso ver-
hält es sich mit verschiedenen andern Elfenbein-
werken, wie z. B. einem Relief des Parisurteils,
das P. Mantz auf einer Ausstellung in Manchester
sah^), der Elfenbeinstatuette eines David mit
dem Haupte Goliaths, die Havard in der Gazette
des beaux arts 1883 p. 328 erwähnt, u. a. m.
Bei allen diesen Arbeiten wird trotz der Über-
lieferung und obgleich bei einigen eine gewisse
stilistische Verwandtschaft mit der Kunst des
Meisters nicht bestritten werden mag, doch die
Urheberschaft Algardis immer mehr oder weniger
in Frage bleiben müssen.
Ahders verhält es sich mit der hier zum ersten
Male vollständig veröffentlichten Pietagruppe 2),
die sich im Besitze des Herrn Dr. P. von Lieber-
mann in Berlin befindet, der mir schon vor
Jahren eine Anzahl trefflicher Photographien
derselben zur Verfügung gestellt und dann vor
einiger Zeit auch Gelegenheit geboten hat, das
Werk selbst in seinem Heim besichtigen zu
können. Die Gruppe zeigt vor einer von Fels-
blöcken umrahmten Pforte den am Erdboden
liegenden Leichnam Christi, neben dem rechts
die trauernd an das Kreuz gelehnte Maria steht,
während von links ein Engel mit dem Schweiß-
tuch hinzutritt; oben auf Wolken klagende Putten
und Cherubimköpfchen. Sämtliche Figuren sind
in meisterhafter Weise in Elfenbein geschnitzt
*) Vcrgl. Chennevieres, Notes d’un compilateur, p. 52f.
2) Der Engel mit dem Sdiweißtudi und die drei Putten
links unten sind bereits in dem obenerwähnten Aufsatz
von Posse abgebildet worden.
242
Monatshefte für Kunstwissenschaft
^
1
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i
Pieta von Elfenbein und Ebenholz
Im Besitz des Herrn Dr. Paul von Liebermann in Berlin
Der Kunstsammler
243
und bilden, zusammen mit dem in Ebenholz
geschnittenen Hintergrund, ein Ganzes von großer
malerischer Wirkung, in dem nur das, ohne
Zweifel später, an Stelle des wohl verloren ge-
gangenen ursprünglichen, ergänzte häßliche Kreuz
störend wirkt.
Herkunft und Stil weisen in diesem Falle
mit Bestimmtheit auf Älgardi hin. Das Werk
stammt aus dem direkten Besitz der Familie
Rospigliosi, in der es stets, auf Grund einer
festen, von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbten
Überlieferung, für eine Ärbeit ÄlessandroÄlgardis
gegolten hat. Mit dieser Überlieferung stimmt
aber auch der Stil der Ärbeit durchaus überein;
doch brauche ich wohl im einzelnen nicht näher
hierauf einzugehen, nachdem schon Posse in dem
oben angeführten Äufsatz die hauptsächlichsten
Gründe angeführt hat, die laut für Älgardis
Urheberschaft sprechen. Es ist nicht nur der
ganze Geist, der diese Ärbeit durchzieht, die
Wärme des Äusdrucks und der Empfindung in
den Bewegungen und Köpfen der Figuren, die
geschickte malerische Gruppierung und vollendete
Durchführung der letzteren selbst sowie ihres
landschaftlichen Hintergrundes, sondern es sind
auch gewisse Einzelheiten, wie z. B. die, bis-
weilen etwas allzu weitgehende Behandlung
nebensächlichen Details, ferner der zeichnerische
Schwung der Linie in der Figur des das Schweiß-
tuch haltenden Engels, sowie endlich die auf den
Wolken schwebenden Putten, die, worauf Posse
mit Recht hinweist, mit denjenigen auf dem be-
rühmten Ättilarelief des Künstlers im Stilcharakter
so genau übereinstimmen, daß sie nur von
Älgardis Hand herrühren können. Welcher
Künstler außer ihm hätte wohl auch damals, sei
es in Rom oder in Italien überhaupt, ein Werk
wie dieses schaffen können, das so viel Übung
in der Führung des Schnitzmessers und eine
solche Geschicklichkeit in der Bearbeitung dieses
so heiklen Materials voraussetzt? Man könnte
vielleicht an Fiammingo denken, mit dem ja
Älgardi in gewissem Sinne geistesverwandt und
befreundet war, und in der Tat erinnert ja auch
die Gestalt der Maria in mancher Hinsicht an
ähnliche Werke dieses vlämischen Meisters^);
allein diese Ähnlichkeit ist doch nur eine äußer-
liche, die sich wohl hinlänglich durch die gleich-
mäßige Vorliebe beider Künstler für die Äntike
und das klassizistische Ideal ihrer Zeit erklärt.
Keinesfalls aber wird sie Grund sein dürfen, das
Werk etwa Älgardi abzusprechen und dem
Fiammingo zuzuweisen; vielmehr wird man aus
den angegebenen Gründen an Älgardis Urheber-
’) Vergl. des Verfassers Buch „Elfenbeinplastik seit
der Renaissance“ p. 33.
Schaft festhalten müssen und somit vielleicht
hoffen dürfen, mit Hilfe dieses Werkes auch noch
andere ähnliche Ärbeiten des Künstlers in Zukunft
feststellen zu können.
s
ÄLTE INNENRAUME IN HOLLAND.
Im Verlag von Karl W. Hiersemann in
Leipzig erscheint gegenwärtig ein Lieferungs-
werk in beschränkter Äusgabe, das geeignet
ist, das architekturgeschichtliche und künstlerische
Interesse in hohem Maße zu fesseln und das vor
allem auch den Sammlern zur Orientierung in
mancher Hinsicht willkommen sein muß. „Die
alten Innenräume in Holland“, so heißt
die Sammlung, herausgegeben von K. Sluyter-
mann, Professor an der Technischen Hoch-
schule in Delft, bieten in einer bunten Reihe
von etwa hundert Blatt den heutigen Zu-
stand der kulturhistorisch wertvollen Milieux,
von denen nur die wenigsten weiterhin be-
kannt sind. Holland hat infolge seiner un-
unterbrochenen bürgerlichen Tradition noch
immer lebendige Beziehungen zur eigenen Ver-
gangenheit, was sich schon in dem äußeren
Bild der holländischen Städte dem künstlerischen
Sinn offenbart, der an diesen sprechenden
Zeichen der Überlieferung den Genius loci er-
greifen möchte. Berückend ist der Eindruck der
Vorhalle im Haarlemer Rathaus mit der tief-
sitzenden altersgebräunten Balkendecke und den
fast am Fußboden aufstehenden schwärzlichen
Porträts an der geweißten Wand, die in dieser
Form unheimlich monumental wirken. Der Vor-
saal ist von dem geheimnisvollen Leben der
Vergangenheit erfüllt, er bildet die stimmungs-
vollste Vorbereitung, die den in den folgenden
Rathaussälen gesammelten Werken des Haar-
lemer Meisters Frans Hals gegeben werden
konnte. Die sinnlich übersinnliche Ätmosphäre der
Vergangenheit ist in diesem Gehäuse konzen-
trierter als etwa in dem für die Geschichte
Hollands überaus bedeutsamen Rittersaal des
Binnenhof in den Haag, wo jetzt die General-
staaten tagen, oder etwa in dem Delfter Prinsen-
hof, wo der Oranier auf der Treppe der mörde-
rischen Kugel erlegen ist. Trotz der geschicht-
lichen Reminiszenz ist in diesen beiden Räumen
der mystische Quell nicht mächtig genug, weil
die restaurierende Hand dort zu viel von dem
Bestehenden weggenommen und an Stelle des
geheimnisvoll umwitterten echten Zustandes der
Überlieferung die Totenmaske der sogenannten
Restaurierung gesetzt hat. Die jetzige Eisen-
konstruktion des Haager Rittersaals gibt nicht
Zimmer aus dem Gebäude der „Ontvang-en Betaalkas“, Amsterdam
Verkleinerte Wiedergabe nach „Älte Innenräume in Holland“
Zimmer in der Bierbrauerei „’t Scheepje“, Haarlem
Verkleinerte Wiedergabe nach „Älte Innenräume in Holland“
Der Kunstsammler
245
eine Spur von der künstlerischen Machtfülle,
die der Saal einstens mit seiner offenen Holz-
konstruktion bot, und das Loch, das die Kugel
in die Treppenwand des Prinsenhofes bohrte,
kann nur naiven Gemütern gruselnde Bewun-
derung abringen, wenn die geschnitzte Treppe
nicht mehr echt ist und an dem ganzen Schau-
platz nur mehr das historische Gemengsel hete-
rogener Dinge wahr ist, die in den Vitrinen
stehen. Die Blätter der genannten Sammlung
haben den enormen Vorzug, daß sie keine Re-
konstruktion vergegenwärtigen, sondern den
Zustand, den das Kulturleben in verschiedenen
Jahrhunderten geschaffen, und der, wie es den
Änsdiein hat, als Dokument fortbesteht. Die
Reihe der erschlossenen Interieurs ist bunt und
nicht nach Geschichtszahlen oder Stilepochen
oder einer sonstigen sachlichen Bestimmung
geordnet; trotzdem ist Einheit in der Mannig-
faltigkeit, die durch die rassige und lokale
Eigenart gegeben ist. Der bürgerliche Genius
loci hat alle fremden Einflüsse verarbeitet, die
patrizierhaft betonte heimische Physiognomie
tritt beherrschend hervor, die den Interieurs von
den Holzkonstruktionen der Gotik bis zu den
eleganten Erscheinungen der Empirezeit die
holländische Marke verleiht. Schon der histo-
rischen Seltenheit wegen sei das entzüdeende
Denkmal tektonischer Kunst hervorgehoben,
die Decke im Rathaus zu Zierikzee, eine offene
Holzdeckenkonstruktion im Spitzbogen, die im
Kleinen wenigstens die Schönheit und die Wir-
kung verkörpert, die in höherem Maße der
Rittersaal in den Haag mit seiner weitaus
mächtigeren Gewölbespannung einstmals geboten
hat. Der Schwerpunkt der überlieferten Räume
liegt allerdings in der großen Blütezeit der
holländischen Bürgerkultur, die sich in der Kunst
der van der Heist, der Rembrandt und der
Frans Hals spiegelt. Äußer den Rathaussälen
schuf jene Zeit der großen holländischen Bürger-
kultur eine Gattung von Repräsentationsräumen,
die ganz eigenartig sind und in der Überliefe-
rung nirgends Vorkommen, als eben in Holland.
Es sind die sogenannten Regentenzimmer der
öffentlichen Stiftungen für Hospitäler, für Ärmen-
fürsorge und für sonstige Institutionen der freien
bürgerlichen Initiative, sowie die Gildenzimmer,
in denen sich ein guter Teil des Standes- und
Machtbewußtseins innerhalb der autonomen
Städteverfassung ausprägte, der in den ent-
scheidenden Zeiten das höfische Vorbild gefehlt
hatte. Diese Regenten und Regentinnen, die
Offiziere und Vorstände der Gilden waren die
Konsumenten, die für die Kunst in Betracht
kamen, und sie waren die Träger jener aristo-
kratischen Kunst des Porträts, das in der
holländischen Malerei des 15. und 16. Jahr-
hunderts einen ungewöhnlich breiten Raum
eingenommen hat, allerdings bestimmt von dem
Geschmack und den mehr oder weniger ge-
wöhnlichen Neigungen des bürgerlichen Be-
stellers. In den Regenten- und Gildenzimmern
prangten die Gilden- und Schützenstücke an der
weißen Wand über dem marmornen Kamin, bis
zur Balkendecke ragend, wo sie nicht nur ihren
koloristischen Eigenschaften gemäß, sondern
auch hinsichtlich ihrer Proportion und der
architektonischen Bestimmung eine künstlerische
Funktion zu erfüllen hatten. Äuf weiß und
schwarz bis schwarzbraun waren die Räume
gestimmt, in denen die Gemälde den farbigen
Äkzent bildeten, dessen Stärke das Tempe-
rament des Künstlers bestimmte. Wie anders
noch als in der Anhäufung in den Haarlemer
Rathausräumen wirkte hier in dem Regentinnen-
zimmer das Älterswerk des Frans Hals. Zwar
ist an den Altfrauenbildnissen seiner Spätzeit
nicht mehr der helle seidenweiche Glanz da,
wie in den Bildern seiner besten Zeit; nicht in
kräftigen Pinselstrichen sind diese Porträts hin-
gesetzt, sondern fast unsicher getupft in breiten
Flocken, rührend anzusehen in der scheinbaren
Hilflosigkeit und interessant wie ein neues Ex-
periment, fast impressionistisch modern und im
wesentlichen aus einem Dreifarbenakkord gebaut,
einem Schwarz von Hintergrund und Gewändern,
einem duftigen Weiß der spanischen Hals-
krause, und einem zarten Altrot, das auf den
Wangen der alten Weiber glüht, die durch die
Noblesse der Künstlerhand liebenswert er-
scheinen. Aber außer diesen Räumen, die im
wesentlichen durchaus übereinstimmende Züge
aufweisen, wollen wir die Wohnräume der
vornehmen Patrizier des 16. 17. und 18. Jahr-
hunderts kennen lernen , die verschlossener
waren, als jene offiziellen Interieurs, die mehr
dem öffentlichen Leben und seinen Institutionen
dienten. In dieser Hinsicht bietet die Sammlung
die interessantesten Aufschlüsse, indem sie die
holländische Abart der von Frankreich vornehmlich
bestimmten verfeinerten Lebensweise und Woh-
nungskunst erschließt, die mit schwerem Schnitz-
werk, Bildteppichen und kostbaren Tapeten aus-
gestatteten Wohnzimmer auf den Schlössern und
in den reichen Stadthäusern, die mit der alten
strengen Tradition das Gesetz der rhythmischen
Proportion gemeinsam haben, die für alle Größen-
verhältnisse des Raumes und der Flächen, ein-
schließlich der Bilder und Wandbespannungen,
des Kaminaufbaues usw. verbindlich ist. Diese
strenge Rhythmik der Innenarchitektur ist der
hervorragendste Wesenszug, der die ganze
Reihe der Interieurs aller Epochen in Holland
246
Monatshefte für Kunstwissenschaft
einheitlich bestimmt bis zu jener verhältnis-
mäßig sehr jungen Vergangenheit des Empire,
das jene Strenge selbst wieder aus eigener
Logik betont. So haben auch jene klassizisti-
schen Erscheinungen der Wohnungskultur, die
wie alle großen Stilmerkmale international
waren, ihre eigene nationale Note bekommen,
die sie mit der älteren Überlieferung in Einklang
setzt, und dem fremden Besucher sofort als ein
Besonderes auffällt, sei es nun, daß wir die
Empireformen auf unseren Spaziergängen in
den holländischen Straßen, in den Türoberlichten
oder in den farbig behandelten Friesfeldern der
Backsteinhäuser mit angenehmer Verwunderung
wahrnehmen oder einen jener köstlichen Tor-
blicke erhaschen ins Innere der lang nadi dem
rückwärtigen Garten gezogenen Hausflure, die
mit weißem Marmor getäfelt sind und in uner-
schöpflicher Vielgestaltigkeit stilisierte Buketten
in vertieft eingelassenen Reliefvasen als Supra-
porten zu den Türen links und rechts tragen,
oder einen weiß und gold abgestimmten Raum
betreten, darin die Lünettenbilder die wohldis-
ziplinierten farbigen Leitpunkte bilden und für
die Harmonie der Verhältnisse ebenso unver-
brüchlich sind, wie die Bilder der altholländischen
Meister in den Räumen der früheren von an-
deren Kunstidealen beherrschten Jahrhunderte
bis zurück in die Zeit, die als Legende im Haar-
lemer und im Zierikzeer Rathaussaal nachklingt.
In Holland ist auch das Tote lebendig, und die
Vergangenheit steht uns dort näher als sonst
wo. Indes — neben diesen rein ästhetischen
Vorzügen die allgemein zur künstlerischen Be-
trachtung stimmen, liegt der Wert dieser Pub-
likation für den Sammler in dem geschlossenen
Eindruck, den das, was heute in der Hauptsache
Museumsinhalt geworden ist, im lebendigen
Rahmen seiner Zeit gemacht hat und gerade
diesen Interieurs, seien es Küchen, Salons, Eß-
zimmer oder Koridore, mit ihren prächtigen
alten Möbeln, ihren Delfter Fayencen, kunstvoll
gedrehten Leuchtern und köstlichen Schnitzereien
ist jener anheimelnde Duft eigen, der uns so
eindringlich ebenfalls in der modernen Kunst-
kammer umfängt. Äber auch das Detail wirkt
lehrreich wie es die hier in stark verkleinertem
Maßstab als Probe beigegebenen Illustrationen
verdeutlichen sollen. JosephRug. Lux.
s
DER KUNSTMÄRKT
BERLIN = =
Äuf dem Berliner Kunstmarkt gab es auch
in diesem Monat wenig von Wichtigkeit; das
Beste war die Versteigerung der Miniaturen
aus dem Nachlaß der Gräfin Clotilde Lottum
bei Lepke am 18. Febr. u. ff.: das Resultat war
ein ganz erstaunlich sprunghaftes und ungleiches,
was sich vielleicht mit den für deutsche Sammler
etwas ungewohnten Objekten erklären läßt.
Die Preise für ein Bildnis der Prinzessin Char-
lotte von Preußen, das der berühmte schlesische
Miniaturist Schmeidler, wohl 1813, gemalt hatte,
(4100 M.) und für das Bildnis des Äug. Bon.
Jos. Robespierre (1275 M.) standen in gar
keinem Verhältnis zu den Angeboten der übrigen;
es ist auch nicht recht klar, ob dort der Name
Schmeidler oder die dargestellte Prinzessin, ob
hier das Schild „Robespierre“ oder der Maler
Chatillon mehr zog. Jedenfalls gab es unter
den übrigen Miniaturen Werke, welche an
Schönheit der Malerei und an Berühmtheit der
dargestellten Person den beiden erwähnten
nichts weniger als nachstanden. Und doch er-
zielte z. B. das feine Bildchen der Duchesse de
Polignac (Kat. Nr. 38) nur 100 M., eine gute
Genreszene nach Boucher, pikanter Ärt (K. N. 26),
gar nur 50 M., eine vorzügliche Venus am
Wasser (K. N. 98) 72 M. usf. Eine Äufzählung
auch nur der bedeutenderen Stücke gestattet
der beschränkte Raum nicht; zwischen den bei-
den Extremen, die eben zur Sprache kamen,
bewegte sich der Preis der besseren Werkchen
meist zwischen 100 bis 500 M., das Gros sank
aber beträchtlich unter 100, sogar bis zu 10 M.
herab, namentlich am zweiten Versteigerungs-
tage, der Stücke geringeren Ranges zum Vor-
schein brachte. Am dritten Tage wurden kunst-
gewerbliche Arbeiten aus derselben Sammlung
versteigert, meist Silberarbeiten und Berliner
Porzellanfiguren ; die erzielten Preise waren zu-
meist sehr erschwinglich. Höher bewertet wurde
eigentlich nur eine fein gearbeitete goldene
Dose der Rokokozeit mit frei gearbeiteten Blumen
auf dem Schildpattdeckel: 350 M. Die über-
wiegende Mehrzahl der Preise bewegte sich
von 20—60 M.
Bei der Gemäldeauktion, die am 3. März
stattfand, wurde die stattliche Summe von ins-
gesamt 61398 M. erzielt; erstaunlich, wenn
man damit die Qualität der Ware verglich, die
überwiegend aus jenen Bildern bestand, welche
die Grenze der Mittelmäßigkeit zu überschreiten
sich scheuen. Allerdings befanden sich auch
vorzügliche Sachen darunter, welche die besten
Preise erhielten: eine Landschaft von Calame
(3470 M.), ein guter Oswald Achenbach (2500 M.),
zwei kleine Landschaften von J. F. Millet (1330
und 1700 M.); auch die Preise für Landschaften
von Eduard Hildebrandt (700 und 985 M.) und
von Stanislaus v. Kalchreuth (970 und 500 M.)
schienen die steigende Wertschätzung zu bc-
Der Kunstsammler
247
künden, weldie diese älteren Meister seit der
Jahrhundertausstellung erfahren. Dagegen wur-
den die einzigen modernen Künstler von Rang,
die vertreten waren, auffallend gering taxiert;
ein Leistikow 320 M., eine vorzügliche Land-
schaft des ivftinchners Franz Hoch (dessen Qua-
lität hier unbekannt scheint) gar nur 255 M.!
Dafür wurden Genrebildchen von der beliebten
Ärt, süßlidie Mädchenköpfe und peinlich aus-
geführte Interieurs durchweg mit stattlichen
Preisen bedacht; N. Sichel errang Preise von
410 bis 700 M.; Köpfe von Gabriel Max kamen
auf 1330 und 1530 M.; ein Genrebild von Herrn.
Kaulbach 1310 M.; ein gut durchgeführtes Rühr-
stücklein von Ä. Rotta („Der kranke Freund“)
1470 M.; ein Interieur von M. Gaisser 1520 M.;
ein Kardinal (sehr beliebt!) von Pablo Sahnas
1300 M.; Genre von Ä. Schröder 810 M., von
Rieh. Linderum 930 M., von Quadrone 1350 M.,
ein Interieur mit Geistlichen von J. Gallegas gar
3300 M., den zweithöchsten Preis. Weniger
hoch wurden Landschaften bezahlt; doch kam
es auch hier bis zu 1060 M. (Gewitterlandschaft
von A. Lucas). S.
s
KÖLN -=
Am 30. und 31. März gelangen bei J. M.
Heberle (H. Lempertz Söhne) eine Reihe her-
vorragender Gemälde neuzeitiger Meister zum
Verkauf, die unter anderem aus dem Nachlasse
des zu Düsseldorf verstorbenen Kunstmalers
Prof. Alb. Baur stammen. Dem entsprechend
liegt der Schwerpunkt der Sammlung in den
Arbeiten der Düsseldorfer Schule mit Werken
von Andreas und Oswald Achenbach, E. Anders,
Baur, Gebhardt, Gehrts, Jutz, Kröner, H. Lassen,
Lessing, Carl Sohn, Schreuer u. a.
Bei der gleichen Firma findet sodann am
6. April und folgenden Tagen die Versteigerung
einer Japan- und China-Sammlung aus dem Be-
sitze des Herrn Dr. Bretschneider, Wien, und
anderer statt. Der illustrierte Katalog weist in
erster Linie Arbeiten der Kleinkunst auf, so
eine Sammlung von ca. 60 Inros, viele Netzkes,
Schwertzieraten, Arbeiten in Stein, Elfenbein,
Porzellan und Lack, unter letzteren ein künst-
lerisch hervorragendes Schreibpültchen. Ein be-
sonderes Interesse verdienen noch die Farben-
drucke, bei denen namentlich die guten Meister
wie Utamaro und Sharabu reich vertreten sind.
Am 27. April bringt die gleiche Firma noch
die bekannte China-Sammlung des Generalleut-
nant Cholodowski, Odessa, zum Verkauf. Die
bedeutende Sammlung enthält eine Reihe erst-
klassiger Stücke. Der reich ausgestattete Ka-
talog notiert eine vielseitige Sammlung von
Porzellanen, darunter Formstücke mit einfarbiger
Bemalung, Arbeiten mit reliefiertem Dekor und
mit figürlicher, landschaftlicher oder Blumen-
bemalung. Ferner verdient eine besondere Auf-
merksamkeit der Sammler die Abteilung der
Arbeiten in Stein, die Bronzen, Emailarbeiten,
Lackarbeiten usw.
s
LEIPZIG
Eine reichhaltige Auktionswoche steht bei
dem Auktions-Institut von C. G. Boerner in
Leipzig vom 5. bis 9. Mai bevor. Von den
ausgegebenen reich illustrierten Katalogen ver-
zeichnet der erste, der mit 21 Lichtdrudktafeln
geschmückt ist, die berühmte Handzeichnungs-
Sammlung des vor einem halben Jahr ver-
storbenen Kunstsammlers Eduard Cichorius,
dessen Sammeltätigkeit bis in die 50 er Jahre
des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Als intimer
Freund Ludwig Richters hat er wohl die kost-
barste Sammlung von Handzeichnungen und
Aquarellen Ludwig Richters zusammengebracht,
die in Privatbesitz existieren dürfte. In nicht
weniger als 250 Nummern bietet diese Sammlung
in chronologischer Ordnung beschrieben, ein
reich€s biographisches und ikonographisches Ma-
terial. Eine orientierende Vorrede macht den
Katalog zu einem wertvollen Werk der Lud-
wig Richter-Literatur. Eine ganze Reihe be-
kannter Hauptwerke des Meisters „Kinder-
Sgmphonie“, „Kunst bringt Gunst“, „Weihnachten
vom Turm geblasen“, sind in Lichtdrucken bei-
gegeben.
Die 2. Abteilung der Sammlung verzeichnet
prachtvolle Blätter eines Chodowiecki,Genelli,
Joseph Anton Koch, Friedrich Preller,
Schnorr von Carolsfeld, Schwindt und
vieler anderen großen Meister aus der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch in dieser
Sammlung finden sich Kabinetts-Stücke wie sie
heute wohl nur noch in öffentlichen Sammlungen
Vorkommen.
Die 3. Abteilung des Kataloges bringt die
Niederländer Zeichnungen der Sammlung
und auch hier begegnen wir einer gewählten
Zusammenstellung bester Namen. Daß dies
nicht bloß Namen , sondern auch ausgesucht
schöne und wertvolle Blätter sind, zeigen be-
reits die Abbildungen des Kataloges, in denen
einige 30 holländische Zeichnungen in Autotypie
oder Lichtdruck beigegeben sind: Cuyp,
Doomer, Ostade, Rembrandt, Rugsdael,
um einige Hauptnamen zu nennen, zum Teil
berühmte und bekannte Blätter.
248
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Im Änsdiluß an diese Äuktion wird eine
Kupferstidiauktion alter Meister aus schle-
sischem Privatbesitz versteigert, aus der be-
sonders ein Dutzend Stiche Älbrecht Dürers
hervorzuheben sind, die in ihrer Qualität
einzigartig zu sein scheinen und von denen der
Katalog gleichfalls Äbbildungen enthält: „Me-
lancholie“ und „Hieronymus“ in frühesten Äb-
drücken mit breiten Rändern, das reizende
„Weihnachten“ von Dürer, in einem unüber-
trefflich schönen Abdruck, besonders aber die
Kupferstichfolge „Passion“ in einem einzigartigen
ursprünglichen Exemplar, in dem sie als Gebet-
buch mit Papier durchschossen und mit hand-
breiten Papierrändern der Stiche gebunden war.
Dies Gebetbuch stammt aus dem Besitze des
Kurfürsten Friedrich des Weisen. Auch unter
den Holzschnitten Dürers finden sich eine An-
zahl Raritäten und mancher ungewöhnliche Druck.
Zum Schluß versteigert die Firma die große
wertvolle Autographen-Sammlung eines
bekannten Wiener Musikhistorikers, deren Haupt-
schätze vollständige Musik -Manuskripte der
Klassiker bilden; es sind kostbare Stücke von
Beethoven, Haydn, Schubert und Schu-
mann und vielen anderen zu nennen. Von
Brahms findet sich eine ganze kleine Samm-
lung von Manuskripten und Briefen, desgleichen
von Mendelssohn. Einige dieser kostbaren
Stücke stammen aus dem Joseph Joachim-
schen Nachlaß. Unter den Klassikern der
Literatur zeichnen sich Goethe und Schiller
durch besonders kostbare Stücke aus. Auch
dieser Katalog ist mit schönen Faksimiles seiner
Hauptnummern ausgestattet.
Die reich illustrierten Kataloge werden zum
Preise von M. 3.—, M. 1.— und M. 2.— von
der Firma C. G. Boerner in Leipzig versandt.
S
MÜNCHEN
Die einzige größere Veranstaltung, die der
Münchener Kunstmarkt während der Saison
morte zu bieten hatte, war am 18. Februar in
der Galerie Helbing die Versteigerung zahl-
reicher Kupferstiche, Radierungen, Holzschnitte,
Schwarzkunstblätter und Farbstiche des XV. bis
XVllI. Jahrhunderts sowie einiger wenig be-
deutender Handzeichnungen, unter welchen die-
jenige eines unbekannten deutschen Meisters
aus dem 16. Jahrhundert am meisten begehrt
ward. Es ist eine Tusch- und Federzeichnung
auf schwarzem Grund mit Rot und Gold ge-
höht, die eine vasenförmige, reich ornamentierte
Henkelkanne darstellt. Unter den zahlreichen
Blättern von Dürer erreichten die Melancholie
mit 1300 Mk. und Adam und Eva mit 1100 Mk.,
ein guter Abdruck von Ritter, Tod und Teufel
mit 350 Mk. verhältnismäßig hohe Preise. Gut
vertreten waren ferner Richard Earlour (Still-
leben, Blumenstücke, 160—245), Hodges, Thou-
venin und Vidal, ferner Paul Rembtandt, dessen
Petrus und Johannes an der Tempelpforte
240 Mk. erzielte. Am darauffolgenden Tage
kamen Originalradierungen, Lithographien und
Zeichnungen moderner Meister zum Ausruf.
Hier war eine der seltenen Radierungen von 1
Corot „les environs de Rome“ zu sehen, die f
für den geringen Preis von 91 Mk. als guter *
Kauf abging. Greiner und Klinger (Dorfland- j
Schaft, 480 Mk.), Liebermann und Leibi, Millet }
und Tissot, Seymour Haden und besonders
Whistler blieben in bezug auf die Preise in der
gewohnten Höhe. Eine vorzügliche Zeichnung *
von Leibi, Bauernmädchen in der Stube, wurde
für 370 Mk., ein Geizhals von Knaus für
260 Mk. verkauft.
Am 10. März wurden Antiquitäten und Ein-
richtungsgegenstände, dann einige Ölgemälde
und Stiche, unter denen sich Dresdener Pro-
spekte von Canaletto befinden, aus dem Besitz
der Baronin Gasser versteigert. Die wichtigste
Auktion, die wir hier zunächst zu erwarten
haben, findet am 9. April statt, wo ebenfalls
bei Helbing ausschließlich Zeichnungen von Spitz-
weg unter den Hammer kommen werden.
Vom nächsten Hefte an sollen an dieser
Stelle auch die Neuerwerbungen der größeren
Kunsthändler, der Firmen Böhler, Bernheimer,
Drey usw. usw., zur Mitteilung gelangen.
ÄMSTERDAM = !j
Auch in Holland war in diesem Winter wie '
überall die amerikanische Krise nicht ohne hem-
menden Einfluß auf die Regsamkeit des Kunst-
marktes. Nach dem gänzlich toten Januar setzte
erst gegen Ende des Februar langsam die neue
Saison wieder ein. Bei J. Schulman wurde
am 24./25. die Münzen- und Medaülensammlung
Jhr. H. M. Speelman versteigert, von der be-
sonders die Münzen aus Niederländisch-Indien
interessierten.
Unter der Direktion der Firma Roos & Co.
fand am 25./26. desselben Monats eine Auktion
von rund 300 modernen Gemälden statt (Nachlaß
R. G. Graadt van Roggen, Nymwegen und
Fräulein G. H. Matthyssen, Amsterdam). Die
höchsten Preise wurden bezahlt für Nr. 109,
Jacob Maris, Dämmerung (3400 fl.), Nr. 30,
Joh. Bosboom, Lux in Tenebris (Ansicht des
Chores der hl. Jacobuskirche in Antwerpen)
Der Kunstsammler
249
(3300 fl.), Nr. 133, Willem Roelofs (2100 fl.),
Nr. 87, Klinkenberg (1400 fl.), Nr. 149, v. d.
Sande Bakhuijsen (1350 fl.) und Nr. 34, du
Chattel (1120 fl.).
Von den Märzversteigerungen war die bei
Roos & Co. gleich zu Änfang des Monats, am
з. , abgehaltene in erster Linie bemerkenswert
wegen der 61 Äquarelle von J. H. Weißen-
brudi aus dem Nachlasse des Künstlers. Es
waren Landschaftsstudien mit einfachen hollän-
disdien Motiven, aber erfüllt von dunstiger Ät-
mosphäre, die gerade Weißenbruch besonders
zart wiederzugeben verstand. Die interessante
Serie erzielte 6011 fl. Der andere Teil dieser
Äuktion umfaßte die reichhaltige Äquarellen-
Sammlung G. de Krugff vanDorssen, in der
— oft mit mehreren Stüdten — vertreten waren:
Äpol, Blommers, de Bock, Bosboom, du Chattel,
Eerelman, van Essen, Jozef Israels, Jongkind,
Willem Maris, H. W. Mesdag, A. Neuhuys,
Roelofs, Weißenbruch u. v. a. Von diesen Blättern
wurde eine Landschaft von Weißenbruch,
Nr. 184, mit 2025 fl. am teuersten bezahlt. Ein
wunderschönes Kircheninterieur von Joh. Bos-
boom (Nr. 75) stieg auf 1150 fl., Israels bradite
630 (Nr. 111), 500 (Nr. 110) und 470 fl. (Nr. 109).
Die übrigen Preise waren niedriger.
Die großen und interessantesten Auktionen
finden aber erst später statt. Am 13. bis
15. April versteigert R. W. P. de Vries alte
Handzeichnungen der holländisdien und anderer
Schulen, neben Stichen und Radierungen. Nicht
lange Zeit darauf, am 28. April, kommt bei
Fred. Müller & Co. eine große Sammlung
altholländischer Gemälde unterden Hammer,
darunter Werke von Averkamp, van Bege-
ern, Dusart, van Goyen, de Kegser, J. M.
Molenaer, Sal. v. Rugsdael, de Vlieger
и. a. Unter Leitung derselben Firma werden
am 12. Mai moderne holländische Gemälde nebst
einer schönen Sammlung von Aquarellen ver-
steigert. Und für den 1. bis 3. Juni wird, auch von
Fred. Müller & Co., die Auktion einer reichhal-
tigen Sammlung alter Handzeichnungen aus ver-
schiedenem Besitze (H. C. Dubois, Haag, C. G.
V. Sdiöffer, Amsterdam, Jacobi, Haag, u. a.)
angekündigt. Darunter sollen sich einige 10
Zeichnungen von Rembrandt, ferner Blätter
von Dürer, Aldegrever, Lucas van Lei-
den, Jan Swart van Groningen, Cornelis
van Oostsanen, van Goyen, Ostade,
Backhuysen, Hoogstraten usw. befinden.
Nach Erscheinen der Kataloge wird auf Einzel-
heiten wohl noch zurückzukommen sein. F.
s
PARIS, FEBRUAR 1908 =^==
Nach der fast vollkommenen Stille des
Monats Januar beginnt sich der Markt all-
mählidi wieder zu beleben. Wenn audi keine
Verkäufe von allererster Bedeutung stattge-
funden haben, so sind doch in der am 14. Fe-
bruar unter den Hammer gekommenen Gemälde-
Sammlung Albert und in einer am 17. und
18. Februar versteigerten Sammlung von Vi-
trinengegenständen eine Reihe bemerkenswerter
Stücke auf den Markt gekommen. Folgende
während des Monats erzielte Preise verdienen
notiert zu werden: Alte Drucke, am 30. Januar:
Helman, der galante Gärtner, (vor der Wid-
mung) 820 fs. — Boilly, die Grimassen, 100
Tafeln 980 fs. — Claude Lorrain, über veri-
tatis ed. Earlom 1100 fs. — Helman, le roman
dangereux (av. 1. 1.) 900 fs. — am 4. Februar
Sammlung J . . .: Carle van Loo, David u.
Bathseba (104:86) 10100 fs. — am 6. Februar:
Albert Cuup, Porträt Philipps IV. v. Spanien
(?) (158:f03). 3650 fs. - Angeblich Elias
Portrait eines Edelmanns (122 : 90) 3100 fs. —
Angeblich Lawrence, Porträt des Twyritt
Drake (76:63) 4000 fr. — Morland, l’heure
de l’avoine (105 : 133) 4200 fr. — (?) Jan Steen:
der Schulmeister (73:61) 1955 fs. — Deutsche
Schule (XVI. Jhdt.) Porträt eines Gelehrten
(80:55) 660 fs. — Französische Sdiule
(XVIIIe) Hofdame (92:72) 5100 fs. - Zeich-
nungen am 7. Februar: Boucher, Frau und
Kind, zwei Z. (30:22) 1530 fs. — Alte Bilder
am 8. Februar: Spanisdie Schule, adit Pan-
neaux, primitive auf Holz, Heiligenlegenden:
7440 fs. — Angeblich Rottenhammer, Dianens
Ruhe (64:49) 400 fr. — 14. Februar Sammlung
Albert. Moderne Bilder: Chaplin, die junge
Künstlerin, (23:16) 1020 fs. — Diaz, ländliches
Frühstück (24:32) 1400 fs. — Veyrassat, die
Tränke (27:35) 2680 fs. — Alte Bilder: J. H.
Fragonard, die Liebe, oval (54:45) 12000 fs.
— Louis Moreau, Landschaft (20 : 38) 3000 fs.
— Hubert Robert, der Ziehbrunnen (35:46)
5000 fs. — Hubert Robert, die Quelle (32:40)
11100 fs. — derselbe, die Terrasse (24 : 38)
3650 fs. — Schall, junge Frau in Interieur
(33:24) 6600 fs. — Schütz, Rheinlandsdiaft
(20:25) 500 fs. — David Teniers, Kirmeß
(26:37) 2910 fs. — 2 Farbendrucke nadi Fra-
gonard von Janinet (Liebe und Torheit)
1310 fs. Gesamtergebnis: 93770 fs. — 18. Fe-
bruar: Moderne Bilder: Boudin, Marine,
Sonnenuntergang (48:35) 880 fs. — Corot,
Neapel (36 : 18) 1000 fs. — Am 3., 4. und 5. Fe-
bruar: Versteigerung der Büdiersammlung
Werle durch Me Lair Dubreuil, Gesamtergebnis
16
250
Monatshefte für Kunstwissenschaft
176070 fs. — Äm 10. Februar altes Porzellan:
Berlin, Teeservice für 2 Personen, farbig be-
malt 370 fs. — Frankenthal, Zuckerdose
camai'eu, Blumen und griechisches Ornament,
400 fs. — Ngmphenburg, 5 Teller mit durch-
brochenem Rande, farbig bemalt, 320 fs. —
M e i ß e n , für verschiedene Gruppen von Kompott-
schalen wurden erzielt: 250 fs. (für 3); 238 fs.
(4); 305 fs. (4) ; 350 fs. (7) ; 225 fs. (2) ; 300 fs. (12) ; 465 fs.
(4); 57 Teller durchbrochen, mit verschiedener
Bemalung, 5250 fs. 4 verzierte Körbchen 1210 fs.
— 2 Kindergruppen, die Jahreszeiten darstellend,
6050 fs. Sammlung X . . Bibelots am 17. und
18. Februar: Meißen, Porzellandose, Gold-
montierung, 540 fs. — Taschenuhr, reichverziert,
englische Ärbeit XVIIIe, 1105 fs. — bauchiges
Fläschchen, englisch, goldmontiertes Glas, XVIIIe,
englisch, 3420 fs. — Necessaire, ähnliche Ärbeit
und Herkunft 3400 fs. — Gesamtergebnis
90000 fs. — Münzen. Sammlung Hauet.
24. bis 26. Februar (Boudin) Gesamtertrag
27698 fs. Goldmünze Theodebert I. 534—548,
Metz 640 fs. — Moderne Bilder. 26. Februar
(Lair Dubreuil) Gesamtertrag 22 798 fs. 16. Gros,
Franz I. u. Karl V. in St. Denis (56 : 36) 800 fs.
17. Ingres, Haremsinneres (36:28), 6100 fs.
23. Rene Menard, Äbenddämmerung (172 : 138),
1500 fs. 41. V oll on, Fischerboote (40:62), 1355 fs.
Äquarelle: Gericault, Medusenfloß 255 fs. —
Sammlung Lemaire. 24./25. Februar (Lair
Dubreuil & Heliot.) China-Kunstgewerbe. Ge-
samtertrag 38 867 fs. R. Ä. M.
s
LONDON -
Einige kleine Änzeichen scheinen darauf
hinzudeuten , daß auf dem Kunstmarkt
wieder etwas bessere Zeiten einziehen. Nicht
nur sind im vergangenen Monat in den ver-
schiedenen Ausstellungen eine überraschend
große Zahl Bilder verkauft worden, sondern
auch die Auktionsresultate beweisen, daß wieder
mehr flüssiges Geld zum Erwerb von Kunst-
schätzen zur Verfügung steht. Freilich allzuviel
Bedeutendes wurde nicht angeboten. Von
weiterem Interesse waren eigentlich nur die
Christie-Verkäufe am 8. und 12. Februar, die
Bilder des Herzogs von Sutherland und einige
Dürerblätter sowie altenglische Mezzotintos um-
faßten. Der Sutherlandverkauf war gesellschaft-
lich ein Ereignis ersten Ranges: eine Fülle vor-
nehmer Beschauer drängte sich zu ihrer Be-
sichtigung, gab cs doch eine ganze Reihe von
Porträts, so von Thomas Lawrence etc., die der
Porträtierten wegen in diesen Kreisen Interesse
finden mußten. Künstlerisch aber brachte der
Verkauf nicht allzuviel. Bestanden doch die
Bilder aus solchen, die der Herzog los werden
wollte, um in seiner Galerie mehr Raum zu ge-
winnen. Eine Überraschung bot nur ein großes
Reiterbild van Dycks, das so verdorben war,
daß des Meisters eigne Hand sich kaum heraus
lesen ließ. Mr. Partridge kaufte es schließlich
nach eifrigem Bieten für 2100 Gs. Das Bild,
das aus der Genueserzeit des Meisters zu
stammen scheint, war in der Grosvenor Gallery
im Jahre 1886—87 zu sehen gewesen. Lawren-
ces Porträt der Herzogin von Norfolk, von dem
man seiner historischen Bedeutung wegen über
zweitausend Gs. erwartet hatte, wurde vonMr.
Cohen für nur 820 Gs. erstanden. Von Be-
deutung war dann noch ein Gucrcino, „der
heilige Gregorius“, dessen Ankauf für die Na-
tional Gallery man gern gesehen hätte. Dies
Bild ging für 350 Gs. in den Besitz eines Privat-
sammlcrs über. Die ganze Sammlung von über
hundert Bildern brachte nur £ 7645, unter
den obwaltenden Umständen eine recht anstän-
dige Summe. Von den 17 am 12. Februar aus-
gebotenen Dürerblättern brachte eine „Melan-
cholie“ 78 Gs. (in 1901 ein gleiches Blatt £ 62
und £ 72). Messrs. Colnaghi, die Käufer der
„Melancholie“, erstanden ebenfalls eine „Geburt“
(B. 2) für 27 Gs. Am selben Tage wurden
einige hohe Preise für englische Mezzotintos
erreicht; so 155 Gs. für „Jane, Countess of
Harrington and Children“ und „Lady Smyth and
Children“ von Bartolozzi nach Reynolds und
130 Gs. für zwei Hoppner-Stüche. Auch einige
Radierungen des modernen Meisters D.Y. Cameron
erreichten hohe Preise bis zu 40 Gs. Von dem
Fallen der Preise einstiger Lieblinge gab der
Verkauf der Bilder des verstorbenen Charles
Haiford ein gutes Beispiel. Er hatte 1866 für
eine Rosa Bonheur „Bauern und Schafe“ 600 Gs.
bezahlt. Jetzt wurde das Bild um 340 Gs. ver-
kauft. Für Aquarelle seines geliebten Aka-
demikers Dobson hatte Mr. Haiford früher Preise
über 100 Gs. bezahlt. Er war ein Mann, der
gern erprobte, wie der Wind auf dem Kunst-
markte ging. So sandte er zum Beispiel ein
Bild jenes Dobson 1876 auf die Auktion. Es
brachte 130 Gs.; dieselbe Summe 1881; 1890 nur
noch £ 65, und heuer nur 9^2 Gs.! Wahrlich,
ein Menetekel für Käufer akademischer Bilder.
Ein kleiner Israels brachte es auf der gleichen
Auktion zu £ 325.10. Die für die nächsten
Wochen bisher angekündigten Verkäufe sind von
keiner besonderen Bedeutng. Man wird wohl
wieder den Mai für solche abwarten müssen.
\
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.r
Der Kunstsammler
251
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Katalog 342. Buchgewerbe. (Handschriften wesen.
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und Kunstgewerbe 1908. (Büdier und Publika-
tionen alter und neuer Kunst.)
Fratelli Älinari in Florenz veröffentlichen
einen Katalog neuer Aufnahmen aus Griedien-
land. Voran stehen natürlich die Photographien
aus dem Nationalmuseum von Athen (^5 Num-
mern); dann folgen Ansichten von Athen und
der Akropolis und Aufnahmen aus dem Akro-
polis-Museum. Des weiteren besonders: Daphni
(hauptsächlich Mosaiken des 11. Jahrh. in
der Kirche), Delphi (87 Nummern), Eleusis und
Olympia (70 Nummern).
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In dieser Rubrik kostet die viergespaltene Nonpareiltezeile nur 25 Pf. Wir bitten alle Sammler,
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München. Hugo Helbing. Hand-
zeichnungen von K. Spitzweg.
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des 17. Jahrh.).
Mai
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Leipzig. C. G. Boerner. Kupferstidie
alt. Meist., a. sdiles. u. a. Besitz. Da-
bei Kupferstiche und Holzschnitte
Albrecht Dürers.)
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Besitz. Musikmanuskripte v. Beet-
hoven, Bach, Brahms, Haydn, Scar-
lotti, Schubert, Schumann, Wagner
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vorragende Kupferstidisammlung,
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kunst, wertvolle Keramiken, Skulp-
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Haag, ein. bek. Paris. Sammlg. u. a.
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quadri.
GBllCriE 0 ALuS0O Bor0h0S0t I60 Riproduzioni di
pitture, sculture, intern! di sale ecc.
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La Maddalena di Piero di Cosino (fotog. 15726 nei tre formati Extra,
Soprextra ed Extragrande).
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Heft 3, t9Q8
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neue Säffimlua wird, ^^üch^; durdillftre'Tpr^tige kühstlens^ Bus-'
w^ter IQ-eise finden; Kudi die in diesen
w^B^den^an^tfilhte^^ Icidttirges^ Betraefitungswise^, ersekeint^^ .d^^
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c '§hjSdensien:^#t^^f der ' ^Iten Kultwst^eh Eüro^s rait-
Y^-^esptp^^ !Ä|#env ^d^idkfi^ t^uVä^ÄgafaBfr/.' Sdi^« sich das neue
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stellt äe SäMndüng etwas durdsaus Neues
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j Von Ernst Steinmann,
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Paris,' London, Holland. / Entdeckung von 68 un-
bettänntjßn Sriefen MiciielangeFos.7 Aus der Werk-
“eifiesr römTschen Pbotögraphen. / Kleine
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^KLihJt^iAtgyn^
V
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Uieffituti- - '
V Exhil)i^^ öf
- - f EOTÄ?p WH-m^ÖÄ^oi ^MEN
^ \ '^■tums(leidi^£E^& ROiSit<!i& .
. ^ ti;-5p flU LTj^ JaWBmli ^ei?B«iÄs®e» :SiBmQiiiiigä'.
; : HLEXSlJDER,«^SffiVJElR ' ^
- C— ■^E^TOiCB^'Hiffl’eb'raÄdt'.)-. . ; •, '- ^ -^5
' GEQMT «It^Tyia. SSe t>atiser Mtaiaf^lefet- fB«f'rtäi
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ONÄTSHEFTE
^KUNSTWISSENSCHAFT'
Herausgeber: DR- GEORG BIERMÄNN
• Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2
1. Jahrg.
Heft 4
1908
L’art allemand dans les Musees fran^ais
Par L. Re au (Paris)
S’il n’g a pas en Ällemagne un seul Musee qui rcflete exactement l’evolution
generale de la peinture fran(;aise depuis ses origines jusqu’ä nos jours, il faut
reconnaitre du moins que certaines cpoques de l’art fran(;:ais sont admirablement
represcntees dans les collections d’Outre-Rhin. La peinture fran(;aise du XVIIR siede
par exemple rayonne ä Berlin d’un edat incomparablc gräcc ä une profusion de diefs
d’ Oeuvre exquis qui peuvent rivaliser avec ceux du Louvre. II n’existe en somme hors
de France que trois grandes collections oü Ton puisse etudier comme ils le meritent
les «Peintres de Fetes Galantes»: le Musee de Stockholm, le Musee Richard
Wallace ä Londres et enfin last not least — les collections imperiales de Berlin.^)
Le Palais de l’Empereur ä Berlin recde en effet, dans des appartements dont l’acces
est malheureusement interdit, les deux oeuvres capitales de Watteau: TEmbarquement
pour Cythere et l’Enseigne de Gersaint; et les trois palais de Potsdam: le Vieux
Palais, le pavillon de Sans-Souci et le Nouveau Palais dont les terrasses sont decorees
de sculptures des Adam et de Pigalle, ont conserve un ensemble admirable de toiles
de Chardin, de Pater et de Lancret qui s’accordent ä merveille avec la decoration
architecturale et les boiseries de style rococo. Ces tableaux seraient cruellement
depayses au Musee de l’Empereur Frcderic: ils sont tout ä fait ä leur place dans les
palais du roi Frederic le Grand qui a etc non seulement l’ami de Voltaire et des
Encyclopedistes, mais un des amatcurs les plus delicats et les plus fervents de hart
fran(;ais du XVIIB siede.
Gräcc ä M. Hugo von Tschudi, la National Galerie de Berlin peut opposer
aux collections de Frederic II un ensemble equivalcnt de peinture fran^aise moderne.
Cette Collection qui ne doit rien aux subventions officicllcs ne comprend bien entendu
qu’un nombre restreint de tableaux; mais si les oeuvres exposees sont en petit nombre,
elles ont ete dioisics avec un goüt exquis et caractcrisent ä merveille non seulement
tes tendanccs generales de la peinture fran(;aisc, mais encore l’evolution de chaque
y Cf. P. Seidel: Französische Kunstwerke des 18. Jahrhunderts im Besitze Seiner Majestät
des Deutschen Kaisers — Die Kunstsammlung Friedrichs des Grossen.
17
252
Monatshefte für Kunstwissenschaft
peintre en particulier. Manet et Monet par exemple sont representes par deux ou I
trois tableaux qui, outre leur qualite artistique, ont l’avantage de marquer le point de 1
depart et les stades successifs de l’evolution de ces deux maitres. Comme la Galerie I
Nationale est par definition consacree avant tout ä l’art allemand, M. von Tsdiudi
n’a pas commis la faute de constituer ä cöte du musee allemand un musee independant
d’art frangais. Ce qui l’interesse, ce n’est pas l’art fran^ais en general, c’est l’art
frangais dans ses rapports avec l’art allemand. C’est pourquoi il a provisoire-
ment ecarte de sa collection, Delacroix et l’Ecole de Fontainebleau pour mieux
mettre en lumiere les peintres franc^ais comme Courbet, Manet et les Impressionnistes
qui depuis 1850 environ ont exerce une influence decisive sur l’art allemand moderne.
Les salles de peinture francaise de la National Galerie ne sont donc pas un hors d’oeuvre
inutile, mais un complement necessaire de l’histoire de l’art allemand qui est alle chercher
ä Paris ses inspirateurs et ses modMes. J
Äinsi ou peut dire que, gräce ä Frederic II et ä M. von Tschudi, qui apparait 1
ici comme son veritable successeur deux des plus grandes et des plus seduisantes I
epoques de l’art fran(;ais: l’epoque des Peintres de Fetes Galantes et l’Ecole ^
impressionniste sont representees ä Berlin sous tous leurs aspects. Mais Watteau
et Manet, ces deux maitres privilegies, ne sont pas les seuls dont le nom figure '
sur les catalogues de Musees allemands. 11 ne faut pas oublier que, gräce ä
la Societe du Musee de l’Empereur Frederic, le Musee de Berlin a acquis recemment
le Portrait d’Etienne Chevalier, oeuvre capitale de Maitre Jean Fouquet qui
illustre brillamment l’art des Primitifs fran(;ais du XV® siede. En outre il n’est
presque pas un seul Musee allemand de quelque importance qui ne possede
des Oeuvres caractdistiques de nos peintres du XVII® siede: des paysages de Poussin
et de Claude Lorrain, des tableaux d’histoire de Lebrun. Au Musee de Berlin,
le portrait de la famille Jabach par Lebrun, dont la place serait tout indiquee
au Musee du Louvre qui a herite des collections du banquier colonais, le charmant
portrait de Marie Mancini par Mignard representent tres heureusement les peintres
du Roi-Soleil. Enfin la plupart des grands Musees allemands commencent ä suivre
l’exemple de la National-Galerie et ouvrent largement leurs portes ä l’art frangais
moderne: je citerai seulement l’Institut Staedel du Francfort et le Musee de Dresde
qui ont acquis recemment des oeuvres importantes de Courbet, de Puvis de Chavannes
et de Monet.
Il s’en faut de beaucoup que l’art allemand soit aussi bien represente dans les
Musees fran^ais. Le Louvre possede il est vrai un certain nombre d’oeuvres tres
remarquables de l’Ecole allemande.^) Mais c’est une collection formee au hasard, sans
esprit de suite et sans methode; eile provient presque entierement du Cabinet du roi
Louis XIV et depuis lors eile est restee stationnaire. Il semble qu’on ait neglige
sgstematiquement toutes les occasions qui s’offraient d’enrichir cette serie si incomplete.
En somme il est impossible de se faire ä Paris une idee meme approximative de l’art
‘) Cf. Lafenestrc et Richtenberger: Le Musee National du Louvre. 1902.
Reau. L’art allemand dans les Musees fran(;ais
253
allemand. Un seul des grands peintres allemands de la Renaissance est represente au
Louvre par des oeuvres de premier ordre: c’est Holbein. Mais par contre Albert Dürer
est represente avec une insuffisance vraiment derisoire par deux petites etudes gouadiees
et aquarellees: une tete d’angelot aux cheveux blonds et une etude de vieillard ä barbe
blanche coiffe d’un bonnet a oreillettes, qui a ete peinte en 1520 pendant le voyage
de Dürer dans les Pags-Bas. De Cranach, le Louvre ne peut montrer que des portraits
d’hommes assez mediocres et une petite Venus nue, affublee d’un chapeau de velours
rouge comme un Cardinal de la Sainte Eglise Romaine, qui se tient debout dans un
paysage boise. A la vente de la Collection Molinier, il y a deux ans, le Conseil des
Musees Nationaux aurait pu acquerir une oeuvre beaucoup plus importante du maitre
saxon: le grand triptyque de la Familie de la Vierge, signe Lucas Chronus et
date de l’annce 1509, qu’on croit avec quelque raison etre le retable disparu de
l’eglise Marie de Torgau. Assurement l’etat de Conservation de ce triptyque n’est
pas parfait et l’italianisme des figures assez conventionnelles, groupees avec une froide
symetrie, a quelque chose d’un peu deplaisant. Neanmoins c’est une oeuvre capitale
du Maitre au Dragon, d’une authenticite indiscutable, qui serait venue tres utilement
complcter la Serie allemande du Louvre. On n’a meme pas essaye de garder en France
cette oeuvre que le hasard y avait apporte: Les conservateurs du Louvre, qui achetent
souvent ä des prix exorbitants des oeuvres moins interessantes, ont dedaigne ce tripty-
que qui est alle grossir les collections du Musee Staedel de Francfort. L’Allemagne
a donc reconquis pour toujours ce tableau transfuge.
Est il besoin de dire qu’on chercherait vainement au Louvre une oeuvre de
Matthias Grunewald qui est pourtant le plus etonnant visionnaire et le plus grand
coloriste de la Renaissance allemande? En rcalite ancune des ecoles si nombreuses
qui se sont constituees en Allemagne au XV® et au XVI® siecles n’est representee ä
Paris d’une fa^on satisfaisante. On trouvera au Louvre de heiles oeuvres isolees, mais
non des ensembles, quelques fragments, mais non des series.
Apres la Renaissance, l’art allemand traverse une periode de crise qui se
prolonge jusqu’au milieu du XIX® siede. Les oeuvres de cette epoque de decadence
sont si mediocres et si depourvues d’originalitc que la penurie du Louvre ä cet egard
devient presque un bienfait. Deux paysages ternes du Franefortois italianise Adam
Elsheimer, des dudes de faces ridees et tannees par Denner, le peintre des pores
de la peau, le plus myope des petits maitres, un portrait sentimental et douceätre
de la baronne de Krüdner par Angelica Kaufmann suffisent parfaitement ä notre
edification.
Fdicitons nous de ne posseder ancune des «grandes machines» de Cornelius,
de Kaulbach on de Piloty, qui prendraient inutilement beaucoup de place. Les oeuvres
plus personnelles et moins encombrantes des petits maitres si justement rehabilites
par la Centennale de Berlin ne presentent guere en somme qu’un interd local et leur
place n’est pas davantage au Louvre. Ph. O. Runge, Friedrich et Kobell interessent
ä bon droit les Allemands soucieux de se trouver des anedres et de renouer leur
tradition: mais leur apport dans l’art europeen est presque nul.
25'4
Monatshefte für Kunstwissenschaft
II n’en est pas de meme des maitres allemands de la seconde moitie du
XIX^ siede qui, si impregnes qu’ils soient des legons de leurs maitres fran^ais, font
preuve cependant d’une reelle et puissante originalite. Une etude de plein air de
Liebermann: le jardin de brasserie, un petit tableau evangdique de F. von Uhde:
le Christ chez les paysans ne suffisent pas, tant s’en faut, ä representer les
tendances de Fart allemand contemporain. Alors que la NationaLGalerie de Berlin
presente une incomparable collection d’art franc^ais moderne, tres superieure, il faut
bien Favouer, ä la Salle Caillebotte, il est permis de s’etonner que le Luxembourg ne
possede ni une decoration de Böddin, ni un tableau de Leibi, ni une etude de Menzel,
ni une statue de Klinger. Puisque les Allemands trouvent utile de rapprodier les
Oeuvres de leurs peintrcs des oeuvres fran^aises qui les ont quelquefois inspirees, il
serait non moins interessant pour nous autres Fran^ais de pouvoir etudier au Luxem-
bourg le ragonnement de notre art sur un art voisin. D’ailleurs la haute valeur
artistique des oeuvres d’un Leibi ou d’un Klinger suffirait amplement ä justifier leur
presence dans nos Musees, independamment de toute consideration historique.
Sans insister davantage sur ces lacunes düment constatees et sans nous attarder
en regrets superflus, nous allons examiner maintenant les oeuvres remarquables de
Fart allemand qui se trouvent dispersees et un peu perdues dans les Musees de Paris
ou de province. Comme ces oeuvres sont eparpillees aux quatre vents, il serait ä
souhaiter qu’on fit un jour Finventaire de tons les tableaux ou dessins de FEcole
allemande qui ont passe en France. On pourrait y joindre un releve des pieces
d’orfevrerie et d’emaillerie de provenance rhenane et aussi des innombrables bois
sculptes qui, deguises parfois sous le masque d’attributions de pure fantaisie, ont
penetre dans mainte collection. En attendant qu’on fasse cet inventaire indispensable,
il est peut etre utile de signaler ä la curiosite du public et ä Finvestigation des
cherdieurs un certain nombre de pieces capitales, auxquelles on ne rend pas suffisamment
justice parce qu’elles sont mal classes ou mal presentees.
En dehors de la galerie des portraits d’Holbein: le profil d’Erasme si affine,
si spirituel, la tete sans malice de Fhonnete astronome bavarois Nicolas Kratzer,
la figure niaise et guindee de la princesse de Cleves, le masque rediigne et boudeur
du vieil ardievcque de Canterbury; GuillaumeWarham, qui sont trop universellement
connus pour que j’y insiste, je ne sadie pas qu’il y ait au Louvre un seul tableau de
FEcole allemande comparable ä la Deposition de croix du Maitre de S* Bar-
th eie my.^) Le catalogue du Louvre, qui est presque toujours en retard sur la
critique, attribuait naguere cette oeuvre capitale ä Quentin Metsgs. Il y a en effet
certaines analogies superficielles entre Fadmirable Descente de croix du Musee
d’Anvers et le tableau colonais du Louvre. Mais ces analogies de sentiment et de
facture tiennent ä ce que les deux oeuvres sont ä peu pres contemporaines et ä ce que
y Cf. Waagen: Kunstwerke u. Künstler in Paris. 1837. Merlo-Firmenidi-Ridiertz:
Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit. (Neue Äusg. Düsseldorf 1895.) L. Scheibler et
Aldenhoven: Geschichte der Kölner Malerschule. Lübeck 1902.
Reau. L’art allemand dans les Musees fran(;:ais
255
MÄITRE DE S. BÄRTHELEMY. Descente de croix
Musee du Louvre. Paris □
rinfluence des peintres flamands devient toute puissante a Cologne ä partir de la fin
du XV® siede. En rcalite un observateur un peu attentif ne peut hesiter un seul instant
ä restituer le tableau du Louvre non seulement ä l’Ecole de Cologne, comme le suggere
timidement le cartoudie actuellement place au bas du cadre, mais encore ä un maitre
bien ddini de cette Ecole qu’on a appele longtemps le Maitre de S* Thomas (Meister
des Thomasaltars), d’apres son tableau du Musee Wallraf-Richartz de Cologne et qu’on
appelle gcneralement aujourd’hui Maitre de ßarthelemy (Meister des Bartholom$us-
altars) en se rderant ä son tableau de la Pinacotheque de Munich. En realite, dant
donne que l’usage s’est dabli de ddigner les maitres anonymes d’apres leur chef-
d’oeuvre, il serait naturel et legitime, si l’on ne reculait pas devant la necessite de changer
encore une fois une designation adoptee par les historiens de l’art, de baptiser ce
peintre colonais Maitre de la Deposition de croix (Meister der Kreuzabnahme); car
le tableau du Louvre est incontestablement et de l’aveu de tous son chef-d’oeuvre.
256
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Ce tableau formait le panneau central d’un triptyque dont les volets ont malheu-
reusement disparu. II presente une forme cruciale, suivant un usage tres repandu au
XV® siede pour les sujets empruntes ä l’histoire de la Passion. On sait que la fameuse
Deposition de croix de Rogier van der Weyden, qui etait ä en juger par ses nom-
breuses repliques Tune des oeuvres les plus populaires de l’Ecole flamande, presente la
meme disposition. II est certain que le maitre colonais a connu le tableau de Rogier;
car nous savons que les ceuvres de ]. van Eyck et de Rogier ont ete importees de
bonne heure ä Cologne et les deux compositions presentent entre elles des analogies
frappantes. Cependant le maitre colonais de la Deposition de croix n’est pas un
imitateur servile. La fa(;:on dont il groupe ses personnages autour du corps inerte du
Crucifie a quelque chose de moins monumental et de moins sculptural que dans l’oeuvre
de son devancier. En revandie les groupes sont plus pittoresques, les attitudes plus
familieres, non sans un soupc^on de mievrerie, comme dans la plupart des oeuvres de
la fin du XV® siede. La grande inferiorite du Maitre de S* Barthelemy vis-ä-vis de
Rogier, c’est qu’il ne possede ä aucun degre le sens de la vie Interieure; il rapetisse
les sujets tragiques et pathdiques par un manque dhoquant de gravite et de simplicite.
La Madeleine gantee qui soutient d’une main la jambe du Sauveur n’est qu’une bour-
geoise contrite qui songe moins ä son deuil qu’ä sa toilette. Mais toutes ces defaillances
sont compensees par l’habilete de la mise en scene et la magnificence du coloris. Les
tons chauds des chairs et des etoffes, les degradations subtiles de couleurs, la tonalite
generale ambree qui harmonise l’eclat des tons locaux, sont une veritable joie pour
Toeil. Les ombres glacees sur fond d’or donnent ä cette oeuvre peinte l’aspect somptueux
d’un coffret de laque ou d’un email.
Par suite de quelles circonstances ce tableau qui est avec laVeronique attribuee
ä Maitre Wilhelm et le Dombild de Stefan Lochner, le dief-d’oeuvre le plus precieux
de l’Ecole colonaise, est-il venu s’egarer au Musee du Louvre? Si etrange que cela
paraisse, il est probable qu’il a ete peint directement pour une Confrerie d’Antonites de
Paris. En examinant de pres la bordure peinte du tableau qui simule un ridie enca-
drement en bois sculpte, on aper(;:oit le T et la clochette qui symbolisent la confrerie
de S* Antoine. Les memes emblemes se retrouvent, comme on sait, dans l’admirable
retable du Musee de Colmar, qui avait ete commande ä M. Grünewald par le prieur
du Couvent des Antonites d’Isenheim. Quoiqu’il en soit, notre tableau se trouvait au
XVII® siede dans une maison professe des Jesuites de la rue S* Antoine; il fut trans-
porte en 1763 dans l’Eglise du Val de Gräce et incorpore aux collections du Louvre
SOUS Napoleon I®*".
Pourquoi faut-il que ce dief-d’oeuvre de l’Ecole colonaise soit deshonore par un
cadre hideux? Le tableau presentait ä l’origine, comme nous l’avons dit, la forme
symbolique d’une croix. Le Souvenir de cet usage se perdit et on eprouva plus tard
le besoin de ramener cette forme singuliere et un peu deconcertante ä un carre regulier,
en inserant aux angles superieurs du tableau deux petits rectangles en bois dore,
decores pour comble de mauvais goüt de palmes entrelacees et de couronnes d’epines.
Le style de cet encadrement nous permet de deviner que cet embellissement est l’oeuvre
Reau. L’art allemand dans les Musees fran(;:ais
257
MÄITRE DE LÄ MORT DE MÄRIE. Pieta
Musee du Louvre, Paris □
des Jesuites qui ont possede le tableau au XVIR siede. Ne serait-il pas possible de
supprimer ces enjolivements ridicules et de restituer ä cc tableau avec un cadre plus
digne de lui sa forme primitive? Cette petite reforme si simple et si peu coüteuse
aurait l’avantage de mieux mettre en valeur une oeuvre admirable ddiguree par un
cadre ignominieux.
258
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Puisqu’aussi bien il est question de l’Ecole de Cologne, je me permettrai de
suggerer ici un leger remaniement qui donnerait plus de cohesion ä la petite
Collection allemande du Musee. Le Louvre a la bonne fortune de posseder un
tableau du Maitre de la Mort de Marie, trcs comparable comme dimensions
et comme sujet ä la Deposition de croix du Maitre de S* Barthelemy. Pourquoi
ne pas placer du meme cöte de la Galerie et sur la meme cimaise deux oeuvres
similaires dont le rapprochement serait instructif? Pour faire l’education artistique
du public, il faut multiplier les termes de comparaison, suggerer par le simple
classement des oeuvres des rapports et des filiations. Le rapprochement de ces
deux tableaux aurait l’avantage de montrer de quelle fa(;on differente deux maitres
colonais ont traite le meme theme et de mettre en evidence les tendances contradictoires
entre lesquelles hesite la peinture colonaise au commencement du XVL siede.
Chez le Maitre de S* Barthelemy, les influences flamandes sont encore prepon-
derantes; avec le Maitre de la Mort de Marie, peintre anversois dabli ä Cologne
qu’on a identifie avec Joos van Cleve, c’est l’italianisme qui apparait. L’ordonnance
reguliere et academique, le coloris froid et bleuätre, tout trahit l’influence des
manieristes Italiens qui chez Bartel Bruyn, le dernier des peintres colonais, va devenir
encore plus sensible. D’ailleurs le tableau du Louvre a ete peint par le Maitre de la
Mort de Marie en Italie; il provient de Teglise Maria della Pace ä Genes. C’est la
partie centrale d’un triptyque mutile et il est divise en trois zönes. La partie centrale
represente une Pieta, la lunette la Stigmatisation de S* Franc^ois d’Ässise et la predelle
la Sainte Cene. C’est une oeuvre qui, malgre l’excellence de certains portraits, est loin
de valoir la Deposition de Croix qui lui fait pendant, surtout au point de vue du coloris
qui est moins chaud et moins transparent. Mais eile constitue un document tres precieux
pour les historiens de l’art colonais; eile marque en effet la penetration de l’influence
italienne ä Cologne par l’intermediaire des Romanistes flamands. L’Ecole colonaise, qui
n’etait guere depuis le XV® siede qu’une annexe de l’Ecole flamande, aurait sans
doute continue ä ignorer la Renaissance italienne si les Flamands eux-memes n’avaient
passe ä l’ennemi et ne s’daint fait les propagateurs de l’art ultramontain.
Il est hors de doute que la Collection allemande du Louvre, malgre ses lacunes
et ses insuffisances, acquerrait un peu de cohesion si on la classait logiquement dans
une salle ä part au lieu de l’eparpiller comme on fait dans une travee de cette Grande
Galerie qui sert de rendez-vous ä toutes les Ecoles. Mais ce qui est plus grave, c’est
qu’on a fait disparaitre recemment sans autre forme de proces une oeuvre tres curieuse
du peintre-graveur Hans Sebald Beham qui vient immediatement dans la Serie des chefs-
d’oeuvre allemands du Louvre apres les portraits d’Holbein et la grande Deposition de croix du
Maitre de S* Barthelemy. Il s’agit, il est vrai, d’une peinture assez difficile ä presenter;
car eile est destinee ä etre posee ä plat; mais ce n’est pas une raison süffisante pour
distraire de l’ensemble des collections une piece de cette importance qui etait restee longtemps
y Hu lieu d’etre partagee entre toutes les Ecoles, la Grande Galerie devrait servir ä
montrer l’evolution de la peinture fran^aise depuis Jean Fouquet jusqu’ä Manet; les tableaux
de l’Ecole franc^aise sont eparpilles aux quatre coins du Musee.
Reau. L’art allemand dans Igs Musggs frangais
259
GxposGG Sans inconvenient. Ce plateau de table est Toeuvre charmantG d un des petits
maitres qui continuent avec le plus d’originalite la tradition de Dürer; et c’est en outre
un trGsor d’une insigne rarete puisque c’est la sguIg peinture ä Thuile qu’on connaisse
de lui. Hans Sebald Beham n’a guere execute comme son frere Bartel que des
gravures qui sont d’ailleurs remarquables par l’observation realiste, le sens de l’humour,
la finesse de Texecution.
Apres avoir ete banni par le Conseil de la ville de Nuremberg ä cause de ses
opinions subversives et de son athdsme notoire, Hans Sebald s’etait refugie ä Mayence
aupres du Cardinal Albert de Brandebourg, veritable Mecene de l’art allemand qui faisait
travailler pour lui Dürer, Grünewald et Cranach. Comme lempereur Maximilien , le
Cardinal s’etait fait faire un magnifique Livre d’heures qui se trouve aujourd’hui ä la
Bibliotheque d’Asdiaffenbourg: il le fit enluminer par Hans Sebald et, satisfait sans
doute de ces miniatures, il diargea le meme artiste de decorer une table, qui fut pillee
plus tard par les armees frangaises pendant la guerre du Palatinat: c’est de cette facon
qu’elle est passee dans les collections du Louvre.
Ce plateau de table est partage par des diagonales en quatre champs triangu-
laires qui representent des scenes tirees de l’histoire de David: le retour de David vic-
torieux ä Jerusalem, le bain de Bethsabee, la mort d’Uri, son epoux, au siege de
Rabbatth et les reprodies du prohete Nathan. Un cartouche encadrant une inscription
latine est place au-dessous de chaque sujet. La scene qui represente Bethsabee au
bain tandis que le vieux roi libidineux Tepie du haut d’un balcon est traitee en parti-
culier avec beaucoup du verve. A nos yeux se deploie la magnifique architecture d’un
palais Renaissance; le Cardinal Albert qui s’appuie ä la margelle du bassin regarde
familierement Bethsabee qui est le portrait de sa maitresse Magdalena Rüdinger. L’artiste
lui meme s’est represente dans un coin du tableau, un compas ä la main. Le coloris
de ces petites compositions bibliques, traitees comme des scenes de moeurs, est d’un
beau ton diaud et dore.^)
En dehors du Louvre, les musees parisiens ne possedent presque rien des Ecoles
de peinture allemandes. Notons cependant que le legs Rotschild a enrichi recemment
le Musee de Cluny d’un fragment de retable attribue ä M. Wolgemut et qui
appartient plus probablement ä l’Ecole souabe. Ce Musee possede en outre deux
panneaux du Maitre de S* Severin ou de son ecole qui proviennent de la crypte
de Teglise S* Severin de Cologne. Ce sont des scenes de la vie de Ste Ursule: la
demande en mariage et le depart de la sainte.^) Ces deux tableaux, analogues
ä ceux du Musee de Bonn et du Musee de Cologne sont des oeuvres d’atelier qui
presentent plus d’interet au point de vue iconographique qu’au point de vue artistique.
Parmi les collections particulieres, il faut signaler la collection Dollfus qui possede,
entre autres specimens de l’Ecole allemande, un grand tableau d’autel du maitre colo-
y Cf. Rosenberg: Sebald und Bartel Beham: Zwei Maler der deutschen Renaissance.
Leipzig. 1875.
Cf. Delpy: Die Legende von der heiligen Ursula. Köln. 1901.
r
Monatshefte für Kunstwissenschaft
nais de la Familie de la Vierge (Meister der heiligen Sippe). Une oeuvre de jeunesse
de Dürer: son portrait de 1493 ä passe de la collection Felix de Leipzig dans la
Collection Leopold Goldschmidt ä Paris. Le jeune homme elegamment vetu tient ä la
main une brandie de panicaut (Eryngium) qui porte en allemand le nom symbolique
de Männertreu: on en ä conclu que ce portrait etait destine par le jeune Dürer ä
sa fiancee et accompagnait sa demande en mariage.
Si l’on faisait avec soin l’inventaire des Musees de province, on arriverait sans
aucun doute ä identifier dans des recoins ignores un certain nombre d’epaves de l’Ecole
allemande. Mais le butin ne serait probablement pas tres ridie: car les collectionneurs
fran(;ais n’ont jamais ete tres curieux d’art allemand. Si Ton excepte les portraits
d’Holbein qui sont repartis entre tous les Musees d’Europe, les oeuvres de la peinture
allemande sont restees dans leur pays d’origine. Les amateurs etrangers appreciaient
la gravure et l’orfevrerie allemandes qui avaient une reputation europeenne: mais ils
faisaient bon marche de la peinture qui passait pour tres inferieure ä celle de Tltalie
ou des Pays-Bas. De lä vient que l’art allemand tient une tres petite place dans les
Musees etrangers. On ne trouvera guere en France, en dehors de Paris, que deux
musees de province qui entrent en ligne de compte au point de vue de le peinture
allemande: Reims et Besanc^on.
L. CRÄNACH LE VIEUX. Jean le Constant
Musee de Reims □
L. CRANÄCH LE VIEUX: Jean Frederic le
Magnanime. Musee de Reims. □
Reau. L’art allemand dans les Musees frangais
261
Portrait presume de Cranadi le Jeune par
lui meme. Musee de Reims □
Le Musee de Reims possede une serie fort interessante de portraits de l’Ecole
allemande. La catalogue mentionne exactement 15 portraits sur papier contre-colle sur
carton. Ce sont des equisses de tetes legcrement coloriees ä l’huile representant des
membres de la famille des Electeurs de Saxe. 10 de ces etudes sont attribuees par
M. Ch. Loriquet ä Lucas Cranadi le Vieux: les plus remarquables sont les portraits de
Jean le Constant, frere de Frederic le Sage, de Frederic le Magnanime et de Christian II,
roi de Dänemark. II y a encore dans le meme lot un portrait presume de Cranadi le
Jeune et un portrait de John Morus, pere du diancelier Thomas Morus, qui est tres
vraisemblablement de la main d’Holbein.
On a constate que ces etudes figuraient deja en 1770 sous le nom d’Albert Dürer
dans l’inventaire de l’Ecole de dessin et de mathematiques de Reims, oü eiles servaient
probablement de moddes aux deves. Elles proviennent du Cabinet de M. de Montholon
qui les avait recueillies en Allemagne. On les a retrouvees en 1835 dans les greniers
de l’Hötel de Ville oü elles avaient ete irreverencieusement releguees.
Le Musee de Besangon^) a herite gräce ä la liberalite du peintre collectionneur
0 Cf. Gonse: Les diefs d’oeuvre des Musees de France. Ch. Loriquet: Catalogue du
Musee de Reims.
2) Cf. Inventaire general des Ridiesses d’Ärt de la France. (Provinces. Monu-
ments civils): t. II: Catalogue de la Bibliotheque de Besangon; t.V: Catalogue des Musees de Besangon.
262
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Jean Gigoux de deux tableaux importants de Cranach; une Lucrece et surtout une
Source qu’un cartouche designe sous le nom de Fontis Nympha (Nymphe de la Fon-
taine). Ce tableau parfaitement conserve et signe du dragon aile represente au milieu
d’un delicieux paysage franconien une femme nue d’une degance un peu contournee
avec un front enorme et des yeux brides selon le type eher ä Cranach. II existe plusieurs
repliques du ce tableau: mais aucune n’egale le charme et la fraicheur de la Source
du Musee de Besangon.
La ville de Besan(;:on possede dans sa Bibliotheque Municipale un autre tresor non
moins precieux de l’art allemand: c’est un fragment important du fameux Livre d’heures
de l’empercur Maximilien^). On sait que Maximilien fit imprimer en 1513 par les
presses du celebre editeur d’Augsbourg Hans Schönsperger un «Diurnale seu Liber
precum» qui devait etre tire ä un tres petit nombre d’exemplaires pour les Chevaliers
de rOrdre de S* Georges. L’empereur chargea Älbert Dürer et les plus grands maitres
allemands de l’epoque de decorer d’arabesques et de dessins ä la plume les marges
de Texemplaire sur velin qu’il avait fait reserver pour son usage personnel. Cet exem-
plaire imperial est aujourd’hui conserve en deux fragments ä la Bibliotheque de Munich
et ä la Bibliotheque de Besan(;on. Les feuillets de Munich sont de beaucoup les plus
precieux: car ils ont ete enrichis de la main meme de Dürer de dessins exquis executes
ä l’encre verte, rouge ou violette, dont la fantaisie, la verve, l’aisance et la sürete de
trait sont admirables. Le fragment de la Bibliotheque de Besanc^on a ete decore par
Burgkmair, Altdorfer, H. Baidung Grien, Jörg Breu et Hans Dürer, le frere d’ Albert Dürer,
mais avec infiniment moins de talent et d’esprit. Quoi qu’il en soit, ces feuillets qui
sont reproduits en fac-simile ä la suite des feuillets de Munich dans la luxueuse edition
du Livre d’heures de Maximilien que M. K. Giehlow fait paraitre chez l’editeur Bruckmann
sont un monument Capital de l’art de l’illustration ä l’epoque de la Renaissance allemande.
Le livre d’heures de Besan(;on provient du Couvent des Benedictins de S* Vincent,
secularise ä la Revolution. On ne sait ä la suite de quels avatars ce precieux fragment
est venu echouer dans un couvent bisontin.
M. Benoit qui va faire paraitre prochainement une etude sur la Pein tu re au
Musee de Lille attribue au Pseudo Grünewald un tableau tres curieux de ce musee
representant un Couronnement d’Epines. Mais si le Pseudo Grünewald n’est autre
que Hans Cranach, il est impossible de lui attribuer un tableau ä tendances catholiques
dirige contre la Reforme lutherienne.
Les illustrations marginales du Livre d’heures de Besan(;on nous amenent ä
parier des dessins de l’Ecole allemande qui meritent au meme titre qui les peintures
une etude approfondie. Un grand nombre de dessins de Dürer, qui se trouvaient
y Cf. Jahrbuch der K. K. Samml. des all. Kaiserhauses: Chmelarz: Diurnale oder
Gebetbuch des Kaisers Maximilian I. 1884 — et K Giehlow: Beiträge zur Entstehungsgeschichte
des Gebetbuches Kaisers Maximilian. 1899. — K. Giehlow: Kaiser Maximilians Gebetbuch mit
Zeichnungen von A. Dürer und anderen Künstlern. Fo. München. Bruckmann. 1908. ~ Ephrussi:
Albert Dürer et ses dessins. Paris. Quantin. 1881. — Musees et Monum ents: Jahrg. 1907; No. 7.
Reau. L’art allemand dans les Musees frangais
263
CRÄNÄCH. Nymphe de la Fontaine
Musee de Besan^on d
jadis dans des collections fran(;aiscs, ont ete reconquis dans les ventes par les Musees
allemands; le Musee de Berlin en particulier s’est enridii des depouilles des collections
Posonig-Hulot, Ämbroise Firmin-Didot et Gigoux. Neanmoins la part de la France est
encore assez belle.
Sans egaler l’Älbertina de Vienne, dont la richesse est incomparable, le Louvre
possede cependant un choix tres remarquable de dessins originaux de Dürer, qui com-
pensent dans une certaine mesure l’absence de tableaux du maitre^). On les trouvera
tous reproduits dans le troisieme volume de l’ouvrage monumental que Lippmann a
consacre aux dessins de Dürer. II ne saurait etre question d’enumerer et de decrire
ici tous ces dessins. Nous ferons seulement remarquer que la collection du Louvre,
qui provient en majeure partie de la collection Mariette et du legs Gatteaux, est particu-
licrement precieuse non seulement ä cause de la qualite exceptionelle , mais aussi ä
cause de la variete de ses dessins qui appartiennent ä toutes les periodes de la vie
de l’artiste. Une Vierge au Baldaquin qui date des annees de jeunesse de Dürer nous
fait toucher du doigt Finfluence decisive de Schongauer sur la formation de son stgle.
Des etudes de paysages tyroliens soigneusement lavees ä Taquarelle (Venediger Klausen)
nous montrent mieux que des tableaux que ce peintre surtout dessinateur savait etre
ä l’occasion un delicat coloriste. De ravissantes tetes d’anges ont servi d’etudes
q Cf. Reiset et Both de Tauzia: Dessins exposes du Louvre. Le Catalogue complet des
Dessins du Louvre par M. M. Guiffrey et Marcel est en cours de publication.
264
Monatshefte für Kunstwissenschaft
preparatoires au tableau de l’Ädoration de la Vierge ou du Rosaire qui se trouve
aujourd’hui en si piteux etat au cloitre Strahow de Prague. Enfin une Sainte Familie,
l’admirable Christ en croix du legs Gatteaux cvoquent les derniers projets du grand artiste.
Le Cabinet des Estampes de la Bibliotheque Nationale^) possede aussi
quelques beaux dessins de Dürer qui proviennent de la Collection de l’abbe de Marolles.
On y admirera surtout un paysage avec un moulin (Die Weidenmühle) peint ä Taquarelle
et de magnifiques etudes d’enfants sur papier prepare rehausse de blanc qui ont ete
utilisees dans le tableau du Rosaire.
Enfin le Musee Conde ä Chantilly, que le duc d’Äumale a legue ä l’Institut,
complete de la fa(;:on la plus heureuse cette collection de dessins de Dürer. Je me
borne ä signaler un precieux dessin ä la plume lave d’aquarelle qui n’est autre chose
que la premiere pensee du tableau de tous les Saints (Ällerheiligenbild) avec son
beau cadre decoratif. Le tableau est aujoursd’hui comme on sait, au Musee de Vienne
tandis que le cadre original est reste au Musee Germanique de Nuremberg. Le Musee
Conde possede en outre quelques feuillets du carnet de voyage de Dürer dans les
Pays-Bas avec des vues d’Aix-la-Chapelle et de Berg-op-Zoom et des portraits ä la
pointe d’argent d’un arrangement tout ä fait moderne se detadiant sur un fond d’archi-
tecture ou de paysage. II serait ä souhaiter qu’on reconstituät un jour en fac-simile
les feuillets epars de ce carnet d’artiste. Tous les dessins de Chantilly ont ete achetes
par le duc d’Aumale ä la vente de la collection Reiset.
En dehors de ces trois collections publiques: le Louvre, la Bibliotheque
Nationale et le Musee Conde, on peut admirer des dessins de Dürer dans cinq ou
six collections particulieres. La plus riche des collections partsiennes est ä cet egard
celle du peintre Leon Bonnat, qui est destinee ä enrichir un jour le Musee de Bayonne.
On y voit de curieux dessins du jeune Dürer d’apres les estampes de Pollaiuolo, un
portrait d’Erasme, un projet de tableau de 1522 (Madonne entouree de saintes) remar-
quable par la largeur de la composition et la liberte de l’arrangement et enfin de belles
etudes pour les Äpötres de Munich.
Apres la collection Bonnat il convient de citer les collections du baron Edmond
de Rotschild et du baron de Schickler.
Au point de vue des dessins d’Holbein, le Louvre ne saurait rivaliser ni
avec le Musee de Bäle, ni avec la Bibliotheque de Windsor. II possede cependant
outre une belle etude de mains pour le portrait d’Erasme une des plus belles
esquisses originales du maitre bälois: l’esquisse du Triomphe de la Richesse et
de la Pauvrete qui devait decorer le Stahlhof ou Steelyard des marchands alle-
mands de Londres. On sait que les «Trionfi» de Petrarque avaiant popularise
ces themes allegoriques: on peut rapprocher de l’esquisse d’Holbein le triomphe
de Cesar de Mantegna ou le Char de triomphe de Maximilien de Dürer. Puisque nous
parlons de l’art allemand en France, il n’est pas hors de propos de rappeier ici que
y La reproduction des dessins de la Bibliotheque Nationale dans le recueil de Lippmann
est incomplete. On n’y trouve ni la celebre etude pour la tete de la Vierge ni les deux etudes
de jeunes gar(;:ons reproduites dans Soldan et Riehl, no. 19, 31, 74.
Reau. L’art allemand dans les Musggs frangais
265
Igs dGUX CGlGbrGS sghgs dG gravurGS sur bois d’HolbGin: Igs Scghgs dG TAnciGn
tGstaiTiGnt Gt Igs «SimuladirGs dG la Mort» qu’on appGÜG communGmGnt la DansG
macabrG ont gIg GditGGS non pas Gn ÄllGmagnG, mais Gn FrancG, ä Lyon, diez Igs frcrGS
TrGchsGl avGC dGS vGrs frangais dG GüIgs CorrozGt.
Parmi Igs maitrGS dG moindrG cnvGrgurG qui sont rGprGSGntGS par dGs dGSsins
dans Igs collGctions frangaisGS, je citGrai pour finir H. Baidung GriGn^). Lg LouvrG
possGdG un dGS plus bGaux dGSsins du maitrG strasbourgGois. C’Gst un dGssin ä la
plumG rGhaussG dG blanc sur un fond vGrt qui rGprGSGntG la TGntation dG S* ÄntoinG:
unG viGÜlG sorcicrG aux sGins flasquGS fait surgir dGvant rGrmitG qui fait un gGstG de
dGtrGssG unG bcllG fillG nuG. Malgrc l’autoritG dG M. dG TcrGy, on SGrait plutöt tGntG
d’attribuGr CGttG admirablG composition , qui proviGnt du kgs GattGaux, au gcniG plus
mälG Gt plus vigourGux dG M. GrunGwald.
En rGvandiG 1g Musgg Municipal dG S* GGrmain Gn LayG ä acquis Gn 1876 avGC
1g kgs DucastGl unG iete dG fGmniG laurGG qui Gst CGrtainGmGnt dG la main dG Baidung
GriGn^). On rGConnait aisGmGnt dans cgüg figurG de bourgGoisG placidG l’influGncG du
stglG dG DürGr. Baidung s’Gst inspirc visiblGUiGnt des GstampGS dG son maitrG tcllGs
quG la GrandG Fortune ou l’EnlGVGmGnt d’Arnymone dans cg profil au decoupage
un pGU SGC.
En poursuivant rnGthodiguGment cgüg enquetG, il serait aisG de complGter la liste
des Oeuvres de l’Ecole allemande qui sont passees en Frances. Mais le seul but de
CGttG Gtude, qui n’a evidemment pas la pretention d’epuiser le sujet est d’orienter
quelque peu Igs travailleurs et de provoquer de nouvelles rediGrcliGS dans le fonds encore
si mal GxplorG des Musggs provinciaux. Puissent ces indications sommaires sur Igs
tableaux Gt Igs dessins de TEcole allemande eveiller dans une faible mesure la curiositG
des savants et des collectionneurs en faveur de l’art allemand qui n’a ni dans nos
travaux ni dans nos collections la place qu’il merite.
y Cf. G. von Terey: Handzeichnungen von H. Baidung Grien. Straßburg. 1894.
2 P. Leprieur. Bulletin des Musees. 1894.
Charakterköpfe des Secento
i.
MÄSSIMO STANZIONI
Von Hermann Voss
Keiner der Vorwürfe, die das verflossene Jahrhundert gegen die ihm fremd ge-
wordene Kunst des italienischen Secento erhoben hat, entbehrt so der Berechtigung
wie jener, es habe damals eine allgemeine Vermischung der Lokalschulen und Lokal-
kunstcharaktere stattgefunden. Wohl ist es wahr, daß die Einflüsse hin- und her-
gespielt haben, daß Bologna auf Rom, dieses auf Neapel gewirkt hat, allein schon das
Quattrocento — vom Cinquecento zu schweigen — kannte Vorgänge dieser Art —
man erinnere sich der Einwirkung Donatellos auf die Kunst von Padua, aus der Man-
tegna hervorging, der seinerseits die venezianische Kunst aufs stärkste beeinflußt hat.
Nicht richtig ist dagegen, was von einer durchgehenden Vermischung der landschaft-
lichen Charaktere behauptet worden ist: wenn wir heute einen florentinischen und
einen bolognesisdien Secentisten nicht mit der gleichen Sicherheit voneinander zu
scheiden wissen wie etwa einen quattrocentistischen Umbrier von einem Florentiner,
so liegt das nicht daran, daß dort tatsächlich weniger Unterschiede vorhanden wären,
sondern an unserer mangelhaften Fähigkeit, uns in diese späteren Werke einzufühlen.
Wie sehr die landschaftlichen Besonderheiten bis ins Secento bestehen blieben, dafür
gibt es ein charakteristisches Beispiel: die Schule von Siena. Wie groß war doch die
Gefahr für die kleine, sehr in den Hintergrund gedrängte Stadt, eine bloße Kolonie
von Florenz oder auch von dem weithin wirkenden Rom zu werden! Aber Rutilio
Manetti, der in seiner Ruhe auf der Flucht (S. Pietro alle Scale) eines der schönsten
und reinsten Kunstwerke der ganzen Periode schuf, ferner der heitere Franc. Rustici,
die Ventura und Arcangelo Salimbeni, die Vanni und andere haben so sehr ihren
eigenen Ton, wie nur irgend ein sienischer Trecentist — die ganze Sieneser Schule
bildet bei all den Einwirkungen, die sie von außen erfuhr, eine in sich geschlossene,
unbezweifelbare Einheit.
Und wieviel mehr haben im 17. Jahrhundert diejenigen Schulen ihren eigenen
Charakter, die in eben jener Epoche ihren Höhepunkt erreichten oder sich damals erst
aus wenig bedeutenden Anfängen heraus zur Blüte entwickelten! Im besonderen denkt
man hier an die neapolitanische Schule, die früher stark von Toscana einer-, den Nieder-
landen andererseits beherrscht, auch jetzt noch fremde Einflüsse aufnimmt, aber neben
den Schülern der Römer und Bolognesen eine Schar von Künstlern aufweist, die völlig
ihr eigenes Gesicht zeigen. Ja, man geht nicht zu weit, wenn man in den Werken,
die damals Domenichino und Guido Reni in Neapel schufen, bereits Rückwirkungen
jener Malerschule auf die Großmeister des italienischen Nordens konstatiert. Noch viel
mehr gilt das von dem Bolognesen Lanfranco, der lange und viel in Neapel gearbeitet
hat und unter dem Eindruck jenes freieren und bewegteren Daseins seinen Dekorations-
Voss. Charaktcrköpfc des Sccento
267
Stil ins Maditvolle, wenn man will, Rohe, Sinnliche umbildete und als ein anderer
nach Rom zurüd^kehrte.
Ihren eigentlichen Kulminationspunkt erreicht die Schule in zwei stark von-
einander verschiedenen Charakteren, die zu den eigenartigsten der Zeit gehören:
Salvator Rosa und Luca Giordano. Zwei völlig entgegengesetzte Naturen! Der eine
ein Poet, aber keiner, der die Poesie wie Claude Lorrain in weltabgeschiedener Stille
fände, sondern einer, der sehr handfest zugreift, wo das Leben in seiner ganzen
Sinnlichkeit gegenwärtig ist, gleicherweise ein Landschafter und ein überaus origineller
Figurenmaler, einer der alles kann und freilich lebenslang in allem ein arger Dilettant
geblieben ist. Nicht so der andere. Luca Giordano ist kein Poet, sondern nur ein
sehr begabter Dekorateur; die Stimmung, die von seinen Sachen ausgeht, ist besten-
falls die strahlende Heiterkeit des Südens, gelegentlich, wenn er gut inspiriert war,
sehr sprechend getroffen, aber auf die Dauer doch leicht monoton erscheinend. Deko-
rativ sind seine Bilder und in noch höherem Maße die Fresken — eigentlich immer —
das Schwächste von seiner Hand mag öde und ausgeschrieben erscheinen, man hat
doch nie das peinliche Gefühl, daß der Künstler in Verlegenheit war, wie eine auch
noch so schwierige oder (schlimmer noch!) gleichgültige Aufgabe anzugreifen sei. Er-
staunlich ist seine sichere Handhabung eines völlig eigenen Kolorites. In allem, was
Komposition, Figuren, Lineament, Helldunkel anlangt, ist Pietro da Cortona das Vorbild
des Fa presto (und gewiß überstrahlt der Meister seinen Schüler weit an Genie), aber
in der Farbe ist der Neapolitaner völlig originell und völlig neapolitanisch. Diese
breiten Ströme gelblich gefärbten Lichtes, die er in seine Bilder hineinschickt, diese
wollüstigen Halbtöne, aus denen hie und da ein Stück rosigen Fleischtones hervor-
leuchtet, und zu dem dann eine Flut strohblonden Haares und ein sattes samtenes
Blau gestimmt ist — wahrer, empfundener ist das Licht und die Farbe ides Südens
nie gemalt worden, vor allem nie mehr aus dem Genius jenes Volkes selber heraus.
Es ist ein merkwürdiges, ja bizarres Schauspiel, in jene sonnentrunkene Welt
die freudlose, finstere Erscheinung des Spaniers Ribera eintreten zu sehen. Das Secento
ist ja reich an solchen sonderbaren, dramatischen Kontrasten: in Rom haben die
Carraccesken ihr Widerspiel in der Richtung des Caravaggio, in Florenz steht dem
vielgeliebten und noch mehr gehaßten Salonbildmaler Dolci der Mann mit der derben
Affrescatore-Faust gegenüber: Giovanni da S. Giovanni, und in Bologna erhebt sich
gegen den formvollen, aber konventionellen Katholizismus der Reni und Albani die
zur Ekstase und Mystik neigende glutvolle Religiosität eines Giuseppe Crespi. Aber
der Mann der stockschwarzen Finsternis, des eisigen Schweigens, des saftlosesten,
rein deskriptiven Naturalismus in dieser Welt des Lichtes (das damals in der Kunst
erst wurde), unter diesen passionierten Schwätzern und Musikanten — das ist doch
wohl vom Sonderbaren das Sonderbarste.
Und dieser Spanier stand in Neapel keineswegs isoliert da. Zwar war in
seinem Charakter viel rein Spanisches, das sich in jener italienischen Umgebung nicht
restlos auflösen konnte, aber seine Art machte Schule, er wurde — wie alles in Italien,
das gefällt — nachgeahmt. Unter denen, die ihm künstlerisch nahe stehen, ist der
18
268
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Bedeutendste und Selbständigste Massimo Stanzioni. Er ist durchaus kein Ribera-
schülcr; der neapolitanische Vitensdireiber De Dominici weiß überhaupt nichts von
irgend einem Verhältnis Stanzionis zu Ribera, sondern nennt als seinen Lehrer den
mittelmäßigen Porträtisten Fabrizio Santafede, die Artemisia Gentileschi, die Carracci
und Guido Reni — aber keinem dieser Namen entspricht Massimos Kunst wie dem
einen des Spagnoletto. Es ist unschwer, bei Stanzioni Anregungen von den genannten
Künstlern zu begegnen^), aber, um es so zu sagen: das künstlerische Temperament,
durch das bei ihm diese Anregungen hindurch passieren, ähnelt stark dem des Spaniers.
Mit ihm hat er gemein das starke Helldunkel, die Neigung zu neutralen, wenig kräf-
tigen Farben, eine gewisse Dürftigkeit des Bildes an Akzessorischem, das besonders in
Neapel überraschend wirkt und den erwähnten De Dominici zu der Behauptung brachte,
der Cavaliere habe, um die vornehmen Allüren seiner Frau befriedigen zu können,
mehr gemalt, als gut war; dabei sei er zwar niemals in sträfliche Oberflächlichkeit ver-
fallen, habe sidi aber bei jedem Bilde mit möglichst wenigen Figuren und Dingen
begnügt.
Also Armut der Erfindung, nicht Flüchtigkeit! Vielleicht ist de Dominici doch im
Irrtum, wenn er so argumentiert. Es begreift sich, daß ihm als Neapolitaner der spä-
teren Zeit die große Zurückhaltung Massimos nicht mehr lag, daß sie ihm als Schwäche
erschien (unser heutiges Urteil lautet anders), und so legte er sich die Geschichte mit
der Putz- und Vergnügungssucht seiner Frau zurecht. Die Wahrheit ist, daß Stanzioni
freilich, selbst neben den Spanier gehalten, dessen Feld begrenzt genug war, etwas
Dürftiges, Mageres hat; seine Sachen wirken nicht sehr, aber sie gehören — ein seltener
Fall in Neapel zu denjenigen Dingen, die bei näherer Beschäftigung gewinnen. Der
Künstler ist immer gewissenhaft (wie de Dominici eigens anerkennt), niemals flüditig,
niemals roh; so war es denn auch leicht für die anderen, ihn mit Effektvollem und
Grellen zu übertönen. Daher wird es sich erklären lassen, daß der zu seiner Zeit
durchaus geschätzte Meister dodi auf die Länge etwas in den Hintergrund geriet —
in Deutschland ist er schon deshalb eine persona incognita, weil wir kaum Bilder von
ihm haben und er in unseren Kunstbüchern mehr oder weniger ignoriert wird.
Wie soll man auch werben für einen Künstler, dem gerade das Mitreißende,
Geniale abgeht, der durch das Stoffliche niemals reizt oder interessiert und der ge-
rade in dem, was er meisterhaft beherrscht, dem Empfinden der Zeit so unendlich
ferne steht?
Denn worin Massimo vor allem bedeutend ist, das liegt heute nur wenigen:
wer interessiert sich für den heiligen Emidius, wer für den heiligen Bruno, den heiligen
Antonius? Ja, wären die Geschichten dieser Personen vorgetragen von dem Pinsel
eines Trecentisten, in dessen rührender künstlerischer Simplizität (wie man das so nennt)
eine Gewähr der „Echtheit“ des religiösen Empfindens enthalten zu sein scheint! Aber
^) Über die Stellung zu Reni später. Von Carracci zeigt er sich in der Pieta von S. Mar-
tino angeregt: Haltung und Modellierung des Leichnams Christi entspredien außerordentlich dem
(neuerdings bezweifelten) Bilde der Pieta, das in mehreren Exemplaren (Rom, Doria, Neapel,
Museo Nazionale u. a.) vorkommt.
Voss. Charakterköpfe des Secento
269
] Äbb. 1. MÄSSIMO STANZIONI: Bacchusfest
■ Madrid. Prado □
i
i dem Katholizismus des 17, Jahrhunderts begegnet man mit ausgesprochenem Mißtrauen
und (unausgesprochener) Äntipathie. Man hält ihm allenfalls die vollendete Form und
I eine gewisse leicht hysterische Ärt von Schwärmerei zugute; eine einfache, unpathe-
tische Religiosität im Sinne verflossener Jahrhunderte wird ihm nicht zugetraut.
Wer sich bestrebt hat, liebevoll in eine Persönlichkeit wie Stanzioni einzu-
dringen, kann so allgemein gefaßten Urteilen unmöglich beistimmen. Man sehe seinen
hl. Bruno in der Certosa S. Martino zu Neapel: eine schlichte, ganz unpathetische
Mönchsfigur zwischen sechs Brüdern aufrecht dastehend; nur einen Kontrast hat das
Bild: das Stehen des Heiligen und das andächtige Niederknien der Mönche — im
übrigen nichts, was die ergreifende Einfachheit dieses siebenmal gebrachten weißen
Ordenkostüms, dieser sieben glatt geschorenen Häupter störte. Und dabei könnte man
nicht einmal sagen, daß absichtvoll nach Schlichtheit oder hieratischer Feierlichkeit ge-
strebt wäre — innerhalb der besdieidentlich und taktvoll gezogenen Grenzen ist so
viel malerische Feinheit, so viel Abtönung des Ausdruckes der Andacht gegeben, wie
sie die Zeit nun einmal verlangte.
Stanzioni hat für den eigentümlich weltfremden und doch freudigen Geist dieser
Karthäuserbilder einen eigenen koloristisdien Ausdruck gefunden: er gibt ein ganz
helles, silbriges Weiß, stimmt es zu einem leichten Grauschwarz (das Riberesker Ab-
stammung ist) und stellt zu diesen beiden Tönen eine bläuliche Landschaft als Grund.
So ist es wie in dem Bilde der Certosa, besonders in dem noch silberneren des
270
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Neapler Museums gehalten, wo der Heilige in seinem Ausdruck der Entrücktheit ihm
so ganz glaubhaft und so fein differenziert gelungen ist, daß gerade wir Modernen hier
persönlich sehr stark interessiert werden müßten.
Es ist bekannt, daß die Themen, die man den Künstlern damals in Ändachts-
bildern stellte, nicht immer sehr erfreulicher Art waren. Auch Stanzioni, wenn er den
hl. Emidius darzustellen hatte, der den Segen der hl. Trinität auf Neapel herabfleht
(S. Trinitä de’ Pellegrini), mußte spüren, daß das ein spröder, unfruchtbarer Stoff war
— und doch, hätte er
nur diesen einen, hin-
reißend ausdrucks-
vollen Kopf des
knienden Bischofs
gemalt, der beide
Arme fürbittend aus-
streckt, das Bild
würde uns schon
innerlich zu beschäf-
tigen haben. Wir
deuteten an, daß der
Künstler bei aller
Einfachheit dodi kei-
neswegs als ein
Archaist erscheint,
selbst da nidit, wo
er die Mittel der
Darstellung so aufs
äußerste beschränkt,
wie etwa in einer
Madonna del Rosario
im rechten Quersdiiff
von S. Lorenzo, in
der er alles himm-
lische Geleit wegge-
lassen hat, und die
Hbb. 2. MASSIMO STANZIONI zugesdirieben
Die Naturkunde □
□ Dresden. Königl. Gemäldegalerie
Szene, wie die Mutter
Gottes dem scheuen
Mönche den Rosen-
kranz spendet, in
ihrer ganzen Mensch-
lichkeit wirken läßt.
Und wie erfreut in
diesem Bilde doch
wieder die Naivetät,
mit der ein Reigen
nackter Engelchen zu
Häupten der Maria
sein Wesen treibt!
Nur ungern
schreitet man von sol-
dien Darstellungen
des bloßen Daseins
oder ganz einfacher
Handlungen zu den
komplizierteren Sze-
nen. Man sieht deut-
lich in Werken wie
dem „Abendmahl“
im Chor von S. Mar-
tino, daß es ihm
schwer fiel, dramati-
sdie und vielfigurige
Bilder durchzuführen; es ist alles ganz gut erdacht, aber steht dodi ohne rechten
Zusammenhang nebeneinander. Besser sind vielleicht die bozzetti zu den großen
Bildern, wenigstens gilt das von der Skizze zu einer „Hochzeit von Cana“,
die man in der Sakristei von S. Filippo Neri sieht, wo einmal die trockene, echt
ribereske Technik interessiert, die wohl auf die späteren Dekorationsmaler Eindruck
gemacht hat, daneben aber auch das Motiv der zum Mittelgrund hinaufführenden
Treppe als architektonisch wirkungsvolles Motiv bemerkenswert ist.
Neben dem Gebiete des Religiösen steht das der Mythologie für Stanzioni in
zweiter Linie. In einem Bacchanal, das er für den König vnn Spanien malte (heute
Voss. Charakterköpfe des Secento
271
1
i
I
im Prado), geht es nicht allzu bacchantisch zu, aber man hat Grund, sich wenigstens
über die Vielseitigkeit des Künstlers zu wundern und anzuerkennen, wie weit er in
der Darstellung weiblicher Grazie Ribera übertrifft. Nannte man ihn doch zu jener Zeit
geradezu den „Guido Reni von Neapel“! Andererseits konnte es ihm in einer (sig-
nierten) Sibylle der Galleria Doria zu Rom zustoßen, daß statt idealer mythologischer
Stimmung naturalistische Gemeinheiten sidi breitmachen und das begeisterte prophetische
Aufsehen, wie es etwa Domenichino gibt, zu einem blöden Erstaunen wird.
In den deutschen Galerien ist Stanzioni, wie gesagt, kaum vertreten, — in
Dresden wird ihm seit 1812 eine Allegorie der Naturkunde zugewiesen, die im Galerie-
werk als Domenichino wiedergegeben worden ist, allein die Zuschreibung erscheint
mir durchaus unhaltbar. Das interessante, hieneben reproduzierte Bild, das weder mit
Hbb. 3. MÄSSIMO STANZIONI: Santa Agata
Neapel. Museo Nazionale □
272
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 4. MÄSSIMO STÄNZIONI: Susanne und die beiden Älten
Frankfurt a. M. Städelsdies Institut □
der neapolitanischen, noch mit der römischen oder bolognesischen Schule etwas zu tun
hat, erweist sich jedenfalls als abhängig von späteren Venezianern, besonders von
Paolo Veronese, an den das Kostüm, zumal die Partie um die Brust, aufs lebhafteste
erinnert. Auch die Stanzioni ganz fernstehende Behandlung des Fleisches und das
weiche Helldunkel, ferner das Stilleben weisen nach Venedig. Einen bestimmten
Meister weiß ich nicht zu nennen.
Dagegen besitzt das Städelsche Institut zu Frankfurt unter dem Namen des
Spagnoletto, neuerdings mit ?, ein Meisterwerk Massimos. Es ist das eindrucksvolle
große Bild „Susanna und die beiden Alten“. Wohl nur, weil die deutschen Galerien
kein Vergleichsmaterial bieten, wurde der wahre Urheber des Bildes nicht erkannt.
Zur stilistischen Analyse besonders geeignet erscheint uns die Halbfigur der hl. Agata
im Museo Nazionale zu Neapel. Schon der Typ der Frau ist hier und dort der
gleiche: breit, mit niederer, aber großer Stirn, von ganz gleidi angeordneten schwarzen
Haaren umgeben; charakteristisch die Form des Mundes, die Augen, der weich gegen
die Schultern absetzende Nacken. Man halte ferner Bewegung gegen Bewegung, man
verfolge die für Stanzionis Schönheitssinn bezeichnende flüssige, elastisdie Linie der
Schultern und Arme, weiter die fleischigen, stark vorgewölbten Hände mit den rund-
lichen Fingern, man beachte malerische Eigentümlichkeiten wie die dünn beginnenden,
dann anschwellenden Schatten.
Voss. Charakterköpfe des Secento
273
Äbb. 5. GUIDO RENI: Susanna und die beiden Älten
Florenz, Uffizien □
Zur Vergleichung des Nackten eignet sich noch besser das erwähnte Bacchanten-
fest in Madrid. Audi für diarakteristisdie Gewandmotive des Frankfurter Bildes findet
man hier sprechende Analogien, z. B. für das über Susannens Arm gelegte Gewand
in einer weiblidien Gestalt ganz rechts; die Haltung des vorderen Greises ähnelt der
einen Figur ganz links in Madrid: Vordrängen des Oberkörpers, Zurückstellen des
einen und Vortreten mit dem anderen Fuße. Die Art, wie sich die Hände Susannas
und des einen Greises berühren, entspricht der Handberührung zweier Bacchantinnen
ganz rechts auf dem Bilde im Prado. Im Helldunkel sind gleichfalls viele Berührungs-
punkte vorhanden: tiefe, oft strichartig sdiarf absetzende Schatten, starke Helligkeiten
unmittelbar neben tiefen, schwarzen Stellen: wie der rechte Arm der Susanna grenzt
der linke einer rechts vorn knienden Bacchantin direkt gegen die Dunkelheit — man
achte auch auf die weiche, feinempfundene Biegung, in der die Begrenzungslinie
verläuft.
Unser Frankfurter Bild hat in einem anderen, vielleicht noch bekannteren sein
unverkennbares Vorbild. Es ist Guido Renis Darstellung des gleichen Gegenstandes
in den Uffizien (Replik in der National Gallery, London). Man vergleiche die Kompo-
sition, die Bewegungen und Typen der beiden Alten, selbst ihre Gewänder, weiter die
Armhaltung der Susanna, den Blick usw. Es ist kaum anders zu interpretieren: Mas-
simo kannte jenes Gemälde Guidos, und somit möchte es mit der für uns etwas sonder-
baren Bezeichnung „Guido Reni von Neapel“ doch noch in anderem Sinne seine Rich-
tigkeit haben. Es ist aber für den Neapolitaner und Riberesken bezeichnend, wie er
sich den Bolognesen zurechtlegt. Zunächst erweiterte er alles; aus den Halbfiguren
274
Monatshefte für Kunstwissenschaft
werden ganze Gestalten, und dabei ist ihnen innerhalb des Rahmens auch noch mehr
Spielraum gelassen. Durch solche Veränderungen gewann Stanzioni die Möglichkeit,
die Bewegungen deutlicher und schärfer auszubilden; man erkennt besser das Wider-
streben der Susanna, das Vordringen des vorderen Alten, die Überredungsversuche des
anderen. Damit nicht zufrieden, verstärkte der Neapolitaner alle Motive: Susannens
Oberkörper weicht schaudernd zurück, der Kopf wendet sich jäh zur Seite, die Äugen
blicken scharf auf die Verfolger, und während die Linke ängstlich das Gewand an den
Körper drückt, wehrt die Rechte die zudringliche Hand, die einen Zipfel davon ergreift,
von sich ab. Ganz außerordentlich ist, was der Ausdruck des Antlitzes an Intensität
gewonnen hat; audi der vordere Alte ist nicht wie bei Guido halb nachdenklich, son-
dern ganz gespannte Lüsternheit; wirkungsvoll erdacht wurde die Verkürzung, in der
der Kopf des zweiten Greises erscheint. Auch die Rechte, die der vordere warnend
gegen das Kinn erhebt, ist mahnender, sprechender geworden.
Eine starke Resonanz findet das Geistige des Bildes in dem Charakter des Kolo-
rites. Kräftige Lokalfarben sind, wie gewöhnlich bei Stanzioni, nicht vorhanden, selbst
die am meisten sprechenden Töne, das Olivgelb und Weinrot des ersten Greises, sind
nicht sehr stark. Wundervoll weich und goldig das Karnat der Susanna, freilich immer
mit jenem graulidien Anflug, der für den Meister bezeichnend ist, ausgesprochen grau-
weiß das Gewand, an dem der eine Alte zerrt. Riberesk dunkel der Grund. In Vor-
trag, Formenspradie, Kolorit ebensoviel Anklänge wie Abweichungen vom Spagnoletto.
Der Stoff der Keuschheit Susannens ist, wie sein Gegenstück: Joseph, den
Lockungen von Potiphars Weib widerstehend, ein Lieblingsthema des Secento, in
Italien wie im Norden. Es sind damals hervorragende Kunstwerke dieses Gegenstandes
entstanden, und um ihrerwillen würde es sich lohnen, einmal alles im Ganzen zu be-
trachten, wie es für einen einzelnen Künstler des Nordens, Rembrandt, bereits geschehen
ist. Eine parallele Darstellung der Verkörperung, die das Thema im Süden und der,
die es in den nordischen Ländern fand, könnte zur Erkenntnis der künstlerischen Ge-
meinsamkeiten und Verschiedenheiten hier und da im Secento von Nutzen sein. Auch
für die Richtigkeit der eingangs behaupteten starken lokalen Abweichungen innerhalb
Italiens könnte sich mancherlei dafür ergeben — gerade in unserem Falle, wo der
Neapolitaner an den Bolognesen anknüpft, ist der Abstand mit Händen zu fassen: er
ist keineswegs nur individuell, sondern greift über das Persönliche weit hinweg in all-
gemeine Fragen des Volkstumes über.
Di una Madonna del Badiiacca attribuita a Raffaello
di Giovanni Poggi-Firenze.
La tavoletta die qui si pubblica^), ritrovata nel 1875 a Carpenedo in una casa
di artigiani, e posseduta ora da monsignor Giacomo Bertoldi in Äsolo-Veneto. Nelle
gazzette del tempo fu giudicata opera della prima maniera di Raffaello o, almeno,
«lavoro pregevolissimo della sua scuola»"). II Morelli invece Fattribuiva, meglio che
a Raffaello, al fiorentino Francesco Ubertini detto il Bachiacca: «Un piccolo quadro
die podii anni fa si trovava in possesso del prete don Giacomo Bertoldi a Carpenedo,
presso Mestre, da lui tenuto per un Raffaello Sanzio, consenzienti alcuni amici dell’
arte di Venezia. In quel quadro . . . . la composizione e di un artista ancora ine-
sperto, I’atteggiamento della Vergine ricorda la scuola perugina, mentre il paesaggio
e la scala dei colori ridiiamano giä vivamente il Franciabigio».’^) Ma l’opinione del
Morelli, con cui del resto consentirono tutti i conoscitori, restö quasi ignorata dal
pubblico. Lo stesso possessore del quadro volle dimostrare l’attribuzione a Raffaello
con un apposito libro.^) Di recente, i giornali hanno ripreso a parlare di un Raffaello
sconosciuto ed inedito, e un artista genovese. Franco de Ämicis, ha pubblicato uno
Studio critico su «Raffaello Sanzio da Urbino e la sua madonna della Missione che
si conserva in Äsolo-Veneto nella Raccolta Bertoldi».^) Mi e parso perciö opportuno
ravvivare il ricordo dell’ opinione autorevole del Morelli, adducendo a sostegno alcuni
fatti e considerazioni nuove.
* *
*
Un semplice sguardo al quadretto di Asolo basta, per chiunque abbia familiaritä
con la pittura fiorentina del primo Cinquecento, a provare la veritä delle considerazioni
esposte dal Morelli. La composizione, il tipo della Vergine e del bambino Gesü, il
modo con cui e trattato il paesaggio e sono dipinti gli alberi le rocce e le piccole
figure del fondo, la tonalitä fredda del colorito, una certa grossolana rozzezza nella
disposizione delle pieghe, tutto indica chiaramente e suggerisce il nome dell’ Ubertini.
Il confronto con una tavoletta del Bachiacca — ritrovata di recente nei magazzini
della galleria degli Uffizi ed esposta nella prima sala Toscana — convincerä i piü restii.
q Su legno di pioppo, alta O. 28 larga 0. 21.
2) Cfr. la Gazzetta di Venezia del 21 Aprile 1875.
I. Lermolieff, Kunstkritisdie Studien über Italienische Malerei: Die Galerien
Borghese und Doria Panfili in Rom, Leipzig, 1890, p. 132—133. Dell’ ediz. ital. di U Hoepli»
Milano, 1897, cfr. la pag. 99.
q G. Bertoldi, Di una nuova tavola di Raffaello, Asolo, 1897, pp. 224.
F. de Amicis, Raffaello Sanzio da Urbino e la sua madonna della Missione
die si conserva in Asolo-Veneto nella raccolta Bertoldi, Genova, 1906, pp. 53.
ÄSOLO VENETO. Madonna della
Missione attribuita a Raffaello □
FIRENZE, R.Galleria degli Uffizi: Badiiacca, Tarcangelo
□ Raffaele e Tobiolo d
BERLINO, Kaiser Friedrich-Museum
Bachiacca, Battesimo di Cristo □
Poggi. Di una Madonna del Bachiacca attribuita a Raffaello
277
Badiiacca, La Madonna col bambino, s. Elisabetta e il Badiiacca, La Madonna col bambino, s. Elisabetta
Battista Battista
278
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
FIRENZE, presso il conte Niccolini □
ßadiiacca, La Madonna col bambino, s. Elisabetta e il Battista
Poggi. Di una Madonna del Badiiacca attribuita a Raffaelo
279
La testa dell’ arcangelo Raffaele a pena svaria dalla testa della Vergine nel quadro
di Äsolo; le Stoffe sono piegate e disposte nella stessa maniera; il paese e le piante,
dal fusto esile e dai rami sottili, concordano pienamente; persino il colore, nel cielo,
e posato a piccoli e grassi tocdii longitudinal!, die sembrano striature. Aggiungerö
die la figura di Elisabetta, inginocdiiata allato della Madonna, ricompare identica nel
Battesimo di Cristo del Kaiser Friedrich-Museum di Berlino e, precisamente, nella
vecdiia die e terza nel gruppo di cinque figure alla sinistra di chi guardi il quadro.
Questo Battesimo
e ricordato tra le
opere del Badiiacca
nelle Vite di Giorgio
Vasari.^) Ma la
piccola composi-
zione di Äsolo, die
per la grazia pia-
cente dovette go-
dere il favore dei
contemporanei , fu
ripetutadallo stesso
Badiiacca piüvolte,
e il caso mi ha f atto
conoscere, negli Ul-
timi tempi, tre di
quelle replidie. In
un grande quadro
posseduto in Fi-
renze dal conte
Umberto Serristori,
si notano leggiere
varianti nel gruppo
composto dalla Ver-
gine, dal bambino
e dal piccolo Gio-
sizione, in una tavola posseduta dal conte Niccolini.
BÄCHIÄCCÄ, Madonna
col bambino e s. Giovannino
(giänella raccolta Doetsdi)
vanni: del tutto di-
versa e la figura di
Elisabetta e, nel
fondo di paese,
sotto la rupe di
sinistra, sono alcuni
pastori che guar-
dano un gregge,
sdiizzati con quella
spiritosa vivezza
die il Vasari loda.
Un secondo qua-
dro, pure in Firenze
presso una famiglia
privata , ripete un
, po’piü grossamente
la Madonna Serri-
stori, variando sol-
tanto il gruppo di
piccole figure nel
fondo. Una terza
volta, e in un tem-
po,a giudicaredallo
Stile, piü tardo,
il Badiiacca ripete
la stessa compo-
paese e del tutto diverso.
con ardiitettura nel fondo, le carni, le pieghe, i capelli sono trattati con durezza
quasi metallica; il piccolo Giovanni non e seduto di profilo in terra ne accenna
con il braccio destro al divino infante, ma, voltato quasi di faccia, spiega con le due
mani un rotolo ove e scritta la profezia Ecce Ägnus Dei. La figura del Battista,
che ricorda assai nella posa il putto sostenuto dalla madre su un piccolo rialzo di
q Vasari, Vite, ed. Milanesi, VI, 455, «Similmente nella giä detta anticamera di G.
M. Benintendi fece due quadri molto belli di figure piccole; in uno de’ quali e il Battista die
battezza Gesü Cristo nel Giordano».
280
Monatshefte für Kunstwissenschaft
terra nel Battesimo di Berlino, si ritrova in un altro dipinto del Bachiacca, — una
Madonna giä nella raccolta Doetsch — dove il gruppo principale e derivato dalla
Madonna raffacllesca del divino Ämore^) Questa Madonna Doetsch mi sembra con-
temporanea o di poco posteriore alla terza delle repliche del quadretto di Asolo che
ho ricordato. Altre, suppongo, se ne ritroveranno dopo questa notizia. Ad ogni modo,
quanto ho detto e piü che sufficiente a convalidare la giustezza dell’ attribuzione del
Morelli e varrä a togliere definitivamente, alla Madonna di Asolo, il nome di Raffaello.
Coloro che nell’ entusiasmo della prima scoperta lo pronunciarono, ignorando proba-
bilmente perfino l’esistenza del fiorentino Bachiacca, meritano ogni scusa: il nome del
gradne artista fu confuso con quello dell’ Ubertini assai spesso; basti ricordare lo
squisito ritratto di giovinetto che e al Louvre e la «Vierge au sein» giä posseduta
dal prof. Nicole di Losanna.^)
1) Catalogue of the Collection of Pictures bg old Master of H. Doetsch esq.,
London, 1895, num. 109, pag. 32; tavola alta 0. 61 larga 0. 48.
2) Tra le opere del Bachiacca attribuite ad altri autori mi piace ricordare la Maddalena
della Galleria Pitti, (num. 102) creduta di Hurelio Luini. 11 primo a proporre il nome del Bachiacca
fu B. Berenson, The florentine Painters of the Renaissance, 1901, p. 102: e di recente,
ripulito il quadro dalla sporca vernice che ne falsava il colore, sono apparsi anche piü evidenti
i caratteri dell’ arte del Bachiacca.
Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
Von Kurt Preise (Haag)
Die Ankäufe der Galerien Hollands pflegen sich auf Werke der nationalen
Kunst zu besdiränken und vollziehen sidi meist in aller Stille. Nur im vergangenen
Jahre wurde durch das in Frage stehende Objekt und durch die für den Staat etwas
schwierigen Kaufsbedingungen die Sache schon vor Abschluß der Verhandlungen auch
in weiteren Kreisen besprochen. Zum Teil war das aber auch die Folge eines Miß-
verständnisses: daß man im Ausland nämlich zuerst glaubte, es handele sich um die
Erwerbung der ganzen Sammlung Six in Amsterdam durch den holländischen Staat.
Der wirkliche Sachverhalt über den Ankauf der 39 Gemälde der Sammlung Six-van
Vromade ist jetzt allgemein bekannt.
Im folgenden soll eine Übersicht über die Gemälde dieser Kollektion gegeben
und im Anschluß daran mögen auch die anderen Neuerwerbungen, sowohl des Rijks-
museums wie der übrigen Galerien Hollands, besprochen werden.
Das „Milchmädchen“ von Jan Vermeer van Delft (Abb. 1) stand und steht
natürlidi im Vordergrund des Interesses. Es passiert heute nicht mehr oft, daß Bilder von
seinem künstlerischen Werte und von einem Meister, dessen noch erhaltene Werke
sich fast an den Fingern abzählen lassen, überhaupt verkäuflich sind. Die Schätzung
dieser kleinen Leinwand bereitete daher keine geringen Schwierigkeiten. Die enorm
hohe Summe von rund 500 000 Gulden, die bezahlt wurde, erweckte bei vielen, die für
den materiellen Wert des Geldes ein durchschlagenderes Gefühl besitzen als für den ideellen
eines Kunstwerkes, Widerspruch. Und es gesellte sidi dazu noch die Erwägung, ob
die Staatskasse einer so außergewöhnlichen Forderung ohne Benachteiligung anderer
Budgets gewachsen sei. Es wurde auch eingeworfen, daß zur Charakterisierung der
Kunst Vermeers die in Amsterdam und im Haag befindlichen Gemälde des Meisters
völlig ausreiciiten. Im vorliegenden Falle aber war diese mehr kunsthistorische Frage
erst in zweiter Linie zu berücksichtigen. Hier durfte und mußte gekauft werden, schon
aus dem einen Grunde, weil das Bild „schön“ ist und weil es ganz unabhängig von
der Person seines Schöpfers — man kann wohl ohne Übertreibung sagen — Ewig-
keitswerte in sich birgt. Es geht von ihm ein seltsames Leben aus, das sich nicht
aus dem dargestellten Vorgang, dem einfachen Sujet erklärt, sondern allein aus dessen
künstlerischer Behandlung. Nur sie löst in dem Betrachter jene geheimnisvolle Wirkung
aus, schenkt einen so rein künstlerischen Genuß, der immer größer und nachhaltiger
wird, je mehr man sich in die Einzelheiten vertieft und sie in ihrer Bedeutung und
Wirkung gegenseitig und zum Ganzen abwägt. Man ahnt, fühlt, wie unendlich reich
ein äußerlich noch so unbedeutend erscheinendes Stück Leben sein kann, wenn ihm
ein sehender und empfindender Mensch gegenübersteht. Ist der zugleich Künstler,
so muß er sein Innerstes offenbaren und den anderen Menschen mitteilen. Ihm in
dieser schöpferischen Arbeit bis ans Ende folgen zu können, ist eine auch nicht leichte.
282
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 1. JÄN VERMEER VÄN. DELFT: Das Milchmädchen
Ämsterdam, Rijksmuseum □
nachschaffende Kunst für sich. Denn das große Geheimnis des Kunst -„Verstehens“
liegt in der Hauptsache darin, daß der Beschauer eines Kunstwerkes auch selber mit
der realen Natur seelisch vertraut ist — natürlich auf seine persönliche Ärt. Äus den
Werken der anderen (seien es nun Maler, Bildhauer, Dichter oder Musiker) zu
erkennen, wie die Natur, die Dinge, auf sie gewirkt haben, gibt außerdem noch
den Genuß, der in dem Erschließen einer reichen Künstlerpersönlichkeit liegt. Nicht
um quantitativ möglichst viel zu besitzen, nicht aus Sammelinteresse werden von einem
Künstler mehr als ein oder zwei Werke von den Galerien angekauft, sondern weil
aus jeder einzelnen Arbeit neue Züge wahrnehmbar werden und bei gegenseitiger
Vergleichung immer feinere und feinste Züge in die Erscheinung treten, die das einzelne
Werk für sich allein, vielleicht nicht erkennen läßt. Zieht man ferner aber auch die
entwicklungsgeschichtliche Stellung eines Bildes im CEuvre seines Malers in Betracht,
so steht für das „Milchmädchen“ fest, daß es zu Vermeers vollkommensten Schöpfungen
gehört. Schwächen, die man auf einigen seiner anderen Gemälde nicht leugnen kann,
finden sich hier nicht.
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
283
Seine ganze Schönheit freilich kann in keiner öffentlichen Galerie — noch
dazu von der Größe des Rijksmuseums — zur vollen Wirkung kommen. Die feine,
ruhig- beschauliche Stimmung, und dabei das geradezu monumentale Leben (wenn
man sidi vergegenwärtigt, wie das Mädchen dasteht, wie die Milch aus dem
irdenen Kruge herausgleitet, wie alles Beiwerk unbeabsichtigt natürlich und doch
bis aufs kleinste und unscheinbarste Stückchen mit Überlegung angeordnet ist):
das alles widerspricht dem „Betriebe“ eines großstädtischen Museums. Dazu kommt.
daß das Bild wegen
seiner Kostbarkeit
nach Möglichkeit
geschützt werden
muß, daß es unter
Glas gebracht ist,
vielleicht auch ein
kleines bißchen zu
tief hängt und direkt
von vorn beleuchtet
wird , anstatt von
der (linken) Seite.
Da nun der Be-
trachter immer zwi-
schen Fenster und
Gemälde steht, so
fällt auch noch ein
etwas störender
Schatten auf die
Bildfläche, Diese
— wohl vorläufige
— Placierung ist
äußerlich allerdings
bedingt; denn um
dies Hauptstück als
Mittelpunkt sollten
Äbb. 2. JUDITH LEYSTER: Der Lautenspieler
Ämsterdam, Rijksmuseum □
sich die übrigen
Bilder der en bloc
erworbenen Samm-
lung gruppieren.
Unter diesen
ist für das Rijks-
museum ohne Frage
das wichtigste der
„Lautenspieler“
von der Judith
Leyster (Abb. 2).
Es ist ein Bild, das
früher — wie die
meisten Werke die-
ser begabten Künst-
lerin — Frans Hals
selber zugeschrie-
ben wurde. Bode
dachte dann (Stu-
dien, Seite 102) an
Johannes Hals, bis
Hofstede de Groot
in Judith Leyster
die wirkliche Ur-
heberin fand und
gleichzeitig ihr noch
erhaltenes CEuvre zum ersten Mal zusammenstellte (Preußisches Jahrbuch, 1893)
Die Technik ist ja lange nicht so fein, der Strich des Pinsels nicht so spontan
wie bei dem Meister, Frans Hals. Die Farbe ist etwas zäher, und der Charakteristik
der Figuren haftet doch eine gewisse Spur von Modellpose an; etwa von der Art,
wie man sic in der Utrcchtcr Schule — nur stärker ausgeprägt — findet. Eigen-
tümlich ist die Beleuchtung von links unten durch eine nicht sichtbare künstliche
Lichtquelle. Ein Einfluß von Honthorst neben dem des Frans Hals ist wohl nicht
unwahrscheinlich. Zumal nicht nur bei diesem „Lautenspieler“ künstliches Licht ver-
wandt ist, sondern auch auf dem kleinen Bild im Haag „das verführerische An-
19
284
Monatshefte für Kunstwissenschaft
erbieten“.^) Oder sollte das vielleicht auf eine Wirkung der Lichtstudien des jungen Rembrandt
zurüchgehen?? — Das Bild trägt die Jahreszahl 1629. Aus diesem Jahre stammt auch
das andere, größere Gemälde derselben Künstlerin im Rijksmuseum; beide dokumentieren
sich dadurch als die frühesten der von ihr auf uns gekommenen Werke. Dem eigen-
artigen Monogramm fehlt in diesem Jahre zum L noch der untere geschwungene Quer-
strich, der hier in dem horizontalen geraden, in dem Stern endigenden Strich zu sehen
ist. Ebenso fehlt die obere Schleife, die die Monogramme der späteren Bilder haben
(mit Ausnahme des Haager Bildchens von 1631, dessen Monogramm aus drei Buch-
staben I, L und S
in steiler Antiqua-
Kapitalschrift be-
steht).
Die „Schlittschuh-
läufer“ , Bauern in
einem Interieur um
einen Kamin, von
Adriaen van
Ostade aus dem
Jahre 1656 haben
ein sehr feines Hell-
dunkel. Die einzige
Lokalfarbe liegt auf
der roten Weste des
zuvorderst im hell-
sten Lichte stehen-
den Bauern, der
auch kompositioneil
die wichtigste Figur
ist. Von ihm aus
gruppieren sich die
Abb. 3. GABRIEL METSU : Die Heringsverkäuferin
Amsterdam, Rijksmuseum □
übrigen Personen
nach dem Hinter-
gründe hin. Über
ihn hinweg wird
auch das von links
einfallende Licht,
indem es an Stärke
langsam abnimmt,
mit den Figuren in
die Tiefe geführt.
Gabriel Met-
sus „Heringsver-
käuferin“ (Abb. 3)
steht zwar hinter
manchem anderen
Werk von seiner
Hand an farbigem,
tonalem und kom-
positionellem Reiz
zurück. Es ist aber
doch ein gutes und
charakteristisches
Gemälde, für das 1783 auf der Auktion P. Loequet 3000 Gulden bezahlt wurden,
während Vermeers „Milchmädchen“ 1798 auf der Versteigerung J. J. de Bruijn nur
1550 Gulden brachte.
Der „Stall“ von Philips Wo u wer man s (Abb. 4) ist, wie seine meisten Bilder dieser
Art, stark nachgedunkelt. Das ist schade, denn manche feinen kleinen Beobachtungen,
wie z. B. bei dem Durchblick hinten ins Freie die Sonne auf die junge Falkenjägerin
scheint, während Kepf und Brust ihres Pferdes bereits im Schattenbereiche des Stalles
sich befinden, haben so ihre künstlerische Wirkung eingebüßt — obwohl gerade sie
nicht in letzter Linie die Bilder dieses fruchtbaren Malers so reizvoll machen.
In dem soeben erschienenen Auktionskatalog von Fred. Müller & Co. (Sammlung
Hoogendyk, wird auch ein Bild mit Kerzenbeleuchtung von Judith Leyster abgebildet; noch eins
befindet sich beim Kunsthändler F. Kleinberger in Paris.
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
285
Abb. 4. PHILIPS WOUWERMANS; Der Stall
Amsterdam, Rijksmuseum □
Die „ruhende Hirtenfamilie mit ihren Herden“ von Ädriaen van de Velde
(Abb. 5) ist ein in Lichtbehandlung und Zeichnung hübsches Stück.
Ruisdaels Autorschaft an der von Wouwermans staffierten „Furt“ ist nie
ganz sichergestellt gewesen. Die von einigen vorgeschlagene Zuschreibung an Hobbema
dürfte doch wohl eher das Richtige treffen; ganz abgesehen von der tedinischen
Behandlung. Denn für den Charakter Ruisdaels ist diese Landschaft doch etwas zu
idyllisdi. Es fehlt ihr völlig dessen Herbheit. Dagegen paßt die Stimmung, die sich
beispielsweise in den horizontalen Terrainlinien, in dem leise dahineilenden Wald-
flüßchen, in den Durchblicken zwischen einzelnen Bäumen hindurch ausdrückt, ganz
zu dem Naturell Hobbemas. Audi der Umstand, daß der Maler der Landschaft sich
diese von Philips Wouwermans mit einer so bunten lustigen Gesellschaft bevölkern
ließ, spricht eher für Hobbema als für Ruisdael. Ja, wenn das Monogramm mit dem
sonderbaren F dahinter wirklich echt wäre! Aber so . . .
Damit ist die Reihe der großen Namen der Kollektion Six- van Vromade zu
Ende. Unter dem der Zahl nach größeren Rest befinden sich aber noch einige recht
gute Bilder. Zum Beispiel ein in der Farbenzusammenstellung außerordentlich feiner
Abraham Mignon: ein „Stilleben“ mit offenen Austern auf einer Schale, neben deren
perlmutterartigem Glanz eine Orange, rote Kirschen und ein blauweißer Porzellantiegel
286
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Äbb. 5. ÄDRIAEN VAN DE VELDE: Ruhende Hirtenfamilie mit ihren Herden
Amsterdam, Rijksmuseum □
die Hauptfarben geben; dazu kommen die gedämpfteren von Weintrauben, Nüssen,
Blättern, einer Glasvase u. a.
Ebenfalls recht hübsch ist die „Flußlandschaft“ von Adam Pijnacker in ihrer
warmen gelblich-rosa Abendstimmung. Auch einzelnes Detail, wie der Mann mit dem
Ziegenbock vorn im Wasser, ist erfreulich. Ferner sind hier zu nennen die „Kühe
und Hirten“ in einer Landschaft bei warmem Sonnenlicht von Claes Berchem.
Die große „Vanitas“, eine junge Frau vor einem Spiegel, von Paulus Moreelse
ist eine charakteristisdie Arbeit dieses Utrechter Meisters, die aber nichts neues über
ihn sagt. Von Jan Victors besaß das Rijksmuseum aus der Sammlung van der
Hoop bereits zwei gleichartige Bilder wie dies Gemälde mit einem „Entenverkäufer
und einem Obstladen“. Es ist auch im selben Jahre, 1654, entstanden, wie der
„Zahnarzt“, Nr. 2555 des Rijksmuseums.
Die übrigen Bilder brauchen nur kurz aufgeführt zu werden. Von J. Asselijn
ein „italienischer Hafen“ und eine „Landschaft mit den Ruinen des Kolosseums“, von
Ludolf Backhuysen eine „bewegte See“ und eine „stille See“; zwei kleine an-
genehme Bildchen. Jacob Esselens ist durch eine große „gebirgige Waldlandsdiaft“
mit mythologischer Figurenstaffage vertreten; im Stil des Bildes in Braunschweig. Die
Figuren, in einem unangenehmen rosa Ton, sind sehr schwach. Die Landschaft ent-
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
287
Äbb. 6. ÄELBERT CUYP: Bildnis des Barent Pietersz, gen. Grootebrouk und seiner Frau
Ämsterdam, Rijksmuseum □
behrt aber nicht einer gewissen Großzügigkeit, doch ist ihre Wirkung durch die nicht
allzugute Erhaltung beeinträchtigt. (Wir werden Esselens nachher von einer besseren
Seite kennen lernen.) In alphabetischer Reihenfolge kommen dann ferner: Lucas
Franc; ois mit einem mittelmäßigen Grisailleporträt, G. de Heu sch mit einer
„italienischen Landschaft“, Melchior d’Hondecoeter mit einem „Hühnerhof“. Von
W. J. Laqug (1738 — 1798) drei Kopien nach einem Triptychon von Dou (H. d. G. Nr. 113),
das auf dem Transport nach Rußland in der Ostsee untergegangen ist. Von Lingelbach eine
„Rückkehr vom Markte“. Michiel van Musscher, „Porträt eines Schiffsbefehlshabers“.
Frans Post, zwei kleine „brasilianische Landschaften“. Von Rachel Ruysch ein fein-
gemaltes „Blumenbukett“. Ferner zwei G. Schalcken, von J. Ä. van Staveren eine
Kopie nach dem im Wiener Hofmuseum befindlichen „Ärzt“ von Dou, ein „Interieur“
von Domenicus van Toi, von Cornelis Troost das Porträt des berühmten Leidener
Arztes Boerhave, ein „Frachtstück“ von J. Walscapelle, eine sehr mäßige, ganz kleine
„Vanitas“ von Adriaen van der Werff und eine hübsche „Dünenlandschaft“ von
Jan Wijnants.
Schließlich gehört zu dieser Sammlung noch eine große Leinwand „Noli me
tangere“, die den Namen Rubens führt. Max Rooses hat das Bild wohl nicht ohne
triftige Gründe in die Liste der Werke von Rubens nicht mit aufgenommen. Vor dem
Gemälde selbst kommt man bald zu der Überzeugung, daß es sich hier auf keinen
288
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Fall um ein Originalwerk des großen Vlamen handeln kann. Man braucht nur die
Tränen in den Augen und auf der rediten Wange der Magdalena anzusehen. Solche
Sentimentalität ist Rubens völlig fremd. Der Farbenauftrag, besonders in den Lichtern,
ist gequält; auch nicht so leichtflüssig und treffend, wie man es von der Hand des
Rubens selbst gewöhnt ist. Nicht zum wenigsten aber spricht die Landschaft in ihrer
Kahlheit und Leere, in dem kalten blaugrünen Ton gegen Rubens, dessen große
(Farben)phantasie und großen Reichtum in der Erfindung gerade auf diesem Gebiete
zahlreiche Werke dartun. Die beiden kleinen, P. P. Rubens und Caspar Gevaerts dar-
stellenden Porträtgrisaillen haben — wenn sie wirklich von van Dyck sind — mehr
historisches als künstlerisches Interesse.
Von den zahlreichen sonstigen Neuerwerbungen des Rijksmuseums ist der große
Aelbert Cuyp (Abb. 6) das wichtigste Werk. Es kommt aus England, wo es mit
der Sammlung Lord Northwicks in Thirlestaine House 1859 für 966 £ versteigert wurde.
Dann kam es vor auf den Auktionen J. Hargreaves in London 1873, R. Kirkman
Hodgson in London 1907, wurde da von der Firma Dowdeswell & Dowdeswells
gekauft, die es weiter gaben an Fred. Müller & Co. in Amsterdam. Von diesen erwarb
es das Rijksmuseum mit Unterstützung des Herrn E. Deen im Haag für 18 000 Gulden.
Freilich, mit den großen sonnendurchglühten Prachtwerken des Dordrediter Meisters
kann es sich nicht messen. Aber es nimmt — trotzdem es sogar zu einer der Gemälde-
gruppen Cuyps gehört, die wir für gewöhnlich nicht so hoch einschätzen: zu den ganz-
figurigen Porträts in einer Landsdiaft — in dieser Gruppe einen besonden Platz ein.
Kompositionen weist es dieselben Schwächen auf wie das ihm am nächsten stehende
große „Familienbild“ im Museum der Schönen Künste in Budapest. Dort ist zwischen
den zwei Figurengruppen des Vordergrundes ein weiter Ausblid^ auf die Landschaft
gegeben. Hier haben wir rechts, fast ohne Übergang vom Vorder- zum Mittelgrund,
und mehr als die Hälfte der Bildfläche einnehmend, die Rhede von Batavia vor uns.
Die auf den dort vor Anker liegenden Schiffen lesbaren Namen sind die der Fahr-
zeuge der Retourflotte, mit welcher der Handelsdirektor von Suratte, Barent Pietersz,
gen. Grootebrouck, im Jahre 1641 nach Holland zurückgekehrt sein soll. Aus diesem
Grunde dürfte die Annahme, in dem dargestellten Ehepaar diesen Barent Pietersz und
seine Frau zu sehen, sehr wahrscheinlich richtig sein. Die von Smith (Suppl. Nr. 49)
überlieferte Ansicht, es sei der Gouverneur Pieter Both mit Frau, trifft jedenfalls nicht
zu. Das neueste Supplement des Amsterdamer Kataloges hat den Namen Grootebroudc
noch nicht akzeptiert, weil ein Umstand noch einen Zweifel möglich macht. Es ist
nämlich nicht ganz sicher, ob der betreffende Barent Pietersz wirklidi mit der hier
abgebildeten Flotte heimgekehrt ist. Denn unter’m 26. Dezember 1641 wird in dem
Tag-Register von einem „Barent Pietersz zaliger“ gesprochen, was andeuten kann,
daß er dort auf seinem Posten starb. Vor 1634 — von welchem Jahre an Barent
Pietersz Chef von Suratte war — kann das Bild aus äußerlichen Gründen nicht gemalt
sein; damals war A. Cuyp erst 14 Jahre alt. Dagegen ist es ganz gut möglich, daß
die Kinder des Barent Pietersz um 1655 — in welche Zeit das Gemälde stilistisch
gehört — Cuyp den Auftrag zu dem Bilde erteilten, und daß dann das Porträt nicht
nach der Natur gemalt wäre. Die Frage nach dem Namen der Dargestellten tritt aber
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
289
Äbb. 7. REMBRÄNDT: Studienkopf
Leiden, Städtisches Museum
hinter der nach der künstlerischen Qualität zurück. Trotz der oben angedeuteten
kleinen Mängel, und obwohl die Figuren in ihren Physiognomien und in ihrer Kleidung
nichts Anziehendes haben, wirkt das große, 1,38 m in der Höhe und 2,08 m in der
Breite messende Bild sehr gut. Die kleine Reproduktion täusdit etwas über den
imponierenden Eindruck hinweg, den man vor dem Original hat. Man sieht sich da
vor einem Repräsentationsbild, das in seiner sdiliditen, ja fast nüchternen Auffassung
doch sofort den bedeutenden Künstler, der es schuf, verrät.
Von einer anderen, weit angenehmeren Seite als bei der Landschaft in der
Sammlung Six-van Vromade tritt uns Jacob Esselens in der von Fred. Müller & Co.
erworbenen „Strandszene“ entgegen. Das kleine Bild gehört wohl zu den hübschesten
der seltenen Gemälde dieses weitgereisten Kaufmannes, der die Malerei mehr als
Dilettant trieb und der als Zeichner bekannter ist. Links im Vordergrund sind ein
Herr und eine Dame beim Fischeinkauf. Rechts zieht sich der Dünenstrand in leichtem
Bogen zum Hintergrund. Ganz reizvoll ist der etwas hellere Streifen des Meeres-
spiegels am Horizont, über dem sich die Wolken zusammenballen. Hierbei ist besonders
gut ihre Bewegung zum Ausdruck gebracht: wie sie von links unten — leicht rosa
gefärbt — heraufkommen und nach rechts oben an Größe und Farbentiefe zunehmen.
290
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Man hat deutlich den Eindruck von ihrem langsamen Heranziehen und Wachsen und
der damit auch gekennzeichneten schwülen Stimmung. Im einzelnen und näher
betrachtet hält die Zeichnung der Figuren nicht ganz stand. Der Übergang von den
ziemlidi dunkel und Silhouettenhaft behandelten Vordergrundfiguren zu dem in grauem
Halbton liegenden Mittelgrund vollzieht sich etwas unvermittelt. Aber dennoch liegt
über dem Ganzen ein duftiger silbergrauer Ton. Entfernt läßt es an die herrlichen
Strandbilder A. v. d. Veldes denken, ohne natürlich deren Vollkommenheit zu erreichen.
Das auf Leinwand gemalte Bild (42,5X51 cm) ist rechts voll bezeichnet. Es war 1906
auf der von Fred. Müller & Co. arrangierten Rembrandtausstellung.
Ein Gemälde von Jan Vermeer van Haarlem läßt die Vorzüge und das
feine künstlerische Empfinden dieses Meisters sehr gut zum Bewußtsein kommen,
obwohl es, oder vielleicht auch gerade weil es in die Nähe eines Bildes von Jacob
van Ruisdael gehängt ist, das ein ähnliches Motiv — aber grundverschieden in der
Stimmung — wiedergibt. Unter einer Gruppe größerer Bäume verschwinden fast ein
paar Hütten mit einigen kleinen Figuren davor. Vorn sandiger und teilweise mit Gras
bewachsener Boden mit einem stillen Wasser rechts. Darin löschen zwei Hunde ihren
Durst, während ein Mann in roten Ärmeln mit noch einem Hund rechts daneben sitzt.
Im Wasser spiegeln sich silberig die wenigen Wolken und der zartblaue Himmel.
Sehr fein ist, wie der Maler den direkt vor dem Himmel sich abhebenden Baum-
partien einen durchsichtig grünen Ton gegeben hat im Gegensatz zu den anderen
Laubmassen, vor den beschatteten Häusern. Die Ruhe und der idyllische Frieden
eines lauen Sommernachmittages gehen von dieser Landschaft aus. Ganz anders wirkt
die Ruisdaelsche Stimmung. Vor allem kommt in der Farbengebung die Verschiedenheit
der beiden Charaktere zum Ausdruck. In den Farben auf dem Bilde von Vermeer
ist überall die Beimischung von lichtem, warmem Ockergelb zu spüren. Der Ruisdaelschen
Farbenskala, die vorzugsweise mit kühlen blaugrünen Tönen operiert, scheint dies
Pigment fast ganz zu fehlen. Die Wolken sind blaugrauer, die Sandwege weißlicher, das
Grün des Laubes ist kühler. Die Zeichnung der Blätter ist schärfer, zackiger. Die
Stämme sind nicht so sehr unter dem Laub versteckt, vielmehr deutlich sichtbar; und
ein, wenn auch diesmal kleiner, kahler Baum hebt sich in dunklen Umrissen von
dem hellen Himmel ab.
Außerdem wurden noch erworben von dem Haarlemer Pieter de Grebber
eine mit dem Monogramm signierte und 1633 datierte „Kreuzabnahme“ mit lebens-
großen Figuren, die stilistisch fast auf gleicher Stufe steht mit der bereits im Rijks-
museum vorhanden gewesenen etwas kleineren „Beweinung“ vom Jahre 1640. Sie
hat nur mehr Helldunkel als dies Gemälde, das durch ein sattes Rot und Blau koloristisch
lebhafter gemacht ist. Die „Kreuzabnahme“ stammt aus der altkatholischen Kirche in
Enkhuijsen, in der sie vorher als Altarbild diente. Ein zweites Werk dieses Meisters,
vom Jahre 1647, stellt einen jungen „Maler in orientalisdiem Kostüm“ als Halbfigur in
etwas steifer Haltung dar. Der olivgraue Gesamtton ist nicht besonders anziehend.
Von Dirck van Deelen, der bisher im Rijksmuseum noch nicht vertreten war,
wurde auf der Sedelmeyerschen Auktion im Mai vorigen Jahres ein Bild mit dem
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
291
Äbb. 8. JAN STEEN: Liebespaar unter einem Baum
Leiden, Städtisches Museum □
„Grabmal Wilhelms 1. in der Neuen Kirche in Delft“ (datiert 1645) erworben. Eine
Abbildung dieses historiscJi interessanten Stückes befindet sich im Katalog jener Ver-
steigerung. Die rechts vorn stehende Porträtgruppe eines Ehepaares mit zwei Söhnen
ist nicht sehr glücklich in den Raum hineinkomponiert.
Ein kleines preziös gemaltes „Porträt des CarelQuina“ von Jacob Toorenvliet,
das neben der Künstlersignatur die Jahreszahl 1669 trägt, führt uns bereits in die
Nähe der Verfallszeit der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts.
In die Mitte des Jahrhunderts gehört die kleine, mit einem aus I und B zusammen-
gesetzten Monogramm bczeichnete „Vanitas“. Dargestellt ist auf der 24X21,5 cm
großen Eichenholztafel in braunsepia Gesamtton bei sorgfältiger Ausführung ein Küraß,
ein Helm auf einer Trommel und ein Pferdesdiädel sowie ein rauchendes Kohlenbecken.
Das 18. Jahrhundert ist vertreten durch vier Gemälde. Durch zwei Pendants
von Frans van der Mijn, die lebensgroßen ganzfigurigen Porträts von Adrianus
Swalmius und seiner Gattin Agatha Amelia Coequius. Sie sitzt in weißem, mit etwas
hellblauem Band verziertem Atlaskleid in einem reich möblierten Zimmer an einem
Tisch und trinkt eine Tasse Tee. Er steht in rotem Sammetkostüm neben einem mit
grüner Decke belegten Tisch. Hinter ihm ein Neger. Zwei gute Repräsentationsbilder
von leidlicher Farbenwirkung.
292
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Eine „Ansicht der Heerengracht in der Nähe der Leidschen Straße in Amster-
dam“ von dem so gut wie unbekannten Hendrik Kenn (geb. in Haarlem am
14. Aug. 1738, gest. gegen 1788), die voll bezeichnet und 1774 datiert ist, ist noch
nicht ausgestellt. Ebenso das Porträt des Pastors Anthonius Kuypers (Halbfigur in
Lebensgröße, bezeichnet und 1791 datiert, oval) von Joh. Fried r. Aug. Tischbein
Audi ein holländischer Primitiver aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
wurde erworben, das „Begräbnis eines Patriarchen“ darstellend. In der Mitte vorn
sicht man das offene Grab, in dem der Tote liegt. Zu beiden Seiten knien je zwei
Augustinermönche mit einem stehenden Schutzheiligen hinter sich, links der heilige
Hieronymus und rechts der heilige Augustin. Direkt hinter dem Grab sitzen auf einer
Erderhöhung en face die heilige Maria und Elisabeth, erstere in Grau und Schwarz
mit langem blonden Haar, Elisabeth rechts von ihr in rotem Gewand. Im Grunde
des von einer Mauer und hohen Gebäuden eingefaßten Gartens sitzt auf einer Rasenbank
die Muttergottes, und vor ihr reitet das nackte Christuskindlcin, behütet von einem er-
wachsenen Engel, auf einem Steckenpferd. Drei Engel musizieren ganz links in der
Ecke. Außerdem sicht man rechts noch ein paar Figuren. Die über die hintere Mauer
ragenden Bäume tragen herbstlich braun gefärbtes Laub. Das Bild, das nach dem
Katalog Beziehungen zu Nr. 43, „Madonna und Christkind, umgeben von vier heiligen
Frauen“ hat, wurde mit Hülfe des Vereines „Rembrandt“ von F. Klcinberger in
Paris erworben.
Endlich ist noch ein „Küchenstück“ aus der Schule Pieter Aertsens zu er-
wähnen, eine junge Bäuerin, umgeben von Gemüsen, Früchten und Geflügel, die teils
auf den roten Bodenfliesen, teils auf einem Tische ausgebreitet sind. Im Hintergrund
sieht man Christus mit Maria und Martha, sowie einige andere Personen im Hause
des Lazarus. (Eichenholz, 110X140,5; oben, rechts gegen die Mitte, 1569 datiert).^)
Die neuen Erwerbungen der anderen Museen Hollands sind an Zahl beträchtlich
geringer. Sehr erfreulich entwickelt sich die städtische Galerie in der „Lakcnhal“
in Leiden, von der demnächst auch ein neuer Katalog erscheinen soll. Dies Museum
konnte aus den Einnahmen der in seinen Räumen 1906 veranstalteten Rembrandt-
ausstellung zwei Werke von Leidener Künstlern ankaufen. Ein drittes Bild, von keinem
geringeren als von Rembrandt (Abb. 7), erhielt die Galerie von einem in Suresnes bei
Paris lebenden Holländer, Herrn L. Nardus, zum Geschenk, sodaß Leiden nun endlich
auch von seinem und Hollands größten Sohne ein Werk besitzt: einen kleinen auf Holz
y Nachdem diese Zeilen sdion geschrieben waren, erwarb das Rijksmuseum nodi zwei
Gemälde: auf der Versteigerung Herzog von Sutherland in London ein 1639 datiertes Bild von
Cornelis de Man, das die „holländische Trankodierei auf Jan Mayen-Eiland“ darstellt, und
vom Kunsthändler F. Gerstel in Berlin ein bedeutendes Gemälde von Pieter Eastman, „Opfer-
streit zwischen Orest und Pylades“ (Abb. 13), voll bezeichnet und 1614 datiert. Es wurde 1657
von J. Oudaen besungen und gehörte mit einem Pendant einst dem Bürgermeister Jan Six.
(Vergl. darüber meinen Artikel im „Bulletin van den Ned. Oudheidk. Bond“, II. Serie“, Heft 1,
Seite 39 ff.)
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
293
Abb. 9. QUIRIN BREKELENKAM: Interieur
Leiden, Städtisches Museum □
(19X16 cm) gemalten „Studienkopf“ in Vorderansicht. Das Bildchen ist sorgfältig modelliert
in nicht allzuflüssigem Farbenauftrag. Im Ton ist es etwas dunkelgoldgelb. Es gehört
zu der Gruppe Studienköpfe von ziemlich gleichgroßen Abmessungen aus der ersten
Hälfte der vierziger Jahre. Unter diesen Bildern (von denen genannt seien die im
Kaiser Friedrich-Museum, im Louvre, im Bridgewater House in London, in Cassel,
in Glasgow, bei P. von Semenov in St. Petersburg) steht es am nächsten dem genau
I so großen Exemplar in der letztgenannten Sammlung. Links und oben ist ein wenig
angestückt. Diese Partien des sepiabraunen Hintergrundes sind auch in der Farbe etwas
I kälter, grünlicher.
I Die zweite Akquisition ist ein ausgezeichnetes Werk voller Humor von Jan Steen,
j „Liebespaar unter einem Baum“ (Abb. 8). Hofstede de Groot beschreibt es im ersten
I Bande seines neuen Smith -Kataloges unter Nr. 819. Eine wenig veränderte Wieder-
I holung befindet sich in der Sammlung Moritz Kann (f) in Paris. Das Bild ist sowohl
I in der Ausführung wie in der Farbe sehr gut. Das Mädchen trägt einen braunen Rock,
graues Mieder und gelbe Ärmel. Der junge Mann, der sie küssen will, ist in einen
294
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 10. FRANS POST: Brasilianisdie Landschaft
Haag, Mauritshuis □
warmbraunen Anzug gekleidet. Der zugleich versdimitzte und verschämte Ausdruck
im Gesicht des zum Beschauer blid^enden Mädchens ist echt Steen. — Ob die Meisen-
falle am Ast des Baumes nur zufällig dahängt? Nicht ohne Nebenbedeutung das
Kaninchen links vorn vor seiner Höhle dem neckischen Treiben der beiden zuzuhören
scheint? — Der hübschen Landschaft ist ein großer Teil des Bildes eingeräumt.
Ebenfalls von einem Leidener, wenn auch nicht von Geburt, ist die dritte Neu-
erwerbung des „Lakenhai“, von dem liebenswürdigen Schilderer kleinbürgerlichen Lebens
Quirin Brekelenkam (Abb. 9). Er führt uns hier eine recht intime Toilettenszene in
einem behaglichen Zimmer einfacher Bürgersleute vor. Die Großmutter sitzt in der
Mitte auf einem Stuhl und sucht — ruhig und ernst, als gälte es eine gefährliche
Operation — dem vor ihr knienden und seinen Kopf auf ihren Schoß legenden Enkel
das Ungeziefer aus dem Haar. Dem Knaben ist diese Prozedur nicht besonders
angenehm; sein Gesicht läßt uns darüber nicht im Ungewissen. Zum Verständnis einer
solchen Darstellung bedarf es weiter keiner Worte. Koloristisch zeigt das Bild — ob-
gleich ein ausgesprochen schummeriges Helldunkel herrscht — Brekelenkams Vorliebe
für ein kräftiges Zinnoberrot, das hier die Ärmel der Alten haben. Den sonst gleich-
mäßigen, etwas dunkeln Ton unterbrechen nur hoch das Gelb des Butterbrotes und
das frische Rot des neben diesem vorn am Boden liegenden Apfels. Und dann, jedoch
viel schwächer, das Bett mit der roten Decke und zwei weißen Kopfkissen. Das Holz-
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
295
feuer im Kamin ist aber technisch nicht ganz gelungen. Die Abmessungen des auf Holz
gemalten Bildes betragen in der Höhe 76, in der Breite 52 cm. Es ist auf dem Kamin-
gesims voll bezeichnet und 1648 datiert.
* *
*
Die königl. Gemäldegalerie im Haag (Mauritshuis) hatte im Jahre 1906
eine Reihe von Geschenken überwiesen bekommen, darunter von dem Stifter des
Rembrandt in Leiden, Herrn L. Nardus, einen Ä. van Begeren und eine sehr hübsche
lebensgroße „Modellstudie“ eines Jungen, der bei einem Erdglobus steht und lachend
zum Beschauer blickt. Trüge dies Gemälde nicht ein Monogramm, aus dem wohl PM
zu lesen ist, ohne jedoch das des Paulus Moreelse zu sein, so würde man es wohl
sicher diesem Künst-
ler zuschreiben. So
muß man vielleicht
einen andern Ut-
rechter Akademiker
als Urheber anneh-
men. Der Katalog
bemerkt, daß die
Malerei an die Ar-
beiten des Paulus
Bor erinnere.
Herr J. P. van
Dokkum in Utrecht
schenkte ein sehr
gutes, 1667 datier-
tes Bild von Frans
Post (Abb. 10), dem
Maler, der den
Äbb. 11. JÄN VERMEER VÄN HÄÄRLEM:
Holländische Landschaft □
□ Haag, Mauritshuis
Gouverneur der hol-
ländischen Kolonie
in Brasilien, Prinz
Johan Maurits von
Nassau, dorthin be-
gleitet hatte. In dem
nach jenem Prinzen
benannten Maurits-
huis, das einst so
viele Dekorationen
dieses Vedutenma-
lers schmückten, ist
es heute der ein-
zige Vertreter von
dessen nicht allzu
hoch zu bewerten-
der Kunst. Die bei-
den oben erwähn-
ten Bilder von seiner Hand (im Rijksmuseum aus der Sammlung Six- van Vromade)
stimmen in der Komposition ganz mit diesem Stück überein, sind nur viel kleiner und
haben nicht die starke Leuchtkraft wie dessen Himmel und Ferne.
Im verflossenen Jahre wurde noch eine „Landschaft“ von Jan Vermeer van
Haarlem (Abb. 11) angekauft. Sie ist das künstlerisch gleidiwertige Pendant zu dem,
vom Rijksmuseum erworbenen Bilde dieses Meisters und mißt, wie dieses, 53X66 cm,
ist voll bezeichnet und 1648 datiert. Beide Gemälde waren 1906 auf der Ausstellung
bei Fred. Müller & Co. in Amsterdam zu sehen.
Herr Direktor Dr. Bredius hat für unbestimmte Zeit die von ihm vor nicht all-
zulanger Zeit entdeckte kleine „Andromeda“ von Rembrandt der Galerie leihweise
überwiesen, ebenso eine kleine „Pieta“, die den Namen Adriaen Ysenbrant trägt
und ferner ein prachtvolles Tierbild mit lebensgroßen „Enten im Schilf“ von Johannes
Sp rügt (1627/28- 1671), dessen Werke äußerst selten sind. Wahrscheinlich gehen aber noch
viele unter falschem Namen, als M. d’Hondecoeter oder Cugp, denen Sprugt nahe steht.
296
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 12. JAN PORCELLIS D. AE.: Seestück
Rotterdam, Museum Boymans □
Es bleibt das Museum Boymans in Rotterdam übrig, für das sein langjähriger
Direktor noch kurz vor seinem Ausscheiden aus diesem Amte zwei hervorragende Ge-
mälde erwarb. Das eine, „Kühe am Wasser“ von Willem Maris, scheidet in dieser
Betrachtung aus. Das zweite ist ein wunderbares „Seestück“ von Jan Porcellis d. A.
(Abb. 12). Bei frischer Brise fahren zwei Sdiiffe in den Hafen ein. Der Wind treibt
die regenschwangeren Wolken in raschem Fluge vor sidi her. Hie und da schafft sich
die Sonne für kurze Minuten Durchgang und beleuchtet stellenweise die bewegten Wogen.
Ein wechselvolles Lichtschauspiel, das dem Küstenbewohner gut vertraut ist. Man spürt
fast das Sprühen des Wellengischtes, den salzigen Dust, den der Wind einem entgegen-
weht. Technisch sehr geschickt ist am Himmel der in der Ferne niedergehende Regenschauer
charakterisiert. Porcellis muß da mit einem reinen flachen Haarpinsel in der Richtung
des Regens leicht über die noch nicht trochene Farbe gestrichen haben. Die Wirkung
dieser einfachen Manipulation, die sich in gewissem Sinne vergleichen läßt mit Rem-
brandts Gewohnheit, mit dem Pinselstoch einzelne markante Haare, Blätter oder der-
gleichen in die nasse Farbe einzuzeichnen, ist vortrefflich. Das ganze Bild ist licht
silbergrau. Der einzige, blaßfarbige Fleck ist das Gesicht des am Bug des Ruderbootes
stehenden Mannes. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß der grauschwarz gebeizte
und nicht auf Hochglanz polierte Rahmen die feine Wirkung des Gemäldes in diskreter
Preise. Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
297
Äbb. 13. PIETER LHSTMÄN: Opferstreit zwischen Orest und Pylades
Ämsterdam, Rijksmuseum □
Weise noch hebt. Überhaupt findet man im Museum Boymans eine stattliche Anzahl
von Gemälden, für die die Rahmen mit besonderem Geschmack ausgewählt sind.
* *
*
Ein rückschauender kurzer Blick auf die neuen Erwerbungen der einzelnen
holländischen Sammlungen zeigt, daß das Rijksmuseum alle anderen, zum Teil städti-
schen Galerien weit überragt. Das ist an sidh ganz natürlich. Aber es liegt darin
zugleidi auch die große Gefahr einer Überfüllung des Rijksmuseums, woran dasselbe
in der Tat schon zu kranken beginnt. Deshalb wurde bei den Erörterungen über den
Ankauf der Kollektion Six van Vromade auch verschiedentlich angeregt, das Rijks-
museum durch die leihweise Abgabe von entbehrlichen guten Gemälden an provinziale
Museen zu entlasten. Damit würde ein zweifacher Vorteil erreicht: sowohl für die
Kunstwerke selber, die jetzt durch das dichte Neben- und Übereinanderhängen in ihrer
eigentlichen Wirkung stark beeinträchtigt werden, wie auch für die Galeriebesucher.
Ganz zu schweigen davon, daß die Bewohner kleinerer Städte aus der Bereicherung
ihrer Sammlungen auch großen ideellen Gewinn ziehen würden. — Eine andere Er-
wartung verbindet Jan Veth noch mit dem „Six- Ankauf“ der Regierung. Er sieht
darin für Holland den Beginn einer neuen Zeit, wo sich die Staatskasse auch für die
Kunst freigebiger als seither öffnen wird. Der Anfang war gut. Es ist sehr zu
wünschen, daß die Zukunft keine Enttäuschung, sondern eine Erfüllung dieser schönen
Hoffnung bringen möge.
Sancta Sanctorum')
Von Ernst Steinmann
„Non Gst in toto sanctior urbe loco“, steht in großen goldenen Buchstaben auf
dem säulengestützten Architrav über dem rings mit schweren Eisenstangen vergitterten
Altar der Kapelle Sancta Sanctorum geschrieben. Mehr als ein Jahrtausend wurde
hier in dem Cypressenholzsdirein Leos III. ein langsam sich vermehrender Schatz ehr-
würdiger Reliquien in kostbaren Geräten bewahrt. Feuer, Krieg und Pestilenz, welche
auf dem schicksalsvollen Boden Roms überall ihre Spuren zurückgelassen haben,
machten vor dieser geweihten Stätte Halt. Diese unverrückbaren Eisenstäbe scheinen
selbst dem Furor der spanisch- deutschen Landsknechte Stand gehalten zu haben, welche
in dem furchtbaren Jahre 1527 auch die Kapelle Sancta Sanctorum zu plündern unter-
nahmen. „Auf dem ganzen Erdkreis kein so heiliger Boden“ — man spürt den
Zauber dieses Wortes, wenn die schweren Bronzetüren sich mühsam öffnen und man
durch einen schmalen Gang in den geweihten Raum gelangt, in welchem einst an
hohen Feiertagen Römer und Fremde in unabsehbaren Scharen sich drängten, und in
dem die Päpste des Mittelalters die heiligsten Mysterien feierten. Heute gestatten die
eifersüchtigen Hüter dieses Sakrariums, die Brüder des Ordens der Passionisten, den
Eingang, der Frauen ohnehin von altersher untersagt war, den Männern nur noch
kraft ganz besonderer Empfehlung; und von den tausenden, die alljährlich Romwärts
ziehen, kann sich kaum einer rühmen dies herrliche Opus Alexandrinum betreten zu
haben, das so deutlich die Spuren von Millionen Menschentritten trägt, die zwar den
weicheren Marmor nieder zu treten vermochten, Serpentin und Porphyr aber unversehrt
lassen mußten.
Den berühmten Verfasser der Geschichte Roms im Mittelalter, P. Hartmann
Grisar, traf das glückliche und wohlverdiente Los den unvergleichlichen Schatz von
Sancta Sanctorum zu heben. In der Einleitung seines gehaltvollen Buches über die
Hauskapelle des alten Lateranpalastes und ihre Reliquien handelt er ausführlich über
Wiederauffindung und Hebung jener Kostbarkeiten, die er selbst mit zitternden Händen
dem Grabesdunkel des Altarschreines entriß und in die vatikanische Bibliothek über-
führen durfte. Hier können nun heute die seltsamen Reliquienschreine, die Geräte
aus Silber und Elfenbein, die Gemälde und Stoffe von jedermann gesehen und
geprüft werden.
Nicht oft bietet das Schicksal dem Forscher einen so glänzenden, einen so
unerhört neuen Gegenstand zur Behandlung dar. Aber auch selten haben Schicksal
und Zufall eine so befähigte Kraft getroffen. Grisar schien gleichsam, als der Erbe
y Die Römische Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz. Meine Studien
und Entdeckungen in der Palastkapelle der mittelalterlichen Päpste. Von Hartmann Grisar. S. J.
Mit einer Abhandlung von M. Dreyer über die figurierten Seidenstoffe des Schatzes. Herdersche
Verlagsbuchhandlung Freiburg i. B. 1908.
Steinmann. Sancta Sanctorura
299
von Gregorovius und Reumont, als der moderne Historiker des mittelalterlichen Roms,
für die Hebung des Schatzes von Sancta Sanctorum und seine wissenschaftliche Aus-
beute prädestiniert. Mancher mag den glücklichen Schatzfinder beneiden; dem Forscher,
der seinen Fund der Wissenschaft zugänglich gemacht hat, der diesen Schatz in seinen
historischen und künstlerischen Beziehungen meisterhaft zu erläutern verstand, wird
man die freudigste Anerkennung nicht versagen können.
Grisar beginnt seine Ausführungen mit der Geschichte der Kapelle seit den
frühen Zeiten des Mittelalters. Die erste Erwähnung des Oratoriums des hl. Laurentius
— denn diesem Namen war die älteste Palastkapelle der Päpste in Rom geweiht —
findet sich im Liber pontificalis schon unter Stephan III. (768 — 772). Schon damals
barg die Kapelle die heiligsten Reliquien Roms: das heute noch erhaltene, jüngst auch
von Wilpert (L’Arte 1907, p. 161 u. 246) mustergiltig edierte Salvatorbild L’archeropita)
und einen Splitter des h. Kreuzes. Zu diesen gesellten sich später die jetzt im
Lateran bewahrten Häupter der Apostelfürsten, denen Francesco Cancellieri eine
besondere Monographie gewidmet hat. Den Namen Sancta Sanctorum erhielt das
Heiligtum wohl von einer Aufschrift auf jenem Schrein von Cypressenholz, den Leo III.
(795 — 416) als Reliquienbehältnis für das Innere des Altares gestiftet hat, von wo
er niemals entfernt worden ist.
Auch die glänzenden Stiftungen Innoceriz III. (1198 — 1216) haben sich erhalten.
Er ließ für den Altar, der die Apostelhäupter barg, zwei massive Bronzetüren mit den
Hochreliefköpfen von Petrus und Paulus herstellen, und er stiftete für das Salvatorbild
jene merkwürdige silberne Bekleidung, die gleichfalls völlig unversehrt erhalten ist,
aber vor profanen Augen ängstlich durch eine Holzbedeckung geschützt wird. Diese
Bronzetür bedeutet auch für die Baugeschichte von Sancta Sanctorum ein höchst
beachtenswertes Dokument. Als Nicolaus III. (1277 — 80) die Kapelle erneuerte und
ihr die Gestalt gab, die ihr bis auf unsere Tage geblieben, brachte er auf dem rechten
Flügel dieses Schreines gegenüber der Stiftungsinschrift Innocenz III. eine neue Dedi-
kationsinschrift an: Nicolaus Papa III. hanc basilicam a fundamentis renovavit
et altare fieri fecit ipsumque et eandem basilica(m) consecravit. Auch der
Baumeister von Papst Nicolaus, Magister Cosmatus — nach Grisar der jüngere Cosmas,
ein Sohn des Petrus Mellini — hat sich in der Kapelle nahe beim Eingang in einer
Marmorinschrift verewigt. Und Grisar dürfte Recht behalten, wenn er behauptet, daß
diese Kapelle mit ihren edlen Verhältnissen das Reifste und Beste darstellt, was uns
der Meister hinterlassen hat.
Bis zur Verlegung der päpstlichen Residenz nach Avignon im Jahre 1309 blieb
die Laurentiuskapelle im Lateran das Palastheiligtum der Päpste, die hier nur allein
am Hochaltar die Messe feiern durften. In dieser Kapelle fand am Gründonnerstag
die feierliche Zeremonie der Fußwaschung statt, hier öffneten vom ganzen Kardinals-
kollegium begleitet die Päpste am Ostermorgen und an der Vigilie des Assuntatages
den Schrein des Salvatorbildes, das dem besonderen Schutz einer Salvator-Bruderschaft
anvertraut worden war. Hier ordnete sich die nächtliche Prozession, die sich vom
Lateran nach S. Maria Maggiore bewegte, eins der gewaltigsten Schaugepränge im
mittelalterlichen Rom.
20
300
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Erst Sixtus V. ging wieder daran die baufällige Kapelle zu restaurieren, als er
das ehrwürdige Patriarchium des Laterans zerstörte und den Monumentalbau der Scala
Santa vor die Kapelle verlegte. Damals haben auch die höchst merkwürdigen
Gemälde der Kapelle, von Pietro Cavallini oder seiner Schule ausgeführt, nicht un-
wesentlich gelitten. Die Mosaiken des Äbsisraumes dagegen scheinen weder damals
noch bei einer zweiten Restauration im Jahre 1625 wesentlichen Schaden genommen
zu haben.
Zu einer Zeit, wo der Wahlspruch „Italia farä da se“ vielfach auch auf die
Wissenschaft angewandt worden ist, darf vielleicht besonders darauf hingewiesen
werden, daß in Rom Wissenschaft und Kunst ihren internationalen Charakter nach wie
vor behaupten. Einem deutschen Forscher gebührt der Ruhm, den Schatz von Sancta
Sanctorum gehoben zu haben, ein deutscher Forscher wurde zum Hüter dieses
Heiligtumes in der vatikanischen Bibliothek erkoren. In einem der alten Bibliotheks-
schränke und in einer großen Vitrine des Museo christiano hat P. Ehrle alle Reliquien-
behälter, Gemälde und Stoffe in würdigster Weise auf gestellt, nadidem die Reliquien
selbst sorgfältig herausgehoben und wieder im Cypressenschrein Leos III. niedergelegt
worden sind.
Schon in dem Inventar der Reliquien von Sancta Sanctorum, welches Johannes
Diakonus unter Papst Alexander III. (1159 — 1181) seiner Beschreibung der Laterans-
kirche einverleibte, wird die „Crux de smalto depicta“ erwähnt, die jetzt in der vati-
kanischen Bibliothek als Hauptstück des ganzen Schatzes zur Ausstellung gelangt ist.
Seit dem 12. Jahrhundert also wurde dieses Kreuz in Sancta Sanctorum bewahrt, und
es ist höchst wahrscheinlich identisch mit jenem Kreuz, welches Papst Sergius I. in einem
Winkel der alten Sakristei von St. Peter in einem silbernen Behältnis fand. Auch in
den Riten der Päpste des Mittelalters wird dieses wundervolle Reliquar erwähnt, welches
einen Splitter des heiligen Kreuzes barg, der in der stillen Woche mit den Häuptern
der Apostelfürsten in feierlicher Prozession in die Lateransbasilika getragen und auf
dem Hochaltar zur Kreuzanbetung ausgestellt wurde.
Grisar und auch der französische Forscher Lauer, welcher den Schatz von Sancta
Sanctorum gleichfalls schon ausführlich behandelt hat, setzen die Entstehungszeit des
Kreuzes ungefähr um das 6. oder 7. Jahrh. an. Es ist in byzantinischem Zellenschmelz
ausgeführt und die Farbentafel Tabanellis, welche Grisar seiner Publikation beigefügt
hat, gibt von der Pracht der Farben und der unendlichen Sorgfalt der Ausführung
einen ziemlich klaren Begriff. Die Darstellungen auf diesem Kreuz: Verkündigung,
Geburt Christi, Anbetung der Könige, Flucht nach Egypten, Taufe usw. lassen sich
mühelos deuten; leider aber war es nicht möglich, bis heute den Sinn der Buchstaben
klarzulegen, die auf den Seitenflächen des Kreuzes zu lesen sind. Man darf aber wohl
behaupten, dass Grisars Forschungen die Fragen, die dieses herrliche Objekt frühchrist-
licher Kunst stellt, keineswegs abschließend beantworten wollen. Im Gegenteil, es sind
jetzt erst die Grundlagen geschaffen, auf denen die Zukunft weiter bauen wird.
Auch das goldene Gemmenkreuz, nächst dem Emailkreuz das wertvollste Stück
des Schatzes, ist schon im 12. Jahrhundert von Johannes Diakonus aufgeführt worden.
Steinmann. Sancta Sanctorum
301
Grisar stellt dieses Kreuz neben das älteste, bisher bekannte Kreuz aus Edelmetall, das
des Kaisers Justin 11. (565— 578) in St. Peter zu Rom, und glaubt seine Entstehungs-
zeit ebenfalls in das 5. oder 6. Jahrhundert ansetzen zu dürfen. Auch hierüber wird
man diskutieren können, wie über die andere Frage, ob der Silberbehälter des Gemmen-
kreuzes, der dasselbe noch heute umschließt, ein Geschenk Paschalis I. oder Paschalis II.
ist. Jedenfalls gehört dieses Reliquar mit seinem reichen Reliefschmuck schon wegen
der Stiftungsinschrift: Paschalis episcopus plebi dei fieri iussit zu den merkwürdigsten
Stücken des Schatzes.
Weitere Reliquare aus Silber sind nun vor allem das Kästchen mit den Sandalen
Christi, die Silberschatulle für das Haupt der hl. Agnes von Honorius III., das Reliquar
des Hauptes des hl. Praxedes mit kostbaren Schmelzmedaillons und mehrere andere
Reliquienkästen mit eingeritzten Darstellungen und Nielloschmuck. Zwei Holzkästchen
mit äußerst sorgfältigen Malereien auf Goldgrund setzt Grisar das eine in das elfte,
das andere in das neunte oder zehnte Jahrhundert. Künstlerisch besonders hochstehend
sind in dem Reliquar aus dem elften Jahrhundert die Darstellungen auf dem Deckel:
außen St. Johannes Chrysostomus, innen die Kreuzigung mit Maria und Johannes.
Unter den Elfenbeinobjekten ist eine Pyxis mit Szenen des Bacchuskultus (Fragment)
und ein kleines frühchristliches Elfenbeinrelief zu nennen, welches die Heilung des
Blindgeborenen darstellt.
Dem Umstande, daß die Reliquien in kostbare Seidentücher gehüllt, in ihren
Schreinen aufbewahrt zu werden pflegten, haben wir es zu danken, daß uns im
Schatz von Sancta Sanctorum auch die wunderbarsten Webestoffe aus einer Reihe
von Jahrhunderten erhalten geblieben sind. Der jüngst verstorbene Julius Lessing
sowohl wie Max Dreger, einer der besten Kenner alter Textilien, haben die Ent-
deckungen Grisars auch für unsere Kenntnis alter Seidenstoffe als epochemachend be-
zeichnet. P. Ehrle hat diese herrlichen Gewebe zwischen zwei Glasplatten gerahmt
und so aufgehängt, daß sie vor dem Eindringen des Lichtes möglichst geschützt sind.
Den Charakter spätgriechischer (byzantinischer) Kunst erkennt Dreger mit Recht
in dem Hauptstücke der Sammlung, jenem wundervollen Seidenstoff mit der Verkün-
digung Mariae, von dessen Schönheit auch Tabanellis Farbenkopie kaum einen an-
nähernden Begriff gibt. Dreger konnte sich in besonderem Anhänge zu Grisars Werk
ausführlich zu den Webestoffen des unvergleichlichen Schatzes äußern. Man wird
diese sachgemäße Behandlung der äußerst schwierig zu datierenden Stoffe durch einen
erfahrenen Spezialisten nur mit Dank begrüßen können.
Die Hebung des Schatzes von Sancta Sanctorum und seine Aufstellung in der
Bibliothek des Vatikans ist nicht nur für den christlichen Archäologen ein Ereignis von
unschätzbarer Bedeutung. Auch der Historiker im weiteren und der Kunsthistoriker im
engeren Sinne haben an diesem Ereignis freudigen Anteil genommen, und auch der
gebildete Laie wird sich an einem Buche freuen, das ihm plötzlich einen der best-
gehütetsten Schreine der schier unerschöpflichen Schatzkammern der alten ewigen Stadt
erschließt.
Studien und
ÜBER DEN BLOCK VON MICHEL-
ÄNGELOS DÄVID.
Von Ädolf Gottsdiewski.
Seit dem Jahre 1466 lagerte in derDombaU"
hütte von Florenz ein sehr großer Marmorblock
von 9 Ellen Höhe (= 5,25 m), der einen sehr
bedeutenden Vermögenswert repräsentierte.
Dieser Block war verpfuscht; ein Bildhauer
Bartolommeo di Pietro genannt Bacellino hatte
ihn verhauen, in Carrara selber noch, weil er in
dem Wunsche den Transport des Riesenblockes
nach Florenz zu erleichtern, die Äbbozzierung
offenbar nach einer ungenügenden Skizze
zu weit getrieben hatte. Äls der Stein in
Florenz anlangte, erwies er sich als unbrauch-
bar und Jahrzehntelang fand sich, wie Condivi
erzählt, kein Meister, der den Mut hatte, an ihn
die Hand zu legen, um eine Statue daraus zu
machen, nicht etwa eine von der ursprünglichen
Größe, sondern selbst eine wesentlich kleinere.
(Condivi Frey. S. 48 f.) Erst um das Jahr 1500 mel-
dete sich ein Künstler, der das schwierige, der vo-
rigen Generationen unlösbar erschienene Problem
anzufassen gewillt ist. ÄndreaContucci aus Monte
Sansovino bemühte sich, den für die Dombauver-
waltung wertlosen Block als Geschenk zu erhalten
und machte sich anheischig, durch Anfügung von
Stücken eine Statue daraus zu schaffen. Eine solche
Äushülfe fand aber die Renaissance mit ihrem
starken Sinn für technische Anständigkeit in der
Kunst unwürdig, wie wir das aus der Entrüstung
erfahren können, mit welcher Vasari (Introduzione,
Deila Scultura. Vol. I., pag. 155) solches Flick-
werk brandmarkt: „eine derartige Stopferei ist
eines Flickschusters Sache und eines ausgezeich-
neten und erlesenen Meisters unwürdig, sie ist
in tiefstem Grunde gemein 'und häßlich und kann
nicht genügend gerügt werden.“
Michelangelo tritt, von den Bemühungen
Sansovinos unterrichtet, auf den Plan, macht sich
aber erbötig, ohne Anstückelung einen Giganten
unter voller Ausnützung der Blockgröße zu
fertigen und erhält den Stein. Am 16. Aug. 1501
wird der Vertrag mit ihm abgeschlossen, in
welchem Michelangelo sich verpflichtet, den
Marmordavid in der Zeit von zwei Jahren gegen
einen Monatsgehalt von sechs Goldgulden zu
vollenden.
ln welcher Weise war nun der Block so
schwer verhauen, daß eine ganze Künstlergene-
Forschungen
ration nicht imstande war, ein anständiges
Werk daraus zu schaffen? Vasari berichtet,
daß er zwischen den Beinen bereits durchbohrt
war, doch scheint dieser Umstand nicht so weit-
tragend zu sein, als daß er die Verwertung des
Bloches so lange hätte verhindern können.
Michelangelo selber hat für seine Arbeit aller-
di.igs dadurch Behinderung erfahren, denn dieser
Fehler offenbar zwang ihn zu der anatomischen
Gewagtheit, den Unterschenkel seitlich zu be-
wegen, während er, wie leicht zu erproben ist, nur
in der Längsrichtung des Oberschenkels bieg-
sam ist. Ich glaube aber, daß außer der Be-
schädigung durch die Durchbohrung des Blockes
in der unteren Partie eine viel schwerer wiegende
Verbauung in der Gegend der Hüfte auf der
linken Seite der Figur von der Seite her statt-
gefunden hat. Dieser Umstand läßt sich aus
derFormanalyse der Michelangeloschen Schöpfung
erweisen. Dasjenige Moment, welches den David
gegenüber der ganzen Quattrocentoplastik un-
terscheidet, ist die energische, ich möchte sagen,
ungeheuerliche seitliche Verschiebung des Schwer-
punktes, derart, daß er nicht wie bei aller
Quattrocentofreiplastik über der Mitte der Unter-
stützungsfläche sich befindet, sondern über dem
Punkte, der das letzte linke Viertel der Unter-
stützungsfläche abteilt. Michelangelo hat diese
Kompositionsweise sich dadurch ermöglicht, daß
er den Moment wählte, in welchem der junge
Held in der Ferne den Feind erblickt uncl alle
seine Kräfte ordnend, seinen Körper, um ihm
besseren Schwung zu geben, nach rückwärts
zieht. Wie er sich das Innenleben eines
solchen Momentes vorstellte, das ist es, was
ihm geistig die Möglichkeit gab, als Künstler
die geschaffene Formidee zu erfinden. Denn den
von Michelangelo gewählten Moment, in dem
der Held zum Kampf gerüstet den Feind im
Auge hat, finden wir schon früher dargestellt.
Donatello wählte ihn für seine St. Georg-Statue
an Or San Michele genau ebenso. Aber er
empfand diesen Moment anders: ein schicksals-
sicheres ruhiges Dastehen gibt er, ein präde-
stiniertes Siegesbewußtsein läßt er den hl. Georg
beim Anblick des Feindes empfinden, weder
*) Die Wahl dieses Moments hat zur Folge, daß zum
ersten Mal in der italienischen Kunst der David ohne den
Goliathkopf dargestellt ist; nicht etwa mangelndes Mate-
rial hat zum Weglassen des Kopfes geführt, denn an Stelle
des Baumstumpfes hätte er sehr wohl gebracht werden
können.
Studien und Forschungen
303
MICHELÄNGELO: David
Florenz, Hkademie
Photogr. Manelli
I
kennt seine Seele eine außerordentliche Erregung,
nodi sein Körper eine ungewöhnliche Bewegung.
Es ist die anticipierte Heiligkeitsstärke und
i -Ruhe in diesem Helden zum Äusdrudc gekom-
men. Ganz anders der David; er hat ein ge-
wisses UnbewuBtsein, dessen was ihm bevor-
steht. Er weiß nur, daß er zu kämpfen haben
i wird und daß er alle seine Spannkraft zusammen
nehmen muß, und daß ein Versagen des ersten
sprungartigen Ängriffs sein Untergang sein wird.
Diese Psychologie ist die Quelle seines Form-
motivs; sie entstammt seinem eigenen Kämpfer-
bewußtsein als Künstler, einem ganz modernen
Empfinden einer Kunstmission, die wie Michel-
angelo seine Kunst als ein Ringen anschaute,
gegenüber der mehr oder minder handwerklich
' empfindenden Gesinnung der vorhergehenden
Künstlergeneration, die es machte so gut sie
es konnte.
Daß aber eine solche psychologische Erfassung
der Kampferwartung bei Michelangelo ausgelöst
wurde, clazu führte ihn gewißlich eine Formidee
und diese wiederum ist ihm von dem Blocke
selber gekommen. Der ungeheuerliche seitliche
Wurf der Komposition wiederspricht dem natür-
lichen statischen Empfinden des Plastikus; auch
Michelangelo hat nie wieder einen ähnlichen
statischen Äufbau gewählt, sondern unter regu-
lärer Verteilung des Gewichtes auf die ganze
Unterstützungsfläche seine Bildhauerwerke kom-
poniert. Hn dem Blocke aber, den er verhauen
von der Dombauhütte erhielt, muß etwas ge-
wesen sein, was ihn zu einer solchen Seitwärts-
drängung der Komposition zwang. Huf der
rechten Seite oben (vom Beschauer aus) muß
bei der Äbbozzierung des Blockes zuviel Material
weggenommen worden sein; das ist das Manko
gewesen, welches alle Künstler entmutigte, dem
Genius aber eine Brücke zu etwas unerhörtem
Neuen baute. Äus der Hemmung, aus dem
Zwange, sich zu fügen, hat seine Erfindungs-
kraft Schwung gewonnen.
Wölfflin nennt den David den abschließenden
Ausdruck der florentinischen Quattrocentokunst.
Ich möchte ihn das erste Werk der Hochrenais-
sance nennen. Das gewagte völlig freie Be-
wegungsmotiv, ermöglicht durch eine neue das
Recht der Künstlerpersönlichkeit bewußt erstre-
bende Kampfgesinnung und ein Hineintraqen
dieser erwartungsvollen Kräftesteigerung in das
Kunstwerk selber, sind erst in der neuen Zeit
der Hochrenaissance denkbar. Michelangelo
selber hat sie heraufgeführt, mit diesem Werk
aber macht er zu ihr den ersten Schritt.
s
DER STIL PETER MÄRTINS VON
□ MÄILÄND □
Von Wilhelm Rolfs.
Peter Martin von Mailand war unter Alfons
von Aragon mit Isaias von Pisa, Paul Romano,
Dominik Gajini und Franz Laurana an dem von
dem letzteren entworfenen Neapler Triumph-
bogen beschäftigt. Wie lange die genannte
Künstlerschar auch nach dem (im Jahre 1458 er-
folgten) Tode Alfons’ in Neapel zusammenblieb,
ist nicht mehr festzustellen. Jedenfalls war im
Jahre 1461 keiner von ihnen mehr dort, und
Peter Martin finden wir mit Franz Laurana zu-
sammen in Frankreich wieder, wo sie am Hofe
504
N
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Neapel, S. Pietro Martire. Vom Grabmal der Gaeta
□ von Peter Martin von Mailand □
König Renats von Änjou Sdiaumünzen nach der
von Pisanello gesetzten Mode anfertigen. Zum
letzten Mal wird unser Peter Martin dort
gegen Ende 1463 erwähnt, wo er von König
Renat ein Festgewand zum Geschenke erhielt.
Am 18. Mai 1465 wird er bereits wieder in den
Neapler Rechnungsbüchern des Nachfolgers Alfons,
Ferdinands I., mit einer Abschlagszahlung auf sein
Gehalt angeführt. Von wann an dies datiert,
ist nicht festzustellen, da leider die Rechnungs-
bücher des Hofes von 1460— 64 verloren ge-
gangen sind. Von nun ab blieb er in Neapel
und stieg zum Ritter und Oberbaumeister des
Königs auf, der die noch nicht fertigen Teile
des Triumphbogens vollendete, um sich dann in
der selbstgeschaffenen Grabschrift als den Er-
bauer dieses größten dekorativen Kunstwerkes
der Frühauflebung hinzustellen. Er starb
im Anfang des Jahres 1473.
So verhältnismäßig gut wir nun aber
auch mit Daten über das Leben und die
zahlreichen Werke, die Peter Martin von
Mailand in Neapel für den König wie auch
für Private schuf, unterrichtet sind, so schwer
ist es doch seinen Stil festzustellen. Denn
von allem, was er ausführte, ist nachweis-
lich nur mehr eine Anzahl von Schau-
münzen und ein minderwertiges marmornes
Flachbild vorhanden, das zwei ineinander
verbissene . Hunde darstellt und sich in
Bar-le-Duc befindet.
Die Wichtigkeit seinen Stil zu bestimmen,,
ist aber schon deshalb besonders groß,
weil damit die Scheidung der Künstler-
hände, die den großen Triumphzug an der
Vorderseite , des Neapler Bogens ausführten,
bedeutend gefördert werden würde.
Die bisherige Untersuchung hat ergeben,
daß aller Wahrscheinlichkeit nach der obere
und innere Teil des Triumphbogens von
Peter Martin erbaut, und daß insbesondere
das Figurenwerk, dessen Mittelpunkt der
König Ferdinand bildete und das seinen
Krönungszug dargestellt haben dürfte, von
diesem Meister angefertigt wurde.^)
Bei der gleichen Untersuchung hat sich
nun ebenfalls herausgestellt, daß eine große
Übereinstimmung zwischen diesem Teile
des bildlichen Schmuckes mit einem Stücke
des großen Triumphzuges besteht, nämlich
mit der vorderen Seite des linken Flügels,
und zwar mit dem Teiler der in meinem
Buche über Franz Laurana mit den Ziffern II,
III, IV, IVa und 3, 4 bezeichnet ist. Frei-
lich glaubte ich in dem genannten Werke
nicht auf einen und denselben Meister
schließen zu dürfen, weil die Bildung der stern-
losen, mandelförmigen Augen, das naturalistische
Aderwerk der Handrücken und anderes mehr dem
zu widersprechen schienen oder doch in eine
spätere Zeit wiesen. Idi bin heute der An-
schauung, daß in der Tat die erwähnten Ge-
stalten des linken Flügels und diejenigen des
Krönungszuges Ferdinands aus einer einzigen
Werkstatt stammen, und zwar kann dies
den Umständen nach keine andere sein als
die unseres Peter Martin von Mailand. Denn
einerseits sind die Unterschiede der stilistischen
Behandlung im allgemeinen sehr gering, ander-
seits erklären sie sich leicht aus der Überlegung,
daß ein ganzes Jahrzehnt zwischen der An-
fertigung des Triumphes und der des Krönungs-
*) Rolfs, Franz Laurana. Berlin 1507. S. 158 ff. an.
Studien und Forschungen
305
Zuges liegen mag, ein Jahrzehnt, das im steten
|| Fortschreiten zu naturalistischer Behandlung der
T Bildnerei begriffen war, was in unserem Falle
1 die Äugensterne und Handadern wohl erklären
/ würde.
j Immerhin dürften diese Überlegungen nicht
l! völlig genügen, um den bestimmten Beweis
für die Hand Peter Martins zu erbringen. Dies
' würde erst bis zu dem Grade einer an Gewiß-
I heit streifenden Wahrscheinlichkeit möglich sein,
wenn es gelänge, noch andere Werke von
der gleichen Hand nachzuweisen, die den Um-
ständen nach wieder nur auf Peter Martin ge-
deutet werden könnten. Ich glaube mit einiger
i Sicherheit behaupten zu können, daß dies alles
1 für ein Grabmal zutrifft, dessen Reste sich in
) der kleinen durch so manche bedeutsame Kunst-
werke ausgezeichneten Kirche St. Pietro Martire
i; in Neapel befinden. Es steht an der linken
Wand der 5. Kapelle rechts und bildet den Sarg
der beiden Ritter von Gaeta, Vater und Sohn,
welch’ letzterer es seinem Vater und sich errichtete.
Die Gestalt des Vaters liegt oben auf dem Sarge,
die des Sohnes Ofredus ist an der Vorderseite an-
! gebracht, wie man es in Florenz, Rom, Venedig und,
auch in Neapel häufig genug findet. Äls Todes-
jahr des Ofredus bezeichnet die Grabschrift das
Jahr 1463. Die Gesichtszüge des Toten (Äbb.)
sind ganz deutlich nach einer Totenmaske
wiedergegeben; der Stil stimmt im allgemeinen
wie im besonderen mit allem, was sich aus
den Schaumünzen, den Hunden von Bar-le-Duc,
dem linken Flügel des großen Triumphzuges,
I dem Krönungszuge Ferdinands, ja auch dem
I Brustbilde Ferdinands I., ergibt, das sich im
Louvre befindet, und das ich aus stilistisdien
Gründen Peter Martin zusprechen zu sollen
glaubte. Im allgemeinen zeigt unser Meister
I eine große hausbackene Nüchternheit, um nicht
j zu sagen Kunstlosigkeit der Äuffassung. Man
findet wenig Geist in all diesen leblosen, biederen,
! fast philiströs anmutenden Biidwerken. Die
j Faltengebung ist von einer nüchternen Ein-
j förmigkeit; die Gesichtszüge sind scharf und
ohne jeden Versuch, sie mit einem höheren
künstlerischen Hauch zu beleben, hingehauen.
Ganz und gar bezeichnend ist die Art der Haar-
behandlung: kein Bestreben, die plastische Ord-
nung des Haares wiederzugeben; scharf, und
dies ist ein besonderes Kennzeichen Peter
Martins, mit einer fast geraden Linie, setzt das
Haar, an der Stirne, wie auch an Schläfe
und Wangen vom Kopfe ab. Eine nähere Prüfung
der genannten Werke führt zu dem ganz be-
stimmten Ergebnis, daß hier die künstlerische
Arbeit einer einzigen Werkstatt vorliegt. Diese
kann aber auch für das Grab der Gaeta nur
die Peter Martins gewesen sein, denn auch
zeitlich trifft ja das Werk vortrefflich mit den
oben angegebenen Daten zusammen. Äußer
Peter befand sich aber, (wenn man von dem
Stückgießer Wilhelm von Monaco absieht, der
für uns nicht in Betracht kommen kann), kein
einziger Künstler von der Bedeutung derjenigen,
die Alfons einst nach Neapel gezogen hatte,
mehr dort. Es würde also, selbst wenn wir
nichts anderes von Peter Martin wüßten, und
jene Übereinstimmung seiner Werke mit denen
am Bogen nicht festzustellen wäre, für das Grab-
mal der Gaeta auf Grund meiner Schlußfolgerung
kaum ein anderer Künstler als Peter Martin in
Betracht kommen können. Um wie viel mehr
muß dies der Fall sein, wenn man die auf-
fallende Übereinstimmung jener Werke mit un-
serem Grabmal in Rechnung stellt!
Damit ist neben Dominik Gajinis auch Peter
Martins Hand am großen Triumphzuge bis zu
einer verhältnismäßigen Sicherheit festgestellt,
und es ist zu erwarten, daß wir bald auch über
Isaias von Pisa und Paul Romano auf festen
Boden gelangen werden, selbst wenn man die
Hand Dominiks von Montemignano nicht an-
erkennen, das heißt, die Wiener Alfons-Büste
nicht mit dessen durch die Rechnungsbücher be-
legten Werke gleichstellen will.
s
BEITRAGE
ZUM (^UVRE BEKANNTER MALER II.
Von Wilhelm Suida
Don Lorenzo Monaco ■ t —
In seiner fleißigen Monographie dieses Mei-
sters hat 0. Siren ein reiches Oeuvre Lorenzos
zusammengestellt. Einige Nachträge dazu möchte
ich heute noch geben. In Turin befindet sich in
der von Marchese d’Azeglio dem städtischen
Museum hinterlassenen prachtvollen Sammlung
von Eglomisees eine kleine Tafel der Madonna
mit dem Kinde, datiert 1405, und zu gleich-
zeitigen Bildern, wie der Madonna bei Cav. Aldo
Noseda in Mailand, völlig stimmend, auch von
Siren, den ich darauf hinwies, nach brieflicher
Mitteilung als Werk Lorenzos anerkannt. Im
Besitze des Fürsten Liechtenstein fand ich auf
der Burg bei Mödling in Niederösterreich ein
schönes Bild der Maria, die mit über die Brust
gekreuzten Armen sich demütig neigt; die Häifte
einer Verkündigungsdarstellung. Was aber wei-
tere Kreise am meisten interessieren dürfte, ist
ein Gemälde der Thebais in der Nationalgalerie
von Budapest (nicht ausgestellt). Typen und
306
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Farben lassen über den Urheber keinen Zweifel,
das Bild ist die Hälfte des Originals (ob die
andere noch existiert, weiß ich nicht), nach dem
die bekannte, dem Pietro Lorenzetti zugeschrie-
bene Tafel der Uffizien eine alte, in den Farben
etwas veränderte Kopie ist. Damit wäre das
Geheimnis des Uffizienbildes gelöst.
Bernardino Parentino =
Äls ich die Liste der Werke dieses Malers,
wie sie Berenson in seinen „North Italian
Painters“ auf stellt, durchsah, war ich erstaunt,
so manche Bilder darin zu finden, die mir unter-
einander denn doch recht erhebliche Verschieden-
heiten aufzuweisen scheinen. Mein Staunen
wuchs, als ich die beglaubigten, zwischen 1^89
und 1^94 ausgeführten, in recht beträchtlichen
Fragmenten noch erhaltenen Wandmalereien des
Klosterhofs von S. Giustina in Padua (jetzt
Kaserne) in Berensons Liste verschwiegen sah.
Drei sehr charakteristische Bilder des Meisters
möchte ich ergänzend an dieser Stelle namhaft
machen.
In der Budapester Galerie scheint mir die
als „Paduanisch“ ausgestellte Pieta, Halbfigur
Christi, von Maria gestützt, in ihren Typen
sowie in den rosa Fleischtönen ganz untrüglich
Parentinos Hand zu verraten, als großfiguriges
Bild mit das bedeutendste des Meisters. Ein
kleiner Christus als Schmerzensmann mit der
knieenden Stifterin ist von Exzellenz Baron
Tücher, der das Bild im Kunsthandel fand, so-
gleich als Werk Parentinos erkannt worden.
Ein drittes interessantes und charakteristisches
Bildchen, offenbar Illustration einer Novelle, be-
sitzt Herr Emil Weinberger in Wien.
Der Meister der Spielkarten ==
Die Vermutung, daß dieser interessante, am
Oberrhein tätige Kupferstecher auch als Maler
tätig gewesen sei, ist schon geäußert worden.
Hat man doch versucht, denselben mit Konrad
Witz zu identifizieren, und die allgemeine nahe
Verwandtschaft zwischen den Stichen und den
Bildern des Witz ist niciit zu leugnen. Än die
Identität beider Künstler konnte ich nicht glauben.
Nun besitzt Herr Dr. Albert Figdor in Wien ein
Gemälde einer lebensgroßen Madonna mit dem
Kinde in Halbfigur über der Mondsichel, deren
Typus mir mit dem aus den Spielkarten wohl-
bekannten so völlig gleich zu sein scheint, daß
ich nicht zweifeln möchte, es handle sich hier
um ein malerisches Werk des großen Stechers.
Für seinen unmittelbaren Schüler als Maler
haben wir dann jenen interessanten Künstler zu
halten, der das Breitbild mit Georgs Drachen-
kampf und der Predigt Johannis im Museum
von Colmar malte, das wieder zum Meister
E. S. überleitet.
Der Meister des Peringsdörffer Altars =
Über einen prachtvollen Teppich mit der Ver-
kündigung, datiert 1486, der zweifellos nach der
Zeichnung dieses Meisters ausgeführt wurde
und der als altes Familienkleinod wieder in den
Besitz seiner Exzellenz des Freiherrn Heinrich
von Tücher zurückkehrte, durch dessen Güte ich
auch interessante ältere Notizen darüber erfuhr,
hoffe ich demnächst ausführlicher zu berichten.
Der Meister des Thalheimer Altars ==
Die herrlichen Holzstatuen dieses altschwä-
bischen Altarwerkes in der Stuttgarter Alter-
tümersammlung sind der Allgemeinheit be-
kannter als die Malereien der Flügel und der
Predella, deren stilistische Verwandtschaft mit
den Skulpturen in die Augen springt. Auf
diesen Schwaben vom Anfänge des XVI. Jahr-
hunderts, der aus des älteren Holbein Schule
seinen Stil ableitet, möchte ich die schönen
Glasfenster zurückführen, die sich in der Kirche
S. Nazaro in Mailand befinden. Auf die Be-
ziehung zur schwäbischen Kunst und speziell
zu der des älteren Holbein hat mich vor Jahren
schon Thode hingewiesen. Genauere Vergleiche
lassen mich an diesen feinen Szenen aus der
Legende der Katerina, die wir in der Kirche an
einem Fenster des Hauptschiffes und an einem
der angebauten geräumigen Katerinenkapelle
finden, speziell den Stil des Thalheimer Meisters
erkennen. Dieselbe Kirche S. Nazaro birgt ja
auch noch einen der delikatesten deutschen
Schnitzaltäre des beginnenden XVI. Jahrhunderts
(eine figurenreiche Anbetung der heiligen drei
Könige im Mittelfelde).
Hans Leonhard Sdiäuffelein - ' :
Dem Hinweise Seiner Durchlaucht des Fürsten
Franz Liechtenstein verdanke ich die Bekannt-
schaft mit einem Bilde im Besitz von Dr. von
Schwarz in Ödenburg (Sopron, in Ungarn), das
ehemals dem Lukas Cranach zugeschrieben
wurde. Hatte schon Fürst Franz Liechtenstein
den Charakter der fränkischen Schule darin er-
kannt, so glaube ich speziell Schäuffeleins Hand
aus dem Bilde lesen zu können. Wenig unter
Lebensgröße sehen wir die Halbfiguren des
leidenden Christus im Grabe, dessen Hände
trauernd Maria und Johannes halten, indessen
vier kleinere Engel in blaugrünen Gewändern
die Marterwerkzeuge weisen. Die wohlerhaltene,
nur durch zwei Sprünge beschädigte Tafel dürfte,
von Staub gereinigt, wohl an Farbenpracht den
Studien und Forschungen
307
schönsten Bildern Schäuffeleins, wie etwa der
Kreuzigung der Sammlung Soltmann in Berlin,
nidit viel nachstehen.
P. P. Rubens : ■ ■ r
Nirgends erwähnt finde ich zwei Gemälde
im Besitze Seiner Durchlaucht des Fürsten Ädolf
zu Schwarzenberg in Wien, das eine, Romulus
und Remus von der Wölfin gesäugt, Wieder-
holung der bekannten Komposition der Capito-
linischen Galerie, das zweite eine Darstellung
Ganymeds, der vom Ädler zum Göttermahle
emporgetragen wird, durchaus verschieden von
der kleineren und späteren Darstellung des
gleichen Gegenstandes im Prado. Die Ent-
stehungszeit des im wesentlichen eigenhändigen,
prachtvollen Bildes würde ich auf 1615—20
ansetzen.
s
EIN KUNSTGESCHICHTLICHER FUND
ZUR VORGESCHICHTE VON KLEISTS
„PRINZ FRIEDRICH VON HOMBURG“.
Eine interessante kunst- und literarhistori-
sche kleine Entdeckung hat Herrmann Gilow
(in Berlin) gemacht und zuerst in den „Mittei-
lungen des Vereins für die Geschichte Berlins“
(1908, No. 1) veröffentlicht.
Der Kleistforschung war seit längerer Zeit
bekannt, daß Kleist eine bildnerische Anregung
zu seinem 1809/1810 gedichteten Homburgdrama
wahrscheinlich durch das 1800 in Berlin ausge-
stellte große Bild Karl Kretschmars em-
pfangen hat, auf dem die Begegnung des Prinzen
mit dem Großen Kurfürsten nach der Schlacht
bei Fehrbellin dargestellt war. Dieses damals
preisgekrönte Bild war in den Besitz des Königs
von Preußen übergegangen, schien aber trotz-
dem völlig verschollen zu sein. Nun fand Gilow
im „preußischen Hausfreund“ vom Jahre 1806
unter „Kunst“ eine Hufzählung der Kupferstiche
des Äkademieprofessors JohannJosephFreid-
hof, und zu diesen gehörte auch ein 1802 ge-
stochenes Blatt nach dem Kretschmarschen Bilde.
Aber auch von diesem Stiche war in Bibliotheken
und Sammlungen kein Exemplar mehr zu finden,
und erst auf eine durch die Presse verbreitete
öffentliche Anfrage hin meldeten sich einige Be-
sitzer der Seltenheit. Gilows Publikation des
Blattes und seine Vergleichung der Kretschmar-
Freidhofschen Fassung des Themas mitE.Hennes
1790 veröffentlichter Radierung nachD.Chodo-
wi eck is Zeichnung wurde auch dem Kaiser vor-
gelegt, der sich sofort erinnerte, als Knabe im
kronprinzlichen Palais das Orginalgemälde tag-
täglich gesehen zu haben. Im Treppenhaus
hängt nun tatsächlich, vorzüglich erhalten,
Kretschmars Bild. Die Liebenswürdigkeit
Prof. Gilows hat mir eine private Besichtigung
des Gemäldes ermöglicht, über dessen Beziehungen
zu Kleists Drama Gilow in „Westermanns Mo-
natsheften“ (Maiheft) ausführlich spricht.
Um ein Meisterwerk handelt es sich nicht.
Die Komposition erinnert leise an Velasquez’
„Übergabe von Breda“. Links (vom Betrachter
aus), vor einer Gruppe von Offizieren, steht in
demütiger Haltung, entblößten Hauptes, der
Prinz, rechts ihm gegenüber der Kurfürst, die
linke Hand in die Hüfte gestemmt, die rechte
mit ausgestrecktem Zeigefinger bedeutsam er-
hoben. In des Kurfürsten Umgebung fällt die
Gestalt Derfflingers auf. Prinz Homburg ist,
entgegen dem historischen Tatbestände, als
jugendlicher, blondgelockter Held aufgefaßt.
Gilow führt mit Recht die Beliebtheit und Dar-
stellungsweise des Homburgthemas auf seine
legendarische Behandlung in Friedrichs des
Großen Memoires zurück. Glücklicher als die
befangene und steife Zeichnung des Gemäldes
erscheint seine farbige Haltung. V/ohl in be-
wußter Symbolik ist der prinzliche Draufgänger
als warme Farbe (goldgelbes Lederkoller, rote
Barettfedern) zwischen die kalten rostbraunen
und blaugrünen Töne der Kleidung des Kur-
fürsten und der Offiziere gestellt. Dem Gemälde,
das gleichgerahmt ist wie die übrigen das
Treppenhaus des Palais schmückenden histori-
schen Porträts, ist unten ein etwa 5 cm breiter
Streifen angestückt worden, wohl um die Bild-
größe dem vorhandenen Platze anzupassen.
Wilhelm Waetzoldt.
S
□ OSTÄSIÄTISCHE KUNST □
In der Sitzung der Kunstgeschicht-
lichen Gesellschaft zu Berlin am
14. Februar sprach Professor Münsterberg über
die hohe japanische Kunst im Mittelalter und
Renaissance, die eine starke Beeinflussung durdi
den Westen Asiens und die Mittelmeerländer
vermuten läßt. Im 3. Jahrtausend v. Chr. gibt
es eine künstlerische Verbindung mit vormyke-
nischer Kultur, dann (in China) eine Ornamen-
tik, die sich an die mykenischen Formen an-
lehnt; auch die griechisch-baktrische Kunst be-
rührte die im 3. Jahrhundert nach Süden vor-
dringenden Chinesen. Dann lehren die jüngsten
Ausgrabungen in Turkestan, daß dort vom 4.
308
Monatshefte für Kunstwissenschaft
bis 8. Jahrhundert n. Chr. eine Freskomalerei
blühte, die sich eng an die griechische Malerei
anschließt. In China selbst sind nahezu alle
Denkmäler früher Zeiten, durch Kriege und den
Vandalismus nachfolgender Dynastien im eige-
nen Lande, vernichtet. — In Japan setzte eine
einheimische Kunst erst mit dem 8. Jahrhundert
n. Chr. ein; monumentale Plastik und Fresko-
malerei blühen im 9. Jahrhundert in nationaler
Eigenart. Im 11. Jahrhundert entsteht auch hier
eine mittelalterliche Kunst, welche in realistischer
Treue die Taten der Nationalhelden schildert,
im Format aber immer mehr sich auf das Kleine
beschränkt. Durch Einflüsse aus China vollzog
sich ein Umschwung des Geschmacks in einer
Ärt Renaissance; die Malerei strebte nicht so-
wohl nach Naturwahrheit als nach Stimmung,
nach zartem Empfindungsausdruck. Das Ende
des 17. Jahrhunderts brachte mit dem Äufhören
der Bürgerkriege eine Entfaltung des Luxus,
welcher nur mehr das Kunstgewerbe, nicht mehr
die hohe Kunst begünstigte. — Dr. Creutz fügte
im Änschluß an den Vortrag hinzu, daß bereits
1897 Lessing den Zusammenhang zwischen
vorderasiatisdier und ostasiatischer Kunst an
altchinesischen Stoffen erkannt habe, deren
Muster auf sassanidische Gewebe zurück-
gehen. S.
«
RUNDSCHAU
BERLIN ^
Neuerwerbungen der Kgl. Museen. Das
Kaiser-Friedrich Museum fährt mit Eifer
und Glück fort, seine Skulpturensammlung zu
vermehren. Äudi diesmal sind es einige glän-
zende Holzskulpturen, welche vor allen anderen
Erwerbungen ;der Museen ins Äuge fallen.
Über ein südbairisdies Lindenholzrelief, den
Brunnen der Liebe darstellend, Ältdorfer in Er-
findung, Typus und Stil nahestehend, aber nicht
auf eine Vorlage von ihm selbst zurückzuführen,
berichtet Herrn. Voß in den amtlichen Berichten
aus den Kgl. Kunstsammlungen; Vöge ebenda
über einige gotische Holzfiguren: eine anschei-
nend brabantische Madonna auf dem Thron, aus
der Mitte des 13. Jahrhunderts; ein schöner
nordfranzösischer Leuchterengel um 1260 (wohl
zu eine thronenden Ältarmadonna gehörig),
dessen direktes Gegenstück jüngst der Louvre
erwarb; eine Gestalt von dem lebendigen durch-
gefühlten Rhythmus der Bewegung, welcher die
besten französischen Skulpturen des 13. Jahr-
hunderts bei all ihrer architektonischen Ge-
bundenheit so überaus anmutig erscheinen läßt.
— Das Museum der Völkerkunde erfuhr
eine großartige Bereicherung durch altchinesische
Wand- und Seidenmalereien und Steinskulp-
turen, welche von Prof. Ädolf Fischer in China
aufgefunden und erworben worden sind. Sie
gehen zum Teil sogar weit hinter die buddhis-
tische Zeit zurück und liefern abermals die
bündigsten Beweise von den Zusammenhängen
der ostasiatischen mit der antiken (mykenischen,
assyrischen, griechischen) Kunst; Funde, die un-
schätzbar sind, weil sie infolge umfassender
Zerstörungen (durch Mohammedaner, Japaner
und Chinesen selber) überaus selten geworden
und mit Mühe entdeckt, mit Gefahren geborgen
werden können. Diese Erwerbungen werden,
vorläufig im Schliemannsaale verschlossen, später
in geordnetem Zustande auch dem Publikum
zugänglich gemacht werden. Es wäre sehr zu
wünschen, daß sie bei ihrem großen kultur-
historischen und künstlerischen Wert, der sie
an Interesse weit über den Durchschnitt der
Sammlungen des ethnographischen Museums
erhebt, einen hervorragenden und leicht er-
kenntlichen Platz erhielten.
In den Ausstellungen der Kunstsalons
fesselten vor allem zwei starke Persönlichkeiten:
van Gogh, von dem es eine gute Sammlung
im März bei Cassirer gab, und Melchior Lechter,
der im April bei Gurlitt ausgestellt hatte. Starke
Kontraste sind in diesen beiden Namen aus-
geprägt. Van Gogh, einer der stärksten Re-
präsentanten des absoluten Rahmenbildes; der
letzte Nachfahre des großen Millet, ein Mann
von ungeheuerer Expansionskraft, der seine
Energie aber nicht wie Rimbaud auf das grenzen-
lose Erfassen des Lebens selber richtete, son-
dern, zu seiner Qual, auf die Malerei, und dazu
noch auf die enger begrenzte, auf die Malerei
des Objekts. Das wurde sein Unglück; er ver-
zehrte sich in der vergeblichen Leidenschaft,
die glühenden Eindrücke, die er von der Na-
tur erhielt, mit den schwachen Mitteln der Öl-
farben zu bannen. Seine hinterlassenen Werke
aber sind groß und voller terribiltä, titanen-
hafte Bruchstücke unerhörter Selbstbekenntnisse.
Dieser ungebändigten Naturkraft gegenüber steht
die strenge Formkonvention und tektonische
Selbstbegrenzung Melchior Lechters; der de-
korative Künstler voller hoher Kultur und Vor-
nehmheit. Die Glasgemälde für dasLandesmuseum
in Münster i. W. können sich, ausgeführt, trotz
ihrer tiefen Farben nicht neben den Entwürfen und
den Studien Lechters behaupten; wieviel von
des Künstlers Geist geht bei der handwerklichen
Übertragung verloren! Lechter ist wohl unser
größter Buchkünstler; die glühende Feierlichkeit
der Gotik in ihrer größten Zeit (Straßburg, Sainte
Chapelle) lebt in ihm; jede der ausgestellten
Zeichnungen stellt einen kostbaren Besitz an
Kunst und Kultur dar, Kunstgewerbe in dem
edelsten Sinne, wie Morris es verstand. Das
präraffaelitische Element, das in Lechters
Schaffen zu stecken scheint, ist ein sehr ge-
läutertes; der Deutsche kann das von sich aus,
was die weniger kräftigen Engländer doch nur
mit fremden Hilfsmitteln unvollkommen gaben.
Wir wollen aber nicht undankbar sein und
gerne gestehen, wie viel wir ihnen und ihrer
Kultur verdanken, wenn auch unsere reifsten
Künstler ihre Leistungen schon hinter sich ge-
lassen haben.
An kleineren Kollektionen gibt es hier immer
viel Gutes zu sehen. Da waren gleichzeitig
mit van Gogh bei Cassirer französische Bilder
ausgestellt, köstliche Landschaften: Corot und
Daubigny entzückten neben den jüngeren Bou-
din, einem wundersamen Träumer, der glück-
selige Farben sah; Diaz, Dupre, Jongkind
und so weiterhin, fast alle Namen der glänzen-
Zeit von Barbizon in sehr guten Bildern. Ihnen
folgten im April Deutsche; bis auf Paul Baum,
310
Monatshefte für Kunstwissenschaft
von dem eine Menge Landsdiaftszeichnungen
von höchst eindrucksvoller Raumtiefe, zart und
voll Qualität, aber etwas monoton — alle von
der nordischen Schwerblütigkeit, die ihre Schöp-
fungen schwerer zugänglidi macht, aber auch
oft inniger lieben heißt; gewaltige Zeichnungen
von Käthe Kollwitz; Äkte und Landschaften
von E. R. Weiß, mitunter überwältigend in
ihrer Frische und sinnlichen Lebenskraft; Land-
schaften von Ulrich Hübner, die einen selb-
ständigen Weg zu einer koloristisch kräftigen
Form einschlagen und frohe Hoffnungen auf die
Entwicklung des Künstlers erregen. Bei Schulte
waren im März Sammlungen von Habermann
und Robert Weise ausgestellt; Weise stellt
eine glückliche Vermittlung zwischen dem de-
korativen Streben der Münchner Scholle und der
anmutigen Sinnlichkeit der modernen Schwaben
her, ist aber noch mitten auf dem Wege zu
seiner Synthese. Im Äpril gab es ebenda eine
große Übersicht über das Schaffen Heinrich
Zügels; es ist leider nicht der Raum, an dieser
interessanten und bis zur Einseitigkeit konse-
quenten Malernatur die Entwicklung des Licht-
problems bis zur Gegenwart darzustellen; nie-
mand, außer Liebermann, hat sich in Deutsch-
land um dieses Problem mit so großer Selb-
ständigkeit und Beharrlichkeit bemüht, wie
Zügel, aber gerade bei ihm wird auch die
Frage laut, ob nicht am Ende das, was Mittel
bleiben sollte, zum beschließenden Zweck ge-
worden ist. In jedem Falle eine ungemeine
Leistung, die den größten Respekt fordert. S.
s
MÜNCHEN —
Der langsam zu Ende gehende Winter hat
uns erfreulicherweise mit wertvollen Gaben
beschenkt. Er hat ferner Äusstcllungen in seltener
Vielseitigkeit gezeigt, deren Bedeutung und An-
regung die Aufnahmefähigkeit auf starke Probe
stellten. Fast möchte man wünschen, daß dieses
Kaleidoskop weniger rasch gedreht werde, um
die allzu flüchtigen Eindrücke zu tieferer Wir-
kung gelangen zu lassen. Von Menzel und
Wilhelm Busch zu van Gogh und Gauguin ist
ein weiter Schritt.
Menzel! Schmerzlich war die Lücke, die
bisher in der neuen Pinakothek durch das be-
dauerliche Fehlen von Werken des Berliner Alt-
meisters klaffte. Er, der gerne und lange in
München geweilt hatte, wo sich so vielfache
Anregung für sein lebhaftes Empfinden fand —
es sei an das Gemälde des Altars der Damen-
stiftskirdie in der Galerie Behrens in Hamburg
erinnert — , hat durch die ansehnliche Schenkung
seiner Nichte, Frl. Krigar-Menzel in der Pina-
kothek, wo er einen eigenen Raum erhalten
wird, ein treffliches Denkmal erhalten. Seit der
Jahrhundertausstellung, seit den Arbeiten von
Tschudi und Meier-Graefe über Menzel sind
wir bedeutet worden, den Anfängen des Meisters
größere Beachtung zu schenken, die intime Zeit
seiner Genrebilder nnd Studien als außerordent-
lich wichtig anzusehen, ja ihr für Menzels ur-
sprüngliche Begabung fast höheren Wert zu-
zugestehen als den Zeiten der Hofgunst und
der großen Geschichtsbilder. Die nach München
gelangenden Werke, stammen fast ausschließlich
aus seinen früheren Jahren. Da bisher nur die
Zeichnungen in der königl. graphischen Samm-
lung ausgestellt sind, sei mit Erlaubnis Herrn
Dr. Weigmanns aus dessen Aufsatz über die
Schenkung in der,, Münchner AllgemeinenZeitung“
folgendes mitgeteilt: Man begegnet in einem
gegenständlich so einfachen Bilde: „Menzels
Schwester an der Türe eines durch Lampenlicht
spärlich erleuchteten Raumes“ koloristischen Prob-
lemen, die in ihrer sicheren Lösung für ihre Zeit
— 1847 — aufs höchste überraschen müssen.
Die harmonische Kombinierung und feine Ab-
stimmung ihrer Tonwerte stempeln diese Studie
zu einem koloristischen Meisterstück. Das my-
stische Halbdunkel einer nur durch Altarkerzen er-
hellten Kirche in Innsbruck, bei der der Blick
wie mit magnetischer Gewalt über die andächtige
Menge auf die heilige Handlung gezogen wird,
das geheimnisvolle Spiel des Mondlichts um
den Chor biner Dorfkirche, aus deren ticf-
beschatteten Pfeilerpartien der rötliche Schein
eines schwach erleuchteten heiligen Grabes her-
vordämmert, der Widerstreit des fahlen Voll-
mondglanzes mit den gelblichen Lichtern eines
von innen und außen erleuchteten Fabrik-
etablissements — in solchen Motiven zeigt sich
Menzels sonst auf scharfe zeichnerische Auf-
fassung der Objekte ausgehendes Auge auch
den malerischen Erscheinungsformen offen.
Mit einem für seine Zeit bewunderungs-
würdigen Wagemut machte er sich — 1851 —
daran die dumpfschwüle Atmosphäre eines
kerzenerleuchteten Konzertsaales festzuhalten,
in der sich eine illustre Gesellschaft ver-
sammelt hat. Und wenn den Künstler auch ein
eminentes Gedächtnis in den Stand setzte aus
der Erinnerung die ganze Skala der Tonwerte
wiederzugeben, die das cindringendc Tageslicht
in der Dachkammer eines Büchertrödlers auf
den schmucklosen Wänden hervorzaubert, so
verschmähte er es doch nicht, gelegentlich auch
vor der Natur selbst den Pinsel in die Hand zu
nehmen. Die Schenkung enthält dafür zwei
Rundschau
311
treffliche Belege; eine kleine Landschaft mit
einem unter mächtigen Bäumen versteckten
Bildstock aus den Salzburger Bergen, und eine,
zwar im Vorwurf unscheinbare, in der Äus-
führung aber malerisch breite Studie: des
Meisters Pelz, nachlässig auf ein rotbraunes
Sofa geworfen.
Äus viel späterer Zeit (1863) datiert das
nach seiner Bildwirkung abgeschlossenste Öl-
gemälde der ganzen Reihe, der Äusblick von
einem Balkon des kgl. Schlosses in Berlin.
Neben einem Pastell aus dem Jahre 1857, Adam
mit Jagdbeute zu Eva zurückkehrend und einem
Aquarell aus dem Jahre 1847 enthält die Schenkung
ferner unter den Zeichnungen eine Reihe von
Darstellungen aus Menzels Familie, Skizzen von
Hoffestlichkeiten, vor allem aber Studien von den
Reisen des Künstlers in Süddeutschland. Einige
Blätter „Alte im Lehnstuhl“ und „Schlüssig,
Unschlüssig“ gehören den allerletzten Jahren an
(1902 und 1903). Dem Vernehmen nach wird
die nunmehr mit dem würdigen und stolzen Wort
„Menzel-Sammlung der Münchner neuen Pina-
kothek“ zu bezeichnende Schenkung durch eine
umfangreiche Publikation bekannt gemacht wer-
den. Dann werden wir nach Kenntnis der Ori-
ginale nochmals hierauf einzugehen haben.
Außer dieser großartigen Schenkung hat die
neue Pinakothek aus der Kollektivausstellung der
Werke Albert von Kellers durch Ankauf zwei
Bilder erhalten und weiterhin eine frühe Arbeit
Fritz von Uhdes, „La chanteuse“ erworben, die
ohne besonders charakteristisch zu sein (sie ist noch
unter Munkacsgs Einfluß entstanden) das Vor-
handene erfreulich ergänzt.
Die Nennung dieser führenden Meister der
Sezession gibt die Veranlassung, ganz kurz
auf die Frühjahrsausstellung dieser Vereinigung
einzugehen, nicht etwa um die wenig bedeuten-
den Münchner Bilder zu besprechen oder Zügels
kraftvolle Zeichnungen, Slevogts Iliasradierungen
und Landenbergers lichterfüllte Studien zu rüh-
men, sondern nur um einige Bedenken zu äußern
gegen die hier gebotene Zusammenhäufung einer
Anzahl der modernsten französischen Bilder
(Valloton,Vuillard,Bonnard,Roussel). Denn solche
Ausstellungen bergen doch die Gefahr in sich,
den jungen kräftigfrischen Münchner Nachwuchs,
der immer noch früh genug an die Seine geht,
zu einer unselbständigen Nachahmung zu ver-
leiten. Von diesem Gesichtspunkt aus sollte
man solche gewiß dankenswerten und für den
Kenner interessanten Experimente vielleicht
doch nicht allzu oft wiederholen. Auch die
vorzügliche Ausstellung von Werken van
Goghs, die in einer überraschenden Mannig-
faltigkeit zusammengebracht wurde, ist wohl
geeignet, als gute Vermittlerin für die Kennt-
nis des absonderlichen und doch durch nach-
giebiges Eingehen auf seine fabelhaft per-
sönlichen und ganz sicherlich fabelhaft künst-
lerischen Absichten zur Höhe des Genies ge-
tragenen Meisters betrachtet zu werden. Auch
sie möge ja nicht neben dem Guten, das sie zu
wirken berufen ist. Schädliches stiften durch eine
falsch verstandene Aufforderung zur Nachahmung.
Van Goghs Eigenart, welche die qualvolle An-
spannung und deshalb geistige Erkrankung mit
sich verbindende Auflösung seiner Gehirnnerven
bestimmte, die krank waren infolge einer furcht-
bar erregten Wahrnehmungsfähigkeit sinnlicher,
rein malerischer Eindrücke, gibt als künstlerisches
Resultat eine Überfülle von Licht und Farbig-
keit. Ja sie gibt die Überfülle in einer schmerz-
haften, kaum zu ertragenden Steigerung, vor der
das geblendete Auge hilfesuchend ruhige Töne
erfleht und sich ermattet schließen will um den
machtvoll ringsum flutenden Farben- und Licht-
wellen zu entrinnen. Wenn wir uns wohl ein-
mal verleiten ließen, angesichts ewiger Schöp-
fungen der größten Meister eine auf den zu-
nächst unmöglichen persönlichen Kontakt sich
gründende Unruhe zu empfinden, die wir dann
als Wirkungen der eminent persönlichen Ge-
staltungskraft und Gestaltenfülle solcher Genien
aufzufassen uns bemühten — hier wahrlich wird
dieser sonst akademisch aufgezwungene Zaum
freudig angelegt um späterhin ebenso freudig
fortgeworfen zu werden. Van Gogh verlangt
dabei nicht einmal das Aufgeben aller theore-
tischen Maximen, die sonst bei der kritischen
Betrachtung von Kunstwerken anzuwenden sind.
Er hat mit dem gleichen persönlichen Recht wie
etwa Richard Strauß oder E. T. A. Hoffmann
oder Arthur Rimbaud die Linie des künstlerisch
Erreichbaren bis zur aller allerletzten Möglichkeit
— hier nach der rein malerischen Seite hin — aus-
gedehnt. Was ihn dabei ebenso unsympathisch
macht wie die genannten Meister auf anderen
Gebieten der Kunst, es ist demnach nicht auf
der negativen Seite, sondern auf der positiven und
besteht in dem Gezwungenen und daher Un-
natürlichen, dem Problematischen und trotz aller
Genialität leider doch auf Effekt rechnenden
seines Malens. Wir hatten in der Kunsthand-
lung von Brakl Gelegenheit, fast Hundert
Arbeiten van Goghs betrachten zu können. Von
bescheidenen Anfängen, Landschaften, die in
der Nähe Monets liegen, bis zu den farb-
verbissenen Gewalttaten des Geisteskranken von
Arles war das wichtige zu sehen, das das Werk
des eigentümlichsten Malers der Vergangenheit
bildet, der das Hamletwort ins Gedächtnis ruft,
312
Monatshefte für Kunstwissenschaft
!
welch edler Geist hier zerstört ward. Eine sehr
erfreuliche Ergänzung dieser Zusammenstellung
war in der Kunsthandlung von Zimmer-
mann zu sehen. Hier befand sich die berühmte
Ärleserin, die endlich ihren Käufer gefunden
hat. Neben van Gogh wirkten hier einige frühe
Bilder von Gauguin und ein vorzügliches Land-
schaftsstück aus Tahiti farbenfreudiger und in
ihrer besseren Anspruchslosigkeit sympathisch.
Es gibt in München nur eine Privatsamm-
lung, die mit ernsten Absichten Werke der
neuen Franzosen, soweit sie hier im Lager der
Pointillisten Signac und Seurat, dort von van
Gogh und Gauguin, in der Plastik von Aristide
Maillol geschaffen wurden, angekauft hat. Da
wir diese Sammlung nunmehr leider von Mün-
chen nach Berlin verlieren, wird es ihr Besitzer,
Direktor Dr. Wolff, nicht dem Münchner Chro-
nisten übel nehmen, wenn er hier die Güte
rühmt, mit welcher seine Bilder den Fachgenossen
zugänglich gemacht waren. Das Ersuchen um
öffentliche Ausstellung wurde mit dem bedauer-
lichen, aber bei der einseitigen Empfindlichkeit
mancherMünchner Kunstkreise sehr verständlichen
Hinweis auf eine mögliche Ablehnung zurück-
gewiesen. Und doch wäre es recht schön ge-
wesen, mit den Kleinen in der Sezession einmal
die Großen, vor allem Maurice Denis, zu messen.
Noch andere Privatsammlungen sind aus
München fortgekommen. Der Wechsel der Diplo-
maten hat die Sammlung Pourtales, aus welcher
einige treffliche Stücke in der Münchner Re-
naissance-Ausstellung waren (s. den Aufsatz
von G. Habich im Münchner Jahrbuch der bilden-
den Kunst, 1. Halbband, 1907), nach Petersburg,
die besonders an italienischer Kleinplastik und
Werken der italienischen späteren Zeit sehr be-
merkenswerte Sammlung des Cav. Berti, welche
den Münchner Kunstforschern so gut wie un-
bekannt blieb, nach Lissabon entführt. Der
schöne Erfolg der genannten Renaissance-Aus-
stellung hat eine Ausstellung von Werken
alter Münchner Kunst angeregt, die in diesem
Sommer stattfinden sollte. Die erfreuliche Reich-
haltigkeit des Materials, das in kurzer Zeit zu-
sammenzubringen und entsprechend aufzustellen
nicht möglich war, gebot einen Aufschub auf
das nächste Jahr. Uhde-Bernays.
s
WIEN — ^
ln der Zeit vom 22. März bis 2. April fand
im Salon Pisko zu wohltätigen Zwecken eine
Ausstellung der Sammlung Eißler statt, und
zwar ihrer alten und neuen Meister mit Aus-
schluß der Österreicher.
Eine von feinstem Geschmack zeugende
Sammlung ist damit weiteren Kreisen bekannt
geworden. Fast jedes Stück ist von hohem
künstlerischen Wert, ganz große Meister sind
durch echte Werke vertreten; durch kleine,
schöne Arbeiten, die aber doch nur dem künst-
lerisch geschulten Beschauer ihre volle Qualität
offenbaren. Prunkstücke, die dem Laien impo-
nieren, fehlen fast ganz. Als zweites Charak-
teristikon der Sammlung erscheint mir die Plan-
mäßigkeit der Anlage. Nirgends in Wien wird
man so viele bedeutende Künstler des XIX. Jahr-
hunderts, Engländer, Franzosen, Belgier und
Deutsche nebeneinander repräsentiert finden.
Mit der Federzeichnung eines guten Schächers
von Dürer, monogrammiert und datiert 1517
beginnt die Reihe. Schäuffeleins doppelseitig
bemalte Tafel mit der „Geburt Christi“ und dem
„Gebet am Ölberg“ dürfte die Hälfte eines Flügels
eines großen Altarwerks sein. Etwas feiner in
der Ausführung ist die „Geburt“.^) Das Haupt-
stück unter den niederländischen Werken des
XVII. Jahrhunderts ist eine prachtvolle Bister-
zeichnung Rembrandts „der verlorene Sohn beim
Gelage“.
Zwei mäßig große Bilder, ein Stiergefecht
und eine Kommunion scheinen mit Recht den
Namen Goyas zu tragen und dürften dessen
späterer Zeit angehören. Die englischen Bilder
gruppieren sich um ein Bildnis in ganzer Figur
des Schotten Raeburn. Vier Landschaften von
Constable sind in ihrer Feinheit vielleicht nur
dem ganz verständlich, der die Größe des
Meisters von London her kennt. Ein Burne
Jones, Landseer und eine kleine Federzeichnung
„Sarasate“ von Whistler. Auch von den neueren
Franzosen sind wieder einige der bedeutendsten
vertreten. Ein gewaltiges Haupt Napoleons in
Wolken und ein Frauenkopf (La Folie) von Geri-
cault, von Delacroix prächtige Skizzen zu zweien
seiner bekannten Hauptwerke, dem „Massacre de
Scio“ und dem Deckenbilde der Salle Apollon des
Louvre; dazu die Federzeichnung eines Löwen.
Vorzüglich ist auch Daumier vertreten durch zwei
Ölbilder und ein Aquarell. Eine farbenprächtige
Illustration zu Boccaccio zählt zu Monticellis
reizvollsten Schöpfungen, auch der Heros der
Modernen, Manet, fehlt nicht ganz; eine Farb-
skizze einer Dame in ganzer Figur gibt von
seiner Art aber doch nur eine beschränkte Vor-
stellung, wenig mehr als die kleine Federzeich-
nung von der Kunst Whistlers. Und ähnlich
sind auch einige große deutsche Meister zwar
vertreten aber doch nicht ihrer vollen Bedeu-
•) Höhe 1,205 m, Breite 1,320 m.
Rundschau
313
tung nadi repräsentiert; Böd^lin mit zwei frühen
Bildern von 1861 „Spielende Putten“ und „Amor
und Psgdie“, höchst geniale, skizzenhafte in
sehr liditen Farben hingehauchte Phantasien.
Aus demselben Jahre zwei Bilder Lenbadis, ein
Porträt Böddins und ein von seiner späteren
bekannteren Art noch völlig abweidiendes
Bauernslück. Zwei reizende Märdienzeidmungen
von Ludwig Riditer, ein skizzenhafter Spitzweg,
eine vorzügliche Rötelzeichnung von Leibi, ein
weniger bedeutendes Landsdiafts-Aquarell von
Klinger, fünf prachtvolle Bleistiftzeichnungen
Menzels. Von Modernstem nenne ich 'Pastelle
von Khnopff und Rgsselberghe.
Den Malereien und Zeichnungen zugesellt
finden wir vorzügliche Werke der Plastik. Hier
beginnt die Reihe mit einer römischen Bronze-
statuette, mit Medaillen des Pisanello, deutschen
Plaketten des XVI. Jahrhunderts, einer Bronze-
statuette „Nessus raubt Deianira“ von Giovanni
da Bologna. Franzosen und Belgier des XIX.
Jahrhunderts stehen der Zahl nadi durchaus
im Vordergründe. Vier Tiergruppen von Barge,
eine Büste eines Chinesen von Carpeaux. Ein
Bronzerelief „la glebe“ von Meunier, eine Porträt-
büste von Rodin, interessante Kopien nach
Donatello und der Antike von M. Rosso seien
des weiteren genannt.
Diese feine Sammlung vonKleinstüdcen großer
Qualität setzt zu ihrem Genüsse ein hohes
Maß künstlerischer Schulung voraus. Viele Be-
sucher haben das instinktiv gefühlt. Wann wird
Wien eine moderne Sammlung besitzen, die
planmäßig angelegt, die gebieterisdi geforderte
Aufgabe zu erfüllen imstande wäre, der All-
gemeinheit ein klares Bild von Wegen und
Zielen der Kunst des XIX. Jahrhunderts zu geben
und damit die Basis für eine gerechte Beurtei-
lung der neuesten Bestrebungen zu schaffen?
Wilhelm Suida.
s
ROM.
Die Galerie Barberini wurde bis heute nicht
mit Unrecht eine Galerie der Enttäuschungen
genannt. Nachdem sich aber der Prinzipe Bar-
berini-Sacchetti entschlossen hat — vielleicht
als Sühne für den Verkauf von Botticellis Ver-
kündigung und Tizians Kardinal Bembo — die
Schätze seiner Privatgalerie mit der öffentlichen
Sammlung zu vereinigen, ist die Galerie Barbe-
rini eine der beachtenswertesten Privatgalerien
Roms geworden. Die früheren Hauptstücke der
Sammlung hatten ihre Anziehungskraft einge-
büßt, seitdem die Fornarina als Raffael ange-
zweifelt war, seitdem man behauptet hatte, das
berühmteste Porträt der Sammlung stelle weder
Beatrice Cenci dar noch sei es von Guido Reni
gemalt. Und Dürers Christus unter den Schrift-
gelehrten — ein wirres Beieinander von Händen
und Köpfen — hatte sich unter den italienischen
Meistern stets nur mühsam behauptet.
Der Principe Barberini ist mit zwölf Kindern
gesegnet, und es ist schon heute ein öffentliches
Geheimnis, daß höchstwahrscheinlich einmal alle
Kunstschätze des berühmten Hauses, die An-
tiken, die Gemälde und die Skulpturen Berninis
in den Besitz des italienischen Staates übergehen
werden. Es dürfte dem Principe der Entschluß
nicht schwergefallen sein, die Perlen seiner
Privatsammlung in die öffentliche Galerie zu
überführen und dieser stark in Mißkredit gera-
tenen Gemäldesammlung durch die Namen des
Melozzo, des Justus von Gent, des Fra Carne-
vale neuen Glanz zu verleihen.
Allerdings läßt die Anordnung der Gemälde
viel zu wünschen übrig. Die vier Räume er-
weisen sich als völlig ungenügend, den Reich-
tum der jetzigen Sammlung zu fassen. Von
irgend einer künstlerischen Anordnung hat man
völlig abgesehen. Die Bilder hängen in drei
oder vier Reihen übereinander, und häufig hängen
die besten Bilder am höchsten. Trefflich kommen
Fra Carnevales merkwürdige Bilder der Geburt
Mariae und der Darstellung im Tempel zur
Geltung, und ebenso mühelos kann man Me-
lozzos Porträt des Herzogs Federigo von Ur-
bino studieren. Im Cicerone wird die Klarheit
und Leuchtkraft der Farbe dieses Bildes ge-
rühmt. Mit Unrecht! Die Möglichkeit, das
Tafelbild genauer zu untersuchen, läßt erkennen,
wie sehr gerade dieses Gemälde übermalt wor-
den ist. Ein besonders schönes Gemälde des
Francesco Cossa von Ferrara ist viel zu hoch
gehängt, wie auch der größere Teil der be-
kannten Idealporträts des Justus von Gent.
Aber daß gerade diese merkwürdigen Porträts
aus dem Studio des Herzogs von Urbino dem
allgemeinen Studium zurückgegeben worden
sind und mühelos mit den Bildnissen im Louvre
verglichen werden können, ist mit besonderer
Freude zu begrüßen.
s
Neuordnung der Protomoteca der berühm-
ten Männer im Conservatorenpalast. Die mo-
dernen Marmorbüsten berühmter Männer, welche
zuletzt in einem dunklen Raume des Conser-
vatorenpalastes äußerst ungünstig aufgestellt
waren, sind jetzt in höchst würdiger Weise
links im Erdgeschoß untergebracht worden, wo
früher irgend ein Korps der städtischen Wadit-
314
Monatshefte für Kunstwissenschaft
mannsdiaft ihr ziemlich schmutziges Quartier
hatte. Bekanntlich wurde diese Galerie — ein
Seitenstück zu der weit berühmteren Maler-
galerie der Uffizien — unter Pius VII gegrün-
det, dessen herrliche Büste von Canovas Hand
zu den schönsten Stücken der Sammlung ge-
hört. Damals wurden audi die Büsten aus dem
Pantheon nadi dem Kapitol überführt, unter
ihnen die Bildnisse von Raffael und Ännibale
Caracci, welche Carlo Maratta ausführen ließ,
die des Taddeo Zuccari, des Nicola Poussin
u. a. m. Äußer Poussin wurden noch Winkel-
mann, Raffael Mengs und Ängelica Kaufmann
der besonderen Ehre gewürdigt, in einem
Ruhmestempel prangen zu dürfen, der eigent-
lich nur Italienern offen stehen sollte. Äuch
sonst finden sich unter vielem Minderwertigen
mancherlei gute und merkwürdige Bildnisse
wie das des i. J. 1554 in Rom ermordeten be-
rühmten Ärchitekten Bartolomeo Baronio und
einige Ärbeiten Canovas, der aus Dankbarkeit
gegen seinen großmütigen Gönner Pius VII.
auch eine Anzahl Büsten gestiftet hat.
Ägostino Tofanelli hat in seiner Beschreibung
der Gemälde und Skulpturen des Kapitols diese
Büsten im Einzelnen aufgezeichnet. Schon bei
ihm vermissen wir aber die mythische Büste
Gabriel Faernos, des Cremoneser Dichters, die
niemand anders als Michelangelo ausgeführt
haben soll. In seinen Cremonensium monumenta
Romae extantia hat Vairani die Büste abgebil-
det, allerdings ohne beweisen zu können, daß
sie den Faerno darstellt und daß sie ein Werk
des Michelangelo ist. Immerhin würde man
dankbar sein zu erfahren, was aus dieser Büste
geworden, ob sie sich unter den antiken Büsten
in den kapitolinischen Museen verbirgt, ob sie
in ein anderes römisches Museum gelangte, oder
ob sie überhaupt nicht mehr aufzufinden ist.
Man wird die neue Sammlung, die den gan-
zen linken Flügel des Erdgeschosses umfaßt,
von demselben Korridor aus betreten, der zu
den Sammlungen im oberen Stockwerk führt.
Die Eröffnung ist in nächster Zeit zu erwarten.
s
Am neuerbaufen Palazzo Venezia schräg
gegenüber von S. Maria di Loreto ist nun
endlich wieder am 29. Januar d. J. die Inschrift an-
gebracht worden, die man früher in der ver-
schwundenen Via de’ Fornari am Hause Michel-
angelos las. Sie lautet:
QUl ERA LA CASA CONSACRATA DALLA
DIMORA E DALLA MORTE DEL DIVINO
MICHELANGELO S. P. Q. R.
1871
Fast zehn Jahre lang hat diese Inschrift in
einem römischen Magazin verborgen gelegen,
bis sie von den Assicurazioni generali di Venezia
an dem ihnen gehörenden Palast angebracht
wurde. Nichts erinnert heute mehr an dieser
Stätte an den Macell’ de’ Corvi, nichts an das
Haus und den Garten Michelangelos mit seinen
hohen Lorbeerbäumen. Und diese armselige
Inschrift stellt bis jetzt eigentlich alles dar, was
die Stadt Rom getan hat, das Andenken des
Mannes zu ehren, der in der Sixtina die Decke
gemalt und über St. Peter die Kuppel ge-
wölbt hat.
An der alten Münze Roms in der Via de’
Bauchi vecchi haben die Goldschmiede der
ewigen Stadt dem Benvennto Cellini unlängst
eine Denktafel errichtet. Sie besagt, daß Ben-
venuto Cellini in diesem Hause „eretto ad uso
di zecca“ seine köstlichen Goldschmiedearbeiten
ausgeführt hat. Höchst bezeichnend für den
mangelnden historischen Sinn der Römer, der
sich durch den Abbruch des Palazzetto di Venezia
in so erschreckender Weise dokumentiert, ist es,
daß eine alte Inschrift ihren Platz verändern
mußte, um für eine neue Platz zu machen. Die
berühmte Inschrift, in welcher Julius II die Be-
freiung Roms und die Erneuerung des Kirchen-
staates feierte, wurde aus der Via de’ Banchi
vecchi ohne weiteres an ein naheliegendes Haus
der Via de’ Banchi nuovi versetzt. Schon Fea
sah diese Inschrift im Jahre 1822 dort, wo auch
wir sie bis zum Jahre 1907 gesehen und brachte
sie in seinen Notizie -intorno Raffaellc zum
Abdruck.
s
Der neue Entwurf eines Gesetses „per le
Antichitä e Belle Arte“ wurde am 12. Februar
vom Parlament genehmigt. Das neueste Heft
des Bolletino d’Arte, das sich in kürzester Zeit
zum vornehmsten offiziellen Organ der Archäo-
logie und Kunstwissenschaft in Italien durch-
gesetzt hat, bringt diesen Entwurf extense. Die
hauptsächstlichsten Punkte beschäftigen sich mit
den Kunstwerken historischen, archäologischen
und künstlerischen Interesses, die dem Staate
selbst gehören oder als Privateigentum ohne
Zustimmung des Staates nicht veräußert werden
dürfen. Unter diesen Paragraphen fallen alle
Immobilien Gärten, Wälder, ganze Landschaften,
Wasserläufe usw. als Mobilien: Codices, Manu-
skripte, Incunabeln, seltene Drucke und Stiche
und Münzsammlungen. Veräußerung aller sol-
cher Gegenstände darf ohne Vorwissen des
Staates bei einer Geldstrafe von 500— 10 000 Lire
überhaupt nicht geschehen. Ausführung aus
Rundschau
315
Italien ist nur gestattet, nachdem der Staat auf
sein Verkaufsrecht verzichtet hat. Den Preis
zu bestimmen, wird eine besondere Kommission
eingesetzt.
Weiter behält sich die Regierung das Recht
vor, Äusgrabungen vornehmen zu lassen, wo
immer es ihr gefällt, womit natürlich ein weit-
gehendes Recht der Expropriation verbunden
ist. Private Äusgrabungen kann das Unter-
richtsministerium gestatten, besondere Beauf-
sichtigung und besondere Vorrechte für den
Änkauf vorausgesetzt.
Das unglücklidie Photographiegesetz wird
endlich beseitigt, und es ist zu hoffen, daß die
Photographen Italiens daraufhin ihre unter-
brochene Arbeit in den staatlichen Sammlungen
Italiens bald wieder aufnehmen werden. Äuch
das Recht der Reproduktion aller Photographien
in italienischen Publikationen wird freigegeben.
Dieser Gesetzentwurf, so sehr er auch Inter-
essen des Staates vertritt, so sehr er auch die
Erhaltung und wissenschaftliche Ausbeute alles
dessen im Auge hat, was sich in Italien auf
Archäologie und Kunst bezieht, muß doch dem
Privatbesitz gegenüber als Härte empfunden
werden. Schon das Expropriationsgesetz dürfte
Bedenken erregen, und wer wird in Italien noch
eine Privatsammlung besitzen wollen, wenn das
Verbot freihändiger Veräußerung sich auch auf
Miniaturen, Münzsammlungen, Stiche usw. er-
streckt? Privatsammlungen dürften heute in
Italien noch weniger angelegt werden als früher,
und die Händler sehen sich mit ihren Verkäufen
mehr denn je auf das Ausland angewiesen.
8
Eine große Publikation über die päpstlichen
Münzen im Münzkabinett des Vatikans bereitet
der Direktor dieses Kabinetts, Camillo Se-
rafini, vor. Wie' alle Schätze aus Silber und
Gold im apostolischen Palast, so hat auch die
einzigartige Münzsammlung die mannigfachsten
Wechselfälle erfahren. Noch im 18. und 19.
Jahrhundert wurde sie von den Franzosen
zweimal geplündert und ihr glänzender Be-
stand, wie es durch einen vor ca. 150 Jahren
verfaßten ausführlichen Katalog dokumentiert
wird, ist noch immer nicht wieder völlig er-
gänzt worden. Die Publikation Serafinis, der in
Rom als der beste Kenner päpstlicher Münzen
und Medaillen gilt, soll drei Bände päpstlicher
Münzen im Vatikan und vielleicht einen Er-
gänzungsband von Münzen anderer Kabinette
umfassen. Neben den monete werden die bolle
plumbee papali bearbeitet werden. Die Ver-
öffentlichung des ersten Bandes ist bereits für
das Jahr 1908 ins Auge gefaßt: ein stattlicher
Quartband von ca. 400 Seiten mit 70 Tafeln
und etwa 24 Münzen auf jeder Tafel. Alle
Münzen verschiedenen Wertes sollen verzeichnet
und so weit wie möglich abgebildet werden.
Es ist zu hoffen, daß dieser Publikation
päpstlicher Münzen, welche in jeder Hinsicht
mustergültig zu werden verspricht, eine eben-
solche der Medaillen folgen wird, obwohl, wie
bekannt, auch hier die vatikanische Sammlung
schwere Einbußen erlitten hat und nicht die
Schätze besitzt, die man vielleicht erwarten
Ernst Steinmann.
In der Sitzung des kaiserlich deutschen ar-
chäologischen Instituts vom 20. März berichtete
zuerst das Ehrenmitglied desselben Gian Fran-
cesco Gamurrini von Arezzo über eine kürzlicli
bei der Restaurierung des Bischofspalastes in
Viterbo gefundene lateinische Inschrift. Dieselbe
befand sich auf einem Cippus, der vielleicht im
12. Jahrh., als der Bau des Palastes begann, von
Ferentum, das einige Miglien nördlich von
Viterbo liegt, weggeschleppt undzu einem Capitell
verarbeitet wurde. Die an der linken Seite frag-
mentierte Inschrift enthält eine Dedikation für
den Kaiser Konstantin den Großen und ist da-
durch wichtig, daß in ihr der Name des Dedi-
kanten „Ferentienses“ vorkommt. Die Inschrift
ist in dem ersten Hefte einer Zeitschrift publi-
ziert, welche das Organ einer Gesellschaft bildet,
die sich die Pflege der Geschichte und Kunst
Viterbos zum Ziele setzt. Zu diesem Vortrag
ergriff dann der Sekretär des Instituts Prof.
Hülsen das Wort und erörterte die verschiede-
nen Formen des Namens der Stadt Ferentum.
Als wahrscheinlich richtig nahm er die Form
Ferentis an und wies darauf hin, daß die sel-
tenen Endungen auf -is gewöhnlich bei Städten
Vorkommen, die an gleichlautenden Flüssen ge-
legen waren, wie z. B. Äesis, das jetzige Jesi. —
Als zweiter sprach Herr Matteo Piccione, Her-
ausgeber eines periodisch erscheinenden Kampf-
blattes „battaglie d’archeologia“, einer Zeitschrift,
wie sie in Italien, wo alles eine persönliche Spitze
hat, nicht selten Vorkommen. Er sprach über
die Bronzetechnik der Alten und scheint als
Mann der Praxis sich auf diesem Gebiete Kennt-
nisse erworben zu haben, welche den Buchge-
lehrten gewöhnlich mangeln. Interessant war
seine Behauptung, daß die berühmte archaische
Biga von Norcia, die er freilich im Originale
nie gesehen hat, nicht, wie allgemein angenommen
wird, getrieben, sondern gegossen sei. Die Alten
hätten nicht das Pech zur Unterlage beim Bronze-
21
316
Monatshefte für Kunstwissenschaft
treiben sondern Blei dazu benützt. Piccione
erörterte dann die Münzfälschungen, besonders
die Nachahmungen der jetzt so gesuchten Deka-
dradimen von Syrakus, ferner den antiken
Lötungsprozeß. Seine das zahlreiche Auditorium
sichtlich anregenden Ausführungen brachte
Piccione mit einem Schwünge und Eifer vor,
welche in dem Sprecher den leidenschaftlichen
Romagnolen gleich erkennen ließen.
Ludwig Pollak.
s
VENEDIG
Die Accademia di Belle Arti hat sich in
letzter Zeit aufs erfreulichste bereichert. Eine
der wichtigsten Erwerbungen des Instituts ist
ein Porträt von der Hand des fruchtbaren und
doch gediegenen Lorenzo Lotto. Er ist in
neuerer Zeit seinem vollen Werte nach aner-
kannt worden. Früher hat man ihn nicht als
Maler ersten Ranges gelten lassen wollen; aber
ein aufmerksames und liebevolles Studium seines
Lebenswerkes hat zu seiner Wertschätzung ge-
führt und ihm seinen Rang unter den Künstlern
der Renaissance gesichert. Als Porträtmaler ist
er unter den Italienern eine einzigartige Er-
scheinung: er weicht dem Zeremoniellbildnis
aus und pflegt einerseits das familiäre, ander-
seits trachtet er den Geist seiner Modelle deutlich
herauszugestalten. Das erworbene Bild auf Holz
gemalt (0,77X0,57) kostete 7000 Lire; es ist ein
männliches Bildnis in dreiviertel Ansicht, wahr-
scheinlich das eines Gelehrten, eines Mannes mit
schwarzem Barthaar, olivengrauem Teint, melan-
cholisch forschenden dunklen Augen. Am Kopf
ein schwarzes Käppchen, wie es die Männer
der Wissenschaft im 16. Jahrhundert gewohnt
waren zu tragen, pfirsichfarbig die Gewandung,
welche restauriert wurde. Der Hintergrund ist
nachgedunkelt und die linke Hand, die eine
Rolle hält, verputzt; von der schmalen und
nervösen Rechten sind nur drei Finger zu sehen.
Unter den Porträts Lottos ist dieses vielleicht
zwischen seiner ersten und zweiten Malweise
(1508—1512) zu zählen; es stammt aus der
Galerie Caradori und Racanati, an welchem Ort
der Meister zweimal weilte, und war bis jetzt
unbekannt geblieben. Das Bildnis steht jedoch
nicht auf der Höhe von Lottos Porträt, des
Mannes im roten Bart, in der Brera-Galerie in
Mailand oder jenes des Bischofs de Rossi im
Museum zu Neapel. — Über die Authentizität
eines soeben erworbenen Bildes Lorenzo Lottos
(für 6000 Lire) haben wir guten Grund zu
zweifeln. Vasari berichtet, daß er im Hause
€ines Florentiners zu Empoli eine Christigeburt
Lottos gesehen, die wunderschön war. Haupt-
sächlich vom Bambino sei das Bild überstrahlt,
Maria sei kniend dargestellt, und eine ganze
Figur, welche die Züge Marco Loredans auf-
weist, bete das Kind an. Diese Beschreibung
stimmt auf das neuerworbene Bild, es aber
bellissimo, wie Vasari, zu bezeichnen, davon
sind wir weit entfernt. Das Werk ist ganz
Barock, so auch die Technik, der asphaltfarbige
Hintergrund, die rot und blau angetane
Madonna. Wohl besitzt der im samtenen
Scharlachrot gekleidete Donator einige Fein-
heiten in Farbe und Pinselstrich; die Form der
verwischten Inschriftstafel mahnt an den Stil
des Seicento. Einiges leidenschaftliche in den
Bewegungen und phantastische in der Kompo-
sition ist dem Bilde nicht abzusprechen. Wir
haben es sicher nicht mit dem Bilde, das Vasari
nennt, zu tun, sondern mit einem Werke des
18. Jahrhunderts, und müssen Lorenzo Lotto
ganz und gar ausschließen.
Ein Chef d’oeuvre hingegen ist das neu ge-
kaufte (für 9000 Lire) Bild „Anbetung der drei
Könige“ von Jacopo da Ponte. Dieser große
Künstler wird immer mehr zu Ehren kommen.
Eine Wiederholung dieses Gemäldes befindet
sich in der Corsini-Galerie (Rom); das venezia-
nische Bild stammt aus der zweiten Periode des
Meisters, der naturalistischen. Da Ponte ver-
legt die Szene ins Freie vor einer Strohhütte,
die sich an dem Sodcel massiver Säulen an-
lehnt und auf Landschaft Ausblick gewährt.
Alles ist auf kräftige Kontrastwirkung zwischen
hell und dunkel berechnet. Im Vordergrund
kauert die rotgekleidete Maria, die zwei Enden
eines Tuches emporhebt und das nakte Kind
den Hirten zeigt, die teils kniend, teils in ge-
beugter Stellung abgebildet sind. Eine Kuh
beröchelt das Bambino, rechts im Vordergrund
eine Ziege mit Knabe, der an der Szene ganz
unbeteiligt ist und sich an einem Feuer zu
schaffen macht. Das ganze Bild hat, im Gegen-
satz zu dem im Saale befindlichen Bassanos,
eine mehr spanische, als venezianische Auf-
fassung.
Durch Ankauf „des Engels“ von Pier Maria
Perinacchi (für 7000 Lire), der seit Monaten von
Herrn Douglas nach England gebracht wurde
und jetzt in die Accademia kommt, bezweckt
man ein Orgelflügelwerk zu rekonstruieren,
welches der Meister ursprünglich für die S. Maria
Miracoli -Kirche zu Venedig gemalt hatte. Auf
dem ersten Bild bricht ein warm-goldiges Licht
von einem offenen Fenster ein und beleuchtet
von der Rückseite den rothaarigen Engel, welcher
in der Linken eine Lilie hält und die Rechte
wie zum Segen erhebt. So schreitet er Maria
Rundschau
317
entgegen, die auf dem zweiten Bild vor einem
mit Intarsien reich verzierten Betpult in Profil
dargestellt ist. Den Hintergrund dieser knien-
den Madonna bildet ein karminroter Vorhang,
während eine Renaissancetüre im Mittelpunkt
auf eine Hügellandschaft, worauf sich ein Schloß
erhebt, Äusblick gewährt. Die dritte Leinwand
bringt uns vor Äugen die hünenhafte Gestalt
des heiligen Petrus; während das vierte Stück,
ein heiliger Paulus, verloren gegangen ist. —
Von Giovanni Buonconsiglio, dessen Hauptwerk,
eine Pieta, in der Galerie zu Vicenza zu finden
ist, wurde ein Fresko (für 6000 Lire) erworben:
eine renaissance Halle, grau in grau gemalt,
darstellend; in dieser thront eine überlebens-
große Maria. Technisch interessant und mit
großem Geschick ist das Ganze hingestrichen.
Weiter erwarb die Äccademia zwei belanglose
mgthologische Bilder des Sebastiano Ricci (beide
für 3000 Lire); dann zwei Landschaften mit
figürlicher Zutat von Giambattista Zeis (beide
für 800 Lire).
Durch Schenkung bereidierte sich das In-
stitut mit einer signierten Tafel des primitiven
Giovanni Francesco dal Zotto, der zirka 1450
in Friual zu Tolmezzo geboren ist. Nach dem
Jahre 1508 erfahren wir nichts mehr von seinem
Leben und von seinen Werken. In der Carnia
können wir noch manche Freskos des Künstlers
auffinden. Seine Madonna mit Engeln im Hinter-
grund der Äkademie ist hart in den Konturen,
dumpf in Farbe und steif in Zeichnung; nament-
lich fällt das platte Gesicht Marias auf. — Zu-
letzt sei noch „Maria im Tempel“ von Tinto-
retto erwähnt, das aus der Gesuiti-Kirche stammt
und just in Besitz der Galerie gekommen ist.
Die Komposition dieses Bildes ist sehr charak-
teristisch; so auch der silbergraue Ton und
einiges Gelb und Blau, mahnt an Paolo Veroneses
Werke. Jedoch merkt man an diesem Tinto-
retto auch manche Änklänge an Ändrea Schia-
vone; dies mag wohl seinen guten Grund haben,
da ein Werk des letzteren, das wahrschein-
lich sich jetzt in einer Privatsammlung zu Paris
oder London befindet, sich bereits, bevor Tinto-
retto seine Maria im Tempel malte, an der-
selben Mauerfläche der Gesuiti-Kirche befand.
So versuchte der große Tintoretto die Harmonie
des Raumes nicht zu stören. Brosch
s
PARIS — :
Aus Nancy kommt beunruhigende Kunde:
an der Place Stanislas, dieser Perle des Louis
XV, soll an Stelle eines Pavillons, der bisher
dem Bischof zur Wohnung diente, ein Theater
errichtet werden, wodurch die Stileinheit dieser
herrlichen Schöpfung des XVIII. Jahrhunderts
zerstört wäre. Von allen Seiten hat sich Protest
gegen diese, übrigens auch gegen die Vorschrif-
ten über die Erhaltung der „historischen Monu-
mente“ verstoßende Barbarei erhoben, so daß
in diesem Falle die Trennung von Kirche und
Staat wohl kein Unheil anrichten wird, die sonst
so viele Kunstwerke zerstreut, so viele alte
trauliche Winkel der Bauspekulation zum Opfer
gebracht hat.
Wann das Luxembourgmuseum in das eben-
falls durch das Trennungsgesetz freigewordene
Seminar von St. Sulpice übersiedeln wird, ist
nun wieder ungewiß. Alles ist im Prinzip be-
schlossen, aber auf die nötigen Kredite ist in
diesem Jahre kaum zu hoffen, da das marokka-
nische Abenteuer unerwartete Ansprüche an das
Budget stellt.
Das Louvre hat inzwischen einige Bereiche-
rungen erfahren. So hat man um 25000 Franken
einen Greco, den Erlöser am Kreuz darstellend,
erworben. Das Werk war vor ungefähr 80
Jahren von dem Bankier Isaac Pereire der Mairie
von Prades (Pgrenees Orientales) geschenkt
worden und wird nun eine erwünschte Ergän-
zung zu den wenig zahlreichen Bildern der
spanischen Schule im Louvre bilden. Außerdem
wurde eine italienische Bronze des XVI. Jahr-
hunderts, ein Dornauszieher, sowie ein phöni-
kischer Thronsessel gekauft.
Der GrafPotocki hat seine Leihgabe, „Rem-
brandts Bruder“ zurückgezogen und dafür einen
schönen Tizian, ein angebliches Porträt Alfons
d’Estes auf ein Jahr geliehen.
Die Sammlungen des Museums in Lille wur-
den durch einen Raub der Europa von Jordaens
(datiert 1643) bereichert, dessen Anschaffung um
20000 Fs. durch die Zinsen der Stiftung Brasseur
ermöglicht wurde. In Nevers werden die bis-
her in verschiedenen Lokalen zerstreut gewese-
nen Kunst- und Äntiquitätenschätze in einem
Museum vereinigt werden, nachdem die Opfer-
willigkeit des Conservators der Gemäldesamm-
lung, des Herrn Blandin, die nötigen Mittel
hierzu zur Verfügung gestellt hat.
In einer Reihe von Ausstellungen hat man uns
in Paris, bald im Verein mit neueren Werken, bald
allein Werke der ältern Kunst vorgeführt: so
hat die neubegründete Societe d’Art franc^ais in
ihrer ersten Ausstellung im Cercle de la librai-
rie, neben tüchtigen Werken von Guerin,^ La-
prade, Ottmann, Dezire u. a. m. eine sehr wert-
volle Retrospektive von Werken Constantin Guys
gebracht, der, zuerst von Charles Baudelaire als
318
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Maler des modernen Lebens gepriesen, heute
yielgerühmt und wenig gekannt wird.
Einen originellen Überblick über das künst-
lerische Schaffen der Frau gab eine Äusstellung
in dem nach Londoner Muster gegründeten
Damenklub „Lyceum France“, wo Judith Leyster,
Rosalba Carriera, Fragos Schwägerin Marguerite
Gerard, Prudhons Freundin Constanze Mager,
Ängelika Kauffmann, Mme. Vigee Lcbrun, Eva
Gonzales, Berthe Morizot, Marie Bashkirtsheff,
Rosa Bonheur u. a. m. wirkungsvoll für die
Ernstheit weiblichen Kunstschaffens plädierten.
Bei Blot (rue Richepanse) sahen wir eine
größere Änzahl von Werken Daumiers ver-
einigt. Wenn diese Äusstellung auch meist be-
kanntes brachte, so erfreut doch jede Gelegen-
heit, die uns Werke dieses großen Meisters
sehen läßt.
Das Museum Galliera zeigt eine sehr wert-
volle Äusstellung bedruckter Baumwollstoffe,
Erzeugnisse jener Industrie, die, von dem Bagern
Oberkampf in Jouy begründet, zunächst dem
indischen und holländischen handgedruckten
Kattun ein französisches, bald sehr geschmack-
voll und originell entwickeltes Produkt entgegen-
stellte.
Ein sehr witziges und echt pariserisches Äus-
stellungsprojekt planen der bekannte Bibliophile
Paul Gallimard und der Schriftsteller Camille de
Ste. Croix: Sie wollen eine Änzahl von Bildern
zusammenbringen, die seit 1789 von den Jurys
des Salons refüsiert wurden: Corot, Millet, De-
lacroix, Diaz, Decamps, Chasseriau, Courbet,
Barge, Puvis de Chavannes, Manet, Monet und
alle andern Impressionisten werden im Petit
Palais mit ihren Werken gegen die Unfehlbar-
keit der Juroren sprechen.
Von modernen Äusstellungen ist nicht viel
zu berichten: Vuillard bei Bernheim, Thiesson
bei Blot. Wichtiger ist die Societe Nouvelle bei
Petit, in der die hervorragendsten Künstler des
Champ de Mars eine fein gewählte Frühjahrs-
ausstellung bringen. Das Schicksal der Indepen-
dants ist nun wohl endgültig besiegelt, der
Herbstsalon und die Privatsalons haben ihn ge-
tötet: während noch vor wenigen Jahren in den
T reibhäusern an der Seine frisches Leben herrschte,
sind unter den 6700 Bildern von 1908 nur wenige
die etwas Neues zu sagen haben. Der gute alte
Stamm zieht sich zurück, Dilettanten und Äkro-
baten behaupten des Feld.
Rudolf Ädelbert Meyer.
LONDON ^ =
Im Juli 1905 wurde im Mansion House eine
Versammlung abgehalten, die beschloß, Shake-
speare zum 300jährigen Todestage (1916) ein
würdiges Denkmal in London zu errichten,
worunter man ein architektonisches Monument
inklusive einer Statue verstand. Ein Mr. Badger
nämlich hatte 1000 Pfund für diesen Zweck dem
London County Conncil überreicht, und nun sollte
das große Publikum nicht nur Englands, sondern
aller Länder mobil gemacht werden, um die noch
fehlenden 199000 Pfund Sterling aufzubringen.
Wie in solchen Fällen üblich, wurde auch da-
mals ein „repräsentatives“ Komitee ernannt,
dem der Präsident der Royal Äcademy, Sir
E. Poynter, der Erbauer des neuen Victoria und
Älbert Museums, SirÄ. Webb, u. a. angehörten.
Äls geeigneten Standort daite man sich da-
mals die Südseite der Themse, die nahe Ässo-
ziationen mit Shakespeare und seiner Zeit be-
sitzt. Dieses Komitee arbeitete nun im Stillen
eifrig, sehr eifrig weiter und war am 6. März
1908, also nach fast drei Jahren, so weit ge-
kommen, in einer Versammlung im gleichen
Hause folgende Vorschläge machen zu können:
daß ein großes Ärchitekturmonument inklusive
einer Statue im Park Crescent (nahe dem großen
Regent Park, aber weit ab vom Zentrum Lon-
dons) errichtet werden solle, für das nur Künst-
ler englischsprachiger Lande (also von England
selber bis hinab zu den Falkland Islands in
Südamerika) Entwürfe einreichen dürften, und
zwar immer möglichst zwei zusammen, ein
Ärchitekt und ein Bildhauer (denn wenn jeder
hübsch auf seinem Gebiete bliebe, könne es
doch gar nicht fehlen); ferner, daß die Künstler
zunächst eine kleinere Skizze einreichen sollten,
aus denen dann von einem Komitee sechs zur
engeren Wahl ausgewählt werden würden.
Diese sechs ausgewählten Entwürfe sollten dann
von den betreffenden Künstlern genauer aus-
geführt werden, wofür ihnen ein sogen. „Hono-
rarium“ zuteil werden solle. Die Skizzen, und
nun lese und staune man, sollen bis 31. Juli
dieses Jahres, also in vier Monaten höchstens
(denn noch ist ja nichts entschieden), die end-
gültigen Entwürfe aber bis 28. Februar nächsten
Jahres eingereicht werden, damit das Monument
auch noch rechtzeitig im Jahre 1916 zur großen
Shakespearefeier fertig werden könne.^) Und
diese Vorschläge macht das Komitee, das fast
drei Jahre dazu gebraucht hat, um zu diesen,
um es zart zu sagen, seltsamen Entschlüssen zu
kommen! Ein eklatanteres Beispiel, auf welch
unsinnige Weise heutzutage solche Denkmals-
Seitdem diese Zeilen geschrieben worden, sind die
Termine mit etwas mehr Einsicht dahin abgeändert worden,
daß man für die erste Skizze den 1. Jan. 1909 als End-
termin festgesetzt hat, während die Zeitgrenze zur Äb-
lieferung der endgültigen Entwürfe zunächst noch unent-
schieden bleibt.
Rundschau
319
Ausschreibungen zustande kommen, könnte man
wohl kaum finden. Die Komiteemitglieder haben
offenbar sich gar nicht klar gemacht, daß unter
solchen Umständen nur wieder eines der vielen
schrecklichen „Monumente" mehr geschaffen
werden kann, die London allüberall verunzieren.
Schon „schmückt“ solch ein Shakespearedenkmal
den Leicesterplatz, auf dem der große Dichter
als kleiner Gernegroß in „dichterischer Ättitüde“
mit gekreuzten Beinen dasteht. Soll ein zwei-
tes solches Werk nun seine Manen beleidigen?
Freilich, diesmal will man ja einen Ärchitektur-
rahmen großen Stiles um die Statue herum-
bauen; aber da wird wohl ein zweites Prince
Consort Denkmal daraus werden, als welches
es kein öderes, planloseres, kunstfeindlicheres
Monument auf der ganzen Erde gibt. Und zu
einer solchen Tat fordert man nun Beiträge von
aller Welt! Geben darf jeder, aber was mit
dem Gelde wird, das bestimmt das Komitee,
dem von ausländischen Vertretern nur der ame-
rikanische Botschafter in London attackiert wird,
der, auch recht seltsamerweise, den Bildhauer
auswählen soll, der mit einigen anderen Künstlern
und Nichtkünstlern alsjurore für die Äuswahl jener
sechs Skizzen fungieren wird. Äll die anderen
Botschafter, Gesandten und wie die Herren des
Corps Diplomatique alle heißen, sie sollen nur
ein Spezialkomitee bilden zum trefflichen Zwecke
des Geldherbeischaffens , denn alle englisch-
sprachigen Lande von England selber bis herab
zu den Falkland Islands dürften, so fürchtet das
Komitee, die gewünschten 200000 Pfund nicht
aufbringen. Älso Deutschland, Frankreich usw.
vor! Ich habe diese Denkmalidee und ihre
näheren Umstände hier nur deshalb so aus-
führlich dargestellt, um einmal die historisch
interessante Ärt, wie heutzutage Kunstaufgaben
ersten Ranges behandelt und vergeben werden,
zu beleuchten (man vergleiche damit die Re-
naissancezeit und ihre Ergebnisse!) und sodann
jedermann ernstlich vor einem Beitrag zu die-
sem so gänzlich unklaren und unverdauten und
künstlerisch wenigstens fast sicher zum Schei-
tern verdammten Plane zu warnen. Wo ist
denn in den englischsprachigen Landen heutzu-
tage überhaupt ein Bildhauer, der eine Statue
Shakespeares , des Dichters würdig schaffen
könnte? Den einen Bildhauer, der symbolisch,
nicht wie es offenbar gewünscht wird realistisch
(d. h. also wohl im spanischen Mantel, Degen,
Schnallenschuhen usw.!), den unerschöpflichen
Kunst-, und Kulturinhalt, den uns der Name
Shakespeare bedeutet, unseren Äugen sichtbar
machen könnte. Rodin, ihn schließt man von
vornherein aus, denn er kann, so meint das
Komitee, als nicht zu einer englischspradiigen
Rasse gehörig, Shakespeares Genius und Dä-
monentum nicht in all seiner Tiefe erfassen.
Ist je das Nationalitätsprinzip engherziger, un-
verständlicher, gefährlicher geübt worden als
hier? Erfreulich bei der ganzen Sache sind nur
zwei Punkte, einmal, daß vorläufig noch kein
Geld vorhanden ist, den Plan zur Wirklichkeit
werden zu lassen, außer wohl jenen 1000 Pfund
und einigen Versprechungen, so von Venedig,
das seinen Schilderer ehren möchte und allzu
leichtfertig dem Komitee vertraut: sodann, daß
zahlreiche einflußreiche Männer in England sel-
ber ihre Stimme gegen diesen Plan erhoben
haben. Die meisten verlangen ein National-
theater, das England und seiner Dramenliteratur
noch immer fehlt, und das auch als Gebäude
ein künstlerisches Monument für den Dichter
werden könnte. Es steht zu hoffen, daß man
ihre Stimme noch hören wird, ehe es zu spät
ist. London braucht kein neues Denkmal, sondern
die Abschaffung zahlreicher alter, und mit Shake-
speares Namen sollte man nicht spielen und
Unfug treiben.
An Ausstellungen hat es im verlaufenen
Monat wieder nicht gemangelt. Die verschie-
denen Gesellschaften und die Kunstsalons wett-
eiferten miteinander, interessante Gerichte auf-
zutischen. Die internationale Gesellschaft der
Maler, Bildhauer und Radierer stieg mit ihrer
als Kunstthema sehr interessanten Ausstellung
„Schöne Frauen“ etwas zum Publikum, dem
fashionablen Londoner Kunstpublikum, herab,
woraus allein wohl auch nur der Einschluß
einiger sehr dilettantischer Werke zu erklären
ist. Der Wechsel der Moden in Ausdruck, Ge-
stalt und Kleidung der Frau der letzten 50 Jahre
wird weder historisch noch auch repräsentativ
künstlerisch dargetan, und die interessante Frage,
wer schafft einen bestimmten Frauentyp, der
Maler oder die ganze Zeitstimmung, kann man
hier nur aufwerfen nicht verfolgen. Von Len-
bach ist eines seiner Damenporträts, Lady
Savile, zu sehen, das allerdings für Lenbachs
Damenmalerei typisch genug ist. — Der in
Deutschland wohl momentan best bekannte,
jedenfalls und mit Recht hochgeschätzteste
jüngere englische Künstler, Frank Brangwyn,
hält im Hauptraume der Fine Art Society in
Bond Street, die auch in Bälde ein großes
Werk über seine Radierungen herausgeben wird,
eine „Einmannschau“ ab. Man kann da zwei
dekorative Tafeln sehen, die s. Z. zur Aus-
schmückung des britischen Saales auf der Inter-
nationalen Ausstellung in Venedig im Jahre 1907
gedient hatten, und offenbar dem Künstler den
Auftrag zur Dekoration der Halle einer der
alten Londoner Gilden, der Kürschner, einge-
320
Monatshefte, für Kunstwissenschaft
tragen haben. In diesen Tafeln tritt Brangwgns
Eigenart, die Einzelheiten eines Bildes zu einem
großen Ganzen zusammenzufügen, ohne ihnen
eignes, individuelles Interesse zu rauben, sehr
glücklich zutage; so erscheint das Ganze im
besten Sinne typisch und setzt sich doch aus
eigenmächtigen, eines eigenen Lebens nicht ent-
behrenden Werten zusammen. Die künstlerische
Äuslese, die Brangwgn trifft, geht nämlich ein-
mal aus seiner an Rembrandt erinnernden
großen Liebe für alles Menschliche und Male-
rische in der Natur, sodann aus seinem Gefühl
für den Ein- und Zusammenklang aller Dinge
hervor. Darum wirken auch seine wundervollen
Radierungen stark malerisch, und sind vor allem
auf Licht- und Schattenwerte gestellt, wenn
auch oft mit Kühnheit und stets mit Gelingen,
Höhe oder Weite durch die Linie eines über
den Rahmen des Bildes aufstrebenden Baumes
oder eines Gerüstes in das Bild gebracht wird.
— Im Osten Londons, in Whitechapel, das jeder
Kunst bar zu sein scheint, steht seit einigen Jahren
ein schlichter Ziegelbau, der aus Geldnöten innen
nicht einmal völlig verputzt ist. Hier werden
unter der energischen und umsichtigen Leitung
Mr. Ch. Äitkens alljährlich zwei bis drei populäre
Ausstellungen abgehalten (bei freiem Eintritt
und mit Führungen und Vorträgen verbunden),
die dem Volke wahre Kunst näher bringen
sollen. Bis zu einem gewissen Grade wird das
wohl erreicht, und für ähnliche Bestrebungen
könnte man sidi die Galerie und ihre Leitung
wohl zum Muster nehmen. Aber abgesehen
davon, weiß Mr. Aitken auch dem schon kunst-
liebenden Publikum, ja dem Kenner und sogar
Historiker fast stets etwas besonderes zu bieten,
und so gelingt es ihm, dieses Publikum vor-
übergehend einmal hinaus in den fernen Osten
zu locken, zu meist sehr lohnenden Entdeckungs-
fahrten. Diesmal konzentriert sich für diesen
Teil des Publikums das Hauptinteresse auf eine
Reihe berühmter Kopien nach bekannten Mei-
stern. Da hängt vor allem Gainsboroughs Kopie
nach van Dycks „Lord John und Lord B. Stuart“,
die Gainsboroughs Verehrung und allerdings
auch sein Herkommen von diesem Meister sehr
deutlich erweist: nur ist Gainsborough damit
denn doch noch nicht in seiner künstlerischen
Totalität erkannt und erklärt. Von Gains-
borough auch stammt eine außerordentlich fri-
sche Kopie nach Teniers „Jäger in einer
Land schaft, und eine Landschaft „in der Art
des Jean Both“, die aber schon ganz Gains
borough selber erkennen läßt. Von Constable
kann man eine Schneelandschaft, eine Kopie
nach Ruysdal, sehen, in der man Spuren der
Verwandschaft Constables mit den Niederländern
nachgehen mag. Interessant ist, daß Constable,
als wünschte er sich ein Gegengewicht gleichsam
gegen sich selber und die Art seines Sehens
und Schaffens zu geben, immer und immer wie-
der Claude kopiert hat. Sdiade, daß keine die-
ser Kopien hier sichtbar ist. Dann finden sich
eine Reihe Kopien des großen englischen Bild-
hauers des vergangenen Jahrhunderts, A.Stevens;
namentlich Tizians Assunta und Herzog und
Herzogin von Urbino seien erwähnt. Von Sar-
gent sind einige zum Teil treffliche Velasquez-
kopien ausgestellt. Der noch immer geschätzte
Akademiker Etty, dem es die Farbigkeit und
Fleischmalerei der Venezianer angetan hatten,
zeigt in einer „freien Kopie“ nach Giorgiones.
berühmtem Louvrestück „Fete Champetre“, wes
Geistes Kind er ist; er läßt nämlich einfach die
weibliche Figur am Brunnen weg. — Mit mehr
Mitteln hätte diese Ausstellung berühmter Ko-
pien noch interessanter und lehrreicher gestaltet
werden können; so aber mußte man der Kosten
wegen z. B. auf beabsichtigte Kopien von der
Hand Manets verzichten. Es wäre einmal die
Aufgabe der Royal Academy den trefflichen
Gedanken einer solchen Ausstellung berühmter
Kopien während eines Winters zur vollen Tat
werden zu lassen. In den Kunstsalons kann
man zurzeit vorzügliche Blätter von Dürer
(Große Passion und Apokalypse usw.) und
Rembrandt bei Gutekunst (King Street); eine
interessante Sammlung frühenglischer Bilder
(Crome, Constable, Raeburn usw.) bei Messrs.
Shepherd (King Street); und alte farbige Re-
produktionen nach Reynolds, Romney usw. aus
der Kollektion Herrn Models bei Messrs. Col-
naghi (Pall-mall East) sehen; unter letzteren
befinden sich einige sehr seltene und geschätzte
Stücke.
Von der Gründung zweier neuer Künstler-
vereinigungen ist schon wieder zu berichten,
der „New Society of Painters and Sculptors“,
die eine erste Ausstellung in der Rowley Gallery
hält, und sich offenbar meist aus jungen Künst-
lern zusammensetzt; und einer Gesellschaft, die
sich die französischen Unabhängigen zum Muster
genommen hat: keine Hängekommission, keine
Jury; wer Mitglied ist, kann eine bestimmte
Anzahl Bilder vorführen. — Crosby Hall, deren
trübes Ende im letzten Hefte geschildert worden
ist, wird nun wie ein Phönix wieder aus der Asche
erstehen und als Universitätshalle des College
der Londoner Universität dienen. Da man sämt-
liche alte Teile der Halle sorgfältig aufbewahrt
hat, ist dies für die verhältnismäßig geringe
Summe von 10000 Pfund auch möglich, und die
Besitzerin der Überreste, eine Bank, ist bereit,
diese umsonst herzugeben, wenn die Halle da-
Rundschau
321
für dem allgemeinen Publikum zur freien Be-
sichtigung zugänglich gemadit wird. Die Halle,
die einst Sir Thomas Morus, dem Utopiaver-
fasser, gehörte, wird so durch einen glück-
lichen Zufall in den Garten in Chelsea, einem
Teile Londons, zu stehen kommen, der einst
auch dem gleichen Morus gehört hat; sie
kann hier auch sehr vorteilhaft zur Aufstellung
gelangen. Sie aber hätte noch jahrhundertelang
am alten Platze stehen hönnen, so fest waren
ihre Mauern. Aber erst nadhdem sie abge-
brochen war, schwang sich das Local Govern-
ment Committee des Londoner County Councils
auf den letzteren zu einem Schritt zu veran-
lassen, der späterhin historische Gebäude von
Wert vor dem gleichen Schicksal retten soll.
Der Council soll nämlich der Regierung Vor-
schlägen, die hier bereits einmal erwähnte Kom-
mission für die Aufstellung alter Denkmale usw.
Schottlands auch auf England auszudehnen und
dahin zu wirken, daß der Regierung die Macht
übertragen wird, derartige Gebäude auf dem
Wege der Enteignung in öffentlichen Besitz zu
bringen. Der Vorschlag ist gut, wann aber
wird er zur Durchführung gelangen? Da ist es
wenigstens recht, daß soeben eine „Architectural
and Topographical Society“ hier gegründet
worden ist, deren Aufgabe es sein soll, Gebäude
auf den britischen Inseln, die als Architektur
einen besonderen Wert haben oder archäologi-
sches Interesse besitzen, aufzunehmen und diese
Aufnahmen zu veröffentlichen, und auch genaue
Zeichnungen, Skizzen, Photographien und Situa-
tionspläne, die die Lage der beschriebenen Ge-
bäude klar zeigen, anzufertigen und aufzube-
wahren, so daß sie später jederzeit als Referenz
dienen können. Die Gesellschaft beabsichtigt
jedes Vierteljahr ein Heft „The Architectural
and Topographical Record“ erscheinen zu lassen,
das immer eingehende Beschreibungen alter
Gebäude, sowie Artikel über Heraldik und ähn-
liche Gegenstände enthalten soll. Für London
hat ein ähnliches Institut übrigens schon seit
13 Jahren eigentlich bestanden, nämlich das
„Committee for the Survey of the Memorials
of Greater London“, das bisher 7 wertvolle
Monographien herausgegeben hat und nun ein
gleiches für Crosby Hall tut. — Die British
School of Archaeology in Ägypten, deren Haupt
Professor Patrie ist, erläßt einen Aufruf um
Unterstützung zwecks ausgedehnter Grabungen
in Memphis, die in der Trodeenzeit vorgenom-
men werden sollen. Momentan werden schon
vorbereitende Schritte dazu unternommen und
die Topographie der alten Hauptstadt ausge-
arbeitet. Die Ergebnisse der Ausgrabungen,
denen man mit ganz besonderem Interesse ent-
gegensieht, werden wieder wie bisher im Uni-
versity College in London zur Ausstellung ge-
langen.
Aus der Provinz liegt diesmal nur die inter-
essante Nachricht vor, daß die Kunstabteilung
der diesjährigen Schottischen Nationalausstellung
in Edinburg [Beginn Mitte Mai) eine außerge-
wöhnliche Übersicht der gesamten Schottischen
Malerei gewähren wird, wie sie bisher wohl noch
nie geboten worden ist. Von George Jamieson von
Aberdeen, einem Schüler Rubens an, wird man
den Hofmaler Allan Ramsay, die Brüder Run-
ciman, Raeburn, Wilkie usw. usw. bis auf die
Meister des heutigen Tages studieren können.
Privatsammler, Behörden wie Galerien haben
ihre Mithilfe zugesagt. Namentlich Raeburn
wird ausgezeichnet vertreten sein. Neun Säle
stehen zur Verfügung, und man rechnet auf
1200 Bilder. — Eine retrospektive britische Aus-
stellung wird man auch in London noch in
diesem Jahre während der franko -britischen
Ausstellung in Shepherds Bush in deren Gelände
zu sehen bekommen (Beginn noch unbestimmt,
aber wohl sicher Mitte oder Ende Mai). Die
Kunstabteilung dieser Riesenausstellung soll halb
französisch, halb englisch sein. Die englische Ab-
teilung wird 100 Ölbilder und 100 Aquarelle ver-
storbener Künstler und je 300 Werke lebender
Meister beherbergen. Da Mr. Spielmann, der
bekannte Kunstschriftsteller, die Sache in der
Hand hat, darf man wohl auf eine wirklich
gute und repräsentative Auswahl hoffen. F.
s
HOLLAND - =
Nach Rom führt uns die gegenwärtig im
Rijksprentenkabinet in Amsterdam von Herrn
Direktor E. W. Moes arrangierte Ausstellung
von Stichen und Handzeichnungen niederlän-
discher Künstler. In 158 chronologisch geord-
neten Blättern wird eine reiche Auslese von
Darstellungen der verschiedenstenRuinen gegeben,
aus der zunächst einmal zu erkennen ist, welche
antiken Bauwerke die Künstler vornehmlich zum
Nachzeichnen reizten. Und dann, was in den
verschiedenen Fällen sie bei ihrer Arbeit inter-
essierte, warum sie die alten Mauerreste im
Bilde festzuhalten trachteten. Es lassen sich da
in der Hauptsache zwei Richtungen unter-
scheiden , wenn sie auch nicht ganz von-
einander getrennt und zeitlich ebenfalls nicht
fest bestimmt werden können. Die einen,
der nach Rom wandernden nordischen Maler
zeichneten die Reste der alten Baudenk-
mäler um ihrer selbst willen, aus rein topo-
322
Monatshefte für Kunstwissenschaft
graphisdi*wissGnschaftlicliGm IntGrGSSG. SiG Hg-
ßen ihrG ÄrbGitGn durch Stich oder Radierung ver-
viGlfältigen, um so dGrartigen Wünschen des
Publikums Rechnung zu tragen. Dabei ist dann
zu beobachten, wie bei den Meistern des 16. Jahr-
hunderts historische oder biblische Figuren-
darstellungen nodi einen wesentlidien Bestand-
teil ihrer Ruinenansiditen ausmachen. So staffiert
M. V. Heemskerck auf dem 1571 von Ph. Galle
gestochenen Blatt seine Zeichnung desKolosseums
mit Elisa, der Elias’ Mantel empfängt, oder viel-
mehr umgekehrt, er staffiert um diese biblische
Szene die Ruinen des Kolosseums herum. Bei
einer anderen Wiedergabe des Kolosseums, die
zu einer Serie der sieben Weltwunder gehört,
bringt er im Vordergrund Kriegsleute zu Pferd
und zu Fuß an, die das Wunder anstaunen. Und
in der Ruine selbst findet vor zahlreichem Pub-
likum der Kampf eines Löwen mit einem Pferde
statt. Bei Hieronymus Cock (1510—1570)
überwiegen die rein topographischen Äufnahmen.
Das gleiche ist von Hendr ick van Cleefs (f 1589)
Zeichnungen zu sagen, von der ganz nüchternen
Wiedergabe der Marcus Äurelius-Säule durch
Nicolaes van Reist (1526 bis ca. 1614), von den
Blättern PieterSteevens’ (1540 — 1604), Gerrit
Terborchs (1584—1662). Der letzte, der Vater
des berühmten Porträtmalers, ist mit 8 Zeich-
nungen vertreten, die — bis auf eine von 1607 —
alle 1609 datiert sind. Bei einer Reihe anderer
Meister spielt dagegen das Pittoreske der alten,
von Unkraut überwucherten Ruinen, in deren
Mauerwerk sich die helle italienische Sonne
tausendfältig fängt und diese so durch die scharfen
Schatten- und Lichtkontraste malerisch belebt,
die größere Rolle. Rn erster Stelle ist unter
diesen Paulus Bril (1554 — 1626) zu nennen —
ein Künstler, der sich trotz des ungleichen
Wertes seines umfangreichen Oeuvre doch als
recht guter Landschafter bewährt, beispielsweise
in seinen Fresken im Palazzo Rospiglioso in Rom.
Die große, 1624 datierte Federzeichnung von ihm
(Nr. 41) ist durchaus nur um des malerischen Durch-
blickes wegen gemacht. Ruf die Wiedergabe des
Kolosseums selber kam es dem Künstler dabei gar
nicht an, oder doch nur sehr in zweiter Linie —
wohl aber spricht daraus ein gewisser Zug zum
Romantischen, den auch noch andere (hier nicht
ausgestellte) Blätter des Prentenkabinets dar-
legen könnten. Derselben auf malerische Wirkung
ausgehenden Rbsicht verdankt die von Raph.
Sadeler sehr fein nach Bril gestochene Rnsicht des
Tempels der Sibylle ihre Entstehung. Ja, Bril strebt
hier mit zeichnerischen Mitteln direkteBildwirkung
an und erreicht sie auch. Von den andern Meistern
gehören zu dieser Gruppe Poelenburg, der
mehr zum Idyllischen neigt; ferner Breenberch,
der in seinen kleinformatigen Serien „Verscheijden
vervallen gebouwen soo binnen als buyten
Romen“ von 1640 und „Diversa antiquitatis
vestigia“ von 1648 gleichsam Reihen von „Künst-
leransichtskarten“ gibt. Ruch Thomas Wijck
und Jan Rsselyn sind jenen zuzurechnen.
Wieder andere lassen auf den Ruinenstätten,
unbekümmert um die darüber liegende historische
Weihe, lustige Genreszenen aus dem Rlltags-
leben sich abspielen. Bei Jan Ossenbeeck
z. B. findet auf den Ruinen des Forums Roma-
num eine Wildsauhatz statt, und die sog. Grotte
von Egeria hat er angefüllt mit dichtgedrängten
Mengen tanzender und zechender Leute.
Unter den späteren Blättern wächst zeit-
weilig die Zahl der mehr nüchternen Rnsichts-
wiedergaben; oder aber die Künstler lassen sich
zu stärkeren Übertreibungen in den Licht- und
Schatteneffekten verleiten, wie — um nur einen
gerade heraus zu greifen — Jean Grandjean
(1752—1781) auf seinerZeichnung des Kolosseums
(Nr. 153). Den Rbschluß der interessanten Rus-
stellung bildet eine große Radierung der Engels-
burg von dem 1849 geborenen Elias Stark.
Man kann wohl ohne Einschränkung sagen, daß
dies Blatt künstlerisch weitaus den Höhepunkt
dieser „Ruinenkunst“ bedeutet. Man braucht
nur dies Panorama mit Nr. 144, auch einer Dar-
stellung der Engelsburg von ziemlich der gleichen
Stelle aus aufgenommen, von Isaac deMou-
cheron (1667—1744) zu verglGidien, um zu er-
kennen, was GS heißt, als Nordländer unbefangen
die großartige Formenschönheit der antiken Bau-
werke und der sie umgebenden Landschaft
künstlerisch auf sich wirken zu lassen — im
Gegensatz zu jenen Meistern, die entweder in
kleinlicher oder nüchterner Wiedergabe der
Details stecken bleiben, oder aber in Rkademis-
mus und Manierismus verfallen, wodurch sie uns
auch ihre figürlichen Darstellungen oft un-
sympathisch machen. Die Russtellung ist auch
noch insofern interessant, als einmal übersicht-
lich zusammengestellt ist, durch welche und
durch wie viele niederländische Maler die Kennt-
nis der antiken Ruinen den niederländischen
Künstlern vermittelt wurde, die selbst nie den
Boden Italiens betreten haben, deren Phantasie
aus solchen Rnregungen aber doch fruchtbaren
Nutzen zog. Ihre Zahl ist nicht gering. Und
zur lilustrierung dieser Wirkung ließe sich aus
ihren Werken vielleicht auch einmal eine charak-
teristische Ruswahl, gewissermaßen als Gegen-
stück zu der jetzigen Russtellung, treffen. Na-
türlich waren das nicht die einzigen, die diesem
Genre ihre Rufmerksamkeit schenkten, auch wei-
tere, wissenschaftlich gebildete Kreise (nicht nur in
den Niederlanden) brachten solchen Ruinendar-
Rundschau
323
Stellungen großes Interesse entgegen. Und end-
lidi wurden die zu allen Zeiten im Menschen
wohnende Lust und Freude am Betrachten fremd-
artiger Gegenden, Bauten usw. auf diese Weise
durch die Künstler befriedigt.
Eine ganz andere, eigenartige Ausstellung
ist im großen Zeichnungensaal des Museums
Bogmans in Rotterdam Zusehen: eine Kollektion
von Werken, die bei dem Brande des Museums
am 27. Febr. 1864 zugrunde gegangen sind —
natürlidi nur in Kopien. Ein Jammer, daß es
gar so wenige sind, und daß diese nicht ein-
mal die besten Meisterwerke wiedergeben, die
damals im Feuer ihren Untergang fanden. Den
Veranstalter trifft daran freilich keine Schuld,
denn was kann er dafür, daß von den 372 ver-
brannten Gemälden nur die paar jetzt ausge-
stellten Reproduktionen erhalten sind oder dem
Museum im Augenblick zur Verfügung stehen!
Damals fehlten eben nodi die großen photo-
graphischen Firmen, die jetzt einigermaßen
systematisch die Kunstschätze unserer Museen
für die späteren Geschlechter aufbewahren.
Sonst müßten wir hier wohl sicherlich nicht
vergeblich nadi dem großen Porträtstück von
Carel Fabritius suchen, um nur ein Gemälde
zu nennen und zwar dasjenige, dessen Ver-
lust heute wohl am empfindlichsten gefühlt wird.
Was nützen uns bei ihm die noch erhaltenen
Beschreibungen! Ja, an diesem Beispiel ist so recht
zu sehen, daß auch der exaktesten Wortbe-
schreibung durchaus die gestaltende Kraft fehlt,
ein Gemälde — wissenschaftlich brauchbar —
in der Phantasie erstehen zu lassen. Man ver-
suche nur einmal die Rekonstruktion, indem
man nach den Angaben der Beschreibung mit
dem Stift zeichnet und dann koloriert! Sie
hat nur den geringen Wert, mit ihrer Hilfe
vorhandene Werke rekognoszieren zu können.
Liest man nun die von W. Bürger in der Gaz.
d. b. Arts 1864 gegebene lange Liste der Maler,
von denen damals Werke verbrannt sind, und
das, was er über diese Bilder in seinen Mus.
de la Hollande schreibt, so kann man sich doch
auch heute noch einer gewissen Angst nicht er-
wehren für den Fall, daß sich wieder einmal
eine derartige Katastrophe ereignen sollte. Ge-
wiß, alle 'klassischen Meisterwerke sind durch
unzählige Reproduktionen für alle Zeiten vor
der Vergessenheit geschützt. Ist das gleiche
aber der Fall bei der Fülle von Bildern, die
„nur wissenschaftliches“ Interesse haben oder
erst später einmal bekommen können, und die
zum großen Teil noch nicht einmal beschrieben
sind? Sollte es im Hinblick darauf nicht
doch anzustreben sein, daß jede Galerie von
ihrem ganzen Bilderbestand ein photographi-
sches Inventar aufnimmt? Dann käme man
wohl auch nach und nach zu leidlich billigen und
handlichen Katalogen, in denen statt der Be-
schreibungen gleich die Abbildungen zu finden
sind, und außerdem die brauchbaren Farbenan-
gaben und die kurzen künstlerisch - ästhetischen
Bemerkungen, die Wölfflin wünscht. Das von der
Londoner National Gallery^) gegebene Beispiel
müßte sich doch wirklich ausbauen lassen. Auch
würden nicht nur diejenigen, die für spezielle Stu-
dien noch nicht photographierte Gemälde beson-
ders aufnehmen lassen müssen, viel Zeit, Schrei-
bereien und Geldsparen, sondern ebenso würden
die Museumsverwaltungen, denen jetzt die Er-
ledigung derartiger Anfragen und Gesuche ob-
liegt, entlastet werden. Vielleicht nimmt sich
der deutsche Verein für Kunstwissenschaft der
Sache an, zu deren Verwirklichung — an dem
geplanten Riesenwerke der „Denkmäler deutscher
Kunst“ gemessen — doch nur sehr bescheidene
Mittel erforderlich wären. Ich habe mich von
meinem eigentlichen Thema etwas abbringen
lassen, aber die zur Besprechung stehende
Ausstellung forderte zu solchen Erwägungen
heraus. Die wichtigsten der äüsgestellteh Re-
produktionen sind: erstens das Brustbild des
holländischen Geschichtsschreibers Pieter Bor
von Frans Hals (Aquarellkopie von Joh. de
Haart), dann das Familienporträt des Gouver-
neurs von Ost-Indien, Rijklof van Goens (Aqua-
rellkopie von Joh. Phil. Koelman), ein lesender
alter Mann von L. Bramer, ein Schützenstüdc
von Ludolf de Jongh (Buntdruck, der in Oud
Holland 1896 von Haverkorn van Rijsewijk pub-
liziert wurde). Ferner wurde von Jak. van
Ochtervelt Kartenspieler, von W. v. d. Velde
d. J. die Seeschlacht bei Solewag. (Das Original
dieser Kopie ist übrigens nicht verbrannt, aber
während des Brandes verschwunden; es tauchte
später im Amsterdamer Kunsthandel wieder
auf und wurde von einem Sammler, dem die
Herkunft unbekannt war, erworben). Ferner sind
da Reproduktionen nach Dusart, C. Troost,
F. v. Mieris d. Ä. Die einzige Ölkopie zeigt in
einem P. de Hooch-artigen Schlafzimmer eine
Dame bei der Toilette und eine Dienerin, die
das Bett macht. Im Katalog der Versteigerung
Bogmans 1811 hieß das Bild noch P. de Hooch,
wurde aber später (1849) als Boursse katalogi-
siert. Richtig ist dagegen die jetzige, auf Dr.
Hofstede de Groot zurüdegehende Zuweisung an
Jan Siberechts, von dem das Original ein
interessantes Werk gewesen sein muß. Auf
demselben hängt über dem Kamin eine Land-
The National Gallery, editet by Sir Edward J. Poyntcr,
London 1899, 3 Bde.
324
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Schaft mit zwei weiblidien Figuren: ein im
Wasser stehendes Mädchen, das einen Metall-
kübel auf dem Kopf trägt, und eine Hirtin, die
am Bachesrand sitzt und sich die Füße wäscht.
Beide kommen mit nur geringfügigen Äbwei-
chungen als Hauptfiguren auf dem 1907 in Paris
versteigerten Siberechts der Sammlung Sedel-
meger vor (Kat. Nr. 46). Dieses selbst ist von
Siberechts als Gemälde auf dem Bild in Kopen-
hagen kopiert worden.^)
Die gegenwärtig in Holland veranstalteten
Äusstellungen moderner Kunst sind so
zahlreich, daß man die größte Mühe hat, sie
alle zu besichtigen. Es sind durchweg Sonder-
ausstellungen von Werken holländischer Künst-
ler, von denen ich drei, die im März zu sehen
waren, hervorhebe: Die Willem Maris-
Äusstellung in Amsterdam im Larenschen
Kunsthandel (26 Nummern, darunter zwei sehr
interessante Frühwerke). Zweitens die Kollek-
tion Jan Veth in Leiden (Leidsche Kunst-
vereeniging). Unter all’ den meist schon bekannten
Lithographien, die hier gezeigt wurden, ist
W. Bodes Porträt doch ganz entschieden
das feinste. Von den Ölgemälden wirkten zwei
kleine Knabenbildnisse, das einer Dame und
ein lebensgroßes Herrenbild am stärksten. Bei
dem letzten, das den blinden Prof. Lohman dar-
stellt, zeigt sichVeths tiefe Charakterisierungskraft
in besonders hohem Maße. Denn man muß sich
vergegenwärtigen, daß er hier auf die Wieder-
gabe der Äugen, in denen sich der innere
Mensch doch am meisten wiederspiegelt, ver-
zichten mußte. In Dordrecht endlich waren 40 Ge-
mälde und Zeichnungen von G. H. Breitner aus-
s
ENTDECKUNG VON 68 UNBEKANN-
TEN BRIEFEN MICHELANGELOS.
Ein bekannter Florentiner Kunstgelehrter
und Archivforscher hat im Archiv der Familie
Rasponi-Spinelli zu Florenz eine Serie von 15
Bänden entdeckt, mit Briefen an Vasari. Unter
diesen befinden sich 68 unedierte Briefe
Michelangelos. Die Adresse des Empfängers
macht diese Briefe besonders wichtig, weil sie
natürlich Auskünfte auf Fragen, welche Vqsari
für die Zwecke seiner Lebensbeschreibung des
Meisters an ihn richtete und somit authentische
Aussagen Michelangelos über sich selbst, ent-
9 Hierauf machte mich seinerzeit Herr E. Weiß in Halle
aufmerksam, und dieselbe Beobachtung durch Herrn Mats-
vansky in Wien teilte von Frimmel in seinen Blättern f.
Gemäldekunde mit.
halten werden. Überraschungen werden sie
natürlich nicht enthalten.
Die Entdeckerfreude des Entdeckers bestand
nun darin, von den Besitzern des Schatzes so-
fort höflichst von der weiteren Durchforschung
der wichtigen Dokumente entfernt zu werden;
selbst die Edierung wird ihm nicht belassen,
obwohl er wie nur irgend einer in Italien da-
für der gegebene Forscher war. Vielmehr wer-
den die Besitzer, zwei Grafen Rasponi-Spinelli,
im Verein mit dem comm. Giuseppe Tomasetti.
der ein hervorragender Gelehrter auf dem Ge-
biete der mittelalterlichen Geschichte ist, aber
der Michelangelo-Forschung völlig fern steht,
die Herausgabe besorgen.
Das Interesse des Fundes ist aber durch die
Bedeutung der Michelangelo -Briefe nicht er-
schöpft. Jene Bände von an Vasari gerichteten
Briefen werden für die Kenntnis von den Quellen
des ersten Geschichtsschreibers der italienischen
Kunst von großer Wichtigkeit sein. Es wäre
darum dringend zu wünschen, daß die Besitzer
des Archives Spinelli diese Serie dem Studium
zunächst ihres Entdeckers und dann der Öffent-
lichkeit überhaupt überließen, sei es in ihrem
eigenen Hause oder im Staatsarchiv von Flo-
renz, dem Brauche vieler alter Familien der
Stadt folgend, welche ihren Besitz an alten Ur-
kunden den reichen und vieldurchsuchten Be-
ständen des Archivio di Stato einverleibt haben.
Ä. G.
s
AUS DER WERKSTATT EINES
RÖMISCHEN PHOTOGRAPHEN
Domenico Anderson hat sich endlich
entschlossen, einen Generalkatalog seines großen
photographischen Verlages in französischer
Sprache herauszugeben. Er begegnet damit im
wahrsten Sinne des Wortes einem lange ge-
fühlten Bedürfnis. Der Katalog, der so lange
auf sich warten ließ, übertrifft dafür aber auch
die meisten ähnlichen Veranstaltungen. Man
spürt überall, daß er von fachmännischer Hand
angelegt worden ist. Die Anordnung ist klar
und übersichtlich; die Bestimmungen im Ein-
zelnen sind fast immer zutreffend; nur eine
ausführliche Inhaltsübersicht wird schmerzlich
vermißt.
Anderson selbst schickt eine beachtenswerte
Einleitung voraus, in welcher er sich über die
verschiedenen Arten der photographischen Re-
produktion als Fachmann äußert: Silberdrucke
ebenso billig wie nützlich zur Reproduktion,
aber Veränderungen unterworfen und wegen
Rundschau
325
des lästigen Äufrollens — wie wir alle wissen
— nicht ohne Karton benutzbar. Bromphoto-
graphien ebenfalls billig, nicht aufroliend, aber
zur Reproduktion ungeeignet. Platinphotogra-
phien etwa doppelt so teuer wie die ersten
beiden; nicht aufrollend, weniger verblassend
und treuer in der Wiedergabe der Farbenwerte.
Das Ideal der Photographie bleibt nadi Änder-
son der Kohlendruck. Das Verfahren ist be-
kanntlich äußerst kostspielig, aber das Kunst-
werk wird als Kunstwerk wiedergegeben und
die Blätter sind absolut unveränderlich.
Für den Kunsthistoriker bedeutet dieser Ka-
talog (Preis 1,75 L.) ein äußerst wertvolles
Hilfsbuch. Es ist in zwei Abschnitte geteilt.
Der erste Teil behandelt Gemälde, Fresken,
Zeichnungen; der zweite Teil Architektur, Skulp-
tur und Stadtansichten. Der erste Teil ist alpha-
betisch nadi Künstlern geordnet, der zweite
Teil alphabetisch nach Kunststätten. Dazwischen
sind die Mosaiken eingeschoben.
Der Katalog umfaßt sämtliche Aufnahmen
Andersons in Italien und Spanien. Von diesen
letzteren ist gleichzeitig aber noch ein zweiter
Katalog erschienen, der etwa tausend Aufnahmen
aus Cordova, Eskurial, Granada, Madrid, Se-
villa und Toledo verzeichnet. Eine besondere
Aufmerksamkeit hat Anderson den Zeichnungen
von Francisco Goya im Prado zugewandt. So-
eben ist die erste Mappe von 30 Tafeln mit
60 Zeichnungen von Goyas „Caprichos“ mit be-
gleitendem Text (in französischer Sprache) von
Pietro d’Achiardi, einem Schüler Venturis, er-
schienen. Das ganze Werk soll etwa 250 Zeich-
nungen umfassen, und zwar wird der nächste
Band die „Kriegs Verwüstungen“ und „die Sprich-
wörter“, der letzte die „Tauromachie“ und die
„Gefangenen“ bringen. Die Ausstattung dieser
Publikation nimmt sidi in der hellblauen Leinen-
mappe besonders vornehm und geschmackvoll
aus; der kurze, erklärende Text ist gut ge-
schrieben und zuverlässig; die Reproduktionen
sind so gut wie sie nur nach Aufnahmen von
Anderson gemacht werden können.
Überhaupt bedeutet Andersons spanische Kol-
lektion für alle, welche Spanien kennen undfür alle,
welche es nicht kennen, eine freudige Überraschung.
Welch’ ein unaussprechlicher Reichtum ungehobe-
ner Schätze bietet sich uns auf einmal in diesen
vorzüglichen Aufnahmen dar! Die Herrlichkeiten
von Tizian, Velasquez, Murillo, Rubens, Greco,
welche die spanischen Sammlungen und Kirchen
bergen, waren ja auch sonst schon mehr oder
weniger bekannt, aber die Sittenbilder und Por-
träts Goyas undZurbarans, die zahllosen Heiligen-
bilder der Ribera, Guido Reni, Guercino, die
prachtvollen Historienbilder Poussins und die
unzähligen Schilderungen der flämischen und hol-
ländischen Kleinmeister, die Porträtdarstellungen
aus allen Zeiten von Dürer, Floris, Antonio
Moro, Bronzino, Parmigianino, Tintoretto, van
Dyck bis herab auf Raffael Mengs bedeuten
eine geradezu unschätzbare Bereicherung unseres
kunsthistorischen Arbeitsmaterials.
Einen Katalog der von Anderson jüngst in
England gemachten Aufnahmen können wir
leider nicht vor Oktober erwarten. Das Mono-
pol Hanfstängls in London ist damit gebrochen,
und die Konkurrenz der beiden großen Häuser
wird auch in diesem Falle nur fruchtbringend
wirken können. In der Nationalgallery, in der
Wallace- Collection, im British Museum, in
Windsor Castle und in der Sammlung von
Herbert Cook hat Anderson etwa 500 Auf-
nahmen von Gemälden gemacht. Daneben sind
— und dies ist für den Kunsthistoriker von be-
sonderer Wichtigkeit — im Printroom des Bri-
tish Museum ca. 300 Zeichnungen vor allem
der großen Meister der italienischen Renais-
sance z. T. zum ersten Male aufgenommen
worden; unter ihnen mehr als 30 Zeichnungen
von Michelangelo und Schule, fast ebenso viele
von Raffael und Lionardo und das ganze Skizzen-
buch des Jacopo Bellini. Auch von Dürer und
Rembrandt wird uns bald eine Fülle allerdings
größtenteils schon edierter Handzeichnungen in
Andersonschen Photographien vorliegen. Man
sieht, daß England den tüchtigsten unter den
italienischen Photographen ebenso gastfreundlich
aufgenommen hat wie Spanien. Eine Ausnahme
hat nur Oxford gemacht. Hier dürfte sich die
Weigerung, die reichen Handzeichnungsschätze
aufzunehmen, aus der Ursache erklären, den
Publikationen von Sidney Colvin und der Vasari-
Society nicht vorgreifen zu wollen.
Das unglückliche Gesetz, welches den italie-
nischen Photographen die Aufnahmen in Staats-
sammlungen fast zur Unmöglichkeit machte,
trieb Anderson vor vier Jahren zuerst ins Aus-
land. Wir werden uns darüber nicht beklagen.
Aber es ist sicherlich mit Freuden zu begrüßen,
daß Anderson die nächsten Jahre seine Kraft
wieder den Kirchen und Sammlungen vor allem
von Florenz und Rom zuzuwenden gedenkt.
E. St.
0
KLEINE NÄCHRICHTEN
Berlin. Auf einer Auktion in London wurde jüngst
von Humphrey Wards ein offenbar übermaltes Bild von
Rembrandt erstanden. Er schidtte es zu Prof. Hauser nach
Berlin, und nadi der Reinigung kam ein vorzügliches Por-
trät eines jungen Mannes zum Vorschein, das von Hauser
und Friedländer sogleich als ein echter Rembrandt aus der
Zeit der Staalmeesters erkannt wurde. Die Übermalung
326
Monatshefte für Kunstwissenschaft
hatte die häßlichen Züge des jungen Mannes „verschönern“
wollen. Das Bild ist in den Besitz des Geh.-R. Koppel
übergegangen und bleibt somit Deutschland erhalten.
Frankfurt. Die Stadt Frankfurt hat die aus etwa
25 Werken bestehende Kollektion Boehle, die gegenwärtig
im Städelschen Kunstinstiiut ausgestellt ist, für 80000 M.
für die neue städtische Galerie angekauft.
Hannover. Äls Nachfolger von Schuchhardt ist Dr.
Wilhelm Behncke an das Kestnermuseum berufen wor-
den. Er war ehemals Direktorial-Ässistent am Berliner
Kunstgewerbe-Museum und hat sich durch seine Unter-
suchungen über das Kunstgewerbe der deutschen Re-
naissance einen Namen gemacht; eine treffliche zusammen-
fassende Darstellung der deutschen Renaissance gab er
in dem betreffenden Abschnitt der von G. Lehnert heraus-
gegebenen „Illustrierten Geschichte des deutschen Kunst-
gewerbes“.
Köln. Als Direktor des Kunstgewerbe-Museums ist
zum 1. April d. J., wie bereits kurz mitgeteilt, Dr. Max
Creutz berufen worden, bisher Direktorial-Ässistent des
Berliner Kunstgewerbe-Museums. Die Forschungen von
Creutz liegen vornehmlich auf den Gebieten frühmittelalter-
licher Kleinkunst (Bronze, Email, Goldschmiedekunst) und der
Textilkunst; er war Mitarbeiter an Lessings großer Stoffe-
Publikation. Diese Zweige des alten Kunstgewerbes sind
es aber vornehmlich, die auch in dem Kölner Museum
gepflegt werden, und so empfahl sich nach wissenschaft-
lichen Gesichtspunkten die Wahl von Creutz, der selber
Rheinländer ist.
Denkmalpflege. Der diesjährige Tag für Denkmal-
pflege wird sich in unmittelbarem Anschluß an die Tagung
des Gesamtvercins der deutschen Geschichts- und Alter-
tumsvereine am 24. und 25. September in Lübeck ver-
sammeln und durch einen Ausflug nach Wismar am 26. Sep-
tember seinen Abschluß finden.
München. Für die Glyptothek wurde eine hervor-
ragende archaische Statue vom Typus des Apollo von
Tenea zu einem bedeutenden Preise angekauft.
Münster i. W. Im März wurde das neue Landes-
museum der Provinz Westfalen eröffnet. Die Bauzeit hatte
vier Jahre in Anspruch genommen; Architekt Schaedtler
hat die Aufgabe, einen Museumsbau in den gewaltigen
herrlichen Domplatz einzugliedern, mit ziemlichem Ge-
schick, wenn auch nicht in modernem Geiste, gelöst. Bei
der Inneneinrichtung konnte Direktor Brüning zur Genüge
mitwirken, da er seit dem 1. Oktober 1905 die werdende
Sammlung leitete. Er hat moderne Künstler dabei be-
schäftigt — den Monumentalmaler Guhr, Bruno Paul bei
der Ausgestaltung seiner Arbeitsräume, Melchior Lechter,
welcher Glasgemälde, und Lederer, der eine Reiterstatue
des hl. Georg für die Ostfront beisteuerte — und die vor-
handenen und sehr günstig vermehrten Sammlungen gut
verteilen und einrichten können. Im Erdgeschoß finden
die prähistorischen Werke und die Skulpturen Unterkunft.
Diese Abteilung erscheint wohl als die wichtigste; sie gibt
ein fast lückenloses Bild von der westfälischen Plastik des
11. bis 19. Jahrhunderts und enthält u. a. die wertvollen
Kreuztor-Funde in einem besonderen Saal. Die Wieder-
täufer hatten 1535 zu ihren Befestigungen am Kreuztor
wahllos die Steinskulpturen der benachbarten Kirchen ver-
wendet; diese wurden 1898 von M. Geisberg ausgegraben.
— Im ersten Geschoß liegt die kunstgewerbliche Abteilung,
welche namentlich durch ihre altmünsterischen Zimmer be-
merkenswert ist; im zweiten Geschoß die Gemäldesamm-
lung.
Stuttgart. Die ruhende Sappho von Dannecker, eine
kleinere Marmorfigur, von der schon Goethe 1797 spricht,
ist von der Plastischen Sammlung der Württembergischen
Staatsgalerie für 8(XX) M. angekauft worden.
Trier. Einen reichen Fund machten zwei Bauern in
dem Dorfe Büdlich (Landkreis Trier) bei dem Ausschach-
ten eines Grabes. Etwa Vz m unter der Erdoberfläche
stießen sie auf einen Krug, der vollständig mit alten
Silbermünzen angefüllt war. Man zählte nahezu 1400
Münzen, die sämtlich aus dem Erzbistum Trier und dem
Bistum Metz stammen und dem 13. Jahrhundert angehören.
Die Trierer Münzen zeigen auf der Aversseite das Bild
des Erzbischofs Theoderich II., dessen Regierung in die
Zeit von 1212 bis 1242 fällt. Die Vorderseite der Metzer
Münzen zeigt das Bild eines betenden Ritters mit der
Umschrift „CONRADVS“. (Frkf. Ztg.)
Brügge. Der Gemeinderat von Brügge hat für den
Bau eines neuen Museums die Enteignung eines in der
Nähe des Johanneshospitales gelegenen Häuserblockes
einstimmig genehmigt. (Nieuwe Rotterd. Courant.)
Prag. Im ehemaligen Strakaschen Palais (auf der
Kleinseite) ist eine Stuckdecke mit fünf Gemälden mytho-
logischen Inhaltes aufgedeckt worden; laut Inschrift stam-
men sie von dem Solothurner Maler J. R. Bys, der von
1685—1698 im Dienst des Grafen Czernin in Prag stand.
Schweiz. In der Kapelle zu Landschlacht am
Bodensee wurden kürzlich alte Malereien aus dem Mittel-
alter entdeckt. Die Thurgauer Sektion der Vereinigung
für Heimatschutz will sich der Bloßlegung und der Restau-
rierung der Gemälde annehmen.
Rom. (Zuwachs des Vatikanischen Museums.) Im
letzten Jahre ist das Vatikanische Museum mit zwei sehr
bedeutenden Denkmälern aufs glücklichste bereichert wor-
den: ein sehr elegantes viereckiges Basament und die
Schmalseiten eines kolossalen zerstörten Sarkophages.
Das Basament ist angeblich in der Villa Montalto im
18. Jahrhundert gefunden worden und war bis etwa 1830
im Vatikanischen Museum aufgestellt. Nachher wurde es
im Magazin verborgen, aus dem es erst im letzten Sommer
ans Licht gebracht und im zweiten Büstenzimmer ein-
gerichtet wurde. Die vier Seiten sind mit feinsten Bas-
reliefs geschmückt; auf der Hauptwand ist das sogenannte
Ikariosrelief wiederholt. Dionysos beehrt mit unerwartetem
Besuch einen siegreichen Dichter oder Schauspieler, der
seinen Sieg in lieblichster Gesellschaft feiert. Auf der
Rückseite in der Mitte erscheinen zwei Flügelknaben
(Erotes), die über den Flammen zweier Fackeln einen
großen Schmetterling halten: rechts und links treten zwei
Zentauren heran, die eine Frau und einen Satyr führen.
Die Querseiten zeigen landschaftliche Bilder mit Hirten-
szenen. Dieses Basament ist ein äußerst geschmackvolles
römisches Werk des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts.
Die Reliefbilder wiederholen unzweifelhaft einige berühmte
Schöpfungen der hellenistischen Kunst. In der nächsten
Nummer der römischen Zeitschrift „Ansonia“ wird Pro-
fessor Nogara das merkwürdige Monument mit reichen
Illustrationen herausgeben.
Der Sarkophag von ungewöhnlicher Größe ist in den
christlichen Katakomben zwischen Via Appia und Andeatina,
unweit des Callistus-Coemeteriums, i. J. 1903 gefunden
worden. Er war vollständig zertrümmert und leider fehlen
auch heute noch die meisten Stücke. Mit unendlicher Mühe
wurden die beiden Schmalseiten und das Postament zu-
sammengesetzt und in dem Cortile Ottagono vor der Statue
der Venus Felix aufgestellt. Die erhaltenen Figuren lassen
auf bacchische Darstellungen schließen, und die Arbeit
zeigt den Stil der verfallenden Kunst des 3. bis 4. Jahr-
hunderts. B. N.
Frejus. Ein Mosaik aus gallisch-römischer Zeit hat
Pelloux-Gervais aufgefunden. Im Mittelfelde gibt es zwei
kämpfende Hähne. Um das Mittelfeld sind in vier Fel-
dern Löwe, Hündin, Panther und Stier dargestellt. Alles
mit erstaunlicher Meisterschaft der Zeichnung und von
wundervoller Farbigkeit. Überraschend ist dabei das sonst
bei antiken Mosaiken seltene Vorkommen von grünen
Tönen; das Material dazu wurde anscheinend, wie heute
noch, in der Umgebung von Frejus gewonnen.
Paris. Die Witwe des Bildhauers Carpeaux starb
am 19. Februar. — Der „Tuileriengarten“ von Manet ist
von Herrn Hugh Lane für das Dubliner Museum er-
worben worden, das „bon bock“ desselben Künstlers soll
nach Berlin wandern. — Der Antiquitätenräuber Antony
Thomas wurde vom Schwurgericht Limoges zu 6 Jahren
Zwangsarbeit verurteilt. — Herr Georges B6ncditte wurde
zum Konservator der ägyptischen Abteilung des Louvre
ernannt.
UTERATUR
Exhibition of Early German Ärt. Lon-
don, Printed for the Burlington Fine Arts Club
„1906“.
Erst zu Weihnachten 1907 ist der große
reidi illustrierte Katalog der in der Season 1906
abgehaltenen Ausstellung Deutsdier alter Kunst
im englisdien Privatbesitz erschienen. Man kennt
bei uns längst die typographisch mustergültigen
Katalogbände des „Burlington“, die ein sonst
kaum zugänglidies Material in trefflichen Licht-
drucken zu bringen pflegen. Bei der geringen
Auflage werden sie meist bald mit Agio ge-
handelt. Der vorliegende Foliant ist naturge-
mäß für deutsche Liebhaber und Bibliotheken
von ganz besonderer Bedeutung. Freilich mit
der überwältigenden Zahl und Qualität hollän-
discher und italienischer Kunst im englischen
Besitz kann sich das, was an altdeutscher Kunst
dort bewahrt wird, nicht entfernt messen. Und
auch, wenn wir vom Materiellen absehen, wird
selbst Holbeins künstlerische Koionisatorentat,
die durch van Dycks Wirken doch fast völlig
ausgelöscht wurde, kaum den Vergleich aushal-
ten mit dem, was Carlyles Verbindung mit
Goethe für England bedeutete, ganz zu ge-
schweigen von dem, was die deutsche Musik
von Händel bis Wagner für England gewesen
ist. Diesmal war noch dazu Holbein selbst von
der Ausstellung ausgeschlossen, der Klub will
hn und seine unmittelbaren in England tätigen
Nachfolger einer künftigen Veranstaltung Vor-
behalten, der mit Spannung entgegenzusehen
wir Deutsdie allen Grund haben. Bedenkt man
schließlich noch, daß in den letzten Jahrzehnten
besonders die Berliner Museen mit Erfolg be-
müht waren, deutsches Kunstgut aus England
zurückzukaufen (auch die für Berlin neuerwor-
bene, in Gestalten und Landschaft ebenso feine
wie einfache, verblüffend kleine Kreuzigung von
Konrad Witz stammt ja von einem Londoner
Geistlichen), so wird man sich wundern daß —
allerdings unter Zuhilfenahme des Kunstge-
werbes — eine doch recht stattliche Schau in
den engen Räumen von Savile Road zusammen-
gebracht werden konnte.
Die Herausgeber des Ausstellungswerkes
waren von dem anerkennenswerten Bestreben
geleitet, außer dem sorgfältigen Katalog auch
eine zusammenfassende Übersicht wenigstens
des Hauptgebietes, der Malerei darzubieten.
Drei englische Forscher, die die deutsche Kunst
zum Gegenstand ihrer besonderen Studien ge-
wählt haben, teilen sich in diese Einführung, die
für den englischen Leser unentbehrlich, in ihrer
knappen Zusammenfassung der letzten wissen-
schaftlichen Ergebnisse und durch den für solche
Übersichten besonders geeigneten imperialistisch-
geschäftlichen Tonfall der englischen Sprache
auch für den deutschen Kunstfreund ihren be-
sonderen Reiz hat. S. Montagu Peartree, der
die Anfänge der deutschen Tafelmalerei und die
schwäbische , fränkische und oberrheinische
Malerei des 16. Jahrhunderts behandelt, weist
mit Recht auf das frische Leben, auf die von
der niederländischen Kunst vergleichsweise un-
abhängige entschlossene Naturbeobachtung hin,
die an so vielen Orten der deutschen Malerei
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eignet,
und die ein paar Jahrzehnte später durch eine
meist nicht sehr glückliche Herübernahme der
Kunst zumal Rogers van der Weyden ersetzt
wird. Es sei bemerkt, daß er die beiden großen
Bilder des Augsburger Maximiliansmuseums
„Geburt Christi“ und „Anbetung der Könige“
für frühere, der Generation der Witz und Mult-
scher augehörige Erzeugnisse der Augsburger
Lokalschule anspricht und daß das Genueser
Fresco des Justus de Allemagna ihm diesen
Meister als einen Nachfolger des Konrad Witz
verrät. Alban Head bietet eine auf eingehender
Kenntnis der deutschen Fachlitteratur und war-
mer Liebe zu einigen der Hauptmeister gegrün-
dete Charakteristik der Kölnischen, der Ham-
burger und der westfälischen Schule. Den durch
die zarte, eindringliche, vergeistigende Zeichnung
dem Besucher der Londoner Nationalgalerie auf-
fallenden „Meister von Werden“ zerlegt er in
zwei Künstlerpersönlichkeiten; der Maler der
acht Heiligengestalten steht für ihn der west-
fälischen Schule, der der Hubertuslegende dem
Meister des Marienlebens besonders nahe. Mit
Recht trennt er wieder den Meister von Cappen-
berg von den Brüdern Dünwegge ab. Die
schwierige Aufgabe, auf 9 Seiten etwas über
Phrase und Statistik hinausgehendes über die
deutsche Malerei des 16. Jahrhunderts zu sagen,
hat Campbell Dodgson mit Geschick gelöst, be-
sonders für Cranachs Anfänge, seine „Donau-
jahre“, gruppiert er den Stoff in lichtvoller
Weise. Hans Baidung Grien scheint er mir als
Maler zu niedrig einzuschätzen.
Der sehr eingehend gearbeite eigentliche
Katalogtext und die siebzig etwas ungleichen,
zum Teil aber ausgezeichneten Lichtdrucktafeln
328
Monatshefte für Kunstwissenschaft
machen den eigentlichen Wert des Bandes aus.
Bei den Bestimmungen sind in zahlreichen
Fällen Ängaben Max J. Friedländers verwertet
worden. Von den abgebildeten Frühwerken
fesselt besonders die durch ihre Äufbewahrungs-
stelle (Buckingham Palace) sonst kaum zugäng-
liche Böhmische Madonna, von Szenen aus
dem Marienleben auf dem Rahmen umgeben:
die etwas schwammigen weichen Gesichter, der
feuchte Blick der beiden Hauptfiguren betonen
einen durchaus örtlich und persönlich bedingten,
von der gleichzeitigen französischen und ita-
lienischen Kunst wenig abhängigen Charakter.
— Der frühen Kölner Schule wird meistens der
1429 gestiftete Pallantaltar zugerechnet, von dem
zwei Täfelchen aus der Sammlung Donaldson
ausgestellt waren. Die Individualisierung der
Gesichter geht hier über eine allgemeine Süßig-
keit nicht hinaus; besonders hübsch ist die
Szene der Verlobung der hl. Katharina — auf
jeden Hofstaat verzichtend steckt der etwa fünf-
jährige, mit einfachem Kittel bekleidete Junge
der träumerisch dasitzenden Prinzessin den Ring
an den Finger. Ein echtes Werk des Bartolo-
mäusmeisters ist die Kreuzabnahme der Temple-
Newsam-Sammlung (Hon. E. Wood): von zitternd
nervösem Leben erfüllt, freilich die Gestalten
auch fast in musikalische Noten auflösend. So
wirkt der kühne Kletterer auf der Leiter fast
wie ein hüpfender Frosch, die Finger Maria
Magdalenas gleichen Spinnenfüßen. Besonders
reichlich ist die westfälische Schule vertreten.
Die unter dem seltsamen, aus der Inschrift
„Nazarenus“ entstandenen Namen „Jarenus“ be-
kannte blumig buntfarbige Beweinung Christi
aus Wilton House ist freilich nicht abgebildet,
da schon in der von Captain Wilkinson heraus-
gegebenen Publikation der Pembroke-Sammlung
enthalten; auch wird sie ja neuerdings von
Friedländer der Nürnberger Schule des 15. Jahr-
hunderts zugewiesen. Ein echt westfälisches
Stück aber ist der Flügel mit der Kreuzschlep-
pung aus der Sammlung Hughes of Kinmel; in
der Komposition nicht sehr belebt, hat dieses
Werk des auch in Berlin gut vertretenen Meisters
von Schöppingen durch den vergeistigt gespann-
ten Äusclruck der Gruppe unmittelbar hinter
dem Kreuze und durch die weiche feine Hügel-
landschaft viel gewinnendes. Dem Johann Kör-
becke von Münster wird eine Darbringung- im
Tempel (H. Wagner) zugeschrieben: klotzige
Figuren in steifem symmetrischen Äufbau, die
eckig geschnittenen Gesichter von echt west-
fälischem trotzig ruhenden Selbstbewußtsein er-
füllt. Ein künstlerisch viel höher stehendes
Werk ist die reich und gewandt bewegte Kreu-
zigung aus dem Besitz von Sulleg in London;
die Beziehung der westfälischen zur holländi-
schen Kunst wird hier so deutlich wie sonst
selten. Äußer den von Friedländer hier zitierten
Straßburger Bildern kommt besonders die mit
der Münchener SammlungHoech als „Engelbrecht-
sen“ verkaufte, dann in den Besitz von Albert
Langen ebendort übergegangene Tafel „Abraham
und Melchisedek“ für den Vergleich in Betracht.
Nach Westfalen wird in England auch der durch
die Düsseldorfer Ausstellung von 1904 bekannt
gewordene „Niederrheinische Meister von 1510“
versetzt, dessen gewaltiger Aachener Kreuzi-
gungsaltar bei mancher Ungleichheit und Un-
sicherheit doch an manchen Stellen Menzelsche
Beobachtungsschärfe mit Grünewaldschem Ge-
bärdenschwung und Grünewaldscher Farbentiefe
vereinigt. Im Klub waren die Liverpooler Flügel
mit der Handwaschung des Pilatus und der Be-
weinung Christi ausgestellt, ganz wie die zuge-
hörige Kreuzigung der Londoner Nationalgalerie
sind sie dem Aachener Werk aufs deutlichste
verwandt, aber erheblich unterlegen, Mit Recht
wird den Brüdern Dünwegge ein in seinem frag-
mentierten Zustand besonders verworren wir-
kendes Bruchstück der Kreuzigung, aus dem
Besitz des Herzogs von Norfolk, gegeben: das
gierige Greifen nach allem Lebendigen rächt sich
bei dem äußerst eindringlich gemalten Stück in
den aufgerissenen Äugen und den fakirhaft
verrenkten Armen. — Von den mannigfachen
Stücken, die unter Dürers Namen ausgestellt
waren und abgebildet sind, wird wohl nur das
längst bekannte Brustbild eines jungen deutschen
Kaufherrn in Venedig, der auch auf dem Prager
Rosenkranzfest vorkommt (aus königlichem Be-
sitz) ungeteilte Freude wecken: es ist so gut,
scharf und unbefangen, wie Dürers beste Zeich-
nungen. Der Salvator Mundi (C. Fairfax Murray)
mag einmal echt gewesen sein; was dabei her-
auskommt, wenn ein unvollendetes altes Werk
im 19. Jahrhundert „fertig gemalt“ und dann
wieder von diesen Übermalungen befreit wird,
wird wohl jeder leicht denken können. Dürers
Trabant Schäuffelin ist durch das, wie fast alle
Temperabilder auf Leinwand arg stumpfgewor-
dene, aber edel und frei gezeichnete „Glücksrad“
(Herzog von Devonshire) im ganzen glücklich
vertreten. Von den beiden Baldung-Porträts
ist gerade das weniger sichere, etwas flache
und kalte eines jungen Mannes (Sir George
Donaldson) abgebildet. Holbeins Schatten war
von der Ausstellung auch durch die absichtliche
Enthaltsamkeit ihrer Leiter nicht ganz fernzu-
halten. Gewichtige Stimmen sprachen dafür,
das durch die unnachahmlich gerundete Model-
lierung verblüffende Halbfigurenbild einer Frau
in Gelb (Sir Frederick Cook) dem großen Haus
Literatur
329
selbst zuzuteilen, während andere es bei Martin
Schaffner bewenden lassen wollten. Eine der
großartigsten und linienstärksten Kompositionen
Holbeins ist uns aber in dem Hodibild der Kreuz-
abnahme aus dem Besitz von Mrs. Frederick
Änthong White erhalten. Im Katalog vergaß
man zu erwähnen, daß ein zweites im Ausdruck
zumal des schön gesdinittenen Christuskopfes
sprechenderes farbig sehr hell gehaltenes Exem-
plar der Komposition sich in Palermo, in der Samm-
lung des Barons Chiaramonte Bordonaro (Phot.
Alinari II. 19913) befindet. Ein glanzvoller Altdor-
fer, Christus nimmt Abschied von seiner Mutter
(Sir Julius Wernher), ebenso rcidi in der drama-
tischen Abstufung der Anteilnahme der Personen,
wie feierlich und intim zugleich in dem hoch-
ragenden, rausdienden Laubwerk der Bäume,
ein recht manieriertes, wattig zerzupftes Auf-
erstehungsbild vom „Meister von Messkirch“
(Mr. Humphry Ward) und zwei gute Cranachs,
ein früher Flügel mit zwei weiblichen Heiligen
von frischer deutscher Mädchenhaftigkeit (Lady
Wantage) und eines seiner Melancholiebilder,
in seiner kleinlichen spielerischen Zierlichkeit
von Dürers Stiche relativ unabhängig (Earl of
Crawford) seien unter den mehrfigurigen Bildern
der Ausstellung noch hervorgehoben. Unter den
besonders zahlreich auf der Ausstellung ver-
tretenen Porträts sind außer den bereits ge-
nannten noch besonders merkwürdig: ein
Jüngling von sieghaft kecken und doch fast
mädchenhaften Zügen, der nicht kleine Mund
merkwürdig verzogen von Hans Maler von
Schwarz (Earl of Ellesmere), Wolf Hubers An-
ton Hundertpfundt, etwas starr und verlegen
blickend vor kahler Mauer (Dubliner Galerie),
Ambergers Matthäus Schwarz, der in prachtvoll
lebendiger Behäbigkeit in der Fensternische
sitzt, Weinglas und Horoskop hinter sich (Leo-
pold Hirsch), ein nach Art eines Lorenzo Lotto
breit und weich aufgerolltes Halbfigurenbild
eines Goldschmieds, das Friedländer dem Anton
Woensam geben möchte (Francis Buxton), end-
lich die beiden Gegenstücke des Meisters der
Holzhausensdien Porträts (Dubliner Galerie), in
der Haltung modellmäßig und nicht eben kurz-
weilig, aber von besonderem Reiz durch die
mit freier Luftigkeit hinter den Gestalten auf-
gebauten weiten Gebirgsseelandschaften.
Den zeitlichen Abschluß der Bilderreihe bil-
dete Elzheimer. Zwei für ihn merkwürdige,
eigentlich wenig intime Stücke sind abgebildet.
In seinem „Tod der Prokris“ (Lord Methuen)
ist der Körper der Hauptfigur mit lebhafter
Sinnlichkeit, aber keineswegs richtig gezeichnet
und läßt bereits an die Nacktheitsreize der Boucher
und Fragonard denken. Die ebenfalls in den
Verkürzungen nicht einwandsfreie „Taufe Christi“
(H. Wagner) vermittelt, wie der Katalog richtig
bemerkt, in eigentümlicher Weise zwischen Tin-
toretto und Rubens und Rembrandt. Vielleicht
darf man aber gerade hier letzte Spuren Grüne-
waldschen Erbgutes erkennen.
Unter den Werken des Kunstgewerbes sind
die beiden spätgotischen Silberfiguren der Heiligen
Sebastian und Christophorus aus Kaisersheim
bei Donauwörth (Sir Julius Wernher) in treff-
lichen, den pathetisclien Reiz zumal des ersten
dieser Heiligen gut festhaltenden Abbildungen
wiedergegeben. Ferner bringt der Band die
beiden dem Tilman Riemenschneider zugeschrie-
benen kleinen holzgeschnitzten Köpfe Adam
und Eva aus dem South Kensington Museum,
die an Rundung der Form, an hoher noch nir-
gends ins Leere hinüberspielender Renaissance-
freiheit im Werke des großen Meisters fast
allein dastehen würden, Plaketten, Medaillons
und Modelle in Speckstein und Buchs, eine sehr
reiche Medaillensammlung, Schmuck, Prunk-
becher in Krystall und Achat, das vielumstrittene
Specksteinrelief mit Dürers Monogramm im Be-
sitze Pierpont Morgans, eine durch ihre Tech-
nik bemerkenswerte frühe Tapisserie „Salomo
und die Königin von Saba“ aus dem gleichen
Besitz, das dem Georg Beck zugeschriebene Tittel-
blatt eines Augsburger Chorbuches vom Ende des
15. Jahrhunderts, die schwer bestimmbare Titel-
umrahmung der Theokrit-Aldine, die einst
Pirckheimer gehörte (Henry Yates Thompson)
und manches andere.
Wie die rasch vorübergehende Ausstellung,
so wird auch dieses ihr bleibendes Denkmal,
wenn auch zunächst nur in einem erlesenen
Kreise, für ein besseres Sichverstehen der beiden
gerade in den feinsten und letzten Kulturdingen
so sehr auf gegenseitige Ergänzung angewiese-
senen Nationen beitragen dürfen. Auf deutscher
Seite hat ja zu Anfang dieses Jahres die trium-
phierende Schau englischer Bilder des 18. Jahr-
hunderts, sicherlich in einer viel breiteren Schicht,
ähnlidi erfreulich gewirkt. Franz Dülberg.
s
Eduard von Paulus und Eugen Grad-
mann, Die Kunst- und Altertumsdenk-
male im Königreich Württemberg. III. Band.
Jagstkreis. Eßlingen, Paul Neff Verlag (Max
Schreiber), 1907. Preis geheftet 20 Mk., gebun-
den 22 Mk.
Der vorliegende Band, welcher mit den Lie-
ferungen 33—35 vor kurzem seinen Abschluß
330
Monatshefte für Kunstwissenschaft
erhielt, umfaßt die erste Hälfte des Jagstkreises.
Er behandelt die Oberämter Äalen, Crailsheim,
Ellwangen, Gaildorf, Gerabronn, Gmünd und
Hall. Gradmann hat seit dem Jahre 1899 die
Bearbeitung des Württembergischen Denkmäler-
Werks übernommen und sie durchaus im Sinne
des Begründers desselben, des um die Kunst-
geschichte Württembergs hochverdienten Studien-
rats Dr. Eduard von Paulus fortgeführt. Es
scheint somit nicht geboten, des Näheren auf
die Ärt der Bearbeitung einzugehen, da sie
durch die beiden früheren Bände — Neckarkreis
und Schwarzwaldkreis — zur Genüge bekannt
ist. Es mag nur darauf hingewiesen werden,
daß durch eine möglichst knappe Haltung des
Textes, der das Wichtige vom Nebensächlichen
loslöst, eine sehr große Übersichtlichkeit und
rasche Orientierung gewährleistet wird. DieseT en-
denz bringt es aber leider auch mit sich, daß die
Äufzeichnungen oft nicht mit der erwünschten
Genauigkeit in allen Einzelheiten gemacht wur-
den, sondern auf bestimmte Fragen die Ant-
wort schuldig bleiben. Freilich aber wird durch
dieses System es ermöglicht, die einzelnen Bände
der Denkmälerbeschreibung zu einem verhältnis-
mäßig niederen Preise in weiteren Kreisen zu
verbreiten. Es kann keinem Zweifel unter-
liegen, daß das Interesse für die Denkmäler im
Lande auf solche Weise entschieden gefördert
und die Denkmalpflege rege unterstützt wird.
Von diesem Standpunkt aus wird der hohe erzie-
herische Wert des Württemberger Inventars nie
verkannt und unterschätzt werden dürfen. Aber
dies schließt nicht aus, daß sich ohne erhebliche
Schwierigkeiten bei den Aufnahmearbeiten und
ohne größeren Raumaufwand präzisiere An-
gaben machen lassen. So wünschte man wohl
öfters bei mangelnden urkundlichen oder in-
schriftlichen Belegen die allgemeinen Stilbezeich-
nungen von Bauwerken „romanisch“ oder „go-
tisch“ durch genauere, stilistisch zu bestimmende
Entstehungsdaten ersetzt. Auch die plastischen
Werke verdienten nicht selten genauere Datie-
rung. Angaben, wie „eine alte Pieta von Holz“
(S. 431) oder „Der Stil des Bildwerks ist mehr
malerisch in der Art des Adam Kraft, es ist
ohne Zweifel eine Arbeit Peter Vischers“ wür-
den am besten ganz in Wegfall kommen. Voll-
ständig falsch ist auf S. 390 die Unterschrift des
Grabsteins, der nicht einem Rotenhan, sondern
nach Wappen und Inschrift einem Joerg von Berk
zu Nieder-Beuren gehört. Durch M. Schüttes
Schwäbischen Schnitzaltar wird die Datierung
einer Reihe von Altären verbessert. Hinsichtlich
der Wiedergabe von Inschriften dürfte für die
Folge eine größere Gleichmäßigkeit eintreten
müssen. Es ist nicht recht erfindlich, warum
z. B. unbedeutende Glockeninschriften in extenso
aufgeführt wurden, wichtigere Künstlerinschriften
an Deckenbildern, Tafelgemälden, Altären usw.
dagegen nur in Abkürzungen und ungenau. Der
wissenschaftliche Wert der Denkmälerbeschrei-
bung könnte durch die angeregten Verbesse-
rungen mühelos erhöht werden. Nur in diesem
Sinne möchten unsere Aussetzungen aufgefaßt
werden. Recht gut und brauchbar sind die bild-
lichen Beigaben, mehr als 900 an der Zahl, von
den iV\ appenbildern abgesehen. Die Brauchbar-
keit des neuen Bandes wird wie bei den beiden
ersten durch ein verlässiges Künstler- und Orts-
register unterstützt. n« • u i
^ Philipp Maria Halm.
s
Jahrbuch der bremischen Sammlungen
Redigiert von Dr. G. Pauli. Jahrgang I. Erster
Halbjahrsband. Verlag von F. Leuwer. Bremen
1908.
Was bisher in „Mitteilungen“ und „Jahres-
berichten“ verschiedenster Art von den Kultur-
instituten Bremens veröffentlicht wurde, zum
Teil unter Beigabe ungenügender Abbildungen,
das ist jetzt in einem einheitlichen Organ ver-
einigt, dessen Redaktion in die Hände G. Paulis
gelegt wurde. Neben Kunsthalle und Gewerbe-
museum sind das historische und das ethno-
graphische Museum beteiligt, sowie Stadtbib-
liothek und Archiv. Die Beiträge haben die
Form von Essais, beanspruchen aber wissen-
schaftlichen Publikationswert. Ausgegangen wird
im allgemeinen von dem Besitz der Bremer
Sammlungen, doch werden die Kreise natürlich
auch weiter gezogen; nicht nur die bremischen
Kunstfreunde sollen auf das Vorhandene auf-
merksam gemacht werden, sondern Neuerwer-
bungen und wichtige Stücke aus altem Besitz
sollen zur Kenntnis der Fachgenossen gelangen.
So publiziert G. Pauli im vorliegenden ersten
Heft eine Serie von 12 Zeichnungen der Her-
kulestaten, die Dürers Monogramm und die
Jahreszahl 1511 tragen. Lippmann kannte sie,
hielt sie aber nicht für Dürersche Arbeiten. Sie
sind vielleicht auf den ersten Blick nicht
überzeugend, fügen sich aber mühelos einer
kleinen Gruppe von Dürer-Zeichnungen ein,
die, in überzierlicher Technik hergestellt, durch
sehr gestreckte Körperverhältnisse, kleine Köpfe
und etwas manirierte Bewegtheit der Figuren
auffallen — eine Gruppe, deren hervorragendste
Vertreter die Darstellung des kämpfenden Sim-
son (L. 24) und des auferstehenden Christus
(L. 520) vom Jahre 1510 sind. Auch die mo-
derne Kunst kommt in der Zeitschrift zu ihrem
Literatur
331
Recht, und zwar in einem reich illustrierten
Aufsatz über Medaillen und Plaketten, gleich-
falls aus der Feder Paulis.
Das Gewerbemuseum publiziert verständiger-
weise nicht irgend eins seiner kostbaren Ein-
zelstücke aus der Mustersammlung, sondern
K. Sdiaefer bespricht die neuerworbene frie-
sische Bauernstube, nicht so sehr vom anti-
quarischen als vom kulturellen Standpunkt aus.
Das gibt eine umfassende Vorstellung von
einem bestimmten und interessanten Wohn-
tgpus, im Vergleich und im Gegensatz zu ande-
ren Gegenden. — Syndikus Focke, der Leiter
des historischen Museums, stellt die Erzeug-
nisse der ersten Eisengießerei des bremischen
Staatsgebiets zusammen, ferner publiziert er
ostasiatisches Porzellan, das im bremischen Auf-
trag drüben mit dem Wappen der Hansastadt
bemalt wurde — ein Beitrag zur Geschichte der
Keramik und des Japonismus. — Neben Auf-
sätzen von G. F. Hartlaub über eine Goethe-
zeichnung im Kupferstichkabinett und von E.
Wald mann über einen nordwestdeutschen
Maler des 17. Jahrhunderts, C. W. Heimbach,
bringt das Heft dann eine Abhandlung über die
ältesten bremischen Drucke der Stadtbibliothek
von B. Claussen, und J. Weißenborn vom
ethnographischen Museum hat einen Beitrag
beigesteuert über den Totem-Pfahl der Haida.
Man versteht nach diesem ersten Heft, was
gemeint ist: Ein Publikationsorgan, in dem man
bremische Forschungen vereinigt findet, anstatt
privater Mitteilungen, die nur wenig Menschen
zu lesen pflegten, und die auch kein genügen-
des Abbildungsmaterial liefern konnten. Der
Zusammenhang der einzelnen Aufsätze unter-
einander ist wohl lose, aber das Gemeinschaft-
liche ist der lokale, historische und kulturhisto-
rische Hintergrund. Partikularismus wird dabei
nicht getrieben, davor bewahrt schon die Ab-
sicht, die verlautet, daß in späteren Heften ge-
legentlich der wissenschaftlichen Behandlung
moderner Kunst mehr Platz eingeräumt werden
soll. Und wenn von zeitgenössischer Malerei
die Rede ist, so ist es ja von selber um die
Lokalhistorie geschehen.
Den Titel der Zeitschrift hat C. Weidemeger
gezeichnet. E.
s
Alexander Heilmeyer, Die Plastik seit
Beginn des 19. Jahrhunderts. Sammlung
Göschen, Leipzig, 1907.
Die Besprechung dieser kleinen, vortrefflich
illustrierten und auf einen großen Leserkreis
berechneten Publikation könnte an dieser Stelle
entbehrt werden, wenn nicht das Thema, das
hier behandelt wird, zu den Stiefkindern auch
der fachwissenschaftlichen Forschung gehörte.
Wir verfügen bisher über keine zusammen-
hängende Darstellung, die den komplizierten,
aber sehr interessanten Entwicklungsprozeß der
Plastik des 19. Jahrhundert von Anfang bis zu
Ende darlegte.
Das vorliegende Büchlein kann weder dem
Laien noch dem Fachmann zum Führer dienen.
Schon der Titel leitet irre, da gerade die inter-
essanten Anfangsstadien der Entwicklung mit
ein paar Worten abgetan und fast ausschließ-
lich die Künstler aus der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts besprochen werden. Auf Rauch
kommt nur eine von den 106 Textseiten. Aber
auch bei den modernen Bildhauern steht der
einem jeden zugewiesene Raum nur selten im
richtigen Verhältnis zu der Bedeutung des
Besprochenen. Grade der enge Rahmen hätte
zu einer strengen Ökonomie und dadurch zur
Herausarbeitung der wichtigsten Erscheinungen
mit Übergehung aller Größen dritten und vier-
ten Ranges führen müssen. Statt dessen be-
kommen wir über Rudolf Maison ein ganzes
Kapitel, während Dalou nur gelegentlich erwähnt
wird. Die Münchener Plastik liegt dem Ver-
fasser offenbar besonders am Herzen, und sein
Lokalpatriotismus hat ihn hier zu entschiedener
Einseitigkeit geführt. Sobald er Berliner Boden
betritt, wird er unsicher. So grobe Versehen
wie das, daß er Reinhold Begas beide Humboldt-
Denkmäler zuschreibt und von seinen gemalten
Porträts spricht, die „über seinen modellierten“
ständen, können durch einen noch so kurzen
Aufenthalt in der „Reichshauptstadt“ nicht ent-
schuldigt werden; ebensowenig, daß er von
Schaper, den er den Vertreter eines „gemäßig-
ten Naturalismus“ nennt, als einziges Werk
den Christus am Berliner Dom aufführt, ohne
sich des Goethedenkmals zu erinnern, oder daß
er über Tuaillons Amazone die nichtssagenden
Worte niederschreibt: „Das Pferd der Amazone
ist fast eine genaue Nachbildung eines bestimm-
ten Pferdes und kontrastiert insofern mit der
Gestalt der Reiterin, in der mehr die rein for-
male Erscheinung des zu Pferde sitzenden Weibes
dargestellt ist“(!)
Gegen die Stellung, die Adolf Hildebrand
zugewiesen wird, der gradezu als der Held
des Buches erscheint — das Kapitel trägt die
Überschrift: Die Wiedergeburt der Form mit
Hildebrand (!) — ließe sich weniger etwas ein-
wenden, wenn nicht gleich darauf in fast eben-
so hohen Tönen ein Loblied auf Francois Rüde
angestimmt würde. Wer diesem Bombasten
derartig begeisterte Worte widmet, wie dies der
22
332
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Verfasser auf Seite 73 f. tut, hat nidit das Recht,
über den weit größeren Carpeaux geringschätzig
zu urteilen und seine Tanzgruppe an der Pariser
Oper mit den Worten abzutun: „Diese über-
triebenen Gesten, gestikulierenden Ärme und
Beine, widerstreben der festen Gebundenheit
in Stein. Ja, wenn die Steine tanzen könnten!“
— Ich meine, wer vor dieser Gruppe nicht spürt,
daß unter Umständen auch die Steine tanzen
können, wenn nur wirklich ein Orpheus kommt,
der sie zu bewegen weiß — dem ist nicht zu
helfen.
Hm schlimmsten kommt Rodin weg, dessen
Kunst dem Verfasser völlig ein Buch mit sieben
Siegeln geblieben zu sein scheint, obgleich der
Künstler doch nidit erst im Jahre 1907 an die
Öffentlichkeit getreten ist. Was er über ihn
schreibt, könnte aus der Feder des Licentiaten
Bohn stammen: „Dem einen ist das Weib die
hohe hehre Göttin auf dem Ältar seiner Kunst,
dem andern eine Phryne, die ihm ihre Reize
preisgibt. Der Marmor wird nur dazu gebraucht,
um die Reize des blühenden Fleisches zu ver-
herrlichen. Das Interesse an der Wiedergabe
animalischen Lebens läßt den Künstler oft die
Äufgaben seiner Kunst in den geschmacklosesten
Dingen suchen.“ Und dann in gesperrtem Drucke
das endgiltige Verdammungsurteil: „Unter dem
dominierenden Einfluß des weiblichen
Äktes ist die französische Plastik selbst
feminin geworden.“ Nach diesen sitten-
strengen Worten ist man dann sehr überrascht,
zu lesen, daß für den Verfasser der Hauptreiz
der Kuß-Gruppe Rodins im Luxembourg auf
dem Kontrast des rauhen männlichen Körpers
mit der „molligen Weichheit“ des weiblichen
beruht.
Dem Eingeweihten schaden solche Sätze
nichts; dagegen bleibt zu bedenken, daß sie
von Tausenden von Uneingeweihten gelesen
werden, die zu dem Büchlein greifen, schon
deswegen, weil es in einer Sammlung ersdiienen
ist, die sich auf andern Wissensgebieten die
größten Verdienste um Verbreitung der Bildung
in den weitesten Kreisen unseres Volkes erwor-
ben hat. Grade weil wir in Deutschland auf dem
Ärbeitsgebiet der Erziehung zum künstlerischen
Sehen noch keineswegs Ursache haben, dieHände
in den Schoß zu legen, sondern weil jeder Tag uns
lehrt, wieviel hier noch zu tun ist, muß mit soldien
auf einen unbegrenzten Leserkreis berechneten
Publikationen weit strenger ins Gericht gegangen
werden, als mit irgend einer minderwertigen
fachwissenschaftlichen Ärbeit, deren Mängel
sich nur an dem Autor selber rächen. Es ist
bekannt genug, welches Unheil die in der gleichen
Sammlung erschienenen Bändchen über die
Geschichte der Malerei aus der Feder eines
geistreichen, aber leider grade bei dem Laien-
publikum allzubeliebten kunsthistorischen Feuille-
tonisten anrichten. Die ungeübten Augen, die
durch dieses Feuerwerk einmal geblendet sind,
lernen nie wieder sehen. Heilmegers Buch
über Plastik ist weniger gefährlich, zumal
es über technisch sehr gut gelungene Abbil-
dungen und eine Einleitung verfügt, die auf der
Grundlage des „Problems der Form“ einige all-
gemeine Gesichtspunkte und Betrachtungen über
die Entstehung plastischer Kunstwerke überhaupt
bietet. Bei den Neuauflagen, die bei den
Göschenbändchen sich sehr schnell zu folgen
pflegen, wäre es daher zu empfehlen, wenn der
Verfasser nach einer stillen Einkehr seine Arbeit
einer gründlichen Durchsicht unterzöge und mit
Ausmerzung seiner allzu persönlich gefärbten
Urteile sich darauf beschränkte, die im Bilder-
Apparat abgebildeten Kunstwerke nach histo-
risdien oder stilistischen Gesichtspunkten zu
ordnen und jedes Blatt einzeln seinem künstle-
rischen Gehalt nach seinem Publikum zu erklären.
Nur auf diese Weise können wirkliche Resultate
erzielt werden. Edmund Hildebrandt.
s
Georg Graf Vitzthum, die Pariser Minia-
turmalerei (von der Zeit des hl. Ludwig bis
zu Philipp von Valois und ihr Verhältnis zur
Malerei in Nordwesteuropa). 8®. IX u. 244 S.
50 Tafeln in Lichtdruck. Preis M. 18.—. 1907.
Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig.
Die Erzeugnisse der französischen Miniatur-
malerei von 1250 bis 1320 erscheinen dem ersten
Blick so gleichartig, daß er eine Wandlung der
Formen innerhalb dieser siebzig Jahre kaum
wahrnehmen kann. Man hat deshalb lange Zeit
die ganze Gruppe als eine in sich geschlossene
Einheit aufgefaßt; Paris hat man (wegen der
vielen urkundlich genannten Buchmaler) als das
Zentrum angesehen, von dem alles übrige mehr
oder weniger abhängig war. Erst Haseloff hat
vor kurzem (im 2. Bande von Michels Histoire
de l’Art 1906) begonnen, die Masse der wich-
tigsten Handschriften in Gruppen zu trennen,
insbesondere hat er auf die wechselseitigen Be-
ziehungen der nordfranzösischen und englischen
Miniaturmalerei zuerst hingewiesen.
Die vorliegende Arbeit, deren Grundlagen
vor dem Erscheinen der Haseloffschen Unter-
suchungen bereits feststanden, geht, wenn sie
gleich im Großen zu gleichen Resultaten, wie
Haseloff, kommt, im Einzelnen doch weit da-
Literatur
333
rüber hinaus. Die Einleitung bilden die beiden
Gruppen der Pariser Handsdhiriften aus der Zeit
des hl. Ludwig, um die Mitte des 13. Jahrhun-
derts. Die erste ist die des berühmten Ludwigs-
psalters (1253—70). Die zweite, ausgehend von
der Vie de Histoire de St. Denis von 1250,
gruppiert sidi um die lateinischen Bibeln Wien-
Oxford-Paris ; ihr Stil ist in Nordfrankreidi bis
nach Belgien ausgebreitet, sein Ursprung wird
gesucht in dem Zeichenstil des 12. Jahrhunderts,
wie er z. B. an einer Reihe nordfranzcsischer
Glasfenster zu beobachten ist. Der Stil der
Ludwigspsalter hingegen, deren monumentale
Zeichnung und leuchtende Färbung als etwas
ganz anderes und neues auftritt, wird aus dem
englischen Miniaturenstil der ersten Hälfte des
13. Jahrhunderts abzuleiten versucht. Eine be-
friedigende Erklärung dieser wichtigsten Er-
scheinung der nordeuropäischen Malerei seit
dem Untergang der spätromanischejj Malerei
wird allerdings auch hier nicht gegeben.
In dem folgenden Abschnitt: „Die Pariser
Miniaturmalerei vom Tode des hl. Ludwig (1270)
bis gegen 1300“ wird eine Reihe der wichtigsten
in Paris entstandenen Handschriften in ihrem
Abhängigkeitsverhältnis voneinander untersucht:
das an den Stil der Ludwigspsalter anknüpfende
Nekrologium von St. Germain (1255—78); an
dieses Atelier anschließend der Meliacen des
Girard d’Amiens (1285—91) und die vielleicht in
St. Denis gemalte Hs. Chroniques de St. Denis
(Bibi, de Ste. Genevieve 782); als Produkt der
Bestrebungen dieser beiden Gruppen die Evan-
giles de la Ste. Chapelle in Loncion vom Ende
des 13. Jahrhunderts (?), wobei Berührung mit der
Elfenbeinplastik konstatiert wird. Diese letzte
Werkstatt hängt zusammen mit Honore, dem
Maler des Breviariums für Philipp den Schönen
von 1296. Die Schule Honores wird weiterhin
zusammengestellt; dann die Verbreitung des
Pariser Stils in der Champagne an Hand der
Buchmalereien in Chälons, Reims, Soissons, Laon
usw. verfolgt. Endlich wird das Verhältnis der
Pariser Ateliers zu England untersucht. Die
Miniaturen Nordfrankreiciis während dieser
Zeit (die Gruppe des Roman de la Poire, an
den sich zahlreiche weitverbreitete kleine Bibeln
angliedern, die Gruppe des Liber Floridus des
Lambert von St. Omer [1250—70], an den sich
eine Gruppe von Corbie, Lille, Arras u. a. an-
lehnt, drittens eine Gruppe nach Arras zu loka-
lisierender Hss., im Mittelpunkt das Brevia-
rium monasticum Arras 729) zeigen eine eigene,
mit Paris nur lose zusammenhängende Form-
gebung. Ebenso werden in Belgien zwei
Zentren, Gent- Brügge und Maestricht, ange-
nommen, die ohne Verbindung mit Paris, teil-
weise mit England zusammengehangen haben.
Von Belgien und England findet dann in
den ersten zwei Jahrzehnten des 14. Jahrhun-
derts eine Invasion in die nördlichen Provinzen
Frankreichs statt (Somme le Roi; vie de Ste.Be-
noite im Berliner Kupferstichkabinet , ob mit
Recht hierzu gezählt?).
Eine Gruppe in Amiens -Corbie gefertigter
Handschriften wird aus dieser Mischung eng-
lischer, nordfranzösischer und belgischer Ele-
mente erklärt; der Einfluß der Pariser Kunst
wird also sehr beschränkt. In Paris war in-
zwischen die Tradition Honores weiter gepflegt
worden, ohne daß man zu neuen Gestaltungen
gelangte. Im Anfang des 14. Jahrhunderts sehen
wir eine leere dekorative Routine ausgebildet,
die dann weite Verbreitung fand (Bibel des
Arsenal von 1317; das König Philipp 1313
überreichte Liber de Dina et Calila). Pucelle
endlich, der Maler der Bibel des Robert de
Billgng von 1327 und des Breviaire de Belle-
ville, soll in der letzteren Hs. auch an den
englisch - belgischen Miniaturenstil anknüpfen,
den ihm die Vie et Miracle de St. Denis von
1317 übermittelt habe, so daß selbst in Paris
der englisch-belgische Stil die Überhand
gewinnen würde.
ln dem Schlußkapitel wird die rheinische
Malerei zu Anfang des 14. Jahrhunderts und
ihr Verhältnis zu Paris und zu England-Belgien
untersucht. V. kommt zu dem Resultat, daß
die kölnischen Handschriften vom Valkenberg-
Graduale (1299) bis zum Missale von St. Cuni-
bert in Darmstadt (1346) im wesentlichen von
Belgien her beeinflußt sind, während die Wand-
malerei (Kapelle von St. Andreas, Chorschranken
des Domes um 1350), sowie die Tafelmalereien,
die sich um das Berliner Diptychon gruppieren,
starke Einwirkungen von England empfangen
haben. Dieser englisch-kölnische Stil verbreitet
sich zum Oberrhein, was bekundet wird z. B.
durch die Tafel aus Bebenhausen in Stuttgart,
durch große Partien der Freiburger Glasfenster
und durch das Wandgemälde der Kreuzigung
in der Sakristei des Konstanzer Münsters von
1348, das kürzlich von Gramm wieder be-
sprochen worden ist.^) In einer Gruppe lothrin-
y Josef Gramm, Spätmittelalterlidie Wandgemälde im
Konstanzer Münster. Ein Beitrag zur Entstehungsge-
schidite der Malerei am Oberrhein. 8“. X u. 140 S.
20 Tafeln in Lichtdruck. Straßburg 1905. Studien Heft 59.
— Äuf diese Arbeit sei im Vorübergehen hinge-
wiesen. Der Hauptabschnitt befaßt sich allerdings mit
späteren Werken, den Wandmalereien in der Nicolai-
kapelle des Münsters, etwa 1410 — 20 entstanden, die für
die Entwicklung der oberrheinischen Malerei vor Witz-
Moser -Multscher wichtig sind. — Die Kreuzigung von
1348 aber ist, wie Vitzthum ja auch bemerkt |s. o.),
keineswegs ein Erzeugnis eigentümlicher oberrheinischer
Malerei.
334
Monatshefte für Kunstwissenschaft
gisdier Handschriften (Maaß- Eifel -Metz) wird
endlich auch das Eindringen der englisch-belgi-
schen Stilrichtung konstatiert. Die sehr ver-
dienstvolle Ärbeit hätte an Lesbarkeit gewon-
nen, wenn die Darstellung mehr herausgearbeitet,
von dem beschreibenden Teil gesondert worden
wäre. Die Aneinanderreihung der Handschriften
ermüdet, zumal es sich um ein gleichförmiges
Material handelt.
Hermann Schmitz (Berlin).
g -
Paul Vitrg et Gaston Briere. L’eglise
abbatiale de Saint -Denis et ses tombeaux.
Paris. D. Ä. Longuet. 1908.
Ein guter Führer für die Äbteikirche und
ihren zahlreichen Gräberschatz. Keine er-
schöpfende Monographie, aber ein kurzer, klar
charakterisierender Abriß, der über die kunst-
historisch wichtigen Verhältnisse der Architektur
und Plastik von Saint -Denis sach- und fach-
gemäß orientiert. Auch die bibliographischen
Hinweise sind ergiebig genug, um in das tiefere
Studium der Fragen einzuführen. Doch hätten
wir gerade von den beiden Autoren, die das
Feld der mittelalterlichen Plastik beherrschen,
auch über die stilgeschichtlichen Beziehungen
der Skulpturen eine freigiebigere Auskunft gern
entgegengenommen.
Artur Weese.
s
L’oeuvre de J. S. B. Chardin et de J. H.
Fragonard. 213 Reproduktionen. Einleitung
von Armand Dagot, Bemerkungen von Le-
andre Vaillat. Herausgeben von F. Gittler,
Paris. Preis 32 Mk. gr. 4^
Der Wert dieses Werkes liegt in den ge-
radezu mustergültigen Reproduktionen, die ein
fast vollständiges Bild von dem Schaffen der
beiden graziösen Rokokomeister geben. Die
im vorigen Jahre von Armand Dayot bei Georges
Petit organisierte Chardin-Fragonard Ausstel-
lung, vereinigte die Mehrzahl der hier wieder
abgebildeten Werke. Einleitung und Anmer-
kungen sind ein nützlicher Kommentar, ohne
neues zu bieten, dagegen sieht man mit Ver-
gnügen, wie bei den Reproduktionen, Heliogra-
vüren wie Netzdrucken, mit größter Sorgfalt ver-
fahren wurde und so auch aus dem Netzdruck
unglaubliche Feinheiten herausgeholt wurden.
Neben den Ölbildern sind auch Handzeichnungen
und Miniaturen eingehend berücksichtigt, was
besonders für Fragonard wichtig ist, der gerade
in den Zeichnungen sein Intimstes gegeben hat.
Dies Werk gibt allen Freunden des französischen
Rokoko zum ersten Male in handlicher und
leicht zugänglicher Form einen Schatz von Schön-
heit und zarter Grazie, :auch für den Kulturhisto-
riker gibt es eine Fülle von Anregungen; es ist
ein Vergnügen, dieses Buch zur Seite, das Werk
der Goncourts über die Kunst des achtzehnten
Jahrhunderts noch einmal durchzulesen. „Char-
din und Fragonard“ werden auch in Deutschland
schnell zahlreiche Freunde gewinnen. R. A. M.
s
Karl Justi, Miscellaneen aus drei Jahrhun-
derten spanischen Kunstlebens. I. Band. Mit
85 Abbildungen. Berlin, Grote.
Soviel in den letzten Jahrzehnten auch zur
kunstgeschichtlichen Durchforschung Spaniens
getan ist, es hat sich alle Arbeit immer nur auf
einzelne Persönlichkeiten oder Gruppen erstreckt
und auch wohl nur erstrecken können. Das
große Monumentalwerk der spanischen Kunst-
geschichte überhaupt, auch nur das einer ein-
zelnen größeren Periode, fehlt noch; Begonne-
nes ist Bruchstück geblieben, so vor allem die
Versuche, die Architekturgeschichte des Landes
durch die Darstellung seiner Denkmäler in großem
Maßstabe aufzubauen; daß die neuesten monu-
mentos arquitectonicos es viel weiter bringen
werden, ist kaum wahrscheinlich.
So wäre auch wohl alles bisher geleistete
fast mit dem Ausdruck Miscellaneen zu be-
zeichnen, und Justi, zurzeit wohl der Einzige,
der sich eines irgendwie zusammenfassenden
Werkes unterfangen dürfte, hat sicher wohl
bewußt in dem vorliegenden Buche seine wich-
tigsten zerstreuten Aufsätze über einzelne Per-
sönlichkeiten der spanischen Kunstgeschichte
vereinigt. Und sie geben in dieser Zusammen-
stellung doch etwas geschlosseneres, als man an
sich erwarten könnte.
Vielleicht wird es noch lange so bleiben, daß
Sternchen zu Sternchen und Quader zu Quader
gehäuft wird, bis einst der Wissende kommt,
der alles zusammenfügt zu geschlossenem Bau.
Schade ist es, daß gerade Justi nicht den Ver-
such machen zu wollen scheint, wenigstens in
kleinerem Umfange ein Gesamtbild — oder ein
größeres Stück des Gesamtbildes — zu geben.
Wie sehr er der Mann dazu wäre, beweisen
die hier zu vereinigenden 24 Aufsätze, von
denen er nun im 1. Band 11, bereits fast die
Hälfte, gibt. Und zwar diejenigen, die die Zeit
etwa von 1450 — 1550 umfassen, hier und da die
Grenzen überspringend. —
Ich muß gestehen, daß es mir immer aufs
neue erstaunlich ist, nicht nur was Justi alles
Literatur
335
weiß, wie er die versdiollensten Künstler bis
zur vollständigsten Greifbarkeit wieder ausgräbt,
sondern audb, was er alles sieht und mit wel-
cher Sicherheit er sich durch die scheinbar oft
pfadlose Urwaldwildnis der spanischen Kunst
hindurchzufinden versteht.
Und dann sind auch diese scheinbar zufällig
entstandenen Einzelaufsätze in ihrer Zusammen-
fügung eine unschätzbare Gabe für den Freund
spanischer Kunstgeschichte.
Spanischer Kunst selber kann man hier nicht
recht sagen, denn es handeln diese 11 Äufsätze
in der Hauptsache von den italienischen, fland-
rischen, deutschen Künstlern, die im Lande der
Kastanien in der bezeidineten Zeitspanne tätig
waren.
Und doch wieder ist es spezifisch spanische
Kunst, insofern als tatsächlich kaum ein Land
in jener künstlerisch so gewaltigen Zeit so sehr
von ausländischen Malern und Bildhauern über-
flutet wurde, als Spanien, und anderseits kaum
wieder ein Land so starken rückwirkenden Ein-
fluß auf diese Fremden ausübte, so daß diese
eingewanderte Kunst — mit wenigen Äusnah-
men — sehr rasch spezifisch spanische Züge,
jene eigentümliche halb düstere halb flammende
tiefe Leidenschaftlichkeit, jenes Streben nach
äußerster Steigerung des Äusdruckes, jene ans
phantastisch Märchenhafte grenzende Stimmung
annahm.
Merkwürdig genug ist es dabei, daß, nach-
dem noch im 15. Jahrhundert einige deutsche
Baukünstler, die die wesensverwandte deutsche
Spätgotik an spanische Kathedralen übertragen
hatten, in der Malerei — und in der dazu ge-
hörigen Ältarschnitzerei — die flandrischen Künst-
ler auf lange hinaus bestimmend wurden, wäh-
rend in der eigentlichen frühen Renaissance-
bildhauerei fast ausschließlich Italiener in Spanien
wirkten.
Der Inhalt der einzelnen Äufsätze — die
teils in den Jahrb. der Kgl. Preuß. Kunst-
sammlungen und den Ztschr. f. bild. Kunst und
für Christi. Kunst erschienen, teils als Vorträge
an das Licht traten, ist hierfür höchst bezeich-
nend. Die Kölnischen Meister an der Kathedrale
zu Burgos, Altflandrische Malerei in Spanien,
Die Lombarden in Sevilla, Torrigiano, usw. sind
die sprechenden Titel einiger Hauptaufsätze.
Zum ersten Kapitel möchte ich auf die in man-
cher Hinsicht bemerkbare innere Verwandtschaft
des berühmten achteckigen Vierungsturmes zu
Burgos, auch in seiner jetzigen Gestalt nach
dem Wiederaufbau, mit dem achteckigen Rat-
hausturm zu Köln hindeuten.
Es ist hier völlig untunlich auf den un-
endlich reichen Inhalt der Äufsätze etwas
näher einzugehen, die ganz außerordentlich
interessante Gegenstände behandeln. So sind
des weiteren jene besonders bemerkenswert,
die sich mit der Entwicklung der eigentlidi
spanischen Kunst beschäftigten, wie der über
D. Pedro de Mendoza, den großen Kardinal
von Spanien und seine Kunstschöpfungen.
Sehr eingeleuchtet hat mir die Vermutung, das
Grabmal dieses Kirchenfürsten stehe zu Andrea
Sansovino in Beziehung. In der Tat möchten
sich nicht viele derartige Werke finden, die so
sehr an die Denkmäler des Genannten erinnern,
wie das großartige Grabmal Mendozas in Toledo.
Freude macht es, daß Justi dem sonst nicht
auftretenden spanischen Baumeister Pedro Ma-
chuca und seinem ausgezeichneten Palaste für
Karl V. auf der Alhambra eingehende Behand-
lung widmet. Schade, daß Justi über diesen Mann
nicht noch mehr hat ausfindig machen können.
Für mich ist sein Werk von raffaelischer Art
und Schönheit, und die allerlei Einzelheiten, die,
wohl dem Maler angehörig, die technische
Routine des eigentlichen Architekten vermissen
lassen, erhöhen den Reiz des Ganzen durch
pikanten Gegensatz zu der zunächst etwas aka-
demischen Gesamterscheinung. Vielleicht ist
dieser raffaelische Zug durch den von Justi
ebenfalls herangezogenen Freund Raffaels Bald.
Castiglione vermittelt. —
Freude hat es mir ferner gemacht, auch einen
Aufsatz zu finden, der sich mit der Goldschmiede-
familie Arphe, insbesondere ihrem bekanntesten
Sprossen Juan d’ Arphe y Villafane, beschäftigt.
Grade diese über die Grenze der Gotik und
Renaissance nach zwei Seiten hinüberragende
Familie gibt uns ein treues Abbild jener Kunst-
bewegung, deren charakteristischsten Werke in
der Baukunst man ja als plateresk — silber-
schmiedemäßig — bezeichnet. Und nicht min-
der interessant ist die Mitteilung, daß diese be-
rühmteste aller spanischen Goldschmiedefamilien
eine ursprünglich deutsche ist, daß der Stamm-
vater Enrique d’ Arphe am Beginn des 16. Jahr-
hunderts mit anderen Deutschen die nordische
Art in dieser Kunst in Spanien einführte. Seine
Custodie in Cordoba deutet freilich mehr auf
Holland oder Flandern, als auf Deutschland als
seine Lehrheimat. —
Kurz — es ist für jeden, der sich mit spani-
scher Kunst beschäftigt, eine Freude, das Justische
Buch zur Hand zu nehmen; es enthält aber auch
eine solche Fülle ernster wissenschaftlicher Ar-
beit und bedeutsamen Materials, daß dieser
Band I eine der wichtigsten Vorarbeiten für
die Geschichte der spanischen Renaissance blei-
Albrecht Haupt.
ben wird.
336
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Jusepe Ribera (Lo Spagnoletto). Von
Äugust L. Mager. Mit 59 Abbildungen in Lidit*-
druck auf 43 Tafeln. Leipzig, Karl W. Hierse-
mann. 1908.
Auf seine vielversprechende Doktordisser-
tation hat der hochbegabte Verfasser in wenigen
Monaten, leider viel zu rasch,’ einen fast zwei-
hundert Seiten starken Band über den gleichen
Gegenstand folgen lassen und sich mit der ver-
schwenderischen Freigebigkeit der Jugend selbst
um einen schönen wissenschaftlichen Erfolg be-
trogen. Glänzende Resultate ernstester Forschung
verschwinden unter einem Spreuhaufen von Phra-
sen, und die stark vernachlässigte Form wetteifert
mit falschen Vergleichen und unzutreffender Cha-
rakteristik. Das Beste an dem Buch ist die Monu-
menten-Kenntnis, aber sicherlich' nicht das einzig
Gute. Gleich der erste Satz: „Das größte Stief-
kind der Kunstgeschichte ist die spanische Ma-
lerei“ erregt Mißbehagen und Widerspruch.
Wo bleibt Justis Velazquez? Die Ableitung von
Riberas und auch Ribaltas Kunststil von Parma
und Paul Veronese sdieint mir nicht richtig,
jedenfalls nicht erwiesen. Auch von „düsteren
Valenzianern“ dürfte man so allgemein wohl
nicht sprechen. Wenn auch in den Augen der
Modernen das Tenebroso als schwerwiegender
Vorwurf gilt, so hat ein Meister des Kolorits
wie Ribera nicht nötig, für den Pleinairismus
gerettet zu werden. An der Hand der Chrono-
logie zeigt uns der Verfasser den Weg dieser
künstlerischen Entwickelung, ein breites Licht
in die Neapolitanische Kunstgeschichte des
17. Jahrhunderts hineinwerfend. Sehr dankens-
wert sind auch die Tabellen am Schluß des
Werkes. Ein Inhaltsverzeichnis werde ich wohl
nicht allein vermissen. Über die flauen Licht-
drucke auf fingerdickem Papier weiß ich nichts
Erfreuliches zu sagen. V. v. L.
s
Friedridi Perzgnski: Vortrag über den
japanischen Farbenholzschnitt, gehalten
in der Bremer Kunsthalle am 14. Oktober 1907.
Franz Leu wer, Bremen, 1908.
Okakuro Kakuzo: Moderne Probleme
der Malerei. Wortrag, gehalten auf dem
Kongreß von St. Louis, 1904. Verlag von
Walter G. Mühlau, Kiel, 1907.
Beide Vorträge sind nur kurz. In dem ersten
plaudert Perzynski in fein abgewogenen und
schön gesetzten Worten über den japanischen
Holzschnitt. Er will nichts Neues sagen, will
weder dem, was er selbst in seinem kleinen
Buche niedergelegt hat, noch den Forschungen
Seidlitzens, Stranges, Tei-Sans, Kurths und
Münsterbergs etwas hinzufügen. Er will nur
einem größeren Publikum Interesse und Ver-
ständnis einflößen. Das wird er wohl erreicht
haben. Hier und da fällt auch ein interessantes i
Wort. So nennt er das Ukiogoye „eine Heimat-
kunst par excellence“. Man denke, was wir
unter diesem Worte zu verstehen pflegen.
Dasselbe sollen für Japan die Kunstschulen be-
deuten, die sich fast ausschließlich mit der Frau,
mit der Courtisane, mit der Geisha, mit dem ■
Schauspieler beschäftigen. Oder er charakteri- h
siert das Neue der Hiroshigeschen Landschafts-
kunst mit folgenden Worten, die sich übrigens
nicht ganz mit den wirklichen Verhältnissen
decken möchten: „Hiroshige lockert die frisierte j
Natur der aristokratischen Malergilde zu einem i
lebendigen Sein auf, in dem die Elemente, statt \
zu deklamieren, mit Donnerworten sprechen.“ |.
Im allgemeinen scheint mir Perzynski den i
japanischen Holzschnitt zu hoch zu werten und j
vieles als Errungenschaft des Ukiyoye hinzu- ij
stellen, was eine frühere Zeit und andere Schulen l|
schufen. I
Ganz besonders schön ist die Ausstattung —
der Druck, das Format, das Papier, die Raum-
verteilung — die nadi Angabe von Alfred
Walther von Heymel hergestellt wurde. ;
Der zweite Vortrag wurde von einem Ja- |
paner auf dem Kongreß von St. Louis im Jahre |
1904 in englischer Sprache gehalten, von Oka-
kuro Kakuzo, dem Vizepräsidenten der Gesell- I
Schaft japanischer Maler. Es kann gar nicht i
genug betont werden, wie wichtig es für uns
ist, Worte von gelehrten und feinsinnigen
Japanern über ihre Kunst zu hören. Immer
wieder müssen die Japanologen und die spra- i
chenkundigen Japaner darauf hingewiesen wer- i
den, wichtige Arbeiten zur Kunst aus allen
Zeiten zu übersetzen. Denn der europäische
und amerikanische Kunsthistoriker wird wohl |
nur in den seltensten Fällen die Zeit finden,
Werke seines Faches in japanisdier Sprache I
wirklich durdizuarbeiten. Er kann zufrieden |
sein, wenn er die japanisdie Umgangssprache '
so weit beherrsdit, daß er sich im Lande selbst
zurechtfindet, und die japanische Schrift mit
1500 Buchstaben, um einen leiditen Zeitungs-
artikel zu verstehen. Aber auch noch die völlig
andere Schriftsprache und 10000 Charaktere
zum Lesen eines wissenschaftlichen Buches in
sidi aufzunehmen, das ist von ihm kaum zu
verlangen.
Auch der kurze Vortrag Kakuzos gibt uns
lehrreidie Aufklärungen über die japanische
Denkweise im allgemeinen, wie über die japa-
Literatur
337
nisdie Kunstauffassung. Die Ärt der Diktion
ist ganz europäisch, sie unterscheidet sich in
nidits von typischen europäischen Kongreßreden.
Das ist schon interessant genug. Der Verfasser
ist sehr selbstbewußt und völlig durchdrungen
von der Überzeugung, daß die japanische Kunst
der europäischen ebenbürtig ist. Er ist sehr
feinsinnig und kenntnisreich. Er zeigt in jedem
Wort eine hohe Auffassung der Kunst und ein
tiefes Eingehen auf ihre Probleme.
Kakuzo betrachtet die Probleme der Malerei
von zwei Gesichtspunkten aus. Von einem
subjektiven, der sich mit dem Verhältnis des
Malers selbst zur Kunst, und von einem objek-
tiven, der sich mit dem Verhältnis der Kunst
zur Gesellschaft beschäftigt. Für beide Gesichts-
punkte seien ganz besonders prägnante Sätze
zusammengestellt. Zur subjektiven Seite: „Der
Fortschritt von den symbolischen Umrissen der
früheren Naramaler zu der konzentrierten Tiefe
und Kraft der schwarzen Tuschpoesie des
15. Jahrhunderts, das ist ein Kontrast, der das
eine und das andre gänzlich verschieden er-
scheinen läßt. Und doch ist alle Pein und alles
Glüdc der Späteren ganz in gleicher Weise
auch von den primitiven Künstlern empfunden
worden.“ Gemeint ist die Entwicklung von der
hieratischen buddhistischen Kunst seit dem
8. Jahrhundert zu den chinesisch beeinflußten
Schulen der Äshikagaperiode. „Hat nicht zu
allen Zeiten und bei allen Völkern die Malerei
das Streben gezeigt, der Natur treu zu sein?“
Aber „wir müssen bedenken, daß, was uns in
der archaischen Malerei als Symbolik erscheint,
jener Zeit als höchste Naturwahrheit galt“. Ein
für das Verständnis der japanischen Malerei
hochwichtiger Satz. Immer haben sich die ja-
panischen Maler um die Wirklichkeit bemüht.
Schon alte Anekdoten erzählen, Mäuse wären
so naturgetreu gemalt worden, daß sie Tempel-
pfeifer zu benagen begannen, oder Pferde, daß
sie fortliefen. Durch solche Anekdoten darf
man sich aber bei der Betrachtung der Bilder
nicht beirren lassen. Naturwahrheit ist ein
völlig relativer Begriff. Jede Zeit und jedes
Volk hat eine andere entwickelt.
Nun der objektive Gesichtspunkt; Die öst-
liche Kunst machte ähnliche Katastrophen durch
wie die westliche. Die Eroberung Chinas durch
die Mongolen unterbrach jäh die glänzendste
Zeit chinesischer Malerei: die wunderbare
Schwarzweißkunst der Sungdynastie (960 bis
1280), die Chinesen und Japanern erst eine
„höhere Vorstellung von dem Wert der Linie
und von der Behandlung von Licht und Luft
gab“. In Japan selbst richteten die Bürger-
kriege der Äshikagaperiode (1333 — 1573) die
blühende Yamato-Tosakunst mit ihren bunten,
lebensprühenden Emakimonos und mit ihren
vornehmen Porträtdarstellungen zugrunde.
Weiterhin behandelt der Verfasser das Ver-
hältnis des Künstlers zur Religion, zu hoch-
stehenden Mäcenen und zur Familie. Ein hei-
liges Sujet macht das Bild noch nicht zum
Kunstwerk. „Die stereotypen Darstellungen
christlicher und buddhistischer Sujets sind nicht
nur eine Parodie auf die Religion, sondern eine
Karikatur der Kunst selbst.“ Die Bilder, die
der gewaltige Shogun Hideyoshi (1536 — 1598)
für sein Schloß Momoyama malen ließ, sind
nicht minder hohl, als „Vernets Gemälde für
Versailles“ oder die Statuen der Siegesallee.
Die Tatsache, daß die alten japanischen Maler
entweder einer Familie oder einem Kloster eng
angehörten, gab ihnen Halt und eine groß-
artige Tradition; so daß sie nicht, wie bei uns,
oft Gefahr liefen, in fruchtlosen Versuchen sich
zu zersplittern. Für Familie und Orden sind
„Akademie und Institut nur armselige Surrogate.“
Schließlich werden die modernen sozialen
Bedingungen der Kunst in Japan und Europa
besprochen. Der Verfasser nimmt kein Blatt
vor den Mund. „Wir Orientalen fragen uns
oft, ob Ihrer Gesellschaft überhaupt etwas an
Kunst liegt Lassen Sie sich durch meine
Worte nicht beleidigen. Japan folgt mit Eifer
Ihren Fußtapfen und lernt rasch, sich um die
Kunst nicht zu kümmern Im Augenblick
droht der japanischen Malerei der völlige Unter-
gang.“ Schuld daran sind die innere Revo-
lution, die äußeren Kriege und „der Anprall
westlicher Kunst auf unsere nationale Malerei“.
Unlösliche Konflikte. Es ist dem Japaner un-
möglich, seinen alten Stil wirklich kraftvoll zu
bewahren, da er europäische Kultur intensiv in
sich aufgenommen hat. Aber auch die europä-
ische Malart kann er sich nach jahrtausend-
langer, ganz verschiedener Entwicklung seiner
Kunst und Kultur nicht recht aneignen. Dazu
kommt, daß das Land immer mehr industrie-
alisiert, also immer kunstfremder wird. Wo
liegt der Ausweg? Alles ist auf die Kraft des
japanischen Volkes gestellt. Wird sie groß ge-
nug sein, um die neuen Gedanken innerlich
verarbeiten zu können?
Das Schauspiel des Ringens der japanischen
Kunst mit der europäischen wird noch gar
nicht genug beachtet. Hier spielt sich vor un-
seren Augen eine Entwicklung ab, wie sie in
der Weltkunstgeschichte schon vielemale vor
sich gegangen sein muß. Der Kultur- und
Kunsthistoriker wird aus der gegenwärtigen
künstlerischen Not Japans reichste Lehren
schöpfen können. William Cohn.
338
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Richard Hamann. Der Impressionis-
mus in Leben und Kunst. (Mit 16 Äb-
bildungen und zahlreichen Notenbeispielen. Köln.
M. Dumont-Schaubergsche Buchhandlung 1907.)
Richard Hamann, dem wir die feinfühlige
Interpretation Rembrandt’scher Radierungen ver-
danken, tritt mit einem neuen großangelegten,
aber vielleidit etwas zu eilig geschriebenen
Werk an die Öffentlichkeit, in dem er eine
weitgehende Änalyse des impressionistischen
Charakters der modernen Kultur gibt. Daß H.
selbst schon in einer neuen Empfindungswelt
lebt, die über den Impressionismus hinaus zu
einer neuen Klassik strebt, erlaubt ihm, auf den
Seelenzustand der Ällgemeinheit schon aus der
Vogelperspektive herabzuschauen. Das gibt dem
Werk einen symptomatischen Charakter, der
vielleidit das Wertvollste an diesem an Werten
nicht armen Buch ist. Mit der Feststellung dieser
Distanz ist schon gesagt, daß Hamann weniger
eine liebevolle Interpretation, als vielmehr eine
kalte verstandesklare Änalyse des Impressionis-
mus gibt, die oft geradezu wie eine ernüchterte
Äbrechnung mit einer überwundenen Entwick-
lungsstufe anmutet. Da wir eine liebevolle
Interpretation in Karl Schefflers Liebermannbuch,
das er zu einer verständnisinnigen Psychologie
des Impressionismus erweiterte, schon besitzen,
können wir uns unbesorgt dem Reiz der Ha-
mann’schen Distanzstellung hingeben.
Mit dem Schlagwort Impressionismus ist für
H. der spezifische Modus modernen Seelenlebens
getroffen, der sich auf allen Gebieten des Lebens
und der Kunst in gleicher Weise äußert und
mit dem von Lamprecht geprägten Begriff der
„Reizsamkeit“ identisch ist. Das Wesen des
Impressionismus läßt sich nicht in einer kurzen
Formel erschöpfen und es gibt keinen anderen
Weg ihm nahezukommen, als allen Erscheinungs-
formen moderner Kultur nachzugehen und ihre
gemeinsamen Grundzüge aufzuspüren. Denn
was wir den Stil einer Zeit nennen, ist ein
Phänomen von lückenlos organischem Zusammen-
hang, in dem jeder Teil den anderen bedingt
und mit ihm in Wechselwirkung steht. Mit ge-
schickten Fingern geht H. dieser organischen
Verknüpftheit aller modernen Lebenserschei-
nungen nach und stellt sie unter eine einheit-
liche Beleuchtung, die zwar grell und aufdring-
lich ist und mit ihrer scharfen Schattengebung
das unendlich differenzierte Clairobskur kultur-
historischen Geschehens zu einer mageren
Schwarzweißzeichnung vergröbert — Nachteile,
die jedes analytische Verfahren mit sich bringt
— aber unsere kulturelle Selbsterkenntnis in
einer Weise bereichert, daß wir sie um keinen
Preis missen möchten. Schon allein das Ver-
gnügen einen so erstaunlichen auf allen Gebieten
beschlagenen, von einer überraschenden Belesen-
heit unterstützten Geist sich produzieren zu
sehen, entschädigt für das leise Gefühl des Ver-
gewaltigtwerdens, das wir dieser scharfen Sonde
gegenüber unwillkürlich empfinden.
Das Schlagwort Impressionismus war bisher
nur in der Malerei gebräuchlich. Daß dieses
Charakteristikum moderner Malerei nun ohne
Zwang auf das gesamte Kulturgeschehen der
Zeit ausgedehnt werden kann, beweist, wie
sehr die Malerei das gegebene Außerungsmittel
modernen Empfindens und damit die eigentliche
Kunst unserer Tage ist. In klarer Erkenntnis
dieses paradigmatischen Charakters der modernen
Malerei widmet ihr H. das erste Kapitel seiner
Änalyse. Den entscheidenden Wesenszug des
malerischen Impressionismus sieht H. in der Be-
schränkung der künstlerischen Wiedergabe auf
das unmittelbare vom Äuge aufgenommene und
weitergeleitete Erlebnis. Älle Formandeutungen,
die über die optische Wahrnehmbarkeit hinaus
an Tastvorstellungen appellieren, alle Eindrücke,
die der Ergänzung durch vorausliegende Er-
fahrungsmomente bedürfen, werden ausge-
schaltet, jeder verknüpfenden und verarbeiten-
den geistigen Funktion wird der Boden ent-
zogen. „Die Wirkung dessen zu steigern, was
übrig bleibt, wenn man die intellektuellen Be-
ziehungen ausschaltet, darin sieht der Impres-
sionismus seine eigentümliche Schönheit.“ (S. 37.)
Die aktive formgebende Zeichnung wird ersetzt
durch eine formenauflösende malerische Ge-
staltung, die all ihre Kräfte aus der passiven
Empfänglichkeit des Äuges zieht. Meines Er-
achtens hätte H. hier, um einer mißverstehenden
Äuffassung Fernstehender vorzubeugen, an der
Frage nicht vorübergehen dürfen, welche Modi-
fikation die Synthese zwischen Natureindruck
und Äbstraktion, dieses Grundproblem jedes
Stils, im Impressionismus gefunclen hat. Denn
die Tatsache, daß der Natureindruck durch das
von jeder Trübung gereinigte Medium des
Äugenerlebnisses reproduziert wird, hätte
höchstens einen verfeinerten und geläuterten
Naturalismus geschaffen, erst die parallele Be-
wegung, daß die Mittel der künstlerischen Dar-
stellung den letzten Rest von Dienstbarkeit dem
darzustellenden Objekt gegenüber aufgaben und
zum Selbstzweck wurden, machte aus diesem
Naturalismus einen großen in sich notwendigen
Stil. Indem das Objekt endgültig in dem
höheren Leben der Darstellungsmittel oft bis
zur Unerkenntlichkeit aufging, war eine Äb-
straktion, eine Symbolik des Dargestellten er-
reicht, die das Erleben des Kunstwerks in eine
ganz andere Sphäre verlegte als das Erleben
Literatur
339
des Natureindrucks. Die daraus resultierende
innere Formengebundenheit des Impressionimus
bei aller äußerlichen Formlosigkeit deutet H.
nur flüchtig an: „Der Impressionismus ist nicht
formlos im Sinne des Stillosen, des Neben-
einander unpassender Eindrücke, er steht viel-
mehr jenseits von Form und Formlosigkeit, er
ist formenfrei, und aller Stil bezieht sich auf
die Eindrucksfähigkeit und Harmonie der sinn-
lichen Eindrücke.“ (S. 37.)
Die unmittelbare Impression als das Gesetz
künstlerischen Schaffens fordert auch den Be-
schauer zu einer einheitlichen Erfassung des
Bildganzen auf. Das Tempo künstlerischen Ge-
nießens ist infolgedessen ein anderes geworden.
Das Spazierengehen im Bild und sukzessive
Einsammeln seiner Werte, wie die alte Kunst
es bedingte, ist dem impressionistischen Kunst-
werk gegenüber unangebracht. Änderseits ist
durch die Zusammenpressung des Erlebnisses
auf den momentanen Eindruck eine Differen-
zierung der Wiedergabe notwendig geworden,
die mit den Mitteln der alten Kunst nicht mehr
erreicht werden konnte. Wie der Pleinairis-
mus sich zum Pointillismus steigerte und erst
diese letzte Verfeinerung das nervöse Reiz-
bedürfnis des modernen Äuges befriedigte, das
alle Sensationen des Wahrnehmbaren auskosten
und die feinsten Lichtschwingungen miterleben
will, bildet die weitere Station des von H. sehr
anschaulich demonstrierten Prozesses. — Die-
selbe psgchisdhe Disposition, die den malerischen
Husdruchsmitteln diese höchste Differenzierung
abrang, mußte der plastischen Stilidee natürlich
jeden Boden entziehen. Impressionismus und
Plastik sind geborene Gegensätze. Wie aber
auch hier das gigantische Außerungsbedürfnis
des Genies alle entwicklungsgeschichtlidien
Hemmungen durchbricht und eine Synthese des
Unversöhnbaren schafft, die eben infolge dieser
Hemmungen vielleicht die stärkste innere Dy-
namik von allen Dokumenten moderner Kunst-
äußerungen enthält, darüber sagt H. mit Hin-
weis auf Rodin die feinsten und treffendsten
Worte. Nur scheint mir die Heranziehung der
Hildebrandt’schen Theorie in diesem Zusammen-
hänge nicht sehr glücklich. — Die Untersuchung
des Impressionismus in der bildenden Kunst
bildet nur einen kleinen Teil des Hamann’schen
Buches; der Inhalt der anderen Kapitel, der dem
Interessenkreis der „Monatshefte“ ferner liegt,
kann nur flüchtig angedeutet werden, muß
aber um so dringender allen denen em-
pfohlen werden, die über dem Fachstudium das
Interesse für die großen Zusammenhänge aller
künstlerischen Erscheinungen nicht verloren
haben. Kritiklos wird man die geschickten De-
duktionen Hamanns — denn er ist deduktiver
als er sich gebärdet — gewiß nicht hinnehmen
und oft wird man der Schärfe des Erfassens
eineinnigkeit des Erfassens beigemischt wünschen,
aber alle Einwendungen werden nicht das Er-
kenntlichkeitsgefühl zurückdrängen, das wir den
reichen Anregungen dieses beweglichen und
überlegenen Geistes schulden.
Knapp und klar ist das Kapitel über den
Impressionismus in der Musik. Der Weg von
der musikalischen Logik und „Intellektualität
der Fuge“ bis zur Unmittelbarkeit der Pro-
grammusik und bis zum Wagner’schen Gesamt-
kunstwerk ist in seiner entwicklungsgeschicht-
lichen Notwendigkeit klar erfaßt. Doch darf
man auch hier wie in den meisten anderen
Kapiteln die Vorarbeit Lamprechts, die H. auch
gebührend anerkennt, nicht vergessen. „Wie
n der modernen Malerei Licht und Farbe, so
ist das letzte Ziel der impressionistischen Musik
Klang und Klangfarbe.“ (S. 62.) Wie dieses
Ziel unter Verzicht auf alle musikalische Logik
durch die raffinierte Ausgestaltung des unmittel-
baren Klangeffektes, wie die gewünschte sinn-
liche Sensation des Klangbildes durch die heute
so beliebten stimulierenden chromatischen Fort-
schreitungen, durch das interessante Rauhigkeits-
moment der Dissonanzen, durch nervöse Diffe-
renzierung der Instrumentation usw. gesteigert
wird, demonstriert H. in einer auch für Laien
überzeugenden Weise.
In der Literatur sind die impressionistischen
Stilphänomene naturgemäß manigfaltiger und
verwickelter. H. geht ihnen mit glücklichem
Verständnis und unter Anführung vieler Bei-
spiele nach. Wie bei den meisten Kapiteln hat
man besonders hier den Wunsch, H. hätte statt
dieser eiligen Deduktionen aus jedem Kapitel
ein ganzes Buch gestaltet. Er wäre der be-
rufene Geschichtsschreiber des Impressionismus
geworden. So ahnt man allenthalben den
schillernden Reichtum des Verfassers, kommt
aber bei dem, was er gibt, nicht über den Ein-
druck einer gewissen Magerkeit hinweg.
Am interessantesten ist vielleicht das im-
pressionistische Problem in der Philosophie
unserer Tage. Wie in unserer psychischen Dis-
position der Ankergrund fehlt für die Plastik,
die Fuge und das Drama, so fehlt er auch für
die Philosophie, der eigentlichen Wirkungsstätte
logischer Denkkraft. Der Drang nach Erfassen
einer Einheit widersteht dem impressionistischen
Geiste, der an sich unsystematisch und un-
philosophisch ist. So ist denn unsere heutige
Philosophie nur „ein resignierender Verzicht
auf Philosophie“. (S. 112.) Trotzdem ist der
vorhandene Überschuß an philosophischer Kraft
3^
Monatshefte für Kunstwissenschaft
dazu verwendet worden „die Verfassung des
Impressionismus in Begriffe zu bringen, das
impressionistische Weltbild philosophisch zu
reditfertigen, d. h. den Wert und die Existenz
des Unlogischen logisch zu begründen“. (S. 112.)
Die Namen Diltheg, Mach, Rickert und Simmel
spielen in diesem Zusammenhänge eine große
Rolle. Hettner sagt einmal von der Landsdiafts-
malerei, daß erst eine Weltanschauung, die
einen Spinoza möglich machte, den Lebenskeim
zu diesem Kunstzweig in sich getragen habe.
Denselben innigen Zusammenhang möchte ich
zwischen dem Psychologismus, diesem letzten
Äusläufer der Erkenntniskritik und dem male-
rischen Impressionismus behaupten.
Ein weiteres Kapitel desHamann’schen Buches
betitelt sich „Ethik und Formen des Lebens im
Impressionismus“ und behandelt in buntem
Durcheinander die verschiedensten äußeren und
inneren Probleme der modernen Gesellschaft.
Dann erst wird nach den eigentlidien Ent-
stehungs- und Daseinsbedingungen des Im-
pressionismus gefragt. Großstadt, Handel und
Geldwirtschaft nennt H. die entsdieidenden
soziologischen Voraussetzungen. Die hieran
anknüpfende Definition des Impressionismus
als spezifischen Ältersstils leitet zu dem viel-
leicht wertvollsten Kapitel des Buches über, in
dem H. das innige Verwandtschaftsverhältnis
aufhellt, in dem die Ältersstile Rembrandt’s
Goethes und Beethovens zueinander stehen.
Hier sind Zusammenhänge auf gedeckt, die unserer
Kenntnis dieser drei Größten erst die letzte und
tiefste Weihe geben und zu deren Erfassen
erst unsere Generation berufen war. Der
Sdiluß des Buches geht in historischer Betrach-
tung den impressionistischen Erscheinungsformen
nach, wie sie auch in der Vergangenheit als
Symptome kultureller Niedergangsepochen auf-
traten. In einer kulturpsychologischen Skiz-
zierung des Hellenismus, der römischen Kaiser-
zeit, des Rokoko und der Romantik, dieser Spät-
kulturen, breitet H. noch einmal den ganzen
Reichtum seiner Kenntnisse und seiner Belesen-
heit aus und überschüttet uns mit den manig-
faltigsten Anregungen.
In einer ausblicksreichen Schlußbemerkung
kommt dann endlich die heutige Zeitstimmung,
die in ihren feinsten Vertretern den Impres-
sionismus schon als überlebte Erscheinung emp-
findet, deutlich zum Ausdruck und wen es
drängt, im Nebel kommender Kulturmöglich-
keiten schon Linien und verschwommene Um-
risse zu entdecken, dem sei dieses Kapitel be-
sonders empfohlen. Die Untertöne, die im
ganzen Buch leise mitklingen, werden hier klar
und vernehmbar. Das Schlußwort gibt die ent-
scheidende Perspektive. Der Impressionismus
kannte keinen schöneren Schlachtruf als „Mehr
Goethe“. Die Hamann’sche Abrechnung mit
dem Impressionismus, die vielleicht dieselbe
sensationelle Wirkung ausüben wird wie vor
Jahrzehnten die Abrechnung des Rembrandt-
deutschen mit seiner Zeit, schließt mit den
Worten „Mehr Hegel“. Worringer.
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Jahrh. [1. Chr. v. Männlich.] (Meyer. Frank.
Kurier. 23. II.)
4b. Italien.
(Italie. Italy.)
Halsey (Ethel). Gaudenzio Ferrari. (Great
Masters in Painting and Sculpture, Cr. 8vo,
pp. 164. 3s 6d net. Bell.
Konody (PaulG.). Raphael. Masterpieces in
Colour. 4to, pp. 78, boards, Is 6d net, Jack.
Campo Santo i Pisa o* dess fresker.
(Osv. Siren: Svenska Dagbl. Nr. 40.)
Norditaliensk mälarkonst. (Osvald Siren:
Svenska Dagbl. Nr 30.)
Lorenzo Lotto. (Ove Jörgensen: Tilskueren,
März-Nr. Mit 4 Abb.)
The painters of North Italy. (R. E. Fry.
Magaz., 60.)
La Nascita di Venere e la Primavera de
Botticelli. (0. Marrai. Arte e Storia, 3-4.)
Botticelli Primavera. (M. Escherich. Repert.
f. Kunstwiss. 1.)
Dipinti di Bernardino Parenzano nel
Museo civico di Vicenza. (A. Manoz. Bol-
Ictt. d’arte, 1.)
Raphael collaborateur du Perugin apro-
pos du bapteme du Christ, du Museee de
Rouen. (E. Durand-Greville. Bull. d. Mus.
de France, 1.)
Älte
Malerei
344
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Älte
Malerei
Michelangelos Sdilachtkarton. (W.Köhler,
Jahrb. d. K. K. Zentralkomm., 3 u. 4, 1907.)
Die angebl. Tiziangemälde in d. Residenz
zu München. (0. Doering. Magdeb. Ztg.
Beil. S. 75.)
4c. Niederlande.
(Pags-Bas. Netherlands.)
Sievers, Jobs.: Monographien, kunstgeschicht-
liehe. Lex. 8®. Lepizig, K. W. Hiersemann.
IX. Pieter Äertsen. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der niederländ. Kunst im XVI. Jahrh.
Mit 35 Äbbildgn. auf 32 Lichtdr.-Taf. (147 S.)
’08. Geb. in Leinw. 18.—.
Hans Memling in Brügge. (Th. HeuB.
Christi. Kunstbl. 3.)
Le Fragment de Hugo van der Goes au
Christ Church d’Oxford. (D. Durand-
Greville. Chron. d’arts, 3.)
Lucas de Heere et une de ses oeuvres
inconnue. (L. de Maeterlinck. Staruje
Gody I.)
The Decoration of the Palace of West-
minster. [Gemälde von Rubens]. (L. Bingon.
Saturdag Rev., 14. III.)
Ädriaen Brouwer et son evolution artistique
[suite]. (F. Schmidt-Degener. Ärt. Flam. et
Holland., 2.)
Dipinti di Äntonio van Dijck e della sua
scuola nel Museo nazionale di Palermo.
(C. Matranga. Bollett. d’arte, 1.)
Beschreib, u. krit. Verzeichnis d. Werke
d. hervorragendsten holländ. Maler
d. XVII. Jahrh. von C. Hofstede de Groot.
(A. Bredius. Repert. f. Kunstwiss. 1.)
Die Luftstimmungen Hollands und ihre
Maler. (M. Grunewald, Konservat. Mo-
natsschr., 6.)
Carel Fabritius u. Jan Vermeer. (Th. W.
Voss. Ztg., 14. III.)
Aus d. Holland d. großen Maler. [Samml.
Al. Tritsch.] (E. Sdiaeffer. Nordd. Allg.
Ztg., 27. II.)
Rembrandt van Rgn. (I. Israels. Nord und
Süd, 1, 2.)
Martin, W. Gerard Dou. Great Masters in
Painting and Sculpture. Cr. 8vo. pp. 164. 3s
6d net. Bell.
Alte
Malerei
4d. Spanien.
Espagne. Spain.
Calvert, Albert F.— Goga: An Account of his
Life and Works. Illus. Cr. 8vo. pp. 226, and
plates, 3s. 6d. net (The Spanish Series). Lane,
Feb. 08.
Calvert, Albert F.— Murillo. Langham Series
of Art Monographs 16mo. pp. 68. Is 6d net;
leather, 2s 6d net. Siegle, Hill.
Justi, Carl: Miscellaneen aus drei Jahrhunderten
spanischen Kunstlebens. (In 2 Bdn.) 1. Bd.
(VII. 343 S. m. 85 Äbbildgn. u. Bildnis.) Lex.
8®. Berlin, G. Grote ’08. 10—; geb. 12. —
Monographien, Kunstgesch. Lex. 8®. Lpz. K.
W. Hiersemann. X. Mager, Aug. L.: Juseppe
de Ribera (lo Spagnoletto). Mit 59 Äbbildgn.
in Lichtdr. auf 43 Taf. (196 S.) ’08. Geb. in
Leinw. 24. —
Zu denHilanderas d. Velazquez. (C. Glaser.
Monatsh. f. Kstwiss., 1—2.)
Diego Velazquez g su siglo. (C. Justi. Es-
pagna moderna, 231.)
Los primitivos espanoles. Los discipulos
de Juan van Egck en el reine de Aragon.
(E. Bertaux. Espafio moderna, 231).
Francisco Goua. (R. Muther. Die Zeit.
10. III.)
Eine Goga-Ausstellung in Wien. (L.
Hevesi. Frkf. Ztg., 18. III.)
5. Alte Plastik.
Plastique ancienne. Old plastic.
The Monumental Brasses of Dorsetshire
(W. de Prideaux. Journ. of the Brit. Archäol.
Anoc., 4.)
Stephen H., med allist and painter. [Holländ.
Künstler]. (G. F. Hill. Burl. Magazine, 60).
Destree: Tapisseries et sculptures. Bru-
xelloises ä Texposition d’art ancien Bru-
xellois 1904. (Friedländer. Repert. f.Kunstw., 1.)
Los escultores Epanoles en el siglo XVII.
(E. Sentenadi. Alhambra, 239).
De kungliga grafvärdarna i Strängnäs
domkgrka. (Sig. Curman: Kult och Konst
1907, H. 4.) Mit 3 Abb. der Grabmäler Karls IX.
u. der Prinzessin Isabella.
5a. Deutschland. Alte
TT 11 r' Plastil
Allemagne. Germang.
Dehio, Prof. Geo., u. Gust. V. Bezold, Dir. DD.:
Die Denkmäler der deutschen Bildhauerkunst.
l. Serie. 4. Lfg. (20 Lichtdr.-Taf.) 50x33 cm.
Berlin, E. Wasmuth (’08). 20.—
Leisching, Archit. Museums-Dir. Jul.: Figurale
Holzplastik. Ausgewählt u. hrsg. 1. Bd. Wiener
Privatbesitz. Dr. Albert Figdor, Eugen v. Miller
zu Aidiholz,Hans Schwarz, Graf Hanns Wilczek.
Kirchliche u. profane Schnitzwerke. (70 Taf.
m. VIII S. Text.) 42,5x32 cm. Wien, A. Schroll
& Co. ’08. In Mappe 50.—
Der Meister d. Kreuzigungsgruppe in
Wechselburg. [Schluß]. (J. Bachem. Ztsdir.
f. Christi. Kunst, 12).
Der Grabstein der Markgräfin Anna von
B a d e n (A. V. Dachenhausen, Deutsch. Herold, 3.)
Kl eine Beiträge zur älteren Rothenburger
Kunstgeschichte. [I. Zwei ältere Rothen-
Bibliographie
345
burger Meister. IL Eine Ärbeit Riemen--
sdinciders f. das Frauenkloster in Rothenburg.
III Bestallungsbricf Hanns Müllers als Werk-
meister in Rothenburg.] (Ä. Gümbel, Repert.
f. Kunstw., 1.)
Neuerworbene Reliefs u. Ältäre der
Äbteil. d. Christi. Bildwerke (m Berlin). (Voge.
Ämtl. Berichte a. d. Kgl. KunstsL, 6.)
Über d. Marienaltar in d. St. Jakobs-
kirchc zu Rothenburg o. d. T. (H. Borger.
Ztdir. f. bild. Kunst, 6).
Konrad Meit u. d. Grabdenkmäler in
Brou. (W. Vöge. Jahrb. d. Pr. KunstsL, 2).
Das Grabdenkmal d. Grafen]. erden-
berg in d. Michaelerkirche in Wien. (E. Tietze-
Conrat. Jahrb. d. K. K. Zentralkomm., 1907,
Ein wie^dergefundener Porzellanapostel
von Kaendler. (R. Graul, Monatsh. f.
Kstwiss., 1/2.) . , +
G. R. Donners Verhältnis
(E. Tietze-Conrat. Jahrb. d. K. K. Zentral-
kommission, 3 u. 4, 1907.)
ite
istik
5b. Italien.
Italic. Italy.
Bode Wilh.: Die italienischen Bronzestatuetten
der Renaissance. 3—5. Lfg. (54 Lichtdn-Taf.
m. illustr. Text S. IT-W.) ^8X41 cm. Berlin,
B. Cassirer (’07). Subskr.-Pr bar )e 25 -
(1. Bd. geb. in Leinw.: 145—.)
Un saqgio della statuaria medioevale in
legno (Ä. Rossi, Bollett. d’arte, 1.)
Ein Blick in d. Werkstatt Dcinatellos.
(W. Bode, Monatsh. f. Kstwiss., 1/2.)
Der NeaplerPferdekopf u. d. Reiterdenk-
mal f. König Älfons. (W. Rolfs. Jahrb. d.
Pr. KunstsL, 2.)
Burger: Francesco Laurana, eine Studie
zur italienischen Quattrocentosculptur. (L.
Fabricg. Reprt. f. Kunstw., 1.)
Un tondo di Benedetto da Maiano (G.
Poggi. Bollett d’arte, 1.)
Luca della Robbia. (H. Bethge. Hannov.
Courier, 8. III.) .
. Der Plan von Michelangelos
gräbern. Forts. (Ä. Groner. Ärchiv f. diristl.
Kunst, 3.)
Vom David Michelangelos. (W. Bombe.
Nordd. Ällg. Ztg., 14. III.)
En Bog om Michelangelo von Martha
Drachmann Bentzon’s Buch] (Vilh. Wanscher.
Politiken Nr. 58.)
6. Alte Graphik und Buchmalerei.
Qraphique ancienne et pelniare des livres.
Old graphie and painting of books.
Kemmerich, Dr. Max: Ein unbekannter Codex
der Vögeschen Malschule in Äugsburg. bin
Beitrag zur Kunstgeschichte des X. u. XL Jahrh.
[Äus: „Rltbayer. Monatsschr.“] (S. 57—96 m.
Abbildgn.) Lex. 8'*. München. G. D. W. Call-
weg. 07. 2.—.
Leidinger. Studien zur deutschen Kunstge-
qeschichte. Lex.S^. Straßburg. J. H. E. Heitz.
95. Heft. Leidinger, Geo.: 40 Metallschnitte
des XV. Jahrh. aus Münchener Privatbesitz.
Hrsg. u. m. e. Einleitg. versehen. (48 S. m.
20 Taf.) 08. 8.—.
Molsdorf. Einblattdrucke des 15. lahrh. Hrsg.
V. Paul Heitz. 36,5x28 cm. Straßburg, J. H.
E. Heitz. Molsdorf, Dr. Wilh.: Die nieder-
ländisdie Holzschnitt-Passion Delbecq-Schrei-
ber. Mit 20 handkolor. Taf. u. 9 Abb. im
Text. (19 S.) 08. nn 35.—
Thommen, Rud.: Schriftproben aus Basler
Handschriften des XIV. — XVL Jahrh. 2. verm.
Aufl. (25 Lichtdr.-Taf.) 38X29,5 cm. Mit
Text. (27 S.) Lex. 8<>. Basel, Helbing & Lich-
tenhahn. 08. In Mappe 14.—.
Waldseemüller. Drucke u. Holzschnitte des
XV u. XVL Jahrh. in getreuer Nachbildung. 8 .
Straßburg, J. H. E. Heitz. XII. Waldsee-
müller,Mart. (Ilacomilus): Die Cosmographiae
introductio, in Fksm.-Druck.
leitg. von Fr. R. v. Wieser. (29, 103 S. m. 1
Taf.) 07. 10.-.
Handzeichnungen alter Meister a. d. ^Iber-
tina u. and. Smlgn. Hrsg. v. J. Meder M
xn Lfa. 4. (10 Lichtdr., ßlattgr. 36,5X29.)
Wien, Friedr. Schenk 1907. Boucher ,
Fr Venus a. Wolken (Bud. Nat.-GaL). —
Cray er, Gasp. de, Studienkopf (Albertina).-
Fijt,]an, Jagdbeute (Wien, Gal. Liechtenstein).
_ Lionardo da V., Studienkopf (Alber ma).
— Manni, Giannicola, Gürtelspende (Alber-
tina). - Santa Croce, Girol. da, Mariae
Verkündigung (Albertina). - Unbek. Meister
XV. Jh., Ritter, (Prag, Smlg. v. Lanna).
Unbek. Meister XVI.Jh., Rückseite einer Pisa-
nello-Medaille (Prag, Smlg. v. Lanna). — Un-
bek. Meister um 1520, Mater Bolorosa (Stift
Seitenstetten N.-O.). - Waterloo, Ant., Bei
Ngmwegen (Albertina).
Zeichnungen alter Meister im Kupferstich-
Kabinett der K. Museen zu Berlin. Hpg. v.
d. Direktion. Lichtdr. d. ReHi'n^ g'
XXL (10 Tfn., Blattgr. 47X34.) Berlin, G.
Grote 1907. — Beham, Hs. Seb., Mann m.
Baumstamm. Färb. — Botticelli, S. Die
lünaer u. d. Kan. Weib. — Bramantino »Studie
i Rnbetung. - Laer. Pieter v Rom. Kunst-
lerkneipe. - Maes. Nik, Rite Frau. Färb. - -
NiederUtteister XV. Jahrh.. Hirtin Wappen-
-Pollajuolo, flnt. del, "^nnnl. Rkt. -- Ru -
bens P. P., Portr. eines Geistl. — Rem
b?andt, Landschaft m. Kühen - Sarto,
Andrea del, Jugendl. Heil. (Studie).
Handzeichnungen alter Meister. Be^’^^j^
d Museum Wallraf-Richartz zu Köln a Rh.
25 Uditdrucktafeln (Blattgr. 37,5X30) mit Text
346
Monatshefte für Kunstwissenschaft
(XII S.). Köln a/Rh., Wilh. Äbels. 12.—. —
Dürer, Älbr., Studie z. Verm. d. h. Kath. —
Guar di, Franc., Dogana di Mare u. S. Maria
d. Sal. Venedig. — Ders,, Insel u. S. Giorgo
Maggiore, Venedig. — Lang, Hs. Kasp.,
Wappen. — Lindtmayer, Daniel, Opferung
Isaaks. — Lionardo da V., Männl. Äkte
(Studien z. Änbetg. d. K., Uffizien). — Mou-
cheron, Js. de, Ärkad. Landschaft. — Peters,
Änt. de, Entw. z. einem Firmenschild. — Ders.,
Gesellsdiaftsszene. — Ders., Ländliches Fest.
— Ders., Volkstypen. 7 Szenen. — Ders., Weibl.
Äkt. — Raffael, Merkur u. Ämoretten (Fres-
kO'Stud. f. Villa Farnesina, Rom). — S^äu-
felin, Hs. Leonh., Der heil. Christophorus. —
Ders., Der heil. Sebastian. — Sarto, Ändr.
del, 2 Gewand-Studien z. Madonna dell’ Ärpie.
— Schön, Erh., Studien: Loth m. s. Töchtern.
— Ders., Jud. u. Holofernes. — Ders., David
u. Bathseba. — Ders., Caritas Romana. —
Ders., Planeten u. Tierkreisbilder.. 2 Bl. —
Stimmer, Tobias, Glasvisierung m. Bisch. Nik.
V. Bari. — Umbr. Meister, Der auferstandene
Christus (Studie). — Vaillant, W., Damen-
bildnis. — Weg den, R. v. d., Cosmas u. Da-
mianus (Arzte a. d. Frkf. Mad. unt. d. Zelte).
DrawingsfromOldMastersin Christ Church,
Oxford, Colvin (Sydney) Pt. 6, 63 s. net.
Flugschriften a. d. ersten Jahren d. Re-
formation. (K. Schottenloher. Ztschr. f.
Bücherfrde., 11.)
Ein Bibelmanuskript d. 13. Jahrh. (eod.)
Einige Worte über Danziger Kalender.
(J. Wegssenhof, Tygodnik Illustrowang No. 3.)
Die Ausgaben d. Wappenbuches v. Virgil
Solls. (Frkf. Bücherfreund. Mitteil. a. d.
Antiquariat v. J. Baer u. Co., V. Bd.)
An Alphabet bg Hans Weiditz. (Campbell
Dodgson. Burl. Magaz., 59.)
Die Illustratoren d. „Beschlossen gart
des rosenkranz mariae“. (H. Vollmer
Repert. f. Kunstwiss., 1.)
Zum Holzschnittwerke Jörg Breu’s d. A.
(H. Röttinger. eod.)
Max Geisberg.Die Münster i sehen Wieder-
täufer und Aldegrever. [Bespr.] (Fried-
länder, Repert. f. Kunst., 1.)
Beiträge z. Holzschnittwerk des Urs Graf*
[Schluß.] (H. Koegler. Anz. f. Schweiz. Alter-
tumsk., 3.)
Sur Albert Dürer. (G. G.-Toudouze. Musee, 1.)
[Dürer.] — Zwölf Blatt aus Dürers kleiner Pas-
sion. Hrsg, vom Leipziger Lehrerverein. Text
V. Rud. Schulze. (13 Blatt m. IV S. Text)
gr. 8^^. Leipzig, E. Haberland (08). —.30.
Künstlerische Besud-iskarten. (G. E. Pa-
zaurek. Mitteil. d. Württ. Kstgew.-Vereins
Stuttg., 2.)
Eine unbekannte Originalzeichnung Goe-
thes mit dem Wappen Zelters. (St. Kekule
V. Stradonitz. Deutsch. Herold, 2.)
Föreningen för grafisk konst. 1907 ärs
blad. Fol. (40X30). 4 Taf. Bilaga: Tedc-
ningar i Nationalmuseum utgifna. Rembrandt.
III. Redaktör: John Kruse. 18 Taf. u. 1 Text-
blatt. Stockholm (1907) Nordiska bokhandeln.
Kr. 25.-.
Two landscape drawings bg Rembrandt.
(C. J. Holmes. Burl. Magaz., 60.)
Oude teekeningen in het Amsterdamsche
Prentenkabinet. ( W. Martin. Onze kunst, 3.)
Robinson, Stanford F. H. — Celtic Illumina-
tive Art in the Gospel Books of Durrow,
Lindisfarne and Keils. 4to. 42 s net. Hoclges,.
Figgis.
Manuscrits russes du XVIII.s., leurs mi-
niatures et decoration. (E. 0., La Toisom
D’Or, X. 07.)
7. Altes Kunstgewerbe.
Art industriel ändert. Old art industry.
Ball, T. Stanley. Church Plate of the Citys
of Chester. Illus. Imp. 8vo. pp. 174. 10s 6d
net. Sherratt & H.
Black er, J. F. The A B C of Collecting Old
English China. Giving a short historg of the
English Factories, and showing how to applg
Tests for Unmarked China before 1800. 8vo.
pp. 150. Is net.
Macquoid, Perey. A Historg of English
Furniture. Vol. III— The Age of Mahogany.
Folio, pp. 276. 42s net. Lawrence & B.
La mostradelTornamentofemminile (1500’
bis 1850). [Ausstellung alten Kunstgewerbes
in Rom.] (P. d’Achiardi. L’arte, 1.)
La Collection Georges Hoentschel. [Kunst-
gewerbe, 17. u. 18. Jh.] (G. Briere. L’art
decoratif, 1.)
Curious Renaissance Carrings from an
Old House in Derby. (G. Baileg. Anti-
quarg, 3.)
L’ecuelle de Thomas Germain an Musee
de Louvre. (R. Koechlin. Bull. d. Mus. d.
France, 1.)
Metallhumpen aus d. Zeit Peter I. in der
Schatzkammer des Klosters zu Sjewsk.
(Popoff, Sammelbuch d. Kirchlich-Historisch-
Archäologischen Gesellschaft zu Orel, Bd. II.
1907.)
Quelques Oeuvres d’art chez le prince A.
S. Dolgoroukg ä St. Petersburg. (P.
Weiner, Stargje Gody, I.)
Ur det konstnärliga lergodsets historia
(endast det europeiska; och antiken uteslutat).
(Wilh. Berg. „Varia“, Göteborg, Mars.) Mit
15 Abb.
Bondekunst. (Vortrag v. Archit. Johan Meyer
auf Grund seiner Studienreise in Gransherred,
Tinn u. Sauland. Mit zahlr. Zeichn. u. Photogr.:
Teknisk Ugeblads Arkitektafd., Kristiania,
21/11.)
Bibliographie
347
Die Kunst d. Elf enbeinsdinitzerei. (Sche-
rer. Mitteil. d. Württ. Kstgew.- Vereins,
Stuttg., 2.)
The rose-and-crown hall mark of Nor-
wich plate. (H. D. Ellis. Burl. Magaz., 60.)
Spanish mediaeval and Renaissance
ironwork. (Ä. Vallance. Studio, 180.)
M. Geisberg. Die Prachtharnische des
Goldschmieds Heinrich Cnoep aus Münster
in W. [Bespr.] (E. v. Ubisch. Repert. f.
Kunstw., 1.)
Die Glasgemälde in d. aargauischen Kir-
chen u. öffentlichen Gebäuden. (Änz. f.
Schweiz. Ältertumsk., 3.)
Reste eines alten gemalten Glasfensters
aus dem Königskloster. (H. Löw. Mo-
natsbl. d. Ältert.-Ver. Wien, 1.)
La tradition de la toilc imprimee au
Musee Galliera. (H. Clousot. L’art et deco-
ration, 2.)
La tradition de la toile imprimee en
France. (H. Clouzon. L’art decoratif, 114.)
Brussels lace [Spitzen]. (M. Jourdain. Con-
noisseur, 79.)
Les tapisseries de la premiere renais-
sance flamande au palais royal de Madrid.
(L. C. Revue de l’art ehret, janv. 08.)
Osservazioni sull’ inizio della ceramica
Äpula figurata. (P. Ducati.)
Tonschüssel aus Carnuntum. (J. Zingerle.
Jahresb. d. Österr. Ärdiäol. Instit., 2.)
Italian Majolika. (M. E. Steedmann. Con-
noisseur, 79.)
Doenges, Willy. Meißner Porzellan. Seine
Geschichte u. künstler. Entwicklg. Mit 4 färb.
Vollbildern, 16 Doppelton-Drucktaf., 2Blautaf.,
1 Brauntaf., 249 Äbbildgn. im Text, 1 Fksm.
u. 1 Markenabbildg. (XII, 305 S.) 8». Berlin,
Marquardt & Co. (08). 12.— : geb. in Leinw.
15.—.
Dedekam, Hans. Glasmaleriets esthetik og
historie. Särtryk af „Norsk tidsskrift for haand-
värk og industri“ ved Kristiania kunstindustri-
museum. 19 S. Med 111. Kristiania 1908,
Cammermeyer in Komm. Kr. 1.—.
8, Orient, China, Japan.
UOrient La China. La Japan.
Orient. China. Japan.
Perzynski. Die Kunst. Sammlung illustr.
Monographien. Hrsg. v. R. Muther. kl. 8®.
Berlin, Marquardt & Co. 63. u. 64. Bd. Per-
zynski, Frdr.: Korin u. seine Zeit. Mit 34
Vollbildern u. zahlr. in den Text gedruckten
Abbild. (112 S.) (07.) Kart. 3,— ; geb. in Ldr.
5.-.
Perzynski, Frdr.: Vortrag üb. den japanischen
Farbenholzschnitt. (XV S.) Lex. 8<^. Bremen,
F. Leuwer 08.
Orient ou Byzanz. (L. Brehier. Rev. Ar-
cheol., 10.)
Die Ausstellung orientalischer Keramik
im Burlington Fine Arts Club zu London 1907.
(Fr. Sarre. Repert. f. Kunstw., 1.)
Collection Michotte. (J. Bommer. Bull. d.
Mus. Roy. ä Bruxelles, 1.)
Altorientalische Teppiche. (R. Graul. Tex-
tile Kunst u. Industrie, 1.)
Die Sarkophage des ottomanischen Mu-
seums. (Gräfin P. t[Uwaroff, Arbeiten d.
Moskauer Archeolog. Gesellsch. Bd. XXL
Heft 2.)
Das orientalische Italien. (J. Strzygowski,
Monatsh. f. Kstwiss., 1/2.).
DerKioskvonKonia. (J. Strzygowski. Ztschr.
f. Gesch. d. Arch., 1.)
Brussa [in Kleinasien]. (Architekt C. Bergsten
auf Schwedisch: Architekten X 19.) Mit Abb
bes. von u. aus der Jeschil Djami u. Jeschil
Turbe.
Makam Ali am Euphrat, ein islamisches
Baudenkmal d. 10. Jahrh. (F. Sarre. Jahrb.
d. Pr. Kunstsl., 2.)
Altindische Tempelbauten auf der Insel
Ceylon. (Fr. Woas. Baugew. Ztg., 17.)
Pforten und Pförtnerhäuschen an japani-
schen Wohnungsanlagen. (Fr. Woas.
Baugew. Ztg., 21.)
Die arischen Grundlagen d. ostasiatischen
Kultur. (W. Pastor. Tägl. Rdschau, 7. 11.)
Utamaro [Besprech. v. Jul. Kurth.] (0. Flake.
Frkf. Ztg., 25, III.)
Das Sammeln japanischer Farbenholz-
schnitte. (A. Heymel. Süddeutsch. Mo-
natsh., 4.)
Japanische Kunst im Mittelalter und Renais-
sance und ihre Entstehung unter westasiati-
schem Einfluß. (Münsterberg. Sitzungsber.
d, kunstgesch. Gesellsch., 2.)
s
II. Neuere Kunst.
L’art moderne. Modern art.
1. Städtebau und Gartenkunst.
Uarchitecture des villes et Vharticultnre.
Building of towns and horticulture.
Die geschichliche Entwicklung d. Stadt-
planes. (Mackowsky, Städtebau, 3.)
Der Bebauungsplan f. d. Altstadt Salz-
burg. [Schluß]. (K. Hofmann, eod.)
Künstler und Ingenieur oder: Städtebau-
kunst 1496 und heute. (H. Tscharmann.
Kunstwart, 12.)
Künstlerischer Straßenschmuck. (J. A.Lux,
Werkkunst, 12.)
23
348
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Die Kunst der Straße. (B. Rüttenauer. Äus-
Stellung München 1908, Ämtl. Mitteil., 4.)
Das Stadtbild Groß-Berlins. (D. dtsdie
Landhaus, 4.)
Die Gartenstadtbeweguns in Theorie u.
Praxis. (Wehl, eod.)
Berliner Sorgen. (K. Mischke. D. dtsdie.
Landhaus, 2.)
Die projektierte Umgestaltung des Pa-
riser Platzes in Berlin. (Baugew. Ztg., 22.)
Bremische Städtebaufragen. (E. Högg,
Hohe Warte, 5.)
Der Garten als Wohnraum. (Dtsche Kst. u.
Dekor., 6.)
Der architektonische Garten. (F. Lebisdi.
Erdgeist, 2.)
Vorgärten bezw. Straßenbild. (B. Hilse,
Baugewerksztg., 8.
Gartenkünste. (W. v. Oettingen. Tag, 9. II.)
2. Neuere Baukunst.
Archifectare moderne.
Komfort u. Bequemlidhkeit im modernen
Landhaus, (v. Reischadi. D. dtsche Land-
haus, 4. 5.)
Ästhetik u. Praxis im Wohnhausbau.
(Wehl. D. dtsche Landhaus, 3.)
Gegen bauliche Barbarei. (D. dtsche Land-
haus, 2.)
Une maison moderne ä Paris. (E. Uhry.
L’Ärt decoratif, 114.)
The designs for the London County
Hall. (Builder, 3392, 3393.)
Englische Ärbeiterdörfer. III. Earlswick bei
York. Wincobank bei Sheffield. (H. E. v.
Berlepsdi-Valendas. Kst. u. Ksthandwerk, 2.)
Ämerikanisdies Landhaus aus behauenen
Feldsteinen. (E. G. Eckmann. D. dtsche. Land-
haus, 3.)
Nordiska museets byggnad. (Sig. Curman.
Nordisk Tidskrift, utg. af Letterstedtska Fo-
ren., 1908, H, 1). Mit 23 Äbb.
Architekt F. Meldahl f. (V. J. Mörk-Hansen.
Architekten X 20. Illustr. m. Abb. seiner
Bauten.)
— (Ungdomserindringer af Chr. V. Nielsen;
Illustr. Tid. Nr 20.)
— (Archit. C. Brummer ; Gads danske Ma-
gasin, i\,ärz-Nr.)
Folketog Arkitekturen. (Vilh. Lorenzen:
Politiken Nr 47.)
Kungliga dramatiska Teatern och deß
konstnärliga Utsmyckning. (A. Lindegren.
Ord och bild, 3.)
Die polnische Baukunst im Angesichte d.
nationalen Kultur. (Z. Balicki, Przeglad
Narodowy I.)
Album Moldo-valaque. [Rumänische Bau-
kunst der ersten Hälfte des 19 Jahrh.] (A.
Tzigara-Samurca^. Convorbiri Liberare, 2.)
2 a. Deutschland.
Allemagne. Germany.
Neumeister, Prof. A.: Deutsche Konkurrenzen.
XXII. Bd. (Mit Abbildgn.) Leipzig, Seemann
& Co. Jedes Heft, Einzelpreis 1.80; Subskr.-
Pr. m. Beiblatt; Konkurrenz-Nachrichten 1.25.
7. Heft. Nr 259. Rathaus f. Wiesdorf. (08.)
Scheurembrandt, Archit. Herrn.; Architektur-
Konkurrenzen. III. Bd. (Mit Abbildgn.) Ber-
lin, E. Wasmuth. 3. Entwürfe f. die Ver-
bindungen der Schloßbrunn- u. Marktbrunn-
Kolonnade m. der Mühlbrunn-Kolonnade in
Karlsbad. (32 S.) 08.
Landhaus u. Villa. Unter Mitwirkg. führ.
Männer hrsg. v. Emil Abigt. Einzelwohnhaus-
kultur, Architektur, Wohnungskunst, Bau u.
Einrichtg. des Eigenheims, Arbeiter-, Som-
mer- u. Ferienhäuser. Beilage; „Die Gartenv
Stadt“, Mitteilgn. üb. Wohnungsreform u. ge-
meinnütz. Bautätigkeit. 5. Jahrg. 1908. 24
Hefte. (1. Heft. 16 S. m. Abbildgn.) Wiesba-
den. Westdeutsche Verlags-Gesellschaft. 12 — ;
einzelne Hefte — 75.
Architektur, neue. Eine Auswahl der beach-
tenswertesten Neubauten moderner Richtg.
aus Deutschland u. Österreich. VI. Serie.
(60 Taf.) 45X34 cm. Wien, Wolfrum & Co.
(08). In Mappe 40 — .
Von d. Ritterburg z. Landhaus. (W. Franz.
D. dtsche Landhaus, 2.)
Schlingsträucher am Hause. (G. Lehnert.
Werkkunst, 13.)
Ludwig Hoffmann, Berlins stadsarkitekt.
(F. B. Wallberg ; Svenska Dagbl. 23/11.) Mit
Zeichn.
Paul Schultze-Naumburgs Bauten. (W.
Bode -Weimar. Dekorat. Kst., 6.)
Das neue Gerichtsgebäude in Dresden.
(L. Hohe Warte, 4.)
K. F. Schinkel, (eod.).
Der Architekt u. s. Werdegang. (O. Wag-
ner. Hohe Warke, 4.)
Rückblick auf das Jahr 1907/08. (M. Creutz.
Berlin, Architekturwelt, 12.)
Die Wohnhäuser von Albert Gessner.
(M. Creutz. Berlin. Architekturwelt, 12.)
Die Pauluskirche in Darmstadt. (H. Rü-
ckert. Monatschr. f. Gottesdienst uud kirchl.
Kunst, 1.)
Zeitgemäße Bedingungen f. d. Wettbe-
werb zur Erlangung von Vorentwürfen zu
kirchlichen Gebäuden für d. St. Jakobigemeinde
zu Braunschweig. (Koch. Christi. Kunstbl., 2,3.)
Die Christuskirche in Karlsruhe. (Kühner.
Christi. Kunstbl., 3.)
Bibliographie
349
teuere
ftalerei
Weuc Los von Rom-Kirdien in Österreich.
(Fr. Hochstetten Christi. Kunstbl., 2.)
Das Projekt von Peter Behrens zu einer
evangelischen Kirche in Hagen i. W.
(D. Koch. Christi. Kunstbl., 2.)
Das neue großherzogliche Hoftheater
zu Weimar. (Deutsch. Bauztg., 22.)
2irkus und Theater Schumann in Frank-
furt a. M. (Deutsch. Bauztg., 23.)
Sankt Elisabeth-Kirche in Hildesheim.
(Deutsche Bauztg, 24.)
Der Neubau des Zivilgerichts in Halle
a. d. S. (K. liiert. Ztschr. f. Bauwesen, 1 —3.)
Das neue Empfangsgebäude auf dem
Hauptbahnhof in Wiesbaden. (Corne-
lius. Ztschr. f. Bauwesen, 1-3.)
Das neue Fernsprechamt in Hamburg
(Zentralbl. d. Bauverwltg., 21.)
3. Neuere Malerei.
Peinfare moderne. Modern Painting.
Temple, Ä. G. Modern Spanish Painting
since the time of Goya. Limited Edn. 4to.
pp. 150. 105s net. Ä. Fairbairns.
Zur Förderung der Monumentalmalerei.
(Denkmalpfl., 4.)
Über Landschaftsmalerei. (Ä. Sisley. Kst.
u. Kstler., 6.)
Eastman Johnson, American genrepain-
ter. (Sadakichi Hartmann. Studio, 180.)
Die Krakauer „Sztuka“. (K. M. Kuzmany.
Kst. f. Alle, 13.) [Malerei u. Plastik.)
Wyspianski und sein Zeitalter. (A.Grzy-
mala-Siedledci, Ateneum polskie I.)
LesdeuxPaczka. (F. Laban. Müveszet, 1.)
3a. Deutschland.
Allemagne. — Germany.
Dülberg. Deutsche Malerei des 19. Jahrh.
100 färb. Reproduktionen nach Gemälden. Mit
e. histor. Übersicht v. Dr. F. Dülberg. (In 20
Heften.) 1. Heft. (5 Bl. m. je 1 Bl. Text.)
37,5X29,5 cm. Leipzig, E. A. Seemann (08).
Subskr,-Pr. 2.— ; Einzelpr. 3. — .
Fuchs, Geo.: Wilhelm Trübner u. sein Werk.
124 Reproduktionen seiner sämtl. Hauptwerke
m. begleit. Text u. e. Einleitg. (VIII, 123 S.
m. 99 Taf. u. 1 Bildnis.) Lex. 8®. München,
G. Müller. 08. 18. — ; geb. 23.—.
Lehmann, W. L. Neujahrsblatt der Züricher
Kunstgesellschaft f. 1908. Lex. 8®. Zürich
(Fäsi & Beer). Rudolf Koller. (52 S. m. Abb.
u. 4 Taf.) Ok nn. 3. — .
Zur Geschichte d. Düsseldorfer Kunst-
akademie. (General-Anz. f. Düsseldorf, 7.
10. u. 17. III.)
Peter Janssen. (A. Drossong. Leipz. 111. Ztg.,
3374.)
Peter Janssen. (N. Board. Die Woche, 7. III.)
Peter Janssen. (F. B. Dtsche. Tagesztg., 29. II.)
Ed. V. Gebhardts Wandgemälde in d.
Düsseldorfer Friedenskirche. (Th. Hän-
lein. Christi. Welt, 11.)
Die Diez-Schule. (H. Uhde-Bernays. Frkf.
Ztg., 10. III.)
Karl Spitzweg. (K. Voll. Westermanns Mo-
natsh., 6.)
Spitzweg - Mappe. Hrsg, vom Kunstwart.
(8 Bl. m. VIII S. illustr. Text.) 38x28 cm.
München, G. D. W. Callwey (08). In Umschlag
bar 2.50.
Erinnerungen an Hans Makart. (B. Groller.
Velh. u. Klas. Monatsh., 6.)
Wilhelm Leibi. (R. v. Moeller. Baltische
Monatsschr., 11/12.)
Die Ausstell, v. Werken Schweizer Künst-
ler in Frankfurt. (Schäfer. Rheinlande, 3.)
Fritz Boehle. (W. Gischler. eod.)
Kunst in Frankfurt. [H. Zügel.) (-emo. Frkf.
Ztg., 19. III.)
Louis Corinth. (K. Scheffler. Kst. u. Kstler., 6.)
Uhde, Fritz v. Eine Kunstgabe f. das deut-
sche Volk, m. e. Geleitwort v. Alex. Troll.
Hrsg. V. der freien Lehrervereinigung f. Kunst-
pflege. (39 S. m. Abbildgn.) Lex 8®. Mainz,
J. Scholz. 08. 1.—.
Fritz V. Uhde. (G. J. Wolf. Frühling, 12.)
Max Slevogt. (H. Rosenhagen. Velh. u. Klas.
Monatsh., 7.)
Heinrich Zügel. (Fr. v. Ostini. Daheim, 23.)
Kunst in Frankfurt. [J. Nußbaum.] (-emo.
Frkf. Ztg., 6. III.)
3b. Frankreich.
France.
Automobil-Club de France. [Ausstell, frzs.
Gemälde.] (J. de St. Hilaire. Le journ. des
arts, 20.)
Honore Daumier. (W.Voß. Illustr. Ztg., 3374.)
Honore Daumier. (Th. Heuß. Hilfe, 9.)
Glyptotekets sidste Erhvervelser. Corot,
Delacroix. (E. Goldschmidt. Politiken, Nr. 40.)
J.-J. Henner [Fortsetz.]. (L. Benedite. Gaz. d.
beaux-arts, 607. 609.)
Raffael u. Manet. (G. Pauli. Monatsh. f.
Kstwiss., 1/2.)
„Le Beffroi de Douai“ par Corot. (P. Le-
prieur. Bull. d. Mus. d. France, 1.)
Claude Monet, his carrer and work. (A.
Alexandre. Studio, 180.)
Gauguin. [B. Läzär. Müveszet, 1.)
Valere Bernard. (C. Mauclair. L’art deco-
ratif, 114.)
Henri Rivicre. (M. P.-Verneuil. L’art et de-
coration, 2.)
Neuere
Malerei
Bibliographie
351
teueres
Kunst-
}€werbe
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III. (G. Upmark: Svenska Dagbl. Nr. 38.)
— Skräföremäl (ebenda Nr. 45.)
Le vitrail dans TÄnierique du Sud. (Ch.
Saunier. L’art et decoration, 2.)
Bijoux et broderies marocains (E. Rahir.
Bull. d. Mus. Roy. ä Bruxelles, 2.)
4a. Deutschland.
Ällemagne — Germang.
Das moderne Problem in der Kunst-
industrie. (J. Ä. Lux. Tag, 20. III.)
Das künstlerische Problem d. Industrie.
(J. Ä. Lux. Innendekoration, Febr., März.)
Garten- u. Veranda-Möbel. (W. Michel,
eod., März.)
DieKunstindustrie a. d. Leipziger Messe.
(C. Weidiardt. Frkf. Ztg., 13. III.)
Tysk Kunst og Kunsthaandvärk. (L. Ä.
H.: Morgenbladet, Kristiania. 9./II.)
— En Protest. (G. M.: ebenda Nr. 103.)
Was soll uns die Bauernkunst? (P. Brücker.
Kst. u. Handwrk., 5.)
Vorbildliche Stickereien. (P. F. Schmidt.
Werkkunst, 13.)
DerKampf um d. Weltmarkt m. d.Mitteln
d. Kunst. (H. Waentig, eod.)
Bildwebereien v. Margot Grupe, Berlin. (R.
S. Textile Kunst u. Industr., 1.)
Dresdner Künstlerstoffe f. Dekoration u.
Wandbespannung. (E. Haenel, eod.)
Kunststickereien. (J, Ä. Lux. Textile Kst.
u. Industrie, 1.)
Dekorative Variationen. [Fortuny-
Sdileierf ; Florence Jessie Hoesels Nadelkünste;
Krefelder Seidenstoffe.] (F. Poppenberg.
Türmer, 5.)
Neue Bucheinbände von Paul Kersten.
(M. Pellnitz. Zeitsdir. f. Bücherfr., 12.)
Die Pforzheimer Goldwarenindustrie.
(G. Lehnert, Werkkunst, 12.)
Goldschmiedearbeiten von Nicolaus
Trüb n er. (H. V. Sp. Velh. &Klas. Monatsh., 6.)
5. Neuere Graphik,
Graphiqae moderne. — Moderne graphic.
ER wein, Herrn.: Moderne Illustratoren. Mün-
chen, R. Piper & Co. Jedes Heft kart. 3.— ;
Subskr.-Pr. bar 2.50. VIII. Äubrey Beardsley.
(47 S. m. Äbbildgn. u. 1 Bildnis.) (08.)
Mauron (P.) et Ä. Broquelet. — Tratado
completo del arte litogräfico. Traducido por
Ch. Lacassin. Paris, impr. et libr. Garnier
freres. (S. M.) In-18 jesus, VII-329 p. avec
fig. et portrait.
Le caractere moderne dTmprimerie. (S.
de Roos. Ärt Flam. et Holland, 2.)
Kräfte und Grenzen der Karikatur. (K.
Storck. Türmer, 6.)
Ex-libris modernes. (E. de Crauzat. L’art
decoratif, 114.)
Early English lithographs and the stage.
(Ä. Moore. Connoisseur, 79.)
James and Caroline Watson and their
work. (W. G. Menzies. eod.)
London. Mackays Eneas, Ärt Gallery. Cata-
logue of the etdied work of Miß Susan F.
Crawford, Ä. R. E. — Kl. 8^, 93 Nrn. a. 4 S.
m. 1 Bl. Text.
Une expos. d’eaux-f ortes originales. (P.
Forthuny. Gaz. d. beaux-arts, 609.)
John Marin, peintre-graveur. (Ch. Saunier.
L’art decoratif, 1.)
J. C. Thornam [dänischer Kupferstecher] f.
(P. P.: Dannebrog Nr. 5633.)
L. Wyczolko wski. Teka Litewska. [Litthaui-
sche Mappe.] Krakau 1907, 25 Originallitho-
graphien u. -Älgraphien. R. 50.—.
5a. Deutschland.
Ällemagne. — Germany.
Menzel, Ädolph, Die Ärmee Friedridis d. Großen
in ihrer Uniformierung gez. u. erläutert. Eine
Äuswahl V. 100 Tfn. in mehrfarb Faksim.-
Reprod. Hrsg. v. Prof. F. Skarbina u. Hptm.
Jang (vollst. in lOLfgn. in GroB-Folio) 7. Lfg.
(10 Tfn. mit 10 Bl. Text). Berlin, Martin Olden-
bourg (1907). Subskr.-Preis 20.—.
Konewka, Paul: Kinder und Tiere. Sdiatten-
bilder. Mit neuen Versen v. F. Ä. neu hrsg.
vom Kunstwart. (IV S. u. 20 Bl.) kl. 8*^.
München, G. D. W. Callwey 07. Kart. 1.—.
— Schattenbilder. Mit neuen Versen v. F. Ä.
neu hrsg. vom Kunstwart. (IV S. u. 20 Bl.)
kl. 8®. München, G. D. W. Callwey 07. Kart.
1.—.
Konewka-Mappe. 12 Blätter m. Silhouetten
V. Paul Konewka u. Text v. Jobs. Trojan. (VI
S. m. Äbbildgn.) 33,5X26 cm. Stuttgart, K.
Ä. E. Müller (08). In Umschlag 2.50.
Slevogt, M.: Ächill. 15 Lithographien zur
Ilias. (15 Bl. m. 1 Bl. Text) 38,5X51,5 cm.
Mündien, Ä. Langen (08). In Mappe bar 50.—.
Doms, Wilh.: Grotesken. 12 Radiergn. (12 Bl.
m. 4 Bl. Text.) 40,5x30,5 cm. München, R.
Piper & Co. (08). In Leinw.-Mappe 30.—.
Robert Engels. (E. ,W. Bredt. Kst. und
Handwk., 5).
Käthe Kollwitz. (Ä. L. Plehn. Die Frau. 1.)
Neue Kunstblätter von Paul Hey. (Ä. D.
Deutsche Kultur, 37/38.)
Neue künstlerische Briefmarken [Öster-
reichs]. (J. Loubier. Werkkunst, 13.)
Neuere
Graphik
352
Monatshefte für Kunstwissenschaft
6. Kirchliche Kunst
Uart ecclesiastiqae. — Church art
Katholische Kirchenkunst u. moderne
Kunst II. III. (L. Baur. Ärchiv f. christl.
Kunst, 2 u. 3.)
Moderne Kunst in katholischen Kirchen
II. (St. Beissel. Stimmen aus Maria-Laach, 2.)
Grenzen der diristl.Kunst. (K.Bonn. Ztsdir.
f. dir. Kunst, 11 u. 12.)
Christliche Kunst in Bild und Buch, Schule
und Haus. (Fischer, Ärchiv f. christl. Kunst, 2.)
Ein bartloser Christustypus. (R. Schmid.
Christi. Kunstblatt, Jan. 08.)
Die Seepredigt von Fritz von Uhde als
Konfirmationsschein. (D. Koch. Christi.
Kunstbl., 2.)
Gemeindevereinshaus mit Kirche. (Hasen-
clever. Monatsschr. f. Gottesd. u. kirchl.
Kunst, 2.)
Stadt- und Landkirchen. (0. Hoßfeld.
Zentralbl. d. Bauverwaltg., 7.)
Die deutsche Dorfkirche. (K. Spieß. Wester-
manns Monatsh., 5.)
Stadt- und Landkirchen [Forts.]. (Zentralbl.
d. Bauverwltg., 23.)
Mein letztes Wort über Brathes Theorie
des Kirchenbaus. (E. Sülze. Monatsschr.
f. Gottesdienst a. kirchl. Kunst, 1.)
s
III. Allgemeiner Teil.
Partie generale. — General pari
/. Kunstnachrichten.
Nouvelles sur Vart, — News of art.
Ällerlei Kunstfälschungen. (K. E. Schmidt.
Velh. u. Klas. Monatsh., 6.)
Le plan d’une monographie d’eglise et
le vocabulaire archeologique. (E. Le-
fevre-Pontalis. Bull. Monument, 5—6.)
De Rijksaankoop van schilderijen uit de
kollektie-Six. (J. Oeth. Gids, Januar.)
Ärt in Germany. (H. W.|S. Burl. Magaz., 59.)
Art in America. (Fr. Hirth. eod.)
Art notes. (C. Phillips. Daily Telegraph, 14. III.)
Kunst u. Jugend. (Illustr. Zeitschrift des Ver-
bandes süddeutscher Zeichenlehrervereine. Vor-
sitzender: Zeichenlehr. H. Erhard. Schriftleiter:
Zeichenlehr. G. Kolb. 2. Jahrg. 1908. 12 Hefte.
(1. Heft. 12 S. m. Abbildgn.) Lex. 8®. Stutt-
gart, Verlag „Kunst u. Jugend“. Bar 4. — .
2. Ausstellungen.
Exposifions.
Chemnitz. Gerstenberger, Kst.- Salon. Sonder-
ausstellung d. Künstlergruppe Chemnitz. De-
zember 1907. — 8», 77 Nrn. a. 16 S. m. Äbb.
in Autotypie.
Dresden. Richter, Emil, Kst.- Salon. Ausstel-
lungs-Katalog. Joh.W.Kurau, Frhr. v. Schlippen-
bach, Prof. Belsen, Petras Kalpokas, Fred Voel-
ckerling. — 8^ 120 Nrn. a. 16 S, m. Abb. in
Autotypie.
Wien. Älbrecht Dürer- Verein. Kunstausstellung
Dezember 1907 — Januar 1908. Katalog 8®,.
15 S.
— Dorotheum. XXIII. Ausstellung v. Werken
der bildenden Kunst. Jänner — März 1908. —
Katalog Nr. 129. 8®, 184 Nrn. a. 31 S. m. 8
Bl. ganzseitg. Abb. in Autotypie.
— Heller, Kst.- Salon. Rodin -Ausstellung. —
Katalog 8®, 61 Nrn. a. 4 S. m. Text: Auguste
Rodin als Zeichner u. Aus Gesprächen mit
Rodin. —.25.
Berliner Ausstellungen des Winters 1907/8..
(E. Bender. Westermanns Monatsh., 6.)
Aus den Berliner Kunstsalons. (H. King..
Gegenwart, 10.)
Aus d. Wiener Kunstleben. (L. Hevesi. KsL
u. Ksthandwk., 2.)
Jnconvenients dans les expositions. (K.
Lyka. Müveszet, 1.)
Expositions et Concours. (R. Bouyer. Bull,
de l’Art, 373, 374, 375.)
La Mostra d’Arte Antica alla Perma-
nente di Trieste. (E. Scatassa. Arte e
Storia, 3—4.)
Konstslöjdutställning. (E. G. F.[olcker]t
Svenska Dagbladet Nr. 36.)
Exposition d’art Russe moderne. (C. de
Danilowicz. L’art decoratif, 1.)
Polska Sztuka Stosswana. (J. Warchalows-
ki, Tygodnik Illustrowany No. 6.)
3. Sammlungen.
Sciences des coUections. — Museums.
Potgieter, E. ).: Het rijksmuseum. Goedkoope
uitgave. Haarlem, H. D. Tjeenk Willink & Zoon..
Kl. 8®. III, 96 blz. f. -.25.
— Het rijksmuseum te Amsterdam. Met inlei-
ding en aanteekeningen door A. G. van Dijk.
Zutphen, W. J.Thieme & Cie. Kl. 8®. (149 blz.)
f. — .30. [Klassiek letterkundig pantheon. No..
143.]
Schub ring, Paul: Florenz. I. Die Gemälde-
Galerien der Uffizien u. des Palazzo Pitti..
Moderner Cicerone. 2. verm. u. verb. Aufl.
(VIII, 187 S. m. 137 Abbildgn. u. 2 Grund-
rissen.) kl. 8®. Stuttgart, Union (08). Geb.,
in Leinw. m. Goldschn. 3. — .
• Bibliographie
353
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(C. W. Ostsee-Ztg., 2, III.)
Bodes Deutsdies Museum. (G. Kossinna.
Tägl. Rdsdiau, 11. III.)
Führer durdi die Sammlung f. deutsche Volks-
kunde, Klosterstraße 36. Hrsg. v. der General-
verwaltg. der Kgl. Museen z. Berlin. (IV, 71
S. m. 1 Grundriß.) Kl. 8®. Berlin, G. Reimer.
08. Bar nnn —.30.
Die Dresdener Museen u. ihre Verwal-
tung. (G. Pauli. Tag, 7. III.)
Der Trennungsplan f. d. Kgl. sächsischen
Kunstsammlungen. (Nationalztg., 4. III.)
Neuerwerbungen der Kasseler Gemälde-
galerie. (E. Zöllner. Hessenland, 9.) [Ruis-
dael, Wouvermann, Daubigny, Trogon, Millet,
van der Heist.)
Musees pagants. (Stephane. Bull, de l’Ärt
ancien et mod., 366, 367.)
Musees pagants. (Musee, 1.)
Et Museumsbesag i Frankfurt am Main.
[1. Städelsdies Kunstinstitut. 2. Städt. Mu-
seum.] (Karl Madsen: Tilskueren, März-Nr.)
Jahrbuch der bremischen Sammlungen. l.Jahrg.
I. Halbbd. (72 S. m. Hbbildgn. u. 17 Taf.)
Lex. 8®. Bremen, F. Leuwer 08. 3. — .
Bericht, 44., des schleswig-holsteinischen Mu-
seums vaterländischer Ältertümer bei der Uni-
versität Kiel, hrsg. v. J. Mestorf. 54 S. m.
Äbbildgn. u. 2 Taf.) gr. 8®. Kiel (Lipsius &
Tischer) 07. Bar nn 1.—.
Das Fuggermuseum in Augsburg. (K.
Boeder. Leipz. 111. Ztg., 3370.)
Le vol du musee d’Amiens. (J. G. Les
arts, 74.)
Les acquisitions de Fetat. (L. Lumet. L’art
decoratif, 1.)
Das „Musee du Livre“ in Brüssel. (L.
Volkmann. Arch. f. Buchgewerbe, 1.)
Haag. Mauritshuis. Kurzgefaßter Katalog der
Gemälde- u. Skulpturensammlung der Kgl.Gem.-
Galerie, deutsche Ausg. 8®, 114 S. Haag 1907.
Die Sammlung Moreau-Nelaton zu Paris.
(H. V. Sp. Velh. u. Klas. Monatsh., 6.)
The Rogal United Service Museum. (Mu-
seums Journal, 8.)
Nga inköp tili handtecknings- och gra-
vgrsamlingen i Nationalmuseum. (J.
K-[rus]e: Svenska Dagbl., Nr. 70.)
Ett mönstermuseum. [Nordenfjeldske kunst-
industrimuseum, Trondhjem.] (J. v. der Lippe:
Svenska Dagbl., Nr. 39.)
Collection Prince Youssoupoff: Velasquez,
J. L. de Marne, MUe. M. Meger, P. P. Proud-
hon, L. F. Aubrg, Simon, Troger. (A. Prachoff,
Les Tresor d’Art en Russie I.)
Une installation de Musee moderne. Le mu-
see des Beaux-Arts de Budapest. (A.
Michel. Bull. d. Mus. de France, 1.)
4, Sammelschriften, Kunststätten,
Compilations, topographie d*arf.
Leiters of coUecting, art fopography.
Burckhardt, Jacob. The Cicerone: An Art
Guide to Painting in Italg. For the Use of
Travellers and Students. New edit. Cr. 8vo.
pp. 318, 6s. net. T. W. Laurie.
Dreßler’s Maler-Archit. Willg O., Kunstjahr-
buch. Ein Nachschlagebuch f. deutsche bild.
u. angewandte Kunst. (Buchschmuck vom
Hrsg.) LX, 674 u. 83 S. m. 1 Bildnis.) 8®. Dres-
den, G. Kühtmann (08). Geb. in Leinw. 7.— ;
numerierte Ausg., geb. in Perg. bar 15.—.
Forrer, Rob. Reallexikon der prähistorischen,
klassischen u. frühchristlichen Altertümer (VIII,
943 S. m. 3000 Abb.) 8» Stuttgart, W. Spe-
mann. Geb. 28.—.
Jahrbuch, Münchner, der bildenden Kunst.
Hrsg, von Ludw. v. Buerkel. 2. Halbjahrsbd.
1907. (XI, 65 S. m. Äbbildgn. u. Taf.) Lex. 8*^.
München, G. D. W. Callweg. 5. — .
Rosenberg, Adf.: Handbuch der Kunstgesch.
2. verb. u. verm. Aufl. Mit 903 Äbbildgn. im
Text u. 4 Beilagen. Hrsg. v. Hans Rosenhagen.
(VIII. 677 S.) Lex. 8®. Bielefeld, Velhagen &
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Wurzbach, Alfr. v.. Niederländisches Künstler-
lexikon. Auf Grund archiv. Forschungen be-
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II. Bd.. 6 Lief. Queborne-Rembrandt. Lex. 8^
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Dr.-ing. Jos. Durm, Geh. Hofr. A. v. Oechel-
haeuser, Proff., u. Oberschuir. Dir. Konservat.
Geh. Rat E. Wagner. Lex. 8*^. Tübingen,
J. C. B. Mohr. VII.Bd. Wingenroth, Max:
Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg.
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u. 52 Wappenbildern. (LXXXVIII, 719 S.) 08.
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burger Kunstgeschichte, I. (A. Gümbel.
Repert. f. Kunstwiss., 1.)
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Pictures of old Prague bg modern artists.
(M. Glaser. Studio, 180.)
Arco, Luis del. Guia artistica g monumental
de Tarragona g su provincia. Tarragona,
Tarraconense, 1906, en 8.®, con läminas,
2,50 ptas.
Rogal Winchester. (L. Willoughbg. Connois-
seur, 79.)
Baron A. E. Foelkersam „Opisi Serebra
Dwora Jeho Imperatorskaho Welitschestroa“
[Inventare d. Silbers d. Kaisers.] Petersburg
1907 4® Bd. m. 58 Taf., nicht im Handel.
354
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Der Campo Santo der Herren della Scala
zuVerona. (G. Biermann. Velh. u. Klas. Mo-
natshefte, 6.)
Granada. (K. Fincke. Grenzboten, 10.)
5. Denkmalspflege,
Culfure de monuments. — CuHure of monu-
menfs.
Die Frage nach der Behandlung alter
wieder aufgedeckter Wandmalereien.
(P. Gerhardt, Denkmalpfl., 4.)
Die Zubauten an der Äugustinerkirche.
(Ä. Starzer. Monatsbl. d. Ältert. Ver. Wien, 1.)
Die Hohkönigsburg nach ihrer Wieder-
herstellung. (Korrespond.-Bl. d. Gesamtver.
d. deutsch. Ältert.-Ver., 3.)
Über dieKirche von Zelasno. (J. Knossalla.
Oberschles. Heimat, 1.)
Das Kriegsministerium in Wien u. d.
Platz „Äm Hof“. (H. Tietze. Jahrb. d. K.
K. Zentralkomm., 1907. 3 u. 4.)
Die Verbauung d. Karlsplatzes in Wien
(M. D. eod.)
Sur un temple desaffecte (E. D. Bull, de
l’Ärt, 373.) [L’Opera de Versailles.]
Notizie di Napoli. [Kirche della Croce di
Lucca.] F. Laccetti. L’arte, 1.)
Per la solvazione di alcuni affreschi di
antica scuola lombarda. (N. Bertoglio
Pisani. Ärte e Storia. 3—4.)
6. Kunstwissenschaft,
Histoire de Vart. — Hisfory of art.
Ädolf Furtwängler (Fr. Hauser. Süddeutch.
Monatsh. 4.)
Ein Gedenkblatt f.d. Rudelsburg-Dichter.
Zum 100. Geburts- und 50. Todestag Franz
Kuglers (L. Hirschberg. Ztsdir. f. Bücherfr., 12.)
Franz Theodor Kugler. Zum 50. Todestage
^ (Ä. Schröder. Mitt. f. d. Gesdi. Berlins, 3.)
Karl Koe tschau. (E. G. F.[olcker]: Svenska
Dagbl. Nr. 68.)
Notice sur la vie et les travaux d’Eu-
g e n e M ü n tz. (E. Chatelain. Bull. d. l’Äcad.
d. Inscript et Belles-Ärtes.)
D. Deutsche Verein f. Kunstwissenschaft.
(E. Hensler. Köln. Volksztg., 4. II.)
La Societe des Amis des Musees Rogaux
de PEtat, ä Bruxelles. (Bull. d. Mus. Roy.
ä Bruxelles, 1.)
Ludvig Looström, 60 är (I. K— e. „Svenska
Dagbladet“ Nr. 31. (Mit Portr.)
Lebendige Vergangenheit in d. russischen
Kunstliteratur. (Baron N. Wrangel, Kri-
titscheskoje Obosrenje I. 08.)
W. Hahn. „Karol Libelt“ [Poln. Ästhetiker]
Lemberg 1907. 8*> 46 S. u. 3 Abb.
7. Iconographie,
Iconographic.
Die Wage der Gerechtigkeit. (Schluß.)
(E. V. Moeller. Ztschr. f. ehr. Kunst, 11.)
Das Christusbild. (C. von Schmidtz-Hof-
mann. Glauben u. Wissen, März.)
L’Art Fran^ais de la Fin du Moyen-Age.
Les aspects nouveanx du culte des Saints.
L’Art et les Saints. (E. Male. Revue des
deux Mondes, 3.)
La vie de Jesus-Christ racontee par les
imagiers du moyen-äge sur les portes
d’eglises. [Forts.] (G. Sanoner. Revue de
l’art ehret, janv. 08.)
Iconographie figurative des deux testa-
men ts. (L. C. Revue de I’art ehret, jan-
vier 08.)
Über Tizians sogen. „Himmlische u. ir-
dische Liebe“. (A. Riese. Kunstchronik, 14.)
Die Sängerkanzeln d. Florent. Doms in
ihrer kirchl. Bedeutung. (H. Brockhaus.
Ztschr. f. bild. Kunst. 6.)
Zur Ikonographie Michelangelos. (E.
Steinmann. Monatsh. t Kstwiss., 1/2.)
Due conviti di Mattia Preti. (A. Conti.
Bollett. d’arte, 1.)
8, Kulturgeschichte,
Histoire de la civilisation.
Hisfory of civilisation.
B rin ton, S. The Renaissance : Its Art and
Life. Florence 1450-1550. Fine paper edit.
Ryl. 4to. swd. 210s. net. Goupil.
Brown, J. Wood. The Builders of Florence.
With over 70 Illustrations bg Herbert Rail-
ton. Demy 4^. (Les Fondateurs de Flo-
rence, par M. John W. Brown. avec
plus de 70 illustrations) , toile Fr. 23. F.
Methuen.
II tabernacolo al Canto di San Sisto in,
Firenze cd un’antica cerimonia litur-
gica. (A. Cocchi. Arte e Storia, 3-4.)
Renässansstudier. [Med anledning av „Ver-
ncr och Torsten Söderhjelm, Italiensk renäs-
sans“, Helsingfors 1907.] (G. Nordensvan.
Dagens Nyheter, Stockholm. 4/1.)
Aus der Biedermeierzeit (G. Hermann.
V. Fels zum Meer, 1.)
Der Karner von Heiligenkreuz. Ein Blatt
aus der Baugesdiichte des Stiftes. (W. Neu-
mann. Monatsbl. d. Altert.-Ver. Wien, 2.)
Wl. Lozinski. „Zycie Polskie w dawnych
wiekach“. [Polnisdies Leben im XVI-XVIII
Jahrh.] Lemberg 1908. Gr 8^ 246 S. Kr. 6.—.
Bibliographie
355
9. Porträt
Kende-Ehrenstein. Sammler- Kompendien.
8^ Wien, Halm & Goldmann. 1. Kende-Eh-
renstein, Ä.: Das Miniatur-Porträt. MitlöTaf.
in Liditdr. (XIII, 95 S.) 08. 3.-.
Probleme des Gruppenporträts. (C. Gla-
ser. Beil. z. Ällg. Ztg., 37.)
Unähnlidie Porträtdenkmäler. (M. Mayer.
Kreuzzeitung, 5. II.)
Das Porträt. [Bespr. v. W. Waetzoldt.]
(Köln. Ztg., 23. II.)
The recent exhibition of works of art of
the 18th Century at the Bibi. Natio-
nale, Paris. [Miniatur-Porträts.] (J. J. Pos-
ter. Connoisseur, 78.)
Jul. Janitsch: Das Bildnis Sebast. Brants
von Älbredit Dürer.
Jaro Springer: Sebastian Brants Bild-
nisse. (Friedländer. Repert. f. Kunstwiss., 1.)
Ein neues Jugendbildnis Älbredit Dürers.
(Ä. Weber. Repert. f. Kunstwiss., 1.)
Les portraits des rois de France dans le
recueil de Du Tillet. (H. Omort. Bullet, de
l’acad. d’inscript. et belles-lettres.)
Nägra humanistporträtt. (Harald Brising:
Nordisk Tidskrift 1908, H. 1. Mit 3 Portr. v.
Qvinten Matsys.
Biskopernes Porträter i Vor Frelsers
Kirke. (F.-G. : Morgenbladet, Kristiania,
Nr 109.)
10. Kostüm.
Costume.
Die Mode. Menschen undModen des XIX. Jahr-
hunderts. (La mode, l’homme et la mode au
XIXe siede) avec 200 illustrations; vol. 1, 1818-
1842. Fr. 6; relie, 7.50. [Text von v. Boehn.]
Ä. Bruckmann.
Colour in Costume. (F. Stewart. Strand
Magazine, 205.)
Über die Volkstracht auf den Magdebur-
gischen Dorfen. (R. Hecht. Geschichtsbl. f.
Magdeburg, 2.)
D. bischöfl. Rationale als Brustplatte.
(B. Kleinschmidt. D. christl. Kunst, 5.)
Wl. Gordzynski. „Ornat Dlugosza“. [D. Or-
nat d. Dlugosz.] Krakau 1907, 4^ 14 S.
Zur Methode d. waff engeschichtl. For-
schung. (W. Erben, Ztschr. f. histor. Waf-
fenk., 9.)
Ärchival. Forsch, z. Waffenkunde. [Forts.]
(Th. Gampe, eod.)
Die Waffensammlung d. Fürsten ReuB j.
L. zu Schloß Osterstein bei Gera. (M. v.
Ehrenthal, Ztschr. f. histor. Waffenkunde, 9.)
Waffengeschichtl. Notizen aus e. Reisebe-
schreib. z. Äusg. d. Mittelalters. (D. v. Prera-
donic. Ztsch. f. histor. Waffenkunde, 9.)
Ärms and armour in painting and sculp-
ture. (Builder, 3395.)
V. d. Vlies- Äustellung u. d. Turnier z.
Brügge 1907. I. D. Waffenwesen auf d. Äus-
stellung. (St. Kekule v. Stradonitz. Ztschr. f.
histor. Waffenkunde, 9.)
11. Münzen und Medaitlen.
Namismatique. ~ Namismafics.
Pachinger, Ä. M.: Wallfahrts-, Bruderschafts-
u. Weihe-Medaillen der gefürsteten Grafsch.
Tirol u. Vorarlberg. (XII, 69*S. m. 4 Äbbild.,
4 Lichtdr.-Taf. u. 3 Bl. Erklärgn.) gr. 8®.
Wien, R. Ludwig 08. 12.—.
Schmidt, Berth., u. Carl Knab: Reußische Münz-
geschichte, bearb. unter Mitwirkg. des Geh.
Hofr. Dr. Jul. Erbstein. (V, 283 S. m. 17 Taf.)
Lex.8®. Dresden, (W.Baensch) 07. Bar nnnlö.— .
Z. Zakrzewski. „O brakteacie pamij^tkowym
Boleslawa Krzywonstego.“ [Ein Brakteat d.
Boleslaus Krzywonsty.] Krakau 1907. 8®. 20 S.
D. künstlerische* Medaille u. ihre Ge-
schichte. (P. Herrmann. Kst. f. Älle, 9.)
Die deutsche Renaissance-Medaille. (O.
F. Hoppe. Stuttg. Neues Tagbl., 29. II.)
Betrachtungen über Münztypen u. einz.
Münzen d. Grafsdi. Mark. (Schluß.) (Th.
Kirsch. Berl. Münzblätter, 74.)
Ein Münzfund im St. gallischen Rhein-
tal. (J. Egli. Anz. f. Schweiz. Ältarschmuck, 3.)
De Monten van Nederlandsch-Indie. (J.
Moquette. Tijdschr. v. Indische Taal en Vol-
kenk., 1. u. 2.)
Une medaille de Ronsard. (C. Gabillot.
Chron. d. arts, 5.)
Notes sur l’histoire de l’art en Campanie.
(Ä. Sambon. Revue Numismatique, 4.)
De nye norske Mynter. (Bredo Morgen-
stjerne: Samtiden, Kristiania, H. 2.) Mit 1
Tafel Äbb.
12. Kultur.
Culture.
Ohly, Gymn.-Lehr. C. A.: Zur Frage der ästhe-
tischen Bildung. Ein Wort zur prinzipiellen
Auseinandersetzg. m. besond. Berücksicht, der
Volksschule. (54 S.) 8®. Aschaffenburg (C.
Krebs) 08. —.80.
Tradition oder Fortschritt? (E. W. Bredt.
Innendekoration, Febr.)
„Germanische Formlosigkeit.“ (K. Schnitze.
Kunstwart, 12.)
Die Kunst und die neudeutsche Gesin-
nung. (R. Breuer. Westermanns Monatsh., 6.)
Wirtschaftswerte der Kunst. (E. Kalk-
schmidt. Hamb. Nachr., 23. 11.)
Ist das Naclcte unsittlich? (H. Magnussen.
Umschau, 1. II.)
356
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kunst-Verständnis. (W. Michel. Dtsche.
Kst. u. Dekor., 6.)
Über den gutenund schlechten Geschmack.
(J. H. Lux. Gegenwart, 11, 12.)
Neue Schönheiten und neue Äufgaben.
(C. Oehring. Grenzboten, 9.)
Äufgaben des Heimatsdiutzes. (P.Schultze-
Naumburg. Kunstwart, 10.)
Kritik u. Interpretation d. Erlasses geg.
bauliche Verunstalt, in Stadt u. Land.
(Hohe Warte, Heft 5 folg.)
Landesbauordnung in Baden u. Bau-
ästhetik. (Stürzenacker. Denkmalpfl., 3.)
Heimatschutz. (E. Heyck. Vom Fels zum
Meer, 9.)
Kunstgewerbliche Zeit- u. Streitfragen
(K. Groß. Kunstgewerbeblatt, 6.)
Die dekorative Kunst und die Bühne.
(E. Sdiur. Werkkunst, 9.)
Kinderspiel und Kinderspielzeug. (E.
Weber. Säemann, 2.)
Spielzeug von eigener Hand. (E. Toussaint,
eod.)
Die Volkskunst, ein Mittel, d. Heimatliebe d.
Volkes neu zu beleben. (Dethlefsen. Denk-
malspflege, 2.)
Schule und Gegenwartskunst. (St. Trd.
Deutsche Kultur, 36.)
Winke für die Beschaffung eines Grab-
mals. Flugblatt, hrsg. von der Wiesbadener
Gesellschaft für bildende Kunst, (v. Grolmann.
Christi. Kunstbl., 3.)
Technische Arbeit als Erziehungsmittel.
(Pabst. Ztschr. f. bild. Kst., 5.)
Contre les copies. (G. Rivet. Musee, 1.)
L’Art et la Societe industrielle de Mul-
house. (E. D. Bull, de l’Ärt ancien et mod.,
369.)
Kunstbetrachtnngen. (H. Thoma. Süddeut-
sche Monatsh., 3.)
JohnRuskins„ForsClavigera“. (G. Gräner
Voss. Ztg , 8. III.)
Das schmutzige Bild. (F.Engel. Berl. Tagebl.,
27. 11.)
Nordiska musee t. Äfdelningen för de högre
ständen. (Gustaf Upmark. „Svenska Dag-
bladet“, Nr. 24 u. 31. Mit Äbb.)
13. Kunstfragen.
De Vart — Problems of arf.
Der Mensch u. d. Kunst. (H. Kraeger. Bre-
mer Nachr., 1 u. 2. 111.)
Das Erleben des Sehens. (H. v. Hofmanns-
thal. Kst. u. Kstler,, 5.)
Die neue Landschaft. (G. G. Groeger. Kst.
f. Alle, 10.)
Le Grand Art. (P. Mouratoff. La Toison
d’Or XI u. XII 07.)
Die Kunst der Zukunft. (A. Hornfeld. Russ-
koje Bogatstwo I.)
Le dilemme de la peinture. (C. Mauclair.
Revue Bleue, 5,)
Staat und moderne Kunst. (M. v. Wedder-
kopp. Dtsche. Revue, II. 08.)
Falsche Idealisten. (K. Scheffler. Neue Rund-
schau, 3.)
Künstlerstipendien. (K. E. Schmidt. Die
Zeit, 28. II.)
14. Kunstlehre,
Theorie de Vart. — Aesfhetics.
Brandenburg, Hans: Ästhetische Aufsätze.
1903 — 1907. (109 S.) 8®. München-Schwabing,
E. W. Bonseis (08). 2.-.
Hildebrand, Ädf.: Das Problem der Form in
der bildenden Kunst. 6. verm. Äufl. (XIV,
164 S.) 80. Straßburg, J. H. E. Heitz 08. 3.— ;
geb. bar 3.50.
Schmarsow, Aug.: Erläuterungen u. Kommen-
tar zu Lessings Laokoon. (III, 132 S.) 8^.
Leipzig, Quelle & Meyer 07. 1.60; geb. in
Leinw. 2.20.
Sinapius, Dr.: Tastgefühl u. Materie. (31 S.)
8®. Leipzig, Verlag f. Lebensreform (08).
-.40.
Volk mann. Führer zur Kunst. Hrsg. v. Dr.
Herrn. Popp. 8®. Eßlingen, P. Neff. Jedes
Bdchn. 1.—. — 14. Volkmann, Dr. Ludw. Das
Bewegungsproblem in der bildenden Kunst.
Mit 30 Abbildgn. im Text. (62 S.) 08.
Wasnetzoff, Apollinarius: „Chudoshes-
two“. [Versuch einer Analyse der Begriffe
der Malerei.] Moskau 1908. 8®. 133 S.
R. 1.—.
Das Gesetz d. Stilwechsels i. d. Kunst.
(A. Lange. Kst. f. Alle, 12 bis 14.)
Espressione ed arte. (M. Porena. Rivista
d’ Italia, 2.)
Ausdruckskunst. (K. Steinacker. Tägl. Rund-
schau, 13. III.)
Die synthetische Kunst. (H. Lichtenberger
Berl. Tagebl., 10. II.)
L’ Antropologia e le arti belle. (V. Giuf-
frida-Ruggeri. Rivista d’ Italia, 12.)
Architektur und Ästhetik. (A. v. Hartmann.
Preuß. Jahrb., 1.)
Karl Plancks Kunstauffassung. (R. Planck.
Christi. Kunstbl., 2, 3.)
Winckelmanns Kunsttheorie in Goethes
Fortbildung. (E. Castle. Ztschr. f. österr.
Gymnasien, 1.)
Ein Kanon der schönen Form. [Besprech.
V. Wyneken, Aufbau der Form.] (A. K. Voss.
Ztg., 8. II.)
Schellings Rede: Über das Verhältnis der
bildenden Künste zur Natur. (W. Kinkel. Ztschr.
f. Philosoph, u. philos. Kritik, 2.)
M
DERKUNSrWMLER
ORGAN FÜR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER.
UainW 1^ vVV#
En
DIE SAMMLUNG CHERAMY.
1.
Vor wenigen Tagen wurden wir durch die
Nachricht überrascht, daß die berühmte Samm-
lung Cheramg bereits in den ersten Tagen des
Mai (am 3., 4., 5.) unter den Hammer kommen
soll. Was der Sammlung Cheramg, man kann
sagen, ihren europäischen Ruf eingetragen hat,
war ihre geschlossene Äuswahl , die sich
auf wenige Kunstgebiete beschränkte, hier
aber eine Serie von Werken von höchstem
entwicklungeschichtlichen Interesse zusammen-
brachte. Zielbewußtes Sammeln ist von jeher
eine Tugend des Pariser Ämateurs gewesen.
Wir geben im folgenden einen kurzen Über-
blick über diese berühmte Sammlung, über die
kürzlich eine Veröffentlichung von Julius Meier-
Graefe und Erich Klossowski erschienen ist. Der
Katalog der vente ist noch nicht ausgegeben.
Äls Experten fungieren Haro und Georges Petit.
Bei dem Bericht über die vente selber werden
wir Gelegenheit nehmen, ausführlicher auf die
Einzelheiten zurückzukommen.
Die Sammlung Cheramg umfaßt drei ver-
schiedene Teile, die alten Meister, die englische
Schule und Werke moderner französischer
Meister. Besonders bekannt sind die englischen
Werke der Kollektion, da in ihrer Mitte eine
Anzahl prächtiger Constables stehen, ein auf
dem Kontinent seltener Schatz.
Unter den alten Bildern ragt zunächst eine
Giuppe von Werken der oberitalienischen Schulen
hervor, von Crivelli eine Madonna mit dem
Jesuskind von Engeln umgeben, von der Mai-
ländischen Schule ein Andrea Solar io, zwei
Madonnen von Boltraffio und eine interes-
sante Replik der Madonna in der Felsgrotte
von Leonardo. Diese italienischen Werke sind
eine Art Präludium für die übrige Sammlung,
deren Ensemble uns anmutet wie ein geist-
reicher Essag nicht über die moderne Malerei,
sondern vielmehr über die Entwicklung des
Malerischen in den letzten Jahrhunderten. Sie
ist wie eine Reihe zusammenhängender Apho-
rismen, die alle demselben Geist entsprungen
sind, die das angeschlagene Thema immer wieder
CONSTABLE: La Charette de foin
□ No. 13 du Cataloguc □
neu und interessant beleuchten, ohne auf die
pedantische Umständlichkeit eines Handbuches
Anspruch zu machen.
Bei der spanischen Schule hat Cheramg die
beiden großen pt oblemreichen Meister bevor-
zugt, die neben Velazquez die großen Anreger
für die Moderne geworden sind, und hier wie
bei dem Reste der Sammlung war der Sammler
darauf bedacht, neben das repräsentative Galerie-
stück die intimen Studien und Skizzen zu stellen,
in denen die Künstler vielleicht innigere Ge-
heimnisse ihres Innern offenbart haben. Und
sind nicht gerade solche impulsive Skizzen durch
ihre persönliche Sprache die eindringlichsten
Ratgeber der heutigen Kunst geworden?
Von dem Greco besitzt Cheramg einen
machtvollen heiligen Bernhard, eine Pieta und
eine unglaublich frische, flimmernde Skizze zu
dem Hochaltarbild der Kathedrale von Toledo,
das die Gefangennahme Christi darstellt. Diese
Skizze wurde nach dem Vermerk auf der Rüde-
seite für die Herzogin von Alba, gemalt.
Goga ist neben dem großen Porträt der Lola
Ximenez durch eine kleine Skizze zu dem im
Prado befindlichen großen Bilde der Familie
Karl IV vertreten.
An älteren Franzosen ist nur ein Porträt
Sedaines von Chardin zu nennen.
358
Monatshefte für Kunstwissenschaft
DELRCROIX (Eugene): Chef arabe
□ No. 294 du Catalogue (pastel) □
Die englischen Bilder der Sammlung Cheramg
geben ein charakteristisches Gesamtbild gerade
des Zweiges der englischen Kunst, der in den
zwanziger Jahren so außerordentlich stark auf
die französische romantisdie Malerei eingewirkt
hatte: 1820—22 hatte Gericault in London ge-
lebt. Bonington hatte Delacroix und Gericault
mit der Kunst seiner Heimat bekannt gemacht,
auf dem Salon von 1824 machten die Werke
Constables auf Delacroix den tiefsten Eindruck,
neben denen auf diesem Salon noch Werke
von Bonington, Copley Fielding und Lawrence
zu sehen waren. Bei Cheramg finden wir zu-
nächst die glänzende Reihe der 34 Constables,
unter denen zu erwähnen sind: die Häuser in
East Bergholt, Frecton Tower near Ipswich,
die zwei in ihrer schwermütigen Melancholie
an Ruysdael gemahnenden Landschaften mit
der Kirche von Stoke, der Heuwagen, die breiten
Linien von Hampstead Heath, die frische Im-
pression der „Fischerboote“, Malvern Hall, War-
widkshire, der Frühling, der Park von Salisbury
mit Mrs. Constable und Mrs. Fisher im Vorder-
gründe, die berühmte Jubelfeier von Waterloo
in East Bergholt und der „Sonnenuntergang“,
in dem die Luftmalerei unserer heutigen Größten
schon fertig zu sein scheint. Turner ist mit
nur zwei Werken, darunter „des Künstlers Haus
in Twidcenham“ vertreten. Interessant ist der
Vergleich dieser Vorläufer des modernen Natur-
empfindens mit der älteren aus Rubens hervor- i
gegangenen Kunst der Landschaftsschilderung, j
wie sie sich in den zwei schönen Landschaften |
von Gainsborough offenbart. Ruch die eng-
lischen Porträtisten bilden eine glänzende Reihe,
von Reynolds machtvollem Bildnis Garridcs:
über Romneys Lady Hamilton zu Raeburns,
Lawrence und Hoppners weiblichen Bild-
nissen. Von der Schule der Genremaler steht
ein köstlicher Morland, „die Zigeuner“, einem
etwas harten Landseer, „Mutter und Kind“,
gegenüber. Von Bonington, dem Bindeglied
zwischen Engländern und Franzosen, zwei Werke,
darunter eine Rnsicht von Paris.
Den Kern der Sammlung Cheramy bilden
die französischen Romantiker. Ihr Vorläufer
Gros leitet mit einem wuchtigen Porträt der
Mlle. Mezeray die Reihe ein. Die 17 Werke
von Gericault geben ein Gesamtbild vom
Schaffen dieses Künstlers, da neben dem, einst in
Delacroix Besitz befindlichen, großen „lancier
rouge“ neben das vollendete Porträt von Geri-
caults Freund Jamar eine Reihe Skizzen und
Studien treten: so die zu dem Chasseuroffizier
GOYR: Lola Ximenez
Der KunstsammlGr
359
im Louvre, Entwürfe und Studien (Leichenköpfe)
für das Medusenfloß, Pferde- und Rennplatz-
studien, die Verwundeten von Missolunghi und
endlidi zwei Hauptstücke aus der Serie der
Wahnsinnigen; die „Neidische“, gewöhnlich „la
folle“ genannt, und der „Kleptomane“.
Von Delacroix enthält die Sammlung nicht
weniger als 76 Werke, meist Skizzen: Eine
Reihe Skizzen und Entwürfe zum Gemetzel auf
Sdiios, das seinerzeit auf dem Salon von 1824
den Kampf um sich entfesselte, Skizzen zum
Tode Sardanapals, die wunderbare Phantasie
vom König Rodrigo, von deren improvisierter
Entstehung Dumas Memoiren berichten, das
seltsame Bildnis Paganinis, eine Reihe Äquarelle
und die Skizzen zu den Fresken im Palais
Bourbon.
Neben den Romantikern sind die Klassiker
durdi eine Reihe hervorragender Werke ver-
treten, unter den 5 Davids die Skizze zu
seinem Rompreis: „Erasistratos entdeckt den
Grund der Krankheit des Äntiodius“, das Por-
trät der Marquise von Pastoret (1792), eines
DELÄCROIX: Paganini
GERICÄULT: □
Skizze zum „chasseur ä cheval“
dieser halb skizzenhaft behandelten Bildnisse,
in denen David uns heute am nächsten steht,
und das herbe Porträt der Mme. de Tangrg.
Von Prudhon ein Entwurf zu einem Triumphe
Bonapartes und neben einigen kleineren Skizzen
eine sehr schöne zu dem „verfolgten Ver-
brechen“ im Louvre.
Von Ingres eine Variante zum Oedipus des
Louvre, eine Bäuerin von Palermo, das Bildnis
des Bildhauers Lemogne und einige Studien.
Besonders wichtig ist eine Skizze zu der unvoll-
endeten Freske des „goldenen Zeitalters“ in
Dampierre. 3 Werke Chasseriaus wären hier
noch anzuführen.
Von den sich um die Schule von Barbizon
gruppierenden Meistern fällt zunächst Corot
mit 24 Werken auf, darunter eine Reihe ent-
zückender italienischer Landschaften aus des
Meisters Frühzeit; wie die Terrazza Doria in
Genua, der Tempel des Jupiter Stator und eine
Reihe köstlicher intimer Skizzen, an figürlichem
die „kleine Elster“, ein liebreizendes Bildnis
eines kleinen Mädchens. Der Hohlweg von
Rousseau, 9 Millets, eine arabische Fischer-
frau von Decamps, eine Kindergruppe und
ein Waldinneres von Diaz, von Daumier,
eine Zeichnung, einen Maler vor seiner Staffelei
darstellend, einige Tierzeichnungen von Barge,
zwei Tassaert gliedern sich der schönen Serie
der Corots an.
360
Monatshefte für Kunstwissenschaft
COROT: Genzano, pres du Lac Nemi
□ No. 131 du Catalogue □
Äuch neuere Meister sind mit wichtigen
Stücken vertreten. Couture, Courbet (badende
Frauen, Copie der Hille-Bobbe) Puvis de Cha-
vannes (3 Werke), Gustave Moreau (2),
einer der köstlichen Fächer von Pissarro, Manet,
Degas, darunter ein sehr bemerkenswertes
Mädchenbildnis, und unter 3 Renoirs das be-
rühmte Wagnerporträt.
Eine Eigentümlichkeit der Sammlung Cheramy
wäre noch zu erwähnen: die Kopieen von
Meistern nach berühmten Werken: die Serie
beginnt mit Mona Lisa von Greco kopiert, es
folgen die Hille-Bobbe von Courbet, die Dante-
barke von Manet, eine freie Interpretation der
kleinen Reiter des Velazquez von Manet, und
endlidi eine dieser köstlichen Kopieen Fantin
Latours nach den Kreuzfahrern Delacroix’, in
der die im Original leider heute schon ver-
blassende Farbenpracht noch prächtig erstrahlt.
Einige dieser Werke sind vom Verkauf aus-
geschlossen, da sie persönliche Geschenke der
Künstler sind oder testamentarisch über sie
verfügt wurde, der Rest wird Anfang Mai in
alle Winde gehen, hoffentlich wird manches
der Stücke seinen Weg nach Deutschland
nehmen. R. A. M.
s
EIN DEUTSCHES FRITTENPORZEL-
LAN DES 18. JAHRHUNDERTS.
Es ist bekannt, daß fast alle Länder Euro-
pas, denen es im 18. Jahrhundert selbst nach
der Erfindung des Porzellans in Dresden durch
Böttger im Jahre 1709 nicht gelingen wollte,
hinter das Geheimnis desselben zu gelangen,
sich mit einem Surrogat zu helfen suchten, dem
sogenannten Weich- oder Frittenporzellan, so
genannt, weil es, äußerlich mehr oder weniger
dem echten Porzellan gleichend, dennoch eigent-
lich nur eine Art Glas war, das aber technisch
nicht wie dieses, sondern wie ein keramisches
Produkt behandelt, d. h. nicht geblasen, son-
dern töpfermäßig auf der Drehscheibe aufge-
dreht wird. Es erhielt eben darum auch keine
jener inneren Vorzüge des echten Porzellans
um derenwillen man dies in Europa immer so
geschätzt und seine Nacherfindung beständig
versucht hatte.
Ebenso bekannt ist es auch, daß ein derarti-
ges Frittenporzellan durch Generationen hindurch
das auschließliche Porzellanerzeugnis gewesen
ist, das Frankreih, Italien, Spanien fast bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts hergestellt haben,
indem sie es freilich vielfach zu einer hohen
Kunst zu erheben verstanden. Gänzlih unbe-
kannt ist es jedoch bis jetzt gewesen, daß auch
Deutschland, das Land der Erfindung des ehten
Porzellans, einmal ein solhes Frittenporzellan
hergestellt hat und zwar ein so seltsames, daß
ihm die ganze europäishe Porzellankunst nichts
Gleihes zur Seite zu stellen haben dürfte. Dies
ist, wie sih jetzt nachweisen läßt, in der um
1760 gegründeten Thüringer Fabrik geschehen,
die für gewöhnlih als Rudolstädter Porzellan-
fabrik bezeihnet wird, obwohl sie anfangs in
Sitzendorf, dann in Volkstedt ihren Sitz gehabt
hat, und der Beweis hierfür sind einige mit der
Marke dieser Fabrik, der Gabel bezeihnete
Porzellane, die, bisher völlig unbeachtet, im
Porzellanzimmer des Schlosses zu Arnstadt im
Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen sich be-
finden und, wie sich weiter unten zeigen wird,
als Frittenporzellan nicht zu verkennen sind.
Diese Rudolstädter Fabrik ward um 1760
begründet von einem gewissem Georg Heinrich
Macheleid, der, 1723 als Sohn eines Arzencilabo-
ranten geboren, anfangs sich der Theologie ge-
widmet hatte, dann aber seiner inneren Neigung
folgend, sich den Naturwissenschaften ergab und
hierbei mit ganz besonderem Eifer auf die Er-
findung des Porzellans ausging. Hierüber hatte
er schon auf der Universität Jena von dem da-
mals so berühmten Lehrer der Naturwissen-
schaft Hamberger ein Rezept vernommen, nach
welchem es aus Ton und Kieselerde bestehen
sollte. Nun mischte er allen Sand und alle
Tonarten, die er erlangen konnte, zusammen,
doch zunächst ganz vergeblich. Da soll ihm
eine Frau Streusand zum Verkaufe gebracht
haben, von dem er sich einen kleinen Vorrat
anschaffte, um auch mittels ihm die Porzellan-
herstellung zu versuchen. Und sie gelang. Aber
nun war die Frau fort, er wußte nicht, woher
sie gekommen, und als daher sein Vorrat er-
schöpft war, war er so weit wie vorher. Nun
durchsuchte er die ganze Umgebung und forschte
nach dieser Erde, bis er sie schließlich in einem
Der Kunstsammler
361
J Steinbrudi bei Königsee zu finden glaubte. Und
^ nun glückte ihm die Porzellanherstellung in der
X Tat von Neuem, so gut, daß er eine Eingabe
^ an den Fürsten Joh. Friedrich von Schwarzburg
machen konnte um ein Privileg zur Errichtung
einer Porzellanfabrik, die dann zur Gründung
der Rudolstädter Fabrik geführt hat.^)
Indessen, wenn diese Überlieferung wirklich
wahr ist, dann war diese Fabrik begründet, be-
vor Madieleid das wirklich echte Porzellan ge-
funden hatte. Denn nimmer kann dies ent-
stehen aus der Vermischung irgendeines Tones
mit Kieselerde, d. h. mit Sand oder Quarz, da
Porzellan bekanntlich ein Gemisch von einer
bestimmten feuerfesten Erde, genannt Kaolin
und Feldspat oder, wenn auch seltener, Kalk
ist. Äus jenen Bestandteilen konnte nur im
günstigsten Falle ein Frittenporzellan hervor-
gehen, mithin jenes minderwertige Surrogat,
das damals so oft als Ersatz für das edite Por-
zellan hat gelten müssen und doch bei der
keramisdien Unkenntnis der Zeit so oft für das
edite Porzellan gehalten worden ist.
Einem derartigen Resultate entsprechen aber
nun ganz die oben erwähnten Stücke. Es
sind dies vier kleine, henkellose Täßdien mit
Untertassen, die zunädist ganz wie chinesische
Porzellane aus der Zeit der sogenannten Familie
rose aussehen. Wie so häufig jene, zeigen auch
sie einen farbigen, mit geometrischem Grund-
muster versehenem Grund, der in zwei Äus-
sparungen die für diesen Stil typischen Blumen-
zweige mit in Rosa gehaltenen Päeonien vor-
führen. Nur ist der Grund hier immer gelb, in-
des bei den chinesischen Porzellanen mehr
rötliche oder blaue Töne vorwiegen. Im übrigen
aber ist die Nachahmung der chinesisdien Por-
zellane in Zeichnung wie Farbe gut gelungen,
J namentlich auch das dieser ganzen Gattung den
« Namen gebende Rosa. So stehen diese Stücke
J künstlerisch ziemlich hoch da. Technisch da-
^ gegen um so tiefer. In dieser Beziehung er-
scheinen sie so primitiv, wie nur irgend mög-
ilich, in der Masse sogar fremdartig und
alleinstehend, wie sicherlich kein anderes Por-
zellan Europas. Sie sind plump in den Wan-
dungen, nicht gleichmäßig rund aufgedreht, die
Glasur ist trocken und stellenweise wie mit
- schmutzigem Staub bestreut. So geben sie sich
, ganz als Versuchsstücke. Die Masse aber ist
gelblich, wie Elfenbein, dann aber zwar durch-
^ aus durdischeinend, wie echtes Porzellan, doch
' so weich, daß man sie schon mit dem Finger-
. nagel zerkratzen kann. So steht man hier in der
Sticda. Die Änfänge der Porzellanfabrikation auf
dem Thüringer Walde. Jena 1902. S. 30.
Büste eines sächsisch-thüring. Prinzen
in Rudolstädter Weichporzellan.
□ Königl. Porzellansammlung, Dresden. □
Tat vor einem Frittenporzellan und zwar einem
in der Masse so weichem, wie es Europa nicht
wieder hergestellt hat, ja, wie man es einzig
und allein in Persien wiederfindet, in welchem
Lande gleichfalls ein ganz ähnliches durch-
scheinendes, elfenbeinfarbenes und leicht zer-
bröckelbares Produkt spätestens im 18. Jahr-
hundert fabriziert worden und auch gelegentlich
damals nach Europa hinüber gebracht worden
ist. Doch dürfte diese Überstimmung hier nur
eine zufällige sein, da dieses persische Pro-
dukt damals zu selten war, um zu einer Nach-
ahmung irgendwie Änlaß geben zu können.
Interessant jedoch ist, daß sich noch ein Er-
zeugnis dieser Ärt erhalten hat, das sicherlich
gleichfalls aus der Rudolstädter Fabrik hervor-
gegangen ist. Es ist die hier abgebildete Büste
eines Prinzen auf einem Sockel an dem das
sächsische Wappen hängt, die sich in der Por-
zellansammlung zu Dresden befindet, für die sie
im Jahre 1879 als „Hubertusburger Fayence“
362
Monatshefte für Kunstwissenschaft
angekauft worden ist. Äudi hier ist das rein
künstlerische wieder merkwürdig weit fortge-
schritten, auch technisch steht sie höher als jene
Tassen. Äber die Masse ist ganz genau die-
selbe, wie bei jenen: sie ist wieder ganz gelb-
lich und durdisdheinend und ebensowenig kom-
pakt. Kein Mensch würde dies Stück zunächst
für „Porzellan“ halten und doch kann es wieder-
um nur, weil es durchscheinend aber nicht hart
ist, ein Frittenporzellan sein.
Äus allen diesen Stücken aber dürfte her-
vorgehen, daß, da diese künstlerisch schon ziem-
lich vorgeschritten sind, die Fabrik von
Rudolstadt doch beträchtliche Zeit ein Fritten-
porzellan produziert haben muß.
E. Zimmermann.
s
ITALIENISCHER KUNSTSCHMUGGEL.
Von Zeit zu Zeit geht durch die italienische
Presse ein Schrei der Entrüstung über heimlichen
Export von Kunstwerken ersten Ranges. Von
Seiten der Regierung wird alsdann versichert,
daß die Schuldigen wegen ihrer Verletzung des
gesetzlichen Ausfuhrverbotes zur Verantwor-
tung gezogen werden sollen, man hört aber
nie davon, daß dies in Wirklidikeit geschehen
ist. Jetzt handelt es sich wieder einmal um
einen solchen Fall: die Madonna der Luca
Signorelli, die sich im Palazzo Man-
cini in Cittä di Castello befand, ist in der
National-Gallerg in London aufgetaucht;
alle zuständigen Behörden wußten nichts von
ihrem Flug über die Alpen. Das Bild, das
seinerzeit in einem Keller in Montone entdeckt
wurde, ist signiert und 1515 datiert und dadurch
natürlich besonders wichtig.^)
Angesichts dieses chronischen Zustandes von
Gesetzesverletzung ist es nun sehr bemerkens-
wert, wie ein sachverständiger Beurteiler, J. W.
Palmarini, Sekretär der „Ufficio per l’esporta-
zione degli oggetti d’Arte“ zu Florenz, sich in
der letzten Nummer des „Marzocco“ über die
für Italien so wichtige Angelegenheit äußert.
Eine Zahl möchte da zuerst hervorgehoben
werden; ihm Jahre 1907 wurden alte künst-
lerische Erzeugnisse im Werte von sage und
schreibe nur 162740 Lire dem Ausfuhramt von
Florenz vorgelegt. Wer da weiß, daß Florenz
die Zentrale des italienischen’ Kunsthandels ist
und aus Verfolgung der Ankäufe der Galerien
und der Privaten sich ein ungefähres Bild da-
von gemacht hat, wie hoch in Wahrheit sich
') Wie sich nachträglich ergeben hat, ist das Bild doch
mit Erlaubnis des Ausfuhramtes und zwar desjenigen in
Rom exportiert worden.
die Werte der exportierten Gegenstände be-
laufen, dem ist klar, daß jene Summe vielleicht
den hundertsten Teil des effektiven Exportes
bedeutet, und daß das Gesetz in ungeheuer-
licher und öffentlicher Weise übertreten wird.
Daß dem aber so ist, daß das stumme Zusehen
der Behörden konstant geworden ist, das ist
nur die natürliche Folge der maßlosen Lasten,
die das Gesetz dem Verkäufer auferlegt und
der Ungerechtigkeit, die darin liegt, jemandem
die Veräußerung seines Besitzes überhaupt zu
verbieten, ohne daß der Staat bereit ist, auch
nur zu einem halbwegs der heutigen Lage des
Kunstmarktes entsprechendem Preise das vom
Ausfuhrverbot betroffene Werk zu erwerben.
Selbst aber wenn Ankäufe geschehen, so ziehen
sich die Verhandlungen endlos hin und bei
einem großen Preise würde die Kaufsumme auf
eine Reihe von Jahren verteilt. Dasjenige, was
meist die Besitzer von hervorragenden Kunst-
werken zu ihrer Veräußerung treibt, die Not-
wendigkeit schneller Geldbeschaffung findet bei
einem Verkauf an den Staat nicht seine Be-
friedigung. So ist denn der heimliche Export
der Kunstwerke die einzige Möglichkeit, die
den Verkäufern offen bleibt, und sie haben ihren
Kunstschmuggel in raffinierter Weise organisiert.
Und daß eben die Ufficii per l’esportazione
degli oggetti d’arte nicht imstande sind eine
wirksame, Überwachung auszuüben, das wird
aus den Ausführungen Palmarinis nur allzu
klar. Er unterscheidet drei Formen des Kunst-
schmuggels: den Detailschmuggel, den organi-
sierten Großschmuggel und den offiziellen
Schmuggel. Im Gepäck der Reisenden, in Auto-
mobilen, auf Privatj achten, mit Möbeltrans-
porten wandert in einzelnen Stücken eine Menge
der ausfuhrsteuerpflichtigen oder von der Aus-
fuhr ausgeschlossenen Kunstgüter aus dem Lande.
Der organisierte Kunstschmuggel wählt
den Weg des Meeres; mit Fischerboten werden
ganze Ladungen den passierenden Dampfern
zugeführt. Von geradezu komischem Charakter
ist aber der offizielle Kunstschmuggel,
der die großen Kunstwerke, „versehen mit allen
religiösen Tröstungen der Ausfuhrämter: Siege-
lung, Verschnürung, Erlaubnisschein usw.“ ins
Ausland bringt. Im Ausfuhramt erscheint eine
, Kiste, um mit der Erlaubnis der Ausfuhr aus-
gestattet zu werden. Irgend eine moderne
Marmorbüste ist darin. Sie wird im Amt zu-
genagelt, kreuzweise verschnürt, plombiert und
verabschiedet. Im Magazin des Spediteurs
wird nun ein Brett des Deckels nach dem an-
deren losgelöst, der alte Inhalt entfernt, und
durch wichtige Schmuggelwaren ersetzt. So
kann dann sehr gut eine Büste des Donatello
Der Kunstsammler
365
mit der Erlaubnis desÄmtes, welches über den
heimlidien Export wachen soll, ins Äusland
ziehen. Ein anderer Modus besteht darin nasse
Stricke zur amtlichen Verschnürung zu nehmen ;
wenn sie gut getrocknet sind, verlängern sie
sicli ansehnlidi, können von der alten Kiste ab-
gestreift und auf eine andere Kiste bedeuten-
deren Inhalts aufgestreift werden. Oder ein
Bild wird in eine dicke Holztafel mit einer Kopie
nach einem Trecentobilde eingelassen. Bei
kleinen Ämtern wird auch ein altes Stück als
Fälschung bezeichnet werden können und als
solches die Erlaubnis zum Export erhalten.
Älle solche Praktiken zu verhüten fehlt den
Behörden jede Möglichkeit. Will Italien seinen
Privatbesitz an Kunstwerken erhalten, so muß
es eben zu Käufen sdireiten. Seit einigen
Jahren sind bereits ansehnliche Änkäufe durch
den Staat geschehen. Das neue Gesetz über
diese Materie, das am 12. Februar d. J. von
der Deputiertenkammer angenommen ist und
demnächst vor den Senat kommt, schafft nun
einen bedeutenden Fonds, welcher auf
breiterer Basis eine positive Funktion des
Staates neben dem Verbot der Äusfuhr ge-
statten soll. *
S
DÄS ORIENTALISCHE MUSEUM DES
PRINZEN HEINRICH VON BOURBON.
Zu den hervorragendsten Privatsammlungen
des asiatischen Orients zählt das Museum des
verstorbenen Prinzen Heinrich von Bourbon,
Grafen von Bardi, in Venedig. Vor etwa zwan-
zig Jahren unternahm der Prinz seine Reise
nach dem Orient, in einem glücklichen Zeitpunkt
für den Einkauf japanischer und chinesischer
Antiken. In allen Ländern, welche der Prinz
berührte, machte er sich zur Aufgabe, in ziel-
bewußter Weise zu sammeln. In Japan stand
ihm zur Seite der vormalige Legationssekretär
Baron Heinrich von Siebold, so daß die be-
deutendsten Einkäufe in diesem Lande gemacht
wurden. Es sind etwa 30000 Gegenstände an-
tiker Kunstschätze, die nach Europa gebracht
und alsdann in 14 Sälen in dem vom Prinzen
bewohnten Palast Vendramin in Venedig auf-
gestellt wurden, wo sie sich noch befinden und
daselbst auch zur Liquidation gelangen werden.
Dr. Justus Brinckmann, Direktor, und Shinkichi-
Hara, wissenschaftlicher Assistent am Ham-
burgischen Museum für Kunst und Gewerbe,
haben alle bemerkenswerten Künstlernamen und
Datierungen festgestellt. Sehr reichhaltig ist
die Kollektion japanischer Lackarbeiten; davon
sei hervorgehoben: ein Schreibkasten mit außen
hochgewölktem Deckel in glänzend schwarzem
Grund Kamelien und Kieferzweige in Bleieinlage
und Goldlack; in der Art des Korin-Innen be-
tautes goldenes Gras, Tropfenzähler rechteckig,
schwarz. Erwähnt sei auch ein zweiter Schreib-
kasten. Außen: In der offenen Veranda ein
Fürst und eine Dichterin, denen zwei Hofdamen
die Neujahrskiefer bringen; im Garten Kiefern,
Bambus und blühende Mume mit Wolkenstreifen.
Drei Wappen: das Äwoi-Mou (JokugawaJ und
das Umebachi-Mou (Maeda oder Matsudaira).
Innen: Felsen am Ufer mit blühenden Bäumen
und Tempelbauten (17. Jahrhundert). Kleine
Kommode, rechteckig, mit zwei halbbreiten
Schiebfächern und oben einer Platte mit schrä-
gem Rande. Auf Nashiji-Grund in erhabenem
Goldlack mit Goldfolie rundgelegte Blütenzweige
und Howo-Vögel neben Go-san-no Kiri-Mon.
Silberne Griffe der Zugringe in Gestalt von
Nelkenblüten. — Lesepult, auf rechteckigem
Untersatz mit Schubfach erhebt sich aus weiß-
metallener Fassung der kantige Stamm, an
dessen oberen Ende das Pultbrett schräg be-
festigt ist. Auf Nashiji-Grund in Goldlackrelief
mit Goldmosaik Kakibäume neben alten und
jungen Kiefern in hügeligem, von einem Bach
durchflossenen Gelände. Bemerkenswert sind die
Medizindosen (Inros) in allen Lackarten, ein
schöner, komplett eingerichteter Tragbaldachin
und die unzählbaren Nippsachen. Auch fehlt es
nicht an Porzellanen, Bronzen, Zellenschmelz-
arbeiten, Elfenbeinschnitzereien usw. Von Ge-
weben seien nicht vergessen Kostüme der Nö-
Tänzer,, Hoftrachten, Priestermäntel, Hosen und
Obis mit prachtvollen Dessins. Die Waffen-
sammlung ist durchweg erstklassig, z. B. eine
Scheide mit Kirimon in glänzendem Goldlack
auf Nashiji-Grund. Diese Klinge ist bezeichnet:
Osafune Sukesada in der Provinz Bizen , datiert
Tensho 7 (1579). Dann ein Langschwert, Be-
schlag und Griff aus Shibuichi, mit Affen, Raub-
vogel und Stauden in Relief aus verschiedenen
Metallen, datiert Tembun 2 (1533); eine Scheide,
dessen Griff umwickelt mit schwarz gelacktem
Rotang ist, Beschlag aus Silber, Ortband, Fuchi-
kashira, Kazuka und Kogai mit Wellen in flachem
Relief — Klinge bez. Osafune-Meister, datiert
Bummei 19 — Choko 1 (1487). Von bezeichneten
Klingen seien noch erwähnt: Shizuein in Kioto,
datiert Shoo 4 (1291); Norimitsu in Osofune
Provinz Bizen, datiert Bunsho 2— Oyei 1 (1467)
usw. — Bemerkenswert sind zwei alte Tempel-
wächter aus geschnitztem Holz, über 1000 Jahre
alt, und eine Priesterfigur aus dem 15. Jahr-
hundert. Sämtliche Biyobus sind Originale alter,
berühmter Meister aus dem 16., 17. und 18.
24
364
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Jahrhundert, wie z. B. Korin, Seppo, Toyotomi,
Genki u. dgl. mehr. — Unter den Lackarbeiten
aus China sind besonders die Stücke aus rot-
geschnitztem Tiaotsi-Lack hervorzuheben. Von
China seien erwähnt: Porzellane, manche Blanc
de Chine und Sang de boeuf; seltene Opfer-
gefäße aus Lapislazuli, eins davon ganz alt mit
Inschrift; außerordentlich gut erhaltene antike
Tempelpanneau, davon eins aus rotem Ätlas
mit reicher Goldstickerei. Vieles weitere aus
Cochinchina, Borneo, Java, Birma. Siam ist
meist mit Silber- und Goldarbeiten vertreten,
darunter zwei Stück 70 cm hohe Räuchergefäße.
Eine zweite solche Sammlung wieder zusammen-
zubringen, dürfte ein Ding der Unmöglichkeit
sein. Es ist sehr zu bedauern, daß diese Kol-
lektion, ein Museum im wahren Sinne des
Wortes, nicht zusammenbleiben wird, wie es
wohl der Wunsch des verstorbenen Sammlers
gewesen sein wird. Br.
s
DER KUNSTMÄRKT
BERLIN ::: ■'
Ein Ereignis ersten Ranges war die Ver-
steigerung von radierten Werken MaxKlingers
und anderer moderner Graphiker bei Ämsler
und Ruthardt am 23. und 24. März. Es handelte
sich zum größten Teil um vorzügliche Probe-
drucke der Zyklen Klingers und einzelner Blätter
daraus, und die erzielten Preise legten von der
außergewöhnlichen Schätzung der Kunstblätter
deutlichstes Zeugnis ab. Das Handexemplar des
Künstlers von Opus VIII „Ein Leben“, erste
Ausgabe von der unverstählten Platte, stieg
bis auf 6700 M.; einzelne Blätter aus dieser
Folge wurden nicht im Verhältnis hoch bezahlt;
sie bewegten sich zwischen 200 M. (Bl. 9 u. 12.)
und 360 M. (Bl. 13) und 380 M. (Bl. 15). Das
ursprünglich für diese Folge radierte Blatt „Chri-
stus und die Samariterin“, das aber nicht in sie
aufgenommen wurde, errang 1070 M. Fast
ebenso hoch geschätzt (4500 M.) wurde Opus XIII,
„Vom Tode, Zweiter Teil“ (Exemplar Nr. 1 der
ersten nummerierten Ausgabe, die nur bis 100
geht); Einzelblätter wurden hoch bewertet:
„Und doch!“ 1050 M., „An die Schönheit“ 1750
M., „Mutter und Kind“ 910 M., „Versuchung“
750 M., „Der Herrscher“ 990 M., andere im Ver-
hältnis geringer. Den dritten Rang nahm Opus X,
„Eine Liebe“, mit 3100 M. ein. (Einzelblätter
gingen entsprechend in der Höhe von 250—300
M.); den vierten Opus XII, „Brahms-Phantasie“,
2660 M., Einzelblätter 230—615 M.; ein später
verworfenes und daher seltenes Blatt, „Unter-
welt“, 1200 M. Die übrigen Folgen: Opus I,
„Radierte Skizzen“ (von 1879) 2100 M.; Opus II,
„Rettungen Ovidischer Opfer“, 2050 M. (Einzel-
blätter 60 — 85 M., nur „Anrufung“ 210 M. und
Titelblatt 225 M.); Opus III, „Eva und die Zu-
kunft“, 900 M. (Einzelblätter relativ hoch, 170
und 180 M.); Opus IV, „Intermezzi“, 590 M.
(daraus „Bergsturz“ 200 M., „Psyche mit der
Büchse der Pandora“ — nicht in die Folge auf-
genommen und nur in zwei Exemplaren be-
kannt — 495 M.); Opus VI, „Ein Handschuh“,
1650 M.; Opus IX, „Dramen“, 1550 M.; Opus
XI, „Vom Tode, Erster Teil“, 2100 M.
Von den Einzelblättern Klingers erregte be-
greiflicherweise der Halbakt eines jungen Mäd-
chens mit sehnsüchtigem Aufblick das größte Inter-
esse (Kat.-Nr. 197). Dieses Blatt war bekanntlich
von dem Direktor des Leipziger Museums als
Unikum seinerzeit mit 4500 M. bezahlt worden.
Die maßlose Überschätzung sowohl Klingers als
des Seltenheitswertes von Kunstwerken, die sich
darin kundgab, wurde durch das Erscheinen des
zweiten Exemplars und durch den Preis, den
es nun erzielte (1020 M.) ad absurdum geführt.
Dieser Preis ist ja, obwohl noch immer hoch,
dennoch hinter den für drei einzelne Blätter auf
der Auktion erzielten Preisen zurückgeblieben.
— Eine wenig bekannte Radierung, Mephisto
in Fausts Studierzimmer, brachte 325 M.; ein
Künstler (Klinger selbst) vor seiner Staffelei
530 M.; ein Seidenspitz, auf Atlas gedruckt,
420 M. ; Aquatintablatt, Brustbild eines Spaniers,
405 M. ; selbst für (seltene) Exlibris von Klingers
Hand wurden noch 60—330 M. bezahlt. Hand-
zeichnungen in der Art seiner Radierungen
stiegen natürlich hoch: Orientalischer Herrscher
960 M., In der Sommerfrische 1900 M., Amor,
Tod und Jenseits 920 M., Amors Schandtaten
600 M.
Die anderen zum Verkauf gelangenden Blätter
waren viel weniger begehrt. Die feinen Ra-
dierungen Leibis gingen im Höchstmaß bis
305 M., M. Liebermann nur bis 60 M. (höhere
Preise erreichten Handzeichnungnungen, bis 180
M.), Menzel 69 M.; selbst Stauffer-Bern
errang nur 385 M. (A. v. Menzel) und 430 M.
(G. Freytag); der liegende weibliche Akt 310 M.
(gute frühe Abdrücke, z. T. mit Grat); ebenso
E. M. Geyger: Darwinismus 260 und 370 M.;
Otto Gr einer: Inferno, erster Abzug, 360 M.,
Entführung Ganymeds 260 M., Studie zum In-
ferno 470 M. Ausländer gingen verhältnismäßig
höher: Seymour Haden bis 700 M., Her-
komer (Dame in Weiß) 620 M., J. F. Millet
425 M. (Le depart pour le travail); A. Zorn
bis 270 M.; Whistler wurde hoch bezahlt, bis
1000 M. (Long Venice; Salute: Dawn. Venice
Der Kunstsammler
365
brachte 560 M., San Biagio 880 M., The little
mast 715 M. usf.). Das Gesamtresultat dieser
Auktion lehrt wiederum, daß der Marktpreis
der Graphik nidit nach Schönheit, sondern nach
Seltenheit und Mode sich richtet.
In Lepkes Auktionshaus gab es am 17. März
eine Versteigerung von alten Gemälden aus
dem Besitze von Prof. Wedewer (Wiesbaden).
Am interessantesten war eine ganze Reihe von
spanischen Bildern des 15. Jahrhunderts,
die italienische mit niederländischen Einflüssen
paarten. Solche wurden durchschnittlich mit
400-500 M. bezahlt, einige besonders gute mit
1155 M.; zwei Gemälde zusammen, je zwei
Heilige darstellend, mit 1500 M.; 610 M. (der hl.
Jacobus von Compostella auf dem Thron);
1900 M. (Altai blatt mit der hl. Jungfrau). Die
übrigen waren fast lauter Niederländer des 17.
Jahrhunderts: Landschaften mit Staffage von
K. Dujardin 605 M. und 635 M., Landschaft
mit Verstoßung der Hagar von Roelant Sa-
verg 460 M., eine leidenschaftliche Intcrieur-
szene „Die Abrechnung“ von G. v. d. Eedc-
hout 340 M.; eine genrehafte Abendmahlsszene
von J. de Wet 460 M., eine reiche Landschaft
von Patinier 600 M., eine zierliche Landschaft
von J. van Kessel 435 M., Flußlandschaft von
Jan van Goyens 365 M., eine vortreffliche
figurenreiche Kreuzschleppung in großer Land-
schaft von P. Brueghel d. J. 1200 M.; ein gutes
Kircheninnere von A. de Lorme 450 M., Land-
schaft von L. van Uden 505 M., Reiterschlacht
des Palamedesz 500 M., Landschaft mit Jagd-
gesellschaft von W een ix 500 M.; ein P. Pott er
480 M., Bewegte See von W. van de Velde
560 M., zwei Gegenstücke, Krieg und Frieden,
von Brueghel und H. van Baien 2300 M., ein
glänzendes Familienporträt von Jordaens
2820 M. (wohl die bedeutendste Erwerbung),
Kircheninneres mit zahlreichen Figuren, sehr
sorgfältig durchgeführt, von Neefs und Te-
niers 2460 M., Blumenstrauß von J. van Huy-
sum 400 M. Andere Länder waren nur mit
wenigen Werken vertreten: eine hübsche Fa-
milienszene von Chardin erzielte 800 M., zwei
Skizzen aus Tiepolos Atelier 470 M., der Ge-
kreuzigte von B. Bruyn errang 800 M., und ein
Cranachsches Schulbild, die Ehebrecherin vor
Christus, 555 M.
Altes Kunstgewerbe gelangte bei Lepke
zweimal unter den Hammer, am 10. März u. ff.
und am 31. März. Von der ersten Versteige-
rung war fast allein der erste Tag wichtig; vor
allem erreichten einige Gobelins ansehnliche
Preise: ein flandrischer vom Ende des 16. Jahr-
hunderts, figürlicher Art, 1170 M., ein glänzen-
der italienischer, 16. Jahrh., dekorativ-architek-
tonischer Art, 6500 M., ein Brüsseler in der ba-
rocken Manier des 17. Jahrh. (um 1640: Apelles
malt Cambasba) 8200 M. Möbel gingen ziem-
lich viel fort, aber nicht zu sehr hohen Preisen:
Salon-Garnitur (5 Stück), Louis XVI., 435 M.,
Danziger Schrank, 17. Jahrh., 470 M., ein deut-
scher Intarsienschrank, 17. Jahrh., 545 M., eine
französische Pendule, Louis XV., 535 M. usf.
Bronze: Reiterdenkmal Ludwig XIV. von Girar-
don 1140 M., Kauernder Windhund, französisch,
Ende 18. Jahrh., 800 M., Büste der Maria An-
toinette von Pajou, 595 M., Statuette eines
sitzenden Mädchens, 'französisch, Louis XVI.,
460 M., reiche Kamingarnitur von Thomir, 770 M.
Porzellan: große Prunkvase, russisch, 1843,
2750 M., Terrine, Paris 1819, 350 M., Altmeiße-
ner Dose 580 M., zwei chinesische Vasen 880 M.
— In der Versteigerung am 31. März über-
wogen Goldschmie dearbeiten undPorzellan:
Pokale und Humpen, Nürnberger Arbeit, gingen
um 450 M. resp. 400 M. ab, ein Traubenbecher
565 M., ein Augsburger Renaissancebecher 820
M., ein Nürnberger Deckelhumpen 660 M., Dan-
ziger Münzhumpen (v. 1708) 800 M. Porzellan-
figuren brachten 300 M. (Meißen: Eheglück),
505 M. (Meißen: Allegorie des Krieges), 600 M.
(zwei Frankenthaler Genregruppen), 560 M.
Meißen: pastorale Gruppe). Ein prächtiger hol-
ländischer Schrank noch aus dem 16. Jahrhundert
brachte nur 350 M. Zwei Guasch-Miniaturen
von dem Rheinlandschaftsmaler Schütz d. Ä. er-
zielten 405 M. S.
s
FRÄNKFURT a. M. =====
Eine für Medaillensammler wichtige Verstei-
gerung findet am 18. und 19. Mai durch die Firma
Adolf Heß Nachfolger, statt. Es handelt sich
um das Vermächtnis des verstorbenen Direktors
des Kgl. grünen Gewölbes Dr. Julius Erbstein
zu Dresden, der als Numismatiker in allen Fach-
kreisen wohlbegründeten Ruf genoß. Die von
ihm hinterlassene Sammlung, deren l.Teil nun-
mehr unter den Hammer kommt, hat sich in
einer 150jährigen Sammlertätigkeit von Genera-
tion zu Generation fortgeerbt. Vieles davon
ist bereits füher publiziert worden, sodaß in
der Hauptsache alle Garantien für den wissen-
schaftlichen und künstlerischen Wert der Samm-
lung gegeben sind. Wer die Geschichte dieser
Sammlung verfolgen will, findet dazu die besten
Hinweise in dem Vorwort des umfangreichen
und prächtig ausgestatteten Katalogs, den eben
jetzt A. Hess Nachf. herausgegeben hat. Er
verzeichnet insgesamt 1620 Nummern, die die
366
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbteilung der alten Kunstmedaillen umfassen
und gerade hier tritt charakteristisch die Vor-
liebe Erbsteins für seine engere sächsische
Heimat zutage. Den Katalog eröffnet eine
Rubrik italienischer Medaillen, darunter als Nr. 1
ein Selbstporträt Vittore Pisanos. Äls 2. Haupt-
teil folgen dann deutsche und niederländische
Medaillen, die fast eine vollständige Geschichte
der deutschen Kaiser und Könige, sowie die
Bilder aller hervorragenden Privatpersonen ver-
mitteln. Ein 3. Hauptteil vereinigt endlich Me-
daillen mit religiösen Darstellungen, hauptsäch-
lich von Joachimsthaler Künstlern. Endlich mögen
noch eine kleine Rubrik Medaillen-Modelle von
Tobias Wolff, sowie einige Modelle bekannter
Künstler genannt sein. Im einzelnen wird der
fachmännische Blick schnell dieses oder jenes
besonders wertvolle Stüch entdecken.
s
MÜNCHEN ^
Der wichtigste Verkauf des vergangenen
Monats war die „Ärlesienne“ van Goghs, die für
15000 M. aus dem Besitz der Münchener Kunst-
handlung Zimmermann in Berliner Privatbesitz
überging. Än wichtigen Auktionen fand im März
bei Helbing allein eine Versteigerung von Werken
altbayrischer Kunst aus Äginger Privatbesitz
statt, die ursprünglich für ein dort geplantes
Museum gesammelt waren. Dafür gab es im April
sogleich, ebenfalls bei Helbing, drei aufeinander
folgende bedeutende Auktionen. Für den Verkauf
der Sammlung F. Kalister aus Triest war
die gegenwärtige Zeit und ihre Wünsche und
Anforderungen in Kunstdingen nicht gerade die
günstigste. Der verstorbene Besitzer wird für
die Zusammenbringung seiner Galerie sicherlich
bedeutend mehr gezahlt haben als die Erben
erzielen konnten. Weitaus das interessanteste
Bild war Munkaesgs „vor der Schule“ (1871),
aus der schwarzen Periode des Künstlers, aus
welcher die „nächtlichen Vagabunden“ am be-
kanntesten sein dürften. Trotz des schadhaften
Zustandes steigerte die Nachfrage den Preis auf
9300 M., wofür es die Galerie Knorr in München
erwarb. Überhaupt hatte Herr Knorr Gelegen-
heit, seiner Sammlung wertvolle Stücke zu ge-
winnen wie Lenbachs „Rumänin“ (M.7100),und am
Nachmittag bei einer weiteren Versteigerung
bei Helbing, Eduard Schleichs Erntebild (M. 1000)
und einen feinen kleinen Spitzweg „Gebirgstal“
(M. 410). Als eifriger Käufer trat Herr Justizrat
Rütkens (Aachen) auf, welcher Leibis Studienkopf
eines jungen Mannes, auf grünem Grund gemalt,
aus frühester Zeit stammend, für 8120 M. an sich
brachte. Aus der Versteigerung Kalister sei noch
genannt: Benlliure, Weinprobe (M. 10200, Chem-
nitz, Privatbesitz), Favretto „Tauben von V enedig “
(M. 2800), Gaißer „Beim Goldschmiede“ (M. 4150),
desselben „Kriegsnachrichten“ (M. 2560), ten
Kate „Werbung“ (M. 2000), F. A. Kaulbach „Zwei
Schwestern“ (M. 7400) Kowalski „Postschlitten“
(M. 3000), Verboekhoven „Schafstall“ (M. 2500).
— Die Perle der Versteigerung des Nachmittags,
Spitzwegs „Alchimist“ erstand für M. 3000 Artaria
in Wien. Weiterhin erreichten : Klombeck, „Laub-
wald“ (1844) M. 330, Lier, „Berglandschaft“
M. 4900, Schleich „Strandbild“ M. 6400(!!), kleine
Arbeiten Spitzwegs bis zu M. 970, eine Wieder-
holung des bekannten Gutsherrn M. 1500, Zum-
busch „Märchen“ M. 2100.
Aus der Versteigerung einer süddeutschen
Sammlung von Handzeichnungen und Aquarellen
hervorragendster Meister des 19. Jahrhunderts
am 8. April sind hervorzuheben: Feuerbach,
„Mädchen und Jüngling in Landschaft“ (M. 690),
Pilotys „Thusnelda im Triumphzug des Ger-
manicus (M. 800) und Seni vor „Wallensteins
Leiche“ (M.400), Schwinds „Rheintöchter“ (M. 600)
nnd „Elfenreigen“ (M. 1360), endlich vorzügliche
Ansichten aus Alt-München. Am 9. April kamen
163 Handzeichnungen aus dem Nachlaß
Karl Spitz weg s unter den Hammer, die wieder-
um dartaten, wie der Maler Spitzweg dem
Zeichner überlegen war, wenn auch manche
Blätter, mit köstlichen persönlichen Bemerkungen
versehen, für den prachtvollen Humor des Men-
schen und des Künstlers gleichzeitig beredtes
Zeugnis gaben. Einen großen Teil erwarb zu
verhältnismäßig hohen Preisen das Münchner
Kunstantiquariat von Halle, aber auch der
Kgl. graphischen Sammlung gelang es, über ein
Dutzend charakteristische Exemplare, darunter
gute Landschaftsskizzen, anzukaufen. Höhere
Preise erzielten auch die seltenen aquarellierten
Zeichnungen (durchschnittlich (M. 150), während
Studien aus Spitzwegs frühester Zeit (1833—1837)
wenig angefragt wurden. — u—
g
STUTTGART ^
In derzeit vom 18.— 23. Mai kommen durch
die Kunsthandlung von H. G. Qutekunst zwei
Kupferstich -Sammlungen von hervorragender
Bedeutung zur Versteigerung. Die eine dieser
Sammlungen aus dem Besitze des bekannten
amerikanischen Sammlers Marsden J. Perry
in Providence, R. J., enthält die Werke von
Dürer und Rembrandt in seltener Schönheit
Der Kunstsammler
367
und Vollständigkeit. Die zweite Sammlung,
aus dem Besitze des Herrn Fritz Rumpf in
Potsdam, umfaßt vorwiegend Porträts aus dem
17. Jahrhundert, und zwar die besten Ärbeiten
der bedeutenden Porträtstecher wie Drevet,
Edelinck, Masson, Nanteuil, Schmidt,
Van Schuppen, Visscher, Wille u. a. in
Exemplaren, wie sie im Handel nur äußerst
selten Vorkommen. Sehr schön sind auch die
Sittenschilderer der Rokokozeit, Fragonard,
Freudeberg, Gre uze, Laueret, Lavreince,
Watteau vertreten. Dazu kommt noch eine
Änzahl früher Blätter der altdeutschen und alt-
italienischen Schule (Meister E. S. von 1466,
Meister des Ämsterdamer Kabinets u. a.),
die teils nur in wenigen Exemplaren bekannt,
teils Unika sind, ferner bedeutende Blätter von
Israel van Meckenem, Schongauer, Wen-
zel von Olmütz usw., und in der zweiten
Abteilung eine kleine Sammlung von histo-
rischen Darstellungen, Trachtenbildern
und alten Städteansichten, besonders aus
der Schweiz. — Der Katalog der Auktion, die
wohl eine der bedeutendsten sein wird, die
seit einer Reihe von Jahren in Deutschland
stattgefunden haben, umfaßt insgesamt 1914
Nummern und, ist sowohl in einfacher Gestalt
(Preis 50 Pf.) wie in einer reich mit Licht-
drucktafeln ausgestatteten Ausgabe (M. 3. — )
erschienen.
s
WIEN
Die Versteigerung niederländischer Bilder
aus der Sammlung Adolf Edler von Maien-
zeller f bei Pisko in Wien am 11. März er-
zielte durchwegs mäßige Preise. Ein David
Teniers d. Ä. brachte 440 K.; Teniers d. J.
600 K.; Cornelis Bega: Interieur mit zwei Frauen
MO K.; Bauernfamilie 1120 K.; Dusart: Zech-
gesellschaft 780 K.; eine Grablegung Christi von
Bernaert Fabritius erreichte (wohl wegen der
Rembrandtischen Elemente darin) 1160 K.; eine
Verkündigung Mariä von Du Jardin, 1000 K.;
auch Goyen ging relativ gut mit 1000 und
1440 K. (Schloß an einem Fluß). Allegorie von
Abr. Janssensim Geschmack von Rubens 720 K. ;
R. Saverys Tierstück nur 350 K.; Corn. de
Vos, Familienporträt, 840 K. Ein minutiöses
Schmetterlingsstück der Rachel Ruijsch errang
bezeichnenderweise einen der höchsten Preise,
1500 K.; den höchsten eine Flußlandschaft des
Ruysdaelschülers C. Gerritsz Decker, 2400 K.
(eine zweite Landschaft von ihm 500 K.); den
zweithöchsten eine Marine von Ludolf Back-
huyzen, 1760 K.; eine andere Marine von
Backhuyzen 1080 K. Dann G. Metsu, Mulattin
im Fenster, 16^0 K.; J. M. Molenaer, Kuppel-
szene, 800 K.; D. de Heem, Stilleben, 800 K.;
S. Köninck, Satyr bei den Bauern, 760 K. Der
einzige Italiener, eine Flußlandschaft von Guardi,
erzielte 800 K.
s
AMSTERDAM — ^
Versteigerung Hoogendijk u. A. bei Fred.
Müller & Co. am 28. und 29. April. Der soeben
in der gewohnten vornehmen Ausstattung er-
schienene Katalog verzeichnet 371 Gemälde, die
zum großen Teil aus der bekannten Haager
Sammlung Hoogendijk stammen. Die Liebhaber
holländischer Landschaftsbilder werden auf
dieser Auktion ihre besondere Freude an der
Kollektion van Goyens haben, deren nicht
weniger als neun Stück unter den Hammer
kommen. Darunter ist Nr. 41, „heftige Brise
auf der Zuidersee“, mit prächtigem Wolken-
himmel, auch dem Format nach ein impor-
tantes Gemälde. Es trägt das Monogramm
van Goyens und die Jahreszahl 1655, wurde
mithin ein Jahr, vor des Künstlers Tode ge-
malt. Nr. 42 stellt eine „Ansicht von Leiden“
dar, Nr. 43 eine „Marine“ bei stiller See,
Nr. 44 eine Windmühle inmitten einer flachen
Landschaft. „Die Wälle von Delft“ (Nr. 45) er-
innern in der geistreichen Technik wie im Aufbau
auffallend an Jacob Maris. Diese Bilder rühren
alle aus der späten Periode des Meisters her;
seinen früheren Stil repräsentiert Nr. 198, „die
Hütte“, die 1631 datiert ist. Nicht weniger gut
scheinen — hach den Abbildungen zu urteilen —
die Gemälde von Salomon van Ruysdael
(Nrn. 113, 114 und 301) zu sein, ebenso die
beiden Marinen von S. de Vlieger (Nr. 138
und Nr. 140). Unter den Bildern mit figürlichen
Darstellungen verdienen in erster Linie die
beiden in ganzer Figur gegebenen jungen
Trinker von Judith Leyster (Nr. 70) hervor-
gehoben zu werden. Im Oeuvre dieser talent-
vollen Schülerin des Frans Hals dürfte es ein
wichtiges Stück sein: Einmal wegen der lustig-
graziösen Haltung, insbesondere des rechts
stehenden jungen Mannes, aus der man
eine spezifisch weibliche Note herauszufühlen
versucht ist. Dann aber auch wegen der
Art der Beleuchtung durch eine kleine, auf
einem runden Tischdien stehende Kerze, deren
Licht die Gesichter der Beiden von unten
trifft. Die Annahme, daß Judith Leyster von
Einflüssen der Utrechter Schule nicht freige-
blieben ist, gewinnt durch dies Gemälde noch
an Wahrscheinlichkeit. Brekelenkam, Dusart
368
Monatshefte für Kunstwissenschaft
und Th. de Keyser sind mit guten, diarak-
teristisdien Werken vertreten. Von den Still-
lebenmalern werden u. a. zwei sehr schöne
Stücke von Ä. v. Begeren (Fische) und J. v.
Streeck (Früchte und Porzellan) abgebildet.
Äuch von dem interessanten Jacobus Vrel,
dessen eigentümlich spießbürgerlich anmutende
Straßenansiditen heute freilich nicht mehr mit
Vermeer’schen Ärbeiten verwechselt werden, ist
ein Bild zu nennen. Hus der Fülle des sonst
Gebotenen seien nur noch einige Namen heraus-
gegriffen: Ävercamp, J. Bäcker, L. Back-
hugsen, N. Berchem, F. Bol, P. Codde,
Ä. Cugp, J. G. Cugp, Härmen Hals, de
Heem, C. Ketel, Ä. v. d. Neer, Ä. u. I. v.
Ostade, Ä. Palamedes, W. de Poorter,
J. V. Scorel, Siberechts, J. Steen, E. v. d.
Velde.
Die bedeutenderen alten Gemälde der am
13.— 15. Äpril bei C. F. Roos & Co. gleichzeitig
mit Äntiquitäten, Gold- und Silbersachen, Por-
zellan, Fayencen, Möbeln usw. versteigerten
Sammlungen G. Birkmans, Debug, J. Meiers,
G. H. Matthijssen und C. Dutry van Haeften
werde ich das nächste Mal gleichzeitig mit den
dafür bezahlten Preisen erwähnen. K. F.
s
PARIS
Im Monat März war das Hotel Drouot sehr
belebt. Den Höhepunkt bildete die Vente Jules
Cronier, die eine Reihe wertvollster Stücke der
Schule von Barbizon auf den Markt brachte. Die
Experten Ärnold & Tripp sahen ihre Taxwerte ver-
schiedentlich überschritten. Von großem Interesse
war die Versteigerung vom 23. März, in
der ein schönes Frauenporträt von Grenze mit
20000 fs. wegging. Der kommende Monat wird
voraussichtlich ziemlich still werden, doch wird
Anfang Mai das Hotel des ventes in der vente
Cheramy die Amateure von Europa und Ame-
rika in seinen Räumen vereinen.
Moderne Bilder. 29. Februar (Lair-Du-
breuil & Georges Petit: E. Boudin, Barken am
Strande (^0:55) 800 fs. — Bouguereau, Toi-
lette der Venus (130:95) 13000 fs. — Corot,
la Ferte-sous-Jouarre (22 : 35) 5000 fs. — Corot,
Der Abend (26:40) 10100 fs. — Corot, Land-
schaft a. d. Cöte d’or (22:35) 8800 fs. — E-
Detaille, Die eroberte Fahne (80:57) 7200 fs-
— Fantin-Latour, Erdbeeren (24:19) 500 fs.
— Gaston Latouche, Der Abschied (80:76)
17v30 fs. — Lepine, Seine bei Bercy (49:64)
1200 fs. — Monticelli, Antikes Fest (21:47)
800 fs. — Thaulow, Die Statue d. Colleoni
(65:55) 1700fs. — Thaulow, Die Ebbe (38 : 46)
400 fs. — Vollon, Stilleben (64:86) 1250 fs. —
Gesamtertrag 62 Werke 74116 fs.
Vente Jules Cronier. 11. u. 12.März (bei
G. Petit durch Lair-Dubreuil & Baudouin). 14.
Boudin, Seehafen (37:46) 2280 fs. (Tooth). —
15. Chaplin, Plafondstudie (23:37) 1300 fs.
(Chappuy). — 16. Chintreuil, Park (49:36)
300 fs. (Basilew). — 18. Corot, Fischer (33:47)
39100 fs. (Arnold & Tripp). — 19. Corot, Bauern-
hof bei Etretat (50:62) 32 000 fs. (Arnold &
Tripp). — 20. Corot, Wiese am Weiher (25:42)
17900 fs. (Arnold & Tripp). — 21. Corot,
Schiffer am Ufer, Abend (25:40) 17000 fs.
(Boussod & Valadon). — 22. Corot, Brücke von
Mantes (37 : 46) 13600 fs. (Arnold & Tripp). —
23. Daubigny, Abend in Bas-Meudon (39:67)
10100 fs. (Mme. Larry). — 24. Daubigny,
Sonnenaufgang (17 : 33) 2950 fs. (Duperre). —
25. Daubigny, Waldweg (19 : 40) 5000 fs. (Bous-
sod & Valadon). — 26. Daubigny, Weiher an
der Hütte (24:33) 4700 fs. (Obach). — 27. Dau-
mier, Kirchensänger am Pult (17 : 22) 4400 fs.
(Goseland). — 28. Decamps, Teich im Tal
(16:24) 3600 fs. (Arnold & Tripp). — 29. Diaz,
Waldinneres (30:41) 10000 fs. (Arnold & Tripp).
— 30. Diaz, Orientalische Frauen im Walde
(32:24) 8000 fs. (Duperre). — 31. Dupre, Der
Weiher (17:23) 11500fs. (Hermann Schauß). —
32. Dupre, Die alte Brücke (34:42) 34000 fs.
(Boussod & Valadon). — 33. Fantin-Latour,
Badende Frau im Mondschein (36 : 26) 4000 fs.
(Halphen). — 34. Harpignies, Herisson, Fluß-
landschaft (30:45) 6100 fs. (Arnold & Tripp). —
35. Harpignies, la Bourboule (32:24) 2300 fs.
(Olivier). — 36. Harpignies, Grüner Weg in
St. Prive (35:27) 2850 fs. (Garin). — 37. Har-
pignies, Herisson (27:17) 2000 fs. — (Arnold
& Tripp). — 38. Harpignies, Brücke in Herisson
(27:22) 3700 fs. (Schoeller). — 39. Harpignies,
Mondaufgang (34:24) 3500 fs. — 42. Har-
pignies, Bach im Walde (26:47) 3100 fs.
(Tooth). — 43. Harpignies, St. Prive (24:36)
2950 fs. (Chappuy). — 44. Harpignies, An-
tibes , Insel Ste. Marguerite (46 : 60) 4900 f s.
(Arnold & Tripp). — 45. Harpignies, Loire
bei Briare (81:65) 20 000 fs. (Schauß). — 46.
Harpignies, Erle bei Herisson (81:65) 20000 fs.
(Obach). — 47. Harpignies, Waldrand Loire
(100:373) 18 000 fs. (Bernheim jeune). — 48.
Harpignies, Teich an der Loire (31:44) 3600 fs.
(Boussod &' Valadon). — 49. Harpignies,
Allier (66 : 81) 20 000 fs. (Revillon). — 50. Har-
pignies, Schloßruinen, Herisson (41 : 65) 5800 fs.
(Arnold & Tripp). — 51. Henner, MädAenkopf
(28:20) 3600 fs. (Duchesse). — 52. Isabey,
Ankunft der Eingeladenen (46:33) 11 100 fs.
(Boussod & Valadon). — 53. Isabey , Das Wrack
Dßr Kunstsammler
369
(43—63) 3400 fs. (Ärnold & Tripp). — 54. 1 s a b e g ,
Gebet zur Madonna (75:50) 10200 fs. (Marino
Vagliano). — 55. Charles jacque, Hahn und
Henne (10 : 17) 1900 fs. (Gutmann). — 57. Charles
Jacque, Schafe auf der Weide (29 : 46) 10 200 fs.
(Le Roy). — 58. Charles Jacque, Hennen
u. Hahn (13:21) 3150 fs. (Le Roy). — 59. Char-
les Jacque, Die Schafhirtin (81:64) 30000 fs.
(Ärnold & Tripp.) — 60. Jongkind, Holländische
Windmühlen (42 : 56) 5800 fs. (Dressoir). —
61. Jongkind, Der alte Bauernhof (34:57)
6050 fs. (Michel Pelletier). — 62. Jongkind,
Windmühle in Holland (33:56) 4800 (Boussod
& Valadon). — 63. Jongkind, Brücke v. Bercy
(33:46) 6400 fs. (Sarlin) — 64. Jongkind,
Kanal, Mondschein (34:43) 5200 fs. (Schauß).
65. Jongkind, Schlittschuhläufer (25:33) 2560 fs.
(Schoeller). — 66. Jongkind, Fischerboote,
Scheveningen (24:33) 25^0 fs. (Ärnold & Tripp).
— 67. Jongkind, Honfleur, Flut (30:41)
3000 fs. (Ärnold & Tripp). — 68. Jongkind,
Mondaufgang, Holländ. Kanal (27 : 42) 2820 fs.
(Felix Gerard). — 69. Jongkind, Fluß bei Rotter-
dam, Mondschein (42 : 56) 5000 fs. (Saint). —
70. Sh ermitte, D. junge Mutter (57:44) 15000 fs.
(Boussod & Valadon). — 72. Ribot, Küchenjüngen
(40:31) 2100fs.(Seligmann). — 73. Ribot, Frauen-
kopf, Studie (24:19) 300 fs. — 74. Tassaert,
Die Verlassene (38:46) 1360 fs. (Hessel). — 75.
V o 1 1 o n , Schneestimmung (56 : 47) 1500 fs.
(Chappuy). — 76. Ziem, Hafen v. Marseille
(53:80) 16800 fs. (Ärnold & Tripp). — 77.Ziem,
Riva degli Schiavoni (44 : 38) 13500 fs. (Saint).
— 78. Ziem, Gran Canale (19:33) 2500 fs. —
79. Ziem, Vignola Venedig (64:105) 10700 fs.
(Gutmann). — 80. Ziem, Nizza (54:85) 1680 fs.
(Fromentin). — 81. Ziem, Venedig Bragosi
Forcolente (54:86) 10 000 fs. (Bernheim jeune).
82. Ziem, Constantinopel (42 : 57) 4000 fs.
(Ärnold & Tripp). — 83. Ziem, Haghia Sophia
(37:62) 5600 fs. (Ällard). — 84. Ziem, Sonnen-
aufgang Venedig, palazzo Ducale (51 : 83) 8020 fs.
(Felix Gerard). — Zeichnungen, Aquarelle usw.:
108. Harpignies, Loire bei Briare (34:25)
1650 fs. (G. Petit). — 114. Harpignies, La
Tremellerie (36 : 52) 3200 fs. (Obach). — 120.
Lhermitte, Spinnerin (54:65) 5300 fs. (Boussod
& Valadon). — 122. Ziem, Dogana, Venedig
(20:32) 6800 fs. (Ärnold & Tripp). — 119.Lami,
Gardeartillerist 700 fs. (Rouquette). — 121. Lher-
mitte, Gänsehirtin (47:70) 6500 fs. (Seligmann).
123. Ziem, Bosporus (17:29) 6400 fs. (Ärnold
& Tripp). — Älte Bilder: 87. Fyt, Katze,
Wild, Vögel usw. (40:58) 4100 fs. (Sedelmeyer).
— 88. van Goyen, Winter, Holland (14:27)
1200 fs. (Kleinberger). — 89. Schule v. Frans
Hals, Die Trinker (23:18) 7600 fs. (Kleinberger).
— 90. Mi er is, Parisurteil (55:72) 2800 fs. (Grad).
— 91. Moro, Frauenporträt (53:41) 1680 fs.
(Foinard). — 92. Netscher, Junge Frau mit
Papagei (33:27) 5500 fs. (Sedelmeyer). — 93.
O stade. Ländliches Interieur (30:39) 4000 fs.
(Kleinberger). — 95. Slingeland, Frau und
Kind (31:24) 3100 fs. (Kleinberger). — 96.Teniers,
Hütte am Flußufer (22:17) 6900 fs. Boussod &
Valadon). — 97. Teni er s, Dudelsackbläser (35: 49)
4000 fs. (Kleinberger). — 98. Zorg, Küchen-
interieur (47:38) 2700 fs. (Kleinberger). — Ge-
samtertrag 664 950 fs.
Vente 13. u. 14. März: (Lair-Dubreuil, Paulme,
Lasquin). Älte Bilder: J. Äved, Weibl. Bild-
nis (98 : 78) 4000 fs. (Grad). — J. B. Charpentier ,
Die Toilette (31:25) 1030 fs. (Mme. Ducqbut). —
J. B. Huet, Junge Hirtin (108:132) 1130 fs.
(Guerin). — R. Tourniers, Porträt des Grafen
d’Ärgenson (38:30) 1500 fs. (Chaubet). Zeich-
nungen u. Guaschen: M. Clodion, Bacchan-
tenkinder (rund. 31 cm) 2300 fs. (Soubiran). —
J. Ch. Delafosse, 2 Pendants: Peristyl und
Tanzsalon (je 31:40) 4600 fs. (Decloux). —
Fragonard, Die Spaziergängerin, guaschierte
Zeichnung (35:21) 1590 fs. (Lasquin). — Louis
Moreau, 2 Pendants: Flußübergang und länd-
liche Brücke (je 26:32) 3800fs. (Gradt).— Hubert-
Robert, Der Imbiß (37:28) 700 fs. — Saint
Äubin, Porträt von Mme. St. Äubin (18:15)
1100 fs. (Gradt). — Gesamtertrag 95083 fs.
16./17.März: ÄtelierW atelin (LairDubreuil,
Chaine &Simonson). Gesamtertrag 32536 fs.
200 Nummern,
9.— 11. März: Sammlung Bouillon in
Lyon. Kunstgewerbe XVIII. Jhrdt. Gesamt-
ertrag 108 500 fs.
23. März: Älte und moderne Bilder
(Baudonin, Feral) 70 Nummern. Gesamtertrag
169745 fs. Moderne: Corot, Diana u. Äktäon
(160:115) 30000 fs. — Diaz, Badende (24:32)
12000 fs. — Älte Bilder: Mlle. Gerard, Der
Tadel (60:50) 6850 fs. — P. Breughel, Bäuerin
mit Steinkrug (30:24) 1500 fs. — Casanova,
Reiter (76:58) 1500 fs. — J. B. Grenze, Ängebl.
Bildnis einer Ehrendame Marie Äntoinettens
(60:50) 20000 fs. — Lagrenee, Die Malerei
(58:48) 7000 fs. — Lagrenee, Die Skulptur
(Pendant) 3350 fs. — H. Rigaud, Porträt d.
Lefebure d’Ormesson (145:1 13) 3900fs. — Hubert
Robert, Die Überschwemmung (50:40) 7000 fs.
— Martin Shee, Junge Frau (88:64) 3800 fs. —
J. B. Tiepolo, Die Musikantin (98:79) 9800 fs.
— Tiepolo, Christi Stäupung und Geisselung,
Pendants (je 101:68) 4000 fs. — Ve stier. Männ-
liches Porträt (63:52) 3250 fs. — C. de Vos,
Junge Frau, Porträt (122:93) 8100 fs. — C. de
Vos, Männliches Porträt (Pendant z. vorigen)
370
Monatshefte für Kunstwissenschaft
3000 fs. — J. Wabbe, Porträts des Ehepaares
Jacobs de Jonck (Pendants) 4200 u. 3500 fs. —
Spanische Schule, XVII. Frauenporträt (114:85)
4400 fs,
24./25. März: Ätelier Hermann Leon
(Chaine et Simonson, Mannheim) Gesamt-
ertrag 55000 fs.
30. März: Sammlung Th (Lair Dubreuil,
Mannheim, Feral) farbige Stiche: nach Boilly
V. Cazenave: Optik, d. gekrönte Liebe 2 Blatt
1000 fs. — Debucourt, Der öffentliche Spazier-
gang: 1000 fs. — Zeichnungen: Isabeg,
Porträt des Schauspielers Chenard (57:41) 4000 fs.
— J. B. Tiepolo, Opferszenen (2 Pendants)
(49:35) 1490 u. 1100 fs. — Fayencen: Tafel-
aufsatz, Fayence, Marseille 1650 fs. —
28. März: Moderne Bilder (Lair Du-
breuil, G. Petit) Boudin, Schifferbarken in
Trouville (41:55) 1100 fs. — Isabey, Schiff-
bruch an der Küste (42:59) 1005 fs. R. Ä. M.
9
LONDON =
Wie sehr auch immer noch von der Geld-
knappheit gesprochen und geschrieben wird,
und obwohl dieselbe in der Tat auch noch
sichtbaren Einfluß auf die Äuktionspreise des
vergangenen Monats geübt hat — wenigstens
in manchen Fällen, — so war die Tätigkeit auf
dem Kunstmarkt doch eine sehr eifrige und
spielte sich teilweise nicht bloß unter den Äugen
der Händler und Kenner, sondern des weiteren
kunstliebenden Publikums ab. Und das war
kein Wunder; denn die wichtigsten, im eng-
lischen Kunstauktionskalender rot anzumerken-
den Tage waren solche eines Familienfestes so-
zusagen, in denen dem britischen Publikum
wieder einmal der Wert seiner eigenen Meister
in Pfunden resp. Guineen und Schillingen vor-
demostriert wurde, was hierzulande immer zieht
und der Tagespresse Gelegenheit zu spalten-
langen oft geradezu dramatisch zugespitzten
Besprechungen gibt. — Äber nicht nur auf dem
Gebiete des Bilderverkaufes ging es lebhaft
her; es gab auch „große Tage“ für die Lieb-
haber von Büchern, Gobelins,. Kunstmöbeln,
Schmuckgegenständen, Äntiquitäten und Por-
zellan. Von Bücherverkäufen seien hier nur er-
wähnt der der Bibliothek des verstorbenen
Mr. Ismay, dessen schöne Sammlungen nun in
alle Winde gehen: Dante: Divina Commedia,
Ausgabe von 1477 : ^ 53; Porträte berühmter
Personen am Hofe Heinrich VIII. von Holbein,
^ 42, und ein Band mit 146 Originalzeichnungen
von David Cox, Constable, Crome, Turner, Mor-
and usw. £ 136. Am 21. und 22. März kam
dann die schon mit dem größten Interesse er-
wartete Bibliothek des verstorbenen Bischofs
Dr. Gott unter den Hammer. Als Dr. Gotts
Reproduktionen nach Lawrence 1905 zum Ver-
kauf kamen, brachten sie 2640 Pfund. Seine
köstliche Büchersammlung aber mußte für die
oben erwähnte noch anhaltende Geldknappheit
büßen. Erst hatte man überhaupt versucht, zu
stipulierten Preisen die einzelnen Schätze an
Kenner abzusetzen, dieser Versuch aber miß-
lang und stand sogar dem öffentlichen Verkauf,
den Messrs. Sotheby leiteten, stark im Wege.
Neben einer vollständigen, trefflich erhaltenen
Ausgabe der ersten vier Shakespeare -Folios,
die nur als Ganzes angeboten und nach einem
Angebot von 3800 £ (7000 £ hatte man ver-
langt) zurückgezogen wurden, bestand das
Hauptstück der Sammlung in einer niederlän-
dischen „Biblia Pauperum“, vor dem Jahre 1450
gedruckt mit 37 Holzschnitten von der Hand
des Jan van Eyck Schülers Roger von Brügge;
für dieses verhältnismäßig gut erhaltene Buch
hatte man privatim 4000 ^ verlangt; es brachte
aber nur 1290 £ (Mr. Quaritch). Derselbe Händ-
ler erstand um noch 10 Pfund mehr einen tadel-
losen, echten Kaxton vom Jahre 1483 „Golden
Legend“. — Von Gobelinverkäufen brachten
drei selten schöne Brüsseler Stücke mit Szenen
aus dem Leben Scipios ^1120; und drei andere
Brüsseler Teppiche (Nymphen und Satyrn) 460 gs.
— Kunstmöbel usw. zum Teil von ausgezeich-
neter Qualität wurden wiederholt während des
Monats versteigert; sehr hohe Preise erzielten
bei Christie einige Stücke des verstorbenen
Claude Ponsonby , dessen Gemäldesammlung
ebenfalls zur Versteigerung gelangte, so ein
Walnuß- und Mahagonitisch 720 gs (L. Harris )
ein Paar Kandelaber Louis XVI.: 600 gs (Par-
tridge). Kenner des Kunstmarktes sind der
Meinung, daß noch vor einem Monat, als die
Geldverhältnisse noch ungünstiger waren, kaum
die Hälfte für Stücke dieser Art bezahlt worden
wäre. Von dieser verhältnismäßigen Aufhellung
des finanziellen Horizontes profitierte auch das
angebotene Perlenhalsband „einer Edeldame“ —
man gibt in solchen Fällen nicht gern seinen
Namen preis — , das nicht weniger als 10600 £
eintrug (Messrs. Lindenbaum & Weil, die im
vofigenjahr gar 16700^ für ein ähnliches Stück
gezahlt hatten). Das diesmalige Stück, das in
bezug auf den Preis den Rekord des ver-
flossenen Monats in den Auktionsräumen Lon-
dons davontrug, besteht aus 4 Reihen von 232
Perlen. — Aus der Ponsonbysammlung kamen
noch als Seltenheiten im Auktionssaal zwei
antike Stücke von hohem Interesse auf den
Markt, beides griechische Bronzen aus früher
Der Kunstsammler
371
Zeit; ein großer Schild aus dem 7. Jahrhundert
V. Ch. (220 gs., Yardley) und ein prächtiger hoher
Krater mit Handgriffen, die in Gorgonen mit in
Schlangen endenden Beinen ausgehen; das
ganze Stück im strengen Stil der ersten Hälfte
des 5. Jahrhunderts und jedes Museums würdig
(651 £; Partridge). Dieser Krater war s. Z. in
Rua in Campanien gefunden worden und war
eine Zeitlang im South Kensington Museum
ausgestellt gewesen. — Äuch eine Reihe mittel-
alterlicher Antiquitäten von hohem Wert resp.
großem historischen Interesse kamen mit der
weitberühmten Braikenridge - Kollektion am
27. Februar bei Christie zum Verkauf. Braiken-
ridge Senior hatte seine Sammlung noch zu
einer Zeit (Beginn des 19. Jahrhunderts) zu-
sammengebracht, da man mit verhältnismäßig
sehr geringen Mitteln und etwas Kenntnis
Seltenheiten von bleibendem Wert erwerben
konnte. So wurde sein Haus zum Stapelplatz
von außergewöhnlichen Exemplaren mittelalter-
licher Metall- und Holzarbeiten. Seine Nach-
kommen ernten nun die Früchte der Kunstliebe
und des Kunstverständnisses des Alten. Das
Hauptstück der Sammlung war ein Ciborium,
englisch, 13. Jhrh. aus vergoldetem Kupfer und
Champleve Emaille, 7 inch. hodi und 6 im Durch-
messer. Das Stück soll aus Malmesbury Abby
stammen. 6 Medaillons mit Gegenständen aus
dem Neuen und Alten Testament schmücken es;
die Figuren sind meist in vergoldetem Metall
eingraviert, nur Christus, die Engel und die als
Heilige betrachteten Personen sind äußerst fein
emailliert, so daß die Fleischtöne sich leuchtend
abheben. Dieses einzigartige Stüdk, das s. Z.
im South Kensigton Museum und später (1897)
im Burlington Fine Art Klub zu sehen war,
brachte 6000 ^ (Durlacher; das Stück ist aber
sdion wieder und zwar an Mr. Partridge ver-
kauft. Eine Reihe ausländischer Händler waren
seinetwegen nach London gekommen). Eine
sogen. Mazer Bowl (großer Becher aus Maser-
holz) von ungewöhnlicher Größe: 9V2 inch.
Durchmesser, 3 inch. hoch, aus Heinrichs VIII.
Zeit mit dem Meisterzeichen auf dem vergol-
deten Silber und einem Trinkspruch in goti-
sdien Charakteren ging für 2300 ^ in den Be-
sitz Mr. Chrichtons über, der einen eifrigen
Privatsammler endlich überbot. Ein Paar alt-
französische Leuchter (13. Jhrh., in vergoldetem
Kupfer und Champleve-Emaille) (einst für 15 gs.
gekauft!) brachte 450 eine Nicolas Hilliard
Miniatur (Porträt eines Mannes) von 1614,
620 ein italienischer Schlüssel aus Eisen
(16. Jhrh.) 120 gs., usw. Von hohem histori-
schem Wert war die sehr schlichte, fast rohe
Eichenwiege, in der einst Heinrich V., Shake-
speares Prinz Heinz, gelegen hat. Der König
ließ sie um 241 £ für seine Windsorsammlung
ankaufen. — Vom 4. — 6. März gab es dann,
man darf wohl sagen, eine große Porzellan-
schlacht Dei Christie; denn um einige außer-
gewöhnliche Meißner Stücke sowie Sevres-Vasen
wurde mit Ausdauer gekämpft und verhältnis-
mäßig hohe Preise wurden erzielt. Die Samm-
lung Charles John Diddns umschloß als Pracht-
stücke: eine Kändlersdie Gräfin Kössel, die der
Frankfurter Händler Goldschmidt um 750 gs.
billig genug erstand (Messrs. Duveen hatten für
ein ähnliches Exemplar vor 2 Jahren 1000 gs.
bezahlt. Herr Goldschmidt verdankt seinen
Kauf nur dem Mißverständnis eines Gegners,
der 1000 gs. zu geben bereit war. So spielt
auch hier Glück und Zufall eine seltsame
Rolle!); ein Paar Kinderbüsten (Mr. Hodgkins
1150 gs.); eine Gruppe: „Dame in schwarzer
Krinoline, eine Teetasse haltend, einen Mops
im Schoß und vor ihr knieend ein Hofedelmann,
zur Seite ein Negerknabe“ (ebenfalls Hodgkins
1050 gs.; in einem früheren Verkauf 1901,
610 gs.); sodann einige Sevresstücke, von denen
Herr Goldschmidt ein Paar um 1080 gs. kaufte.
Zwei von Morin bemalte Vasen fielen ihm um
den hohen Preis von 3050 gs. zu. Drei andere
Morinvasen erwarb Mr. Hodgkins gar für 3200 gs.
und für 1000 gs. ein Paar edler Louis XV.-Vasen.
Wenn diese Preise auch nicht zu den höchsten
für Porzellan gehören, von denen man hier
weiß (z. B. 8000 gs. für die garniture de cheminee
in 1895, die einst 1874 dem Earl of Dudley
gar 10000 gs. gekostet hatte und 4000 gs., die
Partridge vor 3 Jahren, 1905, für eine Dodin-Vase
zahlte), so beweisen sie doch grade, daß die
großen Händler wieder auf großen Absatz
rechnen und die Zukunft des Kunstmarktes op-
timistisch genug betrachten. Ein Verkauf, der
nur Porzellanwerke umfaßt (328 Stüdce) und
44293 Pfund einbringt (im Durchschnitt 135 ^
pro Stück!), spricht da klar genug. Übrigens
dürfte dem verstorbenen Mr. Dickins seine
Sammlung etwa die gleiche Summe gekostet
haben, denn wenn manche Stücke auch jetzt
mehr als den Ankaufspreis eintrugen, sanken
andere wieder um ca. 25% ini Werte. Man
meint hier mit Stolz, daß solche Preise z. B. in
Paris nicht erreicht worden wären; und die
fremden Händler mußten ihre Eroberungen daher
auch recht teuer bezahlen. — Reproduktionen
nach altenglischen Meistern, vor allem Reynolds,
Romney, Hoppner usw. werden hier fast regel-
mäßig jeden Monat, oft mehreremal bei Christie
oder Sotheby oder anderswo angeboten und
bringen je nach Ausführung, Meister, Gegen-
stand und Erhaltung mehr oder weniger gute
372
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Preise, die manchmal sehr hoch steigen. Dies-
mal kam der viel Französisches enthaltende
Rest der großen Sammlung weiland Sir Wil-
frid Lawsons. Zur Versteigerung, von dem
schon 1903 bei Christie 261 Stück um 7147 und
voriges Jahr beiSothebg 1099 Stück um 19286^
verkauft worden waren. In diesem März brachte
nun der Rest (512 Stück) 4880 Die Samm-
lung, die somit 31313 £ eingetragen, hat s. Z.
nicht mehr als 5000 sß gekostet. Das Haupt-
stück: 238 Gravierungen von M. de Julienne
nachWatteaus „tableaux et desseins“ fiel Bihn,
Paris, für 595 £ zu, der nebst anderen Fran-
zosen zum Verkauf herübergekommen war.
Stücke von R. Nanteuil schienen besonders gern
genommen zu werden und stiegen im Preise
(Pompone de Bellievre 51 sB; 1907: 42 £ usw.).
Gar manche dieser Stücke hätten noch vor
wenigen Jahren nicht so viel Schillinge wie jetzt
Pfund gebracht. Ebenfalls bei Sothebg wurden
zwei farbige Gravierungen nach Reynolds „Jane,
Countess of Harrington and Children“ und „Lady
Smythe and Children“ von Bartolozzi um 129 £
abgesetzt. Messrs. Chesterton & Sons, Ken-
sington verkauften ein vorzügliches Exemplar
von Turners Liber Studiorum (405 Quaritch).
— Was nun die Gemäldeverkäufe anbelangt,
so handelte es sich in der Hauptsache um solche
englischer Meister der viktorianisdien Zeit, ab-
gesehen von einem fast sensationellen Romney
und Morland und mehreren sensationellen
Turnerversteigerungen. Äm 28. März kamen
4 bisher noch so gut wie unbekannte Porträts
Romneys bei Christie unter den Hammer. Rom-
ney ist wohl der einzige Nichtakademiker, der
Liebling der fashionablen Gesellschaft war und
geblieben ist bis auf den heutigen Tag, freilich
nicht weil er den Äkademikern Reynolds und
Gainsborough überlegen war sondern haupt-
sächlich, weil er das ewig Weibliche in ein-
schmeichelnd reizvoller Weise und dabei immer
noch in den Grenzen fashionablen Wohlanstandes
darzustellen wußte. Darum bringen seineDamen-
bildnisse auch viel mehr als seine Männer-
porträts, die sich mit denen Reynolds nicht im
geringsten messen können. So ging es denn
auch diesmal: seine Mrs. Morley (1787 gemalt
und wie die andern Bilder in seinem Tagebuch
verzeichnet aber noch niemals ausgestellt oder
behandelt) brachte es zu 2750 gs. (Mr. Morland
Agnew); der ehrenwerte Gatte dieser Dame
mußte mit 300 gs. sich begnügen; der Künstler
hatte s. Z. pro Stück 30 gs. erhalten, etwa die
Hälfte von dem, was Reynolds für seine Por-
träts forderte. Die Mrs. Anna Poulter kostete
Mr. Agnew 1500 gs., ihr Gatte ihm nur 400 gs.
Romneys Porträt eines Generals dagegen wurde
mit 180 gs. Zipentum Mr. Richards (freilich war
dieses nur eine von drei Versionen; das Original
kostete Agnew 800 gs. in 1903 — ). Am selben
Tage kaufte Agnew einen Morland „Blind Man’s
Buff“ um 1100 gs. Morland, diese schwankende
Gestalt in der englischen Kunstgeschichte, läutet
sozusagen das Genre in der englischen Malerei
ein, das dann den förmlichen Tod derselben
zur Folge hatte. Ebenfalls am gleichen Tage
wurden drei Pastellporträts eines ehemaligen
Lieblings des Publikums Daniel Gardners (1750
bis 1805) ausgeboten. Lange Zeit hat er keinen
Markt gehabt. 1905 aber kostete Messrs. Col-
naghi ein kleines Pastellbild von ihm 1050 gs.,
und jetzt brachte das Porträt der Lady Faw-
kenef gar 1250 gs. (Mr. Malcolm); die anderen
zwei Stücke 500 resp. 46 gs. Der große Unter-
schied in diesen Preisen besagt nicht immer,
daß die rein künstlerische Qualität die gleiche
Differenz aufweist. Ein feiner kleiner J. Crome
„Waldige Landschaft“ trug 210 gs. ein. — Von
den großen altenglischen Meistern wurde
während des Monats wenig von Bedeutung
angeboten oder das Angebotene wenig be-
achtet. So ging es einem selten schönen
Hogarth am 30. März: ein Affe auf dunkel-
rotem Tuch sitzend, ein Stück, das man in
seiner Liebe zum rein malerischen Ausdruck
und der Weichheit der Ausführung Hogarth
kaum zugetraut hätte. Auch andere Hogarths
in seinem bekannteren Stile blieben unbeachtet.
Von Reynolds erreichte wohl nur ein Schulbild,
eine Herzogin von Devonshire, 155 gs.; ein
Gainsborough, Waldige Flußlandschaft, 126 £;
ein zweifelhafter Raeburn, zwei Geschwister
Eycott, 510 gs,; zwei Lawrence: Sheridan 540 gs.
und Lady Caroline Lamb 310 gs. Mehrere
Constables, darunter einige treffliche Stücke,
galten wohl als unsicher (bei diesem Meister
ja keine Seltenheit). Wards, des großen Tier-
malers, köstlich malerisches Bild: Schweine im
Kofen, war für Engländer natürlich nichts und
blieb links liegen. Dagegen aber hatte Turner
seinen großen Tag. Einige kleinere Verkäufe
bereiteten genügend darauf vor. Am 7. März
wurden 4 Aqaurelle von ihm aus der Sammlung
Tatham versteigert, von denen Messrs. Agnew,
das große Haus für englische Aquarelle, drei
erstand: Constanz (1842 gemalt und früher in
Ruskins Sammlung um 2200 gs.; „Windsor
Schloß“ um 1700 gs. (1870: 680 gs,) und „Car-
navon Castle“ 970 gs. „Zürich“ dagegen er-
zielte nur 680 gs. Schon am 24. Februar hatte
ein kleines Aquarell „Brunnen am Vierwald-
stätter See“ 460 gs. eingetragen. Der große
Tag aber kam mit dem 4. April, an dem 13
Aquarelle, bisher dem Sir A. F. Acland-Hood
Der Kunstsammler
373
gehörig, und ein Ölbild versteigert wurden und
zwar zum allerersten Male. Die Bilder behan-
deln Landschaften in Sussex und wurden von
Turner im 2. Jahrzehnt des vergangenen Jahr-
hunderts für den Großvater des Sir Ä. Äcland-
Hood gemalt. Diese Versteigerung erregte ein
gewaltiges Interesse und galt als würdiger Äb-
sdiluß einer Verkaufsperiode bei Christie, die
für die englisdie Wasserfarbenmalerei vor allem
glänzende Preise gebracht hatte. Hier eipige
der Preise aus dem Turnerverkauf: „The Vale
of Heathfield“ 700 gs.; „The Vale of Pevenseg“
650 gs.; The Vale of Äshburnham 610 gs. usw.
Sämtlidie 13 Äquarelle sind von fast gleicher
Größe 14^2 zu 22 inch. Wären sie nicht etwas
von der Sonne ausgezogen gewesen und hätten
sie nidit Stockflecken gezeigt, sie hätten statt
5825 gs. zusammen sidierlich über 15000 gs.
gebracht. Denn sie stellen Turners Wasser-
farbenkunst auf ihrer Höhe dar. Dafür erzielte
ein ausgezeichnet erhaltenes großes Ölbild Turners
„TheBeach at Hastings“ aus seiner frühen Zeit,
ehe er noch Italien besucht hatte, den hohen
Preis von 6000 gs. (Ägnew). Das Bild ist atmo-
sphärisch von wundervoller Qualität, wenn es
auch im ganzen noch an die Niederländer ge-
mahnt. Äm gleichen Tage, um die wichtigsten
Ergebnisse hier noch mit anzuführen, fielen 2
dem Format nach große, dem Gefühl nach klein-
liche Landschaften Millais stark im Wert: „The
Sound of Many Water s“ von 2900 (in 1892)
auf 1100 gs. und „The Fringe of the Moor“
brachte es auch nur auf die gleiche Summe: in
diesen Landschaften war Millais zu sehr der
Präraffaelit von ehedem geblieben, Kleinigkeits-
tüfteleien aber reimen sich nicht mit Freilicht-
studien. Ein malerisch feines und im Thema
schlichtes Genrebild Wilkies brachte es zu llOOgs.:
„The Cottar’s Saturday Night“; ein früher Israels
zu 1600 gs: „La Fete de Jeanne“. Seltsam ist,
daß der Constable des Äquarells, wie man David
Cox in seinen besten Stücken wohl nennen
könnte, geringe Schätzung erfuhr; sein lebens-
volles, licht- und lufterfülltes: „Cross Road“ fiel
von 370 gs. (1870) auf 250 gs. Und auch der Land-
schafter John Linnell, der etwas weiche Maler
des Herbstes, ein jüngerer Zeitgenosse des viel
männlicheren Constables und eine seltsame aber
in seinen Hauptbildern sehr annehmbare Mischung
von Constable und Gainsborough, mußte sich
mit verhältnismäßig kleinen Preisen begnügen:
sein „Timber Waggon“, der in den schönsten
und harmonischsten Farben glüht wie eine präch-
tige Herbstnatur, brachte nur 2150 gs, gegen
3100 (1892) und sein „Forest Road“ nur 1280 gs.
Äuch Watts Selbstbildnis, ähnlich dem in der
Tate Gallery, ein schlichtes, innerlich großes
Stück ging billig genug mit 320 gs. ab, wenn
es auch gegen früher (260 gs. 1887) stieg. Von
einigen älteren Bildern brachten zwei feine
Engelsköpfchen Reynolds 380 gs. und ein Mäd-
chenporträt Hoppners 400 gs. Mehrere viktoria-
nische Akademiker, J. C. Hook, H. S. Stacy
Marks, J. H. Calderon usw. erlebten erfreulicher-
weise furchtbare Debacles; von 1420, 1050 und
1050 gs. fielen ihre Bilder auf 280, 56 und68gs. !
Ein Alma Tadema in des Künstlers bekannter
Manier brachte die schöne Summe von 920 gs. —
Von den älteren Aquarellisten erzielten einige
Werke P. deWints sehr gute Preise: eine wal-
dige Landschaft 105 gs., eine Ansicht von Lincoln
gar 1050 gs., für welche gewalitge Summe Mr.
Partridgeals erstes und einziges Angebot etwaige
Konkurrenten mundtot machte, ein hier manch-
mal mit Erfolg angewandtes Mittel. Die große
Sensation neben Turner aber auf dem Gebiete
der Aquarellmalerei brachte die Versteigerung
einigerWerke des frühverstorbenen Fred Walker,
der oft mit gewissem Recht als eine Art eng-
lischer Millet bezeichnet wird, nur eignet ihm
statt des gewaltigen Pathos des Barbizonmeisters
ein fast kränklich zarter zum Sentimentalen
neigender Lyrismus, der sich mit den oft auch
von Millet übernommenen übertrieben starken
Bewegungen in seinen pflügenden oder säenden
oder mähenden Bauern seltsamlich mischt. Statt
eines gewaltigen Hymnus auf die Arbeit des
Menschen in der Natur bieten seine Bilder
freundliche Idyllen, die ein nach Gesundheit und
Natur verlangender Kranker in Sehnsucht und
mit schönheitstrunkenem Auge geschaffen. Diese
Kunst sagt dem englischen Käufer unendlich
viel mehr zu als Millet selber oder auch ihr
eigener kerngesunder, sicherer Constable, und
so konnte es nicht überraschen, daß Walker
als Größe ersten Ranges nun auch auf dem eng-
lischen Kunstmarkt am 7. März etabliert worden
ist. Sein „Harbour of Refuge“, dessen Version
in Öl in der Tate Gallery hängt, ein Aquarell
von nur 22 zu 35 V2 inch. Umfang, brachte nach
heißem Kampf unter lautem Applaus (man
applaudierte einem neuen Fürsten) 2580 gs. Andere
Werke des Künstlers erreichten auch hohe Preise:
das kleine Violet Field 16C0 gs., gekauft von
einem Privatsammler, der sämtliche Händler
überbot und sich dann als Mr. Andrews ausgab,
wohl um — charakteristisch für hiesige Sammler
und Drachenhüter ihrer Schätze — es nicht be-
kannt werden zu lassen, daß er der Sohn Sir J.
Airds sei und dieses Bild erstanden habe. Auch
den Beehive kaufte er um 550 gs. (245 in 1888).
The Old Gate erstand Agnew um 1500 gs. Der-
selbe Tag brachte noch weitere Aufregungen,
denn an ihm und einem anderen, eine Woche
374
Monatshefte für Kunstwissenschaft
später wurden bei Christie fast sämtliche der
bekannten neueren englischen Meister gewogen:
Barne Jones, Rosetti, G. Mason, Millais, Ä. Moore
und G.F. Watts, von einigen anderen und auch
ganz modernen zu schweigen. Burne Jones
ging es dabei nicht allzu gut: seine Version in
Wasserfarben: „Love amongst the Ruins“ brachte
zwar 1575 gs. (Ägnew) und seine keineswegs
sehr bedeutende, wenn auch stark gepriesene
„Waldnymphe“ aus der am 14. März versteigerten
Sammlung Connal aus Glasgow 1130 gs., (Mr.
Reid, Glasgow), aber andere Stücke bedeutend
weniger: Glücksrad 250 gs., Hearth of the Rose
700 gs., Pilgrim at the Gate of Idleness 270 gs.,
eine wenig erfreuliche Seenymphe und dito Engel
gar nur 100 resp. 80 gs. Hus Connals Samm-
lung stammten auch die zahlreichen Bilder des
„englischen (abersehr englischen) Griechen“ Älbert
Moore, den man etwa mutatis mutandis den
ÄlmaTadema einer früheren Generation nennen
könnte, und der damals auch gerade so geschätzt
war. Seine Stücke sind reine Dekorationen, wohl
beeinflußt von den pompejanischen Fresken, aber
trotz ihrer linearen Vorzüge und dem Raffine-
ment der Farbenwahl bleiben diese Stüche doch
furchtbar langweilig und nichtssagend wie Bilder
des anderen „Griechen'', des Lord Leighton.
Diese gefühllose Kunst läßt kalt bis ans Herz
hinan. Trotzdem erzielten die Werke recht
hohe Preise. Äuch Moores Ruf und Stellung
im Äuktionssaal mußte erst geschaffen werden;
man zögerte erst hoch zu gehen und ließ sich
doch schließlich in die Höhe treiben. So brachten
sein „Midsumer“ 1000 gs., sein „Reading Äloud“
800 gs. (dies Bild wurde von Mr. Reid dann
sofort der Glasgow Corporation Gallery ge-
schenkt); am besten, weil schlichtesten, war
eigentlich eine weibliche Aktstudie, eine Kreide-
zeichnung, die kaum bemerkt wurde. Dagegen
fand man eine gezierte nackte Weiblichkeit mit
schönem Titel wundervoll und zahlte 280 gs.
Ihre Langweiligkeit macht sie wenigstens un-
gefährlich. Rossetti ging es nicht sehr gut.
Seine Mnemosyne fiel um 60 gs. auf 250 gs.
Lady Lilith brachte 420 gs., andere Stücke blieben
unbeachtet. Für ein Bild G.Masons „TheGander“
zahlte Agnew 1900 gs., ein Preis, den s. Z. der
frühere Eigentümer auch gezahlt hatte. Und
für einen Millais, der vom Prärafaelitenbruder
sich zum Akademiepräsidenten mauserte und
von einem guten Maler zu einem recht ge-
sdiäftsmäßigen, mußte Agnew 1540 gs. anlegen,
es war das Bild „The Orphans“ vom Jahre
1885. — Von Watts, der ja einen großen Teil
seiner Werke der Nation geschenkt hatte, er-
sdieinen nicht allzuhäufig Stücke im Auktions-
saal. Mr. Connal besaß drei derselben, eine
schöne Version des rythmenvollen Orpheus und
Euridice, die für 320 gs. und eine Artemis, die
für 240 gs. in anderen Besitz überging. Ein
kleines schlichtes Bildchen „Eine häusliche Studie,
Mädchen lesend“ wurde von dem Trustee der
National Gallery, dem Earl von Carlisle, um nur
45 gs. erstanden, ob für die Gallery? Das würde
trefflichen Geschmack verraten. — Von fremden
neueren Meistern liebt man hier zumeist die
Holländer, namentlich Israels, die Brüder Maris
und Anton Mauve. Von diesen Künstlern
kommen denn auch recht häufig Bilder auf die
Auktionen. Mauve war diesmal mit zwei kleinen
feinen Stücken vertreten „On the Scheidt“, das
850 gs. (Lefevre) und Flußufer, nur 6 zu 9V-2 i^ch.
groß, das 102 gs. einbrachte. Israels Preise be-
wegten sich für gute Durchschnittsbilder von
126 — 210 gs; Bilder des J. Maris brachten von
126— 262 gs. Am Tage, an dem diese Holländer
verkauft wurden, gab es einen großen Tag audi
für die Meister von Barbizon, oder besser hätte
es einen geben sollen, denn eine ganze Reihe
Corots, Daubignys, Harpignies standen aus der
umfassenden, wenn auch unterschiedlichen Samm-
lung Burnett zum Verkauf, die dieser nun ganz
aufgegeben hat. Aber von diesen Meistern sind
Harpignies und Corot hier meist nur beliebt,
wenn sie ganz sie selber sind, d. h. hübsch zart
und lyrisch bleiben. Die diesmaligen Corots befrem-
deten zum Teil durch einen kräftigeren Stil, und
demgemäß blieben die Preise niedrig. Auch Dau-
bignymußtefür seinen düsterenErnstbüßen. Corots
„Allee dans le Parc de Cambri“ kauften Messrs.
Obach für 504 andere Stüdce von ihm brachten
178.10 304.10 231 Messrs. Gooden und
Fox erwarben 3 Daubignys um 367.10 157.10
157.10 €. Ein Harpignies kostete Obach 315 3B.
(ein paar Wochen vorher hatten sie freilich für ein
anderes Werk desMeisters 620 gs. geben müssen) ;
alles keine besonderen Preise. Daß man sich
von Khnopffs Allegorien hier nicht allzusehr
den Kopf verdrehen läßt und für eine derselben
z. B. nur 52 gs. zahlte, ist nur erfreulich. —
Was nun alte Meister ausländischer Schulen
anbelangt, so ist man hier in den Auktions-
räumen sehr, sehr vorsichtig. Wenn nicht das Werk
ganz deutlich für den beanspruchten Meister
spricht oder sichere Beweise für dessen Autor-
schaft vorhanden sind, gehen selbst an sich
künstlerisch hochstehende Werke trotz größter
Namen zu kleinen Preisen ab; in der Beziehung
ist hier schon seltsames vorgekommen. Der
großen Namen gab es auch in diesem Monat
genug: Rembrandt, dessen Sohn Titus am 2. März
bei Christie um 205 gs. losgeschlagen wurde,
um danu kurz darauf in Berlin um eine fast
40 mal höhere Summe verkauft zu werden, zum
Der Kunstsammler
375
größten Herzeleid der hiesigen Händler, und
Murillo, Tiepolo, Ämberger, Lucas Cranach, van
Eyck, MemlingZurbaran, sogar ein Lionardo usw.,
alle Zeiten und Schulen waren vertreten. Äls echt
hat man offenbar nur anerkannt Tiepolos Imma-
culata (410 gs.) und vielleicht Murillos schöne
Landschaft: Blick über ein Tal hin, mit Figuren
im Vordergrund und Bergen im Hintergrund
(250 gs., worin der Zweifel klar genug ausge-
drüdct ist). Äuch der Teil eines Ältares aus der
Sammlung des Conte Passalaqua in Mailand
wird wohl von Lüini selber herrühren (200 gs.
1898, brachte er 300 gs.). Zu erwähnen wären
sonst nur noch zwei weibliche Heilige von
H. de Bles (700 gs.); Luca Longhi: Madonna
mit Knaben und zwei Heiligen (110. gs); G. Ter-
burg: Ritter Dame und Page (100 gs.); J. Oditer-
veld: Interieur (125 gs.); van Hugsum: Blumen-
stillleben (210 gs.); van Goyen: Flußlandschaft
(100 gs.) und Dirk Hals: Nähende Frau am Tisch
(100 gs.). Einige Guardi hätten hier, wo in der
Wallace Kollektion einige Werke des neuer-
dings wieder so hochgeschätzten Meisters für
ihn Propaganda gemacht haben sollten, ein
besseres Los verdient. Der sogenannte Amberger,
ein reizvolles Frauenporträt, brachte 147 gs.
Das der Ekletiker Mengs nicht gefiel, ist weiter
nicht auffallend; dafür wird die anglisierte
Angelica Kaufmann immer wieder geschätzt. —
Aus all dem Angelührten, das leicht noch nach
verschiedenen Richtungen hin ergänzt werden
könnte, läßt sich ersehen, welch eifriges Leben
auf dem hiesigen Kunstmarkt wieder eingezogen
und wie enorm der Umsatz an Werten gewesen
ist. — Für die kommende Saison steht bei
Christie, zunächst noch ohne festes Datum, in
Aussicht: die Versteigerung der Sammlung
Stephen Holland. Die Sammlung Humphrey
Roberts, reich an erstklassigen Werken von
Corot, Diaz und Millet, von Gainsborugh, Rey-
nolds und Constable, von Millais, Israels und
Maris, und auch Whistler wird Ende Mai (21—23)
bei Christie zur Auktion gelangen (sieheAuktions-
kalender. In der Sammlung Holland finden sich
Stücke Turners und des oben ausführlich be-
sprochenen Walkers. Von „alten Meistern“ aller-
dings dürfte so bald kaum etwas außergewöhn-
liches auf den Markt kommen; deren Erscheinen
ist auch in den Londoner Auktionsräumen ein
gar seltenes. F.
s
EIN KÜNSTLERPROTEST
IN SACHEN DER „BILDFÄLSCHER-
ANGELEGENHEIT.“
In der Presse des In- und Auslandes sind
über eine in München anhängige strafrechtliche
Untersuchung wegen Bilderfälschung und Ver-
triebes gefälschter Bilder seit einiger Zeit Nach-
richten verbreitet worden, welche den Umfang
der Fälschungen und des Vertriebes gefälschter
Bilder als sehr bedeutend hinstellen. Es sollen
ferner angeblich die „meisten Falsifikate“ nach
England und Amerika verkauft worden sein,
weiter unter den Verdächtigen sich mehrere
„hochangesehene und altrenommierte Münchner
Kunsthändler“, sowie Münchner Künstler be-
finden.
Die Unterfertigten haben sich im Interesse
des Ansehens der Kunststadt München bemüht,
amtliche Auskunft zu erhalten und sind infolge-
dessen in der Lage, nachfolgendes festzustellen:
1. Wegen Bilderfälschung ist eine einzige
Person verdächtig, die mit der bildenden
Kunst beruflich gar nichts zu tun hat.
2. Auch wegen Vertriebs von gefälschten
Bildern sind — außer zwei verhafteten
Händlern und einem Dritten, dessen Auf-
enthalt bisher unbekannt ist — keine
Personen verdächtig, welche in irgend-
einer berufsmäßigen Beziehung zur bil-
denden Kunst stehen.
3. Anhaltspunkte, daß gefälschte Bilder nacii
England oder Amerika vertrieben wurden,
sind bisher überhaupt nicht vorhanden,
geschweige denn dafür, daß die in der
Presse in dieser Richtung verbreiteten
Ziffern richtig wären.
Ebenso sind die in der Presse ver-
breiteten Nachrichten bezüglich der von
den in Betracht kommenden Händlern im
ganzen für Falsifikate erzielten Preise
auch nicht entfernt richtig.
Prof. Hans v. Petersen, Präsident der
Münchener Künstlergenossenschaft; Hugo Frei-
herr V. Haber mann, Präsident der Münchener
Sezession; Prof. Fritz Baer, Präsident der
Luitpoldgruppe; D. Heinemann, Gemälde-
galerie; A. Riegner, Königlicher Hof-Buch-
und Kuiisthändler; Wimmer & Co., K. B.
Hofkunsthandlung; E. A. Fleischmann, Hof-
kunsthandlung.
s
□ VERMISCHTES □
London. Am 12. März starb hier der Bankier H. L.
Bisdioffsheim, der als Kunstfreund und -Mäcen weit
bekannt war. Millais bestes weibliches Porträt stellt die
Frau des Verstorbenen dar. Die Porzellansammlung der
Bisdioffsheims ist berühmt. Der Verstorbene hatte be-
reits vor einiger Zeit dem Londoner Conty Council eine
Sammlung seltner alter Sdmitte und Stiche von Alt-
London zum Geschenk gemacht. Und jetzt hofft man,
daß das Testament eine Schenkung an eine der offent-
376
Monatshefte für Kunstwissenschaft
liehen Galerien, vielleidit nadi dem Äblcben der Haupt-
erbin, enthalten wird. Äueb als Philantrop großen Stiles
und weiten Herzens hatte sieb Biseboffsheim einen guten
Namen gemadit. F.
Graphisdie Gesellsdiaft. Äls erste außerordentiiebe
Veröffentlidiung gibt die Gesellsdiaft (deren Leitung in
den Händen von Lehrs, Friedländer und Kristeller ruht)
den in Bamberg von Pfister um 1460 gedruckten „Edel-
stein“ des Ulrich Boner in Liditdrudctafeln heraus. Das
Bueb ist die erste mit beweglidien Lettern gedruckte und
mit Holzsdinitten verzierte größere Publikation in deut-
scher Sprache. Preis (nur für Subskribenten) 30 M. Den
Vertrieb hat B. Cassirer in Berlin.
Die Skizzenbücber Jacopo Bellinis in London und
Paris gibt Dr. Golubew im Verlage von G. van Oest u.
Cie. in Brüssel heraus, in zwei Großquartbänden, un-
gefähr 300 Tafeln, mit Einleitung und beschreibendem Text.
Oud-Holland hat aus Änlaß seines 25jährigen Be-
stehens als Prospektus ein Inhaltsverzeichnis über die
bisher erschienenen Jahrgänge herausgegeben. Eine Liste
der Abonnenten geht dem Register voraus.
Der Vorstand von Stockholms Högskola (der Hoch-
schule in St.) hat Dr. phil. Oswald Siren zum Pro-
fessor in der Theorie und Geschidite der bildenden
Künste ernannt. Dies Professorat bekleidete s. Zt. der
bekannte schwedische Dichter und Gelehrte Victor Rgdberg,
seit seinem Tode 1894 ist es aber ledig gewesen.
g
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lich zwei Kataloge herausgebradit, die starkes
wissenschaftliches Interesse beanspruchen. Kat.
27 behandelt die Buch Illustration im Mittel -
alter und der Neuzeit bis zum 16. Jahr-
hundert und umfaßt 1000 Nummern, darunter
kostbare und teuere Stücke vornehmlich unter
den illuminierten Handschriften. — Kat. 36, dessen
Inhalt mehr den Literarhistoriker interessiert, gibt
eine Auswahl wertvoller Bücher, Hand-
schriften und Autographen. Von Dürer
und Burgkmair sind eine Reihe seltener Blätter
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Luzac & Co., London. A descriptive cata-
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Stauff & Cie., Köln. Antiqu.-Kat. Nr. 11:
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Malota, Franz, Wien. Das Export -Anti-
quariat, VIII. Jahrg., Nr. 1. Kunst, Kunstge-
schichte, Illustrations-, Holzschnitt- und Kupfer-
werke, Architektur. — 8®, 1050 Nrn. a. 50 S.
Levi, R., Stuttgart. Äntiquariatskatalog Nr.
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gleichen Titel wie die verdienstvolle Sammlung
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Werke des Verlages nähere Auskunft gibt.
Deutsdhe Kunst in Lidhtbildern. Ein
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Unterricht in der Kunstgeschichte. Bearbeitet
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Henri Baudoin experts MM. Arnold & Tripp.
92 S. gr. 8«.
Catalogue des tableaux anciens etc. . . .
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1908. C. Pr.: Me. Baudoin Expert Jules Feral.
Für die Redaktion verantwortlich: Der Herausgeber Dr. Georg Biermann, Leipzig. Zweigredaktionen r Berlin.
Dr. PaulFerdinandSchmidt (zugleich Redakteur der Bibliographie). München. Dr. Hermann Uhde-Bernays.
Wien. Dr. Wilhelm Suida. London. Frank E. Washburn Freund in Harrow on Hill bei London.
Paris. Dr. Rudolf Adelbert Meyer.
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
Heft 4, 1908
AUKTIONSKALENDER
Mai
Anfang
3.-5.
5.
5. -6.
6. u. 7.
6. u. 7.
7.
Haag. J. J. Biesing. Gemälde und
Aquarelle. Nachlaß F. J. G. Bos-
man; ferner die Sammlungen Frau
A. J. Goedvriend, Berlin, Herr C. E.
Lans, Haag u. a.
Paris. Georges Petit. Vente der
Sammlung Cheramy.
Mündien. HugoHelbing. Kupfer-
stiche, Radierungen, Holzschnitte,
Lithographien usw. alter u. moder-
ner Meister.
Leipzig. C. G. Bo er n er. Handzeich-
nungssammlung Ed. Cidiorius. (Lud-
wig Richter- Sammlung. Deutsche
Künstler d. 19. Jahrli. Niederl. Meist,
des 17. Jahrh.).
Frankfurt a.M. Rud.Bangel. Ge-
mälde mod. u. ält., insbes. Frank-
furter Meister, Antiquitäten und
Kunstgegenstände aus hiesigem u.
Mainzer Privatbesitz.
Mündien. Rudolf Wex. Gemälde
alt. Meister, Handzeichn., Pastelle,
Kupferstiche.
Leipzig. C. G. Boerner. Kupferstiche
alt. Meist, a. schles. u. a. Besitz. (Da-
bei Kupferstiche und Holzschnitte
Albrecht Dürers.)
8.-9.
11.
11.
12.
11.-14.
11.— 14.
Leipzig. C. G. Boerner. Auto-
graphensammlung a. Wiener Besitz.
Musikmanuskripte v. Beethoven,
Bach, Brahms, Haydn, Scarlotti,
Schubert, Schumann, Wagner usw.
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und Schiller.
Frankfurt a. M. Ad. Heß Nacht
Sml. Ulex f- Hamburg, Münzen u.
Medaillen v. Nord-, Zentral- und
Süd-Amerika.
Wien. C. J. Wawra. Kupferstiche,
Radierungen, Holzschn., Lithogr.,
Handzeichn, u. Aquarelle, Dürerwerk,
Farbendrucke u. Schabkunstbl. aus
verschieden. Besitz, ferner Porträts,
Viennensia, Sml. Ernst u. a. Besitz.
Berlin. R. Lepke. Sammlung Her-
zog von Sorrano- Madrid. Waffen,
Rüstungen, Dolche etc.
Berlin. Max Perl. Original-Radie-
rungen, -Lithograph., -Holzschnitte,
-Handzeichn, deutscher u. ausländ.
Künstler, meist 19. Jahrh. Nachlaß
e. Bremer Sammlers.
Amsterdam. R. W. P. de Vries.
Kunstbibi, des verstorb. Herrn P. van
Eeghen in Amsterdam. Manuskripte,
alte Einbände, illustr. Werke usw.
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= 19. Mais -
Sammlung Professor Dr. J. Naue München
Griediisdie, etruskisciie und andere antike Gefäße, Gold-
sdimuck aus der Mykenaezeit, griediisdie Plastik in
Terrakotta, Bronze und Marmor. Prähistorisdie Waffen
^ und Utensilien.
= 26. Mai s : - —
Sammlung Professor G. A. Leinhaas, München
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Gerätschaften der Gotik und Frührepaissance.
Kataloge sowie jede nähere Auskunft durch
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□
Heft 4, 1908
Monatshefte für Kunstwissensdiaft.
ÄUKTIONSKÄLENDER
Mai
Ämsterdam. Fred. Müller & Co.
14 Constables, 3 Cromes, Cotman,
12.
Moderne holländische Gemälde.
David Cox; Werke von Fred Wal-
Außerdem eine Sammlung von
ker, G.F.Watts („Pretty Lucy Bond“);
Aquarellen moderner Meister.
Sir John Miilais ; Sir W. Q. Tochard-
15. u. 16.
Wien. Gilhofer & Ranschburg.
son; G. Mason, J. M. Swan usw.
Bibi. Z. V. Ladinit, Inkunabeln, Manu-
Ausgewählte Stücke der Barbizon-
Skripte, Kupferstich-, Holzschnitt-,
meister. Außerdem Hauptwerke von
Kostümwerke, Karikat., färb. Kupfer.
Josef Israels, James Maris, Anton '
18.U.19.
Frankfurt a. M. Ad. Heß Nach f.
Mauve usw.
Kunstmedaillen d. Sammlg. Erbstein.
25.-27.
Berlin. Amsler &Ruthardt. Hand-
18.-23.
Stuttgart. H. G. Gutekunst. Her-
zeichnungen berühmter alter Meister f
vorragende Kupferstichsammlung,
u. lebender Künstler aus dem Be- I
Porträtstiche usw.
sitz eines skandinavischen Sammlers.
19.
München. Hugo Helbing. Samm-
26.
München. Hugo Helbinq. Samm- ;
i
lung Professor J. Naue f, München.
lung Leinhaas-München. Skulpturen i
1
Griechische, etruskische und andere
in Holz und Stein, Gemälde und \
antike Gefäße, Goldschmuck aus der
Kunstgegenstände. i
Mykenaezeit, griechische Plastik in
26.
Kassel. Max Cramer. Sammlung
Terrakotta, Bronze und Marmor.
A. Vogell. Griechische Altertümer ;
j Prähistorische Waffen u. Utensilien.
(Gläser, Terrakotten, Vasen), Gold- :
Handzeichnungen, Aquarelle u. Stu-
Sachen.
dien von M. V. Schwind, darunter
Mai
München. Hugo Helbing. Ölge-
wichtige Kartons.
mälde alt. Meist, a. verschied. Besitz.
21.— 23.
London. Messrs. Christie, Man-
Mai
Köln. M. Lempertz (P. Hanstein).
son & Woods. Sammlung Mr.
Möbel, Elfenbein, Gold, Silber, Bron-
Humphreg Roberts’ f, London. Be-
ze, Kupfer,Zinn, Messing, Glas, Por-
deutende Werke von Reynolds,
zellan, Fayencen, Steinzeug, Textil-
Gainsborough, Romney, Raeburn, 12
sachen,griech.Tongefäße, röm. Mar-
Aquarelle und 1 Ölbild Turners;
morskulpturen.
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XVIII. Jahrhunderts sowie bedeutender
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Berlin W. 64, Behrenstraße 29a.
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
Heft 4, 1908
AUKTIONSKALENDER
Mai
Mai
Juni
1.— 3.
Juni
2.-5.
unbe-
stimmt
Köln. M. Lempertz (P. Hanstein.)
Gemälde ält. u. neuerer Meister aus
dem Nadilaß Frau Gerome-Köln u.a.
Köln. K. H. Stauff & Cie. Kupferst.,
Äquar., jap. Farbenholzsdin., chines.
Hausgötzen.
Amsterdam. Fred. Müller & Co.
Handzeidinungen alter Meister aus
den Sammlungen H.C.Dubois, Haag,
C. G. V. Schöffer, Amsterdam, Jacobi,
Haag, ein. bek. Paris. Sammlg. u. a.
Amsterdam. Fred. Müller & Co.
Französ. u. engl. Stiche aus d. Slg.
Ihr. Älfr. Boreel u. a. Ferner versch.
Smlg. V. Kupferstich, niederl. Meist.,
darunt. e. ans. Slg.: Rene della Faille.
Amsterdam. Fred. Müller & Co.
Antiquitäten, chines., Japan, u. sächs.
Porzellan, Fayence, Möbel, Diaman-
! ten, Perlen, Gold, Silber, Spitzen,
Skulpturen, mod. Gemälde, Aqua-
relle, Handzeichn., Kupferstiche, Por-
I träts, alte holl. Gemälde.
16. u. 17.
Juni
Juni
Juni
Juni
Amsterdam. Fred. Müller & Co.
Porzellan - Slg. Ihr. Alfred Boreel.
München. Hugo Helbing. Samm-
lung Juwelier Franz Greb f. Her-
vorrag. Arbeiten der Silberschmiede-
kunst, wertvolle Keramiken, Skulp-
turen in Holz und Stein, darunter
Werke von T. Riemensdineider,
Arbeiten in Eisen u. and. Metallen,
Geweihsammlung. Gewehre usw.
München. HugoHelbing. Original-
arbeiten der künstlerischen Mitarbei-
ter an der Münchener Jugend.
Mündien. Hugo Helbing. Ölge-
mälde mod. Meister aus versdiied.
Besitz.
Münciien. Hugo Helbing. Kupfer-
stiche, Radierungen, Holzschnite.
Lithographien des 15.— 18. Jahrhun-
derts, Original-Radierungen, -Litho-
graphien, -Holzschnitte moderner
Meister.
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Sammlung von deutschen Meistern des XIX. Jahrhunderts
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II. Gewählte Kupferstich-Sammlung aus sdilesisdiem
u. a. Privatbesitz.
Alte Meister, dabei kostbare Kupferstiche und Holzschnitte Albrecht Dürers.
Illustrierter Katalog M. 1.—
III. Wiener Autographen-^Sammlung
Kostbare Manuskripte von Beethoven ^ Brahms y Haydn, Mendelssohn,
Schubert, Schumann, Wagner etc. :: :: :: Deutsche Klassiker.
Musikmanuskripte aus Josef Joachims Nachlaß.
Illustrierter Katalog M. 2.— durch
C. G. Boerner in Leipzig, Nürnbergerstrasse 44.
Heft 4, 1908
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Kupferstidien — Topograph. Werke mit kolor.
Tafeln — Folgen von Ridinger — Werke und
Sammelbände mit Karikaturen — Seltene Kostüm»
werke (Zivil und Militär) — Werke mit Porträts
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In unserem Verlage erschien
bis zur Mitte des Xllt. Jalirliunderts
von Dr. Max Kemmeridi.
Mit 38 Äbbildungen.
Mark 8,—.
pinc sehr eingehende Besprechung des interes-
santen Werkes enthält das Aprilheft 1907 der
Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen
Literatur von Wilhelm Waefeoldt, der den Umfang
seines Aufsa^es folgendermaßen begründet: „Kem-
meridis Buch beruht auf jahrelangen und mühevollen
Vorarbeiten, es bringt eine solche Fülle neuen und
sehr interessanten Porträtmaterials (der Anhang
stellt über 350 Porträts zusammen), daß es eine aus-
führliche Besprechung verlangen kann.“ Das Archiv
für christliche Kunst nennt das Buch „ein Novum
in jeder Riciitung“, die Kunst für Alle sagt „Kem-
meridis Schrift bedeutet in der allgemeinen künst-
Icrisdien Erforschung und Kritik einen entscheiden-
den Schritt vorwärts.“
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ALTER MEISTER
Alte HandzeiGhnonyenu. Aquarelle
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Deutsche Bcarbcitting jvon A. SCHMARSOW und B/KLEMM
. Band Tr Geh. M. 3.— 7gcb. M; 4.— '
Bie erste deutsche Ausgabe der berühmten „ S A L O N von Th^ophile Thor^, bekanntet
unter seinem Pseudonym W.^Büeger wird bei allen Freunden „und Kennern der franziV:
siswhen Kunst iin;19i Jahrhundert lebhafte Freude her vorrufen.- Denn, diese glänzenden
Hssays sind zeitgenössische Dokumente von hohem historischen Werte, ohne die einem
der wahre Geist jener Höhenepoche - in der modernen Kunstentwicklung verscMbssen
blwben mub^ Nicht nm^ ^Icm -Historikern^ die sich wissenschaftlich mit jener Zeit be"
schäftigen, . die durch die Namen Millet, Courbet, Corot, Manet etc. gekennzeichnet ist,
: atich- all denen, die das Streben haben; ihren eigenen künstlerischen Geschmack zu ver.»
tiefen und zu Mären, werden jene IMeisterschöpfungen moderner Kunstkritik reiche Ack^
r€gungen bieten. Die^ hier niedergeschriebene Geschichte der französischen Kunst ist die-
jvertvollste, weü im ihr das Ringen der IZeit unmittelbar auf lebt, weil aie seihst ganz
^ypn dem neuen Geiste- durchdrungen und voll von den Zusammenhängen^^zu den gleich*«
: " - ' zeitigen künstlerischen Ereigh^cn in Frankreich ist. ^
Der erste Band, dem 4n kurzem in gleich geschmackvoller Ausstattung nochlfwci^
weitere Bändchen folgen., behandelt in der Hauptsache die Entwicklung der französischen
'"-'C Landschaft-smalerei. ^ „Sr"
pt o bleni e. d gi*; Mal er ei
Bia Buch für Künstler und Lerncaefe
voa RU D O L P H C Z A P BC
Preis^ geheftet M* gebunden M. 3.75
S^.-«Sentliäbies ^ihrbuch der Malkußst, in dem theoretisch alle Probleme und Fragen
!aufgeroUt, di8kutiert;^d erklärt werden, gab es täsher noch nicht -Gerade in den Kreisen
r^rbildend^ Künstler und malenden Dilettanten hat man häufig diesen-Mangel empfunden.
: Die AnlageSies Czapekschen Werkes ist so gedacht, daß es wie dies schon der Unterster
^ $agis ebenso zum praktfechen Gebrauch Wie zum redn geistigen Studium der eigentlichen
Kuhstpibblem^ dienen soll. Willy/ von Beckerath, sett)st äls, Künstler gesMiäUt hat dem
Büche das-^icifcwort geschrieben und damit k'undgetan,” für ^iSe wichtig er eine Arbeit dieser
Ä^'häli, ÄlienKünsUerm Akademien,- Mak und Zeichcnschulen sei sic bestens empfohlen.
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Pig Marf(Tii»a dps Mattlias Grüncwald.
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^OfSCllUligßja: rBinÄ&näändfzeidinung im Kupferstidi-
^-lfib>&ie^^6|!Äl)ä^^Vön B. WäldmimiC jh^hambraproblcmc 11. vVon Ernst
: K^m^y^^Öb^rjdie^B^ändl^lg^^ <kr Könst Jn B^Berensoifö^^orth
Wflhelm^Siädar^/-B^NBtiassng^^ra JhemeT des Donau-
J^es^ftge^mgen^ S^stt^cfc
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[Kanskietz^fl MÄXLEHRS.
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^DiÄUnat des PortrMsr jParx Kcmmefito / Ä. KE®E-EHREHSTEIia. Das
(Max KmmejPtdi.) /P^Eim L£ F6mLB. Gen^ (Wilhelm
J^^i^ai% qHÄOT^R^uguste Bodin. (R F. S'di m i d tj / Ärtistes Beiges
gcojrf«nporab^^~ MegdrJ>7 J^TZ Hhdre^i del S^artp. (P^ut
^ fcTahdau). / W*^v. LOdÄ^Xio|[as Zeidmimgen; (M.^ Boehnii) | SERRANO
'EäTIGä^I; ^:Plea1^a^^äIti^cas -de^^ e^panofes^ (Ern st KühneL)
'jaOBT iÄÜNZE^ ßli K^st desv Künstle (theP'dpT VoIbehr^ / WOLF-
CqHN0y^iO?SJlkeEN; ßwlin/ ^Seij^VoB.) /^OS. äüG.,5EiqNGER.
rpl^fe^ejiiu^v'und Kultur, ß» tS. Jahrhundert. ^(Alfred t Deutsche
f KjmsijtfUtlitl^d^ (Pa ul^S <h i^iUg.)Jj. Kleine Anzeigen. 7 ^ ^
®6tf^raghie. ; 5
fet*^Kfi«iSsa^tSDf Sammlung Cheramg. U. Von R. H. Meyer, f
EfefKunstmarkt. Originalbcrichteaus Berlin /Frank-
/- Ecip^lf n&Un^en f- Paris f Atnst^dam f Haag; ' i
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M. GRÜNEWÄLD □
Die Madonna in Stuppach
MONATSHEFTE
^KUNSnrWlSSENSCHAFT-
Herausgeber: DR- GEORG BIERMANN
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2
□ Begründet als „Monatshefte der Kunstwissensdiaftlidhen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr, Curt Sadis □
I. Jahrg. Heft 5 1908
Die Stuppadier Madonna des Matthias Grünewald
Von H. Ä. Sdimid
Als die Notiz durch die Blätter ging, daß in Stuppach ein neues Gemälde von
Matthias Grünewald entdeckt worden sei, wurde zugleich mitgeteilt, daß ich die Autor-
schaft Grünewalds anerkenne und verraten, daß ich schon vor etwa zehn Jahren das
Gemälde aufgesucht hatte, damals aber ohne darin einen Grünewald zu entdecken.
Beide Angaben sind richtig. Ich habe das Bild zum ersten Mal im Sommer 1896
vor meiner Übersiedelung von Würzburg nach Berlin aufgesucht. Einer der Freunde
heimischer Geschichte und Kunst, die auch in Würzburg oft in uneigennützigster Weise
sich historisdier Forschungen und Forscher anzunehmen pflegen, riet mir audi dieses
Bild auf Grünewald zu untersuchen, da es wegen seines einzigartigen Charakters ja
I immerhin von dem Meister, der mich interessierte, sein könne. Den Namen des Herrn
; habe ich leider vergessen, ob seine Vermutung sich auf eine Tradition stützte, kann
1 ich mit Bestimmtheit nicht mehr behaupten. Ich teilte Konrad Lange nur mit, daß
dies wahrscheinlich sei.
Das Gemälde befand sich damals sogar annähernd in demselben Zustande wie
heute. Nach meinen Aufzeichnungen aller Stellen die übermalt waren, hat Herr W.
Ettle aus Ellwangen sich bei seiner Restauration wirklich mit der Reinigung und der
Ausbesserung kleiner Stellen begnügt. Trüber ist das Bild allerdings gewesen, denn
ich erinnere mich, daß es mir schwer wurde, einige Partien zu erkennen und zu
erraten wie sich der Künstler die Abstufung des Raumes nach hinten gedacht hatte,
und erschwert wurde das Studium durch das Zwielicht einer mit modernen Glas-
gemälden verdunkelten Kirche. Allein die Verwandtschaft der Madonna mit der des
Isenheimer Altares und die Ähnlichkeit der Himmelsglorie mit den Glorien auf der
Darstellung der Madonna und dem Engelkonzert in Colmar, und der breite malerisdie
Stil im Faltenwurf sind mir schon damals auf gef allen. Das Werk hatte mich seit Jahren
bei meinen Grünewaldstudien beschäftigt. Als Beweis kann ich anführen, daß ich sofort
telegraphisch bei Lange anfragte, ob er Stuppach meine, als er mir mitteilte, daß er
einen Grünewald gefunden habe und ich aus dem Aufgabeort Creglingen schließen
380
Monatshefte für Kunstwissenschaft
mußte, daß er die nördlichsten Teile Württembergs absuchte. Äber ich glaubte die
Wiedergabe des Bildes doch in den Textband meines Werkes verweisen zu können ;
und hatte deshalb auch einen nochmaligen Besuch des abgelegenen Ortes immer wieder I
hinausgeschoben.
Denn ich vermißte die Flammenzeichen jener leidenschaftlichen, zur Ekstase \
geneigten Grundstimmung, die mir für wirkliche Kunst im allgemeinen charakteristisch J
scheint und die sich bei Grünewald sonst ebensosehr in der Darstellung der Freuden j!
wie der Leiden, des Ruhenden wie des Bewegten, der Form wie des Ausdrucks, der
Knöchel eines Fingers, wie der landsdiaftlichen Ferne äußert. Es fehlt das leiden- j;
schaftliche Colorit und die übertreibende Charakteristik der Form.
Bilder, die nur in der oder jener Hinsidit die Eigenart eines großen Meisters
verraten, pflegen aber sich bei genauerer Kenntnis als Bilder von Schulgenossen oder i
Nachahmern zu entpuppen.
In diesem Falle verhält es sich anders. Die Komposition ist zwar reicher und kon-
zentrierter als die der Colmarer Madonna. Aber Grünewald ist zahmer geworden. Es ist ;
schmerzlich, sich dies einzugestehen, aber man wird sich dazu entschließen müssen. Der
Hofmaler des Kardinal Albrecht scheint dieselben Pfade betreten zu haben, die der sächsische
Hofmaler wandelte, nachdem auch er in seiner Jugend die Berliner Ruhe auf der
Flucht und die Schleisheimer Kreuzigung geschaffen. Durch Übermalungen und leichtere |
Retouchen ist dann die Handschrift des Künstlers noch mehr verflaut worden. Für j
jeden, dem Colmar und die Karlsruher Bilder ein aufregendes Erlebnis waren, wird das Bild
heute noch — wenigstens in seiner jetzigen Aufstellung und Beleuchtung eine Ent- l
täuschung sein. Im Freien mögen die unberührten Teile stärker zur Geltung kommen |
und sich auch besser von den verhauten und ganz übermalten abheben. Ich habe |
das Bild unglücklidierweise auch bei einem zweiten Besuch nicht im Freien sehen können. I
Aber das Bild so hoch einzuschätzen wie Konrad Lange es tut, wird mir kaum je j
möglich sein. |
Die Übermalungen gehen m. E. viel weiter als er und auch W. Ettle annehmen. |
Der Mittelpunkt der ganzen Darstellung, das Gesicht der Maria sowie das Gesamtcolorit |
können nicht die ursprünglichen sein. Wir müßten uns denn irren, wenn wir das |
ganze Bild Grünewald zuschreiben. j
Interessant ist das Werk auch so.
Zur Erläuterung der Abbildung und zur Orientierung, über das, was dargestellt
ist, sei folgendes vorausgesdiickt.
Den Sitz der Mutter bildet eine Steinbrüstung, die man links im rechten Winkel
sich gegen vorne umwenden sieht. Der Boden, auf dem sich das Gewand ausbreitet,
ist mit Gras bewachsen, rechts steht vorn ein Blumentopf mit Lilien, rosaroten Rosen,
einer dritten Pflanze, die in die Gattung der Kompositen gehört (wahrscheinlich Anthe-
mis tinctoria), und einer vierten, die mein Gewährsmann aus den vorhandenen Photo-
graphien bisher noch nicht bestimmen konnte^).
*) Die Bestimmung der Pflanzen verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Ordinarius für
Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der deutschen Universität in Prag Prof. HansMolisch.
Sdimid. Die Stuppacher Madonna des Matthias Grünewald
381
Der Baum, der unmittelbar hinter dem Gefäße steht, hat rote Blüten und ist
wahrscheinlich, wie Lange angibt, ein Granatbaum. Rechts auf der Brüstung steht
ein Topf mit violettroten nelkenartigen Blumen (vermutlich Lychnis, Lichtnelke). Weiter
hinten eine Art Geländer, unter dem verschiedene Pflanzen sprießen. Ein Johannis-
beerstrauch mit Beeren ist mit großer Wahrscheinlichkeit festzustellen. Die Zeit, da
die Beeren reifen, würde auch als Blütezeit der übrigen Pflanzen, soweit sie bestimm-
bar sind, passen. Die gothische Kirdie im Hintergründe bildet ein äußeres Indizium
für die Autorsdhaft Grünewalds; sie stellt zwar bestimmt nicht die Maria Schneekapelle
in Aschaffenburg vor, wie ich früher vermutet habe. Die dortige Freitreppe, die an
die im Bilde erinnert, stammt aus dem 17. Jahrhundert, und ob der dortige Giebel
ehemals auch nur im entferntesten an den der Querschiffassade im Bilde erinnert hat,
wissen wir nicht, denn das ganze Dach ist im 17. oder 18. Jahrhundert umgebaut
worden und der jetzige gothische Giebel stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Allein es ist im Bilde sicher das Straßburger Münster dargestellt. Von der
zweiteiligen Querschiffassade sind einige Einzelheiten mehr der nördlichen, andere der
südlichen entnommen. Es stimmt aber auch die außergewöhnliche Gesamtdisposition
des Baues überein, daß sich nämlich der Chorschluß unmittelbar an das Querschiff
anschließt. Da zweischiffige Querhäuser auch sonst Vorkommen, fragte ich noch bei
G. von Bezold an und dieser erklärte bestimmt, daß das Straßurger Münster dar-
gestellt sei.
Auf der linken Seite des Bildes sieht man zu unterst eine weiße Schale mit
einem Rosenkranz von roten Perlen, dann einen grünen Krug, oberhalb der Brüstung
steht ein Feigenbaum, zwischendurch sieht man auf eine Wiese, in der Tiefe derselben
befindet sich ein Stand mit Bienenkörben und daneben ein zweiter Granatbaum, un-
mittelbar dahinter ein Zaun mit einem Gatter, durch das der Weg von der Kirche
zum Städtchen führt. Durch die Latten des Zaunes sieht man dann noch eine zweite
Wiese und die ersten Häuser einer Ortschaft. •
Das Licht kommt vorne und noch bei den Häusern des Städtchens von links
oben, dazu würde die Stellung des Regenbogens noch leidlich stimmen. Hinten werden
aber die Berge von rechts hell bestrahlt, als ob die Sonne hinter der Kirche sich be-
finden würde. Es hebt sich auch die Silhouette der Kirche von der Luft dunkel ab.
In mehreren Aufnahmen sind freilich die lichtblauen Schatten des Gebirges heller ge-
kommen als die um weniges helleren gelben Lichter, so daß die Beleuchtung die
umgekehrte zu sein scheint und mit dem Vordergründe stimmt, aber in den er-
haltenen Teilen neben dem Kopf der Maria ist die Sache im Original wirklich
unrichtig.
Daß nun die Komposition schon durch die Beschneidung der Ränder etwas
alteriert wurde, scheint mir wenigstens wahrscheinlich. Ich habe mir die Maße
185 : 145 aufnotiert. Lange hat dieselben auf 186 : 150 angegeben. Ein einfacheres
Verhältnis von Höhe zu Breite wie etwa 200:150, 186:186 oder 190:152 (d. h. 5:4)
ist an sich wahrscheinlicher. Eine leise Dissonanz, wie vor Gemälden, die tatsächlich
angestückt oder beschnitten sind, empfinde ich auch vor den farblosen Abbildungen.
382
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Übermalt ist am brutalsten die Luft; die Glorie scheint zwar wenigstens zum
großen Teile alt zu sein, dagegen sind die Wolken darunter roh überschmiert. Die
Übermalung reicht außerhalb des Regenbogens über den Höhenzug bis zu dem dunklen
Walde, innerhalb wenigstens bis zu dem Höhenzuge und dem Kopfe der Maria, rechts
in die angrenzenden Teile der Kirche hinein und über die in die Luft ragenden Teile
des Granatbaumes.
Sidier scheint mir, daß auch der Kontur des Kopfes der Maria etwas verändert
wurde, obwohl die Haare im wesentlichen alt sind. Stark ausgebessert sind sie freilich
an der rechten Wange und unter dem Kinn. Aber auch das Gesicht selbst hat stark
gelitten. Ergänzt ist eine größere Stelle in der linken Augenhöhle im Schatten der
Nase. Nachgezogen scheinen mir auch die Augenlider. Neben den schwellenden,
Ausdruck und Leben sprühenden Formen der Colmarer Madonna erscheint denn auch
dieser Kopf heute wie das stupide Machwerk eines Stümpers schon in der Photo-
graphie. Der Mund, der am besten erhalten scheint, erinnert dagegen auffallend an die
eigentümliche Art, wie der Mund des Erasmus auf dem Münchener Bilde gemalt ist.
Freilich muß auch über den unteren Teil des Gesichtes die Schnecke eines Restaurators
gekrochen sein. Auch hier ist alles weit lebloser als in dem Münchener Bilde und
in dem Gesichte des Kindes nebenan. Das Christkind ist besser erhalten und scheint
im wesentlichen in urspünglichem Zustande auf uns gekommen zu sein, ebenso die
rechte Hand der Mutter. Gut erhalten ist alles, was links davon sich befindet, die
Gewandfalten, die Landschaft, und zwar diese von den Häusern des Städtchens bis
herab zu der weißen Schale, endlich auf der anderen Seite der größte Teil der Kirche.
Außerdem ist aber noch die rechte untere Ecke des Bildes stark ruiniert. Die Lilien
sind intakt oder doch fast unberührt, ebenso die meisten übrigen Blumen, dagegen
sind alle dunkleren Teile, die Töpfe, die Gewandfalten und die Wurzel des Granat-
baumes in sehr schlimmen Zustand, ferner auch sonst ein großer Teil des Rockes der
Mutter in den Schatten.
Wenn ich heute glaube für die Autorschaft Grünewalds eintretenzu können, obwohl
ich das Bild auch bei einem zweiten Besuch nicht im Freien sehen konnte, obwohl so
viel ruiniert ist und sich wenigstens mündlicher Widerspruch gegen die Autorschaft
Grünewalds bereits erhoben hat und sich noch mehr erheben wird, so gesdiieht das
deshalb, weil mir bei dem zweiten Besuche auch im Zwielicht der Kirche einige Stellen
die Klaue des Löwen zu verraten schienen und weil unter den Trümmern anderer
Teile, wie dem Untergesicht der Maria, noch insbesondere die Merkmale des Spätstils
hervorsehen, den ich seither genauer kennen gelernt.
Denn daß das Bild der Spätzeit angehört, erscheint mir außer aller Frage, es
ist das ebensowohl meine als Langes Bestimmung. Die erhaltenen Teile stimmen am
meisten mit dem Münchener Bilde, dann mit den Gemälden in Aschaffenburg und
Karlsruhe überein. Das Werk stellt wohl die letzte Phase dieser letzten Stilepoche vor
und ist als Arbeit Grünewalds überhaupt verständlich, wenn man die späte Ent-
stehungszeit annehmen darf. Wir sehen nicht mehr dieselbe Handschrift wie auf dem
Colmarer Altarwerke, wohl aber die Spuren oder die Weiterbildung derselben.
Sdimid. Die Stuppadier Madonna des Matthias Grünewald
383
Es fehlen zunächst die für Grünewald charakteristisdien Wellenlinien bei der
Umschreibung der menschlichen Form. Grünewald sah freilich auch früher die Welt
weniger knorrig als Dürer, aber auch er übertrieb. Dunkle Konturen, wie noch bei
den Fingern des Johannes in der Karlsruher Kreuzigung, sind überhaupt verschwunden
und merkwürdig flau ist auch die Architektur im Hintergründe behandelt. Der spät-
romanische Bau ist mit spätgotischen Details ausgestattet, die sehr von der Architektur
des Engelkonzertes abstechen und fast an die Gothik der Biedermeierzeit erinnern.
Markiger, und weit mehr in der früheren Art, ist freilich die Darstellung der Blumen,
Sträucher und Kräuter.
Der Farbenauftrag beim Fleisch von Mutter und Kind, heute wenigstens fast
emailartig, erinnert geradezu an gleichzeitige Bilder eines neuauftauchenden Genius, an die
Lais von Holbein d. J. Der temperamentvolle Vortrag, der für die Karlsruher Kreuzigung
und audi für einige Köpfe des Münchener Bildes so charakteristisch ist, findet sidi nur
in der Gewandung. Hier freilich ist auch am deutlichsten der von anderen Gemälden
und den Zeichnungen her bekannte, Grünewald eigentümliche zitternde Verlauf der
Säume wieder zu erkennen.
Weniger als die Art der Darstellung scheint sich die Bevorzugung bestimmter
Bewegungen, Formen und Dinge verändert zu haben. Was bei der Madonna so sehr
an Colmar erinnert, ist die Körperhaltung, daß die Bewegung der einen Hand bei
einem Engel in Colmar wiederkehrt, hat schon Lange gezeigt, aber auch die andere
ist für Grünewald charakteristisch, die alte Neigung, die Finger nach außen umzubiegen,
ist bei Mutter und Kind noch deutlich erkennbar, wenn auch weniger ausgeprägt wie
früher. Das schlecht gezeichnete Ohr des Kindes ist das für Grünewald charakeristische
und findet sich u. a. beim Mauritius in München ähnlich. Die Vorliebe für durch-
sichtige Tücher ist für Grünewald charakteristisch vom ersten Bild an und es ist nicht
ganz bedeutungslos, daß ein raffiniert gemalter durchsichtiger Stoff - auch auf dem
Stuppadier Gemälde wiederkehrt.
Immerhin ist das Gesicht des Kindes auch nicht ganz so lebendig wie die Köpfe
des Mündiener Gemäldes, auch die besser erhaltene rechte Hand der Mutter hat noch
etwas befremdendes für den Maler des Händeringens.
Das Kolorit wurde beherrscht durch die reiche Gewandung der Madonna,
die einen großen Teil des Bildes einnimmt. Wie zu Colmar ist auf die Farben dieser
Gewänder das übrige gestimmt worden, in dem Sinne, daß dieselben in der Um-
gebung stumpfer oder duftiger wiederkehren.
Das Carnat von Mutter und Kind spricht weniger stark mit, es ist sehr hell,
weißlich, die Schatten sind teils lichtbraun, teils spielen sie auch ins Grünliche,
Bläuliche, Violette. Die Haare sind blond, heller beim Kinde, etwas dunkler bei
der Mutter.
Der Rock besteht aus Goldbrokat, der gelbrot wirkt, dessen Grund aber
karminrot ist. Der Mantel ist blau und hat purpurviolettrotes Futter, das neben der
linken Hand der Mutter, dann unter der rechten und nochmals in der rechten unteren
Ecke zum Vorschein kommt. Das Gelbrot kehrt dann stumpfer wieder in dem Braunrot
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Monatshefte für Kunstwissenschaft
M. GRÜNEWÄLD □
Kopf der Madonna in Stuppadi. (Äusschnitt)
der Kirche, das Violettrot nicht gleich, aber ähnlich in den Rosen und Nelken. Zu dem
Blau des Mantels dürfte sich ehemals ein duftigeres Blau in der Luft gesellt haben.
Äuf der linken Seite des Gemäldes bilden das Grün des Kruges, das ähnliche Grün des
Feigenbaumes und die duftig grünen Töne der Wiesen, dann das Blau und die
blässeren und volleren purpurvioletten Töne des Mantels und der nahe Goldbrokat
einen außergewöhnlichen, feinen und ganz raffinierten Farbenakkord. Die lichtbräun-
lichen Mauern des Hauses darüber, die duftig blauen oder grauen Dächer erinnern an
zarte Farbenkombinationen moderner Pleinairmaler. Diese Teile scheinen mir nach er-
neutem Studium im Verein mit den vielen Anzeichen, die, für sich allein genommen,
nur auf Grünewalds Schule oder Werkstadt oder Umgebung deuten würden, die Autor-
Sdimid. Die Stuppacher Madonna des Matthias Grünewald
385
M. GRÜNEWÄLD □
Kopf der Madonna in Colmar. (Ausschnitt)
Schaft des Meisters beweisen. Es kommen noch dazu einige durch Kolorit und Farben-
auftrag gleich prächtig wirkende guterhaltene Stellen im Brokatstoff des Rockes.
In der Gesamtersdicinung des Bildes ist das starke Vorherrschen von gelbrot
(im Gewand) und braunrot (bei der Kirche) aber sehr befremdend. Die Gesamtwirkung
erscheint für Grünewald zu nüchtern und kann so nüchtern ursprünglich kaum ge-
wesen sein. Verändert hat sich freilich Grünewalds Farbengeschmack sicher. Schon
in den Bildern in Karlsruhe und München treten neue Farbenkombinationen auf, und
diejenigen, die für die früheren Gemälde charakteristisch waren, zurück.
Es scheint sich aber das Verhältnis des Künstlers zur Welt überhaupt verändert
zu haben. Schon das ist im Grunde auffallend, daß er sich zu einer solchen Dar-
386
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Stellung ruhigen Seins und stillen Behagens versteht, die nicht nur im Vorwurf, son-
dern auch in der Auffassung an Dürers Madonna mit den vielen Tieren und ähnliche
Schöpfungen erinnert. Am auffallendsten kommt der Wechsel der Auffassung in der
landsdiaftlidien Szenerie zur Geltung. In Colmar entrollte er ganz, ohne daß die
Situation es erfordert oder auch nur angeregt hätte, als Hintergrund der Madonna
jenen Ausblidc auf eine gewaltige Gebirgskette, die sich nach beiden Seiten hinter den
Nachbarbildern noch weit fortzusetzen sdieint. In dreifacher Steigerung ist dann auch
noch der Eindrude der Höhe erzielt. Der Blick senkt sich hinter der Madonna erst in
die Tiefe, steigt dann hinauf zu einer Anhöhe, klettert an ungeheuren Felswänden
empor, an denen Tannen nur spärlich haften, über ihnen erst ballen sich die Wolken,
über denen wiederum weit, weit oben Gott Vater thront.
Solche Mittel der Steigerung sind in Stuppadi aufgegeben, die Luft ist übermalt,
aber es ist nicht möglidi, daß ähnliches erzielt oder erreicht war. Während der Hinter-
grund der Isenheimer Madonna auch eine gewaltige Steigerung der Szenerie bedeutet,
die der Maler damals um sich sah, so daß man vermuten sollte, das Bild sei nicht am
Fuße der Vogesen, sondern am Fuße der Alpen gemalt, so ist in Stuppach der friedlich
heitere Charakter einer Landschaft, wie sie sich im Taubergrund und anderswo noch oft
findet, mit einem leisen Stich ins Alltägliche geschildert, und doch hätte auch die Mergent-
heimer wie die Aschaffenburger Gegend großzügige Motive geboten.
Wie weit italienisdie Einflüsse auf Grünewald wohl bestimmend waren werde
ich in anderem Zusammenhang untersuchen. Idi finde sie schon in Colmar nicht nur
in architektonischen Einzelheiten, sondern auch in der Darstellung eines Mensdien. Im
Kopf dieser Madonna kann ich einen solchen nicht erkennen. Der Typus scheint mir
zwar auffallend für Grünewald aber eher deutscher als der frühere zu sein.
Allein das Bild ist trotzdem das Symptom einer neuen Zeit und als solches
historisch besonders wertvoll. Denn es erscheint der Sinn für das Wildromantische,
der am Ende der neunziger Jahre in der oberdeutschen Kunst plötzlich aufflammte,
und alle mitriß, erloschen bei dem Künstler, dessen Werke für jene Zeitströmung vor
allen andern charakteristisch waren.
über die karolingischen Wandmalereien zu Münster
in Graubünden
Von Äugust Schmarsow
Die Veröffentliciiung von Josef Zemp und Robert Dürrer „Das Kloster S. Johann
zu Münster in Graubünden“, deren erste Lieferung bis jetzt erschienen ist (Genf 1906),
bringt der kunstgesdiichtlidien Forschung reichen Zuwachs. Ganz besondere Beachtung
verdient der Einblick in die karolingische Wandmalerei, der sich hier unmittelbar, wie
an keiner anderen Stätte sonst, bietet. Gerade diese nun wirklich karolingischen Reste
monumentaler Ausschmückung eines Kirchenraumes ermöglichen eine Unterscheidung
durchgreifender Art, und erfordern sie um so dringender, als sie für eine lange Zeit
vorangegangener wie nachfolgender Kunstübung entscheidenden Wert behaupten darf.
Ein glücklicher Zufall hat mich nach Münster in Graubünden geführt, als der
Entdecker, Professor Zemp von Zürich, am Orte seiner langjährigen aufopfernden Tätig-
keit anwesend war. Sonst hätte ich die Fahrt über den Ofenpaß vergebens gemacht;
denn die Nonnen bedürfen der Erlaubnis ihres geistigen Obern und gewährten bisher
niemand Zutritt, so daß auch schweizerische Beriditerstatter , die als Augenzeugen zu
schreiben sdiienen, garnicht innerhalb der Klausur gewesen sind, durch die der Zugang
führt. Um so mehr muß ich es als meine Pflicht betrachten, die Eindrücke zu
charakterisieren, die man doch nur vor den Originalen gewinnen kann, und für die
Gewissenhaftigkeit und Treue der Publikation Zeugnis abzulegen, die nur unter den
größten Schwierigkeiten möglich war, und unter diesen Hindernissen, wie unter den
Bedingungen handlichen Formates, doch soviel Einbuße erleiden mußte, daß der An-
blick der Werke selbst eine ganz unersetzliche Ergänzung bildet. Man muß auf einer
hohen Leiter aus der anstoßenden Kammer des Klosters durch die Rundbogenöffnung
eines ursprünglichen Fensters der alten Kirche in den dunklen Dachraum hineinklettern
und dort mit einer Blendlaterne auf dem vielbusigen Gewölbe, das nach 1499 ein-
gezogen ward, herumhocken, sozusagen zwischen Berg und Tal hin und her steigen,
um bald in der Nähe zuzuschauen, was noch erkennbar ist, bald aus weiterem Abstand
ein Bild als Ganzes auf sich wirken zu lassen. Die Zwickel zwischen diesen
Wölbungen und die schmalen Stücke über ihren Höhen ringsum an den Umfassungs-
mauern sind eben die stehengebliebenen Wandflächen, an denen die kostbaren Reste
von Malerei so dasitzen, wie zu jener Zeit, da die Umgestaltung der Kirche vor-
genommen ward. An der Ostwand ist dieses zerschnittene Stückwerk dadurch noch
verwirrender, daß eine obere Schicht, aus romanischer Zeit stammender Übermalung,
zum Teil die karolingische Arbeit verdeckt, die durch Abblättern des spätem Bewurfs
etwa zur Hälfte erst wieder zutage tritt. Und dennodi, was wir so erjagen, ist ein
überraschender Gewinn, der die Mühe vollauf belohnt.
Lernen wir so das Verdienst der Herausgeber würdigen, so erklären solche er-
schwerenden Umstände doch auch, weshalb eine genaue Kopie dieser Reste, die in
388
Monatshefte für Kunstwissenschaft
jedem Strich auf ihre Zuverlässigkeit durchgeprüft ward, hinter dem Eindruck des
Originals Zurückbleiben mußte. Die ängstliche Nachbildung, Fleck für Fleck, konnte
nur in unmittelbarer Nähe zustande kommen; sie ist eine Mosaikarbeit, die sidi für
den Betrachter der Publikation in dem kleinen Maßstabe notwendig wieder in ihre
Bestandteile auflöst, und wenn man auch versucht, sie weiter vom Auge zu halten,
damit das Ganze besser zusammengehe, dodi nicht befriedigt, weil dann die Erkenn-
barkeit des Dargestellten leidet, also eine andre Forderung zu kurz kommt. Außerdem
ist der farbige Eindruck so wesentlich und unentbehrlich für den Charakter dieser
Werke, daß jede Übertragung in monochrome Wiedergabe nur ein kümmerliches Sur-
rogat sein kann. Die Originale sind aber selbstverständlich für den Abstand des
Besuchers unten in der Kirche gemalt, ja so stark für diese Entfernung berechnet, daß
sie ganz verkehrt wirken, solange der Aufblick zum obersten Wandstreifen unter der
ursprünglichen Holzdecke von unten her ausgeschlossen ist. Droben vermag man sich
nur einigermaßen dieser Voraussetzung anzupassen, indem man sich in leidlicher Seh-
weite zusammenkauert oder niederbeugt. Gerade in dieser Routine dekorativer Be-
handlung liegt ein wesentliches Merkmal. Selbst die Beurteilung der Perspektive in
den Bildern dürfte nur von dem unteren Standpunkt auf dem gemeinsamen Fußboden
der Kirche ausgehen. Es ist also eine höchst willkommene Botschaft, daß die Ablösung
der Reste und die Übertragung nach Zürich bevorsteht. Ist diese Prozedur erst
glücklich gelungen, so werden auch alle Beschauer die Aussage begreifen, die ich in
voller Übereinstimmung mit dem Verfasser des Textes wiederhole: hier herrscht ein
eminent malerischer Stil, der auf koloristische Einheit gegründet ist, — „eine warme,
freundliche, harmonische Tonalität, die an die Farbenstimmung der frühchristlichen j
Katakombenbilder und an die Malereien von S. Maria antiqua in Rom erinnert“; — I
aber nichts von dem Dürftigen, Greisenhaften, mühsam Zusammengestrichelten hat, das
man sich nach dem Anblick der Tafeln vorstellen könnte. All das Stückwerk fließt
zusammen zu einem wohltuenden Gesamteindruck, sowie man hinreichenden Abstand
gewinnt. Also die Originale sind unerwartet viel schöner und bereiten dem, der zu
ihnen hindurchdringt, keine Enttäuschung, sondern einen ganz eigenartigen Genuß von |
befreiender Größe.
Innerhalb dieser großflächigen Breite der Erscheinung die allen einigermaßen
erhaltenen Bestandteilen gemeinsam ist, gibt es aber noch drei Stufen zu unterscheiden:
einmal das rein Dekorative in der Umrahmung aller Bilder, das sich an allen Wänden
entlang zieht; — dann die alttestamentlichen Historien, die sidi an Süd-, West- und
Nordwand erstrecken und an der letzten deutlich als die Geschichte Absaloms erkennbar
sind; — endlich an der Ostwand über den drei Apsiden ein feierliches Repräsentations-
bild, das eine sogenannte Majestas Domini darbot. In dieser Reihenfolge möchte ich sie
besprechen, im Unterschiede von Zemp; denn ich glaube, durch diese kleine Ver-
schiebung der Disposition gelangen wir noch sicherer und klarer zur Erfassung des
wichtigen Unterschiedes, der auch ihm natürlich nicht entgangen ist, der mir jedoch für
Schmarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden 389
die beiden Hauptgebiete von einer Tragweite scheint, die für unsere Gesamtvorstellung
der damaligen Kunst voll ausgebeutet werden sollte.
Die rein dekorative Umrahmung der Bilder mag für diesen Zweck außer Be-
tracht bleiben. Das Motiv aber, daß die Bandstreifen in den Ecken des Kirchenraumes
aufgehängt sind, wo sie aus trichterförmigen Hülsen hervorkommen, wie man das
Ende von Guirlanden zu befestigen pflegte, — so daß ich sie nicht als „Stäbe“ be-
zeichnen möchte, eben dies Motiv und die großen runden Scheiben (mit Mond-
gesichtern) die auf die Kreuzungsstellen der senkrechten und wagerechten Gehänge
aufgesetzt sind, bezeugen den architektonischen Sinn, der die ganze Dekoration im
Ansdiluß an die Mauern des vorhandenen Innenraums erfindet. Kein Zweifel, der
Meister, der darauf ausging, den Bildflächen eine ruhige und sichere Haltung zu geben,
muß in einer monumentalen Überlieferung aufgewachsen sein, deren Mittel er völlig
bewußt und klar verwertet. Wirkt auch hier die Farbenverteilung warm und reich, so
390
Monatshefte für Kunstwissenschaft
blieb die Ausführung der immer wiederkehrenden Fassung doch gewiß Hilfskräften
überlassen, nadh denen wir nicht weiter zu fragen brauchen.
Dagegen leuditet sofort ein, daß zwischen der Behandlungsweise der Altarwand
und der drei übrigen bei aller Gemeinsamkeit der Schule ein Unterschied waltet. Über
die Historienbilder muß vor allem die Nordwand Zeugnis geben, da an der westlichen
Schmalseite, die in vier Felder geteilt war, fast nur nodi die Hälfte des dritten und
das ganze vierte an die Nordmauer anstoßende erhalten sind, während die acht Felder
der Südwand, infolge eines Brandes, so gut wie unkenntlich dastehen. Die ent-
sprechenden adit Szenen der Nordwand bekunden jedoch zusammen desto einheitlicher
den hochentwidcelten malerischen Sinn, die weiche, etwas sorglos dekorative Vortrags-
weise. „Die Pinselführung ist breit und willkürlich; keine zeichnerische Scheidung
von Umriß und farbiger Füllung: Zeichnung und Farbe vielmehr unlöslich in der
malerisdien Anschauung verbunden.“ Das kundige Auge des Forschers, dem wir die
farbigen Aufnahmen verdanken, läßt uns audi in das Verfahren des Malers hinein-
blicken. „Erst wurden die Lokalfarben hingesetzt, dann die dunkleren Töne eingetragen,
bald in breiten Massen, bald in weicher Linie, die jeden Augenblick wieder in flächige
Breite übergehen kann.“ Dieser Maler behandelt die Haare breit und massig, nicht
zeichnerisdi eingehend, hebt die Gesiciitszüge mit flotter Einfachheit hervor, namentlich
um die Augen, für die Fernwirkung gelegentlich übertreibend, isoliert die Formen auf
dunklerer Umgebung durch weiße Umrandung — genug, er arbeitet überall mit freier
Routine, für deutliche Erkennbarkeit der entscheidenden Teile, und doch für den
harmonischen Zusammenhang des Bildganzen, dem zuletzt alle Mittel seiner summari-
schen Hantierung dienen. Nur ein erfahrener, im Vollbesitz einer langen Tradition
der Wandmalerei gewiegter Meister, vermag so etwas zu leisten.
Den Gesamteindruck der Malerei dagegen, die einst oben an der Altarwand
zu sehen war, vermag nur geduldige Hingebung wieder zu erwedeen. Indessen sind
gerade diese Überreste des Ursprünglichen von hinreißender Großzügigkeit, auch in
der Farbengebung und malerischen Behandlung allein. „Die Pinselführung ist hier
bestimmter und energischer, die Zeichnung der Falten von größerem Zug als in den
alttestamentlichen Geschichten, die Modellierung der Gesichter eingehender, in den
tiefsten Schatten bis zu dunklem Braun.“ Man spürt die vorbildliche Strenge des
monumentalen Stiles, wie uns in Basiliken Roms die Mosaiken der Apsis über Zeit
und Ort hinausheben, und doch sind diese Ersdieinungen hier nicht mehr zeitlos und
unwandelbar, wie die mächtigsten Beispiele jener Verewigungskunst. Eben hier hebt der
Verfasser des Textes die überraschende Ähnlichkeit mit den spärlichen Überbleibseln
karolingischer Malerei hervor, die 1871 in der Domkapelle zu Aachen entdeckt und
damals sorgfältig aufgenommen, aber dann geopfert wurden, so daß wir sie heute nur
aus jenen Abbildungen kennen.^) „Ganz gleich ist hier wie dort die Fläche mit glattem
Tone okergelb angelegt, sind graue Sdiatten mit breitem Pinselstrich unvertriebcn
hineingezogen, Lichter in langen, parallelen weißen Linien daneben gelegt, sdiwarze
h In Farbendruck bei P. Clemen, Die romanischen Wandmalereien der Rheinlande.
Düsseldorf 1905. Taf. 2.
Sdimarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden 391
Nordwand (Rekonstruktion von Zemp)
Konturen da und dort nadigctragen, rote Gewandmuster zuletzt aufgesetzt“, so daß
man auf die nämliche Schule, wenn nicht auf denselben Meister schließen möchte,
denen jene Kuppelmalereien in Aachen (um 800) gehörten. Auch die Figuren an der
Altarwand zu Münster in Graubünden sind auf breite, volle Wirkung berechnet. Nicht
gänzliche Verschiedenheit der malerischen Schulung, sondern nur die andere Tonart
des Vortrags und die ernste Durchbildung alles Einzelnen trennt diesen Maler von
dem flotten, sorgloser pinselnden Zeitgenossen, der die alttestamentlichen Historien
ausgeführt hat. Vielleicht ist überhaupt die Mutmaßung, daß wir zwei Personen zu
erkennen haben, minder stichhaltig oder doch minder wichtig, als der Unterschied
im innern Wesen der Aufgaben und der geistigen Auffassung.
An der Altarwand bestand die Aufgabe darin, mit sakraler Feierlichkeit zu
wirken, eine große Gesamtanschauung zu gewähren, die auf beiden Seiten symmetrisch
die Werte austeilt, um so die Mitte als ruhiges Zentrum hervorzuheben, oder vielmehr,
von diesem einen festen Punkt aus die beiden korrespondierenden Flügel zu entfalten,
wie am Triumphbogen einer Basilika. In der fortlaufenden Reihe der erzählenden
Bilder herrscht dagegen, dem Verfolg der Geschichte gemäß, die Richtung von links
392
Monatshefte für Kunstwissenschaft
nach rechts, oder gelegentlich einmal die widerstrebende Bewegung von rechts nach
links, je nach dem Inhalt des Geschehens.
Schon diese unvergleichbare Verschiedenheit der Aufgaben und der Bedingungen
des Aufnehmens für den Betrachter muß der stilistischen Haltung einen nicht nur be-
sonderen, sondern geradezu entgegengesetzten Charakter aufprägen. Aber auch diese
erklärt die Unterschiede nicht zur Genüge und erschöpft nicht ihre Tragweite. Wir
können und müssen dem vorhandenen Befund dieses karolingischen Gemäldezyklus
noch mehr abgewinnen, um der Bedeutung des Gegensatzes vollauf gerecht zu
werden.
In dem erhaltenen Bilderstreifen der Nordwand ist die Geschichte Absaloms mit
großer Ausführlichkeit erzählt. Das nächste Feld neben der Chorwand schließt diese
Geschichte ab, mit der Nachricht vom Tode des aufrührerischen Sohnes, die David
empfängt. Von hier aus müssen wir also die acht Bilder dieser Seite rückwärts ver-
folgen. Das erste neben der Westwand zeigt die Fürbitte des Weibes von Thekoa
für den bis dahin Verbannten, das folgende die Rückkehr und die Begnadigung. An
dieser Nordwand ist also noch nicht die ganze Geschichte Absaloms gegeben; die
voraufgehenden Ereignisse, wie die Ursache seiner Flucht usw., müssen an den andern
Wänden erzählt gewesen sein. Fraglich erscheint es dagegen, wie weit wir in dieser
obersten Reihe zum übrigen Leben des Königs David selber gelangen; nach ihrem
sicher dastehenden Schlußbild ist eine solche Erweiterung sogar unwahrscheinlich.
Diese Reihe zuoberst kann nur an der südlichen Langseite der Kirche, d. h. neben der
Altarwand, dem Schlußbild gegenüber, begonnen haben. Für spätere Tatsachen aus
dem Leben Davids, die wichtig genug wären, wie die Salbung Salomos, ist kein
Platz vorhanden. Die früheren Schicksale Davids und etwa Sauls könnten nur in
unteren Reihen gesessen haben, so daß die Erzählung von unten nach oben umlaufend
abgelesen werden mußte. Aber die gleiche Felderteilung über die drei Wände durch-
geführt zu denken, wie Zemp annimmt (und in Fig. 14 entwirft), so daß wir auf
hundert gleichgroße Historienbilder kämen, will mir nicht recht in den Sinn. Zunächst
ergibt sich aus der vorhandenen obersten Reihe nur die Forderung einer zweiten, die
noch zur Fensterregion gehört. Rechnen wir oben allein mit dem Leben Absaloms,
so stünde für die zweite darunter der Gedanke an eine neutestamentliche Parallele
offen. Die typologische Gegenüberstellung würde dann auf Christus führen. Sollte
die judenchristliche Tendenz sich dazu verstiegen haben, den Messias mit Absalom zu
vergleichen? Für die einheitlichen Flächen der Vollmauern unterhalb der Fenster wäre
wohl eher das Beispiel von S. Martino in coelo aureo (S. Apollinare nuovo) zu Ra-
venna, mit den feierlichen Prozessionen unter den kleinen Historienbildern, herbeizu-
ziehen. Die ganze Kirche, auch wenn sie einschiffig und verhältnismäßig klein war,
als ein Bilderbuch mit hundert gleichen Feldern auszumalen, würde in meinen Augen
eine gewisse Barbarei bedeuten. Dann hätten wir zu Münster ein Zeugnis für
provinziellen Mangel an monumentaler Raumkunst. Und gerade für die Voraussetzung
solcher Befangenheit, der wir später in schweizerischen Kirdien oft begegnen, scheint
angesichts des Erhaltenen kein Anlaß. Wir haben vielmehr in dem heutigen Befunde
Sdimarsow. Über die karoling. WandmalereiGii zu Münster in Graubünden 393
Äbsaloms Tod und die Boten vor David
einen großen, sicher durchgehaltenen Gegensatz zwischen der Ältarwand, als der Stelle
des Allerheiligsten , und den übrigen Umfassungsmauern des Innern. An diesem
zweifellosen Ergebnis sollten wir jedenfalls so lange festhalten, bis auch die Apsiden
genau untersudit sind, und vielleicht eine Handhabe für Vermutungen über die weiteren
Faktoren des Gesamtsdimuckes in der unteren Region ergeben.
Die zuverlässige Grundlage für die Erkenntnis des innersten Unterschiedes
finden wir m. E. in den Gesetzen der Komposition, die nach dem Darstellungsgegen-
stande hier und dort ganz verschieden sind. Dort ein großes feierliches Repräsentations-
bild; hier ausführliches Fabulieren in lauter Einzelbildern, die für sich abgeschlossen,
durdi dekorative Umrahmung getrennt sind. Und da ist vor allen Dingen die Tatsache
wichtig: keine Spur fortlaufender Erzählungsweise, die mehrere Momente in einem
Rahmen vereinigte, oder gar aus dem einen Gemälde ins andere weiterflösse, sondern
klare Auswahl des Moments und isolierende Abrundung des Bildes als Einheit, wenn
auch innerhalb der Reihe, die weiterleitet bis zum Schluß.
„Das Grundgesetz der figürlichen Komposition ist ungefähr das gleiche, wie in
den Bildern aus der Geschichte Josefs in S. Maria antiqua zu Rom“, schreibt auch
Zemp. „Die Vorgänge aus der Geschichte Äbsaloms werden in Münster ebenso
schlicht, anschaulich und ruhig gesdiildert.“ Selbst in dem erregten Vorwurf von
Äbsaloms Tod eine ganz objektive Tatsächlichkeit, die nur das gibt, worauf es an-
kommt. „Diese Ruhe wird ein Erbstück der Antike sein.“ Die rein anschaulichen
Absichten sind noch stärker als der Wille zur eindringlichen, ergreifenden Schilderung
des Inhaltes. Diese Werke stehen im Kreise einer Kunst, die das Bedürfnis nach
Steigerung der Ausdrucksfähigkeit noch nicht empfand, die vielmehr in ruhiger Be-
sonnenheit die Sache selbst gibt, daß sie sinnfällig vor Augen stehe.
Ziehen wir aus dieser Charakteristik nun aber auch die Konsequenzen. Die
Geschichten der Könige des auserwählten Volkes sind ein altbeliebter Darstellungs-
gegenstand, der gewiß früh im Wetteifer mit der Geschichte der römischen Kaiser oder
gar Könige (nach Livius), der Geschichte der Diadochen oder gar Alexanders des
26
394
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Großen aufgenommen wurde, sobald das Interesse einsetzt, die Vorbilder für alle
christlichen Fürsten und deren Taten im alten Testament zu suchen. Judenchristliche
Gemeinden haben sich diesen Stoff vielleicht am frühesten angeeignet. Die Geschichten
Josefs bilden sozusagen eine Übergangsstufe zwischen den Büchern Samuelis und der
Könige einerseits und dem Patriarchenleben mit seinen Vorbildern der Verheißung und
des Erlösungswerkes, die als solche dem kirchlichen Lehrstoff näherstehen, andererseits.
Mit Josef in Ägypten gelangen wir in die Profangeschichte, mit den Judenkönigen in
die Historiographie der weltlichen Machthaber. Das erklärt sowohl die Verwandtschaft
wie den Unterschied zwischen den Zyklen in S. M. antiqua und zu Münster in Grau-
bünden. Jene ließ ein Papst sich in seiner Palastkapelle malen, diese ein Kaiser in
der Klosterkirche eines Vorwerks gegen die Nachbarn. Bis zu den Geschichten
Salomos reichten die Bilder in der Pfalz zu Ingelheim. Und verfährt nicht Karl der
Große mit der Salbung seines Sohnes Ludwig nodi ebenso wie David mit dem Sohne ;
Bathsebas? — d. h. nach dem Vorbild des jüdischen Königtums.
Niemand aber wird voraussetzen, daß wir in den Wandmalereien von S. M.
antiqua eine ganz neue Bearbeitung der Geschichte Josefs aus der zweiten Hälfte des
VIII. Jahrhunderts vor uns haben. Nur Modifikationen, meist in Äußerlichkeiten der
Tracht, der Szenerie, können der Entstehungszeit der Malereien selber angehören. Der
Grundstock der Kompositionen ist ein älteres Erbteil und müßte als solches herausge- |
schält werden, soweit wie es irgend geht. Ebenso wird die Sache mit den Geschichten |
Äbsaloms in Münster liegen, die aus der Zeit Karls des Großen um 800 stammen. I
Einzelne Dinge, die besondere Aufmerksamkeit erregen, wie das Schwert Äbsaloms,
der am Baume hängt, die Speere seiner Verfolger, wo die Dreizahl die ihn traf, aus-
drücklich in der Erzählung genannt wird, verraten die karolingische Zeit. Das Reichs- '
Schwert bei David ist schon älter, merowingisch oder westgothisch redigiert, wohl zu
einer Zeit, als es auf die Betonung der Insignien ankam. Ähnlich steht es mit den
Trabanten des Königs, seinem eigenen Kostüm. Der üppige junge Prinz erscheint in {
einer orientalisch überladenen Dalmatika, die gewiß wieder im Sinne einer Mode zur
Charakteristik der Person, vielleicht beträchtlich früher hineingebracht wurde. Ein
Thronprätendent wird sich im Reiche Karls, auch in Italien, kaum so gezeigt haben, i
um sich einzuschmeicheln. Der Grundstock der Kompositionen vollends, d. h. zunächst
die unentbehrlichen Bestandteile der Handlung selber, mit den Personen und ihren
Beziehungen zueinander muß noch älter sein. Äuch über die Darstellung der Bauten
urteilt Zemp selber ganz in diesem Sinne. Ihre Darstellung bezeuge, daß hier ein
schönes Gut vom Altertum herüber gerettet sei, wie z. B. die feste und in sich ge-
schlossene Baugruppe im Schlußbilde, wo David die Nachricht vom Ende Äbsaloms
empfängt. Im einzelnen gibt es auch hier Vorbilder orientalischer Art, Kuppeln mit zahl-
reichen Fenstern, sogar Anklänge an Torbauten oder Nischenfassaden des Sassaniden-
reichs neben spätrömischen Elementen. Zemp sieht auch in dem landschaftlichen Bestand-
teil bei der Verschwörung Äbsaloms die Wiedergabe eines Naturausschnitts nach antiker
Tradition. Nicht minder jedoch erkennen wir im Typus der Figuren überall noch diesen
Zusammenhang: es sind starke, gutgebaute Körper, mit breiten Köpfen auf kräftigen,
mäßig langen Hälsen, eher untersetzten und gedrungenen Verhältnissen. Nur die Hände
Sdimarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden 395
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Ostwand der Kirche
weisen in ihrer allzukleinen und nachlässigen Bildung, ihrer flauen knochenlosen Weichheit
die Manier auf, die wir sonst aus karolingischer Zeit schon kennen. Äber noch sind
es die Körper -- der Personen wie der Bauten und sonstigen Requisiten der Vorgänge
— , die den Äufban der Komposition bestimmen. Dieser vollzieht sich vorerst nach
plastischen Gesetzen des antiken Reliefs, das alle Dinge annähernd in gleichem Maß-
stab zu geschlossenen Gruppen zusammenzufassen trachtet. Die Motive sind deshalb
ziemlich eng gedrängt beieinander, so daß hie und da die Farbe zur Verdeutlichung
des Geschehens und zur Sonderung der Gestalten mithelfen muß. Eben damit bleibt
noch bildmäßige Wiedergabe des Zusammenhangs zwischen den Körpern das Haupt-
anliegen, und Abrundung nach außen ein leitendes Prinzip. Reliefanschauung über-
wiegt; weder ein Tiefenvollzug in den Raum des Schauplatzes hinein wird angestrebt,
noch eine lockere Reihung im Vordergrund geboten, bei der die Lücken als leere
Raumgrößen empfunden würden oder gar als Pausen zwischen den Tonstellen. Von
solcher vereinzelnden Zuzählung der Gegenstände nebeneinander sind wir weit ent-
fernt. Gerade darin erkenne ich das stärkste Zeugnis für das altchristlichc, von der
Antike herübergenommene Erbteil in diesen Profanhistorien und möchte zum Vergleich
396
Monatshefte für Kunstwissenschaft
besonders auf die ältesten Mosaiken im Langhaus von S. Maria Maggiore in Rom
und die kleinen Szenen in der Fensterregiori oben in S. Martino in coelo aureo
(S. Apoliinare nuovo) zu Ravenna hinweisen, obgleidi das alles nidit völlig befrie-
digen kann.
* *
Um so entscheidender muß der Gegensatz in der Kirche von Münster in Grau-
bünden selbst weiterhelfen. Ganz anders als die Historien ringsum an den drei
schliditen Wänden ist das große Hauptgemälde über den Altarnischen. In der Mitte
war in einem Medaillon das Brustbild Christi mit Kreuznimbus dargestellt, von zwei
schwebenden Engeln getragen, und mit diesen durdi eine jener Umrahmungen, von
denen oben die Rede war, eingefaßt. Dann folgen links und rechts in runden Scheiben
die Halbfiguren von Sol und Luna, und auf den rechteckig begrenzten Feldern ordnet
sich eine Versammlung, der diese Vision zuteil wird: es sind die knieenden Apostel,
von stehenden Engeln, die nadi der Ersdieinung in der Höhe hinweisen, begleitet.
Hinter den äußersten Figuren am Rande wird der Giebel je eines übereckgestellten
Gebäudes sichtbar, in jener konventionellen Form, die uns bald als Ecclesia bald als
Martyrion, als Tempel oder als Haus gezeigt wird. Der helle Himmelsgrund da-
zwischen ist mit kleinen dreieckigen Wölkchen belebt. Die Apostel, zum Teil in vor-
nehmen Prachtgewändern, aber immer noch einfach gekleidet, erscheinen ohne Attribute,
sogar ohne Büdier und Rollen, immer zu zweien näher aneinander gerückt, aber auf
verschiedener Höhenlage, — das äußerste Paar auf jeder Seite nimmt die höchste, das
mittlere die tiefste Stelle ein, — und zwisdien den Paaren bewegen sich die Engel,
die sie trennen und doch zu gemeinsamer Riditung, nach der Mitte hinauf, zusammen-
fassen. Diese Engel sind die außerordentlich anziehende und eigenartige Zutat, die
dem Bilde zu Münster einen ganz besonderen Wert sidiert; sie sind künstlerisdi
ebenso ausgezeichnet wie dogmengeschichtlidi bedeutsam, so daß fernere Untersuchung
mit ihrer Hülfe gewiß noch zu einer genaueren Feststellung der Entstehungszeit der
Komposition als solcher gelangen wird. Die freie große Anordnung des Ganzen ist
ohne ängstlichen Schematismus der Symmetrie, dodi gleidimäßig abgewogen; die
rythmische Gliederung der seitlichen Gruppen, die wirksame Unterbrediung der knieenden
Apostelpaare durch die beschwingten Engel, mit ihrer lebendigen Bewegung und zum
Teil machtvollen Gebärde, die als Träger des gemeinsamen Geistes übrigens mit ihren
grauen Mänteln auch koloristisch die Reihe der farbigen Gewänder sowohl abteilen,
Sdimarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden 397
wie Zusammenhalten, d. h. auch hier das innige, unlösbare Einverständnis zwischen
dem malerischen und dem zeichnerischen Charakter des Urbildes beweisen, — all
diese bis jetzt erkennbaren Vorzüge bezeugen den Wert der Überlieferung, die hier
noch lebt und verstanden wird. Mit dekorativer Meisterschaft ist für die Bewältigung
einer so ausgedehnten Fläche über den Äpsiden ein Zug einheitlicher Profilbewegung
durchgeführt. Obwohl der Künstler den Überschneidungen der Figuren nidit aus dem
Wege geht, die räumliche Verteilung vor- und hintereinander mit den verschiedenen
Höhenlagen wirksam verbindet, ist eben durch jenes Mittel die architektonische
Funktion der Stirnwand über den wirklichen Raumvertiefungen, der Tribuna und ihren
Seitenkonchen, gewahrt. Das sind Eigenschaften, die wir weder in den karolingischen
Mosaiken Roms, noch in den um 750 entstandenen Heiligenbildern von S. Maria
antiqua so wiederfinden, also Beweise einer Überlegenheit künstlerischer Ärt, die um
so mehr für das Zentrum dieser Schule ins Gewicht fällt, als wir doch im entlegensten
Winkel des Reiches für ein weltabgeschiedenes Kloster nicht gerade den Aufwand
allerbester Kräfte erwarten dürfen.
Andererseits aber, vergleichen wir die Leistung, die hier zu Münster in Grau-
bünden vorliegt, mit den älteren Mosaiken in römischen Basiliken, so ist auch die
Abwandlung von antiker Größe zu einem ernsteren, innerlicheren, nicht mehr allein
mit dem Körperbilde plastisch rechnenden Kunstgeist wohl erkennbar. Das Medaillon
mit dem Christuskopf darin ist für die zentrale Stellung, als Ziel aller Bewegung
der Engel und Apostel von beiden Seiten her, auffallend klein. Kein Gedanke mehr,
die übermensdiliche Größe des Angesichts, wie eines strahlenden Helios zu geben;
aber auch nichts von der furchtbaren Gewalt des Antlitzes am Triumphbogen von
S. Paolo fuori le mura. Hier waltet dagegen eher die Scheu, das Bild zu zeigen; es
geht vor ihnen auf, aber von Engeln getragen, aus der Ferne aufleuchtend; merk-
würdig klein, nicht greifbar, nicht voll durch sidi selber wirkend, sondern mehr durch
den Kreuznimbus kenntlich und durch die Himmelsboten ausgezeichnet. Ein Schritt
weiter würde zur Unterdrückung des Bildes der Gottheit selber führen und das Symbol
allein an seine Stelle setzen. Wir sind zweifellos auf dem Wege zur geheimnis-
vollen Behandlung, zur transitorischen Offenbarung des heiligen Mysteriums, und
dürfen an ähnliche Verschleierung des Meßopfers auf dem Altar bis zur Umdrehung
des Priesters gegenüber der Gemeinde erinnern.
Derselbe Wandel kündigt sidi in der Konzeption der Gesamtdarstellung an: wir
sehen nidit mehr die Apostel allein, denen der Herr erscheint, wie er einst mit ihnen
598
Monatshefte für Kunstwissenschaft
verkehrte, sondern Engel treten als Mittler dazwischen und müssen sogar die un-
mittelbaren Jünger, die Evangelisten, die Verkündiger des Wortes, aufmerksam machen
oder ihnen den Sinn der Vision erklären. Diese Engel schreiten noch zwischen den
Menschen auf gleichem Boden einher, und so bleibt das plastische Grundgesetz der ^
Komposition nach gleichem Körpermaß aller Figuren und gleichen Bedingungen im
Raum bestehen. Aber sie entfalten ihre Flügel, die sie hinausheben könnten. Dies
Gefieder wird ein wirklicher Bestandteil der dekorativen Flächenfüllung, des Linien-
zuges von hüben und drüben zur Höhe, nadh der Mitte, und gesellt sich der aus-
greifenden Gebärde ihrer Arme wie dem Schwung ihrer Gewänder. Diese Überirdischen |
haben andre Heiligenscheine als die Apostel. Und wo befinden sich die Sendboten j
des Wortes? — auf der Erde, wie bei der Himmelfahrt des Erlösers oder der Aus- |
gießung des heiligen Geistes? Nach den Gebäuden links und rechts könnte man
meinen, es sei ein irdischer Schauplatz, wenn auch die Oikumene, das Reich des be-
wohnten Erdkreises gemeint. Und docii müssen wir wohl eher an das himmlische
Jerusalem denken, als an die Kirche aus den Juden und die aus den Heiden, — und
zwar an eine Vision der Auserwählten in der Ewigkeit, im Himmel. Um so stärker
ist dann der Abstand zwischen ihnen und dem kleinen, fernen, auch ihrem Auge fast
entschwindenden Bilde der Gottheit, um so stärker die Rolle der Engel, die auch bei
ihnen sogar vermittelnd, helfend, belehrend eintreten müssen. Und dazu die Gebärden
und der Gesichtsausdruck der Apostel selbst. Wenn auch nicht mürrisch, doch zer-
knirscht, erschüttert, schaut der eine oder der andre drein; dort wird die Linke an
die Wange gelegt, oder gar die geballte Faust an die Schläfe gepreßt. Das grenzt
an die Ausdrucksbewegungen des Entsetzens, der Furcht und Überwältigung bei der
unerwarteten Wiederkunft des Herrn, d. h. des Richters am jüngsten Tag. Ist das die
ewige Seligkeit der Apostel, denen ein Thron im Himmel verheißen ward, wo sie den
Göttlichen von Angesicht zu Angesicht erblidien, — oder ist es ein angstvolles Erbeben
vor dem unnahbaren Mysterium, ein schrecklicher Höhepunkt ihres Vorzugsrechtes zu
schauen, die Offenbarung der Majestät zu empfangen, die sie doch nur mit Hilfe der
Engel gewahr werden? Wir sind auf dem Wege zu dem Wandel, den wir in der
Ausmalung von S. Georg zu Oberzell auf der Reichenau vollzogen finden.
Die Majestas Domini, vom Jahre 800 etwa, zu Münster in Graubünden, im
Dienst Karls des Großen gemalt, ist ein kirchengeschichtliches, dogmatisch bedeutsames
Dokument, dessen künstlerische Seite wir soeben allein beobachtet und aus dem sinn-
lich sichtbaren Bestände interpretiert haben. Sehen wir von der beträchtlich spätem |
Darstellung des Jüngsten Gerichtes in S. Georg zu Oberzell ab, so müssen doch die
Wunder Christi und die Apostelfiguren an den Langwänden der Kirche herbeigezogen
werden, und zwar schon hier, im Vergleich mit dem Repräsentationsbilde der Altarwand
viel eher, als bei den profanen Historien von König David und Absalom, wo Zemp sie
wiederholt zur Hervorhebung der Unterschiede verwertet.
Ich bin mit seiner späten Datierung der Reichenauer Malereien von S. Georg in
Oberzell „etwa zweihundert Jahre nach denen zu Münster in Graubünden“, also
ums Jahr 1000, oder gar auf den Anfang des XI. Jahrhunderts, gern einver-
Schmarsow. Über die karoling. WandmalerGien zu Münster in Graubünden 399
standen. Äber wir müssen auch da, wie hier, den Grundstock der Kompositionen
sorgfältig von der Ausführung derselben in soundsovielster Wiederholung unter-
scheiden. Der Maler gehört zweifellos einer andern Schulung an als der oder
die Maler in Münster. Er arbeitet siditlich mühsamer, spezialisiert Falten, Haare,
Gliedmaßen viel zeichnerischer, ohne zu fühlen, daß das Großdekorative darunter
leidet (vgl. Zemp S. 38). „In den Wundern Christi sind die Motive merkwürdig aus-
einander gezettelt; der unbenutzte Raum ist in jedem Bilde auffallend größer als [in
den Historien] zu Münster. In den Reichenauer Bildern, wie in andern Werken des
XI. Jahrhunderts, tritt ein anderer Menschentgpus hervor. Gestalten mit kleinen Köpfen
und stark vorgereckten Hälsen mit übervollen Schultern und aufgeblähten Oberschenkeln,
die zu hodi am Körper hängen. Das hastige Gestikulieren, das weite Äuseinander-
schlagen der Beine, der unsichere Stand, der zwischen Schwanken, Taumeln und
Schweben wechselt, das Flattern der Gewandsäume, das unmotivierte Aufwirbeln der
Stoffzipfel, diese Erscheinungen verbinden die Reichenauer Bilder ebenso stark mit der
Kunst des XI. Jahrhunderts, wie sie den Wandgemälden von Münster [aus dem
Leben Absaloms] fremd sind.“
Zweifellos, das Alles verrät die tiefgreifende Veränderung des Wollens, wie
den dadurch erfolgten Verlust des Könnens; aber mir scheint, wir sollten die Symptome
einer zeitlichen Manieriertheit nicht zusammenwürfeln mit den konstitutiven Merkmalen
eines Stiles, dessen Entstehung innerlich motiviert sein dürfte.
In den Darstellungen der Bauten zeigen die Bilder der Reichenau, wie Zemp
bemerkt, ebenso eine zeichnerisch-manierierte Art. „Die Architekturen sind dünner ge-
baut, sauberer auseinandergehalten, weiter entfernt von realer Möglichkeit, als die
Bauten, die man auf den Absalombildern zu Münster sieht.“ Aber dürfen wir diese
überhaupt ohne weiteres mit ihnen vergleichen? Die Wunder Christi sind in der Fassung,
die wir nach Abzug aller Reichenauer Schulmanier aus den Wiederholungen in S. Georg
zu Oberzell herauszuschälen vermögen, jedenfalls nicht mehr naiv fabulierend vorge-
tragen, wie etwa die Geschichten Josefs in der Wiener Genesis, selbst nicht mehr so
anspruchslos und unbefangen wie in S. M. antiqua zu Rom. Sie gehören dem kirchlichen
Lehrstoff an und sind dogmatisch durchgeprüft, gewiß noch stärker, als es mit den
Jugendgeschichten Christi von der Verkündigung bis zur Flucht nach Ägypten gesdiah;
sie sind hier unverkennbar bewußt sakralen Charakters.^) Die Beschränkung auf ver-
hältnismäßig wenige Personen, die Auseinanderhaltung der Einzelfiguren, besonders der
Hauptträger der Handlung, oder der kleinen Gruppen, wie der Begleiter hier, der Zeugen
und Zuschauer da, erklärt sich aus der durchdachten Arbeit, aus der Aufgabe deutlicher
Erzählung eines höchst bedeutsamen Inhalts. Wenn die Verzettelung der Motive über
den Bildraum für die Manier des XI. Jahrhunderts bezeichnend ist, so braucht sie doch
nicht ein Ausfluß sinnloser Mode zu sein. Sie hängt mit der Bedeutsamkeit und der
mimischen Steigerung des Ausdrucks aufs innigste zusammen, und andrerseits mit dem
Überwiegen der geistigen Aufnahme des Erzählten. Sie entspricht dem Ablesen der
y Vgl. Repertorium für Kunstwissenschaft XXVII, 1904 p. 261. „Die Kompositionsgesetze
der Reichenauer Wandgemälde“. Die Architekturen sind nur Kulissenstücke.
400
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Bestandteile nacheinander, im Unterschied von der sinnlichen Anschauung des Bildes
und der plastischen Geschlossenheit der Reliefkomposition, die aus der Antike über-
kommen waren. Die malerische Bildeinheit weicht zugunsten der poetischen Vorgangs-
einheit, und die Aufreihung der Motive oder gar der Einzelfiguren tritt an die Stelle.
Damit hängt auch die Wahl des Formates zusammen: statt des annähernd quadra-
tischen Rechtecks, das querliegende langgestreckte, in Wandgemälden wie in Minaturen,
— bei den ersteren für den entlangschreitenden Betrachter im Kirchenraum, bei den
letzteren für den Leser des Textes, seiner Gewohnheit angepaßt. Eben deshalb möchte
ich mit den Wandgemälden in S. Angelo in formis und den Bildstreifen byzantinischer
Miniaturen nicht die Reliefbilder an den Bernwardstüren zu Hildesheim oder die ganz-
seitigen Darstellungen des Psalterium aureum von S. Gallen auf eine Stufe gestellt
sehen (Z. 38,3). Sie lassen wieder zwei Anschauungsweisen unterscheiden. Die letztere
neigt zur Überschau eines tieferen Schauplatzes aus der Höhe und zur Landkartenprojek-
tion in Vogelperspektive;^) die erstere kennt nur Vordergrund und demgemäß Auf-
reihung nebeneinander. Diese ist älter, oder doch der antiken Tradition klassischer
Kunst näher geblieben; zu ihr gehören die Urbilder der Wundertaten Christi, von
denen die Reichenau jene späte Wiederholung bewahrt. Die Hervorhebung der Person
Christi durch größeren Maßstab, durch Isolierung u. dgl. Mittel verrät gerade, daß die
antike Rechnung mit Körpern allein, d. h. die plastische Kompositionsweise noch immer
zugrunde liegt. Aber die Profilbewegung und die ausgreifenden Gebärden bieten uns
auch die Vergleichsmomente mit dem Repräsentationsbilde zu Münster in Graubünden,
besonders mit den Engeln und der Mimik der Apostel. Und die Einzelfiguren zwischen
den Fenstern in Oberzell gehören doch audi dazu und gewähren den Übergang zum Bilde
des Altarhauses, das in dieser Kirche zerstört ist. An die Kompositionsweise der feier-
lichen Vision mit den paarweis gruppierten Jüngern und den Einzelfiguren der Ver-
mittler schließen sich die ursprünglichen, auf der Reichenau etwas verzettelten Redak-
tionen der Wunder Christi nah genug an, um die Zugehörigkeit zur sakralen Kunst
näher empfinden zu lassen, als die andere zu den profanen Historien der jüdischen
Könige, die freilich als Handlungen, im Vollzug des Geschehens, mit den Taten des
Gottessohnes auf Erden verwandt sind.
Wenn unter den Geschichten von Absalom eine Parallele aus dem Leben Christi
oder irgendein neutestamentlicher Zyclus analoger Art vorhanden war, so dürften wir
freilich in demselben Format auch eine größere Geschlossenheit erwarten. Aber wir
bekämen gewiß auch Antwort auf manche Frage, die sich bei dem Versudie auf drängt,
die ursprünglichen Elemente der ernsten einfachen, aber auf religiöse Wirkung aus-
gehenden Kompositionen aus den Wandgemälden der Reichenau herauszuschälen. |
Inhaltlich stehen ja die Wunder Christi zwischen den naiv und flott erzählenden !
Historien nach dem Buche Samuels und den zeremoniell und autoritativ, für bleibende |
y Einen Hinweis auf den Utrechtpsalter, der für diese nordische Auffassung so wichtig ist,
unterdrücke ich, weil ich der Kürze halber auch die Frage nach der Herkunft der Wandgemälde
in Münster offen gelassen habe. Von Nachbargebieten scheint mir Mailand aus mehreren Gründen
den Vorzug vor Ravenna zu beanspruchen; aber in seinem Zusammenhang mit dem südlichen
Gallien und dem Frankenreich.
Sdimarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden m
Bedeutung gedachten Äpsisbildern der Basiliken in der Mitte. Und da ist es wichtig,
jede Nuance festzuhalten: die Vision an der Ältarwand zu Münster gehört nicht ganz
zu der strengen Klasse der Äpsisbilder sub specie aeterni; sie ist nicht in zeitloser
Ruhe und absolutem Stillstand ewigen Daseins gegeben, sondern mit einem Änlauf
zum Transitorischen, fast Momentanen. So steht sie auch dem Kuppelgemälde in Aachen
näher, während die schreitenden Apostel in Oberzell doch auch schon im Baptisterium
zu Ravenna ihre Verwandten haben. Und grade deshalb war sie für uns brauchbar,
den Anschluß an die Wunder Christi zu gewinnen.
Die gedrängte Kompositionsweise und plastische Reliefgruppierung, wie wir sic
in den Absalombildern kennen gelernt, wäre für die Wunder Christi auf die Dauer
nicht zu brauchen. Sic mußte, wenn sic jemals gleichartig angewandt war, notwendig
bald einer lockerem Hervorhebung und Vereinzelung des Wichtigen weichen, je mehr
sie zugleich dem Lehrzweck dienen sollte. Wie man den Text des Evangeliums in
getragener Tonart vorliest, langsamer, mit isolierender Betonung, das Allcrwichtigstc
tropfenweis zu Gehör bringt, so müssen die Taten Christi, wie später auch die Passion,
mit allem Ernst und aller Sorgfalt durchgearbeitet sein, sowie es galt, einen Kanon
der Darstellung für die Kirdie herzustellen, der überall verbreitet werden sollte.
Der Gegensatz zwischen den profanen Historien und der Majestas Domini zu
Münster in Graubünden hat uns dieser Erkenntnis wieder einen Schritt näher gebracht.
Die vorhandenen Reste gewähren die Möglichkeit einer durchgreifenden Scheidung
innerhalb der Darstellungskrcisc, die ein und derselbe Kirchenraum in sich aufnehmen
konnte. Darin liegt eine weittragende Bedeutung der Funde, für deren Rettung und
Veröffentlichung wir nicht dankbar genug sein können.
Äbb. 2. Szene aus dem Leben der Priesters Ippen. XIV. Jahrh.
Selected Relics VI, 19, 2 □
Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
von Curt Glaser ||
Die Erweiterung des Gebietes kunstwissenschaftlicher Forschungen über den i
Kreis der Völker des Mittelmeerbeckens hinaus bringt eine Reihe von prinzipiell a
neuen Fragestellungen mit sich. Es treten Kunstwerke in unseren Gesichtskreis, die J
den bisher gekannten im tiefsten Wesen fremd sind, und es erhebt sich die Grund- )
frage, ob wir als Fremde berechtigt und im stände sind, von diesen Kunstwerken
etwas Wesentliches auszusagen, ob die Interpretierung eines Europäers überhaupt einen .
Sinn hat, ob nicht allein die Äussage des Schöpfers und seiner Stammesverwandten
wertvoll ist. Daß diese einen sidieren Änhalt der Beurteilunng zu gewähren ver- ;
mag, steht außer Frage, und man fordert mit Recht für die Erforschung der Kunst ! :
primitiver Völker die Befragung der Eingeborenen als Vorbedingung einer jeden !
wissenschaftlichen Bearbeitung ihrer Kunsterzeugnisse. Was in einem allgemeineren j i
Sinne diese Untersuchungen, die von ethnologischer Seite geführt wurden, uns lehren, 1
ist, daß wir uns zu gewöhnen haben, unseren eigenen Deutungen, die nur auf den I |
Gewohnheiten der Kunstübung, innerhalb deren wir selbst leben, beruhen können, i I
mehr als vordem zu mißtrauen. Wir wissen, daß es nicht genügt, den ornamentalen | ^
Reiz zu genießen, der einem primitiven Kunstwerk innewohnen mag, sondern daß wir | ^
die Äbsicht seines Schöpfers kennen müssen, um das künstlerisdie Wollen, das in 1 i
seinem Werke zum Ausdruck gelangt, zu begreifen. ' ;
Unser Verhältnis zur ostasiatischen Kunst gleicht dem zur Kunst der primitiven {
Völker, insofern als es auch hier sich um Kunsterzeugnisse handelt, die uns von vorn- |
herein so weltenfern liegen, daß wir von Grund auf umlernen müssen, um ihnen ge- i
recht werden zu können. Aber die bequeme Handhabe, die die unmittelbare Frage f
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
Äbb. 1. TÄKÄYOSHI TOSÄ (XII. Jahrh.); Szene aus dem Genji-monogatari
Kokka 18, 3 □
an den Künstler bietet, fehlt uns in diesem Falle, denn nicht um die Werke der
durch jahrhundertelange Entwicklung und vielfältige Einflußströme abgewandelten,
heutigen Kunst der Japaner handelt es sich für uns, sondern um die zur Zeit des
europäischen Mittelalters blühende, eigentlich nationale Kunst der Yamato - Schulen.
So ist es nicht möglich, das Prinzip der ethnologisdien Forschung ohne weiteres auf
die japanische Kunstgeschichte zu übertragen, wie Fenollosa es versuchte, der es
unternahm, in langjährigem Äufenthalt im Lande selbst japanisch denken und emp-
finden zu lernen. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, den Worten japanischer
Kunstforscher zu lauschen, deren Interpretierung uns ebenso wenig ein vollgültiges
Zeugnis sein kann, wie ein moderner, japanischer Farbendrudc in der künstlerischen
Absicht sich ohne weiteres mit dem Werke eines Meisters der Fujiwara-Zeit deckt.
Wir haben ein volles Recht, unsere Forschung auf das Gebiet der japanischen Kunst
auszudehnen, aber wir erwerben uns dieses Recht weder, indem wir das ewige Ge-
rede der Japaner von der Kühnheit des Pinselstrichs nachbeten, noch dadurch, daß
wir die Satzungen unserer eigenen Kunst zum Maßstab der fremden machen oder von
Sdiönheiten dieser Kunst erzählen, die nur wir eben mit unseren anders sehenden
Augen gewahren, sondern indem wir versuchen, den Sinn der Kunstwerke selbst, die
uns vor Augen liegen, zu deuten, dem künstlerischen Wollen ihrer Schöpfer nahezu-
kommen.
Für die eigene Form der japanischen Raumdarstellung gilt dies in besonderem
Maße. Denn was von vornherein jedem japanischen Gemälde für das europäische
Monatshefte für Kunstwissenschaft
m
Äuge das ungewohnte und befremdende gibt, ist gerade die von der unsrigen grund-
verschiedene Perspektive. Für uns bedeutet die Projektion eines Raumes in die Fläche,
daß die Dinge nach der Tiefe zu sich verkleinern, parallele Gerade sich nähern, einem
gemeinsamen Fluchtpunkte entgegen. Wir sehen das täglich in der Erscheinung der
uns umgebenden Natur unverkennbar, wenn wir etwa eine lange Straße oder eine
gerade Allee hinabschauen, deren Häuser und Bäume in der Ferne immer kleiner
werdend einander sich nähern. So sind wir ohne weiteres mit dem Urteil bei der
Hand, daß eine Darstellung „falsch“ sei, die diesen einfachen Gesetzen nicht Rechnung
trägt, haben uns gewöhnt, von der „falschen“ Perspektive der Japaner zu reden, weil
die Fluchtlinien auf ihren Gemälden nicht nach der Tiefe zusammenlaufen, sondern
vor dem Bilde sich vereinigen.
Soll nun wirklich eine so einfache Erfahrung des täglichen Lebens den japani-
schen Künstlern entgangen sein, oder ist es am Ende nicht ein so selbstverständlidies
Gesetz, daß der Künstler darzustellen habe, was von einem bestimmten Standpunkt
aus seinem Äuge erscheint? Ist die Frage einmal gestellt, so ist auch die Antwort I
nicht schwer. Ein Geheimnis können die perspektivischen Gesetze in ihren einfachsten
Grundformen unmöglich sein. Nicht um eine Entdeckung in diesem Sinne kann es
sidi handeln, wenn sie in die künstlerische Praxis eingeführt werden, sondern nur um j
einen Entschluß. Nicht das Können ist entscheidend, sondern das Wollen, in jenem |
weiteren Sinne, dem das Wollen einer Zeit mit dem Stile selbst identisch ist, dem das i
Können niemals die zeugende Kraft ist, sondern nur das Nichtkönnen ein Hemmnis für |
den reinen Ausdruck des Gewollten. !
Der Standpunkt, den zu umschreiben wir uns bemüht haben, ist im Grunde
kein anderer, als wir ihn einem jeden Kunstwerk gegenüber einzunehmen haben, den
nicht zu verlassen nur um so schwerer ist, je unmittelbarer uns die „Fehler“ einer
fremdartigen Kunstäußerung ins Auge fallen. Die Worte „falsch“ und „richtig“ sollen
aus unserem Sprachschatz getilgt sein, wenn wir nunmehr an die Kunstwerke selbst
herantreten, deren Raumbild zu interpretieren — nicht zu beurteilen — wir unter-
nehmen. I
Als erstes typisches Beipiel japanischer Malerei sei die beliebige Darstellung [
eines Innenraumes, wie sie in ähnlicher Form häufig vorkommt, gewählt, eine Szene 1
aus dem Genji-monogatari von Takayoshi Tosa^) (XII. Jahrh.). (Abb. 1.) Wir blichen von
oben in den Raum hinab, die Bodenlinien steigen rasch an, und der obere Balken der
Teilungswand des Zimmers ist in Aufsicht gegeben, — der Horizont liegt hoch, wie es
in der uns geläufigen Ausdrucksweise heißt. Aber die Linien nähern sich nicht in
ihrem Verlaufe, sind auch nicht parallel, sondern sie weichen auseinander, deutlich
meßbar etwa an dem er- wähnten Oberbalken der Querwand.
Versuchen wir, uns von unseren Sehgewohnheiten freimachend zu interpretieren,
was wir vor Augen haben, so ergibt sich folgendes: Die Rückwand des Zimmers ist
der Teil, der unserem Auge am nächsten liegt, hier müssen wir anfangen, zu sehen,
y The Kokka, an illustrated monthly journal of fine and applied arts of Japan and other
Eastern countries. Tokyo. Heft XVIII, Tafel 3.
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
405
I
Äbb. 3. Illustration aus der Nagotake-Erzählung. Änf. des XIV. Jahrh.
^ Selected Relics VII, 22, 1 □
von hier aus den Blick nach vorn wandern lassen zu den Figuren und bis zum unteren
Bildrande. Der Standpunkt des Beschauers ist oben, wie ja die steigenden Linien es
I auch unserem Auge unmittelbar sagten, aber oben und in der Tiefe. Von dort her
j sehen wir, von dort laufen die Linien zusammen, baut sich der Raum nach vorn
I hinaus. Wir müssen das Ungewohnte der Anschauung vergessen, uns durch ihre In-
I konsequenzen nicht beirren lassen, um uns ganz einzuleben in diese Raumdarstellung,
i denn nur so vermag das Bild auch uns zum Erlebnis zu werden, wir fühlen den
I Raum, und der Raum faßt die Figuren in sich, er nimmt sie auf. Ja, der Raum-
i eindruck wird zum wesentlichen, bestimmenden Faktor der Schönheit des Bildes, das
wir nun erst begreifen, indem wir der Absicht seines Schöpfers folgen. Es ist das
i vollendete Bild eines Innenraumes, in das wir uns einzufühlen vermögen, wenn wir
i nur einmal die Richtung erfaßt haben. Ja, wir können so weit gehen, die abend-
; ländischen Raumdarstellungen, die durch den hohen Horizont eine Verwandtschaft mit
i unserem Tosabilde aufweisen, für die eigentlich unvollkommneren zu erklären. Man
I kann etwa Bilder des niederländischen Quattrocento heranziehen, denen es mit der
Absicht auf Raumwiedergabe sicher Ernst war, den Merodealtar des Flemallers oder
' das Passahmahl des Bouts. Auch hier steigen die Bodenlinien rasch an, aber sie
! nähern sich, sie sind „richtig“ im Sinne unserer Sehgewohnheit. — Kommt es darum
i| zu einem eigentlich zusammenhängenden Raumeindruck? Sicherlich nicht. Die Figuren
I bleiben vorn und isoliert. Der Raum faßt sie nicht. Weit hinten erst kommt ein
raummäßiger Eindruck zu stände, aber überlassen wir uns der Suggestionskraft der
I Linien, so versinkt uns die Figurengruppe in der Tiefe, ohne mit dem nur lose an-
gegliederten Tiefraum in Zusammenhang zu kommen. Noch an Raffaels Sposalizio
I mit seinen zwei Horizonten kann man die gleiche Erfahrung machen, wiederum oben
ein Raumbild, in das man sich einleben kann, aber nur auf Kosten des Zusammen-
S hanges des Ganzen. Sollten wir unserem Tosameister dieses System als das allein
1
406
Monatshefte für Kunstwissenschaft
„richtige“ empfehlen, ihn belehren, daß er so die Linien in der Tiefe sich nähern lassen
müsse, um den Raum zu gewinnen? Ich denke, daß schon das eine Beispiel, wenn
es nur richtig verstanden wurde, zur Vorsicht mahnen muß.
Gehen wir zu einem zweiten über, einer Szene aus dem Leben des Priesters
Ippen^) (Meister unbekannt. XIV. Jahrh. Stil der Yoshimitsu Tosa). (Äbb. 2.) Wir
haben weiteren Raum vor uns. Der Vorgang spielt im Freien. Zur Linken wird
ein Rundtanz aufgeführt. Die Zuschauer sitzen am Boden in einer Reihe, die vom
unteren Bildrande zuerst schräg nach rechts verläuft, dann rechtwinklig umbiegend
nach links. Zur Rechten bildeinwärts ist ein Haus sichtbar, nur im unteren Teile,
denn ein gerader Wolkenstreif schneidet oben das Bild rasch ab. Über die künst-
lerische Absicht, die der räumlichen Anlage zugrunde liegt, gibt das Verhältnis
des verschiedenen Maßstabes der Figuren sichere Auskunft. Am besten die Größen-
verhältnisse der Figuren, die am Boden hocken, denn deutlich wächst die Figuren-
größe bildeinwärts. Auch in den zwei Reihen des Rundtanzes wird man die
größeren Köpfe in der von uns aus hinteren Reihe finden (bei dem geringen räum-
lichen Abstand ist der Unterschied naturgemäß nicht bedeutend). Die Gruppe außen am
Hause ist im Maßstab deutlich größer als die gerade vor ihr vom unteren Bildrande
auftauchenden Menschen. Ein ganz bewußt gehandhabtes Prinzip also. Wieder ist
der Standort des Beschauers oben und bildeinwärts zu denken, und man versteht nun
erst auch die merkwürdigen, fingerförmigen Wolkengebilde, die als obere Begrenzung
von den Yamatomeistern so gern verwandt werden, sie sind als Blickgrenze zu fassen
und eine notwendige Konsequenz eben des eigentümlichen Standortes, der für den Be-
schauer vorausgesetzt wird. Denn einen sichtbaren Horizont wie in europäischen Bil-
dern kann es logischerweise nicht geben, die Blickrichtung, die von oben und aus der
Tiefe nach unten und vorn verläuft, läßt es nicht zu, daß man zugleich bildeinwärts
sieht. Und wie es uns ästhetisch anstößig ist, die Dinge nach vorn herauswachsen zu
sehen, greifbar und dem Bildraum nicht mehr untertan, so vermeidet es der Japaner
ebenfalls in seinem Sinne, sich die Dinge entgegenwachsen zu lassen, gibt darum ober-
halb die Begrenzung mit den langgezogenen Fingerwolken. Auf der anderen Seite
bekommen nun die häufig vorkommenden Übersdineidungen von Figuren am unteren
Bildrande ebenfalls eine 'andere Bedeutung, nicht vergleichbar dem Herauswachsen der
Figuren in europäischen Bildern, die als vorderste Raumzone und durch Überschnei-
dungen, — die der Japaner gerade vermeidet, — ■ dem Eindruck der Tiefe dienen, im
Maßstab am größten und dem Beschauer unmittelbar nahe. Für den Japaner ist hier
vorn und unten die Ferne, stehen hier die Dinge, die am unwesentlichsten sind, und
die vom Bildrande überschnitten werden, um anzudeuten, daß hier der Bildraum ins
weite verläuft, die Bildfläche nur einen Ausschnitt darstellt.
Eine zweifache Bestimmung ergibt sich aus den bisherigen Betrachtungen für
die Blickrichtung und den Standort des Beschauers im japanischen Gemälde: in der
Tiefe des Bildes (in unserem Sinne gesprochen) und am oberen Bildrande. Hatten wir
h Selected relics of Japanese art. Edited by S. Tajima. Kyoto. Band VI, No. 19,
zweite Tafel.
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
407
Äbb. 4. Kakushü: Ävalokidesvara
Selected Relics VII, 36, 2
Äbb. 5. Kakushü: Ävalokitesvara
Selected Relics VII, 36, 1
408
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in unseren bisherigen Beispielen der ersten Bestimmung hauptsächlich unsere Äufmerk-
samkeit zuzuwenden, so wird für eine andere Reihe von Bildern die zweite wesentlich
maßgebend. Oben finden wir die nahe gesehenen, im Maßstab größeren Figuren,
unten die fernen, kleineren. Eine Illustration aus der Nay otake- Erzählung^) (Meister
unbekannt, Änf. des XIV. Jahrh. Tosa-Schule) (Äbb. 3) möge als Beispiel dienen.
Von oben her sehen wir in das Haus mit seinen Bewohnern, von da erst wandert
der Blick nach vorn und abwärts, wo an der Haustür die Frau den Ankommenden
empfängt. Der Innenraum selbst ist im wesentlichen dem zu Anfang betrachteten
gleich, aber das Blickfeld erweitert sich, wir sehen nicht das Zimmer nur, sondern
das ganze Haus, jedoch wieder von dem gleichen, idealen Standpunkt. So wie der
Japaner gewöhnt ist, zu schreiben und zu lesen, von oben nach unten, so soll der
Blick wandern. Daß hier wie in einer Reihe anderer Beispiele auch der Gedanke
einer Lateralperspektive, d. h. einer seitlichen Verkleinerung der Dinge von dem vor-
ausgesetzten Standort des Beschauers aus mitspielen mag, kann nebenbei erwähnt werden. |
Wie wir unserem ersten Innenraumbilde eine entsprechende Darstellung des \
Freiraumes folgen ließen, so verlassen wir auch hier wieder das Haus, und folgerichtig
müssen wir nun selbst in die Luft emporsteigen, um den weiteren Raum aus der Höhe
zu überschauen, wie hier das Haus mit seinen kleineren Abmessungen. So findet sich \
in der Tat eine ganze Gruppe von Darstellungen der Gottheiten in den Lüften, mit
denen wir nun hoch emporgehoben werden, um weit unter uns in der Tiefe die be- i
wohnte Erde zu lassen, die klein erscheint und in weiter Ferne. Ein Bild des Toba Sojo^) |
(1053—1140) gibt eine der schönsten und geistreichsten Lösungen des Problems.
Daneben kommen ganze Reihen buddhistischer Heiligenbilder im gleichen Zusammenhang ji
in Betracht (Avalokitesvarabilder des Kakushü^) (1649 — 1731) (Abb. 4 — 5). Mit den Augen |:
der Gottheit, die oben vom luftigen Wolkenthrone herabschaut, muß der Betrachter sehen, I
sich selbst in sie hineinversetzt denken, um den Sinn der Darstellung zu erfassen.
Der Zusammenhang zwischen den aufeinander folgenden Beispielen unserer Reihe ist i
auch hier unverkennbar. Wenn wir mit Avalokitesvara jetzt aus der Höhe hernieder- a
schauen, so ist unser Standort kein anderer als sonst, wieder oben und in der Bild- \y
tiefe, und die Blickrichtung zielt nach abwärts und vorn. |
Es ist nicht ohne Interesse, mit diesen japanischen Darstellungen des Gottes in ji
den Lüften die europäischen Formulierungen des gleichen Problems, das ja einer jeden j
kirchlichen Kunst gestellt ist, zu vergleichen. Man wird da feststellen, daß im ganzen j ^
erstaunlich lange die europäische Kunst sich darauf beschränkt, nur das Höhenmaß der j i
Bildfläche selbst für die Wiedergabe von Höhendifferenzen innerhalb der Darstellung i ^
auszunutzen. Das obere bleibt mit dem unteren in der gleichen Raumschicht, und eine i .
0 Selected relics. VII, 22, 1.
2) Selected relics. Band VII, 15. Tafel 2. Die Reproduktion mußte leider aus technischen
Rücksichten unterbleiben.
3) Selected relics. Band VII, 36. Tafel 1 und 2. Kokka, Heft 131, 3.
Bekanntlich leben neben den neu auftretenden, jüngeren auch die alten Kunstschulen in
Japan weiter fort, so daß in unserer prinzipiellen Untersuchung ein Künstler des 18. Jahrhunderts
unbedenklich neben den des zwölften gestellt werden kann.
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanisdien Malerei
409
Äbb. 6. Äus Buddhas Schriften. VIII. Jahrh.
Kokka 11, 1 □
Größenabstufung findet überhaupt nicht statt. Tizians Ässunta ist nur ein Beispiel unter
vielen. Wird die Raumtiefe nutzbar gemacht, d. h. als Richtung vom unteren zum
oberen nidit die Vertikale, sondern die Schräge gewählt, so ist dem Europäer wie-
derum naturgemäß die irdische Szene der Vordergrund und das nahe, die Himmels-
erscheinung das ferne und kleiner gesehene. Raffaels Transfiguration ist ein Repräsen-
tant dieser Darstellungsform. Die Größenunterschiede sind allerdings nur gering. Die
wirklichen Fernen wird man bei nordischen Raumkünstlern zu suchen haben, etwa bei
Grünewald, der im Marienbilde des Isenheimer Ältars Gottvater mit den Engeln in den
Lüften erscheinen läßt. Der Beschauer steht auf der Erde, dicht vor den Menschen
drunten, und droben in weiter Ferne erst und in winzig kleinem Maßstab wird die
himmlische Erscheinung sichtbar.
Es ist diejenige Form der Darstellung einer Lufterscheinung, die in der Konse-
quenz der auf unmittelbare Illusion ausgehenden Raumwiedergabe der europäischen
Kunst sich notwendig einstellen mußte, und das gelegentliche Vorkommen einer ent-
gegengesetzten Orientierung, die den Beschauer mit emporhebt in die Höhe der Him-
melserscheinung selbst und auf die Erde herabblicken läßt, hat etwas durchaus be-
fremdendes. Die zwei bekanntesten Beispiele dieser Ärt sind Dürers Allerheiligenbild
und Raffaels Vision des Ezechiel. Allerdings besteht noch immer ein prinzipieller
Unterschied gegenüber der japanischen Anschauung, denn bei Raffael gleichwie bei
Dürer sehen wir die Erscheinung in den Lüften vornan im Raume und an ihr vorbei
gleichsam und in schräger Richtung hinter ihr die Erde drunten, während die japanische
Gottheit, und wir mit ihr, immer das Tiefland vor sich und zu Füßen hat. Aber auch
in der Abwärtsrichtung des Blickes allein stehen die beiden Bilder des Raffael und Dürer
soweit außerhalb des gewohnten, daß in neuester Zeit von Oskar Wulff der Versuch unter-
nommen wurde, eine besondere Entwicklungsreihe aufzustellen, die zu dieser Raum-
darstellung in Form der „Niedersicht“ hinführte. Es ist Wulff nicht nur gelungen, die Vor-
Oskar Wulff: Die umgekehrte Perspektive und die Niedersidit. Eine Raumansdiauungsform
der altbgzantinischen Kunst und ihre Fortbildung in der Renaissance. Kunstwissenschaftlidie Bei-
träge August Schmarsow gewidmet. Leipzig 1907.
27
410
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 8. NO-ÄMI (XV. Jahrh.): Landschaft
Selected Relics VII, 28 □
stufen aufzuzeigen, sondern er konnte auch den Ursprung der Niedersicht selbst aus einer
von ihm treffend als „umgekehrte Perspektive“ bezeichneten Raumdarstellung erweisen,
die ihrerseits wieder von der alten „senkrechten Staffelung“ sich herleitet. Wulffs „um- j
gekehrte Perspektive“ entspridit nun in allen Stüd^en der der japanischen Malerei |
eigentümlichen Raumanschauung. Das Auftreten des gleichen Phänomens im zeitlich |
und räumlich gleich weit entfernten Gebiet ist uns eine erwünschte Bestätigung der i
eigenen Ergebnisse und ein neues Problem zugleich. Denn auch für uns erhebt sich i|
die Frage: wie entstand die japanische Raumanschauung, die sich unmittelbar den beiden |
von Wulff geprägten Begriffen der Niedersicht und der umgekehrten Perspektive ein- ^
ordnen läßt, entstammt sie dem gleidien, altorientalischen Kunstkreise, aus dessen jin
Formen sie sich in Byzanz entwickelte, oder entstand sie selbständig in Ostasien und j
aus welchen Bedingungen? aus Bedingungen, die den von Wulff für Vorderasien I
festgestellten gleich sind, oder aus wesentlich verschiedenen? ,
Leider ist es bei dem heutigen Stande der ostasiatischen Wissenschaft nicht i
möglich, präzise Antwort auf die Frage der Herkunft der umgekehrten Perspektive in h
der japanisdien Malerei zu erteilen. A priori läßt sich jedenfalls annehmen, daß auch ji
in Ostasien die senkrechte Staffelung die Vorstufe der umgekehrten Perspektive ge- j3
wesen, die als unmittelbare Naturwiedergabe unverständlich wäre und nur als Inter- ||
pretierung und nachträgliche Entfaltung einer ursprünglidi gewiß audi räumlich ge- Is
meinten, aber dem entwickelteren Sehvermögen unräumlich gewordenen Darstellungsform l4
begreifbar wird. Daß in jeder senkrechten Staffelung eine Absidit auf Raumdarstellung |j
enthalten ist, auch wenn wir uns noch so sehr an den inneren Widersprüchen stoßen, jj
scheint mir zur notwendigen Voraussetzung zu werden, nicht als ob die räumliche Be- ji
deutung immer gleichermaßen bewußt bliebe, aber als eigentlicher Sinn wohnt sie doch
auch der typisch werdenden Ausdrucksform noch inne.
Die erste Frage ist also, ob auch in dem ostasiatischen Kunstkreise sich die ^
senkrechte Staffelung als Vorstufe der umgekehrten Perspektive erweisen läßt. Wenn :
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanisdien Malerei
411
auch die Erforschung der frühesten
Denkmäler ostasiatischer Kunst noch
sehr im Rückstände ist, so ist doch
wenigstens mit Sicherheit zu sagen,
daß die senkrechte Staffelung in China
geübt wurde. Es gibt eine ganze
Reihe von Beispielen, die sich über
einen verhältnismäßig weiten Zeit-
raum verteilen. Gravierte Steine vom
Berge Hsia Tang Shan^) aus dem
ersten vorchristlidien Jahrhundert zei-
gen Darstellungen von Reitern und
Wagen in Reihen übereinander, in
freier Anordnung, die den Gedanken
einer räumlichen Beziehung noch un-
mittelbar nahe legt. Platten vom
Grabmal der Wu -Familie aus der
Han-Dynastie, die ins zweite nach-
christliche Jahrhundert gehören, sind
schematischer in der Anordnung, aber
aus dem Sinn der Darstellungen
ergibt sich mit Sicherheit die Absicht
der Wiedergabe eines Raumzusammen-
hanges. Am bezeichnendsten ist die
Darstellung der Auffindung des bron-
zenen Dreifußes im Ssu-Fluß^). Das
Zusammenlaufen nach oben der beiden
Linien, die den Fluß begrenzen, darf
man gewiß nicht als perspektivischen
Gedanken deuten, die Notwendigkeit,
für die beiden Kähne im unteren
Teile Platz zu gewinnen, während
oben nur für den Dreifuß Raum zu
sein brauchte, war hier maßgebend,
aber auch die Vorstellung des Unten
als Wassertiefe, aus der nach oben
derDreifuß emporgehoben wird, mengt
sich verwirrend ein.^) Immerhin ver-
y Stephen W. Bushell: Chinese Art.
London 1904. Vol. I, Fig. 8—10.
2) Bushell. Fig. 15.
Unten bezeichnen Fische das Wasser,
oben um den Dreifuß Vögel die Luft.
Äbb. 7. GYOKUWÄN (XIV. Jahrh.) Landschaft
Kokka 49, 2 □
412
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
dient hervorgehoben zu werden, daß die größeren Figuren der obersten Reihe an-
gehören, denn es scheint in dieser ja leicht begreiflichen Tatsache, daß das wesentlichste
am größten und zwar oben oder mindestens in der Mitte, jedenfalls aber nicht am
Unterrande dargestellt wird, ein wich-
tiger Entwicklungskeim beschlossen zu
sein. Denn so entsteht einmal die
Niedersicht, zu der in unserem Relief
schon ein Ansatz sich findet, und in
konsequentem Ausbau der Dar-
stellungsform die umgekehrte Per-
spektive. Wann und wo der ent-
scheidende Schritt zu dieser getan
wurde, läßt sidi nicht mit Sicherheit
sagen. Jedenfalls zeigen auf der
einen Seite die Darstellungen vom
steinernen Sockel eines Buddhabildes
aus dem Jahre 524 eine reine Streifen-
komposition, der sicherlich der Sinn
für den ursprünglichen räumlichen
Zusammenhang des Ganzen verloren
gegangen ist, während auf der anderen
Seite ein dem IV. Jahrhundert ent-
stammendes Bild des Ku k’ai chih in
London^) schon eine Anwendung des
Prinzips der umgekehrten Perspektive
zeigt, die uns unmittelbar zu den
Tosamalereien der Japaner hinüber-
führen kann.
Die Frage, ob die senkrechte
Staffelung selbst in ihrem Ursprünge
von Vorderasien aus nach China über-
tragen wurde, braucht hier nicht an-
gerührt zu werden, die Entwicklung
zur umgekehrten Perspektive scheint
jedenfalls sich unabhängig vollzogen
Abb. 9. YUSETSUKRIHOKU (1598-1677): Landsdiaft haben, nicht diese selbst fertig
Selected Relics VII, 33, 2 □ importiert worden zu sein. Eine andere
Frage ist es, ob eine japanische Ent-
wicklung der chinesischen parallel läuft, oder ob die senkrechte Staffelung als schon
ausgebildete Darstellungsform oder endlich die umgekehrte Perspektive selbst nach
i
j
1
i
\ ‘
I
i
J Bushell. Fig. 22.
’) Oskar Münsterberg: Japanische Kunstgeschichte. III.Teil. Braunschweig 1907. Abbild. 208.
I
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
413
Äbb. 10. Szene aus dem Ise-Monogatori. Tosa-Sdiule. XIV. Jahrh.
Kokka 196, 5
Japan übertragen wurde. Daß die japanische Entwicklung nicht unabhängig von der
festländisch chinesischen sich vollzog, muß nach dem bisher zugänglichen Denk-
mälerbestand notwendig angenommen werden. In Japan läßt sich keine so hoch
hinaufreichende Entstehungsgeschichte verfolgen. Dagegen findet sich hier erst die
zweifellos sichere und bewußte Handhabung des Darstellungsprinzipes. Von hoher
Bedeutung als das früheste uns zugängliche Beispiel für diese Anwendung der
umgekehrten Perspektive innerhalb der japanischen Kunst ist ein Blatt aus Buddhas
Schriften^) (Abb. 6) das noch dem VIII. Jahrh. angehören soll, und das in einer Reihe
steht mit der Traumdeutung des Joseph aus der Wiener Genesis, die Wulff als Muster-
beispiel seinem Aufsatz voranstellt. Der Zusammenhang mit der ursprünglichen Staffe-
lung ist noch nicht ganz geschwunden. Die Hauptfigur ist hochgerüdet, groß gebildet
und selbstverständlich von vorn gesehen. Hieraus ergibt sich mit Notwendigkeit die
Orientierung des übrigen, unter der Voraussetzung, daß die Beziehung der Figuren
zueinander durch die Blickrichtung angedeutet werden sollte. Wie in dem Blatte der
Wiener Genesis, so wird auch hier ein Kreis um die Hauptperson gelegt, und beide-
male findet sich das so charakteristische Kleinerwerden der Figuren nach vorn. Die
zwei in der Zeichnung und allen Einzelheiten fast identischen, bärtigen Männer, die
in schräger Richtung nach rechts vorn von Buddha aus orientiert sind, geben das
eklatanteste Beispiel dieser Art.
Im Anschluß an die Erörterung der Möglichkeiten einer historischen Ableitung
mag ein Wort über die psychologische Bedeutung der Darstellungsform, mit der eben-
falls bereits Wulff sidi beschäftigt hat, am Platze sein. Haben wir uns von der uns
geläufigen Forderung der mehr oder minder illusionären Wirkung des Kunstwerkes,
das stets vom Standpunkt des Künstlers her und für den des Beschauers gedacht sein
soll, freigemacht, ist uns bewußt geworden, daß nur ein entwickeltes Denken die
Grundlage dieser Kunstanschauung bilden kann, so werden wir auch den Zugang
finden zu den Quellen, denen eine geradewegs entgegengesetzt gerichtete Darstellungs-
y Kokka. Heft 11, 1.
m
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Abb. 11. MOTONOBU KANO: Landschaft
Kokka 179, 3 □
form der bildenden Kunst entstammt. Denn
gleichwie die Welt für das primitive Denken
objektiven Bestand hat, so das Kunstwerk,
das als Abbild, als unmittelbare Nachahmung
dieser Wirklichkeit aufgefaßt wird. Daß der
Gedanke an eine subjektive Erscheinungsform
noch nicht auftaucht, daß vielmehr die objektiv
gültigen Maße, die man den Naturdingen
abzunehmen glaubt, das erstrebte Ziel bilden,
darf uns nicht verwundern, scheint doch noch
in der griechischen Kunst das Auftauchen des
subjektiven Elements erst mit den erkenntnis-
theoretischen Bemühungen der Sophisten zu-
sammenzufallen. Das Kunstwerk hat in der
Frühzeit objektiven Bestand, es ist nicht in
unserem Sinne für den Beschauer da, braucht
nicht auf den Menschen zu warten, um von
ihm aus erst Sinn und Leben zu bekommen.
Ein Rest dieser alten, objektiven Denkweise
liegt nun auch noch den entwickelten Formen
der umgekehrten Perspektive zugrunde, trotz-
dem die Entwicklung auch hier notwendig
zu einem Subjektivismus führen mußte, nicht
von einem möglichen Beschauer aus, der
immer außerhalb, vor dem Bilde seinen Stand-
ort hat, und von dem allein die gegebenen
Ansichten und Überschneidungen der Dinge
einen Sinn- haben, wohl aber von einem
ideellen Standort im Bilde selbst, in den sich
einzufühlen die Aufgabe des Betrachters ist.
Eine offenkundige Inkonsequenz wohnt
somit der Darstellungsform der umgekehrten
Perspektive inne. Daß sie trotzdem gerade
in der japanischen Kunst mit so äußerster
Folgerichtigkeit und zu so hoher, künstlerischer
Vollendung ausgebildet werden konnte, scheint
in den besonderen Bedingungen der japani-
schen Kultur selbst eine Erklärung zu finden.
Denn es handelt sich nicht um eine boden-
ständige Entwicklung, sondern um Dar-
stellungsformeln, die bereits zu einer gewissen
Ausbildung gediehen mitsamt den ihnen inne-
wohnenden künstlerischen Gedanken über-
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
415
Äbb. 12. MOTONOBU KÄNO: Äus der Oyeyama-Legende
Kokka 204, 4 □
nommen werden, um eine eigene Entfaltung zu erfahren. Wie wenn ein Volk die Schrift-
zeichen von einem fremden übernimmt und sie den eigenen Sprachformen anpaßt, um ihnen
für den neuen Gebrauch einen neuen Sinn zu geben, so mag sich in Japan die Äusbildung
der umgekehrten Perspektive vollzogen haben, die allem Anschein nach in ihrem Mutter-
lande China gar nicht zu so konsequenter Raumgestalt entwickelt worden war. Innerhalb
der übernommenen Darstellungsform befriedigte die japanische Kunst ihr Bedürfnis nach
subjektiver Ausgestaltung des Bildes, entwickelte ihr Raumbild unmittelbar aus dieser
heraus, während im Abendlande — und ebenso in China — die subjektive Denkweise
eine Umkehr des Standpunktes logischerweise mit sich brachte. Durch die der neuen
Anschauungsweise entstammende impressionistische Strömung wird die Entwicklung der
umgekehrten Perspektive im Abendlande rasch durchkreuzt. Schon in der Wiener
Genesis stellt sich der objektiven Raumanschauung, die den Beschauer in die Tiefe des
Bildes einbezieht, die subjektive Darstellungsweise, die ihm seinen sicheren Platz vor dem
Bilde anweist, diametral gegenüber. Anders in der japanischen Illustration der Schriften
des Buddha (Abb. 6). Der objektiven Raumauffassung steht die objektive Darstellungs-
form der reinen Linienzeichnung und schattenlosen Kolorierung aufs glücklichste zur
Seite. Es wird hieraus nochmals begreiflich, daß die umgekehrte Perspektive, die im
Abendlande rasch verkümmern mußte im Kampfe mit dem starken Gegner impressio-
nistischer Kunstanschauung, in Japan unbeeinflußt von fremden Strömungen, eine hohe
Entwicklungsstufe erreichen konnte.
Doch auch in Japan sollte es anders werden. In China war der ostasiatische
Impressionismus entstanden, der schon unter der südlichen Sung-Dynastie die Höhe
reinster Entwicklung und reichster Blüte erstieg. Wie in Japan mit der Kunst der
Tosameister, so identifiziert sich in China mit diesen Landschaftsgemälden unser Begriff
von der klassischen Malerei des Landes überhaupt, während die Malerei der voran-
gegangenen Epoche in China uns im vorzeitlichen Halbdunkel entschwindet. Allerdings
416
Monatshefte für Kunstwissenschaft
verdanken wir die Erhaltung chinesischer Malereien zumeist nur den Japanern, und
ihre Maler, die vom XIV. Jahrhundert an wieder nach China gingen, um dort die neue
impressionistische Landschaftskunst kennen zu lernen, brachten begreiflicherweise eben
die Werke ihrer Lehrmeister heim, konnten kein Interesse haben für eine etwa noch
bestehende Richtung, die der Kunst ihres eigenen Landes im wesentlichen entsprach.
Was wir von den früheren Erzeugnissen chinesischer Malerei kennen, steht nicht auf
gleicher Entwicklungsstufe mit der ja auch zeitlich bedeutend späteren, ausgebildeten
japanischen Tosa-Kunst, wohl aber deutet es ebenfalls auf die noch durchaus objektive
Gesinnung des Künstlers.^) Und noch in der neuen Landschaftsmalerei selbst kann der
bewußte Gegensatz, die Umkehr aus einer in der Richtung diametral entgegenstehenden,
früheren Kunstübung empfunden werden. Ist es doch ein Charakteristikum chinesischer
Landschaftsmalerei, daß vorn der Mensch steht, der in die Tiefe schaut und die neue
Blickrichtung gleichsam selbst verbildlicht. Än solchem deutlichen Hinweis, der das un-
erwartete gleichsam unterstreicht, um einen handgreiflichen Hinweis zu geben, erkennt man
zuweilen einen einschneidenden Wandel in der Entwicklung der Kunst. Jetzt dürfen die
Menschen vom Rücken gesehen werden, denn der Blick in die Tiefe ist das wesentliche,
und wieder repräsentiert im Bilde selbst ein Mensch den Beschauer und den Stand-
punkt, der ihm zugedacht ist, gleichwie in der Frühzeit die Hauptperson in der Tiefe
des Bildes es wohl tat. Die neue chinesische Landschaftskunst hat rasch eine erstaun-
liche Höhe erstiegen. Ihre Gemälde sind vielleicht die reinsten und tiefsten Hymnen
an die Natur, die je von Menschen gedichtet wurden, lyrischie Stimmungen, denen die
Ehrfurcht vor der Erhabenheit des unendlichen Raumes der Grundakkord ist. Die dii-
nesisciie Wiedergabe eines Raumeindrudcs unterscheidet sich jetzt prinzipiell nicht mehr
von der uns gewohnten, sie ist die impressionistische, vom unteren Bildrand her blickt
der Beschauer nach aufwärts und in die Tiefe.
Die Japaner sind bei den Chinesen in die Schule gegangen und haben es ge-
lernt, Landschaften zu sehen wie diese, Linien- und Luftperspektive zu handhaben,
wie eine subjektive, impressionistische Kunstrichtung es verlangte.^) Eine ganze Schule
schloß sich der neuen chinesischen Kunst an. Aber schon innerhalb dieser Schule
von Landschaftsmalern selbst erhob sich eine Reaktion. War die „umgekehrte Per-
spektive“ zu tief eingewurzelt im japanischen Denken, war sie die ihm gegebene
Anschauungsform, von der man nicht so schnell lassen konnte? Überall, woder national-
japanische Geist sich fremden Einflüssen entgegenstellt, scheint eine Hinneigung zur
umgekehrten Perspektive im Spiele zu sein. Die ersten national-japanischen Land-
schaftsmeister in diesem Sinne sind die drei Ami. Es gibt Landschaftsbilder dieser
Meister, auf denen die Menschen, Bäume, Häuser, die in weiter Ferne oder hoch oben
auf einem Berge, der in der Tiefe erscheint, sichtbar werden, nicht kleiner, ja größer
gegeben sind als im Vordergründe. Als eines der merkwürdigsten Beispiele sei hier eine
Landschaft des Noami®) (Abb. 9) mitgeteilt. Eine Meeresbucht, und die Bäume jenseits
Vgl. oben das über Ku k’ai-chih gesagte.
Abb. 7 Gyokuwan (Chines. Schule. XIV. Jahrh.) Landschaft.
Selected relics VII, 28.
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
417
Äbb. 13. MORIKÄGE KUSUMI (Kano-Sdiule. XVII. Jahrh.): Mondschein
Kokka 121, 2 □
des Wassers sind die größeren, sind näher gesehen als die drunten im Vordergründe. Es
ist nicht anders denkbar, als daß der Maler dieses Bildes das volle Bewußtsein der
beabsichtigten Raumwirkung besaß. Ihm einen Fehler, d. h. ein nicht gewolltes Äb-
gehen von der uns gewohnten Anschauung nachsagen, hieße nichts anderes, als wollte
man etwa die Boote im wunderbaren Fischzug des Raffael zu klein oder die Farben
eines Kathedralenbildes von Monet unnatürlich nennen. Daß auch der Japaner weiß, —
was gewiß nicht schwer ist, zu erfahren, — daß die Dinge in der Nähe dem Äuge größer
erscheinen als in der Ferne, beweisen schon Landschaften der Tosameister selbst, etwa
eine Szene des Ise-monogatori^) (Abb. 10), in der der Stoff der Erzählung es will, daß der
Berg Asama gezeigt werde. Die Bäume weisen hier die „richtige“ Größenabstufung
) Kokka 196, 5.
m
Monatshefte für Kunstwissenschaft
auf.^) Und Noami selbst läßt auf seinen Mittelgrund ebenfalls eine eigentliche Ferne
folgen — wieder richtig in unserem Sinne. Das räumliche Verhältnis des Landschafts-
bildes wird dadurch nodimals kompliziert, wie es an sich schon schwerer fällt, in einer
Landschaft, die in voller Beherrschung der impressionistischen Technik breit hingesetzt
ist, als in dem gezeichneten Bilde eines Tosameisters sich in die merkwürdige Raum-
anschauung einzuleben. Irgend eine rationelle Deutung ist nicht mehr möglich, der
Standpunkt des Beschauers läßt sich nicht so wie vordem präzisieren. Am besten
findet man den Weg, wenn man annimmt, daß das Interessenzentrum im Mittelgründe
liegt, daß der Beschauer, der von oben herniederblickt, an dem Vordergrund, der
gleichsam hinter ihm bleibt, vorbeisieht und den Mittelgrund fixiert, der nun am deut-
lichsten und am nächsten, d. h. größten erscheint.
Die Werke der Ami gehören zu den reizvollsten Erzeugnissen japanischer
Landschaftsmalerei, aber nicht von ihrer Kunst, die von dem weichen, sogenannten süd-
chinesischen Stil ihren Ausgang genommen hatte, sondern vonMotonobu Kano(1476 — 1559),
der mehr der kräftigeren, nordchinesischen Art sich anschließt, geht die japanische
Renaissance aus. Die Landschaften des Motonobu^) (Abb. 11) wollen von einer Einheit des
Blicks im chinesischen Sinne nichts mehr wissen, es wird hoch aufgestaffelt und auf
perspektivische Verkleinerung höchstens noch in ganz geringem Maße bedacht ge-
nommen. Es sind komponierte Landschaften. Von einer bewußt eingehaltenen Per-
spektive im einen oder anderen Sinne kann man nicht mehr reden. Es kommen Bilder
vor, die zwei Landschaften übereinander darstellen •^) (Abb. 9) wohl die obere verkleinert,
wie wir es in unserem Sinne erwarten, aber diese Bilder sind einheitlich in räum-
lichem Betracht überhaupt nicht sehbar. Sieht man das untere, so bleibt das obere in
der Luft hängen, sieht man das obere, so versinkt das untere in der Tiefe. Die alte
Tradition der umgekehrten Perspektive vermag nicht mehr durchzudringen, — nur in
erzählenden Bildern, die sich der Tosaschule nähern, kräftig kolorieren und auch von
den Fingerwolken eitrigst Gebrauch machen,^) (Abb. 12) kommen ihre Erscheinungen noch
rein vor, und hier und da findet sich wieder eine Niedersicht, sei es, daß wir mit den
Krähen emporgehoben werden über einen verschneiten Wald^) (Abb. 13) oder mit
Avalokitesvara weit hinauf über die Erde. Aber stark genug war die alte Tradition
doch noch, die neu eindringenden Gesetze einer subjektiven, vom Beschauer aus
orientierten Perspektive in der großen und eigentlich nationalen Kunstschule der Kano
völlig zu zersetzen.
Die weiteren Schicksale der japanischen Perspektive interessieren uns hier nicht
mehr. Das allmähliche Verblassen der alten Traditionen im Fortleben der Schulen
9 In allen solchen Fällen scheint nach beiden Seiten, nach vorn sowohl als nach der Tiefe
von dem angenommenen Standort des Beschauers im Mittelgründe des Bildes aus eine per-
spektivische Verkleinerung stattzufinden.
2) Kokka 179,3.
«) Selected relics VII, 33. Tafel 2.
‘) Kokka 204, 4.
") Kokka 121, 2.
Glaser. Die Raumdarstellung in der japanischen Malerei
419
braucht in diesem Zusammenhang nicht im einzelnen verfolgt zu werden. Der Stil
des Sesshü kommt einer Umbildung des Kanostiles im Sinne impressionistischer bezw.
chinesischer Perspektive gleich. Mit Okyo Maruyama setzt eine neue Schule ein, deren
konsequent impressionistische Landschaften nichts mehr mit der alten Änschauungsweise
gemein haben und dem europäischen Äuge unmittelbar verständlich sind. Nur auf die
gleichsam aus der Vogelperspektive gesehenen, landkartenartig weiten Landschaften des
Goshun^), (Äbb. 14) der der Schule des Okyo angehört, mag noch hingewiesen sein, denn
auch hier fühlt man sich an eine senkrechte Staffelung erinnert, aber nicht mehr im
alten Sinne umgedeutet, sondern in jenem anderen, den wir etwa aus Ältdorfers Ärbela-
Äbb. 14. GOSHUN MÄTSUMURÄ (1752—1811) Landschaft
Kokka 201, 7 □
1) Kokka 201, 7.
420
Monatshefte für Kunstwissenschaft
sdilacht kennen. Der Horizont ist hoch hinaufgeschoben , aber der Vordergrund ist
deutlich dem Besdiauer am nächsten, und die Äbsicht geht auf konsequente Verkleine-
rung des Maßstabes nach der Tiefe.
Worauf es uns ankam, war, zu zeigen, daß die besondere Form der Raum-
wiedergabe, die Wulff mit dem Schlagwort der umgekehrten Perspektive gekennzeichnet
hat, in der ersten nationalen Kunst der Japaner eine eigne und wohl ihre künstlerisch
höchste Ausbildung erfahren hat, daß eine Form der Anschauung, die der unsrigen
diametral entgegengesetzt ist, nicht nur möglich ist, sondern eine Kunst gezeitigt hat,
die an unvergänglichem Werte hinter keiner anderen zurückzustehen braucht. Nicht
ein Beitrag zur japanischen Kunstgeschichte im engeren Sinne wollen darum diese
Zeilen sein, sondern der Versuch, dem künstlerischen Wollen einer der unseren fremden
Welt gerecht zu werden. Und so möchte ich hoffen, daß das Ergebnis dieser Unter-
suchungen, die nicht so sehr im Verlaufe einer auf die Ergründung des spezifisch
Japanischen geriditeten Forschung als vielmehr im weiteren Zusammenhang von Studien,
die dem Raumproblem in der bildenden Kunst überhaupt gelten, entstanden sind, auch
in diesem allgemeineren Sinne sich fruchtbringend erweisen werden.
Äbb. 1. Bildschnitzer HUBER: Heilige Sippe
Pfarrkirche in Puch b. Hallein □
(Äufnahme von Fr. Pörnbadier
in Salzburg.) □
Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
Von Robert Stiassng
Im ersten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts, in der Übergangszeit von der
Spätgotik zur frühen Renaissance, war an der mittleren Donau und weiter südwärts
bis in die salzburgischen, tiroler und steierisdi-österreidiischen Älpen hinein eine Richtung
in der Malerei aufgekommen, für die der Name Donaustil sich eingebürgert hat. Man
denkt dabei meist an die Gruppe Ältdorfer, Ostendorfer, Wolf Huber und Feselen,
allenfalls an die Hirschvogel und Lautensack, nicht aber an das ausgedehnte Hinterland
ihrer Tätigkeit. Mächtige Individualitäten^ Originalgenies zählen nicht zu dem Kreise,
wohl aber originelle Begabungen und ein so echtes Malernaturell wie Älbrecht Alt-
dorfer, der Begründer der selbständigen deutschen Landschaftsmalerei, der zugleich im
Fache des Kupferstidies die Reihe der „Kleinmeister“ eröffnet. In Stadt und Land,
besonders in den süddeutschen Sammlungen, gehört ein ziemlich weitverzweigter
Komplex größtenteils namenloser Bilder in diese Malsphäre. Vor allem verdient sie
aber als Massenerscheinung, als kunstgeographische und kunstethnographische Einheit
die nähere Betrachtung, die ihr Hermann Voss im VII. Bande der Hiersemannschen
Monographien gewidmet hat.^) Das Buch setzt mit einer Studie über Wolf Huber
^)Der Ursprung des Donaustiles. Ein Stüde Entwicklungsgeschichte deutscher
Malerei. Leipzig, 1907. — Die gehaltvolle Dissertation von Rudolf Riggenbach: Der Maler und
Zeichner Wolfgang Huber (Basel 1907), die besonders sorgsam die Zeidmungen und Holzschnitte
des Künstlers behandelt, die Schrift von Voss aber auch sonst mannigfach ergänzt und berichtigt,
konnte nur für die Korrektur des vorliegenden Aufsatzes verwertet werden.
422
Monatshefte für Kunstwissenschaft
ein, den noch immer problematischen Zeitgenossen Ältdorfers. Man kennt das leichte, |
bewegliche Talent des Künstlers hauptsächlich aus seinen Zeichnungen, bald keck hin- jj
geworfenen, bald zart durchgeführten Federskizzen. Seine Spezialität sind Motive ;
aus dem Donaugelände und den Voralpen, die er anspruchslos und gemütlich, wie im
Vorübergehen gesehen, wiedergibt, aber mit einem fast modernen Gefühl für ihre
landschaftlichen Heimlichkeiten, namentlich dort, wo er mit bloßen Stegreifmitteln :
arbeitet. Ebenso empfunden und erlebt ist die Natur in den Hintergründen seiner i
Holzschnitte, während den Figuren noch viel vom verschnörkelten Wesen der Spät-
gotik anhaftet. Durch die Landschaftsstimmung in erster Linie interessiert auch das i
früheste bezeichnete Gemälde Hubers, die mehr genannte als bekannte Beweinung
Christi aus dem Jahre 1521 in Feldkirch. Sie geht aus derselben Tonart einer stillen, ;
verhaltenen Trauer wie die Kreuzigungen Altdorfers im Germanischen Museum und ;
im Kaiser Friedrich - Museum in Berlin, ohne von diesem Meister auch koloristisch !
beeinflußt zu sein. Ein Absdiied Christi von Maria in Berliner Privatbesitze mit |
dem Datum 1519 schließt sich ihr so genau an, daß über Hubers Urheberschaft
kein Zweifel besteht. Die folgenden Jahre bringen dann einen durchgreifenden |
Stilwandel, von dem zwei wildbewegte Passionsszenen in der Stiftsgalerie zu i
St. Florian in Oberösterreich Zeugnis ablegen, auf die W. Schmidt hingewiesen i
hat. Färbung und Formcfiarakteristik haben für Huber manches Fremdartige, ohne daß j
bei dem kleinen Format an eine mitbeteiligte Gesellenhand zu denken wäre. Ein ver- ;
wandtes Bild der Stuttgarter Galerie, das K. Lange in der trefflichen zweiten I
Auflage seines Kataloges (No. 1) vermutungsweise als Altdorfer verzeichnet, kann n
nur als anonyme Leistung der Donauschule gelten. Einleuchtend ist dagegen die i
Neubestimmung zweier vielumstrittener Tafeln des altdeutschen Saales der Wiener | (
Galerie, die M. J. Friedläuder zu danken ist: der Kreuzerhöhung und der Kreuzes- ir
allegorie. Daß diese Stüdee unter anderen Nottaufen auch die auf Grünewald ji
erfahren konnten, beweist, wie weit Hubers Temperament ihn hier über die Grenzen |)
seiner Fähigkeiten hinausgetrieben hat. Es sind ziemlich wüste und grelle Arbeiten, ]£
in der Komposition zerfahren, im Ausdrucke karikiert, jedoch bemerkenswert durch
dramatisches Leben bei einzelnen klassizistischen Anwandlungen und eigentümliche T
koloristische Absichten. Für die Farbenwahl der Donaumaler bleibt z. B. das Graugrün | f
der landschaftlichen Tiefe dauernd charakteristisch.
Die Kreuzerhöhung weist wohl in mancher Hinsicht noch auf die Feldkircher jn
Beweinung zurüdc, dürfte aber kaum vor Ende der Zwanziger Jahre enstanden sein.
Zuverlässig nach 1540 ist die Allegorie anzusetzen, und zwar nadi den in den ■ 1
oberen Ecken angebrachten Wappen, die, obwohl im Wiener Kataloge abgebildet, 1 1
bisher nicht gedeutet wurden. Das linksseitige mit dem roten Wolfe in Silber und |u
der Inful auf dem Schilde ist das Passauer Bistumwappen, das rechtsseitige mit den ll
zwei silbernen Salmen im roten Felde und dem roten Hute als Kleinod das Stamm- fl
Wappen der Grafen von Salm. Als Stifter der Tafel erscheint somit der Fürstbischof i
von Passau, Wolfgang I., Graf von Salm, der zweite Sohn des Grafen Niklas von i
Salm, des berühmten Befreiers Wiens von den Türken im Jahre 1529. Bischof Wolf- | j
gang regierte das Hochstift 1540—1555, wurde jedoch erst im April 1542 konsekriert. j
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
423
I
Huber war der Hofmaler des Kirdienfürsten, und seine letzte datierte Arbeit, ein weib-
licher Rötelkopf von 1544 in der Albertina, geht gut zusammen mit einigen Frauen-
köpfen in der Gruppe links vorne auf der Allegorie. Da man Grund hat, anzunehmen,
daß Huber dieses Jahr nicht lange überlebt hat, fällt die Herstellung der Wiener Tafel
allem Anscheine nach in die Zeit von 1542—1544. Die Randfigur des beleibten bart-
losen Mannes zur Linken — er trägt den langen, seitlich geschlitzten Mantel des
Pharisäers auf dem Ecce homo der Kupferstichpassion Dürers (B. 10) — ist möglicher-
weise ein Selbstpor- das die Bildnisse
trät des gealterten
Meisters, dessen Au-
torschaft an dem
Bilde nunmehr mit
urkundlidier Sicher-
heit feststeht.
Wie Voss die
künstlerischen Kraft-
äußerungen über-
sdiätzt, die in den
Wiener Gemälden
vorliegen, so ver-
kennt er den Rang
und die Bedeutung
zweier 1906 auf der
Londoner Ausstel-
lung altdeutscher
Kunst aufgetauchter
Porträts Hubers, die
er nur in einer Fuß-
note streift. (Die
Originale in der Du-
bliner Galerie und
bei Sir Ch. Robinson
in London). Ohne das
Monogramm WH,
Äbb. 2. WOLF HUBER ; Bildnis des Münzmeisters
Anton Hundertpfundt □
□ Dublin, Nationalgalcrie von Irland
neben der Jahreszahl
1526 tragen, wäre
man kaum auf Huber
verfallen, so groß
ist die Überraschung,
die sie bieten. Der
Wirklichkeit gegen-
übergestellt, vergißt
der Maler eben Phan-
tastik und Konven-
tion und bringt uns
diesen in Landshut
und München nach-
weisbaren Münz-
meister Hundert-
pfundt (Abb. 2) mit
seiner Ehefrau in der
ganzen Gediegenheit
ihrer Existenz so
leibhaftig nahe, daß
man an die besten
oberdeutschen Por-
trätschöpfungen, zu-
mal der jüngeren
Dürerschule (Penz)
erinnert wird. Auch
an den Wiener Tafeln ist mancherlei Nürnbergisches beobachtet worden und in seinen
Zeichnungen und Holzschnitten macht Huber wiederholt Anleihen beim Dürerwerke.
Vielleicht, daß Hans Dürer, dessen Sachen sich dem Geschmacke der Donauschule öfters
merkwürdig nähern, eines der Bindeglieder gewesen ist. Voss läßt es aber bei der
hergebrachten Annahme eines Schulverhältnisses Hubers zu Altdorfer bewenden, ohne
selbst dieses bestimmter zu formulieren. Und erst in einem Anhänge kommt er auf
die wichtigste Nachricht aus Hubers Leben zu sprechen, die zugleich die Eigenheit
seiner Kunst in helleres Licht setzt.
Aus Pruggers „Beschreibung der Stadt Veldkirch“ (1685, 3. Aufl. 1891) und
424
Monatshefte für Kunstwissenschaft
einer Aufzeichnung über den nicht mehr vorhandenen Originalvertrag weiß man |
nämlich, daß „Meister Wolfgang Hueber von Veldkürch, jetzt wohnhaft zue i
Passaw“ gemeinsam mit zwei Brüdern, einem Schreiner und einem Bildhauer, im
Jahre 1515 von der dortigen Annabruderschaft einen Altar für die Nikolauspfarrkirche
im Auftrag erhalten hat. Die Hinterwand dieses 1521 vollendeten Schreines bildete
eben die vorerwähnte Beweinung. Von seinem übrigen Bestände hat sich nur die ;
Predella, ein Sippenrelief, und vielleidit dessen einstige Rückseite in einem nicht von
Huber gemalten Veronikatuche erhalten. Das Relief, ohne Frage eine Arbeit des
Schnitzers Huber, wird von Voss mit den Türen der Stiftskirche in Altötting und einer ,
größeren Gruppe altbagerischer Holzskulpturen in Verbindung gebracht, die Ph. M. Halm
als Werke eines Meisters Mathaeus Kreniß angesprochen hat. (Die christliche Kunst I, !
München 1905, S. 121 ff.) In der Tat gehören die besseren Stücke der Reihe eher ;
dem Bruder Wolfgangs, dem ferner einige Holzbildnereien im Salzburgischen zuzu-
schreiben sind, vor allen Dingen, nach der Ähnlichkeit mit der Neuöttinger Sippe, i
eine Selbstdrittgruppe zwischen den beiden Johannes und abermals ein Sippenrelief ,
an einem verzopften Seitenaltare der Kirche des Dorfes Puch bei Hallein (Abb. 3 u. 1). |
Das Selbdritt gewährt vielleicht eine Vorstellung von dem verlorenen Mittelteile des Feld- i
kircher Altares. Um dessen Schnitzer in seine Rechte als eine der führenden Persönlichkeiten i
der bayerischen Plastik von 1510 — 1530 wieder einzusetzen, bedürfte es aber noch einer i
strengen Auslese unter der großen Zahl der von Halm angeführten Werke. Geht doch i
deren Verwandtschaft untereinander hauptsächlich auf die regionalen Überlieferungen r.
einer zwischen Donau, Inn und Salzach von jeher stark betriebenen Kunstübung zurück.
In Feldkirch selbst hat Voss unterlassen, sich nach anderen Leistungen des Bruders ;i
Wolf Hubers umzusehen. Die Holzfiguren an der schmiedeeisernen, 1509 datierten
Kanzel der Pfarrkirche, die früher ein Tabernakel war, das nach der Ortstradition )
W. Huber entworfen haben soll, sowie einzelne alte Statuen in einem neuen Altäre jf
der Kirche hätten indeß eine Untersuchung schon verlohnt. Hingegen fehlt jede stilkritische |(
Veranlassung, die Vorzeichnungen zu dem Holzschnittwerke der „Wunder von Maria- i
zell“, die W. Schmidt dem Wolf Huber zugeteilt hatte, dessen Bruder zu geben, i
Die von G. Hirth neu herausgegebene Folge hat Manches gemein mit einem Madonnen- |t
bilde von 1511 in der Liechtensteingalerie, dessen bisher ungelöste Signatur früher !r
auf Altdorfer bezogen wurde, während die Tafel sicher österreichischen Ursprunges ||
ist. Es ist daher nicht abzusehen, warum nicht auch das Mirakelbuch ein Landes- jj
Produkt sein sollte, zumal ein wenig spätere Triptychon aus Mariazell im Grazer js
Joanneum z. T. bereits dessen Holzschnitte als Vorlagen benützt. • i
Der Künstlerfamilie Huber wäre aber hauptsächlich in Pas sau nachzugehen, wohin jf
alle ihre Spuren leiten. Denn der Feldkircher war schon vom Vorgänger Bischof \ i
Wolfgangs, dem bayerischen Prinzen und Bistumsverweser Ernst (1517—1540) zum ja
Hofmaler ernannt worden und hatte daselbst mutmaßlich Verwandte. Ein Steinbau- f
meister Stefan Huber kommt nach Sighart 1471 in Passau als verstorben vor und ein #
Bildschnitzer Jörg Huber von Passau nennt sich 1492 als Gehilfe des Veit Stoss an i
dem Grabmale des Königs Kasimir IV. Jagello im Dom zu Krakau und wird 1494 i
dort zünftig, dieser übrigens kaum identisch mit unserem Bildhauer. Noch deutlicher i
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
425
als Hubers Name weist aber seine künstlerische Ärt, die im schwäbisch-alamanischen
Vorarlberg vollkommen isoliert stünde, nach Bayern. Da Voss Gestalt und Entwicklung
des Mannes, ohne auf sein Milieu in Feldkirch wie in Passau zu achten, einfach in
die Luft gezeichnet hatte, mußte ihm das Wagnis vollends mißglücken, andere
Künstler an ihn anzuknüpfen. So reiht er zwar richtig Melchior Feselen unter seine
Gefolgsleute ein, wirft ihn aber mit dem ausgezeichneten Maler der Holzschuher-
Bildnisse, wahrscheinlich einem in Frankfurt tätig gewesenen Dürerschüler, zusammen,
ein in einem Nachworte nur unvollständig berichtigter Irrtum. Ebenso schnell erledigt
er den hervorragenden Mitarbeiter Ältdorfers an dem großen Ältare in St. Florian
vom Jahre 1518. Äls ich das Werk 1891 in die Fachliteratur einführte (Zcitschr. f.
Salzburg. Es ist eine
1522 datierte Grab-
legung, die zu den
glänzendsten maleri-
schenlnspirationen des
Donaustiles gehört.
Wie wenig bekannt
dieser noch immer ist,
geht daraus hervor,
daß die schöne Tafel
kürzlich von anderer
Seite als ein Werk
aus der „Schule Zeit-
bloms“ veröffentlicht
werden konnte (Kunst-
geschichtlich. Jahrbuch
der K. K. Zentral-
Kommission, 1907,
2. Heft).
Wichtiger als die
Würdigung einzelner
Meister und ihrer
Leistungen wäre frei-
Gehaltes und seiner
i inneren Geschichte. Äuf die unausgereifte Hubermonographie läßt Voss daher
zwei weitere Äbsdinitte folgen, in denen die Bewegung aus der älteren oberdeutschen
Kunst abzuleiten und im Zusammenhänge zu erfassen gesucht wird. Die Linie von
Pfenning über Furtmayr und Frueauf zu Ältdorfer, die er hier konstruiert, findet sich
schon in meiner Studie über Altsalzburger Tafelbilder (Jahrbuch der kunsthist. Samm-
9 Von den sechs bisher bekannt gewordenen Gemälden des Künstlers sind darin zwei
erst nachträglich, „der Vollständigkeit halber“, in einer Anmerkung aufgeführt (das eine unter
Angabe eines falschen Standortes), während auf dem dritten das Datum und auf dem vierten die
Wappen, die über das Bild mehr wie ein Monogramm aussagen, ignoriert werden.
28
bild. Kunst N. F., II,
256 ff. und 296 ff.),
wies ich ihm seine
Stelle zwischen Alt-
dorfer und Huber an,
wobei die vier kleine-
ren Tafeln auf Grund
der Originalstudie zu
einer derselben im
Staedelschen Institute
(vormals in der Wiener
Sammlung Klinkosch)
bereits ausdrücklich
Altdorfer selbst zuge-
sprochen wurden. Eine
Arbeit der nämlichen
Hand, welche die Bil-
der der Passion, der
Florians- und Sebasti-
anslegende in St. Flo-
1 rian geschaffen hat,
1 bewahrt die Prälatur
i des Petersstiftes in
i lieh das Begreifen
Abb. 3. Bildschnitzer HUBER: Anna Selbdritt
und die beiden Johannes □
Ältarschrein (Oberteil und Umrahmung barock), dazu
Predella, Äbb. 1. — Pfarrkirche in Puch bei Hallein.
□ (Aufnahme von Fr. Pörnbadier in Salzburg.) □
des Stiles als Ganzen, seines geistigen
426
Monatshefte für Kunstwissenschaft
lungen des a. h. Kaiserhauses, Bd. XXIV, 1903) vorgezeichnet. Speziell die Lokalisierung
Pfennings in Salzburg beseitigte die verwirrende Annahme Thodes von der Zu-
gehörigkeit des Künstlers zur Nürnberger Schule, und schuf einen festen Ausgangs-
punkt für die Erkenntnis der ferneren Entwicklung. Diese wird jedoch wieder getrübt,
wenn Voss in Verkennung des autochthonen Geistes der Donauschule einen so weit-
hergeholten Einfluß wie den des Kölnischen Bartholomaeusmeisters in sie hinein-
interpretiert, während die Bekanntschaft Frueaufs mit Schongauer schon von mir
betont worden ist. Die Einbeziehung des Rueland-Altärchens zu Klosterneuburg in das
Werk des Frueauf der Großgmainer und Wiener Bilder lehne ich nach wie vor ab
und sehe mich in dieser Auffassung bestärkt durch die Existenz eines jüngeren
Frueauf, gleichfalls Rueland geheißen, den W. M. Schmid in einer aufschluß-
reichen Anzeige meiner Publikation (Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1904, No. 113)
als Maler des Cyklus in Vorschlag brachte. Allerdings erscheint die Bezeichnung
„Rueland“ auf einer der Klosterneuburger Tafeln, also der bloße Vorname ohne
den üblichen Zusatz einer Ortsangabe, angesichts der Gleichnamigkeit von Vater
und Sohn, erst recht befremdlich und singulär. Dem alten Frueauf näher steht ein
höchst beachtenswertes Votivbild des Probstes Georg Eissner von Herzogenburg aus
dem Jahre 1497 mit der getreuen Stadtansicht Passaus im Hintergründe und der
Porträtfigur Bischof Ulrichs I. Schmid, dem das Verdienst zukommt, auf die Tafel
hingewiesen zu haben, hielt sie für verschollen, während sie sich noch an ihrem
ursprünglichen Bestimmungsorte befindet, in der genannten niederösterreichischen Abtei.
Ich werde sie mit zwei anderen, der Forschung bisher entgangenen Frueaufs aus
Klosterneuburg und St. Florian nächstens veröffentlichen. Wie lange seine Richtung
an der Donau nachlebte, beweisen ein Epitaph zweier Pfleger von Neuburg bei
Passau aus dem Jahre 1516, vormals in der Sammlung Hamminger zu Regensburg,
jetzt in der Galerie Miethke in Wien, und eine um 1520 entstandene Szene aus der
Legende des hl. Wolfqanq, die das Germanische Museum kürzlich ebenda erworben
hat (Abb. 4).
Jedenfalls darf der Klosterneuburger Rueland als der nächste Vorläufer Alt-
dorfers gelten, schon darum, weil kein anderer Maler der Donaugegend vor ihm in
der Raumbehandlung soweit gelangt ist. Altdorfer mit dem großen Perspektivmaler
des hochgebirgigen Südens, mit Michael Pacher in unmittelbare Verbindung zu bringen,
geht aber nicht an, denn gerade die Raumanlage, besonders das Größenverhältnis der
menschlichen Staffage zur Architektur ist durchaus andersartig bei beiden. Gegenüber
den streng durchkonstruierten Prospekten und Binnenraumdarstellungen Pachers bleiben
Altdorfer und die Seinen vielfach spielerisch und unklar in ihren Bauansichten, die
bei aller Originalität des Gesamteindrudces gewöhnlich keine Kontrolle im einzelnen
vertragen. Manches, was außerdem Pacherisch anmutet bei Altdorfer, ist, wofern cs
nicht aus dem allgemeinen Streben der Zeit nach optischer Illusion und größerer
Körperlichkeit der Anschauung sich erklärt, den Stichen Mantegnas entlehnt, während
der kleinmeisterliche Zug des Regensburgers und des Donaustiles überhaupt im
schärfsten Gegensätze steht zur Monumentalität des Tirolers. Statt der hier ein- ,
geschalteten Abbildung des Wolfgang-Altarcs, der, nebenbei bemerkt, wie sämtlichen
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
427
Äbb. 4. Nachfolger R. FRUEÄUFS: Die Heimholung St.|Wolfgangs
vom Hbersee durch Regensburger Bürger □
□ Nürnberg, Germanisches Museum
neueren Reproduktionen des Werkes eine durch mich erwirkte Aufnahme zu Grunde
liegt, wäre daher eine Wiedergabe der reizvollen Mond- (nicht St. Wolfgang-)see-
Zeichnung Wolf Hubers im Germanischen Museum vom Jahre 1510 weit besser am
Platze gewesen (Abb. 5).
Beurkundet dieses Blatt doch wenigstens die persönliche Anwesenheit des
Künstlers in der Nähe einer Hauptstätte der Tätigkeit Pachers, kommt ihm auch keine
Beweiskraft zu für die von Voss angenommene Teilnahme Altdorfers an dieser Alpen-
reise. Auf einer anderen, jüngst von der Albertina erworbenen Federzeichnung von
1519 hat Huber, wie schon der Katalog der Sammlung Klinkosch, in der sie als
428
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Ältdorfer ging, erkannte, das markante Bergprofil des Traunsteines am Traunsee ;
von einem erhöhten Aussichtspunkte oberhalb Traunkirchens mit einer Zuverlässigkeit |
abkonterfeit, der die Unmittelbarkeit der Auffassung und die technische Natürlichkeit j
des Blattes gleichkommen. Feldkirch selbst zeigt eine 1523 datierte Skizze im britischen j
Museum, das Städtchen Urfahr b. Linz eine frühe Zeichnung in Budapest. In solchen j
Veduten, die, zum Unterschiede von den mehr oder weniger abenteuerlichen Gebirgs- I
hintergründen der meisten Altniederländer und Altdeutschen, eine wirkliche Gegend I:
topographisch richtig und zugleich künstlerisch gesehen, festhalten, erweist sich Huber !i
neben Dürer als der Mitentdecker einer bestimmten Gattung der Landschaftsschilderung, i
Wie aus den Daten mehrerer Blätter sich ergibt, zog es ihn öfters ins Hochland. Noch
heimischer fühlte er sich im Donautale und namentlich die sanfte Romantik des nieder-
österreichischen Stromufers mit seinen malerischen Engen zwischen Fels- und Wald- r
bergen muß es ihm angetan haben. So bringt er noch 1531 auf einem Blättchen der |'
Budapester Sammlung den Greiner Strudel. — Die Diözese Passau erstredite sich eben
damals an der Donau herab bis zur ungarischen Grenze. Das Stift besaß nicht nur ;
Patronate, Liegenschaften und Häuser, sondern auch einzelne Märkte und Städte auf
österreichischem Boden, wie Engelhartszell und Mautern. Fürstbischof Wolfgang,
der Gönner Hubers, der dem Passauer Domkapitel schon seit 1529 angehörte, residierte 3
öfters in Mautern a. d. Donau (Stein gegenüber), dessen Schlosse er 1551 einen neuen
Trakt hinzufügte. Sein Vater, der Altgraf Niklas von Salm, hatte außer der Grafschaft
Neuburg a. Inn, unfern von Passau, auch die Herrschaft Orth a. d. Donau in Niederöster- ■
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
429
Äbb. 6. V. DÖRTSCHÄCHER; Der Christusknabe
unter den Schriftgelehrten □
□ Wien, Sammlung Figdor
430
Monatshefte für Kunstwissenschaft
reich inne und Huber zeichnete für das gräfliche Haus einen Stammbaum, den F. Dörn-
höffer in der Wiener Hofbibliothek aufgefunden. Man sieht, es gab außer dem Bei-
spiele Ältdorfers, der, wie J. Meder feststellte, seine Donaufahrt 1511 gemacht hatte,
Anlässe genug, die danubischen Neigungen Hubers zu fördern. — Noch früher als Alt-
dorfer scheint übrigens ein zweiter maßgebender Meister der älteren deutschen Malerei,
nämlich Cranach donauabwärts, vielleicht bis nach Wien gekommen zu sein, wo ihm
1503 der dortige Theologieprofessor Stefan Reuß zu dem jetzt im Germanischen Museum
befindlichen Porträt gesessen haben dürfte.
Von den Eindrücken, die der junge Oberfranke damals empfangen, erzählt vor
allem seine Kreuzigung aus demselben Jahre in der Schleissheimer Galerie, wohl die
genialste Schöpfung des Donaustiles. Cranach muß in jenen Wandertagen sich merk-
würdig tief eingelebt haben in die Kulturstimmung des Süd-Donaulandes. Denn noch
anderthalb Dezennien später, als er in Wittenberg längst schon auf die Herstellung
einer bürgerlichen Hausmannskunst sich verlegt hat, trifft er diese Stimmung mit der
vollen Echtheit des Volkstones in jener „Maria von guten Rate“ der Innsbrucker
Jakobskirche, dem in Hunderten von Kopien durch Tirol und die Nachbarländer ver-
breiteten Gnadenbilde, das aber weder bei Voss noch in der neuesten Cranach-
Monographie (der Sammlung „Klassische Illustratoren“) erwähnt ist. Für den Zusammen-
hang Cranachs mit der Donaumalerei fehlt es nicht an weiteren charakteristischen
Belegen, unter denen nur ein Kreuzigungsbilddien in der Burgkapelle des Salzburger
Museums, ein größeres Altarblatt von 1506 mit St. Wolfgang zwischen Petrus und
Stefanus in St. Florian, endlich eine freie Kopie des Schleissheimer Crucifixus in der
1902 in Wien versteigerten Sammlung des Grafen Falkenhayn aus Schloß Walpers-
dorf hervorgehoben seien. Die frische und starke Frühkunst Cranachs war aber,
wie man weiß, bloß eine vorübergehende Phase seines Schaffens. Es ist daher eine
recht willkürliche Kombination, sie als das Endergebnis einer „Sturm- und Drangperiode“
der oberdeutschen Spätgotik hinzustellen, über die der Verfasser Musterung hält, statt
lieber einmal das Verbreitungsgebiet des Donaustiles selbst fester zu umgrenzen. Während
er dessen Darstellungsformen aus allen möglichen äußeren Einflüssen zu erkären unter-
nimmt, kennt er ein für die Verbindung des Alpen- und Voralpenlandes so bedeut-
sames Werk wie die Altargemälde in Merlbach (am Starnbergersee) nicht und läßt
die mehr oder weniger kräftigen Triebe lokalen Kunstlebens in Landshut, Ingolstadt,
Neuburg a. D., Lauingen unberücksichtigt, obwohl hier der Malerei jene originelle
Schnitzerschule Niederbayerns zur Seite tritt, die sich um den Altar von Moosburg
und seinen von G. Habich entdedcten Meister Hans Leininger gruppiert. Der fruchtbare
Hofmaler der niederbay erisdien Herzöge, Hans Schwab von Wertingen, geht bei
ihm leer aus und der Landshuter Stecher und Reißer für den Holzschnitt, Georg
Lemberger, dem man neuestens auch ein Kreuzigungsgemälde im Leipziger
Museum beimißt, wird nicht einmal genannt. Die Zuschreibung eiues Budapester
Bildes an den früher mit Mathäus Zasinger identifizierten Kupferstecher M. Z.
bedarf aber noch der Nachprüfung vor dem Originale, da die gebotene Abbildung
nicht überzeugt.
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Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
431
Äbb. 7. Donauschule, um 1520: Martyrium der hl. Katharina
Stift Wüten b. Innsbrudt □
Noch weniger wird Voss der wichtigen Rolle gerecht, welche die österreichischen
Älpenländer in der Werdezeit des Donaustils und tief in das sechzehnte Jahrhundert
hinein gespielt hatten. Hier geht ihm mit der Materialkenntnis vor allem die Kenntnis
der ethnographischen Zustände als der Grundlage des Kunstbetriebes ab — Dinge,
432
Monatshefte für Kunstwissenschaft
die durch bloße Galeriestudien nicht erworben werden. Über Altbayern hinweg haben
die Donauleute während des ganzen Mittelalters mit der ostalpinen Kultur in reger i
Beziehung gestanden und mutmaßlich war es Salzburg, das diesen Verkehr vermittelt
hat. Die frei malerische Tendenz des Donaustiles, die so leicht zu barocker Maß- I
losigkeit verwildert, die Neigung zu diffuser Anordnung, die Vorliebe für die Schilderung ^
der Waldnatur, des atmosphärischen Lebens und baulicher Innenansichten lassen sich ,
in Bildern der Zeit von Oberbayern bis nach Steiermark verfolgen. Ein starker ;
bäuerlicher Einschlag geht umgekehrt durch die gesamte Donaumalerei. Diese Ver-
wandtschaft, in der einfach der gemeinsame altbajuvarische Volkskern der fraglichen i
Gebiete durchbricht, hat dazu geführt, in zahlreichen Produkten der Gebirgsmalerei I
„Regensburger“ Einflüsse zu erblicken. Da wird eine Susannendarstellung aus Schloß
Ambras in der Wiener Galerie (No. 1420), die von dem nämlichen handfesten Tiroler
herrührt wie ein Hiobsbilddien des Innsbrucker Ferdinandeums (No. 75) bald als |S:
Regensburger Schularbeit, bald als Jugendwerk Cranachs angesprochen. Da gibt es jj
im Landesmuseum zu Graz einen sogenannten Altdorfer- Altar aus dem Jahre 1518 |
mit dem Monogramm ‘A'A, größtenteils nach Dürers kleiner Passion kopiert, der aus 1 1
dem Ennstale (Landl bei Reifling) stammt. Da birgt die Dorfkirche von Gampern in 1
Oberösterreich einen umfänglichen Flügelschrein, von dem einzelne Gemälde in einer |
öffentlichen Sammlung der Benennung Ostendorfer schwerlich entgehen würden, \\
obwohl ihr Verfertiger zuverlässig in dem Winkel zwischen Donau, Enns und Traun \i
zu Hause gewesen und z. B. auch in der Galerie von St. Florian mit zwei Tafeln j)
(Thomas und Elisabeth) vertreten ist. |-
Die nämliche Malweise reicht aber mit ihren Verzweigungen bis in eine süd-
liebere Region. Aus dem kärntnerischen Schlosse Mannsberg ist unlängst in die Samm- j-
lung Figdor in Wien ein Bildchen mit dem im Tempel lehrenden Christusknaben ge- !*
langt, das sich über seine Herkunft durch den unverfälscht einheimischen Malernamen i
V. Dörtschacher neben der Jahreszahl 1508 auf dem Rahmen ausweist (Abb. 6).^) Ganz i
Altdorferisch gemalt, zeigt die Tafel, wie früh die in Rede stehende Richtung in jenen j
Gegenden Fuß gefaßt hat, denn die ältesten bekannten Bilder Altdorfers selbst rühren |
erst aus dem Jahre 1507 her. Jetzt wird man auch Malereien wie die nach Waagens f
Urteile Altdorfer nahe verwandte heilige Sippe mit dem Monogramm EP und dem |j
Datum 1514 in der Wiener Akademie, das poesievolle Martyrium der heiligen Katharina |
im Kloster Wüten bei Innsbruck (Abb. 7) und sechs der Schule Ostendorfers zugeteilte J
Passionsszenen auf Schloß Tratzberg im Unterinntale für die tirolische oder inneröster-
reichische Schule reklamieren dürfen. Finden wir doch Zeugen derselben Kunstweise in |
den welschtiroler Grenzbezirken, z. B. auf den Flügeln eines Altares in der Pfarrkirche
zu Corvara im ladinischen Ennebergtale, ja „Regensburger“ Anklänge begegnen hier
y Ähnlich zusammengesetzte Ortsnamen wie Pörtschach, Görtschach, Mörtschach — der
Auslaut „adi“, ist eine slavisdie Lokalendung — kommen in den östlidien Hlpenländern, besonders
in Kärnten häufig vor. In Unterkrain, Gerichtsbezirk Rudolfswert, gibt es ein Dörfchen Dörtscha. —
Die unserer Illustration zu Grunde liegende Aufnahme des wertvollen Gemäldes ist der Liberalität
Herrn Dr. Albert Figdors zu verdanken.
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
433
Äbb. 8. BEWEINUNG CHRISTI □ Gestiftet von dem Canoniker
Fresko im Kreuzgange des Domes zu Brixen loh. Sdiönherr (gest. 1509)
mitunter in einzelnen gewiß landeswüchsigen Fresken. Genannt seien nur ein öfters
besprochenes und abgebildetes Hausfresko in Bruneck (Pusterthal) mit der symbolischen
Darstellung des „lebenden Kreuzes“, eine leider übel restaurierte Pieta (sog. Vesper-
bild) im Domkreuzgange zu Brixen, vermutlich um 1509, dem Todesjahr des Stifters
434
Monatshefte für Kunstwissenschaft
entstanden (Äbb. 8), endlich ein Zyklus von Mariengeschichten in einer Seitenkapelle und
ein St. Georg über dem Portale der Kirche zu Croviana bei Male im tridentinischen Sulzberge.
Die Vermutung drängt sich daher auf, daß die letzten Wurzeln des Donaustiles
überhaupt in dieser ostrhätischen Hochgebirgszone gelegen sind, daß er
nichts anderes war als die in die Donauebene verpflanzte Älpenrenaissance.
Genau so waren die Typen des Bauernhauses oder die aus Oberitalien übernommene
Sitte der Fassadendekoration aus dem Gebirge über das südbayerische Tafelland nach der
Donau gewandert. Damit wäre zugleich die Erklärung gegeben für die auffälligen Über-
einstimmungen der Donaugruppe mit den Schweizer Malern des sechzehnten Jahrhunderts,
den Urs Graf, Manuel Deutsch, Hans Leu, die in keiner Weise durch äußere Verhältnisse
zu begründen sind. „Die Kunstgesdiichte“ schrieb W.H. Riehl 1853 in „Land und Leute“,
„zog zu allen Zeiten wie die Geschichte des Handels und der Industrie den Flüssen und
Ebenen nach, sie steigt nicht gern in das Innere der Gebirge.“ Sehr richtig. Umgekehrt
waren jedoch die Anregungen der uralten, rassigen Volkskunst der Alpen dem „Land
vor dem Gebirge“ stets willkommen und namentlich der bayerische Provinzialismus
verdankt diesen Zuflüssen mit sein Bestes. Wie der Inn bei seiner Mündung in die
Donau meist wasserreicher als diese ist, aber doch ihrer Richtung folgt, so waren die
Donaustädte vielfach nur die Exponenten der malerischen Entwicklung des Hochlandes,
die Umschlagsplätze der alpinen Kunst. Sie haben dieser Ziel, Richtung und die im
deutschen Binnenlande gangbare Marke gegeben, sie in eine gemeinverständlichere
Mundart übersetzt, aus der aber noch mancher Heimatlaut mit seiner ursprünglichen
Klangfarbe heraustönt. So hat man sich noch immer nicht klar gemacht, wie stark
die Einwirkung der tiroler Spätgotik auf die süddeutsdie Renaissance, speziell die
Hofkünstler Kaiser Maximilians gewesen ist. Historisch beglaubigter, obschon noch
keineswegs genügend anerkannt, ist der Anteil, den die Meister der Ostalpenländer an
der Ausbildung der deutschen Barockkunst genommen haben.
Von solchen Wahrnehmungen ist bei Voss leider nichts zu lesen. Und doch
hätten sie erst ihn befähigt, die geschichtlichen Wandlungen des Stiles darzulegen und
eine Synthese seines Charakters zu versuchen. Nicht, daß es ihm an prinzipiellen
Gesichtspunkten fehlte. Im Gegenteil, sein Buch leidet bei mangelhafter Anschauung
des Denkmälervorrates und dessen unübersichtlicher Gruppierung an einer starken
Vorneigung zu abstraktem Theoretisieren, an einem Zuviel von Spekulation. Es ist
mehr um die Sache herum als über die Sache geschrieben und der Verfasser
„geht so selig ins Allgemeine“, daß er den Boden stellenweise unter den Füßen
verliert. Dies namentlich dort, wo er Eindrücke mit Beobaditungen verwechselt,
zufällige Analogien mit kausalen Zusammenhängen, leere Vermutungen mit dem
Tatbestände. Auch wer sich keineswegs zum Programm einer engherzigen Spezial-
forschung bekennt, sondern jede Förderung des artistischen Verständnisses gerade
solcher Werke, die man nicht vom künstlerischen Standpunkte einzuschätzen pflegt,
dankbar hinnimmt, wird finden, daß das Raisonnement des Budies sich allzuoft in
Stiassny. Die Donaumalerei im sechzehnten Jahrhundert
435
eine überwundene Gefühlsästhetik verliert. Die künstlerische Beurteilungsweise kann
sich in den Augen der Historiker durch nichts schlimmer schädigen als durch schön-
geistige Exzesse von der Art des Vergleiches Wolf Hubers mit Albertinelli oder gar
Altdorfers mit — Giorgione! An einer wirklich gebotenen Parallele, die ihm schon
durch die glü(±lich ermittelte Bedeutung des Bildschnitzers Huber nahegelegt war,
nämlich der Donaumalerei mit den gleichzeitigen bayerischen Holzbildwerken ist Voss
I dagegen achtlos vorübergegangen. Um wieviel zweckdienlicher wäre sie aber gewesen
I als die müßige Sdilußbetraditung über die religiös-kommunistische Bewegung in Süd-
' deutschland vor der Reformation, die er — in den Tagen Schmollers und Lamprechts —
mit Zitaten aus Sebastian Brant und Rosenplüt erläutern zu können meint.
Daß aus dem Buche daher kein greifbares Bild des Donaustiles sich heraus-
rundet und dessen eigentliche Probleme ungelöst bleiben, ist um so bedauerlicher, als
es in manchen Einzelurteilen und Analysen entschiedenes Talent, namentlich literarisches
verrät. Es ist wenigstens ein Stilist, der sich diesmal über Stilfragen hören läßt, zum
Unterschiede von dem Stammeldeutsdie so mancher Kunstgelehrter, die die Mode
entwicklungsgeschichtlicher Studien mitmadien. Seiner Arbeit wurde es aber vor anderen
verwandten Erscheinungen verhängnisvoll, daß sie mit der Methode der neuesten Kunst-
psychologie auf einem Felde auszukommen glaubte, das erst durch eine exaktere
Forsdiung urbar zu machen ist, ehe es die schmackhaften Früchte tragen kann, die
hier mit allzu rascher Hand zu pflücken versucht wurden.
WOLF HUBER; Studienköpfe
Federzeidinung □
Erlangen, Bibliothek
Studien und Forschungen
EINE REMBRÄNDT- ZEICHNUNG IM
KUPFERSTICHKÄBINETT ZU OLDEN-
BURG.
Unter den unendlidi vielen Gesdiidiien des
Älten Testamentes, die Rembrandt beschäftigten
und von denen dieser leiden sdiaftliciie Märchen-
leser einen großen Teil überhaupt zürn aller-
ersten Male bildlidi darstellte, sind einige, für
die er eine besondere Vorliebe gehabt haben
muß. Immer wieder kehrt er zu ihnen zurück
und gibt seinen Gestaltungen immer neue
Fassungen, wenn audi nicht stets von Grund
auf neue, so doch weiter entwidcelte , reidiere
Formulierungen. Solche Lieblingsthemata sind
für ihn die Begebenheiten des Tobias, die Ge-
schichte der Susanna und das Tun und Leiden
des Simson. Es ist nicht nötig, hier heimliche
Beziehungen anzunehmen zwischen der Wahl
seiner Stoffe und seinen Lebensschicksalen. Ihn
hat bei dieser Stoffwahl wohl immer nur das
allgemein menschliche Interesse geleitet und das
künstlerische Wollen, je nachdem es bei ihm
gerade auf das Dramatisdie oder Psychologische
oder Lyrische gerichtet war. Ein solches Lieb-
lingsstück in seinem Älten Testament sdieint
auch die Geschichte vom jungen Joseph in
Ägypten gewesen zu sein. Wenn man außer
seinen Gemälden und Radierungen noch seine
Zeichnungen betrachtet — und erst in ihnen
liegt ja der ganze Umkreis seiner Vorstellungen
ausgebreitet — , stößt man ziemlidi häufig auf
verschiedene Entwürfe zu Darstellungen aus
dieser Legende, wie Joseph im Gefängnis ist,
wie er Träume deutet und besonders auch die
Szene mit der Frau des Potiphar. Dieser Be-
gebenheit hat er in der Radierung von 1634
(B. 37) die drastischste Fassung gegeben er
hat nach dem Text den Äugenblidt gewählt,
wo es heißt: „und sie erwischte ihn bei seinem
Kleid und sprach: Schlafe bei mir! Äber er ließ
das Kleid in ihrer Hand und floh . . (L Mose,
Kap. 39, Vers 12). — Äls Rembrandt sidi zwanzig
Jahre später wieder mit diesem Stoff beschäftigte
und das unvergleichlich schöne Bild der Berliner
Galerie malte (1655), hat er, der Gewöhnung
seiner Spätzeit gemäß nicht eine Illustration
einer bestimmten Textstelle gegeben, sondern
den wesentlichen Inhalt der Erzählung zu-
sammengefaßt. Das Weib verklagt bei ihrem
Gatten den Jüngling — der steht hinter dem
Bett und wendet Hand und Blick nach oben, in !
wortloser Empörung über so viel Verworfen- i
heit. Die Szene steht nicht so im Text; da ist |
vielmehr Potiphar allein mit seinem Weibe, j
denn Joseph war ja fortgelaufen. Huch mußt
man annehmen, daß sie ihren Angriff auf die ;
Unscimld nicht sitzend und bekleidet vollführt |
hat, sondern im Bette liegend wie das ja i
auch der junge Rembrandt, der Zeichner der |
« Radierung von 1634, sich vorgestellt hatte. |
Wenn er also in dem Gemälde sich dem Text
gegenüber eine poetische Licenz erlaubt, so ist
das bestimmte Absicht und ein Erzeugnis seiner
frei dichtenden Phantasie, die in knappster
Form den ganzen Inhalt dramatisch erschöpfen '
will. Es gibt aber auch einen anderen Ent-
wurf zu dieser Verklagung, eine genaue
Illustration der bestimmten Textstelle, eine
Zeichnung. Sie befindet sich im Kupferstich-
kabinett der Großherzoglichen Sammlung in
Oldenburg und wird hier, in einer verkleinerten |
Abbildung, zum ersten Male publiziert.^)
Die Eigenhändigkeit Rembrandts ist wohl
auch nach der Reproduktion nidit zu bezweifeln,
ebensowenig wie die Deutung der Darstellung.
Im Text der Bibel heißt es: „Und sie legte sein
Kleid neben sich, bis sein Herr heimkam, und
sagte zu ihm: Der ebräische Knecht, den du |
uns hereingebracht hast, kam zu mir herein und
wollte seinen Mutwillen mit mir treiben. Da
ich aber ein Geschrei machte und rief, da ließ
er sein Kleid bei mir und floh hinaus“ (I. Mose,
Kap. 39, Vers 17 u. 18). Die Frau hat sich halb
aufgeriditet im Bett und erzählt dem genau zu- i
hörenden Gemahl den Hergang; Josephs Kleid !
ist halb vom Bett heruntergeglitten auf den
Boden und redet als falsdier Zeuge. |
Was sind das nun aber für Figuren zu
Häupten des Bettes, die da an Stelle der Bett-
pfosten stehen? Man kann mit einiger Sicher-
heit so viel sagen, daß es sich auf der einen
Seite um einen Faun, der eine Geste macht,
handelt, und auf der anderen um eine nadete
Frau. Äber sicher ist ihre Bedeutung in dieser
Szene im Dekorativen nicht erschöpft; dazu ist die
Rolle, die sie in diesem Entmmrf spielen, doch
Originalmaßc: 18,7 : 21,5 cm. Technik: Feder und
Tusche. Herrn Konscr¥ator R. tom Diek, dem Verwalter
der Oldenburger Galerie , sowie Herrn Hofkunsthändlcr
Oncken, der das Verlagsrecht an dieser Photographie be-
sitzt, spreche ich an dieser Stelle meinen verbindlichsten
Dank aus für die Erlaubnis des Reproduzierens.
Studien und Forschungen
437
REMBRÄNDT: Potiphars Weib verklagt Joseph
fJWit Genehmigung des Hofkunsthändlers Oncken) □
nicht nebensächlich genug, und die Hand-
bewegung des Fauns ist zu sprechend, als daß
; man hieran achtlos vorübergehen könnte. Wohl
ist Rembrandt kein Hogarth, und man würde
dem menschlichen Gehalt seiner Kunst Unrecht
tun, wenn man über die verborgenen Geheim-
1 nisse seiner Gegenstände Bücher schriebe. Äber
I daß er hier einmal im Beiwerk seine Dar-
i Stellung noch glossiert und symbolisch erweitert
hat, das ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
I Es gibt eine Änalogie zu solchem Vorgehen —
die bekannte Petersburger „Danae“, die, nach
Bode und Neumann, mit größerer Wahrsdiein-
lidikeit Sara sein soll, Raguels Tochter, wie
sie im Brautgemach Tobias erwartet. Hier
findet sich auch ein plastischer Schmuck am
Himmelbett, ein gefesselter broncener Putto, der
seine gegenständliche Bedeutung haben muß.
Er ist als jener böse Geist aufzufassen, der
vorher ein Fluch für das Bett der Sara war und
nun durch den guten Engel des Tobias gebannt
wurde (Buch Tobias, Kap. 8, Vers 3). Dieser
weinende Putto ist sicher keine bedeutungslos
dekorative Zutat, dazu ist seine Situation, die
Fesselung und das Weinen, allzu prägnant.
Vielleicht hat Rembrandt dieser Szene, die an
sich etwas allgemein gehalten ist — eine nackte
Frau, die den Geliebten erwartet — , durch die
Zutat einen Titel geben und ihre Deutung
einwandfrei machen wollen, wobei er auf die
Bibelfestigkeit seiner Zeitgenossen redinen
durfte. Wenn es so ist — und ich glaube, man
kann dies füglich nicht bestreiten — , so darf
man annehmen, daß auf unserer Zeichnung der
Faun und die nackte Frau auch zur Erklärung
der Szene mithelfen, indem sie das Vorauf-
gegangene leicht andeuten. Daß dem Künstler
die Illustration der Bibelstelle, diese Verklagung
an sich, nicht eindeutig genug war, hat er später
selber dokumentiert, indem er aus ihr eine vom
Text abweichende Darstellung geschaffen hat —
eben jenes schöne Berliner Bild.^)
Wann die Oldenburger Zeichnung entstanden
ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich
möchte sie ihrem Stil nach seiner mittleren Zeit
zuweisen, also etwa zwischen dem Äusgang
der dreißiger und dem der vierziger Jahre an-
setzen. Sie ist sehr schön und in der Äuf-
y Und die Petersburger Replik.
438
Monatshefte für Kunstwissenschaft
fassung ruhig. Der würdig stehende und ge-
messen zuhöreride Mann, der übrigens audi in
anderen Zeidinungen wiederkehrt/) bildet eine
Vorstufe zum Potiphar des Gemäldes. Es ist
ja audi das Nächstliegende, diesen Entwurf
zeitlidi zwischen die Potiphar -Radierung von
1634 und das Bild von 1655 einzusdiieben ; so
entspricht es am besten der Äuffassung von
Rembrandts Entwickelung: anfangs das Dra-
stische, dramatisch äußerst zugespitzteGeschehen;
dann eine beruhigtere Szene derselben Er-
zählung, noch in enger Änlehnung an den Text,
und endiidi eine freie Umbildung des Stoffes
im Sinne des „fruchtbarsten Moments“.
E. Weidmann,
s
ALHÄMBRÄPROBLEME 11.
Wir besitzen keinen zuverlässigen alten Plan
von der ehemaligen Burganlage. Die Hnsiditen
in Chroniken des XVL Jahrhunderts geben uns
gar keinen Äuf Schluß, und selbst die „Plata-
forma“ von Granada, die der Dombaumeister
Ämbrosio de Vico zeichnete, weist so viele
Ungenauigkeiten in den Proportionen und in
der Angabe der Details auf, daß sie unmöglidi
die Grundlage für topographische Studien ab-
geben kann. Immerhin vermag uns aber die
„Plataforma“ bei der Feststellung der großen
Züge der ursprünglichen Befestigung einige
Dienste zu leisten.
Vor allem stellt sie außer Zweifel, daß die
Mauer, durch weldie die Kassbä (Älcazaba) mit
den von Muhammed II. errichteten „Torres Ber-
mejas“ verbunden war, als die Fortsetzung der
Stadtmauer zu betraditen ist, die von Bäb at-
Tauäbin und Bäb al-Lascha (später „Puerta del
Pescado“) heraufkam und in weldier die be-
rühmte „Casa de los Tiros“ die Funktion einer
Turmfeste erfüllt zu haben erscheint.
Auf der anderen Seite führte von der Burg
eine Mauer steil hinunter an den Darro, sodaß
sie sich mit der um den Fuß des ganzen SchloB-
berges herumlaufenden Umwallung kreuzte.
Man sieht, die Isolierung der Alhambra von
der Stadt konnte nicht vollständiger gewesen
sein.
Der eigentliche Aufgang zur Kassbä war be-
kanntlich auf der Nordseite durch die ziemlidi
tief gelegene „Puerta de las Armas“, die man
auf einem Zickzackwege von der Riditerbrücke
(Kantarät al-Kädi) her erreichte. Diese war
bereits im Jahre 447 (1055) unter dem Zlriten
') Siehe eine bisher unerklärte Zeichnung in Dresden.
(Woernianns Publikation. Mappe VIII. Tafel 14, oben.)
Badis errichtet worden, der so eine Verbindung f
des Königlichen Schlosses auf dem Albaicin mit j
der gegenüberliegenden Burg herstellte. Der \\
strategische Wert dieser Konstruktion ist ein- i
leuditend; er trat später besonders in den ;j
Kämpfen zwisdien Murabiten und Muwahiden ■
deutlich hervor. j
Kein Zweifel, daß die Festung, die im 9. Jahr-
hundert von Sauwär so glänzend gegen die j*
Renegaten verteidigt wurde, an derselben Stelle
stand, wie später die Kassbä der Nassriden: i:
unter der „Torre de laVela“ ist man auf ältere j-
Fundamente gestoßen, die sehr wohl jener an-
gehört haben könnten. Die ganze übrige Fläche !
des Bergrückens dagegen wurde von dem Orte ;
eingenommen, der schon damals „Medinat al- |
Hamrä“ hieß. i
Alan hat nun gewiß mit Unrecht vermutet, i
daß die Verhältnisse unter den ersten Alhama- *
ren, etwa bis auf Abü’lWalid, ähnlidi gelegen |
haben. j
Dem alten Haudegen Sauwär, der nach eige- j
ner Aussage nicht einmal über einen Standes- j
gemäßen Harem verfügte, mochte eine Burg allein j
als Residenz vollauf genügen, dagegen ist es aus- j
gesdilossen, daß sie außer einigen Tausend Mann j
Besatzung auch nodh den ganzen Hofstaat der |
nassridischen Könige hätte bergen können. Es j
müssen vielmehr schon seit Muhammed I. außer-
halb der Kassbä auf dem Alhambraberge Palast-
räumlichkeiten bestanden haben. Von dieserVor-
aussetzung ausgehend, habe ich in dem vorletzten
Hefte dieser Zcitsdirift auf die Möglichkeit hin-
gewiesen, daß man die Rauda, d. h. die Königs-
gruft, als einen Rest der ersten SdiloBanlage zu
betraditen habe, mödite mich jedoch insofern
berichtigen, als idi nidit die „Torre de las Da-
mas“ selbst, sondern einen älteren Bau, dessen
Stelle sie später einnahm, für den Harem be-
anspruchen würde. Daß aber auch sie fortfuhr, .
demselben Zwecke zu dienen, scheint mir nach '
dem ganzen Charakter ihrer Konstruktion un-
zweifelhaft.
Wir besitzen eine Nachricht des glaubwür-
digen Ihre Chaldün, wonadi die hervorragenden
Bauwerke in und bei Tlemcen (Algerien) von
Granadiner Künstlern ausgeführt wurden. Da
sie z. T. den Alhainbrasälen unmittelbar vor-
hergehen, so müssen neben der Mosdiee Mu-
hammeds IIL sdion berühmte Palasträume ge-
standen haben.
Die ebenfalls in ihrer Nähe gelegene „Puerta
de Hierro“, unter der „Torre de les Picos“, dürfte
dann keine andere Bestimmung gehabt haben,
als die, eine direkte Verbindung zu dem Lust-
schlosse Dsdinän-al-ärif (Generalife) herzusteilen,
Studien und Forschungen
439
dessen alter Äufgang tatsächlich diese Richtung
nimmt.
Nadi der Südseite zu bildete die „Puerta
Siele Suelos“ (BäbÄlgodor) vermutlidi das äl-
teste Eingangstor zu der Älhambrastadt; die
Tradition, daß sie nach der Kapitulation auf
Boabdils Wunsch für alle Zeiten gesdilossen
wurde, scheint nicht Sage zu sein, denn in den
„Civitates orbis terrarum“ (von Braun undHogen-
berg, Köln 1582) wird sie von Hufnagel als
„Porta castri Granatensis semper clausa“ abge-
bildet.
Zwisdien ihr und der später errichteten
„Puerta de la Justicia“ (Bäb esch-Scharä) könnte
an Stelle der modernen „Puerta del Carril“ das
„Bäb Yaküb“ gelegen haben, falls dieses von
dem wir nur den Namen kennen •— nicht etwa
bei der „Torre del Ägua“, alsÄusgang zu dem
problematischen Palaste der „Älischaren“, zu
suchen wäre.
Seit Yussuf I. bildete das Gesetzestor den
nächsten Äufgang von der Stadt her. Nachdem
man es durchschritten hatte, gelangte man vor
die nunmehr spurlos verschwundene „Puerta
Real“, mit welcher die „Puerta delVino“ einen
Winkel bildete, dessen Schenkel als Mauern auf
der einen Seite nach der Kassbä, auf der an-
deren nadi dem Palaste führten. Rafael Con-
treras glaubte, die „Puerta del Vino“ zu der
Burg selbst ziehen zu müssen und setzte sie
deshalb entschieden etwas zu früh an; mit mehr
Wahrscheinlichkeit hat man vermutet, daß sie
das Westtor der Älhambrastadt bildete und
so die Bevölkerung gegen die Königliche Resi-
denz abschloß, zu der man offenbar durch ein
weiteres Tor von dem Platze von der Burg
aus eintrat. Leider fehlen gerade dort, wo
jetzt der Palast Karls V. steht, wichtige Teile
des alten Sdiloßes — man hat sie die Winter-
wohnung der maurischen Könige genannt —,
und es wäre im höchsten Grade wünschens-
wert, daß endlich die vielen Älhambradoku-
mente, die in spanischen Ärchiven zerstreut
sind, publiziert würden, um uns über diese kom-
plizierte Baugeschichte einigermaßen zu orien-
Ernst Kühnei.
s
ÜBER DIE BEHÄNDLUNG DER LOM-
BARDISCHEN KUNST IN B. BEREN-
SONS „NORTH ITÄLIÄN PAINTERS
□ OF THE RENAISSANCE“. □
Von Wilhelm Suida.
Mit Studien über lombardische Kunst seit
Jahren beschäftigt ging ich mit Neugierde an
dieLektüre des neu erschienenen Buches B.Beren-
sons „North Italian painters of the Renaissance“.
In diesem Bande sind Lombarden, Piemontesen,
Ferraresen und Bolognesen enthalten, dazu von
den Brescianern,' Bergamasken, Veronesen,
Vicentinern diejenigen, welche Berenson nicht
schon den Venezianern beigezählt hatte. Ein
Konglomerat von Essays haben wir streng ge-
nommen vor uns.
Nur von den Lombarden und den Grundlagen
der lombardischen Kunst soll im folgenden die
Rede sein. Sowohl die Gesamtcharakteristik
derselben als die Äbgrenzung des Wirkens der
einzelnen Persönlichkeiten scheint mir bei Beren-
son auf äußerst oberflächlicher Auffassung und
sehr flüchtiger Bekanntschaft mit dem Gegen-
stände zu beruhen.
Vor Ältichiero findet B. in Oberitalien keine
Malereien von allgemeinem Interesse. Die von
mir in der Rassegna d’Ärte publizierten Fresken
des Giovanni da Milano, sowie auch die von
Schlosser publizierten Werke des Tomaso da
Modena, deren beider Stil geradezu Voraus-
setzung für den der späteren Veronesen war,
wären zum mindesten zu erwähnen gewesen.
Die Kunst Pisanellos dient zum Ausgangspunkte
für eine Reihe von Erörterungen über den
Unterschied der norditalischen von der floren-
tinischen Kunst des Quattrocento. Es darf ja
nicht so sehr wundernehmen, wenn die von
Vasari bis Burkhardt vertretene Ansicht der
Superiorität der Toskaner auch hier verfochten
wird. Daß B. aber durch philosophische Floskeln
eine tiefere Begründung und eine absolute
Giltigkeit seiner Ansicht zu verschaffen strebt,
beweist, daß es sich bei ihm nicht um eine
naive, rein künstlerische und daher individuell
berechtigte Auffassung wie beispielsweise bei
Burckhardt handelt. Seitdem er dies schrieb,
ging das allgemeine Bestreben aber darauf,
die speziellen Gesetze der künstlerischen Ent-
wicklung in den übrigen Landschaften Italiens
zu erforschen. B. kommt mit seinen engen, nur
aus der florentinischen Kunst abstrahierten
Definitionen um ein Menschenalter zu spät.
Wie es mit Bs. Auffassung der Kunst Man-
tegnas bestellt sei, das überlasse ich dem Leser
zu beurteilen. B. findet bei ihm wenig christ-
liche Empfindung (! !), sagt, der Humanist habe
den Künstler ertötet und dergleichen mehr. Er
bedauert Mantegna, so sehr vom rechten Wege
abgeirrt zu sein. Gewiß wird es aber auch nach
Herrn Berensons scharfer Kritik noch Menschen
geben, die sich an Mantegnas Werken, so wie
sie sind, freuen und die der Ansicht sind,
daß bei der Geschichtsschreibung das Besser-
wissen, das müßige Korrigieren von historischen
440
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Tatsachen, eine ganz unnütze Spielerei ist. Bs.
Buch ist durchsetzt mit geistreich tuenden
Apostrophen an die Phantasie des Lesers: „Stellt
Eucli vor, was es für die Welt bedeutet hätte,
wenn die Sache nicht so, wie sie sich ereignete,
verlaufen wäre, sondern . . Niemand käme
in größere Verlegenheit, als Herr B., wenn er
nur eine der so leiditfertig aufgeworfenen Fragen
klar beantworten sollte. Ich untersdiätze aber
nicht den hohen taktischen Wert, den dieses
geheimnisvolle Feuerwerk für B. hat; zumeist
muß es den Leser über den Mangel präziser
und sachlicher positiver Charakteristiken der
behandelten Künstler hinwegtäuschen.
Für die gesamte lombardische Kunst findet
B. ein Schlagwort: „prettiness“; damit will er
alles gesagt haben. Kurz und schlecht. Ich
frage: Donato de Bardi, Foppa, Zenale, Bra-
mantino, P. F. Sacchi, u. a. m. sollen als auf-
fallendstes Merkmal prettiness besitzen? Wenn
B. nur eines von den tatsächlich der ganzen
Schule eigentümlichen Merkmalen genannt hätte,
das Vorherrschen des Architektonischen und
dessen Bedeutung für den Aufbau der Kom-
positionen, den Mangel an dramatischer Kon-
zentration in den Schilderungen, den eigentüm-
lichen Farbengeschmack, aber all das bleibt ver-
schwiegen, d. h. von B. unerkannt.
Um seine „prettiness“ durchzudrücken, weiß
sich B. allerdings Rat. Er erwähnt Donato
de’ Bardi und Sacchi überhaupt nicht, Zenale
nur ganz kurz, Foppa verweist er als Bres-
cianer aus der Lombardei hinaus. Soviel ich
weiß, ist es sehr fraglich, ob Foppa nicht ge-
borener Pavese war, seiner künstlerischen
Schulung nach ist er es durchaus. Daß ich die
Gestalt des Donato de’ Bardi in meinem Buche
über Genua in helles Licht gerückt und seinen
Einfluß auf Foppa betont habe, mag B. ent-
gangen sein. Jedenfalls ist die direkte Ab-
leitung von der paduanischen Kunst, die B. wie
die meisten früheren annimmt, überflüssig und
im einzelnen schwer beweisbar, während sein
Zusammenhang mit den Pavesen und den in
Ligurien tätigen Meistern klar vor Augen liegt.
Bezüglich der Lebensdaten Foppas hat B. die
äußerst verdienstvollen Forschungen der Miß
Constance Jocelyn Ffoulkes völlig übersehen.
Wenn B. den Bergognone den bedeutendsten
Nachfolger Foppas nennt, so ist das unrichtig,
da mindestens Zenale viel höher steht.
Was B. über Bramante, Bramantino und
dessen Einwirkung auf Luini und Gaudenzio
sagt, entspricht ungefähr den von mir in früheren
Aufsätzen gegebenen Darlegungen, deren Kenntnis
man wohl bei B. voraussetzen muß, wenn er
meinen Namen auch nicht nennt. Aber die Idee,
daß Bramante auch als Plastiker sich betätigt
habe, ist, soviel mir bekannt, von mir zuerst
ausgesprochen worden und einen Beweis, daß
B. meine Liste der Werke Bramantinos benützte,
ohne sie in allen Fällen an den Originalen zu
überprüfen, gibt ein von ihm kopierter Druck-
fehler, der sich in meinen ersten Bramantino-
aufsatz eingeschlichen hatte, im zweiten natürlich
sogleich richtiggestellt wurde. Als Gegenstand
eines Bildes in Mezzana, das die Pfingstweihe
darstellt, gab ich durch Verwechslung in meinen
Notizen in der ersten Liste „Christus im Tempel
lehrend“ an, und dieser Irrtum ist schelmischer
Weise in B.s Liste übergegangen.
Für nichts mehr als ein kindliches Spiel der
Gedankenlosigkeit kann ich es halten, wenn B.
sein Bedauern darüber ausspricht, daß Leonardo
nach Mailand kam, wenn er sichzu derPhantasma-
gorie versteigt, die lombardische Schule hätte eine
glänzende selbständige Entwicklung bis auf einen
lombardischen Paolo Veronese nehmen können,
wenn nicht Leonardo sie aus ihrem Geleise ge-
bracht hätte usw. usw. Bei der Besprechung
einzelner Schüler Leonardos berührt es komisch,
Ambrogio Preda und Boltraffio nicht auf Grund
von beglaubigten Werken, sondern von teils
zweifelhaften, teils sicher nicht von ihnen her-
rührenden Bildern charakterisiert zu finden.
Zu den Listen, soweit sie .lombardische
Künstler betreffen, will ich nun im einzelnen
noch einige Anmerkungen beifügen.
Vincenzo Foppa; beizufügen das Fresko
einer Augustinerallegorie in Terra verde in der
alten Libreria von S. Barnaba zu Brescia (um
1490 gemalt).
Butinone; sicher zu streichen der Madonnen-
kopf in Chantilly, der von dem Meister der
Pala Sforzesca stammt. Bei dem Treviglio-
Altar finde ich fast genau die von mir 1902
(Repertorium für Kunstwissenschaft) vorgeschla-
gene Einteilung übernommen, desgleichen die
Pieta in Berlin und die drei kleinen Bilder in
Bergamo, Borromeo-Sammlung und Pavia, die
von mir dem Künstler zugeschrieben worden
sind. Hinzufügen kann ich heute noch ein
kleines Bild der Vorführung eines jugendlichen
Heiligen vor den Richter im Besitze des Fürsten
Liechtenstein, ferner einen zierlichen Mädchen-
kopf en face bei Contie Sola-Busca in Mailand
und ebenda in der Nonnenkirche S. Sofia un-
weit der S. Maria della Passione ein 1500 da-
tiertes Madonnenbild. Mit Fragezeichan hat B.
viele nicht hergehörige Bilder in Butinones Liste
eingeschwärzt.
Zenale; m. E. nicht hergehörig die Ver-
kündigung bei Borromeo, sowie die Beschnei-
Studien und Forschungen
m
düng im Louvre mit dem Monogramm X L
und Datum 1^91.
Beizufügen das von mir schon früher einge-
führte Porträt des Bischofs Noveili der Borro-
j meogalerie (ist das derselbe, den B. unter
I Butinone nennt?) und wohl audi ein unter dem
ij Verlegenheitsnamen desCesare de Sesto in der
i Wiener Galerie ausgestelltes und von B. ge-
nanntes Jünglingsporträt.
I Bramantino; das von mir kopierte, oben
erwähnte Versehen bezüglich des Bildes in Mez-
zana zu korrigieren. Das Haupt Johannis der
I Sammlung Vittadini, sehr ähnlich dem Exemplar
[ bei Dr. Frizzoni, hat mit Bramantino nichts zu
! tun.
! Ämbrogio dePredis; in dieser Liste sind
I m. E. mehrere verschiedene Meister vertreten.
; Leonardo selbst mit dem Bildnis des Musikers
: in der Ämbrosiana; der Miniaturmaler Cristoforo
!de Predis mit den Miniaturen des British Mu-
seum und der Sammlung des Fürsten Trivulzi.
Und ist das Mädchenbildnis der Ämbrosiana,
[ mit dem ein anderes in Krakau und ein Frauen-
L bildnis im Louvre, beide von B. nicht genannt,
I enge zusammengehören, wirklich von Predis?
’ Bernardino de’ Conti; der Morellische
i Conti von neuem aufgeblasen. Nach Morelli
I von neuem die Madonna Litta und die (fälsch-
lich 1494 datierte) Pala Sforzesca hereingezogen.
: Schon bei den nächsten Verwandten derselben
, stutzt B. So kommt die Madonna Cora zu
! einem Fragezeichen. Madonnen in Berlin, Karls-
i ruhe, Würzburg, Venedig (Seminario) haben
; nichts mit Conti zu tun. Wie B. die prachtvolle
: Madonna in Budapest oder das Porträt der
Sammlung Thiem in S. Remo noch mit den be-
, glaubigten, an Zahl doch nidit geringen und
li über fast drei Jahrzehnte sich verteilenden
' Werken des Conti in Einklang zu setzen im-
, Stande ist, vermag ich nicht zu begreifen. Die
j bezeichneten Werke ergeben die von Bode
1 schon längst klar und präzise ausgesprochene
I Charakteristik des Künstlers, auf welche ich ver-
I weise.
Boltraffio; auch hier hatB., wie ich glaube,
ganz verschiedenartige Dinge beigemengt. Mit
> großem Nachdruck möchte ich das Mädchen mit
r dem Hermelin der Czartoryski-Galerie in Krakau
! dem Leonardo selbst zuschreiben; vermutlich ist
es doch wohl das Porträt der Cecilia Gallerani
■ und stammt aus der Zeit der Vierge aux
> rochers im Louvre. Dann aber finden wir eine
f Gruppe zarter, farbensdhöner Bilder, wie z. B.
t den Salvator mundi in Bergamo, die Madonna
i bei Mr. Salting (jetzt in der National Gallery
1 ausgestellt) und andere; das sind frühe Werke
{ des Marco d’Oggionno, wie ich glaube. Und
endlich finden wir einen Schüler Boltraffios, der
den Kindern immer Mopsgesichter malt; von
ihm Madonnen im Museo Poldi, bei Mr. Che-
ramy in Paris und bei Exzellenz Baron Tücher
in Wien. Äll das und noch manch anderes Bild
ist aus B.s Liste zu streichen, einzufügen das
Porträt der Sammlung Thiem. Ein reizendes
Madonnenbildchen der Sammlung Wittgenstein
in Wien, vom Besitzer und danach auch von B.
Boltraffio genannt, stammt doch nicht von ihm,
sondern von einem uns dem Namen nach noch
unbekannten Leonardoschüler. Dieses Zusam-
menstopfen auf wenige Namen, wo sogar be-
kannte ausgelassen werden (wie Francesco
Napoletano) oder mit keinem Werke verbindbar
sind (wie Salaino), hat doch gar keinen Sinn.
Ändrea Solario; hier nennt B. aus der
Wiener Sammlung einen kreuztragenden Chri-
stus, der mit Solario nicht die entfernteste
Ähnlichkeit besitzt. Schon Morelli hat bei diesem
Bilde einen allerdings etwas unbestimmt ge-
haltenen Hinweis auf Luini gegeben. Farben,
sowie die höchst charakteristische Form der
Hand sprechen durchaus für letzteren. Der
Kopf, durch spätere Überarbeitung etwas ver-
ändert, zeigt immerhin noch im allgemeinen
Luinis Typus. Dafür aber nennt B. die tatsäch-
lich von Solario stammende, von Morelli irriger-
weise für niederländisch gehaltene Salome im
Vorrat der kaiserlichen Sammlungen nicht. Das
Porträt des Charles d’Ämboise im Louvre weicht
völlig von Solarios Ärt ab. Ich weiß nicht, wer
es gemalt hat, gewiß derselbe, der die Catarina
der Münchener Pinakothek schuf, die B. als
„zwischen Boltraffio und Melzi“ nennt, wofür
ich aus dem Bilde keinen Änhalt gewinnen kann.
In den vorstehenden Notizen habe ich natür-
lich nur einige mehr prinzipielle Punkte zur
Sprache gebracht; es lag mir völlig fern, all
jene Details zu erwähnen, in denen mein Urteil
von dem B.s abweicht. Äudh sind in seinen
Listen viele Bilder genannt, die ich nicht kenne.
Und darin liegt das hauptsächlichste und unleug-
bare Verdienst seines Buches, auf so manches
Material, das bisher in der Literatur unbekannt
war, den Blick gelenkt zu haben. Daß er in
der Freude am Bildertaufen aber manchmal
recht kühne und willkürliche Vermutungen über
die Äutoren der einzelnen Gemälde in seinen
Listen zu Worte kommen läßt, das bewies mir
eine Reihe seiner Benennungen, die ich zu-
fällig in den Wiener Sammlungen nachzuprüfen
Gelegenheit hatte. Äuch finden sich in den
beigefügten Nummern irreführende Versehen.
Ein Beispiel: In der Sammlung des Grafen
Lanckorönski werden zwei Porträts des Giulio
Campi erwähnt, eines Künstlers, der überhaupt
29
i
442
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
von B. mit einem erstaunlich reichen Oeuvre
begabt wurde. Diese beiden männlichen Por-
träts sind nun voneinander grundverschieden,
und keines von beiden zeigt m. E. eine nähere
Verwandtschaft mit Giulio Campi. Soll man
solch ein Verfahren Wissenschaft nennen? Un-
sere Äufgabe wäre, zu differenzieren, zu klären,
zu präzisieren, um so die unerläßliche Vorarbeit
für allgemeinere, historische Erkenntnisse zu
leisten. B. hat die Forscher auf unbeachtetes
Material aufmerksam gemacht, ich erwähne
diesen positiven Punkt noch einmal, dafür
wollen wir ihm danken; sofern er aber durch
vage Sensationen und dilettantische Spielereien
die klare wissenschaftliche Erkenntnis trübt,
lehnen wir ihn durchaus ab. Schließt er doch
seine Äusführungen mit dem Versuche, durch
Philosophastereien die Inferiorität der Barock-
kunst als höhere Notwendigkeit zu beweisen,
wobei er sich allerdings seine artige Äufgabe
wesentlich dadurch erleichtert, daß er Michel-
angelo und Correggio noch völlig zur Renais-
sance zählt, Tintoretto und Cambiaso aber
überhaupt nicht erwähnt. Die von verschiedenen
Seiten her unternommenen Versuche einer klaren
Formulierung des Wesens der Barockkunst wer-
den einerseits ein genaues Studium ihrer Einzel-
heiten zur Folge haben, anderseits dazu führen,
klare wissenschaftliche Erkenntnis und zufällig
gerade herrschende Geschmacksrichtung von-
einander säuberlich zu scheiden. Glauben wir,
daß derartigen klaren Erkenntnissen die Zukunft
gehören werde, so können wir auch diesem
Schlußessay des Berensonschen Buches keine
besondere Bedeutung beimessen, wie wir ge-
stehen müssen, daß unsere Kenntnis der lom-
bardischen Kunst durch ihn weder vertieft noch
geklärt worden ist.
s
R. STIÄSSNY ZUM THEMÄ DES
DONÄUSTILES
Eine notgedrungene Selbstwehr.^)
Von Hermann Voss.
Trotz der Verkappung, in die R. Stiassng
seine Äusführungen über die „Donaumalerei“ zu
kleiden für richtig befunden hat, trotz dem
Datum ihrer Entstehung geben sic sich doch
jedem sogleich als Fortführung einer bereits an
anderer Stelle eröffneten Polemik gegen meine
Person zu erkennen.
Nicht gegen die Sache, wie St. vorgibt. Was
er dartun will, ist allem Änschein nach, daß
*) Zu dem Aufsatz von Robert Stiassny in dem gleichen
Hefte dieser Zeitschrift.
nicht ich, sondern er allein befähigt war, „die
eigentlichen Probleme des Donaustils“ zu lösen.
— Mit welchem Rechte, wird sich zeigen. —
Sein wirkungsvollstes Kampfmittel ist das fol-
gende: er stellt cs so hin, als seien die neuen
Resultate meines Buches, deren Richtigkeit er
nicht leugnet, ja gar nicht mein Eigentum, son-
dern übernommen von anderen Forschern —
nein: sagen wir ehrlich, anderen Forschern rück-
sichtslos vorweggenommen. („Nach dem Grund-
sätze der Ärbeitsteilung.“)
Es handelt sich vor allem um das erstmals i
von mir zusammcngestellte und genau analy- ;
sierte Werk des Malers Wolf Huber. Bereits
im Sommer 1905 machte ich in Wien die Be-
stimmung der beiden vielverkannten Bilder in ;
der k. Galerie auf Huber, und schon damals
teilte ich meine Änsicht mündlich mehreren
Wiener Forschern mit. Da ich nicht unbe-
dingten Änklang fand, beschloß ich meine Zu-
weisung näher zu begründen, was im ersten
Teil meines Buches geschah. Ein halbes Jahr
nach dessen Erscheinen wurde eine Dissertation .
über Huber veröffentlicht, die ebenfalls die Be-
stimmung auf den Passauer Meister brachte, ■
aber nach einer privaten Mitteilung Friedländers,
der unabhängig von mir auf die Zuschreibung
gekommen war, ohne sie jedoch damals oder
später öffentlich bekannt zu geben oder näher ;
zu begründen. Riggenbach macht ihn auf diese
beiläufige Mitteilung hin — ein halbes Jahr nach
Erscheinen meines ausführlichen stilkritischen Be- i
weises, dem er beistimmt, 2V2jahr nach münd- !
lieber Bekanntgebung meiner Änsicht — zum
Urheber der Ättribution — und Stiassny schreibt
das, ohne nachzudenken, einfach von ihm ab. j
Ich gestehe weder auf die Zuweisung der
Wiener noch der St. Florianer Bilder ein über- I
mäßiges Gewicht zu legen, aber gegenüber der
ganz nebensächlich hingeworfenen Bemerkung |
Stiassnys, die Ättribution sei von Friedländer, ' ;
kann ich schon deshalb nicht schweigen, weil ®
es nach seinen Worten den Änschein haben
könnte, als habe ich von jener Seite her eine '
Ändeutung empfangen, ohne davon etwas zu
sagen. '
Äuch in Sachen der St. Florianer Bilder :
sucht mir St. meine Zuweisung abwendig zu ;
machen, und zwar diesmal auf eine bei weitem :
— originellere Ärt. „Zwei wildbewegte Pas- >
sionsszenen,“ sagt er, „auf die W. Schmidt i
hingewiesen hat“. Nach dem Zusammenhang . e
muß hier jeder annehmen, daß Schmidt auf sie |
als Werke Hubers hinwies, in Wahrheit ! i
hielt er sie nur für Ärbeiten des Wiener Mei- ; /
Sters, den er mit einem der Beham identifizierte. , r
Was richtig in dieser Beobachtung war, hatte |s
Studien und Forschungen
443
ich in meiner Ärbeit keineswegs versdiwiegen,
sondern ausdrüddich hervorgehoben. — Möge
es genügen, auf dies Verfahren Stiassngs die
Äufmerksamkeit gelenkt zu haben — eine
nähere Charakteristik erübrigt sich wohl.
Daß St. voreingenommen gegen mich ist,
beweisen auch folgende Sätze. „Da V. Gestalt
und Entwicklung des Mannes, ohne auf sein
Milieu in Feldkirch wie in Passau zu achten,
einfach in die Luft gezeichnet hatte, mußte ihm
das Wagnis vollends mißglücken, andere Künstler
an ihn anzuknüpfen. So reiht er zwar
richtig Melchior Feselen unter seine Ge-
folgsleute an, wirft ihn aber mit dem aus-
gezeichneten Maler der Holzschuher- Bilder,
wahrscheinlich einem in Frankfurt tätig ge-
wesenen Dürer -Schüler, zusammen, ein in
einem Nachwort nur unvollständig berich-
tigter Irrtum“. (Die fettgedruckten Worte
von mir herausgehoben.) Man überlese diese
Worte: zweimalige Negation eines selbst eben
ausgesprochenen Tadels, das letzte Mal mit
einer Einschränkung, die in keiner Weise be-
gründet wird und zu begründen ist. Wozu
dieser Eiertanz? Nur darüber hinwegzuleiten,
daß ich Feselen ganz richtig an Huber angeknüpft
habe. Und was will das besagen: ich habe
„Gestalt und Entwicklung des Mannes, ohne
auf sein Milieu in Feldkirch wie in Passau zu
achten, in die Luft gezeichnet“? Was weiß
denn St. selber über dieses angebliche Milieu?
Was wußte er ohne meine Bestimmungen
überhaupt von ihm? Spricht er von der künst-
lerischen Gefolgschaft des Meisters? Dann ver-
wundere ich mich über seine Oberflächlichkeit,
die ihn über einen ganzen Abschnitt meiner
Arbeit, über die Bilder in Bregenz und Schleiß-
heim (die er freilich kaum kennen wird), über
den Meister H. W. G. und andere Dinge einfach
hinweglesen läßt. Verwundere mich über die
Selbstverständlichkeit, mit der er die Tafeln der
Sebastians- und Florians-Legende zu St. Florian
mit Huber verbindet, mit dem sie auch nicht
das Geringste zp tun haben und daran sofort
den Vorwurf knüpft, ich erledige die Bilder zu
shnell.i)
Trotz solchen kleinen, sagen wir literarischen
Hilfsmitteln langt St. mit dem Eigenen mir
gegenüber nicht aus. Die Dissertation Riggen-
bachs, die er in übertriebenster, durchsichtigster
Weise gegen mich herausstreicht, muß ihm
Friedländer legt diesen Tafeln mitsamt der nahe-
stehenden Sigmaringer „Anbetung der Könige“ und einem
letzthin in London ausgestellten „Absdiied Christi“ in eine
bestimmte Periode Altdorfers (um 1520). Von Huberscher
Art ist, wie gesagt, gar keine Rede, vielmehr stehen alle
jene Arbeiten Altdorfer ganz besonders nahe, obgleidi
sie m. E. nidit von ihm selbst sind. Das von St. genannte
Salzburger Bild weist einen anderen Stil auf.
weiterhelfen — obwohl mich R., der dieWie-
ner Bilder gar nicht gesehen hat, hier
eingestandenermaßen einfach benutzt und aus-
schreibt, mehrfach unter wortwörtlicher Zitierung
meiner Arbeit. (Wie denn auch Stiassnys ge-
samte „Würdigung“ Hubers in allen Punkten
lediglich eine Aufwärmung dessen bedeutet,
was ich selber geschrieben hatte — sogar dem
Stile nach.) Trotzdem St. also Riggenbachs
Arbeit ernsthafterweise überhaupt nicht gegen
mich ausnutzen konnte, sagt er doch (an anderer
Stelle) wörtlich das folgende: „Wie viele un-
richtige und heute schon veraltete Dinge z. B.
in einem einzigen Kapitel seiner noch nicht vor
Jahresfrist erschienenen Monographie über den
Donaustil stehen, kann er (Voß) in der treff-
lichen Baseler Dissertation von R. über Wolf
Huber nachlesen“. Mit Verlaub, Herr Stiassng,
wo stehen diese veralteten Dinge und wo be-
richtigt mich R.? Er selber beschränkt sich im
Vorwort seiner Arbeit zu sagen, er habe „einige
wenige Einzelheiten unserer Arbeiten richtig
gestellt“. („Unserer“ von mir herausgehoben.)
Und so entspricht es der Wahrheit. Die Zeich-
nungen Hubers, von denen ich in meiner
Monographie über den Maler nur beiläufig
gehandelt habe, kennt R. spezieller als ich,
deshalb bin ich gern geneigt, mich hier von
ihm in ein paar ganz unwesentlichen Einzel-
heiten belehren zu lassen^) — , dagegen wider-
spreche ich ihm lebhaft, wenn er die Predella
des Feldkircher Altares mit der Vera Ikon
Huber nehmen will, um sie — ganz unbegreif-
licherweise — der Nürnberger Schule zuzuweisen,
nur weil ein Kupferstich (B. 18) Dürers benutzt
ist. Weder die Landschaft noch das Kolorit
hat irgend etwas Nürnbergisches, zudem bildet
die Darstellung einen wesentlichen Teil des
einzig beglaubigten Huberschen Werkes und
kann dem Meister schon deshalb nicht ohne
Gewalt genommen werden. Auch Riggenbachs
Deduzierung, das Bild sei, weil eine „genaue
Kopie“ nach Dürer, nicht von Huber, ist falsch,
denn tatsächlich sind Vorbild und Nachbildung
ganz wesentlich voneinander verschieden, schon
durch die von Huber frei hinzugefügte, ganz
in seinem Sinne gehaltene Landschaft. Eine
absolute Willkür ist es ferner, wenn R. u. a.
eine von 1514 (!) datierte Zeichnung mit der
Verkündigung an Joachim bei Liechtenstein
(Alb. Publ. 937) als Studie für einen vermeint-
lichen Flügel zum Feldkircher Altar ausspricht.
') Aber nicht in der Frage der Mündiner Zeichnung.
Schm. Publ. No. 91 und des damit zusammengehörigen
Erlanger Blattes. Letzteres trägt ein m. E. völlig ein-
wandfreies Monogramm und beide Zeichnungen weichen
von Hubers Stile ganz beträchtlich ab.
m
Monatshefte für Kunstwissenschaft
der seinerseits die Jahreszahl 1521 trägt und
die Beweinung Christi (!) darstellt. Äbge-
sehen davon, daß ein soldier imaginärer Flügel
doch wenigstens der oberen (geschweiften) Um-
rißlinie des Mittelbildes zu folgen hätte, wie
steht es denn mit dem Ikonographischen?
Soviel, um zu zeigen, wie mich R. „berich-
tigt“. St., der, wie gesagt, einfach reproduziert,
was von mir über die verschiedenen Gemälde
Hubers gesagt war, hat dagegen gemeint, in
etwas seine Originalität bekräftigen zu müssen
und wählt hierzu die künstlerische Wertung —
wie e r sie versteht. „Ziemlich wüste und
grelle Arbeiten, in der Komposition zerfahren,
im Ausdrucke karikiert“ — , mit phrasenhafteren,
abgebrauchteren Worten konnte man den beiden
so persönlichen und eigenartigen Bildern in
Wien nicht beikommen, noch sie verkehrter
charakterisieren. An längst verklungene Zeiten
dilettantischer Kunstliebhaberei gemahnt vollends,
wenn St. bemerkt, die linke Randfigur auf der
Wiener „Allegorie“ sei „möglicherweise ein
Selbstporträt des gealterten Meisters, dessen
Autorschaft an dem Bilde nunmehr mit urkund-
licher Sicherheit feststeht“. „Mit urkundlicher
Sicherheit“? Wegen eines von St. ohne jede
Gründe in das Bild hineininterpretierten Selbst-
porträts? Weiß denn St., wie Huber aussah
und könnte, wenn die betreffende Figur wirklich
ein Porträt des Malers der Tafel wäre, dieser
nicht ebenso gut Altdorfer oder Schöpfer heißen?
— Zu den in London s. Z. ausgestellten Bild-
nissen werde ich auch jetzt noch mich nicht
näher äußern und ziehe vielmehr vor, mich
durch Autopsie erst gründlich zu unterrichten.
St., aus dessen Worten nicht zu erkennen ist,
ob er selber die Bilder sah, geht wieder
mit ein paar allgemeinen Redensarten um sie
herum — da ich die Bildnisse kurz erledigte, lobt
er sie natürlich — : Friedländer, der sie wirklich
gesehen hat, bezeichnet sie einfach als „unerfreu-
lich“.i) Ähnlich urteilen auch Riggenbach und
Dülberg.
Wie für den Maler, so hat St. auch für den
Bildschnitzer Huber meine Aufstellungen an-
genommen; und da es ihm hier nicht möglich
war, meine Autorschaft an der Wiederfindung
dieser Persönlichkeit zu leugnen, so sucht er
sich die bittere Tatsache durch gewundene
Ausdruckweise zu versüßen. Natürlich ist mein
Verdienst keineswegs ungetrübt: „in Feldkirch
selbst hat V. unterlassen, sich nach anderen
Leistungen des Bruders umzusehen“. So wenig-
stens meint St. In Wahrheit sind V. sowohl
die Arbeiten in der Pfarrkirche (kleinere Frag-
mente des zerteilten Beweinungsaltares), wie
eine von St. beschwiegene, viel interessantere
Anna selbdritt in Bregenz bekannt, allein inner-
halb eines ohnehin ziemlich weitschichtigen
Buches über Malerei wären so eingehende Details
wohl nicht angebracht gewesen, zumal die Liste
des Bildschnitzers Huber noch keineswegs abge-
schlossen ist.^).
Weitaus schlimmer als beim ersten erweist
sich die Unzulänglichkeit Stiassnys gegenüber
dem zweiten und dritten Teil meiner Arbeit.
Über den in gewisser Weise wichtigsten, zu-
sammenfassenden dritten Abschnitt bekommt
der Leser überhaupt — außer ein paar allge-
mein aburteilenden Phrasen am Schluß, die
wohl bei St. auf Vorrat lagerten — nichts zu
hören. Wenn er „von einer starken Vor-
neigung zu abstraktem Theoretisieren, einem
Zuviel an Spekulation“ spricht, so scheint er
dabei eine gänzliche Unbekanntschaft der Leser
mit dem in Frage stehenden Abschnitt voraus-
zusetzen, denn es ist immer vom Objekt selber,
von der reinen Anschauung ausgegangen. Ob
mir ein entsprechendes Vermögen künstlerischer
Betrachtung zu Gebote steht, das zu entscheiden
ist freilich nicht Stiassnys Sache, ebensowenig
ob meine Analysen „überwundene Gefühls-
ästhetik“ sind oder nicht. Allerdings geht ja
manchen Forschern das ästhetische Fühlen in
einem Maße ab, daß es gescheit von ihnen ist,
davon als von einer „überwundenen“ Sache zu
sprechen — mögen Sie sich ihrer Vorgeschritten-
heit freuen, aber uns nicht in unserer unzeit-
gemäßen Betrachtungsart stören. Auch in Sachen
literarischen Stiles möge uns mit kompromit-
tierenden Lobe verschonen, wer — wie St. —
mit der deutschen Sprache und Syntax auf fort-
gesetztem Kriegsfuße lebt. (Siehe den Satz
„Beurkundet“ usw., Worte wie „Malsphäre“,
„danubische Neigungen“ u. a.)
Bliebe es nun in Stiassnys Urteilen bei der
! J
1
ij
|l
' )
I
y st. läßt es sidi natürlidi nicht entgehen, daß idi
einem der Bilder versehentlich einen falschen Standort
gegeben habe. Äudh die bei mir fehlende Jahreszahl 1519
(auf dem Kaufmannsdien Bild), die von Friedländer ge-
funden ward (sie ist sehr versteckt angebracht) wird
selbstredend gehörig gegen mich ausgenutzt, dagegen
verschwiegen, daß ich das Bild auch ohne sie voll-
ständig richtig angesetzt habe. Die beiden Wappen der
Allegorie bestimmte St. selbst — das einzige, was er
herausgebracht hat — , nachdem Lokalisierung und Da-
tierung von mir gegeben waren.
y Die Bearbeitung der bayerischen Plastik nach 1500 >
ist noch im Flusse begriffen; Forscher wie Bode, Habich,
Halm u. a. haben sich ihr zugewandt. Es ist darum un-
berechtigt einen Vergleich der Malerei der Donaulande
mit der Plastik zu vermissen, denn schließlidi wird doch
St. nicht erwarten, daß ich alle diese Fragen allein lösen
soll. Gegenüber den zwei von St. abgebildeten Huber-
artigen Gruppen kann idi nidit umhin zu bemerken, daß | •
der Richtung des Meisters ungemein viele Arbeiten an- i
gehören, und daß nach Halms Aufsatze und meinem Buche t
zahlreiche Bestimmungen auf ihn gemacht worden sind. a
Studien und Forschungen.
445
bloßen Unzulänglichkeit! Was aber weit be-
denklicher ist als diese, sind seine Tendenzen
fremde Gedankengänge zu entstellen, um sie
herabwürdigen zu können. Was will es denn
beispielsweise heißen, wenn St. von „schön-
geistigen Exzessen von der Ärt des Vergleiches
Wolf Hubers mit Älbertinelli oder gar Ältdorfers
mit — Giorgione“ spricht? Ich verwahre mich
entschieden dagegen, Huber irgendwo mit Älber-
tinelli verglichen zu haben, vielmehr habe ich
von einer bestimmten. St. sicherlich unbe-
kannten Komposition Hubers gesagt, sie gehe
auf ein in Italien geläufiges Schema zurück,
und als Beispiel Älbertinellis Verkündigung in
der Äkademie genannt. So der Tatbestand!
Ebenso handelt es sich im Falle Giorgione-Ält-
dorfer um stilkritische Bemerkungen, die man be-
zweifeln mag, die man aber sachlicher Weise
niemals „schöngeistige Exzesse“ nennen kann.
Äuch den allgemeinen „Vergleich“ zwischen
Venedig und dem Donaustil, den ich allerdings
gezogen habe, stellt St. wieder in falschem
Lichte dar: es handelt sich hier keineswegs um
eine willkürliche „schöngeistige“ Zusammen-
stellung, vielmehr laufen wirklich schon seit
dem XV. Jahrhundert Beziehungen zwischen der
oberitalienischen und süddeutschen Malerei,
wovon einiges bei mir zu lesen, anderes sonst
gelegentlich beobachtet, wenig in endgültiger
Form niedergelegt ist. Daß speziell die Donau-
leute mit den gleichzeitigen Italienern Zusammen-
hängen, beweisen weniger die gelegentlichen
Kopien italienischen Stiche oder Niellen als das
Äuftauchen verwandter Vorstelluagszeichen hier
und dort, wofür ich St. wieder auf den dritten
Teil meiner Ärbeit verweise — zur besseren
Information. Sollte er uns nochmals die Mär
von den „schöngeistigen Exzessen“ auftischen
wollen, so würde er beweisen, daß er mich
nochmals nur flüchtig gelesen hat oder — mich
nicht verstehen will.
Sein schwerstes Geschütz hat St. gegen den
zweiten Teil meiner Ärbeit gerichtet; und hier
bringt er endlich ein paar Bemerkungen über
die Quellen des Donaustiles, die wenigstens
eine kurze Widerlegung verdienen. Nach St.
nämlich ist der Donaustil nichts anderes als eine
in die Donauebene verpflanzte „Älpenrenais-
sance.“ (Was diese letztere sei, bleibt vor-
läufig sein Geheimnis). H. W. Riehl muß ihm
dazu dienen, seine Änsicht probabel zu machen.
Steigt nun aber wirklich die Kunst von den
Gebirgen den Flüssen nach in die Ebene? Ich
glaube, das nächstliegende Beispiel, der Rhein,
lehrt das Gegenteil. Denn die früheste Land-
schaft mit künstlerischer Kultur waren die
Niederlande resp. überhaupt der Niederrhein
(sog. Meister Wilhelm, die Eycks), dann re-
flektierte die Kunst dieser Gebiete auf die fluß-
aufwärts gelegenen Lande (Konrat Witz; Isen-
mann und Schongauer), und erst gegen 1500
bekam die Schweiz eine von Schongauer stark
beeinflußte, ihn bäuerlich vergröbernde Kunst
(Meister n. d. Nelke, Fries). Älso genau das
Umgekehrte von Riehl-Stiassnys Meinung. Äuf
wessen Seite ist die „Vorneigung zu abstraktem
Theoretisieren und das Zuviel an Spekulation?“
Prüft man die einzelnen Kunstdenkmale*
die St. als Stützen seiner These vorbingt, so
staunt man, daß alle erst aus der Zeit nach
1506, dem Jahre von Ältdorfers künstlerischem
Debüt, und gleicherweise nach 1507 (als seine
frühesten Bilder entstanden) herrühren. So be-
weisen all diese z. T. ganz bedeutungslosen
Bilder lediglich, daß man in Tirol, Steier-
mark usw. um 1510—20 ähnlich wie im an-
grenzenden stammverwandten Bayern malte.
Dazu der Lärm? Wenn St. nun weiter folgert,
ich hätte um der „kunstethnographischen Ein-
heit“ willen alle diese Länder hinzunehmen
müssen, so überschätzt er einmal die Bedeutung
jener Gebirgskunst und verwirrt außerdem die
mühsam geklärten Begriffe über das, was
„Donaustil“ ist.
Gewiß kann der Donaustil in seiner Ent-
stehung nicht verstanden werden ohne Heran-
ziehen der tiroler Kunst und namentlich
Pachers,^) aber mindestens ebenso wesent-
lich waren die Änregungen, die von Norden
kamen. Der junge Cranach, einer der wich-
tigsten Vorläufer Ältdorfers, war doch von
Geburt ein Franke; und daß es Dürerische Än-
regungen sind, die er der bayerischen Kunst
aufgepropft hat, meine ich deutlich gesagt und
dargetan zu haben. Äuch die Rolle des M. Z.,
auf die St. einzugehen für überflüssig hält,
wurde zur Genüge erörtet. Dagegen findet sich
die Linie von Pfenning über Furtmeyr und
Frühauf zu Ältdorfer so, wie sie St. zieht, nicht
bei mir, schon deshalb nicht, weil Pfenning und
Furtmeyr gar nicht miteinander Zusammen-
hängen. Äuf Furtmeyr als ideellen Vorläufer
Ältdorfers verwiesen schon andere (vor allem
Friedländer), doch halte ich die Einflüsse der
Künstler dieser „Linie“ für weitaus weniger
ausschlaggebend denn andere, eingehend von
mir erörterte Faktoren.
y Pachers Einfluß auf Altdorfer, den ich durch Nach-
weis direkter Entlehnungen festgestellt habe, ist für den
Donaustil von entscheidender Bedeutung gewesen. Da-
mit rechtfertigt sich ohne weiteres die Abbildung des
Altares von St. Wolfgang. Die hierbei von St. aufge-
stellte Behauptung über sein Verhältnis zu Illustrations-
vorlagen des Budies hat er wohl die Güte näher zu
kennzeidinen und zu — beweisen.
446
Monatshefte für Kunstwissenschaft
In der Einteilung des oberdeutschen Gebietes
bin ich nicht bloß von St., sondern auch sonst
mißverstanden worden: offenbar war der radi-
kal von mir durchgeführte Gedanke einer Äuf-
hebung der kunsthistorisch sanktionierten Grenz-
sperren zu überraschend. Wenn St. aber be-
hauptet, ich habe die ganze südbayerisdie
Hochfläche mit dem Zentrum Äugsburg
zum Donaustil geschlagen, so ist das wieder
einfach unrichtig, vielmehr habe icäi gelegent-
lich im ersten wie auch in dem St. so mangel-
haft bekannten dritten Teil einen ausdrücklichen
Gegensatz zu Äugsburg konstatiert. Im XV.
Jahrhundert allerdings liegen die Dinge noch
nicht so; gerade der von Stiassng erwähnte
Meister von St. Moritz beweist, daß die Äugs-
burger Malerei damals durchaus im Fahrwasser
der übrigen Kunst südlich der Donau segelte.
Was St. anscheinend nicht begreift, ist, daß im
XV. und XVI. Jahrhundert das Verhältnis der
einzelnen Landschaften zueinander fortwährend
wechselte, sodaß eine jede einseitige Einteilung
uns die Erkenntnis der sehr differenzierten Sach-
lage raubt. Gerade aus diesem Grunde war es
andererseits notwendig, den Begriff des Donau-
stiles eng zu begrenzen — nach Ort und Zeit
weiter gefaßt, würde er den Händen, die ihn
fassen wollen, entschlüpfen.
Noch ein weiterer, öfters beobachteter Zu-
sammenhang wird von St. in falschem Lichte
dargestellt. Denn es genügt nicht zu betonen,
daß zwischen dem Donaustil und der gleich-
zeitigen Schweizer Malerei Ähnlichkeiten be-
stehen, vielmehr handelt es sich um ein bereits
im XV. Jahrhundert zu beobachtendes Phänomen
— schon von Witz an — ; Meister wie der „mit
der Nelke“ genannte oder Hans Fries klingen
so vornehmlich an Salzburger Maler wie Frühauf
an als nur irgendwie Leu oder Graf an die
Donauleute. Stiassngs Gedanke, auch hier die
„Älpenrenaissance“ einzuführen, ist also nicht
bloß an sich abenteuerlich, sondern würde auch
garnicht einmal das Problem erklären, das uns
wieder nur die Erkenntnis einer künstlerischen
Gemeinsamkeit ganz Oberdeutschlands lösen hilft.
Nun genug der Diskussion über den „Ur-
sprung“ des Donaustiles. Man kann fragen,
weshalb St. bei so mangelhaften Informationen
doch eine ausführliche Kritik meines Buches
schrieb. Daß ihn die Übergehung seiner an-
geblichen Verdienste um Pfenning gekränkt hat,
legt er uns selber in den Mund, denn noch in
jedem seiner gesammelten Äufsätze und Inse-
raten gegen mich war ausdrücklich zu lesen,
daß er cs sei, dem man die „Einordnung
Pfennings und seiner Leute in die österreichische
Schule“ zu danken habe. Immer seinen eigenen
Worten nach hätte ich mir dieses Forschungs-
ergebnis zwar „angeeignet“, aber den „Ur-
heber“ „ignoriert“. Darauf entgegne ich, daß
um Pfennings Lokalisierung andere Forscher '
denn doch weit entscheidendere Verdienste
haben, als St. Äbgeschen davon, daß die ältere
Forschung mit ihr schon längst als bekanntem
Faktor rechnete, gab ihr R. Vischer bereits |
1886, 10 Jahre vor St., eine solide ikonographischc !
Grundlage, die durch Thode, auf Grund der von i
ihm bemerkten Beziehungen Pfennings zum
Tuchermeister, nur vorübergehend erschüttert
wurde. Äucdi die bis ins einzelne gehende
Ähnlichkeit des Wiener Bildes mit derLaibschen |
Kreuzigung in Graz ward nicht von St., sondern |
von Johann Graus (1891) gefunden, die In-
schriften der Tafel, auf die sich St. viel zugute
tut, von Eitelberger bemerkt und von Wustlcr |
als Künstlcrsignaturen gedeutet. Stiassngs „Ver- ||
dienst“ beschränkt sich darauf, das wiederum 1
von anderer Seite publizierte Inventar der I
1806—07 von Salzburg nach Wien gekommenen 1
Bilder herzugenommen und eine darin genannte jj
Kreuzigung von 1447 auf das von 1449 datierte I
Pfenningsche Bild bezogen zu haben — eine la
Identifizierung, die trotz der Datendifferenz l
richtig sein mag — vorausgesetzt, daß man In
Dank den Beobachtungen Vischers und Graus’ jj
die Wiener Kreuzigung ohnehin für öster- k
reichisch halten darf. Somit besteht der ganze :S'
Hnteil Stiassngs allerhöchstens darin, daß er
einem längst vollendetem Gebäude einen eigent- i
lieh entbehrlichen Äbschluß nach oben gab. Wie |'
er demgegenüber und nach seiner eigenen |:
früheren durchaus objektiven Darstellung der j
Sachlage darauf verfallen konnte, sich als Äutor j
der Lokalisierung Pfennings zu rühmen und als |
solcher hervorgehoben sein zu wollen, ist mir j:
unverständlich. i
Überhaupt ist St. durchaus kein Kenner j
Pfennings. So hielt er die beiden Salzburger r
Tafeln mit den Heiligen Hermes und Primus, j
deren Zuschreibung an den Meister der Wiener
Kreuzigung mir jüngst in wertvoller Weise
bestätigt ward, für Spätwerke Pachers (!).
Suida in einem kürzlich erschienenen Reper- |
torium-Äufsatz bemerkt dazu, Stiassng habe i
sich in dieser Änsetzung um mindestens i
30 Jahre geirrt, was noch sehr milde ausge- j
drückt ist, denn die chronologische Differenz j
beträgt wohl eher ein halbes Jahrhundert. :
Möge dieses Beispiel zeigen, in welch grobe
Irrtümer St. da verfällt, wo er anderes tut, als
fremde Meinungen reproduzieren — und was
für konfuse Begriffe er nicht bloß von Pfenning,
sondern auch von Michael Pacher hat.
Äuf andere Äusstellungen Stiassngs einzu-
Studien und Forschungen
gehen lohnt nach dem Gesagten nicht der Än-
strengung, um so weniger, da sich St. selbst nie-
mals die Mühe gemacht hat, seinen abweichen-
den Standpunkt wissenschaftlich zu begründen.
Mag er, solange es ihm gefällt, in Aufsätzen
und Inseraten gegen mich zu Felde ziehen, mag
er sich, wie bei Meister Pfenning, auch bei
Huber allmählich in den Glauben hineinreden,
der Urheber der entscheidenden Httributionen
von St. Florian und Wien zu sein (den Anfang hat
er mit der abstrusen Selbstporträthgpothese ge-
macht) — ich stelle demgegenüber zusammen-
fassend fest:
1. daß die Zuweisung der Wiener und St.
Florianer Bilder an Huber von mir zuerst aus-
gesprochen und wissenschaftlich begründet
worden ist,
2. daß St.s Ausführungen über W. Huber
außer einer Wappenidentifizierung, die indessen
nicht Neues lehrte, keinerlei selbständige Resul-
tate gebracht haben,
3. daß St. über den Donaustil und seine
Quellen mangelhaft unterrichtet ist,
4. daß er mithin als Rezensent nicht die er-
forderliche Kompetenz und
5. nicht die noch weniger zu entbehrende
ruhige Objektivität besitzt.
s
NOCHMÄLS DIE IMPERÄTOREN-
BILDER DER MÜNCHNER RESIDENZ.
Speziell in der Münchner Lokalpresse hat in
den letzten Wochen der Kampf um die Autor-
schaft Tizians an den Imperatorenbildern der
Residenz besonders heftig getobt. U. a. hat sich
auch Wilhelm Bode in einer freundlichst an
unsere Münchner Redaktion gesandten Zuschrift
nach Besichtigung der Gemälde geäußert. Er
schreibt:
„Die Gemälde in der Münchner Residenz sind
Kopien nach Tizians Imperatorenbildern
447
von verschiedener Qualität und zum Teil stark
übermalt. Die Serie gehört vielleicht noch dem
16. Jahrhundert an, und es ist möglich, daß Schüler
Tizians daran beteiligt sind. Bei dem Zustand
der Bilder ist jedoch auch eine spätere Entstehung
nicht ganz auszuschließen. Erst die gründliche
Restaurierung kann in diese Frage Licht bringen.
Ich bemerke noch, daß ich von den nach Angabe
des Besitzers auch aus der Sammlung König
Karls I.stammenden Gemälden bei Lord Brownlo w,
welche die Imperatoren gleichfalls in überlebens-
großen Kniestücken zeigen, fünf im Stadthause
des Besitzers (Carlton House Terrace) gesehen
habe, leider ebenso hoch und ungünstig aufge-
hängt wie die Bilder der Münchner Residenz“.
Geheimrat Dr.Bode hat sich demnach mit den
Ausführungen Dr.G. Habichs an dieser Stelle
fast übereinstimmend ausgesprochen.
Auf diese Notiz Geheimrat Bodes hin, die von
unserer Münchner Redaktion an die „Münchner
Neuesten Nachrichten“ gegeben und dort erstmals
gedruckt wurde, fühlte sich Herr Wielandt zu einer
Entgegnung veranlaßt, die vor allem betonte, daß
„hervorragendeMünchnerKünstler“ die Bilder für
Originale Tizians erklärten. Die Namen dieser
„hervorragenden“ Künstler waren nicht genannt.
Die „M. N. N.“ erließen hierauf eine Rundfrage
über die Imperatorenbilder an eine Reihe von
Münchner Künstlern, Kunsthistorikern und Histo-
rikern. Unter den Antwortenden befinden sich
F. V. Kaulbach, Stuck, Prof. Voll, Prof. Weese-
Bern, Prof. Holmberg, Dr. Gronau, ferner Dr. Habich
und Dr. Buchheit, von denen der letztere an dieser
Stelle noch zu Worte kommen wird. Dr. Traut-
mann spricht sich insbesondere dahin aus, daß
Herr Wielandt den urkundlichen Beweis
nicht erbracht habe. Im übrigen ergab dieRund-
frage das so gut wie einstimmige Resultat, wo-
nach die Tizianbilder der Residenz in
München Kopien von verschiedener Qua-
lität, wahrscheinlich auch aus verschiedener Zeit
sind. Damit ist die Wielandtsche Hypothese nicht
nur von den Fachgenossen, sondern auch von der
Seite, auf die Herr Wielandt das Hauptgewicht
legt, endgiltig abgelehnt. B.
RUNDSCHAU
BERLIN :r:==
Unter den Neuerwerbungen der Königl. Mu-
seen erregen das größte Interesse einige Gemälde
des Kaiser Friedridi-Museums: ein Brust-
bild eines venezianischen Edlen von Tintoretto ;
eine leichte und geistreiche Skizze Tiepolos,
Ärmidens Zaubergarten, nach dem 16. Gesang
des „Befreiten Jerusalem“ (nach der Vermutung^
Friedländers — im Maiheft der „Ämtlichen Be-
richte aus den Kgl. Kunstsammlungen“ — woh
eine variierte Studie zu den Fresken Tiepolos
in Villa Valmarana, 1737); und ein Porträt des
Dr. Hanson von Johann Zoffang, diesem ge-
borenen Regensburger, der 1758 nach London
kam und dort als ein beliebter Porträtist fast
ganz zum Engländer wurde. Das Porträt des
alten Herrn ist von ihm, die Landschaft aber
von Richard Wilson (nach Friedländer); vor
1782. — Das Museum für Völkerkunde er-
hielt durch die Bäßlersche Stiftung vierzehn
siamesische Goldschmiedearbeiten in Niello-
tedinik, die sehr gesucht und selten sind und
künstlerisch auf ziemlicher Höhe stehen; chine-
sischer Einfluß ist nicht zu verkennen. — Die
Nationalgalerie hat eine Änzahl von Pla-
stiken Gottfried Schadows aufgestellt, die erst
1906 auf Betreiben der Direktion nach den Gips-
originalen in Bronze gegossen sind; eine früh
zu datierende Büste von Schadows erster
Gemahlin (nach Käsbach, im Maiheft der „Ämt-
lichen Berichte“, vor 1795), dekorative Reliefs
und drei Äktstudien in Relief, die unmittelbar
nach dem Modell gearbeitet sind und die ganze
Frische erster künstlerischer Konzeption an sich
tragen, jene reizvolle Natürlichkeit und Änmut,
welche Schadows Skizzen künstlerisch so hoch
bewerten lassen.
s
Das Kunstgewerbe- Museum hatte zum Ge-
dächtnis Lessings während des Äprils das
Tafelwerk über die Gewebesammlung im Licht-
hof ausgestellt; an 300 Äufnahmen, die zum
größten Teil farbig und von technischer Voll-
endung in der Nachbildung der verschiedenen
Stoffcharaktere und Farbenwirkungen sind. Les-
sing hatte sich selber im Museum die Kopisten
herangezogen, die die mühselige Technik, Stoffe
in Äquarell täuschend nachzubilden, zur Meister-
schaft entwickelten. Die Vollendung der großen
Publikation hat der neue Direktor von Falke
übernommen.
s
Unter den Ausstellungen des Äpril erfreute
die dem Gedächtnis von Karl Steffeck ge-
weihte bei Schulte als eine liebenswürdige
Nachlese und Ergänzung zur Jahrhundertaus-
stellung. Steffeck (1818 — 1890) war ein Schüler
von Krüger und ein Berliner in dem guten Sinne,
wie sein Lehrer und wie Fontane es waren.
Er setzte Krügers Werk fort und hatte Lieber-
mann in dessen Jugend zum Schüler; wie so
oft in der Entwicklung der deutschen Kunst des
19. Jahrhundert ist es ein verborgener Zusam-
menhang, der Generationen verbindet, von
wenigen gekannt, und der zur allgemeinen
Überraschung bei solchen Gelegenheiten ans
Licht kommt. Steffeck hat es verdient, das
Bindeglied zwischen Krüger und Liebermann zu
sein. „Er war ein ganzer Mensch und ein
echter Künstler, der sein Handwerk ehrte, und
darum sollte auch ihn das Handwerk ehren.“
Das schrieb Liebermann in diesen Tagen von
ihm ; und man versteht, was den großen Maler
an Steffeck angezogen hat: die Klarheit des
Blicks, seine Präzision in den Mitteln, seine
Phrasenlosigkeit und der künstlerische Ernst
und Wahrheitssinn seiner Beobachtung, die sich
in vorzüglicher Zeichnung und einem beschei-
denen Maß von malerischem Schick, voller Än-
mut kundtaten. Es tut wohl, diese sachlichen
und handwerklich tadellosen Porträts von Men-
schen und Pl^rden zu betrachten; sie sind
immer geistreich, kaum jemals trocken, und oft
schon ganz locker in der Behandlung der Materie.
Darüber hinaus bieten sie freilich nicht viel; und
seine Hundebilder streifen manchmal sogar ans
Sentimentale. Äber wer Fontane zu lieben ver-
steht und Krüger, wird auch die schlichten Bilder
Steffecks lieben.
s
Das Werk eines jüngeren Toten war im
Äpril bei Cassirer ausgestellt, des jüngst ver-
storbenen Philipp Klein. Er war erst spät zur
Malerei gelangt; aber wer sein Werk in den
Sezessionsausstellungen, namentlich Münchens,
von Jahr zu Jahr verfolgt hat, wird in seinem
Tod einen herben Verlust für die Kunst be-
trauern. Was bei Cassirer zusammengekommen
Rundschau
war, stellte sidi als eine Äuslese seiner reifsten
Schöpfungen dar; eine schöne und in ihrer
Tragik ergreifende Husstellung. Allerdings nidits
Himmelstürmendes besaß Klein, keinen proble-
matischen Zug zum Ungenießbaren; er war eine
harmonische Natur mit entschiedener Neigung
zu malerischer Form etwa in der Ärt, die Leo
Putz am genialsten beherrscht. Die Sinnlichkeit
der Empfindung kennzeichnete den Künstler
Klein als Süddeutschen; der weibliche Äkt über-
wiegt und das farbige, leuchtende Stilleben, die
sonnig heitere Landschaft: groß und mit inniger
Liebe zum Leben, zur heiligen Natur gesehen,
zur Natur, der nichts unheilig oder unsittlich ist,
die in den Augen des Malers nur Schönheit
kennt. Das Malerauge von der Art Philipp
Kleins wird denen, die von kahler Wirklichkeit
sich nicht befriedigt fühlen, als ein Spiegel
erscheinen, in dem die Welt sich am liebsten
und am reinsten spiegelt; kein Zerrspiegel, wie
etwa Corinth: ein Spiegel, der den Leib nicht
nur, sondern auch die Seele der Dinge dem
Auge wiedergibt. Auf die Ausstellung der Se-
zession kommen wir ausführlicher zu sprechen.
FRÄNKFURT a. M. -
Die Sammlung Adolf Furtwängler, eine Neu-
erwerbung der städtischen Kunstsammlungen,
Für die neue städtische Skulpturensammlung
ist auch eine Abteilung antiker Plastik vorge-
sehen, die nun ihren Grundbestand durch die
Erwerbung der Furtwängler’schen Sammlung er-
halten hat. Es ist klar, daß bei der Seltenheit
guter antiker Großplastik der Hauptbestand aus
kleineren Stücken sich zusammensetzt. Es sind
hauptsächlich Terrakotten da, aber auch einige
Stücke aus Marmor und Bronze.
Unter den Steinplastiken sind besonders zu
nennen: ein weich gearbeiteter Porträtkopf
Alexanders des Großen in Alabaster, ein Mar-
morkopf eines Jünglings mit Stirnbinde und
Flügelansätzen und der reizvolle Torso einer
flötenden Paniske.
Unter den Bronzen sondern sich zwei Grup-
pen, ardiaisdie Statuetten und solche der jüngeren
Zeit. An der Spitze der ersten steht der Be-
deutung nach die Artemis von Lusoi als seltener
Vertreter einer bestimmten Lokalschule der ar-
chaischen Zeit.
Aus der jüngeren Zeit sind vor allen Dingen
ein Herakles und ein Zeus lysippischen Stiles
zu erwähnen; ihnen reihen sich eine Juno, Venus
und zwei Merkurstatuetten an. Zudem in vor-
449
züglicher naturalistischer Arbeit ein liegender
Hund und ein prächtiger Apisstier.
Durch ihren reichen Bestand stellen die Terra-
kotten in erlesenen Exemplaren die entscheiden-
den Züge der Entwicklung der griechischen
Skulptur dar. Die archaische und ältere Zeit
zeigt sich in Idolen, affenähnlichen Silenen, Dick-
bauchdämonen, männlichen und weiblichen Brust-
bildern, mit teilweise noch vortrefflich sichtbaren
Spuren alter Bemalung. Den Übergangsstil
vertritt dann die Figur eines Mädchens im Pep-
los, deren Kopf- und Handhaltung noch archaisch
sind, während die sonstigen Formen das V.
Jahrhundert ankündigen. Es reiht sich eine ge-
gürtete Mädchenstatuette im Überschlagpeplos
an, und dieser statuarische Typ findet seine
höchste Vollendung in einem Peplosmädchen
aus dem V. Jahrhundert, das in stärkster Weise
an die Karyatiden des Erechtheions erinnert.
Wunderbar gehalten in der Körperlinie ist noch
aus dieser Gruppe des strengen Stiles die Figur
einer trauernden Penelope. Die reichste Anzahl
natürlich aber bieten die Terrakotten des freien
Stiles. Sie haben den ewiggewinnenden Reiz
des Genres für sich, daß man glaubt, durch einen
Einblich in das alltägliche Leben des griechischen
Volkes, ihm unmittelbar menschlich näher zu
kommen. Da sind in ungestellter Lässigkeit
Tanagrafiguren: besonders anmutig die Gruppe
zweier Mädchen, von denen die eine auf ciem
Schoß der anderen sitzt: ferner ein Silen, der
einen Kinderwagen zieht, auf dem der kleine
Dionysos steht, ein sitzender bocksbeiniger Pan
mit Syrinx, ein schwebender Eros, Tänzerinnen,
die zu den hervorragendsten Vertretern ihrer
Gattung gehören, Figuren komischer Schauspieler,
eine verhüllte Frau, die an einem Pfeiler steht
und ein nacktes Kind hält u. a. m.
Von größter Bedeutung sind schließlich der
große Kopf eines Zeus und eine freie Wieder-
holung der Parthenos. Auch die seltene Gruppe
der Statuettenvasen ist durch zwei schöne Stücke
vertreten.
Damit ist im wesentlichen das Figürliche der
Sammlung, die ungefähr 112 Stück aufweist,
erwähnt. Es finden sich außerdem noch 30—40
Vasen und 100 größere und kleinere Vasen-
scherben. Auch hier zeigt sich abermals eine
erlesene Auswahl der mannigfaltigsten Typen
und der verschiedensten Stilarten.
Um nicht mit weiteren Aufzählungen zu lang-
weilen, muß auf ein näheres Eingehen an dieser
Stelle verzichtet und auf eine ausführliche Be-
sprechung der Sammlung, die durch den Ankauf
der Stadt Frankfurt am Main der deutschen
Öffentlichkeit erhalten geblieben, vertröstet wer-
den. E. A. B.
450
Monatshefte für Kunstwissenschaft
MÜNCHEN
Der Münchener Kunstverein, der bereits
im Laufe des März als Geburtstagsgabe für den
Prinzregenten eine kleine Äusstellung von Bil-
dern der Ältmünchener aus privatem Besitz
veranstaltet hatte, vermochte sich auch im Äpril
durch die Werke der „Äditundvierziger“ die
Äufmerksamkeit zu sidiern. Es wird uns ja in
letzter Zeit viel von erlauchten „Toten“ dar-
geboten, die noch fröhlich sich der Sonne freuen,
und die Korrigenda der Diez -Schule haben ein
mephistophelisches Schütteln alter Fläuse („Ich
schüttele noch einmal den alten Flaus, noch
eines flattert hier und dort hinaus“) bewirkt.
Im Interesse der Gerechtigkeit ist das zu loben,
sobald es nicht ins Langweilige sich wendet.
Schon bei den „Ächtundvierzig“ — die ihren
scheinbar revolutionären Namen übrigens erst
kürzlich annahmen, als sie, 48 an der Zahl, aus
der Luitpoldgruppe ausschieden, um eine eigene
Vereinigung zu bilden — wird man des frühen
Leibitones satt, der in den siebziger Jahren so
schwarzvertiefte Finsternisse beliebte. Selbst
ein ganz ausgezeichnetes und sehr bemerkens-
wertes Damenbildnis von Defregger leidet
daran, während die vorzügliche Modellierung
des Gesichtes, die subtile Behandlung von Ne-
bensächlichkeiten, wie der weißen Halskrause
das Meisterwerk stempeln, dem selbst Leibis
Jäger an Natürlichkeit nicht obsiegt. Erdtelt,
dessen Vorliebe für romantische Männerköpfe
aus der Äusstellung der Diez -Schüler noch in
der Erinnerung haftet, zeigt neuerdings ein
gutes Porträt. Einige Kleinigkeiten von Her-
mann Kaulbach sind nicht imstande, den Glauben
an sein Können wachzurufen, und die dekorative
Plafondskizze Wagners (für den Geh. Kom-
merzienrat von Stieber in Schloß Ratibor in
Roth a. S. bei Nürnberg groß ausgeführt) kopiert
allzu getreulich die berühmten Vorbilder im
Dogenpalast.
Die Kunsthandlung von Hei ne mann hat im
Äpril den gesamten künstlerischen Nachlaß
von Wilhelm Busch ausgestellt, der an die
Neffen des Meisters, Pastor und Dr. Nöldecke,
übergegangen ist. Er umfaßt etwa 250 Stück,
kleine Bilder, Bleistift-, Tusch-, Feder-, Kreide-
zeichnungen und Äquarelle. Daß Wilhelm Busch
als Maler bisher völlig unbekannt war, läßt
sich nicht sagen. Was ihn selbst verhindert
hat, sich als Maler zu bekennen, das entzieht
sich der Kenntnis. Äber die Kunde von dem
beharrlichen Fleiß, mit dem Busch an der
Staffelei sitze, der ihn mit großem Zeichenblock
ausgerüstet an sonnige Waldlichtungen schickte,
hat von jeher Freunde undÄnhänger nicht ver-
wundert, die daran dachten, daß Busch mit
heiligem Ernst in Düsseldorf anfing, wo die
Schadow, Schrödter und Sohn den mit Busch
gleichalterigen Knaus belehrten, wo vielleicht 1
der lustige Jobsmaler Hasenclever den ersten 1
ernstlichen Einfluß auf den angehenden Maler
Busch ausübte. Die weiter wußten, daß man
Busch auf der Jahrhundertausstellung einen
Ehrenplatz gegeben hatte, wo jenes köstliche
Malerbildnis mit der geröteten Nase aus trunk-
feuchten Äugen schelmisch und nachdenklich
entgegenschaute, mit seiner flüchtigen Technik, |
die der fest packenden Hand um die Palette «in i
leichtes alkoholisches Zittern zu geben schien.
Die Äusstellung des Buschschen Nachlasses gibt
nun Gelegenheit, Busch kunstkritisch zu werten.
Äber das muß ein Versuch bleiben, unter den
das Endurteil ja nicht eher gesetzt werden darf, |
als bis uns einmal auch die fertigen Werke des
Meisters gezeigt werden. Vielleicht wird dann |
nicht der Genremaler, nicht der Landschafter, j
sondern der Porträtist als der Höchststehende
erkannt werden. Vielleicht! Diesmal trägt un-
streitig der Schüler Ält- Hollands, der Genre-
maler den Sieg davon. Busch hat seinen Vor-
bildern das kleine Format weggenommen und
die Technik der Untermalung abgeguckt. Dann i
packte es ihn, er selbst zu sein, und da fuhr er j
temperamentvoll mit breiten Strichen über die
Leinwand. Ein knalliges Lackrot gibt auf Grau |
oder Gelbbraun einen überkräftigen Äkzent, |
und außer dieser Lieblingsfarbe meldet sich ein i
lichtes Blau, niemals ein aufdringliches Grün, |
wie überhaupt schreiende Farben außer jenem !
Rot der Palette fernblieben. Bei den Land- i
schäften erhält die Perspektive auf der ebenen i
Fläche eine hervorragende Wichtigkeit. Bei den |
Genreszenen läßt sich ein Streben nach mög-
lichster Vereinfachung des Äusdrucks erkennen. |
Unter den Zeichnungen sind Blätter mit Käfern j
und Fliegen, allerhand Hausrat, Blümchen, win- |
zige Figürchen, oft nur mit wenigen Strichen i
gemacht, ausgeschnitten aus einem Geburtstags- |
briefbogen. Daneben hängen akademisch sorg- |
fähig gezeichnete große Landschaften neben ;
Studien von Gerippen, Schädel und Skelette. [
einzelne Knochen, die für medizinische Werke |
gemacht scheinen. Man beugt sich vor dem I
Ernst dieses Mannes und dieser Kunst. Und ,
ebenso vor diesem Fleiß. |
Für die Spitzweg-Äusstellung, die in ;
dankenswerter Weise vom Münchener Kunst- I
verein veranstaltet werden wird, ist nunmehr
die Zeit festgesetzt worden: vom 20. Juni bis
zum 20. Juli 1908. Äußer dem gesamten Nachlaß
des Künstlers, soweit derselbe sich im Besitze i
der Familie befindet (etwa 40 Gemälde und
Rundschau
451
Studien), sollen photographische Äufnahmen der
in Privatbesitz übergegangenen und unzugäng^
liehen Werke des Ältmeisters (etwa 120 Stück)
und ferner seine sämtlichen Ärbeiten aus
den ersten Jahrgängen der „Fliegenden Blätter“
gezeigt werden, welche letztere der Verlag
von Braun & Schneider bereits zur Ver-
fügung stellte. Bei der Äuswahl der weiterhin
aufzunehmenden Bilder ist der Gedanke maß-
gebend, sich möglichst auf solche Werke zu
beschränken, die weder auf der Jahrhundert-
ausstellung, noch auf der Münchener Retro-
spektiven zu sehen waren. Der Münchener
Kunstverein hat daher an eine große Reihe von
Privatsammlungen, die im Besitze Spitzwegscher
Bilder sind, die Bitte um Überlassung gestellt,
wenn er sich auch klar war, daß leider bei der
Häufigkeit solcherVeranstaltungen sein Ersuchen
vielfachen Ablehnungen begegnen werde. Für
die Kenntnis, wohin die Originale des Meisters
verkauft wurden, konnte die erfreuliche, hier
zum erstenmal mitgeteilte Tatsache trefflich ge-
nutzt werden, daß ein genauer Oeuvre-
katalog Spitzwegs auf Grund der eigenen
Aufzeichnungen des Meisters von einem Neffen
ausgearbeitet worden ist, der an 500 Nummern
umfaßt. Dieser Katalog wird die neuerdings
häufiger auftretenden Fälschungen wirksam
zurüdeweisen.
Es besteht die Absidit, im Anschluß an die
Spitzweg-Ausstellung eine größere Monographie
über den Meister und sein Werk erscheinen zu
lassen. Damit wird einer Ehrenpflicht genügt,
die München bisher seinem liebenswürdigsten
Meister versagte. Uhde-Bernay s.
s
STUTTGÄRT — —
Wichtige Neuerwerbungen des Jahres
1907. /. Burgkmai r, Chri-
stus am Ölberg, Geißelung Christi. Regens-
burger Schule, Martyrium des Apostels Ja-
kobus. Der Künstler des aus dem Magazin
wieder eingereihten „Zacharias im Tempel“ ist
nicht, wie Lange (Katalog S. 57) und Suida
(Monatshefte für Kunstwissenschaft I., S. 61)
annehmen, Schüdilin, sondern der Hallische
Meister des in der Staatssammlung befind-
lichen Riedener Altärcheus. Faure, Arena
Goldoni, Porta Romana, Blumenstück. L. v.
Hofmann, Badende Frauen. Breyer, Inte-
rieur. Feuerbach, Weibliches Bildnis. Uhde,
Bauernkinder.
II. Sfaafssammlung vaterländischer Alter-
tümer. Sammlung alexandrinischer Funde, von
Geh. Rat Dr. Sieglin geschenkt, die bedeutendste
Sammlung dieser Art in Europa. Grabmonu-
mente vom römischen Friedhof in Kannstatt.
Minervarelief vom Weißenhof bei Stuttgart.
S. Veit, Statuette fränkisch. Johannes und
Maria, Holzstatuen aus Ingerkingen. S. Ottilia
aus Altshausen. Chorstuhlwangen (16. Jhdt.)
aus Beutelsbach. Bronzenes Vortragekreuz,
schwäbisch, 13. Jhdt. Altarflügel aus Beuren
mit Heiligenfiguren, um 1450. Guibal (?), Abend-
mahl, 1781. Scheibe aus dem Hirsauer Kreuz-
gang, um 1500. Vier Schweizerscheiben, 16. Jhdt.
Konrad Schott, Orgelgehäuse aus der Kirche
in Freudenstadt, Anfang 17. Jhdt. Wertvolle
Stücke Ludwigsburger Porzellans aus der Samm-
lung Kaulla.
III. Landesgewerbemuseum. Italienische Ma-
joliken. Leihgabe aus dem Besitze des Königs.
Schrank von 1678. Italien. Faltenstuhl, 17. Jhdt.
Italien. Barockkassette, Anf. 18. Jhdt. Zwei
Edelzinnschalen von Francois Briot aus Möm-
pelgard. Zinnhumpen der Nürnberger Bäcker-
zunft 1607. Pariser Golddose Louis XVI. Re-
naissancekokosnußbecher. Frühnymphenburger
Schüssel.
Landesinventarisation. Ende 1907 erschien
der erste Halbband der Kunstdenkmale des
Jagstkreises, umfassend die Oberämter Aalen,
Crailsheim, Ellwangen, Gaildorf, Gerabronn,
Gmünd und Hall, verfaßt von Landeskonser-
vater Prof. Dr. Gradmann. Nach bayerischem
Vorgang werden die Kunstdenkmäler von nun
an nach Oberämtern veröffentlicht. Es erschei-
nen in Kürze Oberamt Heidenheim vom Jagst-
und Oberamt Biberach vom Donaukreis.
Denkmalpflege. Unter Aufsicht des Konser-
vatoriums wurden hergestellt die Kirche in
Wiesensteig, die Burg Herrenzimmern, die
Wandmalereien in den Kirchen von Allmen-
dingen und Neuffen und den Kapellen in Crails-
heim und Plochingen, die Bildwerke in S. Michael
in Hall und in Denkendorf, die Altäre in Deizisan,
Ellhofen, Langenau und Stöcklenburg, freigelegt
die Wandmalereien in Großbettlingen und
Entringen. Gegenwärtig gräbt man das römische
Lager in Cannstatt aus. Die Denkmalpflege ist in-
des in Württemberg dadurch sehr erschwert, daß
es kein Gesetz gibt, das die Beseitigung bez. den
Abbruch und die Veränderung wichtiger Kunst-
denkmäler zu verhindern vermag. Die Gefahr,
die der Kapelle in Herbrechtingen und dem
Tore in Schechingen drohte, scheint fürs erste
abgewendet. Das gleiche gilt für das Schloß
Hürbel, einen prächtigen Bau des 17. und
18. Jahrhunderts, der in Gefahr stand, durch
einen großen Giebelaufbau verunstaltet zu wer-
452
Monatshefte für Kunstwissenschaft
den. Die letzten Ereignisse haben indes das
Gute zur Folge gehabt, daß ein Zweigverein
des Bundes Heimatschutz alsbald gegründet
wird.
Neue Kunst Die bedeutendste Schöpfung
des vergangenen Jahres sind Theodor Fischers
Pfullinger Hallen, ein Fest- und ein Turnsaal,
in der einfachen Form des lateinischen Kreuzes
angeordnet. Der Festsaal wurde unter Leitung
Fischers und Holzels von Brühlmann, von
Hugo, Moilliet und Nitschke durch ganz
flächenhaft gehaltene Fresken geschmückt. Ein
zweites Verdienst Fischers ist die Lösung der
Bauplatzfrage für das Hoftheater, leider nicht
seinem Entwürfe entsprechend angenommen.
(Über beide Werke vgl. den Äufsatz des Verf.
in der Münchener Ällg. Zeitung vom 5. März
1908.)
Der Stuttgarter Kunstverein brachte im
ersten Vierteljahr 1908 vorzügliche Sonder-
ausstellungen von Vogeler, Schickhardt, v. Hugo,
Schmoll V. Eisenwerth, Weise und Trübner.
Vorträge, Hier sind besonders die drei vor-
trefflichen Vorträge Gradmanns über Denkmal-
pflege und Weizsäckers über altschwäbische
Kunst, beide im Goethebund zu nennen.
Julius Baum,
s
FLORENZ =====
Seit einiger Zeit wird in Florenz ein groß-
artiges und weitausschauendes Projekt für eine
durchgreifende Neuordnung der gesamten Mu-
seumsverhältnisse diskutiert. Corrado Ricci, der
zielbewußte Organisator großen Stils, der jetzt
an der Spitze der italienischen Kunstverwaltung
steht und der Bürgermeister von Florenz, Ävv.
Francesco Sangiorgi, haben jenes Projekt auf
die Tagesordnung gestellt.
In absehbarer Zeit werden aus dem Vasari-
schen Bau der Uffizien die Biblioteca Nazionale
und die Post zu einem anderen Sitze wandern.
Hlsdann würde noch das Ärchivio di Stato, mit
seinem riesenhaften Bestände im Gebäude der
Uffizien bleiben. Die Furcht vor den Gefahren
eines Brandes, wie derjenige der Bibliothek
von Turin, ließ in Corrado Ricci den lebhaften
Wunsch entstehen auch demÄrchiv eine andere
Heimstätte zu suchen. Äus dem Gebäude wäre
alsdann alles entfernt, was einer besonderen
Feuersgefahr ausgesetzt ist; um auch eine von
den an die Uffizien anstoßenden Gebäuden
drohende Gefahr aüszuschließen, kam man schließ-
lich zu dem Streben, diese Gebäude, übrigens
meist bescheidene und oft verwahrloste Bau-
lichkeiten, niederzulegen und an ihrer Stelle
Gartenanlagen zu schaffen. Nach Ausführnng
dieser Pläne würden oie Uffizien sich also als
ein riesenhaftes, freistehendes von Gärten um-
gebenes Bauwerk darstellen, welches weiträumige
Gelegenheit mit gutem Lichte zu allem nur denk-
baren Museumszwecken enthielte, und zwar
in allen Geschossen, auch im Erdgeschoß. Die
Loggia dei Lanzi würde die monumentale
Eingangshalledieses „Palastes der Künste“, dieses
„Museums der Museen“ bilden.
Was soll nun dieser gewaltige Baukomplex
beherbergen? Zunächst alle Behörden, welchen
die Bewahrung und Verwaltung des alten Kunst-
bestandes obliegt, also die Museums-Direktion.
das Äusfuhramt, das Bezirksamt zur Erhaltung
der Monumente usw. Dann aber soll der reiche
Raum den Besitz anderer bisher bestehender
Museen aufnehmen. Es ist kein Zweifel, daß
die Gemälde des Museums der Akademie
schlecht untergebracht sind, und daß ihre Ab-
trennung von der Uffizien-Sammlung keine
innere Berechtigung hat. Diese sollen also in
erster Linie dem Museum der Uffizien einver-
leibt werden. Die Gobelins, welche jetzt im
Dachgeschoß des Museo Archeologico aufbewahrt
werden, sollen die Wände der langen Uffizien-
Korridore schmücken und die jetzt dort aufge-
hängten Bilder in die inneren Räume verdrängen.
Diese beiden Punkte des Reorganisations-Pro-
gramms sind zweifellos sehr glückliche Gedan-
ken und ihre Ausführung wird sicherlich von der
ganzen Welt mit Dankbarkeit begrüßt werden.
Nicht so ohne weiteres einleuchtend sind da-
gegen die übrigen Absichten. Der Besitz der
Uffizien an statuarischen Werken soll aus ihnen
entfernt werden und mit dem des Bargello
vereint ein Plastiken-Museum bilden; das Bar-
gello soll zu einem Kunstgewerbe-Museum um-
gewandelt werden (ein solches besteht in Italien
bisher nicht); außerdem soll ein Gypsabguss-
Museum geschaffen werden, das namentlich
auch Werke lebender Künstler aufnehmen soll.
Das Plastiken-Museum soll bestimmt, das Ggps-
Museum eventuell im Uffizien-Gebäude unter-
gebracht werden. Das Archäologiche Museum
soll auch seinen alten Sitz verlassen und in das
Erdgeschoß und die erste Etage des linken
Flügels des Uffizien einziehen.
Von dieser letzteren Idee her beginnen aber
die Schwierigkeiten sich zu zeigen, und der
hochverdiente Direktor des Archäologischen
Museums Luigi A. Milani protestiert energisch
gegen eine Verlegung des von ihm in jahr-
zehntelanger Arbeit wohlgeordneten Museums,
namentlich auch aus dem Grunde, weil die Uffi-
zien nicht den Gartenraum mit altem Baumbe-
Rundschau
453
Stand ihm bieten werden, welcher im alten Sitz
des Museums eine ästhetisch wirksame Äuf-
stellung der etruskischen Gräber z. B. gestattete.
Er verlangt vielmehr, daß die antiken Skulp-
turen der Uffizien, zum großen Teil aus deko-
rativen und künstlerisch nicht sehr hochstehenden
Arbeiten bestehend, ebenfalls ins Archäologische
Museum gebracht werden, wo ihre Aufstellung
in freier Luft und doch an geschützter Stelle
möglich ist. Auch für eine rekonstruktive Auf-
stellung der Niobiden sei im Museo Archeolo-
gico ein vorzüglich geeigneter Raum vorhanden.
Zugunsten der Milanischen Vorschläge scheint
mir auch zu sprechen, daß eine Zusammenlegung
von antiken und Renaissance-Skulpturen in
ein Museum kein erwünschter Zustand ist. Bei
allem Nachstreben der Renaissance zu antiken
Form-Idealen ist der Gegensatz zwischen den
Schöpfungen beider Epochen doch ein zu
großer, als daß eine Vereinigung ein harmoni-
sches Ganzes schaffen könnte.
Ein Kunstgewerbe-Museum ist allerdings eine
außerordentlich dringende Notwendigkeit für
Italien. Die alte Mißachtung der vergangegen
Generation italienischer Kunstfreunde, welche ein
Museum durch Erzeugnisse des Gewerbes
entwürdigt zu sehen glaubte, hat Italien ver-
hindert, rechtzeitig zu sammeln, was jetzt der
Stolz vieler ausländischer Museen ist; die Er-
zeugnisse des italienischen Kunstgewerbes der
Renaissance. Gegenwärtig ist der Kampf um
sie ein so heißer, daß erstklassige Möbel und
Rahmen Preise erzielen, welche sich denen der
Bilder großer Meister nähern und sie werden
weiter steigen, weil überhaupt nur noch sehr
weniges vorhanden ist. Wenn ein Kunstgewerbe-
Museum in Florenz ins Leben gerufen werden
soll, so wird man sich beeilen müssen, für seinen
Inhalt zu sorgen; allerdings bildet der jetzige
Bestand des Bargello einen immerhin recht an-
sehnlichen Grundstock.
Die Florentiner Gemeindeverwaltung, Hüterin
eines großartigen, künstlerischen Erbes hat vor
einiger Zeit eine Kommission, in der übrigens
auch das Ausland durch Robert Davidsohn und
Bernhard Berenson vertreten ist, als Beirat für
künstlerische Angelegenheiten eingesetzt. Eine
der ersten Fragen, mit welcher diese Kommission
sich zu beschäftigen hat, ist die einer Öffnung
der Bogen von Or San Michele. Gegenwärtig führen
zwei große Portale von der Seite des Gebäudes der
Orte della Lana ins Innere des Oratoriums, aber
einst, wenn auch nur eine kurze Zeit lang, war
das Obergeschoß von allen Seiten offen, bildete
eine Loggia, welche als Kornmarkt diente und
gleichzeitig der Verehrung der Jungfrau eine
Stätte bot.
Dieser Zustand blieb aber nur seit der Zeit des
Baubeginnes im Jahre 1339 bis etwa zum Jahre 1380
bestehen. Die weiten offenen Bogen hatte man
zum Teil schon seit 1366 durch Einbau der zier-
lichen dreibogigen von Balustraden getragenen
Schmuckordnung, von welcher nur der Mittel-
bogen als Zugang bis zur Erde offen blieb,
ihres ursprünglichen Charakters entkleidet. Nach
ihrer Vollendung muß der Eindruck des Ge-
bäudes von einer äußerst liebenswürdigen Heiter-
keit gewesen sein. Kaum aber waren alle Bogen in
dieser Weise umgestaltet, als man sie auch schon
völlig durch eine dünne Ziegelvermauerung schloß
und nur die Lünetten als Lichtquelle offen ließ.
Das was im Jahre 1380 geschehen war, hat nun
jahrhundertelang keinerlei Kritik erlitten. Seit
einigen Jahrzehnten aber wird die Frage immer
wieder diskutiert, ob nicht die dünnen Ziegel-
mauern zwischen den feinen Torfenster-Pfosten
entfernt werden sollen. Sie machen zweifellos
einen zufälligen mit der baulichen Idee des
ganzen unzusammenhängenden Eindruck.
Öffnete man aber die Arkaden so würde
man in die Lage kommen einen von zwei Seiten
offenen Raum auf einer dritten Seite durch
Türen zu schließen, was natürlich eine Ungeheuer-
lichkeit wäre. Diese Portale aber zu entfernen,
welche in den ersten Jahren des Quattrocento
Niccolö di Piero schuf, das wird niemand im
Ernst verlangen wollen.
Möchte die Frage, wie sie bisher angeschaut
wurde, im Grunde keine Frage sein, so wird
doch von einem anderen Gesichtspunkt aus, das
Problem eine andere Gestalt erhalten. Der
jetzige Zustand schafft im Innern der Kirche
eine Dunkelheit, die namentlich das kostbare Mar-
mortabernakel Orcagnas dem Genießen des Be-
schauers verschließt. Licht zu erhalten ist eine
Notwendigkeit, das wird bei der Angelegenheit
die Hauptsache bleiben müssen. Nach Erwägung
aller bisher besprochenen Umstände und nach
Prüfung des architektonischen Bestandes des
Baues möchte der Unterzeichnete nun folgenden
Vorschlag der öffentlichen Diskussion unterbreiten ;
es sei dabei ausgesprochen, daß die Erinnerung
an den starken Stimmungsreiz von Adolf Hilde-
brands Hubertustempel in München dem Unter-
zeichneten seinen Vorschlag suggeriert hat.
Man entferne die dünnen Ziegelmauern in den
dreibögigen Arkaden der Seitenfassaden (nach
der Via Calzajuoli hin muß der Bau ge-
schlossen bleiben) und verschließe sie mit
einem dünnstäbigen Gitter, belasse die Portale
Niccolos di Piero und ersetze die Holztüren
ebenfalls durch Gittertore. Es wird alsdann
eine Innenwirkung von ähnlicher Art entstehen,
wie sie jene Hildebrandsdie Schöpfung fühlen
454
Monatshefte für Kunstwissenschaft
läßt: eine stille Ähgesdilossenheit in freier Luft
und mit freiem Licht. Es werden sich mannig-
faltige Durchblicke ergeben, welche mit jedem
Schritte wechseln werden, und von außen her wird
das Tabernakel Orcagnas den Vorübergehenden
durch seine Pracht erfreuen und anziehen. Es
wird vermieden, daß die alte Kultstätte die Zu-
flucht der zweifelhaften Müßiggänger und des
Marktgetriebes wird: Ein offener und doch ab-
geschlossener Raum, voll von stiller Stimmung
inmitten der lärmenden Straße wird Or San
Michele werden.
Zu den archäologischen Führungen, welche
das preußische Kultusministerium bisher in Rom
und Griechenland preußischen Oberlehrern hat
zu Teil werden lassen, ist in diesem Jahre zum
ersten Male eine Studienreise hinzugetreten,
welche einerÄnzahl Gymnasialdirektoren undPro-
fessoren das Gebiet der italienischenRenaissance
näher führen sollte. Der größte Teil des vier-
wöchentlichen italienischen Äufenthaltes der
Herren galt Florenz, außerdem wurden Pisa,
Siena, S. Gimignano, Bologna, Ferrora, Padua
besucht. Die Führung war Herrn Professor
Schubring, Berlin übertragen worden. Man wird
nicht irre gehen, wenn man in dieser Unter-
nehmung eine Wirkung des eben ins Leben ge-
tretenen „Deutschen Vereins für Kunstgeschichte“
erblickt. Es ist gewiß zu begrüßen, daß den
Männern, denen die Erziehung der Jugend ob-
liegt, die Kenntnis der italienischen Renaissance,
die in ihren den heutigen Verhältnissen immer-
hin recht verwandten Kuiturbedingungen auch
für ein praktisches Änschauen von Kunstfragen
ausgiebige Änregung bietet, in zweckmäßiger
Weise vermittelt wird. Es wird nicht aus-
bleiben, daß etwas von diesen Anregungen in
der jungen Generation Frucht treiben wird,
namentlich wenn der diesjährige Versuch eine
gutgeregelte Fortsetzung erfährt. Dodi möchte
man es durchaus nicht wünschbar finden, daß
diese Lehrer-Führungen die Vorbereitungen zu
einer Einführung des Unterrichts in der
neueren Kunstgeschichte für Gymnasien
sein sollten. Bei der Gründungs-Sitzung des
„Deutschen Vereins für Kunstgeschichte“ kamen
solche Tendenzen zur Sprache. Abgesehen da-
von, daß der Lehrstoff der Gymnasien schon
heute die äußersten Grenzen der Wissensmenge
berührt, setzt dasjenige, was die neuere Kunst-
geschichte uns bietet, so sehr individuelle Ver-
anlagung voraus, daß ein schulmäßiges Lehr-
fach nur dann daraus werden kann, wenn auf
alles feinere Hineinleben von Lehrern und Schü-
lern in die Kunsterscheinungen von vornherein
verzichtet wird. Außerdem (dürfen wir uns nicht
verhehlen, daß das schulmäßige Beschäftigen mit
Dingen, die sich an die Sinne, an die Phantasie, |
an den Genuß, an das Empfinden wenden, die '
jungen Menschen eher vom gewollten Hinein-
dringen fernhalten als sie ihm nähern werden.
Die Schule kann sich nur an den Verstand halten,
und Kunstsnobismus haben wir eigentlich genug.
Das französische Institut in Florenz, ,
dessen Gründung wir schon erwähnten (Heft 1/2),
ist am 27. April unter Teilnahme des franzö-
sischen Botschafters in offizieller Weise eröffnet
wurden. Von Seiten der offiziellen Welt wie
in der Florentiner Gesellschaft wurde dem In-
stitut die große Sympathie durch eine Reihe
von Veranstaltungen bewiesen, welche das Italien i
von heute Frankreich entgegenbringt. An der >
Spitze des neuen Instituts steht Prof. Julien |
Luchaire, der den Lehrstuhl für italienische |
Literatur an der Universität Grenoble inne hat.
Von den deutschen gelehrten Instituten unter-
scheidet es sich durch die enge Fühlung, die es :
mit der Mutter-Universität Grenoble behalten |
wird, und überhaupt durch seinen eher der j
Lehrtätigkeit zugewandten Charakter. j
Zu Ehren des französischen Instituts hat der i
Direktor der Biblioteca Laurenziana Comm. Biagi (
eine Ausstellung von französischen Codices ver- i
anstaltet. )
Die Uffizien haben ihren Bestand an ober- 'j
italienischen Gemälden durch Erwerbung zweier |
beiderseitig bemalter Tafeln, welche die Sig- |
natur des Giovan Francesco Caroto tragen |
und aus dem Besitz des Marchese Cavalli ij
stammen, bemerkenswert bereichert. Ursprüng- {
lieh verschlossen die beiden Tafeln wahrschein- r
lieh als Türen eine plastische Darstellung der
Geburt Christi. Sobald die Bilder der Öffent- |i
lichkeit zugänglich sind, werden wir auf sie noch ;)
einmal zurückkommen. '
In der Sitzung des Kunsthistorischen ‘
Instituts vom 30. April brachte Herr Dr. Baum t
Mitteilungen zur Geschichte der Medici- Grab-
mäler Michelangelos. In erster Linie gab
er Bedenken gegen die von dem Unterzeichneten j >
in der Sitzung des Institus vom 15. Mai 1907 ' ;
(siehe Kunst-Chronik XIX, S. 62) dargelegten :9
Feststellungen Ausdruck. Als Resultat ist zu- ia
sammenzufassen, daß nach der Ansicht von |(
Dr. Baum die Figuren des „Tags“ und der d
„Nacht“ möglicherweise doch bereits für eine 1 1
schräge Aufstellung konzipiert gewesen seien. U‘
Der Unterzeichnete hielt den neues Material jJ
nicht beibringenden Mitteilungen gegenüber daran S
fest, daß die Untersuchung der Figuren selber, |
die er wiederholt und auch oft im Verein mit f
Bildhauern vorgenommen habe, aufs Unzweifel- 15
hafteste ergebe, daß „Tag“ und „Nacht“ für eine \i
horizontale Aufstellung gearbeitet sind und erst '
Rundsdiau
455
später nadi Fertigstellung der für die jetzige
Sarkophagform komponierten Gestalten von
„Crepuscolo“ und „Aurora“ durch Äuskurvung
ihrer Standflächen (wobei beim „Tag“ sogar
etwas vom Körper fortgenommen werden mußte)
für die jetzige Aufstellung adaptiert worden
sind. Gegenüber solchen tatsächlichen Kon-
statierungen können ästhetische Bedenken nicht
ins Gewicht fallen. — Des weiteren bemerkte
Herr Dr. Baum, daß die Stelle bei Doni (Marmi III,
S. 21) wonadi Michelangelo den linken Arm
der „Nacht“ ursprünglich anders gegeben, ihn
dann aber weggehauen und in der jetzigen
Haltung neu ausgeführt hätte, durch die Prüfung
der Figur selber als nicht ernst zu nehmen er-
wiesen sei. Als zusammengehörig mit der be-
kannten zweifellos echten Zeichnung Michel-
angelos zur Madonna der Mesdici-Kapelle (Wien),
legte Herr Dr. Baum ein Blatt (Louvre) vor,
welches zwei Madonnenskizzen enthalte. Dies
Blatt werde von Berenson als eigenhändig an-
gesehen, während der Vortragende es nicht
dem Meister selber geben zu können glaubt.
Fräulein Dr. Schlottmüller sprach von dem
sog. Pellegrini-Meister und anderen anonymen
Tonbildern aus der ersten Hälfte des Quattro-
cento. Eine Anzahl von Terrakotta-Madonnen
in London und Berlin aus der Sammlung Gigli-
Campana, welche zumeist in Toscano zusammen-
gebracht worden ist, galten einst als Werke
Quercias wegen allgemeiner Verwandtschaften,
wurden dann dem Meister der umfangreichen
Terrakottadekorationen der P e 1 1 e g r i n i -
Kapella in St. Anastasia in Verona zuge-
schrieben, zusammen mit dem Altar im Dom von
Modena und dem Grabmal Royzelli in S. Fran-
cesco in Arezzo. Diesen sog. Pellegrini-Meister
hielt man für einen Toskaner, hat ihn sogar un-
gerechtfertigter Weise mit Rosso Fiorentino
identifiziert. Frl. Dr. Schlottmüller unterscheidet
nun innerhalb dieser ganzen Zusammenstellung
mehrere Meister toskanischer und oberitalieni-
scher Herkunft. Dem Meister der Pellegrini-
Kapelle, der als Oberitaliener anzusehen ist,
gehört nur der kleinste Teil der fraglichen Werke.
Fortgeschrittener erscheint der Meister des
Altars von Modena, der Oberitalienisches
und Toskanisches in seiner Kunst vereinigt; ihm
dürfte das Grabmal in Arezzo und zwei Ma-
donnen-Altäre in London angehören. Unter
den nach Toskana gehörigen Werken sind
mehrere Gruppen zu unterscheiden, von denen
die eine sich der ornamentalen Florentiner Stein-
plastik um 1400 anschließt, während die andere
durch gelöstere und zierlichere Formenbehand-
lung einen spezifischen Tonbildner -Charakter
hat. Die Feststellung der einzelnen Künstler-
persönlichkeiten ist dadurch erschwert, daß viele
dieser halbfigurigen Madonnenreliefs in mehreren
im Detail nicht miteinander übereinstimmenden
Exemplaren erhalten sind.
Herr Dr. Geisenheimer legte fünf Zeich-
nungen aus Budapest vor. Zwei von ihnen
sind Kopien nach clen Dekorationsbildern des
Giovanmaria Buttari und des Stefano Pieri,
welche der für die Exequien Michelangelos von
den Florentiner Künstlern gemalten den Meister
als Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter
feiernden Serie angehören. Wir kennen die
Kompositionen aus den Beschreibungen der
Vasari, bisher waren aber keine Reproduktionen
der verloren gegangenen Gelegenheitsarbeiten
bekannt. Drei weitere interessante Blätter sind
Entwürfe zu den 1597 von Bernardino
Poccetti an der Wand des ehemaligen Refek-
toriums von S. Spirito gemalten drei heiligen
Gastmählern. Der heutige Zustand dieser Fresken
ist sehr schlecht; nur das Emausfresko ist leid-
lidi erhalten. Gottsdiewski.
PARIS =^=
Dem französischen Volke ist der Trieb zur
Kunst eingeboren. Leidenschaftliche Liebe und
feinfühliges Verständnis für das Schöne helfen
überreichlich über die Mängel einer äußerlich
nicht gerade glänzenden Organisation des Kunst-
unterrichts hinweg. Hebenden großen Unter-
richtsanstalten in Paris, der Ecole des Beaux
Arts in erster Linie, führten die Kunstakademien
in der Provinz ein nicht gerade glänzendes
Dasein und auch in Paris begibt sich nur ein
verhältnismäßig geringer Teil des künstlerischen
jungen Nachwuchses in die Zucht der etwas
pedantischen alten Dame in der rue Bonaparte,
die neben Franzosen von jeher auch den Aus-
ländern gastfrei ihr Haus geöffnet hat. Be-
sonders groß ist das Kontingent der Nordame-
rikaner an der Ecole des Beaux-Arts und so
überrascht es nicht, daß eine Anzahl nord-
amerikanischer Architekten sich verpflichtet ge-
fühlt haben, der alten Lehrerin ihre Dankbar-
keit durch eine Stiftung von 500000 Franken zu
beweisen, deren Ertrag ausschließlich jungen
französischen Künstlern zugute kommen soll.
Wenn so die Kunstschule der Hauptstadt einen
Beweis von Sympathie aus dem Auslande er-
halten hat, so hat sich zu gleicher Zeit das
Interesse den Kunstschulen in der Provinz zu-
gewandt. So hat ein Fräulein de Boisseux aus
Nolay (Cöte d’or) der Stadt Grenoble die Summe
von fast zwei Millionen Franken vermacht um
dort eine Kunstakademie zu errichten. Man
456
Monatshefte für Kunstwissenschaft
fragt sich, ob die Vermehrung soldier Schulen
großen Segen bringen wird, und ob es nicht
besser wäre, wenn einmal größere Summen
verwandt würden um die französischen Provinz-
museen etwas besser zu verwalten. Der junge
französische Künstler wird, wie die Verhältnisse
einmal liegen, immer nach Paris streben, es ist
das der große Zug und zugleidi der Fluch des
französischen Kunstlebens, und Bildungsanstalten
für Zeichenlehrer gibt es ohnehin schon genug.
Doch welche Fülle von künstlerisdicn Änregun-
gen könnten die Provinzmuseen bieten, wenn
sie besser verwaltet würden. Jede neue Ferien-
reise enthüllt neue Schätze und neue Sorglosig-
keit in ihrer Verwaltung: vielfach sind die Bil-
der in alten, ungeeigneten, oft den Bildern ge-
fährlichen Lokalen zusammengepfercht, wahllos
hängen die wertvollsten Stücke neben schlimm-
stem Kitsch: was für ein Museum wäre zum
Beispiel aus den Schätzen des Museums in
Ävignon zu machen, das herrliche primitive
Bilder und eines der schönsten Werke von David,
den Tod des jungen Bara, birgt! Äber so hängt
alles wirr aufeinander, an den bescheidensten
wissenschaftlichen Hilfsmitteln fehlt es: mit taras-
konesischer Beredsamkeit und Tränen im Äuge
versichert der Concierge, daß der Katalog seit
Jahren vergriffen ist. In dem ausgegezeichnet
verwalteten und gut geordneten Museum von
Dijon stammt der ausführliche Katalog vom
Jahre 1883, niemand ist auf den Einfall ge-
kommen, daß man durch Einheftung einiger
Nachtragsblätter dem Kunstfreund den größten
Gefallen erwiesen hätte. Kaum eine Sammlung
kümmert sich darum, systematische streng wissen-
schaftliche Kataloge ausarbeiten oder systema-
tisch photographieren zu lassen. Überall fehlt
es an Geld und an Initiative. So viel in der
letzten Zeit auf diesem Gebiet auch getan
wurde, ebensoviel bleibt, besonders was die
Inventarierung der Kunstschätze anbetrifft, noch
zu tun, es wäre wünschenswert wenn die Opfer-
willigkeit der Kunstfreunde sich diesem Gebiete
etwas zuwenden würde. Schade um die zwei
Millionen für die Kunstschule in Grenoble!
Änders ist es, wenn die Gründung einer
Unterrichtsanstalt eine schon vorhandene, äußerst
rührige Kunsttätigkeit noch unterstützen soll,
wie dies bei einem Projekt der Gründung einer
Kunstgewerbeschule in Nancy der Fall ist. Man
mag über den Stil der Majorelle, derGallet usw.
denken wie man will, es läßt sich nicht leugnen,
daß Nancy die einzige Stadt Frankreichs ist,
in der auf kunstgewerblichem Gebiet wirklich
reges und intensives Leben herrscht; so ist der
Plan zur Gründung einer Kunstgewerbeschule
in Nancy, der kürzlich der französischen Kammer
vorgelegt wurde als überaus richtig und nütz-
lich zu bezeichnen.
Die Universität Grenoble hat eine neue
Unterrichtsanstalt geschaffen : ein Institut fran-
(^ais in Florenz, das allen Gelehrten und
Freunden der Wissenschaft die Mittel zum Stu-
dium und zur Vertiefung des Beobachteten ge-
währen soll, wie ja auch u. a. Deutschland ähn-
liche Einrichtungen in Florenz und Rom besitzt.
Es ist erfreulich, daß es gerade eine Provinzial-
universität war, die diese dankenswerte Initia-
tive ergriffen hat.
Die französischen Museen haben in dem
vergangenen Monat nur geringe Bereicherungen
erfahren. Der bereits erwähnte vom Louvre
erworbene Dornauszieher ist eine sehr feine
Bronze, ein Werk der paduanischen Schule um
1450. Die Sammlung der griechischen Äntiqui-
täten hat durch die jetzt vollendete Neuauf-
stellung gewonnen, zweifelhafte Stücke wurden
entfernt und zwei Schränke mit kleinen Marmor-
werken besser als bisher zur Geltung gebracht.
Die ostasiatischen Sammlungen erhielten als
Geschenk eine Änzahl Gräberfunde aus Hönan:
eine Änzahl Gipsskulpturen und Vasen, die von
dem Professor Chavannes auf einer chinesischen
Studienreise erworben wurden. Das Museum
in Dijon hat dieser Tage die Säle, welche die
Sammlung Grangier enthalten, eröffnet, die eine
Änzahl wertvoller kunstgewerblicher Ärbeiten
und interessanter Bilder, aber auch manches
zweifelhafte Stück enthält. Sehr erfreulich ist
die Energie mit der das Museum von Mar-
seille seine schöne Sammlung von Werken
Pugets zu vermehren sucht. Nachdem sdion im
Jahre 1899 der Sammler Emile Ricard eine wich-
tige Sammlung von Werken des großen süd-
französischen Bildhauers geschenkt hatte, hat
der Magistrat von Genua vor kurzem gestattet
Gipsabgüsse von den wichtigen Werken Pugets
zu machen, die sich in Genua befinden und dort
in den Jahren 1661 — 1667 entstanden waren: es
sind dies der großzügige Sebastian und die
verzückte Gestalt des hl. Ämbrosius in der Ca-
rignan-Kirche, die Empfängnis Mariä im Älbergo
de’poveri und die Jungfrau Maria aus dem Ora-
torium San Philippo de’ Neri. Es ist das Ver-
dienst des Konservators Äuguier, in diesem
Saal der Puget eine für Marseille ebenso cha-
rakteristische und anziehende Sammlung, aus-
zubauen, wie wir in Dijon immer wieder durch
die Prud’hons und Rüde, in St. Quentin durch
die Latours angezogen werden. Durch die Trennung
von Kirche und Staat sind viele kostbare Kunst-
werke in alle Winde zerstreut worden, nur
weniges ist für den Staat gerettet worden: so
hat kürzlich der Staat einen mit Tapisserien
Rundschau
457
von Beauvais geschmückten Salon (zwei Ber-
geren, 12 Sessel und zwei Stellschirme) zurück-
genommen, die der König gegen 1723 dem
bischöflichen Palais von Beauvais geschenkt
hatte. Sie sind gegen 1720 entstanden und
stellen Fabelszenen nach Oudrg dar. Ihr Wert
wurde s. Zt. auf ca. 8000 Franken geschätzt,
heute sind dem Staate von einem Antiquar
400000 Franken geboten worden, doch man
zieht vor die Salons des Senates mit diesen kost-
baren Möbelnd zu schmücken.
Äus Versailles ist allerlei erfreuliches zu
melden: Der Konservator de Nolhac hat eine
Serie von dreizehn praditvollen Tapisserien aus
der Manufaktur der Gobelins wie der für Ver-
sailles aus den Depots des Garde-meuble zurück-
erworben. Diese Wandteppiche stellen die Ge-
schichte Ludwigs des XIV dar und waren ur-
sprünglich für Versailles bestimmt gewesen.
Jetzt sind sie wieder in den Wohnräumen der
Königin und in den Salons der Minerva und
des Äpollo aufgehängt. — Schon seit langer
Zeit war ein lebhaftes Bedürfnis nach einer
„Gesellschaft der Freunde von Versailles“ vor-
handen, die den Konservator des Museums in
seinen Ankäufen unterstützen und zugleich die
Erhaltung der Baudenkmäler und Gärten über-
wadhen kann. Diese letztere delikate Aufgabe
untersteht leider nicht dem Konservator de
Nolhac sondern den Architekten des Schlosses,
die schon mancherlei verrestauriert haben. Die
Namen der führenden Mitglieder der neuen
Gesellschaft (u. a. Henry Marcel, Raymond Koech-
lin. Andre Perate, Pierre de Nolhac, Alexis
Rouart) sind eine Gewähr dafür, daß sie ver-
ständnisvoll ihres Amtes walten wird. Eine
Gruppe von Mitgliedern der Vereinigung hat
dem Museum bereits ein sehr interessantes
Werk des künstlerisch und kulturhistorisch so
interessanten Malers Eugene Lami überwiesen,
das den Empfang der Königin Victoria von
England durch Louis Philippe in Treport dar-
stellt.
Überall nehmen die Attentate des moder-
nen Utilitarismus gegen alte Baudenkmale
und künstlerische Stadtbilder überhand. Noch
unter dem zweiten Kaiserreich waren sich die
führenden Architekten ihrer Pflicht bewußt, an
Stelle des der Notwendigkeit zum Opfer ge-
fallenen Alten etwas künstlerisch groß gedachtes
zu setzen. So entstanden die großen, monu-
mental gehaltenen Straßenzüge um Garniers
Oper, deren einheitlicher Charakter durch strenge,
auch heute noch gültige Gesetze gewahrt wer-
den sollte. Heute erheben sich in der rue de
Rivoli, in den Champs Elysees, und auf dem
Boulevard des Capucines die geschmacklosen
den Häuserblock überragenden Steinmassen
amerikanischer Hotels und Versicherungsgebäude,
für die die meist ungesetzlichej Bauerlaubnis
mit mehr oder weniger unlauteren Mitteln er-
langt wurde, endlich beginnt man sich im Pa-
riser Gemeinderat der Gemeingefährlichkeit die-
ses nutzlosen Vandalismus bewußt zu werden
und man will versuchen, wenigstens die offen-
baren Ungesetzlichkeiten ^u verhüten, wie die
Zerstörung des einheitlichen Garnierschen Planes
für die Umgebung der Oper. Die „Kommission
für das alte Paris“ im Pariser Gemeinderat hat
ebenfalls Einspruch erhoben gegen das allzu
umstürzlerische Umbauobjekt des alten Hotel
Colbert, der alten Medizinschule, in der rue de
la Bücherie, in der die Associations des Etu-
diants untergebracht werden sollte. — Wir
haben bereits von den verschiedenen Protesten
gesprochen, die sich gegen die kommerzielle
Ausbeutung der Wunderinsel des Mont-Saint
Michel erhoben haben. Es ist jetzt eine Be-
wegung im Gange die erstrebt, den ganzen Mont
als „monument historique“ zu schützen, damit
der widerlichen Bausucht der Hoteliers Poulard
und Genossen endlich Einhalt geboten werden
kann. Ähnliche Roheiten werden aus dem
alten, berühmten Städtchen Baux in der Pro-
vence gemeldet, wo gewissenlose Bauunter-
nehmer sich nicht gescheut haben, die staatlich
geschützten Baudenkmale als Steinbrüche zu
benutzen. In Avignon ist der alte Palast der
Päpste nun endlich von seiner Funktion als
Kaserne entbunden, nachdem Pitou und Duma-
net jahrelang die alten Steine dieses mächtigen
Baus mit ihren Witzen beschmiert und intelli-
gente Amateure aus den Fresken Simone Mar-
tinis und Matteos di Giovanetto die schönsten
Köpfe dieser edlen Gestalten herausgeschnitten
haben, die den von Norden Kommenden zuerst
die hehre Majestät südlicher Kunst predigen.
Auch in Villeneuve bei Avignon, dessen Hos-
piz die herrlichsten Werke der provenzalischen
primitiven Kunst birgt, hat der Staat in dem
phantastischen Wirrsaal der Kartause eine Ka-
pelle mit italienischen trecentistischen Fresken
erworben. Es ist erfreulich zu sehen, wie da
gerettet wird was noch zu retten ist. In Dijon
restauriert man im Palast der Stände von Bur-
gund den schönen, zwischen 1776 und 1780
nach den Plänen von Dumorey und Gauthez
errichteten Festsaal, der zu einem der Prunk-
stücke des XVIII. Jahrhunderts gehört.
An archäologischen Entdedcungen wird
die Auffindung eines großen byzantinischen
Mosaiks im Timgad (Algerien) gemeldet. Das-
selbe stellt eine Venus Anadyomene dar, die
von einem Tritonen und einer Nereide geleitet
30
458
Monatshefte für Kunstwissenschaft
wird. Das vortrefflich erhaltene Kunstwerk mißt
drei zu fünf Meter.
Von Äusstellungen ist nicht viel zu be-
richten. Sehr interessant wird eine zum Besten
des Roten Kreuzes bei Georges Petit geplante
Äusstellung von Pastellen des XVIII. Jahrhun-
derts werden, die eine wertvolle Ergänzung zu
der Chardin und Fragonard -Äusstellung von
1907 werden wird. Die von der Societe Natio-
nale geplante Äusstellung von Porträts der Zeit
um 1848, die in dem reizenden Schlößchen Ba-
gatelle stattfinden wird, wird einen besonderen
Reiz dadurch erhalten, daß die Herzoge von
Orleans und Chartres die in ihrem Besitze be-
findlichen Familienporträts zur Verfügung ge-
stellt haben. Von Äusstellungen moderner Kunst
erwähnen wir kurz: Landschaften und Idyllen
von J. Flandrin bei Druet, Blumenstücke und
Stilleben von Monet, Renoir, Sisleg, Cezanne
u. a. m. bei Durand-Ruel, Pissarro bei Bern-
heim, der Neoimpressionist Theo von Ryssel-
berghe ebenda, die Degasschülerin Mary Cassatt
beiVollard, die Gruppe „Onze“, darunter einige
„prix de Rome“; bei Chaine und Simonson bei
Georges Petit der jährliche Salon der pastel-
listes und die diskrete Kunst Duhems. Im Musee
des arts decoratifs endlich eine sehr interessante,
Äusstellung, die der Kunst des Theaters gewid-
met ist. Über die großen Salons, die seit kur-
zem geöffnet sind, werden wir im nächsten
Briefe berichten. fl^elbert Meyer.
s
BELGIEN =
Die neubegründete, unter dem Präsidium des
Ministers Beernaerts stehende Gesellsdiaft der
Freunde der Königlichen Museen hat ein für die
Geschichte der belgischen Skulptur wichtiges
Werk erworben und dem im Palais du Cin-
quantenaire befindlichen Museum für Kunst-
gewerbe und Ältertümer überwiesen: es handelt
sich um ein Flachrelief das im Jahre 1890 auf
der Stelle des früheren Minoritenklosters in
Tournai entdeckt wurde, es stellt die Beerdigung
des Minoritenmönches Jehan Fiesnes dar, der
im Jahre 1425 gestorben ist.
Aller Orten tauchen jetzt die Pläne auf,
die vorhandenen Museen zu erweitern. Ein
großes Projekt den Komplex von Museen,
Bibliotheken und Ärchiven auf der Montagne
de la Cour in Brüssel zu erweitern wird
augenblidclich eifrig diskutiert, da eine Partei
einen Teil der Sammlungen und Ärchive lieber
in die Nähe des Palais du Cinquantenaire ver-
legt sehen möchte, wo jedenfalls eine größere
Expansionsmöglichkeit gegeben ist, aber auch
eine größere Entfernung vom Zentrum der Stadt
lästig ins Gewicht fällt. Der Neubau eines
Museums in Brügge ist jetzt definitiv gesichert,
und auch in Gent trägt man sich mit dem Ge-
danken, ein Museum für ältere Kunst zu er-
richten.
Der Reigen der Äusstellungen moderner Kunst
wurde durch die Jubiläumsausstellung der von
Octave Maus geleiteten Libre Esthetique eröffnet,
die in der Entwicklung der modernen belgischen
Malerei eine so wichtige Rolle gespielt hat. In
Brüssel hat der am 2. Mai eröffnete Frühjahrs-
salon der Societe Royale des Beaux-Ärts eine
wichtige Retrospektive der Werke des Tier-
malers Joseph Stevens gebracht. Der Salon de
l’Ärt Contemporain in Äntwerpen bringt Ge-
samtausstellungen des Werks von Fantin-Latour
und Stobbaerts. Sehr interessant verspricht eine
von der Kunstgewerbeschule in Lüttich organi-
sierte Äusstellung des belgischen Kunstgewerbes
zu werden, die am 9. Mai eröffnet wird. Im
Cercle Ärtistique endlich hat eine Äusstellung
der von einer tiefen mystischen Empfindung
durchdrungenen Werke von Älfred Delaunois
(Löwen) und von Porträts von Detilleux großen
Beifall gefunden. *
s
LONDON =
Soeben ist der Jahresbericht der National
Gallery für 1907 veröffentlicht worden, der auch
die National Gallery, British Ärt, (besser unter
dem Namen „Tate Gallery“ bekannt) umfaßt.
Gemäß demselben wurden während des Be-
richtsjahres aus verschiedenen Fonds und
Einnahmequellen 8 Bilder käuflich erworben, dar-
unter die zwei bekannten Genueser Van Dyck-
Porträts (Marchese Giovanni Cattaneo und Mar-
chesa Cattaneo), die s. Z. auf seltsame Weise
aus Italien verschwanden und, wie man hier
schon fürchtete, fast zu diplomatischen Schritten
seitens Italiens geführt hätten. Die zwei vor-
züglichen Werke aus der Sammlung im Cattaneo-
Palast in Genua, die Van Dyck kurz nach sei-
ner Änkunft in Italien im Herbst 1621 gemalt
hat, wurden für je ^ 13500 von Messrs. Colnaghi
erstanden, die selber ^2000 zu dem Kauf bei-
trugen. Der Kaufpreis wird übrigens erst im
laufenden Jahre voll abgetragen werden. Beide
Bilder hängen nun in Saal XIII der National-
Gallery und sind sehr günstig zu sehen. Äußer
diesen auf zwei Jahre verteilten 25000 ^ wurden
nur noch ^ 561.17.0. für Bilderankäufe für beide
Galerien verausgabt, in denen allerdings die
Änkäufe aus dem „Chantrey Bequest“ der Tate
Rundschau
459
Gallery nicht inbegriffen sind. Für die Natio-
nal Gallery wurden mit Hilfe der angeführten
Summe erworben; Une Parade von Gabriel
Jacques de Saint Äubin (1724—1780) aus der
Baring Sammlung, in der das Bild unter dem
Namen Gillot hing und das treffliche „Selbst-
porträt“ von Joseph Ducreux (1735—1802) in
der Tracht eines Äbbe (um nur ^ 50). Für die
verhältnismäßig sehr kleine französische Samm-
lung der Gallery ist jeder Zuwachs doppelt will-
kommen. Und sodann noch Maria Magda-
lena, Schule von Äntwerpen. — Für die Tate Gallery
wurden angekauft: „Gordale Scar von James
Ward (1769—1859), eine Skizze zu seiner großen
Landschaft, die jetzt auch wie sein großes Tier-
stück in der gleichen Galerie hängt. Damit ist
dieser bedeutendste verstorbene Tiermaler Eng-
lands nun endlich einigermaßen gebührend
in der National Britischen Galerie vertreten;
33 Studienblätter des großen Bildhauers Älfred
Stevens, darunter solche zu seinem Wellington-
Monument im St. Paulsdom und zu dem be-
rühmten Kamin inDorchester House; endlich ein
Bild des 1887 verstorbenen Frank H. Potter, ein
Interieur „HMusicLesson“. Von diesem manchmal
die Feinheit des Belgiers Ä. Stevens erreichenden
Meister war vor kurzem ein Bild in der Fair Women .
Exhibition der International Society zu sehen
gewesen. — Än Bilder-Gaben empfing die Na-
tional Gallery u. a. einige moderne Franzosen,
ein Blumen- und ein Fruchtstück von Fantin
Latour (aus den Jahren 1864 und 67) und einen
Corot (aus dem Jahre 1871) „The Marsh of Är-
leux du Nord“. Diese drei Werke hängen in
Saal XVII neben einigen anderen modernen
französischen Bildern, die der Galerie zum Lehen
übergeben sind: 4 Corots, ein Diaz und ein
Daubigny. Von anderen Gaben an die National
Gallery seien erwähnt. Hendrick v. Steenwyck
(1580—1648) „Än Interior of a Gothic Church“;
3 Pieter Neeffs (1577—1657), alles Kircheninte-
reurs; Niederländische Schule, 16. Jahrh. „Ulri-
cus Sirosenius, Herzog von Ostfriesland“; ein
ähnliches Porträt des gleichen Herzogs in der
Oldenburger Galerie wird von Bode dem Jacob
Cornelissen zugeschrieben. Eine andere Ver-
sion mit Dürers Monogramm und Datum 1520
befindet sich in des Herzogs von Rutland Samm-
lung; „The Water Lane“ von Jan Siberechts
(1627—1703); Jacob Ochtervelt: „Dame am Spi-
nett“; Giovanni Francesco daRimini „Madonna
und Kind“ mit Datum MC. C. C. C. VI., endlich
Thomas Gainsborough „The Watering Place“.
Der Tate Gallery wurden als Geschenke über-
wiesen u. a.; „Woody Landscape von James
Stark (1794—1859), einem der Kleinmeister der
sogen. Norwich School ; einige Stücke von Hercules
B.Bra bazon (1821— 1906); einige Studien und ein
Porträt von der Hand des Bildhauers Ä. Stevens;
ein Porträtkopf von Ä. Legros ; einige Landschafts-
Stücke von James Charles (1851—1906); des
alten Prärafaelitenbruders Holman Hunt „The
Ship“, eine Nachtszene auf Deck eines Dampfers,
die einige Tennysonverse illustrieren soll („Es
war klar, daß diese Gelegenheit Tennysons
Verse zn illustrieren nicht länger aufgeschoben
werden konnte. Daher machte der Künstler
Zeichnungen und Nachtstudien, und als er in
Syrien landete, malte er das Bild, während ihm
die Szenerie noch frisch vor Äugen stand“, so
läßt sich der Künstler selber darüber aus!); „Ä
Pic-nic“ von Sir David Wilkie, dem wohlbe-
kannten schottischen Genremaler; und mehrere
Studien von J. F. Lewis (1805—1876), der in
Holman Hunts Spuren wandelte. — Äußer den
bereits erwähnten Franzosen wurden der Na-
tional Gallery zur Äusstellung geliehen einige
Jacob Maris, Mauve, 1. Bosboom, Israels; ferner
eine Kneipenszene von Ädrian Brouwer; ein
Porträt der Bona von Savoyen von Ämbrogio
de Predis und einiges andere. Zu den von
Mr. Drucker geliehenen modernen Niederländern
heißt es in dem Bericht: „Diese Werke, die als
ständiges Lehen der Gallery versprochen sind, tra-
gen wesentlich dazu bei, die sehr kleine Samm-
lung moderner Meister des Kontinents zu ver-
mehren, die sich im Besitz der Gallery befinden.
Sie bilden einen wertvollen Kern, zu dem, so
hofft man, sich weitere Werke hinzufinden wer-
den, sodaß allmählich eine adäquate Repräsen-
tation der besten modernen Kunst des Konti-
nents in ihren verschiedenen Phasen ermöglicht
werden dürfte, die dann für sich gesondert aufs
beste in den bald zur Verfügung stehenden
neuen Räumen gezeigt werden könnten.“ Die-
ser Paragraph ist sehr wichtig und zeigt, welche
Wege der neue Direktor Sir Ch. Holroyd zu
gehen gedenkt. Noch vor gar nicht langer Zeit
hieß es, daß, selbst wenn ein Mäcen Werke
moderner Kunst der Gallery anböte, es nicht
möglich sein würde, dieselben anzunehmen,
denn die National Gallery sei nur für alte, die
Tate Gallery nur für Britische Kunst da. Dieser
Beschränkung ist nun ein Ende gemacht, da die
Gallery einen Zuwachs an Sälen erhält, der,
wie es im gleichen Bericht heißt, im Bau rüstig
fortschreitet. — Ein Bild Sir J. Reynolds, eine
„Heilige Familie“, das schon 30 Jahre lang aus
den Sälen der Galerie verschwunden war, sei-
nes üblen Zustandes wegen, ist nun aufs sorg-
fältigste gereinigt und restauriert worden und
hängt jetzt wieder in den Räumen der Eng-
lischen Schule der National Gallery als fast das
einzige Bild, das ein sakrales Thema in diesen
460
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Sälen behandelt. Überhaupt sind eine ganze
Änzahl Bilder in beiden Galerien repariert resp.
neu gefirnißt worden, darunter Raffaels „Ma-
donna mit dem Turm“; eine Salvatore Rosa
und ein verhältnismäßig so neues Stück wie
Watts feinsilbrige „Psyche“ und Millais „Yeo-
man of the Guard“. Von diesen mit größter
Vorsicht ausgeführten Reparaturen sowie der
Umhängung der zwei Galerien nach einem be-
stimmten, für Kunsthistoriker namentlich sich
empfehlenden Plane (zusammenhängende Schu-
len in anstoßenden Räumen; innerhalb der
Räume möglichst chronologische Folge und Bil-
der derselben Meister so nah beieinander, daß
ein Vergleich ermöglicht wird) — wird jedermann
mit Befriedigung und Dankbarkeit gegen die
neue Direktion Kenntnis nehmen. — Im Berichts-
jahre wurde der National Gallery eine bedeu-
tende Erbschaft überwiesen, nicht weniger als
ca. 110,000 Pfund, die in 2V2, 3 und öVa^/o
pieren angelegt worden sind. Die Jahreszinsen
dieses Kapitals sind zum Änkauf von Kunst-
werken bestimmt. Der Testator ist der 1903
verstorbene Oberst John Temple West. Diese
Gabe ist dem „Chantrey Bequest“ fast gleich an
Höhe. Äber von ihr erhofft man sich bessere
Resultate als von dem letzteren, für dessen
Gelder meist recht zweifelhafte dafür aber um so
umfangreichere Gemälde heutiger Maler in die
Tate Gallery wandern, um dort Hängeschmerzen
böser Ärt zu verursachen. Mit dem Einkommen
aus den zwei früheren Erbschaften, dem „Lewis
Bequest“ 10000 ^ (1864) und dem Clarke Be-
quest (23,104 1881) steht der National Gallery
nun neben der Regierungsbeihilfe eine ganz
stattliche Summe zum Bilderkaufen zur Ver-
fügung ; freilich ist das heutzutage ja auch nötiger
denn je, will man überhaupt noch etwas er-
reichen. — Hier seien noch gleich einige Neu-
erwerbungen des laufenden Jahres für die Na-
iional Gallery mit angeführt, nämlich: zwei
französische Stücke, ein unvollendetes Porträt
der Elisa, Großherzogin von Toskana und
Schwester Napoleons, von I. L. David und ein
kleines Porträt der Madame Malibran, das man
Ingres zuschreibt. — Über zwei vor einiger Zeit
hinzugekommene Werke des Mabuse, die im Van
Eyck Saal aufgehängt sind, berichtet der Gale-
rie-Direktor Holroyd selber in der letzten Num-
mer des Burlington Magazine ausführlidi. Das
eine, ein Porträt einer vornehmen jungen Dame
war als „Jaqueline de Bourgogne“ in der Gol-
denen Fließausstellung in Brügge im vergan-
genen Jahre zu sehen gewesen. Holroyd meint,
daß dieses Bild nach Mabuses Rückkehr aus
Italien gemalt worden sei, zur Zeit, da er für
Philipp von Burgund arbeitete, also um das Jahr
1515. Das zweite Werk ist die „Maria Mag-
dalena“, die unter der Bezeichnung „Äntwer-
pener Schule“ als Neuerwerb während des
Jahres 1907 oben angeführt ist. Holroyd meint
in dem angegebenen Äufsatz, daß die Fleisch-
partien des Werkes zwar durchsichtiger seien
als das sonst in früheren Bildern dieses Meisters
der Fall sei, daß aber die Details und das
Kleid des als Magdalene dargestellten jungen
Mädchens ganz dem großen Bilde Mabuses
in Naworth, der „Änbetung der heiligen drei
Könige“, entsprächen. — Die vielen Sommer-
ausstellungen all der alten Kunstkörperschaf-
ten haben für die große „Season“ nun ihre
Tore geöffnet. Über die Royal Äcademy-Äus-
stellung werden im nächsten Heft noch einige
Bemerkungen zu machen sein, die übrigen, die
der British Ärtists, der Painters in Water
Colours, der New Gallery in Regent Street etc.
bedürfen hier keines Kommentars, da sie nichts
von besonderem Interesse oder Eigenart ent-
halten, obwohl in einigen tüchtige Arbeiten
hängen. So viel man hört, wird die nächste
Winterausstellung der Royal Academy die hier-
zulande wohlbekannte Sammlung moderner
Bilder des verstorbenen George Mc. Culloch
als Ausstellungsobjekt umfassen. — Die Kunst-
salons bieten alle möglichen Attraktionen, mo-
derne und alte Meister englischer und kontinen-
taler Schulen. Neben den schon das vorige
Mal erwähnten Salons sei diesmal nur die Aus-
stellung von Mc. Lean in Hagmarket angeführt,
in der unter anderen Bildern der altenglischen
Schule ein sehr bekannter Romneg „The Boson-
quet Family“ sich befindet. Die Carfax Gallery,
in der dekorativ gesehene Landschaften eines
talentvollen Australiers (F. Mc. Comas) ausge-
stellt waren, ladet zu einer Besichtigung neuer
Karikaturen des nicht bloß hier hochgeschätzten
Karikaturisten Max Beerbohm ein. Karikatur-
ausstellungen sind jetzt hier überhaupt sehr be-
liebt. ■— Zu der Kunstausstellung innerhalb der
großen schon früher erwähnten Franko-Briti-
schen Ausstellung, die in diesem Monat eröffnet
wird, steuern der König, andere Mitglieder des
Königshauses sowie zahlreiche Privatsammler
und öffentliche Galerien wertvolle Stücke bei.
Aus Manchester z. B. wird das seltsame Bild
des Präraffaelitenschulmeisters, „die Arbeit“ von
Madox Brown, zu sehen sein, der dieses Thema
sozusagen in detaillierter Paraphrase statt in
gewaltigem Symbol zu bewältigen strebt; auch
ein früher Millais „Herbstblätter“ ist aus Man-
chester versprochen. — Für den hier im August
stattfindenden internationlen Zeichnenkongreß
werden schon eifrig Vorkehrungen getroffen,
wenn auch die notwendigen Summen nur lang-
Rundschau
^61
sam eingehen (1700 von 5000 Pfund bis Mitte
Hpril). Das freiwillige Sammeln in solchen
Fällen hat doch auch seine Schattenseiten; aber
die Regierung hat für derlei Dinge hier eben
nichts übrig. Seltsam kontrastiert dazu die
Nachricht, daß einige auswärtige Staaten ihre
öffentlichen Mittel zur Beschickung des Kon-
gresses und der damit verbundenen Äusstellung
zur Verfügung stellen, so z. B. Österreich-Un-
garn, das alle Kosten seines Teiles tragen will.
Die Darstellung selber wird am 27. Juli in South
Kensington eröffnet werden und soll einen Monat
dauern. Deutschland, Österreich-Ungarn, Schweiz,
Holland, Belgien, die Vereinigten Staaten usw.
werden repräsentativ vertreten sein, ebenso
natürlich die britischen Inseln. Äuch eine Retro-
spektive Äusstellung, die die besten Arbeiten
der letzten 10 Jahre umfassen soll, wird vor-
bereitet, um so eine Vergleichsgelegenheit zu
bieten. — Aus der Provinz möge Erwähnung
finden, daß in der Brighton Gallery, deren dies-
malige Jahresausstellung eine Reihe trefflicher
moderner Werke umfaßt, darunter Stücke von
Whistler, Harpignies, Peppercorn usw., jetzt 10
Porträts von Raeburn auf längere Zeit ausge-
stellt sind, die Mrs. Mackenzie der Galerie ge-
liehen hat. Einige darunter gehören zu des
Künstlers reifsten und dabei auch sozusagen
momentansten Werken, namentlich das monu-
mentale Bild „Colonel Alexander Mackenzie“,
der neben einem herrlichen Pferde steht, und
„The Son of Colin Mackenzie“ mit dem sicher
und kühn hingesetzten Gesicht des Knaben. —
Manche der alten Kathedralen Englands be-
dürfen sehr der Restaurierung, und oft genug
wird die Werbetrommel um freiwillige Beiträge
zu solchen Zwecken gerührt. Nicht immer kommt
das nötige Geld schnell genug ein, und mit Be-
trübnis muß man dann die Berichte der Archi-
tekten und Domvorstände lesen, die von Zer-
störungen an den herrlichen Bauwerken melden.
Die ehrv/ürdige Canterburg Cathedrale bedarf
in verschiedenen Teilen der Ausbesserung. Zwar
der „Bell Harry Tower“ ist nun vollständig
restauriert worden, und das Gerüst, das ihn
drei Jahre umschloß, ist endlich verschwunden.
Aber nun hat es sich herausgestellt, daß die
„Western Towers“ vor allem sofortiger Repa-
ratur bedürfen, denn schon sind sie für Passan-
ten gefährlich geworden. 25000 Pfund sind
alles in allem noch aufzubringen; aber keine
öffentlichen Fonds sind im Lande vorhanden,
um hier helfend beizuspringen! Und für was
wird die Privathilfe hier nicht alles in Anspruch
genommen. Ganz abgesehen von Werken der
Charitas, fordern alle möglichen Unternehmungen
innerhalb und außerhalb des Landes eitrigst
zur Unterstützung auf wie z. B. die British Ar-
chäological School in Egypt. usw. Und so müssen
der Stolz und der Ruhm des eignen Landes
leiden. Dabei ist man hier schnell genug mit
dem Tadel dabei, wenn mal in Italien etwas
ähnliches passiert, obwohl dies doch so viel
ärmere Land eine bedeutende Summe zur
Erhaltung seiner Kunstwerke ausgibt. Auch
die alte Winchester Cathedrale, eines der be-
deutsamsten Normannenbauwerke Englands be-
darf schleuniger Restauration, die 87000 Pfund
kosten wird. Davon sind erst ca. 27000 Pfund
gesammelt, und die Autoritäten des Domes be-
finden sich in der keineswegs beneidenswerten
Lage noch um 50000 Pfund betteln zu müssen.
Man geht von Pontius zu Pilatus, alle Geistlichen
der anglikanischen Kirche versucht man zu in-
teressieren; die ganze Diöcese soll in Gruppen
eingeteilt werden, um die Gelder schneller
herbeizuschaffen. So kommen denn auch 100
Pfund hier und 100 Pfund da zusammen;
aber Monate gehen darüber hin, und der Archi-
tekt hält sofortige Reparatur für unbedingt not-
wendig, da die Fundamente unsicher seien und
tiefe Mauerrisse sich schon zeigten. Man wun-
dert sich, daß die englischen Kathedralen über-
haupt noch stehen, liest man diese Stoßseufzer
in den Zeitungen. — Mr. James L. Caw ist zum
Direktor der National Gallery und National Por-
trät Gallery von Schottland, Mr. Alfred A.Long-
den zum Kurator der Aberdeen Art Gallery
ernannt worden. — Im Daily Telegraph läßt sich
Claude Phillips in einer seiner stets interessan-
ten vierzehntägigen „Art Notes“ über den Fall
Tschudi in Berlin aus und zollt diesem darin
einen hohen Tribut der Ächtung. Er spricht
dabei die Hoffnung aus, daß eine solche glän-
zende Laufbahn nicht derart plötzlich ihr Ende
finden werde, sondern daß ein Posten von
gleicher Bedeutung, sei er nun offiziell oder
nicht, für einen der tüchtigsten Männer Deutsch-
lands gefunden werden möge.
Bei der Jahreszusammenkunft des National
Art Collections Fund (der Gesellschaft, die dem
Kaiser-Friedrich-Museums-Verein in Deutschland
entspricht und durch ihren seinerzeitigen sen-
sationellen Ankauf der Valesquezschen Venus
mit dem Spiegel für die National Gallery weit-
hin bekannt geworden ist) am 6. Mai ver-
kündete Minister Harcourt, dem u. a. die Pflege
der öffentlichen Bauten, somit auch der Galerien
untersteht, daß das Haupt der bekannten Kunst-
handlung Messrs. Duveen Brothers der Nation
einen neuen Flügel zur Tate Gallery auf seine
Kosten erbauen wolle und daß er, der Minister
dieses erfreuliche Angebot im Namen der Re-
gierung und des Landes bereits angenommen
462
Monatshefte für Kunstwissenschaft
habe. In den 5 Sälen dieses Flügels sollen
Turners Werke als permanentes Lehen von der
National Gallery aufgestellt werden, in welch
letzterer nur einige Bilder des Künstlers Zurück-
bleiben, um ihn auch dort gebührend zu ver-
treten. Damit würde dann Turners eigener
Wunsch, alle seine Werke auf einem Fleck
vereinigt zu wissen, endlich in der Hauptsache
in Erfüllung gehen. Der Grund und Boden
hinter der Tate Gallery gehört der Regierung,
die einen Teil davon nun zu dieser Galerieer-
weiterung hergibt. Es sollten zwar ursprüng-
lich andere Gebäude für die Regierung dort
aufgeführt werden, Minister Harcourt aber,
selber ein großer Kunstliebhaber, hat das er-
freulicherweise zu verhindern gewußt, so daß
nun dem allseitigen Wachstum der Tate Gallery
keinerlei Hindernisse mehr entgegenstehen. Äuf
einige andere Punkte der bedeutsamen mini-
sterialen Rede und der interessanten Sitzung
überhaupt hier einzugehen, ist es für diesmal
zu spät. F.
s
KLEINE NACHRICHTEN
Barmen. Wie auch in Städten, die dem modernen
Kunstleben ferner stehen, die Einsicht in die Notwendig-
keit rationeller Kunstpflege sich regt, zeigt der Kunstverein
in Barmen, der seit dem Herbst 1907 einen Kunsthistoriker
als „Konservator“ angestellt hat, um künstlerische Be-
strebungen und Vermittelungen jeder Ärt zu leiten.
Dr, R. Reiche, dem dieses Amt übertragen wurde, ist als
Forscher auf dem Gebiet der westfälischen Plastik be-
kannt; er war Assistent bei Clemen in Bona, und hat an
den verschiedensten großen Ausstellungen mitgearbeitet.
Für die Tüchtigkeit der neuen Bestrebungen in Barmen
bürgt u. a. auch der jüngst erfolgte Ankauf eines vorzüg-
lichen Bildes von Fritz Erler, „Mädchen in Weiß“.
Bern. In No. 144 des Berner „Bund“ erhebt A. Weese
energischen Protest dagegen, daß das — leider schon
verstümmelte — Alte Museum niedergerissen wird, wie
es anscheinend beabsichtigt ist. Es ist der früheste Mu-
seumsbau (1773—75 von der Stadt 'als solcher erbaut) und
ein köstliches Werk des Berner Architekten Sprüngli.
Möchte die Aufmerksamkeit der weitesten Kreise auf
diese Gefahr gelenkt werden und einen Vandalismus in
dem schönen alten Stadtbilde von Bern noch zeitig ver-
hüten!
Bremen. Das Modell für das Bismarckdenkmal, mit
dem Adolf Hildebrand beauftragt ist, wurde vor
einigen Tagen der Kommission vorgestellt, deren ein-
mütigen Beifall es gefunden hat. Bekanntlich soll das
Denkmal an der Nordwestecke des Domes unmittelbar
neben dem Turm seinen Platz erhalten, wodurch die
außergewöhnliche Höhe des Postaments bedingt wird,
indessen ist die Masse des Postaments aufs glücklichste
dadurch erleichtert, daß man ihm einen elliptischen Grund-
riß gegeben hat. Von der Reiterfigur läßt sich in dem
verkleinerten Maßstabe nur der Umriß beurteilen, der,
wie nicht anders zu erwarten war, hervorragend gut ge-
löst ist. Auf dem mächtigen Roß sitzt der Kanzler in
Kürassieruniform mit hohen Stiefeln, deren weiche Mo-
dellierung indessen die Form der Beine deutlich zum
Ausdruck gelangen läßt. In der Rechten hält er eine
Schriftrolle.
Auf der vor vierzehn Tagen geschlossenen Großen
Frühjahrsausstellung wurden für die Sammlungen der
Kunsthalle wichtige Erwerbungen gemacht: Von T r ü b n e r
das „Mädchen mit dem japanischen Fächer“, das früher
sich eine Zeitlang in der Sammlung des Dr. Linde be-
fand, und „die Wendeltreppe im Heidelberger Schloß“
(beide im Jahre 1873 gemalt), von Albert Lang, dem
damals mit Trübner befreundeten Münchner Meister, ein
hervorragend feines „Stilleben“ mit Pfeife und Tabaks-
beutel auf einem weißen Taschentuch (1872 gemalt), von
Thoma eine frühe schöne Schwarzwaldlandschaft aus
dem Jahre 1867, von Schuch ein Stilleben mit Äpfeln,
von Graf Leo Kalchreuth das große Bild des Sommers
(eine schwangere Frau, die neben einem Kornfeld einher-
geht) und von Paula Mo der sohn, der höchst begabten,
früh verstorbenen Gattin des Worpsweder Malers ein
kleines in Paris gemaltes Stilleben. Dazu kamen als Ge-
schenke: Von Frau Kommerzienrat Biermann die Kuh-
hirtin von Max Liebermann, das bekannte Bild von
1872, von Herrn Leopold Biermann ein dekoratives Ge-
mälde von Carl Hofer, sowie von der Vereinigung von
Freunden der Kunsthalle zwei Bronzen von Georg
Kolbe und schließlich als Gabe des Herrn A. W. von
Heymel die Bronzemaske eines Mädchens von Gauguin.
Frankfurt a. Main. Aus der Sammlung des ver-
storbenen Rudolf Kann, Paris, gelangte als Geschenk
seiner in Frankfurt lebenden Schwester, das Porträt eines
greisen Diplomaten von Rubens in den Besitz des Städel-
schen Instituts. Der mit einem schwarzen zylinderähnlichen
Hute bedeckte Kopf zeigt eine besonders prachtvolle Er-
haltung des rosig-leuchtenden Incarnats, das in blühender
Frische kontrastiert zu dem Schwarz der Gewandung.
Diese ist mehr eintönig gehalten, der Pelz des Rockes
sogar nur untermalt; diese schweren Töne werden durch
eine goldene Ehrenkette, die über die Brust hängt, be-
lebt. Das Porträt ist, was im XVII. Jahrhundert eigen-
artig berührt, ohne jedes Beiwerk äußerer Art; sogar die
Hände sind nicht zu sehen. Es scheint sidi nadi der ver-
tieften Charakteristik des Gesichtes zu urteilen, um die
Darstellung eines Menschen aus Rubens engstem Kreise
zu handeln. Es ist erfreulich zu begrüßen, daß aus der
weltberühmten Sammlung, deren Verkauf unter Kennern
und Kunstfreunden soviel von sich hat reden machen, ein
so intimes Werk des großen Vlamen der Vaterstadt
Kanns erhalten bleibt.
Eine zweite Erwerbung ist Vincent van Goghs Bauern-
haus. Nicht nur im Motiv völlig der Art Courbets ver-
wandt, zeigt das Bild trotzdem in der Energie der Linien-
führung (besonders an dem Dach des Bauernhauses zu
beobachten) in der kühnen Kraft der Farbigkeit den
kommenden Neuerer; es bildet eine wertvolle Ergänzung
des sogenannten französischen Cabinettes des Städelschen
Instituts.
Ebenfalls das Werk eines Franzosen ist die ange-
kaufte Bronze-Statuette eines nackten Mädchens von
Aristide Maillol. Die Figur zeigt eine völlig geschlossene
Körpermasse und einfache Bewegung, und diese bewußte
Primitivität weist dem Künstler einen ganz besonderen
Platz in der Nachfolge Rodins an. E. A. B.
Kiel. Anstelle der längst unzulänglichen und mit den
prächtigen Sammlungen norddeutschen Kunstgewerbes
überfüllten alten Galerie wird ein neues stattliches Museum
in der Düsternbrooker Allee entstehen. Der Bauriß (von
Lohr und v. Pöllnitz) ist schon genehmigt; er verspricht
ein anständiges, wenn auch nicht übermodernes Gebäude
in Längsfront mit (vorläufig) einem architektonisch be-
tonten Seitenflügel; eine Erweiterung ist geschickt vor-
gesehen. Außer dem Museum sollen in dem Gebäude das
archäologische und kunsthistorische Institut der Universität
(was sehr begrüßenswert), das Kupferstichkabinett und
die Räume des Kunstvereins Platz finden.
Worms. Das Stadtbild des alten Worms hat in
jüngster Zeit durch verschiedene bauliche Arbeiten, die
die städtische Bauverwaltung mit glücklicher Hand und in
diskreter Ausführung vorgenommen hat, bedeutend ge-
wonnen. Im Süden und Norden der Stadt ist die alte
Stadtmauer geöffnet worden; auf diese Weise sind zwei
Tore von gewaltiger Höhe und Breite entstanden, das
Raschitor an der Nordpromenade und das Andreastor im
Süden; beide gewähren schöne Durchblicke in die benach-
barten Stadtviertel.
UTERATUK
Heinrich Hammer, Josef Schöpf 1745
bis 1822. Innsbruck, Verlag der Wagnerschen
Univ.-Buchhandlung, 1908.
Unter den verschiedenen Schulen der süd-
deutschen Barockmalerei sind bisher der Tiroler
verhältnismäßig am meisten monographische
Behandlungen gewidmet worden. Äber die
vorliegende über Schöpf ist die erste, die den
beiden solche Untersuchungen einzelner Lokal-
schulen bedrohenden Gefahren zu entrinnen
vermochte. Scylla und Chargbdis sind in einem
solchen Falle einerseits die Möglichkeit, der
beschränkten Entwicklung einer solchen Schule
Äntwort auf alle allgemeine Fragen abzwingen
zu wollen, anderseits die allzuenge Beschränkung
auf das betrachtete Gebiet ohne irgendwelche
Ausblicke, wodurch das verengerte Interessen-
feld einer Kirchturmkunstgeschichte entsteht.
Zwischen diesem Zuviel und Zuwenig, die z. B.
die Monographien über Knoller und die Unter-
berger beeinträchtigen, hat Verf. die richtige
Mitte gefunden und in einer sauberen Arbeit
sowohl eine knappe Darstellung des Lebens
und des Werkes seines Helden gegeben,, als
auch seine Teilnahme an der allgemeinen Kunst-
entwicklung mit ausreichender Genauigkeit ge-
schildert. Das Wirken Schöpfs ist ein aller-
dings nur kleines Scharmützel in dem großen
Feldzug, der damals für ein neues Kunstideal
geführt wurde, aber es ist doch symptomatisch
und ein gutes Beispiel dafür, wie sich die klas-
sizierende Richtung allmählich aus der Barocke
loslöst und wie sie auch auf unbedeutende
Maler Einfluß zu üben beginnt. Leider hat
dieser ganze, für unsere gesamte künstlerische
Kultur eminent wichtige Prozeß nodi keinen
Schilderer gefunden und während in der Ge-
schidite der Literatur längst Volbehr und an-
dere gezeigt haben, wie tief die Wurzeln des
Klassizismus zurückreichen und wie er sich
als notwendige Phase organisch der Entwick-
lung einfügt, schreiben Kunst„historiker“ noch
immer in weinerlidiem Ton über diese Epoche
und richten ernstgemeinte Angriffe gegen
Winckelmann — „um nicht einen noch Größeren
zu nennen“, wie es in dem Buche „Füger, der
Portraitminiaturist“ heißt; Goethe von F. Laban
wohlwollend mit Sdiweigen übergangen!!
Für alle Kunsthistoriker, die sich nicht für
berechtigt halten, die definitiven Lorbeerkränze
zu verteilen, sind Barocke und Klassizismus
Glieder einer folgeriditigen Entwicklungskette;
die Künstler in der zweiten Hälfte des XVIII.
Jahrhunderts aber meinten ein ganz neues
Evangelium zu bringen und eine total neue
Kunstepodie zu inaugurieren. Gegen die deko-
rative Kunst der Barocke spielten sie die Be-
deutung der Einzelfigur aus und der Faust-
fertigkeit jener glänzenden Dekorateure setzten
sie die Korrektheit der Zeichnung entgegen.
Dieser Vorgang ist nicht vereinzelt, und die
tausenden von Einzelstudien der Carracci und
namentlidi Dominichinos — die Reaktion gegen
die Manieristen in der Art des Cavaliere
d’Arpino — entsprechen dem Sdiatz von Zeich-
nungen, die als Nachlaß Schöpfs in das Kloster
Stams gelangt sind. Haben diese so ihre prin-
zipielle Bedeutung, so haben sie natürlich auch
ihren besonderen Wert für die Spezialbetrach-
tung des Künsters, denn sie ermöglichten dem
Verf., die Entstehung der Fresken und Tafel-
bilder in allen Stadien zu zeigen und geben
seinen Analysen der einzelnen Werke Schöpfs
eine feste Grundlage.
Wien. Hans Tietze.
s
Lehrs, Max. Karl Stauffer-Bern, 1857 bis
1891. Ein Verzeichnis seiner Radierungen und
Stiche. Mit dem Manuskript zu einem „Traktat
der Radierung“ aus dem Nachlaß des Künstlers
als Anhang. Herausgegeben von Max Lehrs,
Dresden. Ernst Arnold. Kl. 4®. 1907. M. 40. — .
Kurz nach Stauffers Tod hatte schon einmal
Richard Graul einen Oeuvre-Katalog von dessen
Radierungen in Angriff genommen und sogar
Bürstenabzüge seiner ersten Korrektur an ver-
schiedene Sammlungen gesandt mit der Bitte
um Berichtigungen und Ergänzungen. Der Viel-
beschäftigte kam nicht zur Durchführung des
Werkes und mußte namentlich nach seiner Be-
rufung an das Grassi-Museum den Gedanken
daran ganz aufgeben. Lehrs selbst aber steht
der Arbeit annähernd ebensolange gegenüber.
Er war einer der ersten, der Stauffersche Ar-
beiten sammelte und im Dresdener Kupferstich-
kabinet die größte Anzahl von an einem Ort
befindlichen alten Drucken zusammenbrachte.
Es entspann sich eine intime Bekanntschaft
zwischen ihm und den Staufferschen Blutsver-
wandten, die ihm nicht nur alle schriftlichen
Dokumente zur Verfügung stellten, sondern auch.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
m
namentlich Stauffers Mutter, mit persönlidien
Erinnerungen behilflich zur Seite stehen konnten.
Endlich befreundete er sich noch aufs Engste
mit Peter Halm, dem Lehrer und Förderer
Stauffers auf dem Felde der Radierung, der ihm
während der vier Jahre, die er mit Ärbeiten
auf dem Kupfer verbrachte, ein stetiger geistiger
Begleiter war. Durch diese Umstände war der
Verfasser seinem Stoff gegenüber in eine be-
neidenswerte, wohl ganz einzige Lage, versetzt.
Eine persönliche Bekanntschaft mit dem Künstler
selbst wäre ihm nicht in gleichem Maße dien-
lich gewesen, denn eine gewisse Scheu hält
wenigstens echte und große Künstler davon zu-
rück, ihrem Biographen so viel von sich selbst
zu erzählen, wie es, ganz berechtigter Weise,
Verwandte und Freunde gern tun.
Zu alledem kommt noch hinzu, daß Stauffers
„Werk“ nur 37 Platten umfaßt, daß demnach
der äußerliche Umfang der Äufgabe es nicht
an sich verbietet, daß man alles, was einem zu
Gebot steht, auch verwertet. Man braucht
Kennern nur den Hinweis auf die Möglichkeiten,
die Geheimrat Lehrs sich darboten, zu geben,
und sie werden schon wissen, daß er sie auf
das Beste ausgenützt und ein ungewöhnliches
Werk geschaffen haben wird. Es ist in der Tat
eins der seltenen Bücher geworden, das die
gestellte Äufgabe endgültig löst, die nach ihm
nie wieder in Ängriff genommen werden wird.
Der Verfasser ordnet die Platten chrono-
logisch und stellt für alle die „Zustände“ (in
einem Falle bis zu dreizehn) fest. Er notiert
eigentlich jeden einzelnen der alten Äbdrücke
mit Ängabe seines jetzigen Standortes und dem
Wortlaut der eigenhändigen Äufschriften Stauf-
fers, mit Nachrichten über die zugehörigen Zeich-
nungen oder Studien und Originalplatten, sowie
über die photomechanischen Wiedergaben der
Radierungen, mit Erläuterungen über Druckqua-
litäten, Papiere und Wasserzeichen, sogar über
die Provenienz. Eingeflochten werden noch an
ihrer Stelle briefliche Mitteilungen Stauffers über
die einzelnen Ärbeiten, so daß dadurch der
Oeuvrekatalog zu einer Ärt Biographie des
künstlerischen Schaffens von Stauffer, insoweit
es sich um seine Stichradierungen handelt, aus-
wächst. Durch alles das wird freilich das Ver-
zeichnis der 37 Blatt, trotz des meist verwen-
deten kleinen Druckes, zu 81 großen Seiten ange-
schwellt. Eine derartig erschöpfende Gründlichkeit
ist wohl nur bei einem Künstler wie Stauffer, der
eben nur wenig Platten schuf, durchführbar.
Von dem kurzen „Traktat der Radierung“,
das dem Verzeichnis angefügt ist, sagt der
Herausgeber selbst, es sei nur „ein Torso, dem
zur Vollendung nicht nur die vom Verfasser
geplanten erläuternden Äbbildungen fehlen.“
Die Literatur über graphische Techniken ist ja
auch in Deutschland ungemein reich, obwohl
nicht zu verkennen ist, daß gerade um das Jahr
1886, als Stauffer schrieb, die älteren Bücher
nicht immer leicht zu besbiaffen gewesen sein
müssen. Besonders aber seit 1886 wimmelt es
von Handbüchern für Radierer, darunter auch
Deutsche (Hamerton, Martial, Bouton, Wessely,
Edwards, Bishofs, Robertson, Chattock, Koehler,
Delatre, Short, Shrubsole, Rhead, Robert, Her-
komer, Dake, Paton, Kampmann, Profit, Martg).
Mit diesen will und kann ja die endliche Ver-
öffentlichung der Staufferschen Schrift, schon des
Preises wegen, nicht wetteifern. Sie ist als Kund-
gebung Stauffers von großem Interesse und hilft
zum Äbrunden des Bildes seiner Persönlichkeit.
Der wunderschön gedruckte und ausgestat-
tete Band, der nur in beschränkter Äuflage er-
schienen ist, enthält noch zwölf ausgezeichnete
Lichtdrucke nach Seltenheiten aus dem „Werk“
Stauffers. „ xir e-
Hans W. Singer
s
Wilhelm Waetzoldt: „Die Kunst des Por-
träts“, mit 80 Bildern, 451 S. Leipzig, Verlag
von Ferdinand Hirt & Sohn, 1908. Preis geh. j
12 M., geb. 14 M.
Älexandrine Kende - Ehrenstein: „Das
Miniaturenporträt“, 95 Seiten mit 16 Tafeln in
Lichtdruck. Wien und Leipzig 1908, Verlag von j
Halm & Goldmann. 3 M.
Waetzoldts Kunst des Porträts ist nicht etwa
als eine Geschichte, sondern als eine prinzipielle, *
sich auf dem Grenzgebiet zwischen Psychologie j
und Kunstgeschichte bewegende Untersuchung, I
als Beitrag zur Ästhetik der Malerei gedacht.
Damit beansprucht sie, wie alle theoretischen j
Betrachtungen, dauernde Bedeutung, und sie |
hat ein Recht dazu. Nicht, daß wir mit allen |
Einzelheiten einverstanden wären, im Gegenteil i
werden wir gerade gegen eine der wichtigsten, j
nämlich gegen die Äuffasung vom Problem der i
Ähnlichkeit, Stellung nehmen müssen, wohl aber
ist im großen ganzen meines Wissens niemals i
die Porträtfrage in gleich eingehender, logischer
und kenntnisreicher Weise in Ängriff genommen !
worden wie hier.
Nach einer historischen, „Künstlerurteile und I
Vorfragen“ überschriebenen Einleitung, die in ii
klarer und knapper Form die divergierenden |
Änschauungen der ersten Meister über ihre ;
Kunst zusammenträgt, damit zugleich einen Vor- ■
geschmack von der Schwierigkeit des Problems
gewährend, wird die Ästhetik des Gesichtes,
das Enface- und Profilporträt erörtert. Der
Literatur
465
dritte, der Ähnlichkeit gewidmete Äbschnitt
kommt zum Resultate, daß Ähnlichkeit ein außer-
ästhetischer Wert sei und es gerade so richtig
wie falsch genannt werden müsse, in ihr das
Wesen des Porträts zu erblicken.
Da Verfasser sich hier besonders mit meinen
Änschauungen auseinander setzt, sei versucht,
etwas zur Klärung beizutragen.
Allerdings ist die Ähnlichkeit ein außer-
ästhetischer Wert; für den neutralen, d. h. den
Dargestellten nicht kennenden Beschauer oder
für den ihn ebenfalls nicht kennenden Nachge-
borenen ist es völlig gleichgültig, ob ein ledig-
lich als Kunstwerk beurteiltes Bild das Modell
nach seiner wirklichen historischen Erschei-
nung festhält oder nicht, wofern es nur gut
gemalt ist. Ja, es sind die Fälle nicht allzu
selten, wo wir geradezu entrüstet sind über das
unschöne, vielleicht sogar geistlose Äußere eines
bewunderten Geisteshelden, in denen das ähn-
liche Porträt unser ästhetisches Gefühl beleidigt
und uns der frei geschaffene Charakterkopf weit
mehr zusagt. Man denke an die Enttäuschung,
die wir beim Anblick des einzigen authentischen
Porträts Platos empfinden, ans Mißbehagen, das
uns Lorenzos oder Michelangelos Züge einflößen.
Daraus aber, daß die Ähnlichkeit kein ästhe-
tischer Wert ist, zu folgern, daß Porträts un-
ähnlich sein dürfen, scheint mir ein schwerer
Irrtum. Wer sich malen läßt, hat die Absicht,
seine Züge über die räumliche und zeitliche Be-
grenztheit seines Daseins hinaus zu projizieren,
er will sich sozusagen vervielfältigen. Gegen
diesen Wunsch, von sich Duplikate zu besitzen,
tritt alles andere als Mittel zurück. Der größere
Künstler wird zweifellos auch besser malen als
der schlechtere, wenn er aber gleichzeitig der
Ähnlichkeit Abbruch tut — durch Idealisieren,
impressionistisches Auflösen der Form in Licht-
eindrücke usw. — so ist doch, das gewissen-
haftere Bild als Porträt, nicht freilich als
Kunstwerk vorzuziehen. Gerade weil die Ähn-
lichkeit ein außer ästhetischer Wert ist, gerade
deshalb darf die Schönheit eines Bildes nicht im
Vordergründe bei der Beurteilung als Porträt
stehen. Die Frage lautet: wie sieht, bzw. wie
sah X. aus? Ist sie mit historischer Treue ge-
löst, dann ist das Porträt gut, denn es ist eine
ikonographische Urkunde. Ist das Bild unähn-
lich, dann ist es bei noch so großer Qualität
als Kunstwerk kein Porträt, sondern nur ein
schönes Gemälde, ein Bildnis. Daß sich ästhe-
tische und Ähnlichkeitsforderungen in Einklang
bringen lassen, beweisen Tizian, Velasquez u. a.,
besonders aber die alten deutschen und nieder-
ländischen Meister. Hat, wie es nicht selten
der Fall, der Künstler die Wahl zwischen
Kunstwert und Porträtwert, so muß sich der
Porträteur für letzteren entscheiden, während
der Historien- und Genremaler lediglich ästhe-
tischen Eingebungen folgen darf. Somit kommen
wir zu dem Schluß: weil der Zweck des
Porträts der einer ikonographischen Urkunde
ist, das Künstlerische aber hinter dieser For-
derung nur als Mittel zurüchzutreten hat, sind
als Porträt die beiden Maßstäbe der Ähnlich-
keit und der Ästhetik zu legen. Ersterer ist
ausschlaggebend, denn das Ziel des Porträts
ist die größtmögliche Ähnlichkeit von Abbild und
Original; auf ihr beruht sein Wesen.
Im übrigen enthüllt der dritte Abschnitt eine
Fülle höchst geistreicher Beobachtungen, und
zeugt, wie das ganze Buch, von einer ausge-
breiteten Materialkenntnis, die um so bemerkens-
werter ist, als bekanntlich eine Geschichte des
Porträts noch nicht existiert.
Im vierten, den Darstellungsmitteln und Aus-
druckfaktoren gewidmeten Abschnitt finden
Griffel- und Pinselporträt, Farbenempfindung
und Farbengebung, Seelenwerte der Farbe, Ge-
bärdung, Kopf- und Gestaltporträt, Bildgröße,
Tracht, Beiwerk und Hintergrund, kurz alle in
Frage kommenden Faktoren ihre eingehende
Beleuchtung. Besonders treffend müssen die
Ausführungen über den Impressionismus genannt
werden. Ganz im Sinne meiner Theorie ver-
wirft W. diese Technik für das Porträt. Endlich
wird das Problem der Gruppe, sowie das
Selbstporträt eingehend behandelt. Hier finden
interessante Ausführungen über Soziologie und
Psychologie des Künstlers ihren Platz. Ein
eingehendes Literaturverzeichnis, Sach- und
Namenregister, sowie Abbildungsverzeichnis sind
dem Buche beigegeben.
Wenn hier auch nur ganz kurz der Inhalt
des Werkes skizziert werden konnte, dessen
Stil nicht minder zu loben ist, wie die vortreff-
liche Auswahl der Abbildungen und die schöne
Ausstattung bei erstaunlich mäßigem Preise, so
wird es doch hoffentlich genügen, um Kunst-
historikern und ausübenden Künstlern, ebenso
wie Ästhetikern seine grundlegende Bedeutung
dargetan zu haben.
Es wäre ungerecht, das zweitgenannte Werk-
chen am Maßstabe des ersteren zu messen. Es
ist ein anspruchsloser, gut illustrierter Überblick
über das Miniaturenporträt in den letzten Jahr-
hunderten und als erstes Bändchen einer
„Sammler-Kompendien“ benannten Serie von
Monographien gedacht. Dieser seiner Bestim-
mung dürfte es entsprechen.
Dr. Max Kemmerich.
s
466
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Jean le Foville. Genes. (Les villes d’Ärt
celebres.) Paris, Laurens, 1907.
Äuf mein Buch über Genua, das vor etwa
IV2 Jahren in der Serie der „Berühmten Kunst"
Stätten“ bei E. Ä. Seemann in Leipzig ersdiien,
hatte ich jahrelange Arbeit verwendet. Handelte
es sich doch darum, ein Gebiet, an dem die
neuere Forschung fast völlig vorübergegangen
war, zu bearbeiten. Die wertvollen Dokumenten-
funde von Älizeri mußten erst mit der Stilkritik
verbunden und dadurch fruchtbar gemacht wer-
den; für die Blütezeit der genuesischen Kunst
hatte man auf Soprani und Ratti, dann Lanzi
zurückzugreifen. Die freundliche vielseitige An-
erkennung meiner Arbeit entsprang der Über-
zeugung, daß durch sie die Eroberung eines
neuen und sehr wichtigen Gebietes für die kunst-
wissenschaftliche Forschung gefördert worden
sei. Daß Forscher wie Neuwirth und Gronau,
welche die Schwierigkeiten des Themas kannten,
mein Buch lobten,^) veranlaßte mich, dem Ver-
leger den Vorschlag zu machen, dasselbe auch
in andere Sprachen übersetzen zu lassen. Das
war Anfang Januar 1908. Herr Seemann ant-
wortete mir am 10. Januar 1908, daß er „in Paris
angefragt habe, ob Herr Laurens Neigung habe,
meine Arbeit in französischer Übersetzung her-
auszugeben“. Damals war das Buch von
Foville aber schon erschienen. Wußte Herr
Seemann das nicht? Wußte er nicht, daß
120 Klichees meines Buches in der französischen
Variante zum Abdruck gekommen waren?
Wenn ich Fovilles „Genes“ eine Variante
meines Buches nenne, in der allerdings mein Name
bis auf das trockene Zitat zwischen 30 anderen
Büchertiteln am Schlüsse nicht vorkommt, so
tue ich ihm damit gewiß nicht Unrecht. Schon
der Grundplan ist gleich: historische Übersicht,
der ein Kapitel über die geographische Beschaffen-
heit vorausgeschickt wird, sodann Kunstgeschichte
der ältesten Zeit bis ans Ende des XIV. Jahr-
hunderts (mein erster Hauptabschnitt). Als
Kapitel 4 das XV. Jahrhundert (mein zweiter
Hauptabschnitt) und endlich mein dritter Haupt-
abschnitt über die Blütezeit in fünf kleinere
Kapitel mit wenig Geschick zerlegt.
Wesentliche eigene Forschungen habe ich in
Fovilles Buch nicht finden können. Daß er viele
von mir zuerst geäußerte Meinungen (bisweilen
nur Vermutungen) als feststehende Tatsachen
wiedergibt — natürlich ohne mich jemals zu
zitieren, was eine in wissenschaftlichen Kreisen
etwas ungewöhnliche Art ist — braucht mich
also nicht zu freuen, da es sich nicht um die
*) Allgemeines Literaturblatt XVII. und Kunstchronik
1906. (Rezensionen).
Zustimmung eines selbständigen Forschers han- !
delt. Die für Foville ehrenvollste Erklärung für
diese Tatsache ist die, daß er mit der Literatur
so wenig vertraut war, daß er die von anderen
geäußerten abweichenden Ansichten gar nicht
kannte, also nicht wußte, wo ich mich, auf die
Stilkritik gestützt, von Alizeri, Cervetto und
anderen entferne. Das gilt beispielsweise für
die historische Sonderung der mittelalterlichen
Skulpturen der Domfassade (pag. 32) oder
für die Scheidung des Giovanni Gaggini von
Lionardo di Riccomanno (pag. 50), für die Zu-
schreibung der Reiterstatue des Francesco Spinola
und der fünf Statuen an dem alten Palazzo
Spinola auf Piazza Fontane Marose an Michele
d’Aria, für die Zuschreibung des Madonnen-
frescos in S. Maria di Castello an Lorenzo '
de’ Fazoli u. a, m. Ja sogar einen Irrtum hat
Foville getreulich von mir abgeschrieben: das |
schöne Triptychon der Madonna mit dem hl.
Franz und Cosmas und Damian im Palazzo i
Durazzo-Pallavicini halteich gar nicht mehr für '
deutsch, es ist doch niederländisch. Die mannig-
fachen Versehen in Fovilles Buch sind nicht er- 1
staunlich. Alessis Todesdatum ist nicht 1570
sondern der 31. Dezember 1572, (pag. 79) der ix
Gartendurchblick im Palazzo Balbi ist erst von i|
Corradi hergestellt worden, nicht schon im |p
Plane des Bartolommeo Bianco enthalten (pag. 92), |
die Tugendenstatuen des Gianbologna sind aus 1
Gips und bronziert, nicht aus Bronze (pag. 97). ■
Die ganzen genuesischen Maler von Cambiaso ii
bis ins XVIII. Jahrhundert werden im 7. Kapitel t
besprochen, erst im 8. Kapitel ist von Rubens r
und van Dyck die Rede. Das ist historisch wider- h
sinnig. Es hätte wenig Wert, wollte ich all die j r
Versehen Fovilles einerseits, all die Entlehnungen f
aus meinem Buche andererseits nennen. Krasse 1
Beispiele für beides gibt es in Fülle; auch Ge- :$
dankenlosigkeiten: so beschreibt Foville die jil
Allegorie des Rubens im Palazzo Bianco mit :!
dem Putto; als Abbildung gibt er sie aber in i
der von mir beschnittenen Form ohne die spä- I
teren Zutaten, die F. vor dem Original also [i
offenbar als solche nicht erkannte. ^
An drei Stellen setzt sich Foville mit viel i]|
Energie in Gegensatz zu meinen Urteilen — 1
nicht in Einzeltatsachen, sondern in der |
Abschätzung der Qualität: Donato de’ Bardi, j
dessen Bedeutung in der Lombardei, dessen !
Einfluß auf Foppa ich erwähne, wird höchst i
geringschätzig behandelt (pag. 52) ; Filippo Parodi |
wird bedauert, daß er „unglücklicherweise in
dem künstlerisch so verkommenen Barockzeit-
alter lebte“, er, dessen Genialität sich eben nur i
in dem großen Schwung der Barockformen, in den
prächtigen Gesammtanlagen ausprägte! Luca ;
Literatur
467
Cambiaso, auf den idi mit vollster Äbsidit einen
Äkzent gelegt hatte, ist für Foville „kein großes
Genie“. Sein Bestes soll er dem Einflüsse des
Bergamasco verdanken. In der Vorliebe für
diesen anmutigen Künstler, in der Bedeutung
seiner geschmackvollen Dekorationen hat mich
Foville getreulich kopiert. Sein Verhältnis zu
Cambiaso aber ist, wie ich schon angedeutet
hatte, gerade umgekehrt. Von des Bergamasco
Einfluß ist in Cambiasos Werken wenig zu
finden: wohl aber ist des letzteren gewaltsam
grandiose Ärt gelegentlich (z. B. in den Fresken
des Pal. della Pref ettura in Bergamo) von ersterem
nachgeahmt worden, wobei der zarte Bergamasco
in einen wenig erfreulichen Manierismus geriet.
Wie groß kann Fovilles Kennerschaft auf dem
Gebiete der italienischen Malerei überhaupt sein,
wenn er der Äbbildung auf Seite 102 die Unter-
schrift: Palma Vecchio oder Luca Cambiaso
gibt. Eines muß doch das andere ausschließen.
Cambiasos Autorschaft an dem Bilde habe ich
behauptet. Im Palazzo Bianco heißt dasselbe:
Palma Giovine. Palma Vecchio steht aber nur
infolge Verwechslung mit einem anderen Bilde
der gleichen Sammlung auf der Photographie
von Brogi. Und das war für den hilflosen
Herrn Foville autoritativ!
Von Fovilles Buch wäre nicht so lange die
Rede gewesen, wenn es nicht symptomatische
Bedeutung hätte. Mögen die Beteiligten er-
wägen, ob die Anfertigung einer solchen Variante
einer deutschen wissenschaftlichen Arbeit mit
Verwendung der gleichen Klischees und mit
Umgehung des ursprünglichen Autors der Würde
des deutschen Verlegertums entspricht.
Wilhelm Suida.
s
Otto Grautoff. AugusteRodin. (Künstler-
Monographien, Bd. 93.) Bielefeld und Leipzig,
Velhagen & Klasing. 1908.
Monographien von dem Umfang der Velhagen
und Klasingschen gehen schon über das Maß
eines Essays hinaus ; sie wollen angenehm
unterrichten und dabei mit vielem positiven
Material aufwarten. Der Künstler wird nicht
nur in subjektiver Weise gewürdigt, sondern
sein Leben, sein gesamtes Schaffen zieht in
historischer Folge vor uns vorüber; kurz der
Künstler soll, von allen Seiten beleuchtet, als
sicher fundierte plastische Erscheinung von dem
Leser begriffen und sowohl in seinem Verhältnis
zur gleichzeitigen Kunst, als auch in seinem
originalen Wert als Persönlichkeit gewürdigt
werden. Sicher ist das die angenehmste Art
der Kunstbetrachtung; und wie sehr sie einem
Bedürfnis der Zeit entgegenkommt, zeigt die
stattliche Anzahl der monographischen Samm-
lungen, zeigt vor allem die hohe Ziffer, welche
das alte und solide Unternehmen von Velhagen
und Klasing mit dem 93. Band erreicht hat,
welcher Rodin gewidmet und von Grautoff in
Paris geschrieben ist.
Grautoffs stärkste Seite ist das feine Plauder-
talent; er zeigt es hiervon sehr liebenswürdiger
Seite, wenn er das menschliche Bild des großen
Franzosen, seinen Entwicklungsgang, das er-
greifende Schicksal seiner Hauptwerke darstellt.
Das ist Kunst eines echten und guten Essays,
der ein Miterleben freudiger Art mit seinem
großen Gegenstand bedingt, der uns mitreißt
und erhebt; es liegt sogar etwas von no-
vellistischer Spannung darin, nicht wunderbar,
da Grautoff geistreiche und gut pointierte
Skizzen geschrieben hat (sie sind jüngst ge-
sammelt erschienen). Vielleicht ist sogar zu
sagen, daß man modernen Künstlern von so
problemhafter Natur wie Rodin überhaupt auf
diese Weise am gerechtesten werden kann;
Meier -Graefes Behandlung z. B. von Munch
oder Beardsley ist im Prinzip eine ähnliche und
infolgedessen sehr suggestiv. Tatsache ist, daß
wir durch den knappen, aber präzisen Abriß
der Entwicklung, den Grautoff von der franzö-
sischen Plastik gibt (wozu man freilich die
Parterresäle des Louvre gut kennen muß), aufs
beste zu der künstlerischen Entwicklung Rodins
geführt werden; und daß dann dessen Sonder-
art in verschiedentlichen gut gewählten Zitaten
und sehr schönen Worten des Meisters selber
gespiegelt, als Erlebnis psychologischer Art rund
und glaubhaft hervortritt. Sehr glücklich er-
scheint mir auch die Parallele mit Nietzsche be-
züglich ihres verwandten Verhältnisses zur Antike
durchgeführt. Kurz, der Meister, der schlichte,
vornehme, große Mensch, wird uns um ein
gutes Stück menschlich näher gerückt und sym-
pathisch gemacht; eine feine und wohlgelungene
Arbeit, die Autor und Leser gleich viel Freude
bereitet.
An die Schilderung seiner Kunst selber, ge-
nauer genommen seiner Einzel werke, die den zwei-
ten Teil bilden, ist Grautoff anscheinend nicht
mehr mit derselben Elastizität herangegangen.
Es ist auch eine sehr schwierige, ja eine heute
wohl noch gar nicht lösbare Aufgabe, Rodins
Stil zu analysieren und seine Resultate zu
ziehen. Wir stehen noch nicht über diesen
Schöpfungen; wir erleben sie noch viel zu hef-
tig, mit viel zu persönlicher Anteilnahme, um
entscheiden zu können, wie weit Rodin für
unsere Zeit die Aufgabe des Michelangelo er-
füllt. Es ist eine gefährliche Sache, solche
468
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Parallelen zu ziehen; sie dienen nicht unbedingt
dazu, die Größe des an dem Älten gemessenen
Neuen zu beweisen. Michelangelo war vor
allem ein ungeheures, architektonisches Genie und
Rodin ist das Gegenteil vom Architekten, er löst die
plastische Form in Licht auf, „er durchlöchert
sie“, und seine Monumente ermangeln jeder
tektonischen Schlüssigkeit. Diese Erwägung
allein sollte schon davon abhalten, die beiden
Unvergleichlichen zu vergleichen.
Mit Staunen und Freude hört man zuletzt
von den zeichnerischen und malerischen Ent-
schlüssen Rodins; und sehr gut schließt das
Buch mit dem Hinweis auf die Reaktion eines
strengem Stils, der sich nicht nur in Maillol u. a.,
sondern auch in Rodin selber, dem unerschöpf-
lichen und vielgestaltigen Schöpfer, ankündigt.
Paul Ferd. Schmidt.
s
Collection des artistes Beiges con-
temporains. G. van Oest&Cie., 1907. vol. I.
Fernand Khnopff par L. Dumont- Wilden
78 S., 33 Tafeln (10 Fs.) II. Eugene Laef-
mans par Gustave Vanzype. 67 S. 28Tafeln.
(7,50 Fs.). III. Quatre artistes Liegeois par
Maurice des Ombiaux (Rassenfosse, Mare-
chal, Donnau, Berchmans) 107 S. 48 Tafeln
(7,50 Fs.).
Über die moderne belgische Kunst besaßen
wir bisher nur das Werk von Camille Lemonnier
und die im Aufträge des belgischen Ministeriums
auch ins französische übersetze „Belgische Male-
rei“ von Richard Muther. Die vorliegende von
dem Brüsseler Verleger van Oest herausgegebene
Monographienserie bildet eine erwünschte Er-
gängung zu den beiden genannten Werken.
Die Arbeiten von Dumont-Wilden undVanzgpe
haben dokumentarischen Wert, da sie den raf-
finierten Ästheten Khnopff und den schlichten
Laermans im Atelier, bei der Arbeit, und im
täglichen Leben belauscht haben, die Mono-
graphie über die Lütticher Künstler bringt inte-
ressante Künstler, wie den von Rops inspirier-
ten Rassefossen, und den kraftvollen Radierer
Marechal näher. Neben dem biographisch-histo-
rischen Teil hätte der Stilkritik ein etwas weiterer
Raum gewährt werden sollen; die Autoren haften
zu sehr am feuilletonistisch - biographischen.
In allen drei Bänden fallen gründlich gearbeitete
Kataloge des Werks der behandelten Künstler,
sowie umfassende Literaturangaben angenehm
auf. Die Ausstattung dieser zur Einführung in
die moderne belgische Kunst sehr nützlichen
Bände ist gut, nur hätte man die schlichten Netz-
drucke nicht als Heliogravüren montiert ge-
wünscht. Sehr wünschenswert wäre, wenn wir
in dieser Serie auch einen Band über das bel-
gische Kunstgewerbe bekommen würden, das
nach Deutschland wie nach Frankreich so viele
Anregungen gegeben hat. Ebenso würde eine
Schilderung der sich um die Libre Esthetique
gliedernden Kunstbewegung wohl auf vielseitiges
Interesse stoßen. R. A. M.
s
Fritz Knapp. Andrea del Sarto. Biele-
feld und Leipzig 1907. (Nr. XC der „Künstler-
Monographien“.
Es hat bisher Andrea del Sartos Biographen
besonders gereizt, dieses Künstlers interessante
Persönlichkeit, von der Vasari eine so leiden-
schaftlich anschauliche Schilderung entworfen, in
seinen Werken aufzusuchen. Knapp geht einem
solchen Beginnen fast völlig aus dem Wege;
Leben und Werk werden getrennt behandelt
und fallen, anstatt zu einer unlösbaren Einheit
zu verwachsen, ganz auseinander. Augenschein-
lich haben die vielfach gegen die Angaben
Vasaris erhobenen Bedenken, wie sie etwa
Gronau in seiner deutschen Ausgabe zusammen-
faßt, den Verfasser skeptisch gestimmt; wie er
sich mit Recht gegen die allzuoft in seinem
Werk herausgefundenen Selbstbildnisse und
Porträts der Lucrezia wendet, so mag er über-
haupt aus diesen Bildern kein subjektives see-
lisches Bekenntnis einer nervösen sensiblen
Künstlernatur herauslesen, sondern des Meisters
Arbeiten sind ihm vor allem Schöpfungen eines
virtuosen Talentes, dem das „l’art pour l’art“
der modernen Franzosen höchstes Gesetz war.
Knapps Fragestellung, mit der er in dem Haupt-
teil, dem wertvollsten seines Buches, der Reihe
nach an die einzelnen Bilder herantritt, ist nicht
psychologisch, auch nicht rein ästhetisch, da sie
sich mit konventionellen Urteilen, wie leer, un-
interessant, großartig usw. begnügt, sondern
geht von äußerlich formalen Gesichtspunkten
aus, will bei jeder Arbeit entscheiden: Was
bringt das Bild künstlerisch Neues? Dabei führt
der Verfasser im Wesentlichen nur die leitenden
Gedanken weiter aus, die Wölfflin in seiner
„klassischen Kunst“ in dem schönen Abschnitt
über Andrea niedergelegt hat. Er ist über-
haupt ein fanatischer Anhänger der neuen Me-
thode, die Wölfflin in die Kunstgeschichte ein-
führt und die unter den Händen seiner Schüler
so viel an Feinsinn, Prägnanz und geistreicher
Überzeugungskraft verliert. Die Analyse der
Form wird allzuweit getrieben, aufs Kleinliche,
Literatur
m
Verwirrende ausgedehnt; da sich die Behand-
lung der gleichen Probleme bei der Durchnahme
der einzelnen Bilder beständig wiederholt, ent-
steht eine ermüdende Breite der Darstellung;
unzählige Einzelheiten ziehen in Vergleichen
mit andern Meistern, in der Feststellung von
Beeinflussungen, in der steten Gegenüberstellung
der Stile (Quattrocento — Cinquecento) an uns
vorüber, und sie wollen sich nicht zum Ganzen
einen, weil das geistige Band der schaffenden
I Persönlichkeit fehlt, das alles in der Einheit
I eines künstlerischen Willens zusammenhielte.
I Wölfflin ist dieser Gefahr der Zersplitterung in
seinem Dürer nicht immer entgangen; Knapp
ist ihr erlegen. Die zusammenfassenden Be-
merkungen der Einleitung sind nicht genügend,
die Gruppierung der einzelnen Perioden ist
nicht überzeugend. Über einen der geschmack-
vollsten und graziösesten Meister ist hier ein
wenig homogenes, schwerfälliges und in der
äußeren Form unzulängliches Buch geschrieben
worden.
Knapp stellt die hohe koloristische Begabung
Ändreas in den Mittelpunkt seiner Darstellung,
und seine ausführlichen, mit großer Sorgfalt
angefertigten Farbenanalysen sind das Beste
seiner Ärbeit und gehen weit über alles bisher
Gegebene hinaus. Starkem Widerspruch wird
seine ziemlich gesuchte Ännahme begegnen, daß
Ändrea während seines Äufenthaltes in Paris
von „nordischer Koloristik“ beeinflußt worden
sei, wobei etwa an Fouquet und den Maitre
des moulins zu denken ist. Ebensowenig geht
es m. E. an, ihn „einen Stammesverwandten
Ides großen Michelangelo“ zu nennen. So oft
er ihn nachgeahmt, so viel er von ihm gelernt,
der Stoff, aus dem der geschmeidige Ändrea
gebildet, ist ein ganz andrer. Eher mag er mit
Correggio, der in dem ganzen Buche nur zwei-
mal, mit Giorgione, der gar nicht erwähnt wird,
verwandt sein; man mag ihn an Lonardo an-
I knüpfen; von Michelangelo trennt ihn eine un-
überbrückbare Kluft. Darum wird man auch
gegen den monumentalen Stil, den Kn. als letzte
Periode des Meisters unter dem dominierenden
Einfluß Michelangelos annehmen will, miß-
trauisch sein. Ändreas’ „Monumentalität“ hat
stets etwas Spielerisches, Verwischtes, und die
Parforcestücke in der Ärt des Fra Bartolommeo
oder Michelangelo nimmt der Verf. nach meiner
Meinung viel zu ernst. Mit der beständigen
Feststellung von Einflüssen wird in dem ganzen
Buche überhaupt ein gewisser Sport getrieben.
Dicht nebeneinander auf derselben Seite (23)
„scheint er durch Filippino und dessen Strozzi-
fresken beeinflußt“, wird gefragt: „Sollte übri-
gens der springende Hund nicht eine Reminiszenz
aus Schongauers Kreuztragung sein?“ So ist
wohl auch der unleugbar große Einfluß Dürers
überschätzt, der Zusammenhang mit Correggio,
aus einer innerlichen Verwandtschaft beider
resultierend, zu gering angeschlagen.
Kn.’s Änalgse einzelner Werke ist sehr ein-
gehend aus einer genauen Kenntnis und Ver-
trautheit mit dem Stoff erwachsen. Seine
Ärbeiten über Ändreas’ Lehrer, Piero di Cosimo
und Fra Bartolommeo, haben ihn ja in der
florentinischen Kunstgeschichte besonders hei-
misch werden lassen. Vortrefflich ist z. B. die
allmähliche Entwicklung der Kunst des Meisters
in den Scalzofresken anschaulich gemacht, wenn-
gleich die einzelnen Bilder des Zyklus durch
die chronologische Änordnung auseinander ge-
rissen werden. Im Urteil ist der Verf. jedoch
allzu unbekümmert und schnell fertig, wie er
denn auch die Äusmalung von Bildern, die er
nicht kennt, nach seiner Phantasie unternimmt,
wobei ihm manche Mängel seiner vorlauten
Divination nachgewiesen werden könnten. So
wird auch der Zeichner Ändrea, dieser Meister
„senza errori“, in einem kurzen aphoristischen
Änhang abgetan, während ein tiefstes Ein-
dringen in seine Kunst durch einen beständigen
Hinweis auf die Zeichnungen bei Änalyse der
Bilder allein möglich wäre. Die nichtachtende
Erwähnung Berensons bei dieser Gelegenheit
wird manchen unangenehm berühren, zumal
Kn. sich durchaus an seinen Katalog der Hand-
zeichnungen hält. Ich bekenne jedenfalls, aus
Berensons geistvollem Äbschnitt über Ändrea
in seinen „drawings of florentine painters“
mehr gelernt zu haben , als aus Kn.’s ganzem
Buche. Äuch den Vorwurf: „voller großer
Phrasen und ohne Klarheit der Definition“, der
Berensons Charkteristik gemacht wird, könnte
man leicht auf Kn. zurückwenden. Das falsche
Pathos und die abstruse Ärt der Darstellung,
die in seiner Einleitung zu dem Michelangelo
der „Klassiker der Kunst“ manchmal direkt
unabsichtlich komisch wirken, fehlen so ziemlich,
aber an stilistischen Entgleisungen, an un-
anschaulichen Satz- und Worthäufungen, an
saloppen Redewendungen ist kein Mangel, und
sie stören eigentlich am meisten in diesem
Buche, dem bei allen Fehlern kenntnisreiche
Sammlung und sorgfältiger Eifer nicht abzu-
sprechen sind. Lgndau.
s
V. V. Loga. Goyas Zeichnungen. Sep.-
Äbdr. aus: Die graphischen Künste. Wien, Ge-
sellschaft für vervielf. Kunst. Fol.
V. V. Loga, der unermüdliche Goyaforscher
hat, seit er vor vier Jahren sein grundlegendes
m
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Hauptwerk über den spanisdien Künstler ver-
öffentlicht hat, seinen Studien über denselben
engere Grenzen gezogen. Er publizierte im
Vorjahre mit Hilfe der Reichsdruckerei die sel-
tensten graphischen Ärbeiten des Meisters und
er gibt uns neuerdings eine Huswahl von Zeich-
nungen desselben, welche die Wiener Gesell-
schaft für vervielfältigende Kunst mustergiltig
reproduziert hat. Es handelt sich um 21 Zeich-
nungen, die den Kabinetten zu Berlin, Hamburg
und Madrid entnommen, außerordentlich charak-
teristisch für die Ärt sind, in der Goya bei der
Fixierung seiner Ideen Pinsel, Feder, Stift, Sepia,
Röthel, Kreide oder Tusche handhabte. Dem
Stoffe nach sind es Entwürfe zu den Caprichos,
darunter mehrere nicht im Stich ausgeführte,
zur Tauromaquia, den Desastres de la guerra
und den Proverbios, also ausnahmslos Skizzen
zu graphischen Ärbeiten, solche zu Gemälden
Goyas sind, wie Loga ausführt, ja nicht bekannt.
Zu dem kurzen Text, in dem der Verfasser den
Schicksalen von Goyas Handzeichnungen nach-
geht, sie klassifiziert und ihre Technik beschreibt,
wäre nur zu erwähnen, daß Goya nicht nur im
Älter in Bordeaux, sondern schon 1785 in Spanien
Luftschiffer sehen konnte, die Inquisition hatte
diesen, nachdem sie einen Revers ausgestellt
hatten, daß dabei alles mit natürlichen Dingen
zugehe, das Äufsteigen erlaubt.
M. V. Boehn.
s
E. Serrano Fatigati, Portadas artisticas
de monumentos espanoles, desde el siglo
XII hasta nuestros dias. Madrid, o. J. 20 pes.
Man wird eine -Ärbeit über ein so un-
erforschtes Gebiet, wie es die spanische Portal-
plastik darstellt, ohne weiteres freudig begrüßen,
selbst wenn, wie in der vorliegenden, die Resul-
tate den Erwartungen nicht entsprechen sollten.
Immerhin kann sie eine Grundlage für ein-
gehendere Studien bilden.
Die völlige Äbhängigkeit des spanischen
Kirchenschmucks von der romanischen und
gotischen Skulptur Frankreichs ist schon lange
bekannt. Es hätte sich nun, da wir über die
französischen Schulen genügende Klarheit er-
langt haben, gelohnt, ihren Änteil in Spanien
genauer zu lokalisieren. Bei einigen Portal-
arbeiten, z. B. den sehr interessanten an
gotischen Kirchen Navarras (Estella, Tudela,
Pamplona) und Kataloniens, wäre es sicher ver-
hältnismäßig leicht gewesen, die direkten Vor-
bilder in Languedoc oder Gascogne nachzu-
weisen, da auch das ikonographische Programm
fast völlig identisch ist. Der Verfasser be-
schränkt sich da aber leider meist auf Zitate
aus Ändre Michels neuer Kunstgeschichte.
Ebenso führt er die nicht unerheblichen Ein-
flüsse des romanischen Italien auf Katalonien
nicht näher aus. Dagegen bemüht er sich,
stellenweise autochthone Elemente (besonders
in Ästurien) festzustellen, kommt aber selbst
bezüglich des prächtigen Ruhmesportikus von
Santiago zu keinem positiven Ergebnis.
Dankenswert sind die Hinweise auf orienta-
lische Einschläge, die bisher nie genügend ge-
würdigt wurden. Än zahlreichen romanischen
Kapitälen (in Sepülveda, Silos usw.) finden sich
Darstellungen von Raubvögeln, Tierkämpfen,
Jagden, exotischen Tiermenschen u. a. m., die
der Verfasser der Berührung mit der arabischen
Kunst zuschreibt, wenn sie auch oft mit dieser
nur die Quelle gemeinsam haben werden. Die
islamische Provenienz ist übrigens zum Teil
notorisch, da an manchen Orten maurische Ge-
fangene erwiesenermaßen gezwungen wurden,
für die Kirchendekoration zu arbeiten, und da
Beziehungen zu den bekannten Äblutionswannen
von Medinat-az-Zahira, Granada und Jätiba
sowie zu Schnitzarbeiten aus der Zeit des
Kalifats unverkennbar sind. In dieselbe Richtung
scheint die häufige Portalform des Zacken-
bogens, das Sägezahnmotiv und der eigenartig
orientalische Charakter der ganzen sogenannten
Ärte Älfonsi (unter Älfons X.) zu gehören.
Eine Einwirkung der mohammedanischen auf
die christliche Kunst steht ja durch die geschicht-
lichen Ereignisse oft, z. B. für Toledo und
Valencia, außer Frage.
Beziehungen zu England, die der Verfasser
bisweilen konstatiert, scheinen nur vorüber-
gehend, wenn nicht zufällig, bestanden zu
haben.
Über den stilistischen Ursprung der Glanz-
portale an den großen kastilischen Kathedralen
(Toledo, Burgos, Leon) erfahren wir nichts
Neues.
Die an sich schon recht unübersichtliche Dar-
stellung hätte durch ein Ortsregister oder
wenigstens Hervorhebung aller Ortsnamen in
Kursiv- oder Sperrdruck gewiß gewonnen. In
seiner gegenwärtigen Gestalt können wir das
Buch nur wegen der zahlreichen, großenteils
bislang unpublizierten Äbbildungen empfehlen.
Der letzte Äbschnitt nötigt uns einen ernsten
Tadel ab, den wir gern umgangen hätten, da
man angesichts der Änfänge, in denen die
spanische Kunstforschung steckt, mit ihren zahl-
reichen Mängeln nicht allzuscharf ins Gericht
gehen darf. Es sollen zum Schluß die Portale
„von 1500 bis auf unsere Zeit“ durchgejagt
werden. Natürlich werden die bedeutenden
Literatur
471
Werke der Spätgotik (z. B. das prächtige Portal
der Capilla Real in Granada) und die hervor-
ragenden Schöpfungen plateresken Stiles, die
einzigen charakteristisch spanischen, mit keiner
Silbe angedeutet, während zahlreiche geschmack-
lose Leistungen des kläglichen Madrider Klassi-
zismus breite und wohlwollende Berücksichtigung
finden. Vielleidit hat der Verfasser, der der
Äkademie von S. Fernando angehört, geglaubt,
einige Worte pro domo beifügen zu müssen,
er hätte aber zweifellos seinem Buche besser
gedient, wenn er sich auf das Mittelalter be-
schränkt und auf diesem Gebiete seine Studien
vertieft und erweitert hätte.
Noch immer beliebt man in zahlreichen
spanischen Publikationen möglichst „von den
Anfängen bis auf die Gegenwart“ handeln zu
wollen, aber abgesehen davon, daß der Vorsatz
regelmäßig Utopie bleibt, wird durch derartige
Quijoterien der wissenschaftliche Wert des
Ganzen natürlich sehr in Frage gestellt.
Ernst Kühnei.
\ s
I KurtMünzer, Die Kunst des Künstlers.
\ Prolegomena zu einer praktischen Ästhetik,
i Mit 10 Abbildungen. Dresden, Gerhard Küht-
mann, 1905. gr. 8*^. 112 S. Preis broch. 5,— M.
I geb. 6,50 M. '
' Der pretiöse Titel erweckt große Erwar-
I tungen. Aber schon der erste Satz des Buches
f zwingt, sie zurückzudämmen. Da heißt es: „Nur
! der Geweihte sollte von dem Heiligen, nur der
[ Künstler von der Kunst sprechen.“ Unwillkür-
lich geht einem das Wort „Bilde, Künstler, rede
nicht!“ durch den Sinn. Dann aber fragt man
bescheidentlich: Und warum soll nur der Künstler
von der Kunst reden? Die Antwort lautet ein
wenig mystisch: „Denn noch immer ist die Kunst
das, was nicht für alle ist, und was nicht alle
können. Eine zweite Weltschöpfung bemächtigt
sie sich wie die erste des Lebens der Menschen
und zwingt Geist und Gemüt, sie zu durch-
dringen.“ Also weil die Kunst eine zweite
Weltschöpfung ist, sollen nur ihre Schöpfer von
ihr sprechen? Ist das denn auch bezüglich der
ersten Weltschöpfung so? Was wohl die Natur-
forscher sagen würden, wenn irgend ein Jemand
käme und ihnen sagte, sie hätten das Recht
nicht, sich in die tausend Probleme der Natur
zu vertiefen, da sie die Natur nicht geschaffen
hätten? Ich fürchte, sie würden mit einem
homerischen Gelächter antworten. Kurt Münzer
y Fr. Hebbel sdirieb: „Künstler, nie mit Worten, mit
Taten begegne dem Feinde! Sdileudert er Steine nach
Dir, mache Du Statuen draus!“
aber sagt allen Ernstes, es dürfe niemand von
der Kunst sprechen, als der, der sie schaffe.
Und doch behauptet er nicht etwa, daß die
Kunst ein tiefes Geheimnis für den Nichtkünstler
sei; im Gegenteil. Er sagt: „In Wahrheit gibt
es nicht leicht eine zweite menschliche Betätigung,
die schneller und einfacher zu begreifen ist als
die Kunst.“ Aber er fügt hinzu: „Unbegreiflich
ist nur das Ingenium, das Medium zwischen
Natur und Kunst, die Künstlerseele.“ Man höre
wohl: „unbegreiflich“! Also doch wohl für jeden
unbegreiflich, für den Nichtkünstler und für den
Künstler? O nein, keineswegs! Denn Münzer
sagt: „Und selbst dieses Unbegreiflichste des
Unbegriffenen ließe sich erforschen — auf einem
praktischen Wege.“ Und diesen praktischen
Weg will er der Menschheit zeigen.
Mehr hat noch nie ein Kühner versprochen!
Und voller Spannung fragen wir, wie er es
machen will, „das Unbegreiflichste des Unbe-
griffenen“ uns armen Laien begreiflich zu
machen.
Die Sache ist erstaunlich einfach. Da bisher
„immer nur Philosophen und Kunstgelehrte
ästhetisiert haben, anstatt der vor allem dazu
Berufenen: der Künstler“ und da andererseits
es „gerade die Aufgabe unserer Zeit, der wie
kaum einer zweiter die Kunst fast Lebens-
bedingung geworden ist, sein muß, eine wirk-
liche Kunstlehre zu schaffen", so müssen die
Künstler dieKunstlehre schreiben. Diese „Ästhetik
der Künster“ ist aber leider noch ungeschrieben,
doch kann man sie dadurch ersetzen, daß man
die Aussprüche aller Künstler sammelt und aus
ihnen diese Kunstlehre destilliert, denn „an der
praktischen Ästhetik sollen alle unsere Künstler
schreiben“. Und diese Arbeit will Curt Münzer
auf sich nehmen.
Nun ist es eine schöne Sache, wenn man
einen Haufen bunter Edelsteine zur Verfügung
hat, um daraus ein köstliches Schmuckstück zu
machen, aber man braucht dazu außer den Edel-
steinen noch einen geschickten Juwelier. Un-
zweifelhaft hat Münzer eine Fülle von pracht-
vollen Aussprüchen toter und lebender Künstler
zusammengebracht, aber sie sind so wunderlich
aneinander gereiht, daß cs einem um die liebe-
volle Arbeit der Fassung leid tut.
Ich will gar nicht davon sprechen, daß der
Verfasser, der mit dem Satze: „nur der Künstler
sollte von der Kunst sprechen“ majestätisch an-
hub, im Verlaufe seiner Arbeit auch mit den
Aussprüchen solcher Männer vorlieb nimmt, die
keine Künstler, sondern nichts weiter als Philo-
sophen, Kunstgelehrte usw. waren, will auch
nicht einmal tadeln, daß sehr wichtige Künstler-
472
Monatshefte für Kunstwissenschaft
schritten völlig unberücksichtigt geblieben sind,
ich möchte nur auf das Unzulässige hinweisen
je nach Gutdünken Stimmungsurteile und Lebens-
maximen, die Ansichten Kurzsichtiger und Weit-
schauender, die Behauptungen stürmischer Jugend
und geruhigen Alters, die Künstlergedanken
revolutionärer und konservativer Zeiten als
gleichwertig zu behandeln. Auf solche Weise
kann man in der Tat mit leichter Mühe alles
beweisen, was man beweisen möchte, und be-
weist damit doch gar nichts. Und auf solchen
Wegen mng man zu so seltsam sicheren Ur-
teilen kommen, wie der Verfasser. So wenn
er Michelangelo korrigiert oder wenn er be-
hauptet, daß „die Höhe einer Kunst immer
nur mehr oder minder idealisierte ruhige reine
Charakterköpfe kennt “ oder wenn er der
italienischen Kunst eine bessere Zensur erteilt
als der deutschen, weil „deutsche Kunst be-
friedigt, italienische die Sehnsucht weckt und
nährt. Aber der große Mensch strebt nicht nach
Ruhe, sondern nach ewiger Bewegung.“
Kein Mensch wird es Kurt Münzer übel
nehmen, wenn sein Kunstgeschmack besonderer
Art ist und wenn ihm für ein — ich möchte
sagen naturwissenschaftliches — Verstehen ge-
wisser Kunstrichtungen das Organ fehlt; aber
das berechtigt ihn doch nicht, es als „die prak-
tische Ästhetik der Künstler“ zu verkündigen,
daß „der Impressionismus darin schwelgt, den
Finger auf alle Unklarheiten der Natur zu legen“
und daß „die Kunst alles, was das Leben, das
Gemeinwirkliche leisten kann, von ihren Auf-
gaben auszuschließen hat.“ Zum Beweis aber
dafür, daß in der heutigen Kunst der „Krudi-
täten und Horribilitäten“ viele geschaffen würden
und „alle Luftlichter und Reflexe der Natur dort
nachkopiert würden, wo sie durch einen Zufall
hingeraten sind und ,gesetzlich‘ gar nicht hin-
gehören“, zitiert der Verfasser Otto Knille! Wie
nun, wenn er an dieser Stelle Liebermann oder
Louis Corinth oder van Gogh zitiert hätte?
Vielleicht daß er dann eingesehen hätte, daß
die Künstler doch bisweilen außerordentlich ver-
schieden in ihren Kunstanschauungen sind, —
sein müssen. Und vielleicht hätte ihn das ver-
anlaßt, seine Feder niederzulegen und einstweilen
dem Problem nachzusinnen, wie es kommt, daß
die Künstler, wenn sie über die Kunst schreiben,
die köstlichsten Wahrheiten zum Verständnis ihrer
persönlichen Kunst schreiben, daß sie aber sehr
selten ein Verständnis für eine völlig anders
geartete Kunst zeigen. Vielleicht hätte ihn solche
Reflektion dann dazu angeregt, die ganze Frage
anders anzupacken und zu untersuchen, welchen
Einflüssen Kunstanschauung und Kunst unter-
liegen, und was als Kern bleibt, wenn man von
den Einzelerscheinungen zum „Urphänomen“ ij
— um mit Goethe zu reden — vorzudringen n
Theodor Volbehr.
S
Wolf gang v. Oettingen. Berlin. (Stätten |
der Kultur. Herausgegeben von Georg Bier- j
mann. Band 1.) Verlag von Klinkhardt &
Biermann, Leipzig.
Ein Gesamtbild der Kulturgeschichte Berlins
in seiner fast neunhundertjährigen Entwicklung i
vom Fischerdorf bis zu der heutigen viel- ,
bewunderten Dreimillionen - Stadt. Und dies 'i
alles in einem kaum fingerstarken Bande, der f
noch dazu mit vielen Dutzenden von trefflichen
Abbildungen aus dem neuen und alten Berlin i
geschmückt ist. Welche umfangreiche Literatur j
muß man sonst durcharbeiten, um ein einigermaßen i
sicheres Urteil über ein einzelnes Gebiet der
historischen Entwicklung Berlins zu gewinnen. ;
Hier dagegen ist in der Tat der Versuch ge-
glückt, aus allen Hauptgebieten der Berliner ^
Kulturgeschichte aus dem politischen, kommu- ^
nalen, religiösen, wissenschaftlichen, literarischen, j
künstlerischen, volkswirtschaftlichen und gesell- i
schaftlichen Leben der Hauptstadt die gesicherten i
Resultate der Spezialforschung zusammenzufassen i
und in fesselnder Weise für die große Menge i
der Gebildeten zu schildern.
Der Verfasser des Buches, Wolfgang v. Ot-
ting en, hat die schwierige Aufgabe mit der ^
wissenschaftlichen Sorgfalt und dem Takt ge- ;
löst, welche schon so manche seiner früheren
Arbeiten auszeichnete. Über sein eigentliches i
Fach, die Kunstgeschichte und Kunstkritik ist er j
diesmal weit hinausgegangen. Die übrigen Ge- |
biete in dem vielseitigen Bilde der Berliner
Kultur, namentlich die Geschichte des geistigen i
Lebens der Bevölkerung, nehmen einen wesent- \
lieh größeren Raum in seinen Schilderungen ein. |
Sehr fesselnd sind besonders die Abschnitte über |
das Aufblühen der Wissenschaften in Berlin» j
über das religiöse Leben, über die Stellung der |
einzelnen Konfessionen zueinander, die Pro- |
testanten, Katholiken und Juden im Laufe der j
letzten drei Jahrhunderte. Musik, Literatur, i
Bühne, bildende Kunst und die Art wie die Ber- |
liner Bevölkerung sich im Laufe der letzten j'
Jahrhunderte zu allen diesen Dingen verhalten
hat, wird von dem Verfasser treffend ge- h
schildert. — Die zahlreichen Abbildungstafeln
stellen größtenteils Gebäude und Straßenbilder |
aus dem alten, heute längst versdiwundenen j
Berlin dar. Aber auch aus dem Berlin der Gegen- i
wart sind manche interessante Darstellungen
ausgewählt. Auf diese Weise bietet das kleine
Literatur
473
Buch einen trefflichen Einblick in die merk-
würdige Entwicklung Berlins. Mit schnell und
sicher gezeichneten Strichen führt uns der Ver-
fasser auf jedem einzelnen Gebiete durch die
Jahrhunderte hindurch und wir lernen den merk-
würdigen Werdegang der jüngsten unter den
modernen Weltstädten mit weit weniger Auf-
wand an Zeit und Mühe verstehen, als dies bis-
her durch einzelne Handbücher über besondere
Spezialgebiete aus der Geschichte und der Kultur
Berlins möglich war. Der Buchschmuck von
Meinhard Jacobg geht glücklich auf die Schil-
derung Berlins und mancher charakteristischer
Typen des Berliner Lebens ein, so daß auch die
künstlerische Ausstattung das ihrige dazu bei-
trägt, das Gesamtbild, das uns Öttingens Arbeit
darbietet, in gefälliger Weise abzurunden.
Georg Voß.
9
Jos. Äug. Beringer: „Kurpfälzische
Kunst und Kultur im 18. Jahrhundert.“ In
der Sammlung: „Baden. Seine Kunst und Kul-
tur.“ Im Aufträge der Vereinigung: Heimatliche
Kunstpflege, Karlsruhe, herausg. von Albert
Geiger. J. Bielefelds Verlag Freiburg (Baden) 1907.
Nachdem der Verfasser uns schon vor einigen
Jahren mit seinem Buch über den belgischen,
in Mannheim als Akademiedirektor wirkenden
und gestorbenen Bildhauer Verschaffelt einen
widitigen Beitrag zur Kunstgeschichte des
18. Jahrhunderts geschenkt hat, faßt er in
der vorliegenden Darstellung seine genauen
Kenntnisse vornehmlich der pfälzischen Ver-
hältnisse zur Zeit der Fürstenkultur zu einem
ungemein anschaulichen, ja geistvoll entwor-
fenen Bilde zusammen. Erscheint uns die Kur-
pfalz für diese Kultur als ein besonders typisches
Beispiel, so vermögen wir mit Beringer doch
eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten des
geistigen, kulturellen und künstlerischen Lebens
zu erblicken, die er zum ersten Male im Zu-
sammenhänge darstellt, so daß der kurzen Schil-
derung und lebendig populären Darstellung auch
für den Kunsthistoriker einige wertvolle Angaben
zu entnehmen sind. Abgesehen von den
großen Schloß- und anderen Monumental-
bauten in Mannheim und Schwetzingen, die
Beringer natürlich behandelt, vermag er einen
eigenen Typus des Mannheimer Wohnhauses
nachzuweisen, der in die Geschichte der
bürgerlichen Architektur aufzunehmen ist. Er
macht darauf aufmerksam, wie niederländische,
hugenottische und dann französische Einflüsse,
infolge von Einwanderungen oder sonstigen
politisch - kulturellen Beziehungen, sich hier
einfinden und betätigen. Zusammen mit der Bau-
kunst wurden Bildhauerei, Eisenarbeit und
Schreinerei in eigenartiger Weise vorzüglich
gepflegt. Noch heute zeugen manche Arbeiten
dieser Art in Mannheim und anderen Orten der
Pfalz von dieser Tätigkeit. In diesem Zusam-
menhang möchte der Schreiber dieses Referates
auch auf die vielen Madonnenstatuen aufm.erk-
sam machen, die ähnlich den, von Beringer
kurz gestreiften Heiligenstatuen in Mannheim,
in Heidelberg an vielen ersten Etagen alter
Häuser, namentlich an den Straßenecken, meist
in Muschelnischen angebracht zu sehen sind,
darunter ganz anmutige Leistungen. Es hat fast
den Anschein, als ob, trotz aller kriegerischen
Zwischenfälle, von denen gerade dieses arme
Land heimgesucht gewesen, noch immer eine
gute alte Bildhauer- und Steinmetzen-Tradition,
jedenfalls recht viel Sinn für dergleichen Arbeiten
und Schmuck, von den Zeiten des Ottoheinrich-
und des Friedrichbaues her, sich hier erhalten
hat. Denn auf die Tätigkeit und Einwirkung
der z. T. bedeutenden ausländischen, französi-
schen, italienischen und belgischen, vornehmlich
in Schwetzingen beschäftigten Meister allein
sind diese, auffallend häufigen und hübschen,
wenn auch nicht großen Werke nicht zurückzu-
führen. Ähnliches gilt von den schmiedeeisernen
Arbeiten. Die prächtigen Tore an der Mann-
heimer Jesuitenkirche, von dem einheimischen
Schlossermeister Phil. Reinh. Sieber ausgeführt,
gehören zum Schönsten, was die Rokokokunst
in dieser Art hervorgebracht hat und halten als
kunstgewerbliche Leistungen sehr wohl den
Vergleich mit den berühmten Gittertüren der
Würzburger Residenz aus. Welche Rolle das
Frankentaler Porzellan gespielt hat, ist bekannt.
Für die Geschichte des Kupferstiches liefert
Beringer in dem knappen Abschnitt über die
graphische Kunst einen kleinen Beitrag. Ist doch
der „Mannheimer Kupferstich“ eine inhaltsvolle
Mappe für sich. Es sind bloß allgemeine An-
deutungen, die Beringer in dem Rahmen dieser
Arbeit naturgemäß hat geben können nach diesen
und anderen Richtungen. Indessen sie bedeuten
auch für den Kunsthistoriker wertvolle Finger-
Alfred Peltzer.
9
Deutsche Kunst in Lichtbildern. Ein
Katalog, zugleich ein Kompendium für den Unter-
richt in der Kunstgeschichte, bearbeitet von Dr.
F. Stödtner. Berlin 1908.
In einem 14000 Lichtbilder umfassenden Kata-
log führt uns Dr. Stödtner hier die deutsche
31
Monatshefte für Kunstwissenschaft
m
Kunst in einer Reichhaltigkeit und Vollständig-
keit vor, für die es keinen Vergleich gibt. Er
hat seit Jahren unverdrossen Deutschland mit
demÄutomobil abgefahren, von keinem Eisen-
bahnstrang oder Bädeckerstern gefesselt. Be-
kanntes und Unbekanntes eingesammelt und zu
einem Thesaures nie geahnter Größe aufgetürmt
Man darf sagen, daß Deutschland, sieht man von
einigen großen Museen ab, jetzt von Stödtner in
demselben Sinne durchphotographiert ist, wie Ita-
lien von Älinari, Änderson, Brogi und Gargioli.
Es sind niht in erster Linie die Museumsbestände,
sondern die Kunstwerke der kleinen Stadt und der
Kirchen, die diese Fülle ergeben haben. Am ver-
blüff encisten ist die Masse der Holzplastik, die über
alle Erwartung reich und edel sich bietet. Süd-
deutschland, der Rhein und Mitteldeutschland
geben das Beste. Ich stehe nicht an, diesen Ka-
talog als Nachschlagebuch neben Dehios Reisebuch
zu stellen; diese beiden Handbücher werden dem
neuen Studium der deutschen Kunstgeschichte vor
allem zu gute kommen. Besonders wichtig ist, daß
die Aufnahmen auch als einfadie Photographien in
verschiedener Größe abgegeben werden. Das Ali-
nariformat kostet hier 1, — M., also soviel wie
Bruckmanns Pigmentdrucke. Jetzt ist also die
Möglichkeit gegeben, die Spätgotik Deutschlands
ebenso durchzuarbeiten wie das italienische
Quattrocento. Damit ist für viele Menschen, die
nicht weit reisen können, aber Gaben und Zeit für
die Kunstforschung haben, neues Material zu-
gänglich gemacht. Freilich wird es beim Studium
der deutschen Kunst immer einer gewissen Reife
bedürfen, bis man das richtige Verhältnis zu ihr
findet. Der Neuling findet sich in Florenz leichter
zurecht als in Rothenburg. Denn die italienische
Kunst ist organisch und methodisch klar entwickelt
worden, während die deutsche isoliert bald da
bald dort blüht und wieder vergeht. Stödtners
Lichtbilder sind da, wo sie auf eigenen Auf-
nahmen beruhen, die besten, die wir haben;
und die Mehrzahl dieser 14000 Nummern sind
Originalaufnahmen. Wenn wir es schmerzlich
vermissen, daß die deutsche Plastik des Berliner
Kaiser-Friedrich-Museums nicht aufgenommen
ist, so trägt St. nicht die Schuld. Für Unter-
richtszwecke der Schule wird es ratsam sein,
aus der großen Fülle eine Anzahl von etwa
500 Lichtbildern auszusondern, in derselben
Weise, wie es Fritz Knapp in seinem eben er-
schienenen Buche „Die Kunst in Italien“ für die
italienische Kunst getan hat.
Paul Schubring.
s
KLEINE ANZEIGEN
Leipzig, über den bekannten, aus dem Zeitalter der
Renaissance stammenden Brief über die Erhaltung
der römischen Ältertümer, den man fast allgemein j
Raffael ^zugesdirieben hat, wird nodi im Verlaufe dieses i
Jahres im Verlag von Kllnkhardt & Biermann eine aus-
führliche Monographie von Julius Vogel erscheinen, in i
der über den Autor des Briefes sowie über seine historische ;
Bedeutung ausführliche Mitteilungen gebracht werden.
Mündien. Das Münchener Jahrbuch der bil- !
denden Kunst (Verlag von Callwey) wird nach einer !
Verfügung des bayerischen Kultusministeriums den offi- ;
ziehen Titel führen: „Münchner Jahrbuch der bildenden i
Kunst, herausgegeben unter Mitwirkung der Vorstände
der kgl. Staatssammlungen von Ludwig von Buerkel“,
Der nächste, voraussichtlich Anfang Juni zur Ausgabe ge- |
langende 3. Band des verdienstvollen, für das wissen- i
schaftliche Münchner Kunstleben unentbehrlichen Unter-
nehmens, wird wiederum eine Reihe größerer Studien von I
Münchner Kunsthistorikern, besonders über die Neuer- i
Werbungen der kgl. bayer. Staatssammlungen enthalten.
Von auswärtigen Forschern stellt Dr. Gronau-Fiesole das i
urkundliche Material über die dann hoffentlich erledigten
Tiziankopien der Münchner Residenz zusammen und führt i
den Nachweis, daß Tizians Originale, 1649 in London ver-
steigert, 1652 tatsächlich nach Spanien gelangt sind. j
Unter dem Titel The Mask erscheint vom März d, J,
an eine internationale Zeitschrift für Theaterkunst in Lon-
don, Berlin, Amsterdam und Florenz. Uns interessiert im ^
wesentlichen nur das Äußerliche der neuen Zeitschrift, ll
dieses aber in hohem Grade: denn es gibt überhaupt jf
kaum ein periodisches Blatt, das sich mit einem so voll- q
endeten buchkünstlerischen Geschmack dem Leser emp- |l
fiehlt. Man hat das Gefühl, einen alten Venezianer |
Druck in die Hand zu bekommen: so großartig ist das
Verhältnis von Druck zu Papier, von Spiegel zu Seite, i
so sparsam und vornehm sind die eingestreuten Zeich-
nungen. Es versteht sich, daß The Mask rein englisch j
erscheint; vielleicht sind gegenwärtig, wie vorJahrzehnten, !
immer noch die Engländer die einzigen, die eine so i
durchaus harmonische Druckschrift hervorbringen können; '
bei uns wagt man höchstens an die „Neue Rundschau“ zu i
denken. Das ist nicht angenehm zu hören, aber es ist so. |
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48^
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F r i m m G 1 , Th. v. Äus Lemberg. Die werdende
Galerie. (Blatt, f. Gemäldek., 4.)
Gemälde-Galerie Baron Bruckenthal (richtig:
Brukenthal) in Hermannstadt. 40 Kunstblätter.
Mit Text V. Kust. M. Csaki. (Neue [Titel-]
Äusg.) (12 S. m. 1 Äbbildg.) Wien, Halm &
Goldmann [03] (08). In Leinw.-Mappe 18. — .
Die 1. Äusg. erschien u. d. T.; Äuslese, e., v.
40 Gemälden der Baron Brukenthalisdien Ge-
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Ölgemälde sowie einige Aquarelle moderner
Meister. Auktion in Mündien in der Galerie
Helbing, den 7. IV. 1908, vormittags 10 Uhr.
— Ölgemälde moderner Meister. Auktion in
München in der Galerie Helbing, den 7. IV. 1908,
nachmittags 3Uhr. (V, 42 S. m. 32 Taf. u. 15 S.
m. 12 Taf.) Mündien, H. Helbing (08). 1.50;
Luxusausg. 3.—.
Katalog sobranja Drewnostej Grafa A.
S. Uwarowa. (Graf Alexis S. Uwaroff, Ka-
talog seiner Sammlung von Altertümern. Teil
VIII— XI. Geschnitzte Heiligenbilder, Metall-
Heiligenb., Kreuze, Kupferkreuze. Moskau
1908. Gr. Fol.
Konodg, P. G. The New Dublin Gallerg of
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3 Karten, 76 Äbbildgn. auf 14 Taf. u. im Text.
(VIII, 56 S.) 07. nn 1.20; geb. nn 2.50.
Bau- und Kunstdenkmäler im Reg.-Bez*
Kassel. Bd. III. Kreis Grafschaft Sdiaum-
burg. Im Äuftr. d. Bez.-Verb. d. Reg.-Bez.
Kassel bearbeitet von H. Siebern u. H. Brunner.
Mit 16 Tfn. nach photogr. Äufn. u. Zeichn.
(in Lichtdr. u. Strichätzung) 4<^ 112 S. Mar-
burg, Elwertsche Verlagsbchhd. 1907. Gb. 20.—.
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Reproducfions,
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Is. 6d. net. (Fine Arts PubL Co., Jan. 08.)
No. 6: Amsterdam and The Hague. In
case Is., 6d. net. (Fine Arts Publ. Co.)
No. 7: Tate Gallerg. In case Is. 6d. net.
(Fine Arts Publ. Co.)
No. 9: Italian Galleries, Series 1. 16mo. i.
box 1 s. 6d. net. (Fine Arts Publ. Co., Mar. 08(
Galerien, d., Europas. 2. Bd. 25. Heft. Lpzg.,
E.A. Seemann. 3. — .
— dasselbe. Neue Folge. 2. Heft. Ebd. 2.—.
Gemälde alter Meister in färb. Wieder-
gabe. Neue Folge. (In20Lfg.n) 1. Lfg. (5 Bl.
m. je 1 Bl. Erklärgn.) 37x28 cm. Leipzig,
E.A. Seemann 08.Subskr.-Pr.2.— ; Einzelpr.3.-.
Gemälde-Galerie, die, der königl. Museen zu
Berlin. Mit erläut. Text v. Jul. Meger, Wilh.
Bode, Hugo v. Tschudi u. a. Hrsg. v. der
General -Verwaltg. 24. Lfg. (18 S. Text m.
Äbbildgn. u. 6 Taf.). 51 X 40 cm. Berlin, G.
Grote 1908. 30. — ; Vorzugs-DrucLe auf chines.
Pap. 60.— ; Künstlerdrucke a. Japan. Pap. 100.—.
Grottger, Artur. „Lituania“ (1863). Lemberg
1907. 80. 6 Taf. u. 1 S. K. 3.— .
— „Wojna“ [D. Krieg]. Lemberg 1907. 8®. 12
Taf. u. 1 S. K.5.-.
Handzeichnungen alter Meister a. d. Albertina.
12. Bd. 5. u. 6. Lfg. Wien, F. Schenk. Je 3.—.
Hausschatz deutscher Kunst der Vergangen-
heit. Hrsg, vom Jugendschriften-Ausschuß d.
allgemeinen Lehrervereins Düsseldorf. Berlin,
Fischer & Franke.
8. Dürer, Albr : Das Leiden Christi. 12
Holzschnitte. (Genannt die Große Passion.)
Mit Einzelbeschreibgn. v. E. Hakon. (12 Bl.
m. 6 S. Text.) 38x29 cm. (08.) Subskr.-Pr.
M. — .80; Einzelpr. 1.20.
Holbein. Masterpieces. 18mo. Is. net, swd.
6d. net. (Gowans & G., Mar. 08.)
Klimsch, Fritz. Meisterskulpturen. (9 Blatt.)
24,5x19,5 cm. Berlin -Steglitz, Neue photo-
graph. Gesellschaft (08). In Umschlag 9.—.
Kunstwerken, Moderne. Red.: H. P. Brem-
mer. 5e jaargang. Afl. 11 en 12. Amster-
dam, W. Verslugs. Fol. (Pit. 81—196.)
Malerei, deutsche, d. 19. Jahrh. 2. Heft. Lpzg.,
E. A. Semann. 2. — .
Masterpieces in Colour. A new artSeries.
Each volume contains 8 pictures in colour,
with a monograph. 8®. Paper Boards. [F.j Jack.
Fr. 2.—.
Meesterstukken, De, in het rijksmuseum. 40
reproducties. Afl. 8. Leiden, A. W. Sijthoff’s
uitgevers-maatschappij. Fol. (Pit. 30—40, m.
beschrijv. tekst.)
Meister der Farbe. Europäische Kunst der
Gegenwart 1908. Heft 2—3 (je 6 Dreifarben-
drucke a. grau. Karton. Blattgr. 36,5X28 cm.
m. 18 S, Text). Leipzig, E.A. Seemann 1908.
Subskr.-Pr. je 2. — ; Einzelpr. je 3.—.
4. Jhrg. 12. Hft. Leipz., E. A. Seemann. 2.—.
5. Jahrg. 1-3. Heft. Ebd. Je 2.—.
Meisterwerke der Galerie Nostitz, Prag. 3. u.
u. 4. (Schluß-)Lfg. (Je 10 Bl.) Prag, C. Bell-
mann 1907. Je 8.—.
Raeburn, Henrg, Sir. Masterpieces. 18mo. Is.
net, swed. 6d. net. Gowans & G., Mar. 08.
Uh de, Fritz v. Farbige Reproduktionen, nach
Werken des Meisters. Leipzig, E.A. Seemann.
In Mappe ca. 2. — .
Vereinigung bildender Künstler Österreichs
(Wiener Sezession). Jahresmappe 1906 u. 1907.
Je 5 Blatt in Passepartout von 50x40 cm.
(Nur durch Subskription d. d. Sekretariat d.
Vereinigung zu beziehen. Je 85.—.
Zeichnungen alter Meister im Kupferstich-
kabinett d. königl. Museen zu Berlin. 21. u.
22. Lfg. Berlin, Grote. Je 15.—.
486
Monatshefte für Kunstwissenschaft
5. Ausstellungen,
Exposifions.
Äusstellung, d. Leidener, von 1906. 2-4.Lfg
Leipzig, Maas & van Suditelen. Je 45.—.
Luxusausg. je 70.—.
Chervet, H. Peintures et Sculptures. (Nouv.
Rev., 7.)
Cohen. Äus Berliner Kunstsälen. (Kunst-
Chronik, 21.)
Grabar, J. Zwei Äusstellungen in Moskau, d.
„Sojuz“ u. „Stefanos“. (Wjessg I.)
Grisebach, Ä. Die Äusstellung englischer Kunst
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Jaroszynski, T. Die Äusstellung d. „Polska
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— Foraarskunst. (Köbenhavn, 26. III.)
Muratoff, P. Ältes u. Neues auf d. laufenden
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d’Or, I.)
Niem ey er, W. Die englisdie Äusstellung in
Elberfeld. (Rheinlande, 4.)
N[ordensvan], G[eorg]. Konstnärsförbundets
utställning. (Dagens Nyheter, Stockholm, 12.
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S., Ä. F. Künstlerhaus. (Neue Freie Presse. 2. IV.)
Saint-Hilaire, J. de. Cercle de l’Union ar-
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Schleinitz, 0. v. Die Winterausstellung in d.
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Schmidt, K.E. Pariser Brief. (Kunstchronik, 23.)
Übersicht, tabellarische, üb. d. im Jahre 1908
stattfindenden Kunst - Äusstellungen. (Um-
schlag: Kunst - Äusstellungs - Kalender 1908.
Hrsg. V. Herrn. Weiß.) 21 S. Lex. 8®. Berlin
(-Steglitz, Humboldtstr. 30), H. Weiß, bar— .50.
Waldmann, E. Die klassische Münchener Ma-
lerei auf der Großen deutschen Kunstausstellung
in Bremen. (Süddeutsch. Monatsh., 5.)
6. Technik,
Technique.
Donop, L. V. Ä. 0. Troitzsch als Förderer des
Farbenlichtdrucks u. d. Lithographie. (Natio-
nal-Ztg. 16. 1.)
Gjutningsmetoderna vid framställning af
bronsstatyer (Prof. Sellergren, Svenska slöjd-
föreningenstidskrift, Stockholm, 1907, H. 4.)
Jansen, G. M. Ä. Perspectief. Leerboek voor
de verschillende examens lager onderwijs, met
100 figuren in den tekst. Met een afzonder-
• lijk aanhangsel mit vragen en vraagstukken.
Groningen, P. Noordhoff. Gr. 8®. (IV, 150 !
blz.). fl. 1.30. Äanhangsel (III,76blz.) fl.— .70. .
Kiesling. Hiersemanns Handbücher. 8^^. Leipzig,
K. W. Hiersemann. 2. Bd. Kiesling, Ernst: :
Wesen u. Technik der Malerei. Ein Handbuch i,
f. Künstler u. Kunstfreunde. Mit 10 Text-
abbildgn. u. 17 Vollbildern. (165 S.) 08. 3.60;
geb. in Leinw. 4.80.
Körben Über Meßbildverfahren. (Zentralbl.
d. Bauverwaltg., 10.) i
Kraus, P. Äufforderung zum Kampf gegen i
die unechten Farben. — Nachtrag. (Werk- |
kunst, 9.)
Leiber, F. Vom Äutochromverfahren. (Ärch.
f. Buchgew., 3.)
7. Kultur, \
Culture.
Baugesinnung, Die neue. (Grenzboten, 9. IV.) |
Butz, W. Denkmal u. Persönlichkeit. (Blau- j
buch, 11). I
Heuß, Th. Geschmack im Älltag. (Hilfe, 13). i
Lefler,H. Die Kunst im Festzug. (DieZeit,19.IV.) i
Lux,J. Ä. Böcklin als Kulturspender. (Dtsche. j’
Kultur, März).
Reidi, E. Bestrebungen f. Volksanteil an d.
Kunst. (Dokumente d. Fortschritts, 5.)
Rembrandt als Erzieher. Von einem Deut- '■
sehen. 48. Äufl. (V. 356 S. gr.S®. Leipzig,
C. L. Hirschfeld 08. 2.—.
Schulze-Elberfeld, 0. Künstlerische Be- ■
gabung u. künstl. Erziehung. (Dtsche. Kst. u. ;
Dek., 7.) ;
Sdiwarz, O. Die staatl. Äusgaben f. Kunst- '
zwecke in Frankreich u. Deutschland. (Inter-
nat. Wochenschr. f. Wissensch., Kst. u. Techn.,
28. III.)
Stiehler, Ä. Wie überwindet man dieMuse-
ums-Müdigkeit? (Zur guten Stunde, 7.)
DERKUNSTSAAMLER
ORGÄN FÜR DEN INTERNÄTIONÄLEN KUNSTMÄRKT
UND DIE INTERESSEN DER SÄMMLER.
DIE VENTE CHERÄMY.
II.
Die Resultate.
Die Sammlung Cheramy, über die wir in der
vorigen Nummer einen kurzen Überblick ge-
geben haben, ist am 5. — 7. Mai bei Georges
Petit in Paris versteigert worden. Das war
eine Überraschung, da noch vor wenigen Wochen
niemand daran dachte, daß es dieser Sammlung
beschieden sein würde, den Höhepunkt der dies-
jährigen Saison des Hotel Drouot zu bilden.
Die Preise haben die Taxwerte häufig über-
schritten, doch machte sich am dritten Tage eine
gewisse Ermüdung geltend. Der Gesamtertrag
der 413 Nummern umfassenden Sammlung be-
trug 1242287 fs. Unter den Käufern befanden
sich nur wenige Ausländer, da die Nachricht von
der bevorstehenden Versteigerung im Äuslande
nicht genügend verbreitet worden war. So
haben wir bis jetzt nicht in Erfahrung bringen
können, daß nennenswerte Stücke den Weg
nach Deutschland genommen hätten.
Verschiedene Werke wurden für öffentliche
Sammlungen erworben. Das L o u v r e ist außer-
ordentlich zurückhaltend gewesen. Es ist einen
Augenblick die Rede davon gewesen, die Lola
Ximenez von Goya zu erwerben, doch wurde
davon Abstand genommen. Leider hat man
sich nicht entschließen können, einige der Skiz-
zen von Delacroix, wie den „Tobias“ zu kaufen,
die Delacroix von einer für die Bestände des
Louvre ziemlich neuen Seite gezeigt hätten. Man
begnügte sich lediglich durch Herrn Leprieur
erwerben zu lassen: Nr. 287. Corot, nacktes
Mädchen, Zeichnung (21 : 18) für 360 fs. — 322.
Delacroix, zwei Skizzenblätter (Frau und
Araber) für 1200 fs. zu steigern, endlich erwarb
Herr Leprieur Nr. 306. Delacroix, MuseHesiod
inspirierend (Zeichnung, 22 : 28) für 1000 fs.
Die Provinzmuseen haben einen regeren
Anteil an den Verkäufen genommen. Das Mu-
seum vonRouen, der Vaterstadt Gericaults, hat
in glücklicher Weise seine bisher sehr geringe
Sammlung von Werken dieses Künstlers er-
gänzt durch Nr. 56. Gericault, Offizier der
Kaiserlichen Garde, angreifend, Ölskizze (42 : 35):
19000 fs. (verlangt 12000, auf der vente Cou-
tant Hauguet 1889 mit 8000 fs. bezahlt). Sehr
rührig war das Museum von Lyon. Es hatte
das große Glück Nr. 53. Gericault, die Närrin
(70 : 56) für 7500 fs. zu erwerben (verlangt
5000 fs.) ferner: — 94. Prudhon, Triumph
Bonapartes (90:117) (früher Sammlung Viot und
Durand Ruel): 22000 fs. (verlangt 10000 fr.) —
376. Ingres, Skizze für das „goldene Zeit-
alter“, von Ingres, Charles Blanc gewidmet.
(45 : 60) 2300 fs. (verlangt 600 fs.). Dies Werk
wurde gegen das Louvre erstritten. Den „Grafen
Palatiano“, Nr. 159 (41:33) von Delacroix
mußte Lyon im Kampfe gegen Herrn Schoeller
aufgeben. Ferner erwarb das Museum von
Lyon: — 186. Delacroix, Mystische Hochzeit
d. hl. Katharina (Ölskizze, 27 : 28) 1000 fs. —
217. Manet nach Delacroix, die Dantebarke
(36:43) 2300 fs. (Taxe 1500). — 232. Ricard
nach Rembrandt, Die Stalmeesters (^8:63)
2600 fs. — 237. Tassaert, Ruhende Nymphe
(32:24) 1600fs. Das Museum von Versailles
erwarb für seine historische Porträtgalerie Nr. 69.
Girodet - Trioson, Porträt Chateaubriands
(125 : 90) 2200 fs. — Die Freunde des Museums
in Gent, endlich haben einen unglaublich guten
Griff getan mit Nr. 57. Gericault, Der Mörder,
(aus der Serie der Narren) (60 : 48) 1050 fs. (ver-
langt 3000 fs.). (Dieses Bild, wie die nach Lyon
verkaufte Närrin, gehörten der Sammlung Charles
Jacque an).
Wir geben in folgendem zunächst einen
Überblick über die „pieces de resistance“
der Sammlung Cheramy, die einen charakteri-
stischen Überblick über die Preisbewegung geben.
Es war auch diesmal wieder zu beobachten,
daß, trotz der augenblicklichen gedrückten wirt-
schaftlichen Lage, alle Preise gegen frühere
Venten außerordentlich gestiegen sind. Nur bei
Ingres ist ein Zurückgehen zu beobachten, das
jedoch kaum eine symptomatische Bedeutung
haben dürfte.
Die Preise für die alten Italiener waren
überraschend hoch: 105. Werkstatt Leonardos,
Die Jungfrau in der Felsgrotte (154:125) (früher
Sammlung des Marquis de Pastoret, der es auf
den Rat Ingres erworben hatte, dann Samm-
lung Plessis-Belliere, wo es 1897 für 6300 fs.
488
Monatshefte für Kunstwissenschaft
verkauft worden war): 78000 fs. (Schoeller für
Herrn Hoffmann ; 60000 fs. verlangt). — 4. B ol-
traff io, Madonna della Casa Litta (Replik einer
Leonardo zugeschriebenen Madonna in der Ere-
mitage) (64:51) 7500 fs. (Haro). — 68. Gerino
daPistoia (von Berenson zugeschrieben), Chri-
stus am Kreuz (56 : 37) 7100 fs. (Kelekian, 7000 fs.
verlangt).— 104. Werkstatt Leonardos, Johannes
der Täufer (Replik des Louvrebildes; früher
Sammlung Haro pere) (58 : 46) 12500 fs. (Hat-
vang, verlangt 8000 fs.).
Unter den Spaniern war Nr. 71, Goya,
Porträt der Lola Ximenez (95 : 69) das Haupt-
stück. Dieses mehr durch minutiöse Durdifüh-
rung dis durch malerische Verve hervorragende
Werk erzielte 73000 fs. (Simon Oppenheimer,
verlangt 50000 fs.). Äudi Nr. 76, Greco, St.
Dominikus (117:80, frühere Sammlung don Se-
bastian de Bourbon et Braganza, dann Samm-
lung Duc de Dural) brachte 28000 fs. (S. Oppen-
heimer, verlangte 25000 fs. (ferner Nr. 77,
Greco, Teilung der hl. Tumika, (Skizze
Grecos nach dem Ältarbild in d. Kathedrale zu
Toledo (57 : 34) früher Sammlung Schwiter)
20200 fs. (Ducreg, Taxe: 8000 fs.). — 78. Greco,
Pieta (26:21) 3500 fs. (Fischoff, Taxe: 2000 fs.).
Für die Engländer schwankten die Preise
stark, da neben erstklassigen Werken, sich eine
Änzahl weniger bedeutender Stücke befanden.
Für das unglaublich schöne Bildchen Nr. 50,
Gainsborough, Reiter in e. Landschaft (29 : 35)
dessen blonde Lichtfülle man den schönsten
Claude Lorrains an die Seite stellen kann, kamen
nur 3100 fs. heraus (Walter Gag, Taxe: 3000 fs.).
— 98. Reynolds, Garrick als „mari jaloux“
(70:64,5) 12800 fs. (G. Petit, Taxe: 10000 fs.).
— 99. Romney, Lady Hamilton (45:37, oval)
12100 fs. (Marais, Taxe: 12000 fs.) unter den
Constables folgende Preise: — 6. Park des
erzbischöfl. Palastes in Salisbury (73 : 62) 6500 fs.
Simon Oppenheimer, Taxe: 8000 fs.). —7. Con-
stable, Frecton Tower (51:75) 10000 fs. (S.
Oppenheimer, Taxe: 12000 fs.). — 8. Malvern
Hall (54 : 78) 25000 fs. (S. Oppenheimer, Taxe:
15000 fs.). —12. Constable, Hampstead-Heath
(32 : 50, frühere Sammlung Miß Isabel Constable)
21000 fs. (S. Oppenheimer, Taxe: 12000 fs.) —
13. Constable der Heuwagen (92 : 120, Pendant
des Hay-Wain in d.Nat.Gallerg London) 22000 fs.
(S. Oppenheimer, Taxe: 25000 fs.). Bei den
Constables ist das Äbweichen von Taxwert und
erzielten Preis bemerkenswert.
Von französischen Bildern sind ganz
überraschend die Schicksale des entzückend licht-
vollen Nr. 5. Chardin , Porträt Sedaines (47 : 37,
Sammlungen Didier, Ä. Dumasfils) 56000 fs. (Ge-
rard de Ganay, Taxe: 50000 fs. 1868: vente
Didier 400 fs. vente Dumas fils, 1892: 2700 fs.)
— Starke Preise für einige Gericault (s. o.).
— 55. „Der rote Lancier“ (46 : 38, Sammlungen
Eugene Delacroix, Prince Napoleon, Laurent
Richard 1 1 700 fs., vente Secretan, 1889 : 14100 fs.)
23100 fs. (Schoeller, Taxe: 18000 fs.). — Für
David kamen ein paar sehr hohe Preise heraus,
die beweisen, daß die klassische Kunst in der
Schätzung der großen Ämateure nicht zurück-
geht. — 44. David, Porträt der Marquise von
Pastoret, ein sehr duftiges Bild, der schönen
Madame Chalgrin des Louvre an die Seite zu
stellen (131 :98, vente David 1829; vente Ples-
sis-Belliere 1897, 17900 fs.): 41000 fs. (G. Petit,
Taxe: 40000 fs.). — 45. David, Porträt des
Marschalls Macdonald (Studie für die „Vertei-
lung der Ädler“ im Museum zu Versailles, 48 : 40)
15600 fs. (Jules Gallet, Taxe: 4000 fs., vente
Rothan 1890: 2700 fs.). — 46. David, Porträt
der Madame Morel de Tangrg (Mittelfigur des
bekannten Familienporträts im Louvre, (64:54)
früher Sammlung H. Dumas fils): 16100 fs. (Ke-
lekian, Taxe: 8000 fs.). Während so die Preise
für David stark angezogen haben, hat Nr. 208
Ingres Ödipus und die Sphinx seinen alten
Preis nicht mehr erreicht. (Replik des Louvre-
bildes, 105:80); vente Pereire 1872: 25000 fs.;
vente Secretan 1889: 17000 fs.): 15100 fs. (Ke-
lekian). Erstaunlich ist, daß Nr. 79 Baron Gros,
Porträt der Mlle. Mezeray, ein großes, kraft-
volles Porträt (98:80) nur 850fs. erzielte (Brunner,
Taxe: 1500 fs.).
Unter den romantischen Meistern sind die
für Delacroix erzielten Preise am interessan-
testen. Nach den erwähnten, von Museen er-
worbenen Stüdcen sind besonders hervorhebens-
wert und diarakteristisch : — 151. Delacroix,
Herkules und Älceste (31:425) 32500 fs. (Schoeller,
Taxe: 25000 fs. Vente Cronier 1905: 17400 fs.).
— 154. Delacroix, Hamlet u. Polonius’ Leiche
(58:48), Sammlungen Edwards 1870, Carlin,
Febvre, Fanien): 20000 fs. (Schoeller, Taxe:
25000 fs., vente Edwards 1870: 16700 fs.). —
160. Delacroix, Büßende Magdalena (31:23),
vente Dumas fils 1892: 2800 fs.: 15700 fs. (Taxe:
6000 fs.). — 162. Delacroix, Christus im Oli-
vengarten (27 : 35) 11 000 fs. (Petit, Taxe: lOOOOfs.
vente Vacquerie 1899: 8900 fs.; vente Fegdau
1903: 7700 fs.). — 169. Delacroix, Tobias und
der Engel, eine außerordentlich duftige und har-
monische Skizze (40 : 32) 18100 fs. (Sarlin, Taxe:
12000 fs.; vente Dutilleux 1874: 3900 fs.). —
171. Delacroix, Kopf e. alten Frau (40:32)
17000 fs. (Haro, Taxe: 10000 fs.; vente Dela-
croix 1864: 830 fs.).
Um die Corots entspann sich kein allzu
lebhafter Kampf. — 132. Corot, Venedig (28:39)
Der Kunstsammler
489
DÄVID: Marquise de Pastoret
□ (Katalog No. 44) □
(Hatvang, Taxe: 2000 fs.). — 20. Constable,
Hampstead Heath (21:29) 3100 fs. (Mme. S.
Meyer, Taxe: 2000 fs.). — 22. Constable, Ju-
biläum in East Bergholt, nadi Waterloo (23 : 33)
5225 fs. (Mme. Rosenmark, Taxe: 3000 fs.). —
27. Constable, Eingang v. East Bergholt (22 : 28)
4900 fs. (Petit). — 31. Constable, London
bridge (17:24) 3600 fs. (Älph. Kann, Taxe:
2000 fs.). - 43. Crivelli, Madonna (35:18)
3000 fs. (Kleinberger, Taxe: 4000 fs.). — 46.
David, Äntinous & Stratonice, Skizze für Rom-
preis (43 : 53) 8400 fs. (Petit, Taxe: 8000 fs.). —
47. bis. David, Rabaud de St. Etienne, 3000 fs.
(Ducreg). — 48. DürersSchule, Dornenkrönung
(29:21) 155 fs. (Dolch). — 49. Foppa, Christus
in Banden (56:35) 4000 fs. — 51. Gainsbo-
rough, Zigeuner im Walde (43 : 58) 800 fs.
(Haro). -—52. Gericault, Jamar. Porträt (74 : 58)
1200 fs. (Hatvang). — 54. Gericault, Der ver-
liebte Türke (60 : 50) 160 fs. (Renard). — 58.
Gericault, Pestkranke in Missolunghi (38 : 44)
300 fs. (Renard, Taxe: 1000 fs.). — 60. Geri-
cault, Köpfe d. Hingerichteten. Studie (48 : 60)
280 fs. (Äckermann). — 61. Gericault, Terrier
(21:26) 155 fs. (Dolch). — 67. Gericault, Dr.
Correard-Porträt (41:32) 90 fs. (Äckermann).—
74. vanGoyen, Fischer am Kanal (26 : 40) 4905 fs.
32
llOCO fs. (Bernheim jeune, Taxe: 10000 fs.). —
137. Corot, hl. Sebastian, ein sehr bekanntes
Bild (52 : 32) 4600 fs. (Matheg, Taxe: 4000 fs.).
Unter den modernen Bildern erzielte ledig-
lich Nr. 292. Degas, Porträt von Mlle. Dau-
bigny (Pastell, 54 : 39) den hohen Preis von
18000 fs. (Oppenheimer, Taxe: 12000 fs.).
Nachdem wir in obenstehendem die von
Museen erworbenen Werke, sowie die beson-
ders hohen Preise hervorgehoben haben, geben
wir in folgendem eine Gesamtübersicht, über die
noch hervorhebenswerten Resultate.
I. Älte Meister (alphabetisch). Nr. 1. Ben-
venuto di Giovanni, Christus mit Engeln
(32:43) 3250 fs. (Matheg). — 2. Boilly (zuge-
schrieben) General Kleber (53 : 39) 460 fs. (Meyer).
— 9. Constable, Glebe Farm (40 : 56) 6350 fs.
(Chaine et Simonsön, Taxe: 8000 fs.). — 10.
Constable, Stoke Church (36:44) 1900 fs.
(Coteau, Taxe: 3000 fs.). — 11. Constable,
Hof s. Hauses in Hampstead Heath (24 : 31)
1510 fs. (Blanche). — 14. Constable, Der Früh-
ling (31:44) 4600 fs. (Poidatz, Taxe: 4000 fs.).
— 15. Constable, Windermere See (32:57)
1500 fs. (Schoeller, Taxe: 3000 fs.). — 16. Con-
stable, Hampstead (24:30) 1700 fs. (Kann,
Taxe: 1000 fs.). — 17. Constable, Haus am
Ufer des Stour (24:32) 3750 fs. (Petit, 4000 fs.).
— 19. Constable, Boot, Schiffer (25 : 30) 2300 fs.
INGRES: CEdipus und die Sphinx
□ (Katalog No. 208) □
490
Monatshefte für Kunstwissenschaft
(Decourcelle, Taxe : 3000 fs.). — 75. vanGoyen,
Die Fähre (26 : 40) 2200 fs. (Petit, Taxe: 3000 fs.).
— Greco, Pieta (26:21) 3500 fs. (Fisdioff,
Taxe: 2000 fs.). — 80. Guar di, Kanal. Venedig
(18:27) 3100 fs. (marquise de Ganag). — 81.
Guar di, San Midiele (16:23) 1550 fs. (m. de
Ganag, Taxe: 2500 fs.). — 82. Hoppner, Junge
Frau im Samtbarett (45 : 40) 6000 fs. (Bouet,
Taxe: 4000 fs.). ~ 84. Th. Lawrence, Ladg X.
(75:62) 3900 fs. (Böhler, Taxe: 4000 fs.). — 87.
Masolino da Panicale, Madonna u. Jesus
mit d. Granatapfel (61 : 35) 1500 fs. (Fisdioff,
Taxe: 1200 fs.). — 90. Morl and, Zigeuner im
Walde (29:36) 3600 fs. (Baron de Croze, Taxe:
600 fs.). — 96. Prudhon, Napoleon I. u. sein
Generalstab (37:28) 1280 fs. (Meger). — 97.
Raeburn, Weibl. Porträt (73:59) 2300 fs. (Böhler,
Taxe: 2000 fs.). — 100. Rubens, Nero (33:26)
3500 fs. (Taxe: 4000 fs.). — 103. Turner, D.
Künstlers Haus in Twickenham (19:21) 2000 fs.
— 106. Spanische Schule, Copic der Gio-
conda, (69 : 54) 4500 fs. (Wedel).
II. Moderne Bilder (alphabetisch). Nr. 113.
Bonington, Seine oberhalb N. Dame (24:33)
3600 fs. (Kann, Taxe: 3000 fs.). — 114. Boning-
ton, San Marco (25:34) 1550 fs. (Linol). —
115. Bonington, San Marco Campanile (25: 35)
1250 fs. (Viau). — Bonvin, Stickende Nonne
(46:38) 2550 fs. (Javal, Taxe: 3000 fs.). — 121.
Chasseriau, Tänzerin Petra Camara (32:24)
950 fs. (Boussod). — 123. Corot, Ruinen des
Tempels d. Jupiter Stator (21 : 16) 800 fs. (Blot).
124. Corot, Der Ritter (100: 65) 7000 fs. (Brame,
Taxe: 8000 fs.). — 125. Corot, Älbano-See bei
Castel Gandolfo (23 : 46) 2050 fs.). — 127. Corot,
Terrasse d. Palazzo Doria in Genua (25:36)
5300 fs. (Matheg, Taxe: 5000 fs.). — 131. Corot,
Genzano am Nemi-See (25:55) 4200 fs. (Gut-
mann, Taxe: 4000 fs.). — 134. Corot, Junge
italienische Frau (30: 17) 2000 fs. (Leprieur). —
136. Corot, „La petite pie“ (39:27) 4300 fs.
(Tempelaere, Taxe: 4000 fs.). — Courb et, meist
wenig interessant. — 141. Courbet, „Die alte
Hexe“, glänzende Copie nach F. Hals (90:70)
3100 fs. (Vollard, Taxe 3000fs.). — 142. Courbet,
Die Felsen (64 : 80) 3700 fs. (Gradt & Madoule,
Taxe: 5000 fs.). — 143. Courbet, Das Stau-
werk (67 :81) 2900 fs. (Kelekian, Taxe: 6000 fs.).
— 144. Courbet, Die Badenden (40 : 30) 1200 fs.
(Bernheim jeune). — 145. Couture, Frauenkopf
(44 : 38) 1000 fs. (Petit). — 147. Couture, Skizze
zum Kopf der Prinzessin Mathilde (91 : 71) 160 fs.
(Uhde) — 149. Degas, Männl. Studienkopf
(26:21) 1705 fs. (Brame). — 153. Delacroix,
Studie, Pantoffeln (15 : 19) 4500fs. (Wedel, Taxe:
2000 fs.; 1887 vente Sensier, 785 fs.). — 155.
Delacroix, Bacchus u. Äriadne (56:47) 2650 fs.
— 156. Delacroix, Ovid bei den Skythen
(57 : 55) 5500 fs. (Hatvany ; 1899 vente Choquet, ,
(1850 fs.). — 157. Delacroix, Christus und !
Thomas (42 : 31) 8100 fs. (Taxe: 1500fs.) — 158.
Delacroix, Paganini (41:28) 8200 fs. (Kele-
kian, Taxe: 8000 fs., vente Herrmann 1879;
1650 fs.; vente Champfleurg 1890; 2305 fs.). —
161. Delacroix, Hassans Tod (22:28) 4500 fs. .
(Petit). — 163. Delacroix, Der Sänger Baroilhet '
als Türke (46:37) 3600 fs. (Baron Vita, Taxe:
6000 fs.). — 164. Delacroix, Löwe ein i
Pferd verschlingend (150 : 205) 1200 fs. (Hatvany).
— 165. Delacroix, Selbstporträt als Hamlet
(40:31) 7500 fs. (Vedel). — 170. Delacroix, '
Numa und Egeria (24:28) 7100 fs. (Baillehache, i
Taxe: 6000 fs.). — 172. Delacroix, Odaliske
(37:44) 6800 fs. (Montagnac). — 174. Dela- !
croix, König Rodigro, dekoratives Panneau i
(192 : 95) 1850 fs. (vente Dumas fils 1892: 3000 fs.).
— 179. Delacroix, Der Park von Nohant
(44 : 54) 2100 fs. (Kelekian). - 190. Delacroix,
Porträt von George Sand (72:56): 1350 fs. i
(Dr. Viau). '
Nr. 196.F antin-Latour, Ätelierwinkel (24:41) I
1900 fs. (Mme. deBasili, Taxe: 600 fs.). — 196. 11
Fantin-Latour, Drei Pfirsiche (19:24) 1050 fs. \
(Tempelaere). — 198. Fantin-Latour, Ver- ■
suchung (69:25) 3800 fs. (Sursock). — 201. Il
Fantin nach Delacroix, Die Kreuzfahrer (42:50) [
1200 fs. (Gonse). — 206. Henner, Nymphe am. \
Quell (25:17) 4400 fs. (Sursock, Taxe: 1800 fs.) I
— 209. Ingres, Fußstudie für die „Ilias“ (17:21) |
3500 fs. — 210. Ingres, Die griechischen Tra- |;
giker (38:45) 2300 fs. (Petit). — Ingres, Por- [
trät des Bildhauers Lemogne (43:34) 520 fs. (!!) l
(Haro). I
Nr. 214. Landseer, Junge Mutter (51:45) j
1220 fs. — 215. Manet, Porträt Moores (64 : 80) i
825 fs. (Vollard). — 219. Manet, Souvenir de I
Velasquez (44:35) 1700 fs. (Tripier). — 222. j
George Michel, Steinbruch (49:64): 150 fs. [
(Uhde). — 224. Gustave Moreau, Kreuzab- 1
nähme (53:45) 2000 fs. (Hatvany). — 227. Pu vis i
de Chavannes, Magdalena (161:108) 6200 fs.
(Durand Ruel, Taxe: 12000). — 231. Ribot,
Die Köchin (33:26) 2000 fs. (Kelekian). -
Tassaert, Frauen in Interieur (35:27) 1600 fs. I
(Hatvany).
III. Älte Pastelle, Äquarelle, Zeich- )
nungen. 264. Prud’hon, Frauenakt (61 : 34) /
2100 fs. (de Grammont). — 266. Prud’hon, la
Sich frisierende Frau (45 : 27) 1550 fs. (Gerard de
Ganag). — 267. Prud’hon, Die Musik (69:31) !
5100 fs. (Sorel).
Der Kunstsammler
491
IV. Moderne Pastelle, Äquar eile, Zeich-
nungen. Nr. 272. Barge, Der sdiwarze Panther
(Äq., 14:23) 3200 fs. (Petit). — 273. Barge,
Tiger in der Wüste (Äq. 22 : 28) 1949 fs. (Beur-
deleg). 288. Corot, Röhridit am FluBufer
(Z., 24: 31) 1000 fs. (Blot). — 291. Daumier,
Der Künstler und sein Werk (38:39) 3050 fs.
(de Grammont). — 293. Delacroix, Jüdischer
Dragoman, Tanger (Äq., 34 : 20) 5500 fs. (Oppen-
heimer, Taxe: 3000 fs.). — 297. Delacroix,
Lgkurg und die Pgthia (Pastell, 24:30) 1850 fs.
(Morel). — 299. Delacroix, Babglonische Ge-
fangensdiaft (21 : 28, Äq.) 4600 fs. (Schoeller,
Taxe: 1000 fs.). — 304. Delacroix, Marokkaner
zum Kampf ausziehend (Äq., 22:43) 5500 fs.
(Oppenheimer). — 309. Delacroix, Marokkaner
im Kampf (25:22, Äq.) 2800 fs. petit). — 317.
Delacroix, 4 Blätter mit orientalisdien Figuren.
4200 fs. (Sdioeller). ^ 340. Delacroix, Löwe
und Löwin, Federzeidinung (23:32) 9500 fs.
(Haro, Taxe: 8000] fs. — 380. Jongkind,
Stille See (Äq., 15:28) 6000 fs. (Koedilin). -
382. Manet, Erdbeere, 270 fs. (Decourt). —
383. Manet, Frauenstudie. Äq., 1450 fs. (Petit).
384. Meissonier, Sdiildwache (Äq.) 710 fs.
(Haro, Taxe: 1260). — 386. Menzel, Hände-
studien, 475 fs. (Brame). — 387. Menzel,
Männliches Porträt, 590 fs. (Beurdeleg). — 387
bis Menzel, Junge Italienerin, 430 fs. (Tempe-
laere). — 388. Menzel, Frauenkopf, 260 fs.
(Stroehlin). — 390. Mi 11 et, Der Holzfäller
(39:28) 1250 fs. (Matheg, Taxe: 2000 fs.)
CONSTÄBLE: Malvern Hall
□ (Katalog No. 8) □
GRECO: St. Dominikus
□ (Katalog No. 76) □
— 391. Millet, Krug-
tragende Frau (37 : 28)
3800 fs. (Sdioeller). —
393. Millet, Mütterliche
Hilfe (29:22) 6000 fs.
(Rosenmark).— 394. Millet,
Badende (35 : 41) 2400 fs.
(Haro). — 397. Gustave
Moreau, Sappho (Äq.,
27:15) 1900 fs. (Decourt).
398. G. Moreau, Muse
am Seeufer (40:22) 1800 fs.
(Boussod). — Pissarro,
Wäscherinnen 900 fs.
(Strauß). — 406. Th.
Rousseau, Die kleine
Brücke (16,: 22, Äq.) 1300 fs.
(Petit). — 407. Rousseau,
Landsdiaft a. d. Äuvergne
(Äq., 20 : 30) 900 fs. (Bra-
me). — 413. Delacroix,
Pferd vom Tiger ange-
griffen, Litho, erster Äb-
diuck, 1120 fs. (Petit).
R. Ä. Meger.
492
Monatshefte für Kunstwissenschaft
DER KUNSTMÄRKT
BERLIN =
Gemälde alter Meister, namentlich Holländer,
kamen am 13. Äpril bei Rud. Lepke zur Ver-
steigerung. Es wurden teilweise sehr schöne
Preise erzielt; selbst Kopien (Rubens, Christus
und Johannes als Kinder, 420 M. etc.) gingen
gut. Rubens, Petrus empfängt von Christus
das Sdilüsselamt 2500 M. Drooch-Sloot, Land-
schaft mit vielen Personen 400 M. Isaak van
Ostade, Interieur mit Zwergentanz 1410 M. P.
Breughel d. A., Waldweg mit viel Staffage 335 M.
vanDgck zugeschrieben: Männerporträt 810 M.
J. van Son, Stilleben 1300 M. Joh. Kupetzky,
Brustbild eines Mannes 620 M. Vlämisch: alle-
gorische Halbfigur 640 M. Sal. Ruysdael,
Kanallandschaft 310 M. J. Gerritz Cugp, Halb-
figur eines j. Mädchens 600 M. D. de Heem,
Stilleben 2020 M. P. Moreelse, Junge Frau mit
Tauben 465 M. L. v. Uden, Hügelige Land-
schaft 850 M. Ferd. Bol, Gelehrter 1000 M.
Everdingen, Norwegische Landschaft 345 M.
— Von Altniederländern war beachtenswert;
H. V. d. Goes, Halbfigur der Madonna 2350 M.;
D. Bouts d. J., Madonnen-Triptgchon 2550 M.
Von Deutschen: zwei Heiligenbilder Schäuffeleins,
zusammen 300 M.; Madonna in Landschaft,
Art Dürers, 450 M. — Ein Prinzessin - Porträt
vor Coello erzielte 2500 M.; ein Porträt von
Graff 500 M.; ein französisches Genrebild des
18. Jahrh. 1460 M.; endlich eine hl. Familie von
Vasari 305 M.
Moderne Bilder aus dem Nachlaß von Prof.
G. Bleibtreu wurden am 7. April bei Lepke ver-
steigert. Auktionen solcher Art erregen mit fast
unfehlbarer Sicherheit unbehaglich gemischte
Gefühle; das Echte wird selten seinem Werte
nach geschätzt, die Routine aber in der Regel
sehr überzahlt. Allerdings brachte eine sehr
schöne Dekoration, Frühlingsstimmung von L. v.
Hof mann 2700 M.; eine Regenbogenlandschaft
von Leop. v. Kalchreuth llOOM.; Stilleben von
Breyer 510 M., ein Kinderbild von E. Pottner
310 M., Meerbild von Ulrich Hübner 600 M.,
und „Bergsteiger“ von Sperl — aus der frucht-
baren Zeit seines Zusammenarbeitens mit Leibi.
— 450 M. Aber das will nicht zu viel bedeu-
ten, wenn ein junges Mädchen von Nonnenbruch
1310 M., Genrebilder von P. Sahnas 1000 M.,
2060 M., Kardinäle von Gallegos 2400 M. ein-
bringen.
Eine Porzellansammlung aus dem Nach-
lasse von F. F. Jost (Leipzig) gelangte am
14. April bei Lepke zur Versteigerung. Der Ge-
samtumsatz war 18805 M. Wir verzeichnen
nur einige der bedeutendsten Stücke, die an-
geblich alle aus Meißen stammten. Zwei frühe
Deckelbecher mit dem Goldspitzendekor der
Heroldschen Epoche (um 1730) erreichten 1490 M.,
in erheblichem Abstand folgten die andern:
Schäfergruppen won Azier 170 und 265 M.
Tscherkesse, wohl eine frühere Arbeit Händlers,
485 M.; ein Flußgott, vermutlich von derselben
Herkunft 135 M., 3 Pierrots von Händler (c. 1735)
390 M., der große Bologneser Hund (für die
Gräfin Moscinska 1766 von ihm gearbeitet)
360 M. Eine Meißner Gruppe „Ringelreihen“
505 M. „Familienglück“, Gruppe aus der Mar-
colinizeit, 310 M., Gärtnergruppe desgl., 335 M.
Ein Paar Prunkvasen im Stil von Delafosse,
440 M. Japanisierende Prunkvase (Frühzeit, für
den Gebrauch des Königs gearbeitet) 205 M.
Handzeichnungen und Aquarelle von
höchster Qualität aus verschiedenen Sammlun-
gen gelangen am 25.-27. Mai bei Amsler
und Ruthardt in Berlin zur Versteigerung.
Diese Auktion verspricht für alle Sammler ein
Ereignis zu werden; die Illustrationen des
Kataloges geben eine Vorstellung von der
außerordentlichen Zahl geistvoller und kost-
barer Blätter. An der Spitze steht eine Pieta,
Tempera auf Leinwand, mit Wahrscheinlichkeit
H. V. d. Goes zugeschrieben. Sonst überwiegen
weitaus Niederländer des XVII. Jahrhunderts.
Von Rembrandt allein sind 11 Zei^nungen da;
5 von van Dyck, ebensoviele von Jordaens,
9 von den beiden Ostade, 7 von den beiden
Ruysdal, 10 von Goyen, 12 von Everdingen,
u. s. f. Eine geistreiche „Bürgerfamilie“ von
Elsheimer übetrascht; ein weiträumiger Schlacht-
entwurf von Feselen gehört wohl auch zu den
Seltenheiten. Von Italienern sind zu nennen Pisa-
nello (2), Lor. diCredi (eine Kopfstudie), Tinto-
retto (5), Giov. da Udine (8). Ein schwungvoller
Kompositionsentwurf von Ribera mag den Be-
schluß bilden: kaum das Allerwichtigete ist aber
im Auszug genannt. S.
s
FRÄNKFURT a. M. =
In der Gemälde -Verzteigerung von Rudolf
Bangel am 6. Mai brachte das einzig bedeutendere
Bild des Tages: Ferd. Georg Waldmüller, Still-
leben, einen Preis von 7730 M.
s
LEIPZIG — =
Bei C. G. Börner, Leipzig, hat in der Zeit
vom 5. bis 7. Mai unter regem Zuspruch eine
bemerkenswerte Versteigerung stattgefunden,
deren Resultate weitere Kreise interessieren
Der Kunstsammler
493
dürften. Über die bekannte Handzeidinungen-
sammlung von Eduard Cidiorius, in deren
Mittelpunkt die Blätter von Ludwig Richter und
seinen Zeitgenossen standen, ist an dieser Stelle
sdion berichtet worden. Zudem ist gerade die
Äbteilung mit den Originalarbeiten Richters so-
wohl in Leipzig wie Berlin vor der Versteige-
rung ausgestellt gewesen. Es genügt deshalb,
an dieser Stelle einige der bemerkenswertesten
Resultate anzuführen, die besonders interessant
sind, weil sie für die Wertschätzung Ludwig
Richters erneut Zeugnis ablegen.
Unter den bedeutenderen Blätern — und nur
von diesen soll die Rede sein — erreichte Nr. 2
die „Kindersgmphonie“ M. 1570,—. Nr. 12 „Kar-
toffelernte“ M. 1240,—. Nr. 13 eine Zeichnung
in Sepia mit italienischer Landschaft M. 630,—.
Nr. 36. Weihnachtsabend vom Turm geblasen,
eines der bekanntesten Äquarelle des Künstlers,
die stattliche Höhe von M. 1850,—. Äußerdem
seien genannt Nr. 37 mit M. 1060, — , Nr. 40 mit
M. 770,—, Nr. 55 unter dem Titel „Kunst bringt
Gunst“, das Original zu dem berühmten Holz-
schnitt, mit M. 1810,—, Nr. 56 mit M. 720,—, Nr. 77,
das Äquarell einer böhmischen Landschaft mit
Bauernfamilie mit M. 1650,—, Nr. 91 „Äm Dorf-
brunnen“ mit M. 1530,— und das schöne stim-
mungsvolle Äquarell „Der Wanderer“ unter
Nr. 130 mit M. 1700,—, Nr. 198 M. 1610,—, Nr. 224
M. 460,-, Nr. 225 M. 560,—, Nr. 227 „Obstfrau“
M. 1630, — . Die neun Blätter des „Vater Unser“
in den Originalzeichnungen des Meisters brachten
die stattliche Höhe von M. 4520,—.
Notiert seien ferner Nr. 235 mit M. 950,—,
Nr. 237 mit M. 450,—, Nr. 248 mit M. 880,—,
Nr. 251 mit M. 901,—, Nr. 252 mit M. 510,—,
Nr. 254 mit M. 840, — , und endlich die große,
Landschaft „Än der Teufelsmauer“ Nr. 255,
welche M. 1050,— erreichte.
Äußer diesen Originalzeichnungen Richters
kam noch eine Sammlung von Handzeich-
nungen, zumeist aus der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, unter den Hammer. Erwähnt
seien Nr. 258 ChocJ^owiechi mit M. 450,—, der-
selbe Nr. 267 mit M. 560,—, derselbe Nr. 270
mit M. 260,—. Unter den Ärbeiten von Genelli
erreichte Nr. 293 mit M. 510,— den Höhepunkt,
während die übrigen Ärbeiten sich meist auf der
Linie von M. 100,— zu M. 300,— bewegten.
Notiert sei ferner Hieronymus Heß, dessen
Landschaft Nr. 513 M. 350,— erzielte. Josef
Änton Kochs Änsicht von Taormina Nr. 339 ging
für M. 420, — weg , sein Skizzenbuch (Nr. 350) mit
37 Änsichten aus der Umgebung Roms für
M. 220,—.
Overbecks „Christus beim Äbendmahl“ Nr.
378 erzielte M. 340, — . Des älteren Preller
(Nr. 381) „Eichen auf Rügen“ M. 440,—, der-
selbe Nr. 382 M. 520,— . Bemerkenswert ist auch
vor allem Nr. 400, eine Sepiazeichnung Älfred
Rethels „Der Tod Barbarossas“, die einen Preis
von Mk. 1710,— erzielte.
Bedeutende Summen wurden endlich für
Moritz von Schwind bezahlt. Wir notieren
452 mit M.675,— , Nr. 453 mit M.810,— Nr. 457
mit M. 630,—.
Äm 7. Mai versteigerte dieselbe Firma
Kupferstiche älterer Meister, in erster Linie Är-
beiten Älbrecht Dürers, für die ebenfalls beträcht-
liche Preise erzielt wurden. So kam Nr. 36
„Die Geburt Christi“ für M. 2800,— , Nr. 37 „Die
Kupferstich-P assion für M. 5000, —, Nr. 39 „ Christus
am Kreuz“ für M. 680,—, Nr. 51 „Der heilige
Hieronymus“ für M. 2560,— unter den Hammer.
Äußerdem seien erwähnt Nr. 53 mit M. 1400,—,
Nr. 57 „Die Melancholie“ mit M. 2600,—, Nr. 59
„Der Traum“ mit M. 1300,—, Nr. 60 mit
M. 480,—, Nr. 62 mit M. 530,—, Nr. 67 mit
M. 560,—, Nr. 70 B. Pirkheimer mit M. 1300,—,
„Der große Triumphwagen“ (113) mit M. 2350,— .
Äm 8. und 9. Mai kamen endlich am gleichen
Orte Äutographen unter den Hammer, eben-
falls von erlesener Qualität und teilweise von
großer Seltenheit. Wir beschränken uns, die
wichtigsten aufzuführen. Es erzielten Nr. 1
Musikmanuskript von Johann Sebastian Bach
M. 5550,—, Nr. 8 Beethoven-Brief M. 660,—,
Nr. 10 M. 3750,—, Nr. 11 Mk. 5100,—, Nr. 12
M. 4250,—, N. 44 Brahms, M. 1110,—, Nr. 47
M. 3100,— , Nr. 49 M. 1510,-, Nr. 80 Haydn
M. 5680,—, Nr. 109 Mendelssohn M. 2110,—.
Nr. 130 das Porträt Mozarts von Ingres M. 560,—,
Ferner Nr. 149 Schubert M. 2000,—, Nr. 150
M. 810,— , Nr. 158 Schumann M. 1200,—,
Nr. 159 M. 1200,—, Nr. 183 Wagner M. 965,—.
Unter den Äutographen von Goethe seien
notiert Nr. 258 mit M. 330,—, Nr. 259 mit
M. 400,—. Eine Bleistiftzeichnung Nr. 268 mit
410,—. Heines Gedichtmanuskript Nr. 321 er-
zielte M. 1210. Friedrich von Schillers noch unge-
druckte Korrespondenz über die Scheidung seiner
Schwägerin Nr. 404 ging für M. 1340,— fort.
Ein Brief an Körner Nr. 408 erzielte Mk. 650,— .
Äuch sonst wurden durchweg ansehnliche
Preise erreicht.
s
MÜNCHEN =
Innerhalb des großen Äusstellungsunter-
nehmens von 1908 wird von den großen und
kleinen Firmen des Münchener Äntiqui-
tätenhandels die Einrichtung einer be-
sonderen kunsthistorischen Äbteilung
494
Monatshefte für Kunstwissenschaft
geplant, die der Bedeutung des Münchener
Marktes entsprechen wird. Die Äuswahl der
auszustellenden Objekte unterlag einer aus
Kunsthistorikern und Kunstsammlern zusammen-
gesetzten Jurg, das äußere Ärrangement liegt
in den bewährten Händen von Professor Benno
Becker. Von hervorragenden Firmen sind ver-
treten: Hofantiquar Böhler mit Gobelins, Öl-
gemälden, deutschen Holzplastiken usf.; W.
Böhler mit einzelnen erlesenen gotischen Fi-
guren; Ä. S. Dreg mit guten Bronzen aus dem
14. und 15. Jahrhundert, Silber und Majoliken;
Hofantiquar Kommerzienrat Steinharter mit
kunstgewerblichen Gegenständen, namentlich
wertvollem Silbergerät und Elfenbein; J. Dreg
ebenfalls mit schönem Silbergerät, Plastiken,
Fagencen und Webereien; H. Helbing mit Ob-
jekten aus allen Gebieten des Kunsthandels;
Lämmle mit besonders interessanten Klein-
plastiken der gotischen Epoche und Kleinodien;
L. Stern mit einer Reihe von Holzskulpturen,
Bronzen usw. ; ebenso H. Einstein und
Weißenbeck. Natürlich wird auch die Welt-
firma von Bernheimer mit ausgezeichneten
Gobelins, Möbeln und italienischen Plastiken
trefflich vertreten sein. Die Münzhandlungen
von Dr. Hirsch und Merzbacher repräsen-
tieren das Gebiet des antiken Numismatik und
der Renaissancemedaille. Äuch die Buchanti-
quariate von Halle, L.Rosenthal, J. Rosen-
thal, Emil Hirsch und Heß werden zahlreidie
kostbare Handschriften und Einbände auf die
Äusstellung bringen, die für den Kunstgelehrten
und den Kunstsammler hochinteressant zu wer-
den verspricht, da sie den wertvollsten Besitz
des gesamten Münchener Kunsthandels an einer
Stelle vereinigt. Die Herausgabe eines wissen-
schaftlichen Kataloges ist ebenfalls besdilossen,
mit dessen Abfassung die Kunsthistoriker Dr.
Bassermann-Jordan, Dr. G. Habich und
Dr. Lei ding er betraut wurden.
Über die bemerkenswerten Versteigerungen
im Äpril wurde bereits im letzten Heft ausführ-
lich berichtet. Nach den Osterferien fand bei
Helbing am 7. Mai eine kleine Auktion von
Bildern statt, unter welchen die alte Münchener
Schule vorherrschte (Anton Seitz, Schleich sen.,
Morgenstern, Voltz, Willroider, Zimmermann).
Darunter auch zwei Werke von Füger
(Morgen und Dido am Scheiterhaufen), Haber-
mann , und drei prächtige Landschaften von
Stäbli.
Im Laufe des Mai finden bei Helbing zwei
große Versteigerungen statt. Am 19. Mai wird
die Sammlung des Professors Julius Naue,
am 26. Mai die Sammlung Leinhaas ver-
steigert, über welche der Besitzer in der Zeit-
schrift für christliche Kunst berichtet hat. Wäh-
rend die erstere Auktion die Archäologen und
Prähistoriker nach München ziehen wird, fordert
die letztere die Freunde und Sammler der
mittelalterlichen deutschen Kunst, vornehmlich
der Holzplastik, für sich auf.
Professor Dr. Julius Naue war eine bei
Künstlern und Gelehrten wohlbekannte Persön-
lichkeit und als Schüler und Freund Schwinds,
als Besitzer einer umfangreichenSchwind-Samm-
lung, als unermüdlicher Forscher auf dem Ge-
biete der Vorgeschichte Bayerns und rüstiger
Mitarbeiter an der Errichtung des Bayerischen
Prähistorischen Museums geschätzt. Die Samm-
lung zeigt ihn als Freund auch des klassi-
schen Altertums und als Forscher der Vorge-
schichte der Länder des Mittelmeerbeckens.
Naue, der mit Schliemann innig befreundet war,
hat auch auf diesem Gebiete in einer ganz be-
stimmten Richtung gesammelt: der Typologie
namentlich der Gefäße war seine Aufmerksam-
keit gewidmet: von dem protoägyptischen Ge-
fäßen, (3. Jahrtausend v. Chr.) bis zu denen der
hellenistischen Zeit hat die Sammlung eine statt-
liche Reihe merkwürdiger Stücke aufzuweisen.
Neben den Gefäßen sind die figürlichen Ter-
rakotten zu erwähnen. Den Höhepunkt des
Ganzen bezeichnen indessen einige hervorragend
schöne Marmorarbeiten von einer gemein-
samen Fundstätte in Karien stammend. Reich
ist die Sammlung in kleinen Objekten z. B. ein
bei Kerak (dem alten Kirmoal) in Palästina ge-
fundener Terrakottalöwe, ein Kuriosum durch
seine Bilinguität (er enthält eine Keilschrift neben
einer punischen), dann vor allem der Goldschmuck
der Mykenaezeit: eine Goldmaske, die als vierte
zu den von Schliemann gefundenen hinzutritt;
ein Goldblech mit der Darstellung dreier Krieger
und eine kleine goldene Brillenspirale. Typo-
logisch interessant ist ferner die Abteilung der
Bronzearbeiten. — u —
s
PÄRIS
Der Monat April war in seiner ersten Hälfte
recht belebt. Es fand zunächst am 6. April eine
wichtige Versteigerung von alten Möbeln und
Tapisserien statt, bei der hohe Preise erzielt
wurden, besonders unter den Tapisserien gingen
Stücke mit 35000, 33500 und 46000 fs. weg. Die
Sammlung Per ier brachte am 7. April als piece
de resistance einen Diaz (Nymphen) für den der
hohe Preis von 13000 fs. erzielt wurde; ein
Corot und mehrere Harpignies machten große
Preise. Eine größere Anzahl von Tierbronzen
Der Kunstsammler
495
von Barye gingen zum größten Teile in die
Hände des Herrn Bing über. Der 8. Äpril brachte
eine Reihe kapitaler Stücke des XVIII. Jhdts.
Boucher, Fragonard, Greuze, Perroneau und Hu-
bert Robert behaupteten Preise von 7600, 8750,
11 600 und 14200, 25500 und 7000 Franken. Um die
Osterzeit flaute das Geschäft vollkommen ab,
da wie die Gazette de l’Hötel des Ventes be-
merkt, Ostern und Passah dieses Jahr zusam-
menfallen. Das große Ereignis Änfang Mai
wird die vente Cheramg sein, über die in die-
sem Hefte noch separat berichtet werden wird.
31. März, 1. 2. Äpril. Älte Kupferstiche
(Baudouin, Danlos). J. Boillg, Serie von 118
Lithos: 880 fs. — Daumier, Serie der Robert
Macaire, 153 Bl.: 865 fs. — Daumier, phg-
siognomische Studien, 56 Bl.: 300 fs. — Debu-
court. Die Hochzeit im Schlosse, farbig: 1620 fs.
— Debucourt, Die Promenade im Palais Royal,
farbig, 2. Etat, 5100 fs.
6. Äpril. Keramik, Möbel, Bronzen (Lair-
Dubreuii,Paulme,Lasquin) Gesamtertrag 314895 fs.
— Ältes Porzellan. Kleines Service, Sevres,
Weidiporzellan, 2 Stücke ergänzt: 1000 fs. —
China, 2 eiförmige Gefäße, farbige Emailmedail-
lons, Periode Kang-hi, 27 cm hoch: 2450 fs.
(Langweil). — 2 eiförmige, reichverzierte Vasen,
Kang-hi, in Bronzemontur Regence-stil, 39 cm
hoch: 12000 fs. (Heliot). — Terrakotta v.
Clodion, Bacchantin mit 2 Kindern (8:13)
1080 fs. (Paulme). — 2 Statuetten, Bacchus unci
Venus, 47 cm hoch: 6100 fs.; (1904 auf d. vente
Sivrg: 8100 fs. — Nach Pig alle, Kind mit Käfig,
Bronze (43 cm): 9000 fs. (Paulme). — 2 Marmor-
medaillons XVIIIe, Porträts: 5300 fs. (Gradt). —
2 Kandelaber, Bronze auf Marmor montiert,
80 cm hoch : 2900 fs. — Große W anduhr, Louis XVI. :
3800 fs. — P e n d ul e , Lesende Frau und 2 Kande-
laber Louis XIV.: 4000 fs. — Pendule, Louis
XVI., Marmor- und Biskuitfiguren, Venus und
Ämor: lOOOOfs. — Wanddekorationen, aus einem
im XVIII. Jhdt. von der Schauspielerin Guimard
bewohnten Hötel, Ärabesken, Ällegorien etc.:
2250 fs. — 2 Kommoden XVIIIe, Pendants,
3500 fs. (Rosenberg). — Möbel: Salon (Canape,
4 Fautenils, 6 Stühle, Äubusson, Ende XVIIIe,
10500 fs. (Damblanc). — 55. Canape, 8 Fau-
teuils, Äubusson XVIIIe: 36100 fs. (Ducreg). —
6 Fauteuils Louis XV., Handstickerei: 3600 fs.
— Canape, 6 Fauteuils Louis XVI., Äubusson:
15050fs. (Riestelhuber). — ÄlteWandteppiche:
60. Gobelins Bacchus & Äriadne nach Cogpel (?)
(295 : 500) 35000 fs. (Melhame Pascha) 1907 vente
Darlaud: 41500 fs.) — 61—65. 5 Stücke Beau-
vais XVIIIe, Meerlandschaften: 33500 fs. (Le-
maire). — 66—70. 5 Stücke, XVIIIe, D. Wagen
d. Komödie von Harlekin geführt (335 : 340), Die
italienische Komödie, (305:205), Orient undOc-
cident (340:345), Orientalisches Fest (300:404),
Äusladen e. Handelsschiffes im Orient (315 : 190) :
46000 fs. (Lemaire). — 71 — 73. Tapisserie von
Paris, 1. Hälfte XVIIIe, Diana u. d. Nymphen
(280:510), Narzisse u. Echo (290:320), Neptun,
Venus, Ämor (280:265) 20000 fs. (Gradt). —
74. Tapisserie Louis XIV. nach Berain, Ärabes-
ken a. braunem Grund (310 : 310) 11 800 fs. (Drey).
76—81. Sechs kl. vlämische Tapisserien, Louis
XIV. mythologische Gestalten (300 : 130) 6830 fs.
(Bernheimer). — Tapisserie von Paris. XVIIIe.
Vögel im Laube (350:470): 8300 fs. (Paulme).
4. Äpril. Älte Bilder. (Bondu, Bertier),
Gesamtertrag 19513 fs., 30 Nummern. 17. Ra-
fael, Schule, Perino del Vaga zugeschrieben,
Suzanna im Bade (127:167): 11700 fs.
3. 4. Äpril. Fayencen, etc. Tapisserien (C. Pr.
Baudouin, E. Mannheim). 226 Nos. Gesamtertrag
105858 fs. 199. Vlämischer Wandteppich. XVI.
Jhdt. Figuren in Interieur (270:320): 3700 fs.
(Steinharter). — 200. Vlämischer Wandteppich.
XVI. Jhdt, antiker Stil (300 : 310): 4160 fs. (Bern-
heimer). — 203. Vläm. Wandteppich. Figuren,
XVII. Jhdt. (370:300): 5000 fs. (Bernheimer). —
204.TapisserieXVIIIe,Figuren. Gobelins. (300:165):
4100 fs. (Mannheim). — 225. Tapisserie vläm.
Änfang XVI. Jhdt., Tiere in Ästwerk (330 : 580) :
11100 fs. (Bernheimer).
7. Äpril. Sammlung Paul Perier (C. Pr.
Lair Dubreuil, E. Bonjean). Gesamtertrag 88693 fs.
Moderne Bilder: 2. Corot, Ville d’Ävrag
(22:32): 5200 fs. (Bonjean). — 3. Daubigny,
Blühende Äpfelbäume, Äuvers (24:39): 1600 fs.
(Bonjean). — 4. Delacroix, Christus im Öl-
berg (24:34): 2400 fs. (Bonjean). — 6. Diaz,
Nymphen d. Diana (31:54): 13000 fs. (Bonjean).
— 8. Harpignies, Turm bei St. Prive (61:50):
6800 fs. (Michel Pelletier). — 10. I sab eg, Ma-
rine (30:50): 2150 fs. (Marais). — Äquarelle:
25. Harpignies, Loire, St Prive (38:54):
2600 fs. (Ärnold & Tripp). — 26. Harpignies,
Brunnen in St Cloud (33:25): 500 fs. (Äzaria).
— 27. Harpignies, St Prive (43:60): 3400 fs.
(Henry Bloch). — Tier-Bronzen von Barge
(alles alte Äbgüsse) alle kleinere Formate. 25
Nummern. Folgende Preise wurden erzielt:
1200, 320 fs. — 37. Hirsch (15:25): 1300 fs.
(Bing). (1902. vente Lutz. 720 fs.) — 910. 270.
1370. 1100. 750. 165. 200. 2095. 520. 650 fs. Die
meisten werden von Herrn Bing erworben. —
49. Großer Panther der einen Gangeshirsch ge-
fangen hat (36:54): 11700 fs. (Kelekian).
8. Äpril. Älte Bilder: (C. Pr. Lair Dubreuil,
E. Sortais), 30 Nummern, Gesamtertrag 163290fs.
— 1. Boucher, Pastorale (48 : 58): 7600 fs. (The-
venin). — 2. Boucher, Die Sonnenuhr (33:41):
496
Monatshefte für Kunstwissenschaft
8750 fs. (Sortais). — 3. Boudier, Merkur, als
Erzieher zur Liebe (38 : 47) : 2400 fs. (Sortais).
— 6. Colson, Die unvorsichtige Schläferin
(41 : 32): 3600 fs. (de Polignac). — 9. Fragonard,
Der Fels, Landschaft mit Figuren (53 : 62) : 11 600fs.
(Gaston de Lauverjat). — 10. Grenze, Die Un-
schuld (40 : 33): 14200 fs. (Sortais). — 11. Hein -
sius, Frauenporträt (68:59): 6100 fs. (Sortais).
12. Largilliere, Frauenbildnis als Pomona
(64:53): 600 fs. (Sortais). — 13. Largilliere,
Mme. Barthelemg de St. Hilaire (81 : 65): 14100 fs.
(Sortais). — 14. Largilliere, Männliches Bild-
nis (64:53): 8100 fs. (Tremblag). — 15. Lebrun,
Joseph Hyacinthe deVaudreuil (72:59): 6050 fs.
(Sortais). — 16. Lemoyne, Parisurteil (66 : 82):
1800 fs. (Blondeau). — 17. Martin, Königlidie
Jagd bei Fontainebleau (48:65): 3250 fs. (Sor-
tais). — 18. Raphael Mengs, Dona Isabel
Pareno d’Ärce, marquise de Llano (74:59):
lllOOfs. (Sortais). — 23. Perroneau, Frauen-
porträt (75:60): 25500 fs. (Sortais). — 24. Hu-
bert-Robert, Das Gebet (82:65): 700 fs. (Ve-
ran). — 27. Tiepolo, Plafondskizze (46 : 34):
1750 fs. — 28. 29. Joseph Vernet, Morgen
und Äbend (103:128): 9800 fs. (Boussod &Va-
ladon). — 30. Vien, Brauttoilette, antik. (100 : 135):
4000 fs. (Sortais).
7. Äpril. Älte Gravüren etc. 45 Nos.
Ertrag 20941 fs. (C. Pr. Lemoine, E. Paulme et
Lasquin). — 2. Debucourt, Die Hochzeit im
Schlosse, farbig, breiter Rand: 1890 fs. (Mme.
Weill). — Miniaturen: I sab eg, Madame G. . .
(14:10): 2695 fs. — Isabeg, Damenporträt auf
Schildpattdose: 1880 fs. Ältes Porzellan:
King Charles-Hündchen, Ält- Meißen: 1220 fs.
(Vermeroch). — Äpollo auf d. Wagen, Meißen:
1140fs. (Stettiner). — Tapisserie Brüssel, große
Figuren, Eine Königin auf dem Trone mit Be-
gleitung, Hnfang XVII. Jhdt. (400 : 510) : 3700 fs.
(Arnoux).
13. April. Sammlung L. L. .. (C. Pr. Lair
Dubreuil, E. Paulme et Lasquin), Gesamtertrag
74950 fs. AlteBilder: 2. Drolling, Mäddien-
bildnis (39:32): 550 fs. (Hackag). — 7. Marg.
Gerard, Die Spitzenklöpplerin (30:31): 2110fs.
(Grawitz). — Alte Stiche: 13. Debucourt,
Der öffentlidie Spaziergang, farbig, 1760 fs.
(Bihn). — 14. Debucourt zugesdirieben, Pro-
menade im Palais Royal, „des pavillons“ ge-
nannt, farbig: 1100 fs. (Bihn). — 15. Debucourt,
Der morgendliche Absdiied; Der zerbrochene
Krug 4350 fs. (Bihn). — 19. Ja ni net, Mlle. Duthe
nach Lemoyne, farbig: 1400 fs. (Mme. Leroy).
— 21. Nadi Lawreince, Die Indiskretion von
Janinet, farbig: 1980 fs. (G. Meyer). — Nach
Thomson, Der Bachübergang von Sag, Aqua-
tinta, farbig: 2160 fs. (Bihn).
7. 8. April. Vente des verstorbenen Malers
Dameron, Landschaften. 194 Nos. Gesamt-
ertrag 362000 fs. (C. Pr. de Cagng, E. Arnold,
Tripp, Simons).
10. April. Alte Bilder: (C. Pr. Lair Du-
breuil, E. Sortais). 9. Cogpel (Schule) Die vier
Weltteile (70:145): 3105 fs.
13. 14. April. Alte Möbel: (C. Pr. Baudoin,
E. MM. Mannheim). — Canape und 3 Fauteuils
Louis XVI., Aubusson, Tiere und Figuren lOOlOfs.
(Velghe). R. A. M.
s
ÄMSTERDÄM =^=======1=
Hier löst jetzt eine große Auktion die andere
ab ; der holländische Kunstmarkt bietet im Augen-
blick jedem Sammler eine reiche Auswahl guter
Kunstwerke, seien es alte oder neue Gemälde,
Handzeichnungen und Stiche, kunstgewerbliche
Sachen, Schmuchgegenstände usw. Von den
Auktionen des April war zunächst beachtens-
wert die von der Firma C. F. Roos & Co. am
13.— 15. veranstaltete, die die Sammlungen Wwe.
G. Birkmans, Debuy, J. Meiers, Frl. G. H.
Matthijsen und C. Dutry van Haeften unter
den Hammer brachte. Der Schwerpunkt dieser
Versteigerung lag in den Erzeugnissen des alten
Kunstgewerbes. Hierunter erzielten der im Ka-
talog auf Tafel IX abgebildete große Schrank
aus Palisander- und Ebenholz, Nr. 970, 850 fl.,
Nr. 1019, eine große Ganguhr in Nußbaum mit
Spielwerk, 800 fl. Das auf Tafel IV abgebildete
Service aus blauem chinesischen Porzellan, be-
stehend aus 311 Stücken (Nr. 507) wurde mit
3010 fl. zugeschlagen, ein schönes Perlenkollier
(Nr. 195) mit 1350 fl. Die Gemäldesammlung
war weniger bedeutend. Der Katalog zählte
wohl eine stattliche Anzahl erster Namen auf,
aber man weiß ja, daß die Auktionsleiter die
von den Besitzern gewählten Zuschreibungen
beizubehalten pflegen. Am teuersten, mit 900 fl.,
wurde Nr. 56, ein lebensgroßes Damenbildnis
von H. A. van Kessel bezahlt. Es ist voll
bezeichnet, 1617 datiert und zu dekorativen
Zwedcen wohl verwendbar. Eine ganz hübsche
Winterlandschaft, die den Namen Avercamp
freilich nicht ganz mit Recht trug, brachte 340 fl.
Ein gutes Frauenporträt von F. Bol 400 fl.;
Nr. 28. ein großes, dem H. M. Doncker zuge-
schriebenes Familienbild, 340 fl.; Nr. 40, zwei
große Porträts von Adr. Hanneman, 400 fl.;
Nr. 64, Stilleben von Lelienbergh, 500 fl.;
Nr. 69, ein männliches Porträt von N. Maes
aus seiner späten Zeit, 540 fl. und ein 1593 da-
tiertes männliches Bildnis von Fr. Pourbus II.
500 fl.
Der Kunstsammler
497
Sehr reichhaltig (drei Kataloge mit insgesamt
1535 Nummern) war die Kollektion von Stichen
und Handzeichnungen aus den Sammlungen H.
L. Rompel (Haarlem), Ä. L. Nijland (Utrecht)
u. Ä., die bei R. W. P. de Vries an den gleichen
Tagen (13.— 15.) wie die eben besprochene Auk-
tion unter den Hammer kam. Die Hauptattrak-
tionen bildeten zwei Zeichnungen von Rem-
brandt. Erstens Nr.272, ein Studienblatt eines nach
links gewandten alten Orientalen in Feder mit
Lasuren. Die Zeichnung macht zunächst einen
sehr guten Eindruck. Die Figur ist hübsch be-
leuchtet und das Ganze von gewisser bildmäßiger
Wirkung. Gerade hieran nimmt aber vielleicht
ein etwas skeptischer Betrachter Anstoß, und
über die unsicher gezeichneten Hände wird
er gewiß nicht ohne weiteres hinwegsehen.
Ich selber halte mich hier zu den Zweiflern.
Indessen möge jeder sich sein eigenes Urteil an
; der Hand der guten Abbildung im Kataloge
bilden. Die zweite, kühn und flott mit kräf-
tigen Federstrichen hingeworfene Zeichnung, die
die Entdeckung des Fehltrittes der Kallisto dar-
stellt, blendet auf den ersten Blick ganz außer-
ordentlich. Sicherlich wird das Blatt von vielen
als trefflicher Rembrandt angesprochen werden.
(Es kam erst nachträglich hinzu und ist im Ka-
talog nicht verzeichnet). Außer den zahlreichen
Handzeichnungen von holländischen Meistern,
wie Asselijn, Backhugsen, N. Berchem,
Bramer, J. Bugs, A. Cuyp, C.Dusart, J.Es-
selens, van Gogen, Ph. Köninck, Paulus
Potter (?), A.Pgnacker, P.Quast, R.Rogh-
man, J. Ruisdael, R.Saverg, A. Waterloo,
Ph. Wouwermans u. v. a. waren auch zwei
Skizzenblätter von A. v. Dgck da. Und ferner
1 unter all den Arbeiten nordländischer Künstler
I zwei Zeichnungen, die unter dem ihnen ge-
i gebenen Namen Raffael, keine besonders gute
; Figur machten.
Das Hauptereignis des Monats April bil-
! dete, wie vorauszusehen war, die große Auk-
i: tion bei Fred. Müller & Co. (Sammlung
I Hoogendijk, II. Teil u. A.) am 28. und 29.
{ Die schönen Ausstellungsräume dieser Firma,
j die besonders in den oberen Sälen durchaus
nicht das Aussehen einer eilig und nur für ganz
kurze Zeit zusammengehängten Kunstsammlung
j hatten, waren während der vier Besichtigungs-
i tage ein Sammelpunkt für nicht nur Amster-
1 damer Liebhaber und Händler. Ich habe im
vorigen Bericht schon die wichtigsten Werke
; nach dem vom Katalog gebotenen Material kurz
; besprochen und kann mich heute auf die An-
gäbe der interessantesten Preise beschränken.
Nur ein Wort sei mir vorher noch gestattet.
Die meisten der reproduzierten Gemälde über-
trafen die danach gehegten Erwartungen, was
nicht immer der Fall zu sein pflegt. So ge-
winnt auch das ziemlich große und schon durch
die flotte Zeichnung sehr reizvolle Bild von
Judith Legster noch ungemein durch sein
Kolorit. Der rechte, so graziös dastehende
junge Zecher trägt ein Kostüm von warm leuch-
tender zinnoberroter Farbe, während der andere,
sitzende, in ziemlich hellblaue Hosen und einen
mehr neutralen, violettbraunen Rock gekleidet
ist. Auf dem Krug, den die rechte Figur hält,
befinden sich übrigens noch Spuren einer Sig-
natur, worauf der Katalog nicht hinweist. Das
Gemälde brachte 6000 fl. (Es gibt dazu in hol-
ländischem Privatbesitz noch ein Pendant, das
die gleichen Modelle in anderer Stellung, aber
auch in Rot und Blau gekleidet, darstellt. Beide
Bilder waren 1903 in der Guildhall in London
ausgestellt). Der große, prächtige van Gogen,
unruhiges Wetter auf der Zuiderzee (Nr. 41)
ging für 21100 fl. ins Ausland. Dann sind zu
erwähnen: Nr. 3, Venus und Amor und Nr. 4,
Minerva von J. Az. Bäcker, zusammen 500 fl.;
Nr. 11, N. Berchem, die Furt, 1375 fl.; Nr. 13,
A. V. Begeren, die Auslage des Fischhändlers,
3000 fl., Nr. 18, F. Bol, Venus und Adonis,
1900 fl., Nr. 500, J. v. Craesbeek, die Klari-
nettespielerin, 500 fl., Nr. 32, J. Gz. Cugp,
Porträts eines Herrn und einer Dame, zusammen
1050 fl.; Nr. 38, C. Dusart, Dorffest, 4500 fl.;
J. van Gogen, Nr. 43, die Fregatte, 2350 fl.;
Nr. 45 und 46 zusammen 1800 fl.; Nr. 51. J. v.
d. Hagen, Landschaft, 910 fl.; Dirck Hals,
Nr. 53, 430 fl. und Nr. 54, 400 fl.; Nr. 56, Ger-
ret Heda, der Schinken, 700 fl.; Nr. 68, Th.
de Kegser, Porträt, 3025 fl.; Nr. 75, Deut-
scher Meister gegen 1500, der Tod der Maria,
1100 fl.; Nr. 83, Holländischer Meister der
zweiten Hälfte des XVII. Jhrhdts, der Friedens-
kongreß in Ngmwegen (1676—79), 6000 fl.;
Nr. 96, A. V. d. Neer, Kanal bei Sonnenunter-
gang, 1100 fl.; Nr. 98, von demselben, Mond-
scheinlandschaft, 2550 fl.; Nr. 111, Th. Rom-
bouts, lustige Gesellschaft, 700 fl.; Nr. 113 ein
sehr importantes Gemälde von S. van Rugs-
dael, Landschaft mit Schloß, 11500 fl.; Nr. 117,
Jan van Scorel, das heilige Abendmahl, 1600fl.:
Nr. 132, D. van Toi, Interieur, 2100 fl.; Nr. 134,
E. van de Velde, Winterlandschaft, 800 fl.;
Nr. 139, Simon de Vlieger, das alte Tauben-
haus, 1150fl.; Nr. 144, JacobusVrel, Straßen-
ansicht, 2700 fl. (!). Am zweiten Auktionstage
kam zunächst der Rest der Gemälde unter den
Hammer, wo noch zu notieren sind: Nr. 171,
Q. Brekelenkam, Tischgebet, 310 fl.; Nr. 172,
von demselben, Interieur, 370 fl.; van Gogen,
Nr. 197, Flußlandschaft, 1575 fl.; Nr. 198, die
498
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Hütte, 1650 fl. und Nr. 199, schlechtes Wetter
auf dem Haarlemer Meer, 1650 fl.; Nr. 267,
P. Müller, Marine, 625 fl.; Nr. 301, S. van
Ruysdael, Flußlandschaft, 1200 fl.; Nr. 307,
Jan Steen, der Satyr bei dem Bauern, 1400 fl.
und Nr. 308, Ä. Storck, Ansicht von Hamburg,
400 fl. Daran schloß sich dann die Versteigerung
der Antiquitäten, Möbel usw. und der großen
Kollektion Delfter und anderer Fayencen (Samm-
lungen Heshuysen, Haarlem, Jacobi, Haag
und Hondius, Zaandam). Die Kauflust ließ
nichts zu wünschen übrig, so daß oft geradezu
Rekordpreise erzielt wurden. Der skulptierte
und 1622 datierte Büffetschrank in Nußbaum
(Nr. 616) brachte 1950 fl.; Nr. 628, eine von
van Mieris Grau in Grau bemalte Louis XIV-
Staffelei 1375 fl. Für die sehr schöne Standuhr
mit Spielwerk, Nr. 722, wurden 2200 fl. bezahlt,
für eine etwas kleinere, Nr. 723, 800 fl.; Nr. 145,
ein großer sogenannter Roemer mit der Inschrift
„Beati Sunt Pacific!“ nebst der Signatur „Anna
Roemers“ am Fuße wurde nadi hartem Kampf
mit 7100 fl. an Herrn Krep für einen Rotter-
damer Liebhaber zugeschlagen. Delfter Por-
zellan. Nr. 1 , ein Paar Pynacker-V äsen mit Deckel,
3500 fl. Nr. 2, ein Paar polychromierte 70 cm hohe
Tulpenvasen in Form von Obelisken auf qua-
dratisdiem Fußstück, 1750 fl.; Nr. 3, ein großer
Blumentopf, 700fl.; Nr. 4, ein Paar polychromierte
Salatsdiüsseln, 1650 fl.; Nr. 7, Wasserkanne mit
Schüssel, 680 fl.; Nr. 9, Essig- und Ölflaschen
nebst Pfeffer- und Salzgestell mit blauem Dekor,
890 fl.; Nr. 37, zwei Essig- und Ölkannen (Pij-
nacker), 1875fl.; Nr.54,zweipolgchromierteHähne,
1575 fl.; Nr. 63, ein Paar Sdbüsseln mit poly-
chromem Dekor, 1250 fl.; Nr. 209, ein weißer,
stehender Elefant, 350 fl. Der chinesisdie Fürst
auf einem Thron (Nr. 559) in Hödister Porzellan
stieg bis auf 10000 fl.; Nr. 560, die Gruppe einer
chinesischen Dame mit Diener, der den Sonnen-
schirm trägt, auch aus der Höchster Manufaktur,
brachte 3050 fl. und Nr. 558, der eingesdilafene
Hirte, ebenfalls Höchst, 1425 fl.
Die erste Versteigerung im Mai, deren Er-
gebnis noch mitgeteilt werden kann, veranstaltete
die Firma C. L. C. Voskuil & Co. am 5. im
Versteigerungslokal „de Brakke Grond“. Es
handelte sich um die Sammlungen moderner
Gemälde, Aquarelle und Handzeichnungen
aus dem Nachlaß R. S. van Son und Frau W.
J. G., sowie um eine Kollektion von 54 Aqua-
rellen und Handzeidinungen von Th. de Bock
aus der Sammlung W.
Von den im allgemeinen recht guten Preisen
seien genannt: Nr. 9, L. Apol, Waldallee, lOOOfl.;
Nr. 22, C. Bis sch Op, im Lichte der Bibel (Aqua-
rell), 1200 fl., Nr. 23; B. J. Blommers, die Melk-
frau, 3000 fl. ; Nr. 25, T h. d e B 0 ck , Abend, 2000 fl. ;
Nr. 99, Fred. Du Chattel, anderVecht, 1000 fl.;
Nr. 107, C. G a b r i e 1 , Mühlen bei Moerdijk, 2300 fl. ;
Nr. 1 12, A. M. G 0 r t e r , Herbsttag, 1800 fl. ; Nr. 131 ,
Jozef Israels, die alte Näherin, 3200 fl.; der-
selbe, Nr. 132, Bauerndiele, 1310 fl.; Nr. 159, J.
Maris, Mädchenporträt, 1000 fl.; Nr. 161, Wil-
lem Maris, Eseltreiber, 4000fl.; derselbe, Nr. 162,
Melkzeit, lOOOfl.; Nr. 179, Alb.Neuhuys, nach
dem Schwesterchen sehen, 3300 fl.; Nr. 187, Ge o.
Poggenbeek, Vieh auf der Weide, ICOO fl.
K. F.
s
hääg=-
Die Kunsthandlung J. J. Biesing versteigerte
am 6. und 7. Mai gute moderne holländische
Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen, umfassend
die Sammlungen von Frau A. J. Goedvriend,
Berlin, der Herren C. E. Lans, Haag, F. J. G.
Bosman, Scheveningen, und das Atelier des
Malers Bernhard Höppe, Haag, insgesamt
430 Nummern.
Die holländischen Sammler und Liebhaber
wenden ihr Hauptinteresse vorzugsweise, ja
fast ausschließlich ihrer heimischen Kunst zu.
Das tritt im Ausstellungswesen hierzulande deut-
lich zutage. Nur ganz vereinzelt findet man
unter den vielen Holländern einmal Werke von
ausländischen Künstlern. Natürlich wird hier-
durch auch die Zusammensetzung der Privat-
sammlungen bestimmt, die unter den Hammer
kommen. Der Holländer steht den Erscheinungen
der Kunst eben doch anders gegenüber als wir
Deutschen. Er liebt mehr und zwar seine i
Künstler, während wir gleichzeitig auch immer
zu verstehen und Neues hinzuzulernen suchen.
Die durch Biesing versteigerten Sammlungen <
zeigten so das gewohnte Gesamtbild, zusammen- •
gesetzt aus Werken fast aller bekannten und j
geschätzten modernen holländischen Meister. )
Die erzielten Preise standen gegen die der i
Amsterdamer Auktion vom 5. Mai um eine i
geringe Spur zurück. Es wurden bezahlt für:
Nr. 31, C. Gabriel, Polderlandschaft, 760 fl.,
Nr. 69, A. Mauve, Waschtag, 2150 fl.,
Nr. 147, L. Apol, Winter, 1010 fl.; Nr. 148, Fl.
Arntzenius, Droschken im Schnee, 500 fl.; I
Nr. 170, B. J. Blommers, Kartoffelschälerin, ;
600 fl.; derselbe, Nr. 172, der erste Gehversuch, :
1500 fl.; Nr. 173, Th. de Bode, Pinken am i
Strand, 975 fl.; derselbe, Nr. 175, Buchen, lOOOfl.; •
Nr. 193, Fred. Du Chattel, an der Vecht, f
590 ,fl.; Nr. 259, Jozef Israels, der Brief,
1200 fl.; Nr. 298, W. Maris, Kuhstall, 610 fl.;
Nr. 160, A. Mauve, Kuh auf der Weide, 1600 fl.;
Nr. 342, P. Rink, Sommer, 550 fl.; Nr. 397, W. i
Der KunstsammlGr
499
B. Th ölen, auf der Zuiderzee, 1510 fl.; Nr. 412,
J. H. Weißenbruch, Sonneneffekt, 860 fl, —
Vom Museum in Dordrecht wurden angekauft
je ein Bild von J. Äkkeringa, M. Bilders
van Bosse und Th. de Bock. Das Museum
Boymans in Rotterdam ersteigerte ein Gemälde
von C. Bauer, und vom Haager Museum für
moderne Kunst wurde Nr. 98, das Porträt Jozef
Israels von Jan Veth (eine Äquarellstudie für
die bekannte Steinzeichnung) erworben. K. F.
VERMISCHTES
Die van Dycks aus der Sammlung Cattaneo in
Genua, die vor Jahresfrist ohne Autorisation ins Aus-
land wanderten, sollen jetzt auf dem Reditswege wieder
zur Rückkehr veranlaßt werden. Es verlautet, daß die
Direzione delle Belle Arti gegen die gegenwärtigen Be-
sitzer der Bilder vorgehen will, auf Grund folgender
juristischer Momente; der Verkauf wie der Kauf sei nichtig,
weil die Verkäufer minderjährig waren, also ohne gericht-
liche Autorisation nicht ihren Besitz veräußern konnten.
Ferner habe der Staat eine „Servitut“ auf jenen Bildern.
— Es wird übrigens bekannt, daß bei dem Verkaufe der
Bilder nicht weniger als 516000 Lire Vermittlerprovision
gezahlt worden sind.
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Morning after the Storm“ (gemalt
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„Salisbury Cathedral“ ; Gainsbo-
rough: „Hervest Waggon“; W.
Oschardson: „Napoleon auf dem
Bellerophon“; zwei J. Linnel sen.
4 Aquarelle von F. Walker, 6 von
Bonnington, 5 von de Wint, einige
von David Cox u. a. m. — Am 29.
die Abteil. Kontinentaler Bilder:
Corot: „L’Etang“ und.„A River
Scene“; zwei Daubignys; dreiDiaz,
darunter „DieBadenden“; Harpignies
„Matinee d’Automme“ ; zwei Charles
Jacque; L’Hermitte: „TheFerry“ u.
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Ungarn:
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London
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The Earl of Spencer’s Collection,
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Musee National du Luxembourg, Paris
Italien:
Galleria del Palazzo Pitti, Florenz
Galleria degli Uffizi, Florenz
R. Pinacoteca, Mailand
Museo Nazionale, Neapel
Galleria Borghese, Rom
Palazzo Corsini, Rom
Palazzo Vaticano, Rom
Accademia, Venedig
Rußland:
Kaiserliche Gemälde-Galerie in der
Ermitage, St. Petersburg
Spanien:
Museum des Prado, Madrid
Vollständiger Katalog über Hanfstaengls Galeriepublikationen alter Meister mit 143 Abbildungen
franko gegen Voreinsendung von 2 M. (Inland), 2.50 M. (Ausland) durch
FRANZ HANFSTAENGL • KUNSTVERLAG • MÜNCHEN
Monatshefte für Kunstwissenschaft. Heft 5, 1908
VERLAG BRUNO CASSIRER. • BERLIN. W. 35
DIE ITALIENISCHEN
BRONZESTATUETTEN DER RENAISSANCE
VON
WILHELM BODE
Generaldirektor der Königl. Museen in Berlin
3 Bände. Band I und II in je 5 Lieferungen mit je 18 Tafeln in Lichtdruck.
Subskriptionspreis jeder Lieferung M. 25. — Band I/III gebunden je M. 145.—
INHALT:
Bronzestatuetten der Florentiner Künstler: Donatello, Pollaiuolo, Bertoldo u. a. —
Bronzestatuetten der ältesten Paduaner Künstler: Bellano u. a. —
Bronzestatuetten und Geräte von Riccio. —
Bronzestatuetten von Sperantio,Äntico, Francesco da Sant’Ägata — Nach der Äntike. —
Kleine Tierbronzen und Bronzegeräte. — Florentiner Kleinbronzen der Hochre-
naissance von Michelangelo, Cellini u. a. —
Venezianer Kleinbronzen der Hochrenaissance von Jac. Sansovino u. a. —
Äusfühlichen Prospekt sendet der Verlag, eine
Lieferung legt jede Buchhandlung zur Ansicht vor.
Tn der vorliegenden Publikation hat sich der Herausgeber zum Ziel gesetzt, den Bestand
1 an künstlerisch wertvollen Bronzestatuetten und Geräten der italienischen Renaissance
möglichst vollständig zur Anschauung zu bringen und diese wenig bekannten köstlichen
kleinen Bildwerke, die weit zerstreut sind über Museen und Privatsammlungen, dem all-
gemeinen Genuß und dem Studium dadurch näher zu bringen. Nachdem Vorarbeiten über
unser Thema mit Ausnahme von kurzen Aufsätzen von Wilhelm Bode über einzelne Künstler
' noch fast ganz fehlen und Urkunden oder alte Überlieferungen zur Bestimmung der Künstler,
der sich auch sonst große Schwierigkeiten entgegenstellen, nur spärlich vorhanden sind, lag
es nahe, das reidie Material nach dem Orte der Aufbewahrung dieser Kleinbronzen oder
nach ihren Darstellungen zusammenzustellen. Damit wäre aber die Arbeit einer Ordnung
nach Sdiulen und Meistern, die doch einmal gemacht werden muß, wieder der Willkür jedes
einzelnen überlassen geblieben. Der Herausgeber hat sich daher zu dem sdiwierigen Versuch
der Gruppierung nach Künstlern entschlossen. Wenn dabei auch manche Stücke unbestimmt
bleiben mußten und zahlreiche Bestimmungen nur hypothetisch ausgesprochen werden konnten,
so dürfte doch das Werk mancher, namentlich der hervorragendsten Künstler: eines Dana-
tello, Bertoldo, Pollaiuolo, Bellano, Riccio, Francesco da Sant’Agata und anderer mehr, nach
den erhaltenen Stücken, die uns jetzt wohl zum größten Teil bekannt sind, annähernd
richtig zusammengestellt und charakterisiert sein. Die Aufnahme sämtlicher in Betracht
kommender Stücke war nur möglich durch das Entgegenkommen der Vorstände der öffent-
lichen Sammlungen und der zahlreichen Besitzer der Bronzen. Die Lichtdrucke wurden fast
ausschließlich nach eigenen Originalaufnahmen hergestellt, deren Beschaffung zum Teil mit
großen Schwierigkeiten verknüpft war.
I
Heft 5, 1908
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
Verlag von Gerhard Kühtmann, Dresden-Ä., Albreditstraße 12.
Willi] O. Dreßler, Dreßlers Kunstjahrbudi.
Dritter Jahrgang 1908. Ein Nadischlagebuch für deutsche bildende
und angewandte Kunst. 51 Bogen Text (20X13 cm) mit Ab-
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ausstellungen ist, ferner dem Kunstmaler, ja sogar dem Kritiker und nicht zuletzt dem
Künstler selbst eine Quelle des spezifischen Kunst- und Künstlerverständnisses geboten
SkC>lH1if’7 Geh, Reg. -Rat, Vortragender Rat und Dezernent für Kunstangelegcn-
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Literaturt1!ffiÄK
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Bedungen ^ Probikl^e^ un^^d^äo^giiL^
" und Aus4aadesi«^eg^"
den yerla® von Kl^K|pl^Dir3t^Ö^
MONATSHEFTE
^KUNSTWISSENSCHAFT-
ffi
iXUr
Herausgeber: DR- GEORG BIERMANN
Redaktion: LEIPZIG, Liebigstr. 2
□ Begründet als „Monatshefte der Kunstwissenschaftlichen Literatur“ von Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs □
I. Jahrg. Heft 6 1908
Die Fresken in der Cappella di S. Äntonio in
Le Campora
Von Osvald Siren (Stod^holm).
Im Jahre 1334 gründete der Äugustinermönch Prete Bartolommeo Bononi ein
Kloster an einer Stelle südlich von Florenz (ganz nahe der Stadt), genannt Bello-
sguardo. Das Kloster erhielt den Namen S. Sepolcro. Die Lage war indessen so
ungesund, daß man sich veranlaßt sah, nach nur zwei Jahrzehnten das Kloster weiter
nach Süden auf die Anhöhen bei Colombaja zu verlegen. Hier wurde das Augustiner-
kloster zum zweiten Male i. J. 1355 gegründet und erhielt nun den Namen Sta. Maria
di S. Sepolcro a Colombaja^). Der gewöhnlidie Name für diese Stiftung wurde
indessen bald Le Campora, der noch heute fortlebt, obwohl die Kirche zerstört und
das Kloster nunmehr zu einer Villa, „La Corona“ ungewandelt worden ist. Aus der
früheren Geschichte des Klosters verdient ferner erwähnt zu werden, daß es i. J. 1435
aus dem Besitz des Augustinerordens in den der Vallombrosianermöndie bei der Badia
in Florenz überging.
Im übrigen können wir eine Reihe interessanter Angaben über die Klosterkirche
und ihre Kapelle den „Memorie della Chiesa di S. Maria del Sepolcro, Villa dell’Ab-
badia di Firenze“ entnehmen, die Don Placido Puccinelli in seiner „Storia di Ugo il
Grande“ (ed. Milano 1664, pari 3) mitgeteilt hat. Mr. Herbert P. Home hat die
Freundlichkeit gehabt, uns folgende Auszüge aus Puccinellis Arbeit zur Verfügung
zu stellen.
In dem Fußboden der Kirche befand sich ein Grabstein mit der Insdirift: „Hic
iacet Corpus Venerabilis Patris, ac Religiosi Viri Fratris Benedicti Magistri Ta^di huius
monasterij S. Maria Camporeorum Fundatoris. An Domini MCCCXXXVII die XXVII
Septembris“ ").
Für das Äbbildungsmaterial zu diesem Aufsatz will ich hier meinen ergebensten Dank
dem Direktor des Kunsthistorisdien Instituts in Florenz Herrn Prof. Dr. H. Brockhaus aussprechen.
1) Vgl. Carocci, Dintorni di Firenze. Ed. 1881, S. 206.
Dieser Grabstein war offenbar aus der früheren Klosterkirche hierher überführt.
33
502
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Auf dem Hochalter stand ein Bild mit dem Wappen der Familie Albizzi und
dem Datum: „adi XX di gennaio MCCCCXX“.
Die Kapelle neben dem Chor war dem S. Antonios Abbas geweiht, und über
ihrem Eingang befand sich ein Wappenschild: nach Puccinelli das der Familie Benini-
Formichi, mit der Jahreszahl MCCCLXXII versehen.
Auf dem Altar
in der Sakristei stand
ein Bild mit Guicciar"
dinis Wappen.
In der Cappella
dell’Annunziata be-
fand sich ein Bild
mit dem Vcttori-
Wappen und der Jah-
reszahl MCCCCLIV.
In dem Refek-
torium, das früher
Kapitelsaal gewesen,
sah man das Cap-
poni-Wappen.
Puccinellis An-
gaben besitzen je-
doch nunmehr fast
ausschließlich histori-
sches Interesse, denn
die Mehrzahl der Ka-
pellen und Bilder,
von denen er spricht,
sind zerstört. Von
der ursprünglich sehr
groß angelegten Kir-
che sind nur der Chor
und eine Kapelle zur
Seite desselben er-
halten, das ganze
Langschiff und das
Äbb. 1. Antonius begegnet dem Teufel als
Satyr □
Querschiff sind zer-
stört. Die erhaltenen
Teile der Kirche wer-
den noch immer zu
Kultzwecken ver-
wendet, als eine
Hauskapelle für die
Villa, zu der man
das Kloster umge-
baut. Dagegen sind
die frühere Sakristei
und das Refektorium,
die hinter dem Chor
und seiner Seiten-
kapelle liegen, zu
reinen Wirtschafts-
gebäuden degradiert
worden, die erstere
wird jetzt als Lager-
haus für Gartenpro-
dukte und Geräte
angewendet. Der alte
Kreuzgang ist nur
teilweise erhalten;
das Einzige, was
gewachsen und sich
ausgedehnt hat, ist
der Garten, der nun-
mehr einen großen
Teil des Boden be-
deckt, auf dem früher
die Kirche gestanden hat, und der sicherlidi reicher und prachtvoller ist als in den
Tagen der Blüte des Klosters.
Nachdem das Langschiff niedergerissen, ist natürlich der Haupteingang des Chors
mit einer neuen Wand verbaut worden. Wir treten durch eine kleine Tür vom
Kreuzgang her ein. Dicht neben der Tür, bevor wir in die Kapelle eintreten, fällt
unser Blick auf ein Gemälde, das sich über der Querarkade befindet, welche den
Klostergang abschließt. Es stellt einen thronenden Papst in einer hohen Renaissance-
Siren. Die Fresken in der Capelia di S. Äntonio in Le Campora
503
nisdie dar und zu beiden Seiten von ihm Kardinale. Hinter der Rücklehne der Bank
ragen Orangenbäume empor. Obgleich das Fresko stark zerstört ist, ist es doch leicht
zu sehen, daß wir hier ein nach den Kompositionsprinzipien der Brüder Pollajuolo und
Baldovinettis ausgeführtes Gemälde haben. Das Bild ist wahrscheinlich in den 1470-er
Jahren entstanden,
sein Meister ist eines
von den vielen klei-
nen Talenten ge-
wesen, die den Fuß-
spuren der genann-
ten großen Maler
folgten.
Treten wir dann
in den einstigen Chor
ein, so finden wir
einen großen, leeren,
fast quadratischen
Raum mit weißge-
tünchten Wänden.
Der Ältar steht rechts
(nach Süden) vor
dem Eingänge zu der
angrenzenden Ka-
pelle, die nun sozu-
sagen einen Chor zu
dem früheren Chore
bildet, der seinerseits
als kleine Kirche die-
nen muß. Prüfen wir
näher die schmutzig
grauen Wände, so
bemerken wir, daß
unter der Kalksdiicht
sich Fresken befin-
den; die etwas er-
habenen goldenen
Glorienscheine
Äbb. 2. Äntonius vor Paulus’ Höhle knieend
schimmern hier und
da hervor. Durch vor-
sichtiges Äbdecken
würden sie wahr-
scheinlich zutage ge-
fördert werden kön-
nen. Vorläufig müs-
sen wir uns mit dem
Studium der Gemäl-
de, welche die an-
grenzende Kapelle
schmücken, begnü-
gen. Es ist ohne
Zweifel dieselbe, die
nach Puccinelli dem
hl. Antonius Abbas
geweiht war, von der
Familie Benini-For-
midii gegründet,
deren Wappen nebst
der Jahreszahl 1372
über dem Eingänge
angebracht war. Die
Fresken in dieser
Kapelle behandeln
nämlich das Leben
des hl. Antonius, und
auch aus stilkriti-
schen Gründen kön-
nen wir es in die
Zeit kurz nach 1372
verlegen , welches
Jahr als Gründungs-
jahr der Kapelle anzunehmen sein dürfte. Bedauerlicherweise sind indessen auch diese
Fresken übertüncht gewesen, und alssie wahrscheinlich vor einigen Jahrzehnten, wenigstens
von der Kalkschicht befreit wurden, ist man nicht mit der gebührenden Sorgfalt vor-
gegangen, hat vielmehr die Malereien stark restauriert. Von den geringen Resten aus,
die in einigermaßen erträglichem Zustande erhalten geblieben sind, wollen wir hier zu
einer genaueren Bestimmung des Ursprungs der Malerein vorzudringen versuchen. Übrigens
504
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
ist es hohe Zeit, diesen Fresken einige Äufmerksamkeit zu widmen, denn wenn nicht
ein behutsamer Restaurator bald eingreift, werden sie in nicht ferner Zeit vollständig von |
den Wänden abgeblättert sein. Ein guter Anfang liegt schon jetzt in dieser Hinsicht vor.
Die Motive sind, wie gesagt, der Legende des hl. Antonius entnommen. Die
Erzählungen sind auf vier größere Bildfelder auf jeder der Längswände und vier !
kleinere Felder zu beiden Seiten des Fensters verteilt. Die Decke schmücken Brust- {
bilder der vier Evangelisten in Medaillons, von denen jedoch nur eines vollständig :
erhalten ist. Über dem Eingänge findet sich ein Brustbild des toten Christus und in |
der Laibung des Eingangsbogens eine Reihe Prophetenmedaillons. Zu beiden Seiten i:
des Eingangs ausserdem ein stehender Heiliger nebst einem knieenden Mönch :
S. Antonius, seine Ordensregeln einem Bruder übergebend, und ein Bischof, einem
anderen Mönche ein Buch überreichend.
Das erste Fresko, die Lünette an der linken Wand einnehmend, stellt Antonius
als Jüngling dar, wie er seine Reichtümer an Krüppel und Arme verteilt, und Antonius,
wie er den Eremiten in der Wüste besucht. Das Fresko gehört zu denen, die am
meisten gelitten haben. Die Hauptfigur, die in einer Loggia oder Vorhalle steht, ist zum
größeren Teile zerstört. Antonius zählt aus seinem Beutel den Armen Geld auf. Die
beiden in Lumpen gehüllten Bettler, die von rechts kommen, der eine einen kleinen
Knaben an der Hand führend, sind durch die Restaurierung entstellt worden. Das ?
Gleiche gilt von den beiden Krüppeln, die nach der anderen Seite ihres Weges ziehen. ^
Die Figuren sind groß und kräftig mit steifen Bewegungen, die Typen fast grotesk |
mit ihren langen Nasen und großen Ohren. Eine eigentliche Vorstellung von dem Stil P
des Künstlers gewährt uns dieses Fresko kaum. 1
Es folgen dann in der mittleren Lünette, dem Eingang gegenüber, die durch das ]
Fenster geteilt wird, zwei Szenen aus dem Wüstenleben des h. Antonius, beide nur die j
Figur des Heiligen bietend. Die erste ist kaum mehr sicher zu deuten, da die Gestalt des
Teufels nicht mehr sichtbar ist, wir sehen nur Antonius, wie er erschrocken zur Seite weicht.
Das andere Bild zeigt Antonius, in der Zelle stehend, die der Teufel zum Einsturz ge-
bracht hat. Summarisch angedeutete Felsen mit ein paar plumpen Bäumen geben die |
Hintergründe ab. Die Figur ist in beiden Fällen grob und steif, die Gesichter retuschiert,
so daß wir von der ursprünglichen Typenbildung keinen Eindruck mehr erhalten können.
Die dritte Lünette an der rechten Wand wird von zwei teuflischen Marterszenen
eingenommen. Als der Heilige sich von den Verletzungen, die er beim Einsturz der
Zelle erhalten, etwas erholt hatte und sich bereit erklärte, den Kampf mit dem Teufel
wieder aufzunehmen, ließ dieser seine Helfershelfer mit Keulen und Knütteln über ihn
herfallen, und als es ihnen hierdurch nicht gelang, seine Widerstandskraft zu brechen,
nahmen sie die Gestalt von wilden Tieren, Wölfen, Schweinen, Ziegenböcken, Stieren
usw. an, die den frommen Mann übel zurichteten. Christus, der ohne einzugreifen,
dem Auftritt zugesehen hatte, tröstete den Zerdroschenen damit, daß sein Name einst
berühmt im ganzen Universum werden sollte Der Künstler hat die beiden Szenen
nicht zu einer organischen Komposition verschmolzen. Der Heilige wird ganz einfach
zweimal ausgestreckt auf dem Boden liegend dargestellt, so daß sein Kopf in der einen
Bildhälfte an seine Füße in der anderen Bildhälfte stößt. Die Teufel, die ihn quälen.
Siren. Die Fresken in der Cappella di S. Äntonio in Le Campora
505
Äbb. 3. Äntonius und Paulus das Brot teilend. Äntonius’ Tod
sind herkömmlicherweise dargestellt als zottige Menschen mit Schnäbeln, Klauen und
Fledermausflügeln. Die in einer Reihe hervorstürzenden Tiere sind recht gut charak-
terisiert und scheinen wirklich, dank dem Parallelismus der Bewegungen, mit furditbarer
Geschwindigkeit dahinzustürmen. Der gemeinsame Felsenhintergrund ist zum größeren
Teil zerblättert, aber auch in seinem ursprünglichen Zustand hat das Fresko offenbar
sich nicht durch besonders dekorative Eigenschaften, einheitlidie Linienführung oder
monumentale Geschlossenheit ausgezeichnet.
Die Legende findet ihre Fortsetzung auf der gegenüberliegenden Wand unter
der zuerst beschriebenen Lünette mit dem großen Bilde in breitem Format, welches
S. Äntonius zu seinen Schülern im Kloster bei Phaium redend und den Heiligen vor seiner
Zelle darstellt, wo ein Engel ihm eine himmlische Botschaft bringt (möglicherweise
den Befehl, das Kloster zu verlassen und den verfolgten Christen Trost zu bringen?).
Das Fresko ist glücklicherweise nicht in so hohem Grade durch Retuschen entstellt wie
die vorigen, obwohl solche auch hier Vorkommen. Die fünf Mönche, die mit ihrem
Lehrer in einem Kreise vor der Klostermauer sitzen, zeigen ausgesprochene Typen,
die als Anhaltspunkte zur Bestimmung des Meisters dienen können. Antonius’
kindliches Greisengesicht mit der niedlichen kleinen Nase und dem langen weißen
Bart können wir hier zum ersten Male deutlich wahrnehmen; es kehrt in den
506
Monatshefte für Kunstwissenschaft
folgenden Fresken wieder. Seine Handbewegung, die rechte Hand mit der Innenseite
nadi außen erhoben, kennen wir von Giottinos Arbeiten her. Die Gesichter der
Mönche mit breiter Stirn, gerader kräftiger Nase, kleinem Mund und großen Ohren,
entbehren auch nicht der Berührungspunkte mit den gewöhnlichsten Typen in Giottinos
Fresken in S. Croce, obwohl die Ahnlidikeit sich auf eine sehr allgemeine, wenig in-
dividualisierte Verwandtschaft beschränkt. — Die eigentliche Formbehandlung erscheint
äußerst summarisch, die weiten und glatten Kutten, in weldie die Figuren gehüllt
sind, verdecken allen organischen Körperbau. Die Modellierung ist ein Rundgang ohne
plastische Qualitäten, die Faltenbehandlung äußerst unbedeutend und charakterlos.
Die schmalen Bildfelder, die dann an der Mittelwand zu beiden Seiten des
Fensters folgen, stellen Antonius dar, wie er den Eremiten Paulus aufsucht. Während
Antonius glaubte, daß er der erste von allen Mönchen sei, der sich in der Wüste an-
gesiedelt, wurde ihm in einem Traum die Offenbarung, daß es einen anderen gab, der
noch länger in der Wüste gewohnt habe. Er begab sich darauf auf den Weg, um
diesen älteren Eremiten aufzusuchen. Im Walde begegnete er einem Kentaur, der ihm
sagte, daß er den Weg nadi rechts einschlagen sollte. Gleich hierauf begegnete er einem
Tier mit Palmenfrüchten in der Hand, das oben einem Menschen, unten einem Ziegen-
bocke ähnlidi sah. Antonius bat dieses Geschöpf, um Gottes willen ihm zu sagen, was
für ein Wesen es eigentlich sei. Das Tier antwortete, es sei ein Satyr, der Gott der
Bäume, nach dem falschen Glauben der Heiden. Schließlich begegnete er einem Wolf,
der ihn zu Paulus’ Zelle führte. Dieser aber, welcher ahnte, daß es Antonius war, der
da kam, verschloß seine Tür. Da bat ihn Antonius, zu öffnen unter der Versicherung,
daß er lieber auf dem Platze sterben wolle als weggehn. Paulus öffnete schließlich,
und sogleich fielen die beiden Greise einander in die Arme, von Rührung ergriffen.
Die Darstellung von Antonius und dem Satyr erhält ein gewisses Kuriositäts-
interesse durch das Motiv; ihr künstlerischer Gehalt ist aber ebenso unbedeutend wie
der der übrigen Fresken, wozu noch hinzukommt, daß das Bild übel mitgenommen ist. In
dem anderen Fresko, Antonius vor Paulus’ Höhle knieend, sind es wieder in erster
Linie die beiden Greisentypen, die uns interessieren; sie gewähren einen ursprünglichen
Eindruck von dem Charakterisierungsvermögen des Künstlers. Die. Gebirgslandschaft
ist etwas einheitlicher und dekorativer ausgefallen als in den übrigen Fresken. Die
Typenbildung, wie auch den ganzen Stilcharakter im übrigen, finden wir jedoch noch
klarer ausgesprochen in der folgenden breiten Komposition, die den zweiten Akt im
Beisammensein der beiden Mönche zeigt.
„Als es Mittagszeit wurde, brachte ein Rabe eine doppelte Brotportion. Antonius
versank da in Bewunderung, Paulus aber erzählte, daß Gott alle Tage auf diese Weise
ihm den Tisch decken ließ, und heute hatte er seine Gabe um des Gastes willen verdoppelt.
Es erhob sich da ein frommer Meinungsaustausch zwischen den Greisen über die Frage,
wer von ihnen würdiger sei, das Brot zu brechen; Paulus wollte die Ehre seinem
Gast abtreten und Antonius sie Paulus lassen, der der ältere war. Schließlich faßten die
beiden je mit einer Hand das Brot an und teilten es in zwei gleichgroße Hälften.“^)
g Vgl. Voragine, Legenda aurea. S. Paulus Eremita.
Siren. Die Fresken in der Cappella di S. Äntonio in Le Campora
507
Äbb. 4. Äntonius zu seinen Sdiülern im Kloster sprechend
Die Komposition ist streng symmetrisch. Die Greise sitzen auf einer Steinbank
vor dem Eingang zur Felsenhöhle, deren Rand einen Bogen über ihren Köpfen bildet.
Die Gruppe gewinnt noch mehr an steif feierlicher Wirkung durch die große Palme,
die mitten in der Grotte wächst, ihre grüne Regenschirmkrone über den silberhaarigen
Greisen ausbreitend, die im übrigen fast wie ein älterer und jüngerer Bruder ähneln,
wenn auch der ältere einen etwas strengeren Ausdruck erhalten hat. Dieselbe runde
Kopfform, die hohe Stirn, dieselbe kurze, gerade Nase, der verhältnismäßig kleine
Mund und die großen Ohren zeichnen sie beide aus. Die kleinen, wohlgebildeten
Hände sind auch ähnlich. Will man eine Vorstellung von der Verwandtschaft dieser
Typen mit den bei Giottino gewöhnlichsten erhalten, so stelle man S. Antonius neben
den Diakon, der in der Auferweckungsszene in der Capella Bardi in Sta. Croce hinter
S. Sylvester steht. Man wird dann finden, daß die Zeichnung von Stirn, Nase, Augen,
Mund und Ohren in der Hauptsache dieselbe ist, daß aber der Mann in dem Sylvester-
fresko mit viel größerer künstlerischer Energie gegeben, besser modelliert, kräftiger
gezeichnet und charakterisiert ist als S. Antonius im Campora-Fresko. Es herrscht,
kurz gesagt, ein großer qualitativer Unterschied zwischen diesen Figuren, der geeignet
ist, auf den ersten Blick hin den Eindruck der typologischen Ähnlichkeiten zu ver-
508
Monatshefte für Kunstwissenschaft
1
decken. Vergleicht man die beiden jungen Mönche, Macarius und Ämathas, die den
toten Äntonius auf ein Laken heben, mit dem Kaiser und seinen beiden Begleitern
links in der eben erwähnten Äuferweckungsszene, so kann man gleichfalls wesentliche
Übereinstimmungen in der Zeichnung der Gesichter feststellen: die Profillinie über der
hohen Stirn, die gerade Nase und das runde Kinn sind die gleichen bei dem Kaiser
und bei dem Mönch, der die Füße des Äntonius emporhebt.
Diese Übereinstimmungen sind besonders für diejenigen von Interesse, die
einen Überblick über die florentinische Trecentokunst während der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts gewonnen haben, denn man wird dann zugeben müssen, daß die
Campora-Fresken (soweit sie nicht übermalt sind) in Hinsicht auf die Typen sich
enger an Giottinos spätere Arbeiten anschließen als an irgendwelche anderen be- F
kannten Fresken. Man muß einen Schulzusammenhang zugeben, wenn auch der
wesentliche qualitative Unterschied hervorzuheben ist. Eine Bestätigung hierfür ;
gewährt die ganze Formbehandlung. In den wenigen Fällen, wo wir einer voll-
ständig erhaltenen Figur in den Campora-Fresken begegnen (besonders die beiden
Eremiten vor der Grotte), beobachten wir eine fließende, sienesische Modellierungs-
methode, eine ziemlich oberflächliche Behandlung der runden, vollen Körper. Es
wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Künstler sich auf eine nähere Erörterung j
der Falten der Mönchskutten oder der organischen Struktur der Figuren gar nicht
einläßt. Er fertigt alles Derartige mit der Flüchtigkeit eines untergeordneten Talents
ab, zum großen Unterschied von der sorgfältigen, geschmeidigen Faltenbehandlung j
und des relativ klaren Figurenorganismus , wie sie uns in Giottinos Fresken ent-
gegentritt.
Die allgemeine Gestaltung der Kompositionen ist dürftig und einförmig. Es mag i
sein, daß die Motive keinen Anlaß zur Einführung von mehr als einer, zwei oder drei
Figuren in der Mehrzahl der Bilder gegeben haben. Diese Figuren treten indessen nicht
auf eine charakteristische oder individuelle Weise auf, sondern schablonenmäßig, mit
denselben vagen Stellungen und Gebärden, wie in der Mehrzahl der Kompositionen
untergeordneter Trecentomaler aus jener Zeit. Der Hintergrund besteht in allen Fres-
ken (außer der Almosenverteilung) aus den bereits erwähnten kristallinischen Felsen, |
die meistens die Aussicht versperren und überhaupt keine Illusion der dritten Dimension
gewähren. Nur auf einer schmalen Vordergrundszene haben die Figuren Platz sich zu
bewegen; die Hintergründe drängen sich vor, noch sdilimmer als in Taddeo Gaddis Fresken. j
Das dekorative Gefühl des Malers ist überhaupt sehr wenig entwickelt gewesen; j
er hat sich die Fortschritte auf dem Gebiete der Raumgestaltung, wie sie Giottinos
spätere Arbeiten aufweisen, nicht zunutze machen können. Doch hat er aller Wahr- ;
scheinlichkeit nach die florentinischen Fresken des Meisters studiert — die erwähnten
stilistischen Ähnlichkeiten legen deutlich Zeugnis hierfür ab — aber seine künstlerische |
Begabung hat ihm niemals gestattet, das Wertvollste in ihnen völlig zu verstehen und
nachzubilden. Er ist bei den allgemeinen typologischen Zügen stehen geblieben. Ein
Mangel an individueller Vertiefung macht sich überhaupt in den Campora-Fresken
sehr bemerkbar, der Maler versteht es nicht, uns durch einen persönlichen Erzählerton
zu fesseln.
Siren. Die Fresken in der Cappella di S. Äntonio in Le Campora
509
Er versteht überhaupt kaum zu erzählen. Äm besten gelingen ihm einzelne
Figuren mit ausschließlich dekorativer Aufgabe. Die beiden Heiligen, der Bischof und
der Mönch, die in gotischen Nisdien zu beiden Seiten des Eingangs stehen, sind ur-
sprünglich fein empfundene,
schöne Figuren gewesen , in
Stellungen und Handbewe-
gungen von einer gewissen ge-
dämpften Innigkeit beherrscht,
die uns an die Weise erinnert,
wie die Menschen in Giottinos
Fresken sich geben. Leider
haben sie beträditlich durch
moderne Retuschen gelitten.
Vorteilhafter ist der Ein-
druck von dem, was von den
Malereien an der Decke der
Kapelle und in der Bogenlaibung
erhalten ist. Diese Partien waren,
wie schon erwähnt, mit Brust-
bildern von Propheten und Evan-
gelisten geschmüdet, die in
Medaillons mit gotischen Vier-
pässen eingefaßt waren. Ver-
weilen wir nur einen Augen-
blick bei dem einzigen der
Evangelisten, der vollständig
erhalten und von späteren Ver-
besserungen gänzlich unberührt
geblieben ist. Es ist Lukas, der
dasitzt und sein Evangelium
auf eine lange Pergamentrolle
schreibt, den Kopf etwas schräg
geneigt und den Blick abwärts
gerichtet. Der individuelle Ty-
pus mit breiter Stirn, etwas
eingebogener Nase und einem
kleinen, ausdrucksvollen Mund Äbb. 5. S. Antonius und ein anderer Heiliger seines Ordens
ruft uns unwillkürlich die
Christusfiguren aus Giottinos Arbeiten ins Gedächtnis. Erinnert man sich z. B. des
Gekreuzigten in der Cappella Strozzi oder des Christus in der Uffizi-Pietä, so muß
einen die typologische Ähnlichkeit mit ihnen überraschen; eine Ähnlichkeit, die nicht
nur durch die wesentlichen Züge, sondern auch in dem individuellen Gepräge des ganzen
Gesichtes hervortritt. Es ist das um so bemerkenswerter, als wir nichts derartigem bei
510
Monatshefte für Kunstwissenschaft
n
/ -'ih '
den Figuren anderer zeitgenössischer Maler begegnen. Möglicherweise könnte man an
einige Typen ähnlicher Anlage in Antonio Venezianos Fresken denken; jedenfalls aber '
ist die Verwandtschaft mit ihnen nicht so stark wie mit den Christusfiguren Giottinos. j ^
Wir haben hier eines der schlagendsten Zeugnisse dafür, daß der Maler im j
Schülerverhältnis zu Giottino gestanden hat. Er hat sich mit Erfolg dessen Typen- j
Charaktere angeeignet, er hat in derselben Richtung auf dem Gebiete der Figurenzeich- j
nung und Modellierung gearbeitet, er hat die gedämpften und ruhigen psychologischen j
Stimmungsausdrücke angestrebt, aber seine individuelle Begabung hat der dekorativen i
Wirkung seiner größeren Kompositionen ziemlich enge Grenzen gesteckt. Er verweilt
vorzugsweise auf der „Gemeinweide“ der Trecentomalerei und ist am erfolgreichsten, i
Annahme, daß der Maler i
der Antonius-Kapelle wäh-
rend des Anfangs und
der Mitte der 1370er Jahre ]
tätig gewesen ist. Es wurde
oben, im Anschluß an eine
Angabe bei Puccinelli be- j i
merkt, daß die Kapelle
wahrscheinlich 1372 ge- jj
stiftet worden ist. Die Zeit
um 1372 — 1375 kann so |
aus doppelten Gründen als
wahrscheinlidister Termin j
für die Ausführung der Fres- J
ken angegeben werden. P
Einen bestimmten Namen für den Künstler können wir nicht angeben, auch
kennen wir keine anderen Gemälde, die mit Sicherheit derselben Persönlidikeit zuge- j;
wiesen werden könnten. Giottinos nächste Nadifolger sind nodi zu wenig studiert worden,
als daß wir eine Sonderung derselben wagen könnten. Vasari vermengt in dieser
Gruppe Namen aus versdiiedenen Zeiten, wie Michelino, Giovanni Tossicani, Lippo
und Giovanni del Ponte. Die drei letztgenannten Künstler gehören hauptsächlich dem
XV. Jahrhundert an und dürften zu Lorenzo Monacos Nachfolgern zu rechnen sein.
Ob das gleiche bei Michelino der Fall war, ist dagegen bis auf weiteres unmöglich zu
entscheiden, es ist ein Name, der vorläufig nicht mit bekannten Malereien in Zu-
sammenhang gebracht werden kann und auch in keiner Urkunde angetroffen worden
ist. Sollte sich finden, daß Vasari mit Recht Michelino zu Giottinos nädistem Nach-
folger rechnet, so könnte man ihn möglidierweise für den Meister der Camporafresken
halten, solange aber dieses nicht geschehen, kann man mit dem Namen keinen Begriff
verbinden. Bis auf weiteres müssen wir uns daran genügen lassen zu betonen, daß '
Giottinos Figurenstil in abgeschwächter und verkümmerter Gestalt in den Campora- t'
fresken auftritt, von denen sich somit sagen läßt, daß sie von des „kleinen Giotto“ ^
kleinem Schüler ausgeführt worden sind. j
wenn er sich ganz enge
an ein Vorbild wie Giottino
anschließt.
Fragt man nach
einer Datierung dieser
Fresken in der S. Antonius-
Kapelle der alten Campora-
kirche, so läßt sich, auf
Grund der obigen Unter-
suchung, am ehesten ant-
worten: die Zeit gleich
nach Giottinos Wirken.
Dieser Maler läßt sich bis
gegen 1370 verfolgen; wir
haben somit Grund zu der
Äbb. 6. Der Evangelist Lukas
Ostendorfer and the Beautiful Virgin of Regensburg
Bg Campbell Dodgson
Bg far the most interesting pari of Michael Ostendorfer’s work is the earliest,
I produced at Regensburg during the years 1519 — 22, 'while the cult of the Beautiful
! Virgin was at its height. The woodcuts of this period show the influence of Altdorfer
and rank among the characteristic and important productions of the Danube school,
^ whereas much of Ostendorfer’s later work, subsequent to the introduction of the
Reformation, is greatlg inferior in artistic merit. The woodcuts issued at Ingolstadt
about 1528 — 30, such as the Pedigree of the Sultans and Apian’s Map of the World
on a heart-shaped projection, are still full of individuality, but Ostendorfer’s later
Regensburg book-illustrations , and most of the portraits signed with his monogram,
are mere hackwork, similar to the commercial woodcuts turned out in large numbers
bg Hans Guldenmund at Nürnberg.
Almost all of Ostendorfer’s earlg woodcuts are related more or less directig
to the cult of the Beautiful Virgin, the onlg exception, so far as I am aware, being
a subject overlooked bg Passavant and Nagler, and recorded onlg in Weigel’s Kunst-
katalog, No. 24 551, a Repose of the Holg Familg, signed and dated 1523. This
work, unknown to me, is likelg to be one of considerable interest, and its publication
is much to be desired, if its present whereabouts can be made known.
It is needless here to teil again the storg of the expulsion of the Jews from
Regensburg in 1519, the destruction of their sgnagogue and the adjacent ghetto, and
the erection upon the same site of a temporarg chapel, replaced ere long bg a
permanent church in stone, in honour of the ancient statue called „die schöne Maria“.
The artistic records of these events and of the fanatical devotion to the Virgin Marg,
bg which theg were prompted and which in turn theg fostered, have been almost
exhaustivelg described bg writers on Altdorfer.^) Ostendorfer’s share in the illustration
of these themes, nevertheless , has been less attentivelg studied, and there has been
some hesitation up to quite recent times about assigning certain woodcuts of the
group to this artist instead of Altdorfer.
Bg far the finest and most important of these is the large woodeut representing
the front of the temporarg diapel of the Beautiful Virgin (Pass. III. 312. 13; Nagl.
Mon. I. 42. 20 and IV. 641. 20; Proctor 12002. Reproduction, Hirth’s Kulturgesch.
Bilderbuch, I. 45). It shows the end of the building, constructed of wood, with a
tower of brick containing one bell. The spire is surmounted bg a cross, and on little
pinnacles above the belfrg are weathercocks bearing the crossed kegs of Regensburg.
Suspended from the side of the tower, just beneath the belfrg, is the banner painted
0 Jahrbuch der königl. preuB. Kunstsammlungen, 1886, VII. 154. Friedländer, Altdorfer,
1891, p. 50 ff.
512
Monatshefte für Kunstwissenschaft
by Ältdorfer, representing the “schöne Maria”.^) The approach to the chapel is
protected by a tiled porch or penthouse supported by wooden posts, to which numerous
votive offerings are attached. In an open space before the chapel, Haidenreich’s statue,
which does not represent the “schöne Maria” herseif in the costume that she wears
in several engravings and woodcuts by Ältdorfer, Stands upon a column, on the shaft
of which votive candles are fastened upon spikes or nails.
Before this column, on one side only, that furthest removed from the chapel,
is erected a wroughWron rail with a ledge of stone or wood for the use of kneeling
worshippers. Through the open door a picture of the Beautiful Virgin may be
discerned at the far end of the chapel. The actual “Schöne Maria”, the statue in whose
honour the building was dedicated, is hidden in the interior. Round the chapel may
be seen in the background ruins of the recently demolished Jewish quarter.
Even more interesting, however, than the topographical features of the woodcut
is the vivacious picture that it presents of a crowd actuated by fanatical enthusiasm.
Round the statue is a group of devotees, clasping the column in their arms, raising
their hands towards it, or throwing themselves prostrate on the ground. Four men,
overcome either by illness or by a paroxysm of religious mania, lie on the ground
nearer than this group, and a woman kneels beside them, praying. On the left we
see the rear of a procession of men, armed with spears and pikes, who pass out of
sight round the outside of the chapel.
On the right the front of the procession comes into view, headed by a banner-
bearer and a youth carrying an enormous candle with the Bavarian arms on a
(printed?) sheet attached to it. Young girls follow, wearing wreaths and crowns, two
of them carrying tapers; then another banner-bearer precedes ,the clergy, who carry
reliquaries. Near the group of maidens two women support a girl who is, apparently,
becoming rigid in an access of frenzy. At the door of the chapel two streams of
pilgrims converge and pass into the interior. They consist chiefly of peasant women,
carrying pitchforks, rakes, pails, sickles and the like, in accordance with the text of
the 1610 edition, which describes how the country people left their work without
pausing to lay down their tools, and hastened, heedless of food or sleep, to the
shrine. On the left we see a knight in armour, and two men wearing hair shirts.
On the side wall of an out-house on the left, which has a small chimney, may be
seen, in the finest impressions, Ostendorfer’s monogram in its earliest form, in which
the O is attached to the outside of one of the upright lines of the M.“^) Dürer’s
note written upon an early Impression of this woodcut, now preserved at Coburg, is
too well known to need repetition.
Far inferior to the large sheet as a work of art, but yet of a certain in-
q Friedländer, p. 52.
2) Passavant, Nagler and Friedländer sag that the woodcut is unsigiied; they cannot have
seen a Sharp Impression. In the two later impressions in the British Museum the monogram
is unrecognisable, and even in the earliest it is not distinct.
3) See G. Kinkel in Zeitschr. f. bild. Kunst, 1881, XVI. 334, Lange u. Fuhse, p. 381.
Dodgson. Ostendorfcr and the Beautiful Virgin of Regensburg
513
dependent interest, is the small woodcut (Heller, Zusätze, p. 102; Pass. III. 313. 14;
Nagl. Mon. IV. 641. 19; Friedländer, p. 51) here reproduced (Äbb. 1). Though often
described, it is of great raritg, and has never, to mg knowledge, been reproduced, so
that the present illustration, taken from the uncoloured impression (size of woodcut,
122:96) in the Berlin Kupferstichkabinett, of which I owe a photograph to the
kindness of Dr. Bodi, mag prove of interest to mang readers.^) The woodcut exemplifies
how much less care was often bestowed upon book-illustrations than upon designs
intended for publi-
cation as separate
sheets. The church is
rudelg cut and ridi-
culouslg small in Pro-
portion to the size of
the figures near it, but
the main ardiitectural
features, as we know
them from the larger
woodcut, are clearlg
discernible again in
this side view. The
iron rail is represented
exactlg as before, but
the Statue, which cor-
responds generallg to
the more detailed re-
presentation on the
large sheet, is placed
upon an entirelg diffe-
rent column and base
of wrought stone in
late Gothic stgle. Since
it is not likelg that this
elaboratelg finished
^itoerberlicbe
flen 3<lt8Sef(^c^cit (n Kcgetifpurß ^wber
HÄ ber muctcr ßWtce
j-I
C60ratüitpi(ui1e6io.
Äbb. 1. Passavant III. 313. 14 (verkleinert)
pedestal would be
abandoned, almost as
soon as finished, for
the much simpler
column with a round
shaft, we must con-
clude that the latter
was itself the pro-
visional support of the
Statue, to be replaced
bg this carefullg chisel-
led shaft so soon as
it was readg. Since
the small woodcut
bears the date 1522,
an earlier date must
be assigned to the
large one; this agrees
with the internal evi-
dence of the subject,
displaging as it does,
the outburst of fanati-
cal devotion at its
climax. The little il-
lustration represents
the approach of a
cripple to the shrine, supported bg a friend, while a beggar sits bg the wag-side
craving alms, and a pilgrim is praging with outstretched arms before the statue. On
the ground near the base is a monogram whidi must be read as PÄ, and evidentlg
denotes the initials of the woodcutter. Ostendorfer’s own monogram is on the base
of the statue. Nagler (Mon. IV, No. 1728) reads the monogram as MD and interprets
it as that of a Regensburg artist and religious, Mathias Diernhofer, but the figures
are entirelg in Ostendorfer’s manner — theg are to be compared with those on the
g The Germanic Museum possesses a copg of the book (Inc. 3905), in which the wood-
cut is coloured and defective.
514
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 2. Passavant III. 304. 65 (Äussdinitt)
genuine monogram, is preserved under that
artist’s name in the same collection. Even
in quite old impressions there is a vertical
crack passing down through the rays of
the Virgin’s glory, on the left side, and
extending across the tower as far as the
foot of the uppermost block (Abb. 2).
The presence of this cradk, apparently,
gave rise to the mistaken statement of
Passavant that a new piece of wood has
been inserted, in whidi the figure of the
Virgn is drawn by Ostendorfer and bears
his mark. There is no evidence of any
such inscrtion having been made; the
drawing and monogram from the first were
those of Ostendorfer, not Altdorfer. The
monogram is approximately the same as
in Pass. 13 and 14, with the O attached
to the right-hand upright stroke of the M.
0 Mitteilungen der Gesellschaft für ver-
vielfältigende Kunst, 1903, p. 47.
two woodeuts now to be mentioned rather
than with the large figures in Pass. 13 —
and there is no reason to doubt that the
woodeut was designed by him.
The large woodeut representing the
exterior of the Renaissance diurch of stone
whidi soon replaced the temporary diapel,
was formerly ascribed to Altdorfer (Pass. III.
304. 65), though Heller (Zusätze, p. 101)
first described it, quite rightly, under Osten-
dorfer’s name. So recently as 1903 Passa-
vant’s error has been revived,^) with
reference to an impression in the Albertina
whidi, it is alleged, bears Altdorfer’s
monogram; that Signatare, however, is a
forgery, produced with Indian ink, and a
second impression, with Ostendorfer’s
Abb. 3. Passavant III. 304. 65 (Äussdinitt)
Dodgson. Ostendorfer and thc Beautiful Virgin of Rcgcnsburg
515
; The diurdi here exhibited corresponds to the wooden model of thc architect Hans
Hicbcr, or Huber, of Äugsburg, whidi is still prcservcd in the Rathaus at Regensburg,
: and not to the building actuallg crcctcd from a modificd design, whidi was converted,
i on thc introduction of thc Reformation in 1542, into the new Protestant Pfarrkirche.
) To give vcrisimilitude, howcver, to thc picturc, the churdi is drawn as if
I alrcadg erected on its sitc; thc ruins of the demolishcd Jcwish buildings are
i shown again around it and the scene is cnlivened bg sevcral good Catholics of
i Regensburg, strolling about, admiring the fine new church, or passing quicklg on their
! business. (Äbb. 3.) Ostendorfer received twclve gülden for drawing the design of
^ this diurch upon the block. The pagment was made in 1519 according to Sdiuegraf,^)
'S but Nagler gives the date as 1520; the pagment appears to be entered in thc church
b accounts for 1520.'^) The block is prcservcd in thc Bavarian National Museum
■ at Munich.^)
IMax Friedländcr has suggested with great probabilitg that Ältdorfcr’s woodeut
representing an altar in Renaissance stgle (B. 50) preserves a design for an
; altar intendcd for thc new church of the Beautiful Virgin.^) The same destination
\ mag bc suggested for an ornamental design bg Ostendorfer, dated 1521, repre-
senting a tabernacle for thc reception of the consecrated Host. This rare woodeut
^ was first described bg Wcsselg; a fine impression was purchased for thc British Museum
at the Brentano sale in 1870; Prince Liechtenstein posseses another, and a third, much
later impression, from the worm-eaten block, is in the Älbertina. The structure,
^ designed throughout in Renaissance stgle, consist of five members. (1) Ä slender
. shaft, resting on two plinths, the uppermost of which bears the date 1521, supports
I (2) the actual tabernacle. This is an arched recess, destined to contain thc monstrancc
in which the reserved Host would be placed; it is closed in front bg a grating, and
, flankcd bg Corinthian pilasters. A torch-bearing angcl Stands on either side upon a
' small dctachcd column. Above thc tabernacle the structure expands and takes thc
I form of (3) a vaultcd recess containing a plastic group of thc Last Supper, seen through
‘ the intcrvals between four pillars, which support an entablature resting on round
arches; the fricze is adorned with dolphins. Ostendorfer’s monogram, in its earlg
form, the O attached to thc Icft side of the M, and indistinctlg cut, is to bc scen
to Icft on thc shadcd side, beneath a seated apostle. Above this member thc structure
contracts again, and we sec (4) a flat ardi-shaped tablet on which is a representation
of the Israclites gathering manna, set in an architectural framc. On either side of the
frame Stands an angcl, with wings uplifted and cross erect over thc brow, supporting
a shicld of florid pattem. At thc top of thc framc rises an open arch with Orna-
ments on the outer edge which culminatc in a chcrub’s head between two dolphins.
g Verhandl. d. hist. Vereins v. Oberpfalz und Regensburg, 1850, XIV (N. F. VI), p. 7.
2) Ibid., p. 23.
Friedländer, Ältdorfer, p. 169, note 76.
4) Ibid., p. 56.
®) Repertorium für Kunstwissenschaft, IV. 150. 2.
516
Monatshefte für Kunstwissenschaft
The whole is crowned by (5) a crucifix, the mound in which the cross is planted
being visible through the open lunette formed by the arch at the summit of the
preceding mernber. Figures of St. John and the Blessed Virgin stand upon the
ledge formed by the entablature of the frame beneath them; they balance the two
pairs of angels be-
low, but are on a
much larger scale
than the figure of
Christ, and are placed
in no very dose
relationship to him.
The whole is cut
on two blocks and
printed on two
sheets; the extreme
measurements of the
woodcut itself are
934 : 200 mm.
It may be dis-
puted whether the
tabernacle was a de-
sign to be executed
in metal, or on a
larger scale in stone.
The latter hypothesis
is perhaps, the more
probable, and the
tradition of the South
German Sakraments-
häuschen of the
Gothic period would
iUicOicncw Cflpcllju ar fcboiicit
tHarta in Hegcnfpwrg auff kommen iß/
i^ut totam tete:puUbmm v^neratui* amtcam
Ec Temper puramuc Tine labe colU
adTie lO^arta noccat ncpcflidiapelfa.
üut ifbbitae moueemcc aconrta;p:ccoi»
Äbb. 4. Änonymer Titelholzschnitt
then be carried on
in a modified form.
One other wood-
cut connected with
the “Schöne Maria”
has been conjectu-
rally attributed to
Ostendorfer. It is on
the title-page, repro-
duced here (Äbb. 4),
of a book (s. 1. e. a.)
printed, according to
Proctor, No. 11020,
by Hölzel at Nürn-
berg (Weigel, Kunst-
katalog, No. 18351,
Weller 1303, Muther
1777). Asecond Im-
pression of thewood-
cut occupies the back
of the leaf. According
to Muther, it is doubt-
ful whether the
woodcut is by Alt-
dorfer or Ostendorfer
The former name
may be at once
dismissed; the second has not a much better Claim to consideration, especially if it be true that
the book was printed at Nürnberg. The cutting certainly resembles that of the rougher
sort of Nürnberg illustrations more than that of genuine Regensburg woodeuts, and
I see in the design, as distinct from the subject, nothing specially characteristic of
Regensburg. Interest in the remarkable events of 1519 must have been sufficiently
diffused for an illustration of this subject to find a ready sale elsewhere than on
the Danube.
Äbb. 1. PEDRO SÄNCHEZ: Grablegung Christi
Die spanischen Gemälde im Museum der schönen
Künste zu Budapest
Von Äugust L. Mager (Sevilla)
Die umfangreichste Sammlung spanischer Gemälde außerhalb Spaniens besitzt
zweifelsohne das Museum der schönen Künste in Budapest. Nach den jüngsten Neu-
erwerbungen sind nun so ziemlich jede Schule und jedes Jahrhundert vertreten. Eine
I empfindliche Lücke besteht freilich noch: Velasquez fehlt. Äus dem Quattro-
cento stammt die „Beweinung Christi“, das einzige erhaltene signierte Tafelgemälde
des Pedro Sanchez. (Neuerw. früher bei D. Lopez Cepero Sevilla.) Dem Äusgang
dieses Jahrhunderts gehören zwei Bruchstüdie eines großen Retablo an, wohl castilianisch,
mit Darstellungen aus dem Marienleben. Eine im Depot befindliche „Kreuzabnahme“,
früher Weyden genannt, ist vielleicht eine spanische Nachahmung. (Eine Replik dieses
Bildes findet sich im Colegio del Patriarca in Valencia, eine weitere im spanischen
Kunsthandel.) Eine — gleichfalls im Depot befindliche — Dornenkrönung“, der deutschen
Schule zugewiesen, dürfte eher eine valencianische Ärbeit um 1500 sein.
Die Reproduktion der Bilder geschieht mit freundl. Erlaubnis der Firma Franz Hanfstaengl, München nach
Originalaufnahmen derselben. Der Herausgeber.
34
518
Monatshefte für Kunstwissenschaft
I
Äbb. 3. ÄLONSO CÄNO (?) : Begegnung an der goldnen
Pforte □
Mayer. Die spanischen Gemälde im Museum zu Budapest
519
I
I
I
i
!
!
i
Äbb. 4. MURILLO: Männliches Porträt Äb. 5. VILLÄCIS: Hl. Rosalie
Dem 16. Jahrhundert gehört eine allegorische Darstellung an, wohl auf ein
italienisches Niello zurückgehend. Von Juan de Juanes, dem Hauptmeister der Valen-
cianer Renaissance, ist ein Christus mit dem Calix von Valencia (nicht Sevilla, wie
der Katalog angibt), zu sehen. Ihm wird ferner ein mittelmäßiges, im Depot befind-
liches „Porträt eines Mannes mit einer Katze“, bez. 1569, zugewiesen. Dem Valencianer
Leonardoschüler Ferrando Yanez de l’Älmedina dürfte Nr. 299 „Madonna mit Christus-
knaben und dem kleinen Johannes“ angehören. Die Valencianer Schule des Seicento
ist mit einem Hauptwerk Riberas, der „Andreasmarter“ von 1628 glänzend vertreten.
Die Francisco Ribalta zugeschriebene „Katharinendisputation“ ist ein Schulwerk.
Den Einfluß Riberas verrät ein frühes Bild des Ärragonesen Martinez: „Der
hl. Thomas“; den fortgeschrittenen Künstler zeigt uns ein sehr pastös gemalter, von
Rubens inspirierter „Greisenkopf“; das ihm zugewiesene Gemälde „Hiob und seine
Frau“ mutet mehr italienisch an.
Auf den Namen des Sevillaners Pacheco gehen zwei Gemälde. Das eine
„Moses Wasser aus dem Felsen schlagend“ ist in der Ausführung auffallend ungleich.
Die linke Hälfte mit den Aktfiguren und der knieenden Frau ist bedeutend besser
als die rechte mit dem stocksteif dastehenden Moses nebst Begleitern. Ist hier
Pachecos Autorschaft sehr zweifelhaft, so dürfte sie bei der „Begegnung Joachims
und Annas“ ganz abzustreiten sein. Ein sehr tüchtiges Werk, voller Reminiszensen
an Ribera und an Albertinellis „Heimsuchung“. Der lachende Knabe stammt aus
Riberas Bartholomäusmarterradierung, Joachims Kopf ist ganz riberesk, namentlich aber
ist die ganze Anlage mit dem Helldunkel der Vordergrundszene und der hellen Ver-
520
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Äbb. 6. ZURBÄRÄN: Heilige Familie
kündigung an Joachim im Hintergrund
Riberas „Hirtenanbetung“ von 1650 ent-
lehnt. Diese Benutzung und Verquickung
von verschiedenen Vorbildern wie auch das
Kolorit lassen Cano als wahrscheinlichen
Äutor vermuten. Von diesem Künstler
besitzt die Sammlung einen „Christus in
Gethsemane“, einen Johannes auf Patmos
(nach Riberas Hieronymusradierung), ein
„Noli me tangere“ (nach Tizians Gemälde)
und einen Marienkopf. Juan de Sevilla
Romero hat auf seiner „Rast der hl. Familie“
Riberas Bild gleichen Inhalts benutzt.
Murillo ist mit einer ganzen An-
zahl Gemälde vertreten, am besten mit dem
an Pilger Brot verteilenden Christkind, 1678
für das Hospital der Venerabies gemalt.
Die „Flucht nach Egypten“ gehört der Über-
gangszeit zum zweiten Stil an. Murillos
Autorschaft bei der 1675 signierten „Ma-
donna mit Christkind“ darf man,' wohl be-
zweifeln; es ist ein in den Farben merk-
würdig stumpfes Bild. Ein sehr gutes Schul-
bild ist die „Madonna mit zwei Dominikaner-
heiligen“; ikonographisch interessant, da
auf dem Gemälde eine Verlobung des
Christusknaben mit der hl. Eulalia dar-
gestellt ist. Das Männerporträt Nr. 311
gehört zu Murillos besten Bildnissen und
man kann es verstehen, daß schon mehr-
fach der Versuch gemadit worden ist, es
Velasquez zuzuweisen, mit dessen Werken
es aber schon in der Technik gar nicht
zusammengeht. Das Moya zugeschriebene
„Porträt eines Malers“ ist nach Berruete
ein Porträt dieses Künstlers von Murillo,
was wohl möglich sein kann. Nunez de
Villavicencio, der mit Murillo in der Dar-
stellung von Genreszenen wetteiferte, ist
mit einem schwadien Bild „Gassenjunge
Äbb. 7. CÄBEZÄLERO (?): Hl. Sebastian
Mayer. Die spanischen Gemälde im Museum zu Budapest
521
Hbb. 8. GOYÄ: Porträt des Marques de Caballero
mit Hund und Äpfeln“ vertreten; Escalante mit einer lichten „Concepcion“. Eine
andere „Concepcion“, früher Tavarone zugeschrieben, wird jetzt dem Murilloschüler
Tobar gegeben, dem sie jedoch kaum angehört. Das Valdes Leal zugewiesene Frauen-
porträt hat nichts mit dem Meister zu schaffen. Unter dem Namen Peredas gehen
fälschlich zwei große Gemälde: „Eine Trinität“ und „Das Christkind erscheint dem
hl. Äntonius“. Es sind Werke der Sevillaner Schule aus der zweiten Hälfte des
622
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
XVII. Jahrhunderts. Sehr bravourös gemalt ist die „Hl. Rosalie“ des Murcianers Villacis,
der in den Typen und der „vaporosen“ Malerei mehrfach an Murillo erinnert, jedoch
ist er in den Farben stumpfer, sdiwerer.
Zurbarans letzten Stil kann man außer in Guadalupe nirgends so gut kennen
lernen wie hier. Die „Hl. Familie“ von 1659, von Murillo etwas beeinflußt, ist
sehr weich gemalt. Noch interessanter die ein Jahr vor seinem Tod, 1661 gemalte
Concepcion, die in ihrer lichten Gesamthaltung, der zarten Äbtönung der Farben und
der außerordentlichen Weichheit der Faltengebung zu der äußerlich ganz ähnlichen
Concepcion von 1616, seinem ersten bekannten Bild, den denkbar schärfsten Kontrast
bildet. Im Kopf freilich hier wie da der Ausdruck idealer Verblasenheit.
Die Madrider Schule ist durch ein Spätwerk Claudio Coellos, eine „Hl. Familie“
vertreten, sowie durch einen „Hl. Sebastian“ fälschlich dem Valencianer Espinosa
zugewiesen. Vielleicht rührt er von Cabezalero her. Der „Hl. Dominikus“, der von
Carreno stammen soll, ist eine tüchtige Arbeit; die Signatur, die den Namen Carrene
schreibt und den Maler das Bild 1691, ein Jahr nach seinem Tod, ausführen läßt,
ist gefälscht.
Von Greco besitzt die Galerie seit einiger Zeit eine „Verkündigung“, ein
charakteristisches Bild seiner Spätzeit. Ferner ist vor einigen Monaten ein männliches
Porträt in die Sammlung gelangt, eine mittelmäßige Schülerarbeit um 1630. Von Grecos
Freund Orrente ist eine ganz venezianisch gestimmte Emmausszene zu sehen. Cerezo
ist mit einem bezeichneten „Ecce homo“ würdig vertreten. Die akademische Malerei
des XVIII. Jahrhunderts repräsentiert Villadomont mit seinem „Tod des hl. Antonius“,
der starken französischen Einfluß verrät.
Den glanzvollen Abschluß der Sammlung bilden drei Gemälde Goyas: das
im Fleischton etwas unangenehme ~ Porträt des Marques de Caballero von 1807
(Gegenstück zu dem von Loga, Kat. Nr. 183, erwähnten Bild seiner Gattin) sowie die
beiden vorzüglichen kleinen Studien aus seiner letzten Zeit, die „Wasserträgerin“ und
der „Schleifer“.^)
0 Zu diesen drei Werken hat Gabriel von Tereg, der unermüdliche Leiter des Museums, in
den allerjüngsten Tagen noch ein viertes hinzuerworben: das Porträt der Senora Cean Bermudez
(früher bei Marquez de Casa Torres in Madrid), eines der besten Frauenbildnisse Goyas.
Ältsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum“
zu Graz
Von Wilhelm Suida
Die Werke der Malerei des XV. und XVI. Jahrhunderts, welche die inneröster-
reichisdien Länder hervorgebracht haben, sind im allgemeinen noch sehr wenig bekannt
und erforsdit. Kennen wir aus Böhmen, Tirol, Salzburg die Hauptwerke und Künstler-
individualitäten, so sind trotz der Publikationen der Tafelgemälde des Stiftes Kloster-
neuburg durch Dredisler und List, trotz der Arbeiten von Graus und Wastler^) für Steier-
mark, doch die Zusammenhänge der Kunstentwicklung in diesen Ländern noch sehr
wenig aufgedeckt. Konnten doch Hauptwerke deutscher Malerei, wie der Altar von
1447 in der Stefanskirdie zu Wien, oder wie die Serie von 1469 im Schottenstift bisher
nahezu ganz übergangen werden!
In Niederösterreidi sind bei dem Fehlen eines geeigneten Landesmuseums nament-
lidi die Sammlungen der Klöster und Stifte für den Forscher von Wichtigkeit, in Steier-
mark ist das Landesmuseum Johanneum allmählich und nicht zum wenigsten auch durch
die glückliche Sammeltätigkeit des verstorbenen Direktors Lacher in den Besitz von
Gemälden gelangt, aus denen, wie ich glaube, die künstlerischen Strömungen in der
Steiermark vom beginnenden XV. bis ins XVI. Jahrhundert deutlich erkannt werden
können. Eine große Zahl von recht interessanten Künstlerindividualitäten, die uns zum Teil
in Klöstern oder Kirchen des Landes wieder begegnen, lernen wir da kennen, wenn wir nur
im Museum selbst, das in der Aufstellung vielfach zersplitterte Material zusammengesucht
haben. Die steirisdie Abteilung der Landesgemäldegalerie enthält ein einziges Bild dieser
Epoche, dafür sind aber steirische Gemälde unter „kölnische“, selbst „italienische Schule“
und in der kunstgewerblichen Sammlung verstreut aufgestellt. Vielleicht tragen die
folgenden Zeilen dazu bei, eine historisch richtigere und der künstlerischen Vergangenheit
des Landes entsprechende Gruppierung anzuregen. Die photographischen Aufnahmen,
welche mich in den Stand setzen, einige der besprochenen Werke hier in Abbildung
vorzuführen, verdanke ich der Güte des Herrn Hofrat Dr. Strzygowski, dem ich auch
an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte.
Die ältesten steirischen Gemälde im Museum, vom Katalog ganz richtig auf die
Zeit um 1400 angesetzt, sind die aus dem Klarissinnenkloster in Judenburg stammenden
vier Tafeln: die Ölbergszene, die Kreuzigung, die Auferstehung und die Herabkunft
des hl. Geistes. Der Erhaltungszustand dieser Tafeln dürfte keineswegs ein so schlechter
sein, wie es auf den ersten Blidc scheinen könnte, nur müßte eine vorsichtige Reinigung
und Sicherung des noch Vorhandenen eintreten. Lange schmale Figuren von schöner
Bewegung, ein hohes Kompositionstalent und Sinn für dekorative Wirkung sind dem
y Die Forschungen des Monsignore Dr. J. Graus findet man in zahlreichen Jahrgängen
der von ihm redigierten Zeitschrift: „Der Kirchenschmuck“, von Prof. J. Wastler kommt namentlich
hier in Betracht: „Das Kunstleben am Hof zu 'Graz“, Graz 1897, Seite 3ff und „Steirisches
Künstlerlexikon“.
524
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Künstler zu eigen. Wandmalereien inMurau, die Gestalten der vierzehn Nothelfer weisen
formale Analogien auf, die darauf schließen lassen, daß wir es mit Erzeugnissen einer
autochthonen Kunstübung zu tun haben, deren Denkmäler allerdings heute sehr spär-
lich sind.
Ein datiertes Hauptstück altsteirischer Malerei gewinnt dadurch noch an Be-
deutung: das Epitaph des Ulridi Reicheneker von 1410. Die Inschrift lautet: „Anno
domini milesimo CCCC decimo obiit ulrich reicheneker feria tertia post festum margarete
hic sepultus.“
Bei Vergleich mit den Judenburger Tafeln erscheinen die Gestalten kräftiger und
massiver. Die Typen haben im Bereich der kölnischen und fränkischen Kunst jener
Zeit wenig Analogien. Wohl aber werden wir an noch ältere Werke auf öster-
reichischem Boden erinnert: an die böhmischen Bilder auf Karlstein. Die Kreuzigung
und die Halbfiguren der Heiligen in der Kapelle weisen schon ähnliche, etwas grobe
Typen mit großen Gesichtsteilen auf. In Bezug auf Detaillierung der Körper, Bewegungs-
fähigkeit der Gliedmaßen, ist der Maler des Epitaphs aber schon weit über die Stil-
stufe der böhmischen Künstler Karls IV. hinaus. Man darf wohl sagen, daß in diesem
steirischen Bilde ganz besonders eine Fortentwickelung der Errungenschaften der böhmi-
schen Schule des XIV. Jahrhunderts uud eine Verschmelzung mit neuen Stilelementen
zu erkennen sei.
Woher hat aber der Maler des Reicheneker Epitaphs die Komposition? Diese
stammt aus Oberitalien. Auf Sarkophagreliefs der Campionesen, auf den Votivbildern
des Giovanni da Milano in Mocchirolo (bei Lentate sul seveso in der Lombardei) finden
wir sie (um T360), in Bergamo, in der Brera kehrt sie im XIV. Jahrhundert wieder,
die Veronesen Altichiero und Avanzo übernehmen sie (Votivbild der Ritter Cavalli
in S. Anastasia'"). Und in einer Variante wird sie von Altichiero geradeswegs nach
Wien gebracht. Ein Fresko, das aus der Stefanskirche ins städtische Museum im Rat-
haus kam, meiner Ansicht nach von Altichiero selbst stammend, will ich hier erwähnen,
wenn dieses eine erhaltene Beispiel auch nur dazu dienen sollte, auf die regen künst-
lerischen Beziehungen, die zwischen Oberitalien und Österreich bestanden, und die sich
schon im Trecento nicht auf den Import der Bilder des Tomaso da Modena nach Karl-
stein beschränkten, hinzuweisen.
Schon die Sammlung des Johanneums gibt uns Belege dafür, daß dieses Reichen-
ekerepitaph seinem Stil nach keineswegs vereinzelt in Steiermark steht. Zwei Täfel-
chen mit der Halbfigur der schmerzhaften Maria und dem Schweißtuch der Veronika
von Engeln gehalten (Nr. 895) gehören der gleichen Richtung an, wenn sie auch etwas
später anzusetzen sein dürften.
In den Beginn des zweiten Drittels des XV. Jahrhunderts, d. h. um 1440, wäre
ich geneigt, den Martinsaltar aus S. Catarina in der Laming zu versetzen (den der Katalog
y Eine Abbildung des Bildes gibt Frimmel „Blätter für Gemäldekunde 1907, Seite 1.
Frimmels Aufsatz beschäftigt sich mit der Form der Inschrift, der technischen Beschaffenheit des
Bildes, kaum aber mit dessen Stil.
y Vgl. Abbildung in G. Biermann, Verona, pag. 62.
Suida. Ältstcirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum“ zu Graz
525
als um 1500 entstanden jedenfalls wesentlich zu spät datiert). (Abbildung 1.) Das Mittel-
bild enthält vor lilafarbiger, perspektivisch recht unbeholfener Holzarchitektur die in Profil
gestellte Figur des Heiligen zu Pferd, den beiderseits kleine Bettler flankieren. Fünf
Engelchen sind mehr raumfüllend verwendet, als daß sie an dem Vorgang teilnähmen.
Die Flügelbilder enthalten je zwei Szenen der Legende des hl. Martin auf den Innen-
seiten. Unschwer
läßt sich dieser
Altar einerGruppe
von Bildern ein-
ordnen, die alle
ein ähnliches Stil-
gepräge und ähn-
liche Abhängig-
keit von oberita-
lienischen Wer-
ken der Pisanello-
richtung aufwei-
sen. Das liebliche
Madonnenfresko
an der Außenseite
der Kirdie von
Spital am Sem-
mering habe ich
sdion früher ein-
mal publiziert.^)
Das massive Al-
tarwerk mit den
nahezu lebens-
großen Figuren
des thronenden
Papstes Sylvester
mit Magdalena
undJohannes,dem
Evangelisten, Abb. 1.
Mauritius undFlo-
rian auf den Innen-
erweisen sich als
Steierischer Maler um IMO. Mitteltafel des
Martinsaltars aus S. Caterina in der Laming
□ Landesmuseum „Johanneum“, Graz
flügeln in der
Stiftsgalerie von
St. Florian, darf
vielleicht als
Hauptrepräsen-
tant dieser ganzen
Richtung gelten.
Lassen sich die
genannten Male-
reien auch keines-
wegs auf eine
Künstlerindividu-
alität zurückfüh-
ren, so springen
doch die gemein-
samen formalen
Eigentümlich-
keiten in die Au-
gen. Die Haupt-
figur wird her-
ausgelöst und vor
eine lila, rosa oder
lichtgrün gefärbte
Holzarchitektur in
Nischen- oder Bal-
dachinform ge-
stellt. Die Formen
dieser Architektur
sind nicht der
Wirklichkeit ent-
nommen, sondern
späte Variationen des trecentesken Formenschatzes. Auch die ohne
jede perspektivische Verjüngung parallel zur Bildfläche gegebene Musterung des Fuß-
bodens ist den Altären in St. Florian und Graz gemeinsam. Zierliche Figuren mit
lebhaftem aber wenig individuellen Ausdruck, in den Proportionen gelegentlich arge
Entgleisungen, in der Komposition mehr das Bestreben, die vorhandene Fläche dekorativ
h Mitteilungen der Zentralkommission 1903.
526
Monatshefte für Kunstwissenschaft
zu füllen als eine bestimmte Begebenheit anschaulich zu schildern, in der Farbengebung
eine Vorliebe für zarte und gebrodiene Töne, — all das sind Momente, die insbe-
sondere den Martinsaltar mit dem des heiligen Sylvester verbinden, wogegen das
Madonnenfresko schon als eine etwas vorgeschrittenere Arbeit aufzufassen sein dürfte.
Der Martinsaltar ist ein sehr frühes Beispiel dieses Stiles, an welchen sehr deutliche
Änklänge noch das große Wandbild mit der Darstellung
der Landplagen von 1480 an der Außenseite des Grazer
Doms aufweist. Ähnlich ist dort noch das Architektonische,
die dekorative Verwendung der Schriftbänder, der Aufbau
der Komposition, vorgeschritten der Sinn für das Land-
sdiaftliche, sowie die treffliche Naturbeobachtung in den
drastisch erzählten historischen Szenen.
Der Frühzeit des XV. Jahrhunderts gehört auch
noch ein Altarflügel an, der in zweidrittel Lebensgröße
die Gestalt des heiligen Oswald, Königs von England,
zeigE (Abbildung 2) in Eisenrüstung, die Krone auf dem
Haupte, hält er in der Rechten eine Fahne, auf der wir
drei Löwen sehen, die Linke hält den Reichsapfel, auf dem
der treue Rabe mit dem Ringlein im Schnabel Platz ge-
nommen hat. Diese derbknochige, etwas ungeschlachte
Erscheinung ist von dem Menschenschlag des Martins-
altars außerordentlidi verschieden. Und doch kann die
Entstehungszeit beider Werke nicht so weit auseinander
liegen. Wir stehen noch auf einer primitiveren Stil-
stufe, als sie das Dombild von 1457,^) die große
Kreuzigung des Konrad Laib, kennzeichnet. Zum Ver-
gleiche mag man Einzelfiguren des Laib, allerdings Spät-
werke dieses Künstlers, die Heiligen Primus und Hermes
aus dem Salzburger Museum, neben unseren heiligen
Oswald halten. (Abbildung 3.) Sehr tüchtig schon hier
der in rötlichen und bräunlichen Tönen durchmodellierte
Kopf, schwächer und schwammiger die Hand des Königs;
Abb. 2. österreichischer Maler um Wogegen an dem heiligen Hermes jene erstaunliche
io? Kenntnis des Knochengerüstes auffällt, wodurch die
□ Landesmuseum, Graz Drastik Und Präzision der Bewegung der Gestalt er-
möglicht war. Neben dem hühnen Kontrapost der
Glieder des Hermes, der ruhig aufgebauten Gestalt des Primus, erscheint unser
geharnischter König noch etwas lahm und primitiv.
Von den Stileinflüssen, die mit dem Dombilde in die Hauptstadt Steiermarks
y Dem Meister der Wiener Kreuzigung wird im Museum von Basel eine schmale hohe
Tafel der Kreuzigung zugeschrieben. Mag dieselbe auch österreichisch sein, so gehört sie doch
nicht der Laib-Pfenning-Gruppe an, eher könnte man an anderer Stelle, wie zum Beispiel in
einer Beweinung Christi in St. Leonhard in Kärnten, Stilanalogien zum Baseler Bilde finden.
Suida. Ältsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum“ zu Graz 527
Äbb. 3. KONRÄD LÄIB. Die hl. Primus und Hermes
Museum, Salzburg
Einzug halten, hatte ich an anderer Stelle schon zu sprechen^) und möchte nur darauf
hinweisen, daß ein neuerworbenes kleines Kreuzigungsbild im Johanneum, das stilistisdi
nodi ganz der Übergangsriditung angehört, vielleicht besonders drastisch die Neuerungen
des Dombildes vortreten läßt, da beide Werke' ungefähr aus gleicher Zeit stammen mögen.
Das nächste datierte Bild im Grazer Museum ist der Flügelaltar aus Kathrein vom
Jahre 1475. (Abbildung 4.) Die Mitteltafel zeigt die von zwei Engeln flankierte Mutter
Gottes, die unter ihrem Mantel schützend eine zahlreiche Gemeinde, Geistliche und Weltlidie
mit Kaiser und Papst an der Spitze, deckt. Die Flügel enthalten auf den Innenseiten vier
weiblidie Heilige, Caterina, Dorothea, Barbara und Margaretha. An den Außenseiten
der Flügel sieht man vier männliche Heilige, an dem feststehenden Flügelpaar Dar-
stellungen der Verkündigung und des Gethsemane, die Heiligenpaare Petrus und Paulus
Repertorium für Kunstwissenschaft 1908, vergl. auch R. Stiassng, Ält-Salzburger Tafel-
bilder, Jahrb. der Kunsthistor. Sammlungen, Wien 1903, und J. Graus, Kirchensdimuck 1905. Meine
Änsicht, es handle sich in den beiden Salzburger Bildern um Werke Laibs, entgegen der Änsicht
Stiassngs, es seien Spätwerke Pachers, habe ich ebenda begründet.
528
Monatshefte für Kunstwissenschaft
und die beiden Johannes. Die Farben sind außerordentlich tief und leuchtend. Wie
kommt man nur darauf, diesen Altar als „altkölnisdie Schule“ auszustellen? Ich kenne
in Steiermarck ein Pendant dazu: Das Flügelaltärchen des Jörg Gradner (f 1476) in
Köflach, einst im dortigen Franziskanerkloster. Die Mitte nimmt die Gestalt des
heiligen Bernhardin von Siena ein, der predigend, mit erhobenem Arm, Buch und
Kreuz haltend, dargestellt ist. Der Goldgrund ist hier wie am Kathreiner Altar gemustert,
die Flügel, in horizontaler Richtung geteilt, zeigen die Figuren des Täufers und der
Madonna im Ahrenkleid, darunter das Stifterpaar.
Woher dieser „Meister des Kathreiner Altars“, wie wir ihn kurz nennen
wollen, seinen Stil ableitet, läßt sich unschwer angeben. Nordische sowie südliche Ein-
flüsse sind für ihn maßgebend. Für seinen Lehrer könnte man den niederösterrei-
chischen „Meister der neun Engelchöre“, wie ich ihn nenne, halten.^) Sehr ähnliche
n Kurze Erwähnung ohne nähere Ängaben mit Äbbildung gibt J. Graus, Kirdienschmudc,
Jahrg. 35, 1904, Seite 9.
2) Nach der Bilderserie, die aus der Kirche am Hof in Wien stammend, sich in Kloster-
neuburg befindet. Nachklänge des Stiles dieses wichtigen Künstlers findet man in anderen Bildern
in Klosterneuburg, sowie in Herzogenburg.
Äbb. 4. Steirischer Maler von 1475
Ältarwerk aus Kathrein □
Museum „Johanneum“, Graz
Suida. Ältsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanncum“ zu Graz
529
derbe Typen mit großen Gesichtsteilen, flacher Stirn, ähnliche Engelfiguren. Ander-
seits kann man wohl auch die Beziehung unseres steirischen Malers zu Oberitalien,
speziell zur paduanisch-muranesischen Kunst, nidit ganz in Abrede stellen. Denke man
doch zum Vergleich an das Schutzmantelbild des Bartolommeo Vivarini in S. Maria
Formosa zu Venedig.
Das satte, leuchtende Kolorit und ein Gefühl für klare, ruhige Gestaltengebung,
Vermeiden des knittrigen, die große Richtung brechenden Gefältels in den Gewändern,
hat sich der Meister aus italienischen Vorbildern erlernt. Im allgemeinen möchte idi
der Richtung unseres Künstlers aus dem Grazer Museum noch die beiden von ihrem
Altar getrenn-
ten, ohne Rah-
men hochge-
hängten Flügel-
bilder zuweisen,
auf denen wir
die Figuren ei-
nes Bischofs und
des heiligen
Michael, des den
Crucifixus um-
armenden heili-
gen Bernhardin
und eines ju-
gendlichen Hei-
ligen sehen.
Auf den
engen Zusam-
menhang mit
Niederösterreich
weisen auch wie-
der die Flügel
Abb. 5. Österreichischer Maler um 1500. Martyrium
eines Heiligen (Judas Thaddäus?) □
□ Landesmuseum „Johanneum“, Graz
des ehemaligen
Franziskaner-
altars aus Fiat-
schach im Mur-
tal (Nr. 890). Auf
denVorderseiten
sehen wir auf
gemustertem
Goldgründe den
heiligen Bona-
ventura und Vi-
gilius, auf den
Rückseiten Grup-
pen von drei,
respektive zwei
Franziskaner-
märtyrern.
Schmale Gestal-
ten mit runden
Köpfen, vollen
Gesichtern und
unendlich sanft-
mütig blickenden Taubenaugen. Schöne Farben, die allerdings bei diesen arg verwahrlosten
Tafeln kaum zur Geltung kommen. Der Maler ist mir aus Niederösterreich wohl bekannt,
wenn ich auch seinen Namen noch nicht kenne. In der reizenden Sammlung des Stiftes
Herzogenburg kann man zahlreiche Werke seiner Hand finden; einzelne Heiligen-
gestalten, die Jugendgeschichte Christi und anderes. Die Zeit der Tätigkeit dieses
„Meisters mit den Taubenaugen“, wie ich ihn in meinen Notizen einstweilen der
Kürze halber getauft habe, umfaßt etwa die letzten Jahrzehnte des XV. Jahrhunderts
bis in den Anfang des folgenden.
Noch im Raume der kirchlichen Kunstaltertümer werden wir auf eine Richtung
der steirischen Malerei aufmerksam, die durch zwei Individualitäten, einen älteren und
einen noch viel begabteren jüngerenKünstler getragen wurde, und die bei leichter Karikierung
der Typen deutliche und sehr merkwürdige Ansätze zu ausgesprochener Lichttmalerei nimmt.
530
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Der Flügelaltar (No. 892), welcher im Mittelfelde Christus mit den zwölf Aposteln,
auf den Flügeln Helena und Florian, außen die Verkündigung zeigt, bildet gewisser-
maßen die Vorstufe zu den im Museum verstreuten Werken eines jüngeren Künstlers,
dessen Tätigkeit schon ganz ins XVI. Jahrhundert fallen mag.
Unter den Neuerwerbungen der kirchlichen Kunstwerke findet sidi (No. 58) eine
ungefähr quadratische Tafel, welche das Martyrium eines jugendlichen Heiligen (Judas
Thaddäus?) darstellt.
(Abbildung 5.) Der-
selbe ist knieend in
rotem Gewände zu
sehen, von links tritt
ein Richter mit einem
Begleiter heran, der
zwei mit Knütteln be-
wehrte Schergen zum
Dreinschlagen auf den
Knieenden auffordert.
Eigentümlich ist die
Ausstattung des Rau-
mes, in dem der Vor-
gang sich vollzieht:
Das gleiche Schach-
brettmuster,' welches
den Fußboden
schmückt, zieht sich
auch an der Rück-
wand hinauf; ein
Fenster gewährt Aus-
blick auf eine hügelige
Landschaft. DieTypen-
gebung ist sehr auf-
kleinem Munde, da-
neben Schergen von
der Art der im Profil
dargestellten. Der Far-
bencharakter wird
durch eine äußerst de-
likate Lichtgebung be-
stimmt; ein sanftes
weiches Licht, das die
meist hellen Lokal-
farben nicht aufhebt,
aber harmonisch ab-
tönt. Bevor wir allge-
meine Mutmaßungen
über diesen Künstler
aussprechen , wollen
wir die drei weiteren
Tafeln, die das Mu-
seum beherbergt, be-
trachten. Da finden
sich im 23. Saal der
kunstgewerblichen
Mustersammlung bei
den Holzarbeiten über
der Türe zwei höchst
fallend: Runde Köpfe Abb. 6. Steirischer Maler von 1505. Madonna interessante Tafelbil-
mit kleinen Gesichts- weiblidien Heiligen □ die Anbetung
teilen, runden Augen, des Kindes und Jo-
hannes auf Patmos darstellend. Letzteres Gemälde, das den jugendlich gebildeten,
wie aus dem Traum erwachenden Apostel auf seiner Insel liegend, vor abendlichem
Himmel darstellt, hat mich in der Farbenstimmung an ein italienisches Bild des
gleichen Gegenstandes, das prachtvolle Werk Bramantinos auf Isola Bella erinnert.
Die Ahnlichheit beruht hauptsächlich auf der hohen geheimnisvollen Bedeutung,
welche das Licht für den Gesamtcharakter des Bildes hat. Nun, da wir den Künstler
schon einigermaßen kennen, finden wir ihn auch leicht unter der Maske einer argen
Übermalung in dem Bilde No. 15 der Landes-Gemäldegalerie, das die Anbetung der
heiligen drei Könige zum Gegenstände hat.
I
Suida. ÄltstGirisdiG BildGr im LandGsmusGum „JohannGum“ zu Graz 531
ITrotzdGm wir in dGm oben genannten Altar (No. 892) schon eine Art Vorstufe
für diesen Künstler in Steiermark selbst nadiweisen können, regt sich doch immer wieder
der Zweifel, ob wir es hier nicht mit den Arbeiten eines von auswärts stammenden
Künstlers zu tun haben. Seine Typen haben die nächsten
Analogien bei dem in Köln tätigen Meister des heiligen
Bartholomäus, seine Sdiergentypen und auch die Licht-
malerei unseres Anonymus gemahnen geradezu an Bosch.
Wollte man im Bereiche der kölnischen Kunst bleiben,
f so muß man doch wohl audi an den Meister von St.
Ij, Severin erinnern. Daß irgendwelche Einflüsse vom
fi Niederrhein hier mit hineinspielen, ist mir sehr wahr-
t sdieinlich, wenn ich auch über die Art der Vermittlung
5 derselben einstweilen nichts Sicheres sagen kann. Übrigens
'i! muß hier betont werden, daß in Österreich selbst An-
i’l Sätze zur Lichtmalerei auch in anderen Schulen nicht
{• fehlen. Man darf einerseits an die Tiroler erinnern,
R anderseits an die Salzburger, aus deren Mitte zu Beginn
? des XVI. Jahrhunderts jener Meister Rueland hervorragt,
' welcher die von 1501 datierte Bilderfolge im Stift
! Klosterneuburg malte. Bisher ist er nur aus diesem
I einen Werke bekannt. Kurz möchte ich heute nur darauf
j hinweisen, daß ich noch eine frühere und dann eine
( spätere Arbeit seiner Hand kenne. Erstere ist eine
) Folge von acht Einzelbildern stehender Heiliger, vier in
3 Landschaft, vier vor Goldgrund, die als Legat in die
Altertümersammlung nach Stuttgart gelangte (dort namen-
- los über der Türe des linken Nebenraumes), dem Stil
I nach bei aller Verwandtsdhaft mit den Klosterneuburger
Gemälden deutlich als noch primitiver, befangener zu er-
/ kennen. Das reifste und wohl reizvollste Werk Ruelands
aber besitzt die kleine Sammlung des Neuklosters in
. I Wiener-Neustadt. Es ist eine Madonna mit Heiligen in
I einer geräumigen gotischen Halle, einem schmuddosen,
i| fast kahlen Raume, der aber auf reizvollste Weise von
; kühlem Lichte, das auch die Gestalten umspielt, durch-
1 i flutet wird. Also auch hier weist die steirische Malerei j^bb. 7. steirischer Maier um isoo. Die
' I wieder zur salzburqisch - niederösterreichischen Ana- Barbara □
I . . . Ältarflügel auf Burg Kreutzen-
‘ lOgien auf. ) □ stein m Niederösterreich
9 Der salzburgischen Schule gehört auch ein Künstler an, der in Graz durch zwei sehr
: feine Bilder, im Besitze des Herrn Hofrats Ritter von Karajan, vertreten ist. Diese stellen die
I Erbauung des Stiftes Klosterneuburg und das Martyrium des hl. Bischofs Thiemo von Salzburg
I dar. Derselben Folge gehört das in künstlerischem Charakter und Maßen gleiche Bild, das
I Martyrium eines heiligen Bischofs in der Liechtensteingalerie zu Wien an, das als „elsässisch“
532
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Diese Gruppe der Lichtmaler würde uns nun passend hinüberleiten zu den in
Steiermark befindlichen Erzeugnissen des sogennannten Donaustils. Vorher haben wir
uns aber mit einer Gruppe von Werken zu befassen, die künstlerisch höher steht, als
die Erzeugnisse des Donaustils in Steiermark und die auf ganz andere Wirkungen aus-
geht: nidit die Pflege des Landschaftlichen, dem sich die Figuren ein- und unter-
ordnen, sondern die klare, ja monumentale Anordnung großer Figuren ist das Ziel
dieser Maler. Daß wir es hier mit steirischen Künstlern des beginnenden XVI. Jahr-
hunderts zu tun haben, wird dadurch wahrscheinlich, daß Steiermark die bedeutendsten
lung verdiente. gel mit der Kro-
(Abbild. 6.) Die Steirisdier Maler vom Anfänge des XVI Jahr- „g. während vier
_ „ , . hunderts. Madonna mit den vierzehn Nothelfern ,
Tafel stammt. „ Landesgemäidegaieric, Graz heilige Jung-
wie viele andere frauen,Caterina,
Barbara, Dorothea und Magdalena, ihr Gesellsdiaft leisten. Bei verhältnismäßig
hodigenommenem Augenpunkte sehen wir sie im Bilde übereinander (im Raume
hintereinander gedacht) auf fliesejibelegtem und blumenbestreutem Boden sitzend. Schöne
satte Farben, die zu vollen Akkorden zusammenklingen, ebenmäßige angenehme
Gesichter, bisweilen, wie bei Dorothea, zu hoher Anmut gesteigert.
ausgestellt ist. Die Typen dieses Künstlers zeigen noch deutliche Beziehung zum Meister R. F.
(Wien, Großgmain, Regensburg, Venedig, St. Florian, Budapest). Unbeachtete Bilder des R. F.
sind, nebenbei bemerkt, zwei thronende Heilige auf Schloß Kreutzenstein (Sebastian und Florian,
wenn ich mich recht erinnere).
Suida. Ältsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum“ zu Graz
533
nodi befangener, in den Farben sdiliditer,
ist die Lieditenstein-Madonna wohl eine
frühere Arbeit des gleichen Künstlers, also
etwa gegen 1500 gemalt.
Dieser Meister des Talberg -Altars,
von dem hoffentlich mit der Zeit noch
andere Werke nachzuweisen sein werden,
hat seine Schulung zweifellos außerhalb
seiner Heimat (wenn anders er überhaupt
Steirer war) erhalten, und zwar in Nürn-
berg. Dort ist es der Kreis: Hans Pleyden-
wurff, Meister des Peringsdörffer Altars,
Äbb. 10. Österreichischer Maler um 1500. Die
Anbetung der hl. drei Könige □
□ Landesgemäldegalerie, Graz
0 Erwähnt von Dr. S. Graf Pückler-
Limpurg in seiner Schaffner -Monographie, wo
die Beziehung auf diesen Meister als irrig ab-
gelehnt, aber keine positive Meinung geäußert
wird.
Für eine etwas frühere Arbeit des gleichen
Meisters, wir wollen ihn kurz den Meister
des Talberg-Altars nennen, halte ich ein
Madonnenbild der Lieditensteingalerie in Wien
(No. 700), das unter dem Namen des Martin
Schaffner ausgestellt ist.^) Die Madonna in
blauem Kleide und ebensoldiem Mantel hält
das mit weißem Tüchelchen dürftig bekleidete
Kindchen, welches, eine Nelke in der Hand,
mit seinem kleinen Mopsgesichtchen ähnlich
nach aufwärts schaut, wie auf dem Talberg-
Altar. Maria sitzt auf einem mit karmin-
farbigem Brokat überspannten Steinthron mit
sanft nach abwärts geschwungener Lehne, die
in zwei gotischen Postamenten endigt (von
genau gleicher Form wie der mittlere Teil des
Turmes der heiligen Barbara), auf denen zwei
kleine weißgewandete musizierende Engel mit
Harfe und anderem Saiteninstrument stehen.
Sie haben ganz ähnliche Typen, gleichgeformte
stahlblaue Flügel wie auf dem Grazer Bilde.
Ornamentierten Goldgrund in flachem Relief
finden wir hier wie dort. In der Anordnung
Äbb, 9. Steirischer Maler vom Anfänge
des XVI. Jahrhunderts. Frauen-
bildnis (sog. hl. Hemma) □
□ Landesgemäldegaleric, Graz
35
534
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Meister der Veitslegende (R. F.), von dem er sich insbesondere beeinflußt zeigt.
Einige andere Beispiele dieser monumentalisierenden Bestrebungen in der stei-
rischen Malerei des beginnenden XVI. Jahrhunderts möchte ich wenigstens kurz nennen:
Es gehören hierher das leider teilweise zerstörte Fresko der Verspottung Christi an der
Außenseite des Grazer Doms, ferner die vier Flügelbilder auf Burg Kreutzenstein,
welche Exzellenz Graf Wilczek im Mürztal erwarb und mit tirolischen Skulpturen zu
dem Hochaltar der Burgkapelle verband. Äuf den Flügeln sehen wir den heiligen
Andreas, miteinander St. Simon Zelotes und Judas Thaddäus (oder Jacobus d. J.),
Sebastian und Barbara, letztere vor brokatenem Vorhang mit schöner Landschaft darüber. ;
(Abbildung 7.) Im Grazer Museum aber befindet sich der aus dem Jahre 1513 !
stammende, mit Statuetten gezierte Altar aus St. Johann zu Dietmannsdorf, dessen
drei Hauptfelder die heiligen Johannes den Täufer, Nikolaus und Dionysius zeigen, den 1
wir im allgemeinen noch dieser Richtung beizählen möchten. j
Von dem Meister des Talbergaltares zeigt sich dann auch jener Künstler beein- i
flußt, der das Altarbild der Madonna mit den vierzehn Nothelfern (Landesgemäldegalerie |
No. 10)^) schuf. (Abbildung 8.) Die allgemeine Anordnung entspricht dem Vorbilde, nur i
durch die höhere Figurenzahl modifiziert. Gefällt uns seine naive Munterkeit, so können i
wir doch die Plumpheit dieses provinziell beschränkten Malers nicht übersehen. Wir I
haben hier einen Künstler vor uns, der sich gleichzeitigen niederösterreichischen Kunst-
produkten, wie etwa der Altartafel eines Herrn von Pottendorf auf der Burg Liechten-
stein bei Mödling nähert. Von dem Maler des Nothelferaltars dürfte das Porträt einer |
Frau mit großer weißer Haube und einer Nelke in der Hand stammen, das sich ehe- '
mals im Stifte Admont befand, und laut frommer Tradition für das Bildnis der hl. |
Hemma, der Stifterin der Abteien Admont und Gurk (f 1045) gilt. (Abbildung 9.)
Dieses jedenfalls nach dem Leben gefertigte Frauenbildnis zeigt den Künstler von :
einer besseren Seite als seine Heiligenidealtypen. i'
Eine andere Künstlerpersönlichkeit wohl aus der gleichen Zeit vom Beginne des j
XVI. Jahrhunderts lernen wir in vier Tafeln der Landesgemäldegalerie kennen (No. 4, |
5, 9 und 14); die Heimsuchung Mariä, die Anbetung der Könige (Abbildung 10), j
Verkündigung und Geburt Christi. Anklänge an die tirolisdie Kunst fallen in ihnen auf. '
Die nächsten datierten Bilder im Johanneum führen uns in das Jahr 1518. Es
sind zwei untereinander gänzlich verschiedene Werke. Eine große noch spitzbogig
abgeschlossene Tafel zeigt die Gestalt des hl. Martin zu Pferde, der mit dem Bettler seinen !
Mantel teilt. Ob die darauf angebrachten Initialen J. A. diejenigen des Künstlers oder des |
Donators sind, will ich mit Sicherheit nicht entscheiden. Gewiß aber scheint mir das |
Bild der Augsburger Schule anzugehören. Mag man an des Jörg Breu d. A. Altar-
9 Im Katalog steht: „Kölner Schule“; aber dann kam den Verfasser desselben doch ein
Grausen vor dieser Bestimmung an und er fügte keineswegs verbessernd „alte Kopie“ hinzu.
2) J. Graus (Kirchenschmuck 1901) nimmt an, das Bild der Gräfin Hemma aus dem
Geschlechte der Grafen von Friesach-Zeltschach sei gemalt worden, als der Impuls zur Heilig-
sprechung der seligen Frau gegeben wurde. Hätte man sie da ohne religiöse Attribute mit
einem Blümchen in der Hand, ohne Hinweis auf ihre frommen Stiftungen, und ohne etwa' durch
eine Strahlenglorie ihren seligen Stand anzudeuten, dargestellt?
Suida. Ältsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum“ zu Graz
535
Hbb. 11. Stßirischer iWalcr des XVI. Jahrhundßrts Landßsgemäldegalerie, Graz
Der bethlehemitisdie Kindermord □
tafeln im Herzogcnburg (Niederösterreich) denken, die allerdings wesentlich älter sind
(1501) oder an spätere Werke dieses Künstlers, immer scheint er der nächste Name
für das Bild; aber vielleicht gibt es in Augsburg einen Künstler J. Ä., den wir noch
nicht kennen.
Das zweite Werk von 1518 ist ein schöner Altar mit der plastischen
Kreuzigungsgruppe in Mittelschrein und gemalten vielfach an Dürers Holzschnitte
sich anlehnenden Flügelbildern, welche nebst Datum auch die Initialen AA tragen,^)
was früher fälschlidi auf Albrecht Altdorfer bezogen wurde. Immerhin haben wir hier
ein Werk des sogenannten Donaustils vor uns, dem auch ein Altar mit Heiligen-
martgrien u. a. zugehört. Eine neuerworbene kleine Tafel mit der hl. Ursula im Schiffe
mit ihren Jungfrauen scheint dem Meister, der das große Madonnenbild von 1524 in
St. Lambrecht für den Abt Valentinus malte, ^) anzugehören, zu dem auch die gemalten
Flügel und die Predella mit der Stifterfamilie eines aus Dietmannsdorf stammenden
Altars, in dessen Schrein die plastischen Figuren des hl. Rochus und Sebastian stehen,
nahe Beziehung aufweisen (im Johanneum).
Zum Schlüsse verlohnt es sich wohl noch auf ein paar kleine Täfelchen hinzu-
weisen, in denen die beiden künstlerischen Einflußsphären vom Norden und vom
Süden her, die sidi in Steiermark trafen und für den Charakter der dortigen Malerei
entscheidend wurden, fast ganz unverhüllt zutage treten. Es sind im Grazer Museum
zwei Darstellungen des bethlehemitisdien Kindermordes, eine neu erworben im Saale
der kirchlichen Altertümer, die andere als „italienische Sdiule“ (?) in der Gemälde-
galerie No. 166. (Abbildung 11.) Der Donaustil zeigt sich hier mit oberitalienisdiem,
speziell paduanischem Einschlag.
Die Absicht der vorliegenden Abhandlung war zunächst nur die Zugehörigkeit
zum Lande für eine Anzahl von Gemälden im Johanneum nachzuweisen, die unter
„kölnisch“, sogar „italienisch“ ausgestellt sind. Dabei ist vielleicht noch manches Datum
korrigiert, manches auswärts befindliche Bild in seinen wahren Zusammenhang gerückt
worden. Was ich aber gar nicht beabsichtigte, war, von steirischer Malerei überhaupt
zu sprechen. Solange uns die beiden nächsten Nachbarn, die Niederösterrcicher und
g J. Graus, Kirchenschmuck 1902 (XXXIII) gibt Besprechung und Abbildung, Seite 47.
2) Abbildung und Besprechung von J. Graus, Kirchenschmuck 24 (1893), Seite 111.
536
Monatshefte für Kunstwissenschaft
die Kärntner so wenig bekannt sind, können wir eine klare Antwort auf die Frage,
welcher der ganz spezielle Charakter der steirischen Malerei zum Unterschiede von
den Nachbarn sei, nicht versuchen.
Eines aber läßt sich wohl jetzt sdhon sagen: die steirische Malerei ist eine
zartere Schwester der tirolischen. Nordische und italienische Einflüsse bringen sie
wie die tirolische zur Entfaltung. Und treten uns auch keine Persönlichkeiten vom
Range eines Michael Pacher entgegen, so verdienten doch manche der anonymen
steirischen Künstler dem Dunkel entrissen zu werden. Es ist zu hoffen, daß glückliche
Archivfunde uns auch hier sichere Namen kennen lehren.
Studien und Forschungen
ZU GRÜNEWÄLDS TÄTIGKEIT IN
DER ÄSCHÄFFENBURGER GEGEND
Von H. Ä. Sdimid
Um mir die Priorität zu wahren, gebe ich
von zwei wichtigen Urkundenfunden Bericht,
die auf die frühere Tätigkeit Grünewalds in der
Äschaffenburger Gegend ein Licht werfen. Bei
meinem Äufenthalte in Würzburg im Sommer
1907 machte idi die Entdeckung, daß in dem
dortigen gut geordneten Kreisarchive, das ich
I bereits vollständig auf Grünewald durchforscht
glaubte, noch zahlreiche Testamente Äschaffen-
burger Kanoniker liegen. Das eine Testament
war von Wichtigkeit, und ich gebe die wichtigen
Stellen nach den Äbschriften, die Herr Reichs-
archivrat Göbl mir durch den dortigen Ärchiv-
funktionär H. Sdiöner zu besorgen die Güte
hatte, behalte mir aber vor, sie später im Zu-
; sammenhang abzudrucken, soweit derselbe über-
haupt für einen späteren Forscher von Interesse
sein kann. Der Kanonikus Heinrich Reitzmann
in Äschaffenburg, derselbe, der auch als Stifter
HENRICHVS RETZMÄN auf dem Äschaffen-
burger Rahmen erscheint, bestimmt in seinem
Testament von 1517:
) Item lego XXV florenus ad faciendum pin-
I gere festum Nivis per magistrum Matheum
I pinctorem in tabulam jam confectam quelocari
I debet in nova capella dominorum Casparis et
» Georgii Schantzen fratrum materialia, ut pote
J colores, reperinutur in mensa serata in Äula . . .
j Da die Forschungen von Heinz Braune in
I München ergeben haben, daß das Freiburger
I Bild aus Äsdiaffenburg stammt und meine Re-
' konstruktion auch so schon beweist, daß es in
den Ältar des Reitzmann gehört, so haben wir
hier zum ersten Male eine urkundlich beglaubigte
I Ärbeit des Meisters.
• ' Grünewald hat aber auch einen Ältar für
( Uissigheim im Bezirk Tauberbischofsheim von
-j Reitzmann in Äuftrag erhalten. In einem
) früheren Testament von 1514 bestimmt derselbe:
i lego ad fabricam ibidem in Uskem XXX flore-
i nos, ut ibidem fiat nova tabula cum quatuor
gmaginibus in summo altare videlicet gloriosis-
sime marie virginis in medio, Sanctorum Vincen-
tii patroni in dextro, Hieronymi in sinistro et
sancti Georgii patroni in pede tabule equitando
et prout magistro Matheo in Selgenstadt op-
time constat, qui locum mepresente vidit usw.
Dieser Ältar war schon in der ersten Hälfte des
XIX. Jahrhunderts durch einen anderen ersetzt.
Daß mit diesem Magister Matheus derselbe
gemeint ist wie im späteren Testament, ist kaum
zu bezweifeln, weil doch sonst wohl das zweite
durch irgend eine genauere Ängabe von dem
früher beschäftigten Matheus unterschieden
worden wäre. Grünewald befand sich also
schon 1514 nicht mehr in Isenheim, sondern in
der Nähe von Äschaffenburg und erhielt von
dort Äufträge. Die beiden Urkunden ließen
darauf schließen, daß erMathäus, nicht Matthias
hieß, während die eigene Unterschrift auf dem
Oxforder Blatt deutlich Mathis, nicht Mathes
heißt und also sehr für Matthias, den bisher an-
genommenen Vornamen spricht. Da selbst die
Legenden der beiden Äpostel verwechselt werden,
und man in Süddeutschland die Träger beider
Vornamen nicht unterschied, sondern beide
Mathes nannte, so ist es nicht ausgeschlossen,
daß auch der Äschaffenburger Kanonikus sich
geirrt hat. Wir wissen also von Grünewald
genau nicht einmal den Vornamen.
Nach Ängabe des besten Kenners in der
einschlägigen Frage, Prof. Edward Schröder in
Göttingen, ist in der Mainzer Diözese der Name
Matthias seit der zweiten Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts besonders häufig gewesen, während
der Name Matthäus zum mindesten sehr selten
war. Ällein mit Sicherheit ist ja auch die Her-
kunft des Künstlers aus der Äschaffenburger
Gegend bisher nicht festzustellen gewesen, und
auffallend ist dann immer nodi, daß der Kano-
niker den ungewöhnlicheren Namen statt des
üblicheren wählte.
S
ZUR PLASTIK AUGSBURGS
Von Philipp Maria Halm
Hans Holbein der Ältere und Gregor Erhardt.
Gurt Glaser publiziert in der soeben erschie-
nenen Monographie über Hans Holbein den
Alteren^) auf Tafel XLVIII eine Federzeichnung
(Äbb. 1), welche sich in der öffentlichen Kunst-
sammlung zu Basel befindet und die er unter
Nr. 64 seines Verzeichnisses der Handzeich-
nungen dieses Meisters folgendermaßen be-
schreibt: „Madonna auf einem Throne, dem 7
Curt Glaser, Hans Holbcin der Altere. Leipzig 1908.
538
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Heilige nahen, darunter vornan der hl. Bartho-
lomäus und Ulrich, die den knieenden Stifter,
einen Geistlichen, empfehlen. Oben mit Maß-
werk abgeschlossen. Änsdieinend Entwurf für
einen geschnitzten Ältarschrein. Die Heiligen
Ulrich undÄfra weisen aufÄugsburg hin. Breit
getuschte Federzeidinung.“
Die hier nicht näher erwähnten Heiligen
sind rechts neben dem hl. Ulrich St. Hierony-
mus im Kardinalsgewand und St. Simpertus,
welche von den hinter ihnen stehenden Heiligen
Äfra, Benediktus und Scholastika überragt
werden.
Äbb. 1. Zeichnung, Hans Holbein d. A. zu-
geschrieben in der öffentlichen Kunst-
sammlung in Basel □
Glasers Vermutung, daß die Arbeit durch die
Heiligen Ulrich und Äfra — er hätte auch noch
den heiligen Simpertus hinzusetzen dürfen —
auf Augsburg hinweise, findet ihre Bestätigung
durch ein noch vollständig erhaltenes Werk,
welches sich wortwörtlich mit der Zeichnung
deckt. Es ist das schöne Sandstein-Epitaph des
Abtes Konrad Mörlin im Maximilians-Museum
in Augsburg (Abb. 2).
Konrad Mörlin (1496 — 1510), der kunstbe-
geistertste Abt, der je dem Konvent von St.
Ulrich und Afra Vorstand, hatte bereits ein
Jahr nach seiner Erwählung (1497) den Ge-
danken gefaßt, sich ein Denkmal zu setzen.^)
Es mag um 1500 vollendet worden sein. Bis
‘) Felix Mader, Studien über den Meister des Mörlin-
Denkmals (Greqor Erhardt?) in „die christliche Kunst IH“
(1906) S. 18 ff. Abbild. S. 23.
1850 blieb es im Kapitelsaal des Klosters an
seinem ursprünglichen Standort, dann wurde es
in das Maximiliansmuseum verbracht.
Würde nicht schon die völlig gleiche Gruppie-
rung der sieben männlichen Heiligenfiguren»)
einen engeren Zusammenhang der Baseler Zeich-
nung und des Augsburger Epitaphs bezeugen,
so müßte doch schließlich jeder Zweifel weichen
in Anbetracht des Stifterwappens auf der Baseler
Skizze, das eben jenes des Abtes Mörlin ist.
Nun aber fragt es sich, in welchem Verhält-
nisse stehen Zeichnung und Skulptur zueinander.
Stellt jene, wie Glaser vermutet, einen Entwurf
dar? Ich glaube nicht. Vielmehr erweckt die
Skizze in ihrer ganzen, gleichmäßig strengen
und kräftigen Schattenbehandlung den Eindruck
einer Nachzeichnung nach dem schon vorhan-
denen plastischen Werk. Dafür spricht auch die
Gleichheit einzelner Faltenpartien wie z. B. die
Schoßfalte der Maria, dann der über die Stufe
des Thrones herabfallende Gewandsaum, der
Rauchmantel des heiligen Ulrich und anderes
mehr. Es läßt sich nicht wohl annehmen, daß
ein Meister von der Bedeutung, der feinen
Empfindung und der Selbstständigkeit wie der
Schöpfer des Mörlin-Epitaphes sich in so ängst-
lich-sklavischer Weise an eine Vorzeichnung ge-
halten hätte, ganz abgesehen davon, daß es
dem bildhauerischen Schaffen überhaupt wider-
strebt, derartige Einzelheiten so peinlich genau
aus einer graphischen Skizze ins Plastische zu
übertragen; sie müßte denn höchstens schon
vollständig im bildhauerischen Sinne konzipiert
und vorbereitet sein.
Eine Reihe von Unterschieden, wie die Hal-
tung einzelner Figuren, namentlich in den
Köpfen, oder die malerische Überschneidung des
unteren Bildrandes durch eine Falte des Ge-
wandes wird man auf die Flüchtigkeit der
Skizze zu setzen haben.
Gegen die Annahme, daß die Skizze die
Vorlage für das Epitaph bildete, und daß sie
Hans Holbein der Altere zu diesem Zwecke ent-
worfen hätte, scheint mir auch die ganze Kompo-
sition nachdrücklich zu sprechen. Es läßt sich
zwar nicht leugnen, daß ein gewisser malerischer
Zug durch die ganze Gruppierung geht; aber
das eignet schließlich allen Werken des Mörlin-
meisters. Wie beschränkt aber ist dieses Male-
rische gegenüber der Freiheit in Holbeins Kompo-
sitionen! Freilich könnte man entgegnen, daß
der Maler in diesem Falle eben mit Rücksicht
auf den Zweck der Zeichnung seinem bildlichen
Maders Annahme, der vordere Heilige sei Petrus,
wird durch die Zeichnung, weldie den hl. Bartholomäus
durch das im Relief abgebrochene Messer kennzeichnet,
richtig gestellt.
Studien und Forschungen
539
Äbb. 2. Epitaph des Abtes Konrad Mörlin im Maximiliansmuseum in Augsburg
Von Gregor Erhardt □
Aufbau gewisse Fesseln angelegt habe. Idi
vermisse jedoch in der Komposition nicht
nur den Stil Holbeins, sondern überhaupt den
eines Malers.
Zeichnung und Relief stellen vielmehr die
reifste Entwicklung eines Epitaphtypus dar, der
speziell der Augsburger Bildnerei eigen ist und
den man bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts
zurückverfolgen kann.^) Das Epitaph des
Kanonikus Heinrich Bursner, gest. 1348, im Dom-
kreuzgang zu Augsburg ist vielleicht das
älteste Beispiel dieses Typus, der die thronende
Maria zeigt, vor welcher, von einem Heiligen
empfohlen, der Verstorbene kniet. Besonders
y Vgl. Walter Josephi, die gotisdie Steinplastik Augs-
burgs. Mündiener Dissertation 1902. S. 34 ff.
y Abbildung bei Berthold Riehl, Augsburg, Bd. 22 der
Berühmten Kunststätten. S. 18.
schön bildete das Motiv das 15. Jahrhundert
durdi und vor allem der Meister des Mörlin-
Denkmals in den Epitaphien des Christoph von
Knöringen, gest. 1501, im Domkreuzgang, und
des Vikars Johann Hartei, gest. 1508, ehedem
in St. Moritz, jetzt im Maximiliansmuseum in
Augsburg.^) Beschränkten sich die Künstler
aber sonst gewöhnlich auf die Assistenz zweier
oder dreier Heiligen bei einer soldien sacra
conversazione, so weitet der Mörlinmeister
die Komposition zu einem Bilde von neun Fi-
guren.
Der Meister des Mörlindenkmals, in dem Fe-
lix Mader den vielgerühmten „ingeniosus magister
Gregorius Erhardt“ — wohl nicht mit Unrecht —
y Abbildungen in der Zeitschrift „Die christliche
Kunst III“ (1906) S. 44 u. S. 55.
5^0
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
erblidit, bedurfte aber kaum fremder Hilfe für
seine Skulpturen. Sie sind durchaus selbstän-
dige, reife, und eng unter sich verwandte Werke,
emporgewachsen aus der vorhergegangenen
Epoche durch eine gesunde natürliche Entwick-
lung. So wird man also die Baseler Zeichnung
als Originalentwurf für das Mörlin-Epitaph ab-
lehnen müssen. Älles weist darauf hin, daß es
sich um eine Zeichnung nadi Gregor Erhardts
Abb. 3. Altar im Kreuzgang der St.
Gumbertikirche in Ansbadi. □
Skulptur handelt. Mit festen, breiten, wie es
scheint, Pinselstrichen, ist sie in ihren Licht-
und Schattenkontrasten als Hochrelief präzisiert.
Nun bleibt noch die Frage offen, ob die
Nachzeichnung von der Hand Hans Holbeins
herrührt. Man weiß, und Glaser^) hat in seinem
trefflichen Werke erst neuerdings wieder da-
rauf hingewiesen, daß Holbein d. A. zu seinen
Werken da und dort bei fremden Künstlern
M Curt Glaser, Hans Holbein der Altere. Leipzig 1908
S. 167.
skrupellos Anleihen machte. Auch für zwei
seiner Handzeichnungen erbringt Glaser den
Beweis. Die Zeichnung nach dem Mörlinepi-
taph wäre dann das dritte Beispiel. Daß Hol-
bein das Epitaph kannte, steht sicher, denn ab-
gesehen davon, daß es für seine Zeit überhaupt
ein vielbewundertes Werk gewesen sein muß,
mußte es gerade Holbein oft zu Gesicht ge-
kommen sein; bei dem Konvent von St. Ulrich
und Afra ging er ja fleißig aus und ein. Die
Züge des Abtes Konrad Mörlin hat er uns in der
bekannten Berliner Zeichnung festgehalten, eben-
so siebenmal dessen Nachfolger Johannes Schrott
und noch manch anderen „hern zu Sant Ulrich“^).
Aber schließlich fragt es sich, ob die Zeichnung
des Epitaphs, nachdem nun einmal das Vorbild
nachgewiesen ist, und das Kompositionelle deshalb
ganz auszuscheiden hat, noch so viel graphisch-
technische Anhaltspunkte gewährt, daß man aus
ihnen die Urheberschaft des älteren Holbein zu
belegen vermag. Auf Grund der Nachbildung,
die mir zur Verfügung steht, wage ich dies
nicht zu entscheiden 2). Hauptzweck war mir,
die Beziehungen zwisdien Zeichnung und Relief,
die für Gregor Erhardt nicht weniger von Be-
deutung sind wie für Hans Holbein den Alteren,
klar zu stellen und damit auf eine Spur zu
weisen, die für die Augsburger Kunst am Aus-
gang des Mittelalters noch manchen Erfolg er-
hoffen läßt.
s
Peter Flöiner und Loy Hering. Die drei be-
kannten Bände von „Goldschmiederissen“ im
Museum zu Basel haben durch die Unter-
suchungen Albrecht Haupts über „Peter Flettners
Herkommen und Jugendarbeit“^) besonderes
Interesse dadurcii gewonnen, daß es gelang, die
Beziehungen einiger dieser Handzeichnungen zu
Stichen der Hopfer nachzuweisen. Absolut über-
zeugend erscheint die Abhängigkeit der Ra-
dierung Daniel Hopfers „Die Verlobung der
hl. Katharina“ (B. M) in ihrer Architektur von
einer dieser Zeichnungen,^) die Haupt dem
Peter Flötner zuschreibt. Dagegen bin ich eben-
sowenig wie Brinckmann von der Anschauung
Haupts überzeugt worden, daß die große Daniel
Hopfersche Radierung des Chorgestühls (B. 19)
ihre Vorzeichnung in einem Blatte der „Baseler
Goldschmiedrisse“ hätte.^) Gewisse Berührungs-
punkte sind ja gegeben, aber andererseits doch
M Curt Glaser a. a. O. S. 195ff.
2) Für die gütige Überlassung der Photographie zum
Zwecke der Herstellung einer Netzätzung verfehle idi
nidit Herrn Dr. Curt Glaser verbindlidist zu danken.
Jahrbuch der K. Preußischen Kunstsammlung. XXVI
(1905) S. 116.
2) Ebenda Abb. 24 und 25.
Ebenda Abb. 17 u, 23.
Studien und Forsdiungen
541
Äbb. 4. Radierung von HIERONYMUS HOPFER (B. 22)
542
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
auch genügend Abweichungen, um das von
Haupt angenommene Verhältnis zum wenigsten
zu erschüttern. Noch weniger glaubhaft aber
eradite ich es, daß der Stidi ein wenn auch
modifiziertes Abbild des zugrunde gegangenen
Chorgestühls von St. Anna in Augsburg sei
und mehr als gewagt erscheint die Anschauung
Haupts, daß die „stehenden weiblichen Heiligen,
wenn wir sie zu Büsten in der Höhe der Lehnen
Abb. 5. Entwurf zu einem Altar im Museum
in Basel □
abschneiden, fast alle direkt als Reminiszensen
an die bekannten Berliner Büsten zu bezeichnen“
seien, ich wenigstens kann nicht die geringste
Beziehung finden.
Es will nun hier keineswegs der Frage näher
getreten werden, ob wir es bei den Baseler
Zeichnungen in der Tat mit Flötnerschen Ent-
würfen zu tun haben, und ob Flötner der frei-
willige oder unfreiwillige „Lieferant“ der Hopfer
war. Vielmehr sollen nur einige der von Haupt
in die Flötnerfrage gezogenen ausgeführten
Werke, Stiche und Zeichnungen in ihr richtiges
Verhältnis zueinander gesetzt werden.
Haupt reiht unter die Arbeiten Peter Flötners
einen Frührenaissance-Altar im Kreuzgang der
Gumbertikirche zu Ansbach (Abb. 3) ein, nach
welchem Hieronymus Hopfer einen Stich (Abb. 4)
gefertigt haben soll.^) Der Stich (B. 22) schien
mir nach anderer Richtung von Interesse und
gab mir Veranlassung zu einer Nachprüfung
dieser Behauptung.
Der Altar ist von mäßiger Größe und sehr
gefälligem Aufbau und verdient zweifellos als
Werk der Frührenaissance besondere Beachtung.
Meines Erachtens bestehen nun zwischen dem
Altärchen und dem Hopferschen Blatte nicht
mehr Berührungspunkte, als wie sich solche bei
unzähligen Altären und Epitaphien jener Zeit
herausgrübeln lassen. Ganz abgesehen von den
völlig veränderten Verhältnissen ergeben sich
wesentliche Unterschiede schon dadurch, daß
die flügelartigen Seitenteile des Ansbacher Altars
Heiligengestalten in ganzer Figur und zwar ge-
malt tragen — nicht bloß Nischen für Statuetten,
wie Haupt sagt — während auf dem Hopferschen
Stich diese Heiligen als kräftig modellierte Büsten
in tiefen Nischen gedacht sind. Auch der Mittel-
schrein des Altars umschloß ursprünglich ein
kleines, jetzt verloren gegangenes Bildchen, das
nach seinem Format und den beiden Bibelstellen
über und unter demselben wohl eine Kreuzigung
Christi darstellte. Die Architektur ist eine völlig
andere als jene des Stiches und gibt sich in der
Ausführung, die nicht gerade sehr fein und
etwas bäuerlich bunt ist, als eine von allem
Anfang an auf Bemalung berechnete „Kistler-
arbeit“; nichts deutet auf ein plastisches Werk
von Holz oder Stein im Sinne der Radierung
des Hieronymus Hopfer. Vor der flachen leeren
Bildnische des Schreines des Altärchens steht
seit Jahren eine in Holz geschnittene Salvator-
statue, die Haupt verführt haben mag, Altar
und Stich zu identifizieren. Die Figur gehört
jedoch sicherlich nicht zum Altar, denn sie ist eine
nodi durchaus gotisdie Arbeit, die um wenigstens
zwanzig Jahre älter ist als jener. Kurzum von
einer „fast wörtlichen“ Abbildung des Altares
kann bei dem Stiche des Hieronymus Hopfer
nicht die Rede sein. Dagegen halte ich es nicht
für ausgeschlossen, was Haupt vollständig ent-
gangen ist, daß ein Altarentwurf unter den
Baseler Goldschmiedrissen dem Meister des
Ansbacher Altärchens bekannt war (Abb. 5).
y Jahrbuch der K. Preußischen Kunstsammlung XXVI
(1905) S. 149 u. Abb. 26. Davon daß „der Altar halb zer-
trümmert im Kreuzgang liege“ und daß „das schöne Werk
dort langsam zugrunde gehe“, kann keine Rede sein.
Ich kenne den Altar seit Jahren und fand ihn stets in dem
gleich guten Zustande, in dem ihn unsere Aufnahme zeigt.
Er wechselte nur einmal seinen Standort.
Studien und Forschungen
543
Bis auf dessen oberen nicht gerade glücklichen
Äbschluß deckte sidi dieses mit der Zeichnung
im allgemeinen Äufbau und selbst in einigen
diarakteristischen Einzelheiten wie z. B. in den
schlanken flankierenden Säulchen mit den ausKel-
dien wachsenden Sdiäften und den gebrodienen
Giebeln über den Seitenteilen, von denen zum
Hauptgiebel wahrsdieinlich ebenfalls wie auf
der Zeichnung Delphine überleiteten. Zweifels^
ohne liegt zwischen der Zeichnung und dem
Änsbacher Ältärchen eine unvergleidilidi engere
Verwandtschaft vor als zwischen dem Ältar
und der Hopf ersehen Radierung oder garzwischen
der Zeichnung und dem Ännaberger Ältar des
Adolph Daucher, in welchem Haupt unverkenn-
bare Ähnlichkeit mit den beiden von ihm dem
Peter Flötner zugeschriebenen Baseler Altar-
Entwürfen erblickt.
Habe ich einerseits die Radierung Hieronymus
Hopfers, welche Haupt mit dem Altar bei St.
Gumbert in Ansbach identifiziert, als Entwurf
oder Nachzeichnung desselben ablehnen müssen,
so bin ich andererseits auch in der Lage das
wirkliche Vorbild für das Blatt Hopfers nach-
zuweisen. Es hat sidi, wenn auch nicht in seinem
ganzen Umfang, so doch in seinem wichtigsten
Teil, der Mittelnische mit dem beinahe über-
lebensgroßen Christus als Salvator in der ehe-
maligen Taufkapelle zu St. Georg in Augsburg
erhalten (Abb. 6). Alle Zweifel über die Zu-
sammengehörigkeit von Radierung und der treff-
lich inSolnhofer Stein gearbeiteten Statue werden
zerstreut, wenn man die Haltung der Figur be-
trachtet und den wichtigsten Faltenmotiven z. B.
den über die linke Schulter gelegten Mantel,
oder dem die rechte Hülfte entblößenden Um-
schlag oder den am Boden aufstoßenden Par-
tien nachgeht. Auch das zarte Gesims der
Nische wie es das plastische Werk zeigt, ist in
dem graphischen Abbild noch deutlich erkennbar;
nur die nüchterne Muldenwölbung hat Hopfer
durch einen Muschelbogen ersetzt. Daß wir in
der Statue ein Werk des bischöflich eichstättischen
Hofbildhauers Log Hering vor uns haben, spricht
aus jedem Meißelhieb, und man wird wohl auch
annehmen dürfen, daß die Seitenteile mit den
vier Büsten in Nischen an dem Altar wenn auch
nicht ganz in dieser Art, so doch ähnlich an-
gebracht waren.i) Ob der ganze Altaraufbau
von Hopfer festgehalten wurde, läßt sich nicht
beweisen. Manches spricht dafür. So lassen
sich gewisse Einzelheiten wie z. B. die Putten
auf den freistehenden Säulen durch verwandte
’) Felix Mader, Loy Hering 1903, S.4,43. Als Parallelen
für die Büsten im Altar können die Porträtreliefs Kaiser
Karls V. und Herzog Wilhelms IV. von Bagern — Mader
S. 90 und 91 - herangezogen werden.
Lösungen bei Log Hering — Altar des Dom-
probstes Johannes von Wolfstein in Eichstätt
von 1519^) und das ungefähr gleichzeitige Denk-
mal Bischof Konrads von Thüngen in Würz-
Abb. 6. Salvatorstatue in der St.
Georgskirche in Augsburg
bürg 2) — belegen. Die leichte zierliche Orna-
mentik der Bekrönung aber ist in Stein nicht
denkbar und auf Redinung der spielenden Radier-
nadel Hopfers zu setzen.
Die beiden Putten, links und rechts der
g Abb. bei Mader a. a. O. S. 54.
g Abb. bei Mader a. a. O. S. 22.
544
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Christusnische des Stidies, tragen Helm und
Wappensdiild der Äugsburger Familie Hörwarth.
Hierdurch wird die bisher unkontrollierbare Tra-
dition, daß der Salvator ursprünglidi auf dem
Ältar der Hörwarthsdien Begräbniskapelle bei
St. Georg in Hugsburg gestanden haben soll,
zur Gewißheit erhoben. Über die Provenienz
der Statue und die Ärt ihrer ursprünglichen
Hufstellung fehlten bisher nähere und sichere
Ängaben. Der Stidi von Hieronymus Hopfer
löst nun die verschiedenen Fragen in befriedigen-
der Weise. 1506 war der Bau der Hörwarth-
kapelle beendigt; seit 1513 hatte Log Hering
Hugsburg verlassen und sich in Eichstätt nieder-
gelassen. Zwisdien diese Grenzen müssen wir
auch den Hltar ansetzen, und zwar dem Sti
des Salvators entsprediend, wahrscheinlich in
das Ende der Hugsburger Zeit des Künstlers,
etwa in das Jahr 1512. Hus dem Flötnerschen
Opus hat der Hltar in St. Georg, wie ihn
Hieronymus Hopfer uns überliefert hat, auszu-
sdieiden. Er fügt sich in seinem Steincharakter
ohne Zwang in die Weise des Log Hering ein
und bereichert nicht unwesentlich unsere Kenntnis
über diesen aus der Hugsburger Spätgotik her-
ausgewachsenen Meister, der in die Früh-
renaissance unmittelbar überleitet und zu ihren
eigenartigsten und fruchtbarsten Vertretern in
Süddeutschland zählt.
Mit den bisher veröffentlichten Baseler Gold-
schmiederissen haben Herings Werke nichts ge-
mein; trotzdem erscheint es angezeigt, auch nach
ihm in dieser Fundgrube einmal zu schürfen,
ebenso wie auch das umfangreiche Werk des
„räuberischsten Diebgesindels“ der Hopfer noch
manche Entdeckung erwarten läßt. Gerade bei
dem großen Widerstreit der Meinungen über die
Urheberschaft der vier Fuggerreliefs in St. Hnng
in Hugsburg, der „Geburtsstätte der deutschen
Renaissance“, in dem die Namen Daucher, Flötner,
Hering, Gregor Erhardt usw. abwechselnd er-
tönen, ist Klarheit und Sicherheit in allen Einzel-
heiten für einen nicht wankenden Hufbau Grund-
bedingung.Haupt schoß m.E. in seinem Enthusias-
mus für Flötner oft weit über das Ziel hinaus.
Bröckelt aber da und dort von seinem stolzen
Bau auch manches Stück ab, wie es Brinckmanns
Forschungen und auch unsere Untersuchungen
bewiesen haben, so wird man ihm dennoch
Dank wissen müssen für die neuen Spuren, die
er uns auf diesem dunkeln Gebiet gewiesen
hat.
8
WEITERES ÄUS MILET
Im 3. Heft dieser Zeitschrift, oben S. 195 ff.,
wurde auf Grund einer eben erschienenen Son-
derpublikation über einen wichtigen architekto-
nischen Einzelfund der milesischenHusgrabungen,
das Rathaus, ausführlich gehandelt. Hls Ergänzung
dazu kann im folgenden von dem Fortgange
und den Resultaten der Husgrabungsarbeiten
während der Jahre 1906 und 1907 berichtet wer-
den, über welche deren Leiter Theodor Wiegand
im Hnhang zu den Hbhandlungen der K. Preußi-
schen Hkademie der Wissenschaften 1908 soeben
Rechenschaft ablegt.
Während sich die bisherigen Untersuchungen j
im Umkreise und auf dem Boden des hellenistisch-
römischen Milet bewegten, ist man jetzt auf
einen Teil der alten, vorhellenistischen Stadt ge- |
stoßen, die im Jahre 494 v. Chr. dem Hnsturm \
der Perser zum Opfer fiel. Die Entdeckung ist |;
in erster Linie für die Stadtgeschichte und Topo- ij
graphie von Wichtigkeit, indem sie lehrt, daß |
das alte Milet, dessen Macht eben durch den |l
Persersturm gebrochen wurde, um ein volles '
Drittel über alle späteren Stadtgrenzen hinaus-
ragte. Die Kunstgeschichte erhält Bereicherung i
und Hufklärung hauptsächlich auf dem Gebiete j
der Vasenforschung. Es sind bei den Grabungen !,
zahlreiche Vasenscherben aller archaischen Gat- |
tungen bis zu den spätmykenischen rückwärts I
in lückenloser Folge gefunden worden, und in |
dieser Folge rangiert auch in Milet zwischen 1
dem spätmykenischen und dem orientalisieren-
den ein geometrischer Stil, dessen Huftreten
und Wirkung innerhalb der milesischen Keramik
Böhiau, Hus ionischen und italischen Nekropolen, <
S. 77, noch nicht nachweisen konnte. Die von
Böhiau vorgenommene Scheidung zwischen sa- ;
mischen und milesischen Vasen erfährt durch i
die neuen Funde zunächst wenigstens keine Be-
stätigung, denn es stehen unter ihnen die „sa-
mischen“ Scherben den milesischen an Zahl un-
gefähr gleich, so daß Wiegand mit der Mög-
lichkeit rechnet, der „samische“ Stil könne eine
jüngere Hbwandlung des milesischen sein. Bei
dem klaren, fest umrissenen Charakterbild dieses
Stiles, wie es Böhiau gezeichnet hat, will mir
diese Hnnahme nicht sehr wahrscheinlich Vor-
kommen, aber auch diezweite, dann allein fast
noch übrigbleibende Erklärung, daß von Samos
aus ein ausgedehnter Import von Tongefäßen
nach Milet erfolgt sei, stößt auf Schwierigkeiten
angesichts der Tatsache, daß Milet selbst über
eine blühende keramische Industrie verfügte. Es
muß abgewartet werden, ob weitere Funde und
Forschungen auf dem Boden Hltmilets Licht über
diese Frage verbreiten.
f
Studien und Forschungen
545
Der Bericht wendet sich dann zu den neuen
Funden auf dem Boden der hellenistisch-römi-
schen Stadt und behandelt zunächst einen zu-
sammenhängenden Gebäudekomplex in der
Löwenbucht: ein Gymnasium der hellenistischen
I Zeit, eine römische Thermenanlage und einen
i beiden vorgelagerten, langgestreckten Hallenbau.
j Das Gymnasium wird durch die mit aufge-
I fundene Stiftungsurkunde um die Mitte des
2. Jahrhunderts v. Chr. datiert, etwa dieselbe
Zeit also, der auch das Rathaus seine Ent-
stehung verdankt. Mit diesem berührt sich der
neue Bau in der Gestaltung des Propylons, das
sich nach außen mit einer Viersäulenstellung
korinthischer Odnung öffnet. Über dieForm
! dieser Säulen und ihrer Kapitelle, die in Zeich-
I nung und plastischer Durdibildung beim Rathaus
eine so charakteristische Sonderart aufwiesen,
, wird leider nichts mitgeteilt, auch Äbbildungen
I fehlen, so daß wir über diesen wichtigen Punkt
spätere Äufklärung abwarten müssen; aber die
Tatsache an sich ist vorerst schon bedeutsam
und interessant genug, daß wir hier zum zweiten
Male iii Milet an einem hellenistischen Bau auf
die Verwendung der korinthisdien Säule stoßen,
deren Auftreten in der hellenistischen Architektur
wenigstens des Ostens, bisher so selten beob-,
achtet werden konnte. — Der Innenraum des
Gymnasiums ist sehr einfach in der Anlage: ein
rechteckiger Hof, auf allen vier Seiten von
I Säulenhallen umgeben, an der dem Tor gegen-
überliegenden Schmalseite mit einer Reihe von
Zimmern ausgestattet, deren mittelstes, größtes
sich nach dem Hofe hin in ganzer Breite, mit
zwei im Zuge der Schwelle aufgestellten Säulen
i öffnet. Die Hallen des Hofes sind auf den bei-
j den Langseiten und der Schmalseite am Eingang
I dorischer Ordnung, in gleicher Höhe und rhyth-
! mischer Reihung herumgeführt. Dieser Rhyth-
I mus wird an der zweiten, dem Eingang gegen-
i überliegenden Schmalseite in merkwürdiger
i Weise unterbrochen: die dort vor der Zimmer-
fludit entlang laufende Säulenreihe ist ionischer
Ordnung, an den Edcen von zwei Pfeilern ein-
i gefaßt, gegen die sich rechtwinklig angesetzt
■ auch die beiden dorischen Säulenreihen der
Langseiten totlaufen, und die ionische Halle er-
! hebt sich gegen die drei dorischen, eine Einheit
bildenden zu größerer Höhe empor. Dieses
: Festlegen einer Richtung, die Betonung des
Abschlusses durch Schaffung eines point de vue
ist eine charakteristische Neuerscheinung im
griechischen peripteralen Halienbau, für die mir
unter den monumentalen, öffentlichen Anlagen
I ein weiteres Beispiel nicht zur Hand ist. Der
I milesische Bau kann vereinzelte Erscheinung
! sein, spontan entstanden aus besonderen lokalen
oder bautechnischen Bedingungen heraus. Aber
die Sache gewinnt doch ein anderes Aussehen,
wenn man das hier Angeschlagene an anderer
Stelle und in modifizierter Form weiter wirken
sieht: es ist das sogenannte „rhodische“ Peri-
styl des griechisch-römischen Wohnhauses, das
sich zum unmittelbaren Vergleich darbietet, durch
neuere Ausgrabungen in Pompeji an zwei Stellen
nachgewiesen, in der Casa delle Nozze d’argento
und der Casa degli Amorini dorati, von denen
erstere noch in die Tuffperiode, also in die
hellenistische Zeit Pompejis zurückgeht (vgl. die
Abbildung). Danach gewinnt die milesische Halle
doch eine andere, eine typische, statt der isolierten
Bedeutung und stellt sich in eine Entwichlungs-
linie, gegen den Anfang hin ein, deren Verlauf
für die Zukunft genau im Auge zu behalten ist.
Rhodisdies Peristyl in der casa delle Nozze d’argento
zu Pompeji. □
Wand an Wand mit dem Gymnasium liegend
ist eine römische Thermenanlage aufgedeckt wor-
den, die nur kurz erwähnt zu werden braucht,
da wir aus dem Bau neue künstlerische Auf-
schlüsse nicht gewinnen, und gleiches gilt von
der langgestreckten ionischen Halle, die den
beiden aneinanderstoßenden Bauten als eine Art
„Blendfassade“ nach Westen hin vorgelagert
war. Auch die Fortsetzung der Grabungen in
den früher schon entdeckten Faustinathermen
können aus gleichem Grunde übergangen wer-
den, nur daß wir hier einmal etwas von auf-
gefundenen Skulpturen hören. Da Abbildungen
fehlen, so ist von ihrem Kunstwert keine Vor-
stellung zu gewinnen, doch scheint dieser bei
dem Schweigen des Berichtes darüber nicht groß
zu sein. Es sind römische Arbeiten, und sie
stellen dar Asklepios mit dem kleinen Tele-
sphoros zur Seite, Hygieia und einen nackten
Heros oder Sieger von polykletischen Propor-
tionen. Da auf ein bekanntes polykletisches
5^6
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Motiv nidit vergleichend hingewiesen wird, so
könnte man annehmen, daß ein neuer polg-
kletischer Typus gefunden sei, und dieser Sdiluß
ex silentio macht den Wunsch nach genauerer
Bekanntschaft mit dieser Statue rege.
Der Bericht über die Grabungen auf dem
Stadtboden Milets schließt mit den Arbeiten auf
dem Gebiet eines Asklepios -Heiligtums, das
früher schon angeschlagen, jetzt weiter auf-
gedeckt und durchforscht worden ist. Von der
altheidnischen Anlage ist nur noch ein Torbau
übrig, der jetzt in den Baukomplex einer alt-
christlichen Basilika einbezogen erscheint. Seine
Fassade bilden vier korinthische Säulen, deren
Gebälk über dem mittleren Interkolumnium im
Halbkreisbogen ansteigt, so daß die Schenkel
des das Ganze bekrönenden Giebels daran Tan-
genten bilden. Das Motiv ist aus der spät-
römischen Architektur bekannt, u. a. vom Palast
des Diocletian in Spalato, und diese Parallel-
erscheinung paßt zu dem Ansatz des milesischen
Baues, den Knackfuß nach Beobachtungen am
Ort und Vergleich mit den Baugliedern des
letzten milesischen Theatergebäudes gleichfalls
„etwa in diokletianische Epoche“ datieren zu
müssen glaubt.
Die altchristliche Basilika ist von reich ent-
wickeltem Typus. Dem eigentlichen Kirchen-
gebäude sind Atrium und Vorhof vorgelagert
(zwischen diesen beiden steht der eben be-
schriebene spätantike Torbau), unter den Zusatz-
bauten ist ein Martyrion und ein Bapisterium
zu erkennen. In den meisten Räumen: Kirche,
Atrium und Baptisterium sind umfängliche Reste
des Mosaikenschmuckes bildlich -symbolischer
oder ornamentaler Art erhalten. In der Kirche
wird die Trennung des Mittelschiffes von den
Seitenschiffen durch „Doppelsäulen“, wie der
Bericht sich ausdrückt, bewirkt. Genaueres über
die Form dieser Bauglieder wird leider nicht
mitgeteilt, gemeint sind wohl, wie man nadi
der gewählten Bezeichnung und den Eintragungen
im Grundriß annehmen möchte, pfeilerartige
Stützen von rechteckigem Querschnitt mit an
den Schmalseiten angearbeiteten Halbsäulen.
Diesen Stützentypus verzeichnet Strzy gowski,
Kleinasien ein Neuland der Kunstgeschichte,
S. 179 unter den „orientalischen“ Elementen der
frühchristlichen Kunst, weist ihm eine herrschende
Stellung im zentralen Kleinasien zu und behauptet, '
er habe in der antiken Architektur keine typische ;
Parallele. Die letztere Behauptung bedarf einer
Einschränkung. Ein antikes Beispiel im Theater 19
von Kremna in Pisidien erwähnt Strzy gowski ||
selbst, allein das ist spät und wie es scheint nicht i
sehr bezeichnend. Viel wichtiger ist die von Strzy- ,
gowski übersehene Tatsache, daß Stützen dieser j
Form in sehr feiner Durchbildung bei der inneren i
Ringhalle des großen Altars von Pergamon Ver- |
Wendung gefunden haben, und nach einer Be- /
merkung von Schrammen im Textband III, 1, ij
S. 50 der Altertümer von Pergamon „findet |i
man derartige Bildungen mehrfach auf dem ii
Stadtberge von Pergamon.“ Dieses mehrfache 1)
Vorkommen erhebt die Erscheinung aus der Ver-
einzelung heraus zum Range eines Typus, der ji
in der Blütezeit der hellenistischen Kunst an !
einem der Mittelpunkte ihres Betriebes in Gel- i
tung gestanden hat, und diese Tatsache stellt i
uns zum zweiten Male der Frage gegenüber, I
die oben schon angesichts der am Rathause von
Milet und der Zeichnung und technischen Aus- i
führung seiner Schmuckformen an Säulen und |
Friesen angestellten Beobachtungen sich auf-
drängte: ist das, was wir bei frühchristlichen i
und byzantinischen Bauten an bestimmten typi- '
sehen Erscheinungen wahrnehmen, altes Erbgut |
der hellenistischen Kunst oder frische Zufuhr ’
des aus dem Innern Asiens neu andrängenden i
Orients? Für diesen entscheidet sich Strzygowski, i
aber die Richtungslinie, die von der altchrist-
lichen Basilika in Milet aus nach Pergamon und !
in die Blütezeit des Hellenismns oben festgelegt I
werden konnte, drängt wieder wie früher beim |
Rathause zu neuer Erwägung der aufgewiesenen i
Tatsachen in dem angedeuteten großen Zu- j
sammenhange. Zu dessen Aufhellung von seiten
des Hellenismus her ist ja das Beobachtungs-
material leider noch immer so beklagenswert un-
vollständig und trümmerhaft, aber jeder Tag kann ,
neue Aufschlüsse bringen, und deshalb läßt das, ■
was den alten Kulturzentren an der kleinasia- j
tischen Küste in der letzten Zeit an Ergebnissen
abgerungen worden ist, den Fortschritten der
Spatenarbeit an diesen Punkten als in weitestem
Umkreise fördernd mit besonderem Interesse und
gespannter Aufmerksamkeit entgegensehen.
P. Herrmann.
RUNDSCHAU
BERLIN
Neuerwerbungen der Kgl. Museen. Über
italienische Bronzen im Kaiser Friedrich-Museum
gibt Bode im neuesten Heft der „Ämtlichen Be-
ridite a. d. kgl. Kunstsammlungen“ ein Referat.
Zwei Statuetten: ein verwundeter Jüngling, ent-
fliehend, von Francesco da Sant’ Hgata um 1520,
und eine nackte Flötenspielerin von runden
Formen, auch aus dem XVL Jahrhundert, vor-
läufig nicht näher zu bestimmen. Ferner eine
hervorragend schöne Glocke mit Reliefschmuck
in Riccios Ärt, aber etwas später; ein Tinten-
faß mit drei Plaketten, bei dem die schöne
schwarze (Lade-) Patina besonders gut erhalten
ist. Dies gibt Bode Gelegenheit, seine reichen
Erfahrungen über schwarze und grüne Patina
italienischer Bronzen und über ihre Fälschung
mitzuteilen.
Das gleiche Heft bringt eine Studie Fried-
länders, die auf das Problem „Herrg met de
Bles“ vorbereitet und seine Klärung verspricht;
vorläufig löst F. aus der Wirrnis, welche jenen
Namen umgibt, einen Maler heraus, den er
„Äntwerpener Meister von 1518“ nennt, nach
den Flügelbildern des Marienaltars in der Lü-
becker Katharinenkirche; weil dieser datiert und
seine Herkunft von Antwerpen gesichert ist.
Um dieses dergestalt fixierte Werk ordnen sich:
ein neu erworbenes Bild des Kaiser Friedrich-
Museums, den Abschied Christi von den Frauen
darstellend, der Magdalenenaltar der Brüsseler
Galerie, die Sippe Christi in der Münchener
Pinakothek (Nr. 129) u. a. Bilder, welche F. alle
derselben Hand zuweist.
Das Kunstgewerbe-Museum erwarb eine
kostbare Porzellandose mit Emailmalereien von
Chodowiecki (signiert). Schnorr v. Carolsfeld
berichtet (an der nämlichen Stelle), daß Chodo-
wiecki schon sehr früh mit der Miniaturmalerei
vertraut war; die vorliegenden 7 Darstellungen
am Äußern und Innern der Dose, Szenen aus
dem Leben einer vornehmen Orientalin, gehören
nach Stil und Gegenstand seiner reiferen Zeit
an, um 1780.
Auch die Vorderasiatische Abteilung
hat eine interessante Erwerbung gemacht in
einem babglonischen Siegelzglinder aus der
ersten Hälfte des dritten Jahrtausends, dar-
stellend den Heros Etana, wie er auf einem
Adler zum Himmel emporfliegt; das Treiben
auf der Erde wird dabei durch Hirten mit Schafen,
Ziegen und Hunden, einen Töpfer und einen
Bäcker charakterisiert. Solche Zylinder besaß
jeder Babylonier, um die zahlreichen Urkunden,
Gefäße usw. mittelst Tonplomben zu versiegeln.
Die Darstellungen waren stets in die Walze
von Halbedelstein (meist Lapislazuli und Häma-
tit) eingraviert, der Abdruck im weichen Ton
ergab Relief. (Nach Messerschmidt.)
In das Münzkabinett kam eine Bronze-
medaille, unter Septimius Severus (193—211)
geprägt, auf deren Revers sich die einzige aus
dem Altertum erhaltene Darstellung des Altars
von Pergamon befindet. Es gibt hiervon nur
noch drei weitere Exemplare, in London, Paris
und Wien.
Die Nationalgalerie erwarb eine Büste
Goethes von M. G. Klauer, aus der Reihe von
Tonbüsten, welche K. um 1790 unter dem über-
ragenden Eindruck der Trippelschen Goethebüste
schuf: treuer und realistischer im einzelnen, aber
weniger schwungvoll als Trippei.
In der Sitzung der kunstgeschichtlichen
Gesellschaft vom 31. März trug Professor
Wölffflin einige Erfahrungen und Vorschläge
zur Abfassung von Galeriekatalogen vor.
Die schon in „Kunst und Künstler“ (Heft 2) von
ihm geäußerte Ansicht, eine in das formale
Wesen der Kunstwerke einführende Beschreibung
müsse an die Stelle des bisherigen Schematis-
mus treten, ergänzte er dahin, daß man wohl
neben dem offiziellen Katalog einen analytischen
für die Besucher der Sammlungen herstellen
könnte. Aber auch bei dem offiziellen Katalog
fehlten bisher sehr wesentliche Elemente; na-
mentlich literarische Angaben, Vergleiche mit
verwandten Kompositionen und Handzeich-
nungen, eingehendere Farbenbeschreibung; bei
nicht-figürlichen Bildern wurde erst gar nicht
der Versuch einer formal richtigen Beschrei-
bung gemacht.
Über neue Forschungen zu Leonardos
Abendmahl spradi sodann Prof. Schubring.
Er lehnte Strzygowskis Deutung ab, wonach das
Wort Christi die Situation regiere: Der mit der
Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird
midi verraten — und bekämpfte Otto Hoerths
Ansicht, daß die Straßburger Köpfe eigenhändige
Zeichnungen L.s nach dem vollendeten Fresko
seien. Auch Dr. Wulff sprach zu diesem Thema
uud erklärte eine Rekonstruktion des Abend-
mahls mit den heute verfügbaren Hilfsmitteln,
im Gegensätze zu Prof. Schubring, für gut aus-
548
Monatshefte für Kunstwissenschaft
i'
führbar. (Eine derartige Rekonstruktion ist be-
reits im vorigen Jahre ausgeführt worden, aller-
dings mit unzulänglidien malerischen Kräften
und wenig gelungen; sie spräche darum noch
nicht unbedingt gegen einen solchen Versuch.
Indes wird sich ein talentvoller Maler, der die
unendlichen Mühen einer wissenschaftlich ein-
wandsfreien Rekonstruktion übernimmt, kaum
ein zweites Mal finden. Die erwähnte Kopie
wurde mit möglichster Exaktheit von dem be-
kannten Kupferstecher Stang — jetzt in Boppard
— gemalt.)
Ausstellungen. Einundzwanzig Bilder und an
vierzig Handzeichnungen von Goya waren im
Mai bei Cassirer ausgestellt; die nämliche von
Moll und Klossowski (für die Galerie Miethke)
zusammengebrachte Sammlung, die in Wien
soviel von sich reden machte. Man kann von
ihr fast dasselbe sagen wie von der Leiblaus-
stellung der Sezession; Sachen ersten Ranges
sind nicht darunter (außer bei den kolossalen
Zeichnungen), und die Anwesenheit von minder-
wertigen Porträts läßt das Bild des großen
Spaniers nicht ungetrübt wirken. Immerhin sind
einige Skizzen und die Porträts des Matadors
Romera, der Donna Bermudez (mit einem
wundervollen Flimmern von Blau unci Grün), das
pastös wirkende Offiziersbildnis („Fluctibus rei
publicae expulsus“ 1815), das impressionistische
Nachtstück eines von Häschern überraschten
Mädchens geeignet, die malerische Welt, das
tiefe Schwarz und leuchtende Kolorit des großen
Meisters kennen zu lernen.
Bei Schulte waren (im Mai) Bilder und
Plastiken von Charles Ricke tts, Lithographien
und Bilder seines Schülers, des Amerikaners
Shannon ausgestellt. Der (vorläufig) letzte
Ausläufer des Präraffaelitentums, das, scheint
es, fortzeugend stets das Böse muß gebären;
bei Shannon schon vollkommen zu ledigen De-
korationen verflacht, bei Ricketts voll bizarrer
Originalität durch die Verbindung des dekora-
tiven Schwungs mit heftig empfundener Leiden-
schaftlichkeit der Darstellung. Weit günstiger
ist die Wirkung seiner intensiven Ausdrucks-
kunst bei den kleinen Bronzen, deren skizzen-
hafte Behandlung der dargestellten Leidenschaft
Vorschub leistet; gleichwie bei Shannon die
einfarbigen Steinzeichnungen (durch den Einfluß
Fantin-Latours) gegenüber den Ölbildern sehr
^ Schmidt.
8
DÄRMSTÄDT -- - :r
Man hatte mit Spannung, leider aber ver- j
geblich erwartet, daß eine Reihe von älteren t
Malern, unter denen Löfftz in München an !
erster Stelle zu nennen wäre, auf der hessi- I
sehen Land esaus Stellung mit frühen Arbeiten
vertreten sei, nachdem das eifrige Bemühen, |i
eine hessische „Retrospektive“ im kleinen zu i-
veranstalten, allgemein bekannt geworden war. 1
Neben unbedeutenden Chiemseebildern von j
Raupp, einigen Studien von Noack und einem 1
bescheidenen Reste der von der Gedächtnis- |
ausstellung im vorjährigen Münchener Glaspalast j
her vertrauten humoristischen Szenen Edmund !
Harburgers, erhebt sich nun allein das Werk |
des jung verstorbenen Heinz Heim zu einer
Höhe gediegener künstlerischer Kraft, die zu
nutzen ihm leider nicht vergönnt war. Man
möchte ihn den Leibi des Odenwaldes nennen,
so sicher verbindet er die Fähigkeit, den eigen- i
artigen, von der heimatlichen Scholle nicht zu j
trennenden, in Wesen und Gesichtszügen gleich- i
zeitig sich offenbarenden Typus des Volks- |
Stammes, hier das Versonnen -Rührselige des
Odenwaldes und seiner Bauern, wiederzugeben,
mit der ruhigen Technik einer glatten Malerei.
Ein Bursche mit der Harmonika auf der Bank
neben dem schweigsamen, am Duft des ge-
schenkten Blümleins sich freuenden Mädchen,
zwei alte Austräger in der ärmlichen Stube
sind Meisterstücke eines echt deutschen Emp-
findens. Daneben deutet ein weiches Mädchen-
bildnis aus früher Zeit den Lehrer, dem Heim
folgte, den Franzosen Dagnan Bouveret, der
dem stillen Darmstädter, der die Apfelbuben
seiner Vaterstadt so echt malen konnte, kaum |
mehr gewesen ist, als ein äußerlicher Wegweiser. 1
Aus Heims Röthelzeichnungen, sprechenden Por-
träten und sorgsamen Aktstudien offenbart sich I
eine besondere Art seiner Begabung.
Uhde-Bernays.
8
FLORENZ ^
In der Kirche S. Gaetano (Via Tornabuoni)
zu Florenz ist in einem Nebenraume, in welchem
die Societä di S. Vincenzo De’ Paoli ihre Ver-
sammlungen abhält, ein unbekanntes Werk
des Fra Filippo Lippi entdeckt worden. Die
Gesellschaft hatte sich wegen Restaurierung
eines in ihrem Besitze befindlichen Bildes an
die Behörden gewendet, und der mit der Prüfung
der Angelegenheit betraute feine Kenner Conte
Carlo Gamba hat in dem als Ghirlandajo-Schule
angesehenen Werke die Hand des Fra Filippo
Rundschau
549
Lippi erkannt. Es handelt sich um eine Kreu-
zigung. Zu Füßen des Gekreuzigten, dessen
Züge in auffälliger Weise den Typus antiker
Zeus-Köpfe aufweisen, ist Maria Magdalena
niedergesunken; links und rechts knieen S. Giro-
lamo und S. Francesco. Die ganze Gruppe ist
aus der Tafel herausgesägt, offenbar in späterer
Zeit, ein Fall, der immerhin mehrfach vorkommt.
Trotz teilweisen scharfen Putzens und einigen
Übermalungen kann man den Erhaltungszustand
des interessanten Werkes nidit als schlecht an-
sehen.
Die Statue des hl. Ludwig von Donatello,
welche ursprünglich vielleicht den Platz der
Thomas -Gruppe an der Fassade von Or S.
Midiele eingenommen hat, zur Zeit Vasaris aber
außen über dem Portal von S. Croce stand
1 und bei dem Äusbau der Fassade ins Innere
gebracht wurde, wo sie hoch oben über der
Eingangstür auf gestellt wurde, konnte eben
wegen ihres schlechten Standpunktes nie recht
sorgfältig studiert werden. In diesen Tagen ist
sie nun von ihrem Höhenpostament entfernt
worden und ruht gegenwärtig, bis zu einer
neuen Äufstellung, liegend zu ebener Erde im
Refektorium von S. Croce. Diese Situation ge-
stattet nun eine gründliche Prüfung des Werkes.
Die Statue ist vollständig vergoldet gewesen.
Äls Guß ist sie von großer Primitivität: sie ist
nämlich in zahlreichen Stücken gegossen und
diese sind meist gar nicht zusammengelötet son-
dern lose und ohne Verbindung anein-
ander gefügt. Die schweren wulstigen Falten,
welche viele verdeckte Tiefen bilden, erleichterten
I diese Ärt der Husführung. Än zahlreichen Stellen
R ist der Guß mangelhaft gekommen und hat aus-
i geflickt werden müssen. Sehr reizvoll sind drei
»J kleine Putten am Bischofsstab in ihren echt
Ä donatellesken humorvollen Bewegungen. Die
{ Bischofsmütze ist als ein Prachtstück der Gold-
t Schmiedekunst gearbeitet: Äuf blauem Email-
Grunde treten in flacher Silberarbeit die fran-
zösischen Lilien heraus — und ein silbertau-
' ! schiertes Bandmuster belebt sonst noch die
! Fläche. Über die künftige Äufstellung ist noch
! nicht entschieden. Es mag hier die dringende
i: Zuversicht ausgesprochen werden, daß die Statue
<1 nicht im Exil des ein tristes Magazin eher als
i; ein Museum bildenden Refektoriums verbleibt,
K vielmehr wieder in die Kirche S. Croce zurück-
i kehrt, die ja so viel günstige Plätze dafür
bietet.
Eine Äufstellung im Mittelschiff der Kirche
unter Änlehnung an einen Pfeiler, so etwa wie
die S. Petersstatue in S. Pietro aufgestellt ist,
würde in besonders vorteilhafter Weise die
Statue zur Geltung bringen.
Mit Freude können wir feststellen, daß unser
Wunsch (siehe Heft 3. S. 203) die Kreuzigung
Signorellis in der Äkademie besser gehängt zu
sehen, durch Fürsorge des Ispettore Dott. Bacci
Erfüllung gefunden hat. Sie hängt jetzt, gut
seitlich beleuchtet, tief unten und der Beschauer
kann dies Meisterwerk an Farbe und Zeichnung
voll aufnehmen.
Die Predella des Pesellino (Äkademie) ist
durch Kopien der zwei im Louvre befindlichen
Teile ergänzt worden und unter das Madonnen-
bild Filippo Lippis gehängt, sodaß der einst in
S. Croce befindlich gewesene Ältar nun wieder
als Ganzes zusammenwirkt.
Ädolf Gottschewski.
s
ROM
Bernitiis berühmte Gruppe Pluto und Pro-
serpina gab jüngst im Parlament Veranlassung
zu erregter Debatte. Da diese Skulptur gleich-
zeitig mit der Buoncompagni-Äntiken-Samm-
lung vom Staat erworben wurde, mußte es aller-
dings Befremden erregen, daß die Gruppe bis
heute noch im Palazzo Piombino bewahrt wird.
Wenn auch die Eigentümerin des Palastes, die
Königin Margherita, die Besichtigung auf Wunsch
gestattet, so fehlen doch den Meisten Mittel
und Wege, die Bewilligung zu erlangen. Der
Wunsch einiger Deputierter die Gruppe Berninis
möchte in die Galleria Borghese oder in eine
andere der vielen Sammlungen Roms überführt
werden, ist der Erfüllung wert. Und nachdem
die Königin-Witwe selbst für die Überführung
der Gruppe in eine öffentliche Sammlung ein-
getreten ist, darf man hoffen, Berninis Meister-
werk im nächsten Winter im Palazzo Borghese
wiederzufinden.
Galleria Borghese. Die Restaurationsarbeiten
in der Galleria Borghese sind vollendet, und das
obere Stockwerk der Villa ist den vielen Frem-
den, wieder zugänglich gemacht worden. Tizians
Meisterwerk hängt wieder an dem alten Platz
zwischen anderen Bildern, und man kann es nicht
mehr im Erdgeschoß bewundern, wo „die
himmlische und irdische Liebe“ mit wenigen
Perlen der Malerei unter lauter Skulpturen auf-
gestellt, so unbeschreiblich wirkte. Äuch sonst
kann man ein Gefühl der Enttäuschung nicht
unterdrücken, alles und alles an den alten
Plätzen wiederzufinden. So vieles ließe sich in
Roms herrlichster Gemäldegalerie besser zur
Schau stellen als es heute geschehen ist, und
die beste Gelegenheit dazu ist wahrscheinlich
auf viele Jahre hinaus versäumt worden.
36
550
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Palast der Cancelleria. Seit einem Jahr läßt
Cardinal Ägliardi den wundervollen Saal „de’
cento giorni“ einer vollständigen Restauration
unterziehen. Der Saal ist berühmt durch Va-
saris Freskenzyklus, sein Meisterstück als De-
korationsmaler trotz des abspredienden Urteils
Michelangelos, trotz der Beihilfe zahlreicher
Schüler und Gehilfen. Das früher weiß ge-
tünchte Soffitto, ein Glanzstück aus den Tagen
des Raffaello Riario, hat seine Naturfarbe wieder
erhalten, die Fresken sind unter Leitung des
Professors Seitz von Schmutz und Feuchtigkeit
befreit, der völlig verwahrloste Fußboden wird
eben erneuert. Eine Publikation über den histo-
risch wie künstlerisch höchst merkwürdigen
Freskenzgklus wird von sachverständiger Hand
seit langem vorbereitet.
In der Galleiia Corsini ist nunmehr das
neuerworbene Madonnenbildchen des Correggio
zur endgültigen Aufstellung gelangt. Wäre das
Gemälde weniger übermalt, würde man es der
lieblichen Madonna des Correggio im Prado zu
Madrid an die Seite stellen können. Jedenfalls
aber bleibt eine Reproduktion im Februarheft
des Bollettino d’Hrte weit hinter der Wirklich-
keit zurück. Gleichzeitig ist in derselben Gal-
lerie gleichsam als Ergänzung zu den neu aus-
gestellten Werken eines G. B. Gaulli, eines
Crespi, eines Ippolito Scarsellino, eines Luca
Giordano, eines Ribera, eines Salvator Rosa,
eine äußerst merkwürdige Ausstellung von
Zeichnungen der Seicentisten veranstaltet wor-
den. Federico Hermanin gehört zu den immer
zahlreicher werdenden Vorkämpfern für dieKunst
des Römischen Barocco und der Bologneseu
und Neapolitaner des siebenzehnten Jahrhunderts.
Was diese Meister in der Zeichnung geleistet
haben, wird wieder in dieser neuen Ausstellung
offenbar, die uns ganz ungeahnte Schätze der
gerade an Zeichnungen und Stichen überreichen
Sammlung erschließt. Namen wie Gian Lorenzo
Bernini, Salvator Rosa, Cerquozzi, Pietro da
Cortona, Grimaldi, Guercino sind glänzend ver-
treten, und auch die einst so sehr verachtete
Kunst Carlo Marattas erscheint in diesen Zeich-
nungen sicherster Technik und feinster Qualität
in einem völlig neuen Licht. Möchten Veran-
staltungen wie diese dazu beitragen, die Auf-
merksamkeit jüngerer Forscher auf Gebiete der
Kunst zu lenken, auf welchen ernster Arbeit
reiche Früchte winken! E. St.
Fund eines antiken Sarkophages in Rom.
Anfang Mai wurde unfern der porta Maggiore
bei Eisenbahnarbeiten ein ganz intakter großer
Marmorsarkophag gefunden. Auf der Stirnseite
befinden sich zwei Schlachtszenen, in denen die
Römer siegreich gegen ein orientalisches Volk
(Parther oder Perser?) sind. Auf der einen
Nebenseite ist ein Pegasus dargestellt, auf der
anderen wird ein gefallener Barbar vön einem
Römer getötet. Man setzt den Sarkophag in
das Ende des zweiten oder den Anfang des
dritten Jahrhunderts n. Chr.
In Rom fand man im April bei Ausgrabungen
im Bereiche der Villa Patrizi gleich vor der
porta Pia eine Terracottaamphora, die voll von
Münzen, der Mehrzahl nach aus Silber, war.
Der Schatz datiert aus dem dritten Jahrhundert
nach Chr. In derselben Gegend fand man vor
ungefähr vier Jahren zwei ausgezeichnete Torsi
sitzender Philosophen oder Dichter (einer mit
der Signatur eines bisher unbekannten Bild-
hauers Zeuxis) und eine kopflose Replik der
Münchner Eirene.
Der Hermes Lecca Dugini. Die vor einem
Jahre in der via Eugenio di Savoia gefundene
außergewöhnlich schöne Hermesstatue im Be-
sitze der Familie Lecca Dugini erfährt soeben
im jüngsten Hefte der ,Ausonia‘ durch Lucio
Mariani, Professor der klassischen Archäologie
in Pisa, eine treffliche Exegese. Sie gehört nach
seinen Ausführungen in die Nähe des Hermes
von Atalante und ist die treffliche Kopie eines
Werkes aus der Spätzeit des Skopas mit ent-
schieden Igsippischen Anklängen.
Die antiken Schiffe auf dem Grunde des
Nemisees. Unter dem Vorsitze des früheren
Generaldirektors Abgeordneten F. Barnabei
versammelte sich letzthin eine Kommission, in
der die Hebung der wie bekannt im Nemisee
liegenden zwei Frachtschiffe oder besser ge-
sagt Prachtflöße beraten wurde. Nach den
1895 gemachten nunmehr im Thermenmuseum
aufbewahrten Funden zu schließen, darf man
sich auf eine reidie Ausbeute künstlerischer und
kultureller Ergebnisse gefaßt machen. Die
Schwierigkeit besteht nicht so sehr in der rela-
tiv leicht durchzuführenden Entwässerung des
Sees als in der Frage der Konservierung der
Holzstruktur der Palastflösse und der Rechts-
frage des Besitzes. Der See gehört dem Für-
sten Ruspoli. Man müßte sich also zuerst mit
diesem ins Einvernehmen setzen. Die tech-
nischen Kosten sind auf ungefähr 300—450 000 Lire
veranschlagt. Das erste Floß liegt zwanzig
Meter vom Ufer ab, ist 76 Meter lang und liegt
zwölf Meter unter dem Wasserspiegel, das
zweite ist vom Ufer viel weiter entfernt, 64
Meter lang und liegt ungefähr zwanzig Meter
tief. Die Breite der Flöße beträgt je achtzehn
Meter. Man darf den weiteren Beschlüssen der
Rundschau
551
zuständigen Stellen mit großem Interesse ent-
gegensehen.
Prähistorische Necropole bei Marino. Ein
Kilometer von Marino neben dem Kirchhofe
San Rocco wurde ganz kürzlich ein intaktes
sogenanntes „a pozzo“ Grab gefunden, das zu
derselben hodiarchaischen Gattung von Gräbern
gehört, wie sie schon vor ungefähr neunzig
Jahren im benachbarten Castelgandolfo konsta-
tiert wurden. In der Nähe von Marino wurde
jüngst auch eine römische Villa gefunden, die
nun mit Hilfe der Regierung fachmäßig ausge-
graben werden soll.
Die Ausgrabung von Herculaneum. Nach
dem Scheitern des großen Waldsteinschen Pla-
nes an sein Äkzeptieren von Seite des ita-
lienischen Staates konnten nur mit den hiesigen
Verhältnissen total unbekannte Optimisten glau-
ben — hat die von der ital. Regierung ange-
kündigte selbständige Äktion nidit einen Schritt
nach vorn getan. Letzthin hat eine amerika-
nische Gesellschaft der Regierung denVorschlag ge-
macht, die Äusgrabung mit Hilfe vieler Schachte,
welche durch Tunnels zu verbinden wären,
durchzuführen. Lifts würden die Besucher hin-
unter- und hinaufführen, die Tunnels selbst
mit elektrischem Lichte beleuchtet und so vor
allem die kolossalen Kosten der Expropriation
der darüber liegenden Baulichkeiten auf diese
Weise vermieden werden. Mit Recht ist das
Ministerium auf diesen Vorschlag nicht ein-
gegangen. Was in Amerika geht, geht nicht
in Europa. Man kann auf antike Ruinen nicht
ein System übertragen, das für Bergwerke paßt.
Der ästhetische Eindruck darf nicht zerstört
werden.
Kaiserlich deutsches archäologisches Institut.
In der Sitzung vom 3. Äpril sprach Pro-
fessor Giovannoni vom römischen technischen
Institute über die Kurvatur des Tempels des
Hercules in Cori und über Kurvaturen an
Tempeln überhaupt. Die konkave Kurvatur am
Frontgesimse des Tempels ist früher nicht be-
obachtet worden, sie ist aber nach genauen
Messungen des Vortragenden ganz evident und
ziemlich stark. Giovannoni verbreitete sich über
dieses Phänomen und die verschiedenen Theo-
rien der Kurvatur, wie sie von Kugler, le Choisg,
dann von den Physiologen Helmholtz, Hering
und Wundt, aufgestellt wurden. Der Vortra-
gende glaubte, die Kurvatur sei nur ein Mittel
um etwas länger erscheinen zu lassen. Der
Tempel in Cori habe seine Entwidclung nach
oben und nicht in der Horizontalen und deshalb
wirke die Kurvatur für das Äuge korrigierend.
Hierauf sprach Professor Emanuel Loewy über
den im ersten Hefte dieser ,Monatshefte‘ publi-
zierten Aufsatz von G. Pauli, Raffael und Manet.
Pauli war es entgangen, daß Loewy schon vor
zwölf Jahren (im Archivio storico dell’ arte 1896
p. 241 ss) auf das in zwei antiken Sarkophag-
reliefs (der Villa Doria Pamphili und Villa
Medici) befindliche Vorbild der Raffaelischen
Komposition hingewiesen hatte. Die Motive
der Raffaelischen Zeichnung, welche dann Marc
Antonio Raimondi stach, gehen evident auf diese
zwei Sarkophage zurück, deren Quelle wahr-
scheinlich ein berühmtes Gemälde, das in an-
tiker Zeit viel kopiert und exzerpiert wurde,
war. Somit geht Manets dejeuner sur l’herbe
in letzter Linie auf ein berühmtes antikes Vor-
bild zurück.
In der Festsitzung vom 24. April berich-
tete Dr. Walter Amelung über einen in seinem Be-
sitze befindlichen aus Formiae stammenden
jugendlich männlichen reifarchaischen Torso. Die
nächsten Analogien zu dieser aus pentelischem
Marmor gearbeiteten Skulptur bieten ein auf
den Akropolis gefundener kurz vor 480 v. Chr.
zu datierender Torso und ein ausgezeichneter
Torso originaler Arbeit in englischem Privatbe-
sitze. In seinem Exemplare erblickte der Vor-
tragende eine griechische Kopie ungefähr des
ersten Jahrhunderts vor Christi und zwar nach
einem Marmororiginale.
Hierauf ergriff der zweite Sekretär des In-
stituts Prof. Chr. Hülsen das Wort zu einem
Vortrage über die im Garten des palazzo Co-
lonna liegenden Ruinen Er ging von dem un-
geheueren auf 35 Kubikmeter geschätzten Tym-
panonblocke aus, der noch heute das Staunen
aller Besucher des herrlichen Gartens erweckt.
Er erwähnte die verschiedenen Benennungen,
welche die Antiquare und Architekten der Re-
naissance diesen Ruinen gegeben haben. Palla-
dio erblickte in ihnen dasTemplum SolisAure-
liani, eine Hypothese, die in der Neuzeit u. a.
auch von Lanciani aufgenommen wurde. Nach
Hülsens Meinung müsse man aber die Ruinen
als einen Tempel des Serapis erklären, wofür
außer dort gemachten Funden ägyptischer Gott-
heiten und Tieren noch eine nun verschollene
Inschrift und vor allem der Plan der Ruinen,
der sich ganz an ägyptische Tempel z. B. den
des Ammon Re in Karnak anschließt, sprechen.
Die zwei Pylonen oder Tore mögen von den
Dioskuren vom Monte Cavallo flankiert ge-
wesen sein. Der ägyptische Einfluß erstrechte
sich nur auf den Grundriß des Tempels, nicht
aber auf die Innendekoration, die in antik
klassischem Sinne durchgeführt war. Von ägyp-
tischen Säulen, Kapitellen oder Hieroglyphen-
schmudc ist nichts konstatiert worden.
552
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Vor etwa einem Jahre bewilligte das italie-
nische Parlament die Errichtung einer „monu-
mentalen Zone“ Roms, d.h. vom Forum Romanum
und Palatin bis zur Porta S. Sebastiano einerseits
und Porta S. Paolo und Circus Maximus anderer-
seits sollte eine große Gartenanlage alle antiken
Bauten umsdiließen, und was etwa von ganz
modernen Gebäuden und Fabriken usw. darin
läge, expropriiert und niedergerissen werden.
Dieser großartige Plan, um dessen günstige
parlamentarische Erledigung vor allen Guido
Baccelli, der früher mehrmals Unterriditsminister
gewesen ist, sich große Verdienste erworben hat,
ist allseitig mit Freude begrüßt worden. Nun
geht man ernstlidi daran, bis 1911 zum Jubiläum
der Proklamation des italienischen Königreiches
alles durdizuführen. Die hierzu eingesetzte
Kommission hat dieser Tage beschlossen, vor-
erst eine gewaltige Ällee (man spricht von
hundert Meter Breite) anzulegen, die von der
Kirche S. Nereo ed Ächille ausgehend bis zum
Palatin, dann weiter beim Colosseum vorbei
bis zur Straße in Miranda führen soll. Außer-
dem sollen drei kleinere Alleen (jede fünfzig
Meter breit) angelegt werden, die von den
großen Alleen abzweigend, zu den Toren Latina,
Metronia und San Sebastiano führen sollen.
Abgesehen von der gewaltigen Verschönerung,
welche der Plan diesem sehr wichtigen, bis jetzt
noch wenig durchforschtem Teile des alten Roms
bringen wird, darf man sich auch auf wichtige
Funde gefaßt machen. Ludwig Pollak.
s
PARIS ■.
Am 11. Mai wurde die Societe des amis du
Louvre von der Verwaltung eingeladen, eine
Reihe Neueinrichtungen und Neuerwerbungen
des Museums zu besichtigen. So ist zunächst
die Sammlung von Gouachen, Aquarellen, Mi-
niaturen, von Kästchen und Tabaksdosen der
Brüder van Blarenberghe zur Aufstellung ge-
kommen, die von einem Nachkommen der beiden
Miniaturisten, von Frau Thiebaut-Brunet, dem
Museum vermacht worden war. Ferner hat
das Louvre die in seinem Besitz befindlichen
Handzeichnungen Rembrandts dem Publikum
zugänglich gemacht. Provisorisch aufgestellt
wurden in dem Porträtsaal der Künstler die
auf den Versteigerungen Robaut und Cheramg
gemachten Erwerbungen sowie ein männliches
Porträt des XVI. Jahrhunderts, das von der
Gesellschaft dem Museum geschenkt worden
war. Dies letztere Werk hat ein besonderes
Interesse, da es das erste bekannte Werk
Francois Clouets ist, das eine Signatur trägt.
Der glückliche Entdecker desselben, Herr Etienne
Moreau-Nelaton, wird in den Spalten unserer
Zeitschrift demnächst über diesen wertvollen
Fund berichten. An weiteren Werken, die jetzt
im Louvre neu aufgehängt sind, wären zu
nennen: eine Landschaft mit Hunden von Diaz;
der Stadtturm von Douai, der auf der vente
Robaut erworben wurde, „badende Frauen“,
„ruhende Pferde“ und „lesencle Magdalena“ von
Corot; von Millet ein Bildchen: „lesende Frau“;
einige von A. Marmontel vermachte Porträts:
Chopin von Delacroix, Stephen Heller von dem
Südfranzosen Ricard, Gluck von Grenze und
Marmontel von Roslin.
Auch in die moderne Sammlung des Luxem-
bourg sind eine Reihe neuer Werke eingereiht
worden. Besonders erfreulich ist, daß Frederic
Bazille nun endlich mit einem Werk, einer
Landschaft aus der Umgegend von Montpellier,
vertreten ist. Er gehört mit Manet, Monet
und Pissarro in eine Reihe. Sein Tod auf dem
Schlachtfelde im Jahre 1870 bedeutete einen
großen Verlust für den Impressionismus. Von
Claude Monet ein Werk aus der Serie der An-
sichten der Kathedrale von Rouen, die um 1895
entstanden sind. Die Sammlung von Werken
Rodins wurde durch eine umfassende Gruppe
von Skulpturen verstärkt: Thomme au nez
casse und die Büsten von Gustave Geffrog,
Rochefort, Victor Hugo, Dalou, E. Guillaume,
G. Wgndham, Berthelot, sowie ein Haupt Jo-
hannes des Täufers.
Die Zahl der Pariser Museen hat sich in-
zwischen um eins vermehrt, das Musee d’En-
nerg. d’Ennerg hatte sich mit seinen Sensa-
tions-. Rühr- und Spektakelstücken Unsummen
verdient und hat diesen Überfluß zum Zusammen-
bringen einer Japansammlung verwandt, die
nunmehr mit dem entzückenden, kleinen Hotel
der Avenue du Bois, in dem sie aufgestellt
ist, in den Besitz der Stadt Paris übergegangen
und am 27. Mai eröffnet worden ist. Die Ord-
nung der Sammlung hat sehr lange Zeit in
Anspruch genommen, da sie zahlreiche zweifel-
hafte und uninteressante Stücke enthielt, die
eliminiert werden mußten. An demselben Orte
fand eine Sammlung von ungefähr 2000 Kogos
Aufnahme, die von dem Ministerpräsidenten
Clemenceau geschenkt worden sind.
Bei der Trennung von Kirche und Staat ist
die Kunst schlecht weggekommen. Die in den
französischen Kirchen aufgespeicherten Kunst-
schätze machen eine schlimme Krisis durch.
Zunächst versuchen viele Geistliche unter der
Hand wertvolle Stücke des Kircheninventars zu
veräußern, da sie befürchten, daß der Staat
über kurz oder lang Hand darauf legen wird.
Rundschau
553
Die Inventaraufnahmen, die die Regierung im
vorigen Jahre unternahm, schienen besonders
bei dem niederen Klerus der erste Sdiritt zur
Besitzergreifung. Ändrerseits bot der Erlös für
die verkauften Werke eine willkommene Ver-
stärkung der vielfach recht . unsicheren Finanz-
lage. Nachdem so die natürlichen Hüter der
Kirchenschätze selber ihres Ämtes nicht mehr
wie früher walten, ist eine Periode der Unruhe
und Unsicherheit eingetreten, die allerhand
lichtsdieue Elemente sich zunutze gemacht
haben. Die organisierten Kirchenplünderungen
der Räuberbande Thomas u. Cie. von Limoges
sind noch in frischer Erinnerung. Äm 25. Mai
hat schon wieder in Limoges ein Einbruch in
die Kathedrale stattgefunden, bei dem Gold-
und Emailarbeiten im Wert von ein- bis zwei-
hunderttausend Franken den Dieben zum Opfer
gefallen sind. Es handelt sich hauptsächlich um
eine Anzahl kostbarer Emailplatten aus dem
XV. und XVII. Jahrhundert: fünf Platten mit
Darstellungen aus der biblischen Geschichte auf
blauem und sdiwarzem Grund, vier ovale Platten
mit Darstellungen der Apostel, zwei sogenannte
„Friedensküsse“ aus dem XV. Jahrhundert mit
Szenen der Leidensgeschichte, vier Ciborien und
fünf Kelche, silbervergoldet, mit Edelsteinen
besetzt, und noch einige Kleinigkeiten. Von
den Tätern fehlt jede Spur. Einige Tage vor-
her wurde in die Kathedrale von Chartres ein-
gebrochen, wo die Banditen nur geringe Beute
vorfanden, doch haben sie, um in das Innere
der Kathedrale zu dringen, ein Glasfenster aus
dem XIII. Jahrhundert zertrümmert. Von den
Tätern keine Spur. Ein kleiner Einbruch in
das Museum von Troges, bei dem ein mit
Brillanten besetztes Ordenskreuz gestohlen
wurde, ist daneben kaum erwähnenswert.
Diese eifrige Tätigkeit der „Kunstsammler“
scheint eine Antwort auf das am 11. April er-
lassene und im Journal Officiel veröffentlichte
Dekret der Regierung zu sein, das eine Reihe
Vorschriften zur Erhaltung und Sicherung der
Kunstschätze gibt, in besonderer Berücksich-
tigung des Trennungsgesetzes. Wir können
uns eine Mitteilung der Einzelheiten um so
mehr ersparen, als sie, wie man sieht, bisher
ohne große praktische Wirkung gewesen sind.
In der vorigen Korrespondenz wurde von
der erfreulichen Tätigkeit der Regierung im
Interesse der Altertümer in Avignon ge-
sprochen. Herr Nodet, dem die Überwachung
des Papstschlosses anvertraut ist, hat auf Grund
umfassender Forschungen in den Archiven der
Militärverwaltung in der zwei Meter dicken
Mauer der Kapelle Clemens VI., über der so-
genannten salle du Consistoire, Sondierungen
anstellen lassen und ein sehr reich mit treff-
lichen Skulpturen geschmücktes gotisches Por-
tal aufgedeckt, das ungefähr acht Meter breit,
zwölf Meter hoch ist und den Eingang in die
Kapelle bildete. Auch sonst sind interessante
Entdeckungen zu verzeichnen:
In der alten Römerstadt Frejus, die im
Jahre 49 v. Chr. durch Cäsar als Forum Julii
gegründet worden war, ist an einem Orte, wo
schon im Jahre 1887 wichtige Funde gemacht
worden waren, ein prächtiges gallo-römisches
Mosaik entde^t worden. Dasselbe zeigt im
Mittelfelde zwei kämpfende Hähne. Oberhalb
dieser Gruppe befindet sich eine Palme, die ebenso
wie gewisse Teile im Gefieder des Hahnes aus
sonst sehr selten vorkommenden grünen Steinen
gebildet ist. Unterhalb der Hähne ist eine Urne
angebracht. In den vier Eckfeldern sind ein
Löwe, eine Hündin, ein Panther und ein Stier
dargestellt. Alles ist vortrefflich ausgeführt,
die dekorative Umrahmung ist aus weißen,
braunen und schwarzen Steinen zusammen-
gesetzt.
Seit einigen Jahren zieht sich die Pariser
Saison immer weiter in den Sommer hinein, so
sind denn auch die Monate Mai und Juni mit
Ausstellungen aller Art voll besetzt. Zunächst
die beiden großen Salons. Die Artistes fran^ais
haben in diesem Jahre, dem Beispiele des Salon
d’automne folgend, zwei retrospektive Ausstel-
lungen gebracht: Barrias und Cabanel. Während
dieser Salon in der Mittelmäßigkeit ertrinkt, ist
auf dem der Societe Nationale viel gutes zu
sehen, obwohl auch hier die Mittelmäßigkeit
einen arg breiten Raum einnimmt. Die Societe
Nationale ist der Ausdruck einer Kunstrich-
tung, die mit viel Geschmack und großem tech-
nischen Können, in dekorativen Kompositionen
oder in scharf beobachteten Impressionen zu
Wirkungen gelangt, die eben doch nicht die
tiefsten sind, da dieser so sichern und fertigen
Kunst diese Kraft fehlt, die sich nur im Kampf um
die höchsten Probleme zu entwickeln vermag. Auf
Einzelheiten einzugehen ist unmöglich. Es seien
nur kurz erwähnt L’hermittes Schnitterfamilie
im Korn, Cottets deuil marin, eine von Courbet
ausgehende sonore und schlichte Komposition,
eine Serie von Wanddekorationen Maurice
Denis’, die allzusehr die Motive früherer Ar-
beiten wieder aufnimmt und im Salon wenig-
stens etwas kreidig wirkt, die Porträts von
Madame Boznanska mit ihrer diskreten Melan-
cholie und Zuloagas kühne dekorative Bilder,
spanisch in Technik, Aufbau und Motiven.
Wie früher, so hat auch heuer die Societe
Nationale in dem Schlößchen Bagatelle eine Aus-
554
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Stellung von Porträts veranstaltet, die diesmal
die Periode von 1830 bis heute umfaßt. Die Äus-
Stellung ist nidit so gelungen wie die früheren;
sie ermangelt der Einheit. Historisch war es
nicht richtig, einen so breiten Zeitraum umspannen
zu wollen, so fehlen wichtige Persönlichkeiten
und andere hätten wir unschwer entbehrt.
Künstlerisch fehlt erst recht die Einheit. Be-
sonders die moderne Gruppe ist arg zu-
sammengewürfelt und enthält zahlreiche un-
interessante und unsympathische Stücke. Es
wäre wünschenswert, daß künftige Retrospek-
tiven auf eine engere Zeit beschränkt und sorg-
fältiger gewählt werden. Die diesjährige Äus-
stellung interessiert zunächst durch die Werke
Ingres und seiner Schule, über die wir an
anderer Stelle sprechen werden. Die elegante
Porträtmalerei der fünfziger und sechziger Jahre
zeigt sich in ihrem Virtuosentum mit all seinen
Schwächen und Niedlichkeiten in den Werken
Winterhalters, Dubufes, Jalaberts u. a. m. Eine
Offenbarung ist das entzückende Damenporträt
von L. G. Isabeg aus dem Besitze des Herrn
de Massarg. Das ist mit einer herzerfreuenden
Frische der Äuffassung, leicht, graziös und har-
monisch heruntergemalt. Von großem Interesse
ist die schöne Serie der Porträtbüsten von
Carpeaux. Unter den modernen Werken ragt
ein vorzüglicher, diskreter und psychologisch
feinfühliger Verlaine von Äman Jean hervor,
ein ausgezeichnetes Porträt, auch ein frühes
Porträt von Blanche gefällt. Roll dagegen wirkt
banal, Boldini unausstehlich.
Än Husstellungen moderner Kunst fehlt es
nicht. Großen Zulauf hat wiederum der von
dem Witzblatt „Le Rire“ veranstaltete Salon
des Humouristes gehabt. Inwieweit die künst-
lerische Qualität der ausgestellten Werke zu
diesem Erfolge mitgeholfen hat, wird schwer zu
entscheiden sein. Immerhin haben die Organi-
satoren das Verdienst gehabt, eine interessante
retrospektive Sektion der englischen Karikatur
und eine Äusstellung von Werken Gustave
Dores zusammengebracht zu haben. Unter den
Modernen waren alle bekannten französischen
Karikaturisten und neben ihnen allzuviele Un-
bekannte reichlich vertreten. Bei Durand-Ruel
sind Landschaften von Monet und Renoir aus-
gestellt. Von ganz besonderem Reiz waren die
letzteren. Renoirs Landschaften gelten vielfach
für eine Liebhaberei des Porträtisten, aber ge-
rade in ihnen finden wir, in dieser seltsamen
irisierenden Technik all die weibliche sensitive
liebevolle Feinheit des großen Bildnismalers
wieder. Druet hat Werke von Herrmann Paul
und dem talentvollen belgischen Koloristen
Georges Lemmen ausgestellt. Bei den Bern-
heims sind kraftvolle norwegische Landschaften
von Edward Diriks zu sehen. Hebrard ver-
einigte bei sich eine Kollektion Bronzen von
Troubetzkoü
Für den Kunsthistoriker von großem Inter-
esse war die von der Societe St. Jean veran-
staltete Äusstellung von Schülern Ingres.
Es ist sehr bemerkenswert, daß gleich zwei
Husstellungen zur selben Zeit auf diese Künst-
lergruppe hinweisen, die in den vierziger und
fünfziger Jahren zahlreiche Kirchen in Paris und
in der Provinz, besonders in Lyon, ausmalte.
Der Maler Maurice Denis hat in einer Serie
vonÄufsätzen im „Occident“ darauf hingewiesen,
inwieweit diese heute fast vergessene Schule
Vorläufer Puvis de Chavannes und mancher mo-
derner dekorativer Bestrebungen war. Wir
werden demnächst in einer kurzen Skizze auf
diese historisch so bemerkenswerte Bewegung
zurüchkommen, die in Mottez, Flandrin, Janmot
Henry Lehmann und Ämaury Duval ihre wich-
tigsten Vertreter hatte.
Eine große Überraschung bildete die vom
Musee des Arts Decoratifs organisierte Äus-
stellung der Kunst des Theaters. Die äußerst
rührige Direktion dieses Museums, dessen Kon-
servator Herr Louis Metmann ist, hat in frühe-
ren Jahren eine Reihe sehr bemerkenswerter
Spezialausstellungen veranstaltet. Die jetzige
bringt in ungefähr 2000 Nummern alles zu-
sammen, was in Pariser Privatsammlungen
über Kunst und Theater aufzutreiben war; die
kostbare Sammlung Sambon, die alles zu ver-
einigen sucht, was auf das antike Theater Be-
zug hat; antike Skulpturen, Vasenmalereien,
Terrakotten, Bronzestatuetten mit einschlägigen
Darstellungen, Theatermasken, Theater- und
Zirkusmarken usw. Dann folgt eine mehrere
hundert Nummern umfassende Sammlung von
Ölbildern, Zeichnungen und Gouachen, die auf
das Theater Bezug haben, meist Schauspieler-
porträts, unter denen die ersten Meister des
XVIII. und XIX. Jahrhunderts vertreten sind.
Hervorzuheben ist der wundervolle Berlioz von
Courbet, ein wertvolles Gegenstück zu dem
Meisterwerk Daumiers. Unter den Skulpturen
entzücken besonders die Bronzestatuetten von
Schauspielerinnen und Tänzerinnen aus der Zeit
von 1830—1860. Eine reiche Sammlung von
Theaterdekorationsmodellen, von Marionetten,
Puppen und meist die Gestalten der Commedia
deir arte darstellenden Porzellanfiguren und Hun-
derte von Kupferstichen runden diese Äusstel-
lung zu der vollständigsten Vorführung ab, die
wohl je über die Geschichte des Theaters ge-
boten wurde.
Bei Georges Petit wurde unter dem Vorsitze
Rundschau
555
der Marquise de Ganag eine künstlerisch sehr
wichtige Sammlung von hundert Pastellen des
XVIII. Jahrhunderts aus Pariser Privatbesitz
den Kunstfreunden zugänglich gemacht, über
die Herr Jean Guiffrey in den Spalten unserer
Zeitschrift eine umfassende Studie veröffent-
lichen wird. Besonders überraschend wirkten
die Pastelle von Perroneau, die diesen bisher
wenig gekannten Meister An ein neues Licht
stellen und fast über den gepriesenen La Tour
erheben. Wie wir erfahren, bereitet Herr Ra-
touis de Limag eine große Veröffentlichung über
Perroneau vor, die endlich diesem bisher so
vernachlässigten Künstler die verdiente histo-
rische und künstlerische Würdigung angedeihen
lassen wird.
Die Bibliotheque Nationale endlich hat in
ihren Äusstellungsräumen eine wenn auch nicht
so originelle und so neue wissenschaftliche Re-
sultate zutage fördernde, so doch nicht minder
dankenswerte Äusstellung zusammengebracht:
alle im Besitze der Bibliothek befindlichen oder
von Ämateuren erreichbaren Handzeichnungen
Rembrandts, verbunden mit einer möglichst um-
fassenden Vorführung seines graphischen Wer-
kes. Diese Äusstellung bringt natürlich kaum
Neues, sie wird aber Laien und Ämateuren
zahlreiche Änregungen geben, auch ist ihr gründ-
lich gearbeiteter Katalog wertvoll als Codifizie-
rung dessen, was von den Ärbeiten des großen
Holländers in den Kartons der Pariser Ämateure
verborgen ist.
Zum Schlüsse ein Hinweis auf die Societe
de l’Histoire de l’Ärt Fran^ais, die die bedeutend-
sten französischen Kunsthistoriker umfaßt und
deren Veröffentlichungen die wertvollsten Bei-
träge zur Geschichte der französischen Kunst
geben. Wir werden über die Sitzungen dieser
Gesellschaft in Zukunft regelmäßig berichten.
In der Sitzung am 15. Juni werden u. a. fol-
gende Vorträge gehalten werden: C. Dregfus,
Die Skulpturen aus dem XVIII. Jahrhundert am
Invalidendom, F. Benoit, Eine Darstellung der
Kreuzigung aus der Schule Bourdichons im
Museum zu Lille.
Rudolf Meger-Riefstahl.
s
LONDON ■=
Die Kunstabteilung der großen Franko-Briti-
schen Äusstellung war bei Äbfassung dieser
Zeilen noch nicht eröffnet, jedoch erfuhr man
schon wenigstens einige der Hauptstücke, die sie
enthält. Es sind zum Teil Werke, die seiner-
zeit in Berlin zu sehen gewesen sind: u. a. Gains-
boroughs berühmter „Blue Bog“. Ferner ent-
hält die Äbteilung Reynolds „Lady Crosbie“;
verschiedene Porträts von der Hand Hogarths,
Romnegs und Hoppners; Constables „Dedham
Vale“; Raeburns „Lady Stuart“; Wilkies „Penny
Wedding“ (Eigentum des Königs); einen alten
Crome; Werke von Bonington, David Cox,
Holland, Roberts, Pgne usw. Äuch die Prä-
rafaeliten sind zahlreich vertreten. Von Millais
sind „ÄutumnLeaves“, „The Black Brunswicker“
und „The Huguenot“ ausgestellt. Von Burne
Jones das kürzlich der Tate Gallery vermachte
„Golden Stairs“; Madox Browns „Work“; ver-
schiedene Rossettis; ein Bild von der Hand
William Morris’, Watts, „Lord Tenngson“ u. a.
m. Die französische Äbteilung beschränkt sich
auf die zweite Hälfte des neunzehnten Jahr-
hunderts und die Gegenwart. Es finden sich
Werke von Corot, Daubigng. Jules Dupre, Dela-
croix, Millet, Meissonier, Bastien Lepage, Rosa
Bonheur, Jules Breton u. a. m. — Daß eine Äus-
stellung, die sich mit ihrer Kunstabteilung offen-
bar Mühe gemacht und diese einem ausgezeich-
neten Kenner unterstellt hat, daß sie in unserer
Zeit ein Plakat von geradezu kindischer Äb-
geschmacktheit als förmliche Blamage an allen
Ecken der Stadt anbringen kann, ist unbegreif-
lich. Dazu noch hierzulande, wo vor schon
langen Jahren Männer wie Herkomer und Crane
sich gerade um die Plakatkunst eifrig bemüht
haben! Solche Barbareien sollten doch eigent-
lich unmöglich geworden sein. Die Kunst ist
aber eben noch nicht ins Leben eingedrungen,
sie bleibt auf ihre „Äbteilung“ beschränkt, als
gesonderte Einzelerscheinung. — Der Kurator
der Kunstabteilung der Schottischen National-
ausstellung in Edinburg hat mir deren Katalog
zugesandt, in dem sich eine kurze interessante
Einführung in die schottische Kunst findet. Im
Herbst soll von dem Verfasser dieser Einleitung,
Mr. James L. Caw, dem Direktor der Schottischen
National-Galerie, ein größeres Werk über die
alte und neue schottische Malerei bei T. C. &
E. C. Jack erscheinen, das die gegenwärtige Aus-
stellung zum Äusgangspunkt nehmen wird. In
der Äusstellung nun hat man dem florentiner
Beispiel folgend die bedeutendsten Werke in
einem Saale vereinigt, sonst ist erfreulicherweise
in der Hauptsache die chronologische Ordnung
innegehalten worden. In diesem Ehrensaale
hängen u. a. Jamesones, des „schottischen
Vandycks“ und Rubensschülers, Erskineporträt,
eines seiner besten Stücke; sodann Raeburns
„Sohn des Künstlers auf einem grauen Pony“
(Eigentum Lord Roseberys); Porträts von Ällan
Ramsay, dem alten Hofmaler, und Sir David
Wilkie, den man meist nur als Genremaler kennt;
historische Bilder von Thomas Duncan usw.;
556
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
von neueren Meistern Bilder von Orchardson,
Guthrie, Lavery, D. Y. Cameron usw. In den
nach der Zeit des Entstehens geordneten Sälen
finden sich u. a. zwei Porträts William Äikmans
(XVII. und XVIII. Jahrh.); Werke ÄllanRamsags
und dessen Schüler David Martin, der wiederum
Raeburn einigen Unterricht zuteil werden ließ;
John Scougals und Alexander Runcimans, alles
Künstler des XVIII. Jahrhunderts; sodann eine
Reihe ausgezeichneter Raeburns, darunter ein
bisher noch nie ausgestelltes weibliches Porträt
„Miss Emily de Vismes“ ; Wilkies, Sir John Wat-
son Gordons, James Drummonds usw. Robert
Scott Lauder, der Vater und Lehrer der mo-
dernen schottischen Künstler, ist durch „The
Trial of Effice Deans“ vertreten; Wm. Dyce,
„der schottische Prärafaelit“, durch „Titian ma-
king his first essay in colour“. Von älteren
Landschaftern finden sich Beispiele von John
Thompson, P. Nasmyth u. a. m. — Mit Recht
darf das Vorwort des Katalogs wohl behaupten,
daß diese Ausstellung „die umfassendste und
feinste sei, die je von schottischer Kunst statt-
gefunden habe. Wenn man bedenkt, welche
Anregungen vor mehreren Jahren die modernen
Schotten in Deutschland den Landschaftern ge-
geben und welches Interesse sie damals gefun-
den haben und zum Teil noch finden, so darf
man wohl annehmen, daß die Ausstellung, die
die historische Entwicklung dieser nordischen
Kunst vorführt, auch in Deutschland hohem
Interesse begegnen wird. — Noch ein drittes
britisches Kunstzentrum hat eine retrospektive
Ausstellung eröffnet: Liverpool. Die englische
Kultur freilich, die namentlich früher sich ganz
in London konzentrierte, ließ große und bedeut-
same Nebenzentren nicht recht aufkommen, ab-
gesehen nur von Schottland, das ja besonders
in früherer Zeit immer eine gewisse nationale
und kulturelle und damit künstlerische Eigenart
bewahrt hat. Jedoch Liverpool besaß seine
eigene „Academy“, und dieser gebührt das Ver-
dienst, als einzige offizielle Körperschaft schon
frühzeitig die Prärafaeliten- Bewegung nach
Kräften unterstützt zu haben, zu einer Zeit, als sie
noch als Sauerteig in den sonst völlig charakterlos
gewordenen Teig der englischen Kunst Gährung
und Bewegung brachte. Und die Liverpool
Society of Artists, die Vorläuferin dieser Aca-
demy, hatte seinerzeit, 1774, die erste Kunst-
ausstellung in der englischen Provinz überhaupt
zustande gebracht. So kann die jetzige Aus-
stellung der Liverpooler Schule keine Künstler
ersten Ranges aufweisen, hat aber ihr ent-
schiedenes Interesse darin, daß sie es ermöglicht,
eine wenigstens teilweise bodenständigeProvinz-
kunst durch 200 Jahre hindurch zu verfolgen.
Namen wie George Stubbs, William Huggins,
A. W. Hunt und namentlich W. L. Windus, ein
Blutsverwandter der Prärafaeliten, den Ruskin
aufs Schild erhob, haben in der englischen
Malerei einen gewissen Klang. — Kunst ist
jetzt der fashionable Gesprächsstoff in London,
denn die Royal Academy mit ihren 1200 Bildern
steht offen, und jeder muß sie gesehen haben.
Es hätte hier keinen Sinn, auf diesen Bilder-
markt, der meist Gesellschaftszwecken dient,
näher einzugehen. Nur eines soll man wohl
sagen. Es findet sich unter diesen zahlreichen
unterschiedlichen Bildern eines, das „auf Befehl
des Königs“ ausgestellt ist und die Verleihung
des Hosenbandordens an den König von Nor-
wegen durch den König in Windsor darstellt.
Vielleicht hätte man ohne diesen höchsten Be-
fehl das Bild abgelehnt, vielleicht, aber wenn
derartige 'Machwerke, die mit Kunst überhaupt
nichts zu tun haben, von der Gesellschaft und
ihren Spitzen bevorzugt werden, dann begreift
man, welchen unsäglich schweren Kampf die
heutige Kunst hier durchzumachen hat. Ein
Hofzeremoniell ist ja freilich nicht leicht zu einem
Kunstwerk zu erheben, deswegen braucht man
aber nicht einen Mann zu engagieren, dem die
einfachsten Prinzpien seiner Kunst ermangeln.
Menzel hat ja doch gezeigt, wie man auch aus
solchen Aufgaben wenn nicht Gold, so doch
Silber schlagen kann. Aber in jeder Academy-
ausstellung sieht man, daß gesellschaftliche Ge-
sichtspunkte den Pinsel dirigieren und schon
von vornherein aussuchen und dadurch Reynolds
stolze Schöpfung eigentlich zur Magd erniedri-
gen. Seltsames Los! Damals wurden die
Künstler noch zum guten Teil über die Schulter
angesehen, ihre Bilder aber waren stolz, selbst-
herrlich, besaßen etwas von der Würde wirk-
lichen Adels. Heute sind die Herren Maler,
die ein R. A. hinter ihren Namen setzen können,
gesuchte Gesellschafter, selber stolze, vornehme
Herren, ihre Bilder aberschmeicheln und dienen.
Reynolds würde seine Academy nicht wieder
erkennen. Wahrlich, nicht bloß aus Einseitig-
keit und Verschlossenheit einer neuen, nach
Problemen und Leben ringenden Kunst gegen-
über, repräsentiert diese sogen. Royal Academy
die englische Kunst nicht mehr. — Und die
zweite große Sommerausstellung in der New
Gallery, die einst neu, jetzt aber greisenhaft alt ist,
die war einst der Zufluchtsort solcher, die in der
Academy nicht zu Worte kommen konnten. Jetzt
ist sie das vielleicht auch noch zum Teil, aber aus
anderen Gründen. Aus der ganzen Ausstellung
braucht man nur einen Frank Brangwyn und
eine schöne, schlichte Tierlandschaft des leider
aber begreiflicherweise selten hier ausstellenden
Rundschau
557
C. W. Bartlett zu erwähnen — bezeichnender-
weise fast das einzige Tierstück in all der
furditbaren, ufer- und grundlosen Unnatur —
und etwa nodi das stark manierierte Gewebe
der ehemals Morrisschen Weberei nach Burne
Jones, letzter Zeichnung „Vorüberfahrt der Venus“
dann ist alles gesagt. — Interessanteres findet
man in der Sommerausstellung des Burlington
Ärt Clubs, der seinen Mitgliedern immer etwas
Exquisites und Äpartes vorzusetzen hat. Dies-
mal sind es englische, französisdie, vlämische
und italienische illuminierte Handschriften des
XII. , XIII., XIV., XV., und XVI. Jahrhunderts,
darunter Stücke von außerordentlicher Schönheit
und jener Sicherheit des Stilempfindens, die
nur aus dem unbewußten Umfriedigtsein von
einer bestimmten, aber noch nicht leer und in-
haltslos gewordenen Konvention resultieren
kann. Das hervorragendste Stück ist wohl
Mr. Yates Thompsons „Lancelot Du Lac“ aus
Nordostfrankreich, ca 1300. Englische Stücke
von hohem Werte sind: Mr. Dyson Perrins
„Äpocalgpse“, eine englische Handschrift des
XIII. Jahrhunders; „Burg St. Edmunds Neues
Testament“, frühes XII. Jahrhundert (Eigentümer
Pembroke College, Cambridge); ein Nonnen-
psalter, XIII. Jahrhnndert (Trinitg College, Cam-
bridge) eine Apokalypse, XIII. Jahrhundert (Erz-
bischof vonCanterbury); Windmill Psalter, spätes
XIII. Jahrhundert, einst im Besitze William
Morris’ und die Vulgata, spätes XII. Jahrhundert
(Winchester Cathedrale). Pierpont Morgan hat
u. a. einen französischen Psalter hergeliehen. Unter
den Stücken der Brügger Schule befindet sich
dasBreviarium der Königin Eleanor von Portugal.
Die italienischen Werke stammen meist aus
späterer Zeit. Hier tritt die Tiefendimension
!auf, die den dekorativen Charakter der Zeich-
nungen als Buchschmuck zerstört und die „Illu-
minierungen“ zu eigentlichen „Illustrationen“
4 macht. Der Buchdruck brachte, wie Mr. L.
I March Philipps in einer interessanten Besprechung
ll der Äusstellung sehr richtig bemerkt, das haupt-
S sächlich mit sich, denn er ließ neue Handschriften
J nur noch als Luxus neben sich bestehen. Die
4 eigentliche Funktion dieser Kleinkunst war zu
li; Ende. Die erreichte und aufgespeichertc Tedi-
J| nik begann daher zu spielen und nach anderen
i| Betätigungen sich zu sehnen , die mit dem
eigentlichen Zweck der Illuminierung einer Hand-
schrift nicht im Einklang standen. So kam es,
daß im Zeitalter der großen Kunst schlechte,
d. h. funktionslose Kunst produziert wurde.
„Jedesmal“, schließt Mr. Philipps, „wenn eine
Kunst ihren Zweck erfüllt hat und darüber
hinauswuchert, wenn sie aufhört, mit einem
bestimmten Zweck verbunden zu sein, besteht
für sie die Gefahr der Dekadenz“. — Eine
Reihe alter Bilder kann man jetzt in der Sack-
ville Gallery (Sackville Street 28, Picadilly) sehen,
darunter einige recht interessante spanische
Stücke des XV. Jahrhunderts, die teilweise vlä-
mische, teilweise italienische Einflüsse aufweisen
und doch schon eine nationale Eigenart ver-
raten; sodann ein vlämisches Stück, Christus
auf dem Ölberg, das von demselben Meister
zu stammen scheint, dessen Werk unter 551a
in der Berliner Nationalgalerie als vielleicht ein
früher Mabuse (?) bezeichnet ist. Französisch
ist wohl eine Tafel mit den Heiligen St. Mar-
geret und St. Catherine auf sternbesätem blauen
Grunde. Ein großes, gruppenreiches Bild „ Christus,
die Wechsler aus dem Tempel treibend“ ist
dem Hieronymus Bosch zugeschrieben und geht
auch sicherlich auf diesen im Entwurf wenig-
stens zurück. Das kleinere Original befindet
sich in einer Londoner Privatgalerie. — Von
den zahlreichen Gaben, mit denen uns all die
vielen Kunstsalons jetzt überschütten, seien hier
angeführt: die 44. Sommerausstellung moderner
Niederländer in der ehemaligen Madeanschen
Galerie, 7 Haymarket, die jetzt ein Mr. Eugene
Cremetti übernommen hat (einige frühe Stücke
und anderes von Maris, Israels Ter Meulen,
Mauve, Bosboom usw., welche Meister ja hier
schon lange en vogue sind). Ebenfalls moderne
Niederländer und dazu Werke der Barbizonschule
sind in der French Gallery zu sehen, darunter
ein klassisches Bild Millets vor seiner Barbizon-
zeit, ein „Ödipus“ ; und in der Gallery der Messrs.
Obach, 168 New Bond Street. Bei Gutekunst,
King Street, sind einige Blätter des Ädolphe
Hppian angestellt, eines Schülers Corots und
Daubignys. In der Leicester Gallery waren
Äquarelle den verstorbenen Buxton Knight zu
sehen gewesen, dessen kräftiger, eigenwilliger
Stil ihn über die sanften, mechanischen Land-
schafter weit hinweghebt. Jetzt wird in dieser
Galerie eine Äquarellausstellung alter und neuer
Meister angekündigt, darunter Werke von Gains-
borough, Turner, Cotman, Cox, de Wint, F. Wal-
ker usw. — Die Sensation des Tages bietet
„der größte lebende Maler der Welt“, unter
welchem Titel sich Senor Sorolla in der Grafton
Gallery hat einführen lassen. Dazu stehen ihm
der König von Spanien und seine englische Ge-
mahlin als Paten zur Seite. Da kann es ja gar
nicht fehlen. In Wahrheit erweist diese er-
müdend umfangreiche Äusstellung Sorolla als
ein Phänomen im Erschauen, Erfassen und
Wiedergeben momentaner Eindrücke. Er ist
ganz Äuge, aber nur äußeres, und nur das
Sinnenorgan gibt seiner schnellen und ge-
schickten Hand Impulse. In der Beziehung er-
558
Monatshefte für Kunstwissenschaft
scheint Sargent ein gemütlicher Spießer diesem
Schnellmaler gegenüber. Man bedauert, daß
nichts ausreift, alles nur im ersten Änhieb stecken
bleibt, freilich der beschränkten Ärt des Künstlers
wegen eben darin stecken bleiben muß. —
Mr. Charles Booth hat das vielgesehene, viel-
gewanderte, vielbewunderte und vielverurteiltc
„Licht der Welt“ von Holman Hunt, diese eng-
lische Puritanerdarstellung Christi, dem St. Pauls-
dome als Geschenk überwiesen, und es wird
nahe bei Watts anders geartetem „Zeit, Tod
und Gericht“ aufgehängt werden. — Die Britische
Ärdiäologische Schule in Rom arbeitet schon
lange an einem ausführlichen wissenschaftlichen
Katalog des Kapitolinischen Museums unter der
Redaktion des Mr. H. Stuart Jones, früheren
Direktors der Schule. Dr. Äshleg, der jetzige
Direktor, kündet nun dessen Erscheinen für den
Beginn des nächsten Jahres an. — Im ver-
gangenen Monat war hier die Rede von dem
ewigen Rühren der Werbetrommel zur Erhaltung
der alten Bauwerke. Diesmal fordert man
mehrere tausend Pfund, um die Ruinen der
Glastonburg Äbtei der Nation endgiltig zu er-
halten. Diese Abtei hat freilich ein besonderes
Anrecht auf die Freigebigkeit und Verehrung
aller Briten, sächsischer oder keltischer Abstam-
mung, denn sie steht im Dichterlande Avalon,
in dem einst König Arthus und die Seinen ge-
weilt, und- wo der heilige Graal aufbewahrt
wurde. Wahrscheinlich ist sie die früheste
christliche Ansiedlung in England. Im vorigem
Jahre nun kam die Ruine auf die öffentliche
Auktion! Sie brachte 30000 £, für welche
Summe ein Mr. Jardine sie erstand, um sie dann
dem Bischof von Bath auszuliefern, der sie der
englischen Staatskirche für die Nation übergab.
Nun heißt es noch einiges von jener Summe
abzuzahlen. Also wird wieder eine öffentliche
Versammlung ausgeschrieben und der Hut herum-
gereicht! Und dabei stellt sich Minister Harcourt
hin und hält jene zum Teil das letzte Mal schon
angeführte Rede, um darzutun, was die Regie-
rung alles für die Kunst und die Erhaltung alter
Kunstwerke tue! Um letzteres zu beweisen,
erzählte er seinen Zuhörern, daß er die Rubens-
decke in der Banketthalle in Whitehall sofort
habe instand setzen lassen, als er von ihrem
ruinösen Zustande gehört hätte. Das ist per-
sönlich sehr anerkennenswert, gewiß, aber was
die Regierung in England für die Kunst tut, ist
doch herzlich wenig. Hierzulande soll eben alles
aus privater Initiative hervorgehen. Dadurch
gerät man aber auf dem Gebiete der Künste oft
ins Hintertreffen. F.
8
DIE GEISTERKäRAWäNE IN i
FLORENZ
Bisher tauchte sie bekanntlich nur in Rom
und Athen auf; in diesem Jahre hatte sich das i
preußische Ministerium zum erstenmal ent- '
schlossen, 25 Gymnasialdirektoren u. Professoren j
nachToscana auszusenden, weil die Renaissance- 1
kultur diesmal das eigentliche Thema sein sollte, i
Freilich gingen die Fragen der erstaunten Rei- !
senden oft ins frühe Mittelalter zurück, und ich
entschloß mich auf der Rückreise zu einem Ab-
stecher nach Ravenna, weil hier der Zusammen-
hang der christlichen Kultur mit der antiken |
Welt, sieht man von Rom ab, am besten erlebt i
werden kann. Das Zentrum blieb aber Florenz, i
zumal hier das kunsthistorische Institut uns die
weitgehendste Gastlichkeit gewährte; um die
Florentiner Eigenart schärfer zu erfassen, wurde
der Ausflug nach Siena, S. Gimignano und Pisa
in die Florentiner Wochen eingeschoben, nicht
an das Ende der Zeit gelegt. Auf der Rückfahrt j
wurde Pistoia, Bologna, Ravenna, Ferrara und |
Padua besucht. Vicenza und Verona waren auch
vorgesehen, wurden aber dann zu gunsten Ra-
vennas aufgegeben. |
Es war keine Bärenführerei, wie vielleicht
manche teueren Kollegen vermuten, sondern
ein allmähliches Sicheinarbeiten, freilich unter i
Anspannung aller Kräfte. Es ließ sich nicht
vermeiden, daß die Tagesrationen zu groß
wurden; aber die Ernte sollte ja auch erst da-
heim eingebracht werden, unten luden wir nur
die Wagen auf. Vor allem handelte es sich ja
nicht um Kunsthistoriker oder gar Blasierte, ^
sondern um Historiker und Philologen, die in
harter Arbeit stehen und freudig die Gelegen- i
heit ergriffen, einmal das Lehren mit dem Lernen
zu vertauschen. Es war eine Herzensfreude, zu
sehen, wie froh sie Zugriffen, wie wohl es ihnen
tat, neue Maßstäbe zu gewinnen und eine Er- j
frischung des ganzen Wesens zu erleben. Es j
sollten durchaus nicht Lehrer für den kunst- j
historischen Unterricht herangebildet werden.
Gewiß wird dies Gebiet sich auch auf den Ggm- |
nasien mehr und mehr durchsetzen, um nicht !
als Sondergebiet, sondern von den zwei hier-
für Berufenen, vom Historiker und vom Zeichen-
lehrer, gepflegt zu werden. Es ist lächerlich,
wenn auf der Schule von Titus Sempronius und
Grachus ausführlich die Rede ist, clagegen nie
von Donatello oder Grünewald. Aber wir haben
vorläufig noch nicht die Männer, die diesen
Unterricht im Zusammenhang vortragen könnten
und auch nicht die Lehrpläne, die dafür Raum
lassen (man hat deshalb hier und da fakul-
tative Kurse der Kunstgeschichte in den obersten
Rundschau
559
drei Gymnasialklassen eingerichtet). Der Zweck
dieses florentiner Giro ging dahin, die Herren
mit der starken Renaissancekultur in nahe
Verbindung zu bringen, ihnen die Gesund-
heit, Ursprünglichkeit und Natürlichkeit dieses
künstlerischen Schaffens lieb zu machen und zu
zeigen, wie ein künstlerisch veranlagtes Volk
sein ganzes Leben äußerlich und innerlich meistert
und prägt. Schon die Erfahrung, wie anders
romanische Völker sich die Hauptsachen des
Lebens zurechtlegen als die germanischen, ist
ein Gewinn; und der durchschnittliche Reisende
kommt bekanntlich bei seinem ersten Vorstoß
über die Älpen selten über das Gefühl des
Ändersartigen, Unbehaglichen und Rätselhaften
hinaus. Dies war das Hauptergebnis, daß alle
Herren begriffen, daß am Ärno zwar die Zivili-
sation der Gegenwart nicht Schritt hält mit der
Lebenshaltung in Deutschland, daß aber die
Kultur dort viel tiefer und fester ist als die an
der Spree und Oder. Man bekam Respekt vor
der Feinheit der Renaissancekultur und ging
dann mit der natürlichen Neugierde an das
Einzelne.
Diese einzelnen Kunstwerke usw. wurden
zunächst inhaltlich und ikonographisch angeeig-
net; wo eine Inschrift zu entziffern war, da
strahlten die Äugen. Äber schon nach 8 Tagen
vergaß man, nach dem Namen der Heiligen zu
fragen, weil das Äuge an dem ausdrucksvollem
Kopfe, der Klarheit der Geberde sich freute.
Beim Ältarbild fingen wir mit dem Rahmen
meist an, die Beziehungen der Haupttafel zu
Predella und Nebentafeln wurden erörtert, das
Verhältnis zum Raum, die Beleuchtung u. a. be-
sprochen. Wie wesentlich es ist, die Bilder aus
den Galerien wieder in die ursprüngliche Heimat
zurück zu versetzen, wurde besonders beim Be-
such der Impruneta klar, wo die beiden Taber-
nakel Luca della Robbias ihre lebendige Kraft
vor allem den reichen Beziehungen zu dem
heimatlichen Pinienwald und den Empfindungen
dieser Dörfler, sowie dem Kultus des alten
Regenbildes verdanken. Für die Kraft, mit der
eine Robbiaglasur den Raum beherrschen kann,
gab die Cappella Bertello in San Gaetano ein
vorzügliches Beispiel. Überhaupt haben wir
Kirchen und Paläste mit mehr Erfolg besucht
als die Galerien. Hier betäubte die Fülle und
außerdem störten uns die Neugierigen, da
Führungen vor oder nach den offiziellen Stunden
nicht gestattet wurden. Der palazzo Riccardi
wurde uns in allen Einzelheiten, ebenso der
palazzo vecchio gezeigt; dazu kam noch der
Besuch des palazzo Davanzati, dem Elia Volpi
bekanntlich wieder hersteilen läßt. Hier wird
die Wohnung des Trecento deutlich, auch die
alten dekorativen Fresken sind wieder zum Vor-
schein gekommen. Leider blieb nicht Zeit zum
Besuch von Poggio a Caiano; dafür sahen wir
die Villa Belcaro bei Siena, die als Änlage und
landschaftlich besonders eindrucksvoll ist. Für
den Kunsthistoriker, der Nichtkunsthistoriker zu
begleiten hatte, war es ein Vorteil, alle Einzel-
fragen einmal zurückstellen zu müssen. Man
sieht dann unwillkürlich mehr die Totalität.
Und schließlich will jeder von uns nach all den
notwendigen Umwegen gern wieder dahin zu-
rück. Nie ist mir der dekorative Charakter der
Frührenaissanceplastik so zum Bewußtsein ge-
kommen wie diesmal; die Äbhängigkeit vieler
Kunstwerke von den elementaren Mächten
(Wasser, Hitze, Bergwind, Regen, Sonnenglanz)
wurde viel stärker erlebt. Das natürliche Äuf-
blühen all der köstlichen Dinge aus den Be-
dingungen des heimatlichen Bodens muß nach-
empfunden werden, um den heimlichen Geist
der Steine, Bronzen und Tafeln zu verstehen.
Länger dauerte es, bis die Malerei des Tre-
cento begriffen wurde. Sie erschien kindlich
und unbeholfen. Leider fehlt ja nun in Florenz
der farbig verklärte Raum, der uns noch die
ursprüngliche Schönheit einer Trecentokapelle
lebendig machen könnte. So gingen wir zum
Bigallo, wo das kleine Klappaltärchen von 1334
steht; ich schloß es, ließ die Herren dann erst
eintreten, redete ein bischen länger als nötig
über die Bestimmung solcher Hausaltärchen, um
die Spannung zu steigern, und öffnete dann
endlich den güldenen Schrein. Von dem Äugen-
blidce hatte ich für das Trecento gewonnenes
Spiel. Die Pazzikapelle und die alte Sakristei
in San Lorenzo wirkten stärker als der Chiostro
dello Scalzo und der Ännunziata -Vorhof; wie
denn überhaupt die Hochrenaissance und der
Barodc etwas zu kurz kamen. Bologna machte
das wieder gut. Ganz überraschend war in
Padua die Teilnahme für Ältichieros Kapellen,
deren farbiger Duft sofort bestach. Interessant
war auch, daß GiottosÄrena stärkere Eindrücke
hinterließ als Mantegna.
Äus den Debatten über plastische Meister-
stücke blieb mir die über den Gattamelata in be-
sonderer Erinnerung. Idi versuchte zu begründen,
warum das Gattamelata höher stände als der
Colleoni; aber ich habe nicht überzeugt. Beim
David Michelangelos widerstand ich der Ver-
suchung, auf das Unerfreuliche hinzuweisen ; aber
oben auf dem Piazzale regte sich von selbst der
Protest. — Das kunsthistorische Institut hatte
die Freundlichkeit, 2 Sitzungen mit allgemeineren
Thematen abzuhalten, wo Direktor Brockhaus,
Dr. Bombe, Frl. Dr. Schottmüller, Dr. Willich,
Dr. Corwegh und Dr. Hopfen sprachen. Äußer-
560
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
dem saßen wir noch bisweilen des Äbends zu-
sammen, um uns über Literatur, Äbbildungsma-
terial, Lichtbilder usw. zu besprechen. Wünschens-
wert wäre es gewesen, wenn öfter ein Tag
hätte ganz frei gelassen werden können; aber
meist drängte die Zeit.
Das Ministerium plant, in Zukunft Stipen-
diaten auf ein halbes Jahr in den Süden zu
beurlauben, mit den drei Zentren Äthen, Rom
und Florenz. Gewiß werden die drei Institute
sich der Gäste nach Kräften annehmen. Die
Altphilologen werden natürlich zur antiken Welt
hindrängen. Hoffentlich kommt aber audi die Re-
naissance zu ihrem Recht. Ich habe einen starken
Eindruck davon empfangen, wie unmittelbar und
nachhaltig sie auch auf Unvorbereitete wirkt.
Es war ein Vergnügen, wie die Äugen blitzten,
und idi grüße die Teilnehmer unserer Osterfahrt
mit dem herzlichen Dank, daß alle so willig die
Strapazen auf sich genommen und sich so ernst-
haft in die Sache hineingekniet haben.
Paul Sdiubring.
KLEINE NÄCHRICHTEN
Berlin, Das Märkische Museum ist nach zehn-
jähriger Bauzeit fertig gestellt und am 11. Juni offiziell
eröffnet worden. Ein wenig abseits des großen Verkehrs,
am Nordrande des Köllnischen Parkes gelegen, beherrscht
der schöne Bau von Hoffmann mit festem Turm und viel
gegliederten Baugerippen die Stadtgegend an der Ober-
spree; kein palastartiger Kasten, wie andere Museen,
sondern nach süddeutschem Beispiel eine freie Addition
harmonischer Gebäudeteile in den heimischen Formen.
Das Märkische Museum ist eine junge Schöpfung; Anfang
der siebziger Jahre legte Ernst Friedei den Grundstock zu
ihm, und dodi hat es sich in den 30 Jahren seines Be-
stehens, bei kargen Mitteln, zu einer stattlichen und inte-
ressanten Sammlung ausgewachsen, die ein Bild der ge-
samten Kultur Berlins und seiner Mark gibt. Von den prä-
historischen Funden angefangen, gewährt es Einblick in die
Denkmale aller Kultur und Künste, bis zu Fontane hinauf,
die eigen wüchsig waren auf märkischem Boden; eine natur-
wissenschaftliche Sammlung gehört dabei ebenso zu seinem
Bestand wie die Bibliothek und die graphische Sammlung. S.
Eine neue Forsdiungsrcise von Prof. Sarre im
Euphrat- und Tigrisgebiet. Der Kunsthistoriker Prof.
Dr. Friedrich Sarre ist, wie wir vernehmen, von einer
siebenmonatlichen Forschungsreise zurückgekehrt, die er
zum Studium orientalischer Kunst, spez. älterer islamischer
Baudenkmäler in Begleitung von Dr. Ernst Herzfeld im
Euphrat- und Tigrisgebiet unternommen hatte. Nach
kurzem Aufenthalt in Kleinasien, wo einige früher noch
nicht berührte seldschukische Bauwerke untersucht wurden,
traten die Reisenden Anfang November v. Js. von Aleppo
aus die Karawanenreise an, gingen im Euphrattal südlich
bis zur Einmündung des Chabur, dann diesen nördlichen
Nebenfluß aufwärts und über das Sindjargebirge nach
Mossul. Hier hielten sie sich längere Zeit auf und fuhren
dann auf einem Floß den Tigris hinab nach Bagdad, um
von dort aus verschiedene Ruinenstätten in Babylonien
zu besuchen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise
sind sehr reichhaltig und ergänzen die Resultate der
früheren Reisen von Prof. Sarre in Vorderasien und
Persien. Eine große Anzahl von wenig oder gar nicht be-
kannten Denkmälern der sassanidischen , byzantinischen
und islamischen Epoche wurden eingehend untersucht und
aufgenommen, so im Euphratgebiet Rusafa und Raqqa, am
Tigris Samarra und Ktesiphon. In Mossul erregten, abge-
sehen von den islamischen Bauten, die christlichen Kirchen
mittelalterlicher Zeit das besondere Interesse des Forschers.
Magdeburg. Im Domgymnasium, der ehemaligen
Klosterbibliothek, wurde von Prof. Thormählen der er-
staunliche Fund von über 2000 alten Druckwerken und
Handschriften gemacht, die zum großen Teil einen äußerst
seltenen und kostbaren Besitz darstellen; darunter vor-
zügliche Miniaturen aus dem 14. Jahrhundert.
Mühlheim a. Donau. In der St. Galluskirche sind
Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert aufgedeckt worden,
die in Stil an die Fresken des Dominikanerklosters zu
Konstanz erinnern. Im Chor ist das Leben Christi in
einem Cyklus dargestellt, im Chorbogen die klugen und
törichten Jungfrauen (im Zeitkostüm), auf dem Triumph-
bogen St. Georg mit dem Drachen kämpfend und St. Martin.
Hinter dem Seitenaltar der Evangelienseite wurde noch
St. Gallus mit seinen Bären, der Apostel des schwäbischen
Meeres, dargestellt gefunden.
Mailand. Die kleine, jedoch äußerst gewählte Samm-
lung des so apart eingerichteten Museum Poldi Pezzoli hat
sich durch Ankauf eines Bildchen (für 6000 Lire) von Cima
da Conegliano bereichert. Die Tafel stellt den Triumph von
Bacchus und Arianne dar, also ein sehr rares Stück, denn
von Profanmalereien kennen wir von Cima nur noch eine
in der Berliner Galerie: ein entzückendes Bildchen aus
der dritten Periode, uns zwei Fechtende mit Flötenbläsern
vorführend. Nebenbei gesagt, besitzt das Berliner Kupfer-
stichkabinet zwei Federzeichnungen des Meisters: Meer-
weib mitzweiKindern; Meerweib mitzweiMeercentauren,
bei welchen Morellis Aussage: „Cima war unter allen
seinen Zeitgenossen der beste und sorgfältigste Zeichner
der Bellinischen Malerschule“ zutrifft. Der junge Bacchus,
in dem neuerworbenen Bild, ist als Krieger gekleidet, das
Haupt mit Weinlaub bekränzt. Er ist sitzend auf einem
Karren dargestellt, vor welchen zwei Tiger gespannt sind.
Bacchus ist im Begriffe, seine geliebte Arianne, die knieend
sich vor ihm aufhält, zu bekränzen. Ihnen folgt eine Frau
mit einer Bütte voll Trauben, während vorn zwei Satyrn
abgebildet sind. Hintergrund, Landschaft jnit Ausblick auf
Meer und Berge. — Audi die Brera-Galerie hat eine Tafel
des Lionardesken Cesare da Sesto (0,66 x 0,55) erworben.
Eine ziemlich hohe Summe von 12000 Lire wurde dafür
verwendet. Kniestück , in dreiviertel Ansicht ein hl.
Hieronymus, der halb nackt ein Kruzifix anbetet und beide
Hände an die Brust hält. Das Bildnis ist noch gut
erhalten. B.
Charkow. Im Alter von 45 Jahren starb Jegor Rje-
din, ein Schüler Kondakoff’s, der seit mehreren Jahren
die Professur für Kunstgeschichte an der Universität Char-
kow inne hatte. Seine kunstwissenschaftlichen Arbeiten
befaßten sich in erster Reihe mit den Fresken und Mosa-
iken in der Sophienkirche zu Kiew, den byzantinischen
Miniaturen in italienischen Bibliotheken, syrischen Hand-
sdiriften in Bristish Museum und der Pariser Bibliotheque
Nationale, altrussischer Kirchenkunst usw. P. E.
St. Petersburg. Die Kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften hat beschlossen, alles nötige bei den betreffenden
Behörden zu veranlassen, um die zum Verkauf gelangen-
den, reichen ägy ptologischen Sammlungen von
W. S. Golinischtschew Rußland zu erhalten. Der Be-
sitzer schätzt dieselben auf circa 400000 Rubel, und für
Rußland bietet sich hiermit eine nicht so bald wieder-
kehrende Gelegenheit, in den Besitz einer systematisch
angelegten ägyptischen Sammlung zu gelangen. Am reich-
haltigsten ist in der Golinischtschew’schen Sammlung das
Ägypten der Pharaonen vertreten. Aus der griechisch-rö-
mischen Epoche lenken hauptsächlich circa 20 wohlerhaltene
Porträts in Wachsfarben aus Fayum, sowie ebensolche in
Aquarell auf Leinwand die Aufmerksamkeit auf sich. Sehr
zahlreich ist die Kollektion an kunstgewerblichen Gegen-
ständen aus allen Epochen und ganz unvergleichlich die
Sammlung von Papyri, ebenfalls aus allen Epochen, und
von koptischen Handschriften. P. E.
St. Petersburg. Die Redaktion der Petersburger
Kunstzeitschrift „Staryje Gody“ bereitet für November und
Dezember laufenden Jahres in den Sälen der „Gesellschaft
zur Förderung der Kunst“ eine Ausstellung alter
Malerei vor, welche den Zeitraum vom Quattrocento
bis zu den letzten Ausläufen der Davidschule umfassen
soll. Zur Ausstellung sollen in erster Reihe die Schätze
der privaten, recht zahlreichen Petersburger Samnilungen
sowie der schwer zugänglichen Gemäldegalerien in ver-
schiedenen Palästen der Mitglieder des kaiserlichen Hauses
gelangen. Von speziell russischer Malerei wird nur die
Periode von Peter dem Großen bis zu Nikolaus 1. in Be-
tracht gezogen, wobei jedoch Bilder, welche auf der letzten
großen Portraitausstellung in Petersburg figurierten, aus-
geschlossen sind. Hauptleiter der Ausstellung ist der
Kunsthistoriker Baron Nicolai Wrangel. P. E.
LJTERATUR
Heinridi Böttinger :HansWechtlin. Jahr-
buch der kunsthistorischen Sammlungen des aller-
höchsten Kaiserhauses. Bd. XXVII, H. 1 . Wien 1907.
Von Leben und Werken des Straßburger
Malers Hans Wechtlin ist uns nur wenig sicher
bezeugt. Ein Leben Jesu in Holzschnitten, das
1508 bei Knoblouch erschien, und die mit Jo. V.
bezeichneten Helldunkelschnitte bilden das ein-
zige brauchbare Material, das als Grundlage
für die Erkenntnis des Stiles des Künstlers zu
gelten hat. Hierauf bauend hat Röttinger den
Versuch unternommen, auf Grund stilkritischer
Zuschreibungen ein Bild von der künstlerischen
Entwicklung Wechtlins zu entwerfen. Er läßt
den um 1460 in Straßburg geborenen Künstler
in den achtziger Jahren auf der Wanderschaft
in Ulm die bedeutenden Holzschnitte für die bei
Dinckmuth erschienenen Bücher, den Seelen-
wurzgarten (83), die schwäbische Chronik und
den Eunuchus des Terenz (86) entwerfen, 1487
in Nürnberg eintreffen, um hier ebenfalls eine
ausgedehnte Tätigkeit als Illustrator zu ent-
falten, deren hervorragendstes Denkmal die
Schnitte zu Kobergers Passionale von 1488
wären. Um 1490, vielleicht zusammen mit Dürer,
sei er nach Basel gegangen, Weisbachs Meister
der Bergmannschen Offizin sei kein anderer als
eben Wechtlin. 1498 findet Röttinger Wechtlin
wieder in Nürnberg, als Gesellen Dürers, „des
Meisters rechte Hand und wie ein Schatten
hinter ihm stehend“. Nachdem Dürer seine
Werkstatt aufgelöst hat, um zum zweiten Male
nach Venedig zu ziehen, geht Wechtlin nach
Straßburg, dort entsteht die Passion für Knob-
louch. Schon 1506 mit Dürers Rückkehr aus
Venedig findet auch Wechtlin sich wieder in
Nürnberg ein, wo er nun bis zum Äbleben
seines Vaters im Jahre 1514 verbleibt. Der aus
einer Priesterehe Entsprossene erwirbt jetzt erst
das Bürgerrecht und darum so spät erst die
Meisterschaft und das Meisterzeichen, mit dem
er die in seinen letzten Jahren entstandenen
Helldunkelschnitte signierte.
Das ist in kurzen Zügen das Lebensbild
Wechtlins, das Röttinger gibt. Es war ein
schwieriges Unterfangen, auf der schmalen Basis
gesicherter Werke das stattliche Gebäude eines
so umfangreichen Lebenswerkes aufzurichten.
So bildet den eigentlichen Kern der Ärbeit die
Zuweisung von Holzschnitten und Zeichnungen,
Gemälden und Kupferstichen, die auf Grunci
einzelner Übereinstimmungen mit den gesicherten
und den im Verlaufe der Untersuchung selbst
diesen angereihten Werken als Wechtlins Eigen-
tum zu erweisen versucht wird. Es muß von
vornherein gesagt werden, daß Röttingers Be-
weisführung durchaus nicht in allen Punkten
überzeugend ist. Äber bei der besonderen
Schwierigkeit der Hufgabe mag dies nicht ver-
wunderlich sein, und eine Kritik, die dem Gange
der Untersuchung folgend an zahlreichen Stellen
die gewonnenen Resultate wieder in Frage zu
stellen gezwungen ist, will damit weder den
Wert der Ärbeit, die Röttinger selbst als einen
ersten Versuch, in die schwierige Materie ein-
zudringen, bezeichnet, beurteilen, noch eigene
Resultate an die Stelle setzen, sondern nur eine
Reihe Bedenken gegen ein allzu rasches Vor-
gehen in Zuschreibungen auf Grund einzelner
Übereinstimmungen zur Sprache bringen.
Röttinger beginnt mit der Zuweisung einiger
Zeichnungen. Huf Grund von Übereinstimmungen
mit den Passionsschnitten wird ein Bogenschütze
bei Lanna, der Budapester Lanzenreiter mit dem
Dürermonogramm und das Helldunkelblatt mit
den drei Reitern und den drei Toden in der
Älbertina tür Wechtlin in Hnspruch genommen.
Sipon hierher gehört ein Fragezeichen. Denn
Röttingers Argumente bleiben zu sehr am ein-
zelnen haften, um unbedingt überzeugend zu
sein. Für das großartige Bewegungsmotiv des
Lannaschen Bogenschützen bieten die oft noch
sehr befangenen Figuren der Straßburger Holz-
schnitte keine Analogie. Wird man trotzdem
unter der Voraussetzung eines genügenden zeit-
lichen Abstandes (keinesfalls aber kann der Bogen-
schütze vier Jahre vor der Passion entstanden
sein, wie Röttinger will) die Möglichkeit der
gemeinsamen Urheberschaft zugeben können, so
muß dagegen die nächste Zuweisung starke
Bedenken herausfordern. Denn die Gründe, die
dafür sprechen, daß Wechtlin der Urheber des
in verschiedenen Sammlungen verstreuten Zyklus
von Zeichnungen aus dem Leben des hl. Bene-
dikt gewesen, sind keine starken. In der Zu-
weisung dieser Zeichnungen ist aber der eigent-
liche Angelpunkt der Röttingerschen Untersuchung
zu erblicken. Denn ihnen werden nun die von
Weisbach, Dörnhöffer u. a. für den Meister des
Zyklus in Anspruch genommenen Werke an-
gereiht. Es sind das die Illustrationen zu den
Revelationes Brigittae von 1500, der Titelholz-
schnift zum hl. Lukas von Narni (1501), eine
Reihe von vier Holzschnitten zur Passion (Wien,
Berlin), die Karthäusermadonna (P. 180), die
Dresdener Bilder der sieben Schmerzen Mariä,
562
Monatshefte für Kunstwissenschaft
die Predella des Sebastiansaltars in Schwäbisch
Gmünd und die Holzschuher - Beweinung in
Nürnberg. Es fällt schwer, hier zu folgen. Trotz
der schon von Rieffel bemerkten kompositionellen
Übereinstimmungen des Beschneidungsbildes in
Dresden mit dem entsprechenden Holzschnitt
Wechtlins lassen sich gegen die Zuschreibung
der Dresdener Bilderfolge an diesen mancherlei
Bedenken geltend machen, und noch weniger
sind in der Ältarstaffel aus Schwäbisch Gmünd
irgend sichere Beziehungen zu Wechtlin zu ent-
decken. Äber wie die Zugehörigkeit zum Werke
Wechtlins, so erscheint auch die Zusammen-
gehörigkeit der ganzen Gruppe, in der zum
mindestens die Karthäusermadonna fremd ist,
noch keineswegs sichergestellt. Ändererseits
läßt sich gerade das Hauptwerk der Gruppe,
das Brigittenbuch, das mit der Benediktlegende
am engsten zusammenzugehören scheint, am
schwersten mit dem Stile Wechtlins vereinigen.
— Röttinger fährt fort mit der Zuschreibung
weiterer Zeichnungen, im wesentlichen Reiter-
und Todesdarstellungen, die bisher als Dürer
und Baidung gehen, es folgt das Äbendmahl
bei Rodrigues, das sicher kein Dürer ist, die
bekannte Zeichnung in Rennes (Dürer-Soc.IX,17),
die ohne Frage zur Gruppe der Brigittenschnitte
gehört, und einige weitere.
Ein neues Gebiet wird mit der großen Holz-
schnittkreuzigung des Berliner Kabinets betreten,
die gewiß nicht von Dürer selbst herrührt, deren
Ängliederung an die gesicherten Werke Wecht-
lins aber ebensowenig als gelungen angesehen
werden kann. Eher kann die Zugehörigkeit
des großen Sebastianschnittes (P. 182), der als
Nachschnitt nach einem verlorenen Düreroriginal
nicht hinreichend erklärt ist, zu einer Reihe der
von Röttinger für Wechtlin in Anspruch ge-
nommenen Arbeiten anerkannt werden.
Die roh geschnittenen Illustrationen zur Ros-
witha (1501) sind stilistisch schwer zu beurteilen.
Dagegen ist wieder die Zuschreibung der zwei
Titelschnitte des Buches, die namentlich seit der
Giehlowschen Entdeckung des Entwurfes für
den einen auf der Rückseite einer Dürerzeich-
nung allgemein für Dürer genommen zu werden
pflegen, nicht überzeugend. Sicher scheint die
Zusammengehörigkeit dieser mit den Holz-
schnitten der Quatuor libri amorum des Celtis
(1502). Die sogenannte Philosophie trägt das
Dürermonogramm. Wie weit dieses auf einem
Holzschnitt verbindlich ist für die Urheberschaft
des Meisters, wie weit auch Werkstattarbeiten,
an denen Dürer nur im Entwurf beteiligt ge-
wesen sein mochte, mit seinem Zeichen hinaus-
gingen, ist eine Frage für sich. Aber eine
bündige Entscheidung in unserem Sinne wird
in allen derartigen Fällen doppelt schwer. Das
Moment der Persönlichkeit, das wir gewiß viel
zu sehr in die Beurteilung der Erzeugnisse
vergangener Zeiten hineinzutragen gewöhnt
sind, spielt hier nicht eine so entscheidende
Rolle. Endgültige Gewißheit auf Grund stil-
kritischer Erwägungen, die immer die Persön-
lichkeit eines Künstlers als ganze mit ihrem
bewußten und unbewußten Wollen zur Voraus-
setzung haben, wird darum kaum zu erzielen
sein. Nur mit dieser Einschränkung möchte ich
hier die Bemerkung einfügen, daß sowohl
zwischen den zwei Titelschnitten der Roswitha
wie zwischen ihnen und den nachfolgenden
Illustrationen so weitgehende Stildifferenzen
bestehen, daß eine völlig gleichartige Ent-
stehungsweise ausgeschlossen erscheint.
Nach einigen weiteren Buchillustrationen und
der Reihe der Probedrucke zu einem Hortulus
animae im Berliner Kabinet, deren Beziehung zur
Gruppe des Brigittenbuches einleuchtend ist,
dem Schnitt des Ursulaschiffes (Albertina), dem
Scheurl- Tücher -Exlibris (P. 214), dem ganz
fremden Kruzifixus (P. 228) und dem großen
Gekreuzigten mit drei Engeln (B. 58), dem
Flugblatt mit der Eule (P. 199) und dem großen
Christoph (B. 105) werden noch drei Kupfer-
stiche aus dem Dürerwerk eingereiht, die Be-
kehrung Pauli in Dresden (P. 110), der große
Postreiter (B. 81) und der gewalttätige Alte
(B. 92), den Röttinger als „Tod und Frau“ neu
benennt. Daß alle drei aus dem Dürerwerk zu
streichen sind, ist ohne weiteres zuzugeben,
aber die Autorschaft Wechtlins ist noch nicht
überzeugend genug erwiesen. Zu wenig sicher
begründet ist sodann die Zuweisung einer Reihe
weiterer Gemälde, namentlich der vier Tafeln
in Köln (W.-R. Mus. 391—394). Daß derselbe
Künstler, der den klassisch großartigen Christoph
des Holzschnitts gezeichnet hat, ein paar Jahre
darauf zu der spätgotischen Zierlichkeit des
Christoph in dem Kölner Gemälde zurückgekehrt
sein solle, will ganz und gar nicht einleuchten.
Läßt sich so aus den z. T. noch heterogenen
Elementen eine Bestimmung des Stiles Wechtlins
schwer ableiten, so wird das Bild des Künstlers
nochmals kompliziert, indem Röttinger zurück-
greifend nun auch die ganze Gruppe der Basler
Buchillustration, die mit den Terenzzeichnungen
zusammengehört, Narrenschiff und Ritter vom
Thurn mitsamt den Dürerzeichnungen L. 3 und
209 seinem Wechtlin zuweist, und ebenso noch
weiter zurück die Gruppe der von Weisbach in
seinem „jungen Dürer“ zusammengestellten Nürn-
berger Buchillustrationen zwischen 1488 und 1491
und die zeitlich vorangehenden Illustrationen in
Ulmer Büchern der 80 er Jahre. Erschien in den
Literatur
563
früheren Partien manche Zuweisung nicht hin-
reichend stark begründet, so geht in dieser
Konstruktion seines jungen Wechtlin Röttinger
ganz entschieden zu weit. Die Beziehungen der
drei Illustrationsgruppen zueinander sind wohl-
bekannt und nicht in Äbrede zu stellen. Äber
es ist nicht möglich, einen Urheber für alle
drei anzunehmen. Trotz mancher stilistischer
Übereinstimmungen läßt es sich nicht hin-
reichend wahrscheinlich machen, daß der Meister
des Ulmer Terenz die Schnitte des Koberger-
schen Passionale entworfen habe, wie auch
Kristeller annimmt, und ebensowenig ist der
bedeutende Meister der Nürnberger Illustrationen
mit dem liebenswürdigen Künstler zu verwech-
seln, der die in leichtem Plauderton erzählenden
Bildchen zum Basler Terenz gezeichnet hat.
Dürer heißt dieser nicht. Ebensowenig wie ein
Änteil Dürers an der Nürnberger Illustrationen-
gruppe zu erweisen ist, wie Weisbach dies
wollte. Äber auch Wechtlin kann es nicht sein*
nach allem, was wir von diesem sicher wissen.
IDie Übereinstimmungen, die Röttinger zwischen
der Reihe seiner ersten Zuschreibungen und den
Basler Blättern namhaft macht, überzeugen nicht,
und die nochmalige Konfrontierung dieser mit
I dem gesamten übrigen Material zeigt uns, daß
auch hier noch nicht alle Gruppen sicher zu
€inem Ganzen verwoben sind.
I So wird die Konstruktion des Röttingerschen
r Wechtlin in dieser ersten Form, die der Verf.
! selbst als eine vorläufige gibt, gewiß nicht von
I Bestand sein. Äber es ist zu begrüßen, daß
eine Reihe schwebender Fragen durch die Schrift
neu in Fluß gebracht ist. Daß auf die Zu-
schreibungen an Dürer, die noch immer nicht
ihr Ende erreicht haben, energische Äbstreichungen
zu folgen haben, ist ein gewiß richtiger Gedanke,
der Röttinger geleitet hat, denn nicht jedes
Blatt, das Dürers Monogramm trägt oder nur
oberflächliche Beziehungen zu dessen gesicherten
Werken aufweist, muß auch dem Meister selbst,
dessen Ruhm und Einfluß so weit reichten, an-
[j gehören. Bei allen Zuweisungen auf Grund
i stilkritischer Erwägungen ist aber auch daran
;i zu denken, daß in jeder Kunstepoche mehr
I Künstler tätig waren als die wenigen, deren
Namen uns geläufig geblieben sind. In der
Zahl seiner Zuweisungen an Wechtlin hat Röt-
! tinger diesen Grundsatz oft außer Äugen ge-
lassen. So ist das positive Ergebnis seiner
Untersuchungen in vielen Punkten anfechtbar,
und sein Wechtlin wird es sich wohl gefallen
lassen müssen, wieder in eine Reihe von
Künstlerpersönlichkeiten aufgelöst zu werden.
Änders das negative Ergebnis; die Reinigung
des Dürerwerkes, die durch die vorläufige Äuf-
stellung eines Werkstattgenossen gelang, wird
sicher in sehr vielen Punkten zu Recht bestehen
bleiben. Gurt Glaser,
s
Sdimid, H. Ä., Die Gemälde und Zeich-
nungen von Matthias Grünewald. Straß-
burg 1907. Verlag von W. Heinrich. Preis M. 60. — .
Es ist oft darüber geklagt worden, daß die
Werke der altdeutschen Malerei nicht in dem
Maße bekannt und wertgeschätzt sind, als sie
es wohl verdienen. Der Grund dafür liegt nicht
nur darin, daß sehr viele der bedeutendsten
Werke sich in schwer erreichbaren Dorfkirchen
oder kleineren Sammlungen befinden sondern
auch besonders in dem damit eng verbundenen
Mangel an genügendem Reproduktionsmaterial.
Der Kunstfreund kann sich oft von den Werken
der bedeutendsten alten Künstler keine Äb-
bildungen verschaffen und es existieren noch
heute nicht wenige Meisterwerke, die nur einem
ganz kleinen Teil von Spezialforschern bekannt,
der Ällgemeinheit aber nahezu vollkommen ver-
borgen geblieben sind. So stand es bis jetzt
auch noch mit den meisten Werken Matthias
Grünewalds, dessen künstlerisches Erbe, Jahr-
hunderte hindurch der Zerstörung preisgegeben,
auch in unserer Zeit noch das Schicksal erlitten hat,
der verwirrenden Urteilslosigkeit Unberufener
ausgeliefert zu sein. Vor kurzem hat nun ein Be-
rufener, der bekannte Grünewaldforscher Pro-
fessor H. Ä. Schmid eine große, geschmackvoll
ausgestattete Mappe herausgegeben, die die
Werke des großen Künstlers, in außerordentlich
gut gelungenen Reproduktionen gesammelt ent-
hält. Sie besteht aus 62 Lichtdrucktafeln in Groß-
folioformat, von denen eine große Änzahl auf
Detail-Reproduktionen fällt, und gestattet dem
Beschauer einen guten Einblick in die Kunst des
Meisters.
Die Mappe bringt zuerst in chronologischer
Änordnung sämtliche unzweifelhaft echten Werke
Grünewalds mit einziger Äusnahme des erst nadi
ihrem Erscheinen entdeckten Bildes in Stuppach
(vgl. Heft 5), das aber dem in Kürze nachfolgenden
Textband, beigegeben werden soll. Die chrono-
logische Änordnung, die Professor Schmid gibt,
ist durchaus überzeugend. Än den Änfang der
Tätigkeit Grünewalds stellt er, ohne sich durdi
die haltlosen Hypothesen Bocks über die Jugend
Grünewalds beirren zu lassen, als erstes sicheres
Werk die kleine Kreuzigung in Basel, die man
mit Unrecht bisweilen für das Werk eines Nach-
ahmers ausgeben hört, obwohl doch allein schon
die Form der Rüstung des Kriegers auf eine
Zeit weist, in der von Nachahmern oder Schülern
564
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Grünewalds noch kaum die Rede sein kann, in
die Zeit nämlich um oder vielleicht noch vor
1500. Es folgen die beiden einzigartig reich und
warm wirkenden Grisaillen in Frankfurt a. M. mit
des Meisters Monogramm, und darauf als Glanz-
punkt der Publikation der große nun auseinander
genommene und zum Teil verstümmelte Isen-
heimer Ältar im Museum zu Colmar. Man be-
grüßt es dankbar, daß der Herausgeber außer
den trefflichen Reproduktionen der einzelnen
Teile auch noch interessante Rekonstruktionen
des ganzen Ältares gibt, die die ungeheure Wir-
kung, die das Ganze geübt haben muß, wenigstens
ahnen läßt. Das nächste Blatt zeigt das Bild im
Freiburger Museum, das Bayersdorfer vor
noch nicht allzu langer Zeit in Privatbesitz ent-
deckt hat und von dem man seines Gegenstandes
wegen von Anfang an vermutete, daß es ur-
sprünglich ein Bestandteil des für Grünewald ge-
sicherten Altars der Maria Schnee-Kapelle in
der Stiftskirche zu Aschaffenburg gebildet habe.
Diese Vermutung ist inzwischen durch
Aktenfunde vollkommen bestätigt wor-
den, und ich bin in der Lage, auch in das Dunkel
der weiteren Schicksale des Bildes etwas Licht,
freilich ein für München schmerzliches, zu bringen.
Aus den Ankaufsakten der alten Pinakothek geht
hervor, daß das Bild im Jahre 1829 mit mehreren
anderen noch heute im Staatsbesitz befindlichen
Gemälden aus der Stiftskirche in Aschaffenburg
erworben wurde, und somit heute eine Zierde
unserer Pinakothek bilden könnte. Als aber
i. J. 1852 für die Vervollständigung der Schleiß-
heimer Ahnengalerie durch, historisch wie künst-
lerisch gleich wertlose Phantasiebildnisse Zimmer-
manns Mittel benötigt wurden, kam man auf
den unglücklichen Gedanken eine Reihe von
circa 2000 angeblich minderwertigen Gemälden
aus dem großen Bestand der Sammlungen aus-
zumustern und öffentlich um Bagatellpreise zu
versteigern. Unter diesen befand sich das Frei-
burger Bild und es erzielte damals nicht mehr
als 15 Gulden 36 Kreuzer, einen Preis, der heute
mehr als vertausendfacht werden würde. Der
Käufer war ein Herr Seitz, von dem es dann wohl
in denBesitz derFamilieThiry überging; einFräu-
lein Thiry vermachte es bekanntlich dem Freiburger
Museum. — Wenn noch eine kurze Abschweifung
gestattet ist, so möchte ich hier noch auf ein Bild
hinweisen, das sich heute im Schleißheimer
Depot befindet und wirklich, künstlerisch be-
trachtet, auch wertlos genug ist, um es einer
öffentlichen Sammlung zu entziehen. Interessant
aber wird cs durch den Umstand, daß es einst,
wie die Akten ergaben, das Gegenstück zu
dem Freiburger Flügelbild des Aschaffen-
burger Altars gebildet hat. Es ist auf Lein-
wand gemalt und wird wohl aus dem 17. Jahr-
hundert stammen. Das Bild, dessen Maße mit denen
des Freiburger Bildes übercinstimmen, muß also |
als Ersatz für den zweiten Flügel des angeblich bei
einem Brande beschädigten Altars von Grünewald 1
gemalt worden sein und vielleicht darf man ver-
muten, daß seiner Komposition jene der Vorder-
seite des Grüncwald’schen Originals zugrunde ge-
legen hat, mindestens aber, daß beide dieselbe
Darstellung zeigten. Diese ist folgende: In einer
Landschaft thront Maria mit dem in einen
Schleier gehüllten Kind auf dem Schoß; hinter
ihr steht mit einer großgeschwungenen Fahne !
der hl. Georg, links und rechts vorn knien an-
betend die Heiligen Bernhard und Lambertus. |
Vorn rechts ein Hund mit einer Fackel im Maul.
Georg reichtMaria eine ArtTäfelchen an Schnüren
von hinten herüber, dessen Bedeutung nicht klar
ist. Oben, in Wolken, der Erzengel Michael, links
und rechts im Himmel zwei Lichtöffnungen mit
himmlischen Erscheinungen. In der weiten ber-
gigen Landschaft tröstet links ein Engel die Seelen
im Fegefeuer. Die Komposition ist ziemlich streng
in die Form einer Pyramide gebracht. DicMalwcise
im einzelnen ist durchaus die der späten Zeit, j
ebenso die Typen und Gesten, so daß an eine i
direkte Kopie nicht gedacht werden kann. Es |
scheint mir aber, daß in manchen Sachen Reminis-
zenzen, wenn auch nur schwächster Art, an Grüne-
wald gefunden werden können; für die Rekon-
struktion des Altares jedenfalls darf das Bild nicht
mehr übersehen werden.
Auf das besonders koloristisch überaus hoch ij
stehende Freiburger Bild folgen in der Publi-
kation die bekannten Gemälde in Karlsruhe, !
Aschaffenburg und München und auf diese eine
Reihe von Gemälden verschiedener Qualität und
Gattung, die von manchen Forschern mit Grüne-
wald in Zusammenhang gebracht worden sind,
deren Echtheit jedoch Schmid mit Recht leugnet. j
Den Schluß bilden die wenigen Zeichnungen
Grünewalds. Das schöne Werk wäre vielleicht
qualitativ gleichmäßiger und schöner geworden,
wenn der Herausgeber dem Freunde Grünewalds •
nach dem Genuß der guten Bilder die Ab-
schwächung erspart hätte, die die übrigens auch !
in der Reproduktion weniger gelungenen Unechten
für den Gesamteindruck bedeuten. Indessen wäre
es unrecht, den Wert des Werkes deshalb zu
schmälern. Das große Verdienst des Heraus-
gebers wie des Verlegers bleibt in der überaus
erfreulichen Tatsache bestehen, daß die Werke
eines unserer größten Künstler nun endlidi ein- I
mal dem kunstliebenden Publikum für einen
außerordentlich mäßigen Preis in hervorragend
guten Abbildungen dargeboten werden und dies
bedeutet nicht nur an sich eine schöne Tat,
Literatur
565
sondern vor allem auch einen schönen Änfang,
dem ein zu Weiterem ermutigender Erfolg zu
wünschen ist. Heinz Braune
S
Theobald Hofmann. Raffael in seiner
Bedeutung als Ärchitekt. I. Villa Madama
zu Rom. 2. Äufl. Leipzig. Gilbcrs’sche Verlags-
buchhandlung. — 1908.
Vor einigen Jahren habe ich in diesen Blättern
ein Werk desselben Verfassers besprochen, das
unter dem Titel „Bauten des Herzogs Federigo
di Montefeltro als Erstwerke der Hochrenais-
sance“ 1904 erschien. Dieses sollte als Ein-
führung für Hofmanns Raffaelwerk dienen und
die Quellen der Ärchitektur- Auffassung der
großen Italiener klar erkennen lassen. —
Merkwürdigerweise war die erste Auflage
des heute neu vorliegenden Buches schon vor-
her erschienen, das seinerseits der Beginn einer
Reihe von ähnlichen Arbeiten sein soll, die
Raffaels gesamtes baukünstlerisches Werk ein-
gehend behandeln wollen. — Offenbar hatte der
Verfasser die Notwendigkeit gefühlt, seinem
großartigen Plane, von dem zu hoffen ist, daß
er auch ganz zur Ausführung gelangt, in jenem
anderen Werke das unentbehrliche Fundament
zu geben. Gewiß mit Recht. Denn an sich ent-
springt die Kunst auch des Größten nie ohne
Vorläufer, wie Minerva aus Zeus Haupte; an-
derseits ist jene eigentümliche Architekturauf-
fassung, die Raffael zu ihrer Höhe erhob, die
durch Giuliano Romano im Palazzo del Te ihren
ri|hmvollen Abschluß fand, in der Kunst Luciano
da Lauranas völlig vorgebildet. Meiner Ansicht
nach gehört nur noch Peruzzi zu dieser eigen-
tümlichen und bedeutungsvollen Gruppe, Bra-
mante, so nahe er in örtlicher und persönlicher
Beziehung Laurana gekommen sein mag, in
nur wenigen Werken, der Hauptsache und seinem
künstlerischen Wesen nach dagegen nicht.
Th. Hofmann, der diese Arbeit als Staats-Semper-
preisstudie unternahm , hat sich dann in der
Villa Madama gleich das eigentlich wichtigste
oder wenigstens reizvollste und schönste Objekt
der Reihe herausgesucht und es in der von mir
früher geschilderten eigentümlichen Manier be-
arbeitet und dargestellt.
Ein ganz lakonischer Text, in dem in kurzen
Kapiteln die Geschichte der Villa, ihre Bau-
geschichte, eine präzise Behandlung des Bau-
werks außen und innen, seiner Dekorationen
und seiner Baumaterialien, die noch erhaltenen
Bauzeichnungen und die unter Raffael am Bau
beschäftigten Künstler ihre Erledigung finden,
(an der noch Dr. L. Bloch und Prof. Dr. Breitfeld
mitgearbeitet haben), — gibt die eben not-
wendigen Unterlagen zum Verständnis des eigent-
lichen Materials.
Dieses selber aber besteht in einer photo-
graphischen und zeichnerischen Darstellung und
der Nachbildung der erhaltenen Originalzeich-
nungen des Bauwerks auf 50 Tafeln; einer bild-
lichen Darstellung so eingehend und in jeden
Winkel hineinleuchtend, daß es dem Beschauer
möglich ist, si(;h von jenem den allergenauesten
Begriff bis ins Einzelnste zu machen und sich
sozusagen durch Autopsie selber zu bilden.
— Gewiss ein vortreffliches und nachahmens-
wertes Verfahren, das das Objekt geradezu er-
schöpft. Es sind etwa 150 verschiedene Ab-
bildungen, die sich auf jene 50 Tafeln verteilen;
für das eine Gebäude sicherlich ausreichend,
und also mehr Anschauung bietend, als etwa
selbst mehrtägiger Aufenthalt am Orte zu geben
vermöchte, für den aber, der die Villa kennt,
eine Auffrischung des Eindrucks nicht nur, son-
dern eine Darbietung, wie wenn er selber
darin wandelte und studierte.
Und dazu außer genauesten und meister-
haften architektonischen Zeichnungen von Plan,
Aufriß und Detail auch noch so ziemlich alle be-
kannten sonst vorhandenenbildlichenMaterialien,
die sich auf die Villa Madama beziehen.
Wäre auch nichts weiter gegeben, als dies,
so wäre es schon ein gewaltiges Verdienst
das vielleicht dem Untergange verfallene un-
vergleichliche Werk in so genauer Darstellung
der Nachwelt gerettet zu haben. Unterliegt
es ja doch keinem Zweifel, daß es, wenn ihm
unter des frühverstorbenen Meisters Leitung
die Vollendung beschieden gewesen wäre, ja
wenn nicht der furchtbare sacco di Roma 1527
auch dem eben kaum halbfertigen Werke teil-
weise den Untergang gebracht hätte, uns den
Höhepunkt der italienischen Hochrenaissance im
Villenbau dargestellt haben würde.
Selbt in seinen Trümmern ist das noch fast
so; für mich ist die wunderbare Halle mit ihren
Nischen in ihrer ganz unvergleichlichen Aus-
stattung in Architektur, Stukkatur und Malerei
heute noch eine der höchsten Schätze meiner
künstlerischen Erinnerung, wie ja das Ganze bis
in die Gartenanlagen hinein im Untergange
noch ein Werk herrlichster Kunst aber auch
wunderbarster Poesie bleibt. —
Den eigentlichen inneren Zusammenhang in
Gedanken und Formen mit den früheren Werken
Raffaels wie jenen Lauranas und anderer Vor-
gänger bleibt uns freilich der Verfasser für jetzt
schuldig — oder auch er überläßt es dem, der
sein Werk gründlich studiert, diesen Zusammen-
hang selber zu finden, was in der Tat nicht
allzu schwer ist. Voraussichtlich müßten denn
37
566
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
auch die mit Freude noch zu erwartenden an-
deren Bände hier die Lücke ausfüllen, schon
deshalb, weil die Villa Madama eigentlich der
letzte große Bau Raffaels überhaupt ist. So
hätten wir mit jenem anderen Werke zusammen
jetzt erst Änfang und Ende vor uns.
Immerhin gibt uns Hofmann wenigstens
darin einen Fingerzeig auf das Ziel seiner Auf-
fassung, als er meint, Raffaels architektonische
Entwicklung habe offenbar mehr und mehr auf
^ine Annäherung an die römische Antike hin-
gedrängt und würde ihn bei längerem Leben
wohl zu einer Auffassung haben gelangen lassen,
die sich der späteren Sanmichelis undPalladios
genähert haben würde. Jedenfalls habe er sich
von der Richtung Michelangelos und der fol-
genden barocken immer weiter entfernt, obwohl
auch er mehr und mehr ins Große gegangen sei.
Das letztere können wir ja ohne weiteres
zugeben. Und was die raffaelische Innen-
dekoration anlangt, so fußt diese so aus-
schließlich und stark auf den Stukkaturen und
Urotesken der Antike, daß wir auch hier kaum
widersprechen wollen. Vielmehr ist Raffael
mit seiner Schule der eigentliche Träger dieser
Richtung, die nachher ganz bedeutungslos wird,
wenn sie auch noch fast zwei Menschenalter
weiter lebt.
Seine Architektur aber ist doch, wie gerade
die Villa Madama deutlich zeigt, eine so ge-
waltig persönliche, so sehr der Ausdruck inneren
Wollens und innen geschauter und erlebter
eigenster künstlerischer Bilder, daß das Vor-
handensein einer geistigen Verwandtschaft mit
der immer regelrichtiger und kühler werdenden
Richtung jener beiden, die nur in ihrer Jugend-
zeit sich zu ganz frei gefühlten Werken auf-
schwangen, mehr und mehr aber ihrem Wirken
selbstgeschmiedete wissenschaftliche Fesseln an-
legten, doch bestritten werden muß.
Raffael war, wie schon der gleichgestimmte
Peruzzi, nicht bloßer Architekt wie jene, son-
dern Universalkünstler, vor allem Maler, und
ich finde, daß gerade die Richtung, die mitLau-
rana beginnt, in ihrer Art eine so frei künst-
lerische und vor allem gefühlte ist, daß sie mit
jener wissenschaftlichen Systematisierung der
Baukunst nichts gemein haben kann, deren letzte
Blüte der ja oft sehr schöne aber eiskalte palla-
dianisch-klassische Zopf ist. Albrecht Haupt.
8
Th. Kirchberger, Anfänge der Kunst
und der Schrift. (Führer zur Kunst, hrsg. von
Dr. Herrn. Popp, Bd. X.) Eßlingen, Paul Neff, 1907.
Man muß dem Gelehrten dankbar sein, der
nicht ohne Glück versucht, das gewaltige Thema
auf dem engen Raume von 49 Seiten und un-
terstützt durch eine Tafel und 19 Textbilder in
einer für jeden interessierten und gebildeten
Leser genießbaren Form darzubieten. Vieles
kann nur gestreift, manches überhaupt nicht
erwähnt werden. Aber die Kritik sollte ange-
sichts des guten Zweckes, den das Büchlein
tatsächlich erfüllt, und angesichts dessen, was
um billigsten Preis geboten wird, möglichst
schweigen.
Der Leser erfährt vom ersten Körperschmucke
des Menschen, der Bemalung, die dem beweg-
lichen Schmucke und der Kleidung vorausging,
von den Familienabzeichen — Totem — , die
von der Haut allmählich auf Gegenstände über-
gehen, von der Entwicklung der Schrift aus
dem Bilde, dem Weg vom Piktogramm über
das Ideogramm zum Phonogramm. Über die
Entstehung des Alphabetes wird das Wissens-
werteste gesagt und der Beweis erbracht, daß
alle Buchstaben Bildrudimente sind. Die An-
fänge der bildenden Kunst werden an den süd-
französischen Höhlenfunden, der ägyptischen und
mykenischen Kunst in knappster Form bespro-
chen, und so der Weg beleuchtet, den die Kunst-
entwicklung von der Fetischkunst bis zur indi-
viduell belebten Kunst der Hellenen genommen
hat. — Ein paar Worte wenigstens über die
altbabylonische Bilderschrift und Keilschrift sowie
über die früheste Kunst Mesopotamiens möch-
ten wir bei der Wichtigkeit dieser Faktoren
für Schrift und Kunst des Westens noch nach-
getragen wissen.
8
Histoire de l’Ärt depuis les premiers
temps Chretiens jusqu’ä nosjours. ouvrage
publie SOUS la direction de M. AndreMichel,
conservateur aux musees nationaux, professeur
ä l’Ecole du Louvre. Librairie Armand Colin,
Paris: Tome II. Formation, expansion et evolution
de I’art gothique. seconde partie, gr. 8®, 491 S.
Zahlreiche 111.
Seit einigen Jahren erscheint unter der Lei-
von Andre Michel diese großartig angelegte
Kunstgeschichte von der frühchristlichen Zeit bis
auf unsere Tage, an der die bekanntesten fran-
zösischen Kunsthistoriker mitarbeiten. Es genügt
Henri Bouchot, Paul Durrieu, Camille Enlart,
Raymond Koechlin, Emile Male, Andre Perate,
J. J. Guiffrey und Emile Berteaux zu nennen.
Auch Arthur Haseloff vom Deutschen Institut in
Rom finden wir unter den Mitarbeitern. Das
groß angelegte Werk ist auf im ganzen vier-
zehn Halbbände berechnet, von denen uns der
Literatur
567
vierte, soeben erschienene vorliegt. Die Ver-
teilung der einzelnen Kapitel an die competen-
testen Fachleute bedeutet einen außerordent-
lichen Fortschritt gegen die bisherigen Versudie
einer Gesamtdarstellung der Kunstgeschichte.
Der vorliegende vierte Halbband bringt zu-
nächst eine Darstellung der gotischen Ärchitektur
des XIV. Jahrhunderts von Camille Enlart,
die Skulptur des XIV. Jahrhunderts in Italien
und Spanien wurde von Emile Berteaux
verfaßt, der sich durch seine große These
über die süditalienische Ärchitektur einen Namen
gemacht hat. Äus der Feder von Ändre Michel
ist das Kapitel über Deutsche Sculptur des Mit-
telalters und über die Frankreichs und der Nie-
derlande im XIV. Jahrh., die englische Sculptur
wurde von Camille En lart behandelt. Ändre
Perate gibt eine gründliche Schilderung der ita-
lienischen Malerei des XIV. Jahrhunderts, be-
schlossen wird der Band durch ein Kapitel J. J.
Marquet de Vasselots über Goldschmiede-
und Emaillierkunst des XIII. und XIV. Jahr-
hunderts. Der Text ist durchweg klar und gut
geschrieben und vereinigt wissenschaftliche
Gründlichkeit mit der für eine solche für Gesamt-
darstellung notwendigen Gedrängtheit. Äus-
stattung und Äbbildungen sind gut. So wird
sich dieses Werk schnell als Standard-work
überall einführen. R. Ä. M.
s
Margaret H. Bulleg. St. George for
Merrie England (London: George Ällen&Sons;
8». 40 SS. und 56 Tafeln: 5s.)
Das ebenso anspruchslose wie ausgezeich-
nete kleine Buch, erläutert in fließender, für den
Laien berechnete Darstellung die Georgslegende
wie sie sich in der „Goldenen Legende“, und
in den griechischen und koptischen „Äkta“ vor-
findet. Darauf wird das wenige erzählt was
wir über den historischen Hl. Georg wissen,
und er wird von dem ,falschen‘ Hl. Georg, dem
Ärianer und Erzbischof, der etwa um 60 Jahre
jüngeren Datums ist, unterschieden. Sodann
nimmt die Verfasserin die hauptsächlichen Schrift-
steller die seit Calvin über unseren Heiligen
schrieben durch, und zeigt wie sich sein Bild
verändert. Die größere Hälfte der kenntnisreichen
und guten Einleitung ist der Entwicklung des
Georgskultus in England gewidmet. Richard I.
hat die Vorliebe für diesen Heiligen im
12. Jahrhundert aus Palästina mitgebracht; es
dauerte aber noch bis etwa zur Belagerung
von Calais (1347) ehe der Hl. Georg den bis-
herigen Nationalheiligen Englands, den St. Ed-
ward, endgültig verdrängte. In der Literatur
spielt er schon seit den „Mysterien“ eine große
Rolle.
Die 56 guten Äbbildungen bieten natürlich
nur einen verschwindend kleinen Teil des er-
reichbaren Materials. Sie sind aber alle inter-
essant, erstrecken sich vom 12. bis zum 19. Jahr-
hundert, und erscheinen nur mit der Äbsicht
gewählt worden zu sein. Entlegeneres, was sich
sonst nicht überall in Kunstbüchern vorfindet,
zusammenzutragen, auch wenn hierüber einige
der berühmtesten Hl. Georgsdarstellungen ver-
nachlässigt werden mußten.
Hans W. Singer
s
Die Hellenische Kultur. Dargestellt von
Fritz Baumgarten, Franz Poland, Richard
Wagner. Zweite starkvermehrte Äuflage. Mit
über 400 Äbbildungen. Verlag von B. G. Teub-
ner, Leipzig und Berlin, 1908. XII u. 530 S.;
geh. 10,—, geb. 12,—.
Eine Geschichte der griechischen Kultur in
ihrer Gesamtheit zu schreiben, ist das Ideal
schon so manches Philologen gewesen. Ge-
lungen ist es bis jetzt noch keinem. Nur ge-
waltige Bruchstücke dazu besitzen wir, wie
Boeckhs „Staatshaushalt der Äthener“, oder
Roh des „Psyche“, im gewissen Sinne auch
H. Useners religionsgeschichtliche Schriften.
Und es scheint auch die Kraft eines Mannes zu
überragen, all das Viele, was zur „Kultur“ die-
ses wunderbaren Volkes gehört, zu umfassen
und zu plastischer Darstellung zu bringen. Hier
hilft wirklich der Äusweg, den unsere zur Är-
beitsteilung nur zu geneigte Zeit allzuoft an-
wendet: Nur Mehrere können hoffen, hier ein
Ganzes zu leisten.
Diesen Erwägungen verdankt unser Buch,
das bereits in zweiter, stark vermehrter Äuf-
lage vorliegt, seine Entstehung. Die drei Ver-
fasser haben sich in die Äufgabe in der Weise
geteilt, daß Pol and „Staat, Leben, Götterver-
ehrung“, Baumgarten „die bildende Kunst“,
Wagner „geistige Entwicklung und Schrifttum“
behandelt. Bei dieser gesonderten Darstellung
lassen sich Wiederholungen naturgemäß nicht
vermeiden, doch treten sie nirgends störend
auf. Viel wichtiger erscheint dagegen die Er-
wägung, ob man bei der Betrachtung der Kultur
eines Volkes eine so scharfe Trennung eintreten
lassen darf. Denn unter Kultur verstehen wir
eben die Gesamtheit all dessen, was ein Volk
denkt, dichtet und leistet; bei einer Teilung, wie
wir sie hier haben, liegt die Gefahr nahe, daß
wir mehr eine liebevolle Schilderung des ein-
568
Monatshefte für Kunstwissenschaft
zelnen, oder eine enzyklopädische Zusammen-
fassung großer Zeiträume, als den Eindruck
einer sich stetig entwickelnden und harmonisch
sich ausbreitenden Kultur erhalten. Und ganz
sind die Verfasser um diese Schwierigkeit nicht
herumgekommen.
Gerade bei den Äbschnitten, die geistige
Entwicklung und Schrifttum behandeln, glauben
wir recht oft, eher eine Literatur- als eine
Kulturgeschichte zu lesen. Die zehn attischen
Redner werden uns fein säuberlich aufgezählt,
ebenso die sämtlichen Schriften des Xenophon;
aber über den Seelenglauben eines Äschglus
odr- egar eines Pindar (seine ^qyipol werden nur
kurz erwähnt) erfahren wir doch recht wenig.
Äuch dürfte meines Erachtens die Person und
die Kunst des Aristophanes gerade in ihrer Be-
deutung für die Kultur mehr gewürdigt werden;
mit einer bloßen Inhaltsangabe seiner Werke
und einigen Bemerkungen über seine „Un-
sauberkeit“ ist es nicht getan. In der schwie-
rigen Frage über die Entstehung der Tragödie
schließt sich derVerf. im allgemeinen den herr-
schenden Ansichten an, vielleicht hätte auch hier
das ursprüngliche, religiöse Moment, das Be-
streben, mit dem Gotte völlig eins zu werden
(durch Tracht und Maske) mehr hervorgehoben
werden können. Diese verhältnismäßig geringe
Beachtung der rein religiösen Grundlagen —
und wie wichtig sie gerade für die Erkenntnis
der Kultur sind, wird uns ja von Tag zu Tag
klarer — zeigt sich auch in den Abschnitten,
die dem staatlichen, häuslichen und religiösen
Leben der Griechen gewidmet sind. Das rein
politische ist trefflich erfaßt; schon in der ein-
gehenden Schilderung der athenischen und spar-
tanischen Verfassung tritt uns der gewaltige
Gegensatz dieser beiden Mächte greifbar ent-
gegen; aber gerade in einer Kulturgeschichte
wäre es wohl am Platze gewesen, auf die in-
nersten Regungen der Volksseele, die sich da-
mals fast nur aus religiösen Motiven erklären
lassen, noch näher einzugehen. So hätte der
doch wohl aus Thrakien eingedrungeneDiongsos-
kult eine tiefer gehende Würdigung verdient.
Bei den Bemerkungen über die Mysterien zu
Eleusis, über Seelenglauben und Seelenkult im
homerischen Zeitalter, endlich über Blutrache
und Mordsühne hätte der Verf. sich ungescheut
noch mehr an die bis heute geltenden Dar-
legungen und Ansichten Rohdes in der „Psyche“
halten dürfen.
Auch die berühmte Geißelung der spartani-
schen Knaben am Altäre der Artemis Orthia
ist ursprünglich wohl nicht reines Erziehungs-
mittel, sondern Ersatz eines alten Menschen-
opfers gewesen. Da das Buch auch den Zwecken
der Schule dienen will, ist ein Faktor der grie-
chischen Kultur, über den wir gerade in letzter
Zeit höchst merkwürdige schriftliche Urkunden
erhalten haben, die Knabenliebe, wohl mit Ab-
sicht fast ganz übergangen. Dagegen hätte, da
recht oft und nicht immer ganz glücklich mo-
derne Verhältnisse zum Vergleich herangezogen
werden, noch deutlicher auf den gewaltigen
Unterschied hingewiesen werden sollen, der
zwischen unseren Millionenstaaten und den
griechischen noUig mit ihrer geringen Ausdeh-
nung und Bevölkerungszahl besteht. Bei einer
Darstellung der griechischen Kultur muß die
Behandlung der bildenden Kunst naturgemäß
einen bedeutenden Platz beanspruchen, dies ist
auch in unserem Werke geschehen und mir
scheinen diese Abschnitte die vorzüglichsten des
Buches. Eine erhebliche Erweiterung gegenüber
der ersten Auflage besteht darin, daß die kre-
tischen Funde, entsprechend ihrer gewaltigen
Bedeutung für das griechische Altertum und
Mittelalter, aus eigener Anschauung klar und
liebevoll geschildert sind; erst aus ihnen lernen
wir Tiryus und Mykene, lernen wir die Kultur
der Ilias völlig verstehen. Aber auch sonst gibt
uns der Verfasser, unterstützt durch reichliches,
vielleicht allzu reichliches Bildermaterial, ein an-
schauliches Bild griechischer Kunstentwicklung
von den einfachen Ornamenten, mit denen die
primitive Kunst eines jeden „Altertums“ be-
ginnt, bis zu den ewigen Werken des Phidias
und Praxiteles.
Der vorliegende Band schließt zeitlich mit
der Schlacht bei Chäronea (338) ab, einem zwei-
ten sind die Kultur des Helleuismus und der
Römerzeit Vorbehalten. Seinen Beifall kann
man dem Werk nicht versagen. Die rasche
Notwendigkeit einer zweiten Auflage allein zeigt
schon , wie sehr es dem Bedürfnis weiterer
Kreise entgegenkam, sich über 'das Volk ge-
nauere Kunde zu verschaffen, dem wir selbst
so ungeheuer viel und mehr noch als wir ahnen,
verdanken. Und auch wer mancherlei an dem
Buch auszusetzen findet, vielleicht im tiefsten
Inneren seine Berechtigung bestreitet, wird durch
seine Lektüre dazu angeregt, sich aufs neue
und immer eingehender mit den grundlegenden
Werken, die den Gegenstand behandeln, zu be-
schäftigen, oder noch besser an die Quellen
selbst heranzugehen, sich aus den Werken der
ewig jungen „Alten“ Belehrung und Freude zu
holen.
Lörrach i./W. Ulrich Bernays.
S
Literatur
569
Paul Mebes, Um 1800, Ärchitektur und
Handwerk im letzten Jahrhundert ihrer traditio^
nellen Entwicklung. F. Bruckmann Ä.-G., München
1908. Bd. I: Straßenbilder, öffentliche Gebäude
und Wohnhäuser, Kirchen und Kapellen, Frei-
treppen, Haustüren, eiserne Gitter, Denkmäler.
Eine solche Publikation bedarf nicht vieler
empfehlender Worte; sie wird sicherli± von
selbst unter den Ärchitekten, Handwerkern und
Freunden der Baukunst außerordentliche Ver-
breitung finden. Ein solches Werk wurde von
der künstlerischen Zeitstimmung — im guten
Sinne — wie kaum ein Zweites gefordert.
Unsere Zeit steht im Begriff, eine neue Baukunst
zu erschaffen, eine wirkliche Baukunst zum
«rstenmal seit 100 Jahren. Die Gewißheit hier-
von verbreitete sich in den allerletzten Jahren,
als die Künstler, nach anfänglichem Umher-
sdiwanken im Traditionslosen, anfingen, auf
das letzte Stadium der bodenständigen deutschen
Baukunst, das bis etwa 1810 oder 20 dauerte,
zurückzugreifen.
Und da wird uns denn ganz wunderbar zu
Mute, wenn wir die vorliegende Veröffent-
lichung durchblättern: es ist, als wären die ver-
flossenen 100 Jahre der historischen Bauweise,
wie sie Schinkel und Klenze einleiteten, nur ein
Traum gewesen, ein Schlaf: so modern, so
lebendig erscheint uns das vor 100 Jahren von
den Urgroßvätern Geschaffene; keine historische
Empfindung, keine Modelaune hat uns ergriffen,
sondern das in jener Zeit wirksame Natur-
gefühl, das wir wieder zu gewinnen im Begriffe
sind!
Die über 200 prachtvollen Abbildungen in
Autotypie bringen Beispiele vorwiegend bürger-
licher Baukunst aus allen deutschen Landschaften,
aus Holland, der Schweiz und Dänemark. Als
wichtigste Gruppen seien herausgegriffen: der
Schieferbau des bergischen Landes, der durch
die Publikation von Fülle, Barmen 1907, allge-
mein bekannt geworden ist; der Backsteinbau
Hollands, Kopenhagens und des Münsterlandes;
der rheinische Putzbau (Aachen, Crefeld, Düssel-
dorf); Rokoko und Zopf der geistlichen Fürsten-
sitze Trier, Bonn, Würzburg; die großartige
Blüte der städtischen Baukunst Sachsens im
18. Jahrhundert: Leipzig und Dresden; die Re-
sidenzen Mannheim und Karlsruhe; Hamburg;
Frankfurt und Weimar zur Zeit Goethes. End-
lich die Berliner Architektur unter Friedrich
Wilhelm II. (1786—97) und in den ersten Jahren
Friedrich Wilhelms III. Hier wirkten bedeutende
Künstler: Langhans d. A., Becherer, Genz und
der geniale Gillg. Damals fing Berlin an, gleich-
zeitig mit der Verschmelzung der vielen neuen
Provinzen zu einer preußischen Monarchie auf
die Baukunst Norddeutschlands den weitesten
Einfluß zu gewinnen. Diese Berliner Architektur
um 1800 mit strengen, klaren Verhältnissen und
größter Schmucklosigkeit, voll monumentaler
Kraft, ergreift unser modernes Gefühl am
stärksten. Um so bemerkenswerter ist es, daß
jetzt wiederum Berlin mit Messel, Br. Paul,
Behrens und Geßner die Führung in der Archi-
tektur übernimmt; jene vier Meister schließen
sich bewußt und gefühlmäßig an die ältere
Kunst an. Wenn wir neben diese herrliche
Publikation noch das Bruckmannsche Opus über
die Jahrhundertausstellung halten: müssen wir
dann nicht das höchste Selbstvertrauen zurück-
gewinnen und sprechen: vor hundert, ja vor
70 Jahren gab es eine Kunst aus deutschem Boden
und aus deutscher Seele ? Warum soll sie nicht
wiederkehren?
In der Ausstattung bedeutet dies Werk noch
einen Fortschritt über das Jahrhundertsaus-
stellungswerk hinaus.
Hermann Schmitz (Berlin).
s
Wilhelm Trübner und sein Werk. 124 Re-
produktionen mit Text von Georg Fuchs.
München und Leipzig bei Georg Müller 1908.
4®, 123 Seiten. Preis 18 M., geb. 23 M.
Ein Buch, an dem man sich freuen darf, weil
den besprochenen Meister und seinen Herold
manche Ähnlichkeitszüge verbinden. Differen-
ziertes Naturburschentum wäre vielleicht die
Formel für beide. Den in breiten quadratischen
Flecken hinsetzenden Vortrag Trübners hat ja
auch Fuchs als Kunstschreiber. Diesmal wird
man ihm fast ohne Umwenden folgen können:
der allzu temperamentvolle Propagandist der
„Deutschen Form“ hat sich hier zu einer schö-
nen, kraftvollen Ruhe hindurchgefunden, die nur
selten einmal durch den schrillen Klang einer
überkühnen Behauptung unterbrochen wird.
Bunt und klar ist gleich das erste Kapitel über
das Heidelberg der Biedermeierzeit, lesenswert
die Hinweise auf Thoma’s Beziehungen zu Cour-
bet, gerecht abgewogen die Vergleiche mit Leibi
und Manet. Nicht ganz kann ich mich mit der
sehr hohen Einschätzung des allerletzten Trüb-
ner einverstanden erklären, der bei aller grund-
soliden und heute so seltenen Formkraft mir
doch gegenüber dem prachtvollen Blühen der
siebziger Jahre etwas vornehm erstarrendes
hat. Die an den Schluß gestellten „Glossen zu
den Hauptwerken“ geben die Farbeneindrücke
oft überraschend glücklich wieder und legen
570
Monatshefte für Kunstwissenschaft
geschickt den räumlichen Äufbau der Werke
dar. Äusgiebig kommt übrigens auch Trübner
selbst mit seiner Selbstbiographie zu Werke,
und auch die Stimmen anderer Kunstbeurteiler
läßt Fuchs über seinen Helden erschallen. Unter
den Äbbildungen sind die Reiterbilder, die
sitzende Dogge und das Porträt Martin Greifs
am besten herausgekommen, manche der Land-
schaften leiden unter der Kleinheit der Wieder-
gaben. Franz Dülberg.
s
Johannes Gaulke: Religion und Kunst,
„Führer zur Kunst“, Bd. 9. Eßlingen 1907.
Die Äufgabe eines „Führers zur Kunst“ sollte
es sein, den Laien und Kunstfreund zur Kunst
hinzuführen, ihn zu befreien von kunstfremden
Änsdiauungs- und Beurteilungsweisen und ver-
traut zu machen mit den eigentlich künstlerisdien
Gesichtspunkten. Das vorliegende Heftchen
scheint mir eher von der Kunst weg, als zu ihr
hinzuleiten. Das ist freilich weniger Schuld des
Verfassers als des Herausgebers, der eine solche
Fragestellung zuließ. Gewiß, über das wechsel-
seitige Verhältnis von Kunst und Religion läßt
sich sehr viel Wissenswertes mitteilen, und
Jacob Burckhardt hat in seinen „Weltgeschicht-
lichen Betrachtungen“ gezeigt, wie von der
hohen Warte einer souveränen Stoffbeherrschung
und philosophischer Zusammenschau der Dinge
das gegenseitige Bedingtsein dieser beiden ge-
waltigen „Potenzen“ dargestellt werden kann.
Gaulkes Betrachtungsweise ist eine im wesent-
lichen einseitige und polemische. Er sieht wohl
die Hemmungen der künstlerischen Entwicklung
durch die Änsprüche der Religion an die Kunst,
will aber von der ungeheuren stilbildenden Kraft
religiöser Momente nichts wissen. Die Reinheit
und Raschheit der rein künstlerischen Entwick-
lung in Italien verdanken wir doch zum großen
Teile der Darbietung eines allgemeinen Motiv-
und Gefühlskreises durch die Religion, in dessen
steter Abwandelung freilich nicht das Denken,
wohl aber das Sehen des Künstlers sich erzog.
Neben dieser fördernden Kraft der Religion
steht freilich ihr hemmender, die künstlerische
Betätigung in bestimmte Ausdrucks- und Dar-
stellungsgrenzen bannender Einfluß. Und hier
ist nun scharf zu scheiden zwischen dem Walten
des kirchlichen (dogmatisch-hieratischen) Ele-
mentes und der Kraft des religiösen (meta-
physischen) Elementes. Beide Begriffe gehen
bei Gaulke leicht durcheinander. Im einzelnen
ist gegen manche schiefe und unrichtige Be-
hauptung zu opponieren. Daß die Kunst „ur-
sprünglich“ nur eine priesterliche Aufgabe hatte,
daß „ihre Daseinsbedingungen an den religiösen
Kultus gebunden“ waren, ist keineswegs sicher.
Wir wissen weder, ob die Kunst aus dem
Kultus hervorgegangen, noch ob sie, und auf
welche Weise sie mit ihm verbunden war. Es
scheint eine Kunst vor aller Religion gegeben
zu haben (in der paläolithischen Periode), wie
es Religionen gibt, die der Künste entbehren
(Islam) oder sie als feindliche Prinzipien be-
kämpfen (Puritanertum). Es ist mindestens ein
sehr einseitiger Gesichtspunkt, wenn die Eigen-
art der griechischen Plastik, namentlich ihr fe-
mininer Charakter in der zweiten Blütezeit,
erklärt wird nicht aus künstlerischen, stilistischen
Wandlungen, sondern aus den Grundzügen der
griechischen Mythologie, die „von den ausge-
sprochenen Geschlechtscharakteren abstrahiert
und den normal-schönen Typus Mensch“ her-
stellt. Falsch ist die Behauptung, daß die
Periode sinnlosen Luxusses in der hellenistischen
Zeit Roms keine „Kunstära“ gezeitigt habe.
Sätze wie die folgenden: „nicht einmal Albrecht
Dürer gelangte in seinen Tafelbildern über den
engen Formalismus der alten deutschen Maler
hinaus“ und „der Mailänder Dom ist das einzige
beachtenswerte Bauwerk gotischen Stils auf
italienischem Boden“ sollten in einem „Führer
zur Kunst“ nicht gedruckt werden dürfen. Wenn
Gaulke voll Stolz nachweist, daß der Glaube
an einen persönlichen Gott durch die Beweis-
mittel der wissenschaftlichen Forschung „wider-
legt“ worden ist, so läßt sich über die Harm-
losigkeit seines philosophischen Denkens nicht
mehr diskutieren. Nur aus dieser wird auch der
Schluß des Büchleins verständlich, wo auf die
„Möglichkeit einer systematischen Erforschung
des Weltganzen durch die experimentelle Me-
thode“ des Haeckelschen Monismus hoffnungs-
voll hingewiesen und in den Motiven der „Kunst-
formen der Natur“ (z. B. der Radiolerien und
Thelamophoren, der Medusen und Mollusken)
die Ausbreitung eines neuen Schönheitsideales
gesehen wird, dessen der wissenschaftlichen
Weltanschauung. „Je mehr sich die monistische
Weltanschauung vertieft, um so klarer wird
sich auch das neue Kunst- und Schönheitsideal
von der Fülle der Erscheinungen abheben. Der
Entwicklungsgedanke wird schließlich in der
Kunst wie im Leben das eigentliche Leitmotiv
werden. . . . Das im Kosmos wirkende Form-
prinzip und der Kunsttrieb des Menschen sind
Wirkungen derselben kosmischen Grundidee,
welche sich auf die einfache Formel: „Entwicke-
lung“ bringen läßt.“ Eine Reihe von Druck-
fehlern macht es noch schwerer, der Führer-
schaft Gaulkes zu folgen, als dies ohnehin schon
bei der Unklarheit seines Denkens ist.
Wilhelm Waetzoldt.
Literatur
571
KLEINE ANZEIGEN
Das neueste Heft der Münchner „süddeut"
sdien Monatshefte“ zeigt in erfreulichster
Weise, durch Veröffentlichung eines Briefes über
„Die Verbindung für historische Kunst“
von Ä. W. Hegmel, daß diese Zeitschrift ge-
sonnen ist, nunmehr in kunstpolitischen Fragen
ebenfalls ein gewichtiges und bestimmtes Wort
mitzusprechen. Unsere kunstwissensdiaft-
lichen Monatshefte haben nun nicht die Ab-
sicht, so aktuell wie möglich ihr Inhalt auch sein
soll, nadi dieser oder jener Seite hin prinzipiellen
Standpunkt einzunehmen. Wenn es schon un-
ausbleiblich ist, daß in rein wissenschaftlichen
Fragen Gegensätze betont werden und die Geister
in friedlicher, nur streng sachlicher Polemik auf-
einander platzen — hoffentlidi sogar recht häufig,
denn aus gegenseitiger Aussprache und An-
regung erwächst allein Wissen und Fortschritt—,
in Fragen der Kunstpolitik streben wir danach,
tunlichste Zurückhaltung zu wahren und so ob-
jektive Urteile wie nur möglich abzugeben.
Selbstverständlich ist es aber bei der Zusammen-
schließung und Fällung von Urteilen, daß uns
persönliche Interessen, Rüdcsichtnahme auf die
Wünsche bestimmter Cliquen, partikularistischc
Motive nie und nimmer zu leiten haben. Allein
die Wahrung künstlerischer Absichten im Sinne
der kulturellen Förderung ist Aufgabe unserer
Monatshefte. Und gerade aus diesem für uns
ausschließlich maßgebenden Grunde fühlen wir
die Verpflichtung, zu den trotz aller Sachlichkeit
stark subjektiven Äußerungen Hegmels Stellung
zu nehmen, da seine Worte weiterhin durch
ihren Abdruck in der führenden süddeutschen
Monatsschrift erst ihre besondere Bedeutung
erhalten. Wie die Mitglieder der Verbindung
für historische Kunst in Bremen gestimmt haben,
daß sie hohe Summen zwecklos hinauswarfen
für unbedeutende Bilder, die mitgeteilte Ignoranz
des Leiters einer bekannten Münchener „Bilder-
sammlung“, das alles ließe sich mit dergleichen
schmerzlichen Resignation hinnehmen, die wir
leider weit übleren und gefährlichen Anfein-
dungen echten künstlerischen Wesens gegenüber
in Deutschland zur Schau tragen müssen. Seit
Jahrzehnten und wohl länger noch ist „historisch“
gesündigt worden. Das kleine Häuflein der Auf-
rechten, das zu widerstehen etwa wagen wollte,
sah sich vergebens nach einem Ort der Aus-
sprache um, bis es sein eigenes subjektives
Organ erhielt. Und nun erlebten wir, daß der
vorzügliche Leiter einer öffentlichen Sammlung,
dem seine Vaterstadt den Ankauf eines herr-
lichen Monet verdankt, sich zum Sprecher des
fortschrittlich gesinnten Kreises begeisterungs-
freudiger jüngerer Kunstfreunde macht und sich
mannhaft der von Staatswegen reaktionären
Doctrin widersetzt. Wir erleben weiter, daß
ein Mitglied des genannten Kreises jenen Wor-
ten den nötigen Nachhalt jetzt gibt, indem er
sie drucken läßt in einer den akademischen
Kreisen nahestehenden Zeitschrift, die noch dazu
in München erscheint. Diese Tatsache, daß
„kühn Kräfte sich regen“, veranlaßt uns, Heg-
mels Aufsatz in den süddeutschen Monatsheften
hier zu nennen, wenn wir auch im einzelnen
hier und da an einigen mehr aus impulsiver Er-
regung über die Wichtigkeit des Gegenstands
als aus persönlicher Reizbarkeit diktierten schar-
fen Wendungen Anstoß nehmen müssen.
Uhde-Bernags.
Der Verlag von F. Bruckmann, Ä.-G. in
München hat soeben in farbiger Wiedergabe
den Isenheimer Altar von Mathias Grüne-
wald veröffentlicht, herausgegeben von Max
J. Friedländer (in Leinenmappe 120 Mark).
Der Eindruck dieser Bilder ist erstaunlich. Wie
der Verlag sehr richtig betont, war diese Voll-
kommenheit nur mit Hilfe der neuesten
Fortschritte der photographischen Technik zu
erreichen. Sie beruht auf direkter Aufnahme
der Originale durch Farbfilter und so ist auch
in der Reproduktion nichts von den Farben-
gluten und der bezwingenden Gewalt der neun
Stücke des Originals verloren gegangen. Es
braucht nicht gesagt zu werden, daß wir mit
besonderer Genugtuung gerade diese Publi-
kation begrüßen. ’B.
Unter dem Titel „Die Meister der Malerei und
ihre Werke“ ersdieint im Verlag von Wilhelm Wcidier
Max Rooses Gesdiidite der Malerei in einer wohl-
gelungenen Ausstattung. Uns liegen bisher die ersten
drei Lieferungen vor, die ein endgiltiges Urteil noch nicht
gestatten, weshalb wir uns für heute auf diesen kurzen
Hinweis beschränken.
Bei F. Brudcmann, Ä.-G. in München hat Wölfflins
ausgezeichneter Albrecht Dürer kürzlich die zweite
vermehrte Auflage erlebt, von der noch zu sprechen ist.
Der dritte Band von Springers Kunstgeschichte
ist kürzlich in achter Auflage erschienen. Er behandelt
die Renaissance in Italien, bearbeitet von Adolf Philipp!.
Der Verlag E. A. Seemann hat durch neuerliche Ver-
wendung von Kunstdruckpapier die Ausstattung bedeutend
verbessert, wenn auch zunächst der Eindruck des farbigen
Titelbildes mitLeonardos Felsgrottenmadonna unser ästhe-
tisches Empfinden nicht wenig verletzt. Denn dieser Druck
ist besten Falles eine Karikatur des Originals.
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drucke, Bildgr. ca. 29x22, Blattgr. 42x32)
Leipzig, Karl W. Hiersemann 1907—08 je 10.—.
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Speltz, Archit. Alex.: Stgles of Ornament, ex-
hibited in designs and arranged in historical
Order with descriptive text. Translated fiom
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pages. Part 2 — 8. (VIII und S. 97 — 656.)
gr. 80. Berlin, B. Hessling (’07,08). Je 2.—.
1 (Vollständig, geb. in Leinw.: 20.—.)
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F. Bruckmann ’08. 4.80; geb. in Leinw. 6.—.
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Zetzsche, Archit. Carl. Zopf u. Empire v. der
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Text.) Stuttgart, J. Engelhorn (08). In Mappe
24.—.
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Bredius, A. Un Jordaens inconnu. (Art Flam.
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chronik, Gedenkbuch der niederl. Reise, Briefe,
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Mit 9 Zeichngn. u. 3 Holzschn. Dürers. Hrsg.
V. Ernst Heidrich. Geleitwort v. Heinr. Wölfflin.
(Hortus deliciarum. IX.) (364 S.) kl. 8®. Berlin,
J. Bard 08. Kart. 6.— ; geb. in Ldr. bar 7.50;
Luxusausg. 15.—.
Frimmel, Th. v. Die Inschrift auf dem Ere-
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eschingen. (Blätt. f. Gemäldek., 3.)
Grünewald, Matthias. Gemälde u. Zeichnungen.
Hrsq. V. Prof. Heinr. Alfr. Schmid. 1. TI. 62
Lichtdr.-Taf. in Mappe. (IV S. Text.) 51,5X41,5
cm. Straßburg, W. Heinrich (08). In Leinw.-
Mappe 60.—.
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färgreproduktioner. Öfvers. af A. N. 8». 70
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Muther, R. Goya. (Morgen, 20.)
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574
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
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f. Kunstwiss., 5.)
Schmid, Ä. H. Die Stuppadier Madonna des
Mathias Grünewald. (Monathefte für Kunst-
wiss., 5.)
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Wanscher, Vilh. Rafael og Michelangelo.
Deres Ärbejder i Vatikanet og det sixtinske
Kapel. 264 S. u. 59 Bilder, 8». (25^2X17 V2->
Köbenhavn, Gyldendal. Kr. 7.50.
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Scülpture ancienne. Ancient Plasfic Arts,
Ärsenius, Sam. Statyhästen. [Mit 19 Äbb.
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Balletti, Ä. Madonne scolpite nel Reggiano.
(Rassegna d’arte, 2.)
Borinski, Karl. Die Rätsel Michelangelos.
Michelangelo und Dante. Mit 44 Illustr. auf
29Taf. (XXII, 343 S.) 8». München, G. Müller
08. 8.— ; geb. 10.—.
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(Rassegna d’arte, 4.)
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Kunstw., 2.)
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Mackowsky, Hans. Michelagniolo. Mit 61
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Marquard & Co. 08. 18.— ; geb. in Perg.
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d’arte, 2.)
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del Bambaja. (Rassegna d’arte, 4.)
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Wadternagel, M. La Bottega dell’ Ärdiidia-
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tograph. Reproduktion, hrsg. durdi Bibl.-Dirr.
Scato de Vries u. S. Morpurgo. 10. Bd. (131
z. TI. färb. Taf.) 49,5X35,5 cm. Leiden, Ä.
W. Sijthoff. — Leipzig, K. W. Hiersemann
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Kuriositäten d. kais. off. Biblioth. z. St. Peters-
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des deutschen, niederländischen u. französi-
schen Kupferstichs im XV. Jahrh. (In 6 Text-
u. 6 Tafelbdn.) 1. Text- u. 1. Tafelbd. Wien,
Gesellschaft f. vervielfältg. Kunst 08. Sub-
skr.-Pr. bar 85. — ; Einzelpr. nn 125. — . 1. Text-
bd. (XI, 380 S. m. Fig.) Lex. 8». 1. Tafelbd.
(43 Lichtdr.-Taf. m. VIII S. Text.) In Mappe.
Menzies, W. G. Thomas Watson and his
Work. (Connoisseur, 89.)
Munoz, Ä. Un „teatrum sanitatis“ con mini-
ature Veronesi del sec. XIV., nella biblioteca
Casanatense. (Madonna Verona, 1.)
Öttingen, W. v. Engelmann -Hirsch. Nach-
träge und Berichtigungen zu „Daniel Chodo-
wieckis sämtliche Kupferstiche“. (Repert. f.
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Christi. Kunst, 2 u. 3.)
Villmer, H. Die Illustratoren des „Beschlossen
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(Ärch. f. Budigew., 4.)
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Jerningham, Ch. E. The Oxburgh glasses.
(Connoisseur, 81.)
Jones, E. Ä. The silver plate of Jesus College,
Oxford. (Connoisseur, 81.)
Macfall, H. Concerning certain specimens of
oak furnitures in Mrs. Behrens’s coUection.
(Connoisseur, 81.)
Nebbia, U. Tra i vetri istoriali del duomo di
Milano. (Rassegna d’arte, 1.)
Paoletti, Vincenzo. Pietro Vannini e lascu-
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(Rass. Bibliogr. d’arte ital., 3—4.)
Put, van de. — The arts and crafts of older
Spain. (Burl. Magaz., 62.)
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z. Künersberg. (Kunst u. Kunsthdwk., 3.)
Ricci, C. Catalogo di Stoffe antiche e moderne
di Isabella Errera. (Rassegna d’arte, 1.)
Rohr, J. Kirchliche Kunstschlosserarbeiten. (Ar-
chiv f. Christi. Kunst, 5.)
Selch, E. Geschichte u. Technik d. Metall-
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Brünn, 2 u. 3.)
Toesca, P. L’ostensorio gotico di Voghera.
(Rassegna d’arte 4.)
S
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London. (D. Architekt, 5.)
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Czakö. Jeunes architects. (Jparmüveszet, 3.)
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576
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
Hasak. Zurück zum Ziegelbau. (Berl. Ärchit.
weit, 2.)
Jaumann, Ä. — Das Hebbel-Theater in Berlin.
(ütsche. Kst. u. Dek., 8.)
Lenggel, G. Bätiments publiques. (Jparmüves-
zet, 3.)
Lippidi de Korongh, Ä. Les arts et le Stil.
(Jparmüveszet, 3.)
Lux, J. Ä. Der Baubureaukratismus u. s. kunst-
feindl. Tendenz. (Grenzboten, 30, IV.)
Messerer, E. Ein Künstlerheim im Isartal.
(Innen-Dekoration, Mai.)
Mietshäuser, eingebaute. Eckhausbauten. (D.
Baumeister, 8.)
Mülbe, von der. Unser Bauen. (D. deutsche
Landhaus, 9.)
Neubauten, Kopenhagen er. (Ärchitekt. Rund-
schau, 8.)
Oh mann, Friedrich. [Wiener Ärchitekt.] (D.
Baumeister, 8.)
Poellnitz, H. V. Schönheit u. Äusdrude. [Ärch.
Frh. V. Tettau.] (Dekorat. Kunst, 7.)
Schmidt, P. F. — Hugo Eberhardt. (Kunst
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2. Neuere Malerei.
Peinture moderne. Modern Painting.
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1908. 8», 16 S. K. 1.
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Rouart, L. Berthe Morisot. (Ärt. et decor. 5).
Schmalzigang, ]. L’art contemporain. (Ärt
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58,5x46,5 cm. Wien, Gesellschaft f. verviel-
fältig. Kunst (08). Bar 20.— ; auf Japanpap.
50.— ; f. Äbnehmer der „Graphischen Künste“
unentgeltlich.
Laurin, Carl G. Wilhelm Busch. En tgsk
skämttecknare och humorist. (Ord och bild,
Heft 4.)
Liebermann, Max. Ein ÄBC in Bildern. Mit
begleit. Worten v. Rieh. Graul. (39 Bl. m.
VII S. Text.) 8®. Berlin, K. W. Mecklenburg
(08). Geb. in Perg. bar 30.—.
Loubier, J. Silhouettenkunst. (Werkkunst 17.)
Marx, R. Peintre-graveurs contemporains. L.
Ä. Lepere. (Gaz. d. beaux-arts, 611.)
Menzel, Ädf. v. Handzeichnungen. (12 Bl. m.
4 S. Text.) 30,5x24,5 cm. Berlin -Steglitz,
Neue Photograph. Gesellsch. (08). In Mappe 10.—.
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Mo Giovanni, intagliatore; Orasi ascolani
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Handbuch. (172 S. m. Äbbildgn. u. 1 Taf.)
gr. 8*. Berlin, P. Cassirer (08). 7.50; geb. in
Halbfrz. bar 10.—.
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Ein Buch f. Künstler u. Lernende. (VIII, 183 S.)
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kart. 3.75.
Kunstakademi i Kristiania. (Maler Halfd.
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Lehrlingswesen im Kunstgewerbe. (Hohe
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Romdahl, Ä. L.: Skolbesöken i Musei konstaf-
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Zahn, Dr. Ä. v.: Änatomisches Taschenbüchlein
zur Nachhilfe beim Studium nach Natur u.
Äntike. Mit 29 nach der Natur gezeichneten
Holzschn. 7. Äufl. (40 S.) gr. 8®. Leipzig, G.
Haberland (08).
DERKUNSrSAmLER
ORGÄN FÜR DEN INTERNÄTIONÄLEN KUNSTMÄRKT
UND DIE INTERESSEN DER SÄMMLER.
DAS RELIQUIAR VON 1320, AUS DEM
BESITZE DES GRAFEN JOS.V.ARCO-
ZINNEBERG IN MÜNCHEN.
Im Jahre 1901 war auf der Ausstellung von
Meisterwerken der Renaissance aus Privatbesitz,
veranstaltet vom Verein bildender Künstler
Münchens — Sezession — aus der Sammlung
des Juveliers Franz Greb in München ein go-
tisches Reliquienkästchen mit Silberschmelz aus-
gestellt. Doch nur wenige Tage, dann wurde
es wieder zurückgezogen: Es hatte zu großes
Aufsehen erregt. Schon damals erfuhr man von
der Vorgeschichte des Kästchens soviel, daß es
vor etwa 10 Jahren von einem Münchner Anti-
quar für 1000 Mark den Zisterzienserinnen des
Klosters Liditental bei Baden-Baden abgekauft
worden war.
Nicht lange danach erwarb Reichsrat Graf
Joseph von Arco-Zinneberg in München, der
Schatzmeister des Bager. Vereins der Kunst-
freunde, einen Teil der Sammlung Greb und mit
ihm das Reliquienkästchen um eine sehr ansehn-
liche Summe.
Allgemeiner bekannt wurde der Schrein erst
durch die Ausstellung des Bager. Vereins der
Kunstfreunde im Frühjahre 1906 und ging bei
dieser Gelegenheit auch zum ersten Male durcii
Veröffentlichungen im Formenschatz und im
Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst in die
Literatur über: Die Inschrift auf dem Deckel des
Kästchens nennt als Stifterin eine Kloster-
schwester Margarethe Pfrumbom aus Speger.
Spegerer Urkunden erweisen, daß es die Tochter
des Spegerer Patriziers Albert Pfrumbom war,
der von 1291—1305 bezeugt ist, während Mar-
garethe selbst in einer Urkunde des Rates der
Stadt Speger vom 23. Juni 1203 als Nonne des
Zisterzienserinnenklosters Lichtental genannt
wird. So war es sicher, daß der kostbare
Schrein an 600 Jahre unversehrt an seinem Be-
stimmungsort, im Kloster Lichtental, gestanden,
das 1689 von den Franzosen verschont blieb.
Die Form des Kästchens und der Stil der in
Silberschmelz dargestellten Figuren wiesen deut-
lich auf den Oberrhein, die Bedeutung der
Spegerer Goldschmiedekunst im Mittelalter und
die Herkunft der Stifterin ließen das Stück mit
größter Wahrscheinlichkeit als Spegerer Arbeit
erscheinen. Otto v. Falke, der den Schrein
alsdann in Lehnerts Geschichte des Kunstge-
werbes aufnahm, weist auf den sienesischen
Einfluß im Stil einzelner Köpfe hin und be-
zeichnet das Reliquiar als ein wichtiges Beweis-
stück für den Einfluß Italiens auf die ober-
rheinischen Silberschmelzarbeiten im ersten
Viertel des 14. Jahrhunderts. Hierher gehört
noch ein aus Konstanz stammender Kelch im
Museum zu Sigmaringen und eine Kreuzigungs-
gruppe sowie zwei Monstranzen des ehemaligen
Baseler Domschatzes, woran sich die Kreuzi-
gungsgruppe im Kunstgewerbemuseum zu Berlin,
befindet.
Jedermann glaubte nun im gräflich Arcoschen
Besitze die kostbare rheinpfälzer Antiquität in
sicherer Hand. Um so überraschender war am
8. Mai die Zeitungsmeldung, daß das Reliquiar
durch die Berliner Kunsthandlung Keller und
Reiner um den Betrag von 250000 Mark nach
Amerika verkauft worden sei. An wen, ist
nicht bekannt. Innerhalb von drei oder vier
Wochen war der Verkauf durch Mittelspersonen
abgeschlossen worden, nachdem der ursprüng-
lich höhere Preis auf ^4 Million ermäßigt worden
war. Das Berliner Kunstgewerbemuseum hatte
sich lebhaft um die Erwerbung bemüht; jedoch
vergeblich, wohl weniger, weil die Summe nicht
zu beschaffen gewesen wäre, sondern weil
durch den Besitz der verwandten Arbeit aus
dem Baseler Schatze ein zwingendes Bedürf-
nis zum Ankauf für dieses Museum nicht be-
stand.
Anders lag der Fall für die Bayerischen Mu-
seen. Aus Spegerer Museumskreisen war schon
vor einem Jahre die Ausstellung unter Eigen-
tumsvorbehalt angeregt worden, doch konnte
der Vorschlag einstweilen nicht befürwortet
werden, da das jetzige Museum in Speyer nicht
feuersicher und überfüllt, der große Neubau aber
selbst heute noch kaum unter Dach ist. Das
Bayerische Nationalmuseum aber, das hier an
allererster Stelle in Betracht kommt, und das
von gotischem Silberschmelz so gut wie gar
nichts besitzt, hatte sich beim Grafen Arco nie-
Der Kunstsammler
581
mals um das Stück bemüht. Nur so konnte es
geschehen, daß Graf Ärco — wohl im Glauben,
der Verkauf würde
nidit oder erst spät
bekannt — das Reh-
quiar in Berlin ver-
kaufen konnte, ohne
daß in München selbst
die Händler davon er-
fuhren. Dies ist um
so bedauerlicher, da
nach den Erfahrungen
der letzten Zeit die
große Summe für ein
derartiges hochbe-
deutendes Kunstwerk
unzweifelhaft inBagern
aufzubringen gewesen
wäre.
So ist das vater-
ländische Stück, das
an Kunst- und Äiter-
tumswert, an Sicher-
heit der Herkunft und
an Erhaltung in deut-
schem Privatbesitz voll-
kommen einzigartig war, aus Bagern ins
Äusland gegangen und wird möglicherweise für
immer verschollen sein.
Alle Zeitungen und
Zeitschriften brachten
„Nachrufe“ und die
illustrierten Blätter
vom Weltspiegel bis
zum Loisach - Boten
reproduzierten die ein-
zige vorhandene Pho-
tographie, die auch wir
hier wiedergeben.
Inzwischen bestä-
tigt sich auch das
Gerücht , daß Graf
Ärco a u ch seine
übrigen Antiqui-
täten aus der Samm-
lung Greb, darunter
noch mehrere für
Bagern äußerst wich-
tige Werke, vor we-
nigen Tagen i n s
Ausland verkauft
hat.
Reliquiar, oberrheinische Arbeit aus vergoldetem Silber u. Silberemail,
gestiftet gegen 1320 von der Zisterzienserin Greta Pfrumborn an das
□ Kloster Lichtental bei Baden-Baden □
Vom Grafen Jos. v. Ärco-Zinneberg in München für 250000 M. nach Ämerika verkauft
38
582
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
DER KUNSTMÄRKT
FRANKFURT a. M.
Die Versteigerung der Erbsteinsdien Me-
daillensammlung nahm in Anwesenheit zahl-
reicher deutscher und ausländischer Interessenten
einen sehr angeregten Verlauf; u. a. waren die
Direktoren der Münzkabinette in Dresden,
Mündien, Gotha, sowie des Germanischen
National-Museums in Nürnberg persönlich er-
schienen. Unter den italienischen Medaillen
erzielte das schöne Schaustück der Margarethe
von Foix mit 610 M. den höchsten Preis. Unter
den deutsdien Arbeiten brachte die herrliche
Bronze-Medaille Friedrichs des Alten von Bran-
denburg-Ansbach 3100 M., der Abt Konrad
Reuter von Kaisersheim, ebenfalls Bronze, lOOOM.,
Georg von der Pfalz als Bischof von Speier,
das Exemplar der Sammlung Sdiulthess-Rech-
berg 1925 M., ein herrliches Porträtstück Johann
Friedrichs des Großmütigen 1^25 M., ein solches
Georgs des Bärtigen 1125M., eine bisher un-
bekannte Bronze -Medaille Georgs ab Austria
als Bischof von Brixen 1875 M., ein doppelter
Schautaler Wilhelms VII von Henneberg 900 M.,
ein Schaustück auf den schmalkaldischen Bund
mit den Brustbildern Philipps von Hessen und
Johann Friedrichs von Sachsen 825 M. usw. Von
den Wolffschen Modellen in Kehlheimer Stein
brachte Joachim Ernst von Anhalt 555 M.,
Ferdinand I. von Wartenberg 605 M, Georg Ernst
von Henneberg M. 760 usw. Das große Porträt
des Pfalzgrafen Otto Heinrich von dem be-
rühmten Augsburger Meister Hans Daudier in
Stein geschnitten, ging für 13000 M. in den Be-
sitz eines Pariser Antiquitätenhändlers über,
das zweiseitige Steinmodell zu der Medaille
Alberts V. von Bayern von Lorenz Rosenbaum
erzielte 1000 M., das reizende Porträt eines
Unbekannten von dem Monogrammisten M
2400M., ein unbezeichnetes Brustbild des Herzogs
Albrecht von Preußen 2750 M.
S
PARIS =z::.
Der Monat Mai hat eine Reihe sehr bedeu-
tender Versteigerungen gebracht, die besonders
für die kunstgewerblichen Arbeiten des Orients
und des Mittelalters von Interesse waren.
Moderne Bilder kamen wenig zur Verstei-
gerung. Die Resultate der Versteigerung vom
16. Mai, bei der eine Reihe Werke von Bon-
nard, Cezanne, van Gogh, Gauguin, Denis und
den Neoimpressionisten verkauft wurden, blieben
ini allgemeinen hinter den Erwartungen zurück.
Sammlung Gerbeau. Drei Venten. (C.
Pr.: Bizouard et Henri Baudoin. Exp. Mann-
heim.) Gesamtertrag der drei Venten: 779295 fs.
Vente 1. 30. April bis 6. Mai. Chinesisches
Porzellan. Epoche Ming: 6. Statuette des
Kuan-Ti, Kriegsgott, sitzend, türkisblau und
violett emailliert. (34 cm): 955 fs. (Antoine). —
Epodie Tsching-Hoa: 10. Vase, darauf
Empfang eines Mandarinen dargestellt, blau auf
gelbem Grund. (42 cm): 2510 fs. (Roseneau). —
14. Gebrauchte Vase mit 4 Feldern: Landschaften
und Baumgruppen. (40 cm): 9500 fs. (Heliot). —
Epoche Kang-Hi. 55. Hornförmige Vase,
Kämpfende Krieger. (46 cm) : 2930 fs. (Heliot).—
56. Große vierseitige Vase, Familienszenen.
(Repariert, 67 cm): 6100 fs. (Mme Langweill).
— 62. Rollenförmige Vase, Landschaften und
Vögel. (43 cm): 3000 fs. (Mme Langweill). —
64. Rollenförmige Vase, Landschaften, Figuren,
Geräte, Grund grün kariert. (44 cm): 2900 fs.
(Heliot). — 65. Rollenförmige Vase, Blumen-
zweige, Drachen grüner Grund. (Sprung, 45 cm):
3100 fs. (George). — 70. Vierseitige Vase mit
geschweiftem Halse, Figuren in Landschaft,
Blumenbordüren, auf dem Halse ausgesparte
Felder, Früdite. (47 cm, kl. Reparat.): 11000 fs.
(Heliot). — 75. Vierseitige Vase, Felder mit
Bäumen, Tieren, Geräten. (48 cm): 5000 fs.
(Wittorski). — 77. Rollenförmige zweiseitige
Vase, Pagoden, Sdiuppenverzierungen. (43 cm):
6000 fs. (Heliot). — 88. Spindelförmige Vase,
Bäume, Vögel, Inschriften. (49 cm). 8525 fs.
(Wittorski). — Jaspis. 187. Kästchen auf 4 Füßen
mit Deckel, Fledermäuse als Henkel, smaragd-
farbener Jaspis: 4100 fs. (Ducreux). — Berg-
kristall, China: 268. Statuette einer bärtigen
Gottheit, Früdite in beiden Händen. (26 cm):
4500 fs. (Tata). — 276. Bauchige Vase, Ele-
phantenköpfe als Henkel. Vögel, Fong-Hoang
als Dekoration, rosa, Bergkristall. (23 cm):
3000 fs. (Heliot). — 313. Räudiergefäß in Lapis
Lazuli: 1450 fs.
Chinesisches Porzellan. Epoche Kien-
Lun g: 109. Zwei hornförmige Vasen, Dekor:
Spielende Kinder. (45 cm): 3060 fs. (Vander-
mesch). — 110. Zwei Töpfe mit zackiger
Verzierung. (43 cm): '3400 fs. (Paulme). —
123. Zwei verzierte Töpfe, Familienszenen.
(Rissig, 43 cm): 4000 fs. (Beisch). — 132. Zwei
große Vasen, Dekor: Kinder, Flachrelief. (80 cm):
3700 fs. (Langweill).
Tapisserien. 667. Tapisserie Aubusson
Louis XV. Jäger und Bauern mit Schafen.
(265:500): 8000 fs. (Bauml). — 668. Zwei Ta-
pisserien Aubusson Louis XV. Das Tourniquet-
spiel, Bauer uud Hirtin. (255:260): 8200 fs.
(George). Gesamtertrag 356370 fs. 670 Nrn.
Der Kunstsammlcr
583
Zweite Vente 12.— 15. Mai. Graphik.
Rembrandt. 79. Bettler an einer Türe. l.Etat.
1750 fs. — 80. Die Mühle Rembrandts: 600 fs.
86. Die große jüdisdie Braut: 400 fs. — 151.
152. 153. Moreau le jeune, Das Entkleiden
der Braut (le coudier de la mariee). l.Etat, nur
Radierung Moreaus ohne die Zutaten Simonnets;
2. dieselbe, avant la lettre, vor der Anbringung
des Wappens und zahlreicher kleiner Retoudien,
breiter Rand; 3. dieselbe, avant la lettre, ganz
durchgearbeitet: 12100 fs. (Rousseau-Gerard.)
161. Massard, Das Erwachen, avant la lettre:
1920 fs. — 179. Cazenave nach Boilly, Die
Optik, farbig: 1660 fs. (Danlos). — 336. Debu-
court. Die beiden Küsse (farbig): 4950 fs.
(Danlos). — 337. Debucourt, Das Menuett
der Braut, Die Hochzeit im Schlosse. 2 Stück,
farbig, avant la lettre. 8900 fs. (Danlos). —
338. Debucourt, Der wiederbelebte Vogel
(farbig): 8100 fs. (Clessienne). — 339. Debu-
court, Spaziergang im Palais Royal (farbig):
2500 fs. (Champtier de Rives). — 341. Debu-
court. Glück und Unglück. Das Einsteigen.
2 Stück (farbig): 5000 fs. (Danlos). — Debu-
court. Das Kompliment. Die Blumensträuße.
2 Stück (farbig): 2000 fs. (Lenoir). — 343. De-
bu court. Die Rose. Die Hand. 2 Stück (farbig, er-
gänzter Rand): 4200 fs. (Danlos). — 403. Wil-
helmine von Preußen, Erbprinzessin von Oranien
und Nassau, Hentzi & Toselli, farbig: 760 fs.
(Gosselin). — 435. Delaunay nach Freude-
berg, Das Morgengrauen: 1950 fs. (Danlos). —
441. Mixelle nach Garneray, Der Roman,
Der Morgen (farbig): 1220 fs. (Naggelmaker).
— 446. Goya, Die Caprichos, 80 Tafeln: 460 fs-
(Gosselin). — 447. Goya, Tauromaquia, 33 Ta-
feln: 600 fs. (Gosselin). — 452. Levasseur,
Das Mildmädchen, avant la lettre: 1320 fs.
(Mme Girard). — 458. Reynolds nach Hopp-
ner, Countess of Oxford: 930 fs. (Weih). — 518.
Dequauviller nach Lawreince, Die Ver-
sammlung im Konzert — im Salon. 2 Stück: 2060 fs.
— Janinet nach Lawreince, Das schwierige
Geständnis (farbig, av. 1. l.):3500fs. 523 + 542.
Delaunay. Das Billet doux. Was wircl der
Äbbe sagen? 2 Stück (mit Wappen, Titel und
Künstlerbezeichnung): 4700 fs. — 524. Chapuy,
Die drei Schwestern im Park von St. Cloud.
Die drei Grazien im Bois de Vincennes (farbig,
2 Stück): 5730 fs. (Weill). - 525. Dieselben
(farbig, ohne Rand): 2200 fs. — 534. Janinet,
Die Indiskretion (av. 1. 1., farbig, Preßrand):
4440 fs. (Danlos). — 563. Longueil, Unvor-
sichtige Geschenke. Die Rückkehr zur Tugend
(2 Stück, farbig, av. 1. 1.) : 6600 fs. (Danlos). —
589. Nach Morland von Soiron, St. James
Park. A Tea Garden (2 Stück, farbig): 3700 fs.
— 620. V. Green nach Reynolds. Miss Sarah
Campbell (av. 1. 1.): 5000 fs. (Strolin). — 629.
Bartolozzi nach Reynolds, Jane Countess
of Harrington and her children (farbig): 9200 fs.
(Danlos). — 641. Bartolozzi nach Reynolds,
Lady Smith and her children (farbig): 5600 fs.
(Thomas). — 643. Dickinson nach Reynolds,
Elisabeth Taylor: 4000 fs. (Mme Rousseau).
Gesamtertrag 320413 fs.
Dritte Vente. Alte und moderne Bil-
der, Handzeichnungen. 18. Mai. 129 Num-
mern. Ertrag 102512 fs.
Moderne Bilder. 3. Albert Besnard,
Das rothaarige Mädchen (62:48): 5100 fs. (Fe-
ral). — 4. Boudin, Antwerpen (41 :65): 2500 fs.
(Bernheim). — 8. Corot, Der Teich (25:33):
9200 fs. (Allard). — 12. Diaz de la Peha, Das
kleine Mädchen mit dem Hunde (31 : 21) : 1220 fs.
JTempelaere). — 15. Gauguin. Bretonische
Bäuerinnen (70:88): 1900 fs. (Vollard). — 16.
Guillaumin, Der Garten (72:90): 1500 fs.
(Feral). — 18. Henner, Magdalena (27:22):
5050 fs. — 22. Jongkind, Kanal in Holland
(32 : 41): 3200 fs. (Bonjean). — 24. A. Lebourg,
Croisset bei Rouen (54:73): 920 fs. (Amodru).
23. A. Lebourg, Winter in der Auvergne
(61 :109): 1750 fs. (G. Bernheim). — 26. A. Le-
bourg, Umgegend von Rouen (59:78): 3100 fs.
(Feral). — 30. A. Lebourg, Seineufer (35:36):
2050. (Feral). — 40. Lebourg, Weg in der
Umgegend von Rouen (50:72): 1360 fs. (G.
Bernheim). — 43. Lebourg, Die Allier bei Pont
du Chateau (44 : 83): 1100 fs. (Freret). — 48.
Legros,DieGeographiestunde (150:105): 1055 fs.
(Vollard). — 49. Legros, Porträt L.’s und Ro-
dins (58:72): 220 fs. (Vollard). — 56. Claude
Monet, Der Winter (60:80): 6100 fs. (Feral).
- 58. Pissaro, Die Gärtnerin (46:37): 950 fs.
(Feral). — 60. Ribot, Drei Frauengestalten (53:59):
1300 fs. (F. Gerard). — 61. Th. Rousseau, Tei^
im Walde (29:44): 1550 fs. (Moll). — 62. Sisley,
Die Brücke von Moret (54 : 72) : 3350 fs. (Bern-
heim jeune). — 63. Vuillard, Die Suppe: 780 fs-
(Bernheim jeune). — 64. Vuillard, Stilleben:
820 fs. (Bernheim jeune). — 67. Ziem, Um-
gegend von Venedig (33 : 45): 3050 fs. (Feral).
Aquarelle, Zeichnungen usw. 70. Bo-
nin g ton, Die Familie mit dem Papagei: 560 fs.
(Homberg).
Alte Bilder und Zeichnungen. 103.
Boucher, Das Bad der Hirtin, Zeichnung (26 : 23):
820 fs. (Feral). — 106. Goya, Bild des Meisters
(16:12): 2225 fs. (Decourcelle. Vente Mühl-
bacher, 1907: 3000 fs.). — 114. Prudhon, Ent-
wurf eines Lehnsessels für die Kaiserin Marie
Louise (21:36): 660 fs. (Ferte; vente Goncourt:
2000 fs.).
584
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Gemälde von Cazin. 2. Mai. (C. Pr.
Lair-Dubreuil, Exp. G. Petit). 31 Nummern,
Gesamtertrag 78810 fs.
1. Älter Quai in Bercg, abends (87:87):
1300 fs. (Mme Hirsch). — 4. Heimkehr von der
Schenke. Mondstimmung (65:90): 7500 fs.
(Ernest Mag). — 5. Holländische Mühle (46:55):
2250 fs. (Marquise de Gapag). — 8. Pont
d’Äusterlitz (46 : 55) : 2500 fs. (Mme Ädam). —•
12. Regenbogen bei Mondschein (51 : 63) : 2500 fs.
(Hoskier). — 17. Älter Hafen bei Zaandam
(53:64): 3100 fs. (Ernest Mag). ~ 19. Weg nach
Versailles (65:82): 2800 fs. (G. Petit). — 20.
Holländischer Kanal, Mondaufgang (65:80):
4000 fs. (Schoeller). — 21. Küstenfelsen bei Equi-
hen (80:100): 3900 fs. (Schoeller). — 24. Dord-
recht (65:80): 9000 fs. (Willg Blumenthal). —
28. Älte Häuser in Recloscs (38 : 46) : 2100 fs.
(Lecreux).
Sammlung Zclikine. 7.-9. Mai. (C. Pr.
Lair Dubreuil und Baudouin, Exp. Blodie).
Grubenschmelzarbeiten. 1. Figuren-
gruppe, gehämmertes Kupfer. Die Jungfrau
mit dem Christuskind auf schmelzverziertem
Thronsessel. Ärbeit von Limoges XIII. Jhdt.
(22 cm): 17000 fs. (van Dam; Taxe 25000 fs.;
vente d’Yanville: 51000 fs.). — 2. Bischofs-
stab. St. Michael mit dem Drachen (20 cm):
9100 fs. (Paulme; Taxe 12000 fs.; vente Que-
rog: 12110 fs.). — 3. Schließe eines Chor-
mantels, Christus am Kreuz, Madonna, St. Jo-
hannes XIV. Jhdt. (17 cm): 4000 fs. (Sekeian;
Taxe 8000 fs.; vente Germeau, 1868 : 50 fs.;
vente Querog 1907: 8000 fs.). — Reliquien-
schrein, 6 Figuren Relief. XIV. Jhdt. (13 cm):
3600 fs. (Remion; Taxe 6000 fs.; vente Ducatel
1890: 860 fs.; vente d’Yanville: 7000 fs.). —
6. Platte, Christus am Kreuz, Maria, Johannes,
2 Engelchen. Xlll. Jhdt. (20:12): 2500 fs. (Ham-
burger; Taxe 4000 fs.; vente Querog, 1907:
2900 fs.). — 7. Platte, Christus am Kreuz,
Maria, Johannes XIV. Jhdt. (19:15): 1555 fs.
Äntoine; Taxe 3000 fs.;' vente Querog, 1907:
3600 fs.). — 10. Platte, Christus am Kreuz,
Maria, Johannes, Petrus, Äpostel. XIII. Jhdt.
(12 : 21): 5500 fs. (Rosenberg; Taxe 4000 fs.
Vente Querog 1907: 4200 fs.). — Gemalte
Emails von Limoges: 17. Änbetung der drei
Könige von Mo nvaerni, farbig. [Ende XV. Jhdt.
(24:23): 37000 fs. (Canessa; Taxe 30000 fs.;
vente Querog 1907 41000 fs.). — 18. Werk-
statt des Monvaerni, Die Jungfrau und
Joseph, Christus anbetend (20 cm h.): 6600 fs.
(Rosenberg; vente Querog: 4500 fs.).
Terrakotten. 33. Genius der Skulptur
(68 cm): 9000 fs. (Mme Doucet; Taxe 15000 fs.
— 34. Marin zugeschrieben. Sitzende Bacchan-
tin, stehender Satgr (37:33): 2550 fs. (Hebrard;
Taxe 6000 fs.) — 37. Marin, Paris vor einem
Monument sitzend (32:28): 2450 fs. (Älain;
Taxe 4000fs.)~41. Houdon, Statuette Frank-
lins: 2700 fs. (Fritz Henrg).
Porzellan von Menneeg. 114. Büste
Louis XV. auf Sockel. Weichporzellan (45 cm):
23000 fs. (Seligmann; Taxe 30000; vente Tur-
got 1887: 700 fs.; vente Yanville 1907: 47000fs.).
118. Kind einen Korb haltend, auf einem
Hund sitzend (16 : 15, restauriert): 4800 fs. (Mme
Älain; Taxe 4000 fs; vente du Sartel 1894:
490 fs.; vente d’Yanville 1907: 8000 fs. — 120.
Viellespieler (20 cm): 4300 fs. (Mme Älain,
Taxe 3000 fs.; Vente d’Yanville 1907: 8100 fs.).
Porzellan von Chantillg. 132. Zwei
Blumentöpfe polgchrom und goldig dekoriert
(17:19, restauriert): 5710fs. (Ducreg; Taxe 5000 fs.;
vente d’Yanville: 6450 fs.). — von Rouen.
146. Zwei hornförmige Vasen, chinesischer Stil
(21 cm, restaur.): 2125 fs. (Pisani, Taxe 2000 fs. ;
vente d’Yanville: 4000 fs.) — von Ludwigs-
burg. 175. Äsiatischer Fürst (30 cm): 3250 fs.
(Dreg; Taxe 4000 fs.).
Chinesisches Porzellan. 187. 2 Vasen:
„Familie des Indes“, sechseckig, reich dekoriert,
Bronzemontierung Louis XVI. (53 cm restaur.):
9000 fs. (Mme Doucet; Taxe 12000 fs.).
Kunstbronzen. XVII. u. XVIII. Jhdt. 63.
64. 2 Gruppen: Venus Ämor die Brust reichend;
Saturn d. Liebe strafend, Pajou zugeschrieben
(40 cm): 4800 fs. (Samarg, Taxe 8000 fs.). —
76. Pendule, Marmor und Bronze, 2 Putti
(35: 132): 11100 fs. (Baron d’Orosdg, Taxe
16000 fs.). 77. Clodion zugeschrieben (aus-
geführt V. Gouthiere (?); Pendule, Trauben-
pressende Bacchantin (50:42): 7520 fs. (Mlle
Brach, Taxe 8000 fs.). ~ 104. Pendule, Lgra-
form, Ämorette (50 : 40) : 4500 fs. (Baron d’Orosdg,
Taxe 7000 fs.).
Marmor. 107. Große flaschenförmige Vase.
Louis XVI.-Montierung (100 cm, restaur.) : 10000 fs.
(Brodart, Taxe 20000 fs., vente Kotschoubeg
1907: 16500 fs.).
Gemälde: 274. Casanova, Äusruhende
Hirten (95:127): 3500 fs. (Doucet, Taxe 5000 fs.,
Vente Lelong 3700 fs.). — 277. Cour bet. Schloß
von Omans (63 : 77): 2600 fs. (M. Carnaud,
Taxe 5000 fs.). — 279. David, Coriolan (100 : 125) :
2000 fs. (Mme Doucet, Taxe 3000 fs.) — - 281.
Eisen, Frühling und Herbst (42:36): 2100 fs.
(Robert, Taxe 3000 fs.). — 286. Bg zantin i sehe
Schule. Legende der hl. Ursula (98 : 117):
1630 fs. (Picard, Taxe 5000 fs., Vente Querog
9000 fs.)
Gesamtertrag 415029 fs., 295 Nummern.
Der Kunstsammler
585
S ammlung P. M. . . . 8. Mai. (C. Pr. Bau-
doin, Exp. Feral.) Gemälde. Engländer.
1. Beediey, Frau mit Hund (74:62): 2600 fs.
— 2. Bonington, Prozession, Venedig (114:162):
3000 fs. — 4. Constable, Landschaftsstudie
(54:94): 2300 fs. — 5. Constable, GlebeFarm
(45:63): 6000 fs. (Schnell). — 6. Lawrence,
M. Richardson u. s. Kinder (125:100): 8000 fs.
— 7. Lawrence, Ladg Greg und ihre Töchter
(49:37): 6000 fs. (Feral).
Älte Bilder. 16. Boursse, Die Benedicite.
(58:46) 9000 fs. (Jonas). — 17. Brouwer, Der
Raucher (32:25): 4000 fs. — Brekelenkam,
Der Holzsdiuhmacher (46:64): 4500 fs. — Ge-
rard David. Christus im Leichentuch (88:55):
7200 fs. (Heilbronner). — 24. Cranach, Männl.
Bildnis (18:14): 4260 fs. (Ducreg). — 31. Hugo
V. d. G o e s , Madonna (40 : 25) : 14500 fs. (Meger).
— 32. Gossaert Mabuse, Mars und Venus
(45:45): 20000 fs. (Grosse, vente Sedelmeger:
2000 fs.). — 35. van Gogen, Holländischer
Fluß (66:98): 10500fs. (Ducreg, Taxe 15000 fs.).
— 36. van Gogen, Das befestigte Dorf (58:70):
8300 fs. — 8. 39. Schule Franz Hals, Der
Rommelpott (108:90): 7000 fs. (Taxe 12000 fs.).
— 47. Maes, Porträt e. jungen Frau (116:88):
14500 fs. — 48. Maes, Mädchen mit Reh (58 : 49):
3200 fs. (Montagnac). — 59. Meister der
Halbfiguren, Junge schreibende Frau (45:29):
2800 fs. (Feral). — 51. Dem Meister v. Tode
Mariä zugeschr., Hierongmus in der Wüste
(45:74): 4800 fs. (Ducreg). -- 39. Ravestegn,
Porträt einer jungen Frau (121:90): 17600 fs.
(Ägnew). — 60. Rubens, Decius Mus erzählt
seinen Traum (82 : 71): 6700 fs. (Neumans,
vente Sedelmeger: 6700 fs.). — 62. Salomon
Rugsdael, Holl. Landschaft (50:68): 3500 fs.
(Neumans). — 66. Jan Steen, Lustige Gesell-
schaft (78 : 99): 5000 fs. (vente Sedelmeger:
8100 fs.). — 68. Teniers, Die Fischer (115:195):
4200 fs. — 74. Verspronck, Damenbildnis
(107:67): 3300 fs. (Ducreg). - 75. De Vos,
Frauenporträt (76:58): 5200 fs. (Ducreg).
Franzosen. 80. Boucher. Die kleine
Gärtnerin (54 : 46) : 3000 fs. (Grosse). — 95. Lar-
gilliere. Junge Frau (80:63): 20500 fs. (Ägnew.
Taxe 15000 fs.) — 96. Largilliere, Frauen-
porträt (82 : 65): 4100 fs. (Meger). — 101. Schule
Nattiers, Herzogin v. Chateauroux (?) (90:72):
3100 fs. (Feral). — 102. Pater, Die Wahr-
sagerin (34:43): 7000 fs. (Ducreg, vente Sedel-
meger 1907: 12000 fs.). — 105. Hubert Ro-
bert, Landschaft mit Ruinen (62:88): 5400 fs.
(Neumans). — 106. Hubert Robert (?), Bildnis
der Tochter Fragonards (?) (50:40): 3100 fs.
(Feral). — 107. Schall, Tänzerin (41 : 34): 5200 fs.
(Stettiner). — 108. Taraval, Ruhe Dianens
(88:115): 5000 fs. (Stettiner). — 109. Tocque,
Bildnis eines Edelmanns (80:64): 7800 fs. —
111. Vanloo, Junge Frau (58:48): 16700 fs.
(Ägnew, Taxe 12000 fs.). — VanLoo, Junge
Frau (60 : 48): 5300 fs. (Momen).
Spanier. Italiener. 118. Goga, Karne-
valszene (83 : 102): 12500 fs. (Feral). — 123.
Pollajuolo zugeschr. Tobias und der Engel
(163:140): 10000 (Feral).
125 Nummern, Gesamtertrag 415029 fs.
Sammlung Homberg. 11. — 16.Mai (C.Pr.
Lair Dubreuil, Exp.: Mannheim, Sambon).
Ärabische Gläser (Äusgrabungen). —
Aggptische Ältertümer. — Persische Fag-
encen. 127. Platte mit Figurendarstellungen,
metallische Reflexe (49 cm h., restaur.): 3200 fs.
(Morgan). — 157. Sechseckiger Sockel (25:20):
3150 fs. (Kouchakji, Taxe 800 fs.). — Fagencen
V. Kutaia. Phönikische Gläser. Älexan-
drinische, römische, sgrische Gläser.
Fagencen von Damaskus. 224. Vertiefte
Schale, Nelken und Tulpen, farbig auf weißem
Grund (Durchm. 35 cm, restaur.), 4005 fs. (Än-
toine, Taxe 2500 fs.). — 225. dto.. Dekorierte^
Blütenzweige (Durchm. 32 cm) : 4500 fs. (Kaleb- *
jian, Taxe 4000 fs.).
Fagencen von Solimanieh. 240. Tgm-
panum, Blumenverzierung auf Weiß, blau um-
randet: 9100 fs. (Morgan, Taxe 6000 fs.). —
Fagencen von Buchara, von Rhodus:
266. Krug, Zweige auf Schuppenornament:
3000 fs. (Kalebjian). — 267. Tiefe Schale, Tul-
pen: 3000 fs. (Kalebjian). — 273. Fragment einer
Schale, rotgrundig: 3000 fs. (Margossian). —
Topf mit Henkeln, Palmetten, grauer Grund:
39(30 fs. (Jenriette). — Italienisch. 316. Än-
drea della Robbia, Medaillon. Büste d. Lu-
cretia (weiß auf blau, Durchm. 42 cm): 6620 fs.
(Fould). — Hispanomoresk. 320. 2 Schalen,
blaue Bemalung: 3800 fs. (Brondel).
Kupfer, Bronzen usw. 334. Wasser-
kanne, silberdamaszierte Bronze. Jagdszene.
Mossul. XIII. Jhdt. (43 cm): 12150 fs. (Mar-
gossian). — 335. Leuchter, Kupfer, gold- und
silbertauschiert. Mossul. XIII. Jhdt. (30 cm):
3500 fs. (Maignan). — 343. Reichverzierte, tau-
schierte Kupferschale. Jagdszenen (Durchm.
55 cm): 3005 fs. (Äntoine). — 346. Bronze-
gefäß, Krieger,Tiere, Ärabesken (46:65): 3100 fs.
Handschriften. Roustan von Saadi von
Schiras. 5. Miniaturen: 110(X) fs. (Kouchakji,
Taxe 4000 fs.). Glasmalereien.
Elfenbeinarbeiten. 461. Madonna.
XII. Jhdt. (13 cm, ergänzt): 72(X) fs. (Trotti.
Taxe 8000 fs.). — 464. Bischofsstab, phan-
tastischer Vogel. XIII. Jhdt.: 6500 fs. (Fernan-
dez). XIV. Jhdt: 465. Ermordung der unschul-
586
Monatshefte für Kunstwissenschaft
digen Kindlßin, Ärkaden (9 : 15) : 7000 fs. (Bing).
— 467. Szenen der Chatelaine v. Vergi (11:24,
Seitenteil e. Schreines): 7100 fs. (Trotti). — 468.
Geißelung Christi, Chr. am Kreuz, Diptydion.
Englisdie Ärbeit (?) (22:11): 7850 fs. (Selig-
mann). — 471. Christus mit dem Lendentuch
(27:30): 9030 fs. (Taxe 3000 fs.).
Grubensdimelz. 509. Platte, Christus am
Kreuz. Rheinische Schule. XII. Jhdt. (8 cm):
5750 fs. (Bing). — 510. Stehender Christus. Ita-
lienisch. XII. Jhdt. (8:6): 5500 fs. (Bing). —
515. Platte eines Reliquienschreines, 2 Heilige,
blauer Grund (24:18): 11900 fs. (Mannheim,
Taxe 12000 fs., vente Bog 1905: 9500 fs.). —
517. Reliquienschrein (5 Figuren, 19 : 22) : 12000 fs.
(Mannheim): — 527. Platte eines Evangeliars:
Christus am Kreuz, Maria, Johannes, Engel,
Ädam (33:22). 15200 fs. (Seligmann, Taxe
10000 fs.). — 528. Bischofsstab: Verkündigung
(33 cm): 16050 fs. (Leman, Taxe 15000 fs.).
Goldschmiedearbeiten. 554. Chormantel-
schließe. Verkündigung. XV. Jhdt.: 4205 fs.
(Ispanian).
, Schmelzmalereien. 585. Limoges. Nar-
don Penicaut, „Friedenskuß“, Salome dar-
stellend (12:9): 8100 (Heugel).
Holzskulpturen. 631. Fragment eines
Ältarblatts, bemalt, vergoldet, Jesus im Hause
des Pharisäers. XV. Jhdt. (58:62): 14520 fs.
(Picard, Taxe 15000 fs.). — 646. Statuette.
XVI. Jhdt. St. Crepin (80 cm): 13000 fs. (Mor-
gan, Taxe 10000 fs.).
Marmor, Steinskulpturen. 677. Statuette
Ludwig II. Herzog v. Burgund. Kniend (28 cm
hoch): 6400 fs. (Fauchier - Delavigne). — 694.
Medaillon in Vierpaß, weißer Marmor, Engel
als Schildhalter (52 cm): 5005 fs. (Stettiner). —
708. Ändrea della Robbia, Zwei Sta-
tuetten, Terrakotta, kniende Engel (44 cm);
3350 fs. (Seligmann. Vente Gavet 1897: 1120 fs.).
— XVIII. Jhdt. 724. Falconet zugeschrieben.
Mädchenstatuette, Der tote Vogel (30 cm):
12200 fs. (Seligmann, Taxe 10000 fs.). — 730.
Clodion, Terrakotta, Nackte Bacchantin mit
Kind (35 cm): 30000 fs. (Tousselin,Taxe 35000 fs.).
Teppiche. 732. Fragment eines arabesken-
verzierten Teppichs, grüner Grund, polnische
Ärbeit (265 : 80): 13020 fs. (Ispanian, Taxe
8000 fs.).
Insgesamt 748 Nummern. Ertrag 820512 fs.
Moderne, französische Bilder. 16.Mai.
(E. Pr.: Couturier. Exp. Druet.) 2. Bernard,
Badende: 120 fs. — 3. Pierre Bonnard, Toi-
lette: 500 fs. — 4. Bonnard, Der Rundtanz:
620 fs. — 5. Bonnard, Das Rennen: 1800 fs.
- 6. Bonnard, Die Toilette: 420 fs. — 7.
Bonnard, Die Fruchternte: 550 fs. — 8. Ce-
zanne. Badende (46:38): 3020 fs. — 10. Cour-
bet, Die Schlucht (77:107): 3600 fs. — 11. Croß,
Rio de Noale: 620 fs. — Croß, Fichten am
Meer: 220 fs. — 14. M. Denis: Mutterbild
(70:51): 1700 fs. — 15. Denis, Der Imbiß:
1700 fs. — 16. Denis, Rom: Piazza San Gallo:
320 fs. — 17. Denis, Junge Mädchen in Weiß:
920 fs. — 18. Denis, Die Laube 800 fs. — 19.
Denis, Änsicht von Rom: 2300 fs. — 20. De-
nis, Mutterbild: 400 fs. — 21. Denis, Kopf
eines jungen Mädchens: 440 fs. — 22. Gau-
guin, Die Wäscherinnen (73:92): 2900 fs. —
23. Gauguin: Die Hirtin: 1300 fs. — 24. van
Gogh, Landschaft in Äuvers: 950 fs. — 25.
van Gogh, Die Zypresse (93:75): 8100 fs. —
26. van Gogh, Hütten in Äuvers: 5100 fs. —
28. Henri-Matisse, Belle Isle: 300 fs. —
29. Henri Matisse, Pont Saint Michel: 260 fs.
— 30. Henri Matisse, Place des Lices: 550 fs.
— 31. H. Matisse, Stilleben, Rote Serviette:
590 fs. — 32. H. Matisse, Stilieben, Kaffee-
topf: 580 fs. — 33. Matisse, Stilleben: 500 fs.
— 34. Monticelli, Die Begegnung (38 : 46):
1650 fs. — 35. Monticelli, Blumenstrauß:
620 fs. — 36. Pissarro, Kartoffellese: 670 fs.
— Redon, Salome; 250 fs. — 40. Seurat,
Seine bei Crotoy, Marine: 1750 fs. — 41. Sig-
na c, Hafen von Marseille: 650 fs. — 42. Sig-
nac. Das gelbe Segel: 500 fs. — 43. Signac,
Traghetto: 600 fs. — 44. Signac, Das Dogma
in Venedig: 880 fs. — 46. Toulouse-Lau-
trec, Jane Ävril 1500 fs. — 47. Vuillard,
Stilleben, Blumen: 555 fs. — 48. Vuillard,
Interieur: 850 fs. — 73. Renoir, Mädchenkopf:
1000 fs. — Maillol, Äktstudie, Bronze: 330 fs.
88 Nummern, Gesamtertrag 70135 fs.
Sammlung Dubail. 21. 22. Mai. (C. Pr.
Lair Dubreuil, Exp.: Mannheim, Sortais).
Älte Bilder. — Moderne Bilder: 28.
Daubigny, Umgegend von Villerville (39:67):
11000 fs. (Bonjean). — 29. Diaz, Frauen auf
dem Felde (15:30): 2100 fs. (Mme Laine). —
35. Jongkind, rue St. Jacques, Paris (55:41):
3250 fs. (G. Bernheim). Fayencen. — Ta-
pisserien. — Möbel. 240 Nummern, Gesamt-
ertrag 118120 fs. R. M. R.
s
LONDON -=
Äuf dem Bildermarkte war es im Äpril/Mai
sehr still, wohl der Feiertage wegen, die
die Äuktionen eine Zeitlang unterbrachen, denn
man genießt jetzt hier lieber die erwachende
Natur, als oft recht zweifelhafte Bilder. Das
geht so weit, daß nun die Hauptauktionen bei
Christies auf die Freitage statt Sonnabende
Der KunstsammlGr
587
verlegt worden sind, um den Äuktionsbesudiern
das sogenannte „weekend“ für Landpartien
freizulassen. Das kann auf die Dauer doch gar
nicht ohne und zwar günstige Folgen bleiben;
eine „Rückkehr zur Natur“, d. h. zur Liebe für
eine natürlichere und kräftigere Kunst sollte
sich zeigen — ob das der Fall sein wird? — .
Eigentlich nur zwei Ölbilder von einiger Bedeutung
und einige interessante Äquarelle, alle englischer
Äbkunft, bilden das Gesamtergebnis: ein Bild
des robusten, jetzt 70jährigen Schotten John
Pettie: „The Chieftain’s Candlesticks“ (261 72 ^)
und G. Masons, F. Walkers Seelenbruders,
„Wind on the Wold“ (24172 ^)- Äm gleichen
Tage (13. Äpril) brachte ein Aquarell „Ver-
kündigung“ von Burne Jones (^ 141.15.0), eine
kleine Federzeichnung desselben Meisters, „Going
totheBattle“ (^ 110.5.0), recht gute Preise. Von
David Cox, dem Vielmaler der wie Wordsworth,
der Dichter, nur zeitweise inspiriert war, wurden
wiederum viele unterschiedlidie Werke angebo-
ten. Einige ergaben ziemlich hohe Preise am
l.Mai, darunter „Crossing the Sands“ {£ 183.15.0),
„Blackberrg Gathering“ (^115.10.0) usw. Messrs.
Agnew, die „Aquarellfirma“, kauften wieder
eine größere Zahl seiner Werke, und auch
solche anderer Meister; so „Snowdon from
Capel Curig“ von Copleg Fielding für 315^
und andere Stücke desselben Künstlers; ferner
„Stadiing Hag“ von P. deWint für 210 £. Am
gleichen Tage ging ein kleines Bildchen Turners,
„Luzern,“ dem auch die Zeit schon etwas an-
gehabt hat, um 300^ in den Besitz Mr. Vicars
über. Ein kleiner Millais, der aussah wie ein
Original zu seinen öfteren Buchillustrationen,
„A Girl at a Window“, ein sgmpathisches Stück,
brachte es nur auf 16 gs. Eine ganze Reihe
von Auktionen bei Christies enthielten nicht ein
einziges der Erwähnung wertes Stück. Am
25. April standen unter einer Fülle nebensäch-
licher Bilder einige vorzügliche Tierstudien
A. Mauves zum Verkauf. Wie gern aber dessen
vollendete Bilder hier auch gewöhnlich genom-
men werden, diese ehrlichen, dabei so frischen
und sicheren Studien sagten nicht zu, sie waren
wohl „zu natürlich“. Mit Posaunen und Pauken
war der Verkauf einer Privatgalerie des Mr.
Gooch im Westend Londons für 5. und 6. Mai
angezeigt worden. In allen Kunstzeitschriften,
sowie in anderen Journalen und Zeitungen stan-
den verlockende Anzeigen. Vielleicht hatte man
auch ausländische Käufer heranzulocken gesucht.
Es war schon auffallend, daß die Auktion nicht
bei Christies stattfand, sondern von Auktionären,
deren Spezialität sonst nicht die Kunst ist, in
den Galerieräumen selber vorgenommen wurde.
Als man aber dann „die Kollektion seltener
alter Meister, über 250 große Meisterwerke und
wahre Juwelen von Kabinettstücken“ umfassend
(so der pro Stück um 1.50 verkaufte Katalog),
ansah, da begriff man, daß der Besitzer dieser
Galerie einen Privatverkauf vorgezogen hatte.
„Die Kollektion ist reich an brillianten Werken
Rembrandts“ stand u. a. in den Anzeigen. Von
den Rembrandt zugeschriebenen Werken hat
dieser keines jemals gesehen, und das gleiche
ist der Fall mit den sog. Velasquez, Titian,
Hals, de Hooch usw. Entweder liegt hier eine
fast unglaubliche Naivität und Selbsttäuschung,
oder wahrscheinlicher ein schlauer Versuch vor,
unwissenden Käufern minderwertige Bilder unter
lockenden Aushängeschildern anzuhängen. Es
war dafür bezeichnend, daß sich eine Fülle ganz
offenkundiger Grünhörner eingefunden hatte,
die wohl hofften, billig zu einem Meisterwerk
so bei Gelegenheit zu kommen. Vor solchen
Verkäufen kann nicht oft genug gewarnt wer-
den, immer wieder werden sie in London (und
wohl auch anderswo) versucht. Kenner werden
ja nicht getäuscht, vielleicht aber zu unnützen
Bemühungen veranlaßt, was schon peinlich ge-
nug ist. — Größere Ergebnisse sind auf dem
Schwarzweiß-Gebiete zu verzeichnen. Da gab
es vor allem am 1. Mai einen großen Rembrandt-
tag bei Sotheby. Nicht weniger als 44 Ra-
dierungen des Meisters, meist gut erhalten,
kamen unter den Hammer, und doch bilden sie
nur den Abfall sozusagen einer der großartigsten
Rembrandtsammlungen hierzulande, wie Ein-
geweihte versichern. Unter diesen 44 Stücken
befand sich eine Landschaft mit den drei Bäumen,
die zwar nicht dem vorjährigen frühen Abdruck
imLawsonverkauf (620 ^) sich vergleichen konnte,
doch aber ein ganz vorzügliches Exemplar war
und billig genug um 345 £ von Messrs. Obach er-
standen wurde. Ein Exemplar des „Hundert-
guldenblattes“, das einst dem Bürgermeister
Six gehört hatte, brachte 140 £ (Colnaghi);
Rembrandts Mutter 60 ^ (Gutekunst) ; Dr.Faustus
65^ (Keppel); Bürgermeister Six 140 (Obach);
Landschaft mit Hütte und Heuschober 111 ^
(Mathey); Rembrandt, sich an eine Steinschwelle
lehnend, 300^ (Daulos); John Cornelius Sylvius
300^(Obach); Rembrandt zeichnend 2255^(Obach);
Porträt des „großen Coppenol“ 225 £ (Colnaghi)
usw. Diese Blätter zusammen mit einigen we-
nigen von Martin Schongauer (darunter „Engel
der Verkündigung“, 120 Gutekunst); Lucas
van Leyden; dem seltenen Meister mit dem
caduceus („Heilige Catherina, Schwert und Palme
haltend“, 95 ^ und „Judith mit dem Kopf des
Holofernes“, 100^, beide Daulos); einer Reihe
Hogarths usw., und einer größeren Anzahl Ita-
liener (Antonio Pollajuolo: „Kampf der Gladia-
588
Monatshefte für Kunstwissenschaft
toren im Walde“, 115^, Keppel, und „Herkules
mit den Giganten kämpfend“, 205^, Daulos;
Ändrea Mantegna: „Grablegung“, von Bartsdi
dem G.Ä. da Brescia zugeschrieben, 70 „Kampf
zwischen Meergöttern undTritonen, 71 £ ; „Geiße-
lung Christi“, 66^, alle drei Mr. Ändrey; sowie
Marc Äntonio, der wieder mehr in die Mode
zu kommen scheint: „Les Grimpeurs, 79^, Dixon) :
all diese Blätter zusammen, 159 Stück, brachten
die stattliche Summe von etwas mehr als 5000 —
Im Änfang Äpril war die umfangreiciie, aber
nicht erstklassige Sammlung des verstorbenen
Kunsthändlers Sidney Grose ebenfalls beiSotheby
versteigert worden, darunter einige feine Stücke,
die Grose wie ein Löwe vor den Äugen aller
gehütet hatte. Meistens waren es englische
Stiche nach Werken der englischen Meister,
Reynolds, Gainsborough, Morland u. a., doch
auch nach Grenze z. B., dessen „Le Baiser
Envoye“ in C. Turners Reproduktion 145 ^
brachte. Für die 821 Stücke umfassende Samm-
lung hatte Grose nur gegen 1000 £ ausgegeben,
jetzt brachten sie ca. 9500 € ein. Der höchste
Preis, der bezahlt wurde, war 245^ für einen
farbigen Stich nach Ängelika Kauffmanns „Lady
Rushout and Daughter“ von dem 1749 in Dublin
geborenen Thomas Burke. Für einen Probe-
abdruck von Bartolozzis „Miss Farren“ nach
Lawrence, dem Bilde, das kürzlich in Berlin
solche Furore gemacht hat, gaben Messrs. Col-
naghi 86 Die Auktion bewies das große
Interesse, das der Markt nun auch für die Werke
der weniger bekannten und bisher geringer
geschätzten englischen Schwarzweiß-Künstler
der alten Zeit hegt. So brachte auch eine An-
zahl alter Sportsdrucke recht schöne Preise bis
zu 71^. Je ausgedehnter die Sammellust wird,
je höher steigen natürlich die Preise. Auch die
Werke des bisher wenig beachteten Reverend
W. Peters (f 1814) finden mehr und mehr Lieb-
haber, und zwei farbige Reproduktionen J. R.
Smiths nach ihm brachten 116 eine andere,
„The Hon. Mrs. O’Neill“ gar 190^. Die Kollek-
tion des hier als Autorität in Radierungen usw.
sehr bekannt gewesenen Mr. J. Grego, der auch
eine Reihe Werke über Kunst verfaßt hat, war,
als sie bei Christie Ende April zur Versteigerung
kam, eine Enttäuschung. Am meisten gefielen
noch zwei farbige Stiche J. R. Smiths nach Mor-
land, „Delia in Town“ und „Delia in the Country“,
die Mr. Sabin für 147 £ erstand, und zwei fran-
zösische Werke, ebenfalls farbige Stiche, Debu-
courts „Les Deux Baisers“ und „La Promenade
Publique“, 116 gs (Halle). — Allmählich wird
jetzt mit den teilweise bedeutenden Schätzen
der verstorbenen Marchioness Conyngham auf-
geräumt. Ihre Schwarzweißblätter wurden schon
im April zusammen mit den außerordentlich wert-
vollen des Mr. Ismay beiChristies versteigert. Aus
des letzteren Sammlung brachte es . ein Mezzo-
tinto Thomas Watsons nach Reynolds „Lady
Bampfyldte“ auf 924 (Colnaghi); 1905 hatte
ein solches 1200 gs im Huthverkauf eingetragen,
ein Preis, wie er noch nie vorher für ein
Mezzotinto gezahlt worden war. Das dies-
malige Exemplar war an drei Rändern be-
schnitten, und das wohl hauptsächlich kostete
den Erben Ismays 276 £\ Reynolds Bezahlung
für das Original war 150 gs, und die Reproduk-
tion selber wurde für 15 Schillinge 1779 ver-
öffentlicht. Colnaghi zahlte am gleichen Tage
504 £ für eine andere Reynoldsreproduktion.
Agnews gaben 325 72^^ für einen Stich J. R.
Smiths nach Romney „Mrs. Stables and children“.
Für ein ausgezeichnetes Exemplar des Turner-
schen „Liber Studiorum“ wurden von Mr. W.
Ward 577 V2 ^ bezahlt. Das sind nur einige
der hohen Preise, die in dieser bedeutenden
Auktion erzielt wurden. Das Ergebnis des Tages
erreichte fast 6000^. Der Hauptkunstbesitz der
Marchioness Conyngham bestand aber in einer
großartigen Sammlung alter kunstgewerblicher
Gegenstände sowohl englischer wie französischer
und auch deutscher Herkunft des 16.— 18. Jahrh.
darunter ein Rosenwasserkrug und Schale aus
der Zeit Jakobs I., verfertigt von F. Terry im
Jahre 1618, Ein ähnliches Stück befindet sich
im Schloß Windsor. Von hohem Interesse war
auch eine irische Silberschüssel, frühes sech-
zehntes Jahrhundert, in dem Kunstkonvention
und noch ungeschickte Naturnachahmung seltsam
um die Herrschaft ringen. Das deutsche Kunst-
gewerbe war u. a. durch eine Bergkristallschale
mit Deckel (17. Jahrhundert) und einen Krug,
ebenfalls aus Bergkristall, vertreten. Erwähnt
muß noch werden ein Alabasterrelief mit dem
Doppelporträt Karls V. und seiner Gemahlin
Isabella, der Tochter Emanuels von Portugal.
Das Stück ist offenbar, eine vlämische Arbeit
des frühen sechzehnten Jahrhunderts. Diese
fünf Stücke brachten während der.Auktion vom
4.-7. Mai in der Reihenfolge, in der sie an-
geführt sind, 4200 ; 210; .210; 252; 462. F.
S
ÄMSTERDÄM ■=
Außer der im vorigen Bericht bereits be-
sprochenen Versteigerung moderner Gemälde
am 5. Mai (Direktion C. L. C. Voskuil & Co.)
fand in diesem Monat noch eine andere Auktion
von Werken neuerer Meister bei Fred.Müller
&Co. statt. Den einen Teil dieser am 12. zum
Der Kunstsammler
589
Verkauf gekommenen Kunstwerke bildeten die
Sammlungen J. F. Ä. Lindsen (Utrecht) und
J. K. (Ämsterdam), umfassend rund dreieinhalb
Hundert Gemälde und Äquarelle moderner hol-
ländischer Meister von meist bester Qualität.
Das geht auch deutlich aus den zum Teil sehr
ansehnlichen Preisen, die bezahlt wurden, her-
vor: David Bles, Nr. 118, Die unterbrochene
Lektion, 500 fl.; Th. de Bock, Nr. 120, Spät-
herbst, 1600 fl.; F. J. Du Chattel, Nr. 129,
FluBlandschaft, 525 fl.; G. W. Dijsselhof,
Nr. 133, Hquarium, 1500 fl.; 0. Eerclman,
Nr. 134, Englische Doggen, 500 fl.; M. J. de
Haan, Nr. 150, Talmudische Kontroverse, 1000 fl.;
Jozef Israels, Nr. 162, Mütterliche Fürsorge,
3575 fl.; J. C. K. Klinkenberg, Nr. 170, Son-
niger Kanal in einer holländischen Stadt, 925 fl. ;
Nr. 171, Ansicht von Haarlem, 960 fl.; Jacob
Maris, Nr. 179, Sein Bruder Matthijs Maris im
Freien malend, 600 fl.; Willem Maris, Nr. 182,
Kühe auf der Weide, 3100 fl., Nr. 183, Feuchtes
Wetter, 705 fl.; Ä. Mauve, Nr. 185, Vieh am
Flußufer, 1500 fl., Nr. 186, Hirtin mit Kuh in den
Dünen, 1575 fl., Nr. 187, Karre mit Pferd und
Bauer, 1500 fl., Nr. 188, Winterlandschaft (Früh-
bild), 790 fl.; Ä. Neuhuys, Nr. 197, Vater und
Mutter, 5250 fl.; J. H. Weißenbruch, Nr. 248,
Kanal bei Dämmerung (Aquarell), 2450 fl. —
Der andere Teil der Versteigerung bestand aus
einer Kollektion von 100 Originalen für eine
illustrierte Bibelausgabe, in ziemlich großem For-
mat und meist in Schwarzweißausführung. So
interessant und schön sehr viele der einzelnen
Arbeiten an sich und im Vergleich zueinander
sind: als Ganzes kann man dieser bildlichen
Interpretation der Heiligen Schrift große Einheit-
lichkeit nicht nachrühmen. Man stelle sich vor,
daß 26 verschiedene Künstler aus aller Herren
Länder an dieser Bibelillustrierung beteiligt
waren, darunter: E. A. Abbey, AlmaTadema,
V. de Brozik, Puvis de Chavannes, J. J.
Ben jaminConstant, Walter Grane, Albert
Edelfelt, J. L. Gerome, Jozef Israels,
Arthur Kampf, M. Liebermann, Domenico
Morelli, Ilja Repin, G. Rochegrosse,
Sascha Schneider, Giovanni Segantini,
John M. Swan, James Tissot, F. v. Uhde,
Jose Villegas u. a. Eine internationale Zu-
sammenstellung, wie man sie auf holländischen
Ausstellungen in dieser Buntheit zu sehen nicht
gewohnt ist. Besonders gefiel dem Publikum
schon an den Besichtigungstagen Giovanni
Segantini, dessen ergreifende Darstellung
(Kreidezeichnung) der vom Lager ausgeschlosse-
nen aussätzigen Mirjam (4. Mose 12, 15) denn
auch mit 1350 fl. bezahlt wurde. Auch die bei-
den anderen Blätter von Segantini erzielten
hohe Preise: Nr. 73 790 fl. und Nr. 75 740 fl.
Diese beiden letzten Preise wurden noch von
Nr. 32 übertroffen, einer Grisaillemalerei von
dem Schweden A. Edelfelt, Jesus seinen Jün-
gern die Füße waschend, die 840 fl. brachte.
Den höchsten Preis erreichte aber doch Jozef
Israels’ Aquarell David vor Saul Harfe spielend ;
das Bild ist noch dadurch interessant, daß es
wohl eine Vorstudie zu seinem großen Gemälde
im Städtischen Museum in Amsterdam ist.
Arthur Kampfs virtuos gezeichneten Grisaille-
malereien kamen den Holländern etwas zu
akademisch glatt vor. Beide Nummern, 41,
Josuah den Stein unter der Eiche beim Heilig-
tum des Herrn aufrichtend, und 42, Christi Ein-
zug in Jerusalem, wurden mit je 400 fl. bezahlt.
Auch die Preise der Arbeiten von Fritz v. Uhde
bewegten sich in dieser Höhe: Nr. 85, Gott er-
scheint Abraham, 400 fl., Nr. 86, Vertreibung der
Hagar, 430 fl., Nr. 87, Opfer Abrahams, 500 fl.
und Nr. 88, Jakob und Rahel, 360 fl. Alma
Tadema, Nr. 8, Tod der Erstgeburten, 500 fl.;
Puvis de Chavannes, Nr. 15, Geißelung
Christi, 600 fl.; Benjamin Constant, Nr. 17,
Jesus unter den Schriftgelehrten, 600 fl.; A. Edel-
felt, Nr. 30, Verkündigung an die Hirten, 350 fl.,
Nr. 31, Anbetung der Könige, 600 fl.; Dome-
nico Morelli, Nr. 59, Herodias empfängt von
Salome das Haupt des Johannes, 560 fl.; John
M. Swan, Nr. 78, Daniel in der Löwengrube,
500 fl.
Die ursprünglich auf den 11.— 14. Mai ange-
setzte Versteigerung der Kunstbibliothek P. van
Eeghen (f) bei R. W. P. deVries in Amster-
dam fand erst am 1.— 3. Juni statt.
Auch die große Handzeichnungenauktion bei
Fred. Müller & Co. erfolgte später als ur-
sprünglich in Aussicht genommen war, am 15.
bis 18. Juni. Die hier unter den Hammer ge-
kommenen Handzeichnungen stammten in der
Hauptsache aus den Sammlungen Jhr. Alfred
Boreel, Jacobi und H. C. Du Bois im Haag,
C. G. V. Schöffer, Amsterdam, S. S., Paris
und A.C oster, Brüssel. Von den nicht weniger
als 704 Katalognummern alles Wichtige und
Schöne besonders hervorzuheben, ist unmöglich.
Im Mittelpunkt des Interesses dürfte aber ohne
Frage Rembrandt stehen, der mit 14 Blättern
vertreten ist, während 9 andere seiner Schule
zugeschrieben werden. Es ist hier nicht der
geeignete Ort, so viele Zeichnungen kritisch
exakt durchzugehen. Für eine große Anzahl
dürfte die Echtheit aber schon dadurch garantiert
sein, daß sie von Hofstede de Groot in seinem
Katalog der Rembrandthandzeichnungen be-
schrieben wurden. So Nr. 480 des Versteige-
rungsverzeichnisses, Esau verkauft sein Erst-
590
Monatshefte für Kunstwissenschaft
geburtsredit (H. d. G. Nr. 1312), aus der Samm-
lung Hoogendijk im Haag. Nr. 485, Liegender
Löwe (H. d. G. Nr. 3) und Nr. 486, Äktstudie
eines stehenden jungen Mannes (H. d. G. Nr. 2),
beide früher in der Sammlung Duval in Lüttich.
Die letztere Zeidinung ist im Versteigerungs-
katalog erstmalig reproduziert. Ferner Nr. 489,
Brunnen vor einer Bauernhütte (H. d. G. Nr. 1313)
aus der Sammlung Hoogendijk und Nr. 491,
Studienblatt mit vier Köpfen eines bärtigen
Mannes aus der Zeit um 1630—35 (H. d. G.
Nr. 1363). Äuf vieviel Tausende werden es diese
Blätter bringen? Müller soll für eine Zeidi-
nung allein 10000 fs. bezahlt haben! Die gegen-
wärtig von der Bibliotheque Nationale in Paris
veranstaltete große Äusstellung Rembrandt’sdier
Radierungen und Handzeichnungen wird den
ohnehin schon hohen Kurs, in dem Rembrandt
gegenwärtig steht, nichts weniger als drücken.
Und welche Summen für Radierungen Rembrandts
ausgegeben werden, sah man neulich wieder bei
Gutekunst in Stuttgart. — J. van Gogen, der
auf der Gemäldeversteigerung Hoogendijk am
28. und 29. Äpril so großartig vertreten war,
steht hier mit Handzeichnungen nicht nach. Im
Katalog werden zwei sehr schöne größere und
zwei kleinere Blätter abgebildet; im ganzen
werden 29 Stück verzeichnet, die fast alle
monogrammiert und datiert sind. Da ich
beim Bericht über das Ergebnis doch noch
einmal auf diese Äuktion zurückkommen muß,
kann ich mich jetzt auf die Nennung noch
einiger weniger bedeutender Namen beschrän-
ken: Ä. Äldegrever, H. Ävercamp, P.
Brueghel d. Ä., J. Cornelisz v. Oostsanen,
Ä. Dürer, C. Dusart, Ä. v. Dyck, C. Engel-
breditsen, S. v. Hoogstraten, J. Jordaens,
Lucas V. Legden, Ä. v. Ostade, R. Rogh-
man, J. v. Ruisdael, H. Schäufelein und
W. V. d. Velde. — Ebenso wird das nächste
Mal auch noch ein Wort zu sagen sein über die
beiden andern bei Müller & Co. noch veran-
stalteten Versteigerungen: am 16. und 17., Por-
zellansammlung Jhr. Boreel, Haag, undaml8.^
alte französische und englische Stiche des
XVIII. Jahrhunderts aus den Sammlungen Boreel,
Jacobi im Haag u. a. K. F.
g
DORDRECHT —
Von der Firma Ä. M a k wurden hier am 3.
und 4. Juni alte Möbel, Uhren, Delfter Porzellan,
Juwelen, Silber usw. aus ungenanntem Privat-
besitz zur Versteigerung gebracht.
g
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Sammlung seltener und wertvoller Werke aus dem Ge-
biete der deutschen Literatur und Philosophie, welche
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in Heidelberg versteigert werden, ist soeben er-
schienen und enthält außerdem: Äkademieschriften und
Zeitschriften, Kuno Fisdier-B riefe und Schriften, Werke
betreffend Kuno Fischer’s Leben, Dedikationsexemplare
aus Kuno Fischers Freundeskreise, Älmanache und Taschen-
bücher, Dramaturgie, auf Eckhof „den Vater der Schau-
spielkunst“ bezughabende Manuskripte , Erstausgaben,
Faust, Goethe, Romantiker, Lessing, Sdiiller, Shakespeare,
Wieland, darunter viele Bücher mit handschriftlichen Wid-
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2. Kniender Knabe
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6. Kleine Lautenspielerin
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8. Maria. Rückenfigur. Studie zur Pieta
9. Maria mit der Leidie Jesu
10. Stehende Iphigenie
11. Stehende Iphigenie
12. Iphigenie. Gewandstudie
13. Alkibiades. Studienkopf
14. Gewandstudie zum Gastmahl
15. Jugendl. Philosoph, aufmerksam horchend
16. Weiblicher Studienkopf
17. Studienkopf mit Efeulaub
18. Medea. Entwurf
19. Melancholie. Studienkopf (später in
„Medeas Traum“ verwertet)
20. Verhüllte Gestalt der Amme
21. Meerstudie. Porto d’Anzio
22. Rückwärts stürzende Amazone
23. Sterbende Amazone [wehr)
24. 2 Amazonenstudien (verwundet u. in Ab-
25. Amazonenstudie, stehende Figur
26. Rückenfigur zu Pferde
27. Drei Amazonen im Angriff
28. Kniende Rückenfigur
29. Gefesselter Prometheus
30. Nereus und Okeanide
31. Okeanide. Rückenfigur
32. Venus im Muschelwagen
33. Geflügelter Genius
Verzeichnis mit Angabe der Bildgrößen und der Preise der einzelnen
Blätter auf Wunsch kostenlos und portofrei an Interessenten.
Die 33 Blatt sind auch in Mappe, gesammelt, mit 'Vorwort ausgegeben.
Format 65 : 48 cm. — Preis 100 Mark
Zu beziehen durch jede Buch- und Kunsthandlung oder unmittelbar von
Franz Hanfstaengl, Kunstverlag, München
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VERLAGSBUCHHÄNDLUNG GEORG D. W. CALLWEY IN MÜNCHEN
Eben erscheint: ,
Erster Halbband 1908 des Münchner Jahrbuchs der bildenden Kunst
unter Mitwirkung der Vorstände der staatlichen Kunstsammlungen
herausgegeben von Dr. LUDWIG VON BUERKEL
Abonnementspreis für 2 Halbbände geh. M. 15.—, Einzelpreis für den angezeigten Halbband M.7.50.
Außer 5 Gravüren und vielen Abbildungen enthält der neue Halbband folgende Arbeiten: Sicveking, Aphrodite-
kopf der Münchner Glyptothek — Dreger, Beiträge zur Kenntnis alter Stoffe und Stickereien — Wickhoff, Sammlung
Tudier — Gronau, Zur Geschichte der Cäsarenbilder von Tizian — Münzel, Wenzingers ölberg aus Staufen —
von Reber, die Adolf von Menzel-Stiftung in München — von Buerkel, Die Holzskulpturen von Penz.
Monatshefte für Kunstwissensdiaft.
Heft 6, 1908
Neuerscheinungen aus dem Verlage von Klinkhardt& Biermann
Soeben erschienen in unserer Sammlung
Stätten der Kultur
Von Ernst Kroker, Mit Originallithographien und
Bd, 5, LädpZl^. Buchschmuck von Bruno Heroux.
r» , ^ r^nti'yirr Von August Grisebach. Mit Buchschmuck von
Bd. 6. UanZlg. Paul Renner.
v I 11 yprn der Vierwaldstätter See u.S, Gotthard. Von Hermann
DU. /. L^U/CC1 1 Ly Kesser. Mit Buchschmuck von Ernst Stiefel
o W/ion Franz Servaes. Mit Buchschmuck von Hermine
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Bd. 9. Lübeck. Von Otto Grautoff. Mit Buchschmuck von Fidus.
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Das neue Kunstgewerbe in Deutschland
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Mit Umschlag und Titelzeichnung von Peter Behrens und 90 Tafeln.
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die gewaltige Bewegung der letzten zehn Jahre. Es ist die erste Geschichte
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Wilhelm Tischbein.
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(Bücher der Kunst Bd. 3.) Preis geh. M. 5.—, geb. M. 6. — .
Die erste wirkliche Monographie über diesen deutschen Maler, der ein
Freund und Zeitgenosse Goethes war.
Heft 6, 1908
Monatshefte für Kunstwissenschaft.
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Museum, [Handzeidinungen] Sammlung Herbert Cook,
Wallace Collection).
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